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German Pages 434 [436] Year 2002
ROMA ET ROMANIA
ROMA ET ROMANIA Festschrift für Gerhard Ernst zum 65. Geburtstag Herausgegeben von Sabine Heinemann, Gerald Bernhard und Dieter Kattenbusch
Max Niemeyer Verlag Tübingen 2002
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Roma et Romania Festschrift für Gerhard Ernst zum 65. Geburtstag / hrsg. von Sabine Heineniann - Tübingen Niemeyer, 2002 ISBN 3-484-50391-2
© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2002 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Einband: Heinrich Koch, Tübingen
Inhalt
Einleitung
l
Schriftenverzeichnis von Gerhard Ernst
3
Gerald Bernhard Uvulares [R]: Synchronisches und Diachronisches zu einem rätselhaften Laut
15
Helmut Berschin „II faudrait que le Premier Consul et le Gouverneur de Paris disparussent"
23
Herbert E. Brekle Jean Charles Thiebault (de) Laveaux: la revolte d'un grammairien et lexicographe jacobin contre l'Acadomie
35
Manlio Cortelazzo La Caravana. Raccolta di poesie del XVI secolo in veneziano
41
Paolo D'Achille II romanesco nei manualetti scolastici degli anni Venti
47
Maurizio Dardano „Anche", „anco" nella „Cronica" di Anonimo romano
63
JosefFelixberger Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen
79
Martin-Dietrich Gießgen Die Philologie im Werk von Gerhard Ernst
95
Hans Goebl Der „Fran9ois Allemand ou plutöt L'Allemand naturalisi Fran9ois" von Jean Collmard. Vorstellung eines wenig bekannten Sprachlehrwerks aus dem Jahr 1688
113
Sabine Heinemann Zur ftmktional-semantischen Heterogenität von ital. -one unter besonderer Berücksichtigung der Adverbbildung 135
VI Alfred Hott Nutzen und Tücken von Analogieschlüssen in der Verbalmorphologie: Rückläufige Ähnlichkeit als tertium comparationis in ausgewählten romanischen und germanischen Sprachen
lS l
Maria Iliescu Die logisch-semantische Präposition „mit" im Französischen und im Rumänischen
169
Dieter Kattenbusch Computervermittelte Kommunikation in der Romania im Spannungsfeld zwischen MUndlichkeit und Schriftlichkeit
183
Franz Lebsanft Cldment Marots „paternelle / Langue Fran9oyse". Begriffsgeschichte und Geschichte der Sprachkultur
201
Luca Lorenzetti Sulla grammaticalizzazione di dice nell'italiano parlato
211
Marco Mancini Una testimonianza di Consenzio sul numerate „trenta" in latino volgare
223
Ingrid Neumann-Holzschuh Asina hablamos ... oder wie „traditionell" ist das Spanische im Norden Neu-Mexikos?
237
Max P fister Die Bedeutung der korrekten Sprache in Frankreich
255
Edgar Radtke Eine Bologneser Buchhaltungsnotiz aus der ersten Hälfte des Trecento?
263
Lorenzo Renzi Tu e voi in italiano antico: da Dante, Paradiso (XV e XVI) al corpus elettronico TLIO
269
Elmar Schqfroth Sprache und Musik. Sprachwissenschaftliche Beobachtungen zur Opera buffa Le nozze di Figaro und ihren deutschen und französischen Fassungen
287
Christian Schmitt Die Geige, ihre Teile und die Spieltechnik. Fachsprachliches und Terminologisches zu einem Musikinstrument (für das Sprachenpaar Deutsch / Französisch)
305
Wolfgang Schweickard Die Textgrundlagen der historischen Lexikographie
323
VII
Luca Serianni Popolarismi e tecnicismi in un chimico modenese secentesco
337
Mitja Skubic Caiques syntaxiques slavo-romans
351
Sanaa Sora L'objet direct pronominal en roumain
359
Arnulf Stefenelli Die lexikalische Dynamik der jüngeren italienischen Literatursprache
371
Peter Stein Au milieu du guo: Quelques roflexions ä propos de l'origine et de l'avenir des langues crooles
385
Ugo Vignuzzi I trattati mattiottiani della „Vita" e delle „Visioni" di Santa Francesca Romana e la storia linguistica romana fra tardo medioevo e inizi delFetä moderna
397
Barbara Wolf Unsägliches und Unsagbares. Zur Versprachlichung von Geschlechterbeziehungen bei Nicolas-Edme Rotif de la Bretonne (l734-1806) und Jacques-Louis Mönetra(1738-1803?)
407
Einleitung
Roma ist fur Gerhard Ernst zweifellos ein Startpunkt seiner wissenschaftlichen wie persönlichen Entfaltung. Da ist zunächst das antike und lateinische Rom, welches er während seines Studiums der klassischen Philologie vertieft kennen lernte. Anfang der 60er Jahre gesellte sich zu diesem Bild das „echte", heutige Rom, als er als Deutschassistent an einer römischen Schule das Italienische und das Italienisch-Sein in Augenschein nehmen konnte ... und als ein Teller Spaghetti alia bolognese noch 300 Lire kostete. Als Bewohner des „Convitto Valdese" nutzte er die dort herrschende Disziplin, trotz schlecht beheizter Räumlichkeiten, um die tagsüber gewonnenen Eindrücke mit wissenschaftlichem Arbeiten zu fundamentieren. In jener Zeit entstand auch das Konzept für ein Italienisch-Lehrbuch für Studenten, den uns allen wohlbekannten Einführungskurs Italienisch, mittlerweile elfmal neu aufgelegt, und dies keineswegs der unberechenbaren Inflation im Bei Paese wegen, die eine ständige Anpassung der Preise auf der Lehr-Speisekarte von Lektion 4 erfordert hätte, sondern aufgrund der ungebremsten Binnennachfrage im deutschsprachigen Raum. Der prägende Rom-Aufenthalt von Gerhard Ernst hat jedoch nicht nur hierzulande seine Spuren hinterlassen, sondern auch der italienischen Rom- und Romanesco-Forschung ein bis heute fundamentales Werk beschert, die vielzitierte Toskanisierung, die jetzt, gut dreißig Jahre nach ihrer Annahme als Dissertation, auch auf Italienisch erscheinen wird. Trotz der ungebrochenen inneren Bindung an Italien ließ Gerhard Ernst - im Jahre 1976 zum „Cavaliere della Repubblica Italiana" ernannt - auch die Verbindung zwischen klassischer Antike und dem klassischen Französischen nicht unbeachtet, was seine Habilitationsschrift zu französischen Übersetzungen von Plutarchs Vies Paralleles zeigt. Sozusagen parallel entwickelte sich die in seiner Erlanger Assistentenzeit erwachsene Freude am Rumänischen zu seinem dritten romanistischen Schwerpunkt, und so konnte er seit der Berufung auf seinen Regensburger Lehrstuhl im Jahre 1976 eine „breite" Romanistik aufbauen und in der Romania zwischen Atlantik und Schwarzem Meer ergiebig und fruchtbar forschen. Was für heutige Romanistengenerationen fast wie eine romantische Vorstellung anmuten könnte freilich gelangte auch schon in den 80er Jahren mancher Brief, adressiert an das „Institut für Romantische Philologie", an die Universität Regensburg - war und ist bis heute für den Jubilar eine auf „wissenschaftlicher Neugier" und unvoreingenommener Erkenntnisbereitschaft basierende Normalität. Die Vielfalt seiner Publikationen zeigt mit aller Deutlichkeit, wie selbstverständlich für ihn historische Fakten und Entwicklungen in prinzipielle Fragestellungen münden
2
Einleitung
und wie man Philologisches mit Linguistischem fruchtbar verbinden kann. Der seit Mitte der 80er Jahre evidente Forschungsschwerpunkt der Herausgabe und Auswertung von Tagebuchtexten des 17. und 18. Jahrhunderts vermittelt neue Einblicke in die „Psychologie des Schreibens" bei Menschen in vordemokratischen Sprachgemeinschaften, mal aus dem Blickwinkel von Handwerkern, mal aus der Sicht eines königlichen Leibarztes. Gerade durch diese Sicht, dargelegt im historischen Glücksfall des Journal d'Heroard, hat Gerhard Ernst 1985 breite internationale Anerkennung gefunden, gelang es ihm doch durch die Verbindung von philologischer Genauigkeit und historischem Einfühlungsvermögen, dem Leser die Psychologie der Sprachsozialisation von Louis XIII bildlich vor Augen zu fuhren. Die in den Jahren 1988 bis 1996 ausgeübten Tätigkeiten als Fachgutachter bzw. Fachausschußvorsitzender der DFG sorgten schließlich auch dafür, dass die Fachwelt Gerhard Ernst als ebenso kritischen wie sorgfältigen „Forschungsund Wissenschaftsorganisator" erlebt und anerkannt hat. Dieser Vielfalt und der Bandbreite von Gerhard Ernsts Schaffen entsprechend haben sich auch die Beiträger der vorliegenden Festschrift sowohl Roma als auch der Romania angenommen. Zahlreiche neue „Entdeckungen" und Erkenntnisse aus den vier „großen" Sprachen Französisch, Italienisch, Rumänisch und Spanisch weisen immer auf die zentralen Fragen und Interessen der Romanistik und nicht zuletzt der Sprachwissenschaft im allgemeinen hin. Philologische „Detail-Arbeit" und kontrastive Blickwinkel, Kontaktwirkung und innersprachliche, durchaus sozial-kognitiv zu nennende Prozesse werden nebeneinander aufgegriffen, vorgestellt und diskutiert. Nicht zuletzt befassen sich zwei Beiträge auch mit der - wenngleich auch keineswegs ausschließlich - privaten Leidenschaft des Jubilars für viersaitige Streichinstrumente und dem damit unweigerlich einhergehenden Musizieren. Bratsche und Violine haben Gerhard Ernst, über die klassisch roman(ist)ischen Schriften hinaus, auch umfassende Kenntnisse der klassisch-musikalischen Literatur beschert. Dieses Miteinander von Wissenschaft und Muse wird ihm sicherlich auch, in der Freiheit der „Freizeit", im postun i versitären Wirken die Langeweile vertreiben und Freunden wie Kollegen weiterhin den Gerhard Ernst erhalten, den sie kennen, respektieren und schätzen gelernt haben. Ad multos annos!
Die Herausgeber
Regensburg, am 7. Juli 2002
Schriftenverzeichnis von Gerhard Ernst
1969 Un ricettario di medicina popolare in romanesco del Quattrocento, in: Studi linguistic! italiani 6 (1966 [1969]), 138-175.
1970 Die Toskanisierung des römischen Dialekts im 15. und 16. Jahrhundert. Tübingen 1970 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 121]. Einftlhrungskurs Italienisch (mit 4 Übungscassetten). Tübingen 1970 ("1998). Rez. Scanferlato, Antonietta: Lezioni d'italiano. Völlig neubearbeitet von H. Hinterhäuser. München 21969, in: Die Neueren Sprachen 69 (1970), 475478. Rez. Schlack, Siegmund: Beiträge zur Lautlehre der Abruzzendialekte unter besonderer Berücksichtigung der Mundart von Scanne. Diss. Berlin 1966, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 86 (1970), 267-272.
1972 Einführungskurs Italienisch. Textheft zu den Sprachlaborübungen (dazu 8 Tonbänder). Tübingen 1972 (21976). Toskanischer „bon usage" und die Norm des Italienischunterrichts, in: Neuphilologische Mitteilungen 25 (1972), 97-102. Zur gegenseitigen Abgrenzung der Subjektspronomina der 3. Person in der heutigen italienischen Schriftsprache, in: Vox Romanica 31 (1972), 253-262.
4
Gerhard Ernst
1973 Der Übersetzungsvergleich als Hilfsmittel wortgeschichtlicher Forschung. Zum französischen Wortschatz des 17. Jahrhunderts: advenir I arriver; ancien I age, vieux; premierement l d'abord, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 89 (1973), 182-195. Rez. Hall jr., Robert A.: La struttura dell'italiano. Rom 1971, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 89 (1973), 397-^03.
1975 Zur Fehleranalyse in einer Spätfremdsprache, in: Lernzielbestimmung und Leistungsmessung im modernen Fremdsprachenunterricht, hg. v. Werner Hüllen / Albert Raasch / Franz Josef Zapp. Frankfurt am Main 1975, 84-104.
1976 Rez. Dumonceaux, Pierre: Langue et sensibilito au XVIIe siecle. L'eVolution du vocabulaire affectif. Genf 1975, in: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur 86 (1976), 348-351. Rez. Pellegrini, Giovan Battista: Saggi di linguistica italiana. Storia, struttura, societä. Torino 1975, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 92 (1976), 607612.
1977 Adverb und Modalisator im Französischen, in: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur 87 (1977), 1-19. Zur curricularen Analyse eines Fremdsprachenlehrwerkes, in: Studi Italiani di Linguistica Teorica e Applicata 6 (1977), 301-319. Der Wortschatz der französischen Übersetzungen von Plutarchs „Vies Paralleles" (1559-1694). Lexikologische Untersuchungen zur Herausbildung des fran9ais littoraire vom 16. zum 17. Jahrhundert. Tübingen 1977 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 162].
Schriftenverzeichnis
5
1978 Die rumänische Sprache zwischen Ost und West. Probleme der rumänischen Orthographie im 19. Jahrhundert, in: Hundert Jahre Unabhängigkeit Rumäniens 1877-1977, hg. v. Friedrich-Christian Schröder. Kallmünz 1978, 21-39.
1979 Das Frequenzwörterbuch - ein Hilfsmittel der vergleichenden Sprachcharakteristik?, in: Sprache und Mensch in der Romania. Festschrift Heinrich Kuen zum 80. Geburtstag, hg. v. Gerhard Ernst / Arnulf Stefenelli. Wiesbaden 1979, 2143. (mit Arnulf Stefenelli (Hgg.)) Sprache und Mensch in der Romania. Heinrich Kuen zum 80. Geburtstag. Wiesbaden 1979. Rez. Kristol, Andres M.: COLOR. Les langues romanes devant le phonomene de la couleur. Bern 1978, in: Romanische Forschungen 91 (1979), 309-313. Rez. Italienische Studien 1. Wien 1978, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 95 (1979), 640-641. Rez. Rovere, Giovanni: Testi di italiano popolare. Autobiografie di lavoratori e figli di lavoratori emigrati. Roma 1977, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 216 (1979), 197-201.
1980 Prolegomena zu einer Geschichte des gesprochenen Französisch, in: Zur Geschichte des gesprochenen Französisch und zur Sprachlenkung im Gegenwartsfranzösisch. Beiträge des Saarbrücker Romanistentages 1979, hg. v. Helmut Stimm. Wiesbaden 1980, 1-14. Rez. Italienische Studien 2. Wien 1979, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 96 (1980), 645-646.
1981 Ein Blick durch die durchsichtigen Wörter. Versuch einer Typologie der Wortdurchsichtigkeit und ihrer Einschränkungen, in: Linguistica 21 (1981), 47-72.
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Gerhard Ernst
Existiert ein „italiano popolare unitario"?, in: Italienische Sprachwissenschaft. Beiträge zu der Tagung „Romanistik interdisziplinär" (Saarbrücken 1979), hg. v. Christoph Schwarze. Tübingen 1981, 99-113. Zur Theorie und Praxis von Hörverständnisübungen Italienisch, in: Neuphilologische Mitteilungen 34 (1981), 10-17. Rez. Belli, Giuseppe Gioachino (1791-1863). Die Wahrheit packt dich, hg. v. O.E. Rock. München 1978, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 97 (1981), 490-494. Rez. Holtus, Günter: Lexikalische Untersuchungen zur Interferenz: Die frankoitalienische Entroe d'Espagne. Tübingen 1977, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 218 (1981), 204-209. Rez. Italienische Studien 3. Wien 1980, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 97 (1981), 611-613. Rez. Romanica Europaea et Americana. Festschrift für Harri Meier zum 8. Januar 1980, hg. v. Hans Dieter Bork / Artur Greive / Dieter Woll. Bonn 1980, in: Romanische Forschungen 93 (1981), 407-417.
1982 (Hg.) Die österreichische Militärgrenze - Geschichte und Auswirkungen. Kallmünz 1982 [= Schriftenreihe des Regensburger Osteuropainstituts, 8]. Rez. Abegg-Mengold, Colette: Die Bezeichnungsgeschichte von Mais, Kartoffel und Ananas im Italienischen. Probleme der Wortadoption und -adaption. Bern 1979, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 219 (1982), 230-232. Rez. Koppen, Ulrich: Die „Dialoghi d'amore" des Leone Ebreo in ihren französischen Übersetzungen. Buchgeschichte. Übersetzungstheorie und Übersetzungspraxis im 16. Jahrhundert. Bonn 1979, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 98 (1982), 211-213.
1983 Balant Itali, gemunt Hispani, ululant Germani, cantant Galli. Senso e non senso dei tentativi di caratterizzare una lingua. Trentol983.
Schriftenverzeichnis
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Was passiert, wenn eine Sprache vereinfacht wird? Gedanken zu den Termini „einfach" und „Vereinfachung" in der Sprachwissenschaft, in: Varietätenlinguistik des Italienischen, hg. v. Günter Holtus / Edgar Radtke. Tübingen 1983, 107-116. (Hg.) Das Patriarchat Aquileia - Schnittpunkt der Kulturen. Kallmünz 1983 [= Schriftenreihe des Regensburger Osteuropainstituts, 10]. Rez. Harmer, Lewis Charles: Uncertainties in French Grammar, ed. by P. Rickard / T.G.S. Combe. Cambridge 1979, in: Zeitschrift für französische Sprache und Literatur 93 (1983), 83-86. Rez. Italienische Studien 4. Wien 1981, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 99 (1983), 612-615. Rez. Pfister, Max: Einführung in die romanische Etymologie. Darmstadt 1979, in: Kratylos28 (1983 [1984]), 157-162.
1984 Une contribution historique ä ('acquisition du langage par enfant. L'exemple de Louis XIII (*1601) ä l'äge de 3 ä9 ans, in: Linguistica24 (1984), 177-191. Rez. Italienische Studien 5. Wien 1982, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 100 (1984), 674-676. Rez. Kaiser, Egbert: Strukturen der Frage im Französischen. Synchronische und diachronische Untersuchungen zur direkten Frage im Französischen des 15. Jahrhunderts (1450-1500). Tübingen 1980, in: Romanische Forschungen 96 (1984), 441-445. Rez. Langue, dialecte, litte"rature. Etudes romanes ä la memoire de Hugo Plomteux. Leuven 1983, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 100 (1984), 644650.
1985 Gesprochenes Französisch zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Direkte Rede in Jean H6roards „Histoire particuliere de Louis XIII". Tübingen 1985 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 204]. Rez. Italienische Studien 6. Wien 1983, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 101 (1985), 505-507.
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Gerhard Ernst
Rez. Italienische Studien 7. Wien 1984, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 101 (1985), 507-509. Rez. Pusch, Luise F.: Kontrastive Untersuchungen zum italienischen ,gerundio': Instrumental- und Modalsätze und das Problem der Individuierung von Ereignissen. Tübingen 1980, in: Romanische Forschungen 97 (1985), 77-80.
1986 Morphologie und Syntax der Relationsadjektive (RA) im Rumänischen: Spezifisches und Gemeinromanisches, in: Rumänistik in der Diskussion. Sprache, Literatur und Geschichte, hg. v. Günter Holtus / Edgar Radtke. Tübingen 1986, 317-338. II viaggio Viennese del professore. *I1 viaggio professorale a Vienna. Relationsadjektive und konkurrierende Syntagmen im Italienischen, in: Italienische Studien 9 (1986), 147-166. Rez. Bausteine für eine italienische Grammatik. Bd. I, hg. v. Christoph Schwarze. Tübingen 1983; Bausteine für eine italienische Grammatik. Bd. II, hg. von Christoph Schwarze. Tübingen 1985, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 102 (l986), 523-530. Rez. Italia viva. Studien zur Sprache und Literatur Italiens. Festschrift für Hans Ludwig Scheel, hg. v. Willi Hirdt / Reinhard Klesczewski. Tübingen 1983, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 102 (1986), 612-614. Rez. Testi Lucani del Quattro e Cinquecento. I: Testi, a cura di Anna Maria Perrone Capano Compagna. Napoli 1983, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 102 (1986), 703-704.
1987
(mit Josef Felixberger): Sprachwissenschaftliche Analyse neufranzösischer Texte. Tübingen 1987 [= Romanistische Arbeitshefte, 27]. Das Spiel mit Wörtern - ein überzeitliches Universale kindlichen Spracherwerbs. Ein französisches Beispiel aus dem 17. Jahrhundert, in: Neuere Forschungen zur Wortbildung und Historiographie der Linguistik. Festgabe für Herbert E. Brekle, hg. v. Brigitte Asbach-Schnitker / Johannes Roggenhofer. Tübingen 1987, 211-224.
Schriftenverzeichnis
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1988 Rez. Holtus, Günter / Radtke, Edgar (Hgg.): Gesprochenes Italienisch in Geschichte und Gegenwart. Tübingen 1985, in: Romanistisches Jahrbuch 39 (1988), 182-186. Rez. Italienische Studien 8. Wien 1985; Italienische Studien 9. Wien 1986, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 104 (1988), 519-521. Rez. Mair, Walter N. / Meter, Helmut (Hgg.): Italienisch in Schule und Wissenschaft. Tübingen 1984, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 104 (l988), 474-477.
1989 Le langage du Prince, in: Journal de Jean He~roard, me~decin de Louis XIII. Sous la direction de Madeleine Foisil. Paris 1989, 189-214. Musikterminologisches aus dem Journal d'Horoard, in: Studien zur romanischen Wortgeschichte. Festschrift für Heinrich Kuen zum 90. Geburtstag, hg. v. Gerhard Ernst / Arnulf Stefenelli. Wiesbaden / Stuttgart 1989, 71-81. Ion Popinceanu (1908-1989), in: Zeitschrift für Romanische Philologie 105 (1989), 658-659. Roma: stato attuale delle ricerche sulla situazione linguistica, in: La dialettologia italiana oggi. Studi offerti a Manlio Cortelazzo, hg. v. Günter Holtus / Michael Metzeltin / Max Pfister. Tübingen 1989, 313-324. Rumänisch. Interne Sprachgeschichte und Entwicklungstendenzen. II: 19. und 20. Jahrhundert, in: Lexikon der Romanistischen Linguistik, hg. v. Günter Holtus / Michael Metzeltin / Christian Schmitt. Bd. III: Die einzelnen romanischen Sprachen und Sprachgebiete von der Renaissance bis zur Gegenwart. Rumänisch, Dalmatisch / Istroromanisch, Friaulisch, Ladinisch, Bündnerromanisch. Tübingen 1989, 334-346. (mit Amulf Stefenelli (Hgg.)) Studien zur romanischen Wortgeschichte. Festschrift für Heinrich Kuen zum 90. Geburtstag. Wiesbaden / Stuttgart 1989. Rez. Holtus,. Günter: La versione franco-italiana della .Bataille d'Aliscans': Codex Marcianus fr. VIII (= 252). Tübingen 1985, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 226 (1989), 457-460.
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Gerhard Ernst
1990 Rez. Avram, Mioara: Gramatica pentru tofi. Bucure§ti 1986, in: Romanische Forschungen 102 (1990), 74-77. Rez. Nicoli, Franco: Grammatica milanese. Busto Arsizio 1983, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 106 (1990), 415-419. Rez. Schweickard, Wolfgang: Die „cronaca calcistica". Zur Sprache der Fußballberichterstattung in italienischen Sporttageszeitungen Tübingen 1987, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 106 (1990), 209-213.
1991 Important secolului al -lea pentru fixarea locului limbii romäne intre limbile romanice, in: Limbä §i literaturä 2 (1991), 101-111. Die Latinismen des Italienischen in DELI und LEI, in:: Paulo Tekavcio sexagenario in honorem oblata I (= Linguistica 31 (1991)), 185-200.
1992 La ce punct au ajuns studiile despre limba romänä din secolul al XlX-lea?, in: Beiträge zur rumänischen Sprache im 19. Jahrhundert, hg. v. Gerhard Ernst / Peter Stein / Barbara Weber. Tübingen 1992, 3-11. (mit Evelyn Wimmer) Forfait oder walk over für das Französische? Zum Arrete" relatif ä la terminologie du sport, in: Language and Civilisation. A Concerted Profusion of Essays and Studies in honour of Otto Hietsch, hg. v. Claudia Blank. Bern / Frankfurt am Main / New York / Paris 1992, 683-699. (mit Peter Stein / Barbara Weber (Hgg.)) Beiträge zur rumänischen Sprache im 19. Jahrhundert. Akten des Kolloquiums „Die rumänische Sprache im 19. Jahrhundert", Regensburg 24.-26.4.1990. Tübingen 1992. (mit Barbara Weber (Hgg.)) Deutsch-rumänische Sprach- und Kulturbeziehungen im 19. Jahrhundert. Kalimünz 1992 [= Schriftenreihe des Osteuropainstituts Regensburg / Passau, 13]. Eine Kindheit am französischen Königshof: Ludwig XIII. im Journal d'Höroard [= Sendung „Soiroe" des SWF, 15.2.1992, 21-23 Uhr].
Schriftenverzeichnis
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1993 Rez. La lingua francese nel Seicento. Prefazione di Maurice Gross. Bari / Paris 1989, in: Romanische Forschungen 104 (1993), 416-420. Rez. Kesselring, Wilhelm: Dictionnaire chronologique de la langue francaise: Le XVIIe siecle. Tome I: 1601-1606. Heidelberg 1989, in: Romanische Forschungen 105 (1993), 135-138. Rez. Marxgut, Werner: Der französische Sozialwortschatz im 17. Jahrhundert. Ein Beitrag zur paradigmatischen Semantik. Wilhelmsfeld 1989, in: Revue de Linguistique Romane 57 (1993), 558-561.
1994 Rez. De Mauro, Tullio (a cura di): II Romanesco ieri e oggi. Roma 1989, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 110 (1994), 737-741. Rez. Fischer, Mathilde: Sprachbewußtsein in Paris. Wien 1988, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 110 (1994), 575-577. Rez. (mit Flora §uteu) Doca, Gheorghe / Rocchetti, Alvaro: Comprendre et pratiquer le roumain. Bucure§ti / Paris 1992, in: Romanische Forschungen 106 (1994), 313-315.
1995 Zur Herausgabe autobiographischer Non-Standardtexte des 17. (und 18.) Jahrhunderts: für wen? wozu? wie?, in: Studien zu romanischen Fachtexten aus Mittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Guido Mensching / Karl-Heinz Röntgen. Hildesheim 1995, 45-62. Konvergenz in Wortbildung und Semantik romanischer Sprachen am Beispiel der Nomina qualitatis, in: Konvergenz und Divergenz in den romanischen Sprachen. Romanistisches Kolloquium VIII, hg. v. Wolfgang Dahmen u.a. Tübingen 1995, 65-84. Rez. Engel, Ulrich / Isbä§escu, Mihai / Stänescu, Speran{a / Nicolae, Octavian: Kontrastive Grammatik deutsch-rumänisch. 2 Bde. Heidelberg 1993, in: Romanische Forschungen 107 (1995), 185-192.
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Gerhard Ernst
Rez. Hagenberg, Claus-Detlef: Der unbekannte Malherbe. Untersuchungen zur Übersetzung des 33. Buches des Titus Livius. Bonn 1994, in: Revue de Linguistique Romane 59 (1995), 590-594. Rez. Sallach, Elke: Studien zum venezianischen Wortschatz des 15. und 16. Jahrhunderts. Tübingen 1993, in: Romanistisches Jahrbuch 46 (1995), 183185. Rez. Schweickard, Wolfgang: „Deonomastik". Ableitungen auf der Basis von Eigennamen im Französischen (unter vergleichender Berücksichtigung des Italienischen, Rumänischen und Spanischen). Tübingen 1992, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 111 (1995), 469-473.
1996 Heinrich Kuen, in: Lexicon Grammaticorum, hg. v. Harro Stammerjohann. Tübingen 1996, 535-536. Sintassi del dialetto / sintassi del parlato, in: Neue Wege der romanischen Geolinguistik, hg. v. Edgar Radtke / Harald Thun. Kiel 1996, 459-473.
1997 Die Nachfolger von lat. EX- im LEI, in: Italica et Romanica. Festschrift filr Max Pfister zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Günter Holtus / Johannes Kramer / Wolfgang Schweickard. Tübingen 1997, 45-70. (mit Barbara Weber) Jacques-Louis Monstra (1738-1803(7)) und sein „gibier fominin". Ein Mann über Frauen, Liebe, Sexualität, in: Sprache und Geschlecht in der Romania. Romanistisches Kolloquium X, hg. v. Wolfgang Dahmen u.a. Tübingen 1997, 205-221. Rez. Sancier-Chateau, Anne: Une esthotique nouvelle: Honore" d'Urfe" correcteur de L'Astree (1607-1625). Geneve 1995, in: Revue de Linguistique Romane 61 (1997), 571-573.
1998 Italienische Sprachkultur im Überblick, in: Europäische Sprachkultur und Sprachpflege, hg. v. Albrecht Greule / Franz Lebsanft. Tübingen 1998, 195213.
Schriftenverzeichnis
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2001
(mit Barbara Wolf): Textes fran9ais privös des et XVIII e siecles. CDROM 1: La ,Chronique memorial' de Pierre Ignace Chavatte. Tübingen 2001.
Gerald Bernhard
Uvulares [R]: Synchronisches und Diachronisches zu einem rätselhaften Laut
0. Daß ein echtes .gerolltes', ein apikoalveolares [r] ein schwieriger Laut ist, mußte u.a. auch der kleine Louis XIII, oder besser gesagt sein Leibarzt Höroard, erfahren, der sich, wie uns der Jubilar anschaulich vor Augen geführt hat,1 auch um das sprachliche Wohl seines Schützlings sorgte. Ähnlich wie auch bei heutigen ,modernen' Altersgenossen des Dauphins variierten Realisationsversuche des Vibranten zwischen /!/ und /0/;2 über eine Variante ,uvularer Vibrant bzw. Frikativ' ([R]), die von Horoard notiert bzw. toleriert worden wäre, sind wir nicht informiert. Vermutlich dürfte der Leibarzt wie seine Zeitgenossen jedoch froh gewesen sein, als der junge König die französische Systemstelle .Vibrant' in der von der damaligen usuellen Norm vorgesehenen Variante [r] zu realisieren im Stande war. Auf jeden Fall gibt es für die Zeit des frühen 17. Jahrhunderts kaum Hinweise darauf, daß - abgesehen von der vermutlich seit altfranzösischer Zeit bestehenden Alternative [R] für langes /r/ (vgl. Wolff 1958:119f.) im Gegensatz zu späteren Epochen und anderen Regionen die uvulare Realisation des Vibranten zulässig bzw. als freie Variante die Funktion von /r/ in allen Positionen übernommen hätte.3 Diese, für das heutige Französisch auch präskriptiv normativ gültige Tatsache" manifestiert sich bekanntermaßen erst im 17. Jahrhundert. Im folgenden soll der Frage nach den Charakteristika von Vibranten, der Diffusion von Normen und der schnellen Ausbreitung des uvularen /r/ in Frankreich (und von dort aus auch auf Nachbargebiete übergreifend) und den besonderen historischen Verhältnissen unseres /R/ nachgegangen werden. Vgl. Ernst (1985:49f, 52), wo deutlich wird, daß der Dauphin erst im Alter von 8 bis 9 Jahren die Fähigkeit erreicht, ein, wie Hiroard es bisweilen nennt, /r/ „liquido" (46) in allen erforderlichen Positionen zu realisieren. Ausgenommen hiervon bleiben jedoch r im Auslaut und zum Teil nach Plosiv, worin Gerhard Ernst (1985:53) zurecht „ganz klar ein Phänomen der (gesprochenen) familiären Sprache vom Beginn des 17. Jh." sieht. Die Psycholinguistik bestätigt dies auch empirisch für den L,-Erwerb durch Kinder in verschiedenen Sprechergemeinschaften, wo auf eine Phase des Weglassens von /r/ eine der „Substitution durch Kontinuanten" (Wode 1993:196) folgt. Straka (1990:29f.) verweist zwar in Anlehnung an Thurot (1881-1883, vol. II:269f.) auf die uvulare Realisation von /rr/ und /r/ - seit dem 16. Jh.; z.B. bei Meigret findet sich jedoch keine Nennung des Artikulationsortes. Der Autor vermerkt lediglich, daß es „plus fort au double" (Meigret 1980:15) sei. Eine Ausnahme bildet das ,gesungene /r/', denn „... il est tres net et tres sonore, il convient surtout au chant et est ge~ne~ralement admis dans le dibit thoätral " (Grevisse 1969:36). Seit der 12. Ausgabe des Bon Usage heißt es (1986:42): „il est aussi utiliso par des chanteurs, parce qu'il est tres sonore".
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l. Obwohl, wie am Beispiel Ludwigs XIII., und nicht nur an diesem, zu erkennen ist, die Erlernung des [r] für viele Sprach-Neulinge eine physiologischartikulatorische HUrde darstellt, erfüllt es doch in einer Vielzahl von Sprachen eine wichtige distinktive Funktion.5 Vor allem bei lautem Sprechen und beim Singen ist das alveolare /r/ dem uvularen wegen seiner größeren Schallfülle überlegen, was mit dazu beigetragen haben mag, daß man das »romanische* gerollte [r] bisweilen mit einer (lauten) ländlichen, bäuerlichen oder auch ungepflegten Ausdrucksweise assoziiert.6 Andererseits werden in der vorsprachlichen artikulatorischen Entwicklung des Kindes, der sogenannten ,Gurrphase' (s. auch Kielhöfer 1997:24) regelmäßig uvulare Vibranten und Frikative produziert, diese sozusagen natürlich phonetischen Laute aber von der sozialisierenden Umgebung nicht phonemisch wahrgenommen. Offensichtlich ist dies der Fall, weil bloße Äußerungen von [R] oder [ ] nicht in irgendeiner Form lexikalisch anbindbar sind, anders als etwa bei Silben oder Silbenreduplikationen wie [mama], [baba] usw., was ja bekanntlich mit großer Regelmäßigkeit zum Streitpunkt über das »erste Wort' eines Kindes werden kann. Die Produktion von [R] fällt demhingegen in einen vorübergehenden Dornröschenschlaf und wird erst bei späteren Phasen des Spracherwerbs wieder zum Gegenstand von Beurteilungen von »richtig' und ,falsch', also zum Bestandteil einer Normdiskussion. Innerhalb einer solchen Diskussion entscheidet es sich dann oft, ob ein [r] in allen Positionen .richtig' artikuliert wird oder ob es in bestimmten Positionen gefahrlos, d.h. ohne Beeinträchtigung der zu übermittelnden sprachlichen Zeichen, eine partielle oder totale artikulatorische Veränderung erfährt. Ein derartiger Prozeß kann zu einem sprechtechnisch bedingten endogenen Lautwandel führen, wie z.B. die Mode der Pariser Aussprache im 16. Jh. zeigt, bei welcher intervokalisches /r/ durch artikulatorische Schwächung7 als [z] erscheint, so etwa bei Paris > [pazi], Marie > [mazi] usw. Dieser Lautwandel ist bekanntermaßen durch bewußte (normierende) Eingriffe weitestgehend wieder rückgängig gemacht worden (vgl. auch Berschin / Felixberger / Goebl 1978:48), wohl auch deshalb, weil er - im Gegensatz zu /r/ - die (Ortho-)Graphie affiziert hätte. Etwas anders verhält es sich hingegen bei der Substitution von apikoalveolarem [r] durch uvulares [R]. Letzteres kann nicht durch sprechökonomische Tätigkeit Auch in Sprachen, in welchen heute ein ursprunglich alveolar-apikaler Vibrant seine Funktion an weiter hinten artikulierte retroflexe Para-Vibranten abgegeben hat, z.B. im Englischen oder Chinesischen, wird schriftbedingt nach wie vor von /r/ gesprochen, also in gewissem Sinne durch Benennungsgleichheit auch Funktionsgleichheit suggeriert. Dies gilt heute in stärkerem Maße dort, wo das uvulare [R] zur Normaussprache der normstiftenden Institutionen wie den audiovisuellen Medien oder positiv konnotierten Regionen geworden ist, also z.B. im französischsprachigen und (teilweise) im deutschsprachigen Raum. Hier werden Sprachen / Dialekte mit [r], beispielsweise Gaskognisch, Lothringisch, Mainfränkisch, oder gar mit retroflexem hl wie z.B. in Oberhessen, als eher rückständig eingestuft (eigene Umfrage mit Studenten aus Marburg). Genau genommen handelt es sich hierbei um eine verringerte Spannung des Zungenmuskels, welche bei schwachem artikulatorischem Druck, beispielsweise beim Flüstern, keine Vibration, sondern nur noch Engebildung erzeugt und somit die Frikativierung von [r] > [z] bedingt.
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oder assimilatorisch aus ersterem hervorgehen, sondern stellt v.a. auditiv eine gleichwertige Alternative - bei artikulatorisch-phonetischer Ferne - zum .normalen', weil in der Gemeinschaft üblichen, [r] dar, wobei es der Gemeinschaft obliegt, diese systemfunktionelle Gleichwertigkeit auch mit artikulatorischer Gleichwertigkeit zu sanktionieren. Es fällt auf, daß in Sprechergemeinschaften, in denen beide Varianten der Systemstelle .Vibrant' anzutreffen sind, diese Gleichwertigkeit prinzipiell besteht, in solchen jedoch, in denen usuell nur eine der beiden Varianten realisiert wird, die jeweils andere tendenziell nicht akzeptiert wird. Im Norden Italiens wird so dem nicht normgemäßen uvularen [R] die gleiche Funktion zugebilligt wie dem standarditalienischen [r], im Süden siegt jedoch eher die Normalität des einzig möglichen usuellen [r] über die Funktionalität auch der uvularen Varianten.8 Bei der Wahl von [r] oder [R] als mutuell substitutionsfähige Varianten einer auditiv und funktioneil gleichwertigen Systemstelle kann somit bei einer Ausbreitung der einen oder anderen Realisationsmöglichkeit an eine langsame Ausbreitung durch .natürliches Driften'9 oder durch eine, zumindest beschleunigte, Verbreitung durch eine .normstiftende Instanz' gedacht werden.
2. Die Präsenz uvularer Realisationen von /r/ im heutigen Europa (außerhalb Frankreichs z.B. im deutschen Sprachraum,10 in Skandinavien und England" sowie in Portugal und in (Nord-)Italien) ist zwar teilweise als polygenetisch einzustufen, die durchschlagenden usuell-normierenden Impulse für die großräumige Verbreitung des Phänomens dürften jedoch durch die Prestigewirkung des Französischen des Adels und der Oberschicht im allgemeinen im 17. und 18. Jahrhundert zu sehen sein. Diese Vermutung kann durch heutige Verbreitungsareale - und in diesem Zusammenhang auch durch die eingangs erwähnten Kon-
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Ich konnte im Sommer 1993 beobachten, daß ein ojähriges Mädchen aus Rom v.a. intervokalisches [r] defektiv ([1], [ö], [0]) realisierte, während ihr Spielkamerad, mein Sohn, sich der toleranteren deutschen Norm folgend mal eines [r], mal eines [R] bediente, was ihm gelegentlich die, soziolinguistisch relevante, Charakterisierung eines „piccolo tedesco" einbrachte. Gelegentliche Versuche des Mädchens, die offensichtlich interessante Variante [R] auszuprobieren, wurden meist mit Bemerkungen wie „ma qui non si dice cosi" in die vorgegebenen usuellen Bahnen des [r] gelenkt. Das .Driften' beinhaltet dabei die Sprachwandelprozesse, die sozusagen unbemerkt von den Norminstanzen vonstatten gehen (vgl. auch die aufschlußreichen Beobachtungen von Moosmüller / Vollmann 2001 zum österreichischen Deutschen); die beschleunigten Prozesse wurden dann das Vorhandensein von .allgemein' akzeptablen Vorbildern voraussetzen, sie wären also kontaktbedingt. So wird beispielsweise von Jacob Böhme die Verwendung von uvularem [R] zu Beginn des 17. Jh. in einigen Orten des schlesischen Mundartraumes bezeugt (vgl. auch Moulton 1952; Mendels 1953), wo es sicherlich durch sprechsprachlichen Wandel entstanden ist, wohl aber kaum auf die Zentren und Gebiete mit genereller Realisation [R] gewirkt hat. In England liegt ein Verbreitungsgebiet von [R] in Nordhumbrien, wo es wohl autochthon ist; vgl. z.B. Trautmann (1880b). Zu den Verhältnissen in Skandinavien Hinweise u.a. bei Malmberg (1943:50, Anm. 1).
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notate .ländlich' und .bäuerlich' - gestützt werden. Flächendeckend, zumindest im Gebrauch von urbanisierten, auch ländlichen, Sprechern, ist [R] in Frankreich, wo es auch in jüngster Zeit immer noch Terrain- bzw. Domänengewinne verzeichnen kann,12 in Südwest-, Mittel- und Norddeutschland, Belgien und der westlichen Schweiz anzutreffen. Es handelt sich also um Verbreitungsgebiete, welche arealtypologisch gesehen auf ein Ausstrahlungszentrum Frankreich hindeuten,13 wo es sich als Normvariante wohl zuerst in Paris durchgesetzt hatte.
3. Wie eingangs angedeutet, findet der definitive Umschwung zugunsten der heutigen Normvariante [R] offenbar im Paris des 17. Jahrhunderts statt, wo das uvulare [R] recht plötzlich zur normalen Realisation mit entsprechendem sozialem Prestige aufsteigen konnte.14 Dies geschah freilich nicht ,ex nihilo', sondern konnte sich auf die bereits bestehende Realisation [R] für den langen (doppelten) Vibranten stützen, welcher offenbar schon vor dem 17. Jahrhundert in Teilen der französischen Gesellschaft auf die Position des anlautenden /r/ ausgedehnt worden war: „L V initiale e*tait sans doute prononce"e de la gorge ou plutöt avec la luette, tandis que r modiale ou finale e"tait prononcöe avec la langue" (Thurot 1881-1883, vol. 11:270). Bisweilen findet sich jedoch auch der Hinweis auf das Fehlen von [R] im 17. Jahrhundert: „The uvular [R] of Modern French (r dorsal or grasseye) did not yet exist " (Rickard 1992:15). Zeitgenössische metasprachliche Bemerkungen lassen jedoch auf das Vorhandensein beider Varianten schließen, auch wenn die betreffenden Textstellen, die z.B. auf eine „opposition entre un r doux et r rüde" (Swiggers 1984:80) Bezug nehmen, phonetisch nicht eindeutig zu interpretieren sind. Festzustehen scheint jedoch, es sei nochmals erwähnt, daß im Paris des 17. Jahrhunderts, während der Zeit größter absolutistischer Machtentfaltung, eine soziolinguistische, durch vertikalen Kontakt bedingte Entscheidung zugunsten des [R] relativ rasch getroffen wurde. Diese schnelle Entscheidung stellt die historisch-rekonstruktive Forschung vor Detailprobleme. Offenbar reicht es weder aus, das Phänomen damit zu erklären, daß „functional pressure directed by the merger of apical r with the uvular vibrant rather than the fricative z [z.B. in /pazi/]" (Wolff 1958:120)
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Vgl. z.B. Siguy (1951:19f.), wo die ,Ländlichkeit' von [r] betont wird. Im kindlichen Spracherwerb der jüngsten Zeit läßt sich auch in traditionellen [r]-Gebieten wie dem Norden und dem Midi ein nur geringer Anteil von alveolaren Realisationen feststellen; s. auchGoudailler(1985a:81 sowie 1985b:94). Eine Übersicht findet sich bei Wolff (1958:122-131). Vgl. auch Karten bei Trudgill (1983:57f), aus welchen auch die soziolinguistische Schichtung des Phänomens ersichtlich ist. Für Österreich darf dabei ein jüngerer Verbreitungsschwerpunkt Wien angenommen werden, welcher seinerseits auf die ländlichen Varietäten des Landes wirkt. Dieses Prestige wird auch in jüngeren Werken zur Frage der Herkunft von [R] als Hauptgrund angeführt, vgl. auch Carton (1974:164f.): „On peut penser que le [R] uvulaire est le modale que les diverses rogions imitent par souci de prestige culture! et social".
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bereits im 16. Jahrhundert die Ausbreitung von [R] bewirkt haben könnte, noch scheinen die Annahmen eines - ohnehin leicht diffusen Konzepts von - „urbanism" (Wolff 1958:120) oder der - aus areallinguistischen Gründen eher unwahrscheinlichen - Entlehnung aus dem Englischen (vgl. Anm. 11) zu befriedigen. Die seit dem späten 19. Jahrhundert des öfteren aufgeworfene Hypothese, [R] sei im Umfeld der ,pre*cieuses' entstanden,15 ist aus lautphysiologischen Gründen plausibel - bei leiserem Sprechen fällt der alveolare Vibrant häufiger der Frikativierung zum Opfer -, doch dürfte die modische Ausstrahlungskraft der sittenstrengen Damenzirkel, über die sich Moliere 1659 noch lustig macht, allein nicht zur Durchsetzung von [R] ausgereicht haben. Weitere Vermutungen richten ihr Augenmerk - im Rahmen der virulenten Debatten um den ,bon usage' am Königshof nur allzu verständlich - auf das höfische Leben des 17. Jahrhunderts. Von Ludwig dem XIII. wissen wir bereits, daß er das »richtige4 [r] spät, aber dennoch erworben hat, so daß seine Person und sein Hof wohl nicht die Ursprünge einer Aussprachemode bzw. eines Vorbildes für [R] beherbergen konnten. Als aber 1643 sein minderjähriges Kind Ludwig XIV. (*5.9.1638) nominell und 1661, nach dem Tode des Kardinals Mazarin, auch de facto die Herrschaft antritt, brechen bei Hofe neue Zeiten an. Der Sonnenkönig macht aus der eigenen Person und seiner Lehre vom Absolutismus, als dessen .Krönung' die königliche, und damit staatliche, ,gloire' angesehen wird, einen Drehund Angelpunkt des Lebens in Frankreich. Daß eine solch zentrale Rolle des Hofes auch zum Inbegriff imitationswürdigen Verhaltens werden kann, verwundert somit nicht, zumal nach 1682, dem Umzug des Hofes nach Versailles, der Hofstaat des ,roi soleiP mehrere Tausend Menschen umfaßt.16 Der junge Sonnenkönig genoß, oder besser gesagt durchlebte eine strenge, aber auch - wie bereits sein Vater - medizinisch sorgsam überwachte Erziehung, während der er auch die Artikulation des normalen, alveolaren [r] erlernt haben wird.17 Die medizinische Sorgfalt wurde parallel zu seiner wachsenden Macht ebenfalls größer, so daß sich der erwachsene Louis XIV in der ständigen Obhut von wenigstens drei Leibärzten befand. Die medici Vallot, Daquin und Fagon erstellten über das königliche Befinden ein „Journal de la Santo du Roi" (vgl. Bertrand 1927:293), woraus unter anderem hervorgeht, daß ihn nicht nur ein großer Hunger nach Macht, sondern auch auf Speisen aller Art auszeichnete. Die Eßlust des Souverains mag zwar „im 17. Jahrhundert als ein Zeichen des göttlichen Segens für das gesamte Königreich" (Zander 1978:107) gelten, hat 15
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Wohl zuerst hat M. Trautmann (1880a:215f.) die Vermutung aufgestellt, die ,pre"cieuses', welche er jedoch selbst „allesamt verdrehte Schrauben" (216) nennt, konnten den Ausgangspunkt für das ,r grasseye"' sein. Lebhafte Schilderungen des Lebens bei Hofe finden sich in Ziegler (1964:32f., passim). Bereits seit Vaugelas' Remarques (1647) wird die Mündlichkeit des Hofes zum Vorbild erhoben (vgl. auch Berschin / Felixberger / Goebl 1978:228f.) und damit auch zum Modell für die Provinz (s. Brunot 1905ff., vol. V:67). Ein sorgsam geführtes Tagebuch über den Spracherwerb des Sonnenkönigs liegt - im Gegensatz zum Journal d'Heroard über seinen Vater, Louis XIII - nicht vor.
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aber eine banale Ursache: Ludwig XIV. litt unter einem Bandwurm. Dies hatte fatale Folgen; weniger, weil der König eine eher schwächliche Konstitution besessen hätte - das Gegenteil war der Fall - als vielmehr deshalb, weil seine Leibärzte und Chirurgen (letztere zählten damals noch nicht zur Zunft der Mediziner) ihn als Experimentierobjekt für ihre wissenschaftlichen Studien und wohl auch als willkommene Grundlage für ihre eigene ,gloire' ansahen.18 Die durch den Bandwurm und den damit zusammenhängenden übermäßigen Verzehr von pantagruelischen Mengen an Speisen verursachten Bauchschmerzen und „vapeurs" (Bertrand 1927:298), für welche die Leibärzte stets äußerst schmerzhafte, ihrer Meinung nach jedoch erfolgreiche chirurgische Eingriffe als Lösungen parat hatten. Am 17. November 1686 muß sich der ständig von schier unerträglichen Schmerzen geplagte König einer Fisteloperation (ohne Narkose) unterziehen, die ärztlichen Kreisen zufolge erfolgreich verläuft und nach der der König seiner Vorbildfunktion entsprechend ohne Murren zum pompösen Tagesgeschäft in Versailles übergeht. Wie stark die königliche Vorbildfunktion wirkt, wird in den Tagen danach deutlich, als sich nicht weniger als 30 Höflinge mit der Bitte an den Chirurgen Professor wenden, man möge „sie doch, bitte, bitte, an der gleichen Stelle operieren wie seine Majestät" (Zander 1978: 108). Das Imitationspotential bei Hofe ist also nicht zu unterschätzen. Als für unseren linguistischen Zusammenhang noch folgenreicher dürfte allerdings ein chirurgischer Eingriff bewertet werden, der Ludwig ein Jahr zuvor ereilte und der auf der Grundlage der damals aktuellsten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse (fast) unumgänglich scheinen mußte. Die ständigen, oben erwähnten leiblichen Beschwerden führten nicht selten zu Infektionen, und der medizinischen Lehrmeinung der Zeit zufolge gab „es im ganzen menschlichen Körper keinen gefährlicheren Infektionsherd als die Zähne" (Zander 1978:107). Ludwig ließ sich davon überzeugen und folgte, mit stoischer Hoffnung auf Genesung und .gloire', dem Rat seiner Leibärzte, allen voran dem des Dr. Daquin, sich alle Zähne ziehen zu lassen „solange sie noch gesund seien" (Zander 1978:107). Er überlebt, wundersamerweise, die Intervention, welche jedoch neben glorreicher Duldsamkeit noch weitere Folgen hat: Doktor Daquin reißt seinem Herren nicht nur sämtliche Zähne aus, sondern auch große Teile des harten Gaumens (vgl. Zander 1978:107; Bertrand 1927: 301)! Der malträtierte König litt wie ein Pferd und, so traurig und tragisch es sich anhören mag, konnte wohl fortan kein alveolares [r] mehr hervorbringen. Dies erscheint umso wahrscheinlicher angesichts der Tatsache, daß fehlende Alveolen und Gaumenteile sogar dazu führten, daß sich die zwangsläufig unzerkauten Speisen teilweise durch die Nase ergossen.19 Louis XIV muß aufgrund solcher Gegebenheiten auf die ausschließliche Realisation von uvularem [R] 18
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Aufschlußreiche Schilderungen des .Diktats' der Leibärzte von Ludwig XIV. finden sich in Bertrand (1927:293-307) sowie bei Zander (1978). Ein ungetrübtes Bild der durch medizinische .Kunst' verursachten Torturen von Ludwig XIV. vermitteln die Ausführungen von Zander (1978) und Bertrand (1927). Darin wird auch auf eindringliche Weise vermittelt, wie es - keineswegs bloß durch mangelnde Hygiene - zur ParfUmierungswut des Rokoko-Zeitalters kommen konnte.
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die ihm ja wahrscheinlich ohnehin schon zur Verfügung stand - zurückgegriffen haben: An Imitatoren, nicht des chirurgischen Eingriffs, aber ichrer artikulatorischer Folgen dürfte es nicht gefehlt haben. Durch die traurigen Umstände einer, aus heutiger Sicht von Kurpfuschern durchgeführten, Operation wurde so die oberste Norminstanz Frankreichs möglicherweise zum sprachlichen Prestigeträger wider Willen. Zeitgenössische Grammatiker berichten zwar nicht über den Artikulationsort von /r/, lassen jedoch erkennen, daß der königliche Hof als Vorbild für das .richtige' /r/ zu gelten hätte. So läßt zum Beispiel Nicolas Andry de Boisregard in seinem Werk Reflexions sur l'usage present de la langue franfoise, ou Remarques nouvelles et critiques touchant la politesse aus dem Jahre 1689 folgendes verlauten: „II est bon de faire sonner un peu les r Man perre, entend-on quelque fois, ma merre, monfrerre: ce n'est pas ainsi qu'on prononce ä la Cour " (zitiert nach Rickard 1992:142). Er unterstreicht damit durchaus die Vorbildfunktion der Sprachgepflogenheiten des Hofes. Individuelle, im vorliegenden Fall königliche, artikulatorisch-physiologische Sachverhalte haben also - im Zusammenwirken mit sprechsprachlichen Lautwandeltendenzen - möglicherweise zu einem historisch .günstigen' Zeitpunkt dazu beigetragen, daß die Systemstelle /r/ im Französischen und von dort ausstrahlend auch in benachbarten Sprachen20 mit einer artikulatorisch weit entfernten, aber auditiv nächstbenachbarten Normvariante [R] besetzt werden konnte.
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Die Klärung der Frage, inwieweit im (Standard-Neuhoch-)Deutschen heute .normales' [R] auf indirekten höfischen Kontakt zwischen Paris und beispielsweise Berlin zurückzuführen ist, und welche Rolle aus Frankreich geflohene Hugenotten bei der Verbreitung von uvularem [R] dabei spielen (vgl. Basilius 1942), bleibt somit weiterhin ein Forschungsdesideratum.
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Gerald Bernhard
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Helmut Berschin
„II faudrait que le Premier Consul et le Gouverneur de Paris disparussent" Gerichtsprotokolle als Quelle für das gesprochene Französisch um 1800
l. La conspiration de Georges Während ihrer Deutschlandreise 1803 / 1804 wurde Mme de Stael von ihrem Vater, Jacques Necker, der in Coppet näher am Ort des Geschehens war, laufend über die politische Lage in Frankreich informiert. Am 21. Februar 1804 schrieb er ihr: On entra dans ma chambre pour m'apprendre que les lettres de Paris annoncent que Moreati a 6te conduit au [a la prison du] Temple et que les barrieres [de la Ville] ne sont ouvertes que sur des cartes. [...] Ce serait un des trois passagers venus d'Angleterre et arretos ä Pont-Audemer [...] qui aurait dovoilo une grande conspiration. On devait enlever ou tuer Bonaparte. Pichegru otait venu incognito a Paris [...] et Georges aussi [...]. On avait arräto cinq cents ä mille personnes.1
Die dramatis personae sind große Namen der französischen Revolutionszeit: Napoleon Bonaparte, seit 1802 Erster Konsul auf Lebenszeit und bald Kaiser der Franzosen. General Charles Pichegru (1761-1804), der im Ersten Koalitionskrieg Holland eroberte und von der jakobinischen Republik den Ehrentitel Sauveur de la France erhielt; dann 1797, unter dem Direktorium, wegen Kollaboration mit dem bourbonischen Königshaus nach Guyana deportiert wurde, von wo er nach England entfliehen konnte. General Jean-Victor Moreau (17631813), der zunächst unter Pichegru diente, dessen Verrat entdeckte und - allerdings erst spät - dem Direktorium meldete; im Zweiten Koalitionskrieg Oberkommandierender der Rheinarmee wurde und militärische Erfolge erzielte, die denen Bonapartes in Italien gleichkamen, aber in dessen Schatten blieb und sich nach dem Frieden von Luneville (9.2.1801) ins Privatleben zurückzog, auf Schloß Grosbois bei Paris. Und schließlich Georges Cadoudal (1771-1804), ein Erzroyalist aus dem Morbihan, der in der Vendoe und als gefürchteter Anführer der bretonischen Chouannerie die Republik bekämpft hatte, dann nach England emigrierte und auf einen Umsturz in Frankreich hinarbeitete. Ein erster Versuch, das Sprengstoffattentat auf Bonaparte am 3 nivöse an IX [24.12.1800], war gescheitert; im Sommer 1803 - England befindet sich nach dem Frieden von Amiens (27.3.1802) seit kurzem wieder im Krieg mit Frankreich - wird im französischen Exil in London ein neuer Umsturzplan ausgearbeitet: Georges
Zit. nach Comte d'Haussonville (1930:135f.); Hervorhebung von mir.
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will mit einem Trupp Königstreuer Bonaparte und dessen Leibwache auf dem Weg von Paris nach Schloß Malmaison, der Residenz seiner Frau Josophine, überfallen und ausschalten; in Paris soll dann General Moreau die Herrschaft übernehmen und später einem bourbonischen Prinzen übergeben. Die Operation läuft planmäßig an: Am 21. August 1803 werden Georges und eine Gruppe Mitkämpfer von einem englischem Kriegsschiff bei Dieppe an Land gebracht und kommen über ein Netzwerk von Unterstützern unbemerkt nach Paris; eine zweite Gruppe folgt im Dezember. Über Mittelsmänner wird ein scheinbar erfolgreicher Kontakt zu Moreau geknüpft, woraufhin am 16. Januar 1804 Pichegru und eine dritte Gruppe nachkommen. Ende Januar findet in Paris ein erstes Treffen zwischen Pichegru und Moreau statt, bei dem sich zeigt, daß Moreau im Falle eines Falles zwar bereit wäre, die Macht zu übernehmen, aber nicht, sie an einen Bourbonen abzugeben; zwei weitere Treffen vertiefen den Dissens. Der Umsturzplan war also schon im Ansatz gescheitert, die Beteiligten konnten sich aber nicht mehr zurückziehen, weil ihnen die Polizei auf der Spur war. Am 15. Februar wurde Moreau verhaftet und die Jagd auf die Verschwörer eröffnet: Die Tore von Paris bleiben geschlossen, ein Sondergesetz bedroht jeden, der die Verschwörer aufnimmt, mit dem Tode. Nacheinander werden alle verhaftet, zuletzt, am 9. März, Georges - nach einer filmreifen Verfolgungsjagd, die der Historiker und Staatsmann Thiers2 (1797-1877) so schildert: Georges, traquo par une multitude d'agents, oblige* de changer de gtte tous les jours, ne pouvant sortir de Paris, qui dtait garde* par terre et par eau, Georges devait finir par succomber. [...] Le 9 mars, vers l'entroe de la nuit, plusieurs officiers de paix entourerent une maison, devenue suspecte par les al!6es et venues de gens de mauvaise apparence. Georges, qui l'avait occupo, essaya d'en sortir pour se procurer un asile ailleurs. II partit vers sept heures du soir, et monta, pres du Panthoon, dans un cabriolet conduit par un serviteur de confiance, jeune chouan dotermino. Les officiers de paix suivirent ce cabriolet en courant a perte d'haleine, jusqu'au carrefour de Bussy. Georges pressait son compagnon de häter le pas, lorsque l'un des agents de la police, arrive" le premier, se jeta sur la bride du cheval. Georges d'un coup de pistolet l'otendit roide mort ä ses pieds. II s'olanfa ensuite du cabriolet pour s'enfuir, et tira un second coup sur un autre agent, qu'il blessa grievement. Mais, enveloppd par le peuple, arröto malgre* ses efforts, il fut livro ä la force publique, accourue en toute häte. [...] Georges fut conduit ä la profecture de police.
2. Der Proces Der Prozeß gegen die Verschwörer - für den ein Sondergericht bestellt wurde begann am 28. Mai (8 prairial) „au milieu d'une immense affluence"3. In acht Verhandlungstagen treten 46 Angeklagte auf, 139 Zeugen der Anklage und 16
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Thiers (1845-1862, vol. IV:439). Thiers (1845-1862, vol. V:106).
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Zeugen der Verteidigung. Am 10. Juni werden die Urteile verkündet, am 25. zwölf der Verschwörer auf der Place de Greve öffentlich hingerichtet, darunter Georges Cadoudal. General Pichegru hatte vor dem Prozeß in der Untersuchungshaft Selbstmord begangen; General Moreau, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, wurde von Napoleon begnadigt. Der Prozeß - „Pabominable proces de Moreau et de Pichegru", urteilte Mme de Stae'l später4 - war ein Schauprozeß, mit einem doppelten Ziel: Erstens, die Royalisten von weiteren Umsturzversuchen abzuschrecken (weshalb Napoleon zusätzlich den - an der Verschwörung unbeteiligten - bourbonischen Herzog von Enghien aus dem badischen Ettenheim entfuhren und nach einem summarischen Urteil am 21. März in Vincennes erschießen ließ); zweitens, England als Drahtzieher der Verschwörung vor der europäischen Öffentlichkeit bloßzustellen: „Le gouvernement anglais est l'äme de la conspiration", lautete ein Hauptpunkt der Anklageschrift. Eine rasche Veröffentlichung der Prozeßakten war deshalb politisch geboten; sie erfolgte kurz nach dem Prozeß in acht Bänden in 8° unter dem Titel5: Proces instruit par la Cour de Justice criminelle et speciale du departement de la Seine, seante a Paris, contre Georges, Pichegru et autres, provenus de conspiration contre la personne du Premier Consul; recueilli par des stenographes. Paris, C. F. Patris, Imprimeur de la Cour de Justice criminelle. M. DCCC. IV.
Die acht Bände, im Umfang von insgesamt 4000 Seiten, sind wie folgt gegliedert: I. Acte d'accusation (mit Portraits der Angeklagten); II-III. Pieces justificatives (Ermittlungs- und Vernehmungsprotokolle); IV—VI. Debats (Wortlautprotokolle der mündlichen Hauptverhandlung); VII-VIII. Discours des defenseurs. Das Material ist nicht nur von rechtshistorischem Interesse, sondern auch linguistischem, nämlich als Quelle für das gesprochene Französisch um 1800.
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Mme de Staöl (l819, vol. 11:296). Im folgenden Proces zitiert.
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PROCES INSTRUCT PAR LA COUR DE JUSTICE CRIMINELLE ET SPECIALE · ;; DU DEPARTEMENT DE LA SEINE, SEANTE A PARTS, -f-. iV '"
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GEORGES, PICHEGR ET A TRES, ΙϋίτΕΝϋ» 3>Έ C O N S P I R A T I O N C O N T B Z iA P S R S O J i N E Du PREMIER CONSUL;
RECUEILLI PAR DES STENOGRAPHES.
TOME PREMIER.
PARIS, C. F. PATRIS, IMPRIME R DE LA CO Il DE JUSTICC: CRIMINELLE. M. DCCC. IV.
Titelblatt des Proces, Bd. l
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3. Das Quellenproblem in der historischen Gesprochene SpracheForschung: Fingierte oder reale Mündlichkeit? Gerichtliche Verhandlungsprotokolle. Stenographie Die historische Gesprochene Sprache-Forschung steht mangels Primärquellen vor „prinzipiellen methodischen Schwierigkeiten"6: Wissenschaftlich verwertbare Tonaufzeichnungen mündlicher Rede gibt es erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts; im Wortlaut wurde sie vorher wenig überliefert und kaum zuverlässig. Die Forschung muß sich deshalb auf Sekundärquellen stützen; bevorzugt wurden bisher literarische oder didaktische Dialogtexte, also eine ,fingierte Mündlichkeit' Die Wiedergabe realer Mündlichkeit ist aber eher in nicht fiktionalen Texten zu finden, und hier bietet sich eine - linguistisch wenig beachtete historische Textsorte an, nämlich gerichtliche Verhandlungsprotokolle.7 Solche Niederschriften mündlicher Interaktion entstehen im späten Mittelalter, im Zuge der Verschriftlichung des Gerichtsverfahrens (personifiziert im ,Gerichtsschreiber'), und sind über die Jahrhunderte reichlich belegt. Für linguistische Zwecke kann man drei Protokolltypen unterscheiden: Ergebnisprotokoll, Inhaltsprotokoll und Wortlautprotokoll. Das Ergebnisprotokoll beschränkt sich auf Angabe der Formalien (Ort, Datum, Teilnehmer, Verhandlungsgegenstand) und das kommunikative Fazit, im Falle eines gerichtlichen Verfahrens die .Entscheidung' Ein Inhaltsprotokoll gibt neben den Formalien den sprachkommunikativen Ablauf in einer kürzeren Reformulierung wieder, ein Wortlautprotokoll in der wörtlichen Formulierung der Beteiligten. Als Quelle gesprochener Sprache scheiden Ergebnisprotokolle aus; hingegen können Inhaltsprotokolle wörtliche Formulierungen in direkter oder indirekter Zitatform enthalten (dies gilt vor allem für Verhörsprotokolle), und Wortlautprotokolle sind im Prinzip Transkriptionen real gesprochener Rede. Die beste Quelle für gesprochene Sprache vor 1900 wären sicher Wortlautprotokolle. Zu ihrer Erstellung genügt es aber nicht, daß der Protokollant ein Schnellschreiber ist; er muß über ein Schnellschreibsystem verfugen. Ein solches System, die Stenographie, wurde für das Französische erst im 18. Jahrhundert entwickelt und dann, im 19. Jahrhundert, standardisiert und weit verbreitet. „On s'est occupo sorieusement en France, depuis environ trente ans, des moyens d'ocrire aussi vite qu'on parle", resümierte 1822 Conen de Pröpoan8 den Stand der stenographischen Kunst bei der Vorstellung seines eigenen Systems. Um 1800, zur Zeit des Proces, waren in Frankreich zwei Systeme verbreitet: Das des Engländers Samuel Taylor, adaptiert für das Französische durch Th£odore-Pierre Bertin, und das von Jean-Folicito Coulon TheVenot (1755-1814).9
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9
Ernst (1980:3). Zur Ergiebigkeit von Gerichtsprotokollen für die Rekonstruktion gesprochener Sprache vgl. Mihm (1995) [Frühneuhochdeutsch]; Eberenz (1998) [vorklassisches Spanisch]. Propoan (1822:32); die „Introduction" (S. 31-70) diskutiert die damals konkurrierenden Kurzschriftsysteme. Vgl. Mentz (1910:54-57).
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Der Unterschied liegt in der Vokalisation: Im Taylorschen System ist sie im Inund Auslaut reduziert (wodurch die französischen Verbalendungen im Stenogramm unscharf bleiben), während das System von Coulon TheVenot voll vokalisiert - eine Lösung, die sich später in der französischen Stenographie durchgesetzt hat. Im Proces wurde vermutlich nach Taylor-Bertin stenographiert; denn einer der beiden namentlich genannten Protokollanten10 war der Meisterstenograph Breton, der dieses System benutzte.
4. Textuelle Oralität im Proces: Sprachliche Modernität. Redigierte Mündlichkeit. Die Verhaftung von Georges im Inhalts- und Wortlauprotokoll. Welches Französisch wird nun im Proces gesprochen? Zunächst fällt die Modernität des Sprachgebrauches auf, die Normdistanz zwischen 1800 und 2000 erscheint gering: „Ce qui frappe ä la lecture de ces Actes [du Proces] dont la redaction remonte ä deux siecles, c'est justement qu'il n'y a rien de roellement frappant, si ce n'est leur libello tres formel - en cela conforme aux textes de nature juridique en goniral. Mais que ce soit au niveau de la syntaxe ou sur le plan lexical, ce texte pourrait ä bien peu de choses pros etre rödigo tel quel aujourd'hui encore"". Wie steht es mit der Oralität des stenographischen Wortlautprotokolls? Hier gilt grundsätzlich, daß solche Protokolle eine , redigierte Mündlichkeit' darstellen: „Das Entscheidende ist für uns, ob die Leute vollständige Sätze zusammenbringen oder nicht" - dieses saloppe Urteil eines heutigen bayerischen Parlamentsstenographen12 durfte mutatis mutandis auch für das Wortlautprotokoll des Proces gelten: Es ist satzsyntaktisch ,wohlgeformt' durch Tilgung von Fehlstarts, Wiederholungen, Korrekturen, Abbruchen, kurz: der syntaktischen Hesitationen, und die phonetischen Hesitationen (Dehnungen, gefüllte und leere Pausen) sind nicht notiert. Auf der Textebene wird aber die Oralität des Proces im Kleistschen Sinne einer „allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Reden" durchaus deutlich, wenn man vergleicht, wie derselbe Zeuge sich zum selben Tatbestand einmal im Inhaltsprotokoll des Untersuchungsrichters äußert und dann im Wortlautprotokoll der Hauptverhandlung. Die Verhaftung von Georges wird von einem Dutzend Augenzeugen in dieser Doppelform geschildert: So gibt der Hausbesitzer Brousse, 42 Jahre alt, am 20. März folgende sprachlich komplexe und informativ kondensierte Darstellung vor dem Untersuchungsrichter zu Protokoll (Proces II:132f.):
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Vgl./VocesVIII:611. ' Mitteilung von M. Christophe Schaumburg, Französischlektor an der Universität Gießen. 12 In: Maximilianeum Nr. 10 / 1998, 113. Zur redigierten Mtindlichkeit von Parlamentsprotokollen vgl. Helmut Heinze (1979). 1
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Je descendais la rue de I'Egalito, pour aller chercher une feuille de papier blanc, dont j'avais besoin, lorsque, le dix-huit du present mois [ventose; 9. März], vers les sept heures du soir, j'entendis tirer un coup de pistolet, qui parut sortir d'un cabriolet, puisqu'au m£me moment j'en entendis un second. Je courus. La personne qui paraissait avoir tiro otait doja saisie par plusieurs autres, et notamment par un commis de buraliste, qui criait: c'est Georges! Je l'ai saisi aussi par derriere, et ai aido ä le conduire a la ptffecture.
In der Hauptverhandlung am 29. Mai, also zwei Monate später, schildert Brousse, im Dialog mit dem Gerichtspräsidenten, den Vorgang argumentativ weniger komplex und in einfacher Syntax, in kurzen parataktischen Einheiten und ohne Passo simple (Proces IV:46f.): Brousse. Le 18 ventose, j'allais prendre une feuille de papier chez l'ipicier. Le president. En quel endroit alliez-vous chercher ce papier? Brousse. Au bas de la place de la Comodie. Je vois un homme qui descend d'un cabriolet, tire un coup de pistolet et s'en va, et en tire un second coup. Je l'ai saisi sur le demier [sie], et nous l'avons conduit ä la PreTecture de police.
Der vom Zeugen Brousse erwähnte commis de buraliste, ein SOjähriger Lotterieangestellter namens Jean-Fran9ois Delamothe, erklärte - ebenfalls am 20. März - vor dem Untersuchungsrichter (Proces 11:130): Le dix-huit du prosent mois, entre sept et huit heures du soir, dtant dans mon bureau, j'entendis tirer un coup de pistolet; j'otais sur le pas de la porte lorsqu'on en lira un second; je courus sur la personne qui venait de tirer ce second coup de pistolet; je la saisis du cöto droit, qui otait encore libre. Le citoyen Petit, officier de paix, s'otait precipito sur eile, et la tenait au collet. Un individu blesse*, et otant sur la gauche, criait: Prenez garde! H a encore des armes! Maximilien-Hypolite-CleOphas, mon frere, par un mouvement que je n'ai point vu, s'empara d'un poignard. Petit disait que c'otait Georges, et cette personne convenait qu'elle otait Georges. J'ai contribuo ä le conduire ä la preTecture de police.
Vor Gericht, am 29. Mai, gibt Delamothe den Vorgang so wieder (Proces IV:35f.): Delamothe. Messieurs, le 18 ventose, entre sept et huit heures du soir, j'otais dans mon bureau; j'ai entendu tirer un coup de pistolet ou un coup de fusil. Je sortis sur le pas de ma porte. J'ai entendu un second coup. Je suis arrive" sur trois hommes qui otaient ensemble; je suis arrive" au moment ils se dobattaient tous les trois. Georges, qui est ici, avail le cöte" droit libre; je l'ai saisi. M. Petit le tenait au collet. Je lui ai saisi de la main droite le collet, et de Fautre le bras. Je l'ai tenu. Alors mon frere est arrivo. Son habit [I'habit de Georges] otait dofait; Georges avait son poignard dans son gilet. Mon frere a fait un mouvement, lui a tiro son poignard et me l'a remis. Je l'ai donno ä M. Petit, qui me l'a demande" au nom de la loi. Je l'ai rendu. Le president. Prtsentez au tomoin le poignard. Delamothe. Je ne le reconnais pas pr£cise"ment; mais c'otait un poignard. Le president. Avez-vous vu l'homme qui a 6t6 tuo? Delamothe. Non, Monsieur. Le president. Ni celui qui a oto blesso? Delamothe. Non, Monsieur. Celui qui a 6te" blesso otait ä la gauche de Georges; M. Petit, officier de paix, tenait le collet, et il [Georges] avait le cöt£ droit libre, et c'est par lä ou je l'ai pris, ensuite mon frere l'a d6sarm£, et nous l'avons conduit ä la Prifecture.
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Gegenüber dem konzisen, schriftsprachlichen Inhaltsprotokoll der Aussage Delamothes ist das Wortlautprotokoll argumentativ und syntaktisch locker aufgebaut: Der Vorgang wird parataktisch dargestellt (etant dans mon bureau, i'entendis => /''etais dans mon bureau; i'ai entendu ...), mit sprachlich unscharfer - aber vermutlich durch Gestik eindeutiger - Deixis (son habit; il avail) und in kurzen, durch thematische Wiederaufnahmen verknüpften Satzeinheiten: £aj_entendu tirer un coup de pistolet ~ J'ai entendu un second coup; Je suis arrive sur trois hommes ~ je suis arrive au moment oil ils se debattaient ~ Alors monfrere est arrive; je l 'ai saisi ~ Je lui ai saisi de la main droite; Je I'ai donne ~ Je I'ai rendu. Diese Merkmale sind typisch sprechsprachlich, bedingt durch die Doppelaufgabe des Sprechers, gleichzeitig konzipieren und formulieren zu müssen. Als These - die sich noch an zahlreichen anderen Zeugenaussagen belegen ließe - sei festgehalten: Die Verhandlungsprotokolle des Proces geben - im Rahmen der redigierten Mündlichkeit einer stenographischen Nachschrift - die Äußerungen vollständig und wortgetreu wieder und sind ein zuverlässiges Dokument des in einer formellen Kommunikationssituation gesprochenen Französisch um 1800.
5. Morphosyntaktische Oralität: Negation, Futurformen, direkte Satzfrage, Vergangenheitstempora. Der subjonctifimparfait. Das gesprochene Französisch (code parle) weist eine Reihe von Merkmalen auf, die es schon im morphosyntaktischen System vom geschriebenen Franzö^ sisch (code ecrit) unterscheiden:13 Negation, Futurformen, direkte Satzfrage, Vergangenheitstempora, Subjonctif-Gebrauch u.a. Kommen diese codespezifischen Oralitätsmerkmale - deren sprachhistorische Entwicklung teilweise noch strittig ist - im Proces vor? Die Negationsformen entsprechen durchwegs der schriftsprachlichen Norm; falls in der mündlichen Hauptverhandlung Abweichungen vom Typj'aimepas vorkamen, wurden diese sicher redaktionell bereinigt. Das Futur wird in den Protokollen insgesamt wenig verwendet, wobei die einfache Futurform dominiert; die periphrastische Form steht nur zum Ausdruck einer unmittelbaren Nachzeitigkeit, z.B. erklärt ein Verteidiger in seinem Plädoyer (Proces VII: 332): „II [ accuse" David] ecrit au goneial Moreau [...] la lettre dont je vais vous donner lecture" [es folgt die Verlesung des Briefes]. Die drei Typen der direkten Satzfrage sind alle vertreten, relativ gering die periphrastische est-ce que-Frage. Die damalige Abgrenzung zwischen Intonations-, Inversions- und periphrastischer Frage entspricht dem heutigen Sprachgebrauch, wie folgender Protokollauszug zeigen mag, in dem der Gerichtspräsident einen Augenzeugen der Verhaftung von Georges, den Hutmacher Thomas,
13
Vgl. Soll (1985).
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zum Schluß seiner Aussage auffordert, Georges zu identifizieren und dann diesen Stellung nehmen läßt (Proces IV:33f.): Le president. Vous n'avez pas connaissance d'autres fails? Thomas. Du tout. Le president. Est-ce de l'accuso Georges Cadoudal, ici present, que vous avez entendu
parier dans votre doposition? Le reconnaissez-vous? Thomas. C'est Iui-m6me, le premier. Le president. Georges Cadoudal, avez-vous quelque chose a ropondre? Georges. Non, monsieur. Le president. Vous convenez des fails? Georges. Oui. Le president. Ne lisez pas quand je vous interroge. Vous convenez que vous avez dans cet endroit? Goerges. Je ne sais pas le nom de Fendroit. Le president. Vous convenez d'avoir anile"? Georges. Oui. Le president. Avez-vous tiro deux coup de pistolel? Georges. Oui. Le president. Avez-vous tu6 un Komme? Georges. Ma foi, je n'en sais rien. Le president. N'aviez-vous pas un poignard? Georges. Oui. Le president. El deux pistolels? Georges. Oui. Le president. Ainsi vous convenez des fails avance~s par le lomoin? Georges. Oui.
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Bei den Vergangenheitstempora zeigen die Vernehmungs- und Verhandlungsprotokolle eine signifikant verschiedene Verteilung. In ersteren dominiert als Erzähltempus der Zeugen das Passo simple, in letzteren das Passi compose\ Dies erklärt sich dadurch, daß Über die Vernehmungen ein schriftsprachlich kondensiertes Inhaltsprotokoll abgefaßt wurde, über die Gerichtsverhandlung aber ein Wortlautprotokoll. Das Passo simple ist allerdings aus dem mündlichen Sprachgebrauch noch nicht völlig geschwunden: Es wird noch zur Referenz auf weiter zurückliegende Ereignisse verwendet, kombiniert aber - abweichend von der sprechsprachlichen Norm des 17. Jahrhunderts14 - nicht mehr mit dem sprechtagsnahen Zeitadverb hier. Im übrigen variiert die Gebrauchshäufigkeit des Passo simple unter den verschiedenen Sprechern (möglicherweise herkunftbedingt) erheblich. ,Les embarras du subjonctif scheinen die Sprecher nicht zu haben: Die klassische Tempuskonkordanz wird strikt beachtet - z.B. „Je disirerais que Moreau s'expliquät pröcisoment sur ce point" (Proces V:21) -, weshalb der Subjonctif imparfait relativ häufig vorkommt. Dies ist an sich mit einem Forschungsstand kompatibel, der den Schwund dieser Form für Ende des 19. Jahrhunderts ansetzt: „l'imparfait [du subjonctif], ocarto du francais parlo depuis la fin du dernier siecle", resümiert Barral (1980:7). Man muß allerdings bedenken, daß diese
14
Vgl. Ossenkop (1999).
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Datierung auf schriftsprachlichen Quellen beruht, und das gesprochene Französisch, ähnlich wie beim Schwund des Passö simple, der schriftsprachlichen Entwicklung vorausgegangen sein kann. Im Proces findet sich aber davon noch keine Spur, und zumindest bei einer zentralen Äußerung, die in der Verhandlung hin und her interpretiert wird, ist es ausgeschlossen, daß der Subjonctif imparfait in das Protokoll hineinredigiert wurde: „II faudrait que le Premier Consul et le Gouverneur de Paris disparussent"15. Dies soll Moreau gegenüber Pichegru gesagt haben, und zwar in folgendem Kontext: Eine Restauration der bourbonischen Herrschaft in Frankreich sei unmöglich, ein politischer Regimewechsel - en ce cas, U faudrait que disparussent - aber nicht; denn er, Moreau, glaube einen starken Anhang im [dann zuständigen] Senat zu haben. Einen Zeugen für das Gespräch gab es zwar nicht, aber Moreau hatte den Inhalt einem Kontaktmann zwischen ihm und Pichegru namens David berichtet, der dann im Verhör den fraglichen Satz zitierte. Für die Anklage war dieser Satz ein „conseil atroce" (Proces VI:302), der Moreaus Beteiligung an der Verschwörung bewies. Für die Verteidigung handelte es sich um eine rein hypothetische Aussage: Moreau habe nämlich - wie auch der Zeuge David ausdrücklich bestätigte (11:483) - nicht die Formulierung [ilfaut] faire disparaltre verwendet, sondern [il faudrait que] disparussent, was sich auf alle möglichen Ereignisse beziehen könne - „qui s'applique ä tous les eVenements [sie]" (VII:498f). Auch der Staatsanwalt erkennt diesen sprachlichen Unterschied an, interpretiert ihn aber anders: „remarquez la perfidie de ce mot disparussent (VII:450). Wie die Subjonctif imparfait-Form disparussent in der Äußerung des Generals Moreau (der übrigens das Passo simple kaum verwendet) zu interpretieren ist, kann hier offen bleiben; jedenfalls hat Moreau sie im Gespräch verwendet, und zwar nicht gegenüber einem Feingeist, sondern dem General Pichegru, der danach über ihn äußerte: „Je crois que ce B. [...] lä a aussi de Fambition" (VII:446, 448, 532).
Epilog Nach seiner Begnadigung verließ Moreau Frankreich und kam über Spanien in die USA, wo er als Farmer lebte. Im Frühjahr 1813 kehrte er auf Einladung des russischen Zaren Alexander I. nach Europa zurück und nahm als dessen Generaladjutant am Krieg der Allierten gegen Napoleon teil. In der Schlacht bei Dresden, am 27. August 1813, wird er von einer französischen Kanonenkugel getroffen und stirbt kurz darauf. Zwei Jahre später war Napoleon von der politischen Bühne verschwunden und die bourbonische Herrschaft in Frankreich wiederhergestellt. Die Äußerung wird mit den Varianten le Premier Consul ~ les Consuls [es gab drei Konsuln] und et ~ et que zitiert, aber immer mit disparussent.
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Bibliographie Barral, Marcel: L'imparfait du subjonctif: otude sur l'emploi et la concordance des temps du subjonctif. Paris 1980. Comte d'Haussonville: Mme de Stael et 1'Allemagne. Paris 1930. Eberenz, Rolf: La reproduccion del discurso oral en las actas de la Inquisicion (siglos XV y XVI), in: Competencia escrita, tradiciones discursivas y variedades lingtlfsticas. Aspectos del espaflol europeo y americano en los siglos XVI y XVII, hg. v. Wulf Oesterreicher u.a. Tübingen 1998, 243-266. Ernst, Gerhard: Prolegomena zu einer Geschichte des gesprochenen Französisch, in: Zur Geschichte des gesprochenen Französisch und zur Sprachlenkung im Gegenwartsfranzösischen, hg. v. Helmut Stimm. Wiesbaden 1980, 1-14. Heinze, Helmut: Gesprochenes und geschriebenes Deutsch. Vergleichende Untersuchungen von Bundestagsreden und deren schriftlich aufgezeichneter Version. Dusseldorf 1979. Mentz, Arthur: Geschichte der Stenographie. Leipzig 1910. Mihm, Arend: Die Textsorte Gerichtsprotokoll im Spätmittelalter und ihr Zeugniswert für die Geschichte der gesprochenen Sprache, in: Historische Soziolinguistik des Deutschen, Bd. II, hg. v. Gisela Brandt. Stuttgart 1995,21-57. Mme de Stael: Mlmoires et considorations sur les principaux ovonements de la Revolution fran9oise, 3 Bde. Paris / Leipzig 1819. Ossenkop, Christina: Passo simple und Passo composo im gesprochenen Französisch des 17. Jahrhunderts: Untersuchungen zu Dialogen in Erzähltexten und im Journal d'Horoard. Bonn 1999. Propoan, Conen de: Stonographie, ou l'art d'ocrire aussi vite que parle un orateur. Paris 41822 [l.Aufl. 1813]. Proces instruit par la Cour de Justice criminelle et speciale du dopartement de la Seine, soante ä Paris, centre Georges, Pichegru et autres, preVenus de conspiration contre la personne du Premier Consul; recueilli par des stonographes. Paris M. DCCC. IV. Soll, Ludwig: Gesprochenes und geschriebenes Französisch, Berlin 1974; 3., von Franz Josef Hausmann überarbeitete Auflage. Berlin 1985. Thiers, [Louis] Adolphe: Histoire du Consulat et de l'Empire. 20 Bde. Paris 1845-1862.
Herbert E. Erekle
Jean Charles Thiebault (de) Laveaux: la revolte d'un grammairien et lexicographe jacobin centre Academic
C'&ait au cours de mes recherches pour notre Bio-bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts que je suis tombo sur notre he"ro. II arrive assez rarement qu'un linguiste d'autrefois excite un intorgt personnel; avec Laveaux c'otait un lien entre ses aspirations politiques et linguistiques („un lexicographe jacobin") et un aspect de sä biographic qui est localise" dans ma ville natale, Stuttgart, qui provoquaient des recherches approfondies.
l. Sa vie et sä carriere professionnelle et politique Laveaux naquit ä Troyes le 17 novembre 1749. Dans sä jeunesse il entra dans l'ordre des Dominicains; il continua ses otudes ä Clermont (y avait-il une institution des Dominicains ä Clermont?). C'est probablement avant 1775 qu'il quitta cette institution des religieux. Entre 1775 et 1777 il enseignait le fran9ais ä l'Universito de Bale; pendant les annoes 1782 ä 1785 nous retrouvons Laveaux ä Berlin oü il menait une existence difficile, donnant des Ie9ons de fran9ais. En 1782 il publia son premier livre Leqons de langue frawoise donnies ä quelques acadomiciens et autres auteurs fran9ais de Berlin. Son but principal ötait de critiquer le fran9ais docadent tel qu'il ötait pratiquo ä PAcadomie de Berlin et dans des cercles litte'raires de la capitale prussienne. Surtout il critiquait le „style räfugie"" qu'il docouvrait dans les publications des ecclösiastiques fran9ais qui exer9aient une certaine influence sur l'Acadomie de Berlin. Pour mieux diffuser ses idöes, Laveaux publia un journal intitulo Maiire de langue (178385). Par la il inaugure la querelle avec l'Ancien rogime - et pas seulement en matiere linguistique - qui durera pendant toute sa vie. Afin de remödier aux dofauts lexicaux et stylistiques röpandus dans le „fran9ais de Berlin" it proposa d'otablir une nouvelle section de l'Acadomie de Berlin, se consacrant au bon usage de la langue fran9aise. Ce plan ne rut pas couronno de succes. Mais le zele roformateur de Laveaux ne se domentit pas, entre 1784 / 85 et 1779 / 80 il publia deux oditions d'un Diclionnaire franyois-allemandet allemand-franqois (3e odition revue et augmented en 1789 / 90, 8« ödition de 1812). C'est ce dictionnaire qui marquait le premier jalon de la carriere de Laveaux comme lexicographe.
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Herbert E. Brekle
A partir de 1785 nous retrouvons Laveaux ä la „Hohe Karlsschule" („Universite" Caroline") de Stuttgart. La, par l'intervention de Fre"de"ric II de Prusse, il obtenait un poste de professeur pour l'enseignement de la langue francaise. Karl-Eugen, le due de Württemberg, fondateur de l'universite", lui ordonna d'ocrire une grammaire fran9aise „pour les allemands". Pour Laveaux c'otait une belle occasion de promulguer ses idies grammaticales et stylistiques dans un manuel scolaire. Voici le titre complet de cet ouvrage: Lemons mothodiques de langue franfoise pour les allemands; contenant tout ce qui est necessaire pour apprendre et enseigner cette langue. A l'usage de l'Universite-Caroline de Stouttgard. Ouvrage entrepris par ordre de Son Altesse Serenissime Monseigneur Le Due rognant de Wirtemberg. Par M. De La Veaux Professeur de Belles-Lettres ä la dite Universite. Stouttgard: de rimprimerie de l'Universito-Caroline 1787 / 1788.
Mais Laveaux n'enseignait pas seulement le fran9ais; au sein mime de l'universite et dans des cercles bourgeois ä Stuttgart il osait propager aussi dans les annoes 1790 et 1791 les iddaux de la rovolution franiaise. Le scandale devint public et tout naturellement Laveaux fut relevo de ses functions ä l'universite" qui otait toujours strictement surveilloe par le Due lui-meme. En octobre 1791 Laveaux quitta Stuttgart pour Strasbourg oü il devint membre du club jacobin avec quelques-uns de ses otudiants. A Strasbourg il travailla pour la Evolution surtout comme oditeur du Courrier de Paris et du Courrier de Strasbourg. En 1793 il alia ä Paris oü il exer$a la fonction de l'oditeur du journal jacobin, le Journal de la Montagne.' En 1793 Laveaux dut se dofendre contre l'accusation de ne pas etre un vrai jacobin. II publia sä Reponse de J. Ch. Laveaux a un ecrit anonyme intitule Portrait de Laveaux. Nous ne savons pas exactement comment il a survocu la poriode de „la Terreur". A juger d'apres ses publications il a travail ä Paris comme grammairien et lexicographe jusqu'ä sä mort en 1827.
2. L'importance de Laveaux comme lexicographe et critique de l'Acadomie franfaise. J'ai dejä mentionno les premiers travaux lexicographiques de Laveaux. Son dictionnaire bilingue ötait un succes, jusqu'en 1812 nous pouvons noter huit editions (ä Berlin, Braunschweig, Cologne et Strasbourg). C'est ä Paris en 1802 qu'il publia une nouvelle edition „augmentoe de plus de vingt mille articles" du Dictionnaire de FAcadomie fran9aise. Cette ödition peut etre regardoe comme proparatoire ä son Nouveau dictionnaire de la langue frangaise (Paris 1820, en deux volumes, environ 2.200 colonnes). II en existent des versions räduites, publioes ä Paris en 1823 et en 1825. La seconde Edition,
Cp. pour des dotails sur les activites politiques de Laveaux ä Stuttgart et ä Strasbourg Kühn et al. (1989).
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revue et augmented fut publide par la fille de Laveaux, Rose-Dorothoe ThibaultLaveaux / Mme. Jean Baptiste Marty en 1828, un an apres sa mort. La structure et les domaines d'information du Nouveau dictionnaire sont clairement indiquos par le titre: 1°. Le Recueil de tous les Mots de la Langue usuelle, dont un grand nombre ne se trouve point dans les autres Dictionnaires, avec leurs definitions, et des exemples propres a en indiquer I'usage et la construction; - 2°. Les Etymologies necessaires pour I'intelligence de ces mots, tiroes des langues anciennes ou etrangeres; - 3°. Un grand nombre d'Acceptions non indiquees ni dofinies jusqu' prosent, justifies par des passages d'auteurs classiques, et auxquelles ces passages servent en meme temps de fondement et d'exemples; - 4°. [/explication ditaillie des Synonymes; - 5°. Des Remarques sur la Prononciation et l'Orthographie, lorsqu'elles s'ocartent des regies ginorales; - 6°. La Solution des principales Difficultis grammaticales; - 7°. Les Noms des Outils et Instrumens [sic!] des Arts et Maliers, avec I'indication de leurs usages divers; - 8°. Les Termes des Arts et des Sciences, avec les definitions ou les descriptions des objets qui sont soumis aux procddes des uns et aux spoculations des autres: - 9°. La Critique de plusieurs Mots recueillis ou inseios mal propos dans quelques Dictionnaires modernes, etc. etc. (Laveaux 1820:titre)
Dans la proface Laveaux se prononce en faveur de la mothode descriptive; un dictionnaire doit d'abord se baser sur des informations solides et empiriques: le lexicographe ne doit ni proposer, ni inventer des mots et des acceptions nouveaux [...] il faut qu'il recueille dans toutes les classes, dans tous les arts, dans toutes les industries, tout ce qui est approuvo par la raison, par le gout, par I'utilito, tout ce qui rentre dans les regies gonorales du langage. (Laveaux 1820:1)
De tout cela il s'ensuit qu'un nouveau dictionnaire doit £tre οοηφυ pour les int^rets et les besoins du grand public. Nocessairement Laveaux est contre le critere de Vaugelas et de I'Academie: „la cour et la ville". De meme il n'est pas d'accord avec d'Alembert qui voulait exclure les terminologies des arts et motiers et des sciences du dictionnaire. Au contraire, Laveaux se fait le champion de la doctrine qu'une langue nationale et son dictionnaire devraient etre „une et indivisible". II ne devrait pas exister „deux langages diffirents [...] entre moi et les hommes qui me procurent les besoins et les commoditeY' (Laveaux 1820: V). Dans ce passage et dans beaucoup d'autres la connection otroite entre les convictions politiques de Laveaux comme de*mocrate et ses axiomes lexicographiques saute aux yeux. Dans le meme sens Laveaux justifie les parties otymologiques de ses articles; il les considere comme utiles pour le grand public parce que si „les racines itant puisos dans les langues que le peuple ne comprend pas, les dirivos et les composos ne lui paraissent pas plus comprohensibles, et s'il y attache quelque ide"e, c'est toujours d'une maniere vague, imparfaite, et sans connaitre la signification procise des ol ments. Alors les mots forme's de racines otrangeres restent toujours en quelque sorte, soparos du langage commun; its s'y melent plus difficilement; de sorte qu'il existe dans la nation deux langages dont les diffirences et la separation sont d'autant plus sensibles, que le nombre des mots
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cterivös des langues mortes ou ötrangeres est plus considerable. C'est ici quMl est souvent nöcessaire d'indiquer les otymologies" (Laveaux 1820:VII). En ce qui concerne la differentiation entre information lexicographique et encyclopodique Laveaux prend la position suivante: c'est le devoir d'un dictionnaire de donner les informations somantiques concernant un terme technique afin qu'un non-expert puisse le comprendre; information encyclope'dique doit contenir tout sur la theOrie, la me"thode, le matoriel etc. d'une tochnologie dans laquelle un terme est utilise". En ce qui concerne les sources textuelles ou littoraires dans les articles de son dictionnaire, Laveaux s'appuie tout naturellement sur les auteurs des Lumieres comme Voltaire, Diderot, Rousseau et Condillac; cependant il ne noglige pas des auteurs du 17e siecle comme Moliere, Arnauld, Nicole et les moralistes. II mentionne explicitement le dictum lexicographique de Voltaire qu'„un dictionnaire sans citations est une squelette" (Laveaux 1820:V) et il fait des reproches a l'Acadomie de ne pas avoir suivi ce principe. En somme il critique le dictionnaire de l'Acadömie comme e*tant inconsistent sous un point de vue theOrique et inade"quat sous un point de vue empirique. Le second grand ouvrage lexicographique de Laveaux c'est son Dictionnaire raisonne des difficultes grammaticales et litteraires de la langue franfaise. Son histoire bibliographique me semble £tre fort remarquable: premiere odition Paris 1818 (810 pages), deuxieme odition „revue, corrigie, et considorablement augmented", Paris 1822 (2 volumes, 1353 pages!). Son arriere-petit fils, Charles Marty-Laveaux, en rodigea quatre editions entre 1846 et 1910 (ä partir de 1847 chez Hachette). Base" seulement sur ces donnes bibliographiques on se sent justifie" de dire que le lexicographe et grammairien Laveaux doit avoir exerco une influence considerable sur plusieurs generations d'auteurs, instituteurs et e"leves dans le 19« et meme au 20e siecle. Dans la proface de 1818 de son Dictionnaire raisonne ... Laveaux discute un nombre de problemes autour de la notion de „bon usage" en rapport avec le phonomene du changement linguistique - surtout dans le domaine lexical et stylistique. Encore une fois il attaque les tendances normatives de 1'AcadeTnie qu'il croit injustifiables. Dans ce contexte il attaque les idoes et les döfauts de l'Acadomie globalement: [...] l'Acadomie fran9aise [...] a totalement manquö son but. Elle a composö un dictionnaire sans avoir fait une grammaire, c'est-ä-dire ötabli des consoquences sans avoir reconnu de principes, un Edifice sans avoir posi de fondements. (Laveaux 1818: V)
En contraste avec ses propres criteres et rosultats lexicographiques Laveaux critique sdverernent les erreurs des Acadomiciens: On y prenait, par le moyen des dofinitions, une idoe assez juste de la signification plus ou moins gonorale d'un grand nombre de mots usuels, mais les exemples ajoutos ä ces dofinitions n'indiquaient ni les difforentes places que ces mots peuvent occuper dans le discours, ni les nuances ou les reflets qu'ils peuvent recevoir, ou de ses places, ou de leur union avec certains mots, ou de leur opposition ä d'autres, ou enfin des diffürents tours dans lesquels ils peuvent figurer. (Laveaux 1818:V)
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Mais ce ne sont pas seulement les dofauts lexicographiques qui sont attaque"s par Laveaux; il döplore aussi les consöquences fatales des influences de l'Acadörnie sur le doveloppement de la langue franfaise elle-meme. Voici toute une chaine d'accusations: [...] ne pouvant justifier ou dofendre un grand nombre de leurs bizarres decisions, ils voulurent en faire des dogmes [...]. Alors on vit s'ölever une sorte de superstition grammaticale et littoraire qui fit regarder le Dictionnaire de I'Acadomie comme le recueil unique et sacre" de toutes les beautos et de toutes les dolicatesses de la langue, et Academic comme un conseil grammatical perpotuel, contre les docrets duquel il otait defendu de s'olever sous peine d'anatheme. [...] les hommes faibles et timides, et c'est toujours le plus grand nombre, se courberent devant I'idole; [...] On n'osa plus hasarder d'autres expressions que celles qui se trouvaient dans le Dictionnaire de l'Acadomie; tout ce qui ne s'y trouvait pas rut döclare* barbare et mal sonnant, et la langue resta comme stationnaire devant cette barriere magique. (Laveaux 1818:Vf.)
N'est-ce pas une belle piece de rheHorique imprognoe de l'esprit des Lumiöres? Nous y rencontrons tous les mots-cli antiautoritaires et anticloricaux. Outre cela Laveaux en 1818 itait plein d'optimisme en ce qui concerne le futur doveloppement du peuple fran9ais et sä langue; il est certain que [...] la raison a fait des progres, et que les lurhieres se sont otendues sur toutes les classes. II est bien encore quelques hommes qui en ont consent le langage, mais c'est, ou par inte"r6t, ou par politique, ou par vieille habitude. La croyance n'y est plus, et le ridicule attend quiconque tenterait de la faire renaitre. (Laveaux 1818:VI).
Avec son ceuvre grammatico-lexico-stylistique Laveaux a certainement contribuo amplement ä libörer la langue fran9aise de la supromatie de l'ancienne Acadomie.
Bibliographie Brekle, Herbert E. / Dobnig-Jülch, Edeltraud / Höller, Hans Jürgen / Weiß, Helmut: Biobibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts. Die Grammatiker, Lexikographen und Sprachtheoretiker des deutschsprachigen Raums mit Beschreibungen ihrer Werke. Bd. 5, J-L. Tübingen 1997. Kühn, Axel u.a.: Revolutionsbegeisterung an der Hohen Carlsschule. Stuttgart / Bad Cannstatt 1989. Laveaux, Jean Charles Thiebault: Lecons mothodiques de langue francoise pour les allemands; [...]. Stuttgart 1787 /1788. - Dictionnaire raisonnö des difficultos grammaticales et littlraires de la langue francoise. Paris 1818. -Nouveau dictionnaire de la langue fran9aise ... Paris 1820.
Manlio Cortelazzo
La „Caravana" Raccolta di poesie del XVI secolo in veneziano*
1. Iltesto Nel 1573 il tipografo veneziano Sigismondo Bordogna, ehe non si distinse certamente per una intensa attivitä editoriale, pubblico un libriccino dal titolo Delle rime piasevoli di diversi auttori, nuovamente raccolte da m. Modesto Pino, & inlitolate La Caravana. Parte prima. Anche se a questa prima parte altre non ne seguirono, 1'operetta conobbe una certa fortuna, percho se ne fecero subito (1576, 1580 e 1584) tre ristampe, la prima presso il molto piü attivo Domenico Farri, editore, fra 1'altro, nel 1561 di commedie, rime e lettere di Andrea Calmo e nel 1563 delle rime pavane di Magagno, Menon e Begotto, la seconda presso il parimenti attivo Altobello Salicato, la terza stampata dai Fratelli Fabbri e Agostino Zoppini; una fortuna ehe oltrepasso il secolo XVI con altre ristampe secentesche di Venezia e Treviso. Poi, il silenzio, fmo all'inclusione di qualche componimento nelle antologie della poesia veneziana ottocentesche e novecentesche. Fortuna, diremmo, meritata per la vivacitä delle liriche raccolte, per il loro coordinarnento intorno ad un tema unitario, per l'uso non banale e ripetitivo di un dialetto vivo e ricco, tutte qualita ehe confermarono lo scopo enunciate nella presentazione ai lettori, „di giovare e arrecare duetto a chi legge"
2. II contenuto La raccolta, ehe dalla carta 17r alia fine (carta 48v) contiene Le berte, le truffe, i arlassi, e le magnarie, ehe usa le puttane a i so berioni, recitae da Nico Calafao da l'Arsenale ed altri componimenti, e preceduta da // primo canto di Orlando Furioso, nuovamente trasmutato, ehe qui trascuriamo, sia percho ci sembra d'altra mano, sia percho abbiamo giä avuto modo di parlarne altrove (Cortelazzo 1973). Alle Berte (trenta ottave) seguono tre mattinate, nove capitoli, un sonetto caudato, una disperata, tre canzoni e, infme, quattro sonetti, tutti componimenti
Testo riveduto e aggiomato dell'ultima lezione di Dialettologia italiana tenuta nella Facolta di Lettere dell'Universita di Padova il 12 maggio del 1989.
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ehe si possono ascrivere a quel particolare filone della letteratura veneziana del Cinquecento defmita letteratura (alia) bulesca, di cui ha dato un'ampia, ma tutt'altro ehe completa documentazione B. M. Da Rif (1984) con una silloge di „testi rinascimentali veneti".
3. L'autore II compilatore Modesto Pino, ehe si riprometteva di continuare la sua raccolta con una seconda e una terza parte qualora avesse ottenuto il favore del pubblico, non e altrimenti noto, per cui e facile ipotesi ehe dietro il suo nome si nasconda un noto autore. Ma chi? L'unico a fare un nome preciso e stato Manlio Dazzi, il quale fin dal 1937 aveva ritenuto „di non essere lontano dalla verita sospettando il Caravia autore anche della Caravana", opinione ribadita con maggior forza nel Fiore della lirica veneziana: „Lo stile, ancor piü del titolo, mi persuade ehe e da attribuire al Caravia anche la Caravana [...]. Ancora il carattere e il linguaggio del popolo vi sono resi gustosamente nel personaggio ehe domina la raccolta, un Nico, calafato di mestiere ma bravo di vocazione" (Dazzi 1956:328-329). Alessandro Caravia, gioielliere, amico o, almeno, corrispondente dell'Aretino, coinvolto in un'avventura editoriale di una certa gravitä per il sospetto di eresia, 6 figura notissima, anche se non ancora complessivamente valutata, della letteratura veneziana della seconda metä del Cinquecento, autore, oltre ehe del poemetto in italiano // sogno (1541), di due poemetti in dialetto di notevole valore e interesse, non solo letterario e linguistico, ma anche per la storia del costume e della cultura, come Vidossi (1960:46-70) ricordo e dimostro nelle sue preziose note al Naspo Bizaro, ehe costituiscono ancor oggi il migliore commento all'opera dialettale del Caravia. La questione e stata riesaminata da Simionato (1987), il quale, pur ricordando ehe „Manlio Dazzi ha infatti ritenuto di riconoscere, forse non del tutto a torto, ma con supporto critico-filologico certo inadeguato [meglio, inconsistente], la mano del Caravia", avanza qualche dubbio, per la veritä molto tenue, sull'attribuzione delFoperetta: la natura antologica (ma non e da escludere una scelta fra i suoi componimenti, mascheratamente dichiarati di diversi autori), 1'edizione a cinque anni di distanza dalla morte del Caravia (ma il Pino afferma di essersi „giä alcuni anni faticato di raccogliere da diversi autori diverse forme di rime scritte ne la natia lingua Venitiana", mentre, chiunque esso sia, puo avere avuto accesso ai manoscritti del Caravia), la sua propensione per la forma del poemetto, mentre di esercitazioni letterarie di altro genere non resta traccia (e proprio questa potrebbe esserla). E perchi non vedere nell'inconsueto titolo una distrazione di Caravia? Non e un suggerimento tanto strano, quando si ricordi ehe il titolo di Naspo Bizaro appare nel privilegio di stampa concesso dal Senato come La Caravia (Simionato 1987:94), ehe si puo intendere sia come „alia maniera del Caravia", sia „per Caravia".
La „ Caravana "
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Comunque, l'unita stilistica, dialettale e d'argomento sembra richiedere la presenza, se non del gioielliere veneziano, di un unico suo imitatore. Su un'ipotesi simile si e soffermata anche Enrica Benini, ritenendo ehe le Stanze alia venitiana d'un bravo, opera di anonimo stampata a Venezia nel l S82, sia opera di un assiduo lettore e plagiario del Naspo Bizaro. In realta, queste stanze sono soltanto una maldestra raccolta di ottave prese qua e lä, senza nessun intervento personale, dal poemetto del Caravia e pesantemente aggravate nel testo scorrettissimo. Ritornando suH'argomento, la stessa studiosa, accettando un suggerimento del Simionato, conclude con una soluzione compromissoria: „Puö percio essere valida l'ipotesi ehe non l'intera Caravana, ma alcune parti di essa siano ragionevolmente attribuibili al Caravia" (Benini Clementi 2000:110). Dall'esame linguistico dell'opera letteraria del Caravia, considerato ehe obiettivamente „nulla, allo stato attuale delle nostre conoscenze, lascia supporre ehe essa sia stata piü ampia, o connessa a esperienze e generi diversi" (Zorzi 1976:670), saremmo del parere ehe non il Caravia, ma un suo sconosciuto ammiratore e abile imitatore abbia potuto ispirarsi al suo Stile ed ai suoi motivi non senza successo. Non bisogna dimenticare ehe il nome del Caravia e stato fatto solo percho non si trovava, neH'ambito letterario veneziano, alcun altro possibile nome di rilievo.
4. Lo Stile Le immagini e i motivi, spesso ripetuti con eccessiva insistenza, sono quelli propri di due singolari filoni della letteratura popolaresca rinascimentale: da una parte, lo sdegno profondo per il comportamento della donna traditrice, dall'altra, le millanterie dello smargiasso, il bullo o sbrico o sbisao o bravo, ehe dir si voglia, sinonimia giä segnalata dal Vidossi, ehe ne resta confermata: Ma chi sarä quel sbrico ehe te basa? e poco dopo El me se tanto a mi mazzar un bravo.
ma non mancano spunti meno scontati: il mondo alia rovescia invocato nelle disperate, la lettera al compagno rimasto a Venezia sulle delizie di Corfu e, soprattutto, la situazione infelice del prigioniero per atti di violenza, raccontati con vivace realismo, e gli attacchi descrittivi particolarmente felici: Vegniva a ca' con la mia sepa brava E con la mia sal ata capucina, Con un soldo de ravani e de fava,
E qua co son per mezo la Mocina, Fazando de baretta al capitello. Sento quattro da drio ehe me assassina.
Non meraviglia, quindi, in questa amalgama di venature popolari, l'inizio con un proverbio:
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Manlio Cortelazzo Fradelli, can scotta suppia su sorao, Disc el proverbio.
La sentenziosit , a cui 1'autore ricorre con larghezza, e propria di questo genere e rientra nel repertorio fisso dei protagonist!, ehe affidano volentieri i loro giudizi al buon senso comune. Νέ mancano le pittoresche locuzioni, gli inserti forestieri (agali ,piano' dal greco, nada ,niente' dallo spagnolo, necchio ,ηοη voglio' dal croato) e il brulichio di termini di gergo, ehe solitamente sono inseriti in testi simili a questi. Accanto ai proverbi il gusto per cantare accompagnandosi col timpano ο con il lauto e la citazione delle canzoni pi in voga: Farla cantar „Averzi ehe vegnimo" O „Sior honto, troveme un bon melon" O „Zattara de tentor" o „Sier Allao" O „Girometta" a dirla con razon.
Un altro riferimento caro alia letteratura alia bulesca e al settore marinaresco. Nico e, si, un calafato dell'arsenale veneziano, ma si vanta anche di aver viaggiato molto per mare e dedica una lunga tirata proprio alFesaltazione delle sue abilit di marinaio.
5. La lingua La conformit della lingua del Naspo con quella delta Caravana έ evidente fin dall'aspetto grafico: nell'uno e nell'altra, per esempio, έ assente ogni traccia del segno tradizionale χ perfino nella terza persona singolare e plurale dell'indicativo presente del verbo essere, resa con un se, malgrado la possibilit di equivoco con la congiunzione omografa. II testo si adegua, invece, alia tradizione, diventata comune fin dal Trecento nel veneziano, di rendere col nesso ch il fono [tfl. Aderente alia consuetudine grafica veneziana fin dai document! pi antichi έ la compresenza di / e g per i continuatori di -LJ-, senza ehe si possa osservare una regola nella scelta, tanto έ vero ehe s'incontra, in passi diversi, nella stessa parola: Le te crucia con pegi e con urtoni accanto a S'ti vuol saver chi I'e, le te fa un peio,
ehe, peraltro, rima confameio e meio. La questione e complessa: si tratta di due fonemi distinti, come vuole Stussi (1965:LIII), forse socialmente connotati, ο di variant! libere? AlFaccettazione delle due ipotesi ci portano alcune considerazioni: innanzitutto 1'attuale situazione veneziana, dove coesistono tanto muger caratterizzante, quanto la pi
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neutra e diffusa muier; poi l'uso di ambedue le forme nei testi, senza apparente distinzione (Giacomo Casanova nella sua traduzione dclVIliade in veneziano, li usa ambedue, anche in rima, tranquillamente); infine, argomento ehe ci sembra decisivo, la [dj-] in questa posizione doveva essere cos) rara da non apparire in nessun prestito veneziano in croato e in neogreco, i quali avevano a disposizione due foni diversi per rendere tanto Puna, come I'altra forma. Ma il fenomeno piü rilevante dal punto di vista fonetico l'esito del suffisso -elli, ehe nei testi antichi veneziani (ma non in quelli degli altri dialetti veneti) e „conservativo, previo scempiamento non sempre graficamente rappresentato" (Stussi 1965:XXXVII; esempi in Alinei 1973:437-438), mentre nei veneziano d'oggi si e ridotto a -ei. Nei corso del Cinquecento abbiamo qualche spia isolata di questa riduzione (un cavei ,capelli' si trova agli inizi del secolo nella commedia La Venexiana e un altro nella seconda metä del sec. XVI nella commedia La Pace di Marin Negro), ma nella stragrande maggioranza dei casi la scrittura conserva -el(l)i. La piü vistosa eccezione la troviamo proprio nella Caravana, dove nello stesso componimento (la canzone prima) contiamo oltre venti casi di -ei, da bei, buratei, cattivei aporcei, quarei, tinei. Questa sistematicitä, ehe, nell'esempio di caratei, contrasta con l'uso di Caravia nella Verra (caratelli) e nei Naspo (carateli, caratelli), da un lato puo portare un elemento contro Pattribuzione delta Caravana a questo autore, dalaltro da una precisa indicazione cronologica dell'inizio, e proprio a cominciare da questo suffisso, del passaggio della -/- intervocalica da una articolazione apico-alveolare ad una articolazione dorso-palatale rilassata, fmo ad arrivare, a seconda delle vocali vicine, al grado zero (Lepschy 1978:159; il passo ehe Rohlfs (1966:307-308) dedica a tale passaggio deve essere completamente riscritto). Resta da fare un'altra considerazione piü generale: in questo caso l'autore della canzone sembra piü vicino alia situazione documentata nei lemmi del Boerio (1857) di tanti altri scrittori dialettali, anche posteriori. L'inattesa anticipazione delle condizioni ottocentesche e confermata anche nei lessico: da un campione, limitato alia lettera B, del dizionario inedito del veneziano del Cinquecento, ehe da decenni stiamo curando, si ricava ehe nella Caravana compaiono per la prima volta tredici vocaboli non usati da altri autori. Non sono parole strane o rare, ma parole di tutti i giorni, ehe il Boerio accoglierä nei suo dizionario. Eccole: bagolar ,tremare, ondeggiare' e ,saltellare, trescare'; bardassuola ,giovane di poco giudizio' (nei Boerio: bardassiöla); bastardelo .trovatello'; bastln ,piccolo giuppone' (in Boerio: .cercine'); bolzeta .piccola borsa': brazzente .bracciante' (solo questa e assente nei Boerio); bria ,briglia'; bruscar ,procurarsi qualcosa con abilitä, dandosi da fare'; bruscheta ,bruscolino, minuzia'; brüte nella loc. vegnirale brute delsaco .venire a contesa, venire alle mani'; bua ,male'; bubaco ,uomo falso e ingannatore'; buratär ,scuotere, malmenare'.
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Manlio Cortelazzo
La conclusione e ehe nella Caravana, opera di autore o autori fin qui sconosciuti, e usata una lingua veneziana media, abbastanza lontana tanto nelle scarse innovazioni, con significative eccezioni, quanto dal dilagante modello italiano. Sarebbe auspicabile un'edizione moderna commentata delta raccolta, forse piü citata ehe conosciuta, anche come notevole contribute alia storia del costume popolare veneziano, al quale rimandano molti espliciti riferimenti e non poche allusion! tutte ancora da interpretare.
Bibliografia Alinei, Mario: Spogli elettronici del italiano delle Origin! e del Duecento. II: Forme, 17: Prose veneziane, a cura di Alfredo Stussi. Bologna 1973. Benin! Clementi, Enrica: Riforma religiosa e poesia popolare a Venezia nel Cinquecento. Alessandro Caravia. Firenze 2000 [= Studi e test! per la storia religiosa del Cinquecento, 7]Boerio, Giuseppe: Dizionario del dialetto veneziano, Venezia 218S6. Cortelazzo, Manlio: II vocabolario del primo canto dell Orlando Furioso, in: Miscellanea 11° della Facolta di lingue e letterature straniere con sede in Udine. Udine 1973, 177-239. Da Rif, Bianca Maria: La letteratura „alia bulesca" Test! rinascimentali veneti. Padova 1984. Dazzi, Manlio: Disegno di una storia della letteratura veneziana. Firenze 1937. Dazzi, Manlio: II fiore delta lirica veneziana. I: Dal Duecento al Cinquecento. Venezia 1956. Lepschy, Giulio C.: Saggi di linguistica italiana. Bologna 1978. Rohlfs, Gerhard: Grammatica storica della lingua italiana e dei suoi dialetti. Vol. I: Fonetica. Torino 1966. Simionato, Roberto: Alessandro Caravia: la fortuna editoriale e critica, in: Quaderni veneti 4 (1987), 87-120. Stussi, Alfredo: Testi veneziani del Duecento e dei primi del Trecento. Pisa 1965. Vidossi, Giuseppe: Saggi e scritti minori di folklore. Torino 1960. Zorzi, Ludovico: Caravia, Alessandro, in: Dizionario biografico degli Italian!, 19. Roma 1976, 669-673.
Paolo D'Achille
II romanesco nei manualetti scolastici degli anni Venti
l. Anche il romanesco, il dialetto italiano a cui Gerhard Ernst ha dedicate una fundamentale monografia relativa alia toscanizzazione rinascimentale (Ernst 1970) e poi vari altri contributi, fu oggetto, intorno alia meta degli anni Venti, di iniziative editoriali volte a realizzare il metodo „dal dialetto alia lingua" introdotto dalla riforma Gentile nei programmi scolastici della scuola elementare per iniziativa di Giuseppe Lombarde Radice nel 1923.' Tre, a quanto risulta dalle liste fornite, da ultimo, da Klein (1986:161-164) e da Zini (1996:14-15), furono i manualetti pubblicati, tutti „fuori collana" rispetto a quelli editi a cura della Societa Filologica Romana: uno di Adele Molina Jacobini, Dal dialetto romano alia lingua (Milano, Trevisini, 1924), uno di Ermanno Ponti, Roma nostra (Palermo, Sandron, 1924), e un terzo di Nino (non Nico, come e scritto in Klein) Angelucci, Dar Cuppolone (Palermo, Industrie Riunite Editoriali Siciliane, 1925). Come di prammatica, ciascuno e in tre volumi o parti (per la terza, la quarta e la quinta classe elementare). I tre testi sono oggi di difficilissimo reperimento: vane sono state le ricerche da me effettuate anche presso biblioteche specializzate, come quella del Ministero della Pubblica Istruzione,2 la Biblioteca Magistrale Laziale „G. Gabrielli" di Roma, il Centro di Studi per la Didattica di Firenze, ecc. II teste della Molina Jacobini, il cui vol. III state citato e utilizzato da Ernst (1970),3 oggi, come giä dichiarato nella bibliografia di D'Achille / Giovanardi (1984:141 nr. 510), risulta assolutamente irreperibile; invece del teste dell'Angelucci, citato positivamente dal Vignoli (1931:275), dispongo di un esemplare, incomplete (mancano le pp. 11-18), del vol. I, nella ristampa del 1929, ritrovato qualche anno fa tra i vecchi libri di famiglia, e di uno del vol. II, datato 1928, esposto nel 1995 in una mostra della Biblioteca Alessandrina di Roma (Voci di Roma 1995:45, nr. 10) e messomi a disposizione in fotocopie dal proprietario, il prof. Alberto Manodori, ehe ringrazio per la sua gentilezza; di quello del Ponti, infine, sono riuscito a consultare un esemplare del vol. I, nella 2. ed. riveduta, del 1927,
Cfr. Klein (1986:37ss.); De Blasi (1993:408); Gensini (1995), con ulteriore bibliografia; Zini (1996). I testi furono approval!, come e detto esplicitamente nei frontespizi dei due autori esaminati, dall'apposita commissione ministeriale e dunque si poteva supporre ehe una copia fosse stata conservata in questa biblioteca. Ernst (1970:200, ehe pone il trattino tra i due cognomi). Da rilevare ehe questo testo parla nel titolo di dialetto romano e non romanesco.
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conservato nel Museo della Didattica presso il Dipartimento di Scienze della Formazione dell'Universitä di Roma Ire (collocazione: St. 29 2A 45 144).4 Pur disponendo, purtroppo, solo di una documentazione alquanto incompleta, mi sembra ehe un rapido esame di questi testi possa essere di qualche utilitä, per cogliere lo status del romanesco, anche in rapporto all'italiano, all'inizio del Novecento.
2. Fornisco, anzitutto, qualche dato sugli autori e sui testi esaminati. Ermanno Ponti firmö anche un articolo pubblicato su „Paese" del 2 novembre 1954, intitolato Per l'integritä del dialetto (D'Achille / Giovanardi 1984:141 nr. 517), e, insieme a Pietro Romano, un volume sui modi di dire popolari romani (Romano / Ponti 1944); sulla base del catalogo della Biblioteca Casanatense, ehe conserva un esemplare di quest'opera, i due nomi vengono indicati in D'Achille / Giovanardi (1984:148 nr. 593) come pseudonimi di Gino Lupi e di Pietro Fornari; in realta, le cose sembrano stare diversamente. Ermanno Ponti, come risulta dal catalogo della Biblioteca Nazionale di Roma, scrisse vari opuscoli storici su Roma pubblicati tra il 1927 e il 194l:5 si tratto dunque, evidentemente, di un romanista ehe all'interesse storico-erudito per la storia di Roma univa anche quello per il dialetto locale. Quanto all'Angelucci, come risulta dal catalogo citato (Voci di Roma 1995:45 e 139), nacque nel 1876, mori nel 1959 e pubblicö almeno un paio di raccolte di poesie in dialetto.6 2.1. II primo volume (anzi, la „Prima parte") di Ponti (1927)7 si compone di 28 pagine, e comprende canti di bambini, brevi racconti (con traduzioni a fronte), proverbi, scelti con una certa attenzione alia didattica. Abbiamo anche un sonetto belliano (Le smammate) e la „riproduzione autorizzata" di un passo dello Zanazzo („Li bbiferari"), corredato dalla „Canzone dei pifferari", dai Canti del Lazio dello stesso autore (P 25).* Quest'ultimo testo, pero, risulta tra quelli ehe Zini (1996) e riuscita a consultare. Riporto solo alcuni titoli: Passeggiando per la Roma imperiale, Ära Pads Augustae, I Fedeli in Campidoglio, La guardia svizzera, Le statue parlanti. Oltre a Dar cuppolone, il catalogo cita Nuove poesie romanesche. V migliaio, Roma, A. Signorelli, 1930, e Sottopanni. Nuove poesie romanesche, Roma, Le Maschere, [1920]. Potrebbe trattarsi di due edizioni della stessa raccolta, ma l'aggettivo Nuove nel titolo fa ipotizzare comunque l'esistenza di una raccolta precedente. D'ora in avanti indicate, per brevitä, come P, seguito dal numero della pagina da cui si cita.
Che non e in romanesco, e presenta, fino all'ipercaratterizzazione, fenomeni propri dei dialetti ciociari e abruzzesi, primo fra tutti la sonorizzazione delle sorde postnasali (Sand'Anna, in gielo, cchi ccanda, ecc.; anche pordasti) e pure intervocaliche (candada, appresendada e perfino la nodde). Anche il „canto fanciullesco" intitolato „Quanno piove" presenta del resto la forma picciriello, ehe lo stesso autore dichiara „piuttosto voce napoletana o abruzzese" (P 14).
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Anche nel caso di Angelucci (1928-1929)9 il vol. Ι έ suddiviso in due parti, ognuna delle quali comprende una prima sezione, intitolata „Prime battute", costituita da dialoghetti, proverbi, indovinelli e stornelli, cui fanno seguito una seconda, di „Leggende e favolette" (o „Leggende e ricordi romani") e di aneddoti, e una terza di „Giochetti e passatempi", con filastrocche e canzoncine.10 La traduzione a fronte έ costante nella prima parte, assente, almeno nelle pagine disponibili, nella seconda. II vol. II e invece di 83 pagine e comprende anch'esso, nella prima parte, dialoghi, aneddoti, proverbi, storielle e leggende, sempre corredati dalla traduzione, e poi canti popolari, ninne-nanne, indovinelli e stornelli, non tradotti. La seconda parte e costituita da un dialogo ehe illustra il Foro Romano, e poi di nuovo da proverbi, storielle e leggende, racconti, canti, ecc., tutti senza traduzione. Due brani, uno in ogni sezione (quello nella prima ha la versione a fronte), intitolati ,,Du' parole d'igiene", sono interessant! anche per la storia del costume. La terza parte comprende poesie romanesche del Belli, di Pascarella, di Trilussa e dello stesso Angelucci. Conclude il volume un „Vocabolarietto di voci e modi di dire usati in questo volumetto" meritevole senz'altro di attenzione. Sul piano dei testi, entrambi gli autori sono largamente debitori alle raccolte folkloriche precedent!, in particolare a quelle dello Zanazzo, del resto esplicitamente ricordato anche dall'Angelucci, il quale afferma di aver „solo modernizzato il dialetto, per quel ehe riguarda la ortografia" (A 11,17)." I dialoghetti originali dell'Angelucci si caratterizzano pero per una certa felicita inventiva: un bambino rifiuta la proposta dell'amico di andare pe' nidi; parla dei compagni di classe; racconta una gita scolastica fuori porta, a Centocelle, ehe allora poteva essere definita come una „magnifica localit sulla via Casilina" (A 11,5);12 un uomo racconta di come ha preso parte a „L'aresto de tre borzaroli" (A 11,54), ecc.
3. I volumetti si presterebbero a vari tipi di analisi, per esempio per il lustrare concretamente la metodologia didattica a cui si ispirano, ehe έ stata finora ricostruita pi sul piano del dibattito teorico ehe non nelle sue realizzazioni effettive, data la grande difficolt di reperire testi del genere,13 ο per il modello di
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D'ora in avanti semplicemente A, seguito dal numero romano del volume (I o II) e da quello arabo delta pagina. Curiosamente, la penultima („Pe' la Befana") e, con poche variant!, la stessa riportata alia fine dal Ponti e I'ultima („Domani e festa") e la prima ehe si legge nel Ponti (anche qui ci sono varianti). Anche il „sermoncino" natalizio riportato in P 26 figura, con piccole variant! (come erore invece di errore), in A 11,31. Gli stornelli riportati in A 1,20-21 sono invece esplicitamente attribuiti a Giggi Pizzirani. Interessante sul piano extralinguistico I'osservazione finale dello scolaro: „ - Magari er maestro ce portasse sempre II, a fa' sc la! LI davero se imparerebbe; no' dentro quele classe senza sole, e senz'aria, e piene de porvere!..." (A II, 12). Cfr. le osservazioni di Gensini (1995:232); un'importante eccezione e costituita dal citato contribute di Zini (1996).
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italiano proposto.14 Per la storia del romanesco, i testi (soprattutto quellt delFAngelucci; per il Ponti dispongo di una documentazione piü ridotta e certo anche per questo meno interessante) offrono materiale indagabile da due punti di vista: gli esempi concreti (owiamente, i dialoghetti e i testi ehe si possono considerare almeno in parte original!, non quelli attinti di peso alia letteratura precedente) costituiscono un piccolo campione documentario del romanesco dell'epoca; le annotazioni fornite dagli stessi autori - probabilmente entrambi ignari dei peraltro non numerosissimi studi sul romanesco a loro anteriori15 offrono, nel loro carattere metalinguistico, vari spunti di riflessione sullo status di alcuni fenomeni, noncho sulla percezione del rapporto, a Roma sempre problematico, tra dialetto e italiano. La presenza, nelle parti in dialetto, di alternanze tra forme romanesche e forme italiane o italianeggianti (come quella tra puro, A 11,7, e pure, A 11,8), tipica della situazione linguistica romana (Serianni 1989; Trifone 1992), una garanzia di affidabilitä. La spiegazione in termini spesso a dir poco approssimativi, e comunque con riferimento pressocho esclusivo alia grafia, di molti tratti linguistici sarä almeno in parte giustificabile con la destinazione dei testi.
3.1. La prima considerazione relativa alia visione del dialetto. Per il Ponti si direbbe ehe esso rappresentasse ancora, come nei noti giudizi belliani, una corruzione della lingua: fin dal primo brano, spiegando il nun del verso „La minestra nun e ccotta" del canto di bambini „Domani festa", l'autore nota: „nun assai comune per non, ma da subito al discorso un accento sguaiato" (P 3); nel secondo canto, „Seta moneta", a proposito di „ehe fa ccantä i galli" rileva: Ecco un'altra cattiva abitudine (e purtroppo difFusissima) di tutte le persone ehe parlano senza rispettare le buone regele della lingua! Non si devono mai troncare gli infmiti dei verbi. Diremo quindi cantare, non cantä, e cosl pure andare non annä, finire non ßni, ecc. (p. 4).
Anche piü oltre leggiamo: „crompä invece di comprare: due errori in una sola parola!" (P 6); nnisconne e spiegato come „nascondere: altro modo sbagliato di terminare i verbi: cosl curre invece di correre" (P 10). Va detto pero ehe apocope degli infmiti costituiva, allora (cfr. anche De Amicis 1906:58) come oggi (Troncon / Canepari 1989), un tratto fonomorfologico in grado di risalire dal dialetto all'italiano regionale, il ehe spiega le ragioni della censura. A sua volta l'Angelucci defmisce „'Uge': storpiamento di Eugenio" (A 1,5); parla per je di „pronome sbrigativo, ehe si usa in luogo dei nomi di persona: gli,
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Darö poi qualche breve indicazione al riguardo. Si pensi anche alle costanti grafie ä, äi ,ha, hai', accettate fmo al secondo dopoguerra (in A 1,8 si menziona pero anche la possibile alternativa con h), all'uso esclusivo dell'accento grave - ehe Ponti pone anche in casi come moneta (P 4) e perfino so magna (P 3) - o a forme come areoplani ,aeroplani' (A 11,7), alia traduzione di visti con veduti (A 11,9), ecc. Tra cui sono da ricordare almeno Tellenbach (1909) e De Gregorio (1912). Per una rassegnapiü ampiacfr. D'Achille / Giovanardi (1984:138-141).
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le, loro" (A 1,6); giudica „un errore di grammatica, molto comune nel nostro dialetto, to scambiare [...] il modo congiuntivo (fosserd) col condizionale (sarebbero)" nella frase „si tutti sarebbero come lui, a scöla ce se porterebbe pure er letto!" (A 1,7), ma, spiegando un martirizzä' come „troncamento di martirizzare", aggiunge semplicemente: „In dialetto tutti i verbi, alFinfinito presente, vengono troncati sull'ultima sillaba" (A 1,6). Che 1'autore percepisse piü chiaramente del collega (almeno sulla base dei nostri testi)16 i confini tra dialetto e lingua risulta anche dalla nota seguente (A 11,7): In dialetto la / apostrofata vale gli articoli: lo, la, li [sic], gli, le. Ma attenti, ragazzi! In italiano, I'uomo e I'anima si scrivono benissimo con la / apostrofata in luogo di lo uomo, la anima. Ma chi direbbe: l'alberi e l'amichel E pure voi, spesse volte, commettete questi errori! E perche? Perchi vi confondete col dialetto romanesco. Attenti, dunque. La lingua e una cosa, il dialetto, un'altra.
Che poi 1'autore attribuisca al dialetto fatti ehe sono propri anche delta lingua o, il ehe e quasi lo stesso, ehe 1'italiano da lui proposto non accolga forme present! invece nelle parti in dialetto, e un altro discorso. Piuttosto, si direbbe ehe 1'Angelucci punti a spiegare agli scolari piu le forme del dialetto ehe non quelle della lingua.
4. Effettuero ora una veloce (e non esaustiva) rassegna complessiva dei testi ai vari livelli dell'analisi linguistica.18 Lascio pero da parte, per motivi di spazio, il lessico, ehe pure costituisce un elemento piuttosto interessante, su cui conto pertanto di tornare in un'altra occasione.
4.1. Tra Otto e Novecento il dibattito sullOrtografia del romanesco, soprattutto con riferimento all'edizione del Belli, era molto vivo19 e se ne ha sentore anche nei nostri manualetti. II Ponti si caratterizza per il frequente uso del circonflesso sulla tonica in corrispondenza dell'wo toscano (bbona,föra, P l; vöta, se , e anche sonava, 8; ma scola, 5) e, soprattutto, per 1'ampia, anche se non sistematica, registrazione del raddoppiamento fonosintattico (e ccolta, 3; fa ccanta, 4; ehe cc 'e, ehe wa, butteli ggiü pe' ttutti, P 5; /re mmattoni, e cce irovo, si mme ce crompo, a bbuttacce, P 6).20 Abbiamo al riguardo anche 16
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In tutti i manualetti per la terza classe, infatti, le note linguistiche sono generalmente molto ridotte (cfr. Zini 1996). Anche all'Angelucci, dunque, sfugge una forma dialettale (il ehe non si verifica nel caso del Ponti, ehe spiega il // de „li galli" con ,,/in italiano", P 4). L'uso improprio di //' come articolo maschile plurale a Roma era stato rilevato giä da De Amicis (1906:58). Prescindo da forme particular! certamente dovute a error! di stampa, come figureteve (A 11,43). Avverto inoltre ehe di norma riporterö solo una delle numerose occorrenze delle stesse forme. Cfr. almeno Sabatini (1890:85-100). V. anche D'Achille / Giovanardi (1984:142 e 177). Ma troviamo anche ehe c 'e (P 4), 51 me ce crompo (P 5), a buttacce (P 6), ecc.
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un'osservazione metalinguistica: a proposito di un cheffileno, Fautore nota ehe „naturalmente nella lingua italiana non si trovano mai parole ehe cominciano con doppia_# con doppia bb, come molte ehe incontrerete" (P 4). In realta, come e noto, il fenomeno si ha anche nella pronuncia standard di base toscana, sebbene la grafia lo registri solo in caso di univerbazione; l'autore sembra dunque seguire qui il Belli nella ipercaratterizzazione dialettale; inoltre questo fenomeno e messo insieme a quello, effettivamente locale, della pronuncia costantemente intensa di b intervocalica, documentata soprattutto all'inizio di parola da grafie come la bbambace, gallo bbianco (P 4), ce se bbutta (P 6), na bboieria (P 8), ma talora anche all'intern o (abbitava, P 6). Viene registrato anche il costante rafforzamento di III e llä (guarda llassü, P 5; stava III, P l O).21 L'uso dell'apostrofo e invece molto parco: lo troviamo spesso in forme aferetiche come 'na e 'sto, ma gli infmiti apocopati recano in genere solo l'accento (ccantä, P 4, ecc.) e le grafie „ridondanti" con accento e apostrofo sono rarissime (a ppensä', P 6). L'apostrofo costituisce invece la preoccupazione ortografica maggiore dell'Angelucci, ehe segnala sistematicamente con esso le aferesi e le apocopi e combina quasi sempre accento e apostrofo nei troncamenti (dubbitä', A 1,6; di \ A 1,7; 'ndo', A 11,5). La grafia 'Uge' (,Eugenio', allocutivo) e anzi commentata cosl: „Notate, ragazzi, i tre segni d'ortografia. I due apostrofi, prima e dopo la parola, stanno in luogo delle lettere soppresse, e l'accento e posto per indicare il troncamento" (A 1,5). Un po' diversa Posservazione su 'mbe': ,JLbbene. Si notino i tre segni ortografici di questa parola. II primo apostrofo sta in luogo di eb, il cui b e stato trasformato in m. Dell'accento sulla e puö farsi a meno. II secondo apostrofo ricorda il troncamento della sillaba ne" (A 11,5). Troviamo, in effetti, anche forme prive d'accento, come gioca' (A II,6).22 Anche l'uso del circonflesso sulla o tonica, giä rilevato nel Ponti, e commentate dall'Angelucci: ,£cola. L'accento circonflesso sta in luogo della lettera M, ehe stata tolta nel dittongo raccolto wo. Quest'accento, in genere, indica sempre la soppressione d'una vocale" (A II,7).23 L'autore non registra invece mai i rafforzamenti iniziali.
4.2. Per quanto riguarda il vocalismo tonico, nei manualetti troviamo i principali tratti propri del romanesco di seconda fase:24 il dittongo toscano della e (esteso a un isolate tiene ,tenere', P 10), il monottongo della o - esemplificato dai 2l 22
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Sul fenomeno cfr. Porena (1927). D'altra parte questa grafia puö dar luogo a equivoci nei verbi della seconda classe, dove la ritrazione del l'accento e possibile: (avevi da) vede' (A 11,10) sarä da intendere come vede o vede? Quest'ultima lettura puö appoggiarsi alia grafia del metaplastico Jugge' .függire' (A 11,54). E usato infatti anche per crätura .creatura, bambino' (A 11,16).
Per una rassegna dei fenomeni principal! del romanesco moderne cfr. Serianni (1989); Vignuzzi (1991); Trifone (1992). Sulla loro conservazione nel romanesco novecentesco v. soprattutto Bernhard (1992).
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casi (e dall'osservazione di A) gi citati, a cui si possono aggiungere esempi come core (A 1,6), onto (A 1,8) e ommini (A 11,21), noto ,nuoto' (A 11,28), ecc. - e 1'anafonesi, ehe non presenta eccezioni.25 Mancano casi di u per o chiusa tonica, tranne un isolate curre ,correre' (P 10). Poco persuasiva pare 1'affermazione di Ponti secondo cui „deto invece di dito έ comune nel dialetto" (P 14), trattandosi ormai di un arcaismo; altre forme arcaiche attestate sono schina ,schiena' (A 11,56) e opro ,apro' (A 11,33); la / di acciaccapisto (A 11,54) έ coerente con le forme del verbo pistare .pestare'.26 Nel vocalismo atono, i casi di „a di sillaba iniziale [ehe] passa ad e (ehe puo procedere toscanamente sino ad /)" (Vignuzzi 1991:746) sono rappresentati da varie forme: nisconne .nascondere' (P 10), regazzi (A 11,7), regazzino (A 11,8), riccojelle (P 16) e riccorse (A 11,8), rissomijo (A 11,21), ricconta (A 11,45), rippresentava (A 11,45), Trestevere (A 11,48), ecc. Sistematica, come e owio,27 e poi la conservazione di e protonica in corrispondenza dell'/ toscana (me place, „mi bisogna dire e non me in questo caso", P 4; ce trova, P 6; ce venghi, A 1,10, ecc.; anche in postonia: buttacce, P 6; viecce, A 1,10, ecc.); i casi di chiusura in / sono esemplificati da forme come nisun (A 11,11), quarchiduno (A 11,7), fittuccine (A 11,44), vitturino (A 11,26) e anche si nno („altrimenti", P 18). II passaggio di ο protonico a u, sistematico (in protonia sintattica) in nun ,ηοη' (ν. supra), si ha anche in altre forme, come funtanella (P 14) e funtana (P 20). Frequentissimo e 1'esito di a postonica non finale nei proparossitoni a e: in Angelucci trovo casi come penseno (A 1,6), mancaveno (A 11,6), gurete (A 11,10), racconteme (A 11,6), ereno (A 11,7, ma volavano, ivi)28 e anche ecchete (A 11,49 ecc., dove si parte da o; ma eccote, A 11,57); in Ponti anche una esplicita annotazione di fronte a un „ehe ffileno la seta": ,fileno: in corretto italiano i bambini ehe vogliono parlare bene, dovran άΐκβίαηο e cosi pure non cercheno ma cercano; non gu rdeno, ma guardano, ecc." (P 4). Esempi di ar conservato sono tutti i suffissati in -arello (callarelle, A 11,40; vecchiarelli, A 11,43; tintarella, A 11,52) e maccaroni (A 1,25); abbiamo invece osteria (A 11,10), latterino (A 11,44), forestieri (A 11,41). II dittongo au si riduce ad a solo in agurava (A 11,45).
4.3. Nel consonantismo, le sorde intervocaliche, o tra vocaie e vibrante, sono conservate sempre, senza neppure le eccezioni ehe si individuano nel Belli (Vignuzzi 1991:747), a meno ehe non si tratti di italianismi come madre (A 1,6) ο padre (A 11,7): nel Ponti gli unici casi si hanno nella canzone dei pifferai non 25 26
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E pero probabile ehe onto, presente in un sonetto belliano e spiegato come ,lardo' (A 11,63), fosse allora vitale. II termine e del resto anche in Chiappini (1933), glossato peraltro come ,trambusto, confusione, calca di gente' e non nel senso di ,disgrazia', con riferimento a „persone travolte da veicoli; o cadute e pestate in mezzo alia folia" (A 11,75). Cfr. gi De Amicis (1906:57). In „si erano ο nun ereno loro" (A 11,54) I'alternanza potrebbe anche essere dovuta a un errore di stampa.
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romanesca,29 nell'Angelucci non si ha nulla, anche se in un dialogo si parla di „Romoletto Angelini, er fijo dell'oste", ehe tra i vari errori d'ortografia scrive freguenta (ma anche sequita; A 1,7-8). Evidentemente il tratto, ehe nel romanesco dell'epoca doveva apparire giä in espansione, e ehe si sarebbe ampiamente diffuse del dialetto e soprattutto nell'italiano regionale dal secondo dopoguerra (De Mauro 1970), sfugge ai nostri autori. Essi, del resto, non registrano neppure, come faceva invece il Belli (Serianni 1989) la fricativizzazione dell'affricata palatale sorda intervocalica (pace, P 8; Centocelle, A 11,5; sedici, A 11,11; cfr. anche: facioli, A 11,44; buciardo, A 11,46; ripercorrettistico preciutto ,prosciutto', A 11,11) il rafforzamento della sonora nella stessa posizione - a parte raggione (P 8), appiggionante (A 11,49; ma appigionante nel titolo del noto sonetto belliano, A 11,63) e nun t'aggitä (A 11,56) l'affncazione della sibilante dopo nasale o liquida, neppure all'interno di parola (insalata P 3 e A 1,25; monsignore, P 14; er salame, P 6; consijo, A 11,24, ecc.), se non in qualche raro caso (berzaio ,bersaglio' A 11,11; borzaroli ,borsaiuoli', A 11,54). Mancano anche osservazioni sulla pronuncia intensa di z intervocalica, coerente con la pronuncia Standard, ma non sempre con l'ortografia, documentata solo da malazzione (A 11,17) o male azzione (A 11,50) e spezziale l -i ,farmacista / -i' (A 11,53). Della pronuncia intensa di b intervocalica si hanno invece moltissimi esempi,30 ma nessuna osservazione particolare. Queste assenze, nel loro complesso, appaiono piuttosto sorprendenti, percho si tratta di fatti fonetici ehe hanno notevole rilievo anche dal punto di vista dell'ortografia, settore a cui la scuola elementare italiana stata tradizionalmente attenta. II fenomeno consonantico dialettale su cui piü si mette l'accento e la sistematica rotacizzazione della / preconsonantica (Purcinella, P 3 e A 1,25; purcini, P 4; quarche, A 11,6; Ar ladro!, A 11,55, ecc.). II Ponti nota esplicitamente ehe le „parole purcino, antro, her, ner ci mostrano dunque ehe il nostro dialetto ama cambiare la consonante / nel suono assai piü forte r" (P 5) e cosl PAngelucci: „quarcuno. E la solita / cambiata in r. Alzato, arzato; olmo, ormo; almeno, armeno; el (per: it), er; Alfredo, Arfredo; polvere, porvere; e simili" (A 11,7). Nel suo manuale troviamo anche qualche rotacizzazione di / postconsonantica: criente (A 11,76) epubbrico (A 11,40), oltre aH'ipercorrettistico „Glasso vegetale. Grasso vegetale, nel parlare ricercato dei ciarlatani" (A 11,77), documentato peraltro solo in una poesia di Pascarella. Anche le assimilazioni progressive sono messe in rilievo: per nd> nn, l'Angelucci spiega ,JSospenne per sospende. In dialetto si raddoppia la prima consonante per scartare la seconda, differente" (A 1,7) e documenta molte altre forme tra cui roianno ,roteando' (A 11,9), monno (A 1,9), venneno .vendono' (A 1,23), merenna (A 11,10), dicennoje ,dicendogli' (A 11,22), ecc. (ma girandola, A 11,7; dondolare, A 1,23; grandi, A II.16;31 Bambino A 11,31); il Ponti ha 29 30 31
Cfir.notaS. A quelli giä visti si aggiungano almeno robbusto (A 11,28), robba (A 11,29), teribbile (A l,20),proibbiva (A 11,40), mamobijo (A 11,49) e subito (A 11,55). Sull'assenza di assimilazione in grande cfr. Bernhard (1992).
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nisconne ,nascondere' (P 10), quanno (P 14), anna (P 12), ecc. Abbiamo anche in ner („in italiano semplicemente nel", P 4), ma, come e normale, indove („Indove se tocca. Frase dei fmmaroli o dei bagnanti, in genere, per indicare: acqua bassa", A 11,77); per mb > mm troviamo gamme (A 1,8), ciammella I -e (A 1,24; 11,43), sgammetta (P 18), ma bbambace („la vera forma italiana e bambagia", P 4) e bombetta (A 11,7); Id > II έ documentato, owiamente, solo da esempi come calla calla (A 1,23), scalla (A 1,24), scallatte (A 11,52), callalessa (A 11,18) e collarette (A 11,40). Piu ampio lo spazio assunto dallo scadimento della laterale palatale a jod, resa sempre ο quasi32 con lay scempia. II Ponti da forme come Campidojo (P 3) e mejo (P 6); 1'Angelucci tenta anche una spiegazione del fenomeno: „Mejo, vale: meglio. La letteray (/ lungd) in dialetto romanesco sta quasi sempre in luogo delle due lettere (digamma) gl. Es.: Fijo, ajo, famija, moje, consijo, rissomija, scojo e simili" (A 1,6). Lo stesso autore segnala peraltro, censurandola, anche la tendenza a scrivere Giulio e Italia come Giuglio e Itaglia (A 1,8)" e scrive ciafruglio (A 11,76). Tra le altre forme significative segnaliamo lassato (P 8; A II.44),34 piagne (A 1,9), magnato (A 11,10), gnente (A 11,24), intignilo (A 11,24), scegne .scendere' (A II,54).35 C'6 anche qualche fossile, comejotta ,ghiotta' (A 11,44), senza glosse, e il gergale grancio ,ladro' (ma originariamente .granchio').36 Qualche dato interessante e offerto dai nostri testi anche a proposito dello scempiamento di r, il fenomeno innovative pi consistente, almeno sul piano quantitative (Trifone 1992), del romanesco postbelliano: in Angelucci troviamo vora (A 1,10), teribbile (A 1,20), tereno (A 1,21), carozza e coreva (A 11,28), guerieri (A 11,39), Toraccia (A 11,9), arancio I -avo .arrangio / -avo' (A 11,5556),37 erore (A 11,31), aresto (A 11,54), ecc. II fenomeno awiene soprattutto in protonia, ma abbiamo anche sbiri (A 11,45), guera (A 11,56), coro ,corro' (A 11,33), lera (A 11,46,51,52,54; ma terra, A 11,7). In Ponti abbiamo arivati (P 8), arest (P 12), arampichi (P 16) e una breve ma importante nota esplicita, sia pure e contrario, a proposito di ariva: „arriva bisogna scriverlo con consonante doppia" (P 20). Ben documentato e lo scempiamento di / nei derivati da ILLE (quele A 1,6), de U (A 11,4), a li (A H,43),38 ma senza ehe si arrivi mai al dileguo proprio della „lex Porena" (Porena 1925). L'esito rj > r si ha nei derivati in -aro (callamaro
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Cfr. il citato berzaio (A 11,11). II Ponti altema boja a boieria (P 8). In Ponti troviamo invece ojo ,οΐϊο' (Ρ 3). Anche in A il verbo lassa si presenta sempre con ss (lassa, A 1,8), tranne ehe in un isolate lasciacce (A 11,53) II participio passato e scento (A II,SS). In P 12 trovo carbigneri (ma carabinieri in A 11,56). Cfr. Chiappini (1933). In questa forma e notevole anche la desonorizzazione della palatale postnasale, per ipercorrettismo ο meglio per reazione rispetto alia tendenza del contado (e forse anche per paretimologia con arancio). In A scrizioni del genere compaiono anche net testi italiani.
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»calamaio4, A 11,76; mijara ,migliaia', A 11,40; centinaro, A 11,43; vascellaro, A 11,48) e in -arolo (borzaroli, A 11,54; fmmarolo l -/', A 1,22; 11,52). Non mancano altri scempiamenti, come maiina (A 1,23), quatrinello (P 6), alegramente (A 1,22); viceversa troviamo geminazioni di m in forme come commare (A 1,23), ummido (A 11,44), commodo (A 11,48), ommini (A 11,21), nemmichi (A 11,50) e di p nel Cuppolone (titolo di A) e in doppo (P 10; A 11,8), pippa (A 11,48) e anche ammalappena ,a mala pena' (P 8).
4.4. Tra gii accident! generali, abbiamo gi parlato di vari casi di aferesi e di apocope39 e delFelisione degli articoli plurali; aggiungiamo ehe sono generalmente apocopate le preposizioni per (pe\ P 5; A 1,5; p' davanti a e: p'er, A 11,34) e con (co\ A ΙΙ,ΙΟ). 40 II normale sviluppo di a- prostetica nei verbi iterativ! inizianti per ri- (la r resta scempia) non solo e ben documentato, ma anche oggetto di riflessione da parte del Ponti, ehe commenta cos! un s 'arimentte: ,ji rimette, ma il dialetto non ama cominciare alcune parole, specie se verbi, con la consonante e allora vi premette una vocale; cosi ariscopa, s 'arimette, ciarif " (P 8);41 la prostesi della s- intensiva si ha in scancella (A I,20)42 e scavusarmente .casualmente' (P 6), notevole anche per lo sviluppo della v epentetica. Mancano forme epitetiche come sine o none, ma c'e gasse ,gas'. Tra le dissimilazioni, troviamo monica ,monaca' (A 11,44), propio (P 10; A 11,38), non certo solo romanesco, antro (P 4; ma altro, A 11,12) cpresempio (A 1,22), attestato anche in Chiappini 1933, ma da considerare piuttosto una allegroform; un'assimilazione si ha in fracicato .infradiciato' (A 11,49). La metatesi, ehe il Ponti considera, come si e visto, un „errore" in crompa, e invece individuata correttamente dall'Angelucci, il qu le ne rileva il venir meno nel dialetto moderno: Drento, per dentro. Lo scambio di quella r (metatesi), praticato anche in altre parole, come stroppio storpio, crapa capra, cropl copr), ecc. oggi non si fa quasi piu. Anticamente, pero, dicevano tutti: drento (A I,19).43
4.5. Abbastanza interessant! sono le indicazioni ehe i nostri testi forniscono sul piano morfologico. 39
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Si aggiungano almeno Fontan di Trevi (A 11,27) e la sistematica apocope dei possessiv! (mi'padre, A 11,7; er su'fagottello, A 11,20) e quelle dei numeral! dua (cosl in P 16) e sei (du' orecchie, A 11,15; se' ο sette, A 11,27), di zio (zi' Felice, A 11,43) e delle forme di 2" persona singolare del presente di avere e di essere (a' voja e se' stato, A 11,7). Troviamo pero anche casi come cor unapazienza (A 11,42). Ma risortito ,riuscito' (A 11,13). Abbiamo anche anniscosta (P 12), areggeva (A 1,23), abbrucia (A 11,52). In uno stornello di Pizzirani. In straportava .trasportava' (A 1,22) penserei piuttosto a una metatesi. L'osservazione έ poi ripetuta: „Drento. Dentro. έ vocabolo ehe va perdendo terreno di giorno in giomo, per dar posto alia voce italiana: dentro" (A 11,76).
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Tra i nomi, sono documentate sia la particolarita del romanesco per cui mono e i nomi femminili uscenti in -e al singolare restano invariati al plurale: „Madre per madri. In dialetto romanesco si usa spesso il singolare per il plurale. Es.: le mono, le azione ecc." ( I.6),44 sia la vitalitä di relitti del neutro in forme come le mela (P 5; A 11,12), le peracotte („in italiano perecotte", P 15), giä censurate dal De Amicis (1906: 58). A proposito dell'articolo er, il Ponti nota: „II dialetto nostro tende a rendere piü forte la consonante /; quindi mentre il pronome [sic] // in altre parti d'ltalia diviene el, da noi si muta in er" (P 16).45 Abbiamo giä riportato la nota del1'Angelucci sul pronome je, ehe vale pure per il femminile e il plurale; anche 1'uso di se invece di ci alia prima persona plurale e rilevato da questo autore, ehe a proposito di se divertimo osserva: „II se sta in luogo della particella ci, ehe non si usa mai" (A 1,5). Del ci attualizzante prima del verbo avere, giä segnalato dal Belli (D'Achille 1990:264), abbiamo, oltre a vari esempi in entrambi i testi,46 una nota esplicita del Ponti a commento di „L'abbituccio ehe cciö addosso": „ehe ho, ehe porto addosso. Ma nel dialetto e comunissimo questo vezzo di far precedere la particella ci alle voci del verbo avere. Cosi: io ci ho questo giocattolo, tu non ciai (ossia ci hai) il libra, ecc." (P 27). Evidentemente il tratto, sebbene all'epoca fosse ormai ben attestato anche in italiano, veniva pur sempre percepito come locale.
4.6. Nella morfologia verbale, sono documentate, ma non commentate, voci come/o (A 1,6), so' (A 11,54),ponno (A 1,10), vonno (A 1,22), venghi ,vieni' (A 1,5), dichi (A 11,47), salisco (P 16), noncho le forme di l a persona plurale del presente indicative in -amo, -emo, -//no:47 stamo e anche famo (A 11,37), semo (A 11,5), avemo (A 11,7), vedemo (A 11,54), sentimo (A 11,54), ecc. Per quanto riguarda le prime due persone plurali deH'imperfetto, non figurano le forme -amio, -emio, -imio e -avio, -evio, -ivio, ehe pure sono arcaismi documentati anche successivamente,48 ma per essere PAngelucci segnala le forme „del passato prossimo" [sic] erimo (eravamo) ed erivo (eravate), dichiarando perö ehe „non da tutti, e non sempre, si usano tali voci" (A 11,5); anche la l a pers. ävo ,avevo' detta „poco usata" (A 11,75) e cosl pure „Agnede. Andö. Voce antica ed oggi poco usata" (A II,75),49 ehe infatti cede quasi sempre il campo ad 44
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Abbiamo anche paradigmi come ala I ale e, con singolare metaplastico, purcia I puree ,pulce / -i' (A 1,9; 11,23); da rilevare anche il collettivo fava fresco ,fave fresche' (A 11,11). Nei testi in versi e documentato talora anche el (el canestrello, P 5; e' llupo, P 15). In Angelucci abbiamo anche un esempio di ci col verbo sapere: io nemmeno ce lo so si ehe e successo (A 11,29), ma il pronome e evitato nel sintagma co' chi I 'ai? (A 11,44). La nota sulla terminazione in -eno della 3" plurale (sia del presente sia dell'imperfetto) e stata giä riportata. Cfr. Bernhard (1992; 1998). In P 24 trovo un cciavemio .avevamo', ma il brano dello Zanazzo. In A 11,6 si dice invece ehe la forma 6 „un poco piu usata", rispetto a partissimo ,partimmo'.
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annette (A II,12,13,ecc.), come annetti (A 11,29); nel Ponti troviamo agnede (P 10) e agnedeno (P 16). Sempre nel passato remote nel Ponti troviamo due forme arcaiche come vidde (P 10; anche in A 11,50) e messe (P 14) e nell'Angelucci un'osservazione piü ampia sulle persone plurali, ehe riporto integralmente: Fortissimo. Partimmo. Questa deformazione del passato remoto di tutti i verbi, regolari e irregolari, e veramente la principale caratteristica del nostro dialetto. Soffermiamoci un poco sul passato remoto dei quattro verbi irregolari della prima coniugazione:_/äre, dare, stare, andare. Recitiamoli insieme. Mentre la loro irregolaritä si manifesta nelle forme piü diverse, in dialetto avviene quasi una semplificazione, specialmente nelle tre voci plurali, ehe restano cosl fissate: noi facessimo, dassimo, stassimo, annassimo voi facessivo, dassivo, stassivo, annassivo loro fecero, dettero, stettero, annettero. Tale andamento del passato remoto si estende, come abbiamo detto, a tutti i verbi, sia italiani ehe di pura forma dialettale. (A 11,6)
Esempi del genere sono frequentissimi nell'opera (magnassivo, A 11,10; se divertissemo [sie], A 11,11; spennessivo, A ll,l\;fossivo, A 11,14); alia 3a persona abbiamo perö anche la terminazione in -orno (imboccorno, A 29; cominciorno, A 11,56), attestata anche nel Ponti (trovorno, P 16). NelPAngelucci sono documentate anche le terminazioni in -ebbe e -essimo per la l a persona singolare e plurale del condizionale (me sarebbe magnato, A 11,10; faressimo e sentiressimo, A 11,34) e Passimilazione st > ss alia 2a (ehe avressi falto?, A 11,44), mentre il Ponti offre un esempio di vorsuto ,voluto' (P 18).
4.7. Per quanto riguarda gli aspetti funzionali dei verbi, si giä riportata l'osservazione nel vol. I dell'Angelucci relativa all'uso del condizionale sarebbero invece del congiuntivo fossero, ribadita anche nel vol. II;50 lo stesso autore segnala anche l'uso delFimperfetto indicativo (aveveno) invece del congiuntivo (avessero) notando ehe „i due modi, indicativo e congiuntivo, in dialetto romanesco, si confondono spesso" (A II,30).S1 Viene attribuito al dialetto anche il presente pro futuro, ehe invece sarebbe proprio in generate dell'italiano parlato novecentesco: ,ße divertimo: Ci divertiremo. In dialetto si usa spesso il presente indicativo per il ruturo presente [sie]" (A I,5).52
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„Sarebbe per fasse. In dialetto romanesco il condizionale tiene spesso il posto del congiuntivo. Qui si sarebbe dovuto usare appunto il congiuntivo. Esempi: Quann'io dovrebbe (dovessi) lavorä' pe' pochi sordi... Si tu voresti (volessi) piü bene a mamma... Si lui magnerebbe (mangiasse) piü adacio..." (A 11,28). L'uso dell'indicativo al posto del congiuntivo e del resto considerate un tratto proprio dell'italiano regionale romano (De Mauro 1970; Troncon / Canepari 1989). La fräse sarebbe: „ - Viecce, ch6 se divertimo!" tradotta appunto con „ - Vieni, ehe ci divertiremo" Da rilevare perö ehe il precedente „domani [...] ce venghi [...]?" reso con „domani [...] ci vieni [...]?"; piü oltre l'autore usa anneremo .andremo' (A 1,25). In un altro caso un impersonate dice e reso con dirai (A 11,25).
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4.8. Sul piano sintattico, i manualetti non forniscono, come έ ovvio, indicazioni esplicite, ma sono ricchi di element! di un certo Interesse: l'oggetto preposizionale („pe' vede' a chi lavorava mejo per vedere chi dei due fosse il piii bravo" (A 11,12); „cominciai a crocchi ' pur'io a lui e a chi me s'accostava", A 11,56); gli infmiti retti da a: „me tocca a bbuttacce" (P 6), „Mejo a ricevele" (A 1,9); „A pensa'" tradotto come Epensare (A 11,9). Le perifrasi stare a + infinite tronco sono interessant! anche per le relative traduzioni del Ponti: „stava Hi a fa' la guardia" (,stava 11 facendo', P 10-11); „sta a ssentl" (P 15); „stava a bbutta'" (,stava a buttar', P 16-17); „stava a plja" (,stava per prendere', P 20-21). NelFAngelucci troviamo: „stava a tribbola" (A 1,23); „chi me sta a sent!" (A 1,29); „er male stall'a aspetta' il male aspettalo" (A 11,16); „sto a aspetta'" (A 11,33), „stava a recita'" (A 11,45), di fronte a un unico „stava scrivenno" (A 1,57). Ben presente anche il tipo avere da per ,dovere': „Che j'a da dl'? Che gli deve dire?" (A 1,7); „Avevi da vede' ehe tavolata! Avresti dovuto vedere" (A 11,10). In due casi un'esclamativa ο un'interrogativa indiretta e introdotta da si (De Amicis 1906:58; Nilsson-Ehle 1991:209-227): „Figurete si ehe fame!" (A 11,10) e „Ma ... io nemmeno ce lo so si ehe e successo stanotte" (A II,29);53 in altrettanti casi 1'interrogativa diretta e aperta da ehe: „Che te credi ch'er core ce 1'avemo solo noi? Credi tu ehe il cuore h abbiamo solamenle noi?" (A 1,6): „Che te credi ehe a .Centocelle' ce se' stato solo tu? Credi di essere stato tu solo a .Centocelle'?" (A 11,7). La presenza di frasi con dislocazioni a sinistra ο a destra έ interessante non per la documentazione del romanesco, sebbene il fenomeno abbia una rilevanza nel Belli (Sabatini 1985), ma nel confronto con 1'italiano: il Ponti commenta un „a te ti dono basta dire // dono" (P 37) e traduce „a la ricotta nun ce se bbutta gnente" come „Alia ricotta non si deve buttar via nulla" (P 6-7); 1'Angelucci offre le seguenti traduzioni: „Le cattive azione e mejo a ricevele ehe a falle E preferibile ricevere le cattive azioni ehe farle" (A 1,9); „Le buttaveno le bombette? Gettavano le bombelte?" (A 11,7); „Ve ce port a la Toraccia? Vi condusse a la Torraccia?" (A 11,8); „a S. Francesco je vennero du' segni a le mano vennero a S. Francesco due segni a le mani" (A 11,27). L'evitamento nelle traduzioni54 fa pensare ehe i nostri autori giudichino il costrutto dialettale. II Ponti, del resto, considera dialettale anche un tratto popolare come 1'accordo deH'awerbio, in una botta tanta forte: „attenti! Tanto, in Italian o (avanti a un aggettivo ο a un verbo) έ awerbio e rimane perci invariato; ma il dialetto non bada a queste cose e dice tanta forte" (P 10).
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Tradotte come: Figuriamoci ehe appetito e Io non so nemmeno ehe cosa sia successo stanotte.
Ma in vari casi la struttura e mantenuta: „io 'st'infamita nun le fo" e tradotto: io queste cattive azioni non lefaccio (A 1,5—6), ecc.
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4.9. Sul piano testuale, ho giä rilevato altrove (D'Achille 1995) come l'Angelucci fornisca la prima osservazione metalinguistica sullO allocutivo, ehe „corrisponde all'o del vocativo" (A 1,5), da lui documentato da A Vge' (ivi), A Umbe (A 11,54) e anche a bojaccia (A 11,56). Lo stesso studioso, nel „Vocabolarietto" commenta le interiezioni aho (questa la grafia adottata), usata varie volte nel testo, e ammappeli: Aho! Esclamazione romanesca, ehe non ä la vera corrispettiva italiana. E usata per richiamare l'attenzione dell'ascoltatore, come per dire: -Ascolta; senti. Ammappeli. E parola usata per attenuare (in lingua si chiama: eufemismo) l'altra, piu volgare ammazzeli. (A 11,75).
L'Angelucci e del resto piuttosto felice nella riproduzione di interiezioni, esclamazioni, segnali discorsivi e fatici, spesso non ricalcati pedissequamente nella traduzione a fronte. A titolo di esempio, riporto un breve passo dal dialogo 'Na giornata a „ Centocelle ": Se divertissimo tanto. A ehe fa'? A ehe fa? A gioca' Äi da vede' ehe bellezza! [...] C'ereno l'areoplani? Ahno![...] Le buttaveno le bombette? Ä' voja! [...] Ma tu ehe ne sai?
Ci divertimmo tanto In ehe modo? In ehe modo? Giocando. Sapessi ehe bellezza![...] C'erano gli areoplani? Sicuro.[...] Gettavano le bombette? E come! [... ] tu ehe cosa ne sai? (A 11,6-7).
Da parte sua, il Ponti commenta sia i vari dice ehe punteggiano una narrazione durante i discorsi diretti, ehe „dänno vivacitä al discorso, facendo quasi pensare ehe chi parla e avanti a noi" (P 10), sia un ,je fece, dice", come „ripetizione di verbi comune nel parlare del popolo" (P 18), e in effetti documentata nella letteratura dialettale anteriore (Serianni 1996); offre poi un esempio di e, tlela!, reso con ,e ruggi' nella traduzione, con e via di corsa! in nota (P 16-17).56
5. Come ho detto, motivi di spazio mi impediscono di soffermarmi sul lessico, interessante anch'esso anzitutto dal punto di vista del rapporto tra conservazione e innovazione ehe caratterizza il romanesco novecentesco. I testi, soprattutto il vol. II deH'Angelucci, ehe si conclude con un „Vocabolarietto", presentano infatti vari termini non registrati nelle schede del Chiappini (edite postume nel 1933, ma risalenti, come e noto, a prima del 1905) o registrati con significato diverse. Ma la documentazione fornita e importante anche per quello ehe riguarda i rapporti tra lessico locale e lessico nazionale. Vorrei concludere 55 56
Nel testo „Ammappeli, come magneno brutti!" tradotto Alia grazia, ehe mangioni! (A 11,11). Questo significato e segnalato solo nel 1945 dal Rolandi, nelle aggiunte a Chiappini (1933). In De Mauro (1999) la locuzione^izre tela ,scappare' datata al 1891.
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proprio segnalando un paio di casi interessant! a questo riguardo: fmmarolo e documentato dall'Angelucci sia nel senso di ,barcaiolo' (A 1,22), sia in quello, certo piü recente, di „Frequentatore del Tevere" (A 11,76), cioe di „chi svolge attivita sportiva lungo le rive del flume". Proprio a questi secondi fmmaroli e attribuita la nascita della parola tintarella: nel „Vocabolarietto", infatti, essa viene definita „II bronzeo colore della pelle, ehe si acquista con la cura del sole. Con termini scientific! si chiama: pigmentazione; ossidazione" (A 11,80); ma la spiegazione nel brano di „Du' parole d'igiene" intitolato appunto „La tintarella" e corredata anche da una breve osservazione metalinguistica ehe li chiama in causa: Sai ched'e „la Tintarella'"! E la cura del sole; e 'sta parola anno inventata \\fmmaroli romani, ehe, a forza de sta' gnudi su la riva de fiume, diventeno piü neri de African! (A 11,52).
Visto ehe il recentissimo vocabolario di De Mauro (1999) data al \95Sfiumarolo, di cui da entrambe le accezioni, e al 1942 tintarella (senza rilevame 1'origine romanesca), il reperimento di una documentazione dialettale anteriore al1'ingresso delle voci in italiano (dove la seconda si e stabilizzata, sia pure in concorrenza con abbronzatura) mi sembra sia di un certo interesse per ricostruire la storia dei rapporti tra lessico romanesco e lessico nazionale.57
Bibliografia Angelucci, Nino: Dar cuppolone. Libro per gli esercizi dt traduzione dal dialetto romanesco. Voll. I-1I. Palermo 1928-1929. Bernhard, Gerald: Per una caratterizzazione fenomenologica del „romanesco di III fase", in: Contributi di Filologia dell'Italia Mediana 6 (1992), 255-271. - Das Romanesco des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Variationslinguistische Untersuchungen. Tübingen 1998. Chiappini, Filippo: Vocabolario romanesco, a cura di Bruno Migliorini. Roma 1933. 2. ed. con aggiunte e postille di Ulderico Rolandi. Roma 1945. 3. ed. Roma 1967. D'Achille, Paolo: Sintassi del parlato e tradizione scritta della lingua italiana. Analisi di testi dalle Origin! al secolo XVIII. Roma 1990. - A Paolo, e falla finita! Una nota sull'a allocutivo nel romanesco e nell'„italiano de Roma", in: Contributi di Filologia dell'Italia Mediana 9 (1995), 251-267. - / Giovanardi, Claudio: La letteratura volgare e i dialetti di Roma e del Lazio. Bibliografia dei testi e degli studi. Vol. 1: Dalle origin! al 1550. Roma 1984. De Amicis, Edmondo: L'idioma gentile, Milano 21906 [si cita dalla ristampa, Firenze 1987]. De Blasi, Nicola: L'italiano nella scuola, in: Storia della lingua italiana. Vol. 1:1 luoghi della codificazione, a cura di Luca Serianni / Pietro Trifone. Torino 1993, 383^23. De Gregorio, Giacomo: II dialetto romanesco (tipo di Roma), in: Studi glottologici Italian i 6 (1912), 78-167. 57
I testi documentano anche la penetrazione nel romanesco di voci allotrie: Angelucci accanto a mo' (A 11,24) usa anche adesso (A 11,20; nelle parti in italiano c'6 sempre ora) e registra (come del resto anche Chiappini 1933) il piemontesismo cicchetto .sgridata' (A 11,76).
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Paolo D'Achille
De Mauro, Tullio: Storia linguistica dell'Italia unita. Bari 21970. - Grande dizionario italiano dell'uso. Torino 1999. Ernst, Gerhard: Die Toskanisierung des römischen Dialekts im IS. und 16. Jahrhundert. Tübingen 1970. Gensini, Stefane: Quei .manualetti' pensati e poi scomparsi, in: Italiano & Oltre 10 (1995), 231-237. Klein, Gabriella: La politica linguistica del fascismo. Bologna 1986. Nilsson-Ehle, Hans: Varia romanica. Göteborg 1991. Ponti, Ermanno: Roma nostra. Piccola antologia dialettale proposta come esercizio di traduzione alia lingua italiana. Vol. 1. Palermo-Roma 21927. Porena, Manfredi: Di un fenomeno fonetico dell'odiemo dialetto di Roma, in: L'Italia dialettale l (1925), 229-238. - Del rafforzamento delle consonant! iniziali nel dialetto di Roma, in: L'Italia dialettale 3 (1927), 246-252. Romano, Pietro / Ponti, Ermanno: Modi di dire popolari romani. Roma 1944. Sabatini, Francesco: II volgo di Roma. Vol. 1. Roma 1890. Sabatini, Francesco: „I popolari discorsi svolti nella mia poesia" Sintassi del parlato nei Sonetti di Belli, in: G. G. Belli romano, italiano ed europeo. Atti del II Convegno internazionale di studi belliani. Roma, 12-15 novembre 1984, a cura di Riccardo Merolla. Roma 1985,241-264. Serianni, Luca: Saggi di storia linguistica italiana. Napoli 1989.
- La letteratura dialettale romanesca, in: Lingua e dialetto nella tradizione letteraria italiana. Atti del Convegno di Salerno (5-6 novembre 1993). Roma 1996, 233-253. Teilenbach, Fritz: Der römische Dialekt nach den Sonetten von G. G. Belli. Zürich 1909. Trifone, Pietro: Romae il Lazio. Torino 1992. Troncon, Antonella / Canepari, Luciano: Lingua italiana nel Lazio. Roma 1989. Vignoli, Carlo: Per lo studio scientifico del dialetto di Roma, in: Atti del II Congresso Nazionale di Studi Romani. Vol. III. Roma 1931,273-287. Vignuzzi, Ugo: Nota linguistica, in: Giuseppe Giachino Belli, Sonetti, a cura di Pietro Gibellini. Milano 1991, 743-753. Voci di Roma. Per una biblioteca del l a poesia dialettale romana. Roma 1995. Zanazzo, Giggi: Tradizioni popolari romane. Vol. II: Usi, costumi e pregiudizi del popolo di Roma. Torino / Roma 1908. Zini, Irene: I „manualetti": dal dialetto alia lingua, in: Italiano & Oltre 11 (1996), 6-15.
Maurizio Dardano
„Anche", „anco" nella „Cronica" di Anonimo romano
1. L'uso dei connettivi frasali costituisce un aspetto fondamentale della testualita dell'antica prosa non ancora sufficientemente esplorato. Mediante analisi accurate, si possono tracciare „profili testuali" particolarmente utili nel fondare una tipologia e al tempo stesso adatti a interagire con i dati riguardanti la struttura informativa e la sintassi del periodo noncho lo stile delle varie opere. In una precedente occasione (Dardano 1983) avevo affrontato Fanalisi della configurazione frasale presente nella cosiddetta Cronica di Anonimo romano [= AR]1. Ora, per rendere omaggio a Gerhard Ernst, acuto studioso dell'antico romanesco, vorrei, riconsiderando quel capolavoro, analizzarne un fenomeno particolare: le modalita d'uso e 1'alta frequenza (rispetto ad altre cronache coeve) di anche (anco). NelPedizione curata da G. Porta, anche (anco) ricorre 30 volte come connective intrafrasale e 171 volte come connettivo interfrasale. Quest'ultimo dato appare particolarmente interessante rispetto sia alia lunghezza di AR (61.115 parole) sia alia situazione presentata da altre opere dei secoli XIII e XIV appartenenti al genere cronistico. In effetti anche (anco) e ignoto alle Stone de Troia e de Roma e Λ Le miracole de Roma. Nella Nuova cronica di Giovanni Villani su 481.608 parole si hanno 32 anche e 348 ancora, ehe sostituisce in alcune funzioni il primo connettivo. Nella continuazione di Matteo e di Filippo su 358.674 parole, si hanno 52 anche e 135 ancora. Prima di affrontare Γ analisi del fenomeno conviene liberare il terreno da una questione preliminare. In AR anche e anco sono due variant! prive di una differenza semantica e pragmatica, allo stesso modo di sopra (124 occorrenze) / sopre (38 occorrenze), dunqua (21 occorrenze) / dunque (8 occorrenze), e diversamente da quanto avviene, per es., con puoi (awerbio e congiunzione subordinante) e po' (puo') preposizione2. L'alternanza libera di variant! puo essere un Le citazioni di AR sono tratte dall'edizione critica a cura di G. Porta, 1979. Ho tenuto presente anche il glossario compreso nett'editio minor, curata dallo stesso Porta (1981) e le note dell'edizione curata da E. Mazzali, 1991 (v. Bibliografia finale). Nel 1994 I'Anonimo romano e stato identificato da Giuseppe Billanovich in Bartolomeo di lacovo da Valmontone: per la bibliografia riguardante tale identificazione v. Porta (1995: 208209). Esempi d\puoi (puo') awerbio: «Puoi assediao una forte terra la quale era capo de quelli paiesi» (XIV, 58, p. 120), «Puoi concluse e disse» (XVIII, 270, p. 152), «Puo' fatto questo» (XVIII, 2006, p. 209). Esempi dipo' preposizione: «Po' questi milli » (XIV, 145, p. 123), «Po' la soa tornata» (XVIII, 557, p. 162), «Po' alcuno tiempo» (XXVII, 64, p. 239).
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tratto originario oppure puö essersi prodotta nella trasmissione dell'opera3 oppure i due fenomeni possono aver concorso congiuntamente nel produrre la situazione attuale. In ogni modo va sottolineato il fatto ehe, nell'edizione critica di cui disponiamo, anche e anco si alternano liberamente e dimostrano di possedere le stesse funzioni e modalita d'uso.4 E da respingere pertanto 1'affermazione di Mazzali (1991: 35), secondo il quäle in AR „anco significa pure anzi, anche significa soltanto anzi". II connettivo interfrasale anche (anco) serve alia progressione tematica nelle sue diverse specificazioni e modalitä: sarä questo 1'oggetto della presente ricerca. Al tempo stesso si accennerä a un confronto con altri tipi di connessione interfrasale present! in AR. AI pari di altri fenomeni di connessione (il dimostrativo anaforico questo, donne ,donde', e de do), 1'uso frequente, e con una particolare funzione, di anche (anco) contribuisce a fondare una scrittura fortemente scandita, caratterizzata dai seguenti tratti: periodare breve, paratassi, ripetizione di element! a breve distanza (secondo modi ricorrenti), stile nominale, evidenziazione dei nessi logici, frequente ricorso alle formule discorsive (di preannuncio, di riferimento, di rinvio) e alle serie di component!. Sono tutti caratteri ehe ricorrono giä nel primo capitolo (si veda il passo in cui sono esposte le moite cascione ,molte cagioni' ehe hanno indotto alia composizione dell'opera: I, 40, p. 4). L'uso frequente di connettivi interfrasali e favorito da due caratteri pragmatici di AR: la continua presenza dell'io narrante, vero actor infabula ehe tutto dirige, coordina e commenta; una visio mirata a evidenziare il taglio delle scene e quindi gli snodi delracconto. Trattero di seguito i seguenti punti: il connettivo intrafrasale anche, anco (§ 2); il connettivo interfrasale anche (anco), descritto nei suoi vari tipi e funzioni (§ 3); la posizione di anche (anco) (§ 4); i modelli ehe hanno promosso in AR l'uso del connettivo (§ 5).
2. II connettivo intrafrasale: anche (anco) E usato alFinterno dello stesso nucleo verbale con funzioni e valori diversi, non sempre precisamente distinguibili tra loro: a) Valore additivo: « ·1 re per la epistola li respuse doicemente, anche per una ambasciata, e disse [...]» (XI, 608, p. 89); «Parte de queste cose se prennevano, parte ne erano portate a mare, anche porte, banche, votti pieni de vino e vuoiti» (XV, 88, p. 138); quando e usato con tale valore, anche (anco) favorisce Anche scompare dopo il cap. XVIII di AR. Cfr. Porta (1979: 661): „II variarc di anco con anche presenta dei caratteri defmiti. La forma anco ehe per meta del testo puo essere accolta, solo a prezzo di un certo intervento sui codici e appare in netta minoranza, tende poi a farsi esclusiva" Anche e anco sono present! nella stessa fräse e con la stessa funzione, per es., in AR XVIII, 170-85, pp. 148-49.
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la ripetizione delle stesse parole o di parole ehe hanno la stessa base: «Loro campo, dove posaro, avea nome Cornacervina, campo spazioso, abunnevole de acqua, lena e erva, anche forte, ca-llo fortiflcava uno flume lo quale se dice Rigo Salato» (XI, 75, p. 71);5 «Remaserolli soie castella nettamente. Remaseli anco Corneto, Civitavecchia e Respampano» (XXVI, 114, p. 223). b) Valore intensivo-rafforzativo: «La quinta cascione ene anche quella ehe scrive Tito Livio nello proemio dello sio livro, nella prima decada» (I, 72, p. 5); «Missore Martino, consideranno l'onta de suoi citadini, anche lo danno, piu no-llo poteva patere» (Cap. XIII, 53, p. 103); «Queste cose, e anche innumerabile, furava lo curzo dell'acqua» (XV, 95, p. 138); «Maravigliatisi tutti li aitri, anco stordienti, [= stupefatti] commannao ehe -Hi conestavili da cavallo ferissino lo figlio» (XVIII, 1900, p. 206). c) Valore contrappositivo ,anzi': «in tale muodo, ehe pochi, anche nulli, se recordassino essere stato lo simile» (XV, 16, p. 135); precede per lo piü una negazione: «Erano quelle locora non domestiche, anche paurose per li moiti impediment! de mura rotte, fonnamenti de case e de torri; locora senza vie, locora da intanare iente» (XIII, 196c, p. 112); «Respuse Morbasciano, per interprete, anche in lengua latina, e disse: „Soco Guelfo e Gebellino"» (XIII, 339c, p. 116); «disse ca queste cose non se facevano de soa voluntate, anco senza soa coscienzia e licenzia de papa» (XVIII, 1330, p. 187). In questo sottotipo si puö far rientrare anche un passo in cui la stessa forma verbale e ripetuta all'interno della stessa frase: «In questo tiempo fuoro fatte quelle maladette parte, Guelfi e Gebellini, li quali non erano stati 'nanti, anco erano stati Bianchi e Neri» (III, 177, p. 19).6 d) Valore temporale ,ancora'; di questa accezione, ehe pure non e rara nel1'italiano antico, ho trovato un solo esempio: «Anche non era [Roberto d'Angio] de questa vita passato» (XII, 124, p. 94). e) Collegamento di subordinate: All'uso di anche (anco) intrafrasale si puo accostare 1'uso di anche (anco) connettivo di subordinate comprese in un unico periodo. In questo caso vi sono piü nuclei verbali, ma 1'organizzazione gerarchica impone 1'unita dell'insieme vale a dire i nuclei verbali sono collegati tra loro mediante anche (anco) e subordinati a un solo reggente. Pertanto appare opportune considerare questo sottotipo nell'ambito della connessione intrafrasale. Si distinguono due varietä sintattiche. Subordinazione con verbo di modo finite: «Se alcuna nave veniva per mare con grascia, secura non veniva, perche curzali de Turchi anche giravano lo mare» (XIII, 18c, p. 105); «Ora vole Aristotile ehe non solamente li effetti delle cose mutino 1'airo, ma anco se muta 1'airo per lo volere, li penzamenti dello omo» (XVIII, 975, p. 176); «Dubitavase de remanere su nella sala de sopra, percho anco stava presone missore Bettrone de Narba» (XXVII, 254b, p. 261). Subordinazione con infinito: «fu deliverato
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Le riprese del tipo campo campo forte fortificava costituiscono un tratto dello stile di AR. Se ne ritrovano altri esempi in vari pass! citati in § 3.1. e in § 3.2.1. Si noti la ripetizione del verbo: erano stati...erano stati. Questo tipo si ritrova in altri pass! citati nel presente articolo.
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de non mostrarese timorosi, anche fare resistenzia a muodo de uomini costanti» (XIII, 136c, p. 110); «Fu deliverato ehe tutta loro potenzia ponessino in vennicare l'onta de loro citatino, anche per vencere la pontaglia [ = combattimento] e tenere le Esmirre a mano potente» (XIII, 267c, p. 114); «Lo tribuno [...] sHlo fece iurare [...] de non venire contra allo tribuno e alii Romani, e de fare la grascia, e tenere le strade secure, e non recettare latroni le perzone de mala connizione, anche de favorare alii orfani e alii pupilli» (XVIII, 450, p. 158).
3. II connettivo interfrasale: anche (anco)1 La presenza di almeno due nuclei verbal! indipendenti e il tratto ehe contraddistingue il connettivo interfrasale anche (anco). A questo tipo si possono accostare i casi (non numerosi) di ellissi del verbo, ehe dipendono dalla tendenza, viva in AR, allo stile nomunale (Trifone 1986): «Montava ciento milia fiorini. Item de sale ciento milia fiorini. Anche li puorti de Roma e-lle rocche de Roma ciento milia fiorini. Anche per lo passo delle vestie e per connannazioni ciento milia fiorini» (XVIII, 277, p. 152).» NelFambito della connessione interfrasale realizzata con anche (anco) e opportuno distinguere innanzi tutto un sottotipo „contrappositivo (§ 3.1.), ehe riflette una caratteristica di fondo di AR: la frequenza delle costruzioni antitetiche. Si esamineranno poi le varie specificazioni e modalitä assunte dalla progressione tematica (§ 3.2.)".
3.1.
connettivo interfrasale: anche (anco) nella contrapposizione9
I due tratti ehe contraddistinguono questo sottotipo sono la posizione preverbale e la correlazione con una frase negativa precedente: «Cos! dicenno non piü demoraro, anche se levaro in pede e partirose e lassarolo solo» (VI, 71, p. 27). Nella maggior parte dei casi la contrapposizione e realizzata mediante due verbi antonimi: nel passo ora citato non piü demoraro I se levaro in piedi, 1'azione del secondo verbo ha un proseguimento „dinamico" in e partirose. Cfr. ancora: «Como iessiro, non tennero la deritta via, anche dechinaro alia sinistra per la piü largura» (XIII, 193c, p. Ill); «E questo dicenno non aspettao resposta nulla, anche se fionga [= si awenta] e aizao una soa mazza» (XIV, 259, p. 127); «Non fu allocate, anco fu iettato si ehe cadde bocconi e cosi imboccato remase» (XXIII, 218, p. 218). I due verbi non sono antonimi, ma appartengono allo stesso frame „azioni ostili": «Lo mastro dello spidale de Rodi vetava che-lle navi de Veneziani non venissino, anche mannava lo fodero e-Ile arme alii Tur7 8 9
Si hanno 171 occorrenze: 99 anche, 72 anco. Per 1'uso di anco senza verbo nei Conti di antichi cavalieri \. § 4. II sottotipo „contrappositivo" raggiunge 41 occorrenze: 28 anche, 13 anco.
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chi» (XIII, 356c, p. 117). Nel periodo ehe segue i| passaggio dalla prima alia seconda frase comporta la presenza di due verbi diversi, ma non antonimi; nonostante la ripresa del sostantivo tematico penna, ehe separa anco dal verbo, il piano discorsivo muta: «Quanno Cola de Rienzi scriveva, non usava penna de oca; anco soa penna era de fino ariento» (XVIII, 133, p. 147). Talvolta nella contrapposizione e mantenuta la stessa voce verbale oppure appaiono voci diverse dello stesso verbo: «In quello monimento non ce stao inscritto ηέ Dio ηέ santi, anche ce stao inscuite [= scolpite] cacciascioni, cavalli, astori e aitre paganie» (VIII, 87c, p. 45); «[lo re] con soa reina stare non voleva, anche stava con una badascia» (XI, 89, p. 71: chiasmo); «Puoi domannao: „Dove posa lo duca? Posa in Santa Croce?" Respuse lo cavalieri e disse: „No. Anche posa nello palazzo delli Anziani"» (XII, 127, p. 94). Considero a parte la contrapposizione realizzata aH'interno di una subordinata: «vidde ehe la iente delta compagnia non stava ordinata, anche stava sparza per lo campo, chi de qua, chi de l , sopra la guadagna dello spogliare» (IX, 232, p. S3); «A don lanni Manuello fao commannamento tanto ehe non se parta, anche stea e chiuda la essuta» (XI, 112, p. 72); «fu deliverato de non mostrarese timorosi, anche fare resistenzia a muodo de uomini costanti» (XIII, 136c, p. 110), «Lo secunno [seil, comandamento], ehe li piaiti non se proluonghino, anco siano spediti fi' alii XV die» (XVIII, 352, p. 155); «Donne one vero segnale ehe non solamente serraco sconfitti, anco serraco occisi e sepelliti nello Monimento» (XVIII, 1601, p. 196).
3.2. La progressione tematica con anche (anco) Siamo giunti al punto centrale della nostra analisi: consideriamo ora le 130 occorrenze di anche (anco) connettivo tematico interfrasale,10 la cui funzione consiste nel presentare un nuovo tema o nel focalizzare un tema gi presentato. Se 1'antecedente e distante, la configurazione testuale appare piu coesa. In ogni modo awiene un avanzamento tematico, secondo modal it diverse ehe, seguendo un criterio sintattico e pragmatico, cercheremo di distinguere in alcuni tipi. La coerenza di un testo narrativo (categoria ehe nel Medioevo comprende sia le opere d'invenzione sia le cronache) si esercita, per quanto riguarda la linearita dei costituenti, nel dominio della tematizzazione. Come accade in genere nella prosa romanza medievale, un nuovo movimento enunciativo e avviato da formule discorsive ehe hanno funzione interattiva e metatestuale." E questo un 10 1
Le 130 occorrenze sono cosl suddivise: anche (71), anco (59). ' Si hanno tra l'altro formule introduttive ehe regolano il cambio di scena, evidenziano particolari descrittivi e rendono sottolineature espressive: «Ora voglio un poco iessire dalla materia (XVIII, 855, p. 172), introduce una lunga digressione sul sogno; «Ora voglio tornare alia materia» (XVIII, 993, p. 176); «Voglio alcuna cosa breviare delle magnifiche resposte le quale [Cola] daieva» (XVIII, 1129, p. 181); «Ora te voglio contare como fii fatto cavalieri a granne onore» (XVIII, 1229, p. 184); «Non lassaraio quello ehe ordinao nella sua salluta [= salita]» (XVIII, 1373, p. 189); «Ora vedi maraviglia!» (XVIII, 1728,
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tratto ehe avvicina AR alia narrativa francese del XIII sec. e alia discendenza ehe di tale produzione si ebbe in Italia: si pensi, per es., alle formule ehe ricorrono di frequente nel Tristano riccardiano. In AR risaltano tre tipi fondamentali di connessione interfrasale: 1) la connessione aggiuntiva-rafforzativa e realizzata per lo piü mediante anche (anco); 2) la connessione con ora ha ftmzione deittica e puntualizzante; 3) la connessione fondata su vari procedimenti di ripetizione; quest'ultima modalitä - piuttosto frequente e pertanto meritevole di una trattazione a parte - accelera il flusso narrative e ha una fmalita connotativa ed espressiva. II confronto tra questi, ed eventualmente altri tipi, di connessione e necessario al fine di approfondire i modi della testualitä di AR. Bastino qui alcuni rapidi cenni. II connettivo ora ricorre soprattutto nelle descrizioni. Le scene dello scontro presso la «porta de Castiello Santo Agnilo» sono animate da brevi frasi come: «Ora se opere la porta», «Ora vedese currere de cavalli», «Ora vedese fuire, ora vedese commattere» (III, 93, 96, 118, pp. 16-17). Ora avvia spesso una scena colta nella sua visivitä: «Ora vedese occidere de iente, vedese fuire, vedese strilla e pianto» (V, 45, p.21). Ma questo connettivo serve anche a concentrare 1'attenzione su passi caratterizzati da una viva emotivita: «Ora se apparecchia a morire la moita iente a volere morire per Dio: uomini, femine, frati, prieiti» (XIII, 283c, p. 114). In vari casi il connettivo ora introduce una formula riferita all'io narrante.12 Piü rari sono altri connettivi „puntualizzatori". Delle 14 occorrenze di ecco la maggior parte cade nel discorso diretto; non ne mancano tuttavia esempi nella narrazione: «Ecco ehe la notte della viilia de santo Agnilo fuoro ionti in Roma» (III, 39, p. 14), «Postera die, luce orta, ecco li Malatesti venire collo granne succurzo, colla moita potenzia» (XXVI, 369, p. 232). La ripetizione, resa con vari procedimenti, si appoggia di solito a connettivi discorsivi: «Bene abbe Castiello Santo Agnilo [...]. Bene guardava le porte [...]» (Ill, 31, p. 14), «Bene sonavano tromme, trommette, naccari e cenamelle. Gran festa facevano. Bene scrissero lettere dell'entrata de Roma» (II, 48, p. 14); «Mai tanta acqua [...] Mai non passao lo Tevere [...] (XV, 9, p. 135). In 3.2.1. citerö altri esempi, nei quali si ha un uso ripetuto di anche (anco). Torniamo al connettivo tematico interfrasale anche (anco). Distinguiamo due modi di applicazione: a) s'introduce un tema del tutto nuovo, ehe crea uno stacco e una crescita delFinformazione rispetto a quanto precede; b) si focalizza un tema giä presentato in precedenza (ciö avviene in un quadro di continuitä e di sviluppo narrative). La situazione e resa complessa dall'intervento di altri fattori. Sia in a) ehe in b) si puo avere no la permanenza dello stesso agente (nel primo caso si ha una maggiore continuitä prospettica); si puo avere no il mantenimento della stessa linea sintattica; ci puo essere no la condivisione del punto di vista tra attanti e io narrante. Lo sviluppo di alcuni di questi fattori,
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p. 200); «Ora allo preposito, se Cola de Rienzi tribuno avessi sequitata la soa vittoria» (XVIII, 1883, p. 205). Vedi la nota precedente.
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combinandosi con esigenze dipendenti dalla situazione narrativa, produce talvolta un'enumerazione di eventi di particolari di uno stesso evento. Abbiamo giä notato la differenza tra connessione a breve distanza (le due frasi sono contigue) e connessione a lunga distanza. La seconda modalitä meno frequente rispetto alia prima, ma ha un rilievo testuale maggiore, non tanto per lo sviluppo dell'isotopia, quanto percho accentua la discorsivita di AR. Come si e giä accennato, siamo in presenza di un testo „recitato" da un io narrante, ehe governa con la sua continua presenza, lo svolgersi di piü storie parallele, alternando accelerazioni (animate da una scattante percursio) con pause descrittive e digression!. La connessione a lunga distanza appare nell'intelaiatura del duplice awio (prima parte del secondo capitolo). L'episodio della destituzione del senatore lacovo de Saviello ad opera dei due sindaci, lo zio Stefano della Colonna e Poncello di missore Orso, si conclude con una battuta sarcastica di Stefano (II, 31, p. 11). Senza soluzione di continuitä viene presentata la cerimonia d'investitura di due cavalieri. La nuova scena-episodio e avviata nella maniera consueta: «Anche comenzo io dallo tiempo ehe questi doi baroni fuoro fatti cavalieri per lo puopolo de Roma» (II, 33, p. 11). Tra i due episodi non c'& un collegamento, ma entrambi si riferiscono al gesto enunciativo iniziale: «Dunqua da quale novitate comenzaraio^ Io comenzaraio dallo tiempo di lacovo de Saviello [episodio della destituzione] Anche comenzo io [...]». La deissi interna, ehe collega i due episodi (una sorta di duplice incipit), prosegue con la formula questi doi baroni: si tratta di un referente nominate soltanto nella rubrica di questo capitolo. Dunqua da quale novitate comenzaraiol \
Io comenzaraio
Anche comenzo io
3.2.1. Progressione con prospettiva unitaria In AR le situazioni locutive sono numerose, ma i discorsi diretti scarseggiano. La loro efficacia pragmatica dipende dalla concisione, dalla presenza di espressioni icastiche e dall'essere spesso conclusi da una sentenlia. Pertanto la progressione tematica avviene nella narrazione e presenta, nella maggior parte dei casi, due caratteri: 1) riguarda azioni prodotte dallo stesso agente; 2) comporta, all'interno delle sequenze testuali, uno svolgimento unidirezionale, senza interruzioni e cambi di piano sintattico. Questa prevalente prospettiva unitaria si articola in vari modi. Questi saranno descritti tenendo conto al tempo stesso di altri fenomeni sintattici e stilistici con i quali la progressione tematica appare variamente connessa.
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II tipo di base di progressione tematica attuata in AR mediante anche (anco) consiste in una struttura binaria, nella quale il secondo elemento e introdotto dal connettivo in questione: «Questo Filippo veramente abbe lo seno della croce nella spalla ritta. Anche iocava collo Hone si domesticamente como alcuno iocara con uno cacciulino [= cucciolo]» (XIII, 10, p. 1). I due particolari riferiti al principe rientrano nella categoria „eventi straordinari": con cio si chiarisce il valore pragmatico del connettivo, ehe s'inserisce non raramente in una sequenza paratattica. Nel passo ehe segue si hanno quattro frasi, in successione, provviste dello stesso agente e della stessa linea sintattica; la prima e la seconda sono collegate tra loro e hanno la stessa voce verbale: «Puoi ehe insuperbio, [Mastino della Scala] comenzao a deluviare [= divorare], anche comenzao a corromperese de lussuria. Forte deventao lussurioso. Che avesse detoperate cinquanta poizelle in una quaraiesima se avantao. Questi vizii lo fecero cadere de sio onorato stato» (VIII, 97, p. 36). Si notino i collegamenti semantico-lessicali (comenzao - comenzao, lussuria - lussurioso), 1'antitesi implicita („stupro" „quaresima"), 1'incapsulatore conclusivo Questi vizii: tutti questi tratti, ehe agiscono in sinergia, caratterizzano spesso la progressione tematica in AR. II connettivo e sovente replicato: «Le sedici banniere presero suollo da Cola de Rienzi. Questa iente da cavallo abbe. Abbe anco alquanti Peroscini, figli de buoni uomini. Abbe anco da ciento fanti toscani masnadieri con corazzine da suollo, nobile e bella brigata. Con questa iente descenne per Toscana, passa valli e monti e locora pericolose» (XXVII, 282, p. 246). Notiamo di nuovo 1'incapsulatore Con questa iente: come il precedente Questi vizii, e formato da un dimostrativo, ehe ha un riferimento interno al testo (deissi interna) e da un iperonimo. A tali connettivi „estesi" e affidata sovente Particolazione del testo. In XXVII, 282 la posposizione del connettivo al verbo produce (con 1'elisione attuata nella pronuncia) un elemento trisillabico: abbe anco (-» abb 'anco), del tutto simile ad anche era (-> anch' era), anche piü.l3 Se non erro, abbiamo qui un particolare ehe ben si accorda alia propensione ritmica di AR, quale risulta da due tratti ehe ricorrono frequentemente nelFopera: la posposizione del verbo all'oggetto e la flgura del chiasmo ehe ne deriva («Questa iente da cavallo abbe. Abbe anco alquanti Peroscini»). II chiasmo, modalitä di connessione interfrasale ricorrente in AR, favorisce la disposizione simmetrica dei component! frasali: «Lo imperatore li mannao li cavalier! li quali mannati li aveva lo Communo de Peroscia e de Fiorenza. Anco baroni della Alamagna moito provati missore Carlo li mannao» (XXVI, 184, p. 226); anco, posto al centro del periodo, e il punto in cui convergono gli assi portanti delle due frasi. La struttura binaria, costituita da due frasi in successione e introdotte da anche (anco), comprende in prime luogo verbi di movimento, verbi del dire e del sentire; non mancano tuttavia sequenze presentative e descrittive: «Era in Francia uno nobile conte, lo quale avea nome Filippo, de Valosi conte. Questo era Talvolta il connettivo appare rinforzato o comunque „modulate" mediante un elemento adiacente: anche piu (XI, 369, p. 81), anco secunnario ,secondariamente' (XVIII, 64, p. 145), spesso anco (XVIII, 459, p. 251), anco fu piü (XVIII, 1714, p. 200).
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sio parente, non percio della vera linea. Anche era lo piu savio, saputo, scaitrito de senno de tutta Francia. Anche era prode, ca era stato allo suollo in Lommardia» (XIV, 19, p. 118). Ecco un passo della descrizione di un dipinto „pubblicitario" fatto presentare da Cola al popolo romano: «In questo fuoco staievano moiti populari e regi, delli quali alcuni parevano miesi vivi, alcuni muorti. Anco in quella medesima fiamma staieva una donna moito veterana, e per la granne caliditate le doi parte de questa veglia erano annerite, la terza parte remasa era illesa» (XVIII, 218, p. 150). L'uso del connettivo dipende, nel primo di questi due passi, dal riferimento alia categoria „quali tä morali", nel secondo dall'identita del luogo. Dall'osservazione di questi casi si poträ forse ricavare una tipologia, in un certo senso parallela a quella riguardante i rapporti ehe piu di frequente intercorrono tra i due component! di una sequenza paratattica: specificazione, causa, proseguimento, conclusione (Dardano 1983:212-213). Nella struttura binaria si hanno talvolta fattori di variazione formale, come per es.: l'anticipazione dell'oggetto, la costruzione passiva, 1'alternarsi di diversi connejtivi: anche (anco), puoi, pure. Ecco un esempio di quest'ultima modalitä: «[Cola] mise gran voce e disse: „Noi citemo missore papa Chimento ehe a Roma venga alia soa sede". Puoi citao lo colleio delli cardinal!. Anco citao lo Bavaro. Puoi citao li elettori dello imperio in la Alamagna e disse: „Voglio ehe questi vengano a Roma. Voglio vedere ehe rascione haco nella elezzione"» (XVIII, 1313, p. 187). La ripetizione presente nel discorso indiretto (Puoi citao [...] Puoi citao) ritorna, con effetto di simmetria, nel discorso diretto (Voglio [...] Voglio). Un elemento di variazione e introdotto con il mutamento del verbo, rimanendo immutati 1'agente e la linea sintattica: «Intomo all'oste fecero fossati e steccata, torri de lename spessi. Anche carvoniaro [= scavarono] e stecconiaro la strada la quale vao da Pisa a Lucca; dura miglia dieci. E questo fecero perche liberamente omo isse a 1'oste con fodero e con arnese, senza impedimento» (XII, 58, p. 92: alia fine del periodo appare un incapsulatore costituito dall'insieme „pronome dimostrativo + proposizione causale"). I due verbi diversi rappresentano azioni diverse, pur riferite alia stessa situazione narrativa; ma si hanno anche casi di sinonimia: «Portarone le arme loro e li belli adornamenti. Anche ne menaro li loro destrieri» (XIII, 210c, p. 112). A questo punto si possono fare due constatazioni. II connettivo non va considerate isolatamente, ma assieme al verbo cui si riferisce e alFavverbio ehe lo accompagna. La ripetizione trasforma questi sintagmi in unita ritmiche ehe governano lo svolgersi della sequenza testuale. In effetti il connettivo, il chiasmo, la ripetizione, le simmetrie, alcuni tratti della ripetizione delle parole possiedono una linea ritmica ehe condiziona le scelte sintattiche e testuali di AR. Mediante la variazione di piu fattori si ottengono profili sintattici e testuali diversi. Una delle sequenze testuali peculiar! di AR e la serie di frasi riferite allo stesso agente e tra loro collegate mediante anche (anco), da solo assieme ad altri connettivi (ora, puoi) e a strutture paratattiche brevi. La serie, ehe si ritrova per lo piu nella narrazione, serve soprattutto a far sfilare persone ed insiemi di persone, a presentare eventi, azioni e cose, con una particolare predilezione per
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fatti bellici, ordini, situazioni conflittuali, liste di doni o di prede. Vi sono numerazioni statiche (descrittive) ed enumerazioni dinamiche. La serie si puo considerare un'estensione della struttura binaria. Consideriamone alcuni esempi. Serie di tre frasi: si passa dalla ripetizione di connettivi semplici e rinforzati anche, anco cefu, alia ripetizione di espressioni verbali differenziate. Nel passo ehe segue i tre anche si riferiscono ad azioni diverse (ma tra loro tematicamente legate) espresse con verbi diversi: «Moita iente manicava li cavoli cotti senza pane. La povera iente manicava li cardi cuotti collo sale e 1'erve porcine. Tagliavano la gramiccia e-lle radicine delli cardi marini e cocevanolle colla mentella e manicavanolle. Anche ivano per li campi mennicanno le rape e manicavanolle. Anche fu tale patre ehe onne dimane a ciascheduno delli figli una rapa per manicare in semmiante de pane daieva. Anche manicavano la carne, chi ne aveva, senza pane» (IX, 32, p. 47). L'unit semantica del passo έ corroborata dalla ripetizione, per sei volte, di voci del verbo manicare. D'altro canto si noti ehe anche (anco) serve a formare una formula presentativa: anco cefu (XI, 130, p. 72), anco ce soco (XI, 397, p. 82), anche cefuoro (XVIII, 151, p. 148), anche ce erano (XIII, 58c, p. 107), Erance anco (XIV, 153, p. 123). Vediamo una struttura ternaria, ehe e preceduta, con uno stacco di dieci righe, dall'antecedente «L'oste dello legato fu potentissima» (V, 21, p. 20); in seguito si legge: «Anco cefu lo puopolo de Bologna, lo quale non stava volentieri fore de casa. Anco cefu la moita sollaria [= soldatesca], li quali non erano pacati, ca-lle pache ehe se-lli mannavano non se-lli daievano. Anco cefu li signori de Romagna. Lo legato li teneva moito poveri» (V, 32, p. 21). Sara bene distinguere questo anche „a lunga gittata" dal pi frequente anche „locale". Serie di cinque frasi. Consideriamo un passo in cui abbe e ripetuto due volte e anche abbe tre volte, con una variazione attuata altre volte in AR: «Puro se fornisce [lo re Filippo] de iente assai e bona. Abbe da dodici milia pedoni. Abbe lo re de Boemia - lanni abbe nome - con milli Todeschi. Questo re lanni se delettava de ire a suollo. Anche abbe lo re de Maiorica - lanni nome -, lo quale era cacciato de sio reame. Stava e prenneva suollo. Anche abbe Ludovico conte de Flandria, lo quale era cacciato de sio contado. Anche abbe missore Ottone de Oria e missore Carlo delli Grimaldi con cinque milia valestrieri genovesi. Moiti abbe conti e baroni e iente assai. Ora ne veo lo re d'Egnilterra con sio sforzo» (XIV, 91, p. 121). Qui la presenza costante di un nome proprio, posto dopo ciascun verbo, ottiene un effetto iconico: Due altri connettivi, puro e ora, hanno invece una funzione di cornice. In altri casi si ha lo sviluppo dello stesso tema, ma la linea sintattica muta. Tutto il cap. XV e una progressione tematica in cui avviene un continue mutamento dei modi della presentazione; conseguentemente mutano di continuo i costrutti e 1'ordine delle parole. II racconto del grande diluvio e svolto con 1'aggiunta di frasi di diversa struttura: «In prima, la piazza de Santa Maria Rotonna era tanto piena ehe per nulla via per essa se poteva ire, ηέ a pede ηέ a cavallo. Anche nella contrada de Santo Agnilo Pescivennolo venne 1'acqua fi' alia con-
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trada delli ludiei, la quale vao alia piazza delli ludiei da priesso a 1'arco lo quale vao» (XV, 34, p. 136). In un altro passo anco introduce una specificazione: «Puo' questo adunao moiti Romani populari, discreti e buoni uomini. Anco fra essi fuoro cavalerotti e de buono lenaio, moiti descreti e ricchi mercatanti. Abbe con essi consiglio e rascionao dello stato della citate» (XVIII, 256, p. 151). La variazione della linea sintattica puo essere favorita anche dall'uso di connettivi diversi: «Convenne ehe ludiei recurressino a Romani, colli quali avevano lega. Donne mannaro a Roma li ammasciatori per renovare questa amistanza, ca volevano aiuto e succurzo. Anco vennero e adomannaro grano per la carestia ehe aveano. In do adussero navi e addussero moneta assai. Romani respusero in una lettera, scrissero ehe essi ortavano non essere guerra in loro paese e ehe pace li donassi Dio per terra e per mare» (XVIII, 1161, p. 182).14
3.2.2. Sviluppo di un nuovo tema L'opposizione tra „referente nuovo" e „referente noto" deve essere precisata. Qualcosa puo essere noto, ma non presente nell'atto della comunicazione; inoltre un referente: 1) puo avere valore deittico, 2) pur essendo presente, ha bisogno di essere riattivato, 3) puo essere riferibile per inferenza a un altro referente immediatamente disponibile. Ritrovo un esempio interessante di quest'ultima modalitä nella Cronicafiorentina (TF 6, 5 p. 83) «ma tucti sanavano per la virtu d'un bagno ch'era nel detto Cafaggio e presso alle mura; la quale acqua usciva per condotto del monte di Fiesole»; il referente anaforico la quale acqua, non nominata prima, e imposto (come pars pro loto) dal precedente bagno. Come esempi di connessione metatestuale, oltre a I, 90 giä citato, consideriamo la funzione della formula di presentazione un 'aitra novitate: «La per la folia affocati fuoro cinque pedoni romani. Anco lafu un'aitra novitate. [segue la narrazione della morte di un notabile romano]» (III, 124, p. 17). II connettivo puo introdurre un'enumerazione: «Onne servizio [i Saracini schiavi] faco a Spagnuoli loro signori. Hortos et vineas colunt dominorum precepto solo victu contenti. Anco ce fu guadagnata la moita robba: denari, arnesi, arme, vestimenta, vascella de metal lo de rame, cavalli, muli, somari, camielli, paviglioni» (XI, 398, p. 82). La forza pragmatica del connettivo messa in atto nel presentare una circostanza avversa ehe peggiora una situazione giä in so negativa; nell'esempio ehe segue si ha la condivisione del giudizio degli attanti e dell'io narrante: «Allora descesero marinari alquanti per sapere la cascione della demoranza della nave e viddero che-llo legno toccava terra; e non valeva aiutare con pali premere con vraccia. Anche lo fiume tempestate avea. Lo legno s'era sorrenato nella rena. L'onna buttava e moveva lo legno da lato in lato. Pareva che-llo volessi revoitare sottosopra» (XVI, 40, p. 141). 14
Questo passo si puo confrontare con XVIII, 1313, p. 187, giä cit. all'inizio di questo paragrafo.
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In un altro passo il connettivo guida la transizione dal discorso indiretto al discorso diretto, ehe veicola un nuovo tema: «Po* la soa tornata lo currieri disse: „[...] Migliara de perzone se soco inninocchiate denanti da essa [= la verga] e basatola con lacrime per alegrezza delle strade sanate, liberate da latroni". Anche aveva lo tribuno li moiti scrittori e moiti dittatori, li quali non cessavano dl e notte scrivere lettere» (XVIII, 557, p. 162).
4. La posizione di anche (anco) Nella maggior parte dei casi il connettivo appare all'inizio del periodo ed e seguito subito dal verbo: cio risulta chiaramente dai passi finora citati. Meno frequente e la posizione postverbale: „verbo + anche (anco)". Sono rari i casi d'interruzione della linea sintattica subito dopo il connettivo: la frattura e procurata dall'inserimento di un'incidentale. Vediamo due esempi: «.anco, percha soco adunati [gli spiriti], soco piu potienti in soa operazione» (XVIII, 941, p. 175). Un caso particolare έ il seguente: «Spesso anco, continue guardanno e non movenno lo penzieri sio da Pellestrina, vedeva ca [...]. Anco vedeva [...]. Vedeva la traccia longa delli vetturali» (XXVII, 459, p. 251). Degno di nota e un passo dove il connettivo e replicate davanti alia causale ehe conclude la sequenza: «Anco odivano sonare la campana a stormo. Sapevano ehe lo puopolo forte irato era e corocciato. Anco percha Stefano della Colonna, capitanio de tutta 1'oste generate, como ionze la denanti a tutti, la prima cosa, solo con un fante, a cavallo a un palafreno ne gio alia porta de Roma e comenzao a chiamare ad aita voce laguardia a nome» (XVIII, 1649, p. 198).
5. Tra narrativa e prosa di carattere pratico L'anomalia di AR, per quanto riguarda 1'uso di anche (anco) interfrasale, riguarda il campo di applicazione e Γ aha frequenza di questo connettivo, il quale se e piuttosto raro nelle cronache e nella narrativa, έ invece del tutto comune nelle scritture documentarie della seconda met del Duecento e del Trecento. Dalle liste di spese, note di crediti e di debiti, ricordi, statuti, ecc., compresi nelle raccolte curate da A. Schiaffini, A. Castellan! e L. Serianni (rispettivamente TF, NTF e TP) risulta una documentazione continua e copiosa del fenomeno. Ne diamo alcuni esempi, distinguendo fra test! documentari, prescrittivi e narrativi. Le attestazioni commercial! e finanziarie sono talvolta nominali: «Quesste le chonpere del podere da Chasalino. //Anche un ρεφςο di terra ehe chonperammo [...]. /Anche un ρβςςο ehe chonperai [...]. /Anche un ρβςςο ehe chonperai [...]. / Anche un pe99o ehe chonperammo [...]. / Anche un ρεςςο ehe chonperammo [...]. / Anche un ρεςςο ehe chonperamo [...]. / Anche due ρεςςϊ ehe chonpe-
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rammo» (Ricordi di compere in Val di Streda e dintorni», in NTF I, pp. 16970). Tuttavia nella maggior parte dei casi e presente il verbo: «Anche ci dicde [...]. /Anche avemo [...]. /Ancho avemo [...]. IAncho demo [...]. /Anche avemo [...]./ Ancho ebbe» (TP, pp. 175 ss., 222 ss., 429). Questi, e altri analoghi sintagmi, separat! tra loro da un accapo, allineati tra loro nella scrittura, posti in successione, ripetuti piü volte, ricorrono di solito dopo un'intestazione, nella quale sono indicati la data e il tipo di operazione. In simili elenchi item talvolta sostituisce anche; piu raramente i due avverbi compaiono assieme. Questo schema di base subisce delle variant! in rapporto al carattere del documento. Cosi, per esempio, in una lista di reati, naturale ehe si susseguano verbi diversi: «E sappiate ehe questo Bongiannino soprascripto tolse v fastella di grano a Chiaro [...]. Anche tolse alia mollie di Nuto [...]. Anche tolse a Manetto [...]. Ed aposto Bono [...]. Anche apostö Albertino [...]. Anche apostöe Puomo.» (Criminali, in TP, p. 460). Nei testi prescrittivi la ripetizione del connettivo all'inizio di ciascuna disposizione e del tutto normale: «Anche si debbiano chiamare due chamarlinghi [...]. Anche non sia ricevuto alchuno il quale [...]. Anche non sia ricevuto nessuno [...]. Anche ordiniamo [due volte]. Anche nessuno di questa Compangnia vada a luoghi disonesti» (Capiloli della Compagnia di S. Gilio in TF, 3, pp. 34 ss.); «Anche ordiniamo e fermiamo [...]. Anche ordiniamo [...]» [formule ripetute piu volte] (Capitoli della Compagnia della Madonna d'Orsammichele, in NTF II, pp. 652-53). Nei testi narrativi (volgarizzamenti, cronache, opere d'invenzione) il connettivo ricorre con frequenza di gran lunga inferiore rispetto ai testi di carattere pratico: «E anche il detto Cornelio disse [...]. E anche Justino dice» (Bono Giamboni, Orosio. 1, 9, p. 39) «E rifatta oste, tutta Asia e Macedonia domo; e anche vinse Jonas in battaglia di mare» (ib. 2, 8, p. 84); «Anco in quello tempo li fillliuoli Ubaldi diedeno Monte Gravanti alii Pisani et Bozano» (Cronichetta lucchese, XDIV 1, p. 245); «Anco in quisto millessimo gl'Artine pressero la citade de Cortona» (Annali Cronaca di Perugia, XDIV, 1, p. 150); «venne messer Felippo despoto de Romania [...]. Anco ce menö con seco la mogle del ditto messer lo duca» (ib., XDIV, 1, p. 203).IS Mi soffermo sulla Cronica fiorentina del sec. XIII, osservando il fenomeno net contesto degli altri modi di connessione interfrasale, la quale assicurata, nella stragrande maggioranza dei casi (almeno a giudicare dalle 68 pp. dell'ed. Schiaffmi), dalla congiunzione e, poi, in un discrete numero di casi, dal dimostrativo questo e dal relative /'/ quale; non mancano alcuni esempi di coniunctio relativa. Fatto notevole: anche intrafrasale e presente con un'unica occorrenza, all'interno della subordinazione (TF, 6, 34, p. 140). In luogo di anche si ha Cfr.: Bono Giamboni, Delle Storie contra i Pagani di Paolo Orosio libri VII, a cura di Francesco Tassi, Firenze, Baracchi, 1849; Anonimo, Cronichetta lucchese (1164-1260) a cura di Salvatore Bongi, in: Atti della Reale Accademia Lucchese di Scienze, Lettere ed Arti, XXVI, 1893, pp. 215-54; Anonimo, Annali e Cronaca di Perugia in \olgare dal 1191 al 1336, a cura di Francesco A. Ugolini, in: Annali della Facoltä di Lettere e Filosofia di Perugia, I, 1963-64, pp. 141-336.
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ancora, presente con 24 occorrenze, 18 delle quali sono connettivi interfrasali usati con modal itä simili a quelle di AR. Ancora, all'inizio di periodo, introduce un tema nuovo: «Ancora nel decto tempo, in Puglia, era una statua di marmo» (TF, 6, 33, p. 83), «.Ancora si truova ehe fti uno principe ehe per niuna medicina non si poteva aiutare» (TF, 6, 32, p. 85); proseguimento della stessa prospettiva sintattica: «I Fiorentini presero Monti Orlandi a pacti, e poi abacterono le mura a terra. Ancora andarono ad hoste alia terra di Prato» (TF, 6, 20, p. 89); ripresa del verbo: «Ed elli, essendo colla madre, si morio poi. Ed ancora morirono quasi tutti i baroni suoi» (TF, 6, 25, p. 106); un abozzo di serie: «Ma beato Augustino dice ke [...]. Disse ancora beato Agostino ehe [...]. E ancora dicea il decto Amerigo erronico, ehe [...]. E ancora allegava ke [...]» (TF, 6, 2-14, p. 116). Se nelle cronache e nei testi narrativi anche (anco), cosl come ancora, scarseggiano, alcuni esempi del nostro connettivo ricorrono nei Conti di antichi cavalieri, un testo anomalo, quanto all'ordito sintattico, nel panorama della nostra prima narrativa (Dardano 1969: 90-147): «E facto cio torno a Roma; il quale a grande onore e con grande alegreza fo recevuto. Ed anco \'\ Romani fuoro ensieme e non ardiero de combattere con Anibal ch'era in Pullia [...]. E Scipione [...] combateo con Antenore duca d'Africa [...]. Ed anco poi combateo con Antenore e fo tucta la gente d'Antenore quasi morta e presa» (Conto di Scipione, 52-61, pp. 66-67). «lulio Cesar disse: „Doscio bono e ehe non sa fatiga, ch'e caro a li cavalieri". Si ha: „Non saper e cavalier armare"; anche: „Dolcezza de doscio in oste e saecta contra 'nimici". Non mai disse Cesar a li cavalieri suoi: „Andate la", ma „Venite qua". „In battalia le corpora co spade se ferono e in ozio da vitii". Anco: „Diricto e longamente tractate consellio". Anco: „Diricto consellio prendere potemo si conoscemo cio: co' defendere ne po". Anche: „Onne cosa consellio rechere ma nun da tucti [...]"» (Conto di Pompeio, 272281, p. 103). Si noti 1'uso di anco senza verbo: un altro tratto ehe conferma il particolarismo di questo testo. Dai confronti qui addotti sembra lecito concludere ehe in AR Puso frequente del connettivo interfrasale anche (anco) proviene da modelli usuali nella prosa di carattere pratico. Penso in particolare agli statuti, con i quali AR ha in comune un altro carattere della sintassi: 1'avvio „nudo" del periodo, cioe senza la congiunzione e. Se anche e il connettivo proprio di tali scritture, come allora lo e di un certo filone della narrativa duecentesca (Dardano 1997), possiamo concludere ehe l'autore di AR opera, con efficacia stilistica, un innesto dall'una all'altra tradizione. Nel proporre un model lo di narrazione innovative - riguardo alia sintassi del periodo e allo stile - il nostro si concentra sulla brevita delle frasi e sulla chiarezza dei collegamenti. Siamo si agli antipodi della coeva prosa d'arte del Boccaccio, dedita in primis all'architettura del periodo, anche se un punto di contatto fra i due autori esiste ed e quella ricerca continua di un ritmo ehe percorre e travalica ogni periodo e sequenza testuale di AR.
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Bibliografia Testi AR = Anonimo romano, Cronica. Edizione critica a cura di Giuseppe Porta. Milano, Adelphi, 1979. [Editio maior, fornita di un ampio apparato filologico, di note linguistiche e storiche], Anonimo romano: Cronica, a cura di Giuseppe Porta. Milano, Adelphi, 1981. [Editio minor] Anonimo romano: Cronica. Vita di Cola di Rienzo, Introduzione e note di Ettore Mazzali. Milano, Rizzoli, 1991 [riproduce integralmente il testo di G. Porta, 1979]. Anonimo: Conti di antichi cavalieri, a cura di Alberto Del Monte. Milano, Goliardica, 1972. Compagni, Dino: Cronica. Introduzione e note di G. Luzzatto. Torino, Einaudi, 1968. NTF = Nuovi testi fiorentini del Dugento. Con introduzione, trattazione linguistica e glossario a cura di Arrigo Castellani, 2 tomi. Firenze, Sansoni, 19S2. TF= Testi fiorentini del Dugento e dei primi del Trecento. Con introduzione, annotazioni linguistiche e glossario a cura di Alfredo Schiaffini. Firenze, Sansoni, 1927. TP = Testi pratesi della fine del Dugento e dei primi del Trecento, Introduzione linguistica, glossario e indici onomastici a cura di Luca Serianni. Firenze, presso I'Accademia della Crusca, 1977. Villani, Giovanni: Nuova cronica. Edizione critica a cura di Giuseppe Porta, 3 volumi. [Milano /] Parma, Fondazione Pietro Bembo / Guanda, 1990-1991. Villani, Matteo: Cronica, con la continuazione di Filippo Villani. Edizione critica a cura di Giuseppe Porta, 2 volumi. [Milano /] Parma, Fondazione Pietro Bembo / Guanda, 1995. Studi Castellani, Arrigo: Note di lettura: la „Cronica" di Anonimo romano, in: Studi linguistici italiani 13 (1987), 66-84. Dardano, Maurizio: Lingua e tecnica narrativa nel Duecento. Roma, Bulzoni, 1969. - L'articolazione e il confine della frase nella „Cronica" di Anonimo Romano, in: Albano Leoni et al. (a cura di): Italia linguistica: idee, storia, structure. Bologna (1983), 203-222. - Operator! discorsivi in testi d'italiano antico: „allora" nel „Novellino", in: M. Iliescu et al. (a cura di): Ladinia et Romania. Festschrift Guntram Plangg [= Mondo Ladino 21]. Vigo di Fassa, Institut Cultural Ladin, 1997, 269-279. Mazzali, Ettore: „Introduzione" e „Commento", in: Anonimo romano, Cronica. Vita di Cola di Rienzo, a cura di E. M. Milano, Rizzoli, 1991, 5-40, 289-386. Porta, Giuseppe: Nota al testo, in: Anonimo romano, Cronica. Edizione critica a cura di G. P.
Milano, Adelphi, 1979. Porta, Giuseppe: L'urgenza della memoria storica, in: E. Malato (ed.): Storia della letteratura italiana. II: II Trecento. Roma, Salerno Editrice, 1995, 159-210. Trifone, Pietro: Aspetti dello stile nominale nella „Cronica" trecentesca di Anonimo romano, in: Studi linguistici italiani 12 (1986), 217-239.
Josef Felixberger
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen
Als ein beträchtlicher Teil des Artikels Über die Substrat- und Superstrateinflüsse in der Galloromania, den der Verf. für die im Erscheinen begriffene Romanische Sprachgeschichte (HSK) geschrieben hatte, den beengten Raumverhältnissen zum Opfer fiel, kam von den Herausgebern die Anregung, das unveröffentlichte Material gesondert zu publizieren. Der Vorschlag wäre wohl folgenlos geblieben, hätte nicht die vorliegende Festschrift für den Senior des Herausgeberteams den Anreiz geboten, das Material noch einmal zu Überarbeiten.
l. Die Substratwörter im FEW Wer auf einer soliden Grundlage Fragen zur französischen Etymologie stellen will, kann das FEW nicht umgehen, auch wenn der Zugang wegen des Fehlens eines etymologischen Registers nicht gerade bequem ist. Eine Version auf CDRom mit einem komfortablen Suchprogramm dürfte noch längere Zeit Desiderat oder Traum bleiben. Aber immerhin, die nichtlateinischen Etyma sind mit Herkunftsmarkierungen versehen; um den Substratwortschatz herauszufiltern, muß man das Monumentalwerk also nicht durchlesen, durchblättern genügt. Wirklich? Als B. Müller 1982 die geographische Verbreitung der gallischen Etyma des FEW untersuchte, verließ er sich nicht bedingungslos auf die Markierungen, vielmehr sonderte er einiges aus: neben den nur in Ortsnamen belegten Lemmata ein Versehen (sasia*), fünf Markierungen mit Fragezeichen und fünf „sonstige Problemfälle", in Anbetracht der verbleibenden 240 Etyma eine kleine Zahl.
Die Etyma des FEW werden, da zur Identifikation nicht erforderlich, ohne Asterisk und diakritische Zeichen angegeben.
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1.1. Unsicherheit bei den als gallisch oder keltisch markierten Etyma2 Allerdings täuschen die fünf Markierungen mit Fragezeichen über den Umfang der etymologischen Zweifel im FEW hinweg. In keinem dieser Fälle werden positive Gründe für gallische Herkunft gesehen, in drei Fällen gilt sie unter Verweis auf Spezialliteratur als „vielleicht / wohl" möglich. Aber: Ähnliche Verhältnisse liegen auch bei Markierung ohne Fragezeichen vor: gallos ist „mit einiger Sicherheit" gallisch; bardala, bodica und bulga gelten als „wohl" gallisch, obwohl beim ersten verläßliche Anknüpfungspunkte im Keltischen fehlen, beim zweiten fadere als naheliegend betrachtet wird und die Frage nach der Etymologie als ungelöst erscheint; bei klotton genügt trotz des Fehlens keltischer Parallelen die Verbreitung, um gallische Herkunft für „naheliegend" zu halten (ähnlich bawa, cavannus, gobbo-, lantana, rusca); der Stamm cer- erhält die gleiche Einstufung wegen des im Gallischen häufigen Suffixes. Bei caljo und lokwa ist gallische Herkunft „wahrscheinlich", bei bucco- „wohl wahrscheinlich", bei naska „sehr viel wahrscheinlicher" als Entlehnung aus dem Bretonischen, bei crinos immerhin wahrscheinlicher als onomatopoetische Bildung. Bei sagna wird sie vermutet, barga, butto und mel- gelten als „vielleicht" gallisch. Bei blaros wird keine Entscheidung zwischen keltischer und germanischer Etymologie getroffen. Nur „möglich" erscheint sie bei brunna3 undjouga; „in erwägung zu ziehen" sei sie bei skarpo-, obwohl carpere nahe läge. Auch wes- und jesmenom- werden als gallisch markiert, obgleich der Ansatz für ersteres „problematisch" ist und bei letzterem von Meyer-Lübke nur „mit Zweifeln" vorgeschlagen wurde. Hubschmids Bewertung der gallischen Etymologie von rusia ist äußerst vorsichtig („eher könnte man vermuten"), bei tecco findet sich nur Kritisches zum gallischen Ansatz, und ganz verfehlt scheint die Markierung bei soca, da hier die gallische Herkunft als „nicht recht verständlich" abgelehnt wird. Als Kuriosum kann das Geisteretymon ankowoin Bd. 24 betrachtet werden: Das Hapax ancou aus dem Cantal ist von zweifelhafter Existenz, der Eintrag erfolgt vorwiegend aus Pietätsgründen: „C'est presque pour momoire que nous maintenons cette entree prevue par W. von Wartburg".
1.2. Nicht als gallisch l keltisch markierte Wörter mit vermuteter gallischer Herkunft Die Unsicherheit der etymologischen Zuordnung zeigt sich auch darin, dass nicht oder anders markierte Etyma mit ähnlichen Abstufungen dem keltischen Substrat zugeschrieben werden.4
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Beide Markierungen werden, wie man s.v. birrus sieht, ohne deutlichen Unterschied verwendet. Allerdings nur im Osten, im Westen liegt Entlehnung aus dem Bretonischen vor. ancoravus hat bei der Neubearbeitung des 1. Bandes, wo es als ancorago erscheint,
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen
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Mögliche keltische Herkunft: albena, ardesia, brisca, capanna, clunis, drasca, truko-. Wahrscheinliche keltische Herkunft: amblacium (Bd. 24, in Bd. l ohne Einschränkung), antsinga l andecinga, bacca, baccinum, barra (wahrscheinlicher als germanisch), bertiare, birrus, bitriscus („scheint das richtige zu treffen"), bracu („spricht vieles für"), brag-, briscare, broccus, bulluca, camisia (wahrscheinlicher als griechisch), cuculla, gaba, stagnum, traucum, tsukka. Gesicherte keltische Herkunft:5 agranio, alauda6, alausa, albuca (Einschränkung „wohl" in Bd. 24 entfallen), bascauda, braca, brisare, cambiare, carruca, carrus, cragacus, mand- ,Euter', osca („diese Verbreitung weist eindeutig auf gall. Ursprung"), talupenno-, vercaria (gallolateinische Ableitung zu kelt. werko-, das als Lemma nicht vorkommt), vertragus.
1.3. Etimologiaprossima oder etimologia remota? Die Rede von gallischen Substratwörtern des Französischen ist mißverständlich. Das Aussterben des Gallischen und der Übergang vom Latein zum Romanischen, beides historische Prozesse, über deren zeitlichen und örtlichen Verlauf nur wenig bekannt ist, dürften sich zeitlich kaum oder nur wenig überlappt haben, d.h. als die romanischen Varietäten entstanden, dürften die gallischen wenige Rückzugsgebiete vielleicht ausgenommen - bereits erloschen gewesen sein. Das bedeutet, daß es im größten Teil der Galloromania keinen Sprachkontakt Gallisch - Romanisch und damit auch keinen direkten Substrateinfluß auf das Romanische gab. Die Substratwörter wurden in das Latein übernommen und als lateinische Wörter Teil des Romanischen. Die Zeit der Übernahme ins Latein wäre für ein galloromanisches etymologisches Wörterbuch von Interesse, wenn sie es ermöglichen würde, die durch den frühen Kontakt mit den Kelten der Poebene übernommenen Wörter von den später in Gallien entlehnten zu scheiden. Dies ist nicht möglich, da später Beleg im Latein nicht sicher auf späte Entlehnung schließen läßt und zudem ein früh aus dem Italokeltischen übernommenes Wort später in Gallien aufsein dortiges Pendant treffen und mit diesem zusammenfallen konnte. Außerdem ist zu bedenken, daß die Übernahme ins Latein auch beim Kontakt mit dem Keltiberischen erfolgen konnte7 oder durch Handelsbeziehungen mit den britischen Inseln.8 Die Romanistik könnte die Markierung verloren, obwohl es als „probablement" keltisch gilt. Zum Teil im Text als selbstverständlich vorausgesetzt und gar nicht thematisiert: Sachgeschichte der gallischen Kleidung s. v. braca; brisare wird ohne Diskussion zu den aus dem Keltischen entlehnten Verben gerechnet. In Bd. 24 keine Markierung, obwohl das einschränkende „wahrscheinlich" entfallen ist. Martial, bei dem sich frühe Belege für einige Keltismen finden, stammte aus dem keltiberischen Bilbilis (Nähe Calatayud), kam erst als 2Sjähriger nach Rom und verbrachte seine letzten Lebensjahre wieder in Hispanien, wo auch einige seiner Werke entstanden. Besonders plausibel bei stagnum , '.
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die Diskussion Über die in römischer Zeit belegten Wörter den Latinisten und Keltisten überlassen. Wenn sie aber etymologische Ausssagen Über lateinische Wörter macht, sollte sie das nach möglichst einheitlichen Kriterien tun, die im vorliegenden Fall nicht erkennbar sind: z.B. werden carpentum, leuca, mataris, reda als gallisch markiert, nicht aber bascauda, broccus, carruca, stagnum, obwohl deren keltische Herkunft als gesichert oder wahrscheinlich angenommen wird. Ähnlich liegt das Problem der Zuordnung zum Keltischen oder zu vorkeltischen Sprachen.9 Die sprachliche Keltisierung Galliens durfte zur Zeit der römischen Eroberung mit Ausnahme Aquitaniens10 weitgehend abgeschlossen gewesen sein. Ob es noch Reste des Iberischen" oder Ligurischen gab, ist strittig. Das bedeutet, daß die erhaltenen vorkeltischen Wörter in der Regel vom Keltischen vermittelt wurden. Das FEW verweist in einer Reihe von Fällen auf diese Möglichkeit, z.B. bei aruBOa (Bd.24), lepparo-, libba, likka, werroko-, die als gallisch markiert sind. In anderen Fällen ist jedoch die Zuordnung von Markierung und etymologischem Kommentar inkonsequent oder irreführend. Bei pellawo und tsukka liegt laut Kommentar die gleiche Situation vor, ersteres ist aber als vorromanisch markiert, letzteres unmarkiert; die unter mand- zusammengestellten Formen gelten als „Überreste einer gallischen Wortzone", markiert wird jedoch mit ,vorrömisch'. Bei brenno- und cassamis schwankt das FEW zwischen keltischer und vorkeltischer Herkunft: cassanus ist als gallisch markiert, brenno- nicht, obwohl, wie bei cassanus, die Frage nur darin besteht, „ob wirklich ein keltisches wort vorliegt, oder ob es die Gallier aus der spräche früherer bewohner des landes aufgenommen haben", san- ,melken' ist als gallisch markiert, santika .Melkeimer' steht sowohl im gleichen Artikel, aber auch als eigener Eintrag mit der Markierung ,vorromanisch' und der Zuweisung zum vorindogermanischen Substrat.
1.4. Lemmatisierung l Allomorphie Ein weiterer Grund für die Schwierigkeit, die Zahl der gallischen Etyma im FEW festzustellen, ist die inkonsequente Behandlung der gallischen Wortbildung.12 Teilweise werden verschiedene Lemmata angesetzt, auch bei Bedeu-
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Die Markierungen .vorromanisch' und .vorrömisch' lassen die Frage unentschieden. Vgl. Fahre (1952:159) und Whatmough (1970: 47). Anderson (1988:53) und Jannoray (1955:1, 437) bejahen die Frage, Schmidt (1980:22) verneint sie (auch für das Ligurische). BUchi (1996:73), die auf die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten bei systematischen Untersuchungen auf der Basis des FEW hinweist, formuliert sehr deutlich: „On surestime done largement la coherence de la pratique wartburgienne dans le engagement du lemme " - Bei ihrer ca. 5800 Einträge umfassenden Liste der „otymons cachos" (405-564) scheint der gallische Substratwortschatz nicht berücksichtigt worden zu sein.
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen
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tungsgleichheit,13 vielfach werden aber verschiedene gallische Ansätze unter einem Lemma zusammengefaßt. Eine Kompromißlösung besteht in der Kombination von einem Artikel und zwei Einträgen, wobei bei dem einen auf den anderen verwiesen wird, z.B. andera l anderes, ande-banno- l are-banno-. Einige Artikel zeigen die Beliebigkeit der Lemmatisierung deutlich: abanko(Bd. 24) hat einen eigenen Artikel und figuriert auch unter abinko-.}4 Mit eigenem Eintrag
Ohne eigenen Eintrag
aballo: aballinca bacca: baccia, baccinum liga: ligita, ligitia talu: talawena worra: worrike (identische Bedeutung)
barros: barrat- / barrittalu: talwa / talwara / talu-mukka vali-: voli / valica walowo-: waloweto- / walutikwerroko-: werrokja / werrake / werrakja
1.5. Argumente für das Ansetzen eines gallischen Etymons Die etymologischen Begründungen der Substratwörter des FEW reichen von der mehrere Spalten umfassenden Diskussion verschiedener Hypothesen, z.B. bei samo, Über die einfache Feststellung (tegia, trucantus) bis zum Fehlen jeglicher Äußerung, z.B. bei luppa, aibom (auch unter aibon in der Neubearbeitung, Bd. 24). Grundvoraussetzung für jeden etymologischen Ansatz ist phonetische und semantische Plausibilität. Diesbezügliche Zweifel schwächen potentielle Etyma (vgl. blavos, brag-). Hauptzeugen für gallische Herkunft sind Möglichkeiten der „Anknüpfung" in keltischen Sprachen, ersatzweise in anderen indogermanischen Sprachen, die nicht als Spendersprachen in Frage kommen. Das Fehlen solcher Parallelen schließt gallische Herkunft aber nicht aus: Es wird erklärt durch die Annahme einer Entlehnung aus vorkeltischen Sprachen (Vorkeltisch, Urindogermanisch, Illyrisch, Parakeltisch) ins Gallische. Ein häufig angeführtes Argument ist die Verbreitung. Für gallische Herkunft spricht das Vorkommen in der Galloromania und in Norditalien (bedu, lantana) bzw. der Iberoromania (bertiare), dort häufiger im Katalanischen (botina, klotton, traucum), obwohl das katalanische Sprachgebiet in vorrömischer Zeit kein Zentrum keltischer Siedlung war, natürlich auch in allen drei Gebieten zusammen (pott-, ruscd). Ein derartiger Verbreitungstyp kann trotz des Fehlens keltischer Parallelen zu einem gallischen Ansatz führen (klotton). Auch die Beschränkung auf die Galloromania stützt gallische Etymologie (gobbo-). Kleinräumige, sogar punktuelle Belege innerhalb dieses Bereiches sind unbedenklich: Zum einen mußte der vermutete Verlauf der Latinisierung zu keltischen 13
14
Können ftlr vandoise .Weißfisch' und pik. vendoise .trombe, ouragan' tatsächlich bereits im Gallischen die Homonyme vindisia .Weißfisch* bzw. ,weiße Frau', Ableitungen zu gall, vindos ,weiß', angesetzt werden? Vgl. auch die Bemerkung unter bascia.
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Josef Felixberger
bzw. zweisprachigen Sprachinseln führen, in denen kleinräumige Entlehnungen stattfinden konnten, zum anderen hatten viele Wörter aus onomasiologischen Gründen schon im Gallischen beschränkte Verbreitungsgebiete, z.B. Bezeichnungen für bestimmte Pflanzen und Bodenformationen. Natürlich konnte auch in späterer Zeit eine Reduzierung des Verbreitungsgebietes stattfinden; die wietere Verbreitung in Ortsnamen ist ein Indiz dafür (vgl. nantu-). Ausschließliches Vorkommen in wenig keltisierten Gebieten Galliens gilt ebenfalls nicht als Kontraindikation: agranio kommt nur in einem schmalen südlichen Streifen vor, wird aber durch inselkeltische Belege gestützt; patu- jedoch wird trotz seiner Beschränkung auf die Gaskogne und das Fehlen keltischer Parallelen als aus dem Illyrischen übernommenes gallisches Etymon angesetzt. Es gibt eigentlich nur einen Verbreitungstyp, der einem gallischen Etymon im Wege stehen könnte: das Vorkommen in Sardinien, Mittel- und Unteritalien. Aber auch dieser Mangel kann beim Vorliegen keltischer Parallelen durch die Annahme einer Entlehnung geheilt werden: mukyare, sappus, genvo-.^ Da der Verlauf der Latinisierung - Bildung ländlicher Rückzugsgebiete und die unterschiedlichen Kulturen und Lebensbedingungen, deren Ausdrucksmittel die Kontaktsprachen waren, ein verschieden starkes Eindringen von Substratwörtern in die onomasiologischen Felder erwarten lassen, wird die Zugehörigkeit zu einem Bereich, für den Substrateinfluß plausibel und durch sichere Fälle nachgewiesen ist, als etymologisches Argument verwendet, z.B. bei Brautechnik (cervesia. drasca), Gefäßbezeichnungen (bascauda), Kleidernamen (birrus), Wagenbau (benna, carpentuni), Kleinviehbenennungen (bucco-), Bodenformen (bodica, caljo-, sagnd). Die Belegzeit wird bei den in römischer Zeit gut belegten Wörtern kaum als Argument eingesetzt (vgl. 1.3.); nur bei stagnum (Sueton, als Adjektiv schon bei Plinius) wird das „relativ späte Auftreten" zusätzlich zu inselkeltischen Parallelen als Begründung für keltische Herkunft angeführt.
2. Der Vergleich Da keines der Argumente für sich allein strenge Beweiskraft besitzt, entsteht in den vielen Fällen, in denen nur ein Teil der Kriterien für keltische Herkunft erfüllt ist, die - immer relative - wissenschaftliche Gewißheit aus dem Konsens der Fachleute: Gallisch ist, was die Etymologen dafür halten. Aus diesem Grunde soll versucht werden, mit Hilfe von drei Wörterbüchern eine Graduierung dieses Konsenses zu geben.
15
Hat sich in der Bemerkung zu ger-wo-, das Wort sei „auch nach Unteritalien und Sizilien verschleppt worden", der Unmut des Etymologen über die unpassende Verbreitung niedergeschlagen?
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen
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2.1. Das Korpus Ausgangsbasis ist die Vereinigungsmenge aus den als gallisch / keltisch markierten Lemmata des FEW mit appellativischen Nachfolgern, den unter l .2. aufgeführten nicht als gallisch markierten Wörtern, die im Text des Artikels als wahrscheinlich oder sicher gallisch betrachtet werden, und den im Index des EW unter den Markierungen .gallisch / keltisch / gallisch-lateinisch' erreichbaren Artikeln. Davon wurden ausgesondert: -jüngere Entlehnungen, z.B. oven, brio, briquet, cabane, lave, luge, savalle, valise; - hybride Bildungen / Kontaminationen, z.B. bievre, bouse, cheiif couenne, craindre, creme, erable, meleze, morue, orteil, palefroi; - in römischer Zeit gut belegte Wörter, da die etymologischen Wörterbücher sich bei ihnen teilweise mit der Angabe der lateinischen Form begnügen: alauda, bascauda, betulla, birrus, braca, broccus, cambiare, camisia, canthus, carpentum, carruca, carrus, cervesia l cervisia, cuculla, leuga l leuca, mataris, raeda l reda, sagum, stagnum, vertragus, v/r/a; - etymologische Problemfälle: Es wurden diejenigen Fälle ausgeschlossen, bei denen einem französischen Wort verschiedene gallische Etyma zugewiesen werden, z.B. botina bzw. bunna zu bonnier, boiego bzw. bulga zu bouge .Rumpelkammer', oder einem Etymon verschiedene romanische Nachfolger: quai und chai haben im FEW das gleiche Etymon; dieses läßt das EW nur für quai gelten; ive hat im EW ein eigenes Etymon, ist für das FEW eine innerromanische Ableitung zu if. Nicht immer ist leicht zu entscheiden, ob es sich bei verschiedenen Ansätzen um das gleiche Etymon handelt: wohl ja bei botina l budina, auch noch bei vrosg Ifrisgo, wohl nein bei bergna l barica. Der Vergleich FEW - EW wird durch die unterschiedliche Behandlung der Ableitungen erschwert, die sich durch die Konzeption begründen lassen. Das E W rekonstruiert die Etyma zu bestimmten französischen Wörtern, das FEW die etymologische Grundlage einer romanischen Wortfamilie. Die Etyma des FEW sind deshalb oft abstrakter als die des EW, d.h. sie beschränken sich oft auf den Stamm: zu bauche l bauge l bauque gibt das FEW ein Etymon, das EW drei, die zum gleichen Stamm gehören. Derartige Unterschiede standen der Identifizierung der Etyma nicht im Wege. Das verbleibende Material sollte mit einem neueren Wörterbuch konfrontiert werden, das der Etymologie einen besonderen Stellenwert einräumt. Dabei erhielt der Tresor den Vorzug vor dem Dictionnaire historique wegen eines höheren Grades an Wissenschaftlichkeit und der größeren Anzahl der Lemmata. Die Hauptgruppen der dadurch ausgeschlossenen Wörter: - nur in 2 Wörterbüchern enthalten (meist im FEW und EW): 19, von denen 10 übereinstimmend als gallisch gelten, z.B. beloce l bulluca, berrichot l bitriscus, graisset l craxantus (gall.), sou(e) I suteg- (gall.). - nur im FEW enthalten: 124 Lemmata. Die gallische Etymologie wird nur in ganz wenigen Fällen eingeschränkt. Sie geht in mehr als einem Drittel der
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Josef Felixberger
Fälle auf Hubschmied / Hubschmid zurück, bei Wörtern des Südens und Südostens (66) in der Hälfte der Fälle.
2.2. Akzeptanzgrade Die Schwierigkeit der Graduierung der Akzeptanz liegt darin, daß die Autoren von etymologischen Wörterbüchern ein differenziertes Vokabular der Zustimmung und Ablehnung verwenden, sich aber auch mit der kommentarlosen Reihung von Meinungen begnügen. Folgende Graduierung wurde vorgenommen: Klare Zustimmung: 3 Punkte; eingeschränkte Zustimmung (liegt nahe, wahrscheinlich, vermutlich, dürfte, wohl; Zustimmung im Konditional): 2 Punkte; eingeschränkte Ablehnung (scheint, vielleicht, möglicherweise, pas impossible, assez hypothotique, non prouvo; Keltenthese neben anderen Meinungen kommentarlos genannt): l Punkt; klare Ablehnung: 0 P. Jedem Wort wird ein Punktindex zugeordnet, der die Werte zwischen l und 9 annehmen kann.
2.3. Die in allen drei Wörterbüchern vertretenen Wörter: 166 9 Punkte: Bei 30 Etyma sind alose / alausa arpent / arepennis (gall.) banne, benne / benna (gall.) bäume / balma (galt.) breuil / brogilos (gall.) chemin / camminus (gall.) claie / cleta (gall.) combe / cumba (gall.) dru / druto- (gall.) gaillard/gal ia (gall.) glaise / glisomarga (gall.) 8 Punkte: 24 bief / bedu (gall.) boue / bawa (gall.) bourbe / borvo- (gall.) bruyere / brucus (gall.) caillou / caljo- (gall.) ch6ne / cassanus (gall.) dard ,Lauben' / darsus (gall.) dartre / derbita (gall.)
die drei Wörterbücher sich einig. glaner / glennare (gall.) piece / pettia (gall.) raie / rica (gall.) gosier / geusiae (gall.) tariere / taratrum (gall.) if/ ivos (gall.) jante/cambo-(gall.) trogne / trugna (gall.) valet, vassal16 / vassus jarret/garra(gall.) javelle / gabella (gall.) (gall.) lande/landa (gall.) vandoise / vindisia (gall.) marne / margila (gall.) vergne / verno- (gall.) mine .Erzader' / meina (gall.) vouge / vidubium (gall.) mouton / multo (gall.) musser / mukyare (gall.)
docombre / comboros (gall.) fragon/frisgo (gall.) landier / anderes (gall.) lie / liga (gall.) lise / ligitia (gall.) loche / leuka (gall.) margouiller / marga (gall.) ouche / olca (gall.)
quai/caio (gall.) renfrogner / frogna (gall.) ruche / rusca (gall.) soc / succos talus / talutum (gall.) tan / tanno (gall.) tonne /tunna (gall.) volant .Sichel' / volammo(gall-)
Die Einschränkung erfolgt in 17 Fällen im 7>, in 4 Fällen im FEW, in 3 Fällen im EW. 16
Nur im FEW und EW wird ein eigenes Etymon fur vassal angesetzt.
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen 7 Punkte: 14 auvent / ande-bann(gall., 24) bauge, bauche / balcos (gall.) berle / berula boisseau / bostia (gall.)
bonde / bunda (gall.) bran / brennocorme/corma(gall.) gober/gobbo-(gall.) hoche / osca (vorrom.)
jable/gabulum (gall.) losange/lausa(gall.) söran / cer- (gall.) suie / sudia (gall.) truand / trugant (gall.)
creux / krosu (gall.?) dr6che / drasca gaspiller / waspa- (gall.) gord / gorto- (gall.) guenille / wadana- (gall.) jachere / gansko (gall.) javelot / gabalus (gall.) jot(t)e/Jutta (gall.) limande/lern-(gall.)
noue / nauda (gall.) siller/selj-(gall.?) sombre .Brache' / samo- (gall.) souche / tsukka taloche / talapacium vanne / venna (gallolt.)
brosse / bruscia copeau / cuspis coron / cornu dail / daculu drap / drappus drenne, draine/21, 230 obaucher / balko (anfrk.) envelopper / faluppa falourde / fallere galet / gallos (gall.) garenne 722,2,21 givre / gevero- (vorlat.) greve / grava
jaro(u)sse/21, 144 libage/libba(gall.) lisiere / licium lourd / luridus maint / manigibo (germ.) megot / mesigus19 (gall.) molane / moll is plie / platessa suage/soca(gall.) tamis / tamisium tourie 722,2,110 trou 7 traucum
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5-6 Punkte: 24 bache, bac17 / bacca, baccus barge / bardala (gall.) bercer / bertiare borne / botina (gall.) bouc / bucco- (gall.) braire / bragcran, cröner / crinare (gall.) cravan / craganno (gall.)
Punkte: 38 abot, abot(t)er / butt (germ.) alise / aliza (germ.) andain / ambitus ardoise/ardesia18 balai / banatlo (gall.) balle , Spreu' / ball are barre / barra bec / beccus blaireau / blaros (gall.) bouillon-blanc / bullire boulon20 / bulla bourdaine / 2 1 , 1 1 4 briser / brisare
In 27 Fällen wird gallische Herkunft von einem der Wörterbücher als sicher angenommen: In 21 Fällen handelt es sich dabei um das EW, in 6 Fällen um das FEW. Der Tr vermutet nur in 2 Fällen gallische Herkunft. 1-2 Punkte: 36 armon / aram (ahd.) bachelier 7 baccalaris bayer 7 batare bScher 7 bissa bedaine, bouder 7 bod-
17
18 19 20
clisse 7 slitan (anfrk.) crouler 7 corrotulare dolai 7 laxare dosse 7 dorsum oclabousser 7 klapp
mignard 7 mirtmotte 7 mutt- (vorrom.) museau 7 musus oseraie 7 auser i a (mit. < frk.) pare 7 parricus
Das EW betrachtet bac als Entlehnung aus dem Niederländischen. Das FEW setzt für bassin eine gallische Ableitung als eigenes Etymon an (baccinum). In Bd. 25 Verweis nufArduenna. Die Skepsis des Tr bezieht sich nur auf die Etymologie von megot, nicht die von megue, von dem FEW und EW das Wort ableiten. Das EW fuhrt bourdon, das FEW und Tr von burdo ableiten, auf das gleiche Etymon zurück.
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JosefFelixberger belette / bellus berlue / pompholyx (gr.) boire .Graben' / 21,24 bois / bosk- (germ.) brai / braeöa (anord.)
gallon21 / galleta glui / clodiugröler / grisilon (anfrk.) jambe / camba lotte / lotta
pic .Spitzhacke' / pikk piton .Spitze' / pittsavon / saipon- (germ.) sot / sotttanche / tinea
brin / brinos (gall.?) chat / cattus
marcotte / marcus massue / matteuca
tricher / triccare troc / trokk-
In den 22 Fällen, in denen nur ein einziges Wörterbuch gallische Herkunft vermutet, geschieht das im EW\ 8 der 9 Fälle, bei denen nur l Wörterbuch die Möglichkeit gallischer Herkunft in Erwägung zieht, betreffen das EW. Es bestätigt sich also, daß das EW mit Abstand das substratophilste der drei etymologischen Wörterbücher ist; am zurückhaltendsten urteilt der Tr.
2.4. Vergleich mit dem Dictionnaire historique In den Extrembereichen ist die Übereinstimmung des Dictionnaire historique mit dem FEW und Tr hoch: Fast bei allen Wörtern mit 1-2 Punkten wird die gallische Etymologie abgelehnt. Bei denen mit 8-9 Punkten finden die meisten Zuschreibungen Zustimmung. Allerdings ist die Skepsis gegenüber gallischer Herkunft größer: Bei 6 Wörtern mit 9 Punkten wird vorsichtiger formuliert, in einem Fall (mine) gibt es mit „peut-etre" sogar nur einen Punkt; auch bei den Wörtern mit 8 Punkten wird in 3 Fällen gallische Herkunft nur für möglich gehalten (bourbe, fragon, dartre). Im mittleren Bereich ist die Nähe zu dem vorsichtigeren Tresor größer als zum FEW. Den Fällen, in denen der DH skeptischer ist als diese beiden Wörterbücher (auvent, silier, truand), stehen aber auch solche gegenüber, in denen keltische Herkunft entschiedener vertreten wird: z.B. ardoise, blaireau, souche, taloche. Der DH steht in bezug auf den gallischen Substratwortschatz also dem Tr sehr nahe, hat aber doch in einer Reihe von Fällen sein eigenes Urteil.
3. Zusammenfassung Es zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Wörterbüchern hinsichtlich ihrer Einstellung zum gallischen Substrat. Diese ist quantifizierbar, indem man die Gesamtzahl der bei jedem Wörterbuch erreichten Punkte durch die Zahl der Lemmata teilt: Dieser „Gallizitätsindex" beträgt beim EW 2,2, beim FEW 1,7, beim Tr und DH23 jeweils 1,4. 21 22 23
Das Lehnwort aus dem Englischen wurde berücksichtigt, da es ein Rückwanderer ist. FEW trennt davon brai ,Kot' und führt dieses auf vermutlich gallisches brace zurück. Nur eingeschränkt vergleichbar, da im DH nicht alle Wörter enthalten sind.
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen
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Übersicht: Bewertung der untersuchten Wörter durch die drei Wörterbücher:
FEW EW Tr
3 Punkte 72 84 42
1 Punkt 17 18 27
2 Punkte 23 51 40
0 Punkte 54 13 57
13 Punkte · 2 Punkte 01 Punkt oO Punkte
FEW
EW
Das untersuchte Korpus dürfte hochrepräsentativ ftlr den Teil des Wortschatzes des Standardfranzösischen sein, für den gallische Herkunft in Erwägung gezogen wurde. 54 Wörter (8-9 Punkte), also rund ein Drittel des untersuchten Materials, werden mit hoher Übereinstimmung dem Gallischen zugeschrieben; dazu könnte man noch die im Tr belegten Nachfolger der unter 2.1. aufgeführten lateinischen Wörter rechnen, die von den etymologischen Wörterbüchern des Lateinischen als Entlehnungen aus dem Gallischen betrachtet werden: alouette, bouleau, braie(s), cervoise, chant .Schmalseite', changer, char I charrue, charpente, coule, Heue, mairas .Armbrustbolzen', saie, vautre. Man käme so auf etwa 70 einigermaßen gesicherte gallische Substratwörter des Standardfranzösischen. 38 Wörter, also gut ein Fünftel, erreichen 5-7 Punkte: Sie sind strittig, die Waage neigt sich jedoch zugunsten der Keltenthese. Bei 74 Wörtern, knapp der Hälfte des untersuchten Korpus, dominiert mit 1-4 Punkten die Ablehnung. Die mangelhafte Kenntnis der Kontaktsprachen Gallisch und gallisches Vulgärlatein erlaubt eben in vielen Fällen nur Vermutungen: „Bei einem großen Teil des Materials fehlt der Nachweis, daß es wirklich .gallisch' ist." (Schmidt 1966/67:167).
Anhang: Alphabetische Liste der untersuchten Wörter
abot, abot(t)er / butt (germ.) alise/aliza(germ)
FEW 0 0
alose / alausa
3
andain / ambitus
0
EW
Tr
Summe
DH
3 2 3 3
1 1 3 0
4 3 9 3
\ 3 0
90
Josef Felixberger ardoise / ardesia armon / aram (ahd.) arpent/arepennis(gall.) auvent / ande-banno- (gall.) bache, b a c / bacca, baccus bachelier / baccalaris balai/banatlo(gall.) balle,Spreu' / ballare banne, benne / benna (gall.) barge /bardala (gall.) barre/barra bauge, bauche / balcos (gall.) bäume / balma (gall.) bayer/batare bec/beccus becher/bissa bedaine, bouder / bodbelette / bellus bercer / bertiare berle/berula berlue / pompholyx (gr.) bief/bedu(gall.) bille/bilia(gall.) blaireau / blaros (gall.) boire,Graben'/21,24 bois/ bosk- (germ.) boisseau / bostia (gall.) bonde/bunda(gall.) borne/botina (gall.) bouc/bucco-(gall.) boue/bawa(gall.) bouillon-blanc / bullire boulon/bulla bourbe / borvo-(gall.) bourdaine/21,114 brai / braeoa (anord.) braire/bragbran/brennobreuil / brogilos (gall.) brin / brinos (gall.?) briser/brisare brosse / bruscia bruyere/brucus(gall.)
1 0 3 3 2 O 3 0 3 2 2 3 3 0 1 0 0 0 2 1 0 3 1 2 0 0 3 3 2 2 2 0 0 3 0 0 2 3 3 1 3 0 3
2 1 3 2 2 i 0 3 3 2 2 3 3 1 2 2 2 1 2 3 2 3 3 1 2 2 2 2 1 1 3 2 3 3 3 2 3 3 3 0 0 3 3
1 0 3 2 1 l 0 1 3 1 0 1 3 0 1 0 0 0 2 3 0 2 1 1 0 0 2 2 2 2 3 2 0 2 0 0 1 1 3 1 0 0 2
4 1 9 7
2 3 1 5
2 3 4 9 5 4 7 9 1 4 2 2 1 6 7 2 8 5 4 2 2 7 7 5 5 8 4 3 8 3 2 6 7 9 2 3 3 8
2 1 1 1 3 I 2 0 1 0 0 0 2 3 0 2 1 3 0 2 2 2 2 3 1 0 1 0 0 1 1 1 0 1 2
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen caillou/caljo-(gall.) chat/cattus chemin / camminus (gall.) chöne /cassanus (gall.) claie/cleta(gall.) clisse / slitan (anfrk.) combe/cumba(gall.) copeau / cuspis corme/corma(gall.) coron / cornu cran, croner/crinare(gall.) cravan / craganno (gall.) creux/krosu(gall.?) crouler / corrotulare dail/daculu dard .Lauben'/ darsus (gall.) dartre / derbita (gall.) dlcombre / comboros (gall.) dilai / laxare dosse/dorsum drap/drappus drfiche / drasca draine, drenne/21,230 dru/druto-(gall.) ibaucher / balko (anfrk.) dclabousser/klapp envelopper / faluppa falourde / fallere fragen / frisgo (gall.) gaillard / galia (gall.) galet/gallos (gall.) gallon / galleta garenne/22,2,21 gaspiller/waspa-(gall.) givre / gevero- (vorlat.) glaise / glisomarga (gall.) glaner/glennare(gall.) glui/clodiugober/gobbo-(gall.) gord / gorto-(gall.) gosier/geusiae (gall.) gröler / grisilon (anfrk.) grtve/grava
2 0 3 3 3 0 3 0 3 0 3 2 1 0 1 3 3 3 0 0 1 1 0 3 0 0 1 0 3 3 3 0 0 2 0 3 3 0 2 3 3 0 0
3 2 3 3 3 2 3 3 2 3 0 2 2 2 3 3 3 3 2 2 0 2 3 3 3 1 2 3 3 3 0 2 3 3 3 3 3 2 2 0 3 2 3
3 0 3 2 3 0 3 0 2 0 2 2 2 0 0 2 2 2 0 0 2 2 1 3 0 0 0 0 2 3 1 0 1 1 0 3 3 0 3 3 3 0 0
8 2 9 8 9 2 9 3 7 3 5 6 5 2 4 8 8 8 2 2 3 5 4 9 3 l 3 3 8 9 4 2 4 6 3 9 9 2 7 6 9 2 3
3 0 3 2 3 3 0 0 2 2 0 2 1 3 0 0 1 2 3 0 0 0 l 2 l 0 1 l 0 2 3 3 3 0 0
91
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Josef Felixberger guenille/wadana-(gall.)
3
0
2
5
2
hoche / osca (vorrom.)
3
3
1
7
l 3
if/ivos(gall.)
3
3
3
9
jable/gabulum(gall.)
3
1
3
7
Jachire / gansko (gall.)
3
2
1
6
l
jambe / camba
0
1
0
l
0
jante/cambo-(gall.) jaro(u)sse/21, 1 4 4
3 0
3 1
3 2
9 3
3
jarret/garra(gall.)
3
3
3
9
2
javelle/gabella(gall.)
3
3
3
9
3
javelot/gabalus(gall.) jot(t)e/Jutta (gall.) lande / landa (gall.) landier/anderes (gall.) libage / libba (gall.)
2 2 3 3 3
3 1 3 2 0
1 2 3 3 0
6 5 9 8 3
2
lie/liga (gall.) limande/lern-(gall.) Use /ligitia (gall.)
3 3 3
3 1 2
2 1 3
8 S 8
3 2
lisiere/licium
0
3
0
3
0
loche/leuka (gall.) losange/lausa(gall.)
3 3
3 3
2 1
8 7
l
3
lotte/lotta
1
0
1
2
l
lourd / luridus maint / manigipO (germ.)
0 0
3 3
0 0
3 3
0 0
marcotte / marcus margouiller/marga(gall.) mame / margila (gall.)
0 3 3
2 3 3
0 2 3
2 8 9
l 2
massue / matteuca mdgot/mesigus(gall.) mignard / mifl-
0 3 0
2 0 2
0 1 0
2 4 2
0 l 0
mine .Erzader' / meina (gall.) molene / mollis motte / mutt- (vorröm.) mouton / multo (gall.) museau/musus
3 0 0 3 1
3 3 2 3 0
3 0 0 3 0
9 3 2 9 l
l
musser/mukyare(gall.) noue / nauda (gall.) oseraie / auseria (mit. < frk.) ouche/olca(gall.)
3 3 0 3
3 3 2 3
3 0 0 2
9 6 2 8
pare / parricus p i c / pikk .Spitzhacke'
0 0
1 2
0 0
l
piece / pettia (gall.) piton .Spitze' / pitt-
3 0
3 2
3 0
9 2
0 2 0 3 0 0 2
0 3 0
Das gallische Substrat in etymologischen Wörterbüchern des Französischen plie / platessa quai / caio (gall.) raie/rica(gall.) renfrogner/frogna(gall.) ruche / rusca (gall.) savon / saipon-(germ.) s6ran / cer-(gall.) siller/selj-(gall.?) soc/succos sombre .Brache'/ samo-(gall.) sot/sottsouche / tsukka suage / soca (gall.) suie / sudia (gall.) taloche / talapacium talus / talutum (gall.) tamis / tamisium t a n / tanno (gall.) tanche / tinea tariere /taratrum (gall.) tonne/tunna (gall.) tourie 722,2,110 tricher / triccare troc/trokktrogne / trugna (gall.) trou/traucum truand / trugant (gall.) valet, vassal / -vassus (gall.) vandoise/vindisia(gall.) vanne / venna (gallolt.) vergne/vemo-(gall.) volant .Sichel' / volammo- (gall.) vouge / vidubium (gall.)
1 3 3 3 2 0 2 2 2 3 0 2 1 2 2 3 1 3 1 3 3 0 0 0 3 2 3 3 3 1 3 3 3
2 3 3 3 3 2 3 2 3 3 2 2 2 3 2 3 2 3 1 3 3 3 1 1 3 0 1 3 3 2 3 2 3
1 2 3 2 3 0 2 2 3 0 0 2 0 2 2 2 1 2 0 3 2 0 0 0 3 2 3 3 3 2 3 3 3
4 8 9 8 8 2 7 6 8 6 2 6 3 7 6 8 4 8 2 9 8 3 l l 9 4 7 9 9 5 9 8 9
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l 3 2 2 3 0 2 l 2 3 0 3 2 3 2 l 2 l 3 3 0 0 2 l 2 3 3 l 3 3
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Josef Felixberger
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Martin-Dietrich Gießgen
Die Philologie im Werk von Gerhard Ernst
1. Fachgeschichte und Methodendiskussion Die Historiographie eines Hochschulfaches dient aufgrund der besonderen Traditionsgebundenheit der wissenschaftlichen Disziplinen unmittelbar der Standortbestimmung des betreffenden Faches: Sie erlaubt, je nach Ansatz, die Herausarbeitung seiner internen Entwicklungslinien, seiner Rolle im Fächerkanon der Hochschule oder auch in der zeitgenössischen Gesellschaft. Fachgeschichte, Fachdefinition sowie - für die Wissenschaft konstitutiv - Autoreflexivität sind eng verknüpft. Methodisch verfügt die Fachgeschichte über zwei grundlegende Angelpunkte: Das Studium der fachlichen Institutionalisierung und jenes der Fachvertreter. Die Institutionen sind zunächst einmal die Universitäten und alles, was in ihnen mit der Weiterentwicklung und der Vermittlung eines Faches verknüpft ist, aber auch wissenschaftliche Gesellschaften, Instanzen der Forschungsförderung, Verlage, Publikationsreihen oder Fachzeitschriften; selbst der nichtakademische Berufsweg der Absolventen eines Faches kann hierher gestellt werden. Der individuelle Ansatz widmet sich dem Werk oder dem Leben einzelner oder mehrerer Forscher- oder Lehrerpersönlichkeiten; auch die thematische Untersuchung bestimmter Strömungen in der Forschung, etwa des Idealismus oder der Kognitionslinguistik, gehört aufgrund ihrer starken Forschungs- und Personenbindung hierher. Einzelgelehrte treten insbesondere in Festschriften sowie, makaber genug, in Nekrologen in den Vordergrund. Solche biographischen Skizzen leitet neben dem wissenschaftstheoretischen stets ein doxographisches Interesse, was vermutlich erklärt, warum sie bibliographisch nicht immer einfach zu ermitteln sind; dabei sind diese, natürlich gegen den Strich zu lesenden Texte oft von großer inhaltlicher Dichte. Näher bei der eigentlichen Wissenschaftstradition stehen biographisch oder - häufiger - inhaltlich orientierte Auseinandersetzungen mit bestimmten Gelehrten, meist verstorbenen Vordenkern des Faches wie Saussure, Jakobson, Vossler, Tesniere, Wartburg, Benveniste, oder auch zu Lebzeiten Legende gewordenen Schulgründern wie Chomsky oder Coseriu. Weniger kanonisch ist die hier in der Folge versuchte nicht biographisch, aber personenorientierte Methodendiskussion aufgrund der Schriften eines aktiven Kollegen. Dies geschieht normalerweise nur im Rahmen von Rezensionen, die aber eine einzelne Monographie, kein größeres Schriftenvolumen zum Ge-
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genstand haben oder auch in nicht filr die Öffentlichkeit bestimmten Gutachten. Zwar sind die konkrete Orientierung innerhalb eines Faches und alle Forschungsentscheidungen an Überlegungen Über die erkennbaren Grundlinien im Werk anderer Forscher gebunden; doch erfolgen diese üblicherweise mündlich im geschlossenen Kreis oder bleiben ganz unausgesprochen. Eine schriftliche Auseinandersetzung schafft die Möglichkeit der öffentlichen Diskussion und fördert damit die methodische Transparenz. Insofern sollte die explizite Beschäftigung mit der Arbeit gegenwärtiger Fachvertreter der Standortbestimmung des Faches und der Methodendiskussion mindestens ebensosehr nützen wie jene mit Gelehrten vergangener Zeiten.1
2. Grundkonstanten im wissenschaftlichen CEuvre von Gerhard Ernst von 1966 bis 2001 Das heute vorliegende wissenschaftliche (Euvre von Gerhard Ernst umfaßt das letzte Drittel des 20. Jahrhunderts. Es erstreckt sich über dreieinhalb Jahrzehnte hinweg, von der 1966 begonnenen Dissertation, Die Toskanisierung des römischen Dialekts im 15. und 16. Jahrhundert (1970a), bis hin zu den aktuellen Textes - ais prives des XVHe et XVIIIe siecles (2001) und zur Herausgabe des Handbuchs zur romanischen Sprachgeschichte (cf. 2000b). Kann man nun Grundkonstanten in diesem Werk benennen und, wenn ja, inwiefern spiegeln sie vorhandene Tendenzen des Faches wider oder heben sich von ihnen ab?
2.1. Werkumfang Eine erste, zunächst ganz der Außensicht des Werks zugehörige Frage ist die seines Umfangs. Sie ist von geringer Relevanz für Innovationskraft, Nachwirkung oder inhaltliche Ausrichtung der Schriften, und die politisch oder forschungsevaluativ orientierten Überlegungen zur Publikationsdichte verfehlen daher gründlich ihr Ziel, Aussagen über die wissenschaftliche Qualität zu treffen. Die Art und Ausprägung der Produktivität ist dagegen von wissenschaftssoziologischem Interesse und trägt dazu bei, einen Forscher in seinem institutionellen Umfeld zu situieren. Da für dieses Thema kaum anerkannte operationalisierbare Parameter zur Verfügung stehen, sind die hier angestellten Überlegungen impressionistisch angelegt.2 Der vorliegende Beitrag verdankt in seiner Anlage viel dem kritischen Verstand von Franz Lebsanft, sowohl bei den fachgeschichtlichen Betrachtungen wie bei jenen zur Persönlichkeit des Jubilars. Wertvolle Überlegungen stammen außerdem von Wolfgang Schweickard, für eine profunde abschließende Lektüre des Textes ist Josef Feiixberger zu danken. Alle dennoch verbleibenden Ungereimtheiten verantwortet allein der Autor. Das Thema ist nicht von ungefähr anekdotenanfällig, und auch von Gerhard Ernst gibt es eine einschlägige Erzählung, die zugleich für ihn charakteristisch ist; sie kulminiert im
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Schon eine erste Durchsicht von Ernsts Schriftenverzeichnis läßt jedoch, auch ohne besondere Parametrierung, sein beachtliches Volumen erkennen: Man findet sieben Monographien, darunter zwei (hochschul-)didaktische Werke, acht Herausgaben, darunter das genannte zeitintensive Handbuch, etwa 40 Aufsätze und 50 durchweg mehrseitige Besprechungen.3 Bedenkt man zudem das inhaltliche Gewicht dieser Schriften, ist der anhaltende Fleiß des Autors über drei Jahrzehnte hinweg unmittelbar zu erkennen. Man kann jedoch noch weitergehende Überlegungen zu diesem Volumen anstellen, das ganz grob dem der Schriften vieler profilierter deutscher Ordinarien seiner Generation aus der sprachwissenschaftlichen Romanistik vergleichbar ist, etwa Hans Helmut Christmann, Bodo Müller oder Manfred Höfler, und somit eine bestimmte Epoche und einen bestimmten Kontext widerspiegelt. Gewisse persönliche Orientierungen zeigen sich besonders im Detail: Im Fall von Gerhard Ernst ist etwa eine Vorliebe für zeitaufwendige monographische Schriften und für eingehende Rezensionen zu konstatieren; hinzu kommt eine eigentümliche thematische Streuung, die eigens zu betrachten sein wird. Das Publikationsvolumen dieser Gelehrtengeneration ist nun nach oben und nach unten abgrenzbar: Es gibt Forscher, die viel weniger publiziert haben und zumeist auch weniger bekannt sind; umgekehrt gibt es Forscher in deutschsprachigen oder romanischen Ländern, die sehr viel mehr Titel oder Seiten ihr eigen nennen, ohne daß sich bei diesen Autoren relevante Unterschiede zu Gerhard Ernst in Fleiß, Effizienz oder Ideenreichtum konstatieren ließen. Abgesehen von nur partiell wirksamen Faktoren wie einer .leichten Feder' oder - im Fall von Ernst eindeutig - einer ausgeprägten Skepsis, greift hier am ehesten ein Ansatz, der Gründe für einen mehr oder weniger entwickelten Werkumfang im wissenschaftlichen Umfeld und im Wissenschaftsverständnis sucht. Zunächst fordert-die deutsche Hochschule, in der Ernst seit Jahrzehnten wirkt, schon in der Lehre einen beachtlichen Einsatz, wenn man denn die Sache gut machen will. Allein die Korrektur des bayerischen Staatsexamens Französisch, der Ernst sich regelmäßig stellte, kostet Wochen intensiver Arbeit, nicht zu reden von der Vorbereitung eines anspruchsvollen universitären Lehrprogramms. Hinzu kommt bei Ernst seine Tätigkeit als Gutachter bei der DFG, und ein Gutachten kostet in etwa die gleiche Zeit wie eine Rezension. Bei anderen Forschern treten Verwaltungs- oder Gremienaufgaben stärker in den Vordergrund, wieder andere sind in der Vereinspolitik engagiert. Ungeachtet der persönlichen Orientierung ist es in dem institutionellen Umfeld, in dem Gerhard Ernst wirkt, nur unter Verzicht auf ureigenste Verantwortlichkeiten seiner Position möglich, allein für die schriftliche Produktivität zu leben. Vorschlag eines Kollegen, der ihn zur Teilnahme an einem Symposion bewegen wollte, mit dem von Ernst etwas ungläubig belächelten Argument: „Wenn Sie kommen, können wir den Vortrag auch drucken. Dann haben Sie eine Publikation mehr" Vgl. das vollständige Schriftenverzeichnis in diesem Band (S. 3-14); die im vorliegenden Beitrag erwähnten Schriften von Gerhard Ernst sind in der abschließenden chronologisch geordneten Bibliographie zusammengestellt; der Verweis im Text erfolgt nur per Jahreszahl, ohne Nennung des Autors.
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Mindestens ebensowichtig ist dann ein Wissenschaftsethos, das bei Ernst wie bei anderen Vertretern seiner Welt sehr ausgeprägt vorliegt: Er vermeidet Mehrfachpublikationen, inhaltliche Wiederholungen oder die Arbeit mit an verschiedenen Stellen eingefügten Versatzstücken; er paraphrasiert auch keine fremden Werke und stützt sich nicht auf Arbeiten von Assistenten oder Doktoranden; schließlich publiziert er keine halbfertigen Texte oder rasch redigierten Rezensionen. Alles wird gedanklich durchgewalkt und in persönlicher Feinarbeit zur Vollendung geschliffen. Mit einem gewissen Rigorismus verweigert Ernst alle mehr oder weniger gängigen Praktiken, die der Ausdehnung der Publikationsliste dienen. Diese Anspruchshaltung bewirkt zugleich eine bestimmte Dichte im Inhalt der Schriften. So bildet jede Monographie von Ernst eine Methodenschulung, jeder Artikel liefert neue Gedanken, selbst jede Rezension ergänzt neue Facetten zu Ernsts Auseinandersetzung mit den großen Fragen des sprachlichen Wandels und Funktionierens. Gerhard Ernst steht mit seiner Grundauffassung über das Wesen des Publizierens zwar nicht allein, aber er befindet sich auch nicht im Mainstream einer postmodernen, zynischen Epoche. Andererseits beweist gerade sein Renommee, das sich z.B. in der Wahl zum DFG-Gutachter über acht Jahre hinweg konkret fassen läßt, daß allen gegenteiligen Äußerungen zum Trotz das klassische Publikationsverständnis, das ,Prinzip Ernst', seine Gültigkeit als gangbare Alternative in der Hochschulwelt behalten hat. Es geht hier nicht um eine reine Individualentscheidung, sondern um einen fachlichen Konsens und damit um eine vorhandene allgemeine Tendenz, die nicht notwendigerweise auf eine Generation beschränkt sein muß.
2.2. Leserorientierung und Rezeption Das Verhältnis zwischen einem Forscher und seinem Publikum ist ungleich schwieriger zu durchleuchten als die Publikationsstrategie. Beim Autor überlagern sich bedachte Ziele mit intuitiven Leitkriterien und auch mit Zufälligkeiten in Ausbildung und Werdegang. Das Publikum ist selbst in einer wissenschaftlichen Disziplin sehr vielgestaltig, wobei die Ländergrenzen und auch die unterschiedlichen Forschungsströmungen vielfach die Wahrnehmung leiten und begrenzen. Das erschwert in den europäischen Kulturwissenschaften die anderweitig mit Erfolg praktizierte Auswertung der Zitationsfrequenz zum Nachweis der Rezeption. Mehr noch als im vorangegangen Kapitel ist man hier also zur vorläufigen Äußerung von nicht mit vertretbarem Aufwand Nachweisbarem gezwungen. Einzelne Elemente sind jedoch bei Ernst gefahrlos zu benennen: Unübersehbar ist sein intensives und erfolgreiches Bemühen um eine verständliche, gut lesbare Wissenschaftsprosa: Der Autor stellt sich also auf sein Publikum ein, was nicht bei allen Forschern so ist. Auch das Abwägende, alle sinnvoll möglichen Implikationen des Gesagten Bedenkende ist nicht nur Ausdruck von Gewissenhaftigkeit, sondern ebenso bestimmt von dem Wunsch, das imaginäre
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Gegenüber nicht zu Oberrumpeln, ihm den Gedankengang des Autors nachvollziehbar zu machen.4 Ebenso augenfällig ist Ernsts Auseinandersetzung mit der Hochschuldidaktik. Der Einßhrungskurs Italienisch (1970b, 1972a) ist eines der sehr erfolgreichen Sprachlehrbücher in Deutschland mit etwa 130.000 verkauften Exemplaren Über drei Jahrzehnte hinweg. Ein anderes Publikum spricht die mit Josef Felixberger verfaßte Sprachwissenschaftliche Analyse neufranzösischer Texte an (1987a), die in den gut zugänglichen „Romanistischen Arbeitsheften" erschienen ist. Auch theoretisch beschäftigt sich Ernst wiederholt mit Fragen der Spracherlemung (1972c, 1975, 1977c, 1981b, auch 1984) und der Hochschullehre (1998c). All dies zeigt im Hintergrund ein Interesse daran, wer sich möglicherweise für die Dinge interessieren könnte, die der Forscher und Lehrer von sich gibt. Bemerkenswert ist diese publikumsfreundliche Tendenz nicht zuletzt deswegen, weil sie mit den Grundlinien seines Hauptwerks kontrastiert: Ernst hat bisher keine eigentlich populärwissenschaftlichen Texte verfaßt.5 Er beharrt mit einer gewissen Kompromißlosigkeit darauf, die fachlichen Inhalte in der ihnen inhärenten sachbestimmten Logik zu behandeln, selbst wenn dies dann nur noch ganz wenige Menschen interessiert. Wie sehr ihn der hier angelegte Grundkonflikt beschäftigt, läßt Emsts Eröffhungsvortrag der Sommerschule in Levico erkennen (1983b:lf.). Angesichts der geringen Verbreitung des Textes sei der Passus hier in extenso wiedergegeben: Mi sia permesso di citare all'inizio un'esperienza personale. Mi ricordo la conferenza di un famoso professore di letteratura di un'altra universita. Alia fine della conferenza dissi ad un collega ehe tutto quello ehe era stato detto erano cose interessant!, ma purtroppo per niente dimostrabili. II collega ribadl: 'Si, e proprio cosl, le cose interessant! non sono dimostrabili e quelle dimostrabili non sono interessant!' Questo e vero, purtroppo, per molti dei problemi ehe si pongono nelle scienze morali, cos) come sono visti dai non specialist! cd anche dagli student! dei primi semestri. Questi si aspettano dalle scienze moral i una migliore conoscenza della nostra condizione umana, di s£ stessi e dei loro simili. Una volta ehe lo studente e piu avanzato, perde facilmente di vista queste aspettative e ciö vale ancora di piu per colui ehe ha fatto della scienza la sua professione. Cos) in base a motivazioni secondarie, diventano interessant! anche problemi come per esempio: ,in ehe luogo, in ehe osteria ha scritto Goethe la tal poesia?' oppure: .come si e sviluppata la vocale a tonica in un certo dialetto italiano?' Si perde di vista, in questo modo, ehe tali domande hanno solo un interesse limitato per la nostra conoscenza del mondo e deU'uomo, e poco contribuiscono al progresso dell'umanita. O meglio: si dimentica di inserire quei problemi particular! in un contesto piu vasto, la cui rilevanza risulti evidente anche al non professionista.
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Auch wenn das Biographische möglichst wenig bemüht werden soll, drängt sich dabei unzweifelhaft die für Ernst so entscheidende Musik in den Vordergrund; die Jeisen, weichen Töne', die .Dynamik' in der Musik (F. Lebsanft) sind bei dem Absolventen des Nürnberger Konservatoriums stilprägend. Eine Ausnahme ist die von Helmut Berschin angeregte, sehr gefällige Radiosendung zum Journal d'Heroard, in dem Ernst auch eine Komposition des Königs Louis XIII vorführt (19920-
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Questo come ,captatio benevolentiae' dello specialista ehe si occupa molto di cose dimostrabili, di cui teme talvolta appaiano un po' meno interessant! ai profani ehe non a lui stesso.
Es folgt Ernsts für „specialist!" wie „profani" sehr lesenswerte Abhandlung über intuitive Sprachcharakterisierungen und deren mangelhafte Objektivierbarkeit. Soweit der am Autor orientierte Ansatz. Noch sehr viel heikler ist die Frage der wissenschaftlichen Rezeption seiner Schriften, bei der der Schreiber dieser Zeilen nur schlaglichthaft einzelne persönliche Eindrücke wiedergeben kann: So ist die früh erschienene Toskanisierung nach allem, was ich beurteilen kann, bei deutschen und auch italienischen Wissenschaftlern relativ bekannt; das wird durch die Tatsache bestätigt, daß jüngst, noch nach dreißig Jahren, eine überarbeitete italienische Übersetzung unternommen wurde, was normalerweise als sicheres Indiz für eine breite Rezeption zu werten ist (i.Dr.). Demgegenüber verfüge ich über mehrere Indizien, daß die nur wenig jüngere, in der gleichen Reihe der Beihefte zur ZrP erschienene Habilitation zum Wortschatz der französischen Übersetzungen von Plutarchs „ Vies paralleles" (1977a) schon in Deutschland weniger gelesen wurde als die Toskanisierung; in Frankreich ist sie weitgehend unbekannt.6 Eine werkimmanente Erklärung greift hier zu kurz: Die Thematik müßte die französische Forschung, so wie sie sich entwickelt hat, eigentlich interessieren; doch waren die letzten zweieinhalb Jahrzehnte in Frankreich allgemein von einer äußerst schwachen Rezeption der deutschsprachigen Forschung - und der teuren Beihefte - charakterisiert, was sich eben auch im konkreten Fall der Vies paralleles auswirkt. Die - ja nur erahnte - Situation in Deutschland kann ich nicht recht erklären, da Ernsts Habilitation mir stets methodisch komplexer und sogar innovativer erschien als seine Dissertation, sosehr ich diese schon seit dem Studium bewundere. Vielleicht liegt der Grund gerade in der Komplexität und der filigranen Argumentation, die das in ihr Neue sorgfältig als unmittelbar einleuchtendes Grundwissen verschleiert. Eine ähnliche Opposition wie bei Dissertation und Habilitation entsteht wiederum nach einem persönlichen Eindruck - auch bei verschiedenen Aufsätzen: Die Prolegomena zur Geschichte des gesprochenen Französisch (1980) werden zweifellos oft zitiert, anders als etwa Ernsts sehr lesenswerte Studie zu den Juillandschen Frequenzwörterbüchern in der von ihm herausgegebenen Festschrift seines Lehrers Heinrich Kuen (1979b), die in der modernen korpuslinguistischen Literatur kaum aufscheint; auch Ernsts für die Deutung von Latinismen in der Romania als ,StandardmodelP verwendbaren Betrachtungen zu den Latinismen des Italienischen in DELI und LEI (l 991 a) sind mir bisher nur in wenigen Studien aufgefallen.
Eine Stichprobenhafte Umfrage ist leicht durchzuführen, wenn man einer Reihe von Kollegen die Frage vorlegt, an welche Monographien sie bei Gerhard Ernst denken: Die Toskanisierung und das Journal d'Heroard werden meist zuerst genannt.
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Warum stellt man solche Fragen, auf die die möglichen Antworten per niente dimostrabili sind ? Weil schon im Grübeln über die Frage ein Teil der Antwort steckt. Der Fall von Gerhard Ernst, dessen Schriften sich unabhängig vom Gegenstand durch eine intensive gedankliche Auseinandersetzung mit den entsprechenden Themenkreisen auszeichnen und die durchweg für Spezialisten gewinnbringend sind, erlaubt eine sichere Entkoppelung von Qualität der Arbeiten und Rezeption. Damit kann man die Frage der Wirkung eines Werks mit der nötigen Gelassenheit und mit dem neuerlichen Blick auf die wissenschaftssoziologische Entwicklungsdynamik stellen. Durch die Beschäftigung mit dem konkreten Forscher erfahrt man so auch etwas über die ihn umgebende Welt.
2.3. Inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunktbildung Die Sichtung von Gerhard Ernsts Schriftenverzeichnis erweist schon bei rascher Lektüre den umfassenden Blick des Autors. Im Zentrum seiner Aufmerksamkeit stehen die Entwicklung von Standardsprachen und Variationslinguistik, Editionsphilologie, Sprachkultur und Sprachpolitik sowie Sprachdidaktik und Hochschuldidaktik; dazu kommen Betrachtungen zur Sprachcharakteristik, zu quantitativer Linguistik, Übersetzungstheorie und Spracherwerb. Ernsts Augenmerk gilt dabei allen Kernbereichen der Sprache, Graphematik und Phonetik, Morphologie und Syntax sowie dem Lexikon, in Geschichte und Gegenwart des Französischen, Italienischen und Rumänischen, mit gelegentlichen Ausgriffen auf andere Sprachen. Nach dem bisher Gesagten wird niemand vermuten, daß es sich bei diesen weitgespannten Interessen um .Schaumkrönchen' handelt: Wir stehen wirklich vor einem klassischen Romanisten, der in seinen Schriften einen großen Ausschnitt aus dem Paradigma seiner Zeit erfaßt. Bestimmte Schwerpunktbildungen um einzelne Themenkreise sind unmittelbar zu erkennen: Neben der bereits genannten Didaktik kommt das größte Gewicht wohl der Philologie zu, die daher gesondert zu behandeln sein wird. Unter den Artikeln sticht die (vergleichende) romanische Derivation bei den sprachinternen Themen besonders heraus (1977b, 1981c, 1986a/b, 1995a, 1997a). Die Orientierung am (Einzel-)Wort zeigt sich auch in Ernsts genannten Studien zu Frequenzwörterbüchern (1979b) und Latinismen (l 991 a) sowie in der jüngeren wortgeschichtlichen Studie zum schlechten Ruf der Ente (2000a). Morphologie und Syntax werden selten eigens thematisiert (1972a, 1996a), auch wenn sie bei der Derivationslehre stets präsent sind. Bei den externen Arbeiten stehen Sprachkultur und Variation im Vordergrund (1978 [rumänische Orthographie im 19. Jh.], 1981 a [italiano popolare unitario], 1992a [Anglizismen in der französischen Sportsprache], 1998b [italienische Sprachkultur]). Insbesondere das Rumänische ist Gegenstand verschiedener - ansonsten bei Ernst seltener - Überblicksarbeiten (1989a, 1991b, 1992c, 1998a), was partiell darin begründet liegen mag, daß die Zahl der Spezialisten des Rumänischen in Deutschland gering ist.
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Hinter dieser thematischen Orientierung sind m.E. zwei weiterreichende Grundtendenzen zu erkennen. Zunächst zeigt sich der offensichtliche Versuch, die fachlichen Kerngebiete des im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gültigen Paradigmas zu erkennen und sie durch eine, sei es auch nur partielle Beschäftigung zu strukturieren. Der ordnende Verstand von Gerhard Ernst strebt nach einem Gesamtüberblick, der zugleich - dies eine weitere Triebfeder - für eine ausgewogene und qualitätvolle Lehre erforderlich ist. Ernsts Ansatz bei der Bestandsaufnahme des fachlichen Paradigmas seiner Epoche ist aber nicht der einer synthetischen Darstellung, sondern der mittels einzelner Schlaglichter. Er wählt Gegenstände aus, in denen er Kernbereiche sieht oder Kernprobleme vermutet; dazu benennt er eine Reihe methodischer Schwierigkeiten und wiederholter methodischer Fehlgriffe der Forschung, stellt Angelpunkte der Thematik heraus und gibt richtungsweisende Orientierungen. Ohne daß Ernst dies ausspricht, liegt in seiner Entscheidung für eine Fragestellung bereits ein Hinweis darauf, daß er diese Fragestellung für möglicherweise besonders wichtig hält. Hier greift nun der zweite tiefere Wirkungsfaktor. Obwohl rein theoretische Artikel in Ernsts Werk fehlen, handelt es sich bei ihm um einen sehr abstrakten, zwar formeninspirierten, doch systemorientierten Denker. Als wahrer Skeptiker spricht er dies nicht aus; er verweigert nicht nur die großen Antworten, sondern sogar die explizite Formulierung der großen, ihn treibenden Fragen. Nur ganz punktuell brechen diese sich Bahn, so in seinen „Gedanken zu den Termini .einfach' und .Vereinfachung' in der Sprachwissenschaft" (1983a), wo er deutlicher als anderswo, wenngleich stets ex negative, aus der Skepsis heraus, sagt, was ihn bewegt: Was macht Sprache aus, wie ist sie charakterisierbar, wie funktioniert sie und - wie ist dies über den epistemologischen Hebelpunkt des sprachlichen Wandels (und Vergleichs) in der Romania erkennbar? Das sind die für Ernst omnipräsenten Leitfragen, die das Entstehen jeder einzelnen Studie letztlich motivieren. In den Schriften Ernsts ist nun eine Trennung zwischen dem eben behandelten .allgemeineren' Teil und einem .spezielleren' zu erkennen. Der Forscher wählt aus den vielen, ihn interessierenden Themenkreisen einen scharf umrissenen heraus, dem er einen Großteil seiner Kraft widmet. Es ist dies die Philologie, verstanden als Wissenschaft von der Edition und Analyse von Texten älterer Epochen. Abgesehen von Ernsts (hochschul-)didaktischen Werken verschreiben sich all seine Monographien einer so verstandenen Philologie, außerdem gut ein Fünftel seiner Aufsätze und Rezensionen.7 Auf den ersten Blick ist die Schärfe dieser Orientierung vielleicht gar nicht erkennbar, weil z.B. weder die Dissertation noch die Habilitation Texteditionen darstellen und nur jeweils im Anhang vier bis fünf Seiten ,Textauszüge' (1977a:267-271) oder ,Textproben' (1970a:181-184) bringen. Doch bieten beide Arbeiten eine thematisch zentrierte sprachwissenschaftliche Auswertung eines jeweils klar umrissenen Textkorpus: Sechs Plutarchviten im Fall der Habilitation (1977a:41), etwa 7
Auch das mit Josef Felixberger verfaßte Arbeitsheft (1987) beschäftigt sich mit der Analyse von - hier gegenwartssprachlichen - Texten.
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dreißig in Rom lokalisierte Texte des 15. und 16. Jahrhunderts bei der Toskanisierung, die Ernst im einführenden, »Autorität der Quellen' Uberschriebenen Kapitel charakterisiert (1970a:9-26). Die Bedeutung der Philologie für Ernst und die durch sie erfolgte Prägung seines Denkens wird in den folgenden beiden Kapiteln zu analysieren sein. Hier läßt sich festhalten, daß Ernst über mehr als drei Jahrzehnte hinweg eine nachvollziehbare, kohärente Forschungsstrategie verfolgt, bei der enzyklopädischer und thematisch gebündelter Erkenntniswille zusammenspielen. Erstaunen mag höchstens, warum ein so offensichtlich vielseitig begabter und interessierter Forscher sich auf ein in den 70er und 80er Jahren ebenso offensichtlich peripheres Forschungsgebiet wie die Philologie festgelegt hat, in ähnlicher Abwendung vom Mainstream wie in seinem Publikationsethos. Moden sind kontingent, doch gibt es Über sie hinweg in den Wissenschaften inhärente Wechselwirkungen und logische Verknüpfungen. Gerhard Ernsts Werk beruht auf der Überzeugung, daß das Studium der Sprache zwingend an das Studium ihres Verwendungskontextes gebunden ist; hinzu kommt seine durchaus persönliche Entscheidung für die Historic, mit ihrer sich aus der beobachtbaren Dauer ergebenden Urteilssicherheit, dem genannten epistemologischen Hebelpunkt. Beide Betrachtungen münden in der Textphilologie, dem autoreflexiven Studium der einzig verfügbaren sprachlichen Kontexte in der Historic. Die Wahl der Philologie als Kerngebiet beruht bei Gerhard Ernst auf solchen logischen Verknüpfungen. Ohne daß er dies jemals formuliert hätte, können wir annehmen, daß er die gewählte Teildisziplin für besonders grundlegend auf dem Weg sprachlicher Erkenntnis hielt und hält. Letztlich hatte auch hier das »Prinzip Ernst' Erfolg: Die 90er Jahre brachten eine ,Rephilologisierung' der Sprach- und Kulturwissenschaften mit sich, die aus dem langjährigen Außenseiter plötzlich wieder einen Trendsetter machten.8
Das Verhältnis von Gerhard Ernst zu Mode und Zeitgeist kommt deutlich im gemeinsam mit Amulf Stefenelli verfaßten Vorwort zur Festschrift Kuen zum Ausdruck, wo auch bestimmte Grundkonstanten von Ernsts Denken gespiegelt an dem seines Lehrers zutage treten: „Nie ist es jedoch die Erkenntnis von sprachlichen Fakten um ihrer selbst willen, um die sich Kuen bemüht. Der Mensch als Individuum und in der Gemeinschaft, seine Geschichte und seine Bedürfhisse stehen im Mittelpunkt von Kuens Sprachwissenschaft [...] Eine Zeitlang konnte eine solche Position altmodisch erscheinen; Kuen blieb sich jedoch treu auch in einer Zeit, als Sprache vorwiegend nur als sich selbst regulierendes, vom Menschen losgelöstes System angesehen wurde. Heute, da man allgemein in der Sprachwissenschaft dabei ist, sich von den um ihrer selbst willen betriebenen Formalismen wieder zu lösen, erweist es sich, daß das Festhalten an einer als richtig erkannten Grundeinstellung modemer sein kann als das Bemühen, sich jeder gerade modischen Tendenz anzuschließen." (1979a, VIII; vgl. noch 1996b). Seinem Lehrer Kuen verdankt Gerhard Ernst auch einen Gutteil seiner Grundorientierung an lexikalisch-philologischen Gegenständen, was die obige Betrachtung allerdings nicht außer Kraft setzt: Die Aneignung einer Tradition ist auch eine Sache von Entscheidungen.
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3. Die Gegenstände der textphilologischen Schriften 3.1. Textauswahl Sosehr Gerhard Ernst in seinen .allgemeinen' Schriften eine möglichst weite Streuung in Raum, Zeit und Thematik anstrebt, sosehr ist seine Auswahl philologischer Gegenstände auf ein enges Fenster zugeschnitten. Auch dies unterstützt die These, daß die Philologie wirklich im Rahmen seines Gesamtwerks jenen scharf umrissenen Bereich darstellt, wo der Forscher nicht den gedanklich elaborierten Überblick anstrebt, sondern wo er sich den Luxus einer starken Spezialisierung erlaubt, jene aspektuelle Ausblendung des progresso dell 'umanitä. Schon Ernsts Sprachenwahl ist sehr restriktiv: Das ansonsten gut vertretene Rumänische fehlt gänzlich bei den eigentlichen philologischen Schriften, das Italienische und seine diatopische Variation sind nur der Gegenstand der beiden ältesten Arbeiten.9 Nahezu die gesamte produktive Aufmerksamkeit des Philologen galt seit 1967 dem französischen Standard und Non-Standard, ohne besondere Berücksichtigung der diatopischen Variation. Unübersehbar ist auch die zeitliche Fixierung, im Fall des Italienischen auf das 15. und 16. Jahrhundert, im Fall des Französischen auf das 16. bis 18. Jahrhundert. Dabei ist eine fortschreitende Annäherung an die Gegenwart zu beobachten (Ricettario 15. Jh., Toskanisierung 15. / 16. Jh., Vies Paralleles 16. / 17. Jh., Journal d'Heroard 17. Jh., Textesprives 17. / 18. Jh.). Dies mag ein Zufall sein; gewiß absichtsvoll ist aber die Wahl des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit, jener Epoche, die sich in der Romanistik normalerweise der philologischen Betrachtung entzieht. Die Philologie wurde für das Mittelalter und anhand der Mediävistik entwickelt, die ihr thematisch verwandte moderne Textlinguistik anhand aktueller Texte; die frühe Neuzeit findet zwar in der Sprachhistoriographie Berücksichtigung, aber eher gestützt auf zeitgenössische Grammatiken und Lexika sowie Literaturdenkmäler als auf textkritische Studien zu Manuskripten oder frühen Drucken. Folgerichtig setzt sich Ernst auch in den Textsorten vom Üblichen, also vom Literaturkanon, ab. Literarische Texte sind zwar sprachhistorisch interessant, doch kommt ihnen traditionell eine besondere, wenn nicht gar alleinige Aufmerksamkeit zu. Die von Ernst gewählten Textsorten entfernen sich immer weiter vom Bekannten: In der Toskanisierung stützt er sich auf verschiedene dokumentarische, autobiographische und semiliterarische Quellen sowie auf das pharmakognostische Ricettario, das er auch ediert; in den Vies Paralleles bilden aus dem Griechischen übersetzte gelehrte Biographien den Untersuchungsge-
Ernst verfolgt zwar weiter die Forschungsentwicklung (so in Roma: stato attuale delle ricerche sttlla situazione linguistica, 1989c, und La Toskanisierung, un quarto di secolo dopo, 1999b) und ergänzt auch noch einen weiteren Text in der italienischen Übersetzung der Toskanisierung (i.Dr), doch bleibt er hier im Rahmen der 1967 angelegten Grundkonstellation.
Die Philologie im Werk von Gerhard Ernst
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genstand; dem Journal a"Heroard entnimmt Ernst die zitierte Rede des jungen Ludwig XIII.; schließlich liefert er eine Edition von einem Dutzend Tagebucher oder Autobiographien halbgebildeter Autoren. Das zunehmend innovative Potential der Textgrundlagen ist offensichtlich. Die zur Zeit von Gerhard Ernst bearbeiteten Non-Standardtexte bergen zugleich die größten Schwierigkeiten für die sprachwissenschaftliche Analyse: Sie stehen auf halbem Weg zwischen einer elaborierten Schriftlichkeit und einer Spontansprache, ohne damit eindeutig als Zeugen der einen oder der anderen dienen zu können wie die Vies Paralleles oder das Journal d'Heroard. Aufgrund der mangelnden sprachlichen Bildung ihrer Autoren sind sie in nahezu jeder Hinsicht nur schwach markiert: Sie weisen wenige Erstbelege auf, wenige regionale Formen und sogar eine geringe Varianz in den vorhandenen diastratischen und diaphasischen Eigenarten; auch die graphematischen Besonderheiten sind stark redundant. Gewiß spiegeln gerade diese Quellen eine sprachhistorische Normalität wider, während Literatur, Fachschrifttum oder selbst volkstümliche Satiren den normalen Sprachgebrauch überzeichnen. Doch wie soll man die Abwesenheit von Besonderem erfassen, ohne Kontrastierung Eigenarten erkennen? Die in den Monographien erkennbare Begrenzung auf nichtliterarische italienische und besonders französische Texte der wenig beachteten Übergangsepoche zwischen Mittelalter und Gegenwart gilt auch für Ernsts philologisch orientierte Rezensionen. Diese haben fast immer Texteditionen oder historische Textanalysen nichtliterarischer Gattungen zum Gegenstand. Die zugrundeliegenden Monographien gelten sporadisch dem Italienischen des IS. und 16. Jahrhunderts (1986c, 1995d), dem Franko-Italienischen (1981d, 1989f) oder der neuzeitlichen Schriftlichkeit der Semicolti (1979c); insbesondere aber im jüngsten Jahrzehnt widmen sie sich dem Französischen des 16. und 17. Jahrhunderts (1976, 1982, 1992e, 1993 a/b/c, 1995c, 1997c, 1998d).
3.2. Textauswertung Die sprachhistorischen Fragen, die Gerhard Ernst an die ausgewählten Materialien heranträgt, sind unterschiedlicher Natur: In der Toskanisierung und in den Vies Paralleles geht es ihm um den Nachweis sprachlicher Veränderungen bei der Normbildung im Italienischen und im Französischen; erstere konzentriert sich auf grapho-phonetische, morphologische und syntaktische Fragen, letztere - in sicher gewellter Komplementarität - auf lexikalische (cf. auch 1973). Im Journal d'Heroard behandelt Ernst wiederum Ausspracheeigenheiten (1985: 35-67) sowie Morphologie und Syntax (ib., 67-102; vgl. noch 1989b); für das Lexikon begnügt er sich mit einem lexikalischen Index auf Microfiches (cf. 1985:31-33) und einen exemplarischen Aufsatz zur Musikterminologie, der seinem Lehrer Kuen gewidmet ist (1989e). Stärker als zuvor treten in der Behandlung des Journal d'Heroard Probleme der Medialität und der Authentizität in den Vordergrund (1985:4-22; vgl. auch
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1987b zum ,Spiel mit Wörtern' im .kindlichen Spracherwerb'; dazu 1984). Der Quellenwert wird immer mehr zu einem eigenen Gegenstand der Beschäftigung. Auch geht es jetzt darum, einen bestimmten Text in seine Zeit einzuordnen, nicht darum, den sprachlichen Wandel über einen abgegrenzten Zeitraum hinweg nachzuweisen. Zwischen Dissertation und Habilitation einerseits und den späteren Arbeiten andererseits läuft also ein gewisser Bruch, eine .Philologisierung': Ernst analysiert nicht mehr schon edierte Texte, sondern ediert Quellen neu, und die Quelleneigentümlichkeiten rücken gegenüber den Sprachbesonderheiten in den Vordergrund. Diese Entwicklung verschärft sich weiter im jüngsten großen Projekt zur Schriftlichkeit von Halbgebildeten: Ernst plant - wiederum in den Beiheften zur ZrP- drei auf CD-Rom verfügbare Bände, die insgesamt über 1.500 Druckseiten entsprechen, dazu einen gedruckten Kommentarband (cf. 2001). In diesem Werk verfolgt Ernst mit noch größerer Insistenz als zuvor die Fragen, was ein Text über die Sprache seiner Zeit verrät und welcher Transkription es bedarf, um die in ihm enthaltenen Aussagen zum Tragen zu bringen (vgl. auch 1995b und 1999a). Im Einklang mit den Prinzipien der sog. New Philology greift Ernst jetzt zu einer diplomatischen Edition mit höchster Texttreue, unter Bewahrung der originalen Worttrennungen, Zeichensetzung, Groß- und Kleinschreibung sowie der Lapsus calami. Die computerlesbare Edition ebnet zudem den Weg für quantifizierende Abfragen, die Ernst schon früh faszinierten (cf. 1979b, 1993b). Es ist also eine rigorose Philologie, der sich Gerhard Ernst in wachsendem Maße verschreibt. Die Methodik der Teildisziplin entwickelt einen zunehmenden Eigenwert, sogar unter Hintanstellung sprachinterner Fragestellungen. Das Medium und seine Varianz treten in den Vordergrund. Die sprachinternen Analysen Ernsts zu den Textes prives bleiben noch abzuwarten (cf. bisher 1997b), doch werden gewiß auch sie ein starkes quellenreflexives Moment enthalten.10
4. Die Bedeutung der Textphilologie in Ernsts Werk Für unsere wissenschaftsgeschichtliche Zielsetzung ist abschließend zu fragen, welche Folgen die philologische Ausrichtung bei Gerhard Ernst für seine Sicht auf das Fach hat. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß eine so starke Orientierung bei der Grundlagenforschung nicht auch auf andere sprachwissenschaftliche Gegenstände zurückwirkt. Die vielleicht deutlichste Folge des philologischen Ansatzes ist die bei Ernst stets äußerst präzise Abgrenzung zugrundegelegter sprachlicher Daten: Mit traumwandlerischer Urteilssicherheit entscheidet er in seinen systemlinguistisch 10
Vgl. 2001, ,Principes d'odition' sowie die medial orientierte grapho-phonetische Auswertung zum ersten erschienenen Text (Chavatte: 1.1.2. ,Le manuscrit et ses particularity graphiques').
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oder synchron orientierten Studien, welche Formen für die jeweilige Fragestellung als relevant heranzuziehen sind, aus welchen Quellen sie mit dem geringsten Aufwand und der größten Sicherheit zu eruieren sind, und welche Daten nachträglich ausgeschieden werden müssen. All dies geschieht konzis und unaufdringlich. Die quellenorientierten Grundfragen werden nicht ausdiskutiert, sondern im Vorfeld geklärt; nur von Zweifelsfällen erfährt der Leser, dafür im Detail. Jüngere Beispiele sind etwa die Studien zum Präfix EX- im Italienischen (1997a) oder zu den suffigierten Nomina qualitatis im Französischen, Italienischen und Spanischen (1995a). Erstere enthält als Kernstück eine stark abstrahierte und konzise Charakteristik aller (relevanter) Formen mit EX- in den LEIArtikeln der ersten drei Bände (1997a:49-62), die Ernst dann weiterinterpretiert; hier wie bei den qualifizierenden Suffixen wird nur der aufmerksame Leser erkennen, mit welcher Sorgfalt Ernst die verwendeten lexikographischen Quellen gegen den Strich gebürstet hat und welcher exemplarische Wert diesen Beiträgen zukommt. Wie wichtig solche philologischen, der quellenkritischen Absicherung dienende Prozeduren sind, zeigt Ernst zum Beispiel in seiner schon erwähnten Analyse der Juillandschen Frequenzwörterbücher (1979b): Er erweist mit seltener Präzision die Diskrepanz zwischen dem Anspruch einer quantifizierenden Sprachbetrachtung und den Hindernissen einer ungenügenden Primäraufbereitung des Materials.11 In diesem konkreten Fall ist es besonders bedauerlich, daß die Ernstsche Kritik lange folgenlos blieb, denn die unzulässigen (philologischen) Schwächen der quantifizierenden Sprachbetrachtung der Anfangsphase ließen den irrigen Eindruck entstehen, daß ein quantifizierender Ansatz schlechthin unergiebig sei. Statt nach ersten mißglückten Versuchen die Frequenzwörterbücher beiseitezulegen, wäre es angebracht gewesen, neue, methodisch fundiertere Formen zu entwickeln. Das philologische Grundverständnis prägt in vergleichbarer Weise alle Schriften von Gerhard Ernst zu Grammatik, Normbildung und Sprachkultur sowie alle Rezensionen, in denen er oft die Text- und Datengrundlage thematisiert (z.B. 1993c). Letztlich geht es Ernst immer um die genannten Grundfragen nach dem Wesen sprachlichen Wandels und Funktionierens, das ihn gleichermaßen sprachintern wie im Zusammenspiel der Sprache mit der Gesellschaft umtreibt. Doch wenn dies seine Ziele sind, so ist der textphilologische Ansatz sein Weg. Im Brückenschlag zwischen der Philologie und der allgemeinen romanistischen Sprachwissenschaft liegt daher möglicherweise, neben den konkreten Ergebnissen seiner empirischen Forschung, der wichtigste methodische Beitrag von Gerhard Ernst zur Entwicklung seiner Disziplin.
Analog z.B. im Fall der Rezension zu Kesselrings Dictionnaire chronoiogique (1993b).
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5. Resümee Gerhard Ernst spiegelt in seinen umfassenden Forschungsinteressen einen großen Teil des romanistischen sprachwissenschaftlichen Paradigmas seiner Epoche wider. Trotz der schlaglichthaften Darbietung der Themenkreise ist sein Werk hierin repräsentativ für seine Zeit und für sein Fach: Wer sich mit Ernsts Schriften beschäftigt, entwickelt ein sicheres Problemverständnis für das Phänomen der Sprache und für die Zielrichtungen der Romanistik im ausgehenden 20. Jahrhundert. Weniger typisch ist vielleicht Ernsts quantitätsfeindliche Publikationsstrategie, die trotz allem eher einer Minderheitsposition entspricht. Noch individueller ist dann die besondere Kombination einer gewissenhaften Erschließung vielfältiger Themenkreise mit einer sehr starken Spezialisierung. Am auffälligsten ist schließlich, daß Ernst einer der wenigen Forscher, nicht in der Romanistik schlechtweg, wohl aber in Deutschland ist, den eine starke Konzentration auf die philologische Grundlagenforschung auszeichnet. Der Erfolg von Ernst ergibt sich möglicherweise gerade aus dieser Kombination des Repräsentativen mit dem aparten Unmodischen, was umgekehrt Schlüsse auf das akademische Umfeld seiner Zeit zuläßt, das Solidität erkennt und individuelle Forschungsentscheidungen respektiert. Auch inhaltlich entspringt die vielleicht eigenste Innovativität von Ernst dem hier angelegten Spannungsfeld: Die gediegene Seriosität ist die Oberfläche, unter der eine kreative Phantasie ihre Blitze wirft.
Zitierte Bibliographie von Gerhard Ernst Un ricettario di medicina populäre in romanesco del Quattrocento, in: Studi linguistici italiani 6 (1966 [1969]), 138-175. Die Toskanisierung des römischen Dialekts im 15. und 16. Jahrhundert. Tübingen 1970 [= Beihefte zur Zeitschrift ftlr Romanische Philologie, 121; = 1970a]. Einftlhrungskurs Italienisch (mit 4 Übungscassetten). Tübingen 1970, "1998 [= 1970b]. Einführungskurs Italienisch. Textheft zu den Sprachlaborübungen (dazu 8 Tonbänder). Tübingen 1972, 21976 [= 1972a]. Zur gegenseitigen Abgrenzung der Subjektspronomina der 3. Person in der heutigen italienischen Schriftsprache, in: Vox Romanica31 (1972), 253-262 [= I972b]. Toskanischer ,bon usage' und die Norm des Italienischunterrichts, in: NM 25 (1972), 97-102 [= 1972c]. Der Übersetzungsvergleich als Hilfsmittel wortgeschichtlicher Forschung. Zum französischen Wortschatz des 17. Jahrhunderts: advenir / arriver; ancien / äge", vieux; premierement / d'abord, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 89 (1973), 182-195. Zur Fehleranalyse in einer Spätfremdsprache, Lernzielbestimmung und Leistungsmessung im modernen Fremdsprachenunterricht, hg. v. W. Hüllen / A. Raasch / F.J. Zapp. Frankfurt 1975, 84-104. Rez. zu Pierre Dumonceaux, Langue et sensibilito au XVIIe siecle. L'ovolution du vocabulaire affectif. Genf 1975, in: ZFSL 86 (1976), 348-351. Der Wortschatz der französischen Übersetzungen von Plutarchs „Vies Paralleles" (15591694). Lexikologische Untersuchungen zur Herausbildung des francais littiraire vom 16.
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zum 17. Jahrhundert. Tübingen 1977 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 162;= 1977a]. Adverb und Modalisator im Französischen, in: ZFSL 87 (1977), 1-19 [= 1977b]. Zur curricularen Analyse eines Fremdsprachenlehrwerkes, in: S1LTA 6 (1977), 301-319 [= 1977c]. Die rumänische Sprache zwischen Ost und West. Probleme der rumänischen Orthographie im 19. Jahrhundert, in: Hundert Jahre Unabhängigkeit Rumäniens 1877-1977, hg. v. F.C. Schröder. Kallmünz 1978,21-39. (zus. mit Arnulf Stefenelli, Hgg.): Sprache und Mensch in der Romania. Heinrich Kuen zum 80. Geburtstag, Wiesbaden 1979 [= 1979a]. Das Frequenzwörterbuch - ein Hilfsmittel der vergleichenden Sprachcharakteristik?", in: Ernst/Stefenelli 1979,21-43 [= 1979b]. Rez. zu Giovanni Rovere: Testi di italiano popolare. Autobiografie di lavoratori e figli di lavoratori emigrati. Roma 1977, in: ASNSL 216 (1979), 197-201 [= 1979c]. Prolegomena zu einer Geschichte des gesprochenen Französisch, in: Zur Geschichte des gesprochenen Französisch und zur Sprachlenkung im Gegenwartsfranzösisch. Beiträge des Saarbrücker Romanistentages 1979, hg. v. Helmut Stimm. Wiesbaden 1980, 1-14. Existiert ein „italiano popolare unitario"?, in: Italienische Sprachwissenschaft. Beiträge zu der Tagung „Romanistik interdisziplinär" (Saarbrücken 1979), hg. v. Christoph Schwarze. Tübingen 1981,99-113 [= 1981a]. Zur Theorie und Praxis von Hörverständnisübungen Italienisch, in: NM 34 (1981), 10-17 [= 1981b]. Ein Blick durch die durchsichtigen Wörter. Versuch einer Typologie der Wortdurchsichtigkeit und ihrer Einschränkungen, in: Linguistica 21 (1981), 47-72 [= 1981c]. Rez. zu Günter Hottus: Lexikalische Untersuchungen zur Interferenz: Die franko-italienische Entroe d'Espagne. Tübingen 1977 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 170], in: ASNSL 218 (1981), 204-209 [= 1981d]. Rez. zu Ulrich Koppen: Die „Dialoghi d'amore" des Leone Ebreo in ihren französischen Übersetzungen. Buchgeschichte. Übersetzungstheorie und Übersetzungspraxis im 16. Jahrhundert. Bonn 1979, in: Zeitschrift für Romanische Philologie 98 (1982), 211-213. Was passiert, wenn eine Sprache vereinfacht wird? Gedanken zu den Termini .einfach' und .Vereinfachung' in der Sprachwissenschaft, in: Varietätenlinguistik des Italienischen, hg. v. Günter Holtus / Edgar Radtke. Tübingen 1983, 107-116 [= 1983a]. Balant Itali, gemunt Hispani, ululant Germani, cantant Galli. Senso e non senso dei tentativi di caratterizzare una lingua, Veröffentlichung des Istituto Trentino di Culture. Trento o. J. [= 1983b], Une contribution historique a l'acquisition du langage par I'enfant. L'exemple de Louis XIII (*1601) a 1'äge de 3 a 9 ans, in: Linguistica 24 (1984), 177-191. Gesprochenes Französisch zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Direkte Rede in Jean Horoards „Histoire particuliere de Louis XIII" Tübingen 1985 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 204]. Morphologie und Syntax der Relationsadjektive (RA) im Rumänischen: Spezifisches und Gemeinromanisches, in: Rumänistik in der Diskussion. Sprache, Literatur und Geschichte, hg. v. Günter Holtus / Edgar Radtke. Tübingen 1986, 317-338 [= 1986a]. II viaggio Viennese del professore. *II viaggio professorate a Vienna. Relationsadjektive und konkurrierende Syntagmen im Italienischen, in: Italienische Studien 9 (1986), 147-166 [= 1986b]. Rez. zu Anna Maria Perrone Capano Compagna, Testi Lucani del Quattro e Cinquecento. I Testi. Napoli 1983 [= Romanica Neapolitan^ 13], in: Zeitschrift für Romanische Philologie 102 (1986), 703-704 [= 1986c]. (zus. mit Josef Felixberger): Sprachwissenschaftliche Analyse neufranzösischer Texte. Tubingen 1987 [= Romanistische Arbeitshefte, 27; = 1987a]. Das Spiel mit Wörtern - ein überzeitliches Universale kindlichen Spracherwerbs. Ein französisches Beispiel aus dem 17. Jahrhundert, in: Neuere Forschungen zur Wortbildung und
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Historiographie der Linguistik. Festgabe für Herbert E. Brekle, hg. v. B. AsbachSchnitker/J. Roggenhofer. Tübingen 1987,211-224 [=1987b]. Rumänisch. Interne Sprachgeschichte und Entwicklungstendenzen. II. 19. und 20. Jahrhundert, in: LRLIII. Tübingen 1989, 334-346 [= 1989a]. Le langage du Prince, in: Journal de Jean Horoard, modecin de Louis XIII, hg. v. Madeleine Foisil. Paris 1989, 189-214 [= 1989b]. Roma: stato attuale delle ricerche sulla situazione linguistica, in: La dialettologia italiana oggi. Studi offerti a Manlio Cortelazzo, hg. v. Günter Holtus / Michael Metzeltin / Max Pfister. Tübingen 1989, 313-324 [= 1989c]. (zus. mit Arnulf Stefenelli, Hgg.): Studien zur romanischen Wortgeschichte. Festschrift für Heinrich Kuen zum 90. Geburtstag. Wiesbaden / Stuttgart 1989 [= 1989d]. Musikterminologisches aus dem Journal d'Heioard, in: Ernst / Stefenelli 1989, 71-81 [= 1989e]. Rez. zu Günter Holtus: La versione franco-italiana della .Bataille d'Aliscans': Codex Marcianus fr. VIII (= 252). Tübingen 1985 [= Beihefte zur Zeitschrift für Romanische Philologie, 205], in: ASNSL 226 (1989), 457-460 [= 1989fJ. Die Latinismen des Italienischen in DELI und LEI, Linguistica 31 (1991; = FS Tekavöic), 185-200 [= 1991a]. Important a secolului al XIX-lea pentru fixarea locului limbii romäne intre limbile romanice, Limbäsi HteraturäNR2 (1991), 101-111 [= 1991b]. (zus. mit Evelyn Wimmer): forfait oder walk over für das Französische? Zum relatif ä la terminologie du sport, in: Language and Civilisation. A Concerted Profusion of Essays and Studies in honour of Otto Hietsch, ed. by C. Blank. Bern u.a. 1992, 683-699 [= 1992a]. (zus. mit Peter Stein / BarbaraWeber, Hgg.): Beiträge zur rumänischen Sprache im 19. Jahrhundert. Akten des Kolloquiums „Die rumänische Sprache im 19. Jahrhundert", Regensburg 24 .-26.4.1990. Tübingen 1992 [= 1992b]. La ce punct au ajuns studiile despre limba romänä din secolul al XIX-lea?, Ernst / Stein / Weber 1992, 3-11 [= 1992c]. (zus. mit Barbara Weber, Hgg.): Deutsch-rumänische Sprach- und Kulturbeziehungen im 19. Jahrhundert, Kalimünz [= Schriftenreihe des Osteuropainstituts Regensburg / Passau, 13; = 1992d]. Rez. zu Peter Rickard: The French Language in the seventeenth Century. Contemporary Opinion in France. Cambridge 1992, in: Romanische Forschungen 104 (1992), 413-416 [= 1992e]. Eine Kindheit am französischen Königshof: Ludwig XIII. im Journal d'Horouard. Sendung Soiree des SWF. 15.2., 21-23 Uhr [= 1992f]. Rez. zu La lingua francese nel Seicento. Prefazione di Maurice Gross. Bari / Paris 1989, in: Romanische Forschungen 104 (1993), 416-420 [= 1993a]. Rez. zu Wilhelm Kesselring: Dictionnaire chronologique de la langue fran^aise: Le XVIIe siecle. Tome I: 1601-1606. Heidelberg 1989, in: Romanische Forschungen 105 (1993), 135-138 [= 1993b]. Rez. zu Werner Marxgut: Der französische Sozialwortschatz im 17. Jahrhundert. Ein Beitrag zur paradigmatischen Semantik. Wilhelmsfeld 1989, in: RLiR 57 (1993), 558-561 [= 1993c]. Konvergenz in Wortbildung und Semantik romanischer Sprachen am Beispiel der Nomina qualitatis, in: Konvergenz und Divergenz in den romanischen Sprachen. Romanistisches Kolloquium VIII, hg. v. Wolfgang Dahmen u.a. Tübingen 1995, 65-84 [= 1995a]. Zur Herausgabe autobiographischer Non-Standardtexte des 17. (und 18.) Jahrhunderts: für wen? wozu? wie?, in: Studien zu romanischen Fachtexten aus Mittelalter und früher Neuzeit, hg. v. Guido Mensching / Karl-Heinz Röntgen. Hildesheim 1995,45-62 [= 1995b]. Rez. zu Claus-Detlef Hagenberg: Der unbekannte Malherbe. Untersuchungen zur Übersetzung des 33. Buches des Titus Livius. Bonn 1994, in: RLiR 59 (1995), 590-594 [= 1995c].
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Rez. zu Elke Sallach: Studien zum venezianischen Wortschatz des 15. und 16. Jahrhunderts. Tübingen 1993 [= Beihefte zur Zeitschrift ftlr Romanische Philologie, 249], in: Romanistisches Jahrbuch 46 (1995), 183-185 [= 1995d]. Sintassi del dialetto / sintassi del parlato, in: Neue Wege der romanischen Geolinguistik, hg. v. Edgar Radtke / Harald Thun. Kiel 1996, 459-473 [= 1996a]. Heinrich Kuen, in: Lexicon Grammaticorum, hg. v. Harro Stammerjohann. Tübingen 1996, 535-536 [= 1996b]. Die Nachfolger von lat. EX- im LEI, in: Italica et Romanica. Festschrift für Max Pfister zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Gunter Holtus / Johannes Kramer / Wolfgang Schweickard. Tübingen 1997,45-70 [= 1997a]. (zus. mit Barbara Weber): Jacques-Louis Monstra (1738-1803(7)) und sein ,gibier fdminin' Ein Mann über Frauen, Liebe, Sexualität, in: Sprache und Geschlecht in der Romania. Romanistisches Kolloquium X, hg. v. Wolfgang Dahmen u.a. Tübingen 1997, 205-221 [= 1997b]. Rez. zu Anne Sancier-Chateau: Une esthotique nouvelle: Honoro d'Urfo correcteur de L'Astree (1607-1625). Genove 1995, in: RLiR 61 (1997), 571-573 [= 1997c], Kontrastive Untersuchungen I. Rumänisch und andere Sprachen, in: LRL VII. Tübingen 1998, 757-778 [= 1998a]. Italienische Sprachkultur im Überblick, in: Europäische Sprachkultur und Sprachpflege, hg. v. AlbrechtGreule /Franz Lebsanft. Tübingen 1998, 195-213 [= 1998b], (zus. mit Alois Hahn / Ulrich Schulz-Buschhaus): Zukunftsperspektiven der Romanistik, in: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch, Neue Folge 39 (1998), 277-296 [= 1998c]. Rez. zu Wendy Ayres-Bennett: A History of the French Language through Texts. London / New York 1996, in: ZFSL 108 (1998), 264-268 [= 1998d]. Zwischen Alphabetisierung und .francais populaire ocrit' Zur Graphic privater französischer Texte, in: Sociolinguistica. Internationales Jahrbuch ftlr europäische Soziolinguistik. 13.
Historische Soziolinguistik, hg. v. Ulrich Ammon / Klaus J. Mattheier / Peter H. Neide. Tübingen 1999, 91-111 [= 1999a]. La ,Toskanisierung' un quarto di secolo dopo, in: Roma e il suo territorio. Lingua, dialetto e societa, a cura di Maurizio Dardano et al. Roma 1999, 11-28 [= 1999b]. Der schlechte Ruf der Ente in europäischen Sprachen. Konvergenzen und Divergenzen in Idiomatik und Metaphorik, in: Romania una et diversa. Philologische Studien ftlr Theodor Berchem zum 65. Geburtstag, hg. v. Martin Guille / Reinhard Kiesler. Tübingen 2000, Bd. l,87-106[=2000a]. (zus. mit Martin-Dietrich Gießgen / Christian Schmitt / Wolfgang Schweickard): Une histoire des langues romanes - pourquoi et comment?, Actes du XXII' Congres International de Linguistique et de Philologie Romanes. Bd. II. Les nouvelles ambitions de la linguistique diachronique. Tübingen 2000, 185-189 [= 2000b]. (zus. mit Barbara Wolf): Textes franpais privis des XVII C et XVIII 0 siecles. CD-Rom l: La ,Chronique memorial' de Pierre Ignace Chavatte. Tübingen 2001 [= Beihefte zur Zeitschrift ftlr Romanische Philologie, CD-Rom zu Beiheft 310]. i.Dr. = italienische Übersetzung der Toskanisierung
Hans Goebl
Der „Francis Allemand ou plutot L'Allemand naturalise Fran9ois" von Jean Collmard Vorstellung eines wenig bekannten Sprachlehrwerks aus dem Jahr 1688
Lieber Gerhard! Auf den Gabentisch eines - neben vielen anderen Bereichen - auch für das DixSeptieme speziell ausgewiesenen Festeggiando gehören vorrangig Thematiken aus eben dieser Zeit. So war es eine doppelt gluckliche Fügung, als mir vor einigen Jahren ein anglistischer Kollege ein kleines, sehr historisch anmutendes Büchlein mit der Bemerkung in die Hand drückte, daß dieses bei einem Romanisten wohl besser als bei einem Anglisten aufgehoben sei. Bei näherem Zusehen entpuppte sich dieses hochwillkommene Präsent als die 1688 in Jena gedruckte Originalausgabe eines Französischlehrbuchs von Jean alias Johann Collmard, die in den einschlägigen Fachdiskussionen der letzten 100 Jahre nur ganz selten (Flechsig 1965:26-31 und Schröder 1980:133) zitiert wurde bzw. wird: ein echtes Rarum bibliographicum also. So ist es mir eine ganz besondere Freude, Dir hier dieses Sprachbuch in geraffter Form schriftlich und auch „bildlich" vorzustellen. Ad multos, iucundos et (in linguisticis) fecundissimos annos!
l. Formalia, Titel, Autor und Verlag Die mir vorliegende Originaledition ist im wahrsten Wortsinn ein Taschenbuch: die Außenabmessungen betragen (Breite mal Höhe mal Dicke) rund 9 mal 13,5 mal 2,5 cm. Der Erhaltungszustand ist - abgesehen von geringfügigem Wurmfraß im Bereich des Titelblatts - vorzüglich und gestattete ohne weiteres die Herstellung einer (natürlich deutlich vergrößerten) Arbeitskopie. Im Chronologischen Verzeichnis französischer Grammatiken [...] von E. Stengel (1890) figuriert unser Traktat auf Seite 58 unter der Laufnummer 189, leider unter einem leicht entstellten Autorennamen: statt richtig (Johann) Co//mard heißt es dort fälschlich Co/mard. Das Vorhandensein ist im deutschsprachigen Raum für drei Bibliotheken nachgewiesen, nämlich für jene von Göttingen, Jena und Weimar. Der Titel ist zweisprachig gehalten: linkes Blatt französisch (in Antiqua), rechtes Blatt deutsch (in Fraktur). Die beiden Titelblätter sind schwarz und rot bedruckt und wurden ganz offensichtlich erst nachträglich in den bereits fertigen Band eingeklebt. Die beiden Versionen des Titels lauten in extenso folgendermaßen:
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Hans Goebl
Französisch: Le Francois Allemand ou plutöt L'AHemand naturaliso Francois, c'est dire line Instruction claire & facile, par laquelle un Allemand ou un autre Etranger peut non seulement apprendre a entendre le Francois sans beaucoup de peine, mais encore a le prononcer avec autant de deücatesse & aussi distinctement qu'il est jamais possible: Avec De nouvelles Remarques tres-utiles & fort necessaires, Pour apprendre la propriete* & I'usage de toutes les parties d'oraison bien plus facilement que beaucoup de Grammairiens ne I'ont montro: Lesquelles Remarques n'ont encore jamais 6td sous la presse, mais a present mises au jour ä Futilitd & pour le service de tous les amateurs de la langue francoise par J. Collmard. Deutsch: Der in Frantzösischer Sprache sonsten Teutsche hier aber Naturalisierte Frantzoß, das ist: Eigentliche und deutliche Anweisung wie ein Teutscher oder anderer Ausländer die Französische Sprache ebenfals so gut begreiffen und rein und deutlich prononciren kann, als es immer möglich ist: Wobey zugleich Alle nöthige und neu erfundene Rationes Grammaticae zubefmden, Darinn man aller Partium Orationis Eigenschaft und Usum weit eher als aus vielen anderen Grammairen fassen kan; Welche hiebevor niemals ausgegangen, itzo aber allen Liebhabern der Sprache zu Dienst ans Licht gegeben worden von Johann Collmard. Ein Inhaltsverzeichnis fehlt und wird daher anschließend (Abschnitt 3.1.) nachgetragen. Nach den beiden Titelblättern folgen - erneut zweisprachig - eine „Dedicace" bzw. „Zuschrifft" an den damaligen Jenenser Landesherrn Kurfürst Johann Georg IV. von Sachsen, Jülich, Cleve etc. (A3-A6) und eine Widmung an das Publikum „Au Lecteur" bzw. „An den Leser" (A7-A11 sowie B1-B12). Dem schließt sich der eigentliche Textteil mit 360 Seiten an. Die Menge offensichtlicher Druckfehler hält sich durchaus in Grenzen. Für die verbleibenden bittet Collmard seine Leser im Vorwort (B 12) explizit um Nachsicht: „[...] de ne me pas imputer celles de impression, n'ayant pas ete" sur les lieux ou on 1'a imprime" pour y pouvoir donner ordre comme je 1'aurois bien voulu" bzw. „[...] und mir diejenigen Fehler nicht zu rechnen die im Druck versehen sind. Denn ich bin nicht selbst zugegen gewesen, und habe also den Drucker nicht können ordre geben wie ich wohl gewünscht und auch gewolt." In toto enthält das Buch somit nach den beiden Titelblättern exakt 402 (= 8 + 10 + 24 + 360) Seiten Text. Über den Autor Jean bzw. Johann Collmard kann - trotz intensiver Recherchen in der einschlägigen Refuge-Literatur und bei mehreren Hugenottenorganisationen in Deutschland - weiterhin nur das als bekannt gelten, was er selbst im Vorwort seines Buches über sein Schicksal mitteilt. Die französische Version dieses autobiographischen Hinweises (A9-A10) lautet wie folgt: „Etant venu en Allemagne il y a environ quatre ans ä dessein d'y faire un petit sejour, tant pour y apprendre la langue du pais, que pour satisfaire en meme tems ä la curiosito qui doit €tre commune ä tous ceux qui veulent s'attacher ä plaire aux honnetes gens, qui est de s'etudier ä connoitre les moeurs des peuples e"trangers pour mettre en pratique les bonnes & pour eViter les mauvaises: Et comme on ne saurait rien faire de rien, & que ne peut pas non-plus vivre de air, me trouvant ainsi dans L'Allemagne denuö de toutes les assistances temporelles,
Der „ Franqois Allemand ou plutöt L 'Allemand naturalise Franqois "
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c'est a dire, Stranger sans Parens ni amis, sans Patrons ni Protecteurs, & de plus en tres mauvaise intelligence avec le favorit de la Fortune: II fallu enfm pour trouver remede ä l'etat infortune dans lequel je me voyois reduit par l'Eloignement de mon pais, avoir recours au si peu d'etude que je pouvois avoir, pour m'en servir ä enseigner le Fra^ois, en m'expliquant en Latin du mieux qu'il etoit possible, ne sachant pour lors encore pas un seul mot d'allemand." Collmard ist demnach bereits ein Jahr vor der Aufhebung des Edikts von Nantes (1685) nach Deutschland gekommen. Die Vermutung K. Schröders (1991,1, 249-250), daß er Glaubensflüchtling gewesen sei, konnte somit weder erhärtet, geschweige denn bestätigt werden. Von Collmard ist zudem nur das vorliegende Werk überliefert, wiewohl er im Vorwort (B7) das Erscheinen weiterer Lehrbücher ankündigt. Die zahlreichen Querverweise auf zeitgenössische und frühere französische Grammatiker und Schriftsteller sowie die kursorischen Hinweise auf das Lateinische bescheinigen ihm die damals in Sprachmeisterkreisen übliche Vor- bzw. Ausbildung. Es hat was seine späteren Deutschkenntnisse betrifft - zudem den Anschein, daß er den deutschen Teil seines Buches weitgehend ohne fremde Hilfe verfaßt hat. Für diese Annahme sprechen unter anderem offensichtliche (aber eher seltene) Gallizismen wie „Verbalia so sich in io endigen" (136, offenbar calquiert nach: se terminent en ...) oder „welches man im Lateinischen durch quinimo giebr (240, nach: ... que l On rend en latin par...). Seine Lehrtätigkeit in Jena erfolgte - sofern sie überhaupt auf diese Stadt beschränkt war und er sie nicht auch woanders ausübte - in Konkurrenz zu einem an der Universität Jena bereits seit einiger Zeit wohletablierten Französisch- und Italienischunterricht, wofür zwischen 1662 und 1707 der zum lutherischen Glauben konvertierte Dominikaner Carolus Caffa die Hauptverantwortung trug (cf. dazu Strauss 1992:209-211 und Schmidt 1931:89-90). Caffa, der überdies ursprünglich aus Rom stammte, hatte damals das Recht, alle in Jena gedruckten bzw. publizierten Lehrbücher der neueren Sprachen gegen ein bestimmtes Seitenhonorar zu zensieren und zu korrigieren (cf. Strauss 1992:211), und wird daher wohl auch mit Collmards Französischbuch zu tun gehabt haben. Der wahrscheinlich wichtigste Konkurrent Collmards in Jena und Umgebung war aber der überaus aktive und durch zahlreiche Lehrwerke bekannte Sprachmeister Jean Menudier, dessen Hauptwerk (Le secret d'apprendre la Langue Franfoise en riant [...], Frankfurt und Leipzig 1680 sowie erneut 1681 in Jena) beim Jenenser Verlag Johann Bielcke erschienen war, also genau dort, wo auch Collmards Franfois Allemand veröffentlicht wurde. Das Verlagshaus Bielcke war damals eines der größten in Jena. Es existierte ungefähr zwischen 1660 und 1740 (cf. Lütge 1929:113-114). Die für das Jahr 1688 bezeugte Verlagsproduktion belief sich auf 47 gedruckte Titel (LUtge 1929:113). Stengel (1890:58) gibt in seinem Chronologischen Verzeichnis keinen Hinweis auf den Erscheinungsort Jena und begnügt sich mit dem dürren Vermerk „o.O.". Da am Titelblatt aber deutlich „chos Jean Bielcke" bzw. „Bey Jo. Bielcken" aufscheint und dieser Verleger auch in der Fachliteratur notorisch ist, wird die Frage des
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Erscheinungsortes somit hinfällig. Überdies verweist Collmard in diversen (französischen) Übungssätzen mehrfach auf Jene (= Jena; z.B. 216, 337 etc.) sowie auf Weymar und auch auf Eisenach (295).
2. Sprachdidaktische Ausrichtung Innerhalb der in der Fachliteratur (z.B. Dorfeid 1891/92, Lehmann 1904, Kuhfuß 1976, Schmidt 1931, Weller 1980) immer wieder zitierten Dichotomie zwischen den eher „induktiv" (d.h. konversatorisch-sprachpraktisch) und den eher „deduktiv" (d.h. grammatikalisch-formal) ausgerichteten Lehrbüchern ist Collmards Werk unzweifelhaft der zweiten Kategorie zuzuordnen. Es enthält weder Mustergespräche noch nach Sachgebieten geordnete Wortlisten. Seine Besonderheit - die es auch nach dem Willen seines Autors vor anderen Lehrwerken auszeichnen sollte - bestand im speziellen Augenmerk, das Collmard auf die praktische Vermittlung der von ihm als normgerecht angesehenen Aussprache des Französischen legte. Er bediente sich dabei sehr konsequent einer besonderen phonetischen Umschrift für einzelne Wörter, ganze Sätze und sogar für einen längeren Beispielstext (franz. Übersetzung zu Terenz, Andria, l. Akt, l. Szene, 48-71; siehe auch die beigegebene Abbildung). Diese Transkripte erfolgen immer in Fraktur. Schon A. Streuber (1916:247-249) hat dieses Verdienst Collmards gewürdigt, wiewohl letzterer keineswegs als Begründer oder gar Erfinder dieser seit den 30er Jahren des 17. Jahrhunderts immer intensiver angewendeten Technik gelten kann. Collmards „Fra^ois Allemand" repräsentiert grosso modo eine konsequent auf Phonetik und Morphologie zentrierte Sprachlehre (A10): „[...] de ma Prononciation, qui fait le principal sujet de l'impression de ce livre, avec usage des articles, des pronoms, des verbes & des adverbes, comme aussi de toutes les Parties d'oraisons eclairci & expliquo par des exemples tres faciles a comprendre [...]". Auf den zusätzlichen Einbezug auch der Syntax hat Collmard allerdings explizit im Vorwort (B9) verzichtet. Da er aber jedes seiner Haupt- und Nebenkapitel mit zahlreichen Beispielen in der Form kürzerer Syntagmen, Sätze oder entsprechend ausgewählter Lexeme ausstattet, hat sein Traktat auch ein erhebliches lexikalisches Interesse. Von den außerhalb Frankreichs tätigen Sprachmeistern zitiert er den weiter oben bereits erwähnten Jean Menudier (15, 208), ferner Nathanael Duez (19, 16), sowie Jean Meyer (16) und Laurent Chi(f)flet (148, 153), leider ohne jegliche Angabe der eingesehenen Opera bzw. der benutzten Editionen. Allerdings flicht er gelegentlich Hinweise darauf ein, in welcher Beziehung seiner Meinung nach diese Lehrwerke zueinander stünden bzw. inwieweit sie voneinander abgeschrieben hätten. Nun sind die fraglichen Grammatiken über Stengel 1890 leicht eruierbar: Menudier: 1680: Le secret d'apprendre la Langue Franc, oise en riant [...]; Duez (oder Dhuez): 1639-1674: Le vrai et parfait guidon de la
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Langue Franc, oise; Meyer: 1683: Le maltre de langues muet [...]; Chifflet: 1659-1688: Essay d'uneparfaite grammaire de la langue franqoise. Aus der Schar der stricto sensu „französischen" Grammatiker wird ganz besonders oft (Gilles) Me~nage (1613-1692; unter einmaligem, explizitem Hinweis auf seine Observationibus [von 1672], 141) zitiert. Daneben wird aber auch auf (Dominique) Bouhours (1628-1702), (Fromont) d'Ablancourt (1625-1693), (Fran9ois de) Malherbe (1555-1628), (Olivier) Patru (1604-1684) und auf (Claude Favre, Sieur de) Vaugelas (1585-1650) - allerdings ohne irgendwelche Werkangaben - verwiesen. Als vorbildhaft erwähnt Collmard - wobei ich genau seine Zitierweise übernehme - u.a. die folgenden Autoren: (Jean-Antoine de) Baif (1532-1589), (Pierre) Corneille (1606-1684), (Guillaume Dubois) Critin (ca. 1465-1525), (Jean Ogier de Gombauld) Gombaud (1580-1666), (Jean Regnault) de Segrais (1624-1701), (Philippe) Desportes (1546-1606), (Guillaume de Salluste, Seigneur Du Bartas) Du Baritas [sie] (1544-1590), (Joachim) Du Bellay (15221560), (Jean) Mairet (1604-1686), (Cloment) Marot (1496-1544), (Pierre) Motin (1566-1613), (Paul Pellisson-Fontanier) Pelison [sie] (1624-1693), (Pierre de) Ronsard (1524/5-1585), (Jean-Franfois) Sarasin (1614-1654) und (Paul) Scarron (1610-1660). Leider gibt er auch hier nur in den seltensten Fällen Hinweise auf die benützten Texte. Collmard wendet sich an ein Publikum, das aus Handelstreibenden („par la necessito qu'ils en ont dans leur voyage, trafique, & correspondances", B4), reinen Liebhabern des Französischen („pour le seul plaisir qu'ils göutent de savoir une langue si belle, si douce, si agreable & si cherie de tout ce qu'il y a d'honetes gens en Europe", B4) sowie aus Höflingen („un jeune Cavallier ou un autre qui a dessein de s'insinuer en cour", B4) besteht. Dieses Publikum verfügt idealiter über gewisse lateinische Vorkenntnisse und erlernt das Französische zunächst in Deutschland, um es nachher in Frankreich - allerdings ohne jede Erfolgsgarantie, wie Collmard kritisch anmerkt (B5) - zu perfektionieren. Die größten Lern- bzw. Kommunikationsprobleme für sein deutsches Publikum sieht er in der Schnelligkeit (und damit schlechten Versteh- und Nachahmbarkeit) des in Frankreich üblichen Redeflusses und auch in der - offenbar diastratisch und diatopisch gemeinten - Variation des Französischen. Hinsichtlich diastratischer Unterschiede verweist er anhand konkreter Beispiele mehrfach auf den Gegensatz zwischen einer höheren („Diskuriren", 11; „in Predigten, disputiren, und peroriren", 115; „zu Hof, 93; „Oratoria und Concionibus", 114) und einer niederen Sprechform („in gemeinen Reden", 252), erwähnt aber bisweilen auch, daß zwischen den zitierten Varianten geringe bzw. sogar vernachlässigbare Unterschiede bestünden (z.B.: „Chasseur, ein Jäger; es sagen etliche schaßör, andere schaßö, es ist aber nicht viel daran gelegen, doch ist schaßö in plurali mehr gebräuchliger, und schaßör in singularf", 107). Hinsichtlich vermeintlich diatopischer Variationen in dem von ihm gegenüber seinen Schülern als vorbildlich angesehenen usage des zeitgenössischen Französischen zitiert er mehrfach kritisch - und dabei einer schon älteren Imagologie folgend (cf. Thurot 1883, II: Index: s. v. Gascons, Provenqaux, Nor-
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mands) - die „Gasconier" (146, 148) sowie die ^JProvenqaux" und die ,florma-
3. Inhalt und linguistische Bewertung Es sei einleitend ausdrücklich festgehalten, daß hier keineswegs eine profunde linguistische Analyse, sondern nur eine kurze, allgemeine Präsentation der linguistischen Substanz des Sprachlehrbuches von Collmard bezweckt wird.
3.1. Kommentierte Inhaltsübersicht Die folgende Aufstellung bezieht sich auf den eigentlichen Textteil des Buches, der - immer in der oberen Seitenmitte - von Seite l bis 360 durchpaginiert ist. Die Gliederung umfaßt zwei Teile („Der Erste Theil": 1-125; „Pars II": 126360), die jeweils in zwei bzw. vier „Sectiones" zerfallen, welche ihrerseits eine stets einstellig verbleibende Menge von „Capita" umfassen. In der Folge wird bei vollständigen Zitaten aus Collmard der von ihm nach zeitgenössischem deutschem Brauch konsequent befolgte Kontrast zwischen Antiqua und Fraktur beibehalten.
Der Erste Theil, l Sectio L, l Caput L Von der Pronunciation der Buchstaben und Syllaben insgemein., l Vorstellung der „zwey und zwantzig Buchstaben" des Französischen, v.a. mittels einer alphabetischen Liste, die Über die Aussprache verschiedener Graphemgruppen bzw. Morpheme informiert, in denen diese „Buchstaben" vorkommen. Besonderheiten: die Sequenz aign (in baigner, daigner etc.) scheint wie [eii] und die Graphemfolge ail wie [et] - »als älje", 3 - gelautet zu haben. Ein deutlich palatales l scheint auch für Graphemfolgen wie eille (treille, veille), oeil und eill (oeil, oeillet,feuilleter,fauteuH) und uille (cuillier) gegolten zu haben; cf. Thurot (1883, 11:143-146, 683-685), Rosset (1911, 11:320-323), Nyrop (1914, 1:337-342) und Fouchi (1969, 11:301, 347; 11:677). Sehr differenziert werden die Nasale beschrieben: implosives am, em und en sollen „als ang" - also mittels [ä] - realisiert werden, aim (in faim, essaim, 3) „als eing", ien (in chien, bien, rien, sien, 8) „a/s iäng". An derselben Stelle gibt Collmard für chien auch die Lautschrift schijn an. Dennoch nehme ich an, daß den Lautschriftnotationen eing, äng und ijn weitgehend
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derselbe Lautwert, nämlich [e], zuzumessen ist: cf. dazu auch Thurot (1883, : 436-440), Rosset (1911. : 166-171), Nyrop (1914, I: 217-230) und Foucho (1969, II: 379-382). Numerusspezifische Quantitätsdifferenzen werden für Substantive wie Loy und Roy bezeugt (11): der Singular habe kurz, der Plural lang ausgesprochen zu werden. Für Formen wie soyez, voyez gilt [we] als Normalaussprache und [e] als „Sonntags"aussprache: ,Jn Discuriren -wird Soyez besser säje ausgesprochen als Soyez [sie; irrtümlich statt Soäje]", 11.
Caput II. Von den Wörtern die mit einem Consonante und einem e_ ohne Accent anfangen, in welchen das e nicht ausgesprochen wird., 16 Nichtrealisierung („verschweigen") des e [muet] in Anlautgruppen wie be(benet, ein einfältiger Tropffals bnä, 18), ce- (cela, lieseßla, 19), de- (deca. disseits, liese dßa, \9),fe- de feray, lieset schfre, 20), ge-,je-, le- etc. bis ve-. Präsentation von bis zu einem Dutzend Beispielen pro Anlautgruppe mit z.T. ausführlichen Exkursen zu deren Aussprache unter regelmäßig erfolgender Angabe von deren deutscher Bedeutung (bei Ausnützung des Schriftkontrastes zwischen Antiqua und Fraktur): cf. auch Fouche" (1969, 11:524-527).
Caput III. Von der Aussprache der Particuln die gleichfalls ein e_ ohne Accent haben., 28 Aussprache einfacher (je, me, te etc.) und kombinierter (de me, je ne, qui me etc.) vfarticuln": z.B. Je me, liese schäm; je_ n 'etois schnötä, beide 30; allerdings wird fur j'etois später (250) die Aussprache schetä empfohlen. Besprechung auch komplexerer Fälle wie: je ne le feray pas schnölfräpa oder: je ne te l 'envoyeray pas, liese schönt lanworepa (beide 31).
Caput IV. Von denen Pronominibus., 33 Aussprache von Personal-, Demonstrativ- und Relativpronomina. Besonderheiten: für U dit (etc.) gilt die Aussprache idi (33); für eile dit sind aber alternativ die Lautungen ädi (Hofaussprache) und äldi (Volksaussprache) anzusetzen. Ils parlent hat die Lautung i pari (cf. auch 96). Elles parlent ist als äl pari, aber auch - „zierlich" [= nach höfischer Art] - als ä parll, elles ont als älsong und - „zierlich" - als äßong auszusprechen (35). Ausführlich werden Probleme der Liaison und der Realisierung von Auslautkonsonanten erörtert: z.B. donnez nous-en als donne nus=sang (36) oder: „pour les enfants, liese puläsanfang" (35).
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Caput V. Von den Worten Certain. Null, tout, peut etre &c.. 42 Behandlung von Syntagmen wie chaaue homme schackomm, chaaues hommes schock ßomm. Besonderheit: Längung im Plural: certains Uwes sertäine [Endung lang] liver gegenüber certain enfant ßerläinnanfane [-äin- wird darin kurz ausgesprochen]. Einer der von Collmard im Vorspann beklagten Druckfehler liegt ganz eindeutig in der folgenden Passage vor (43): „M// cheval, als nülschwal, in plurali wird das s zum folgenden Vocal gezogen, folget aber ein Consonans wird es verschwiegen, e. s. Nuls enfans, als nül [sie; richtig: nül ß-] anfang, nuls suiets als nülsüschä". Der Text läßt eindeutig für nuls enfans die Aussprache nülßanfang erwarten.
Sectio II., 45 Caput L Etliche Vorbereitungen zur Pronunciation folgender Scene., 45 Hinweis auf spezielle Liaison-Fälle wie c 'est autre chose, wofür Collmard sä otschos gegenüber geläufigem sät otschos präferiert (46).
Caput II. Erste Scene aus Terentii Andrie., 48 Siehe die beigefügte Abbildung. Abschließend folgt eine Diskussion (7273) der Aussprache von mit den Präfixen ob- (in objet, obvier etc.) und ad(in adjacent, adjoint etc.) beginnenden Wörtern: b und d seien auszusprechen, nur die „Gasconier" (72) täten dies nicht.
Caput III. Anhang, wie b und d, h und s auszusprechen, it. [em] wie e_ und £ am Ende verschwiegen wird., 74 Zur Aussprache von Wörtern mit initialem h- (hennir, habit), finalem -f(cerf ein Hirsch, wie ßär, 87), finalem weiblichem -e (une belle femme, liese ün ball famm, 87) und präkonsonantischem s (von alabastre, apostat bis zu viscosite und zest), „in welchen das s muß pronunciert werden" (77; 77-86).
Caput IV. Von der Aussprache der Syllaben tio, en, ent, ment, er_, ir_, m und oir in lauter General-Reguln., 88 Besonders interessant sind die zu den Buchstabengruppen en, em (z.B. in antienne, chienner, chien-lit, ebene, gemme, mien, mienne etc.) angeführten Fälle, denen Collmard in toto - also ohne Unterscheidung zwischen explosiven (wie mienne) und implosiven (wie mien) Situationen - die nasale Aus-
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spräche äng (91) - also [e] - zuweist. Damit dokumentiert er den - damals wahrscheinlich bereits geschwächten - Fortbestand des nasalen Vokals auch in mienne (neben mien), sienne (neben sien), chienner (neben chien-lit): cf. Thurot (1883, II:429ff.) sowie Fouchö (1969, 11:371-372 und 385-386). Dem Suffix -oir schreibt Collmard die Aussprache oä - also mit Fall des finalen-r-zu (99-104).
Caput V. Von der Sylbe m, wie sie im Französischen ausgesprochen wird., 104 Die Nasalität des Vokals scheint bei -ine gänzlich geschwunden zu sein: ,jluszustin, Augustine, liese ogüstäng, ogüsline", 105: cf. Thurot (1883, 11:477-480), Rosset (1911,1:175-177) und Fouchas Pronomen ma leidet in liebkosen auch den Apostrophum, e. g. m 'amie, m'amour." (123). Bei grande differenziert Collmard: nach une behalte es den weiblichen Auslaut, ansonsten falle dieser: ce n'est pas grand'chose, aber: une grande chose (124). Explizit wird aber fur grand'mere dieselbe Aussprache des Wortanfangs postuliert -grangmär - wie sie für grand pere dokumentiert ist (125): cf. Thurot (1883,1:175 und 11:453) sowie Nyrop (1914, 1:220-221).
Pars II., 126 SectioL, 126 Caput I. Von den Numeris, den Wörtern die nur einen Numerum haben oder sich gar nicht decliniren lassen., 126 Verschiedene Probleme der Pluralbildung (travail-travaux, aber poitralpoitrals: cf. dazu Thurot (1883,11:73-78); ferner enfant-enfans etc.; fehlender Plural wie bei l Or und l'argent; idiomatische Fragen der Pluralverwendung: l'haieine luy sent I'ail und nicht les aux, 130). Explizit vermerkt Collmard erneut die (vokalische) Längung des Plurals: ,,[le] pere, liese pär, Peres aber m Plurali liese pärr." (126).
Caput II. De Genere. Von dem Geschlechte der Wörter sofern sich 's in gewisse Reguln bringen last., 134
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Versuch, die Genusverwendung des Französischen in neun „Reguln" zu fassen, nebst einer - alphabetisch nach Morphemen geordneten - Liste von Ausnahmen (137-141). Kuriosum: man habe zu sagen les bords de la Moselle, aber (le) vin de Moselle (142).
Caput III. Von denen Nominibus Dubii Generis., 143 Alphabetische Liste von Wörtern mit doppeltem Geschlecht (z.T. mit episodenhaften Verweisen: z.B. zur Frage von le oder la comete: „So sagte einer schertzend, man müßte es unter dem Schweiff oder Schwantz sehen, ob es ein Männlein oder Fräulein wäre", 144/5). Weitere Beispiele: une aide ,yHülffe" aber un aide „Träger"; un amour „in prosa", dagegen une amour „in Versen"; une garderobe „eines Weibers [sie] Schranck", aber un garderobe „ein Leib=Rock"; un horologe „bey denen Gasconiern. Provencaux, und Normaniern", doch une horologe „wie es unsere guten Authores gebrauchen." (148).
Caput IV. Von den Adjectivis die aufe ohne Accent ausgehen.,155 Alphabetische Liste von geschlechtsindifferenten Adjektiven auf -e (von abominable, acostable bis vulgaire und yvre „truncken, besoffen").
Caput V. Von denen Adjectivis die auf ein e_ mit dem Accent und auf ein f ausgehen., 166 Alphabetische Liste von oxytonen Adjektiven, stets mit zusätzlicher Angabe der weiblichen Endung (von „accoütume, accoutumee. gewohnt, abandonne, ee, zugeneigt" [in dieser alphabetischen Abfolge] bis „zele, ee, Eiferig, voller Eifer" sowie von actif, active bis „recreatif. ive, ergötzlich").
Caput VI. Von den Adjectivis die auf ein ue_ausgehen., 174 Alphabetische Liste von Adjektiven mit oxytonem u (von abatu, abatue, aigu, e bis „tortu, e, Gekrümmet" und „ tout u, e, Dick in einander gesteckt").
Caput VII. Von den Adiectivis die aufc, /, und /£, ausgehen., 177 Nach dem konsonantischen Auslaut (auf -c, -/, -le) strukturierte alphabetische Liste (z.B. zu -el: von annuel, eile bis vital, lie).
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Caput VIII, Von den Adjectivis die aufd, t, r, s und ausgehen,\%l Nach dem konsonantischen Auslaut (auf -d, -t etc.) erstellte alphabetische Liste (z.B. blafard, de, chaud, de, content, te bis vertueux, euse). Zu Badaut, badaude findet man den folgenden Vermerk Collmards (182): ,Jiadeau [sie] de Paris, weil die Pariser solche Gecken und Narren sind, daß sie sich lassen für die geringste Begebnüß aufhalten von ihren notwendigsten Geschafften."
Caput IX, Die Adjectiva die auf n und / ausgehen., 195 Alphabetische Liste von ancien, nne bis voisin, ne und von affranchie, chie bis vrai, vraie. Für märi, rie ,JBetrübt" und mari „ein Mann" wird verschiedene Länge des postuliert. Bei der Erörterung spezieller Fragen der Stellung des Adjektivs vor oder nach dem Substantiv (ce redoutable monarque und auch umgekehrt, aber nur ce redoute monarque) äußert sich Collmard resignativ zu den Chancen eines Ausländers, das Französische wirklich gut zu erlernen (202): „[...] daher leicht zu schliessen, und zu beweisen, daß die Ausländer nimmermehr der Frantzösischen Sprache so mächtig werden können, als einer der in Frankreich gebühren, und solche vor [= für] seine Muttersprache erkennt, doch soll dieses keinen Frembden abschrecken, denn wenn sie so weit kommen, daß sie in conversation reden und in vertiruns [= Übersetzung] eines Aufhören bestehen können, haben sie in Frantzösischen zur genüge gethan, wer darinnen excelliren wil, muß von Jugend auf in Franckreich leben und sich ex professo darauf legen, wiewohl man auch viel Frantzosen findet die noch Information bedürffen."
SectioIL, 203 Caput L Von der Ordnung der Construction und den Drucker- Terminis., 203 Diskussion von Wortstellungs- und -Wiederholungsproblemen (z.B. ne point, ne rien, ne rien autre que, il n 'a ni parens ni amis etc.). Hinweis auf die Namen von Bücherformaten wie in folio, in quarto etc.
Caput II. Von denen Articulis und deren Gebrauch in der Frantzösischen Sprache., 206 Zum bestimmten und unbestimmten Artikel, unter Ansetzung der KasusOrdnung des Lateinischen. Bei der Behandlung des unbestimmten Artikels werden auch Fälle unbestimmter Quantitäten angesprochen: z.B. II n'y a plus de vin dans le pot, 213; C'est a des peres a corriger leurs enfans, 214;
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Je n 'ay point beu de bon vin ä Jene, queje sache, 216; Je ne prefererois pas volontiers le vin de Jene ä de bon vin d'Espagne, 216.
Caput III. Von den Pronominibus und ihren [sie] Usu. ,219 Vorstellung der Personal-, Possessiv-, Demonstrativ- und Relativpronomina, ferner von y und en (beide als „Particula Relativa" bezeichnet) sowie von „Nomina Indefinitorum" (certain, chaque, chacun, quelque, nul, nulle etc.) in Tabellenform und anhand zahlreicher Beispielsätze. Das unbetonte Personal- und adjektivisch gebrauchte Possessivpronomen (je chante bzw. mon pere) bezeichnet Collmard als „Pronomen [...] Conjunctivum", das betonte Personal- und das substantivisch gebrauchte Possessivpronomen (de moy bzw. le mien) als „Pronomen [...] Absolutum" (z.B. 223). De qui könne nur von Personen gesagt werden"", dont (sowie duquel, de laquelle) seien für das Reden über „Thiere und unempfindliche Sachen" reserviert (229). Die „Particula Relativa" en könne für Personen, Sachen und Örter eingesetzt werden: z.B. Parlez-vous du Roy, ouij'enparle, 225.
Sectio III.. 241 Caput I. Von der Verborum Conjugation, und den Auxiliaribus., 241 Vorstellung der kompletten Paradigmata der Auxiliarverben avoir (242249) und etre (249-256) sowie von vier weiteren Leitverben der Konjugationsklassen 1-4: acheter (256-263), finir (263-269: auszusprechen als./?«/, 269), recevoir (270-276: auszusprechen als rßewoär, 276) und rendre (277284). Collmard setzt dabei erneut seine Lautschrift sehr intensiv ein. Als terminologische Besonderheit ist anzumerken, daß er die Partizipien des Perfekts (achete) und des Präsens (en achetant) als „Supinum" und alle Infinitive mit Präposition (d 'acheter, ä acheter etc.) als „Gerundia" bezeichnet. Die Liaison zwischen Personalpronomen und vokalisch anlautendem Verb ist überall vermerkt (z.B.: vous achetez wußaschte, 256). Für die Endungen der Personen 1-3 sowie 6 des Indikativs von Imperfekt („Imperfect") und Konditional („Imperfect, l") ist als generelle Normaussprache ä dokumentiert (241 ff.).
Caput II. Usus der Temporum. Modorum. Gerundiorum & Participiorum., 284 Informiert über den Gebrauch der Tempora (Consecutio temporum, Imparfait vs. Passö simple vs. Passe" composo), von Konjunktiv, Infinitiv etc.: ein an genuin syntaktischen Hinweisen sehr reiches Kapitel.
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Caput III. Die Verba Impersonalia, Reciproca und Passiva., 296 Zu Konstruktionen wie /'/ y a, on dit, il (me) faut, den französischen Äquivalenten für dt. „es ist" und zu den reflexiven (se coucher) sowie passiven (je suis aime, loue, puni etc.) Verben. Auffällig sind das durchgängige Fehlen des Accord beim reflexiven Verbum (nous nous sommes couche, 302) und dessen konsequentes Auftreten beim „Verbum passivum" (nous sommes aimes, aimees, 309).
Caput IV. Die Verba Anomala., 309 Vorstellung von aller (nous sommes alle, ohne Accord, 312; Polymorphic: je m 'en vay ä la sale d'armes, 317, aber je m 'en vais luy exposer, B7) und sonstiger „Verba anomala" mittels einer alphabetisch geordneten Generalliste (318-330), welche die verbleibenden Konjugationen (2-4) umfaßt. Da Collmard hier leider keine Lautschriftangaben mehr macht, bleibt unklar, wie er die Aussprache von acquerir, assaillir etc. beurteilt. Wertvoll sind diverse Hinweise zu veralteten bzw. allmählich obsolet werdenden Verben (bzw. einzelnen Formen dazu) wie issir, ouir, vetir, cheoir etc.
Sectio II. [false; recte: IV.}, 330 Caput L Von denen Adverbiis.. 330 Listenartige Aufstellung von Adverbien und adverbialen Fügungen zu den „Tempora praesens, praeteritum und futurum", zur „indifferenten Zeit", zu Ort, „Grosse und Vielheit", Qualität (bien, mieux, mal etc.), Negation (non, ne, ny, nenny, nullement etc.), Affirmation, Frage, Vergleichung, „Vermahnung" (.Allons, körnt last uns fort1", 341), „Zweiffel" LJPar aventure ungefehr", 341). etc.
Caput II. Von den Praepositionibus und ihrem Usu., 344 Kürzere Liste von nach dem lateinischen Kasus-Schema geordneten Präpositionen (z.B. zu Genitiv und Ablativ: loin,pres, autour, aupres de etc.).
Caput III. Von den Coniunctionibus, was sie vor Tempora zu sich nehmen., 346 Liste von Konjunktionen, geordnet nach Indikativ und Konjunktiv sowie nach semantisch-funktionalen Kriterien: „kopulativ" (et, meme etc.), „dis-
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junktiv" (ou, ou bien etc.), „adversativ" (mais, „gins, vielmehr, ist aber nicht viel mehr in usu". 351), „kausal" (car, parceque etc.), „exzeptiv" (hormisque, sinon que etc.), „kontinuativ" (et certes, en effect etc.) und „konklusiv" (c'est pourquoy, ä raison que etc.). Abschließend liefert Collmard eine Aufstellung von „ Transitionibus, welches Redarten sind, die die vorhergehende Rede an die nachfolgende hängen" (352-357): z.B. d'ailleurs, d'autre part, sans doute, voila pourquoy, non obstant, quand bien meme, de cette moniere, de sorte que etc.
Caput IV. Von denen Inlerjectionibus. 358 Zum Bereich von Freude (bon!, Courage, Vive le Roy, m 'amie & moy etc.), Klage, Furcht (Au voleur, au voleur), Verwunderung (Voyez done), Zorn, Lob, Spott, Zuruf, Aufmunterung (Allans!, Orsusf) sowie „damit man einen heist stillschweigen" (,J*aix, paix! still, still").
3.2. Einige lexikalische Kuriositäten Ich zitiere hier nur exempli causa aus dem von Collmard verwendeten Wortschatz und gebe dabei stets die entsprechenden Paginaturen und die authentischen deutschen Übersetzungen an. Letztere könnten dabei durchaus auch für Germanisten interessant sein: immerhin hat Collmard sein Deutsch ganz offensichtlich im Lande, also im sächsisch-thüringischen Raum erlernt. Die romanistische Kommentierung erfolgt lediglich anhand des FEW und der Ausgaben von 1694, 1718, 1740 und 1762 des Akademie-Wörterbuchs (Ac). Die Anordnung der Wörter ist streng alphabetisch. Balustre, Gewitter, 78 In dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW; doch wohl als Produkt einer Kontamination der Wortfamilien zu keltisch *BELOS (FEW, I:322ff.) und lateinisch LUSTRARE (FEW, V:474ff.) deutbar. Baroir, lonze [sie] tariere, ein langer Bohrer, 100 Nicht in Ac; in dieser Bedeutung auch nicht in FEW (1:255 ff. BARRA). Besoiener, das Venus-Spiel treiben, liese bsoigne, 18 In dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW. Bezole, eine Art Fisch so in Genfer See gefangen werden, 18 Nicht in Ac, jedoch in FEW I, 383 *Bissus und 43Ib *BOMBYCEUS sowie in GPSR (11:379, sub voce bazaola).
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Biberon, ein guter Schlucker, liese bibrong, 18 Ac: beuveur qui aime ä boire. C'est un ban biberon. Siehe hier auch unter buberon. Bluteur, ein Mehl=Beutler, 107 Weder in Ac noch in FEW. Bobeliner, mit seinen derivatis flicken, liese bobline, 18 Nicht in Ac; cf. aber FEW I, 416. Siehe hier auch unter bobelineur. Bobelineur, ein Schußicker, 107 Nicht in Ac. Siehe hier auch unter bobeliner. Brachoir, ein Hammer, 100 Nicht in Ac; in dieser Bedeutung auch nicht in FEW (I:485ff. BRACHIUM). Buberon, ein Kinder=Gefäßlein, liese bübrong, 18 Dazu sub voce biberon in Ac: // se prend aussi pour un certain vase qui a un petit tuyau avec lequel on boit. Boire avec un biberon. Carreleur de Souliers, ein Schußicker als Karlödsulie, 107 In dieser Form und Bedeutung nicht in Ac; jedoch in Ac 1694: quarrelure „les semelles neuves qu On met ä des souliers". Chagrin, ne, Unlustig, 196 Als Adjektiv nicht in Ac, wohl aber in FEW (XVI:67 frk. GRINAN). Cueilleur, als il est fait comme un cueilleur de pomme. wie iläfä com üng köljödpom, er ist übel gekleidet, 108 In Ac vorhanden: On dil prov. & bassement, d'Un homme qui est mal accommode, qu 'il est fait en l comme Custode. Kast=oder Lauten=Futter, 79 In dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW (11:1595 CUSTODIA). In Ac nur: [...] // n 'a guere d"usage qu 'en parlant des rideaux ou courtines qu On met dans certaines Eglises ä coste du maistre Autel, und: se prend aussi Pour la couverture ou le pavilion qu On met sur le ciboire ou garde les Hosties sacrees. Espate, Ruder-Banck, 81 Mit dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW (VIII:29 ff. PATT-). Fenasse, Heumachung, und Fenanf, Heu=Hauffen, beide 20 Beide nicht in Ac sowie - mit dieser Bedeutung - auch nicht in FEW (III:455ff. FENUM).
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yoir, ein Ort, wo viel Fischleiche ist, 102 In dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW (III:782ff. FRICARE). Gastadour, Schautz-Gräber [= Schanzen-Gräber, Pionier], 82 Nur in Ac 1762, auch in FEW (XIV:206) als Italianismus (von guastatore). Siehe hier auch unter vastadour. Hoüeur, eine Hacke, 110 In dieser Form weder in Ac noch in FEW (XVI: 185 *HAUWA (anfrk.)). Vermutlich liegt außerdem ein Suffixwechsel (-eur anstatt von -oir) vor. Huroir, ein Eisen, womit man das Pferd heylet, 102 Hinsichtlich Form und Bedeutung weder in Ac noch in FEW (IV:515 *HURA).
Nasoir, ein Schwimplatz, 102 Hinsichtlich Form und Bedeutung nicht in Ac, wohl aber in FEW (XVII:61ff. NAVIGARE; 63a (belegt zwischen 1606 und 1715)). Niais. se, Naßhafftig, 193 In dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW (VII: 113 *NIDAX). Risdale, Reichsthaler, 85 Erst in Ac 1762; laut FEW (XVI:691) seit 1669 als risdale belegt. Rochoir, das Berggrün In dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW (X:435 *ROCCA). Vielleicht ist damit ein Mineralsalz wie Alaun oder Borax gemeint. Savoir ohne £_ist viel besser und muß ohne c_[sic] geschrieben werden, nach Mons. Menag. weil er es von sapere deriviren lasset. Die aber, welche in Scavoir ein £ schreiben, lassen es von scire derivieren, 13 Soupir, ein Säuffer [= ein Seufzer] und Soupir d'Allemand, ein Rültz [= Rülpser], beide 99 Letzterer Idiomatismus nicht in Ac, wohl aber in FEW (XII:474ff. SUSPIRARE; 474b (belegt ab 1640; daneben auch soupir de Dannemarc)). Toutu, e, Dick in einander gesteckt, 177 Nicht in Ac, doch in FEW (XIII:87 TORQUERE). Trottoir, der Ort, da man ein Pferd traben lehret. Rennebahn, 104 Mit dieser Bedeutung weder in Ac noch in FEW (XVII:371ff. afrk. *TROTTON).
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Vastadour, ein Schantzgräber, 86 Siehe weiter oben unter zastadour.
4. Schlußbemerkung Daß auch die außerhalb Frankreichs bzw. für ein nichtfrankophones Publikum verfaßten Grammatiken bzw. Sprachlehrbücher von eminenter Bedeutung für die Geschichte der französischen Sprache sind, ist in jüngerer Zeit mehrfach von Christian Schmitt (z.B. 1980 und 1995) unterstrichen worden. Es wäre somit durchaus lohnenswert, die vor mehr als einem Jahrhundert von Charles Thurot unternommene Synopse unter Einbeziehung der zwischenzeitlich dazugekommenen neuen Erkenntnisse und - worauf Schmitt (z.B. 1995:323-324) immer wieder hingewiesen hat - unter Berücksichtigung der veränderten Forschungsstandpunkte und -fragen zu ergänzen bzw. überhaupt zu erneuern. Ich hoffe, daß dieser kurze Blick auf das Sprachlehrbuch von Jean Collmard gezeigt hat, daß im Zuge dieser Neubegehung des von Thurot seinerzeit beschrittenen Wegs der „Fra^ois Allemand ou plutöt L'Allemand naturalist Fran9ois" unbedingt beachtet werden sollte. Arbeitskopien können in Salzburg angefordert werden.
Danksagungen An Franz Wagner, Anglistik Salzburg: für das Originalexemplar von Collmard, an Wolfgang Dahmen, Jena: fiir historische Hinweise zu Jena (u.a. für die Mitteilung von Lütge 1929), und an Herbert Kneidl, Neutraubling bei Regensburg: für die Photographic der Seiten 48 und 49 von Collmard.
Bibliographie Ac = Dictionnaire de l'Acadomie fran^aise: Editionen von 1694, 1718, 1740 und 1762: konsultiert nach der CD-ROM des Verlags Redon. Marsanne, s. d. [ca. 2000]. Dorfeid, Karl: Beiträge zur Geschichte des französischen Unterrichts in Deutschland. Gießen 1891 /1892 [= Beilage zum Programm des Großherzoglichen Gymnasiums]. FEW = Wartburg, Walther von: Französisches etymologisches Wörterbuch. Bonn 1922 (1928) ff. Flechsig, Karl-Heinz (Hg.): Neusprachlicher Unterricht I. Weinheim 1965 [= Quellen zur Unterrichtslehre, Band 10]. Fouche", Pierre: Phonotique historique du fran9ais. 3 voll. Paris 1952-1969. GPSR = Gauchat, Louis / Jeanjaquet, Jean / Tappolet, Ernest: Glossaire des patois de la Suisse romande. Neuchätel / Paris 1924ss. Kuhfuß, Walter: Frühformen des Französischunterrichts in Deutschland. Beiträge zur ersten Ausweitungsphase organisierter französischer Sprachunterweisung (1554-1618), in: Spra-
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S. 132-133: Facsimile der Seiten 48 und 49 von Collmard 1688. Man beachte bei den Transkriptionen Collmards besonders: Zeile 4: venez icy - Fall von /- in icy Zeilen 8-9: ce que vous desirez - Fall des vortonigen -e- in desirez Zeile 35: lors que - Fall des auslautenden -s in lors Zeilen 37-39: avec quelle moderation & quelle douceur-zweimaliger Fall von -He in quelle Zeile 42 (rechte Hälfte): Druckfehler - Statt false liebr (Lautung für livre) lese man recte über.
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CAP. II. Scene 4U$ Terentii Andrie. SCENE M A C T E I , SCHKS L
SIMON, SOCIE.
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Zur funktional-semantischen Heterogenität von ital. -one unter besonderer Berücksichtigung der Adverbbildung
Einer der interessantesten Bereiche innerhalb der romanischen Wortbildung ist, kontrastiv etwa zum Deutschen, zweifelsohne die Alteration, mithilfe derer sich vor allem das Sprecherurteil zum Ausdruck bringen lässt. Bei einem innerromanischen Sprachvergleich verhält sich dabei das Suffix -ONE(M) hinsichtlich seiner semantischen Entwicklungen auffällig, die im Französischen zur Diminution, in den meisten anderen romanischen Sprachen einschließlich des hier vornehmlich interessierenden Italienisch dagegen zur Augmentation geführt haben.1 Zu den genannten semantischen Divergenzen kann auf die detaillierte Untersuchung Spitzers verwiesen werden. Entgegen der früher weit verbreiteten Annahme, die diminutive Bedeutung für -ONE(M) im Französischen durch germanischen Einfluss zu erklären,2 stützt sich Spitzer auf die Ausführungen von Meyer (1888), der auf vorromanische Anfänge der diminutiven Bedeutungsentwicklung hinweist, wodurch germanischer Superstrateinfluss als Erklärungsmöglichkeit hinfällig wird.3 Vielmehr lassen sich die Ausdifferenzierungen über semantische Prozesse erklären, denn von der i n d i v i d u a l i s i e r e n d e n Grundbedeutung [...] ist nur ein Schritt zur a u g m e n t a t i v e n [...] ital. burlone usw., diese aber [...] führt zur d e p r e t i a t i v e n (deteriorierenden): [...] Mißachtung aber bringt man dem Minderwertigen, Kleinen entgegen - so sind wir denn bei der d i m i n u t i v e n Bedeutung des Suffixes im Französischen angelangt [...]*
Gamillscheg (1921:54) verweist hier darauf, dass zumindest galloromanisch -in und -on Ablautformen desselben Suffixes seien, bei -in in vorausgehender Silbe im Altfranzösischen und auch noch im Neufranzösischen (und verschiedentlich auch mundartlich) dissimilatorisch bedingt jedoch eine Velarisierung des Vokals im Suffix eintrete. S. dazu auch noch Meyer-Lübke (1894:499) hier mit dem Hinweis darauf, dass im Frz. -on vorzugsweise bei Eigennamen auftrete (Perron etc.), die längere Namensform als Koseform fungiere und damit gleichzeitig die Basis für die abweichende semantische Entwicklung im Französischen gelegt sei, der auch diejenige des Provenzalischen und Korsischen (-one) entspreche; s. dazu auch Spitzer (1921:183). Spitzer (1921:184). S. auch vergleichend dazu die Situation im Korsischen, für die germanischer Einfluss ebensowenig wie für das Rumänische angenommen werden kann (S. 204). Spitzer (1921:186), vgl. ähnlich für den Übergang von der Diminution zur Pejoration Taylor (199S:144fT.). Auf die individualisierende Komponente weist auch Meyer (1888: 223ff.) für das Lateinische hin, wobei von jeher mithilfe von -O/ -ONIS eine in auffälligem
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Während diese Darstellung die individualisierende Bedeutung als Ausgangspunkt von augmentativer und darauf gründend pejorativer und diminutiver Lesart ausweist, wird aus den weiteren Ausführungen deutlich, dass die pejorative Komponente dem in seiner Bedeutung individualisierenden Morphem bereits von Anbeginn an innewohnt: [...] gerade die Doppeldeutigkeit des Pejorativsuffixes, das je nach Gutdünken augmentativ oder diminutiv gefaßt werden kann, gibt uns die Erklärung, wieso ein die Vergrößerung ausdruckendes Wortbildungselement - dem Augenschein nach - in die gegenteilige Bedeutung übergehen konnte. [...] Daß die Sprachen nun eine solche Doppeldeutigkeit, wie ich sie hier für die Ursprungszeit des Suffixes annehme, nicht lange ertragen konnten, ist nach Gillidrons Forschungen klar: Augmentativ- und Diminutivsuffix konnten nicht durch eine Form vertreten werden.5
Die im Folgenden von Spitzer diskutierten Beispiele (z.B. span, -on, zunächst zur Bezeichnung eines jungen, zeugungsfähigen, männlichen Tieres, dann eines starken Tieres, katal. -ot, ursprunglich diminutiv, später zur Bezeichnung des männlichen Individuums: abeyla vs. abeyloi6; siz. -inu mit augmentativem Charakter: cutiddina ,un'arma piü lunga del coltello e del pugnale',ßslinu ,grande festa in comune del santo patrono')7 sind Überzeugend, so dass hier keine weiteren Bemerkungen zur Problematik der abweichenden Semantik in den romanischen Sprachen notwendig erscheinen. Interessant sind nun die Ausführungen das Auftreten von Suffixen wie -oni (ciondoloni), vereinzelt auch -elto (a braccetto) bei Körperhaltungen betreffend, die die Suffixe auf die Bildung von Adverbien verlegen und für die Parallelen zu span, -illas, -itas aufgezeigt werden. Während für a juntillas noch durchaus eine augmentative Bedeutung erkennbar ist (im Sinne einer Steigerung), ist fraglich, ob die Erklärung, die Spitzer für diese Verwendung des Suffixes gibt, tatsächlich den Sachverhalt richtig darstellt: Ursprünglich war -illas nur ein „vergemütlSehendes" Verkleinerungssuffix genau wie it. -one eine der persönlichen Stimmung entsprungene, also Luxus-Hinzufügung: a ginocchioni ,auf seinen Mordsknien', genau so gebraucht wie frz. ä genouillons, in dem niemand eine Verkleinerung sieht [...] Später ist diese Gefühlsnuance verloren gegangen, der Bildungstypus ist grammatikalisiert worden.8
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Maße vorhandene Eigenschaft bzw. ein charakteristisches Merkmal herausgestellt wird (vgl. auch Wandruszka (1987:37f.) sowie die Aufstellung lateinischer Personenbezeichnungen bei Fisch (1888). Generell betrachtet ist in jedem Fall auf die Dominanz der augmentativen Bedeutung hinzuweisen, der pejorative Charakter kann hinzutreten, wird allerdings im Italienischen eindeutiger durch -accio und -astro versprachlicht. Spitzer (1921:186f). Ähnlich argumentiert Dorn (1906:13ff), auch im Hinblick auf das Suffix -otto, das im modernen Italienischen in diminutiver und (allerdings deutlich seltener) in augmentativer Funktion verwendbar ist, was eine Stütze für die These von frühem -o / -ONis wäre. S. verschiedentlich auch im Span, (abeja - abejori) oder Ital. (strega - stregone). Spitzer (l921:187ff.). Spitzer (1921:199f).
Zur funktional-semantischen Heterogenität von ital. -one
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Wenngleich eine semantische Nivellierung im französisch-italienischen Vergleich hier durchaus festzustellen ist (also die Aufgabe der augmentativen und der diminutiven Bedeutung) wird auf diesen Problembereich im weiteren Verlauf der vorliegenden Analyse noch zurückzukommen sein. Eher abzulehnen ist hingegen wohl der Erklärungsversuch Heinimanns (1953:33), nach dem das Adverbsuffix ital. -oni bzw. frz. -ans seinen Ursprung in der Benennung von Kinderspielen hat, was der Autor dadurch begründet sieht, dass von dem Normalen abweichende Körperhaltungen in der Kinderwelt am ehesten anzutreffen seien, zudem Ausdrucksweisen wie cavalcioni an Spiele des Herumtragens etc. erinnern.9 Zurückkehrend zur allgemeinen Fragestellung, das Suffix -one im Italienischen betreffend, ist nun vor allem zweierlei genauer zu beleuchten: Zum einen ist die Verwendung von -one in Verwendungskontexten wie der wortartübergreifenden Derivation (brontolone, mangione) zu untersuchen. Lässt sich hier verschiedentlich - wie es das Beispiel mangione nahe legt - eine augmentative Bedeutung ansetzen oder ist die Suffixwahl von der Semantik der Ableitungsbasis abhängig? Oder aber liegt hier der ursprüngliche Typ der Wortbildung vor, dessen Wortbildungsprodukt sich dadurch auszeichnet, auf einen (menschlichen) Referenten zu verweisen, der über die in der Basis ausgedrückte Eigenschaft (in auffälligem Maße) verfügt? Zum anderen ist der Gebrauch des Suffixes zur Adverbbildung (das bereits angesprochene -oni) auch im Hinblick auf seine Form besonders interessant. Für die genannten Bereiche der Derivation wird im Folgenden auch die Semantik der Basislexeme im Vordergrund stehen, die Aufschluss geben kann über die Kontextbedingungen, denen das Suffix jeweils unterworfen ist (s. z.B. im Falle von -oni die Dominanz von Verben der Bewegung (dondoloni, ciondoloni etc.) und der Substantiva zur Körperteilbezeichnung (bocconi, ginocchioni etc.).10 Bei der Bildung nicht-augmentativer Substantive und Adjektive mittels -one handelt es sich vielfach um nomina agentis." Während im Falle der reinen
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Wörtlich spricht Heinimann von einem „engen Zusammenhang zwischen gewissen Bewegungs- und Stellungsadverbien einerseits und den kindersprachlichen Spiel- und Bewegungsbezeichnungen andererseits." (1953:14f.) Gegen seine Auffassung spricht allerdings, dass im Italienischen kaum Spielnamen auf -one verbreitet sind, wie er selbst bemerkt (S. 31, mit der unlogischen Begründung, dies liege daran, dass das Morphem grammatikalisiert sei, S. 34) und auch, mit Einschränkung, da auf das Sizilianische beschränkt, die Studie von Pitre (1969) zu Kinderspielen. Insgesamt zeigt sich auch hier eine eher seltene Verwendung des Suffixes -one (siz. -um), das nur in den Spielbezeichnungen a lu balluni und a lafara a tafaruni auftritt (s. dazu S. ISOf. und 200), hier allerdings in alterierender Funktion. Vgl. zu diesem Problemkomplex mit Blick auf das Spanische, auf das hier nicht näher eingegangen werden kann, auch Gamillscheg (1921:53), Gauger (1971 b:41-50). Ausnahmen bilden deverbale nomina actionis wie sdrucciolone, Verbalabstrakta wie strafalcione etc. Parallel zu -one tritt vor allem -tore zur Bildung von nomina agentis auf, wobei letzteres Suffix diesbezüglich sicher als zentral einzustufen ist (vgl. zu dieser Konkurrenzsituation auch schon Meyer 1888:227 und Pieri 1904:338). Allerdings zeichnen sich Appellativ-Bildungen mithilfe von -one gegenüber solchen mit -tore durch die Heraushebung eines Charakteristikums aus.
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Augmentation eine Verbindung von -one nur mit Substantiven und Adjektiven möglich ist, ist bei der -one-Bildung außerhalb der Alteration gut die Hälfte der -o«e-Bildungen auf ein Verb als Basis zurückzuführen. Die hier interessierende Gruppe von Lexemen vereint also Elemente wie mangione, barbone und elegantone. Wenngleich bereits bezüglich des Wortbildungsprogramms offensichtlich ist, dass bei mangione kein Alterationssuffix vorliegt, da per deßnitionem Alterationssuffixe nicht wortartübergreifend wirksam sind, liegt dennoch die Vermutung nahe, dass, um die Bedeutung besser transportieren zu können, im konkreten Fall die Bezeichnung einer Person, die übermäßig viel an Nahrungsmitteln konsumiert, das Suffix -one zur Versprachlichung herangezogen wird, das bekanntlich im Kontext der Alteration dem Ausdruck eines Übermaßes dienen kann. Somit liegen dem Anschein nach ähnliche Kontextbedingungen vor. Auch bei adjektivischer Basis, wie im Falle des zitierten elegantone, scheint zunächst die Verwendung von -one als Alterationssuffix den Ausgangspunkt zu bilden, zumindest als Übergang von adjektivischem zu substantivischem Gebrauch. Substantivisch verwendet ist die Bedeutung nicht als ,extrem elegante Person', sondern als ,gern / häufig elegant erscheinende Person' zu fassen, d.h. -one kennzeichnet hier eine gewohnheitsmäßige Erscheinung bzw. ein präferiertes Erscheinungsbild der auf diese Weise charakterisierten Person. Gerade diese Funktion von -one ist es, die auf den Ursprung dieser Gebrauchsweise verweist, nämlich die originär individualisierende Funktion. Erste Belege dafür finden sich bereits in lateinischer Zeit, wobei die Referenz auf Körperteile zur Charakterisierung eines Individuums als klassisches Beispiel für diesen Funktionstyp von -one häufig genannt wird.12 Eine Überprüfung der Verhältnisse im Italienischen ergibt, dass dieser Wortbildungstyp noch heute Bestand hat, jedoch für den Bereich der Körperteilbezeichnungen, die hier Eingang finden, zweierlei zu berücksichtigen ist: Zum einen herrscht stets die augmentative Lesart vor, die zugleich semantisch wohl aufgrund der hohen Produktivitätsrate der Alteration im Allgemeinen und der Augmentation mittels -one im Besonderen am ehesten zu erfassen ist. Zum anderen ist eine Konzentration derartiger Bildungen auf die Einbeziehung von Teilen des menschlichen Körpers festzustellen, die gleichzeitig Teile des Kopfes sind, d.h. einen Körperteil ansprechen, der primär die (Wieder-)Erkennung von Personen ermöglicht und daher einen besonderen Stellenwert besitzt. Hier anzusiedelnde Abweichungen sind im jeweiligen Größenverhältnis angelegt, die pure Existenz reicht hier logischerweise nicht aus, da es sich um konstitutive Elemente handelt. D.h. es wird mit -one referiert auf die Größe des jeweiligen Körperteils, wobei eine stärkere Ausprägung eines solchen, also z.B. eine große gegenüber
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S. z.B. lat. NASO, ital. nasone primär metonymisch als ,Person mit auffällig großer Nase' aufzufassen; erst sekundär hat sich hier die augmentative Bedeutung im Sinne von .große Nase' herausgebildet. S. dazu ausführlicher Dom (1906:11) auch mit dem Hinweis auf die parallele augmentative Verwendung von lat. -AX (FUCAX .schnell fliehend'), -ASTER (CATULASTER .erwachsener Knabe'), die mit Blick auf das Italienische eingeschränkt (-AX ist nicht weiterentwickelt) für den Ausdruck der Augmentation zur Verfügung stehen.
Zur funkiional-semcmtischen Heterogenität von ital. -one
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einer kleinen Nase auffälliger sein dürfte. Die Loslösung von der metonymisch bedingten individualisierenden Funktion, die sprachhistorisch primär ist, führt damit direkt zur augmentativen Bedeutung. Neben dem Kopf zuzuordnenden Körperteilen erscheinen sekundäre Elemente als wichtig, die zur Erkennung und Charakterisierung einer Person beitragen können, wie bqffi; dagegen sind Arme, Beine etc. nur marginal von Interesse. Bei dieser Gruppe der desubstantivischen -owe-Bildungen handelt es sich um die folgenden (in alphabetischer Reihenfolge):13 bqffone, barbone, basettone, boccalone, capellone, capitone (schon lat.), capone, culone, denlone, manone, mascellone, nasone, pancione, ricciolone, testone.™ Die hier hinter die augmentative zurücktretende individualisierende Funktion von -one wird nun aber auch in weiteren deverbalen und denominalen primär substantivisch und verschiedentlich parallel adjektivisch verwendbaren Bildungen sichtbar. Mit Bezug zunächst auf die Denominalia15 werden beinahe ausschließlich16 Personencharakterisierungen mithilfe von -one umgesetzt, die unterschiedliche Eigenschaften der jeweiligen Personen aufzeigen: heiter / lustig (allegrone, amicone, pazzerellone), friedlich (pacione, talpone), gefühlsbetont (pateticone, tenerone), einfach / gutgläubig / naiv / oberflächlich (bambinone, bietolone, facilone), intelligent / mächtig (cannone, drittone, ingegnone). Neben diesen positiven Eigenschaften lassen sich jedoch deutlich mehr Beispiele für negative Eigenschaften finden: profitbezogen / betrügerisch (comodone, morbidone), eingebildet (gonßone, sapientone, trombone), faul / langsam /
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Durch den Bezug auf Personen ist klar, dass dem natürlichen Geschlecht durch die feminine Endung -a (also -one) Rechnung getragen wird; es wird also nicht das Genus des Basislexems beibehalten. Im Falle von bqffone, barbone und basettone fehlen die femininen Formen naturlich aus biologischen Gründen. Die Beispiele wurden mithilfe der elektronischen Version des DISC ermittelt; dies gilt auch fllr die weiteren zitierten Lexeme. Eine Sonderstellung nehmen hier musone mit Rückgriff auf eine psychisch verankerte Charaktereigenschaft sowie cervellone ein, bei dem ein naiver Schluss von der Größe des Gehirns auf die Leistungsfähigkeit desselben vorliegt. Pedone referiert anders als die beiden vorbenannten Fälle nicht (mehr?) auf die Grüße des Fußes (s. auch die Augmentativbildung piedone), sondern bezeichnet einen .Fußgänger' und veraltet einen ,soldato a piedi' Für die weitere Diskussion nicht uninteressant ist auch die Tatsache, dass für einen eher unauffälligen, weil klein (im Vergleich zur Normalität) erscheinenden Körperteil die Möglichkeiten der Charakterisierung der betreffenden Person auf sprachlicher Ebene mithilfe einer -ino-Bildung deutlich eingeschränkter sind, vielmehr synchron eine figurative Lesart auftritt, die Referenz auf den Körperteil damit nur noch indirekt erfolgt (ricciolino l -ina, aber pedina, testina, testolina, cervellino, ähnlich auch unter Verwendung anderer diminuierender Suffixe nasetto und (allerdings nicht diminutiv) pancetta, aber boccuccia). Entsprechend den bisherigen Ausführungen lässt sich mit Blick auf den jeweiligen Erstbeleg eine frühere Verbreitung der denominalen Bildungen (ab dem 13. Jh., mit einem ersten Schwerpunkt im 14. Jh.) im Vergleich zu den deverbalen Nomina (ab dem 14. Jh., verstärkt aber erst seit dem 17. Jh.) feststellen. Die Ausnahmen bilden neben rein augmentativen komplexen Lexemen verdone (metonymisch bedingte Tierbezeichnung) und durone.
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antriebslos (poltrone, lumacone, morbidone, polentone, salsiccione), verwirrt / laut / böse (criticone, pasticcione, villanzone), dumm (bestione, gnoccolone, lasagnone\ exzessiv (pacchione, pappone, ubriacone). Weiter finden sich auch Bildungen, die auf das äußere Erscheinungsbild referieren wie perticone, stangone (Körpergröße), budellone, grassone, scimmione (Körperfülle) und elegantone (gepflegt) gegenüber bracolone, frittellone, sudicione (ungepflegt / schmutzig). Der Großteil der denominalen Bildungen zeichnet sich durch den Bezug auf negative Charaktereigenschaften aus, wie sich auch dieser stark vergröberten Darstellung (im Hinblick auf die Anzahl der Beispiele) entnehmen lässt. Auffällig ist verschiedentlich das Speisen oder Tiere bezeichnende Basislexem (gnoccolone,polentone;farfallone, volpone), wobei für die erste Gruppe in ihrer hier interessierenden Übertragenen Bedeutung stets auf geringe Intelligenz, Trägheit etc. abgehoben wird.17 Letztlich finden sich einige Beispiele für Berufsbezeichnungen bzw. Benennungen von Tätigkeiten wie cruscone, formicone oder spallone, die in der Gruppe der deverbalen Nomina nicht vertreten sind. Auffällig in der Gruppe der Deverbalia ist zunächst die Tatsache, dass eine Vielzahl individueller Eigenschaften in den Bildungen Berücksichtigung findet, wobei Schwerpunkte zum einen durch die Lautäußerung und zum anderen durch negative Charakteristika (allen voran die Tendenz zu betrügerischem Verhalten und allgemein schlechte Angewohnheiten, die peinlich erscheinen) gesetzt werden. Beispiele für die genannten Gruppen sind abbaione, balbettone, strillone (Stimme), armeggione, leccone, truccone (Betrug), beone, cacone, mangione, piscione (peinliche „Laster"). Weitere Derivate referieren auf phantasiebasiertes Arbeiten (abbaccone, almanaccone), faules, oberflächliches und schlechtes vs. exzessives Arbeiten (acciabattone, strimpellone vs. sgobbone), einen weinerlichen Typ bzw. einen solchen, der schlechte Stimmung verbreitet (frignone, piagnone, grugnone), auf Übertreibung bzw. das Vorspielen falscher Tatsachen (sbruffone, spaccone), auf geistige Zerstreutheit (arruffone, cianfruglione), auf Verschwendung(ssucht) (scialacquone, sciupone), Ausnutzung (scroccone, succhione), auf eine frauenfixierte Haltung bei Männern (guardone, ronzone) sowie Bewegung im Sinne eines ziellosen Umherstreifens (girellone, ciondolone, smanaccione), die im Bereich der denominalen Derivate mit zwei Beispielen eine eher marginale Rolle spielt (birbone, vilellone). Diese Bewegungskomponente wird auch in den recht frequenten nomina actionis sichtbar (inciampicone, ribaltone, stramazzone, sbilancione; s. auch Schlag bzw. Tritt: rovescione, sculaccione).1* Dies ist deswegen relevant, weil die Art der
Auf die spezifisch wirksamen Metaphorisierungen und andere Bedeutungsveränderungen kann hier nicht näher eingegangen werden. 18
Weiter sind nomina Instrumentalis (arpeggione, mordiglione) und metonymisch bedingte Tierbezeichnungen (ululone, fischione) zu nennen. Zu den angeführten nomina actionis ist weiter zu ergänzen, dass hier semantisch eine Ähnlichkeit zu span, -on festzustellen ist (s. dazu v.a. Gauger 1971b:41ff.), die bei Schlag- und Trittbezeichnungen oder -Varianten in ihrem perfektiven Charakter und der Plötzlichkeit und Heftigkeit ihrer Ausführung besteht.
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Fortbewegung eines der beiden Zentren für die Bildung modaler Adverbien mittels -oni darstellt.19 Interessant ist in jedem Fall die für nominale Derivationen mit -one feststellbare Heterogenität der Basislexeme bzw. die metaphorisch, z.T. auch metonymisch bedingte Bedeutung der genannten Elemente, die, sei es auf verbaler, sei es auf nominaler Basis, als Kernstück stets die Charakterisierung einer Person enthalten, die über die visuelle und auditive Wahrnehmung möglich wird (Stimme, äußeres Erscheinungsbild) oder aber aus der Interaktion mit der jeweiligen Person gewonnen werden kann: Gerade in letztgenanntem Fall, aber tendenziell durchgängig ist dabei der negative Aspekt auszumachen, der in den -one-Bildungen in den Vordergrund gerückt wird. Wie bereits angeführt wurde, ist für -O / -ONIS eine individualisierende Funktion bereits zu lateinischer Zeit festzustellen, die Augmentation tritt erst später hinzu, ist damit eine sekundäre Erscheinung. Wenngleich in den besprochenen Beispielen der nominalen -one-Bildungen häufig negative Eigenschaften zum Ausdruck kommen mit Bezug auf den jeweiligen Träger des Charakteristikums, so ist doch herauszustellen, dass diese negative Konnotation der Bildungen den jeweiligen Basislexemen inhärent ist und nicht, wie aufgrund der heute dominanten Augmentativbildungen angenommen werden könnte, dem Suffix -one anzulasten ist.20 Meyer entkräftet diesen Eindruck einer Einwirkung der augmentativen Lesart weiter und führt noch mit Blick auf das Lateinische an, dass es psychologisch leicht erklärlich ist [...], wenn hauptsächlich schlechte, den Tadel oder den Spott hervorrufende Eigenschaften am ehesten Anlaß geben, ein Individuum danach zu kennzeichnen.21
Damit wäre eine eindeutige Unabhängigkeit der beiden Bedeutungen (individualisierend - augmentativ) voneinander postuliert. Einen weiteren Hinweis auf die unabhängige Entwicklung der augmentativen Lesart geben die (wenn auch in geringerer Zahl vorliegenden) Bildungen im Französischen, die individualisierend zu interpretieren sind (barbon, souillon, glouton, louchon; s. auch zu den metonymisch bedingten Tierbezeichnungen etwa veron, zu den deverbalen Nomina coupon, jeton), das Französische ordnet -on aber im Hinblick auf die Alteration der Diminution zu.22
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Eine weitere Verkomplizierung der funktional-semantischen Verhältnisse stellt sich schließlich durch den zusätzlichen augmentativen Gebrauch (verwandter Nomina) ein, s. z.B. girandolone, rotolone, rovescione, aber auch boccona, gattone, gobbone etc. Verstärkungen des Typs -acc(h)ione treten vergleichsweise selten auf und wurden in die Untersuchungen einbezogen. Wenngleich das Element -acc(h)i- eine negative Sprecherbeurteilung impliziert, wird dadurch der referierte Gesamteindruck nur unwesentlich determiniert bzw. modifiziert. Meyer (l 888:223). S. dazu auch bereits Meyer-Lübke (I894:495ff, 1921:38, 50). Anders als Meyer-Lübke fuhrt Meyer (1888:230ff.) verschiedene Bildungen auf-o« auf lat. -10 zurück (*GUTTURIO > afrz. goitron, RENIO > frz. rognon, TESTIO > frz. lesson).
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Dennoch kann wohl - und das gilt insbesondere für neuere Bildungen nicht ausgeschlossen werden, dass gerade aufgrund des Vorherrschens der alterierenden Funktion -one bei solchen Basen auf der Grundlage einer Interdependenzbeziehung zwischen den hauptsächlichen Anwendungsbereichen für das Suffix -one ausgewählt wird und nicht etwa -ino. Letztgenanntes Suffix ist nämlich ebenfalls, wenn auch in schwächerem Maße, durch die individualisierende Funktion gekennzeichnet, die in manchen Überlagerungen von -one- und -/«o-Bildungen wie chiacchierino l chiacchierone,farfallino l farfallone, politichino l politicone, trqffichino l trafficone, lilighino l lifigone, ciabattino l ciabattone und lecchino l leccone zu Tage tritt, für die in den zentralen Lesarten eine Relation (quasi-)synonymischer Art angesetzt werden kann. Auch außerhalb dieser Parallelfälle finden sich durchaus auch für -ino komplexe Lexeme, die über eine „negative" Bedeutung verfügen (ciampichino, comodino, tnancino), daneben allerdings auch solche mit „positiver" Bedeutung bzw. solche Elemente, die kein Urteil aufzeigen, sondern neutral scheinen (agnellino, professorino, moscerino), aber eine mehr oder weniger starke Penetrierung seitens der diminutiven Lesart erkennen lassen. Insgesamt jedoch erweist sich das Anwendungsfeld auch als eher neutral und zeichnet sich durch ein ganzes Bündel an Berufsbezeichnungen23 aus (scaccino, attachino, bagnino, ballerino, contadino, granatino, norcino), die mit -one dagegen deutlich seltener gebildet werden (deverbal accaltone, strillone, denominal cruscone, formicone), was insbesondere in Relation zu der Fülle an weiteren Wortbildungsergebnissen mit Blick auf die Semantik (natürlich in Abhängigkeit von der jeweiligen Basis) gilt. Der Aspekt der individualisierenden Funktion spielt nun auch eine maßgebliche Rolle bei den im Weiteren interessierenden Adverbbildungen mit -oni. Die Zuweisung zu -one24 wird hier offensichtlich, wenn man die im heutigen Wortschatz bestehenden Produkte der Bildung ermittelt. Die Basis stellt hier die elektronische Version (CD-Rom) des DISC dar, mit der sich auch ricerche incrociate - hier Lemmata auf -oni I -one der Wortart Adverb - durchführen lassen. Für -om'-Adverbien genügt zwar die Auswahl des ersten Suchkriteriums, aber mittels der Verbindung zweier Kriterien lassen sich auch evtl. -oneBildungen mit Adverbfunktion erfassen. Dem Rechercheergebnis zufolge liegen offensichtlich keine Adverbien vor, die nur das Morph -one erlauben, wohl aber einige, deren Eintrag mit -one erscheint und die Variante mit -oni aufweist. Bei den ermittelten -oni l -o«e-Adverbien der italienischen Gegenwartssprache handelt es sich um die folgenden:25 balzelloni, barcolloni, bighelloni l bighello-
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Dass sich hier verschiedentlich Berufsbezeichnungen finden, liegt natürlich in der Tatsache begründet, dass durch diese häufig und / oder gern ausgeführte Tätigkeit eine Person bzw. eine Personengruppe charakterisierbar wird, somit also die Verbindung zu den übrigen individualisierenden Nomina gegeben ist. -one steht auch in augmentativer Funktion im Adverbbereich zur Verfügung, allerdings scheint eine Alteration nur - und da auch eingeschränkt - bei solchen Adverbien möglich, die schon zu lateinischer Zeit belegt sind (s. benone etc.). Die lemmatisierte Form erscheint in der Auflistung jeweils an erster Stelle.
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ne, bocconi l boccone, brancolone l brancoloni, capitomboloni, carponi l carpone, cavalcioni l cavalcione, ciondoloni l ciondolone, dondoloni, gattoni, ginocchioni l ginocchione, girandoloni, gobbone l gobboni, grondoni, pendolone l pendoloni, penzoloni l penzolone, quattoni, rotoloni, rovescioni l rovescione, saltelloni l saltellone, sbahelloni, sdraioni l sdraione, sdruccioloni l sdrucciolone, strasciconi, striscioni l striscione, tastoni l tastone, tenlennoni, tentoni l tenlone, voltoloni, zoppiconi l zoppicone. Die häufige Parallelität von -oni und -one - bei seltenerem Gebrauch von -one - zeigt, dass es sich offensichtlich bei -oni um ein Suffix handelt, das auf -one zurückgeht. Dies wird noch deutlicher bei Betrachtung der Verwendungsbeispiele literarischer Natur, wie sie Battaglia (l 961 ff.) anführt. Bei den Beispielen aus dem 13. / 14. Jahrhundert lässt sich dabei - sicher nicht durch eine „zufällige" Auswahl der Beispiele bedingt26 - eine Häufung von -one z.B. bei bocconi l boccone finden. Gleiches gilt für carpone, dagegen lässt sich eine derartige Dominanz für ginocchione gegenüber ginocchioni nicht ausmachen. Diese heterogenen Ergebnisse machen zugleich deutlich, dass die von Heinimann (1953:33) vorgebrachte Annnahme, -one und -oni träten in Abhängigkeit von der Anzahl der lexikalisch angesprochenen Gliedmaßen bzw. Körperteile auf, also boccone gegenüber ginocchioni, als Erklärung offensichtlich nicht ausreicht, da z.B. keineswegs ausschließlich ginocchioni auftritt - die nachweislichen, auch frühen Verwendungen von -one in diesem Kontext blieben so ungeklärt. Um einen besseren Überblick über die Verbreitung der -one l -o«/-Adverbien im Altitalienischen zu erhalten, wurde das Gesamtkorpus des OV1 (Opera del Vocabolario Italiano), das knapp 1.500 Texte (davon 398 florentinisch, 1002 toskanisch) enthält, auf die oben angeführten -oni I -one-Adverbien sowie die von Fieri (1904) genannten Adverbien abgefragt, wobei jeweils die Formen auf -oni, -one und solche mit apokopiertem Auslautvokal berücksichtigt wurden, nicht jedoch dialektale Besonderheiten in der Lautentwicklung. Somit sind die folgenden Anmerkungen primär für das Toskanische aussagekräftig. Zunächst ist dabei anzumerken, dass nur einige wenige der aufgelisteten Adverbien in den OF/-Texten vertreten sind, nämlich boccone l bocconi, brancoloni, branconi, carpone l carponi, cavalcione l cavalcioni, gergone, ginocchione l ginocchioni bzw. inginocchioni l inginocchione, pendolone, rotolone, sdraione, spizzicone, tastone und tenlone.21 Dabei treten brancoloni, branconi, gergone, pendolone, rotolone und sdraione jeweils nur einmal im gesamten Korpus auf. Ebenfalls eher selten sind carponi, spizzicone und tentone mit zwei, cavalcioni mit drei, cavalcione und tastone mit vier sowie carpone mit zehn Belegen, wobei hier ein Übergewicht der -om?-Bildungen bei konkurrierenden Formen
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Eine derartige „zufällige" Auswahl der Beispiele ist ohnehin nicht anzunehmen, da die Beispiele idealerweise einen Eindruck vom Sprachstand der entsprechenden Zeit zeigen sollen. Spenzolone tritt zusätzlich einmal in attributiver Funktion auf.
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erkennbar wird, das noch deutlicher bei boccone vs. bocconi (24 bzw. S) und ginocchione vs. ginocchioni (86 vs. 43) sowie inginocchione vs. inginocchioni (6 bzw. 5) heraustritt.28 Für inginocchione t inginocchioni ist die offensichtliche Verschmelzung mit der Präposition in hervorzuheben (s. auch das Verb inginocchiarsi). In den Belegen zu ginocchioni, nicht jedoch in denen zu ginocchione, sind einige mit der Präposition in enthalten, nämlich immerhin elf, somit nimmt entsprechend die Präpositionalphrase in ginocchioni die Adverbialfunktion ein. Interessant ist die Anfügung der Präposition hier aber primär aus semantischen Gründen. So wird gemeinhin für die Adverbien auf -oni (bzw. parallel -one zumindest für die ältere Sprachstufe) im Hinblick auf Körperpositionen die Bedeutung als ,auf x' mit als Bedeutung der Ableitungsbasis angegeben, d.h. der jeweils mit dem Basislexem zum Ausdruck gebrachte Körperteil bildet den Verbindungspunkt, die Verbindungsfläche zwischen restlichem Körper und Boden, ein Konzept, das neuitalienisch verstärkt durch die Präpositionalphrase ,ju x" versprachlicht wird.29 D.h. durch den gleichzeitigen Gebrauch von Präposition und Suffix -oni wäre eine semantische Doppelung bedingt. Somit ist also fraglich, ob nicht in den Beispielen, in denen die Präposition in auftritt, vielmehr eine expressive Verwendung von ginocchioni als eine adverbielle Lesart des beschriebenen Typs anzunehmen ist, zumal in lediglich mit ginocchioni, also mit einer möglicherweise pluralisch interpretierbaren Form auftritt.30 Weitere kontextuelle Kriterien, die die Verwendung von ginocchione l boccone gegenüber ginocchioni l bocconi favorisieren, sind nicht erkennbar. In ist allerdings nicht die einzige Präposition, die im Umfeld dieser komplexen Lexeme auftritt bzw. auftreten kann. Während boccone l bocconi, carpone l carponi, gergone, branconi, rotolone, pendolone, brancolone und ginocchione l ginocchioni (mit den erläuterten Einschränkungen) ohne Präposition auftreten,31 sind tastone, tenione, sdraione und cavalcione l cavalcioni nur mit Präposition, und zwar mit a belegt.32 Einzig spizzicone weicht hier ab, für das in einem
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Für die Verwendung von pedone kann in keinem der 110 Belege des OVI von einer adverbialen Funktion ausgegangen werden, wie sie hingegen von Fieri (1904:233f.) angenommen wird. Für das 0F/-Korpus ist diesbezüglich der Beleg su boccone mit der Koppelung von Präposition und Adverb, das seinerseits gleichermaßen die Relationierung aufweist, von Interesse. In dient heute insgesamt deutlich seltener zur Versprach!ichung des Oberflächenkonzepts, meist handelt es sich bei den heute noch auftretenden um fixierte Verwendungen, erkennbar an dem häufig artikellosen Gebrauch. Su hingegen steht im Altitalienischen erst fast ausschließlich zur lokalen Relationierung zur Verfügung und wird in der Gebrauchshäufigkeit noch deutlich von sopra übertreffen. S. dazu genauer Heinemann (2001:121ff., 139ff). Die Form inginocchione kann aufgrund der Verschmelzung unabhängig davon als nicht weiter analysierbar und damit als Adverb aufgefasst werden. Für die ohnehin wenig frequenten Formen kann diese Feststellung natürlich nur mit Vorbehalt getroffen werden. Der Beleg für pendolone ist metasprachlicher Natur. Das gilt auch für das moderne Standarditalienische, wie sich an den Einträgen im DISC oder in Battaglia (l961 ff.) ablesen lässt.
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Beleg die Präposition per aufscheint. Abgesehen von dieser Ausnahme ist die durchgehende Verwendung von a doch sehr auffällig, die nicht nur einen Hinweis auf die adverbielle Verwendung der Präpositionalphrase gibt - die so zusätzlich als modal gekennzeichnet wird" - sondern auch eine Parallele zu den Gebrauchsweisen im Französischen herstellt, wo die Adverbien auf -on(s) jedoch noch seltener belegt sind als im Italienischen. Nach Grevisse (1980:996) tritt neufranzösisch -on(s) nur noch in den Ausdrucksweisen ä reculons, a tätons und ä califourchon auf, für die ältere Sprache werden jedoch weiter ä bouchon, ä boucheton, a chatons, a chevauchons, a cro(u)peton(s), a genouillons und ä ventrillons angegeben; Meyer-Lübke (1921:129) verweist weiter auf ä muschons und ä reasons. Gemeinsam ist allen angeführten Verwendungen der gleichzeitige Gebrauch der Präposition ä, wie er verschiedentlich im Italienischen ebenfalls auftritt. Auffallig ist auch die Parallelität von -on und -ons bei diesen Bildungen. Ein Blick auf die zentralen, frequenten Elemente im FEW mag hier für die weitere Diskussion genügen. So wird die Verwendung ä bouchons als bereits mittelfranzösisch auftretend charakterisiert (s.v. BUCCA). Die angeführten dialektalen Formen weisen die -s-lose Form (also ä bouchon u.a.) als dominant aus; eine präpositionslose Verwendung ist somit offensichtlich auszuschließen oder zumindest als marginale Erscheinung zu bewerten. Bouchon(s) verbindet sich mit ä, aber auch mit de. Auch im Falle von ä bouchetons (mfrz. / nfrz.), von Meyer-Lübke als diminutiv interpretiert, findet sich lediglich bei Troyes die Form mit finalem -s (abouchetons), die -s-lose Form dominiert wiederum. Bei bereits afrz. auftretendem ä genouülons hingegen (s.v. GENUCULUM) herrscht die Form mit -s vor, eine Verbindung mit ä, de oder auch en ist auch hier gegeben.34 Gleichzeitig macht Meyer-Lübke auf die parallele, 33 34
Neben a erscheinen im Italienischen auch di und per bei modalen Adverbien. Das Auftreten des Adverbs mit einleitender Präposition führt Rohlfs (1969:246) für das Altlombardische (mit in) und den Triestiner Dialekt (in, a, de) ebenfalls an. Das Nebeneinander von a + -oni und präpositionsloser Form sieht Krefeld (1999:120) als einen möglichen Hinweis auf einen weiteren Schritt im Grammatikalisierungsprozess an, wobei sich die Dominanz von ä + -on(s) im Französischen - hierbei ist auf die geringe Belegzahl hinzuweisen - als Reanalyse des interessierenden Morphems in Richtung eines Substantivs interpretieren lässt, mit ä als Präposition zur Einleitung einer Präpositionalphrase mit modaler Adverbfunktion (S. 122). Im Gegensatz zur Adverbbildung mit -mente ist von der Grammatikalisierung hier kein Lexem, sondern ein (ursprünglich semantisch reiches) Wortbildungsmorphem betroffen, wobei im Fall von -oni noch kein vollständiges bleaching (s. zur Terminologie Lehmann 1993) hinsichtlich der Semantik (also nur zur Kennzeichnung der grammatischen Kategorie) stattgefunden hat und -oni daraus ableitbar (noch) nicht die Funktion eines Satzadverbs übernehmen kann (S. 121). Heinimann (1953:19) hingegen erklärt die Präsenz der Präposition ä l a Über das Verb jouer bzw. giocare, das häufig einen Präpositionalanschluss mit dem genannten Morphem erhält. Diese neuerlich auf der Spielbezeichnungshypothese basierende Annahme ist aus den genannten Gründen von der Hand zu weisen und lässt verschiedentlich abweichende Präpositionen im Anschluss (en l in, de l di) unberücksichtigt, die sich jedoch durchaus mithilfe des Krefeldschen Ansatzes durch die entsprechende Semantik der Präpositionen in einer Präpositionalphrase mit Adverbfunktion auffangen lassen, weshalb für die Ausdehnung vor allem der Präposition a l a in diesem Kontext hier mit Krefeld konform gegangen wird.
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ebenfalls afrz. belegte Form a genuleies aufmerksam: Auch hier lässt sich ein Suffix isolieren, das im Französischen im Bereich der Alteration diminutiven Charakter aufweist.35 Ein Reflex der präpositionsgestützten Verwendung findet sich häufig in der Verbbildung, so hier agenouiller. Durch diese Bildungen wird gleichzeitig offensichtlich, dass die lokale Komponente, die dem Adverb innewohnt (also die genaue Positionierung), dem Verb nicht mehr inhärent ist, daher das verschiedentlich in präpositionaler Funktion bei der Adverbbildung auf -on(s) erscheinende Morphem hier zur Herstellung der Relation in Präfixfiinktion auftritt. Für die hauptsächlich im SUdosten Frankreichs vertretenen komplexen Adverbien lassen sich weiter ä chatons (bereits afrz.; s.v. CATTUS) und mfrz. belegtes a chevalon (,ä califourchon') anfuhren, wobei im ersten Fall die Formen auf -ans, im zweiten jedoch diejenigen ohne finales -s verstärkt auftreten (s. hier wiederum die Verbbildung: achevaler u.a.).36 Diese Anmerkungen zum Französischen37 enthalten einige Kriterien, die für die Klärung der semantischen Entwicklung des Suffixes -oni im Italienischen von Interesse sind, aber auch einzelsprachenübergreifend diesen Typ der Adverbbildung besser charakterisieren lassen. So ist zunächst die bereits mehrfach angesprochene Verbindung mit Präposition anzuführen - hier dominiert a, dessen italienisches Pendant ebenfalls verschiedentlich in den Korpusbelegen aufscheint. Diese kann durch die Einstufung des komplexen Lexems als Adverb in parallelen Kontexten (Adverbialbereich) bedingt sein, und zwar in dem Sinne, dass das hier primär modalen Charakter besitzende ä l a auf diese Bildung im Sinne einer Analogie Übertragen wurde. Möglicherweise geht dieser Prozess auch mit einer Desemantisierung im Hinblick auf mangelnde Durchsichtigkeit der Bildung selbst einher, womit die problembehaftete Interpretation als Adverb gegeben wäre. In diese Richtung weist auch das Schwanken in der Endung des Adverbs zwischen -one und -oni im Italienischen und -on und -ans im Französischen: Es handelt sich hier sicher nicht um eine Singular- und Pluralkennzeichnung, motiviert durch die Anzahl der für die Körperposition relevanten Gliedmaßen (also boccone vs. ginocchioni, s. dazu auch weiter oben), sondern, und das machen die starken Abweichungen auf der Basis einer derartigen Erklärung deutlich, offensichtlich um eine Adverbmarkierung, wie sie auch an anderer Stelle auftritt. Im Französischen ist dies -s (das neben -e als Adverbkennzeichen dient), im Italienischen -/', das von Generalisierungen wie in avanti etc. bekannt ist, wo es seine Analogiewirkung zeigt, die auch hier angenommen werden kann. Somit wird auch das Schwanken zwischen -one und -oni im Italienischen und -on und -ons im Französischen durch einen schrittweisen Übergang von der
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Nfrz. tritt a genoux zu diesen Bildungen in Konkurrenz. Germ. KRUPPA findet im FEW keine Berücksichtigung (a cro(u)peton(s)), VENTER (ä ventrillons) erscheint bedauerlicherweise nur im onomasiologisch ausgerichteten letzten Band des FEW, ohne dass hier das Adverb berücksichtigt würde. Auf die spezifische Situation im Frankoprovenzalischen und Altkatalanischen, für das Wartburg (s. die Einträge im FEW) ebenfalls auf die Existenz derartig gebildeter Adverbien hinweist, kann hier nicht näher eingegangen werden.
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einen zur anderen Form erklärbar. Ein Blick in ein Wörterbuch des Gegenwartsitalienischen (wie z.B. DISC) zeigt, dass die Form auf-one meist als untergeordnete, diasystematisch zusätzlich als selten auftretend gekennzeichnete Variante zu -oni fungiert. Aufgrund der kleinen Gruppe an Bildungen auf -on(s) im Französischen und der Ergebnisse der OF/-Recherche für das Italienische wird weiter sichtbar, dass dieser Typ der Adverbbildung seinen Ursprung in der Bezeichnung bestimmter Körperlagen hat.38 Erst sekundär werden mithilfe von -oni Bezeichnungen für bestimmte Arten der Fortbewegung geschaffen.39 Diese (ursprünglichen) Körperpositionen und Fortbewegungsarten zeichnen sich durch ihre Andersartigkeit gegenüber „normalem" Sitzen, Stehen und Liegen bzw. Gehen und Laufen aus, d.h. anhand der eher selten eingenommenen Haltung bzw. des weniger häufig auftretenden Bewegungsmodus lässt sich durchaus auch eine - natürlich rein kontextbezogene - Charakterisierung der jeweiligen Person vornehmen. Somit erlangt hier -one l -oni möglicherweise wiederum die dieses Suffix in seinen Anfängen kennzeichnende (und heute noch präsente) individualisierende Funktion, wenn auch verschiedentlich diesem Bildungstyp,
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Vgl. Krefeld (1999:120). Darüber greift frz. muschons .heimlich' hinaus. Ähnliche Beispiele finden sich auch im Italienischen (balordoni .unbesonnen') und z.B. in größerer Zahl auch im Friaulischen (s. a butinton .bruscamente', a repeton ,con insistenza'). Derartige Bildungen lassen auf einen höheren Grammatikalisierungsgrad schließen. Interessant sind zur friaulischen Adverbbildung insbesondere die Anmerkungen De Leidis (1984:162), der auf die Parallelität von -on und -ans zur Bildung von Adverbien hinweist und zweitgenannte Form als pluralisch deutet. Bereits aus seiner Beispielliste geht jedoch hervor, dass die Form auf -on dominiert, was sich weiter mit einer Überprüfung der Formen anhand eines einsprachigen Wörterbuchs (Pironä) bestätigt. Lediglich für insgesamt vier Formen wird als Variante die Form auf-ans aufgeführt (bei den weiteren 13 Beispielen nur die „singularische" Form), und Faggin vermerkt in seiner Grammatik beinahe ausschließlich das Suffix -on zur Adverbbildung (1997:221-227; lediglich im Falle von a tombolon wird auch die Variante a tombolons genannt), so dass die -o/w-Bildungen entweder über das - -Suffix zur Adverbbildung (s. di domans ,di prima mattina', amens ,a memoria', De Leidi 1984:162f.) oder über eventuellen italienischen Einfluss erklärt werden kann, da im Italienischen heute -oni dominiert und eine Umsetzung des auslautenden -/, interpretiert als Plural (oder eben auch als Adverbkennzeichen), in Form von -s erfolgt sein könnte. Daneben dient im Friaulischen jedoch auch -ut der Adverbbildung, was möglicherweise auf einer Analogie zu den -on(s)-Bildungen beruht - zumindest ist auffällig, dass verschiedentlich die Formen koexistieren (z.B. in scrufujon, in scrufujitt .coccoloni'). Ebenfalls bemerkenswert ist hier allerdings das Fehlen eines finalen -s, die Analogie wurde also auf der dominanten -j-losen Form aufsetzen. Interessant ist weiter die Tatsache, dass auch im Venezischen (s. Belloni 1991:174f), also einem geographisch benachbarten Idiom, eine Adverbbildung mittels -on verbreitet ist, nicht aber eine parallele Form auf -oni vorliegt, was für das Venezische und sicher auch das Friaulische italienischen Einfluss unwahrscheinlich macht. Dies zeigt aber auch, dass im Friaulischen wie im Italienischen eine Übertragung einer Markierung von anderen Adverbien her erfolgt sein könnte, im Italienischen in sehr bedeutendem Maße, im Friaulischen weniger stark ausgeprägt, wodurch die primäre Form gut erkennbar ist, die im Venezischen schließlich offenbar unbeeinflusst geblieben ist.
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aufgrund seiner Auffälligkeit gegenüber der Ausdrucksmöglichkeit mittels Präpositionalphrase, eine gewisse Expressivität sicher nicht abzusprechen ist.40 Die adverbielle Funktion nur Über die augmentative Bedeutung von -one in seiner zentralen Verwendung als Alterationssuffix erklären zu wollen, wie es Spitzer (1921:199) oder auch gemäßigter Heinimann (1953:26) versucht, mag zwar für einen Einzelfall wie ginocchioni noch nachvollziehbar sein, sicherlich aber höchstens im Sinne einer Expressivität, die etwa in einer ruckartigen Bewegung zu verstehen ist, die zur adverbiell ausgedrückten Position führt. Die Adaption an andere Körperpositionen (boccone l bocconi, gomitoni etc.) scheint hier bereits schwierig. Auch wenn ohnehin für die Genese des Bildungstyps nicht zentral, da erst sekundär auftretend, so ist die Problematik einer augmentativen Interpretation bei den Adverbien zur Anzeige eines Modus der (Fort-) Bewegung (dondoloni, bighelloni etc.) dennoch zu berücksichtigen. Diese Adverbien zeichnen sich nämlich verschiedentlich durch eine iterative Komponente aus, die in der Regel nicht durch das Suffix -one zum Ausdruck gebracht wird, sondern im Verbalbereich z.B. durch -eil-, -eil- etc. versprachlicht wird, wobei gleichzeitig der diminutive, abschwächende Gehalt des Suffixes mit in die Semantik eingeht, somit die Divergenzen im Fall von -one schwer zu erklären wären.41 Interessant ist für diese spezifische Adverbbildung ferner das häufig parallele Auftreten der zuvor in dieser kurzen Abhandlung besprochenen nomina agentis-Bildungen, die, wie bereits ausfuhrlicher erläutert, eine andere als die individualisierende Interpretation nicht zulassen. Wie die Daten für die Erstbelege in Battaglia (l961 ff.), DISC und DELI zeigen, treten beide Bildungen schon sehr früh (teilweise schon im 14. Jahrhundert) parallel auf, so dass von einer gewissen Bedeutungsähnlichkeit für das Suffix aufgrund der Gleichheit der jeweiligen Ableitungsbasis wohl durchaus ausgegangen werden kann und lediglich eine wortartabhängige funktionale Differenzierung zu Tage tritt. Entsprechend verwundert auch die Bedeutungsangabe in den konsultierten einsprachigen Wörterbüchern nicht, die z.B. dondoloni als alia maniera di cosa ehe ciondola etc. beschreibt. Bighelloni wird als bighellonando ausgewiesen, wobei die parallele Verwendbarkeit des -o«/'-Adverbs und der Gerundialform zweierlei erkennen lässt: zum einen, dass die Gerundien im modernen Sprachgebrauch in Konkurrenz zu den -om-Bildungen auftreten und präferiert zum Ausdruck des Bewegungsmodus herangezogen werden, wodurch nicht nur die weitere Ausbreitung der Adverbien auf -oni gehemmt wird, sondern auch bestehende Formen in ihrer Gebrauchshäufigkeit zurückgedrängt werden könnten - dies gilt
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Diese kommt verschiedentlich durch die zusätzliche Doppelung des Lexems in besonderer Weise zum Ausdruck, s. z.B. quatton quattoni etc. Diese Reduplikation tritt in der Regel nur bei Adjektiven und Substantiven auf, eher ausnahmsweise auch im Adverbbereich, wie im Falle vonpianpian(in)o. Auffällig ist im Übrigen das Fehlen des -on(e)-S\iffi\es zur Bildung von Verben im Italienischen.
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natürlich ausschließlich für die deverbalen -ow-Adverbien.42 Zum anderen ist die Gerundialform deutlich neutraler, indem sie nicht nur zur Versprachlichung von Modalität gebraucht werden kann. Zudem zeigt die parallele Verwendbarkeit, dass, zumindest für den modernen Sprachgebrauch, die Semantik der betroffenen Elemente mehr oder weniger zur Deckung zu bringen ist. Damit liegt also ein weiteres Kriterium vor, das die Interpretation der -o«;-Adverbien mit Rückgriff auf die das Suffix ursprünglich kennzeichnende individualisierende Funktion stützt.
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Mit Bezug auf die Körperteilbezeichnungen als Ableitungsbasis findet sich heute, wie bereits erwähnt, verstärkt die Bildung „su + Substantiv".
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Sabine Heinemann
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Alfred Hott
Nutzen und Tücken von Analogieschlüssen in der Verbalmorphologie: Rückläufige Ähnlichkeit als tertium comparationis in ausgewählten romanischen und germanischen Sprachen
Abstract Sprachstudierende versuchen beim Erlernen fremder Verbalsysteme oft, morphologische Analogieregeln auf der Basis der rückläufigen Ähnlichkeit (Ausgangsgleichheit) von Präsensinfinitiven als den lexikographischen Grundformen zu konstruieren. Da es aber generell keine Garantie für die Gültigkeit von stets heuristischen Schlüssen auf Analogie (Gleichartigkeitsverhältnis zweier Phänomene) gibt, wird vermeintliche Analogie eine Ursache für die Bildung fehlerhafter Verbalformen beim Fremdsprachenerwerb. Gängige Grammatiken nehmen auf diese Schwierigkeit keine Rücksicht, weil sie nicht aufzeigen, in welchen Fällen die Annahme morphologischer Analogie berechtigt ist und in welchen nicht. In diesem Beitrag wird das Prinzip der Analogie erkenntnistheoretisch und sprachwissenschaftlich untersucht. Für Deutsch, Englisch, Schwedisch, Französisch, Italienisch und Spanisch werden jeweils alle Gruppen unregelmäßiger Verben aufgeführt, die rückläufig ähnlich sind und gleichartig konjugiert werden, bei denen also morphologische Analogieregeln in vollem Umfang anwendbar sind. Es zeigt sich, dass rückläufige Ähnlichkeit nur teilweise mit morphologischer Analogie einhergeht und daher nur an gewissen ausgezeichneten Stellen in Verbalsystemen eine Hilfe für den Fremdsprachenerwerb ist. Ihre Bedeutung schwankt von Sprache zu Sprache erheblich und betrifft zwischen 5 und 25 % der unregelmäßigen Verben.
l. Das Prinzip des Analogieschlusses in der Erkenntnistheorie Das Erkenntnisprinzip des Analogieschlusses (des Schlusses auf Analogie) findet sich bereits als Basis einer vorwissenschaftlichen kognitiven Strategie. Diese ist so fest im Menschen verankert, dass sie häufig - beginnend im frühen Kindesalter - unbewusst abläuft und erst auf der Ebene wissenschaftlichen Denkens bewusst wird. Es handelt sich um eine pars-pro-toto-Strategie („parspro-toto-Reaktion" in Lorenz 1943:240), die aus der teilweisen Gleichheit (Ähnlichkeit) zweier Einzelphänomene, nämlich deren Übereinstimmung in Schlüsselmerkmalen („Schlüsselreize" in Lorenz 1943:240), d.h. in primären essentiellen Merkmalen im Sinne der Gestalttheorie (vgl. Lorenz 1943:402), auf
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Alfred Hol!
deren vollständige Übereinstimmung in allen essentiellen Merkmalen (Analogie) zu schließen sucht; akzidentelle bleiben unberücksichtigt. Die Reduktion auf Schlüsselmerkmale ist im Sinne der evolutionären Erkenntnistheorie, die weiter unten genauer besprochen wird, erforderlich, weil aus zeitlichen und technischen Gründen nicht alle essentiellen Merkmale eines Phänomens beobachtet werden können und trotzdem ein blitzschnelles Erfassen von Situationen oft überlebensnotwendig ist. Schlüsselmerkmale werden vom Beobachter (un)bewusst in Abhängigkeit vom jeweiligen Vergleichsphänomen festgelegt. Einem Phänomen können also unterschiedliche Schlüsselmerkmalsmengen zugeordnet werden. Gemeinsame Schlüsselmerkmale können als Ansatzpunkte (tertia comparationis) von Analogieschlüssen dienen. Deren Gültigkeit steht und fällt mit der Adäquatheit der ausgewählten Schlüsselmerkmale. So wie man von einem Einzelphänomen direkt auf die Analogie jedes anderen ähnlichen zu schließen sucht, so kann das auch indirekt auf einem langfristig ökonomischeren Umweg geschehen. Mehrere ähnliche Einzelphänomene werden induktiv abstrahierend auf ein „SchlüsselmerkmalsmodeU" reduziert. Dieses konstituiert einen in einen Begriff (conceptus) gefassten Typus mit den Schlüsselmerkmalen als Intension, der eine sprachliche Bezeichnung erhält. Zu einem Typus werden weitere Modelle konstruiert (Induktion), die dessen sekundäre essentielle Merkmale allgemein zu beschreiben suchen. Ein Phänomen kann in Abhängigkeit vom zugrunde liegenden Schlüsselmerkmalsmodell unterschiedlichen Typen zugeordnet werden. Von einem Typus aus wird dann deduktiv auf die Analogie jedes anderen „typgleichen" Einzelphänomens geschlossen (Deduktion), das die gleichen Schlüsselmerkmale wie er aufweist (modus ponens). Das Standardbeispiel der Logik für diesen Syllogismus, der Schluss auf die Sterblichkeit des Sokrates, setzt voraus, dass ein sprachlich bezeichenbarer Begriff Mensch mittels etwa optischer Schlüsselmerkmale konstituiert ist und dessen sekundäre essentielle Eigenschaft Sterblichkeit als allgemein gültig angenommen wird. Aus der Tatsache, dass Sokrates die gleichen Schlüsselmerkmale wie der Typus Mensch hat, wird auf die Gleichheit seiner sekundären essentiellen geschlossen. Nun ist offensichtlich, dass das wissenschaftliche induktiv-deduktive Verfahren eine Verfeinerung des Analogieschlusses ist. Voraussetzung für den Erfolg dieser Strategie und Grundlage jeglicher Vorhersagen (als Auftrag empirischer Forschung) ist, dass Beobachtungen und Experimente reproduzierbar sind, die Natur sich also in gewissem Umfang „einheitlich", „berechenbar" und vorhersagbar verhält, dass tatsächlich aus wenigen übereinstimmenden Schlüsselmerkmalen auf Analogie, d.h. insgesamt gleiche essentielle Merkmale, geschlossen werden kann. Dies ist für den Menschen überlebenswichtig, sonst hätte er keine Chance, sich in der Natur zurechtzufinden, es bliebe nur „ein ratloses Tappen in völliger Verwirrung" (Riedl 1979: 121). Nur: Wie weit reicht diese analogische (auf Analogie beruhende) Vorhersagbarkeit? Gilt sie in allen Gegenstandsbereichen, überall gleichermaßen? Natürlich nicht. Trotzdem lösen Abweichungen von analogisch verstehbarem Verhal-
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ten der Natur - also verschiedenes Verhalten trotz Ähnlichkeit - nicht selten Verwunderung, Ratlosigkeit und Desorientiertheit aus: beispielsweise die bekannten schwarzen Schwäne des Logikers, nichtstechende wespenartig gezeichnete Mimikryinsekten etc. In vorwissenschaftlicher Zeit gemahnte analogisch Unerklärbares an Wundersames, ja Überirdisches, und war der Auslöser magischer Praktiken. In aufgeklärter Zeit hat man sich an Analogiedefekte gewöhnt, sie aber nicht wirklich akzeptiert. In der Physik führt das unberechenbare Verhalten kleinster Materieeinheiten, etwa beim radioaktiven Zerfall, zur emsigen Suche nach neuen tertia comparationis, um analogisches Denken daran wieder festzumachen. Man nimmt Zuflucht zur Statistik und gewinnt eine neue Art von Berechenbarkeit auf der Ebene von Wahrscheinlichkeitsaussagen Über entsprechend große Mengen ähnlicher Gegenstände, wenn sie schon auf der Ebene der Einzelgegenstände nicht zu finden ist. Es bleibt gar nichts anderes Übrig, weil Typbildung und Analogieschluss die unabdingbare Basis jeglicher Form von Vorhersagbarkeit sind. Sonst müsste man sich mit nicht in Regeln fassbarem Verhalten der Natur abfinden. So wie die Physik im Mikrokosmos, so treffen Sozial- und Wirtschaftswissenschaften bei der Beschreibung sozialer Systeme im Makrokosmos wegen deren Komplexität auf Lücken in der Anwendbarkeit analogischen Denkens (Verhalten von sozialen Gemeinschaften, Betrieben, Börsenkursen (als Manifestation des Anlegerverhaltens) etc.). Der Erklärungsansatz der evolutionären Erkenntnistheorie (vgl. Vollmer 1984 und Holl 2001 a: 17-18) hierfür besagt, dass die menschlichen kognitiven Strategien, insbesondere auch der Analogieschluss, sich im Laufe der Evolution für sogenannte „mesokosmische" Gegenstandsbereiche des Alltagslebens entwickelt haben, für die sie angemessen (selektiert) sind. Diese Strategien werden auf andere Gegenstandsbereiche analogisch übertragen, für die sie nicht geeignet (nicht selektiert) sind; dort entstehen dann Fehlschlüsse aufgrund vermeintlicher Analogien (Putativanalogien, um eine Analogiebildung nach einem juristischen Wortbildungsmuster zu prägen). Der Mensch glaubt nämlich vereinfachend, dass sich die Natur überall vorhersagbar verhalten müsste, nur weil sie das an einigen Stellen tut. Diese Annahme unbeschränkter analogischer Übertragbarkeit des Analogieschlusses als Erkenntnisstrategie ist nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand ein Grundfehler menschlicher Hypothesen über die Verstehbarkeit von Natur und Welt (und ihrerseits eine Folge einer Putativanalogie). „Der Unsinn des Vorurteils beginnt stets an den Grenzen des Selektionsbereichs" (Riedl 1979:186). Allerdings hängt die Grenze zwischen den Bereichen, in denen analogische Verstehbarkeit gegeben bzw. nicht gegeben ist, vom jeweiligen Stand der Wissenschaften ab, hat also eine (wissenschafts)historische Dimension. Erstere haben in der Vergangenheit an Zahl stets zugenommen. Daher ist mit Sicherheit unwahrscheinlich, dass bereits alle Bereiche möglicher analogischer Interpretation bekannt sind, und es bleibt auch in Zukunft ein wesentliches Forschungsziel, weitere Ansatzpunkte für Analogieschlüsse zu gewinnen.
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Fazit: Das Verhalten der Natur ist in Teilbereichen analogisch interpretierbar, in anderen nicht, sondern statistisch oder chaotisch erklärbar. Wesentlich für den Menschen in seiner jeweiligen historischen Situation ist nun, zwischen diesen Bereichen erkenntnistheoretisch unterschiedlicher Qualität differenzieren zu können und das eigene Verhalten darauf einzustellen. Erkenntnistheoretisch trägt man diesem Anspruch mit einem Stufenmodell Rechnung (Holl 1999: 186-188). Dazu löst man sich von dem Gedanken, dass eine einzige erkenntnistheoretische Auffassung für alle Erkenntnisgegenstände gleichermaßen gilt, sondern wendet sich mit deren zunehmender Komplexität und abnehmender analogischer Vergleichbarkeit vom naiven Realismus über den kritischen Realismus (gemäßigten Konstruktivismus) zum Solipsismus (radikalen Konstruktivismus) bei singulären Phänomenen. Es sind zwei Aspekte zu ergänzen. Erstens kann das Prinzip des Analogieschlusses auf unterschiedlichen Erkenntnis· und Abstraktionsebenen eingesetzt werden, bei der Beschreibung von Einzelphänomenen (z.B. linguistische Feldforschung anhand sprachlicher Äußerungen von einzelnen Sprechern) ebenso wie bei der Untersuchung von Strukturen innerhalb eines Modells (z.B. Flexionsgesetze einer Sprache anhand einer grammatischen Beschreibung) und von gemeinsamen Strukturen verschiedener Modelle (z.B. Sprachvergleich anhand grammatischer Beschreibungen). Mein Beitrag bewegt sich auf den beiden letzten Ebenen. Zweitens ist es erstaunlich, in wie vielen Wissenschaften die Unterscheidungsfähigkeit zwischen vorhandener und fehlender Analogie gebraucht wird. In der Wirtschaftsinformatik werden Unternehmensmodelle in standardisierbaren Unternehmensteilen über analogisches Denken aus Referenzmodellen gewonnen, in individuellen über Beobachtung und Induktion (Holl 1999:191). Im Vertragsrecht der Jurisprudenz spiegelt sich die Situation vereinfacht gesprochen folgendermaßen wider: Mit dem Arzt hat man einen Dienstvertrag, man bezahlt dessen Bemühung unabhängig vom Erfolg, weil psychisch-physische Reaktionen von menschlichen Individuen als biologischen Systemen nur eingeschränkt analogisch vergleichbar und einschätzbar sind. Mit der Autowerkstatt hat man jedoch einen Werkvertrag, man erwirbt einen Garantieanspruch bei fehlerhafter oder erfolgloser Reparatur, weil die Funktion von Fahrzeugen als technischen Systemen sehr gut analogisch vergleichbar ist. Interessanterweise findet obiges analytisch ableitbare Fazit seinen Niederschlag auch in der Gestalt weltanschaulicher Lebensweisheiten, wie etwa dem stoischen Ideal der Ataraxia (Seelenruhe) des „Weisen" angesichts der Unkalkulierbarkeit vieler Lebensbereiche.
2. Das Prinzip des Analogieschlusses in der Verbalmorphologie Das Fazit aus Abschnitt l. lässt sich vorzüglich auf Spracherwerb und optimierte grammatische Beschreibung natürlichsprachlicher morphologischer Sys-
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teme anwenden, wobei Verbalmorphologien aufgrund ihrer ansehnlichen Komplexität besonders ergiebige Forschungsgegenstände darstellen. Wie ist nun Analogie in diesem Zusammenhang zu definieren? Man kann sagen, dass zwei Verben morphologisch analog (kurz analog) zueinander sind, wenn sie in den essentiellen morphologischen Merkmalen Übereinstimmen, wenn sie also gleiche Stammalternanzen und Personalendungen aufweisen. Sie können sich dann wechselseitig als Paradigma, als Konjugationsmuster dienen. In indogermanischen Sprachen besteht in Bezug auf die Personalendungen ohnehin fast vollständige Analogie innerhalb jeder Konjugationsklasse, so dass sich die Definition praktisch auf die Gleichheit der Stammaltemanzen reduziert. Deren Beschreibung geschieht schulgrammatisch durch sogenannte Stammreihen. Eine Gruppe von Verben nenne ich morphologisch homogen (kurz homogen), wenn die zu ihr gehörenden Verben analog sind. Vor diesem Hintergrund ergeben sich zwei zentrale Fragen: 1. Welche Art von Ähnlichkeit zweier Verben bildet beim Fremdsprachenerwerb gewöhnlich den Ansatzpunkt für die Vermutung ihrer morphologischen Analogie? 2. In welchen Fällen stimmt diese Vermutung, in welchen nicht? Wo besteht Analogie, wo nicht? Diese Frage nimmt die dichotome Unterscheidung im Fazit aus Abschnitt l. auf. Zunächst ist die erste Frage nach der Art der Ähnlichkeit zu beantworten. Das Prinzip des Analogieschlusses ist ein fester Bestandteil jedweder Form von Spracherwerb. Es ist eine Ursache kindersprachlicher grammatischer Fehler, eines schier unerschöpflichen Schatzes von putativanalogischen Verbalformen, aus dem ich hier nur einen kleinen Auszug herausgreife: *er tretet von treten in Analogie zu er knetet von kneten; *ich habe gewerft von werfen in Analogie zu ich habe gekauft von kaufen; *du sehst von sehen in Analogie zu du stehst von stehen; *er hat gelügt von lügen in Analogie zu er hat gerügt von rügen. Die genannten Erscheinungen werden von einer generellen Tendenz zur analogischen Verbreitung des schwachen Konjugationsmusters noch unterstutzt. Der Drang nach analogischem Denken in der Morphologie macht vor Erwachsenen ebenso wenig Halt, in Fremdsprachen ohnehin, dort sind die Fehler den kindersprachlichen vergleichbar, aber auch in der jeweiligen Muttersprache, wenngleich nur in recht geringem Umfang. Hier mllndet er in bekannte Hyperkorrektismen, wie *er fragt \onfragen in Analogie zu er trägt von tragen, in die Verbreitung des schwachen Konjugationsmusters auf ursprünglich starke Verben, die dann häufig zwei - ggf. in Anwendungshäufigkeit und -kontext unterschiedene - Parallelformen aufweisen, wie z.B. weben wob/webte gewoben/gewebt. Diachron betrachtet führt das Streben nach Analogie (das einem Streben nach morphologischer Vereinfachung gleichkommt) jedoch zur Zunahme morphologischer Regelmäßigkeit und zur Abnahme der Differenzierung in verschiedene unregelmäßige Konjugationsmuster. Ursachen sind die regelmäßige Konjugation von Neologismen und die Erhaltung von Unregelmäßigkeiten nur bei häufig gebrauchten Verb(form)en.
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Ausgehend von obigen Beispielen kann man schon gut erkennen, welche Form von Ähnlichkeit zur heuristischen Annahme morphologischer Analogie verleitet: die rückläufige Ähnlichkeit (Ausgangsgleichheit), manifestiert in einem gemeinsamen Ausgang im Infinitiv Präsens Aktiv. Der Terminus „Ausgang" wird hier nicht als morphologische Kategorie im Sinne von Endung verstanden, sondern ganz einfach als Graphem- oder Phonsequenz am Ende eines Wortes, deren Länge jeweils pragmatisch festgelegt wird. Eine Gruppe ausgangsgleicher Verben wird definiert in Bezug auf einen gemeinsamen Ausgang, der für jede Gruppe fest ist, aber von Gruppe zu Gruppe variiert. Die analogische Übertragung geschieht mittels einer „Analogiegleichung", etwa kneten treten = er knetet x, in Worten: Da kneten und treten in einem Ähnlichkeitsverhältnis stehen, müssen die Formen er knetet und die gesuchte Form von treten in genau dem gleichen Ähnlichkeitsverhältnis stehen, woraus die Vermutung *er tretet abgeleitet wird. Zur Illustration und besseren Motivation dieses Resultats will ich noch weitere Phänomene und Eigenschaften von Verbalsystemen nennen. - In der linguistischen Literatur werden die englischen Verben to bake und to take häufig in einem Atemzug genannt. Sie sind ausgangsgleich, wären also Kandidaten für morphologische Analogie. Doch nein, sie konjugieren grundverschieden, sind Repräsentanten schwacher (bake baked baked) und starker Konjugation (take took taken) und damit ein Hinweis auf Ungültigkeit des ausgangsbasierten Analogieschlusses. - Komposita flektieren zum größten Teil wie das zugehörige Simplex, sind also morphologisch analog. Ausgangsgleichheit besteht, da Vorsilben den Ausgang nicht verändern. - Die Zugehörigkeit eines Verbs zu einer der drei bis vier großen Konjugationsklassen ist in den Sprachen der Latein-Romania an dessen Infinitiv-Ausgang erkennbar. Ebenso sind Aussprache erhaltende orthographische Alternanzen am Infinitivausgang festzumachen, so wechseln etwa französische Verben auf-ger das g zu ge vor a und o. - Auch Genus und Pluralbildung von Substantiven sind teilweise am Ausgang der lexikographischen Grundform, des Nom.Sg., zu erkennen, was andererseits zu Putativanalogiebildungen führt, vereinzelt sogar zu für hart gesottene Linguisten überraschenden, wie *Verläge als Plural zu Verlag aus überzeugtem, nicht-österreichischem Mund, in Analogie zu den Numeruspaaren Schlag l Schläge und Belag l Beläge. Es gibt noch weitere tertia comparationis von (Putativ-)Analogien, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, etwa die phonetische Struktur von Verbwurzeln. So kann man im Schwedischen mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor aus einem palatalen Wurzelvokal auf die Zugehörigkeit zur 2. Konjugation schließen. Auch wenn die Ausgangsgleichheit der Präsensinfinitive ein ebenso trügerischer wie verführerischer Ansatzpunkt für die Annahme morphologischer Analogie ist, also kein optimales Schlüsselmerkmal, ist eine wissenschaftliche Untersuchung zu rechtfertigen. Denn der Infinitiv bietet sich als tertium compa-
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rationis an, weil er kindersprachlich die am häufigsten verwendete Verbalform ist und im Fremdsprachenerwerb die lexikographische Grundform. Sprachstudierende (und auch Vertreter deskriptiver Linguistik) suchen eben nach einfachen Kriterien für Schlüsse auf morphologische Analogie, also nach einem den Lernaufwand minimierenden Weg zur Zuordnung beliebiger Verben zu Musterverben. Sie wUrden gerne das Konjugationsmuster, insbesondere die Stammreihe, eines Verbs bereits am Infinitiv erkennen; sonst mllssten sie die Stammreihe für jedes einzelne Verb auswendig lernen. Sie möchten von der Gleichheit des Infinitivausgangs auf die Gleichheit aller Konjugationsdetails schließen: Gesucht ist eine heuristische pars-pro-toto-Strategie, wie eben der ausgangsbasierte Analogieschluss, der ja in einigen Fällen durchaus richtig ist. In welchen Fällen Analogieschlüsse auf der Basis der Ausgangsgleichheit der Präsensinfinitive richtig sind, ist Gegenstand der Frage 2. Der Standard morphologischer Darstellungen in deskriptiv-normativen Grammatiken besteht darin, Paradigmen, also Konjugationsschemata von Musterverben, aufzulisten. Teilweise werden nicht-optimierte Zuordnungslisten von Verben zu den Musterverben hinzugefügt, meistens überlässt man die Zuordnung aber dem Nachschlagen in Wörterbuchern. Was man nicht findet, sind Zusammenstellungen von Verbgruppen mit gleichem Ausgang und deren Prüfung auf morphologische Analogie. Nur ab und zu begegnet man in Wörterbüchern unvollständigen Listen von Ausgängen von Verbgruppen, deren Mitglieder gleich konjugieren, allerdings ohne explizite Nennung der Gruppenmitglieder. Die Frage 2 lässt sich also nur so beantworten, dass man keine allgemeinen Feststellungen über das Vorhandensein von Analogie treffen kann, sondern Gruppen ausgangsgleicher Verben einzelsprachlich erst einmal im Detail auf Homogenität, d.h. auf morphologische Analogie, untersuchen muss. Dazu soll hier ein Beitrag geleistet werden, komparativ für zwei Sprachfamilien und sechs Sprachen. Da diese Untersuchung speziell für den Fremdsprachenunterricht ausgelegt ist, wähle ich eine einfache graphemische und synchrone Sichtweise, da von einem durchschnittlichen Sprachstudierenden keine eingehende Auseinandersetzung mit Phonologic und Sprachgeschichte erwartet werden kann. Weiterhin schließe ich schon vorab Gruppen ausgangsgleicher regelmäßiger Verben wegen automatischer Homogenität als trivial aus, ebenso (synchron motivierte) Komposita, da sie in den allermeisten Fällen wie das zugehörige (ausgangsgleiche) Simplex konjugiert werden. Es verbleiben die Gruppen ausgangsgleicher Verben, von denen mindestens eines unregelmäßig ist. Man könnte nun alle derartigen Gruppen ausgangsgleicher Verben betrachten, in denen Analogieverletzungen vorliegen. Nachdem, wie sich herausstellen wird, die quantitative Bedeutung der Ungültigkeit ausgangsbasierter Analogieschlüsse die der Gültigkeit bei weitem übersteigt, es also wesentlich mehr inhomogene ausgangsgleiche Gruppen gibt als homogene, beschränke ich mich auf letztere, um den Rahmen dieses kurzen Artikels nicht zu sprengen. Die homogenen Gruppen, die mindestens e i n unregelmäßiges Verb enthalten, können dann natürlich nur noch solche umfassen, da regelmäßige und unregelmäßige per definitionem nicht analog sind. Auf diese Weise bekomme ich zwei Ergebnisse:
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1. Vollständige Aufstellungen aller homogenen Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben. Besonders interessant sind diejenigen mit besonders kurzem gemeinsamem Ausgang, da sie relativ viele Mitglieder enthalten und daher die Wahrscheinlichkeit für Homogenität abnimmt. Stellenweise ergänze ich um fast homogene Gruppen mit homogenen Teilgruppen und äußerst geringfügigen Analogieverletzungen. 2. Ein Maß für die Bedeutung ausgangsbasierter Analogieschlüsse in der Verbalmorphologie: Die Anzahl unregelmäßiger Verben in homogenen Gruppen wird einerseits in Beziehung gesetzt zur (ungefähren) Anzahl aller unregelmäßigen Verben und andererseits zur Anzahl aller derartigen Gruppen. Bei dieser kleinen numerischen Auswertung am Schluss jedes einzelsprachlichen Abschnitts werden keine exakten Zahlenwerte berechnet, sondern nur Größenordnungen als Vergleichsmaßstab verdeutlicht. Fast homogene Gruppen werden nicht berücksichtigt. Einige „fast" regelmäßige Verben weisen aufgrund der phonetischen Struktur des Wortstammes Besonderheiten auf. Sie verhalten sich regelhaft, werden daher nur der Vollständigkeit halber summarisch genannt und bei der numerischen Auswertung nicht berücksichtigt.
3. Germanische Sprachen 3. L Deutsch Die Untersuchung basiert auf Mater (1965), Muthmann (2001) und Wendt (1984). Im Deutschen gibt es eine regelmäßige (schwache, produktive) und eine unregelmäßige (starke, nicht produktive) Konjugationsklasse ohne durchgängige Abgrenzungsmöglichkeit über rückläufige Sortierung. Stammreihen: Inf.Prs., ggf. Ind.Prs.l.Sg. / 2.Sg. 3.Sg., Ind.Ipf.l.Sg., Ptzp.Pf. Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben: -reiben: reiben (Heb gerieben), schreiben, (reiben -eiben (fast homogen): zu -reiben kommt hinzu bleiben; Ausnahme einver- l entleiben (regelmäßig) -winden: winden (windet wand gewunden), schwinden -lingen: schlingen (schlang geschlungen), klingen, ge-1 misslingen -wingen: schwingen (schwang geschwungen), zwingen -Ingen (weitgehend homogen): zu -lingen und -wingen kommen hinzu dingen (auch regelmäßig), ringen, dringen, springen, wringen, singen; Ausnahmen bringen (brachte gebracht), be-1 umringen (regelmäßig) -riechen: riechen (roch gerochen), kriechen -leichen: bleichen (blich geblichen) (auch regelmäßig), gleichen, schleichen -limmen: glimmen (glomm geglommen) (auch regelmäßig), klimmen (auch regelmäßig)
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-ließen: fließen (floß geflossen), schließen -rießen: sprießen (sproß gesprossen) (auch regelmäßig), verdrießen -ießen (fast homogen): zu -ließen und -rießen kommen hinzu gießen, schießen, genießen; Ausnahme spießen (regelmäßig) Regelhafte Besonderheiten schwacher Verben (numerisch nicht berücksichtigt): e-Einschübe bei Verben auf -den, -ten, -Cmen (C ungleich h, l, m, r; alle homogen), -Cnen (nur -fnen, -gnen, -chnen homogen) und e-Elision im Ind.Prs. l.Sg. bei Verben auf -ein und -ern (beide homogen) und im Ind.Prs.2.Sg. bei Verben auf -sen, -ssen, -ßen, -xen (homogen), -zen. Ergebnis: Ansätze für ausgangsbasierte Analogieschlüsse sind vorhanden, aber nicht zahlreich. Etwa ein Neuntel (21 / 190) der unregelmäßigen Verben liegt in homogenen Gruppen ausgangsgleicher mit der Durchschnittsgröße 2 '/2 (21/9).
3.2. Englisch Die Untersuchung basiert auf Lehnen (1971), Muthmann (1999) und Langenscheidt-Redaktion (1984). Im Englischen gibt es eine regelmäßige (schwache, produktive) und eine unregelmäßige (schwache und starke, nicht produktive) Konjugationsklasse ohne durchgängige Abgrenzungsmöglichkeit Über rückläufige Sortierung. Stammreihen: Inf.Prs., Ind.Ipf.l.Sg., Ptzp.Pf. Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben: -ild: gild (gilt gilt) (auch regelmäßig), build -ling: cling (clung clung), fling, sling -weep: weep (wept wept), sweep -wear: wear (wore worn), swear Ergebnis: Ansätze für ausgangsbasierte Analogieschlüsse sind kaum zu finden. Nur etwa ein Zwanzigstel (9 / 175) der unregelmäßigen Verben liegt in homogenen Gruppen ausgangsgleicher mit der Durchschnittsgröße 2 (9 / 4).
3.3. Schwedisch Die Untersuchung basiert auf Holl (2001 b). Im Schwedischen gibt es eine regelmäßige (schwache), eine unregelmäßige schwache, eine gemischte und eine unregelmäßige (starke) Konjugationsklasse mit stark eingeschränkter Abgrenzungsmöglichkeit Über rückläufige Sortierung der Präsensinfinitive. Eine weitgehende Abgrenzung kann nur über ein zweites Kriterium erfolgen, nämlich den Ausgang des Supinums (einer neutrumartigen Form des Perfektpartizips zur Bildung der zusammengesetzten Vergangenheitstempora). Grauzonen wegen Verben, die gleichzeitig Merkmale verschiedener Klassen aufweisen, bleiben bestehen:
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Alfred Holl
1. Konjugation (Infinitiv auf -a, Supinum auf -at, Präsens auf -ar): regelmäßige (vokalstämmige schwache) Verben (nur diese produktiv). 2. Konjugation (Infinitiv auf -a, Supinum auf -Ct): unregelmäßige (konsonantstämmige schwache) u.a. mit „Rückumlaut". Die Zuordnung der schwachen Verben auf-a zur 1. bzw. 2. Konjugation ist am Infinitivausgang nicht erkennbar und bildet daher eine Hauptschwierigkeit bei der Erlernung des Schwedischen. Ich weiche daher (im Einklang mit meinem rückläufigen Ansatz) absichtlich von der Auffassung der schwedischen Schulgrammatik ab, große Teile gleichartig flektierender Verben der 2. Konjugation (Typen köpa und böjd) als regelmäßig zu betrachten, sondern kategorisiere sie - genau wie der Sprachstudierende - als unregelmäßig im Vergleich zur 1. Konjugation. 3. Konjugation (Infinitiv auf Vokal ungleich -a): regelmäßige (schwache) Verben auf -e, -o, -y, -ä, -ä, -ö und unregelmäßige (starke) Verben auf-e, -/', -ä, -ö (letztere auch zur 4. Konjugation). 4. Konjugation (Infinitiv auf-a, Supinum auf-//): unregelmäßige (starke). Stammreihen: Inf.Prs., Ind.Ipf.l.Sg., Supinum. Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben der 2. Konjugation: -yda: förhyda (förhydde förhytt), lyda (auch 4.),pryda, tyda -rada: rada (rädde ratt), träda -länga: länga (längde längt), blänga,flänga, klänga, slänga -ränga: kränga (krängde krängt), spränget, tränga, stränga (auch l. mit Bedeutungsunterschied), vränga -änga (weitgehend homogen): zu -länga und -ränga kommen hinzu dänga, hänga, mänga, stänga, svänga; Ausnahmen gänga, mannekänga (beide l.) -röja: röja (röjde röjt), dröja -öja (fast homogen): zu -röja kommen hinzu böja, höja,flöja, plöja, nöja, töja; Ausnahme slöja (l.) -rycka: rycka (ryckte ryckt), trycka -räcka: räcka (rückte räckt), bräcka, förskräcka, spräcka, träcka (auch l. mit Bedeutungsunterschied), sträcka -täcka: täcka (tackte tackt), stäcka -leka: leka (lekte lekt), bleka -ränka: dränka (dränkte dränkt), kränka, skränka -tänka: tänka (tankte tankt), stänka -änka (weitgehend homogen): zu -ränka und -tänka kommen hinzu dänka, skänka, blanko, sänka; Ausnahmen bänka, länka (beide l.) -ärka: märka (markte markt), stärka, värka -läka: läka (läkte läkt),fläka -räka: bräka (bräkte bräkt), kräkas (Deponens), vräka -röka: röka (rökte rökt), kröka -rälla: drälla (drällde drällt), skrälla -rämma: drämma (drämde drämt), skrämma -änna: känna (kände känt), nännas (Deponens), spänna, ränna, bränna
Nutzen und Tücken von Analogieschlüssen in der Verbalmorphologie
161
-jälpa: hjälpa (hjälpte hjälpi), stjälpa -näppa: knäppa (knappte knappt), snäppa -äppa (fast homogen): zu -näppa kommen hinzu släppa, skräppa, läppa; Ausnahme kräppa (l.) -ärpa: skärpa (skärpte skärpt), snärpa, värpa -öpa: döpa (dopte dopt), köpa, löpa, snöpa, gröpa (auch l. mit Bedeutungsunterschied), ströpa -väsa: väsa (väste väst), kväsa -älva: skälva (skälvde skälvt), välva Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben der 4. Konjugation: -lida: lida (led lidit), glida -rida: rida (redridit), skrida, sprida (auch 2.), strida, vrida -vika: vika (vek vikif), svika -rypa: drypa (drop drupit), krypa, strypa (auch 2.) -juta: gjuta (göt gjutit), skjuta, ljula, njuta, tjuta -ryta: ryta (rot rutit), bryta, skryta, tryta -yta (fast homogen): zu -ryta kommen hinzu flyta, knyta, snyta; Ausnahme byta 2.) Ergebnis: Ansätze für ausgangsbasierte Analogieschlüsse sind zahlreich vorhanden. Etwa ein Fünftel (92 / 460) der unregelmäßigen Verben liegt in homogenen Gruppen ausgangsgleicher mit der Durchschnittsgröße 3 (92 / 30).
4. Romanische Sprachen 4.1. Französisch Die Untersuchung basiert auf Holl (1988:217-229). Im Französischen gibt es eine regelmäßige, zwei gemischte und eine unregelmäßige Konjugationsklasse mit exakter Abgrenzungsmöglichkeit über rückläufige Sortierung: Verben auf-er. meist regelmäßige Verben (produktiv). Verben auf-/r: regelmäßige (stammerweiternd, produktiv) und unregelmäßige (nicht stammerweiternd, nicht produktiv), gegen einander rückläufig nicht durchgängig abgrenzbar. Verben auf-o/r: unregelmäßige (nicht produktiv). Verben auf -re (nicht produktiv): wenige regelmäßige (Typ vendre) und viele unregelmäßige, gegen einander rückläufig gut abgrenzbar. Alle regelmäßigen liegen in den homogenen Gruppen -andre, -andre, -rdre, -mpre, -attre sowie in der inhomogenen -endre. Stammreihen: Inf.Prs., Ind.Prs.l.Sg., Ind.Prs.l.Pl., Ind.PrsJ.Pl., hist.Pf. 2.Sg., Ptzp.Pf, Futl.Sg.
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Alfred Hol!
Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf-/>: -enir: tenir (tiens tenons tienneni tins tenu tiendrai), venir -ffrir: qffrir (qffre offrons offrent qffris offert offrirai), souffrir -ouvrir: ouvrir (ouvre ouvrons ouvrent ouvris ouvert ouvrirai), couwir Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf -re: -indre: plaindre (plains plaignons plaignent plaignis plaint plaindrai), craindre, contraindre, ceindre, feindre, geindre, peindre, enfreindre, empreindre, astreindre, teindre, atteindre, aveindre,joindre, oindre, poindre -raire: traire (trais trayons traient - trait trairai), braire (defektiv) Regelhafte Besonderheiten von Verben auf -er (numerisch nicht berücksichtigt): e l e-Alternanz bei den Verben auf -ecer, -emer, -ener, -eper, -evrer, -eser, -ever (alle homogen). e / e-Alternanz bei den Verben auf-eler, -eter mit der Ausnahme der el l ellbzw. et l etf-Alternanz; einzige nicht triviale homogene Gruppe -rteler (ecarteler, marteler). e l e-Alternanz bei den Verben auf -ecer, -eder, -eger, -echer, -efler, -eler, -egler, -emer, -ener, -egner, -eper, -obrer, -ecrer, -erer, -egrer, -etrer, -evrer, -eser, -eter, -eguer, -equer (alle homogen). Aussprache erhaltende c t f-Alternanz bei den Verben auf -cer und g l geAlternanz bei denen auf -ger. Beide Verbgruppen sind wegen der zusätzlich Vokal verändernden Teilgruppen auf -ecer, -ecer bzw. -eger nicht homogen, enthalten aber triviale homogene Teilgruppen. / /.y-Alternanz bei den Verben auf -Vyer (homogen für F = a, e, u, nicht für o). Ergebnis: Ansätze für ausgangsbasierte Analogieschlüsse sind zahlreich vorhanden. Etwa ein Viertel (24 / 90) der unregelmäßigen Verben liegt in homogenen Gruppen ausgangsgleicher mit der Durchschnittsgröße 5 (24 / 5).
4.2. Italienisch Die Untersuchung basiert auf Holl (1988:231-246). Im Italienischen gibt es eine regelmäßige, zwei gemischte und eine unregelmäßige Konjugationsklasse mit exakter Abgrenzungsmöglichkeit über rückläufige Sortierung bei Betonungsmarkierung der Verben auf -ere und -ere: Verben auf-are: meist regelmäßige Verben (produktiv). Verben auf -ire: regelmäßige (stammerweiternd, produktiv) und unregelmäßige (nicht stammerweiternd, nicht produktiv), gegen einander rückläufig nicht durchgängig abgrenzbar. Verben auf-ere: unregelmäßige (nicht produktiv). Verben auf -ere (nicht produktiv): wenige regelmäßige (Typ vendere) und viele unregelmäßige, gegen einander rückläufig wenig abgrenzbar. Nur die Gruppen -entere, -etere sind homogen regelmäßig.
Nutzen und Tücken von Analogieschlüssen in der Verbalmorphologie
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Stammreihen: Inf.Prs.2, Ind.Prs.l.Sg., Ind.Prs.2.Sg., Ind.Prs.l.PI., hist.Pf. l.Sg.,Ptzp.Pf. Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf-ere: -acare: giacere (giaccio giaci giacciamo giacqui giaciuto), piacere, tacere Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf-ere: -ädere rädere (rado radi radiamo rasi raso), evadere -idere (fast homogen), decidere (decido decidi decidiamo decisi deciso), elidere, ridere, intridere, assidersi, conquidere, dividere; Ausnahme stridere (regelmäßig) -cendere: accendere (accendo accendi accendiamo accesi acceso), scendere -rendere: rendere (rendo rendi rendiamo resi reso), prendere (-endere: nicht homogen wegen pendere, vendere etc.) -ödere: esplodere (esplodo esplodi esplodiamo esplosi esploso), r ödere -rdere: ordere (ardo ardi ardiamo arsi arsci), perdere (auch regelmäßig), mordere -udere: chiudere (chiudo chiudi chiudiamo chiusi chiuso), accludere, alludere, prüdere (defektiv), intrudere -eggere: leggere (leggo leggi leggiamo lessi letto), reggere, proteggere -ulgere: rißtigere (rifulgo rifulgi rifulgiamo rifülsi rißtlso), indulgere (defektiv) -angere: frangere (frango frangi frangiamo fransi franto), piangere, längere (defektiv) -pingere: pingere (pingo pingi pingiamo pinsi pinto), spingere -ingere (fast homogen): zu -pingere kommen hinzu cingere, fingere, mingere, fingere, allingere; Ausnahme stringere (stretio) -ungere: tmgere (ungo ungi ungiamo unsi untd), fitngere, giungere, mungere, pungere -tigere (fast homogen): zu -angere, -ingere und -ungere kommt hinzu spengere; Ausnahme wie bei -ingere -ergere (fast homogen): emergere (emergo emergi emergiamo emersi etnerso), aspergere, tergere, convergere; Ausnahme ergere (erto) -ärgere: scorgere (scorgo scorgi scorgiamo scorsi scorto), porgere, sorgere -gliere: scegliere (scelgo scegli scegliamo scelsi scelto), cogliere, scogliere, togliere Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf-ire: -ucire: cucire (cucio cuci cuciamo cucii cucitd), sdrucire -uggire: fuggire (fuggo fuggi fuggiamo fuggii fuggito), muggire (auch reg.), ruggire (auch reg.) -offrire: offrire (offro qffri qffriamo offrii l offersi offerto), soffrire -prire: aprire (apro apri apriamo aprii l apersi aperto), coprire Regelhafte Besonderheiten von Verben auf -are (numerisch nicht berücksichtigt): Aussprache erhaltende c l c/j-Alternanz bei den Verben auf-care. Die Gruppe ist fast homogen mit der Ausnahme der o l wo-Vokalalternanz bei giocare, enthält aber triviale homogene Teilgruppen.
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Alfred Holt
Aussprache erhaltende g l gA-Alternanz bei den Verben auf -gare (homogen). Die Verben auf -iare mit präsentisch silbenbildendem /' sind gegen die mit nicht silbenbildendem i rückläufig kaum abgrenzbar. Sie werden als unregelmäßig gezählt. Homogen ist nur die Gruppe auf-giare und fast homogen -ciare (mit der Ausnahme sciare), beide Gruppen nicht silbenbildend. Ergebnis: Ansätze für ausgangsbasierte Analogieschlüsse sind zahlreich vorhanden. Etwa ein Viertel (50 / 200) der unregelmäßigen Verben liegt in homogenen Gruppen ausgangsgleicher mit der Durchschnittsgröße 2 Vi (50 /18).
4.3. Spanisch Die Untersuchung basiert auf Holl (1988:247-267). Im Spanischen gibt es eine regelmäßige und zwei gemischte Konjugationsklassen mit exakter Abgrenzungsmöglichkeit Über rückläufige Sortierung: Verben auf -ar: häufig regelmäßige Verben (produktiv). Verben auf -er: regelmäßige auf -ecer (produktiv, rückläufig klar abgrenzbar, ohne mecer); regelmäßige (Typ deber) und unregelmäßige (beide nicht produktiv), gegen einander rückläufig nicht durchgängig abgrenzbar. Verben auf -ir (nicht produktiv): regelmäßige (Typ v/v/r) und unregelmäßige, gegen einander rückläufig nicht durchgängig abgrenzbar. Stammreihen: Inf.Prs., Ind.Prs.l.Sg., Ind.Prs.2.Sg., Konj.Prs.l.Pl., hist.Pf. 3.Sg., Ptzp.Pf. Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf-er: -cender: ascender (asciendo asciendes ascendamos ascendio ascendido), encender -olver: resolver (resuelvo resuelves resolvamos resolvio resuelto), volver -over: mover (muevo mueves movamos movio movido), llover (nur 3.Sg.) Homogene Gruppen ausgangsgleicher unregelmäßiger Verben auf-//·: -edir: medir (mido mides midamos midio medido), pedir, impedir; agredir (defektiv) -eir: desleir (deslio deslies desliamos deslio desleido), reir,freir (Ptzp.Pf. auch frito), engreir -egir: elegir (elijo eliges elijamos eligio elegido), regir -ernir: cernir (cierno ciernes cernamos cernio cernido), empedernir (defektiv) -eMr: cenir (cino cities cinamos cino cenido), henir, renir, astrenir, tenir -brir: abrir (abro obres abramos abrio abierto), cubrir -erir: conferir (conßero confieres confiramos conßrio conferido), digerir, herir, adherir, injerir, inserir, alerirse (defektiv), preterir (defektiv), requerir -etir: repetir (repito repites repitamos repitio repetido), derretir -entir: mentir (miento mientes mintamos mintio mentido), arrepentirse, seniir -ertir: impertir (impierto impiertes impirtamos impirtio impertidd), advertir -estir: embestir (embisto embistes embistamos embistio embistido), vestir
Nutzen und Tücken von Analogieschlüssen in der Verbalmorphologie
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Regelhafte Besonderheiten von Verben auf -ar (numerisch nicht berücksichtigt): Aussprache erhaltende c l ow-Alternanz bei den Verben auf-car. Aussprache erhaltende g l gw-Alternanz bei den Verben auf-gar. Aussprache erhaltende w / -Alternanz bei den Verben auf -war; die Gruppe ist u.a. wegen der homogenen Teilgruppe auf -guar mit Aussprache erhaltender gu l gw-Alternanz nicht homogen, enthält aber triviale homogene Teilgruppen. Aussprache erhaltende z l c-Alternanz bei den Verben auf-zar. Die Verbgruppen -car, -gar, -zar sind wegen zusätzlicher Vokalalternanzen e l ie und o l ue nicht homogen, enthalten aber triviale homogene Teilgruppen. Regelhafte Besonderheiten von Verben auf-er (numerisch nicht berücksichtigt): Aussprache erhaltende c l z-Alternanz bei den Verben auf -cer, die Gruppe ist wegen anderer Besonderheiten bei hacer etc. nicht homogen, enthält aber triviale homogene Teilgruppen. Aussprache erhaltende y l z-Alternanz bei den Verben auf-eer (homogen). Aussprache erhaltende g /y-Alternanz bei den Verben auf -ger (homogen). Orthographische Elision von / consonans bei den Verben auf -Her und -ner; jeweils nur ein Verb. Regelhafte Besonderheiten von Verben auf-/> (numerisch nicht berücksichtigt): Aussprache erhaltende c / z-Alternanz bei den Verben auf -c/r; die Gruppe ist wegen anderer Besonderheiten bei decir, ducir etc. nicht homogen, enthält aber triviale homogene Teilgruppen. Aussprache erhaltende g /y-Alternanz bei den Verben auf-g/r; die Gruppe ist wegen e l /-Alternanz bei -egir nicht homogen, enthält aber triviale homogene Teilgruppen. Orthographische Elision von / consonans bei den Verben auf-///r (homogen) und -iiir; letztere ist wegen e l /-Alternanz bei -enir nicht homogen, enthält aber triviale homogene Teilgruppen. Aussprache erhaltende / / >--Alternanz bei den Verben auf -uir; die Gruppe ist wegen der homogenen Teilgruppen auf -quir, -guir, -güir mit Aussprache erhaltender qu l c-, gu l g-, gü l gw-Alternanz nicht homogen, enthält aber triviale homogene Teilgruppen. Die Verben auf -/ar mit präsentisch silbenbildendem / sind gegen die mit nicht silbenbildendem / rückläufig kaum abgrenzbar, ebenso wenig die den Stammvokal e oder o diphthongierenden gegen die nicht diphthongierenden. Diese Typen werden als unregelmäßig gezählt. Es gibt hier keine homogenen Teilgruppen ausgangsgleicher Verben. Ergebnis: Ansätze für ausgangsbasierte Analogieschlüsse sind vorhanden, aber nicht zahlreich. Etwa ein Siebtel (43 / 300) der unregelmäßigen Verben liegt in homogenen Gruppen ausgangsgleicher mit der Durchschnittsgröße 3 (43 / 14).
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Alfred Holl
5. Zusammenfassung In den drei betrachteten germanischen Sprachen gibt es eine regelmäßige (schwache, produktive) Konjugationsklasse und eine unregelmäßige (starke, nicht produktive) sowie im Englischen und Schwedischen unregelmäßige schwache Verben. Eine durchgängige Zuordnung von Verben zu Klassen über rückläufige Sortierung der Präsensinfinitive ist meist nicht möglich. Analogieschlüsse auf der Basis rückläufiger Ähnlichkeit der Präsensinfinitive unregelmäßiger Verben haben im Schwedischen (ein Fünftel) die doppelte relative Bedeutung wie im Deutschen bzw. die vierfache wie im Englischen. Die drei untersuchten romanischen Sprachen besitzen als Reflex ihrer Grundsprache, des Lateinischen, drei bis vier Konjugationsklassen. Diese sind am Infinitivausgang erkennbar, und daher ist eine eindeutige Zuordnung von Verben zu Klassen über rückläufige Sortierung leicht möglich. Die Nachfolgeklasse der lateinischen l. Konjugation ist jeweils weitgehend regelmäßig und produktiv, die der lateinischen 2., 3. und 4. teilweise regelmäßig und teilweise produktiv. Analogieschlüsse der genannten Art haben im Französischen und Italienischen mit je einem Viertel etwa die doppelte relative Bedeutung wie im Spanischen. Die Bedeutung der Ausgangsgleichheit von Präsensinfinitiven (lexikographischen Grundformen) unregelmäßiger Verben als tertium comparationis für den heuristischen Schluss auf morphologische Analogie ist eingeschränkt und schwankt von Sprache zu Sprache. Viele Gruppen ausgangsgleicher Verben sind morphologisch inhomogen und enthalten gleichermaßen regelmäßige wie unregelmäßige Verben. Diese Fakten sollten Sprachstudierenden im Detail erläutert werden, um einerseits die auf dieser Basis möglichen Lernhilfen zu geben und um andererseits falsche Annahmen von Analogie zu reduzieren. In Abhängigkeit von der unterschiedlichen Gesamtzahl unregelmäßiger Verben können die absoluten Zahlen für analogisch nicht fassbare Unregelmäßigkeiten recht groß sein: zwischen 65 im Französischen und 370 im Schwedischen. Keine zwei der sechs betrachteten Sprachen weisen in Bezug auf alle genannten quantitativen Parameter eine durchgängige Ähnlichkeit auf, weswegen eine Klassifizierung nicht möglich ist. Daher kann und soll auch keine Beurteilung einer „Sprachmodernität" erfolgen, obwohl der Trend hin zu mehr morphologischer Analogie ein bekanntes Phänomen der Sprachgeschichte ist.
Bibliographie Holl, Alfred: Romanische Verbalmorphologie und relationentheoretische mathematische Linguistik - Axiomatisierung und algorithmische Anwendung des klassischen Wort- und Paradigma-Modells. Tübingen 1988 [= Linguistische Arbeiten 216]. - Empirische Wirtschaftsinformatik und Erkenntnistheorie, in: Wirtschaftsinformatik und Wissenschaftstheorie - Bestandsaufnahme und Perspektiven, hg. v. Jörg Becker u.a. Wiesbaden 1999, 165-207.
Nutzen und Tücken von Analogieschlüssen in der Verbalmorphologie
167
- Erkenntnistheorie, (Wirtschafts-)Informatik und Requirements Engineering, in: Requirements-Engineering und -Management, hg. v. Chris Rupp. München 2001, 16-19 [=2001a]. - The inflectional morphology of the Swedish verb with respect to reverse order: analogy, pattern verbs and their key forms, in: Arkiv for nordisk filologi 116 (2001), 193-220 [=2001b], Langenscheidt-Redaktion: Langenscheidts Verb-Tabellen Englisch. Berlin 1984. Lehnert, Martin: Ruckläufiges Wörterbuch der englischen Gegenwartssprache. Leipzig 1971. Lorenz, Konrad: Die angeborenen Formen möglicher Erfahrung, in: Zeitschrift für Tierpsychologie 5 (1943), 235-409. Mater, Erich: Rückläufiges Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Leipzig 1965. Muthmann, Gustav: Reverse English dictionary, based on phonological and morphological principles. Berlin /New York 1999. - Rückläufiges deutsches Wörterbuch. Tubingen 2001.
Riedl, Rupert: Biologie der Erkenntnis - Die stammesgeschichtlichen Grundlagen der Vernunft. Berlin / Hamburg 1979. Vollmer, Gerhard: Evolutionäre Erkenntnistheorie, in: Information Philosophie 12 (1984), 423. Wendt, Heinz F.: Langenscheidts Verb-Tabellen Deutsch. Berlin 1984.
Maria Iliescu
Die logisch-semantische Präposition „mit" im Französischen und im Rumänischen
0. Der Ausgangspunkt meines Beitrages war die Tatsache, dass das Rumänische, das fiir die Setzung und Nicht-Setzung des bestimmten Artikels in Präpositionalsyntagmen (PS) anderen Grundregeln folgt als die meisten1 anderen romanischen Sprachen, erstaunlicherweise im Falle der PS [,mif + N2] sich wie der Großteil der anderen romanischen Sprachen verhält. Mein Ziel ist es, die gemeinsamen Restriktionsregeln des Französischen und des Rumänischen im Fall der PS [,mif + / - bestimmter Artikel + N2] festzustellen. In l. werden zunächst die Grundregeln des Französischen, in 2. die des Rumänischen kurz beschrieben. Unter 3. werden die lexikalischen Möglichkeiten beider Sprachen, den Begriff ,mit' auszudrücken, sowie die syntaktischen Funktionen von PS [,mit' + NJ aufgezählt. In 4. werden die PS [,mif -t- N2] nach semantischen Beziehungen gruppiert und in beiden Sprachen mit Beispielen belegt, um sie auf Ähnlichkeiten und eventuelle Unähnlichkeiten hin analysieren zu können. Zum Abschluss (5.) sollen Regeln formuliert werden, die die Wahl zwischen best. Artikel und 0-Artikel in den PS [,mif + N2] im Französischen und Rumänischen bestimmen.
1. Im Französischen steht in der Regel in einem Präpositionalsyntagma (PS) zwischen Präposition und Substantiv N2 der bestimmte Artikel, der unbestimmte Artikel oder ein anderer predeterminant (Pd), d.h., ein Demonstrativ-, Possessiv- oder Indefinitadjektiv: [Präp. + un l le I son l ce l chaque l + NJ. (1)
II (N ( ) se promene dans un / le / son / ce / chaque jardin (N2). ,Er geht in einem / dem / seinem / diesem /jedem Garten spazieren.'
/. /. Vor einem unzählbaren Substantiv (substantif non nombrable, nom de masse) steht der sogenannte .partitive Artikel' (2)
II faut encore du sucre. ,Man braucht noch Zucker.'
Das Bündnerromanische und das Zentralladinische folgen denselben Grundregeln wie das Rumänische (Iliescu 2001b).
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Maria Iliescu
1.2. Die Pd sind nicht kumulativ: mit anderen Worten, es kann nur ein einziger Pd zwischen der Präposition und dem Substantiv stehen.
1.3. Diese Regeln ändern sich nicht, wenn N2 durch einen Determinanten (Det.), d.h. ein Adjektiv, ein Nomen, ein anderes PS, einen Relativsatz, einen Infinitiv oder einen Konjunktionalsatz weiter bestimmt wird. ( )
II se promene dans le jardin fleuri / dans je jardin du voisin, etc. ,Er geht im blühenden Garten, im Garten des Nachbarn spazieren.'
Eine Ausnahme von der unter l. formulierten Regel ist die Präposition en, die immer ohne Artikel steht und in einigen seltenen Fällen auch die Bedeutung ,mit' hat: (3) (4)
Mettre en ordre ,in Ordnung bringen' Aller en voiture ,mit dem Auto fahren'
1.4. Einige andere Präpositionen können mit und ohne Artikel (oder anderen Prädeterminanten) stehen. So z.B. par, pour, avant, apres (Anscombre 1986: 32) sowie de, avec, sans und a.2
2. Im Unterschied zum Französischen steht im Rumänischen in der Regel der 0-Artikel in einem PS zwischen einer den Akkusativ3 regierenden Präposition und dem N2. (la)
(El) se plimbä in grädinä. Wörtlich: *,Er geht in Garten spazieren.' ~ (1) II se promene dans le jardin.
2.1. Im Unterschied zum Französischen macht das Rumänische keinen Unterschied zwischen zählbaren und unzählbaren Substantiven, d.h. dass im Rumänischen in beiden Fällen der 0-Artikel steht, während im Französischen vor den unzählbaren Substantiven der partitive Artikel benutzt wird. (2a) 2
Dimineat,a maninc pline $i mere. ~ Le matin je mange du pain et des pommes.
Im Unterschied zu den Präpositionen de und a, über deren Syntax schon viel geschrieben wurde (s. z.B. die diesbezügliche Bibliographie bei Rackow 1994), wurde m.W. die Syntax der Präposition avec selten unter die Lupe genommen. (Der dreiteilige Artikel von Chotrit untersucht die Syntagmen mit a, manche im Vergleich mit avec.) Die neuesten Grammatiken begnügen sich mit der Bemerkung, dass avec mit und ohne Artikel stehen kann. Wilmet (1997:154) stellt sich mit Recht die Frage „pourquoi marcher avec un baton (nom concret) mais avec courage (nom abstrait)", doch geht er auf das Problem nicht weiter ein. Im Rumänischen gibt es auch Präpositionen, die den Genitiv oder den Dativ regieren und immer mit dem bestimmten Artikel konstruiert werden.
Die logisch-semantische Präposition „mit"
171
2.2. Eine Ausnahme bilden nur die Präpositionen cit ,mit', färä ,ohne' und das nur in wenigen Wendungen benutzte de- . Die beiden letzteren werden hier ausgeklammert. Cu kann gemäß der allgemeinen rumänischen Regel (2.), wie die französischen Präpositionen avec und a, sowohl ohne als auch mit Artikel stehen. (5)
Vin cu pläcere.~ (5a) Je viens avec plaisir. ,Ich komme mit Vergnügen.'
(6)
Scriu cu stiloul. ~ (6a) J'ocris avec le stylo. ,Ich schreibe mit der Füllfeder.'
vs.
2.3. Eine andere Ausnahme bilden die Personennamen, die für den Sprecher einmalige Personen bezeichnen (insbesondere Verwandtschaftsnamen), die den Eigennamen gleichgestellt werden. Der bestimmte Artikel ersetzt in diesem Fall das Possessivadjektiv. (7)
Se ginde$te la mama. ~ (7a) II pense ä sä mere. ,Er denkt an seine Mutter.'
2.4. Der bestimmte Artikel tritt in der Regel auf, wenn N2 von einem Determinanten näher bestimmt wird, (l 'a)
(El) se plimbä in grädina infloritä / in grädina vecinului. ,Er geht im blühenden Garten / im Garten des Nachbars spazieren.' ~ ( ) II se promene dans je jardin flcuri / dans le jardin du voisin.
Wenn der Pd durch ein Possessivadjektiv oder ein nachgestelltes Demonstrativadjektiv4 ausgedrückt wird, steht im Unterschied zum Französischen der bestimmte Artikel zusätzlich. (l") (l "a) ( ") (l'"a)
(El) se plimbä in grädina sä. *,Er geht in seinem dem Garten spazieren.' ~ II se promene dans son jardin. (El) se plimbä in grädina aceasta. *,Er geht im Garten diesem spazieren.' ~ II se promene dans ce jardin.
2.5. Die unter 2.4. formulierte Regel ist bei gewissen Präpositionen nicht gültig, wenn die Determinierung durch ein Attribut oder einen Attributsatz der Art und Weise durchgeführt wird. M. Avram (1996:§58) gibt ein Beispiel für das PS [de + NJ: (8)
4
A adus bäuturile pe tava de argint. ~ II a apporto les boissons sur le plateau d'argent. ,Er brachte die Getränke auf dem (uns bekannten) Silbertablett.'
Steht das Demonstrativadjektiv vor dem Substantiv, fehlt der Artikel: Se plimbä in aceasta grädina.
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Maria Iliescu A adus bäuturile pe o tavä de argint ~ II a apporto les boissons sur un plateau d'argent. ,Er brachte die Getränke auf einem der Silbertabletts.' A adus bäuturile pe tavä de argint / pe tävi de argint. ~ II a apporto les boissons sur plateau d'argent. ,Er brachte die Getränke auf silbernem Tablett / auf silbernen Tabletts.'
Die Artikelsetzung richtet sich in den Beispielen (8), (8') und (8") wie im Französischen (und im Deutschen) nach der Aktualisierung der Seme [+ / - identifiziert], [+ / - klassifiziert] des durch die Präposition eingeleiteten Nomens. Der bestimmte Artikel steht, wenn das Attribut /individualisierend/ und implizit /klassifizierend/ ist (8). Der unbestimmte Artikel steht, wenn das Attribut nur /klassifizierend/, nicht aber /individualisierend/ ist (8'). Der 0-Artikel steht, wenn das Attribut /qualifizierend/ und nicht /klassifizierend/, implizit nicht /individualisierend/ ist (8").
3. Während im Rumänischen ,mit' nur durch die Präposition cu ausgedrückt werden kann, stehen dem französischen mehrere Präpositionen zur Verfügung: avec sowie die beiden polisemantischen Präpositionen a 5 und en.
3.1. Mit Hilfe der Präpositionen avec und ä unterscheidet das Französische eine Eigenschaft, die ,zufällig' (accidentelle6), ,exogen' ist, von einer Eigenschaft, die ,nicht zufällig' (non accidentelle), sondern ,endogen', constitutive (Anscombre 1986:317) ist. Wie nachfolgende Beispiele zeigen, leitet avec Substantive, die exogene, zufällige N2 sind, ein, während die durch die Präposition ä eingeleiteten Determinanten endogene, nicht veräußerliche oder weglassbare, sondern klassifizierende und qualifizierende Charakteristiken, die ein für alle Mal gegeben sind, ausdrücken. (9) (10) (11) (12) (13) (14)
II se promene avec le chien ~ (3a) Se plimbä cu ciinele. ,Er ist mit dem Hund ausgegangen.' II parle avec son ami. ,Er spricht mit seinem Freund.' Ce soir il vient avec argent. ,Heute Abend kommt er mit dem Geld.' Une carafe avec du vin. ,Ein Krug mit Wein.' Parier a haute voix. ,Mit lauter Stimme sprechen.' Le moteur ä reaction / ä explosion / ä combustion usw. ,Reaktionsmotor, Explosionsmotor, Verbrennungsmotor.'
Beispiele, in denen das Ziel, den Zweck usw. ausdrückt und die im Rumänischen nicht durch ,mit' übersetzt werden (un verre ä bierre, mener ä bonfm, truffe au chocolat usw.), wurden ausgeklammert. Nach Pettier (1962:238, bei Lang 1991:465) .association accidentelle' In der Terminologie von Wilmet 1986:99: extrinseque (versus intrinseque). „II y a done une difference de comportement entre a et avec. Nous soutiendrons que dans u n N j ä N 2 , N2est pre"sente~ comme constitutif de N.,alors que dans un N! ovecN 2 ,N est en quelque sorte rajouto ä N,. C'est pourquoi on dit \mfusil ä deux coups et non unfusil avec deux coups."
Die logisch-semantische Präposition „ mit"
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(15) (16)
Le chapeau ä plume (bleue) ,der Hut mit (blauer) Feder.' Le stylo a plume (rentrante) est casse" (Chotrit 1978:67). ,Die Füllfeder mit rückspringender Feder ist kaputt.'
(17) (18)
La fille aux yeux bleus. ,Das Mädchen mit blauen Augen.' L'homme ä l'oreille casso (Gide bei Riegel u.a. 1994:372). ,Der Mann mit verletztem Ohr.'
Man vergleiche die Beispiele (9) und (17): man kann seinen Hund mitnehmen oder nicht, die Augen aber gehören zu jedem menschlichen Körper. Ein zutreffendes Beispiel für den Unterschied zwischen ovec und ist folgendes aus Camus (bei Lang 1991:461: C'etait un grand type [...] avec une petite femme ronde et gentille, q l'accent parisien. ,Es war ein großer Typ [...] mit einer kleinen, runden und netten Frau, mit Pariser Akzent.' Nicht immer ist das Kriterium, warum ä und nicht avec gewählt wurde, klar. Manchmal handelt es sich nur um eine »bekannte1 oder ,als bekannt' angenommene Eigenschaft, mit anderen Worten um pragmatische Kriterien, wie z.B. die .Einstellung', den Standpunkt des Sprechers, siehe das Beispiel (15). Eine Feder muss nicht unbedingt zu einem Hut gehören. Es hätte auch avec stehen können. a zeigt, dass hier ein Hut mit Feder zu einer bestimmten Kategorie von Hüten gehört. Durch die Feder werden diese Hüte von den anderen Kategorien unterschieden. In manchen Fällen hängt der Gebrauch der Präposition a auch von der .wiederholten Rede' und von der Lexikalisierung derselben ab. Im Rahmen der beschriebenen Eigenschaften der -Konstruktionen muss noch unterschieden werden zwischen den von einem Verb abhängenden PS, [V N2] wie in (13), in dem [a + N2] die Funktion eines modalen Umstandsobjekts hat, und den Strukturen [N, NJ, die von Chotrit (1978a, b, 1979) .composos nominaux' genannt werden, in denen [a + N2] als Attribut von N, funktioniert (15-18). Das modale PS, steht immer ohne Artikel, während PS2 mit oder ohne Artikel gebraucht werden kann. Dieser Unterschied markiert hier zwei verschiedene Funktionen der endogenen, konstitutiven, inhärenten Eigenschaft, die von [ä + N2] ausgedrückt wird. Die Gruppe mit Artikel (17, 18) identifiziert einen Referenten mit Hilfe eines endogenen Merkmals N2, während die Gruppe ohne Artikel ein Kohyponym N2 des Hyperonyms N, mit Hilfe eines endogenen Merkmals beschreibt (14) u. (15). In einigen Fällen muss ein Determinant neben N2 stehen, in anderen Fällen kann er stehen. Gehört N2 zu der sogenannten .possession inalienable', zu den Teilen des Körpers, die nicht veräußerlicht werden können, wird ein Determinant von der Logik verlangt: une fille aux yeux z.B. sagt nichts aus, da alle Mädchen Augen haben. Die Angabe der Farbe ist hier notwendig. In (15) hingegen hilft bleu zur Identifizierung des Referenten.8
8
Für Konstruktionen mit fehlender Präposition wie z.B. eile me regarda les yeux pleins de larmes vgl. Hanon (1980).
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Maria Iliescu
3.2. En zeigt im Unterschied zu avec oft die interioriie ,das in etwas sein' an. Es kann im Rumänischen durch cu ,mit' und in ,in' (mit, in) wiedergegeben werden: (19) (20) (21)
II est sorti en manteau. ~ (19a) E iesjt cu paltonul / In palton. ,Er ist im Mantel ausgegangen.' Aller en voiture. ~ (20a) A merge cu masina. ,Mit dem Auto fahren.' Une page en caractöres gothiques.- (21a) O pagina cu / in litere gotice. .Eine Seite mit / in gotischem Schriftsatz.'
3.3. Der Vergleich der syntaktischen Funktionen der Präpositionen ,mit' in beiden Sprachen ist identisch. Avec und cu leiten indirekte, nicht dativische Objekte, Umstandsobjekte und Attribute ein. ä ist auf Attribute und Umstandsobjekte beschränkt. Die semantischen Beziehungen sind dieselben.
3.4. Wenn das PS attributive Funktion hat [N, + ,mit' + N2], hängt bei näherer Bestimmung [Nj + ,mit' + N2 + Det.] die Setzung oder Nicht-Setzung des Artikels wie im Fall von [frz. / rum. de + N2 + Det.] (s. 2.5.) von der qualifizierenden oder klassifizierenden bzw. individualisierenden Funktion des Determinanten, die ihrerseits wieder textgebunden ist, ab. (22)
Dans la cave il y a un tonneau avec du vin (rouge). ~ (22a) in pivnifä e un butoi cu vin (rosu). ,Im Keller ist ein Fass mit Wein / Rotwein.'
Qualifizierend: mit was für Wein? (22')
Dans la cave il y a un tonneau avec du vin (rouge), que j'ai achete1 hier. ~ (22'a) in pivni(ä e un butoi cu vin (ros,u), pe care l-am cumpärat ieri. ,Im Keller ist ein Fass mit Wein / Rotwein, den ich gestern gekauft habe.'
Qualifizierend: was für ein Wein? den ich gestern gekauft habe. (Der Determinant des N2 ist hier ein qualifizierender relativer Attributsatz.) (23)
Dans la cave il y a un tonneau avec le vin (rouge).~ (23a) In pivni(ä e butoiul cu vinul ro$u. ,Im Keller ist ein Fass mit dem Rotwein.'
Identifizierend: mit welchem Wein? (mit Rotwein, nicht mit Weißwein) (23')
Dans la cave il y a un tonneau avec le vin rouge, que j'ai acheto hier. ~ (23'a) in pivnitä e un butoi cu vinul (ro$u), pe care l-am cumpärat ieri. ,Im Keller ist ein Fass mit Wein / Rotwein, den ich gestern gekauft habe.'
Identifizierend: mit welchem Wein? (mit Rotwein, nicht mit Weißwein) Bemerkenswert ist in den Beispielen (22-24), dass der bestimmte Artikel in keiner der beiden Sprachen bei qualifizierendem Determinanten gesetzt wird, obwohl im Rumänischen das Vorhandensein eines Determinanten der allgemeinen
Die logisch-semantische Präposition „ mit"
175
Regel entsprechend den Artikel verlangt (2.4.) und im Französischen der Artikel normalerweise sogar ohne Determinanten stehen sollte (1.).
3.5. Die individualisierende Bedeutung kann im Rumänischen durch den Demonstrativartikel (cel, cea, cei, cele) markiert werden. (24)
In pivni(ä e butoiul cel cu vinul ro§u. ,Im Keller ist das Fass, das mit dem Rotwein.'
4. Die semantischen Beziehungen des PS im Französischen und Rumänischen 4.1. die komitative Beziehung a) ,zusammen mit' (25) (26) (27)
II se promene avec le / son chien. ~ (25a) Se plimbä cu ciinele. ,Er geht mit dem Hund spazieren.' II habite avec son frere. ~ (26a) Stä cu fratele( sau). ,Er wohnt mit seinem Bruder zusammen.' II est invito avec sä femme. ~ (27a) E invitat cu so(ia. ,Er ist mit seiner Frau eingeladen'
Das Possessivadjektiv, das als nähere Bestimmung die Anwesenheit des Artikels im Rumänischen erklärt, wird häufig nur präsupponiert, ohne explizit ausgedruckt zu werden. b) ,unter Teilnahme von' (28) (29) (30)
II parle avec ses amis. ~ (28a) Vorbes.te cu prietenii (säi). ,Er spricht mit seinen Freunden.' II joue avec son pere / sä mere. ~(29a) Se joacä cu tata / cu mama. ,Er spielt mit seinem Vater / mit seiner Mutter' II joue avec papa / maman. ~ (30a) Se joacä cu täticu (täticul) / cu mämica. ,Er spielt mit Papa / Mama'
Im Beispiel (30) werden papa l maman bzw. mämica l täticu als Eigennamen betrachtet, so dass sie im Französischen (und auch im Deutschen) weder mit bestimmtem Artikel noch mit Possessivadjektiv stehen müssen.
176
Maria Iliescu
4.2. soziative Beziehungen .ausgestattet, versehen mit' a) mit Gegenständen (31) (32)
II est sorti avec son parapluie. ~ (31 a) A iesjt cu umbrela. ,Er ist mit dem Regenschirm ausgegangen.' Ce soir il vient avec argent. ~ (32a) Disearä vine cu banii. ,Heute Abend kommt er mit dem Geld (auf das wir warten / von dem wir gesprochen haben usw.),'
aber (l 1)
Ce soir il viendra avec de argent. ~ (11'a) Disearä vine cu bani. ,Heute Abend wird er mit Geld kommen.'
Wie schon unter (2.1.) erwähnt, entspricht der französische .partitive' Artikel bei nicht zählbaren Substantiven dem rumänischen 0-Artikel. b) mit Körperteilen, zum Körper gehörende, nicht veräußerliche Elemente (possession inalienable) (33) (34)
Une fille au visage pale ~ (33a) O fatä cu fa(ä palidä / cu fa(a palidä. ,Em Mädchen mit blassem Gesicht.' Marie me regardait avec des yeux brillants (Camus bei Lang 1981:466). ~ (34a) Maria mä privea cu ochi strälucitori / cu ochii strälucitori. ,Marie schaute mich mit glänzenden Augen an.'
Im Rumänischen kann in diesem Fall der bestimmte Artikel oder der 0-Artikel stehen, je nachdem, ob man das Attribut des N2 als nähere Bestimmung (die den Artikel verlangt) oder als von der Logik gefordert und in diesem Fall als eine Extension von N2 betrachtet, die keinen Artikel verlangt.
4.3. ,gemischt, gefüllt mit' (35) (35')
Je voudrais un cafe" au lait. ~ (35a) As. dori o cafea cu lapte. ,Ich möchte einen Milchkaffee.' Aujourd'hui je prendrai mon cafo avec du lait. ~ (35'a) Azi voi lua cafeaua cu lapte. ,Heute werde ich den Kaffee mit Milch trinken.'
Cafe au lait ist eine bestimmte Art von Kaffee, wie es die deutsche Übersetzung »Milchkaffee' zeigt. Au lait klassifiziert und identifiziert den Kaffee. Die Milch wird hier als eine ,konstitutive' Eigenschaft betrachtet, daher im Französischen die Präposition ä + Artikel. In cafe avec du lait ist die Milch eine Association fortuite externe': es steht daher die Präposition avec und der Partitivartikel, da Milch nicht zählbar ist. Im Unterschied zum Französischen drückt das Rumänische den Unterschied zwischen association fortuite und association obligatoire nicht aus. Lapte ist nicht determiniert und steht ohne Artikel.
Die logisch-semantische Präposition „ mit" (36) (37)
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Une carafe avec du vin (rouge) ~ (36a) O carafS cu vin (ro?u). ,Ein Krug mit (Rot) Wein.' Un panier avec des fleurs (de champs) ~ (37a) Un 005 cu flori(de dmp). , Korb mit Feldblumen.'
Die attributive Bestimmung bringt hier den bestimmten Artikel in keiner der beiden Sprachen mit sich: sie ist qualifizierend und nicht identifizierend.
4.4. instrumentale Beziehung a) mit (einem konkreten Instrument) (38)
(39)
II s'essuyait le cräne avec le mouchoir (Camus bei Lang 1981:466). ~ (38a) IsJ $tergea craniul cu batista. ,Er wischte sich den Schädel mit dem Taschentuch ab.' J'ocris toujours avec le crayon. ~ (39a) Scriu totdeauna cu creionul. ,Ich schreibe immer mit dem Bleistift.' (womit?)
Im Unterschied zu (39) hat (40) modale Bedeutung (wie?). (40) (41) (42)
Une lettre ocrite au crayon, a l'encre. ~ (40a) O scrisoare scrisä cu creion, cu cernealä. ,Ein mit Bleistift, mit Tinte geschriebener Brief.' Manger avec la fourchette.- (41a) A minca cu furculita.9 ,Mit der Gabel essen.' (womit?) Je travaille toujours avec sä machine ä ocrire (Haas-Tank bei Lang 1981:466). ~ (42a) Lucrez totdeauna cu ma$ina lui de scris. ,Ich arbeite immer mit seiner Schreibmaschine.'
b) mit (einem Verkehrsmittel) (43)
Aller en voiture, en auto, en bateau, aber in freier Variation aller ä l en velo, ä l en trottinette (cf. Riegel u.a. 1994:373)'° - (43a) A merge cu ma^ina, cu vaporul, cu bicicleta, cu trotineta. ,Mit dem Auto, mit dem Schiff, mit dem Fahrrad, mit dem Roller fahren.'
Das Französische folgt hier der allgemeinen Regel des 0-Artikels nach en, während das Rumänische sich nach dem identifizierten Hyponym des Hyperonyms ,Verkehrsmittel' orientiert und den bestimmten Artikel setzt. En (43) drückt die ,inte"riorite"' aus (s. 3.2.), was bei velo und trottinette nicht der Fall sein kann. Es handelt sich wahrscheinlich um eine analogische Übertragung von en auch auf die anderen Fortbewegungsmittel.
9
10
Fermer a clef ist rumänisch mit a Incuia zu übersetzen, da das Verb, so wie im Deutschen, auch das Instrument beinhaltet, mit dem man die Handlung ausführt (den Schlüssel). Hingegen aller par train. Ähnliche .Unregelmäßigheiten' bei Verkehrsmitteln sind auch im Surselvischen festzustellen: ir can auto, cun aviun aber cul Iren, culla viafer.
178 (44)
Maria Iliescu II y a de la place pour tous, car il est venu avec sä voiture (GLLF). ~ (44a) E loc pentru toti, pentru cä a venit cu masjna lui. ,Es ist Platz für alle, denn er ist mit seinem Auto gekommen.'
Der Fahrer und das Auto werden als zwei verschiedene Entitäten betrachtet, deswegen steht avec ,zusammen mit/ c) durch, mit Hilfe von; wegen (45)
L'homme ne vit pas seulement avec du pain. ~ (45a) Omul nu träies.te numai cu püne. ,Der Mensch lebt nicht von Brot allein.'
(46)
Avec de argent on peut tout faire. ~ (46a) Cu bani se poate face totul. ,Mit Geld kann man alles machen.'
4.5. modale Beziehungen (47) (48)
(49)
Supporter un malheur avec courage (Klein-Stroymeyer bei Lyng 1981:465) ~ (47a) A suporta o nenorocire cu curaj. ,Ein Unglück mit Courage ertragen.' Ils se regardaient, le chien avec terreur, l'homme avec haine (Camus bei Lang 1981: 466).~ (48a) Se priveau, ciinele cu groazä, omul cu urä. ,Sie schauten sich an, der Hund mit Angst, der Mensch mit Hass.' Avec le respect que je vous dois - (49a) Cu respectul pe care vi-l datorez. ,Mit der Hochachtung, die ich Ihnen schuldig bin.'
Der Artikel steht in (49 und 49a), da der Relativsatz hier identifiziert. Bei den abstrakten Substantiven der Modalität bringen auch quantitative Determinanten den Artikel nicht mit sich, da sie nicht zur Identifikation beitragen. (50) (51)
avec prudence, avec grande attention ~ (50a) cu prudenfä, cu märe aten^ie. ,mit Vorsicht, mit großer Aufmerksamkeit.' II marchait avec beaucoup de dignito (Camus bei Lang 1981:465). ~ (51 a) Mergea cu multä demnitate. ,Er ging mit viel Würde.'
4.6. Temporal-kausale Beziehung (52)
Avec ce temps / avec le temps qu'il fait nous sommes restos ä la maison. ~ (52a) Cu timpul ästa am rämas acasä." ,Bei diesem Wetter sind wir zu Hause geblieben.'
In beiden Sprachen steht hier der demonstrative Pd statt des bestimmten Artikels. (53)
Avec les annees les choses ce sont amolioroes. - (53a) Cu anii lucrurile s-au imbunätätit. ,Mit den Jahren hat sich die Sachlage verbessert.'
Kumulativ mit einem Demonstrativadjektiv steht der Artikel im Rumänischen nur, wenn das letztere nach dem Substantiv steht: cu timpul acesta...
Die logisch-semantische Präposition „ mit"
179
Die Artikelsetzung ist durch die nicht ausgedrückte Ergänzung qui ont passe ~ care au trecut ,die vergangen sind' nach annees - ani bedingt.
4.7. Zusammenfassung Die Beispiele der komitativen Beziehung (4. l.) haben als gemeinsames Merkmal, dass N2 immer belebt und identifiziert ist und dass in allen Beispielen in beiden Sprachen der bestimmte Artikel bzw. das Possessivadjektiv auch dann steht, wenn kein Determinant folgt. Durch das Setzen des Artikels weicht das Rumänische von der allgemeinen Regel des PS ab. Für die soziative Beziehung (4.2. a) (mit Gegenständen) steht der bestimmte Art. oder das possessive Adj., da es sich ebenfalls um ,identifizierte', .bekannte' Objekte handelt. Ausschlaggebend sind insbesondere die Beispiele (32) und (32a). Der bestimmte Artikel steht in beiden Sprachen, wenn ,das Geld' für die Sprecher im pragmatischen Kontext eine .bekannte' Größe ist. Das Rumänische hält sich erneut nicht an die allgemeine Regel, die besagt, dass der Artikel nicht gesetzt wird, wenn kein Determinant folgt. Steht der 0- / partitive Artikel, ändert sich die Bedeutung. Das Beispiel gehört in diesem Fall zu der modalen Beziehung. Nicht .womit kommt er?' wird gefragt, sondern .wie kommt er?' Was die Körperteile anbetrifft (4.2.b), benutzt das Französische die Präposition a, da es um eine endogene, nicht zufällige Eigenschaft geht. Das Beispiel (34), in dem avec gewählt wurde, kann modal interpretiert werden: ,Wie schaute sie mich an?'. In der Beziehung 4.3. .gemischt, gefüllt mit' steht der partitive Artikel, respektive der 0-Artikel vor einem Massensubstantiv (35), das von Natur aus nicht zählbar, d.h. nicht abgrenzbar ist, und vor einem endogenen Attribut im Plural, das in keiner der Sprachen den bestimmten Artikel mit sich bringt. So oft es sich bei einer gewissen instrumentalen Taxonomie (4.4.) um ein konkretes, defmites Instrument, ein bestimmtes kohyponymisches Element des Hyperonyms .Instrument' handelt, steht in beiden Sprachen der bestimmte Artikel. Das Rumänische wahrt konsequent das gleiche Verhalten auch bei den Verkehrsmitteln. Das Französische geht in diesem Fall andere Wege, indem es verschiedene Präpositionen benutzt: bei geschlossenen Verkehrsmitteln meist en, bei offenen oft (auch) ä\ dazu kommt für den Zug noch die Möglichkeit par. Bei der modalen Beziehung (4.5.) steht in PS mit abstraktem N2 in keiner der beiden Sprachen der bestimmte Artikel. Im Unterschied zu den anderen analysierten semantischen Beziehungen verstößt hier nicht das Rumänische, sondern das Französische gegen die allgemeine Regel der Artikelsetzung, die den bestimmten Artikel in PS verlangt.
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Maria Iliescu
5. Anhand der analysierten Beispiele können folgende Regeln für die Setzung des bestimmten Artikels oder des 0-Artikels im Rumänischen und im Französischen in PS [,mit* + N2 ] formuliert werden. 5. /. Der Gebrauch des bestimmten Artikels in PS [,mitl + N2 ] ist unabhängig von den allgemein gültigen Regeln für Setzung und Nichtsetzung des bestimmten Artikels im Französischen und im Rumänischen.
5.2. Maßgebend ist einzig und allein die Individualisierung des Referenten N2. Das Kontinuum der Identifizierungsmöglichkeit liegt zwischen den Eigen- und Personennamen (die komitative Beziehung) mit /+ Identifizierung/ und endet mit /- Individualisierung/ bei den abstrakten Substantiven der modalen Beziehung. Dazwischen liegen die konkreten, nicht belebten Substantive, zählbare Substantive im Singular, zählbare Substantive im Plural und die unzählbaren Substantive. Mit anderen Worten: Die Verwendung des Artikels hängt in beiden Sprachen von dem semantisch-logischen Inhalt des durch die Präposition ,mit' eingeleiteten Substantivs ab: der bestimmte Artikel wird gesetzt, wenn die Bedeutung spezifisch und der Referent durch das Substantiv selbst oder durch eine explizite oder implizite Bestimmung .bekannt' ist: der Artikel wird nicht gesetzt, wenn die Bedeutung generisch ist, so dass der Referent nicht individualisiert werden kann.
5.3. Im Rahmen der instrumentalen Beziehung ist ein hierarchischer Unterschied zwischen Identifizierung und Individualisierung festzustellen: Die Kohyponyme eines hyperonymen Begriffs sind Artikelträger; obwohl sie .identifiziert', aber nicht .individualisiert' sind. Die Kategorie, der sie angehören, wird identifiziert, doch der Referent wird als Exemplar nicht individualisiert.
5.4. Auch Determinierungen sind, im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln, nicht ausschlaggebend. Es muss unterschieden werden a) zwischen den Strukturen [N, ,mit' N2] und [V ,mit' N2]. Im ersten Fall handelt es sich um Attribute, im zweiten um indirekte Präpositionalobjekte oder um Umstandsobjekte; b) zwischen endogenen, konstitutiven (qualifizierenden) und exogenen (identifizierenden), attributiven Determinanten. Die Determinanten, insbesondere die exogenen, sind stark von pragmatischen Umständen abhängig. Ein und dieselbe Determinierung kann qualifizierend (N, hat die Eigenschaft N2), klassifizierend (N, hat die Eigenschaft N2 und nicht Nx) oder identifizierend (N, wird durch N2 identifiziert) interpretiert werden. Nur im dritten Fall steht der bestimmte Artikel.
Die logisch-semantische Präposition „ mit"
181
Das Französische hat den Unterschied zwischen endogenen und exogenen Determinanten durch die Verwendung der Präpositionen a und avec grammatikalisiert. Das Rumänische verfügt Über eine grammatikalisierte mo hologische Form, den Demonstrativartikel, um die Identifizierung zu markieren. In Verbindung mit Körperteilen (propriete inalienable) sind Determinanten in vielen Fällen als logisch notwendige Extensionen zu betrachten.
5.5. Da aus einem Beitrag über das PS [cun + N2] im Surselvischen (Iliescu 2001) und aus anderen noch nicht veröffentlichten Untersuchungen über das Verhalten anderer romanischer Sprachen hervorgeht, dass alle untersuchten Idiome, unabhängig von den jeweils gültigen Regeln der Artikelsetzung, gleich - und zwar nach denselben logisch-semantischen Eigenschaften des N2 - reagieren, sollte m.E. im Rahmen der Klassifizierung der Präpositionen, neben den sogenannten leeren grammatischen, den deiktischen und den von der Valenz verlangten Präpositionen, auch eine logisch-semantische Gruppe in Betracht gezogen werden, die wahrscheinlich in den meisten, wenn nicht in allen indoeuropäischen Sprachen zu finden sein dürfte.
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Dieter Kattenbusch
Computervermittelte Kommunikation1 in der Romania im Spannungsfeld zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit
l. Einleitung Keine technische Neuerung des 2. Jahrtausends hat die Gesellschaft so verändert wie das Internet und seine explosionsartige Verbreitung in den vergangenen 10 Jahren - lediglich die Erfindung des Buchdrucks ist hier vielleicht noch konkurrenzfähig! Ein paar Zahlen: Im Dezember 2001 hatten weltweit mehr als eine halbe Milliarde Menschen Zugang zum Internet. Die von Global Internet Statistics1 vierteljährlich herausgegebenen Zahlen weisen Übrigens im dritten Quartal 2000 erstmals mehr nicht-englische als englische Muttersprachler auf. Seither hat sich das Verhältnis weiter zugunsten der nicht-englischen Sprachen verschoben, wobei die europäischen Sprachen mit rund 174 Mio. (etwa ein Drittel) den größten Anteil ausmachen. Sprache Englisch Nicht-Englisch Deutsch
Spanisch Italienisch Französisch Portugiesisch Rumänisch
Mio. 231,0 307,0 36,8 35,0 20,2 17,9 14,1
0,8
% 43,0 57,0
6,8 6,5 3,8 3,3 2,6 0,1
Tab. 1: Muttersprachler online (Stand 15. Dezember 2001) Somit hat sich seit Beginn der Statistik (1996) die „non-English-speaking online world" (damals 7 Mio.) mehr als vervierzigfacht.
Der Terminus Computervermittelte Kommunikation als Oberbegriff für verschiedene Formen von elektronisch / digital Übermittelten „Nachrichten" läßt sich (mindestens) bis zum Anfang der 80er Jahr des 20. Jahrhunderts zurückverfolgen: 1982 veröffentlichen Kerr und Hiltz ihr Buch Computer-mediated communication systems. Status and evaluation. Im Italienischen hat sich die Bezeichnung comunicazione mediata dal computer, im Französischen communication mediatisee par ordinateur eingebürgert. http://www.glreach.com/globstats/index.php3.
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Dieter Kattenbusch
Das Internet verändert die Welt - auch die Schreibgewohnheiten. Dennoch glaube ich nicht, daß das Medium Buch im Sterben liegt, wie z.B. Marshall McLuhan, der in The Gutenberg-Galaxy. The making of typographic man bereits 1962 (deutsche Ausgabe 1995) das Ende des Buchzeitalters vorhersagt.3 Untrügliche Indizien sprechen dagegen: so hat das mit viel Medienrummel propagierte e-book bisher nicht den gewünschten (kommerziellen) Erfolg gehabt. Und zur 52. Frankfurter Buchmesse im Oktober 2000 kamen erstmals mehr als 300.000 Besucher, das waren 7,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß das Internet sich in der technisierten Welt zu einer unverzichtbaren arbeitserleichternden Informationsquelle und einem unentbehrlichen Kommunikationsmedium entwickelt hat. Standen bisher meistens psycho-soziale Fragen im Mittelpunkt der meisten Untersuchungen zur Computerkommunikation (vgl. z.B. Paccagnella 2000), so gibt es inzwischen doch auch einige Publikationen zum Themenkomplex Sprachwandel durch Computer (Weingarten 1997) oder auch zu Sprache und Kommunikation im Internet (Runkehl / Schlobinski / Siever 1998). Aber erst allmählich nehmen sich einzelne Linguisten in diesem Zusammenhang der romanischen Sprachen an. Erwähnenswert scheint mir diesbezüglich das Buch von Eva Martha Eckkrammer und Hildegund Maria Eder: (Cyber)Diskurs zwischen Konvention und Revolution (Eckkrammer / Eder 2000), in dem die Autorinnen sich kontrastiv mit verschiedenen Gebrauchstexten (Stellenanzeigen, Kontaktanzeigen, Kochrezepte) - sowohl in Printmedien als auch im Internet befassen und diese textlinguistisch analysieren - und für eine „kontrastive Cybertextlinguistik" plädieren (S. 21 f.).
2. Charakteristik der computervermittelten Kommunikationsformen Textlinguistische Fragestellungen sollen hier zunächst einmal weitgehend ausgeklammert werden; sie erfordern zweifellos ein umfangreicheres Korpus, als mir derzeit noch vorliegt.4 Auch Dieter E. Zimmer (2000:22) schlagt in McLuhans Kerbe, wenn er schreibt: „Ein paar Jahre früher oder später, je nachdem, wie die Displaytechnik vorankommt - jedenfalls geht die Ära des Buchdrucks zu Ende, und die der Digitalität hat bereits begonnen, und da beißt die Maus keinen Faden mehr ab". Andererseits geht aber auch er davon aus, daß die Bibliothek, „wie wir sie kennen, [...] sich nicht in verstreute Einzelarbeitsplätze am Computer auflösen [wird], in die reine Virtualität. Sie wird fortbestehen als ein Gebäude aus Stein und Beton und Glas, mit Magazinen und Lesepulten, in dem die Benutzer verweilen und wo auch weiterhin Bücher und Zeitschriften aufbewahrt und Wort für Wort gelesen werden" (Zimmer 2000:9). Ich möchte hier keine Diskussion vom Zaune brechen darüber, was ein Text ist - hierüber ließe sich trefflich streiten. Ebensowenig möchte ich in die Mühlen einer anderen Auseinandersetzung geraten: einer Frage, die im frankophonen Sprachraum seit längerer Zeit die Gemüter erhitzt, nämlich „Types de textes ou genres de discours?". Die Literatur zur Problematik hat inzwischen fast unübersehbare Ausmaße angenommen. Vgl. in jüngster Ver-
Computervermittelte Kommunikation in der Romania
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Ich beschränkte mich im folgenden auf E-Mail, Chat, Mailingliste, Newsgroup und Online-Printmedien, wobei Chat und Newsgroup für uns sicher am Interessantesten sind. Nicht behandeln werde ich die Junk-Mail (das sind unangeforderte elektronische Massensendungen) sowie die MUD- (Chatten in textbasierten virtuellen Welten ähnlich den Online-Spielen; MUD = Multi-UserDungeon) und MOO-Kommunikation (Muds Object-Oriented). Nicht Gegenstand dieses Beitrages sind auch die Internet-Telefonie und Internet-Konferenzen, da sie sich - abgesehen davon, daß sie ebenfalls computergestützt ablaufen, und abgesehen von der derzeit noch sehr schlechten Ton- und Bild-Qualität nicht von normalem Telefonieren und Videokonferenzen unterscheiden.
2.1. E-Mail (Electronic Mail) Die elektronische Post (ital. email; frz. imel l mel, courrier electronique, courriel, e-mail; span, corrida electronica, e-mail) ist die inzwischen schon traditionelle Form der elektronischen Informationsübertragung von einem Sender X zu einem Empfänger Y. Bedeutete bereits das Telefax gegenüber der Briefpost einen erheblichen Zeitgewinn bei der Übertragung, kommen bei der E-Mail weiterer Zeitgewinn und eine Rationalisierung des Arbeitsvorgangs hinzu: man kann am Schreibgerät sitzen bleiben! Das Ergebnis des Schreibvorgangs ist meistens noch immer ein linearer, den Normen der traditionellen Briefkunst unterworfener Text (mit Adresse, Absender, Grußformeln etc.), doch zeigen sich auch hier häufig bereits Tendenzen zur Dialogizität, wie fehlende Adresse, fehlende formale Anrede (statt dessen ein schlichtes Hi), der Nähesprache entlehnte Grußformeln wie ciao oder servus, bis hin zum wechselseitigen Beantworten der soeben erhaltenen E-Mails5 (etwa vergleichbar mit dem Walkygangenheit Reboul / Moeschler (1998), die die Frage zu klären versuchen, ob eine (allgemeine) Diskursanalyse (analyse de discours) überhaupt möglich ist, oder ob nicht vielmehr nur eine Analyse des (konkreten) Diskurses (analyse du discours) praktikabel ist. Für unsere Zwecke reicht die Definition, die Weinrich (1982:28) in seiner Textgrammatik der französischen Sprache formuliert hat; demnach ist Text „diejenige linear geordnete Äußerung, die im Zeitraum zwischen zwei auffälligen Unterbrechungen der Kommunikation von den Sprech- oder Schreiborganen des Senders zu den Hör- oder Sehorganen des Empfängers wandert. Einen bloßen Wechsel der Sprecherrolle im Gespräch wollen wir dabei nicht zu den auffälligen Unterbrechungen der Kommunikation rechnen. Auch ein Dialog kann also ein Text im Sinne der Textlinguistik sein." Oder in seiner Textgrammatik der deutschen Sprache: „Texte sind sinnvolle Verknüpfungen sprachlicher Zeichen in zeitlich-linearer Abfolge. Dies können - so wird der Begriff Text in der Textlinguistik verstanden - mündliche oder schriftliche Texte sein. Die beiden Kommunikationskanäle des mündlichen und des schriftlichen Sprachverkehrs werden folglich [...] gleichrangig berücksichtigt" (Weinrich 1993:17). Demnach haben wir es bei allen im folgenden kurz vorzustellenden Kommunikationsformen mit Texten zu tun - auch wenn die Rolle des Senders zumindest bei einer Form der elektronischen Kommunikation nach scheinbar nicht nachvollziehbaren Regeln wechselt. Die Äep(yfunktion verstärkt diese Tendenz durch die Möglichkeit, in der Antwort den empfangenen Text ergänzt um eigenen Text (Antworten) zurückzusenden.
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Talky mit Wechselsprechtaste) und der Verwendung von sog. Emoticons (Smileys), gefiihlsanzeigenden Ideogrammen auf der Basis der auf dem Keybord vorhandenen Graphe6 (nonverbal-ikonographische Symbolebene): Allgemein bekannt ist der „Ursmiley": !-), der - um 90 Grad gedreht - ein lachendes Gesicht symbolisiert (vgl. Quasthoff 1997).7 Während der Emotionstransfer bei der Face-to-Face Kommunikation zum großen Teil auf parasprachlichen Kanälen parallel zur gesprochenen Sprache abläuft, muß er bei der Internetkommunikation mit den Mitteln des Mediums realisiert werden; Smileys können also Gestik, Mimik, Prosodie, ja sogar Interjektionen und Gesprächspartikeln ersetzen.8 Dem Einfallsreichtum werden lediglich durch die Beschränktheit des ASCIIKodes Grenzen gesetzt, es gibt daher ziemlich komplizierte Konstruktionen, wie folgendes Beispiel zeigt: C=}>;*{O) „Un diabolico cuoco sbronzo con il parrucchino al contrario, i baffi e il doppio mento" (Verducci 2000:19). - Die Textlänge von E-Mails kann sehr unterschiedlich sein, von wenigen Zeilen - im Extremfall wenige oder sogar nur ein Wort - bis zu mehreren Seiten, einmal abgesehen von der Möglichkeit, Dateien, sozusagen als Anlage, als Attachment, „anzuheften". In Abhängigkeit vom kommunikativen Hintergrund (Themenreferenz, Situationskontext) und Sender- / Empfängerbezug kann die Stilebene erheblich variieren zwischen konzeptionell schriftlich und konzeptionell mündlich (verschriftete Mündlichkeit).9
2.2. Chat Der Chat (vgl. engl. to chat ,plaudern, schwatzen'; ital. la chat, selten chattata, frz. bavardage en ligne, span, charla) wird häufig als Online-Konferenz definiert, wobei das Lexem Konferenz eher ein Euphemismus ist. In den meisten Fällen - egal in welcher Sprache gechattet wird - handelt es sich um ein Allerdings ist man sich Über die Interpretation einzelner Emoticons häufig nicht einig, wie im Falle von !-X - „Der Benutzer ist verschwiegen" (Haase 1997:83); „Le mie labbra sono cucite" (Verducci 2000:21). - „Der Sender drückt dem Empfänger ein Küßchen auf (Husmann 1998:35); „envoyer un petit bisou" (Microsoft Press 2000:145). Bisweilen scheint sich ein und derselbe Autor unsicher zu sein: '-X bedeutet bei Rosenbaum 1999, 99 einmal „Küsschen" und nur acht Zeilen weiter „User trägt elegante Fliege" Durch Iteration des rechts stehenden Graphen wird Emphase ausgedrückt: :-(((.Schreiber ist sehr traurig' Vgl. Runkehl / Schlobinski / Siever (1998:99); dazu auch die Seminararbeit von Uwe Kalinowski: „Graphost il ist ische Realisationen von Emotionstransport in synchroner, interpersoneller und informeller, rein textueller CVK", HTML-Version: 1999/07/13, http://nctzberater. de/emoticon/arbeit/emotionstransfer.html#beein (zuletzt eingesehen am 3.6.2001). Nach Gruber (1997:125) handelt es sich bei E-Mails um eine völlig neue Kommunikationsform mit „eigenen textuellen und interaktiven Merkmalen", so daß die Frage, „inwieweit E-Mail-Kommunikation nun ,eher' mündlich oder schriftlich sei, falsch gestellt ist".
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zwangloses, inhaltlich meist an der Oberfläche bleibendes Geplauder zwischen zwei oder mehreren Personen. Da die Äußerungen der z.T. recht zahlreichen Chatter in einem Chat-Raum in Echtzeit übertragen werden (die Kommunikation läuft - im Gegensatz zur asynchronen Kommunikation bei der E-Mail synchron ab), kommt es häufig zu Überschneidungen, so daß ein unbeteiligter Leser10 bisweilen nur mit Mühe den „Gesprächen" folgen kann: vgl. Anhang Abb. l (argentinischer Chat): An den 24 Äußerungen (Turns) sind 17 Personen beteiligt, die z.T. über Kreuz bzw. in parallelen Gesprächen kommunizieren. Es gibt jedoch auch Chat-Räume, in denen der Nutzer per Mausklick einen der Teilnehmer direkt an„reden" kann; möglich ist meistens auch eine One-to-One Kommunikation außerhalb des Chat-Raums (Whisper-mode ,Flüstermodus' in .Privat-Räumen'). Mag der Inhalt dieser Chat-Kommunikation meistens auch eher anspruchslos sein - eben Geplauder - , so lassen sich doch einige linguistisch interessante Beobachtungen machen (die folgenden Beispiele stammen zum großen Teil aus italienischen Chats; vgl. Anhang Abb. 2 und 3): • Imitation von Lautstärke und Längung durch Majuskeln und Graphemiteration: CERCOOOO, ciaooooo; « fehlende Interpunktion (außer! und ? - selbst die fehlen oft); * häufige Verwendung des Graphems statt : ital. anke ,anche', kon ,con', kt ,chi', okki ,occhi', skerzo ,scherzo'; frz.pkoi ,pourquoi';" span, aki ,aqui"; * Kürzel: für ,per'; auch innerhalb lexikalischer Morphe xche für .perche"', xsona für .persona'; + o - ,piü o meno'; span, xq ,por quo' » Abkürzungen von Namen bzw. Nicknames (blu statt .blunotte'; Franc statt .Francesca') und Lexemen (raga für ,ragazzi'); * sonstige Abkürzungen, Akronyme: in pvt ,in private', cvd ,ci vediamo', da dove dgt [digiti], nn , ', m o/,maschio o femmina'; span, tc ,teclear', 12 i/i//u/,dedonde'; • Ideogramme unter Ausnutzung der Homonymie auf phonologischer Ebene: dove 6? ,dove sei', c6? ,ci sei?', 6 D Milano? ,sei di Milano?'; CU ,see you'; culSr ,see you later'; span. Salu2 .saludos'; • Interjektionen, Schallwörter, Gliederungssignale, die man größtenteils aus Comics kennt: wow, ehehehe, uff, ops, smack; • Umgangssprachliche / vulgärsprachliche (jugendsprachliche) Merkmale: a) barbie prendila nel culo dylan ehe cazzo vuoi? dylan prendilo tu nel culo; b) hos ta la vista, que pasa? (ital. Jugendsprache); * Dialektismen: non sono omo; konoscko, chist e' strunz:,
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Im Cyberslang spricht man von einem Lurker; vgl. engl. to lurk ,sich versteckt halten' Zur „noographie" in französischen IRC-Räumen vgl. Anis (1999:86-90). Daß nicht nur bei den Emoticons, sondern auch bei den Abkürzungen häufig ein ludisches Element im Spiel ist, zeigt z.B. die Abkürzung TOFU .Text oben Fullquote unten' aus einer dt. E-Mail.
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• Anglizismen: chatto ,chiacchiero', lurko spesso (e qualche volta posto) sul NG (mit angepaßter Mo hologie); bei den Anglizismen handelt es sich häufig um mehr oder weniger spontane Übernahmen, die nicht der entlehnenden Spache angepaßt werden; Anglizismen mit einer hohen Gebrauchsfrequenz werden jedoch teilweise in das morphologische System der entlehnenden Sprache integriert, wie im Falle von chat, zu dem im Italienischen mittels Verbalsuffix der Infinitiv chattare gebildet wird (mit komplettem Paradigma), von dem bereits weitere Derivate belegt sind: chattata (Palomba / Martino 2000:passim);13 • Kürze der Äußerungen: selten länger als eine Zeile (maximale Länge im ital. Chat im Anhang Abb. 3: 8 „Einheiten": azz...un pö lontano prendere il caffe!!);14 • Schreibfehler / Flüchtigkeitsfehler: CARI9NO; möglicherweise auf mangelnde Schulbildung zurückzuführende Fehler: nonfatemi vergoniare; • Emoticons / Ideogramme: nonverbal-ikonographische Symbolebene (überraschenderweise treten sie in ital. Chats wesentlich seltener auf als in deutschen Chats); • Ellipsen infolge direkter Bezugnahme auf „Gesprächspartner": tu anni clo? ,Tu, quanti anni hai, Clo?'; • Anakoluthe (Konstruktionsbrüche); Aposiopesen (Satzabbrüche); • Begrüßungssequenzen (-rituale); • wer sehr viel Zeit hat, kann seiner Angebeteten natürlich auch Blumen schicken (Anhang Abb. 4: Web-Art / ASCII-Art); • In romanischen Chat-Foren vermißt man die für deutsche Chats typischen Wurzelwörter, also die vorwiegend prädikativ gebrauchten Verbstämme (infinite Verb-Letzt-Konstruktionen), die von typographischen Diakritika oder Markern (wie < > oder * *) eingerahmt werden, und deren Funktion es ist, physische Handlungen des „Sprechers" anzuzeigen, vgl. z.B. *rot-werd* ,ich erröte' oder *LichtAusschaItUndKerzenAnzünd* ,Ich schalte das Licht aus und zünde die Kerzen an' (Husmann 1998:39). Ein Großteil der zuvor aufgeführten Merkmale der Chat-Kommunikation deutet darauf hin, daß es sich - zumindest bei den freien = unmoderierten - Chats um eine in hohem Maße phatische Kommunikation'5 handelt (wo es also in erster Linie darum geht, den Kontakt aufrecht zu erhalten).
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In die gängigen Wörterbücher haben allerdings bisher weder chattare noch chattata Eingang gefunden. Zingarelli 1999 verzeichnet lediglich chatline: ,,[loc. ingl., propr. ,linea telefonica (line) per (fare) quattro chiacchiere (chef)'] s. f. inv. · Servizio Audiotel ehe mette piu utenti telefonici in comunicazione tra di loro per conversazioni di vario tipo." Runkehl / Schlobinski / Siever (1998:85) haben in ihrem Korpus eine durchschnittliche Tumlänge von 4,8 Wörtern festgestellt, Werry (1996:53) eine Länge von 6 Wörtern. Phatische Kommunikation im Sinne Malinowskis (1923) wäre zu verstehen als Kommunikation, „in der sprach!. Einheiten gerade nicht zum Zwecke des Informationsaustauschs, sondern unter dem Gesichtspunkt ihrer reinen Abarbeitung und unabhängig vom proposi-
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Während die E-Mail-Kommunikation an die traditionelle Brief-Kommunikation ankniipfl, weisen Chats eindeutige Merkmale mundlicher Konversation auf. „Je stärker die Kommunikation dialogischer und synchroner erfolgt, desto häufiger lassen sich mündliche Aspekte des Sprachgebrauchs in der Internet-Kommunikation feststellen" (Runkehl / Schlobinski / Siever 1998:116).16
2.3. Newsgroups Newsgroups sind themenorientierte Diskussionsrunden im Internet, in denen Beiträge gepostet werden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Man kann jederzeit auf die archivierten Beiträge zurückgreifen, um der Diskussion zu folgen. Es handelt sich also um eine asynchrone Form der Telekommunikation. Eine Newsgroup ist eine Art Zettelkasten, aus dem man sich die Zettel mit der gewünschten Information herausziehen (pull = Informationen werden „abgeholt") und zur Benutzung für andere User eigene „Zettel" (Diskussionsbeiträge, Kommentare) hinzufügen kann. Die meisten Newsgroups sind nach Themen, Unterthemen etc. hierarchisch organisiert (vgl. Anhang Abb. 5). Newsgroups weisen in geringerem Maße sprechsprachliche17 Merkmale auf als die Chats: in frz. Newsgroups stellt man u.a. häufiges Fehlen der 2. Negationspartikel ne fest sowie der Phonetik nachempfundene Elisionen: j'trouve, j'pense. Schriftsprachliche Elemente herrschen hier vor;18 allerdings trifft man des öfteren auf ungewohnte Abkürzungen wie tjrs ,toujours', pbme .probleme' Newsgroups sind in geringerem Maße dialogisch ausgerichtet als E-Mails. Allgemein gilt, daß der Sprachgebrauch erheblich von der Kommunikationssituation und dem Themenbereich abhängt, was dazu führt, daß in themenbezogenen Newsgroups zwar ein lockerer Briefstil vorherrscht, aber durchaus komplexe Syntax vorkommen kann und in technischen und wissenschaftlichen Newsgroups das entsprechende Fachvokabular verwendet wird (kein Wunder, wenn
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tionalen Gehalt der Äußerungen als Mittel und Realisierung von Gemeinschaft zwischen Sprechern und Adressaten verstanden werden" (Glück 2000:356). Phatische Funktion haben im Face-to-Face-Gespräch (aber auch beim Telefongespräch) beispielsweise lautliche Äußerungen wie hm, ja etc., die signalisieren, daß der Zuhörer an der Fortsetzung des Gesprächs interessiert ist (vgl. Hornberger 2000:381). Die Autoren haben außerdem festgestellt, daß Chat-Kommunikation Über Sprach- und Kulturgrenzen hinaus (sogar im chinesischen Chat) identische bzw. ähnliche sprachliche und kommunikative Grundstrukturen aufweist (vgl. ebd. S. 81—83). Runkehl / Schlobinski / Siever (1998:60, 63) verweisen auf das Vorhandensein von umgangssprachlicher Lexik in deutschen Newsgroups (verarschen, rumprollen), subjektlosen Sätzen (schadet deinem Blutdruck), Elementen des Cyberslang wie Smileys, Akronyme (CM; bb ,bis bald') oder prädikativ gebrauchten Verbstämmen. - Bisweilen sind die Teilnehmer im Umgang mit Ihren Diskussionspartnern auch nicht gerade zimperlich in der Wortwahl: A palabras necias oidos sordos. - Pobre nena. - Pobre machista. Auch die Interpunktionsregeln werden i.a. befolgt. Wie wichtig Interpunktion sein kann, zeigt folgendes Beispiel: „Jinete es un pobre idiota cuyo intelecto no supera al de las cucarachas. No merece la pena decirle nada mäs.", wo nach Jinete (Vokativ) schlicht ein Komma vergessen wurde!!!, was eine lange Diskussion in der betr. Newsgroup auslöste.
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in der Newsgroup ,biologie moloculaire'- fr.bio.biolmol - z.B. Informationen über Nanobakterien gesucht werden" oder in der Newsgroup lettres.languesanciennes.latin darüber diskutiert wird, warum das Z im modernen lateinischen Alphabet die letzte Stelle einnimmt, während das Zeta im griech. Alphabet an 6. Stelle stand20). Die Benutzung von Ideogrammen ist gruppen- und themenabhängig: Emoticons treten eher selten auf. Diskussionsforen werden u.a. auch von verschiedenen Tageszeitungen zu bestimmten aktuellen Themen ins Leben gerufen. In diesen Foren hat sich ein eigener, auf den ersten Blick den Leserbriefen ähnelnder Texttyp21 herausgebildet, der ein dankbares Objekt für weitere Untersuchungen darstellt - auch und vor allem unter textlinguistischen Aspekten. Die folgenden Beispiele stammen aus Diskussionsforen der frz. Tageszeitung Liberation (http://www.forum.Libe"ration.fr); es liegt ein umfangreiches Korpus vor zu den Themen a) Korsika, b) langues rogionales c) Affaire Chirac, Themen, die emotionaliseren, polarisieren und die Teilnehmer in Anbetracht der relativen Anonymität dazu verleiten, verbal aus sich herauszugehen. Auch hier schwankt die Sprache zwischen code ecrit und codeparle: Eher dem Code ecrit zuzuordnen sind: * Klassische Argumentation (deduktive Argumente): Pour trois raisonsje suis extremement [sie] satisfait des dernier s sondages! 1° 2° 3° * formelhafte Wendungen: a ce que je sache; ci-joint la depeche de l'AFP (Briefstil); * elaboriertes Lexikon: epiphenomenes; Code parle: * Stil persönlich / kumpelhaft / ironisch: He, les copains!; Tu melanges tout man pauvre vieux!\ Jean-Louis, mon eher, * fran9ais familier: Les medias nous prennent pour des cretins ou quoi?; * aggressiv / untere Stilebene / fran9ais vulgaire: les journalistes Us sont aussi cons que nos politiques; Putain de cassette; Vous etes democrate, oui ou merde?\ * Abkürzungen / Reduplikationen: Chi I Chichi .Chirac';
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http://wvyw.maiigate.org/fr/fr.bio.biolmol/msg00039.html. gepostet 31.10.2000. Vgl. http://www.mailgate.org/fr/fr.lettres.langues-anciennes.latin/msgOOi64.html. gepostet am 4.11.2000. Allerdings gibt es doch eine Reihe deutlicher Unterscheidungsmerkmale, wie z.B.: - keine zahlenmäßige Beschränkung der Beiträge im Diskussionsforum / aus Platzgründen geringe Anzahl von Leserbriefen (= LB) in Zeitungen; - Beiträge werden automatisch gepostet / kein verbrieftes Recht auf Veröffentlichung von LB; - Beiträge werden nicht gekürzt / LB werden häufig von Redaktion gekürzt; - Öffentliche Diskussion, also dialogische, pluridirektionale Kommunikation, Bezugnahme auf gepostete Beiträge (erleichtert durch die Möglichkeit der direkten Antwort durch Anklicken der entsprechenden Schaltfläche) / LB sind sehr selten dialogisch (unidirektionale, nicht weiterfuhrende Kommunikation) etc. Vgl. zum Thema „Leserbriefe" v.a. Loreck (1982).
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• Schreib- und Grammatikfehler als Folge fehlender Kontrolle bzw. Unkenntnis: ilfaud; quand au difficultes; il ne faud pas\ les franqais choisirait; les frangais dormais.
2.4. Mailing-Liste Hierbei handelt es sich um eine Liste von automatisch verwalteten E-MailAdressen, deren Inhaber an einem bestimmten Thema interessiert sind und beim Administrator der Liste (List-Owner, Listeninhaber) die Liste abonniert haben. Sie erhalten automatisch jede von einem der Mitglieder an den Listenverwalter gesendete E-Mail (sofern es sich nicht um eine moderierte Liste handelt, bei der alle E-Mails zunächst vom Administrator gesichtet werden); vgl. Anhang Abb. 6: Einladung zur romanistischen Mailing-Liste. Die Themen von MailingListen sind ausgesprochen vielfältig: Kunst, Kultur, Sprache, Literatur, Musik, Multimedia etc. Die Textlänge variiert: von kurzen Mitteilungen, Informationen bis hin zu längeren Abhandlungen. Die Kommunikation verläuft multidirektional und asynchron.
2.5. Zeitungsartikel online Jede Wochen- und Tageszeitung, die etwas auf sich hält, stellt heute zumindest den Leitartikel oder die erste Seite - sozusagen als „appetizer" - ins Netz. Die meisten bieten eine Themenauswahl. Die Kommunikation ist unidirektional und asynchron.
2.6. Sonstige Formen der Online-Kommunikation Das Internet bietet natürlich noch in zahlreichen weiteren Sektoren Möglichkeiten zur Verbreitung von Informationen. So findet man im Netz ganze Einführungen in die Linguistik, Vorlesungen, wissenschaftliche Artikel, aber auch Semesterarbeiten etc., die im allgemeinen ganz dem Medium Schrift verpflichtet sind, das Internet also nur als Publikationsmedium nutzen. Die Kommunikation ist unidirektional und asynchron.
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3. Konzeptionelle Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Netz Soll (1985) unterscheidet bekanntlich konzeptionell zwischen gesprochener und geschriebener Sprache sowie medial zwischen graphischem und phonischem Kode, woraus sich das folgende durch Koch / Oesterreicher ergänzte Schema ergibt: KONZEPTION gesprochen graphischer Kode MEDIUM phonischer Kode
geschrieben
fr. faut pas le dire
fr. il ne faut pas le dire
it. lui non ce l'aveva
it. egli non l'aveva
sp. jdecirme la verdad!
sp. jdecidme la verdad!
fr. [fopal'diiR]
fr. [ilnafopaladi:R]
it. ['luinont/ela'veiva]
it. ['eXjfinonla'veiva]
sp. [de6irmelaßer'öa]
sp. [de6iömelaßer'öa5]
Abb. 7: Mündlichkeit und Schriftlichkeit - konzeptionell und medial (Koch / Oesterreicher 1990:5)
Der Realität der Chat-Kommunikation und teilweise der E-Mail und Newsgroup-Kommunikation wird dieses Schema aber nur teilweise gerecht, da diese Elemente aufweisen, die in keine der vier Felder einzuordnen sind. Ich schlage daher in Abänderung des Söllschen Schemas folgendes Schema vor, bei dem auf den phonischen Kode völlig verzichtet werden kann, da die Kommunikation nicht-akustisch abläuft: KONZEPTION gesprochen graphischer Kode
geschrieben
c'e nessuno? Peccato.
l Non c'£ nessuno? E peccato.
me sa ehe sei maschio 0**
! So ehe sei maschio.
MEDIUM lalischer* Kode
cennessuno? :-(( me sa ehe sei m ;-)
"lalisch von griech.
.Geplauder' ** 0 = nicht realisiert
Abb. 8: Mündlichkeit und Schriftlichkeit in der CVK - konzeptionell und medial
Dabei verstehe ich unter Mischern Kode ein Hybrid zwischen graphischem Kode und ikonographischem Kode (unter Verwendung von Emoticons, nicht allgemein Üblichen Akronymen etc. zur Wiedergabe parasprachlicher und nonverbaler Kommunikationselemente).
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Koch / Oesterreicher (1990) haben das Soll'sehe Konzept weiterentwickelt und dynamisiert und im folgenden Schema ihr Nähesprache-DistanzspracheKontinuum dargestellt - freilich noch ohne Berücksichtigung der Internetkommunikation: NÄHE Kommunikationsbedingungen: - Privatheit - Vertrautheit - Emotional ität - Situations- und Handlungseinbindung - physische Nähe - Spontaneität usw. Versprachlichungsstrategien: - Präferenzfilrnichtsprachliche Kontexte und für Gestik, Mimik usw. - geringer Planungsaufwand - Vorläufigkeit - Aggregation usw.
DISTANZ Kommunikationsbedingungen: - Öffentlichkeit - Fremdheit - keine Emotional ität - Situations- und Handlungsentbindung - physische Distanz - Monologizität - Reflektiertheit usw. Versprachlichungsstrategien: - Präferenz für sprachliche Kontexte - hoher Planungsaufwand - Endgultigkeit - Integration usw.
Abb. 9: Nähe / Distanz-Kontinuum und konzeptionell-mediale Affinitäten (Koch / Oesterreicher 1990:12)
WUrde man die Ausprägung der außersprachlichen Bedingungen und der konzeptionell bedeutsamen Aspekte der einzelnen computervermittelten Kommunikationsformen gewichten, käme man zumindest bei Newsgroup, Chat und EMail zu einem ziemlich heterogenen Erscheinungsbild, das eine Einordnung in das Koch / Oesterreicher'sche Affinitätenmodell erschwert. Als Beispiel möge hier der Chat dienen, bei dem durchweg nähesprachliche Versprachlichungsstrategien zum Tragen kommen, während die Kommunikationsbedingungen etwa ausgeglichen (nähe- / distanzsprachlich) sind:
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NÄHE Kommunikationsbedingungen: - Privatheit - Vertrautheit - Emotionalität - Situations-und Handlungseinbindung - physische Nähe - Dialogizität - Spontaneität usw.
DISTANZ Kommunikationsbedingungen: - Öffentlichkeit - Fremdheit - keine Emotionalität - Situations· und Handlungsentbindung - physische Distanz - Monologizität - Reflektiertheit usw.
Versprachlichungsstrategien: - Präferenz für nichtsprachliche Kontexte (Gestik, Mimik usw.) - geringer Planungsaufwand - Vorläufigkeit - Aggregation (unvollständige Äußerungen, Parataxe etc) usw.
Versprachlichungsstrategien: - Präferenz für sprachliche Kontexte - hoher Planungsaufwand - Endgültigkeit - Integration usw.
Abb. 10: Kommunikationsbedingungen Kommunikation
und Versprachlichungsstrategien
in der Chat-
Für die computervermittelten Kommunikationsformen, sozusagen die Screento-Screen-Kommunikation, scheint mir - in Abhebung vom Face-to-Face-Gespräch - folgendes Schema adäquater zu sein:
D I S T A N Z
Abb. 11: Netzkommunikation im Spannungsfeld zwischen distanz- und nähesprachlicher Konzeption
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Hier wird folgendes deutlich: • Zeitungsartikel etc. online und Beiträge in Mailinglisten sind fast ausschließlich distanzsprachlich konzipiert und werden graphisch realisiert. • E-Mails und Newsgroupartikel weisen eine große Bandbreite zwischen distanz- und nähesprachlicher Konzeption auf, was sich darin äußert, daß sie sowohl rein graphisch als auch lausch umgesetzt werden. • Chat-Kommunikation verwendet ausschließlich den lauschen Kode. • Alle 5 Kommunikationsformen können naturlich auch phonisch unter unterstützendem Einsatz nonverbaler Mittel umgesetzt werden. • Im Vergleich die Face-to-Face-Kommunikation, die ausschließlich phonisch + nonverbal abläuft - wenn man einmal davon absieht, daß man Gespräche natürlich mitstenographieren kann, wobei aber parasprachliche (Intonation etc.) und nonverbale Elemente normalerweise verloren gehen. Was ein zweidimensionales Schema naturlich nicht darstellen kann, ist die enorme Bandbreite sprachlicher Variation innerhalb der einzelnen computervermittelten Kommunikationsformen in ihrer Abhängigkeit von Themenreferenz, Situationskontext, Sender- und Empfängerbezug sowie Handlungszweck des illokutiven Aktes (informieren, fragen, behaupten etc.). Der Einfluß der neuen digitalen Medien auf unsere Sprachen läßt sich nicht leugnen; ich glaube jedoch nicht, daß er größere Folgen nach sich ziehen wird als z.B. der Einfluß des Fernsehens in den vergangenen fünf Jahrzehnten. Den damit verbundenen Anglizismen werden wir sicher nicht entgehen können, die meisten werden jedoch auf einen bestimmten situationalen Kontext, nämlich die Computer- bzw. die Internetnutzung beschränkt bleiben und somit in den uns als Philologen am Herzen liegenden Textsorten kaum Spuren hinterlassen.22 Traditionelle Datenträger wie Buch und Zeitung werden so schnell nicht aus unserem Umfeld verschwinden.23 Oder kannst Du Dir vorstellen, lieber Gerhard, am Frühstückstisch, den an ein WAP-Handy24 angeschlossenen Laptop neben 22
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Nur wenige Anglizismen der Computersprache haben bisher den Sprung in die Allgemeinsprache geschaßt, wie z.B. ital. printare (to print) ,stampare', zippare (to zip) ,comprimere dei dati', resettare (to reset) .impostare nuovamente un sistema', lineare (to link) .stabilire dei collegamenti tra oggetti diversi' (vgl. den Artikel „Nuove parole per un nuovo millennio", in: adesso 8 / 1999:42-43). Das gilt sicher auch für die wissenschaftliche Zeitschrift, auch wenn inzwischen immer mehr - vor allem naturwissenschaftliche - Zeitschriften dazu Obergehen, wissenschaftliche Artikel ins Netz zu stellen. Abgesehen von der noch nicht allgemeinen Akzeptanz derartiger Publikationen innerhalb der Scientific Community ist ein weiteres Problem zweifellos die Ungewisse Lebensdauer digitaler Publikationen, selbst wenn sie auf CDROM gepreßt sind. Günter Baron, stellvertretenden Generaldirektor der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz zu Berlin, äußerte in einem in der Berliner Morgenpost vom 23.11.2000 (S. 26) abgedruckten Interview die Ansicht, es sei immer noch am besten, „elektronische Informationen auf alterungsbeständigem Papier auszudrucken, sie in einen festen Einband zu binden und in ein Bücherregal zu stellen. Das kann man in dreihundert Jahren noch lesen, auch wenn der Strom ausfällt" WAP steht für Wireless Application Protocol, welches es ermöglicht, ein schnurloses Telefon mit dem Internet zu verbinden.
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der Kaffeetasse, online die Süddeutsche Zeitung (http://www.sueddeutsche.de/) oder die Mittelbayerische Zeitung (http://wwwl .donau.de/resources/mz/) zu lesen? ;-) Ad multos annos!
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Anhang Hola a todos * Anasol se fue del canal soy ecuatoriana, a los nueve fui a Espafia, a los doce en Francia hasta los veinte, despues a Irlanda hasta este verano que vine a Espafia. Ahora tengo 23 •TEHECHO20 entro al canal * Valeria entro alcana! YOOOOOOOOO VICTORIAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA HOLA, alguna chilena conectada? HOLA OTRA VEZ, ALGUIEN??? anasol en serio te pregunto que haces tu, estudias o trabajas Goyo goyo goyo no digas mentiritas!!!!! EEEOOOOO holaaaaaaaa HOLATEHECHO
...y que estudias? RONY DEJAME UN MINUTO VOY HABLAR CON LINDA
hola rebeka! * NADIE SALUDO AKI
>sandrita> Ronn yo soy chilena HOLAENGLERT MBAICO TITO!!!!
hola alguien quiere chatear un rato? rebeka de donde eres AQUIEN NUNCAMIENTO Abb. 1: Argentinischer Chat (im Original sind die Turns größtenteils farblich unterlegt; auf dem Bildschirm erscheint statt des * eine per Schaltfläche anzuklickende Blume als Emoticon-Ersatz)
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Dieter Kattenbusch
mikiiiiiii E POI BIBI DAI SU DESCRIVITI bluuu...caduto!ü! aridajeeeeeeeeeeee HIHIHIHHIHHI
SEI non so omooooooooooooooo HIHIHIHIHIHIHIHHI
AVETE ROTTO NON SONO OMO HIHIHIHIHIHHIHI
da dove dgt Franc ? DA ROMA E TU MIHKI PARMA MATU SEI azz...un po lontano prendere il caffeü no xche??? SEI TU ma chi???? MI SEMBRAVA UNO CHE GIA' CONOSCEVO TU chattoü! hahahah ADESSO??? NELLA VITA???CARI9NO MIKI avevo capitoooooooo!!!! Abb. 3: Italienischer Chat
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Computervermittelte Kommunikation in der Romania
( * ' ..(" (~~ '· . Γ «»
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> EDITH
dice, con conservazione della funzione di introduttore di discorso riportato; anteriorita del tipo dice ehe + DISCORSO INDIRETTO e successiva estensione alle costruzioni con riporto del discorso diretto; grammaticalizzazione di dice (dico) + DISCORSO DIRETTO interna al1'italoromanzo. A favore di tale continuitä, estesa anche alle lingue romanze, si pronunciava anche Schwyzer (1930:244-245, nota), sulla base di una comunicazione personale di MeyerLtlbke circa il fr.ant. ./&/'/-// .dice': „Das Romanische hat inquit und ait verloren, aber das Schema ist geblieben oder neu geworden".
Sulla grammaticalizzazione di „ dice " nell 'italiano parlato
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7. Resta da chiarire, infine, se vi sia — ed eventualmente quäle sia - una varieta sociale o regionale d'italiano alia quäle riferire di preferenza le nostre costruzioni. Si visto sopra (§ 3) ehe la maggior parte degli autori (Rovere 1977, Berruto 1985, 19939, Foresti 1982) assegna senz'altro il tipo sintattico in questione all'italiano popolare, laddove altri (Koch 1985, Giani in stampa) lo registrano fra i tratti tipici del parlato tout court. Sembrano additare almeno implicitamente nella prima direzione alcuni indizi negativi, come la mancata registrazione della forma sia in important! studi sul parlato e segnatamente sul discorso riportato,10 sia nelle sezioni dedicate al discorso riportato da aggiornati e completi strumenti grammaticali.11 Tuttavia, nei repertori correnti di parlato italiano e possibile trovare diversi casi di dice + DISCORSO DIRETTO in testi apparentemente privi dei tratti piü caratteristici dell'italiano popolare. Ecco qualche esempio tratto dal LIP: cioe da parte sua io non non credo ehe lei ci metta cattiveria e ignoranza pura cioe ci fosse una volta ehe öftre il caffe lei non aveva il caffe allora e venuta da me e dice Mara per piaccre mi_ mi puoi prestare il tuo caffe? (Roma, conversazione); ehe io poi devo scrivere a quello e non voglio essere frainteso per quindi Roma aveva chiesto dice noi glielo chiediamo lä questo non Fha chie questa qui (Roma, conversazione); avete l'opportunitä di prelevare l'apparecchio tv e portarlo in cucina in salone in camera da letto al märe in montagna senza avere piu antenna RAIDUE o RA1TRE o Canale cinque o Montecarlo Teleroma Gbr o Videomusic Retequattro chi piu ne ha piu ne vede l'apparecchio si regola in base alia direttiva dice quäle e la garanzia quando io Io prendo e lo stacco dal televisore ci si accorge amici ehe non riceviamo piü (Roma, monologo pubblicitario); e una bambina molto timida dice e questa timidezza dice signora se la_ porterä la perderä molto molto piü in lä perche_ anche alle elementari alle medie_ e mi dice eh e una cosa ehe m'hanno mi dicono sempre di questa timidezza (Firenze, conversazione); ma scusami te pensi ehe se devi tirare una corda dice io non tiro percho m'immagino dubito ehe quella persona laggiü ehe ehe sta con concorrendo con me al tiro alia corda tiri meno di me allora non tiro nemmeno io (Firenze, conversazione).
A questi esempi altri se ne potrebbero affiancare: vd. solo il seguente: Lei ha detto dice il ministero e contra la norma („Mi manda Raitre" del 3/10/2001, h. 21,50: nel contesto di un dibattito televisivo sta parlando T.C., una dirigente del Ministero dell'Istruzione e FUniversita). Sulla base degli esempi riferiti, l'appartenenza all'it. popolare pare francamente dubitabile, almeno se la si intende in senso esclusivo. La costruzione e presente nel parlato di persone ehe raggiungono alFoccorrenza livelli molto vicini allo standard: parrebbe percio meno impegnativo ascriverla a un registro 9
G. Berruto (cortese com. pers.) mi segnala ehe nella sua percezione il nostro dice sarebbe un tratto dell'italiano parlato popolare. 10 Ad es. Sornicola (1981), Mortara Garavelli (1993), Bazzanella (1994). 1 ' II riferimento 6 a Mortara Garavelli (1995).
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Luca Lorenzetti
genericamente colloquiale piuttosto ehe a una varietä sociale d'italiano. E vero peraltro ehe il tipo ben attestato a livello dialettale: ecco due esempi da dialetti di area centrale, uno dal romanesco letterario e 1'altro dall'area viterbese: Jeri, all'orloggio de la Cchiesa Nova, Fra Lluca incontro Aggnesa co la bbrocca. Disce: „Bbeato lui", disce, „a cchi ttocca", Disce, „e nnun za cch'ede cchi nu lo prova" Risponne lei, disce: „Chi ccerca, trova; ma a mme", disce, „puliteve la bbocca" „Aüh", disceee [...] „e pperche" nnun te fai bbiocca?" „Eh", disce, „e cchi mme mette sotto 1'ova?" „Ce n'ho io", disce, „un paro fresche vive", Disce, „e ttamante, e tutt'e ddua 'ngallate: Le vöi spera si ssö bbone o ccattive?" (G.G. Belli, Sonetto 51) (Civita Castellana). Un civitonico e un viterbese. Allora, viterbese jje prese uno sturbo a la mojje. E ccredeva ehe jj'ava preso un colpo. Va ddar civitonico jje fa ddice: C'e nnessu' rimedio pe' le corpe? civitonico jje rispose: Cce stanno 'e tajjole! [bisticcio tra vit. corpe .colpo' e civ. corpe .volpe'] (Petroselli 1986)
In queste condizioni, resta sempre aperta la possibilitä ehe le costruzioni con dice I dico compaiano in produzioni marcatamente interferite dal dialetto e siano dunque percepite come proprie di varietä popolari.
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Sulla grammaticalizzazione di „ dice " nell 'italiano parlato
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Petroselli, Francesco: Blasoni popolari della provincia di Viterbo. Parte II. Viterbo 1986. Rohlfs, Gerhard: Grammatica storica della lingua italiana e dei suoi dialetti. 3 voll. Torino 1966-1969. Ronconi, Alessandro: II verbo latino. Problemi di sintassi storica. Firenze 21959. Rovere, Giovanni: Test! di italiano popolare. Roma 1977. Saxena, Anju: Unidirectional grammaticalization: diachronic and cross-linguistic evidence, in: Sprachtypologie und Universalienforschung 48 (1995), 350-372. Schwyzer, Eduard: Lesbisch φαΐ und altarmenisch bam has bay, in: Zeitschrift f r vergleichende Sprachforschung 57 (1930), 243-247. Serianni, Luca: Grammatica italiana. Torino 1988. Somicola, Rosanna: Sul parlato. Napoli 1981. Spitzer, Leo: Italienische Umgangssprache. Bonn / Leipzig 1922. Stammerjohann, Harro: Strukturen der Rede. Beobachtungen an der Umgangsprache von Florenz, in: Studi di filologia italiana 28 (1970), 295-397. - Element! di articolazione dell'italiano parlato, in: Studi di grammatica italiana 6 (1977), 109-120. Turchetta, Barbara: Lingua e diversit . Pavia 1996.
Marco Mancini
Una testimonianza di Consenzio sul numerale „trenta" in latino volgare
Sullo sviluppo nelle lingue romanze degli antichi numerali latini vigmtl e tngthta le opinioni tuttora divergono fra gli Studiosi. Queste divergenze, ehe attraversano la bibliografia scientifica da molto piü di un secolo e ehe, nonostante articoli fundamental i come quelli di D'Ovidio, di Jud e, in tempi molto piü recenti, di Schmid,1 perdurano anche nella manualistica corrente, si giustificano in buona parte con l'estrema contraddittorieta dei dati in nostro possesso, sia in fase latino volgare sia all'interno delle tradizioni linguistiche romanze. Un quadro riassuntivo e alcune possibili piste esplicative della situazione romanza (ehe raccolgono posizioni espresse negli anni da molti altri romanisti) e offerto dal Lausberg:2 Le decine sopravvivono in due different! forme: 1. in forma completa; 2. in forma ridotta. Si ha il numero di sillabe originario, complete, delle forme VIGINTI, TRIGINTA, QUADRAGINTA [...] nelle forme veinte, treinta, quaraenta... dell'antico spagnolo [...]; e in quelle viinte, triinta, quaraenta [...] dell'antico portoghese. Per il vocalismo di VIGINTI, v. §199 [seil, con /i/ tonico per metafonesi da antico - ]. II vocalismo di TRIGINTA e parificato a quello di VIGINTI. Si ha un numero di sillabe ridotto, fm dal periodo latino volgare (VINTI, *TRINTA), in tutto il resto della Romania (sardo, italiano, engadinese, soprasilvano, francese, provenzale e catalano). In questo caso occorre partire dal fatto ehe la consecuzione fonetica -IGI- del latino volgare [...] fii ridotta, nello stesso latino volgare, a una unica sillaba. La riduzione presenta due risultati: 1. -I]- (in quanto ehe la -GI-, attarverso la fase -G-, divenne una -]-: [...]; 2. I- (in quanto -II- venne ridotto a -I-) [...]. Si ha il risultato -II- (con geminazione consonantica [...] nelle forme FRIGIDA > *FRIIDA (it.fredda, fr.froide [...], DIGITA > *DIITA (soprasilv. detta), VIGILARE > "VIILARE (it. vegliare, sd. bidzare, fr. vertier). Si ha il risultato -I- nelle forme FRIGIDU > FRIDU (sp. frio), DIGITU > D1TU (it. dito, sd. didu, sp. dedo), [...]. In questo caso, la -I- del latino volgare puo essere chiusa (sp. frio, it. dito) oppure aperta (sp. dedo, velar) [...]. Si ebbe tale riduzione anche nelle parole VIGINTI e TRIGINTA; con cio l'accento passo automaticamente sulla prima componente del gruppo -II- cos) originatosi (VIINTI, TRIINTA), il quäle venne in seguito ridotto completamente ad -I- (> VINTI, TRINTA). La pronuncia corrente TRIINTA condusse alia conseguenza ehe gli scolari, dovendo leggere la forma TRIGINTA del latino letterario, la pronunciavano come TRIGINTA (in opposizione alle leggi dell'accentazione del latino), come e attestato dal grammatico Consenzio (Consentii Ars..., ed. M. Niedermann, Neuchätel 1937, p. 11). II risultato di tale evoluzione nelle lingue romanze sono le forme di base VINTI, TRINTA, e precisamente con - - aperta del latino volgare [...]. Dato ehe allora, per 30, coesistevano le 1 2
Cfr. nell'ordine D'Ovidio (1884), Jud (1905), Schmid (1964). Cfr. Lausberg (l971 11:170-171).
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Marco Mancini
due forme facoltative TRIGINTA / TRINTA, anche per QUADRAGINTA venne formata una forma analogica *QUARÄJNTA > QUARÄNTA, cosicche" per i numeri da 40 a 90 si impose la desinenza -ANTA (anche nel sardo, dialetti central! compresi, ma non nello spagnolo e nel portoghese).
Come ci si puo rendere immediatamente conto la situazione e davvero intricata la vasta bibliografia scientifica a riguardo, lo si e giä detto, non contribuisce affatto a dipanare i problemi. A nostro awiso i livelli - per cosi dire - di difficoltä esplicativa si riducono sostanzialmente a due: il primo e costituito dall'evidente irriducibilitä delle forme romanze a un archetipo unitario; il secondo dallMncerta individuazione del profilo prosodico degli archetipi latini, in special modo degli archetipi delle forme italiane venti e trenta ehe rappresentano un unicum nel panorama romanzo (/'trenta/ e la pronunzia schiettamente fiorentina; a Roma e altrove e attestata la Variante /'trenta/;3 sull'italiano dialettale vinti si veda avanti). In merito a questo problema etimologico il nostro contributo consisterä essenzialmente in una rilettura, mi auguro piü attenta di quanto sia stato fatto sino ad oggi, di un passo del grammatico latino Consenzio, il solo ehe, seppure di sfuggita, ci ha lasciato alcune interessant! osservazioni sui nomi delle decine nel latino parlato. Come e noto, nel trattatello intitolato De barbarismis et metaplasmis, Consenzio menziona alcuni tratti linguistic! (quasi esclusivamente fonologici e prosodici) propri degli usi substandard del latino diffusisi nella Romania attorno al V secolo d.C. Fra i vari element! volgari citati il grammatico rammenta anche una particolare pronunzia del numerale per „30".4 Dal rapido cenno di Consenzio credo sia possibile trarre un elemento fattuale nuovo ehe consentirä di ricostruire e di comprendere meglio la costellazione etimologica delle voci ehe indicano le decine nelle lingue romanze. Ma procediamo con ordine. Come si evince dal brano riportato di Lausberg e come era chiaro giä al D'Ovidio,5 sembrano esistere due differenti alvei etimologici entro i quali si incanalano e si ripartiscono le voci romanze: a) parole nelle quali si mantiene traccia dell'originario trisillabismo e del1 Originäria accentazione delle forme latine: spagnolo ant. veinte e treinta,6 portoghese ant. viinte, triinta; in queste due coppie il vocalismo tonico (dal lat. -/tonico nella penultima sillaba chiusa ci attenderemmo un -e-) risente di un antico processo metafonetico ehe ha chiuso di un grado il suono -e- in *ui(g)enti da uigwti; per analogia il fenomeno si e propagginato anche al numerale per „30" ed entrambi le voci - in ispagnolo ma non in portoghese - hanno subito una successiva dissimilazione -i- - > -e-i-.
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Cfr. Migliorini (1945:122). Per evitare qualunque confusione nella citazione delle forme linguistiche e dei rispettivi significati indicheremo quest! ultimi attraverso le cifre arabe poste tra doppi apici. Cfr. D'Ovidio (1884:88 e 92). Nello spagnolo modemo le parole sono accentate sulla antica terzultima, veinte e treinta: cfr. il caso parallele di reina dal lat. re(g)ina, vedi giä D'Ovidio (1884:83-88) e Jud (1905:259).
Una testimonianza di Consenzio sul numerate „ trenta " in latino volgare
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b) parole ehe risalgono ad antichi bisillabi latini volgari: se il sardo, con binti e trinta, non e molto significative, nelle altre lingue romanze si osserva una decisa prevalenza di numerali ehe paiono risalire a una coppia latinovolgare rappresentabile come * uinti ~ *trmta: francese ant. vini, trente, provenzale ant. vint, trenta, catalano vint, trenla; solo alcune variet toscane - se ne e gi fatto cenno - documentano la coppia venii, irenla; la maggior parte dei dialetti della Penisola (ivi compresi 1'antico senese, 1'antico aretino, il pistoiese e 1'elbano) conosce esclusivamente la coppia vinti e trenta in piena armonia con quanto avviene nel resto della Romania centrale.7 La documentazione diretta del latino parlato, raccolta per la prima volta in modo pressocho complete da J. Jud in un lavoro del 1905 intitolato Die Zehnerzahlen in den romanischen Sprachen, anche se ricca, non e particolarmente indicativa. Le forme pi notevoli sono, per il numerale per „20", il uinti attestato in due epigrafi (C.I.L. VI, 19007, e VIII, 8573, Africa) e il βειεντι documentato in un papiro ravennate, da affiancarsi al uigenti presente in C.I.L. V, 1645 (βιγεντι in un papiro egiziano del II secolo d.C.)8 e in numerose attestazioni altomedioevali ricordate da Vielliard, Jud e L fstedt.9 Per il numerale „30" sono attestate sia la forma trienta in un'iscrizione (C.I.L. XII, 5399, dalla Gallia), sia trigenta accanto a trinta, trenta in document! altomedioevali, anche questi ampiamente ricordati da Jud e da L fstedt nei loro lavori (cfr. nota 9). Notevolissime le attestazioni di uienti e di trienta in alcuni passi dell'opera di Virgilio Marone grammatico, attribuibile al VII secolo d.C. (cfr., ad esempio, per vienti, Epitome 4, 1, 6 Polara, per trienta, Epitome 4, 3, 3 Polara: e una conferma delle origini non insulari del grammatico, L fstedt 1961:123). Queste voci - con la possibile eccezione del 1'antico uinti — nel complesso inducono a postulare due etimi con normale accentazione sulla penultima sillaba, etimi ehe dovevano sonare rispettivamente [ i'jenti] o [ i'jmti] e [tri'jenta] ο [tri'jinta], cosi come sostenuto, fra gli altri, dal D'Ovidio, in parte dallo Jud, dal Rydberg e dalla Richter.10 A queste forme trisillabiche - non ancora interessate dalla metafonesi o da estensioni analogiche - risalgono sicuramente le voci iberoromanze ehe, come si e detto, appaiono assai conservative sul piano prosodico (questa distinzione sfuggi al Grandgent)." E importante osservare, come hanno ribadito in sede
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Per la documentazione dialettale italiana si veda in generate Rohlfs (I, 1966:73); per le attestazioni nelle aree mediane, compreso il romanesco antico, e toscana cfr. il lemma ricco di rinvii bibliografici in Trifone (1998:459-460). Cfr. Cavenaile (1958:300 n. 193, rigo 6), si tratta di un breve testo redatto in latino ma trascritto in caratteri greci. Cfr. rispettivamente Vielliard (1927:11), Jud (1905:233-246), L fstedt (1961:60-63). Vedi nell'ordine D'Ovidio (1884:85), Jud (1905:239), limitatamente alle forme ehe nella documentazione inducono a postulare 1'esistenza di un *uigenti e di un *trigenta, cfr. la giusta critica in proposito di L fstedt (1961:61-62), Rydberg (1897:343-344), Richter (1934: 72-73). Cfr. Grandgent (1914:207-208), il quale attribuisce allo spagnolo etimi „simili suppergi a *v/inti, *trjinta, con apertura del primo / e precoce cambiamento di accento, probabil-
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Marco Mancini
manualistica Lausberg, Elcock, Lapesa,12 ehe l'antica parossitonia in questa area marginale della Romania e confermata anche dal resto della serie delle decine (il D'Ovidio parlava in proposito di una „bella simmetria"):13 si vedano le forme spagnole antiche quaraenta, cincoaenta, sesaenta, setaenta, ochoaenta, novaenta accanto a nonaenta, corrispondenti alia serie moderna cuarenta, cincuenta, sesenta, setenta, ochenta, noventa, con monottongazione di -ae- secondario in -e-, cfr. spagn. ant. mestre da un precedente maeslre, lat. magislrum.14 La scomparsa dell'antico /g/ intervocalico in tale serie rientra nell' mbito delle palatalizzazioni con successiva cancellazione di [j] dinanzi a sillaba accentata (si vedano i casi di magisirum > spagn. ant. maestre, ital. maestro, sagittam > spagn. saeta, ital. saetta).15 Le voci bisillabiche diffuse nella Romania centrale e insulare non hanno documentazione diretta in epoca latina volgare, tranne il uinti attestato neue due iscrizioni C.I.L. VI, 19007 e VIII, 8573, mentre abbondano, come si e detto, le forme uinti e trinta l trenta nei diplomi altomedioevali. In tutte le variet romanze centrali e insulari, alia serie bisillabica per „20" e „30" si accompagnano forme delle decine da „40" a „90" ehe presuppongono l'arretramento dell'accento rispetto alia collocazione originaria sulla penultima sillaba chiusa: cosi, ad esempio, fr. quarante, it. quaranta, sardo baranta, tutti da un quadra(g)inta di cui resta testimonianza nel qarranta ehe ricorre in C.I.L. XIII, 7645 (area della Mosella). Ritengo ehe questa solidariet paradigmatica sia da considerarsi risolutiva in merito al profile prosodico degli archetipi latini; risolutiva nel senso ehe ci obbliga a postulare, per motivi di economia, una serie delle decine nelle quali l'accentazione era ritratta in tutti i numerali: dunque non solo quadraginta, quinquaginta, sexaginta, septuaginta, octuaginta, nonaginta, ma anche uiginti e triginta. Una simile impostazione del problema e dettata da una sorta di logica interna alia costellazione etimologica. Del resto, come insegnano le ricerche „morfoetimologiche" di Yakov Malkiel,16 il modo migliore per dare credibilit alle singole operazioni etimologiche e precisamente quello di ricondurle a una qualche forma di sistematicita, evitando il ricorso a qualunque .puntinismo' esasperato.
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mente anteriore alia caduta di g" II rovesciamento della normale considerazione del problema si deve al fatto ehe Grandgent ignorava ehe le forme spagnole antiche, come dimostrarono il D'Ovidio e lo Jud, presupponevano necessariamente etimi latini parossitoni e non proparossitoni. Si vedano rispettivamente Lausberg (II, 1971:170), Elcock (1975:67), Lapesa (1981:94). Cfr. D'Ovidio (l884:85). S lle forme spagnole antiche vedi Jud (1905:268-270) e Corominas (IV; 1954:568 e 688). Malgrado l'opinione di Baehrens (1922:87) e di molti altri non credo ehe prodromi del fenomeno si debbano individuarc nel lemma dcl\'Appendix Probi ehe recita „calcostegis non calcosteis"; penso piuttosto, con Lindsay (1894:88) e con Avalle (1969:59), ehe qui si registri una pronunzia tardo greca del sostantivo *χαλκοστεγίς. Si vedano i saggi raccolti in Malkiel (1970 e 1988).
Una testimonianza di Consenzio sul numerate „ trenta " in latino volgare
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Accantonata defmitivamente la vecchia teoria sostenuta con vigore ancora da Seelmann17 per la qu le „betont man nach altlateinischem brauch das praefix in * t r i f o l i u m * u i g i n t i t r i g i n t a " , malgrado l'appello di V n nen18 a imprecisati fatti espressivi, di Grandgent, di Paiva Βοΐέο e della Richter19 a presunte motivazioni ritmiche, di Lausberg a speciali caratteristiche del contesto fonetico (vedi sopra), di Tekav ic20 a un indimostrabile influsso dei numerali greci in -άκοντα, non e stata ofTerta fmora alcuna spiegazione plausibile deirarretramento deH'accento.21 O meglio: non esiste alcuna spiegazione plausibile ehe muova dalle decine superiori a „30"; da cio έ possibile dedurre ehe detta motivazione sia da ricercare in qualche particolarit morfo-prosodica dei numerali per „20" e/o per „30", i quali dovevano essere pronunziati con la ritrazione accentuate, rispettivamente uiginti e triginta. Se tale argomentazione e fondata e soprattutto ragionevole, risulta assolutamente inutile, come έ stato fatto da tanti autori, cercare di individuare le trafile fonologiche ehe nel latino volgare d'Italia e della Gallia avrebbero condotto alia contrazione di uiginti in vinti e/o di triginta in trenta. Non έ casuale ehe tutti coloro ehe hanno provato a ricondurre gli archetipi preromanzi vinti e trenta al latino volgare uiginti e triginta (dunque senza ritrazione accentuate) abbiano incontrato difficolta praticamente insormontabili o semplicemente, come il Meyer-LUbke o alcuni dizionari etimologici,22 abbiano accuratamente evitato di offrire una qualsiasi spiegazione.
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Cfr. Seelmann (1885:47). L'ipotesi aveva trovato an t ich i sostenitori in Diez e in Corssen; vedine la giusta confutazione in D'Ovidio (1884:93-102) (cui rispose, senza argomenti decisivi, Seelmann (1884:391-393) nei Nachtr ge del suo volume). Cfr. V n nen (1974:90). Cfr. rispettivamente Grandgent (1914:84), de Paiva ΒοΙέο in Mih escu (1950:31-32n) e Richter (1934:98; limitatamente a triginta). Cfr. Tekav o (1980:219). Nulla pi di una mera ipotesi l'idea, sostenuta da Rydberg e accettata da Jud, secondo la qu le l'accentazione triginta documentata da Consenzio fosse da attribuirsi ad .abitudini' celtiche, cfr. Rydberg (1896: 339) e Jud (1905:250). Si veda Meyer-L bke (1935:740a n. 8901 e 779a n. 9327), solo un accenno fugace in D'Ovidio / Meyer-L bke (1919:36), Wartburg (XIII, 1966:271b), Wartburg (XIV, 1961: 444b), Battisti / Alessio (1950-1957:3884a: „lat. tardo trienta" e 4012a: „lat. tardo vinti"), Cortelazzo / Zolli (1979-1988:1369a e 1423a), Wagner (II, 1962:519a e 578b: „VINTI per VIGtNTI"). Fanno eccezione il Corominas nel caso sia dello spagnolo sia del catalano (come diremo pi avanti, nota 47), e il Devoto ehe quanto meno, nella concisione, prospetta una possibile spiegazione anche se superficiale: cfr. Devoto (1968:438b s.v. trenta - „lat. triginta, con norm, caduta di -g- fra due -/- come in digitus [...]. La pronuncia aperta della seconda -Γ- prevale su quella della prima -«-"), Devoto (1968:452b-453a s.v. venti: „lat. tardo vinti [...]. Dal punto di vista romanzo, la lenizione totale di -g- intervocalica e abbastanza tardiva perchl non si e avuta contrazione in -f-, e cioe it. *vinti, ma contrazione di -i- chiusa con -i- aperta con risultante -i- aperta e cioe it. venti").
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In effetti la disomogeneit degli esiti, oltre alia loro intrinseca complessit , costituisce in questo caso un ostacolo formidabile.23 Cosi, ammesso ma non concesso uno sviluppo *trienta > trenta, non si capisce percho - a parte il caso del fiorentino - non sia testimoniato anche il passaggio parallelo uienti > venti, a meno di non ricorrere per quest'ultimo numerate all'ipotesi di una metafonesi generalizzata in epoca preromanza (ipotesi sostenuta dalla Richter, da Regula, da Bourciez, da Lausberg, da Belardi e molto dubitativamente da Rohlfs).24 II fatto e ehe lo stesso sviluppo *uienti (da * uijinti) > venti (poi vinti per eventuale metafonesi), trienta (da *trijint ) > trenta, sostenuto dal Rydberg su base fonetica25 e dal D'Ovidio, e successivamente dal Camilli (ehe non ricorda i propri predecessor!) su base esclusivamente ritmica (sostanzialmente un'ipotesi ad hoc),26 e poco credibile, come aveva gi notato Jud (ehe tuttavia in questo frangente si έ contraddetto nello svolgimento del proprio articolo).27 In particolare l'appello alle note riduzioni /ie/ > /je/ > /e:/ del latino volgare fatto da Rydberg („d'apres la loi phonotique qui explique les anciennes transformations connues parietem > paretem, abietem > abetem")2* non appare ηέ corretto ηέ pertinente. Nei casi citati da Rydberg, infatti, a) si tratta di vocali a contatto sin da epoca antica e non per sviluppi fonetici secondari, b) la prima delle due vocali recava in origine l'accento primario ehe si e spostato per consonantizzazione della vocale stessa secondo una ben nota casistica preromanza (tipi mulierem > muljerem,filtolus > ljolus), c) la prima vocale della sequenza era costantemente breve e non lunga, dunque meno resistente nella fase della tenuta articolatoria nei confront! di una rapida transizione verso la vocale successiva (donde la consonantizzazione). La migliore dimostrazione circa l'inconsistenza di tale argomento fonologico έ quanto si έ verificato in area iberica per i numerali „20" e „30" ehe risalgono sicuramente, come si e detto, a uiginli e triginta. In tal caso le antiche forme uienti (si rammentino le attestazioni in caratteri greci βειεντι a Ravenna e βιγεντι nei Fayy m egiziano, nonche le forme presenti in Virgilio Marone grammatico) e trienta si sono mantenute senza ehe si verificasse la monottongazione ehe invece si riscontra in spagn. abeto da ab(j)etem per abietem, pared dapar(j)etem per par tetem. Epper , una volta accantonata Γ ipotesi di archetipi parossitoni per le voci romanze central! e insular!, se si postula un'accentazione protosillabica negli 23
24 25 26 27 28
Vincis (1993:xliv) ritiene ehe potesse esistere nei latino parlato un'allotropia vinti - trtnta l vinti ~ trlnta inserita in un complesso repertorio quadripartito secondo prevalesse il tratto della quantita o della qualita nelle coppie fonematiche „normalizzate". Si vedano Richter (1934), Regula (1955:38), Bourciez (1967:150), Rohlfs (III, 1969: 313n), Lausberg (II, 1971:171), Belardi (1979:38). Cfr. Rydberg (l897:344). Cfr. D'Ovidio (1884:102-103), Camilli (1923:478-479). Cfr. Jud (1905:251-252). Anche a proposito del ricorso alia metafonesi Jud oscilla, come ha giustamente osservato L fstedt (1961:61n). Cfr. Rydberg (1897:344).
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etimi dei due numerali, bisogna comunque riconoscere ehe sussistono ancora parecchie difficolta, in apparenza irresolubili. In primo luogo ci si domanda percho la ritrazione dell'accento si sarebbe prodotta in una fase iniziale solo in uiginti e in triginta. In secondo luogo: questa ritrazione si sarebbe verificata in entrambi i numerali contemporaneamente inizialmente solo in uno? In terzo luogo, ammessa la ritrazione, come dar conto delle forme romanze centrali e insulari? E a questo punto ehe si impone la rilettura del brano di Consenzio, un brano senza dubbio importante ehe stato spesso citato dagli studiosi ma ehe forse non e stato mai utilizzato nel modo corretto. Scrive dunque Consenzio nel suo De barbarismis et metaplasmis (5, 391, 31 e segg. Keil): nam plerumque alii atque alii, interdum iidem ipsi [seil, .scriptores qui exempla de auctoritate lectionum dare uoluerunt'], et metaplasmum et barbarismum dicentes eiusdem lectionis utuntur exemplis, eoque cuncta confundunt. nos exempla huius modi dabimus, quae in usu cotidie loquentium animaduertere possumus, si paulo ea curiosius audiamus. diximus [cf. 5, 386, 20-21 Keil] per adiectionem litterae syllabae temporis accentus aspirationis fieri barbarismus. [...] accentus, ut siquis dicens ,triginta' priorem syllabam acuat et sequentem grauiter enuntiet, qui modus et per immutationem fieri uidetur.
Si osservi ehe Consenzio sta facendo riferimento a pronunzie reali, colte sulla bocca dei parlanti e non a pronunzie false, come asseriva il Grandgent.29 Appaiono di conseguenza del tutto infondati i dubbi espressi sul reale valore documentario del brano da D'Ovidio („non do alcun peso all'avvertenza del grammatico gallo Consenzio"),30 le illazioni dello Jud sulla effettiva diffusione di questa come di altre forme citate („die [...] Fehler allerdings [zeigen] zum kleinen Teil Lautvorgänge [...], die für die Geschichte des Spätlateins nicht unwichtig sind"),31 illazioni a sua volta condivise dal Rydberg („rien non plus n'autorise ä supposer que, du temps de Consentius, la prononciation triginta ait domino dans la langue du peuple").32 SulFaffidabilitä di Consenzio io stesso sono tornato di recente,33 raccogliendo con piena convinzione un'opinione ehe e stata giä espressa a chiare lettere da Jozsef Herman (il quäle, a proposito del nostro autore, parla di „remarques [...] d'un intiret et d'un sens presque uniques, parmi les grammairiens latins, pour la roalito linguistique").34 E dimostrato ehe le rare volte in cui i grammatici tardi si occupano del latino substandard, i dati menzionati corrispondono con estrema precisione alia realtä fattuale (ciö vale sicuramente per le question] attinenti alia fonologia). L'individuazione di tratti propri delle varietä locali del latino era ovviamente favorita dalla provenienze geografica del singolo grammatico: cosi, per citare un solo esempio, Pompeo, un autore africano del V secolo, offre element! preziosi per 29 30 31 32 33 34
Cfr. Grandgent (1914:208). Cfr. D'Ovidio (1884:102n). Cfr. Jud (1905:250). Cfr. Rydberg (1897:339). Cfr. Mancini (in stampa). Cfr. Herman (1990:219).
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ricostruire l'isocronia fonologica caratteristica del vocalismo d'Africa.35 Consenzio era sicuramente originario della Gallia;36 e quindi presumibile ehe, lä ove non espressamente specificato (come nei casi dell'anafonesi di /a/ in stetim attribuita aüaplebs Romano, 5, 392, 16 Keil, o della confusione tra quantitä breve e quantitä lunga, attribuita agli Afri, 5, 392, 3 Keil)37 i ttitia ehe egli cita fossero innanzitutto propri — anche se non esclusivi - del latino parlato nella Gallia. E non vi e alcuna ragione per pensare ehe le voci biasimate fossero ristrette a pochissime fasce di parlanti. Torniamo ora al brano sul numerate per „30" nel De bar bar is mis et metaplasmis. Tutti coloro ehe hanno avuto occasione di ricordare il passo, senza alcuna eccezione, ritengono ehe Consenzio si fosse limitato a rimarcare la sola ritrazione delFaccento, senza fare alcun cenno alia quantitä della vocale tonica, dando quindi per scontato ehe il grammatico stesse riferendosi a una pronunzia „triginta", cosl come viene trascritta ad esempio dal Pisani e dal Sommer (ehe specifica „der Akzent von triginta ist noch nicht befriedigend erklärt").38 Ma le cose non stanno esattamente cosl. Certo, bisogna purtroppo riconoscere ehe, se contemporaneamente alia ritrazione dell'accento in triginta, con la prima vocale originariamente lunga in sillaba aperta e, dunque, in latino volgare pronunziato come [i] e non come [e], non si fosse modificato il timbro originario della vocale divenuta tonica, resterebbe oscuro il destino delle corrispondenti voci in area romanza centrale. Infatti, se per spiegare il comportamento della coppia dei cardinali per „20" e per „30", si muove direttamente da un lat. volg. *tri(g)enta, e obiettivamente difficile dar conto della forma trenta, alia base dei numeral i francesi e italiani: Tunica possibilitä consisterebbe - come sostiene Lausberg nel brano riportato all'inizio di questo nostro studio - nelPammettere un esito semichiuso [e] nella monottongazione del gruppo -/'/- (come nello spagn. dedo o l'ital. dialettale deto, entrambi perö da *digüum, con una breve in sede tonica, a fronte dell'ital. dito). Ma a questo punto non si comprenderebbe percho un lat. volg. *m(g)enti (da ulgtntl), prosodicamente e fonologicamente identico, sia passato a vinti e non a venti nella stragrande maggioranza delle varietä galloromanze e italoromanze. A meno di non supporre l'intervento successive della metafonesi, il ehe sembra essere dawero troppo. Viceversa, se si muove da un lat. volg. *ui(g)inti si capirebbe agevolmente il processo fonologico ehe avrebbe condotto a un vinti ['ßinti]: basterebbe infatti 35 36
38
Cfr. Mancini (1994). Vedi quanto scriveva giä il Keil (1868:333): „Consentiorum familiam quinto saeculo apud Narbonenses laude litterarum floruisse carmine Sidonii Apollinaris vicesimo tertio et epistula VIII, 4 ad Consentium Narbonensem, amicum Sidonii et poetam nobilem, scriptis constat" Di questi due uitia citati da Consenzio hanno trattato in maniera specifica rispettivamente Herman (1990:204-216), e Mancini (1994). Cfr. Pisani (1960:167) e Sommer (1977:76); privo di spiegazione l'accenno presente in Pisani (1962:209).
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raffrontare (come fanno Baehrens, Avalle, Rohlfs e Lausberg)39 lo sviluppo parallele di *frlgidu > *friidu > frido poifrio in spagnolo. Questo sviluppo fra Paltro eviterebbe, vista Paccentazione *uiginti ([' ijenti] o [' ijinti]), il ricorso alia metafonesi, cui pure si sono tradizionalmente appellati diversi studiosi, ma ehe, per motivi di solidarieta intraparadigmatica, lasciava giustamente dubbioso il L fstedt.40 Eppero, resterebbe oscuro a questo punto il comportamento deviante di *tri(g)enta trasformatosi nella maggior parte delle varieta romanze in trenta e non, come ci si attenderebbe, in *trinta. II dilemma si risolve, a nostro giudizio, se si attribuisce alle parole di Consenzio il loro giusto valore. II grammatico, infatti, non si limita a segnalare lo spostamento di accento, ma, seppure indirettamente, fa riferimento anche al mutamento di quantita delta vocale tonica nel nome del numerate per „30". Consenzio, infatti, non dice, come avrebbe dovuto dire se la prima vocale accentata in triginta fosse stata I'd, *,,ut siquis dicens ,triginta' priorem syllabam circumflectal" ο *,,ut siquis dicens .triginta' priorem syllabam circumflexo accentu pronuntiet". Si confrontino i brani immediatamente successivi nei quali, alludendo a una pronunzia .errata' del Γ accento si parla rispettivamente del „barbarismus per detractionem accentus", precisamente „ut siquis .oratorem' dicens priorem syllabam circumflexo accentu pronuntiet" ([Orrator] invece di [o:'ra:tor], 5, 392, 12-13 Keil), e del „barbarismus per transmutationem accentus", owero „ut siquis ,oratorem' pronuntians primam sillabam circumflectat"', cioe pronunzia [O:ra:tor] (5, 392, 26-27 Keil). Quest! due brani nel loro complesso sono la fotografia al negativo di quanto lo stesso Consenzio riporta in merito al „barbarismus per immutationem accentus" ehe si verifica „ut siquis .oratorem' dicens primam acuaf1 (cioe pronunzia [Ora:tor], 5, 392, 18-19 Keil). Come e noto, I'impiego nel metalinguaggio prosodico degli artigrafi latini di „ricalchi ideologic!" sul greco, come li ha chiamati di recente Zamboni,41 si basa sulle equivalenze fra acutus (e il verbo acuere) e il gr. οξύς, fra il lat. circumflexus (e il verbo circumflectere) e il gr. περισπώμενος, noncho fra il lat. grauis e il gr. βαρύς. Calchi del genere giungevano persino all'attribuzione al sistema morfoprosodico del latino di caratteristiche in realt proprie esclusivamente del greco, come nel caso delle preposizioni bisillabiche „ossitone".42 In conseguenza di tutto cio si deve ritenere ehe Consenzio stesse parlando di una pronunzia ['trijenta] ο simili al posto del lat. standard triginta, una pronunzia evidentemente ben diffusa nel parlato della Gallia. 39 40 41
42
Cfr. rispettivamente Baeherens (1922:87), Avalle (1969:59), Rohlfs (I, 1966:73), Lausberg(II, 1971:171). Cfr. L fstedt (1961:62). Cfr. Zamboni (2000:137); nel caso dello ,standard' i grammatici sostenevano ehe il ,circonflesso' non potesse arretrare oltre la penultima (come in greco, naturalmente), vedi Ballester (1990:318-319). Non sembra chiarissimo il passo a Mih escu (1950:22), si tenga presente, come ho avuto occasione di spiegare in merito a questo difficile brano altrove (Mancini in stampa), ehe la terminologia forzata di Consenzio si focalizza sulla collocazione dell'accento e solo in seconda istanza sulla natura intrinseca della vocale. Cfr. Mancini (1997).
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La graficizzazione della pronunzia volgare con [e] tonico in prima sillaba, attraverso l'espediente di citare triginia con prima sillaba acuta e dunque con tonico teoricamente breve, non stupisce. E proprio Consenzio il primo grammatico ehe allude alia distinzione timbrica fra antichi /i:/ e /i/ nel latino della Gallia, distinzione peraltro confermata dagli studi statistic! sul materiale epigrafico di Gaeng43 e soprattutto di Herman:44 iotacismum dicunt uitium quod per ,i' litteram uel pinguius uel exilius prolatam fit. [...] mihi uidetur, quando producta est, plenior uel acutior esse; quando autem breuis est, medium sonum exhibere debet. (S, 394, 11 e sgg. Keil)
Come ha mostrato Walter Belardi,45 in questo passo Consenzio impiega un metalinguaggio ehe fa riferimento a un suono di [i] piü o meno acuto e traducendo in termini semplici l'opposizione ,preromanza' tra un /i/ e un /e/. L'impiego della terminologia tratta dalle opposizioni di quantitä del latino standard per indicare in maniera inequivoca le nuove opposizioni timbriche comune anche ad altri grammatici tardi. Valga per tutti il caso del contemporaneo Pompeo, presso cui una graficizzazione mediante (breve) serve a indicare, nella parola , una pronunzia volgare [roma] al posto dello Standard [ro:ma], o una graficizzazione mediante („sonus diphthongi") serve a indicare una pronunzia [ ] di antico /e/ breve.46 Concludiamo. Si e potuto dimostrare ehe Consenzio documenta nel latino parlato della Gallia del V secolo d.C. una pronunzia ['trijenta]. Vediamo ora di utilizzare questo dato prezioso nel complesso quadro delle etimologie dei numerali romanzi per „20" e per „30". Torniamo alia domanda da cui eravano partiti: percho si prodotta la ritrazione accentuale nella forma triginta citata da Consenzio? Se si raffrontano le voci della serie dei numerali cardinali ehe stavano a indicare rispettivamente „3" e „13", si comprendono bene le motivazioni sia della pronunzia graficizzata mediante nella prima sillaba sia della ritrazione sulla stessa sillaba dell'accento: lat. volgare *trei (da tres) > franc, ant. trei (poi troi) caso retto, provenzale ant. frei, caso retto; lat. volgare tredece > franc, ant. treize, provenzale ant. tretze.
All'interno della serie, secondo un'intuizione - comunque su basi different! del Gröber ehe ha avuto scarsissima eco nella bibliografia posteriore,47 una 43 44 45 46 47
Cfr. Gaeng (1968). Cfr. Herman (1990:10-28 e 147-163). Cfr. Belardi (1984a:73-75) e Belardi (1984b). Rinvio a Mancini (1994:617-626). Contra si espressero giä Rydberg (1897:341), Jud (1905:251); la vecchia idea del Gröber ricompare in Corominas (IV, 1954:569), s.v. treinta: „de TRlÖfNTA id., que debio de sustituirse por *TRlGINTA (o bien *TREGINTA, por influjo de TRES, como en los demäs romances)", Corominas (VIII, 1988:783a, s.v. trenta: „de lt. TRlGlNTA, probablement substituit per TREGINTA vulgarment per influencia de TRES"), vedi anche Schmid (1964: 201) e de Paiva in Mihäescu (1950:31n) per altri riferimenti.
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volta individuati i segment! tonici ehe portavano il valore del numerale di base „3" in tre(j) e in tre(dece), era facile rimotivare, per esigenze di iconicitä diagrammatica, la configurazione del significante trejenta come trejenta (da intendersi secondo la fonologia standard /'triginta/, con la prima ,acuta' e non .circonflessa', al posto di /tri:'ginta/).48 II processo di rimotivazione - giustificabile esclusivamente nel caso del numerale per „30" - ha successivamente provocato la ritrazione dell'accento tonico in tutte le voci restanti della serie deile decine, dunque uiginti (['ßijenti]), quadraginta, quinquaginta, sexaginta, septuaginta, octaginta (cfr. C.l.L. Ill, 810 e 811 Edictum Diocletiani), nonaginta. Di qui, in maniera assolutamente regolare (secondo la citata trafila lat. diguu(m) > sp. dedo etc.), discendono tutte le forme romanze: trijenta, trasformatosi inizialmente in trejenta, si e sviluppato normalmente in trenta, donde le diverse voci fr. ant. trente, cat. trenta, prov. ant. trenta, ital. trenta; uijenti, dopo aver ritratto 1'accento come tutti gli altri nomi delle decine per analogia con trejenta, si e sviluppato prima in uijenti poi in uinti (documentato nelle epigrafi), secondo la normale trafila *frigidum > *fridu (cfr.fridam a Pompei, C.l.L. IV 1291)49 > spagn. ant.frido poifrio, donde le diverse voci fr. ant. vint, cat. vint, prov. ant. vint, ital. (non fiorentino) vinti. Al quadro sin qui ricostruito fanno eccezione tre casi specific! connessi con lo sviluppo peculiare di tre aree different! della Romania: 1) area iberoromanza (spagnolo e portoghese) nella quale, come si detto, ha continuato a prevalere negli etimi latini la pronunzia standard con accento collocate sulla penultima sillaba, uiginti, triginta, quadraginta etc.· 2) il sardo ehe, pur conoscendo forme di tipo bisillabico (binti, trinta), sembrerebbe aver ignorato la trasformazione analogica propria del numerale per „30" (in tal caso avremmo dovuto avere un *lrenta, cfr. sardo ires „3", treiki e treiki „13"): d probabile ehe anche in questa varietä conservativa, come nel1'altra zona arcaicizzante dell'Iberia, sia prevalsa la coppia uiginti e triginta, con accento sulla penultima sillaba; e d'altronde, se la nostra interpretazione del passo di Consenzio corretta, evidente ehe la ricomposizione accentuate di triginta secondo il lat. volg. *trej poteva verificarsi unicamente in zone a „vocalismo italico" con antichi /e:/ e I'll confluiti in un esito [e]; 3) il fiorentino (e dunque l'italiano) ehe, nell'ämbito dell'„area triginta", ha esteso - pressocho unica varietä italoromanza - il timbro della vocale tonica del numerale per „30" anche al numerale per „20" (trenta —> venti).
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Sui process! di rimotivazione morfologica caratteristici dei numeral! e incentrato I'articolo di Schmid (1964, mentre nulla aggiunge Price 1992). Cfr. Cfr. sulla si forma pompeiana Baehrens (1922:15), Väänänen (1966:44), Väänänen (1974: 103).
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Ingrid Neumann-Holzschuh
Asina hablamos oder wie „traditionell" ist das Spanische im Norden Neu-Mexikos?
1. Das Spanische im Südwesten der USA gehört ohne Zweifel zu denjenigen Varietäten des Spanischen in der Neuen Welt, die von jeher die Aufmerksamkeit der Sprachwissenschaft in besonderem Maße auf sich gezogen haben, stellen doch die gegenwärtig ca. 14 Mio hispanos in Kalifornien, Texas, Arizona, Colorado und Neu-Mexiko ein für die USA nicht unbedeutendes politisches und soziales Problem dar.1 Es ist daher nicht verwunderlich, dass Arbeiten mit sozio- und kontaktlinguistischer Perspektive überwiegen;2 Untersuchungen mit diachroner Perspektive sind demgegenüber vergleichsweise selten. Auf dieses Faktum hat bereits 1992 Manuel Alvar sehr eindringlich hingewiesen, indem er u.a. betont, dass das Spanische des Südwestens der USA für diachrone Studien insofern von größtem Interesse ist, als Spanisch seit dem 16. Jh. in mehreren Wellen in die genannten Staaten eingedrungen ist. Das sich daraus ergebende komplexe sprachgeschichtliche Bild ermöglicht nicht nur Aufschlüsse über frühere Sprachzustände des Spanischen, sondern auch Einsichten in die gegenwärtige sprachliche Situation in den genannten Staaten.3 Eine besondere Rolle spielt in diesem Kontext das Spanische in New Mexiko und zwar speziell diejenige Variante, die im Norden, d.h. in der Gegend nördlich von Santa Fe, gesprochen wird und die sowohl im Bereich der Lexik als auch der Lautung und der Morphosyntax als die konservativste Varietät des Spanischen im Südwesten gilt.4 Mit der Studie von Aurelio Espinosa, El espanol de Nuevo Mejico aus den Jahren 1930 und 1946, mit der das nuevomeßcano sicherlich zu den am besten dokumentierten Varietäten des überseeischen Spanisch gehört, steht für solche Untersuchungen eine hervorragende Vgl. dazu den Überblicksartikel von Silva-Corvalan (2000). Die Daten des Zensus 2000 standen bei der Abfassung dieses Artikels noch nicht zur Verfügung. Man denke in diesem Zusammenhang nur an die vielen z.T. richtungsweisenden Arbeiten zum code-switching, vgl. dazu Ramirez (1992) und die dort genannten Studien sowie Silva-Corvalän (1994 und 1995) und Zentella (1997). Ähnlich argumentieren auch Moreno de Alba / Perissinotto (1988:178). Vgl. Pefluelas (1978:72): „Es decir, que el espaflol de Nuevo Mejico durante mäs de trescientos aflos ha tenido una existencia aislada e independiente, con influencias mexicanas del nahuatl, y ultimamente mas acusadas del inglos moderno. Libre de otras influencias y desprovistos al mismo tiempo de la cultura literaria que enriquece el lenguaje, ha permanecido poco mäs o menos como fue trafdo por los espafioles del siglo XVII. Constituye, pues, un monumento lingüfstico de valor inapreciable". Ähnlich auch Cotton / Sharp (1988), Vigil (1993), Alvar (1996a:92ff), Bills / Vigil (1999:49), Lipski (ms.).
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Materialbasis zur Verfügung, zumal diese Studie durch ausführliche Kommentare von Amado Alonso und Angel Rosenblat ergänzt wird. Vor dem Hintergrund dieser vom Anfang des 20. Jh. stammenden Daten drängt sich naturlich die Frage nach dem heutigen Zustand des Spanischen im Norden Neu-Mexikos auf, für das es seit einiger Zeit ebenfalls Korpora gibt. Zu nennen sind hier der vornehmlich lexikologisch orientierte Linguistic Atlas and Archive of the Spanish of New Mexico and Southern Colorado (vgl. Bills / Vigil 1999:44ff.), ferner die 1990 von Juan M. Lope Blanch herausgegebene Textsammlung El espanol hablado en el Sur-Oeste de los Estados Unidos,5 die neben transkribierten Sprachaufhahmen zum Spanischen aus Texas, Kalifornien und Arizona auch ein längeres Interview aus dem Ort Mora im Norden Neu-Mexikos enthält. Im Folgenden soll ausgehend von den Arbeiten Espinosas und Lope Blanchs der Frage nachgegangen werden, in welchem Umfang das Spanische im Norden Neu-Mexikos noch heute im Bereich der Morphologie die von Espinosa beschriebenen Besonderheiten aufweist bzw. inwieweit diese Formen heute mit jüngeren Formen variieren, die über das moderne Mexikanische der Immigranten und die im Wesentlichen die norma culta von Mexiko propagierenden Medien in das „traditional Southwest Spanish" (Bills 1997) gedrungen sind.6 Ein zweiter Fragenkomplex betrifft mögliche Entwicklungstendenzen im Bereich der Syntax des Spanischen von Neu-Mexiko sowie die Bedeutung des Sprachkontakts für bestimmte Sprachwandelprozesse, ein Thema, das im Zentrum der richtungsweisenden Arbeiten von Carmen Silva-Corvalän zum kalifornischen Spanisch steht. Eine weitere Facette des diachronen Ansatzes ist der Stellenwert des traditionellen Spanisch im Südwesten der USA als mögliche Quelle für das gesprochene Spanisch des 16. und 17. Jh.7 Vielleicht mehr als andere Varietäten 5 6
Im Folgenden abgekürzt: LB. Ich folge damit einer Anregung von Manuel Alvar: „Habfa que volver a Nuevo Mejico para saber que" ha pasado en los ochenta aflos transcurridos desde que Espinosa llevo a cabo sus encuestas, pues la emigracion mejicana, los reajustes a que han obligado los contactos de diversas modalidades y la presencia del ingle's, exigen ver las cosas de muy otra manera. O, al menos, estudiarlos con nuevas perspectivas. Porque Espinosa dice, que el nuevo mejicano tiene sus antecedentes en el siglo XVI, lo que es cierto, pero hace falta saber mäs: como se han fosilizado los arcaismos, hasta quo punto estän vivos esos dialectal ismos que llevaron los primeros colonizadores, de quo manera se ha producido una nivelacion desde Mojico y como se siente la influencia del inglös" (1992:474-475). Alvar selbst (1996a:92-95) nennt einige Beispiele aus dem Bereich der Lautung. Bills / Vigil (1999) konzentrieren sich ausgehend von den Atlasmaterialien auf den Wortschatz. Die Bedeutung älterer Sprachstufen des lateinamerikanischen Spanisch für die Geschichte des gesprochenen Spanisch rückt zunehmend in das Blickfeld der an diachronen Fragestellungen interessierten Hispanisten; innerhalb der deutschsprachigen Hispanistik ist hier u.a. an die Arbeiten von Wulf Oesterreicher (z.B. Oesterreicher et al. 1998) zu denken. Was das Spanische in Neu-Mexiko betrifft, so erkennt bereits Pefluelas (1978:72) „una comparacion del espaflol de Nuevo Me"xico con el mäs antiguo espaflol de los siglos XIV y XV, que encontramos en la literatura de esta opoca, muestra muchos puntos de contacto y muchas divergencias, aunque es probable que estas diferencias disminuirian si dispusioramos de datos o estudios completos del espaflol populär de aquellos tiempos" Nicht zuletzt dank der Arbeiten von G. Ernst (z.B. Ernst 198S) ist die diesbezügliche Forschungslage innerhalb der Frankoromanistik wesentlich besser!
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des lateinamerikanischen Spanisch, die dem Einfluss einer Standardvarietät immer stärker ausgesetzt waren, kann das Spanische im Norden Neu-Mexikos ähnlich wie das Judenspanische - aufgrund der besonderen Besiedlungsgeschichte dieses Teils der Vereinigten Staaten als ein sprachgeschichtliches Fenster besonderer Art angesehen werden und sollte von daher stärker als bisher geschehen in die Erforschung der Diachronie der nicht-exemplarischen Varietäten des Spanischen einbezogen werden.8 Es versteht sich, dass im Rahmen eines solchen Beitrags nur schlaglichtartig einige Aspekte der hier skizzierten Thematik beleuchtet werden können; eine von neueren Daten ausgehende umfassendere morphosyntaktische Darstellung des Spanischen in Neu-Mexiko, die auch die Sprachwandel- und Sprachkontaktproblematik einbezieht, bleibt noch zu schreiben.9
2. Die spanische Präsenz im SUdwesten der USA begann 1598, als Juan de Ortete die erste feste Siedlung zehn Meilen nördlich des heutigen Santa Fe gründete. Nachdem die Kolonie in den ersten Jahrzehnten wenig prosperierte, begann die eigentliche Besiedelung erst am Ende des 17. Jh. und die Zahl der Siedler nahm insbesondere in den Jahren zwischen 1821 und 1846 kontinuierlich zu. Nach dem mexikanisch-amerikanischen Krieg wurde die Provinz NeuMexiko, die damals auch weite Teile des heutigen Arizona und Colorado umfasste, 1846 im Frieden von Guadeloupe Hidalgo amerikanisch, was allerdings keineswegs bedeutete, dass der Zustrom an neuen Siedlern aus Mexiko versiegte.10 Vor allem im 20. Jh. gab es mehrere Immigrationswellen, und noch immer kommen täglich zahllose Mexikaner auf der Suche nach Arbeit in die USA (vgl. Silva-Corvalän 2000). Von Bedeutung für die heutige Sprachlandschaft und die Besonderheiten des Spanischen in Neu-Mexiko ist die unterschiedliche Siedlungsgeschichte des Nordens und des Südens, und zwar insbesondere die Tatsache, dass die Besiedelung in mehreren, zeitlich z.T. weit auseinanderliegenden Wellen erfolgte. Die ersten Siedler stammten sowohl aus den beiden nördlichen Provinzen des Vizekönigreiches Mexiko als auch aus Spanien selbst, wobei Kastilien, so geht es zumindest aus einer Auswertung alter Dokumente durch Espinosa hervor, offensichtlich eine besondere Rolle zukam." Das Spanische dieser frühen Sied8
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Es ist allerdings zu begrüßen, dass die historische Perspektive in neueren Arbeiten zum Spanischen im Südwesten der USA an Bedeutung gewinnt, vgl. z.B. die Sondernummer von Romance Philology 53 / l (1999), 53 / 2 (2000). Zur Historiographie des lateinamerikanischen Spanisch vgl. die Beiträge von Lope Blanch (1985), Perissinotto (1992b), Lüdtke (1994), Lüdtke / Perl (1994) sowie den Rezensionsartikel von Gießgen (1999). Die wenig umfangreiche Dissertation von Vigil (1993) ist nicht veröffentlicht. Für einen ausführlicheren historischen Überblick vgl. Craddock (1992), Vigil (1993), Bills /Vigil (1999), Lipski (ms.). Mit Recht weist Bills aber darauf hin, dass es sich bei der Sprache dieser Siedler keineswegs um eine Varietät des europäischen Spanisch, geschweige denn um eine Spielart des
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ler, der „Mankos", hat sich, so zeigt Espinosa, bis zum Beginn unseres Jahrhunderts relativ intakt im Norden Neu-Mexikos und Süden Colorados gehalten, zwei Gegenden, die aufgrund ihrer geographischen Lage sowohl von den spanischen Siedlungen im Süden des Staates als auch von den anderen, weiter westlich gelegenen abgeschnitten waren.12 „Es, quizä, el hijo mas aislado del espaflol del Siglo de Oro" (Espinosa 1911:12). Die relative Isolation des Gebiets dauerte bis weit ins 20. Jh. hinein an; im nördlichen Neu-Mexiko gab es kaum Schulen und der Kontakt sowohl zur angloamerikanischen als auch zur mexikanischen Welt war spärlich. Dies änderte sich erst in den 40er und 50er Jahren, als sich die Infrastruktur deutlich verbesserte und das Schulwesen ausgebaut wurde. Die im Zuge der jüngeren Einwanderungswellen nach NeuMexiko gekommenen chicanos13 ließen (und lassen) sich v.a. im Süden des Staates und in den großen Städten wie Albuquerque nieder. Aufgrund dieser historischen Entwicklung wird Neu-Mexiko traditionellerweise in zwei bzw. drei sprachliche Zonen untergliedert (vgl. Bills 1997, Bills / Vigil 1999): Nördlich von Santa Fe wird ein mit zahlreichen Archaismen durchsetzter „dialecto colonial" (Silva-Corvalän 2000:77) gesprochen;14 der Süden Neu-Mexikos hingegen gehört heute aufgrund der starken Zuwanderung aus Mexiko zum sog. „border Spanish", das von Kalifornien bis nach Texas gesprochen wird und sehr stark dem nördlichen Mexikanischen ähnelt.15 Pefiuelas (1978:3Iff.) unterscheidet als dritte Zone noch das Zentrum, vor allem das Gebiet um die Stadt Albuquerque, wo im Gegensatz zu den beiden anderen Gebieten ein stark anglisiertes Spanisch gesprochen wird. Dass sich auch die Sprecher über den sprachlichen Unterschied zwischen Nord und Süd im Klaren sind,
Spanischen von Cervantes handelt, da viele der ersten Siedler bereits in Amerika geboren waren, vgl. Bills (1997:169), Bills / Vigil (1999:43-44). Allerdings riss der Kontakt zwischen Nord und Süd dank des Camino Real und des Chihuahua Trails nie wirklich ab. Als ethnischer Begriff wird heute Mexican Americans bevorzugt. Dies gilt allerdings nur bedingt für die Sprecher des traditionellen Spanisch: „New Mexicans called themselves mexicanos or nuevo mexicanos until the massive Mexican immigration of the 1910-1920 period. Then they began to refer to themselves as Spanish-Americans or Hispanos to distinguish themselves from the incoming immigrants. In more recent years many, especially among the youth, have adopted a Chicano identification" (Peflalosa 1980:3). Craddock (1992:806) spricht von einer „continuidad lingUistica ininterrumpida desde la opoca colonial" Lope Blanch (1990:9f.) betrachtet das Spanische von Mora als die „continuacion de la lengua hablada en aquella zona durante la primera mitad del siglo XIX, sin que en ella se haya dejado sentir de manera determinante la fuerte influencia del espaflol mexicano actual que puede facilmente advertirse en otras modalidades estadounidenses de la lengua espaflola" Zum border-Spanish gibt es nur wenige sprachinterne Untersuchungen; es ist allerdings davon auszugehen, dass es im Wesentlichen dem (nord-)mexikanischen Spanisch entspricht, wobei die Beeinflussung durch das Englische von der Aufenthaltsdauer des jeweiligen Sprechers in den USA abhängt. „The U.S.-Mexico border is a unique southwestern setting, where neither English nor Spanish completely prevails in the minds of the daily lives of its residents" (Hidalgo 1993:51).
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zeigt die folgende Aussage eines älteren Sprechers aus Mora: Los que viven para El Paso, Tejas, hablan mas del Mejico que que nosotros (LB 207). Bezüglich der Vitalität des traditionellen Spanisch im Südwesten der USA ist festzuhalten, dass diese Varietät nur noch von älteren Leuten beherrscht wird, während bei den Jüngeren ein deutlicher Sprachwechsel hin zum Englischen zu verzeichnen ist (Lope Blanch 1990, Vigil 1993). Dass Neu-Mexiko als Ganzes nach den Zensusdaten von 1990 nach wie vor derjenige amerikanische Bundesstaat mit den meisten hispanics ist, ist der konstanten „Rehispanisierung" (Craddock 1992:804, Silva-Corvalän 2000) zu verdanken, die wiederum bedingt ist durch den bis heute nicht nachlassenden Zustrom aus Mexiko.16 Allerdings sollte dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Spanische auch in den südlicheren Teilen des Bundesstaates einem beträchtlichen sprachlichen Erosionsprozess ausgesetzt ist, der zum einen durch das weitgehende Fehlen einer verbindlichen Norm,17 zum anderen durch die ständige Präsenz des Englischen bedingt ist: „in spite of the continual reinforcement of Spanish speakers via heavy immigration, the hispano community is characterized by ongoing processes of shift to English" (Bills 1997:160).
3. Wenn von den Besonderheiten des Spanischen im Norden Neu-Mexikos die Rede ist bzw. wenn die Frage nach der Bewahrung von Archaismen gestellt wird, darf nicht übersehen werden, dass die meisten Merkmale, die diese Varietät in Lautung und Morphologie vom Standardspanischen unterscheidet, natürlich auch in anderen umgangssprachlichen und ruralen Varietäten des Spanischen im Südwesten der USA sowie Mittel- und Südamerikas zu finden sind.18 Im Bereich der Lautung wären zum Beispiel Schwankungen im Bereich der Vortonvokale wie bei pedir ~ pidir, decir ~ dicir, dormir ~ durmir sowie die Realisierung des anlautenden [fj als velarer Frikativ [ ] zu nennen,19 in der Ver-
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Der Anteil der hispanophonen Bevölkerung betragt in Neu-Mexiko 38,2%, in Texas 25,5%, in Kalifornien 25,4% und in Florida 12,1% (vgl. Silva-Corvalän 2000). Vgl. Moreno de Alba / Perissinotto (1988:200): „La ausencia de una norma constante y la migracion han contribuido a que estos dialectos exhiban caracteristicas propias y diferenciadoras. En terminos generates notamos que al faltar una poderosa norma colectiva y centripeta, cada Variante da rienda suelta a aquellas tendencias que la norma generalmente control a o frena. Subrayamos asimismo que en el dialecto que describimos coexisten usos rurales y arcaicos al lado de tendencias innovadoras" Auch Silva-Corvalän (2000:101) konstatiert bezuglich des Spanischen in den USA das Fehlen eines Standardisierungsprozesses. Vgl. Fontanella de Weinberg (1992), Silva-Corvalän (1992:845). Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang die sog. „espafloles vestigiales", wie das bruli, das isleno und das Sabine River Spanish in Louisiana, vgl. Lipski (1987, 1990), Perissinotto (1992a), Holloway (1997), Neumann-Holzschuh (2000). Vgl. z.B. die folgenden Formen aus LB: dicimos (183), vinimos (176), riimos (175) morieron l murieron (210), venieron (188), sepoltura (178), edeficios 83), enteresa (188);
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balmorphologie vor allem die von Espinosa minuziös beschriebenen analogen bzw. älteren Verbformen. Wenn es sich bei diesen immer wieder als Beispiele für den archaischen Charakter des nördlichen nuevo-mejicano genannten Merkmalen nun aber um in Lateinamerika weit verbreitete Phänomene handelt, was ist dann das Spezifische für die Varietät im Norden Neu-Mexikos bzw. Süden Colorados? Zweierlei ist hier zu nennen: 1. die Frequenz dieser Merkmale,20 und 2. die Tatsache, dass es daneben sowohl in der Morphologie als auch der Lexik durchaus Formen gibt, die z.T. sprachhistorisch älter sind und in anderen Varietäten des Southwest Spanish keine Entsprechungen haben (vgl. Lope Blanch 1990, Bills / Vigil 1999). Beides verleiht dem nuevo-mejicano sein oft zitiertes konservatives Aussehen. Welche der von Espinosa beschriebenen Besonderheiten des traditionellen Spanisch sind heute in dem Korpus von Lope Blanch, speziell in den Interviews aus Mora noch belegt? Ich beschränke mich bei den folgenden Ausführungen auf wenige Beispiele aus der Verbalmorphologie und der Verbalsyntax, da die vorliegenden modernen Vergleichstexte hier die interessantesten Aufschlüsse geben. Nicht mehr belegt sind: — die einen älteren Sprachstand widerspiegelnden Verbformen so, esto, vo ftir soy, estoy, voy.21 Bis auf ein einziges Beispiel (vo a hacer esta bandera, LB 187) finden sich in den Texten von Lope Blanch nur Formen auf -y; — die apokopierten Formen der 3. Pers. Sg. Präsens von Verben wie poner oder salir. pan, sal (statt pone, sale), die für das Altspanische gut dokumentiert sind (vgl. Espinosa 1930:60, 233; Lloyd 1987:321); — die in Spanien bis ins Siglo de Oro verbreiteten Futurformen vom Typ ponre, venre, die bereits zu Beginn des 20. Jh. mit den modernen Formen pondre, vendre variierten.22 Bei Lope Blanch sind nur Formen mit Gleitkonsonant bzw. periphrastische Futurformen belegt. Demgegenüber gibt es eine Reihe von charakteristischen Merkmalen, die auch gut 80 Jahre nach den Arbeiten von Espinosa im Norden Neu-Mexikos noch gebräuchlich sind.23 — Als ein Beispiel für einen - von Espinosa (1930:248f.) erstaunlicherweise nur kurz erwähnten - Archaismus im Bereich der Verbalmorphologie ist das ,paragogische' oder .epithetische' -e zu nennen, das vor allem kenn-
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juimos (192), jue ,fue' (209). Zum sprachgeschichtlichen Aspekt beider Phänomene vgl. Espinosa (1930:154-155); Lapesa (1980:211,272f); Lloyd (1987:286, 325, 343). Vgl. Cardenas (1975:3): „In fact, every single peculiarity attributable to New Mexico and Southern Colorado is found somewhere in the Hispanic World. What makes this dialectal variety unique is the concentration of so many linguistic peculiarities in the given area" Vgl. Espinosa (1930:90), Rosenblat (1946:295); teilweise sind diese Formen noch in den spanischen Dialekten anzutreffen, vgl. Garcia de Diego (1981:245); Lloyd (1987:355). Zum Judenspanischen vgl. Sala (1996:363). Vgl. Espinosa (1930:148), Rosenblat (1946:234); Lloyd (1987:312). Natürlich müssen auch diese survivances in Zusammenhang mit dem Fehlen einer verbindlichen Norm gesehen werden (vgl. Perissinotto 1992a:537).
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zeichnend ist für auf -r auslautende Oxytona; betroffen sind allerdings auch Wörter auf -n, -/, -d oder -s.24 Lexeme mit paragogischem -e sind im Korpus von Lope Blanch zwar nicht häufig, werden aber durchaus noch verwendet, wenngleich nicht von allen interviewten Sprechern in gleichem Maße: pagare, mujere (186), profesore, doctore (188), comere (199), rezare (202), trabajare (182) z.B. in den Sätzen es una que se puede trabajare (LB 182); pa que hacer comere? (LB 199). Es ist fraglich, ob das Vorhandensein dieser Formen in Varietäten des Spanischen der Neuen Welt als amerikanische Innovation zu interpretieren ist (Hernändez-Chavez / Porez 1991) oder ob diese Formen vielmehr darauf schließen lassen, dass ein solches epithetisches -e in der gesprochenen Sprache des 16. und 17. Jh. durchaus geläufig war - wofür im Übrigen auch seine Bewahrung im Judenspanischen spricht - und mit den Siedlern in die Neue Welt kam.25 Als Beispiel für eine Besonderheit, die im Norden Neu-Mexikos noch kaum von der Standardform verdrängt ist, ist die Verbalendung der l. Pers. Plural -nos zu nennen, die immer dann gesetzt wird, wenn die Verbform auf der drittletzten Silbe betont ist, also im Imperfekt Indikativ und im Konjunktiv: estabanos viviendo muy simple aqui en el ranchito (LB 183); Oh, yeah! Muy bailadoras eranos. luego, llegabanos en la noche y mi tia nos reganaba: que llegabanos muy noche (LB 170); y luego nos vinianos a estar con mi tia Carmen aqui (LB 176); es muy probable que tenganos unaposada chiquita (LB 133).26 Während dieses auch in anderen Varietäten des lateinamerikanischen Spanisch verbreitete Phänomen dort meist mit der Endung -mos alterniert, sind die Formen auf -nos im Norden Neu-Mexikos zumindest in den Texten von LB nahezu generalisiert.27 Fraglich ist allerdings auch hier, ob es sich bei den Formen auf-nos tatsächlich, wie es Espinosa / Rosenblat (1930 /1946) vermuten, um eine Innovation des amerikanischen Spanisch handelt, oder ob man nicht eher davon ausgehen muss, dass ein frühes umgangssprachliches Phänomen vorliegt.28 Schließlich bedeutet die Tatsache, dass in den Vgl. auch Alvar (1996a:94). Formen mit paragogischem -e waren auch im älteren kalifornischen Spanisch nicht selten (Moreno de Alba / Perissinotto 1988). Zum Judenspanischen vgl. Alvar (1996b:373). Formen mit paragogischem -e sind in älteren Sprachstufen des Spanischen sowie in den (nord-)westlichen Dialekten belegt, vgl. Lapesa(1980:166,222,491). Vgl. Espinosa (1946:55), Sanchez (1983:105), Vigil (1993:83-84), Bills / Vigil (1999: 53). Es gibt nur wenige Beispiele auf -mos (hablabamos, LB 105; estabamos LB 172). Vgl. Perissinotto (1992:536) zum mexikanischen Spanisch: „Se trata de una forma arcaizante y rural que en el espaflol rnexicano se encuentra en via de desaparicion hasta en los registros mas rurales"
Vgl. Rosenblat (1946:221): „Sin embargo, no encontramos en espaftol antiguo, y los islotes americanos - que parecen discontinuos - son sin duda independientes de los islo-
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Ingrid Neumann-Holzschuh älteren Texten kaum Hinweise auf die Endung -nos zu finden sind, ja keineswegs, dass es diese Formen nicht gab, nur erscheinen nähesprachliche Formen eben nicht oder nur sehr selten in konzeptionell distanzsprachlichen, geschriebenen Texten. Im älteren bzw. dialektal-peninsularen Spanisch hingegen gut belegt sind die im nördlichen Neu-Mexiko vor allem bei älteren Sprechern auch heute noch gängigen Formen wie ha ,he' (LB 202), hamos ,hemos':29 a nosotros, como nosotros hamos trabajado par mas salario, we are not no semos [hacemos] lo income. pero con el social security que ganamos, que que hamos ganado nohotros hamos pagado al gobierno (LB 205). Das Gleiche gilt für die Imperfektformen iraiba, creiba, caiba, die auch in anderen, nicht-standardsprachlichen Varietäten des lateinamerikanischen Spanisch bekannt sind (vgl. Espinosa 1946:61; Rosenblat 1946:236f.30). Bei Lope Blanch ist die Imperfektform auf -iba- nur noch beim Verb traer belegt (traiba, traba, LB 133, 177f., 183, 189), in Vigils Korpus finden sich auch Belege von caiba und creiba (Vigil 1993:89). Was die Formen der 2. Pers. Sing. Indefmido auf -ates l -ites (statt -a(s)te l -i(s)te) mit analogem auslautendem -s anbelangt, so sind diese auch heute noch im nördlichen Neu-Mexiko (vgl. Vigil 1993:86: ^Onde encontrates a i/?31) und in den „rural varieties" des Spanischen im Südwesten durchaus gebräuchlich (Sanchez 1983, Lope Blanch 199032, Perissinotto 1992a). Da diese Formen auch im älteren Spanisch nicht unbekannt waren und noch heute im Judenspanischen belegt sind, handelt es sich wohl auch hier eher um ein sprachliches Relikt als um eine Innovation des Chicano.33
Nach Espinosa weist das traditionelle Spanisch des SUdwestens eine Vielzahl weiterer nicht-standardsprachlicher Verbformen auf, die vielfach auch im älteren Spanisch belegt sind und deren Bewahrung ein weiteres Indiz dafür ist, dass die Entwicklung dieser Varietät lange ohne jeglichen normativen Druck verlief.
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tes peninsulares, confmados en la region leonesa. En America nos parece un desarrollo moderno"; Peflalosa (1980:99) weist daraufhin, dass „New Mexican Spanish shares this feature with a number of other noncontiguous nonstandard dialects of Spanish; this is probably a case of independent invention" Zu diesen Formen vgl. Espinosa (1946:90), Rosenblat (1946:294), Garcia de Diego (1981:247), Vigil (1993:95), Bills/Vigil (1999:54). Espinosa (1946:54, 61) nennt in erster Linie die im Südwesten verbreiteten Formen mit Akzentwechsel: traiba, creiba. Vgl. auch Garcia de Diego (1981:229) und Sala (1996: 363). Bei Lope Blanch (1990) habe ich allerdings kein einschlägiges Beispiel gefunden. Z.B. in folgendem Satz aus San Marcos, Texas: Pueh de donde agarrateh eso (LB 161) (statt agarraste). So auch Craddock (1992:806). Zum sprachhistorischen Kommentar vgl. Espinosa (1946: 56f), Rosenblat (1946:222f); Garcia de Diego (1981:230), Lapesa (1980:470, 579).
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Viele dieser Formen sind auch heute noch im nördlichen nuevo-mejicano verbreitet,34 wie z.B. — die Indefinido-Formen vide, vido statt v/, v/o (LB 171, 172, 178, 183), truje, trujo statt traje, trajo; dijieron, trujieron (181, 177, 182)35 statt dijeron (177) und trajeron; comenzieron (181) (statt comenzaron); — die nicht-standardsprachliche Form semos (LB 186, 196) (statt somos)?6 — Subjuntivo-Formen mit epenthetischem -g-: haiga(n) ,haya' (LB 148, 163), vaiga ,vaya': Espero que el haiga vuelto del Army para Crismes (Vigil 1993:96);" — analoge diphthongierte Formen bei Verben mit Stammalternanz (vgl. Espinosa 1946:54, 95): posiblemente no puedanos hacer mucho (LB 193) (statt podamos). Diese Formen sind im Korpus von Lope Blanch allerdings selten.38 Wenngleich hier nur auf wenige exemplarische Fälle hingewiesen werden konnte, bestätigt die Tatsache, dass viele der bei Espinosa genannten morphologischen Besonderheiten noch heute im Norden Neu-Mexikos geläufig sind, die von Heger in anderem Zusammenhang konstatierte „relativ hohe Beharrungskraft morphologischer Gegebenheiten" (1963:158). Kennzeichnend für das heutige Spanische im Norden Neu-Mexikos ist allerdings nach wie vor die bereits von Espinosa hervorgehobene große Formenvielfalt (1946:3), also ein hoher Grad an Polymorphismus, wobei häufig konservative und „neuere" Formen bei ein und demselben Sprecher alternieren.39
4. Die zweite der oben gestellten Fragen betrifft mögliche Entwicklungstendenzen des traditionellen Spanisch vor allem im Bereich der Verbalsyntax, ein Aspekt, der in der einschlägigen Literatur zum nuevo-mejicano weniger Auf34 35 36
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Im „border Spanish" sind diese Formen im Übrigen seltener belegt (vgl. Bills 1997). Vgl. zu diesen Formen im alteren Spanisch Rosenblat (1946:297), Garcia de Diego (1981: 247); Sanchez (1983:110); Lloyd (1987:304ff.); Sala (1996:363). Vgl. Lloyd (1987:299), Rosenblat (1946:295); Garcia de Diego (1981:246); zum Judenspanischen (Zamora Vicente 1979:359). Nach Rosenblat ist diese Entwicklung, die man auch in anderen Varietäten des lateinamerikanischen Spanisch findet, im Norden Neu-Mexikos besonders weit fortgeschritten: „el nuevomejicano presenta al parecer el grado mäs avanzado de este viejo proceso analogico del espaflol, difundido en todas partes" (Rosenblat 1946:247). Ähnliches konstatiert auch Vigil (1993:96). Demgegenüber notiert Peflalosa (1980:100): „Such forms were also noted in New Mexico Spanish at the turn of the century but are much more common now in Chicano speech, indicating the continuing evolution of Spanish in the United States" Vgl. z.B. den folgenden Satz: Ya cuando llegamos no habia camas onde durmir. la Angle yyo tuvimos que dormir en el carro (LB 179). Nach Lope Blanch (1990:31) lässt dies auf cine „notoria inseguridad morfologica" der Sprecher schließen. Zum Nebeneinander von Nicht-Standard- und Standardformen im Bereich der Lexik vgl. Alvar (1996a: 93); Bills/Vigil (1999).
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merksamkeit gefunden hat als der sog. konservative Charakter dieser Varietät. An dieser Stelle sollen wiederum nur einige Punkte exemplarisch angesprochen werden. Wenngleich Lope Blanch sicher zuzustimmen ist, dass die Syntax des traditionellen Spanisch nur verhältnismäßig wenig Spuren einer möglichen Erosion aufweist,40 sind in einigen Fällen doch Veränderungen zu beobachten, die, wie z.B. der Abbau bestimmter Oppositionen, als „Vereinfachungen" interpretiert werden können. Insbesondere Carmen Silva-Corvalän hat solche Prozesse mit Bezug auf das kalifornische Spanisch beschrieben,41 wobei sie von der Prämisse ausgeht, dass bestimmte sprachinterne Entwicklungen durch Sprachkontakt ausgelöst bzw. verstärkt werden: „in language contact situations a number of changes have an internal motivation, in that (a) they are in progress in the ,modeP monolingual variety before intensive contact occurs and / or (b) they may be spurred by such features as the semantic opaqueness of certain language specific forms or the relative complexity of a given paradigm" (1994:92). — Anhand der Verwendung von ser und estar zeigt Silva-Corvalän, dass im kalifornischen Spanisch eine graduelle Ersetzung von ser durch estar zu beobachten ist, eine Entwicklung, die im Norden Neu-Mexikos allerdings erst als Tendenz erkennbar ist.42 Vor allem im Bereich der Vorzeitigkeit kommt es zu Unsicherheiten im Gebrauch von ser und estar; die „Einfallsschneise" sind, so scheint es, auch im traditionellen Spanisch Konstruktionen mit prädikativen Adjektiven, die bis auf wenige Ausnahmen eine Altersbezeichnung angeben (vgl. SC 1986, 599). cuandoyo estaba muchachita (LB 169); esta estaba nina (LB 181);
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„Ahf no se observa ninguna simplification particularmente grave, ni ningun empobrecimiento en la expresion de las relaciones oracionales que no se advierta tambion en el habla populär de la ciudad de Me~xico. La columna vertebral del idioma - su fundamento y esencia estructural - se ha conservado con evidente rigor en esa remota modalidad lingüistica de la Hispania perdida que es el suroeste de los Estados Unidos" (Lope Blanch 1990:31). „Simplification, generalization y pdrdida son fäcilmente observables en el sistema verbal del espaftol en Estados Unidos" (Silva-Corvalan 1992:843). Im peninsularen Spanisch sind diese Entwicklungen teilweise noch nicht zu erkennen, worauf auch Lope Blanch (1992:321) unter Bezugnahme auf das lateinamerikanische Spanisch ganz allgemein hinweist: „que las hablas americanas se han anticipado a las espaftolas en no pocas ocasiones, y que han llevado a la cuspide algunas innovaciones que apenas pugnan por establecerse en las hablas peninsulares o que son en ellas desconocidas" Ihre Untersuchungen zeigen zwar, dass dieser Wandel v.a. bei jüngeren Sprechern zu beobachten ist, dass die konstante Immigration einen radikalen Sprachwandel in diesem Bereich jedoch in gewisser Weise „abblockt": „There is a noticeable movement toward steady functional specialization; but the continuous .renovation' of Spanish, through the arrival of new waves of immigrants, secures the necessary input to keep Los Angeles Spanish from drifting away entirely from other Spanish dialects" (Silva-Corvalän 1986: 604). Eine ähnliche Entwicklung konstatieren Holloway (1997:138-139) und Lipski (1990) auch für das bruli und das islefio in Louisiana.
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era cuando mi papa mio estabajoven (LB 191 );43 ya estoy muy anciano (statt ya soy tin anciano) (LB 208); per no tome muncho interes; esta unojoven (LB 212). Betroffen sind also vor allem Konstruktionen, die im Standardspanischen sowohl ser als auch estar erlauben, ohne dass sich die Bedeutung des Adjektivs verändert. Mit anderen Worten: Die Entwicklung setzt offenbar dort ein, wo die Opposition zwischen ser und dem formal regelmäßigeren estar weitgehend neutralisiert ist.44 Im Korpus von Lope Blanch wird ser allerdings auch in anderen Kontexten bereits durch estar ersetzt: estaba en el tiempo cuando estaban mu religiosos todos £no? (LB lueo alfin del ano estaba examinao por los auditores (LB 210) (statt era); Es que aqui eslamos educaos en ingles (LB 212) (statt somos). Umgekehrt gibt es aber auch Fälle, wo ser statt estar verwendet wird: Es ai en Albuquerqui (LB 201); lueo era muy enferma mi mama (LB 1 70); ea es muerta (LB 1 76). Der These einer Beeinflussung dieser Entwicklung durch das Englische setzt Silva-Corvalän (1986, 1994) überzeugend entgegen, dass ein Einfluss des Englischen zwar nicht völlig auszuschließen sei, dass dadurch letztlich aber nur eine Entwicklung, die im Spanischen bereits angelegt sei, beschleunigt werde.45 Ein wichtiges Argument in diesem Zusammenhang ist, dass der Abbau der Opposition auch in solchen Gegenden belegt ist, wo das Englische keine derart unmittelbare Rolle spielt, wie etwa im gesprochenen Mexikanisch. Erhebliche Unsicherheiten gibt es auch bei der Verwendung bestimmter Tempus- und Modusformen (vgl. dazu Silva-Corvalän 1989) und zwar v.a. in Konditionalsätzen:
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Postdeterminierte Possessivkonstruktionen sind im Korpus von Lope Blanch sehr häufig: la religion de nosotros (LB 175), lospaises de nosotros (LB 188). Silva-Corvalän (1986:600) erklärt diese Entwicklung mit Reinterpretationsprozessen, die dort einsetzen, wo den Sprechern die den Oberflächenphänomenen zugrundeliegenden grammatischen Regeln undurchsichtig sind; vgl. ebd., 594 für mögliche Gründe für die Bevorzugung von estar. Auf der Basis ihrer Daten stellt Silva-Corvalän insgesamt zur Bedeutung des Sprachkontakts für den Sprachwandel fest, dass „language contact has the effect of speeding up the diffusion of a change despite its autonomous or language-internal cause" (1986:588) und „that even under conditions of intense contact and strong cultural pressure speakers of the receding language simplify or overgeneralize grammatical rules but do not introduce elements which cause radical changes in the structure of the language" (1990:164). Vgl. auch Silva-Corvalän (1992:1994). Auf englischen Einfluss ist zweifellos der folgende Calque zurückzuführen: lueo una vez aqui, en la loma, estaba (statt habia) un baile que estaba muy bonito (LB 173).
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Ingrid Neumann-Holzschuh Si nosotros, la raza, la raza de habla espanol hablabanos y procurabanos ensenar a nuestros hijos que aprendieran no mas el ingles, creo que progresabanos mucho mas (Vigil 1993:127); (statt hablaramos, procuraramos, progesariamos); iEscribir? Pudierayo escribir si queria (LB 208) (statt podria, quisierd). Auch in anderen Kontexten kommt es zu Fehlern bzw. Unsicherheiten beim Tempus- bzw. Modusgebrauch: Per o ya nos dirian: flafueron al baue? (LB 176) (statt deciari); Pero no sufre la genle por las nieves que caen, porque estan preparados para venga cuando viene el tiempo que este nevando (LB 204) (statt esta nevando); Porque mi mama siempre nuncajamas nunca vienes sola, nunca (LB 176)(stattvi?«gas); Pueda que en dentro de un ano o se retire (LB 195) (statt puede que); Fueramos cinco hermanos que esfamos vivos (LB 210) (statt fuimos); desde que yo no estoy trabajando dire (statt diriä) que desde que cerramos la tienda, yo hago mijardin (LB 197).46 Was das Formeninventar des Futurs anbelangt, so folgt die Entwicklung im Norden Neu-Mexikos der des Spanischen im Südwesten: Während die synthetischen Formen, die im Übrigen im Korpus von Lope Blanch selten sind, eher modalen Wert haben, wird die Nachzeitigkeit primär durch die periphrastischen Formen bzw. das Präsens ausgedrückt (vgl. Silva-Corvalän 1989, Gutiorrez 1995).47 Mono Pitacio va a venir a tocar la guitarra (Vigil 1993:114); nos vamos a acampar en la sierra (LB 177); El espiritu malo tiene un tanto de poder y las brujas tendran libros (Vigil 1993:114). Im Bereich der Vergangenheitstempora beobachtet Silva-Corvalän (1989) für das Spanische in Los Angeles Unsicherheiten in der Verwendung von indeßnido- und imperfecto-Formen,46 eine Entwicklung, von der das nördliche nuevo-mejicano offenbar noch nicht betroffen ist. Beispiele wie das folgende sind selten:
Nach Vigil (1993:192) kommt es in den meisten Fällen zu einer korrekten Anwendung des Subjuntivo. „Mora Spanish adheres to standard academic usage save for rare occasions" Gutiorrez (1995:219) weist ferner auf Unterschiede zwischen dem Spanischen in NeuMexiko und Mexiko hin: „The difference between the two varieties of Spanish in the temporal use of the morphological form (81 percent in Mexico, 31 percent in the United States) indicates that Southwest Spanish may be at a more advanced stage in the displacement of the morphological form for temporal expression" „The different patterns of expansion of preterite and imperfect may be interpreted to indicate that the location of situations in the past, that is, tense, is more crucial than signaling, at least by means of inflections, certain aspectual differences" (Silva-Corvalan 1989:62).
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esto era en el mil nuevecienlos setenta y cinco (LB 183) (statt fue bzw. OCH/T/O).
5. Ohne Zweifel ist die sprachliche Unsicherheit bei den Sprechern des traditionellen Spanisch im Norden Neu-Mexikos groß. Dies manifestiert sich zum einen in zahlreichen Verstößen im Bereich der Grammatik, zum anderen in bestimmten Vereinfachungs- bzw. Reduktionsprozessen, die über das hinausgehen, was als typisch nähesprachliche Phänomene bezeichnet werden kann.49 Übernimmt man die Unterscheidung von Sasse zwischen .Vereinfachung' und .Reduktion'50 muss allerdings festgestellt werden, dass es sich beim nördlichen nuevo-mejicano im Unterschied etwa zu den espanoles vestigiales in Louisiana in erster Linie um Vereinfachungen handelt, die das Funktionieren der Sprache nicht wirklich beeinträchtigen.51 Bedenkt man ferner, dass das Spanische in Neu-Mexiko im Bereich der Verbalmorphologie seinen archaischen Charakter bis zu einem gewissen Grade beibehalten hat und dass auch der Grad der Sprachbewahrung zumindest bei den Informanten Lope Blanchs noch relativ hoch ist, erscheint es fraglich, ob man in Bezug auf das traditionelle Spanisch 49
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Auch Lope Blanch (1990:12) spricht im Übrigen von: „reduction o simplification del sistema lingüistico, no solo en su dominio lexico sino tambien en el gramatical" Vgl. auch Silva-Corvalän (2000:104): „Ademas de la simplification de categorias gramaticales la transferencia de formas y signiflcados del inglos, los bilingues desarrollan otras estrategias encaminadas a aligerar el peso cognitive que acarrea el tener que recordar y usar dos sistemas lingülsticos diferentes. AI usar el espaflol, regularizan formas, desarrollan construcciones perifrästicas que reemplazan formas verbales simples y, como bien ilustra el ejemplo, con frecuencia, cambian de una letra a otra" Es ist nicht immer einfach, Reduktion und Vereinfachung auseinander zu halten; Sasse nimmt folgende Unterscheidung vor: „Simplification is loss of external complexity, while reduction is loss of essentials and results in defectivity" (Sasse 1992a:15). Vgl. ebd. und Sasse (1992b) für eine Analyse der unterschiedlichen sprachinternen Entwicklungen, die mit beiden Prozessen verbunden sind: Während sich „simplification" v.a. im Verlust komplexer morphophonemischer Regeln manifestiert, impliziert „reduction" z.B. den Verlust ganzer grammatischer Kategorien wie z.B. Modus oder Aspekt, was im Extremfall zum Sprachverfall („language decay") führen kann. Bereits Ernst (1983) wies darauf hin, dass von Vereinfachung am überzeugendsten dann gesprochen wird, wenn - wie z.B. bei der Reduktion funktionsloser Polymorphic oder der Beseitigung von Anomalien im Konjugationssystem - kein Verlust an kommunikativ notwendiger Differenzierung eintritt, wobei grundsätzlich immer klar sein muss, ob es sich jeweils um Einfachheit / Vereinfachung bei der Produktion von Sprache oder ihrer Rezeption handelt. FUr die unterschiedliche Entwicklung in den espanoles vestigiales und dem nördlichen nuevo-mejicano gibt es vermutlich mehrere Gründe. Ein Hauptgrund scheint mir zu sein, dass die Sprecher der espanoles vestigiales in Louisiana deutlich weniger Kontakt zur hispanophonen Welt hatten, da sie sich nie wirklich als Teil des „Southwest Spanish" fühlten. Von daher haben isleno und bruli wesentlich ausgeprägter als das traditionelle Spanisch in Neu-Mexiko „Inselcharakter", was wiederum Auswirkungen auf die Sprachentwicklung hat und über die Generationen hinweg zu einem langsamen Sprachverfall führen kann.
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von „semi-speakers" und „gradual language decay" im Sinne Sasses (1992b) sprechen sollte. Dass es sich dennoch um eine, wie Alvar sagt, „lengua herida" (1996a:93) handelt, liegt nun nicht nur daran, dass Sprachwandel durch Sprachkontakt naturlich nicht geleugnet werden kann,52 sondern vor allem auch daran, dass Spanisch in der Gegend nördlich von Santa Fe einfach keine lebendige „community language" mehr ist (Lope Blanch 1990, Vigil 1993). Anders als im Süden - die erst in den letzten Jahrzehnten aus Mexiko eingewanderten chicanos bleiben entweder in der Grenzregion oder gehen in die großen Städte wie Albuquerque — sind die Kontakte zu Mexiko und zum mexikanischen Spanisch nämlich relativ gering.53 Viel weniger als im „modernen" nuevo-mejicano kommt es im traditionellen Spanisch zu einem komplexen Ineinandergreifen von Erosionsprozessen und Rehispanisierungsabläufen (vgl. Silva-Corvalän 2000:77), zumal insbesondere die jüngeren Sprecher bereits zum Englischen gewechselt haben (Bills 1997:157).54 Es sieht daher so aus, als ob es in den entlegeneren Gebieten im Norden Neu-Mexikos sowie im Süden Colorados nicht zu einer graduellen Erosion des Spanischen kommen wird, sondern zu einem relativ abrupten Sprachwechsel, im Zuge dessen das Spanische „with its morphological boots on" (Silva-Corvalän 1994:13), also unter Bewahrung einer gewissen morphologischen und syntaktischen Komplexität, aufgegeben wird.55 Als wahrscheinlich kann daher die Prognose von Bills / Vigil (1999:58) gelten: The future of New Mexican Spanish seems clear. The social forces that will shape this language are now firmly in place. We have every reason to expect that within fifty to one hundred years, the Traditional Spanish of New Mexico will undergo the dialect extinction that has already befallen the Traditional Spanish of other southwestern states. Within another couple of generations, the unique New Mexican Spanish will have fully blended back into its „mother tongue", Mexican Spanish.
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Vgl. auch Bills (1997:169); eine Untersuchung von Sprachkontaktphänomenen wie codes-witching und borrowing steht noch aus. Bills / Hernandez Chavez / Hudson (1995:25) korrelieren die Nahe zur bzw. die Entfernung von der Grenze mit Tendenzen der Sprachbewahrung bzw. des Sprachwandels: „For both cities and counties, proximity to the border favors retention of Spanish on the part of the Spanish origin population while greater distance favors shift to English" Dies geht auch aus dem Interview hervor, das in Mora mit einem 72 Jahre alten Informanten gefuhrt wurde: Inf.: [...] Porque asina hablamos. Ese es nuestra cultura. Enc.: digam una cosa que queria yo saber: sus papas ^hablaban espanol? - Inf.: Hablaban espanol Ora mis nie tos no hablan espanol. Es que no les... exigen que höhlen espanol en la casa. Enc.: Clara. Esa es la cuestion, si. ^Pero usted hablo en su casa, de pequeüo? - Inf.: Espanol. l el ingles que el ingles que aprendiyofue en la escuela. De los libros gramaticoh. (LB 206). NB: Bei asina ,asi' handelt es sich um einen im Spanischen des Südwestens der USA weit verbreiteten Archaismus (vgl. Espinosa 1930:49, 77-79). Vgl. die Arbeiten zum Sprachverfall und Sprachentod von Dorian (1978), in Dorian (1989) sowie Sasse (1992a, 1992b).
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Max P fister
Die Bedeutung der korrekten Sprache in Frankreich
Bei diesem Festschriftbeitrag geht es mir um eine Zusammenfassung und Vertiefung einer Problematik, die sich vom 12. Jh. bis heute wie ein roter Faden durch die Jahrhunderte der französischen Sprachgeschichte zieht und mit der sich Gerhard Ernst immer wieder beschäftigt hat: um das Bemühen, korrektes Französisch zu sprechen und zu schreiben. Conon de Bothune fühlte sich um 1180 am Königshofe in Paris gekränkt, als er von der Königin wegen seiner mos d'Artois getadelt wurde, die er in seinen Dichtungen verwendete, obschon er durchaus im Recht war, wenn er annahm, dass jeder, der wolle, sie verstehen könne: Ke men langage ont blasmo li Franchois Et mes canchons, oiant les Campenois, Et le Contesse encor, dont plus me poise. Le Roine n'a pas fait ke cortoise, Ki me reprist, ele et ses flus, li Rois. Encor ne soit me parole franchoise, Si le puet on bien entendre en franchois; Ne chil ne sont bien apris ne cortois, S'il m'ont repris, se j'ai dis mos d'Artois Car je ne fui pas noris a Pontoise.
Der Tadel, den Conon von Seiten der „Franchois", d.h. am Pariser Königshof, und der „Campenois", also am Hof der Grafen der Champagne, wegen seiner pikardischen Ausdrucksweise einstecken muss, wird von ihm als Verstoß gegen den guten Ton höfischen Verhaltens entschieden zurückgewiesen. Unter Philippe Auguste finden wir zum ersten Mal jenes Normbewusstsein, das im 17. Jh. unter Vaugelas seinen Höhepunkt erreichte, ein Bewusstsein, das auch heute bei vielen Franzosen verankert ist. Seine Auswüchse, die Maßnahmen der sog. Sprachpolizei, werden als Kuriosum in der Auslandspresse aufgegriffen und zum Teil belächelt. Zunächst müssen wir uns fragen: Was heißt Norm? Über dieses Problem gibt es für die letzten 50 Jahre eine umfangreiche Literatur, z.B. Coseriu, System, Norm und Rede (Sistema, norma y habla (con un resumen en aleman), Montevideo 1952). Wir haben zwei Arten von Norm zu unterscheiden: die objektive, statistisch feststellbare Norm, die dem Sprachgebrauch der Mehrheit der Sprecher entspricht, dem sog. usage. Daneben gibt es die sog. präskriptive Norm, „ein im Innern der Sprachgemeinschaft aus sozialen Realitäten heraus
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entstehendes modellhaftes Sprachverhalten". Diese präskriptive Norm ist der von Vaugelas genannte bon usage, „c'est la de parier de la plus saine partie de la Cour, conformoment a la facon d'escrire de la plus saine partie des Autheurs du temps" (1934:2). Der Ausdruck „la plus saine partie" ist die sanior pars des mittelalterlichen Kirchenrechts. Klaus Ganzer hat im Jahr 2000 in der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur einen Vortrag gehalten über „Unanimitas, maioritas, pars sanior. Zur repräsentativen Willensbildung von Gemeinschaften in der kirchlichen Rechtsgeschichte". Er sagte (27): „Doch ehe das Mehrheitsprinzip den definitiven Sieg erringen konnte, kam bei den kirchlichen Wahlen im frühen und bis ins hohe Mittelalter eine Phase dazwischen, in der die pars sanior, d.h. der bessere, vernünftigere Teil der Abstimmenden ins Spiel gebracht wurde. Doch die endlosen Streitigkeiten - wer bestimmt, wer die pars sanior ist ? - ließen wieder zum Mehrheitsprinzip greifen, freilich zunächst in der Verbindung ,maior et sanior pars'". Im 17. Jh. erhob Vaugelas die Literatur- und Hochsprache einer kultivierten Elite zur Norm. Zu dieser Zeit besaß das Volk keinen Einfluss auf die Sprachreglementierung. Gesellschaftsideal war der sog. honnete komme. Die Normproblematik ist nicht nur ein wichtiges Thema der Sprachgeschichte, sie gehört auch in den Bereich der Soziolinguistik. Caput (1972,1, 306) ist beizupflichten, wenn er für das 17. Jh. schreibt: „La langue est rogloe et illustroe: rögle"e par le bon usage, celui de Faristocratie qui fröquente la Cour, constituant un monde clos oü les goüts sont identiques mais n'ont pas besoin d'etre exprimös explicitement". Wenn wir Sprachnorm und Sprachsystem vergleichen, so kann man mit Coseriu sagen: „Les possibilitis admises par la structure formelle [...] sont plus larges que la potential de la norme". Die Norm umfasst eine Selektion der sprachlichen Möglichkeiten. Wenn Sie in der Zahlenreihe nach cinquante und soixante ein septante, huitante, nonante bilden, so ist dies von Sprachsystem her möglich: die präskriptive Norm fordert aber soixanle-dix, quatre-vingt und quatre-vingt-dix. Mit septante wird man als Sprecher des franfais regional (Wallonie, Suisse romande) eingestuft. Interessant ist die Definition des usage-Begnffs in der französischen Lexikographie. Vaugelas' Definition des bon usage als „la fa9on de parier de la plus saine partie de la Cour" wird bereits hundert Jahre später in der Encyclopedic charakterisiert als „facon de parier de la plus grande partie du peuple fran9ais"; das elitäre Prinzip wird durch das Mehrheitsprinzip ersetzt, gleich wie bei der Willensbildung von Gemeinschaften in der kirchlichen Rechtsgeschichte. Den wjage-Begriff haben die Franzosen von italienischen Humanisten übernommen. Bereits Fortunio schreibt in seinen Regole von 1516 (1973:42): „come ensegna Quintiliano et gli altri maestri della romana grammatica e eloquenzia, lo uso e non lo abuso de gli auttori dovemo seguitare". Fortunio spricht vom uso und abuso, Vaugelas vom bon et mauvais usage, wobei er den letzteren als Sprachgebrauch des Volkes charakterisiert. In den letzten vierhundert Jahren hat sich nicht nur der Normbegriff verändert, sondern es hat sich auch der Abstand zwischen bon und mauvais usage verkleinert. Für Louis XIII war
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der Unterschied zwischen Hofsprache und Volkssprache derart groß, dass er zur Unverständlichkeit führen konnte. Im 19. Jh. war die Distanz zwischen der Sprache der Bourgeoisie und derjenigen der Arbeiter noch beträchtlicher. Heute verringern Schule und Massenmedien diese sozial bedingte sprachliche Kluft, so dass man nicht mehr von bon et mauvais usage sprechen kann, höchstens noch vonfranyais soutenu undfranfais reläche. Wer sind nun die Träger, die Institutionen, die seit dem 17. Jh. für die Verbreitung der präskriptiven Norm sorgen und ihr zur Durchsetzung verhelfen? An erster Stelle muss hier die 1636 von Richelieu gegründete Acadomie Francaise genannt werden und ihr Dictionnaire de l'Academie Franqaise von 1694. Wenn auch Italien mit der bereits 50 Jahre früher gegründeten Accademia della Crusca und dem 1611 publizierten Vocabolario della Crusca eine Vorreiterrolle zukommt, so hat doch keine Akademie und kein Wörterbuch eine derart normbestimmende Bedeutung gehabt wie die Acadomie Fran9aise unter Louis XIV. Die Französische Revolution schadete zwar der sprachlichen Tradition und auch dem Ansehen des Französischen als Sprache der europäischen Diplomatie und Wissenschaft; das Prestige-Bewusstsein einer korrekten französischen Sprache ist aber im 19. und 20. Jh. keineswegs gesunken. Man kann fast sagen, dieses Bewusstsein stellt ein Unikum innerhalb der europäischen Nationalsprachen dar. In diesem Zusammenhang müssen wir von der Sprachreinheit, von der purete de la langue sprechen. Diese purete steht in enger Beziehung zur präskriptiven Norm, die jedoch keineswegs eine starre, auf Vaugelas fixierte Sprachreinheit bedeutet. Der erste normbewusste Sprachpurist war Malherbe, der einen kritischen Kommentar zu den Dichtungen seines Zeitgenossen Philippe Desportes schrieb. Er kritisiert z.B. einen Vers aus der Elogie XVII: Tout chemin lui est clos; ne sait qu'il doive faire. On ne dit pas: je ne sais que je doive faire, mais: que je dois faire. Je sais bien que le latin dit debeam; mais il est question de parier franfois.
Dieser strengen „Purifikation" verdankt Malherbe den Beinamen „docteur en nogative" oder „tyran des mots". Malherbes Aktivitäten erfuhren aber auch positive Würdigungen, z.B. in der Art poetique von Boileau (1674), Chant I: Tout reconnut ses loix, et ce guide fidele Aux Auteurs de ce temps seit encor de modele. Marchez done sur ses pas, aimez sä purete*, Et de son tour heureux imitez la clarte*.
Nach den Remarques von Vaugelas (1647) wurde die Sprachreinheit in der Mitte des 17. Jh. überbetont und bot Moliare den Stoff ftir seine Komödie Les precieuses ridicules. Ich denke an die preciosite und die Sprache der Salons der Marquise de Rambouillet und der Mile de Scudory. Deren Bemühen um eine gepflegte Sprache führte 1656 zum Dictionnaire des precieuses von Somaize mit seinen anmutigen Umschreibungen. Z.B. musste „un verre d'eau", das den Preziösen zu konkret erschien, mit „un bain d'intorieur" paraphrasiert werden,
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oder statt „estre en couche" wurde umschrieben mit „sentir ies contre-coups de amour permis". Wenn ich nun im Folgenden Über Sprachpurismus, Sprachpflege, Sprechnormierung im 20. Jh. spreche, so muss ich zunächst sagen, dass man nicht mehr wie im 17. Jh. von regies infaillibles ausgeht, dass es sogar seit 1976 einen sog. Toleranzerlass gibt, der z.B. „c'est lä de beaux rosultats" neben „ce sont lä de beaux rosultats" erlaubt oder für grand-mere im Plural grand-meres wie grands-meres. Eine Sprachpflege finden wir nicht nur in Frankreich. In den Statuten der Berliner Akademie der Wissenschaften wurde z.B. als eine Aufgabe der Akademie festgelegt: „die Erhaltung der deutschen Sprache in ihrer anständigen Reinigkeit". Ähnlich lauten auch die Statuten der Accademia della Crusca, wo die Pflege der italienischen Sprache gefordert wurde. Wie steht es nun in Frankreich mit der Sprachpflege und der präskriptiven Norm im 20. Jh.? Zahlenmäßig sind die „chroniques de langage publiöes dans la presse francaise" den deutschen „Sprachecken" weit überlegen; allein für die Jahre 1966-1970 verzeichnet eine dementsprechende Bibliographie in Frankreich 7749 Nummern. Die modernste Grammatik des guten Sprachgebrauchs ist zweifellos das Buch von Maurice Grevisse und Andro Goosse: Le bon usage. Goosse umgeht die Definition von bon usage. Sein Vermerk unter dem Paragraph 14 norme lautet: Quel fran9ais faut-il enseigner? Un ouvrage comme celui-ci, dans ses intentions normatives, n'a pas la prevention de rigenter la langue de la conversation amicale ou de la lettre familiere. Les jugements qu'il donne sont d'application quand Ies circonstances demandent que surveille son langage: ils sont done portis surtout en fonction du niveau soutenu. Ils concernent plus la langue ocrite que la langue parlöe, quoique nous nous soyons offeree's de faire ä celle-ci la place qui lui revient.
Andere Grammatiker unseres Jahrhunderts sind noch expliziter. Wagner (1973, II: 158): „[le bon usage] de nos jours, ne reflete plus directement une hiörarchie sociale, mais le type d'usage valorise" par ceux qui s'arrogent le monopole du discours de la culture". Auch in der neuesten Ausgabe des Diciionnaire de Academic Franqaise von 1992 steht: Die Aufgabe der Acadomie Fran9aise ist es „de constater et d'enregister le bon usage, celui des personnes instruites". Oder Hanse (1994:14): II faut faire entrer en ligne de compte ä la fois la tradition, le fran9ais parlo par I'homme instruit et cultivo, le franfais par Ies bons auteurs modernes [...] et enfm le francais difini et interprotd par Ies meilleurs grammairiens, par l Office de la langue francaise et par Ies bons dictionnaires.
Interessant scheint mir hier, dass unter den Hütern des bon usage nicht mehr die Acadömie Francaise aufgeführt wird, sondern (Office de la langue francaise. Versuchen wir den Unterschied zwischen präskriptiver Norm und Sprachgebrauch an einem Beispiel zu verdeutlichen: „je ne viens pas" und „je viens pas". Beide Sätze sind synonym. Die Negation ne ist redundant, das pas markiert bereits die Negativität. Ne wird aber von der kultivierten Sprachnorm ge-
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fordert. Freilich ist die gesprochene Form ohne ne - rein numerisch gesehen bedeutend häufiger, der Sprachgebrauch verwendet „je viens pas"; die Norm verlangt „je ne viens pas". Meistens decken sich usage und norme, gelegentlich aber auch nicht. Diese Fälle lösten in den 60er Jahren die Alarmstufe der Puristen aus, z.B. von Aurolien Sauvageot, Francais ecril, franqais parle (Paris 1962), oder von Ren6 Etiemble, Parlez-vous franglais? (Mercure de France 1964). Als Replik schrieb Martinet Lefranyais sansfard (Paris 1969), mit dem Kapitel „Les puristes contre la langue" (S. 25-32), in welchem er die Puristen verantwortlich macht „d'avoir fige" le fran9ais dans une forme sclorosie et artificielle". Zur Zeit dieses Disputs erschien Ende der 60er Jahre der interessante Beitrag von Ludwig Soll, Die Krise der französischen Sprache - Realität oder Illusion?, in: „Die Sprache im technischen Zeitalter" 32 (1969:345-357). Soll schrieb: „Die objektive Bedrohung spielt dabei eine geringere Rolle als das Gefühl der Bedrohung - viele Franzosen fühlen ihre Sprache tatsächlich bedroht" (345). Die objektive Bedrohung durch den starken Einfluss des Englischen ist ein europäisches Phänomen und nicht speziell für das Französische gültig. Und doch hat Frankreich anders reagiert als z.B. Deutschland oder Italien. Grundlegend ist eben die Tradition der kultivierten Norm in Frankreich, die in diesem Land ganz anders verwurzelt ist als in den übrigen europäischen Ländern. In Italien z.B. hat man mir bei einem Sprachfehler nie gesagt: „Questo non e italiano", oder im Deutschen als Reaktion auf meine Helvetismen hörte ich nie den Hinweis: „Dies ist nicht Deutsch". In Paris dagegen korrigierte mich meine befreundete Gastgeberfamilie mit: „Ce n'est pas fran9ais." bei Normverstößen. Zygmunt Marzys schreibt dazu (Marzys 1974:11): Cette norme, aujourd'hui, est obranlie sous la pression de forces centrifuges, qui agissent en francais comme dans toutes les langues modernes; mais la plupart des autres langues en sont moins oprouvoes grace ä une plus grande souplesse de leur norme. En d'autres termes, ce n'est pas une diffe~renciation particulierement forte du francais, c'est la rigidite* de sä norme traditionnelle qui croe la tension entre cette norme et l'usage.
Diese Einstellung des Franzosen zu seiner Sprache zeigt sich in einem Beispiel, das Helmut Christmann, mein verehrter Vorgänger auf meinem Saarbrücker Lehrstuhl, zitiert (1984:412): Es geht um einen Präfekten, der im Zusammenhang mit einer Geiselnahme mit den Gangstern verhandelt und in dem vom Rundfunk aufgezeichneten Gespräch das Wort con verwendet, was prompt zu seiner Entlassung durch den Innenminister führte. Die Amtsenthebung als Folge eines lapsus linguae in Ausübung eines Dienstgeschäftes scheint mir in Deutschland kaum möglich zu sein. Auch der folgende Ausspruch vom Präsidenten Chirac über die französische Sprache wäre von einem deutschen Politiker zu seiner Sprache nicht zu erwarten: „La qualite* de la langue contribue, eile aussi, il est temps de s'en apercevoir, ä la qualite" de la vie". Die Reaktion auf die Normverstöße hat in Frankreich seit etwa 60 Jahren zu Abwehrmaßnahmen geführt, die für den Sprachwissenschaftler höchst interessant sind, auf den neutralen Betrachter aber befremdend wirken. Sverker
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Bengtsson untersuchte diese Reaktion in seiner Dissertation La defense organisee de la langue franqaise; etude sur l'activite de quelques organismes qui depuis 1937 onl pris pour tache de veiller ä la correction et ä lapurete de la langue frangaise, Uppsala 1968. Etwas kritisch der Titel eines deutschen Beitrages von Johannes Mayer: Sprachpolizei ,ä lafranqaise' Ein Beitrag zur Normproblematik des Französischen. Mayer schreibt: 1966 wurde als Ausdruck einer nationalistisch orientierten Sprachpolitik unter Präsident De Gaulle und Premierminister Pompidou ein ,Haut Comito pour la dofense et ('expansion de la langue franchise' geschaffen, 1973 umbenannt in ,Haut Comito de la langue frangaise', das zur Aufgabe hatte, „de mener un ensemble d'actions d'information, de sensibilisation, de formation linguistique du personnel qui ont toutes pour objet de permettre aux sociotos nationales de mieux veiller ä la qualiti et ä l'illustration du fran(ais ä l'antenne" In internen Berichten wurde die Aufgabe noch präzisiert: „D'apres article 9 de leurs cahiers des charges les sociötos nationales de sont tenues de veiller ä la qualito du langage employo dans leurs programmes. L'un des roles du Secrötariat Permanent du Langage de l'Audiovisuel est de vorifier, si ces obligations sont respectdes par les different sociotos" (Mayer 1985)
Seit 1972 gibt es in Frankreich sprachlenkende Regierungserlasse und Empfehlungen von Terminologiekommissionen. 1976 trat die Lex Pierre Bas-Lauriol in Kraft, die Lehnwörter, vor allem Anglizismen, verdrängen sollte, für die es eine gebilligte Übersetzung gab. Dies galt vor allem für Werbung, Verpackungsaufschriften, Gebrauchsanweisungen, Garantieurkunden, Stellenanzeigen, Arbeitsverträge und für die Programme von Massenmedien. Unter Staatspräsident Mitterrand wurden seit 1981 die sprachpolitischen Maßnahmen verstärkt. Es wurden die sog. equivalences festgelegt, z.B. hit-parade sollte durch palmares ersetzt werden, show-business durch Industrie du spectacle, fair-play durch franc-jeu. Der Erfolg dieser Maßnahmen fiel bescheiden aus. Im besten Fall existieren nachher beide Formen im französischen Wortschatz, der Anglizismus und die propagierte französische Äquivalenz. Die Rücksichtnahme auf die präskriptive Norm verhindert in Frankreich auch grundlegende orthographische oder grammatikalische Reformen. 1986 erfuhr die Reformdiskussion einen Rückschlag, als Bernard Pivot (in Frankreich durch seine literarische Sendung „Apostrophe" bekannt) zur „croisade domocratique contre le relächement de P6criture" aufrief. Andere Puristen sahen die Sprachpflege als „protection du patrimoine de la langue". Zygmunt Marzys ist zuzustimmen, wenn er schreibt: „En fran9ais, ce code [de express ion correcte] est spocialement exclusif et rigide". Seiner Meinung nach sollte den französischen Schülern zwar die „norme cultivoe" vermittelt werden, aber kein „fran9ais livresque, fig£ et hors de la vie". Die Gegebenheiten von geschriebener und gesprochener Sprache im Französischen wurden auch in den ministeriellen Toleranzerlassen zur Grammatik und Rechtschreibung (1901 und 1976) nicht gebührend berücksichtigt. Der jüngste Vorstoß des Conseil superieur de la langue frangaise mit dem Ziel „d'oliminer les principales difficultis qui sont sans justification et de normaliser la plupart des anomalies" zeigt ebenfalls nicht den erwünschten Erfolg. In einer ersten
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Abstimmung der Acadomie Fran9aise vom 3. Mai 1990 hatten die anwesenden 29 immortels diese Vorschläge zwar einstimmig angenommen. Aber nachher formierte sich unter den abwesenden Mitgliedern eine Opposition, die eine zweite Abstimmung erzwang und die Ablehnung durchsetzte. Somit wurde die groß angekündigte Reforme de l'orthographe in einfache recommandations umgewandelt. Der ständige Präsident der Akademie, M. Maurice Druon, verkündete daraufhin, dass die herkömmliche Rechtschreibung bestehen bleibe, die neue werde lediglich erprobt, jedoch ohne ministerielle Anordnung. „[...] les dites recommandations ne soient pas mises en application par voie imperative et notamment par circulaire ministerielle". Genau wie zuvor die Reforme de l'orthographe von 1975, die 1987 offiziell zurückgenommen wurde, da sich die Vorschläge nicht durchgesetzt hatten, wird auch diese Reform keine entscheidende Wende in der Reformdebatte bringen, obwohl die Reformvorschläge auf breite öffentliche Resonanz gestoßen waren, beonsders auch bei Lehrern und Schülern. Tatsächlich können wir - vor allem in den letzten dreißig Jahren - eine neue Sprachnorm-Diskussion feststellen, die auch die Sprachplanung und die Sprachlenkung umfasst. Christian Schmitt hat z.B. einen interessanten Beitrag verfasst: La planification linguistique en francais contemporain: bilan et perspectives (Schmitt 1977). Wer die neueste Entwicklung der sprachplanerischen Maßnahmen Frankreichs kennenlernen will, vor allem die fragwürdigen Auswirkungen der Loi Bas-Lauriol von 1975 und der Loi Toubon von 1994, dem sei das 1995 in Berlin erschienene Buch von Jürgen Trabant empfohlen: Die Herausforderung durch die fremde Sprache. Das Beispiel der Verteidigung des Französischen (Trabant 1995). Das Aufzeigen, wie in Frankreich eine Sprachnorm in acht Jahrhunderten entstehen und sich durchsetzen konnte, gehört zu den Aufgaben der historischen Sprachwissenschaft, die neben den verschiedenen Ausrichtungen der vorwiegend synchron ausgerichteten Linguistik - angewandte Sprachwissenschaft, Soziolinguistik, Varietätenlinguistik, Textlinguistik und Pragmatik - auch in Zukunft ihre Daseinsberechtigung haben wird.
Bibliographie Bibliographie des chroniques de langage publiees dans la presse franiaise 2 (1966-1970). Paris 1972. Boileau, Nicolas (1674): L'art poetique, hg. v. August Bück. München 1970. Caput, Jean-Pol: La langue franfaise. Histoire d'une institution, 2 voll. Paris 1972-1975. Christmann, Hans-Helmut: Das Französische der Gegenwart. Zu seiner Norm und seiner „d6fense" (erweiterte Fassung), in: Enzyklopädie des Märchens. Berlin / New York 1984, 773-780. Coseriu, Eugenio: Sistema, norma y habla (con un resumen en alemän). Montevideo 1952. Fortunio, Giovanni Francesco: Regole grammatical! del la volgar lingua, a cura di Mario Pozzi. Torino 1973.
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Ganzer, Klaus: Unanimitas, maioritas, pars sanier. Zur repräsentativen Willensbildung von Gemeinschaften in der kirchlichen Rechtsgeschichte. Stuttgart 2000. Grevisse, Maurice: Le bon usage. Grammaire fran9aise refondue par Andro Goosse. Paris "1993. Hanse, Joseph: Nouveau Dictionnaire des difficultes du fran^ais moderne. Louvain 31994. Mayer, Johannes: Sprachpolizei „ä la francaise" Ein Beitrag zur Normproblematik, in: Romanistik integrativ. Festschrift für Wolfgang Pollak, hg. v. Wolfgang Bandhauer / Robert Tanzmeister. Wien 1985, 385-390. Marzys, Zygmunt: Norme et usage en francais contemporain, in: Le frar^ais dans le monde 108(1974), 6-12. Schmitt, Christian La planification linguistique en fran9ais contemporain: bilan et perspectives, in: Conseil international de la langue fran?aise (ed.): Le francais en contact avec: la langue arabe, les langues nogro-africaines, la science et la technique, les cultures rogionales. Sassenage 1977, 89-110. Soll, Ludwig: Die Krise der franzosischen Sprache - Realität oder Illusion?, in: Die Sprache im technischen Zeitalter 32 (1969), 345-357. Trabant, Jürgen (Hg.): Die Herausforderung durch die fremde Sprache. Das Beispiel der Verteidigung des Französischen. Berlin 1995. Vaugelas, Claude Favre de: Remarques sur la langue franpoise. Utiles ä ceux qui veulent bien parier et bien ocrire. Facsimilo de l Edition originale par Jeanne Streicher. Paris 1934. Wagner, Robert-L6on: La grammaire francaise II. Paris 1973. -/ Pinchon, Jacqueline: Grammaire du fran9ais classique et moderne. Paris 1962.
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Eine Bologneser Buchhaltungsnotiz aus der ersten Hälfte des Trecento?
1. „Non vi si pensa quanto sangue costa" (Par. XIX, 91). Dieses Dante-Wort trifft sicherlich in besonderem Maße auf die Editionsphilologie mittelalterlicher Texte zu, und zwar nicht nur auf die hehren literarischen Texte, sondern auch auf marginale, periphere Gebrauchstexte. Diese sind geradezu prädestiniert, besondere philologische Herausforderungen abzugeben, da ihre isolierte und oftmals fragmentarische Stellung einen herausgehobenen enigmatischen Charakter begünstigt. Von daher sind solche Kleintexte im volgare einerseits als wenig wertvoll einzustufen, andererseits eignen sie sich sehr gut zur Illustration der Schwierigkeiten bei der Textedition und -Zuordnung. Einen solchen exemplarischen Fall stellt die folgende Buchhaltungsnotiz dar.
2. Im Jahre 1999 kaufte der Antiquar Christian Haslinger / Frankenthal in Bologna aus dem Nachlaß der Familie Pepoli, die in Bologna in Briefdokumenten seit dem 14. Jahrhundert gut bezeugt ist, Bücher und Medievalia auf, unter denen sich eine Reihe von Buchhaltungseinbanddeckeln aus Pergament befand, in denen Unterlagen zum Rechnungswesen eingelagert wurden. Gelegentlich wurden dazu auch alte Einbände von Codices verwendet. Auf einem dieser Pergamentdeckel findet sich folgende Notiz (siehe Abb. S. 264), für die ich folgende Lesart vorschlage: Z. l Z. 3
memuoria chel porgo ehe chonpara da berttolo mio munaro pexo netto libre ?entto vinttj quattro) yx £ [ihre ] M°[recte: C°]xxi°iij
Eine paläographische Bewertung stellt jedoch etliche Unklarheiten in Rechnung, die Armando Petrucci in seiner brieflichen Expertise unmißverständlich anspricht: All'apparenza il testimone scritto puö essere attribuito a mano italiana della prima metä del sec. XIV. Ma nella tecnica esecutiva si riscontrano alcune singolari incertezze di tratteggio (per es. l'asta discendente della di r. 3 o l'asta alta della v iniziale di r. 4), mentre nella morfologia delle lettere compaiono forme diverse e inusitate, come la r di r. l, alcuni esempi di a, la u tracciata al modo modemo, la cifra C della r. 4. Questi dati mi inducono a ipotizzare un qualche tipo di manipolazione o di imitazione (ho qualche difficoltä a credere a un falso, perche non posso immaginare un movente) di etä moderna.
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Es bleibt zunächst einmal festzuhalten, daß der Text einige paläographische Ungereimtheiten aufweist, die neben der Autorität von Armando Petrucci auch von den Experten an der Universitätsbibliothek Heidelberg mittels der Quarzlampenprürung bestätigt werden. Der Schrifttyp verweist einvernehmlich auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts und zeichnet sich aber auch durch einige zeituntypische Gestaltungselemente aus. Die Originalrechnung lag dem Pergamentdeckel nicht bei. Die Nichtverwendung von k für c deutet überdies auf bolognesischen Gebrauch hin.
3. Auf der Grundlage dieses paläographischen Befundes scheint eine detaillierte sprachwissenschaftliche Analyse des Kleintextes angezeigt zu sein. Zunächst soll ein lauthistorischer Kommentar die Schreibkonventionen unter besonderer Berücksichtigung der Regionalsprachlichkeit näher beleuchten: — memuoria im Sinne von ,notizia, attestazione' (GDLI X:46-51) verwundert insofern, als die Form ansonsten nicht belegt ist. Lediglich REW 3 5490 notiert altpaduanisches malmuoria und friaul. malmueria unter MEMÖRIA für das Veneto. Im allgemeinen wird betont, daß diphthongierte Formen von o entsprechend selten sind: luoghi ist seltener gegenüber loghi (Corti 1962:XLVI) in der bolognesichen Vita di San Petronio. Dieser Zug zeichnet im übrigen das Veneto mit Formen wie muodo ,modo' oder puovolo , ' aus (Stussi 1995b:128, vgl. auch Rohlfs 1966:§145). — porgo < PÖRCU(M) erfährt eine Sonorisierung, die ansonsten nicht belegt ist. Es handelt sich dabei um eine Analogie, die aus der norditalienischen Auslautverhärtung auf einen Hyperkorrektismus zurückzufuhren ist, analog friaul. larc < largo, bore < borgo. Somit läßt sich porgo als toskanisierende, rekonstruierte Form von porc vermuten. Es handelt sich folglich um eine irrige Analogie, die bewußt einen toskanisierenden Einschlag herstellen will. Rohlfs (1966:§263) verzeichnet rk > rg nur sporadisch in den Marken (surgu ,sorco') und in Apulien. Aufgrund dieser ungünstigen Befundlage kann man den hier vorliegenden Fall als ein Beispiel für den „mancato riferimento al .modello' fiorentino" bei Gebrauchstexten bewerten (Stella 1994:272). — chonpara .compravo'; tnp > np bezeugt u.a. auch Corti (1962:73) mit conparaxe. Das Imperfekt für die 3. Person Singular erklärt sich über -AVIT > *-ai > -a (vgl. Corti 1960:48 presenta und ordenä), während -AVIT > *-aut > -o bedingt wie Z. 3 pexo. Es handelt sich also bei chonpara um eine Polymorphic, die für diesen Raum durchaus typisch ist. In diesem Beispiel fallen die 1. und 3. Person Singular zusammen, da -ABAM > -a dieselbe Entwicklung nimmt. Vom Zusammenhang her ist die 1. Person allerdings die wahrscheinlichere, wie der Übersetzungskommentar nahelegt. — berttolo: Gerade in bolognesischen Texten ist dieser Name mit einer gewissen Häufigkeit anzutreffen.
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munaro ,mugnaio' entspricht den erwartbaren norditalienischen Verhältnissen in der Assimilation und Suffigierung mit -aro. Zur Lesung ist anzumerken, daß die vermeintliche Oberlänge des vermutbaren / eindeutig die Unterlänge des darüber stehenden p ist, ein / müßte zudem oben eine Schleife tragen. pexo vgl. den Kommentar zu chonpara. Im allgemeinen wird mit der intervokalische stimmhafte Sibilant bezeichnet (Corti 1962:XLIV). Die Toskana kennt pesare nur mit stimmlosen s, so daß hier eine rein norditalienische Option vorliegt. gentfo vinttj quattro: Wie bei bertlolo ist die Doppelkonsonanz durchaus üblich, allerdings ist verdoppeltes tt nach n wiederum ungewöhnlich. £M°xxi°iij: Das Verschreiben von M° für C° ist wenigstens in einer Rechnungsnotiz außergewöhnlich.
4. Folgender ÜbersetzungsVorschlag des erörterten Textes scheint schlüssig: Notiz, daß das Schwein, das ich von Bertolo, meinem Muller, kaufte, wog Reingewicht 124 Pfund) das sind £ 1024 [sie!]
Denkbar wäre auch die Fassung „[...] das Schwein, das mein Müller von Bertolo kaufte [...]", da die 1. und 3. Person Imperfekt zusammenfallen. Allerdings ist mio munaro als Apposition wahrscheinlicher, da in dem anderen Falle der Müller sicher eher namentlich benannt worden wäre. Rechnungen werden nicht so vage zwischen den Parteien belassen, um Unsicherheiten zu vermeiden. Die Erstellung der Notiz weist eine Besonderheit auf, die vielleicht den Hintergrund für die isolierte Abfassung auf dem Pergament erhellen könnte: Ich fasse die Notiz als eine verirrte Form auf, weil das Kaufobjekt nicht mit einem entsprechenden Geldwert versehen wird. In der Geldspalte wird stattdessen die Gewichtsangabe in Zahlen (zudem fehlerhaft) wiederholt, vielleicht ist mit A/° die Routine der Jahreszahlschreibung im Ansatz durchgedrungen, da das kleine o nur bei cento Sinn macht und nicht bei mille. Im Grunde handelt es sich in dieser Form um keine Notiz des Geldrechenwesens, sondern um eine schlichte Gewichtsangabe. Aufgrund dieser wahrscheinlich auch vom Verfasser erkannten Verfehlungen könnte das teure Pergament dann später zur Einbandfunktion umgewandelt worden sein. Die dokumentierwürdige Textsorte „Geldrechnung" liegt somit nicht vor.
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5. Fassen wir zusammen: Der Text weist mit seinen wenigen Wörtern eine große Zahl von Ungereimtheiten auf sowohl hinsichtlich der Graphic als auch des sprachlichen Kommentars. Er ist in sich formal auf merkwürdige Weise unausgewogen. Die Schriftform zeigt Unausgewogenheiten in der zeitlichen Datierung auf, der Text deutet auf nordostitalienische Provenienz hin, aber leider nicht in schlüssiger Weise. Das Schriftbild deutet in der Mehrzahl der Züge auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Will man mit der gebotenen Skepsis eine Fälschung vermuten, ist die Annahme jedoch widersinnig, da dafür kein Motiv bei der niedrigen Bewertung eines marginalen Gebrauchstextes für das Trecento vorstellbar ist. Eine Möglichkeit wäre in dem ästhetisch motivierten Abschreiben einer Vorlage aus Langeweile zu sehen, aber dafür waren in jener Zeit die Einbände zu kostbar, und die Notiz beeindruckt zudem keineswegs aus ästhetischen Kriterien. Der Text birgt von daher eine gewisse Rätselhaftigkeit, die aber nicht seine Bedeutung steigert. Er erscheint nahezu als eine Art Irrläufer im Textgefüge des Trecento und trägt gleichzeitig die Merkmale seiner Zeit (und auch wieder nicht). Das kann bedeuten, daß die Sprachgeschichtsschreibung gegenwärtig die Integration von Randtexten des Alltags völlig unzureichend betrieben hat, denn der marginale Sachtext stellt - mangels Alternative - einen zentralen Baustein nur für die Anfänge der italienischen Sprache bis gerade noch zum Duecento dar. Eine entsprechende Textsortengeschichte für das Italienische steht aus, obwohl sie für die Sprachgeschichte des Alltags bzw. der Substandardtexte durchaus - wie hier gezeigt - Aufschlußreiches zutage zu fördern vermag. Zwar läßt sich eine regional eingeengte verschriftete Verkehrssprache im Nordosten der Halbinsel gut belegen, aber der Hang zur Adaptation an toskanische Formen erfaßt Verwaltungs- und Buchhaltungstexte bis in die geringsten Schriftnotizen. Aber hier steht die italienische Sprachgeschichtsschreibung erst am Anfang. Aus der Fallstudie läßt sich ein entschiedenes Plädoyer für verlorene Tugenden zumindest der deutschsprachigen Romanistik folgern: Die Textedition ist in der Romanistik aus der Lehre und weitgehend auch aus der Forschung ausgegrenzt, die paläographischen Kenntnisse sind im allgemeinen verschüttet. Zudem hat die romanistische Mediävistik nicht den notwendigen interdisziplinären Bezug zum Mittellateinischen gefunden. Nur eine vereinte Bearbeitung ohne kurzsichtiges Streben nach der Autonomie der Forschungsgebiete des Mittellateinischen und der romanistischen Mediävistik kann die Krise der Mediävistik und damit der italienischen Sprachgeschichtsschreibung im deutschsprachigen Raum beseitigen.
6. Ein letzter Gesichtspunkt betrifft die Bewertung der Editionsleistungen für wichtige und alltagssprachliche Texte. Vermeintlich stellen minimale, persönliche Texte eine größere texteditorische Herausforderung dar als bedeutendere literarische Texte derselben Zeit. Man kann aber auch anders formulieren: Wenn schon Kurztexte wie das obige Beispiel eine Vielzahl von Problemen bergen,
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Edgar Radtke
wie hoch ist dann erst der Herausgeberanspruch für gehobenere Texte anzusetzen? Der heutige Romanistikstudent in Deutschland erfährt über diese Voraussetzungen im Gegensatz zu seinen romanischen Kommilitonen kaum mehr etwas und transportiert somit ein verfälschtes Bild von der grundsätzlichen Textbedeutung in der Romanischen Philologie.
Bibliographie Bertram, Martin: Bologneser Testamente. Zweiter Teil: Sondierungen in den Libri Memorial!, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven 71 (1991), 195-240. Corti, Maria: Emiliano e veneto nella tradizione manoscritta del Fiore di Virtu, in: Studi di Filologialtaliana 18 (1960), 29-68. - La vita di San Petronio. Bologna 1962. Frati, Ludovico: La vita privata di Bologna dal secolo XIII al XVII. Bologna 1910. - Un testamento volgare bolognese del 1336, in: L'Archiginnasio 8 (1913), 84-88. Gaudenzi, Augusto: I suoni, le forme e le parole del odierno dialetto della cittä di Bologna. Bologna 1859 [Neuauflage 1989]. GDL1 = Battaglia, Salvatore / Bärberi Squarotti, Giorgio: Grande dizionario della lingua italiana, 20 voll. ( -Tog). Torino 1961-2000. 20 voll. REW= Meyer-LUbke, Wilhelm: Romanisches Etymologisches Wörterbuch. Heidelberg31992 [1. Auflage 1935]. Rohlfs, Gerhard: Grammatica storica della lingua italiana e dei suoi dialetti. 3 voll. Torino 1966-69 [dt. Original: Historische Grammatik der italienischen Sprache und ihrer Mundarten. Bern 1949-1954]. Stella, Angelo: Tre lettere bolognesi del secolo XIV, in: Lingua Nostra 30 (1969), 51-52. - Emilia-Romagna, in: Storia della lingua italiana. Vol. III: Le altre lingue, a cura di Luca Serianni / Pietro Trifone. Torino 1994,260-294. Stussi, Alfredo: La lingua, in: Storia di Venezia. Dalle origini alia caduta della Serenissima. Vol. 2: L'eta del Comune. Roma 1995, 785-801 [= 1995a].
- Art. 129: Venezien / Veneto, in: Lexikon der Romanistischen Linguistik, hg. v. Gunter Holtus / Michael Metzeltin / Christian Schmitt. Vol. II, 2. Tübingen 1995, 124-134 [= 1995b].
[Für ausfuhrliche Diskussionen möchte ich den Kollegen und Freunden Maurizio Dardano (Roma Tre), Luca Serianni (La Sapienza Rom), Alfredo Stussi (Scuola Normale Superiore Pisa), Edward Tuttle (Ucla Los Angeles) und Ugo Vignuzzi (La Sapienza Rom) danken. Für die paläographische Mithilfe bzw. Expertise danke ich Dr. Wolfgang Metzger (ÜB Jena) und prof. Armando Petrucci (Scuola Normale Superiore Pisa). Herrn Christian Haslinger (Frankenthal) danke ich für die freundliche Überlassung des Einbandes und technische Anregungen.]
Lorenzo Renzi
„Tu" e „voi" in italiano antico: da Dante, Paradiso (XV e XVI) al corpus elettronico TLIO
1. II commento a unOpera έ un genere letterario molto particolare, nel quale si trova di tutto un po', e spesso non si trova quello ehe si cerca.1 In testi ehe possiedono una lunga tradizione di commenti, come, nella letteratura italiana la Divina Commedia ο le Rime del Petrarca, capita di osservare ehe tutti i commentatori, antichi e moderni, si pongono le stesse domande (e spesso danno le stesse risposte) e evitano di porsene delle altre. Ιο ho cercato invano la spiegazione dei famosi versi di Dante ehe riguardano il fenomeno linguistico dell'alternanza tu I voi nett'allocuzione in italiano antico: Dal voi ehe prima a Roma s Offene in ehe la sua famiglia men persevra, ricominciaron le parole mie (Paradiso, XVI, 10-12).
Parafrasando: Le mie parole (rivolte a Cacciaguida) ripresero con quel voi ehe per primo venne offerto a Roma (antica), voi nel quale (oggi) meno persiste proprio la discendenza di quella Roma, „s'offerie", venne offerto: a chi? A Cesare vincitore, quando il popolo gli si rivolse al plurale „quia omnia Caesar erat", secondo Pinterpretazione, diventata canonica, di Pietro di Dante, ehe la deduce da un passo (male interpretato) di Lucano.2 Piu in la i commenti non vanno, per cui resta non chiarito, in definitiva, perche Dante sia passato dal tu al voi con Cacciaguida, quale valore avesse quel voi. Quanto all'osservazione ehe proprio a Roma, contemporanea stavolta, il voi e poco in uso, la cosa non ci meraviglia, percho Roma, prima della penetrazione quattrocentesca toscana (Ernst 1970), doveva appartenere a quella sub-area dialettale centro-meridionale, a cui appartengono ancora oggi i suoi dintorni, ehe non conosce forma reverenziale pronominale, ma usa sempre e solo il tu (Rohlfs 1968: par. 477). I commentatori antichi della Commedia ci confermano sia il disuso del voi a Roma, sia la sua diffusione nel resto d'ltalia. Per esempio Benvenuto da Imola scrive: „[...] adhuc multi populi in Lombardia et Tuscia servant ilium morem antiquum". II mos e 1'abitudine di dare del vo/;3 con Lombardia Dante intende ritalia settentrionale, con Tuscia la Toscana. 1 2 3
Per il commento letterario come „genere", vedi Segre (1993). Vedi la raccolta dei commenti antichi in La Divina Commedia ecc. (1939). Sempre nella Divina Commedia, pp.358-360.
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Ma quello ehe i commentatori non registrano, e ehe a noi invece fa meraviglia, la concatenazione di questi fatti nell'argomentazione di Dante. II prime fatto, 1'offerta del voi a Cesare da parte dei Romani, sembra sottolineare la natura adulatrice del voi. Per Benvenuto da Imola, il personaggio Dante „cepit loqui blande", cio£ in modo mellifluo, adulatorio: una cosa ehe francamente da Dante non ce Paspettiamo, e comunque di una tale adulazione non c'£ riscontro nel testo. L'osservazione ehe Roma non usa il voi sembra invece I'indicazione di un difetto, un'allusione a un tratto di rozzezza della parlata di Roma. E difatti questa osservazione viene regolarmente accompagnata nei commenti dal rimando al giudizio negativo ehe Dante da De vulgari eloquentia del dialetto di Roma: „Dicimus [...] Romanorum non vulgäre, sed potius tristiloquium, ytalorum vulgarium omnium esse turpissimum [...]". (I xi 2, ed. Mengaldo, p. 92). In so i due fatti, ehe 1'uso del voi abbia origine nel adulazione, e ehe la turpe parlata di Roma non ne faccia uso, sono comprensibili: ma come vanno insieme? Leggiamo 1'intero incipit: O poca nostra nobiltä di sangue, se glor'iar di te la gente fai qua gid dove I'affetto nostro langue, mirabil cosa non mi sarä mai: ehe lä dove appetite non si torce, dico nel cielo, io me ne gloriai [...] Dal ,voi' ehe prima a Roma s'offerie in ehe la sua famiglia men persevra, ricominciaron le parole mie; onde Beatrice, ch'era un poco scevra, ridendo, parve quella ehe tossio al primo fallo scritto di Ginevra (vv. 1-6; 10-15).
Qual la logica complessiva seguendo la quale Dante, passando al voi con Cacciaguida, annota nell'ordine: 1) ehe la nobiltä di sangue e un valore si, ma relativo, su questa terra (vv. 1-4); 2) ehe lui tuttavia se ne e vantato nel Paradiso (vv. 5-6); 3) ehe ha ripreso a parlare con il voi a Cacciaguida (vv. 10-12); 4) ehe il voi e nato dall'adulazione dei Romani per Cesare e ehe Roma non usa piü il voi, e ehe questa non sembra una buona cosa (ibid.); S) ehe Beatrice ne sorride: e non e un sorriso di approvazione, come vedremo. Ricondurre a un'interpretazione coerente tutta questa materia mi sembra francamente impossibile. Ma almeno un po' di luce si puo gettare sulla questione del voi. Per far questo, tuttavia, non serve interrogare e riinterrogare il testo di Dante, ma bisogna uscirne. Bisogna abbandonare il genere del commento. Bisogna invece cercare, attraverso uno studio sistematico della lingua antica, il posto ehe aveva il voi nel sistema sociolinguistico del tempo. E' quello ehe cerco di fare nella parte ehe segue.
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2. L'Opera del Vocabolario Italiano (OVI) ha raccolto tutti i testi noti dalle prime documentazioni delle varieta italiane fin verso l'anno 1370. II corpus costituisce il Tesoro della lingua ilaliana delle origini (TLIO), presente oggi in rete, munito di un eccellente sistema di interrogazione ehe facilita la ricerca lessicologica (per cui e stato pensato), e in realtä anche altri generi di ricerca linguistica.4 E' dunque possibile oggi, con molta minor fatica di ieri, affrontare una ricerca sulle forme di allocuzione ai tempo di Dante, e nel tempo immediatamente precedente e posteriore, per ancora mezzo secolo circa. E' possibile per Firenze, e per ogni altra area italiana prowista di un numero sufficiente di document! scritti di carattere tale da permettere la ricerca. Per Roma, come vedremo, queste condizioni non si riscontrano, ma qualche interessante osservazione pure possibile. Bisogna anche precisare ehe questo corpus, essendo scritto, ci offre del materiale ehe riflette solo indirettamente l'uso reale, orale. Ma, nonostante alcune precauzioni, le sue testimonialize possono essere ritenute fededegne, nel senso ehe la documentazione scritta rifletterä nelle linee general! l'uso orale del tempo. Vedremo meglio nei singoli casi. Sara utile esaminare la tipologia dei „generi" ehe costituiscono il corpus, e fare qualche breve osservazione a proposito del nostro tema. La narrativa rappresenta situazioni fittizie. Alcune si riferiscono alia realtä contemporanea, e certamente la riflettono, anche se in qualche caso forse in modo idealizzato. Vedermo ehe vi e comunque rappresentata la distinzione fundamentale: l'uso del tu nel popolo e del voi nella nobiltä. Quando la narrativa rappresenta non la societä contemporanea, ma altre etä storiche, si hanno trattamenti diversi: per l'antichitä greco-latina vige l'uso del tu, come in effetti era ed appariva nella letteratura classica; per il mondo romanzesco di origine francese valgono invece le norme nobiliari, e quindi l'uso del voi. Bisogna anche tenere conto ehe la letteratura, nel nostro caso la lirica e i generi narrativi cortesi, costituendo dei modelli di comportamento, non si limitavano a riflettere gli usi effettivi della societä, ma certamente li influenzavano, o almeno ne rinforzavano le tendenze. Tra uso reale e letteratura c'era uno scambio reciproco.
2. l. L 'allocuzione, di cui ci occupiamo, un caso particolare del fenomeno piu vasto della deissi personale.5 La deissi, si sä, consiste nell'uso della I persona (pronome io e altre forme di I persona) per il parlante concreto dell'atto comunicativo, ehe nella scrittura e chi scrive e nella finzione puo essere un personaggio-narratore; della II (tu) per chi ascolta, rispettivamente della I pl. (wo/) per parlante piü altri (eventualmente ascoltatore o ascoltatori) e della II pl. (voi) per 4 5
L'impresa e diretta da Pietro Beltrami. II sito del TLIO e http://www.csovi.fi.cnr.it. Fillmore (1975), GGIC (III, cap.6).
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ascoltatore pi altri (uno o pi , ascoltatori ο no); della III persona masch. ο femm. per la persona cui si fa riferimento, ehe non έ ηέ parlante ηέ ascoltatore.6 Oltre ehe attraverso il pronome soggetto, la persona puo essere rappresentata da altre forme pronominali e verbau. Per es. invece di tu, o accanto ad esso, possono apparire la forma obliqua libera te, quella clitica ti (precedendo o seguendo il verbo), i possessivi tuo, tua, luoi, tue (e allomorfi liberi), infine le desinenze verbali di II persona. Per praticita, comunque, parleremo di „uso del tu, del vo/", di „dare del tu, del vo/", come si fa del resto correntemente. Nella cosiddetta deissi sociale c'e un certo numero di scarti rispetto al quadro della deissi pers onale.7 In italiano antico si tratta in particolare dell'uso del voi anzieht del tu nelPallocuzione reverenziale, cioe nei casi di scambio verbale tra parlante e ascoltatore di status sociale superiore, e degli individui delie classi superior! tra di loro. L'uso del voi in questo caso non e privo di eccezioni. Le cause principal! sono due: 1) Γ influenza gi ricordata del latino classico, ehe prevedeva in tutti i casi sempre e solo 1'uso del pronome tu. Questo fatto provoca un singolare rovesciamento, per cui il tu puo essere altrettanto e pi reverenziale del voi. II voi e legato strettamente all'ambito cortese contemporaneo. La caduta dal voi nella forma non marcata tu, di cui abbiamo raccolto alcuni casi (vedi par. 4.1. e 5), ha probabilmente delle cause accidentali: la dimenticanza, trascuratezza, e simili, forse piu spesso nei copisti ehe negli autori. Notiamo ehe Γ uso del lei, generate come forma reverenziale nei Γ italiano moderno, risale solo ai secoli successivi e si impone progressivamente dal Cinquecento limitando radicalmente 1'uso del voi (GGIC III, par. 6). Mentre in italiano moderno 1'uso del lei e del tu e regolato dalle due coordinate della distanza e della confldenza, ehe comprendono in so anche le coordinate sociali (Renzi 1993 e GGIC 6.2), in italiano antico sono queste ultime ehe costituiscono i parametri essenziali. I nobili, e quelli ehe possono essere assimilati alia nobilta, usano tra di loro il voi, il popolo si scambia il tu. Come corollano si ha ehe un nobile ehe parla a qualcuno del popolo gli da del tu, un popolano ehe parla a un nobile del voi. Lo schema sociale puo essere applicato in senso lato, con il valore di superiorita l inferiorit , e allora, per es. la signora („madonna"), concepita come superiore, potr dare del tu all'innamorato e ne ricevera del voi. Precisiamo ehe le denominazioni di „nobile" e „popolano" non Lo studio ehe affrontiamo sopra riguarda il comportamento linguistico inteso come un aspetto del comportamento sociale (cioe quello ehe dal punto di vista normativo 6 \'etichettd), non e quindi uno studio linguistico vero e proprio. II fenomeno centrale, tuttavia, ehe έ 1'uso del voi, ha un riflesso grammaticale essenziale, ciofc I'accordo al singolare ehe differenzia la forma non-canonica reverenziale, ehe si riterisce a una persona singola, da quella della II pers.pl. (vedi avanti 2.1.). Ancora piu complesso έ I'accordo con il lei (v. GGIC 2001:357-358). Privo di ogni riflesso grammaticale mi pare invece il Sie tedesco. Riferimenti general! sono: Brown e Oilman (1960), Brown e Levinson (1987); per I'italiano particolarmente: Niculescu (1974), Brunei (1987), Renzi (1993) con diversa altra bibliografia, Scholz (1993), Renzi (1996), GGIC HI, par.6 (2001) di Laura Vanelli.
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vanno intese con la rigiditä degli „ordines" medievali, ehe in certe formulazioni hanno una fissitä paragonabile a quellt dei regni della natura, ma in modo piü elastico. La societä fiorentina del Duecento era una societä essenzialmente borghese, anche se ancora legata ideologicamente agli ideali cortesi. Come abbiamo visto e come vedremo ancora avanti, Dante si vantava di una sua pretesa nobiltä di sangue attribuendosi un antenato di sangue blu, Cacciaguida. Ma i poeti del Dolce Stil Nuovo, tra cui lo stesso Dante, si erano attribuiti invece una forma di nobiltä piü profonda, quella dell'animo. Abbiamo allora casi di voi tra amici poeti, alternati a casi di tu, quando gli stessi poeti, dismesse le vesti della nobiltä, ritornano a considerarsi semplici amici e magari si insultano. Schematicamente : nobiltä
popolo
voi
voi
tu
voi
tu
Diamo qui una rassegna documentaria dell'uso di tu e di voi in fiorentino antico. Scegliamo questa varietä, non tanto in quanto antecedente della lingua italiana letteraria ed odierna, ma perchö e la varietä di Dante. E' anche quella piü ampiamente documentata: 91 document! nel citato TLIO.
3. II tu
Nonostante il larghissimo uso del voi, il tu resta la forma di base (o forma nonmarcatd) dell'allocuzione, quella cioe ehe viene usata se non c'e una buona ragione ehe giustifichi il voi. Questo fatto appare evidente dai casi ehe chiamo di comunicazione ideale (o viriuale), cioe nello scambio linguistico rappresentato non effettivo, ma pensato in astratto, e perciö non soggetto a regole concrete di comportamento. In questi casi Pallocuzione avviene con il tu. Come esempi di allocuzione ideale assumo i casi di una virtü (la Prudenza) ehe parla a un uomo (1), di un uomo ehe parla a un vizio (la Superbia) (2), del poeta ehe parla alia propria opera („ballata", 3): (1) (2)
(3)
disse la Prudenzia: - Figliuot mio, tu hai intese le parole degli amonimenti ehe detti /;' sono [...] (Brunetto Latini, La Rettorica, cap. 74, p. 116, r. 7); Come a te, Superbia, e intervenuto, ehe la Frode, ehe tu hai sempre cosi amata e cara tenuta sopra H altri tuoi amici cari [...] (Brunetto Latini, La Rettorica, cap. 60, p. 99, r. 7); tu vai, ballata, sl cortesemente, / ehe sanza compagnia / dovresti avere in tutte parti ardire [...] (Dante, Vita Nuova, cap. 12, parr. 10-15, p. 46. r. 3, v. 3).
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Si possono considerare qui anche i casi del dialogo dell'uomo (sant'Agostino) ehe parla con Dio (Bono Giamboni, Vizi e Virtudi, cap. 19, p. 40, r. 4); della preghiera a Dio al qu le viene dato il titolo di messere ehe in genere comporta il voi (Poesia.anticafior. XIII s.m. XDIV, pp. 15 e 16), e dell'angelo ehe parla a un uomo (san Gregorio in Fiori difilosqfi, col. C, p. 203, r. 37), ecc. Aggiungiamo ehe l'uso del tu e larghissimamente prevalente nella Divina Commedia, tra Dante, Virgilio, Beatrice, gli spiriti, ecc.
3.1. II tu nel popolo L'uso del tu tra borghesi ehe si considerano pari e testimoniato da lettere, come le due scritte nel 1291 da Firenze, in cui Consiglio de' Cerchi e compagni scrivono a Giachetto Rinucci in Inghilterra: (4)
E tu Giachetto ditnarrai [dimorerai] in Inghilterra [...] (Lettere di messer Consiglio de' Cerchi, 603. Lo stesso nella lettera senese di Vincenti di Aldobrandino Vincenti del 1261, in: La prosa italiana delle origini, I, Testi toscani di caratterepratico, a cura di A. Castellani, Bologna, Patron, 1982, XDIV, p. 26).
Un tu „amicale", simmetrico, si ha qualche volta, come abbiamo gi detto, nei dialoghi tra poeti. Cosl quando Guido Cavalcanti si rivolge a Dante (5) e a Manetto (6): (5) (6)
Tu sai ehe ne la corte la V e' regna / om ehe sia vile [...] (Guido Cavalcanti, p. 546, r. 9, v. 9); tu non avresti niquit si forte / ηέ saresti angoscioso si d' amore / ηέ si involto [...] tu sai ehe ne la corte la 'v' e' regna / om ehe sia vile [...] (Guido Cavalcanti, 51, p. 566, r 9, v. 9).
Dati i caratteri della documentazione duecentesca, e del periodo immediatamente posteriore, ci sono pochi esempi di scambio linguistico tra popolani. Eccone comunque due, ehe riteniamo „realistici", ehe hanno luogo rispettivamente tra un „borghese di Bari" e un suo amico (7), e tra un francese e sua moglie (8): (7)
(8)
Uno borghese di Bari ando in romeaggio [pellegrinaggio] e lascio trecento bisanti a un suo amico con queste condizioni e patti: „Ιο andr si come a Dio piacer ; e s'io non revenisse, dara' li per 1'anima mia; e s'io rivengo a certo termine, quello ehe tu vorrai mi renderai, e li altri terrai." Ando il pellegrino in suo romeaggio; rivenne al termine ordinato e radomand i bisanti suoi. L'amico rispuose: „Conta il patto [di' (com'era) il patto]" Lo romeo [pellegrino] conto a punto [con esattezza]. „Ben dicesti", disse I'amico. ,,Te' dieci bisanti ti voglio rendere [tieni i dieci bisanti ehe ti voglio rendere]" (Novellino, p. 150, r. 13); (il marito, „borghese di Francia") „io non ne farai [faro] neente, ehe la mia anima ne sarebbe obligata allo 'nferno" E la moglie rispuose: „Ai, disleale traditore! tu Ί fai per non farmi mia cotta!" (Novellino, 25, p. 189, r. 5).
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In questo secondo esempio, la moglie si rivolge in seguito al mago Merlino con il voi, e riceve sempre il voi da questo, secondo le consuetudini romanzesche ehe vedremo.
3.2. //tu tra personaggi dell'antichitä Si danno del tu, mi pare senza eccezioni, i personaggi delPantichitä, certamente per imitazione dell'uso latino (nello stesso modo in cui nella letteratura italiana moderna i personaggi medievali si danno del voi e non potrebbero darsi un anacronistico lei: GGIC III, 360). Viceversa, come vedremo, il voi e assolutamente di rigore tra personaggi nobiliari della Tavola rotonda di soggetto arturiano o tristaniano. (9) (10) (11)
Dice Pompeio a Catellina: „Tu fai tradimento nel comune di Roma" Et Catellina risponde: „Non fo" (Brünette Latini, La Rettorica, p. 58, r.l); E la moglie sl piangea e dicea: „Deh, signor mio, ehe doglia m' ehe tu muori sanza colpa!" (Novellino, 71, p. 291, r. 21); Quando andö la sera a letto disse a quella femina: „Vedi, donna: uscio mi lascerai aperto istanotte [...] Oi cattivo [poveretto]!" disse la femina. „Or tu badi nel cielo [osservi il cielo], e non ti sai tener mente a' piedi!" (Novellino, 38, p. 215, r. 5).
In (10) si noti la cooccorrenza del tu con signore, ehe non abituale, ma certamente autorizzata dalPambientazione antica; in (11) si noti ehe il rapporto sociale e asimmetrico: da un lato c'e Talete, „grandissimo savio", dall'altro una donna del popolo, ma c'o un uso reciproco del tu. Aggiungiamo ehe anche i personaggi biblici si danno tra di loro sempre del tu (vedi per es. Novellino, 6, p. 140, r. 9), e cosi fanno i Saraceni (per es. Novellino, 8). Se nel primo caso viene adottato il modello della Bibbia, nel secondo faranno da modello le version! latine, ma si puö anche pensare alPuso della forma non marcata, nel senso ehe per l'autore cristiano manca ogni buona ragione perche" i Saraceni si diano del voi.
3.3. Tu daü'alto in basso II superiore ehe si rivolge a un inferiore gli da del tu. Negli esempi ehe seguono, un gentiluomo della Firenze del tempo da del tu a una donna del popolo (12), e cosi il Papa a un Vescovo (13). In tutti e due i casi non abbiamo la risposta, ehe sarebbe verosimilmente con il voi. In un altro esempio un re da del tu a un prigioniero esperto di cavalli (Novellino, p. 126, r. 10): (12) (13)
Bito [...] chiamö la fante [domestica] [...] „Buona femina, come dai [a quanto vendi] cotesti cavoli?" „Messere, due mazzi a danaio" (Novellino, 96, p. 341, r. 9); Un giomo disse il Papa: - Episcopo, perko non torni tue a tuo vescovado (Cronicaßorentina, p. 108, r. 9).
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4. II voi
L'uso del voi anziehe del tu costituisce 1'allocuzione reverenziale, caratteristica dello scambio verbale tra interlocutor! di status sociale superiore. II fatto ehe 1'uso reverenziale sia presente anche nell'ambito famili re e in quello dell'amicizia dipende dal fatto ehe, come abbiamo gi detto, 1'importanza dello status sociale e pi forte nel sistema antico ehe in quello moderno, dove i rapporti sono inversi. Cosl, per es., in italiano antico, in un ambiente nobiliare, il figlio da del voi al padre (es. 14), il coniuge al coniuge, un parente a un parente pi anziano, ehe, nel caso (15), e anche socialmente molto importante. Tuttavia gli amici, anche se nobili, e gli innamorati, almeno quando si chiamano per nome, si danno del tu (vedi par. 4.2.). Mancano nel corpus esempi di padre o madre ehe si rivolgono al figlio, cosiccho non sappiamo se avremmo tu oppure voi, ehe e quanto succede, per es., nel Settecento francese, quando Madame de Sovigno scrive con il vous alia figlia Madame de Grignan. (14)
A voi ser Guido padre mio sine peccato io Guiduccio vi mando salutem cum desiderio revidendi [salute e desiderio di rivedervi] (Lettera sangimignanese di Guiduccio al padre).
NelFesempio ehe segue un medico di Tolosa da del voi prima alia moglie, ehe chiama madonna, poi all'arcivescovo zio della stessa: (15)
Madonna, io v'ho onorata [...] e voi non sarebbe onore ehe vostro lignaggio andasse a povertade: perch' io v; cheggio mercede ehe voi la diate a uno piu ricco omo ch" io non sono [...] (Novellino, 49, p. 234, r. 11; p. 235, r. 8).
Anche 1'esempio seguente deve riflettere 1'uso contemporaneo: (16)
(messer Polo dialoga con tre cavalieri) [...] messere, per mala Ventura! ehe cortesie sono le vostrel Quando i forestieri giungono a citt , voi non vi levate per loro?" E messere Polo rispuose: „Perdonatemi, messere [...]" (sembra ehe si rivolga a uno dei tre, vosto ehe non dice messen: Novellino, 41, p. 222, r. 11).
II voi e di rigore con i potenti. Cosl nell'esempio seguente Brunette Latini si rivolge con il voi al „valente signore" (v. 1), forse Alfonso X el Sabio (o chi altro sia): (17)
[...] cho non avete pare / ηέ 'η pace ηέ in guerra; / si ch' a voi tutta terra / ehe Ί sole gira il giomo ([...]) convene, / ponendo mente al bene / ehe fate per usaggio, / ed a Γ alto legnaggio / donde voi sete nato; / e poi da Γ altro lato / pote"n tanto vedere / in voi senno, ecc. (Brunetto Latini, Tesoretto, p. 175, r. 6, v, 13).
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4.1. Π voi nei gener i letter an Nella letteratura cavalleresca, l'uso del voi tra i personaggi, tutti nobili, e senza eccezioni. Nell'es. (18) dialogano due cavalieri, Tristano e Estore, in quello (19) II Mago Merlino e una dama: (18)
(19)
E quando elli (Estore) fii venuto a messen T(ristano), e elli (Estore) disse: „Siri cavaliere, ora mi dite: nostri compagnoni sono tutti a terra e noi due semo a cavallo. E perci , se Dio vi dia buona Ventura, facciamo noi bene" E quelli disse: „Che volete voi [...]" (Tristano Riccardiano, p. 375); Dama a Merl.: Dilemi [...] „Dama" disse Merlino, „Ίο Ιο vi dir . Membravi voi quando voi feste alia festa dove Γ altre donne erano sguardate piu ehe voi non eravate [...]" (Novellino, 25, p.190, r. 3).
Nella prosa narrativa (es. 20) come nella lirica del Duecento (esempi seguenti), vige il voi tra poeta e dama. I loro rapporti sono ispirati alia nobilt deH'animo, ehe si sovrappone a quella di sangue. II poeta parla alia dama, chiamandola con titoli come donna, madonna, gentil donzella, bella (gioia), e sim. (ess. 20-25). Anche la dama da del voi al poeta (es. 26). (20)
(21) (22)
(23) (24) (25) (26)
Allora il cavaliere le disse: „Madonna, ehe savere e questo? Volete voi morire qui di dolore [...]" (Novellino, 59, p. 252, r. 10; e cosl sempre nel Novellino, p. 252, r. 22, e47, p. 231, r. 3); Dille: „Madonna, lo suo core έ state / con s) fermata fede, / ehe 'n voi servir Γ ha 'mpronto onne pensero [...]" (Dante, Vita nuova, cap. 12, 48, r. 3, v. 27); [...] donna [...] se lo saveste, non poria Pietate / tener pi contra me Γ usata prova, / ehe Amor, quando si presso a voi mi trova, / prende baldanza (Dante, Vita nuova, 2, 14, 59, r. 21, v, 7); quand' Γ vegno a veder voi, bella gioia; I e quand' io vi son presso, i' sento Amore / ehe dice: „Fuggi [...]" (Dante, Vita nuova, cap. 15, p. 61, r. 17, v. 2); Angelica sembranza / in voi, donna, riposa [...] (Guido Cavalcanti, 1, 492, r. 2, v. 20); mie' foil' occhi, ehe prima guardaro / vostra figura piena di valore, / fuor quei ehe di voi, donna, m' acusaro (Guido Cavalcanti, 5, 496, r. 3, v. 3); (la dama risponde al poeta) Io son certa, messer, ehe voi m'amaste / Di pura ed incarnata benvoglienza (Chiaro Davanzati, Rime, son. 75, p. 296).
Sono present! tuttavia tre eccezioni in Guido Cavalcanti ehe si rivolge a Madonna con il tu: (27)
(28) (29)
Donna, or ci aiuta, / ehe gli occhi ed i' non rimagnan dolenti! / tu gli ha' lasciati si, ehe venne Amore / a pianger sovra lor pietosamente (Guido Cavalcanti, 505, r. 9, v. 9); O tu, ehe port! nelli occhi sovente / Amor tenendo tre saette in mano [...] (Guido Cavalcanti, 20, 514, r. 1, v. 1); Ο donna mia, non vedes/ΰ [vedesti tu] colui, ecc. (Guido Cavalcanti, 515, v. l).
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4.2. Evoluzione della forma dell'allocuzione L'emergere e i confmi precisi di questo uso si possono studiare nei Contrasti amorosi contenuti in Arveda (1992), ehe presenta un corpus di 33 dialoghi atnorosi („contrasti") del Duecento in italiano antico, cominciando dalla Scuola Poetica Siciliana fino al senese Cecco Angiolieri (morto nei primi anni del Trecento). I dati, raccolti in un corpus geograficamente e linguisticamente eterogeneo, concordano sostanzialmente con quanto osservato sopra mostrandone la storia. Nei primi contrasti della Scuola Poetica Siciliana (Cielo d'Alcamo, Giacomo da Lentini) vigeva il tu reciproco, ehe si trova anche in composizioni posteriori, ma con condizioni nuove, come vedremo. L'uso reciproco del voi comincia con Mazzeo di Ricco e appare consolidate in Chiaro Davanzati, Dante da Maiano, Riccuccio e Jacopo di Leona. L'uso del voi si accompagna all'uso costante di titoli come Donna, Madonna da un lato, e Sire, messere dall'altro. Ci sono perö anche casi in cui appare un uso asimmetrico dei pronomi: voi dell'uomo alia donna, tu della donna all'uomo (2 casi); e casi di uso misto, nei senso ehe il voi e il tu coesistono nella stessa battuta. Anche in quest'ultimo caso, comunque, prevale il voi rivolto dalla donna all'uomo. In Cecco Angiolieri e in Meo dei Tolomei, alia fine del secolo, 1'uso del tu reciproco si accompagna a quello dei nomi dei protagonist! ehe si chiamano a vicenda Becchina e Cecco, Ghinuccia e Meo. II quadro complessivo e del tutto verosimile, soprattutto per quanto riguarda 1'uso del voi e del tu reciproco tra poeta e dama, a anche, direi, nelFasimmetrico voi dell'uomo alia donna, tu della donna all'uomo, ehe riflette il rituale di subordinazione del cavaliere alia dama della societa cortese. Quanto all'uso promiscuo di voi e tu, se non puö essere del tutto escluso (e se in qualche caso puö essere forse riportato a fattori contestuali, cioe all'evoluzione dei rapporti tra i due personaggi), propendo per credere ehe rifletta in molti casi una certa mancanza di controllo da parte dello scrittore.
4.3. Tu e voi trapoeti amid. Come abbiamo giä detto, nello scambio tra poeti amici e comune 1'uso del voi, ehe potrebbe essere tuttavia una fmzione letteraria. Guido Cavalcanti a Dante (risposta per le rime): (30)
Vedeste [...] se/osfe, Di voi lo core ne portö, veggendo / ehe vostra donn' a la morte cadea: / nodriala dello cor, ecc. (Poeti del Duecento, 37, p. 544, v. 1,3, 9)
e a Guido Orlandi: (31)
Percho sacciate balestra legare [...] e di su' stato. / Giä non 6 cosa ehe si port! in mano: / quäl ehe voi siate, egli e d' un' altra gente [...] (Poeti del Duecento, p. 564, w. 5 e l 3 ) .
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Gli stessi poeti, infatti, ehe si danno in certe poesie del voi, in altre del tu, senza ehe in quest'ultimo caso si abbia necessariamente a ehe fare con un registro comico o piü dimesso. Per es. Dante e Dante da Maiano si danno del voi nei sei sonetti da l a 3b delle Rime di Dante, ma non nella coppia 4-4b in cui lo scambio awiene con il tu. Con il tu si rivolge Dante a Guido Cavalcanti nel celebre sonetto Guido, i' vorrei ehe tu e Lapo ed io [...] (Dante, Rime, 9), probabilmente in combinazione col fatto di chiamare l'amico col nome proprio (vedi qui sopra). Sempre col tu lo scambio tra Dante e Forese Donati, ehe Dante chiama per nome („Bicci novello").
5. Casi incerti. Uso misto delle persone, usi apparentemente casuali Raccogliamo qui di seguito aicuni controesempi alle regolaritä notate sopra, controesempi ai quali non e facile dare una spiegazione. Si tratta quasi sempre di estensioni del tu a spese del voi. Gli esempi provengono tutti dal Novellino, fatto ehe commenteremo alia fine del paragrafo. Eccezionale e il caso seguente in cui il tu e il voi si alternano nella stessa battuta. II re Davide parla alPangelo di Dio: (32)
„Messere, merci: non uccidete I'innocenti, ma uccidi me, cui e la colpa" (ehe Favati commenta: „non e infrequente il passaggio dal voi al tu e viceversa", Novellino, p. 137).
Un gentiluomo, Marco Lombardo, e un giullare si danno del tu: (33)
(un giullare a Marco) „Che e cio, Marco, ch' io ho avute sette robe e tu non niuna? Es\se' tu troppo migliore uomo e piü savio di me! Quäle e la ragione?" E Marco rispuose: „Non e per altro, se non ehe tu trovasti piü de' fuoi ch' io de' miei." (Novellino, 44, p. 227, r. 8).
- lo stesso Marco Lombardo e un nobile povero: (34)
Marco, diss'elli, „tu se' lo piü savio uomo tutta Italia, e se' povero e disdegni lo chiedere. Percho non ti provedesto si ehe tu fossi sl ricco, ehe non ti bisognasse disdegnare di chiedere?" E Marco si volse d' intomo e poi parlo e disse cos): „Altri non vede ora noi e non ci ode. Or tu com'hai fatto?" (Novellino, 55, p. 245, r. 10).
Due cavalieri, un anonimo sassone e Lancillotto, ehe non si conoscono, si danno del tu: (35)
Allora messere Lancialotto li rispuose e disse: „Da poi ehe tu disideri mio nome, or sappi ch' i' ho nome Lancialotto". Allora si ricominciö la meslea (Novellino, 45, p. 228, r. 6).
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Parlano dei maestri di scuola al giovane re Corrado loro allievo: (36)
„[...] tu se' nostro signore; ma noi battiamo costoro per te. Onde assai //' de' dolere, se tu hai gentil cuore, ch'altri porti pena delle tue colpe" (Novellino, p. 232, r. 13).
NelFesempio ehe segue un cavaliere da ad Alessandro Magno del tit, un giullare sempre ad Alessandro del voi. Pare poco probabile ehe la differenza dei pronomi segua una precisa logica: adottando il sistema cortese, anche il cavaliere e Alessandro Magno avrebbero dovuto darsi del voi, secondo quello classico, tutti avrebbero dovuto darsi del tu: (37)
Lo cavaliere rispose: „Messere, non mi donare cittade: priegoti ehe mi doni oro o argento o robbe, come sia tuo piacero. Messere [...] perch'io dinanzi alia vostra signoria addomando ehe m\facciate ragione [...]" (Novellino, 3, p. 132, r. 9, 133, r. 4)."
Tutti gli esempi vengono dal Novellino, ehe ci aveva fornito finora esempi preziosi ehe avevamo ritenuto del tutto verosimili e degni di fede. Si puo tuttavia ricordare ehe, secondo i critici, il Novellino potrebbe essere opera di piü mani e ehe la sua tradizione manoscritta non e molto antica. Non si puo escludere quindi ehe le eccezioni siano da attribuire a difetti della fonte, probabilmente dai copisti. Non ci sembrerebbe comunque ragionevole pensare ehe questi casi inficino le generalizzazioni raggiunte.9
6. Tornando a Dante (Par. XVI). Possiamo tornare ora al passo di Dante da cui abbiamo preso le mosse, forti delle informazioni ehe abbiamo raccolto fin qui. Ma prima di tutto, presentiamo brevemente i fatti esposti nel canto precedente a quello ehe abbiamo citato, il XV del Paradiso. E' nel canto XV, infatti, ehe Dante incontra il trisavolo Cacciaguida, ehe rievoca la Firenze dei suoi tempi e racconta al discendente la sua vita. Lo fa rivolgendosi a Dante in latino („O sanguis meus, o superinfusa gratia Dei, sicut tibi cui bis unquam celi ianua reclusa?", XV, 28-30). Gli risponde Dante: „Bendetto sia tu, ecc." (vv. 47-48). Di nuovo Cacciaguida: „Grato e lontano digiuno ([...]) solvuto hai figlio [...]" (vv. 49-69), cioe: .finalmente ti conosco' Prende la parola di nuovo Dante: „Ben supplico io te, vivo topazio [...]") (vv. 73-87). Di nuovo Cacciaguida: „O fronda mia [...] io fui la tua radice [...]", cui segue la rappresentazione nostalgica di Firenze antica (w. 88-148). Si
Nel sonetto di saluto di Tristano a Isotta (nella Tavola ritonda, vedi Daniela Branca 1968: 167-169), composto tutto con il voi, la fräse „o ehe ti pare di fare", con il tu, mi pare un'aggiunta da espungere. Vedi ora la nuova edizione del Novellino a cura di Alberto Conte (Roma 2001), in cui l'editore suppone ehe nella sua vesta vulgata I'opera risulti dall'unione di due parti temporalmente successive.
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conclude cosl il XV canto, in cui Dante e Cacciaguida si sono dati Tun l'altro sempre e solo del tu, e comincia il XVI. Questo si apre con l'evocazione, ma anche con la relativizzazione, della „nobiltä di sangue": „O poca nostra nobiltä di sangue [...]". Dante ammette di essersi gloriato in Paradiso della sua nobiltä di sangue, ma precisa ehe tale gloria vana se la virtu della stirpe „non trova un continue riscontro nella virtü individuate", come chiosano Pasquini e Quaglio (w. 1-9). Qui si inserisce la citata terzina dedicata al voi il cui scopo illustrare quella ehe Dante sembra presentare come una propria gaffe: dopo essersi dato del tu con Cacciaguida per tutto il canto XV, ora Dante gli da del voi. Beatrice awisa Dante ehe, a quanto pare, qualcosa non va in quelFuso, e lo fa sorridendogli. II sorriso ha la stessa funzione, dice Dante, della tosse con cui nel romanzo di Lancelot la signora di Malehaut segnala allusivamente di aver visto Ginevra baciare Lancillotto.10 Ripetiamo i versi giä citati: [...] onde Beatrice, ch'era un poco scevra, ridendo, parve quella ehe tossio al primo fallo scritto di Ginevra (vv. 13-15).
Strano paragone: le due situazioni sono molto diverse tra di loro: ma soprattutto, cosa poträ avere spinto Dante a rievocare un frivolo quadro letterario della sua giovinezza debosciata dentro a questa virtuosa e sublime cornice? Si tratta infatti di un'allusione alia piccola compagnia di belle e nobili persone da cui scaturisce, nel Lancelot en prose, il bacio tra Ginevra e Lancillotto, bacio giä ricordato da Dante nel celeberrimo episodic di Paolo e Francesca nel canto V delVInferno. Ora, nel Lancelot, la signora di Malehaut aveva tossito per segnalare ai due amanti novelli di essersi accorta del loro bacio (o almeno cosi sembra credere Dante, ehe del Lancelot ha il ricordo fascinoso ma impreciso di cio ehe ci resta di quanto abbiamo ietto con passione in giovinezza). In realtä il colpo di tosse avviene in un altro, meno significativo, punto del colloquio. In ogni caso, ecco ehe Dante da del voi a Cacciaguida: [...] voi siete il padre mio; voi mi date a parlar tanta baldezza; voi mi levate s), ch'io son piü ch'io [...] (vv. 16-18).
Epoi: Dilemi dunque [...] Ditemi dunque (vv. 22-25).
In quello ehe segue, Cacciaguida scaglia il suo improperio sulla nuova Firenze senza piü rivolgersi direttamente al nipote („se tu riguardi" del v. 73 mi pare un impersonale; „le vostre cose" e „voi" dei vv. 79-80 e rivolto non all'interlocutore ma agli uomini, come notano i commentatori). 10
Anche in Par. XXVIII, 130-135 il sorriso sancisce un errore: Dionisio l'Areopagita „di se medesmo rise" riconoscendo lo sbaglio fatto nelFordinamento delle gerarchie angeliche. Ringrazio Renata Sperandio (Tubinga) per avermi segnalato questo passo.
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Dunque, Dante, ehe aveva precedentemente usato il tu con il grande trisavolo, e ne aveva ricevuto il tu, passa ora al voi, dopo aver commentate la natura e i limiti della nobiltä di sangue. E' proprio nelle battute in cui impiega il voi, ehe Dante prende coscienza della sua nobiltä („voi mi levate si, ch'io son piü ch'io") e ehe chiede a Cacciaguida di rievocargli la comune linea d'ascendenza: „quai fur li vostri antichi [...]". Come ha notato Umberto Carpi (1990), nel De Monarchia e in questo canto del Paradiso, l'esule Dante, nostalgico di „Firenze antica", intento a una piena riabilitazione dell'idea della nobilitä di sangue. I tempi giovanili in cui, con gli amici suoi, aveva sostenuto i valori piü „democratici" della nobiltä d'animo, i tempi del Dolce stil nuovo, sono passati. II voi usato da Dante non e altro ehe il voi nobiliare ehe abbiamo illustrate sopra. E questo voi cade proprio nel momento in cui Dante evoca, sostiene e rivendica alia sua famiglia la nobiltä di sangue. E' un Dante feudale, aristocratico e conservatore, ehe passa al voi. Di qui in poi quello ehe il nipote aveva preannunciato con il semplice uso del pronome vo/, I'antenato lo realizza con il lungo, virulente discorso contro Firenze borghese. II pronome e il discorso vogliono dire: torniamo indietro alia nobiltä. II voi di cui parla Dante-poeta e ehe usa Dante-personaggio e un voi nobiliare, il pronome ehe tutta l'aristocrazia europea ha adoperato a partire dal Medioevo a tutto I'ancien regime (e ehe le e sopravvissuto: ma questa un'altra storia). Brown e Gilman (1973) hanno parlato di una profonda „preferenza delI'aristocrazia per 1'uso del V(oi)", tale ehe la Rivoluzione francese, naturalmente egualitaria e quindi favorevole al tu, concepi una vera e propria „animositä" per il voi, riflesso della condanna della nobiltä. Con questo, non tutto e risotto nelle tre terzine. II valore del rimprovero di Beatrice (perche" di un rimprovero, seppur blando, si deve pur trattare), resta poco chiaro: Dante vuol forse suggerire ehe Beatrice non condivide il moto di orgoglio nobiliare di Dante, ma si limita a segnalare un suo moderate e discreto dissenso? E' possibile, anche se Dante non ci ha abituati, in genere, a queste sfumature. Quanto al nesso logico tra 1'assenza del voi nella Roma contemporanea e la bassa lega della sua parlata, ogni difficolta appianata: un volgare italiano degno dell'eccellenza ricercata da Dante, dovrä possedere il voi. Ma rimane non spiegato il riferimento alFintroduzione del voi dato per adulazione per la prima volta dal popolo di Roma a Cesare. Non possibile vedere, soprattutto in un'ottica medievale, come da una cosa nata dalFadulazione possa nascere un carattere positive della nobiltä.
7. Tu e voi nella Roma medievale. Concludiamo cercando di testare sull'OVI la tenuta delFaffermazione di Dante sul rifiuto del voi a Roma. II numero di testi romani due-trecenteschi, e anche all'area circonvicina laziale, sono pochi. In piü, non ricorrono quasi mai le ca-
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ratteristiche necessarie a dare un quadro paragonabile a quello ehe abbiamo schizzato sopra per il fiorentino. Comunque, abbiamo raccolto dal TLIO i seguenti dati, ehe, come vedremo, non resteranno del tutto muti. Tra i testi duecenteschi, Le miracole de Roma e privo di dialoghi, ed e quindi impossibile ritrovarvi l'allocuzione. La Storia de Troia e de Roma presenta costantemente il tu, ma essendo di argomento antico, per il quäle anche i testi fiorentini evitavano il voi, non puo fornire prove dell'uso vivo di Roma. Le formule cancelleresche viterbesi, del 1250 circa, tratte da Ranieri del Lago da Perugia, presentano invece il voi. Ma il testo e una traduzione, il genere, prescrittivo, e molto speciale, e quindi abbiamo solo la prova di un accoglimento del voi al livello scritto, alto e formale della lingua. Questa, circoscritta, accettazione del voi e comunque confermata, con i limiti ehe vedremo, dalla Cronica dell'Anonimo romano (1357-1358), dove il tu e il voi si alternano: (38) (39)
„Profietto, que voi /M?" Lo profietto disse: „Ciö ehe piace a tf ecc. (Cap. 26, dialogo tra il legato Cardinal Egidio Conchese e il prefetto di Viterbo). Serenissimo Principe, ([...]) de vostro lenaio [lignaggio, stirpe] so1, figlio vatrado de Enrico imperadore, lo prode. A voi confugo [da voi mi rifugio] (Cap. 27, Cola di Rienzo alPImperatore Carlo di Boemia).
e anche: (40)
Onorato fratello, piü aio guadagnato io in uno die ehe voi in tutto tiempo de vostra vita ([...]) Vego ca collo aiutorio dello ingegno vuostro lo mio stato non serrao rotto [...] (Cap. 27, Arimbaldo, giurista, al fratello Monreale).
- ma nelle battute ehe seguono tra i due fratelli, Arimbaldo e Monreale, nel voi, predominante, si insinua il tu: (41)
Nientemeno fate voi e facciate bene. Imprimamente hai guardia che.lli quattro milia fiorini non se perdano [...] Nun dubitete. Tu e tio frate ateve e onorateve [...] (Cap. 27).
AlPaltezza della Cronica romana, mezzo secolo passato dalla Commedia di Dante, e il voi di cortesia ha avuto tempo di espandersi, se solo nell'uso scritto o anche in quello parlato piü accurate, difficile dire. Le incertezze segnalate dall'ultimo esempio, con il continue scivolare dal voi al tu, ricordano quelle tra lei e tu ehe si sentono comunemente oggi nelPItalia centro-meridionale nelle zone appartenenti all'area di solo tu (Renzi 1993:356). Questo tipo di incertezze testimonia, a mio modo di vedere, dello status non originario della forma di cortesia, ed in effetti lo scivolamento da lei a tu si verifica solo in quelFarea. E questa dovrebbe essere la spiegazione, a mio parere, anche della commistione tra voi e tu nelFuItimo esempio riportato. Veramente Roma nell'uso del voi „menperseverava".
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Elmar Schafroth
Sprache und Musik Sprachwissenschaftliche Beobachtungen zur Opera buffa Le nozze di Figaro und ihren deutschen und französischen Fassungen
l. Vorbemerkung Jeder Liebhaber klassischer Musik kennt die Cavatina aus dem „Figaro", wie die am 1. Mai 1786 im Burgtheater zu Wien uraufgefiihrte Oper Le Nozze di Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart gerne in Kurzform genannt wird: „Se vuol ballare signor Contino", ein im Takt des Menuetts, des höfischen Tanzes schlechthin, in Baßlage gesungenes StUck mit ironisch-schelmischem Inhalt und ebensolchem musikalischen Ausdruck. Ohne genau auf den Text zu achten, hatte ich in Takt 16 und 18 stets das Wort oder den Namen /'ros:i/ vernommen, womit ich mich solange begnügte, bis ich einmal den Text des von Lorenzo da Ponte in Anlehnung an Beaumarchais' literarisches Werk Le Mariage de Figaro verfaßten Librettos zu Gesicht bekam: Es heißt „il chitarrino le suonerö si". Als Sprachwissenschaftler weiß ich inzwischen, daß das s von si wegen des betonten o von suonerö gelängt wird, was mit dem Terminus raddoppiamento sintattico bezeichnet wird. Nach und nach fielen mir Dinge auf, die mich zu grundsätzlichen Gedanken über die Verbindung von Sprache und Musik anregten und dahingehend sensibilisierten, den „Klangbildern" der traditionellen Opernsprachen Italienisch, Deutsch und Französisch1 Gehör zu schenken. Im folgenden nun sollen Überlegungen skizziert werden, die mit typologischen Eigenheiten des Italienischen und Französischen, am Rande auch des Deutschen, und ihren Konsequenzen für die Musik, genauer gesagt für die Sangbarkeit, zu tun haben.
2. Zu den Übersetzungen des Figaro und zur Übersetzbarkeit von Libretti Die Synthese aus Sprache und Musik, wie sie sich in einer Oper präsentiert, besteht zunächst aus zwei Akteuren, dem Autor des Librettos und dem Komponisten. Übertragungen in eine andere Sprache rufen eine weitere Instanz auf den Plan, was sich, bezogen auf Le Nozze di Figaro, wie folgt darstellen läßt:
Zur Geschichte der Oper in den drei untersuchten Sprachen s. die Artikel „Deutschland", „Frankreich", „Italien", „Oper", „Opera-ballet", „Opera buffa", „Opera comique" in den Bänden des Sachteils von Pinscher (Hg.) (1994ff).
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Elmar Schafroth Text (Da Ponte)
> Musik (Mozart)
k Libretto-Übersetzung Inwieweit Mozart Einfluß auf die sprachliche Gestaltung des Librettos genommen hat (dies entspräche der Relation Da Ponte 0 Mozart), läßt sich nicht sagen. Er schrieb die Musik zwischen Mitte Oktober 1785 und Ende April 1786. Nach Da Fontes Erinnerung war das Werk sogar in nur sechs Wochen vollendet (vgl. Kunze 1984:230, Heartz 1987). Mozart hat dabei wohl eng mit Da Ponte zusammengearbeitet, was eine Einflußnahme in Detailfragen als durchaus möglich erscheinen läßt:2 „Mi misi dunque all'impresa, e, di mano ch'io scrivea le parole, ei [=Mozart] faceva la musica" schreibt Da Ponte in seinen Memoiren (Memorie, 131). Nach dieser Symbiose von Autor und Komponist war das Werk ein für allemal geschaffen. Eine Übersetzung kann dieses Ideal nur zu imitieren bzw. zu adaptieren versuchen, weshalb es auch mehrere konkurrierende deutsche und französische Übersetzungen bzw. Bearbeitungen gibt. Der Anspruch an eine Übersetzung besteht genau genommen darin, Inhalt, Form (z.B. Reimschema), Stilistik und Ästhetik der Sprache des Originals in die Zielsprache zu übertragen und gleichzeitig Wörter und Silben mit den metrischen, rhythmischen und melodischen Besonderheiten der Musik in Einklang zu bringen - ganz zu schweigen von der Berücksichtigung des expressiven Potentials und ästhetischen Charakters der Musik selbst.3 Also „tradutlore - traditore"7 Der Librettoübersetzer als „Diener zweier Herren"? (Honolka 1978b:30f.). Dieses Problem wurde in der Musikwissenschaft bereits zum Gegenstand einiger Studien (vgl. etwa Brecher 1911, Anheisser 1938, Honolka 1978a, 1978b), auch in der Komparatistik (z.B. Link 1975, Scher (Hg.) 1984, Bankosegger 1994"), kaum hingegen im Bereich der Übersetzungswissenschaft (jedoch Kaindl 1995). Die Sprachwissenschaft interessierte sich bisher vor allem für die Übersetzung bzw. Übersetzbarkeit literarischer Werke (vgl. etwa Wandruszka 1969, Held 1983, Pöckl (Hg.) 1983). Diese These stützt auch Tyson (1987:100), der zudem nachweisen will, daß Mozart späte Änderungen am Werk vorgenommen hat, die sich nicht im Autograph, jedoch in einigen Abschriften widerspiegelten. Daß eine enge Zusammenarbeit zwischen Librettist und Komponist zu Mozarts Zeiten Usus war, legen Aufzeichnungen von Antonio Salieri nahe, aus denen deutlich wird, daß die von einem Komponisten verlangten „Veränderungen in Rucksicht auf die musikalische Wirkung" in der Regel mit dem Autor des Librettos gemeinschaftlich vorgenommen wurden (zitiert nach Heartz 1987:97). Im Grunde muß auf alles geachtet werden: auf Tempi und Dynamik, auf Pausen, Punktierungen, Fermaten, insbesondere auf die Übereinstimmung von Sprachmelodie (besonders die Akzentuierung betreffend) und Musik. Je weiter diese Faktoren differieren, desto unverständlicher wird der (übersetzte) Text eines Librettos. Selbst die im Original vorhandene Synchronie sprachlicher Sequenzen und musikalischer Phrasierung (Phraseneinheit vs. Phrasenopposition) müßte sich in der Übersetzung widerspiegeln. Den Hinweis auf diese Magisterarbeit verdanke ich Eva Martha Eckkrammer, Universität Salzburg.
Sprache und Musik
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Le nozze dl Figaro erschien bereits im Jahr der Uraufführung von einem anonymen Übersetzer in deutscher Fassung. Insgesamt zählte Honolka (1978b: 120f.) 23 F;garo-Übersetzungen. Zur Aufführung in deutscher Sprache kommt überwiegend die Levi-Schünemann-Fassung,5 eine neuere Übersetzung stammt von Kurt Honolka aus dem Jahre 1976. Die erste Aufführung in französischer Sprache fand am 20. März 1793 an der Pariser Oper statt. Aber es handelte es sich um eine Adaptation, an der Beaumarchais selbst beteiligt war, nicht um eine bloße Übersetzung.6 Eine weitere französische Fassung wurde noch im selben Jahr, eine dritte 1807 zur Aufführung gebracht (vgl. Dudley 1983).7 In diesem Beitrag wird für das Französische auf die Übersetzung von Eric-Emmanuel Schmitt zurückgegriffen (vgl. Jourdan 1997), da mir keine der früheren Versionen vorlag und der übersetzte Text im Livret integral (Mozart. Les Noces de Figaro 1999) zu viele Unstimmigkeiten enthält.8 Für das Italienische wird selbstverständlich der Text Da Fontes herangezogen, der, ebenso wie die deutsche Übersetzung von Honolka, auf die ich mich im wesentlichen stütze, in der zweisprachigen Klavierbearbeitung (Mozart. Le nozze di Figaro l Die Hochzeit des Figaro) abgedruckt ist. Vereinzelt wird darüber hinaus die Übersetzung von Levi-Schünemann zitiert (nach Suitner 1964, Honolka 1978b).9
3. Die „Sangbarkeit" der Sprachen In der Musikwissenschaft werden immer wieder die Vorzüge des Italienischen als Opernsprache hervorgehoben. Es sei „vokalreicher" etwa als das Deutsche (Honolka 1978b:28), was aus linguistischer Sicht nur in bezug auf die relativen Frequenzen (tokens) richtig ist, nicht jedoch, was das Phoneminventar (types) betrifft (s.u.). Die italienische Sprache verfüge über „1899 faßte Hermann Levi geschickt zusammen, was, aus verschiedenen Quellen gespeist, an deutschen .Figaro'-Texten gängig war, und 1941 revidierte Georg Schünemann Levis Kompilation" („Zur Deutschen Übersetzung", aus dem Klavierauszug zu Le nozze die Figaro, III). „La piece originale de Beaumarchais en cinq actes fut pr£sentoe sans les parties que Da Ponte avait utilisoes pour les airs, les ensembles et les choeurs. A leur place furent substitute les numoros musicaux de Mozart, chantis en fran^ais" (Dudley 1983:55). Der Autor der ersten Version wird als Notaris überliefen. Ob es sich dabei um Beaumarchais selbst handelte (so z.B. bei Csampai / Holland 1982:305), ist umstritten. Als gesichert kann gelten, daß der französische Theaterautor dabei als künstlerischer Berater in Erscheinung trat (Dudley 1983). Loewenberg (1978:426f.) führt im selben Zeitraum nur eine französische Fassung an. Bis 1940 registriert er vier weitere Versionen in französischer Sprache (J. Castil-Blaze 1818, J. Barbier/ M. Cairo 1858, P. Ferner 1911, A. Boschot 1939). Die Entscheidung für die Fassung von Schmitt / Jourdan wurde durch den Umstand erleichtert, daß auf diese Weise Text und Musik gleichermaßen zugänglich waren. Bis 1940 konnten Übersetzungen in 16 Sprachen ermittelt werden: Deutsch, Französisch, Niederländisch, Spanisch, Ungarisch, Dänisch, Schwedisch, Englisch, Russisch, Finnisch, Kroatisch, Tschechisch, Polnisch, Bulgarisch, Katalanisch, Slowenisch (Loewenberg 1978:425ff.).
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ungleich größere Freiheiten der schwebenden Betonung (schwere Silben können im Gesang oft auch auf leichte Taktteile fallen und umgekehrt) und dazu über die Möglichkeit, mehrere Vokale zu einer einzigen Silbe zu verschmelzen, oder dies bei Bedarf zu unterlassen. (Honolka 1978b:28f.) Das Französische hingegen hätte den Vorteil, daß „praktisch jede Silbe auf jeden (leichten oder schweren) Taktteil" (ib.:94) gesetzt werden könne. Als Beispiel dient Honolka eine Stelle in Carmen: L'amour est un oiseau.10 Allerdings überrascht es, daß Honolka dies als Vorteil des Französischen sieht. In seinen Werken geht es in der Tat vor allem um die mangelnde Eignung des Deutschen als Opernsprache:" „Auf deutsch sind in jedem Fall deutsche Sprachgesetze zu beachten" (ib.). Als wäre das im Französischen (und Italienischen) nicht so! Brecher (1911:63) sah die Überlegenheit der romanischen Sprachen hinsichtlich der Sangbarkeit im affektiven Bereich („rasche[s] Sprechen [als] natürliche[r] Ausdruck der Erregung") und im „Reichtum an Vokalen" begründet: Der Deutsche dagegen entlädt sich im Affekt weit mehr in schweren Akzenten: je intensiver seine Gefilhlsspannung, um so größer wird der Nachdruck des einzelnen Satzes, ja des einzelnen Wortes sein. (Brecher 1911:63) Mozart selbst kam zu einer ganz anderen Bewertung: wenn nur die verfluchte französische spräche nicht so hundsfuttisch zur Musique wäre! das ist was Elendes - die TeUtsche ist noch göttlich dagegen - und dann erst die Sänger und Sängerinnen - man sollte sie gar nicht so nennen - denn sie singen nicht, sondern sie schreyen - heulen - und zwar aus vollem halse, aus der nase und gurgel. (Mozart an seinen Vater, 9. Juli 1778; vgl. Mozart. Briefe und Aufzeichnungen. Bd II, 397) Wie läßt sich dieses harte Urteil erklären? War es der allgemein bescheidene Ruf der französischen Musik zu Zeiten Mozarts,12 besonders im Vergleich zur populären italienischen Oper? Waren es die schlechten persönlichen Erfahrungen Mozarts in Frankreich?13 Oder ging es um Vorbehalte gegen die Sprache an 10 Im folgenden erscheinen Silben, die den phonischen Hauptakzent tragen, in Fettdruck. 1 ' Vgl. auch Aussagen wie diese: „Die streng geregelte Syntax des französischen Satzbaus unterscheidet sich wesentlich vom Wildwuchs der deutschen mit ihren nachgestellten Satzaussagen, und die Eigenart des französischen Gesangs, weibliche Endungen, die in der Umgangssprache stumm sind, mit leichten Noten zu unterlegen (ro-se, che-re), reduziert die ohnehin beschränkten Reimmöglichkeiten des Deutschen auf ein jenem Schwebeton gerecht werdendes Minimum" (Honolka 1978b:29). 12 Vgl. etwa einen Brief Leopold Mozarts vom 1. Februar 1764 (Mozart. Briefe und Aufzeichnungen, Bd. I, 123): „Ich hörte da eine schlechte und gute Musik, alles was mit einzeln stimmen war und einer Arie gleichen sollte, war leer, frostig und elend folglich französisch". Ähnlich Leopolds Gemahlin Maria Anna vom S. April 1778 (Bd. 11:332): „daß die heim franzosen ihren gout nur in so weit ferbessert haben, daß sie nun das gute auch hören können, daß sie aber einseheten, daß ihr Musique schlecht seye, oder aufs wenigste einen unterschied bemerckten - Ey beleybe! - und das singen! - oime! - wenn nur keine französin italienische arien singete, ich würde ihr ihre französische blerrerrey noch verzeyhen, aber gute Musick zu verderben! - das ist nicht auszustehen". Mozart unternahm von 1777 bis 1779, zusammen mit seiner Mutter, seine zweite Reise nach Paris (über München und Mannheim) - in der Hoffnung, eine Anstellung zu finden
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sich bzw. gegen ihre Eignung für den Gesang? Unkenntnis der fremden Sprache kann Mozart nicht vorgeworfen werden. Er sprach durchaus Französisch, was aus seinen Briefen und aus Aussagen anderer Über ihn gut hervorgeht.14 Eignet sich das Französische tatsächlich weniger zum Singen? Jean-Jacques Rousseau, in Genf geboren, hatte über seine eigene Sprache in dieser Frage kein schmeichelhaftes Urteil und ist davon Überzeugt, qu'il n'y a ni mesure ni mdodie dans la Musique Fran^oise, parce que la langue n'en est pas susceptible; que le chant Francois n'est qu'un aboyement continue), insupportable ä toute oreille non provenue; que rharmonie en est brute, sans expression et sentant uniquement son remplissage d'Ecolier; [...] D'ou je conclus que les Francois n'ont point de Musique et n'en peuvent avoir; ou que si jamais ils en ont une, ce sera tant pis pour eux. (Gagnebin / Raymond (ids.) 1995:328)
Die Polemik erklärt sich aus den historischen Zusammenhängen, dem sog. Buffonistenstreit, in den sich Rousseau vehement einmischte. Einige kartesianisch geprägte französische Komponisten, vor allem Jean-Philippe Rameau, lehnten sich gegen die volkstümliche italienische Opera buffa auf, für die wiederum die aufklärerischen Enzyklopädisten Partei ergriffen: [...] Rousseaus Versuch, 1752 in LE DEVIN DU VILLAGE [...] die italienische Buffa ins Französische zu übertragen, und der scharfe Angriff in seiner LETTRE SUR LA MUSIQUE FRANQAISE (1753) legen den Gedanken nahe, daß es nicht nur um Fragen des musikalischen Nationalstils ging. Was die Enzyklopädisten in der >Querelle des bouffons< gegen Rameau aufbrachte, war im besonderen dessen ihnen als unerwünschte Kompetenzüberschreitung vorkommender Anspruch auf Wissenschaftlichkeit, im allgemeinen die Stellung der >Tragödie lyrique< im gesellschaftspolitischen Spannungsfeld der Zeit. (Schreiber 1988:115f.)
Es ist hier nicht der Ort, um auf diese Zusammenhänge näher einzugehen. Es wird jedoch deutlich, daß hier ein interdisziplinäres Forschungsfeld vorliegt, welches auch in sprachwissenschaftlicher Hinsicht eine Herausforderung darstellt: Wie und aus welchen Gründen wurden nationale Musikstile bzw. Musik überhaupt mit Sprache in Verbindung gebracht? Sind die Meinungen linguistisch haltbar oder in erster Linie zeitlich gebundene und gesellschaftlich und politisch motivierte Stereotype und Klischees?
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oder zumindest durch Konzerte Geld zu verdienen. „In jeder Hinsicht war diese Reise eine Niederlage geworden; [...] finanziell ein Fiasko [...]. Und zu allem Unglück mußte er in Paris, allein von seiner Familie getrennt, seine Mutter begraben, die nach kurzer Krankheit plötzlich gestorben war" (Braunbehrens 1986:25). Abgesehen von den damals üblichen französischen Begrüßungs- und Schlußformeln sind an insgesamt 27 Stellen seiner Briefe einzelne Sätze, Passagen, vereinzelt sogar halbe Briefe (an seine Frau) auf Französisch bzw. einige Aussagen über seine Französischsprachkompetenz zu finden (vgl. z.B. Mozart. Briefe und Aufzeichnungen, Bd. 11:32). Zum Vergleich: 41 entsprechende Stellen auf Italienisch bzw. zu seinen Italienischkenntnissen, 21 lateinische und 6 englische Belegstellen.
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Sehen wir uns Rousseaus Zitat etwas genauer an. Was ihn am Französischen so sehr stört,15 ist das angebliche Fehlen von Sprachmelodie und Rhythmus:16 Das Hauptargument Rousseaus gegen die französische Musik [...] war die Akzentstruktur der französischen Sprache im Verhältnis zum Bau des französischen Verses und zur Taktbetonung der Musik. Rousseaus Fehler war, diese drei Bereiche nicht genügend zu trennen. (Zimmermann 1984:94f.)
Die linguistische Dimension der Mozartschen und Rousseauschen Vorbehalte soll nun im folgenden ausgeleuchtet werden. Hierzu werden zuerst einige Fakten zu phonetischen und phonologischen Aspekten vor allem des Französischen und Italienischen dargestellt.17 Sodann werden anhand der bereits erwähnten Cavatina Se vuol ballare (Erster Akt, Szene I-II, No. 3) sowie anhand der Arie Non piü andrai farfallone amoroso (Erster Akt, Szene VIII, No. l O)18 sprachwissenschaftliche Beobachtungen formuliert.
4. Linguistische Beschreibung 4. L Vokale - Inventar, Schallfülle und relative Frequenz „Die hebräische Schrift hat keine Vokale, die Arie keine Konsonanten" (Hacks 1976:263). Ein Aphorismus, zugegeben. Dennoch kann nicht bestritten werden, daß Vokale beim Singen in Bezug auf Atmung, Stimmbildung und Lautbildung den entscheidenden Faktor darstellen. Ein Blick auf das Phoneminventar zeigt: Das Französische hat 16 Vokalphoneme (Straka 1990:1), das Italienische 7 (Schmid 1999:129), das Deutsche 19 (Lühr 1990:213f). Das Französische besitzt 20 konsonantische Phoneme (Straka 1990:17),19 das Italienische 23 (Schmid 1999:133), das Deutsche 21 (Lühr 1990:215f). Vokale sind im Frz. und Ital. grundsätzlich silbisch, Konsonanten asilbisch (im Deutschen können m, n, l und r silbenbildend sein). Dieser Befund suggeriert auf den ersten Blick die bessere Sangbarkeit des Französischen und des Deutschen im Unterschied zum Italienischen. Doch wie sieht es mit der Häufigkeit der Vokale aus, die ja entscheidend fur diese Frage ist? Werfen wir zunächst einen Blick auf die artikulationsphonetischen Merkmale der Vokale. Den größten „Eigen-Schallftillegrad" (Lausberg 1969:96f.) 15
16
17 18
19
Dabei gab es auch differenziertere Äußerungen von ihm: „La musique Italienne me plait [sic] souverainement mais eile ne me louche point, la fran9oise ne me plait que parce qu'elle me louche" (Gagnebin / Raymond (ids.) 1995:255). „Dans tous ces doveloppements, Rousseau confond la mesure et le rythme" (Gagnebin / Raymond (6ds.) 1995:1457). Das Deutsche muß in diesem Teil aus Platzgründen etwas in den Hintergrund treten. Zählung nach dem Klavierauszug des Bärenreiter-Verlags von 1976 (Mozart. Le nozze dl Figaro l Die Hochzeit des Figaro). Hess (1975:177) und andere Autoren zählen den in den der Standardsprache peripheren (aus dem Englischen und Deutschen entlehnten) Velarnasal [ ] hinzu.
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male der Vokale. Den größten „Eigen-Schallfüllegrad" (Lausberg 1969:96f.) haben, in abnehmender Reihenfolge (vgl. Albano Leoni / Maturi 21998: 69), die Vokale [a], [ , o], [e, o], [i, u], den geringsten die Konsonanten [p] und [t].20 Dieser Sachverhalt wurde bereits 1948 von Paul Delattre experimentalphonetisch nachgewiesen und 1974 von Marie Dohalskä-Zichovä klar bestätigt (nach Straka 1990:9). Das Phonem /a/ besitzt also den größten Grad an Schallfülle und erfordert den geringsten artikulatorischen Aufwand.21 Nach Untersuchungen von Frank (1995:193ff.) ist es im Französischen von allen Phonemen mit einem Wert von 6.59 das zweithäufigste (velares /o/ mit 0.49 wird hier vernachlässigt). Man vergleiche jedoch den Wert von 11.32 im Italienischen (/a/ ist mit Abstand häufigstes Phonem im Ital.). Eine ähnliche Relation findet sich bei Hess (1975:212ff.), die für /a/ im Französischen eine relative Frequenz von 6,8%, im Italienischen von 11,7% ermittelt. Die Werte zu weiteren in beiden Sprachen vorhandenen Vokalen sind:
/u/ Id / / hl
Frank (1995) Französisch Italienisch 5.08 8.11 2.45 2.00 5.67 9.79 4.93 2.06 1.35 8.52 2.04 1.13
Hess (1975) Französisch Italienisch 4,97% 8,42% 1,64% 2,08% 5,63% 9,98% 5,40% 1,90% 1,00% 7,92% 2,37% 1,08%
Die Zahlen für die weiteren französischen Vokalphoneme, im Standarditalienischen nicht vorhanden, sind (Frank 1995:193): /9/ 4.66, /ö/ 3.30, lyl 2.01, /ö/ 1.94, III 1.13,1010.67, /«/ 0.62, /de/ 0.5l.22 Die „großen Schallträger" [a, e, o, i] sind im Italienischen also deutlich häufiger repräsentiert - bei [u] sind die Ergebnisse widersprüchlich, [ ] und [o] sind im Italienischen, jeweils relativ zum eigenen Phonemsysten gesehen, seltener. Zusätzlich muß beachtet werden, daß die Haupttonsilbe eines Wortes, die ja immer aus einem vokalischen Nukleus besteht, den größten Atemdruck besitzt. Betrachten wir nun die Beschaffenheit der Silben im Französischen und Italienischen.
20
Bei Vennemann (1982) ist die Perspektive genau entgegengesetzt: Kriterium ist die phonetische Intensität (Engenbildung und Energieaufwand), mit dem ein Laut gebildet wird. Maßeinheit ist die konsonantische Stärke, von der [p, t, k] den höchsten, [a] den geringsten Wert erzielen. Gesangstechnisch fließt beim a reichlich Atem, „das Zwerchfell ist wenig gespannt", der Klang ist voll und voluminös (Mohr 1997:69). Beim u fließt der Atem sacht, das Zwerchfell ist gespannt, der Klang ist dunkel, weich und leise (ib.). Bei Hess (1975:212f.): /a/ 4,86%, läl 3,39%, /y/ 2,40%, /5/ 1,98%, III 1,13%, /oe/ 0,68%, lal 0,40%, Id 0,40%, lAI 0,39%.
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4.2. Silbenstruktur Gadet (1989:64) referiert, Bezug nehmend auf Paul Delattre, folgende Ergebnisse: Silben des Typs KV gibt es im Französischen zu 53%; des weiteren 17% KVK, 14% KKV, 2% VK, andere Typen belaufen sich auf Werte unter 2%. Hess (1975:210f.) kam in ihrer Untersuchung auf 59,8% KV, 16,7% KVK, 10,2% KKV, 7% V usw. Gut 50% aller französischen Silben bestehen also aus einem konsonantischen Kopf und einem (vokalischen) Nukleus: z.B. in bale (KV), balai (KVKV), balancer (KVKVKV) usw. Im Italienischen gibt es laut Nespor (1993:152) ca. 60% KV-Silben. Wartburg (31973:182) ermittelte bei ,,normale[r] heutige[r] Aussprache" von Prosatexten einen Anteil von 18% geschlossener und 82% offener Silben. Geringe Stichproben geschriebener (Petit Robert 199l)23 und gesprochener Sprache (Fransois 1974:816) genügten, um diesen Befund zu bestätigen: 20,7% geschlossene zu 79,3% offenene Silben im ersten, 21,4% zu 78,6% im zweiten Fall. An der Anzahl der offenen Silben im Französischen kann es also nicht liegen, wenn behauptet wird, das Französische eigne sich nicht für den Gesang. Französisch ist eine klassische KV(KV)-Sprache, für Pierret (21994:55) „une langue tres vocalique, done tres sonore".
4.3. Die tragende Rolle des [9] als silbenbildendes Phonem Vielfach kann im Französischen den metrisch-rhythmischen Vorgaben der Musik nur dadurch entsprochen werden, daß von der Möglichkeit, das in unmarkierter Sprechweise verstummte, zu bestimmten Zwecken (z.B. aus metrischen, ästhetischen, affektiven, „didaktischen" Gründen) jedoch „reaktivierbare" [s] zu nutzen, rigoros Gebrauch gemacht wird. Die fehlenden Silben können somit ausgeglichen werden.24 In der ersten Szene des Ersten Aktes (Duettino, No. I), in der Figaro eine leere Kammer ausmißt, heißt es im Original: Cin-que, die-ci, ven-ti, tren-ta, tren-ta se-i, qua-ran-la-tre
Auf jeder Silbe liegt eine eigene Note. Das [gesungen] viersilbige trentasei entspricht einer punktierten Viertel, einer Achtel und zwei Vierteln. Der französische Figaro singt die Stelle wie folgt (im folgenden jedes realisierte [3] als E): Dou-zE, trei-zE, quin-zE, sei-zE, tren-tE-qua-trE, qua-ran-lE-trois.
23 24
Die ersten beiden Absätze der „Proface de Edition 1977" Bei Vossler (1913:341) klang dieser Sachverhalt so: „So kommt es, daß eine Silbe, die im Worte tonlos bleiben muß, im Satze den Nebenton erhalten kann und vice versa, so daß das stumme e je nach Zusammenhang, Sinn und rednerischem Akzent auftauchen und wieder verschwinden kann und zu einem wunderbar gefugigen Werkzeug der künstlerischen Diktion geworden ist".
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Welche Ausmaße hat diese Reaktivierung des [9] in der französischen Opernsprache? Auszählungen zu den französischen Fassungen von Se vuol bailors und Nonpiü andrai bezüglich des Vorkommens von [9] haben folgendes Resultat erbracht: Nonpiü andrai (Plus jamais): Auf der Basis der Angaben in Warnant (1987) sind in der gesamten Arie 103 [9] möglich (Okkurrenzen) - bezogen auf 44 verschiedene Fälle (Typen). Von diesen sind in dem untersuchten Gesangsstück 95 realisiert (Okkurrenzen) bezogen auf 40 Typen (kein [9] inpanachä, poudr^forc^ /warcA^(Imperativ)). Über Wamant hinausgehend finden sich jedoch zwei weitere e instables, und zwar an Stellen, an denen gar kein [9] stehen dürfte (Straka 1990): amour-E und vernie-Es.25 Da das Wörterbuch von Warnant deutlich standardsprachlich orientiert ist (vgl. Schafroth 1999), empfiehlt sich ein Blick in ein Gebrauchswörterbuch des Französischen. Von allen in Plus jamais realisierten [9] ist im Petit Robert nur ein einziges „obligatorisch", dasjenige in arquEbuse. Alle anderen Fälle (38 Okkurrenzen, 12 Typen) werden dort als fakultativ ausgewiesen. Im franfais courant des Petit Robert finden somit 64 (tokens) bzw. 32 (types) der gesungenen [9] keine Entsprechung. Se vuol ballare (Si tu veux danser): Laut Warnant ist der [g]-Laut in 19 Wörtern (Typen), verteilt auf 69 Vorkommen, möglich. Gesungen werden davon in der Cavatina 61 (in 17 verschiedenen Wörtern). Nicht gesungen wird der Laut in cabriolt und reduird. Im Petit Robert ist keiner der gesungenen und bei Warnant als fakultativ ausgewiesenen e instables obligatorisch, lediglich 8 (41 Vorkommen) werden als fakultativ beschrieben. 28mal (bezogen auf 11 Wörter) dürfte laut Notation dieses Wörterbuchs gar kein [9] stehen. Die Ergebnisse zeigen zum einen sehr deutlich, wie sehr hier statistische und präskriptive (genauer gesagt: literarische) Norm, repräsentiert durch Petit Robert auf der einen und Warnant auf der anderen Seite, auseinanderklaffen. Es zeigt aber auch, daß in der Musik im großen und ganzen nur das ausgenutzt wird, was vom Sprachsystem bereitgestellt wird, wenngleich kaum eine dieser Realisierungen außerhalb dieses Kontextes als neutral, i.e. unmarkiert einzustufen ist. Innerhalb der Textsorte Poesie bzw. Libretto sind diese allgemeinsprachlich (stark) markierten ^-Realisierungen jedoch Konvention, Tradition, „Norm".26
25 26
De facto existieren ^-Realisierungen in dieser Position sehr wohl (vgl. Fonagy 1989, Schafroth 1999). Es wäre interessant, dieses Thema im Lichte der Optimalitäts- und Natürlichkeitstheorie zu analysieren. Die durch das [a] entstandenen Resyllabierungen führen letztlich zu segmenteilen Bedingungen, die man für das Französische unter den gegebenen (prosodischen) Umständen als „naturlich" bzw. „optimal" bezeichnen könnte (vgl. Hurch 1998).
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4.4. Quantität und Akzent Im Französischen können betonte Vokale nur dann gelängt werden, wenn sie in einer von einem einfachen Konsonanten geschlossenen Silbe auftreten: entweder durch Lautentwicklungen bedingt, z.B. male, tete, oder vor den sog. consonnes allongeantes, z.B. in regard, abuse, esquive, volage (Beispiele aus dem frz. Libretto). Sie können jedoch nie im absoluten Auslaut gelängt werden (repos, vernie), ebensowenig in einer betonten, von mehr als einem Konsonanten geschlossenen Silbe (casque, multiples), geschweige denn in unbetonten Silben (MU-settes, DEN-telles, VER-nies). Nach Fonagy (1989:248f.) ist strikte Oxytonie im heutigen (Pariser) Französisch die Ausnahme. Vielmehr variiert der Akzent in Abhängigkeit des Wortes, des groupe rythmique, des Sprechers und der Kommunikationsform. Ein und dasselbe Lexem kann innerhalb eines groupe rythmique den Akzent auf der letzten (une periode nouVELLE) oder ersten Silbe (une NOVvelle periode) tragen. Auch zwei Akzente gleichzeitig - am Anfang und am Ende eines mot phonetique — sind möglich: z.B. *port(e)-madteau (ohne [9]) oder 'porte-plume (mit [a], um das Aufeinandertreffen zweier betonter Silben zu vermeiden). Barytone, also nicht-oxytone Akzentuierungen, treten in bestimmten Textsorten und Kommunikationssituationen besonders häufig zutage (z.B. in Vorträgen und Fernsehnachrichten), während sie in Alltagsgesprächen eher selten anzutreffen sind. Die Dynamik des Akzents läßt sich im Französischen im Unterschied zu anderen Sprachen (Italienisch, Spanisch z.B.) in der Tat innerhalb eines Wortes beobachten - je nach semantischem Gewicht des Wortes in der chalne parlee. Natürlich sind metrische und rhythmische Vorgaben wie z.B. in Arien und Chansons ein Sonderfall. Dennoch dokumentieren sie die Mobilität des Akzents. In Le nozze di Figaro ist in fast jedem Takt ein barytoner Akzent zu hören. Wenngleich die Forschung heute also nicht mehr von einer starren Oxytonie des Französischen ausgeht, so bleiben alle Abweichungen doch irgendwie markiert - in bezug auf die Textsorte oder in bezug auf die Symptomfunktion von Sprache (accent d'insistance intellectuel I didaclique, accent d'insistance emo///; vgl. Gadet 1989:69). Unter dem „markierten" Akzent können bzw. müssen [s]-Laute realisiert werden: [ile'pati] liest petit, [mela'dddä] mets-la dedans, [se'damekilpair] c'est demain qu'il part (Straka 1990:16). Seit dem 13. Jh. (in der Versdichtung seit dem 16. Jh.) ist [9] nach Vokal laut Straka stumm (jejoudrai, vernids). Ebenfalls stumm sei es volkssprachlich seit dem 15. und in gehobener Diktion seit dem 17. Jh. im absoluten Auslaut nach einem oder mehreren gesprochenen Konsonanten (eltä, guitard, dansd, abusf). Zweifellos ist der Vokal der eigentliche Träger des Schalles; er ist die Seele der Silbe. [...] Die französische Silbe trägt [...] in mehr als vier Fünftel der Fälle den Akzent auf dem Schluß. (Wartburg31973:182)
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Im Italienischen hingegen (wie etwa auch im Spanischen) gibt es bekanntlich mehrere Akzentmuster, wobei Paroxytona bei weitem überwiegen (im Italienischen zu 81%), während Oxytona ca. 7% und Proparoxytona 12% ausmachen. Die Vielzahl von Wortbetonungsmustern im Italienischen (parole tranche bis parole quadrisdrucciole) erlaubt somit die Anpassung der Sprache an musikalische Taktvorgaben, ohne daß der Eindruck der sprachlichen „Natürlichkeit" verloren geht. Zudem besteht die Möglichkeit der Apokope (troncamento), die auch im gesprochenen und geschriebenen Italienisch ihr Pendant findet.27 Beispiele aus dem Libretto: se vuole ballare -» se vuol ballare, scoprire potro -> scoprir potro, un grande casco —> un gran casco. Das Silbenstrukturgesetz des Italienischen trägt ferner seinen Teil dazu bei, daß sehr viele betonte und gelängte freie Silben möglich sind. Die Tendenz der italienischen Silben zur Isometric, i.e. gleichlang (nämlich zwei Moren lang) zu sein, beschert eine regelmäßige Struktur:28 Jede betonte Silbe tritt entweder als a) ...V-... (offene Silbe) oder als b) ...VK-... (geschlossene Silbe) in Erscheinung, also entweder als a) ['a:-pe], ['fi:-lo], ['pra:-to], ['stra:-da] oder als b) ['as-ta], ['kor-po], ['skrit-to], ['as-pro]. Diese Vokal längung unter dem Akzent ist im Französischen nur in geschlossenen Silben vor consonnes allongeanies möglich. Da unter dem Akzent „Längung, Hochton und größere Lautstärke miteinander gekoppelt sind" (Zimmermann 1984:94), sind die Verhältnisse im Italienischen, wo zudem eine freie Akzentuierung (Wartburg 1970:47) besteht, weitaus günstiger als im Französischen, um sich einem vorgegebenen Versmaß (Takt) anzupassen und um Vokale mit maximaler „Schallfüllesumme" (Schallfüllegrad + Quantität) (Lausberg 1969:100) singen zu können.
27
28
Diese Vokal- und de facto Silbenkürzung ist dabei im Italienischen durchaus produktiv, sofern es sich um eine Verbform handelt (vgl. Nespor 1993:83f). Eine Präferenz für dieses Phänomen in norditalienischen Varietäten scheint nicht von der Hand zu weisen zu sein (Nespor 1993:226). Präpausal, i.e. in finaler Position (vgl. in der Arie No. 10: Narcisetto Adoncini d'amor, quel vermiglio donnesco color) ist das Troncamento allerdings nur „nella poesia tradizionale" (Serianni 1988:25) üblich. Eine More ist die Maßeinheit für eine kurze Silbe und besteht entweder aus einem kurzen Vokal (V) oder aus einem einfachen Konsonanten. Zweimorigkeit entspricht einem betonten Vokal in offener Silbe bzw. einem betonten Kurzvokal plus einfachem Konsonanten. Zur Korrelation von Quantität und Akzent s. Hurch (1996:92f).
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5. Sprachwissenschafliche Interpretation von Ausschnitten aus Le Nozze di Figaro Abschließend sollen noch einige Beispiele aus Mozarts Figaro zur Sprache kommen. Es liegen wiederum die bereits genannten Stücke zugrunde.
5.1. Non piü andrai farfallone amoroso (C-Dur, Allegro vivace l Adagio): (1) N9 10 Aria*) Allegro vivace
(aCHERUBINO)
Figaro (zu CHERUBINO)
F«. Non « an · drai Du wirst nicht
far · fal - lo · ne a · ma · ro mehi die Mäd - dien be - to
· so - ten.
not · le e Tag und
(2) 44
Iff t P P « guer- ri« · ri pof· far Don-net - blitz, du gehst zum
Bac - co! Hec - le!
gran mu - jtac - chi, stret - to Ian - ge Bär - te und Ge
Im Stile eines Rondo komponiert, bestimmen abwechselnd Anapäste (^-) und Trochäen (-J den Rhythmus des Viervierteltaktes. Im Falle des Anapästs (1) sind im Italienischen die betonte Silbe des Versmaßes und die betonte Wortsilbe jeweils identisch.29 Im Französischen scheint (wie im Deutschen) das Verhältnis Sprech- und Gesangsakzentuierung hier relativ kongruent zu sein - dies jedoch nur, weil der Laut [s] silbenbildend wirkt (infidelE, volEler, d'ellEs). 29
Ein auffälliges Merkmal des italienischen Librettotextes ist, daß oft zwei unbetonte Silben einem gesungenen Notenwert entsprechen (vgl. Unterstreichungen): z.B. it. piü an- in Z. l, welches frz. ja- und dt. wirst (bzw. ver-) entspricht. Zwei Silben entsprechen hier also einer More, die in der Arie durch eine Sechzehntel wiedergegeben wird. Die Länge eines (Kurz-) Vokals scheint also variabel. Sie wird bei Albano Leoni / Maturi (1998:66), allerdings bezogen auf spontane Sprechsprache, mit einem Wert von 40-80 ms angegeben, die eines Langvokals mit 80-150 ms.
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Die vier untereinanderstehenden Zeilen beziehen sich auf 1. das Libretto Da Fontes, 2. die Fassung von Schmitt, 3. die Übersetzung von Honolka, 4. die Fassung von Levi-Schünemann (Erläuterungen s. oben). Senkrechte Striche kennzeichnen die Takte, fette Silben stehen für den Hauptakzent, E für realisierte [a], T deutet eine Liaison an, unterstrichene Silben s. Anm. 29. Die Silbentrennung erfolgt phonisch, nicht graphisch: (1) Takt 1-5: Non
piüanPlus jaDu wirst Nun ver-
| \ | |
notvoTag und
| \ j \
te e IEund das
drai mais nicht
far-
tu
fal«'/'-
lores
die
neainchen
fi-
be- | ßes \
ro- so, de- IE, tö- ren, Ko- sen,
no autern se
gi- | tour \ Ge- | zu \
rand'etanRo-
giß
mehr lei-
ses
MädFleh'n, sü-
giorter Nacht Flat-
no nuiT mit tern
d'inet vervon
torjour liebRo-
mo- |
1
do; HEs; del; sen;
Anders jedoch in (2). Die wie harsche Befehle klingenden Trochäen - der parodistische Anklang an Militärmusik wird in der Coda noch deutlicher bilden im Italienischen eine totale Kongruenz mit der Sprache: (2) Takt 44-47: Tra Tu
guervas Don- nerUn- ter
| rie1 par| blitz, | flu-
gran mus-
| | \ |
vec lan- ge gro- ße a-
tacdeux BärBär-
ri tir du
pofpour gehst
far la zum
BacgueHee-
chen-
den
Kam'
ra-
re! den,
chi, mous-
stretstaund braun
to
sacfiewehbra-
rEs. re. ten.
te te,
chEs
Gege-
co! rrE!
CO.
Der französische Text klingt unnaturlich: Tu vas partir pour la guerre, avec deux moustaches fieres (oder moustaches fieres) - so wäre die sprechsprachliche Akzentierung der mots phonetiques. Wieder sind es in der Librettoübersetzung zudem die e instables, die die Anpassung an das Versmaß Überhaupt erst ermöglichen: guerrE, moustachEs,fierEs könnten ohne das [s] bei dem vorgegebenen Takt nicht verwendet werden.30 Dem deutschen Text kommt hier die germanische Initialbetonung sehr entgegen.
30
Der Laut [a] muß sogar dreimal eine Fermate repräsentieren: zweimal verniEs (it. brillante), einmal salairE (it. contan-te).
Elmar Schafroth
300
5.2. Se vuol ballare (F-Dur, Allegretto I Presto):
0) N9 3 Cavatina*)
f Β —Ρ 5- *1Ί
· - \ 4 Γ ΡΓ—ΓΡ— Γ [Γι Se Will
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Δ fond et la -> table" (Melkus 1971:7) Synonyme: caisse de resonance (Pincherle 1974:10: „La caisse de rosonance se compose de deux -> tables") und holte de resonance (Melkus 1972:70: „Enfin la table 6tant achevee, ou la colle sur les -» oclisses: la boite de rosonance du violon est achevie").
Boden: „Unterseite (Resonanzplatte) der Geige; gewölbt und oft aus zwei Teilen bestehend" (Weich / Windisch 1981:78).
Fond: „Table de dessous des instruments a cordes. Le fond du violon et des instruments de la mSme famille est voütoe. [...] Le fond peut etre d'une ou de deux pieces, re~unies en leur milieu par un -»joint" (Larousse 1982, 1:350).
Decke: „Oberseite (Resonanzplatte) der Geige; gewölbt" (Weich / Windisch 1981:78).
Table: „Partie supörieure de la caisse du violon et de tous les instruments ä cordes. Cette table est, par excellence, la partie vibrante du violon" (Larousse 1982,11:398). Synonym: Table d'harmonie (-> dadurch wird die Funktion - ausgewogene Verteilung der Schwingungen - besser zum Ausdruck gebracht).
Wölbung: Decke und Boden werden so abgestochen, daß eine Wölbung entsteht, die von innen her mit Hobeln und Hohleisen ausgehöhlt wird (Melkus 1979:8).
voüte: „La table et le fond sont creusis inte"rieurement ä la gouge et au rabot, de maniere ä suivre la forme extirieure de la voüte" (Larousse 1982,11:490).
Bodenfuge: „Besteht der Boden aus zwei gleichen Teilen, so entsteht bei der Fügung der Teile eine Bodenfuge. (Entsprechend entsteht bei der Fügung der Deckenteile eine Deckenfuge)." (Melkus 1979:7). Synonym: Fuge (Farga 1983:25).
jointure du fond: „Pour la table comme pour le fond, il [seil, le luthier] joint par collage deux places egales de bois d'epicea, a moins naturellement que table et fond ne soient constituos d'une seule piece" (Melkus 1972:7). Synonymic//»/ central (Roussel 1974:29)
Die Geige, ihre Teile und die Spieltechnik
311
Brettchen: Es ist gut, bei einem zweiteiligen Boden „die Bodenfuge durch sechs kleine Brettchen zu verstärken, die in gleichen Abständen auf die Bodenfuge geleimt werden (l cm2, 2 mm stark, Ahomholz)" (Millant 1981:29). Synonym: Bläuchen (Melkus 1979:8).
taquet: „Petit carre" de bois, d'environ l cm? de surface, place" ä l'intorieur de la caisse du violon pour consolider le joint ou une cassure. Les taquets se fönt d'orable, s'il s'agit du fond et en sapin, s'il faut renforcer la table" (Larousse 1982,11:401).
Bodenplättchen: „Der Boden lauft im oberen Teil in Höhe des -> Halsansatzes in ein kleines vorspringendes, halbkreisförmiges Plättchen aus, das den Rucken des Halsansatzes bedeckt und als Stütze dienf' (Melkus 1979:9).
talon: „Extr^mite" superieure du fond du violon, ou vient s'appuyer le -> manche. Cette partie est ainsi nommoe ä cause de sä forme somi-circulaire" (Larousse 1982, 11:398).
Hohlkehle: „Parallel zum -> Rand von Boden und Decke, die denselben Umriß haben, entsteht eine Hohlkehle, ein fein und gleichmäßig ausgehobelter Graben von ca. 3 mm Breite. Im allgemeinen nimmt die Holzstärke von der Mitte des Bodens bzw. der Decke gegen die Holzkehle ab und gegen den Rand wieder etwas zu" (Melkus 1979:9).
gorge: „Partie de la table et du fond du violon se trouvant pres des -» bords et reprosentant un loger creux. Ce dotail donne plus de relief ä la voüte et assure ä l'ensemble une certaine souplesse" (Larousse 1982, 1:403).
Rand: „Die Ränder von Boden und Decke, die sorgfältig rundgeschliffen werden, ragen um 2-3 mm Über die Kante des -t Zargenkranzes hinaus und schützen diesen vor Kratzern" (Sachs 1913:315).
bord: „Partie de la table et du fond depassant les -» oclisses. Epaisseur 3-4 mm" (Greilsamer!978:106).
Ader: „In Boden und Decke werden Adern zum Schutz der Ränder eingelegt, die am äußersten Rand entlanglaufen. Im heutigen Geigenbau bestehen diese Adern aus zwei dünnen Streifen Ebenholz oder gebeiztem Bimbaumholz, zwischen welche ein dünner Streifen Ahomholz gesetzt wird. Sie werden nebeneinanderlaufend in Decke und Boden in einen Adergraben eingesetzt" (Melkus 1979:9). Synonyme: Flödel („eingelegte Verzierung bei Streichinstrumenten"), Herkunft unbekannt (Brockhaus / Wahrig 1981:790) und £/«/age(Papel976:17).
filet: „Omement fait de petites bandes de bois - deux noires et une blanche dans le milieu - et courant tout autour de la table et du fond du violon, ä 3-4 mm du bord. Les filets sont incrustis dans une mortaise ä miopaisseur de la piece. Outre leur effet decoratif ils servent a renforcer les bords et a oviter des cassures par la suite de chocs" (Larousse 1982,1:338f.). Synonym: Filetage (Möckel 1977:372).
Zarge: „Seitenwand bei Streichinstrumenten; dünne, 3—4 cm breite Streifen aus Ahomholz, die unter Hitzeeinwirkung gebogen werden" (Brockhaus / Riemann 1978,11:714).
eclisse: „paroi latorale du corps du violon" (Pincherle 1974:10).
Oberzargen: „Die beiden Oberzargen rechts und links vom Hals stellen den oberen Abschnitt des Zargenkranzes dar. Sie werden im Innern des Corpus durch den -> Überklotz gestützt." Synonym: Oberbügel (-¥ Unterbügel, -* Mittelbügel), vgl. Valentin (1980:79).
epaules: „courbe supeYieure des oclisses" (mündliche Quelle).
312
Christian Schmitt
Mittelzargen: seitliche Einbuchtungen in der Mitte des Corpus. Synonym: Mittelbügel, auch Mittelbug (mundliche Quelle).
oclisses centrales: „courbe intorieure des oclisses" (mündliche Quelle). Synonym: C „enchancrure situoe dans la partie modiane de la caisse des violes" (Abondance 1981:117), auch CC (Larousse 1982:170).
Unterzargen: unterer Abschnitt des Zargenkranzes, durch Unterklotz gestützt (mündliche Quelle).
kein Äquivalent, doch ist, vergleichbar courbe superieure, auch courbe inferieure (bzw. eclisse inferieure) denkbar.
Zargenkranz: „Boden und Decke sind durch den Zargenkranz miteinander verbunden. Dieser [...] besteht aus sechs einzelnen -> Zargen, die [...] zu einem Kranz zusammengeleimt werden" (Melkus 1979:9).
Hier scheint eine Lücke im Benennungssystem des Französischen zu bestehen, zumal sich auch keine Darstellungen finden.
Zargenecken: Die Zargenecken sind die vier Stoßstellen, an denen Über-, Mittel- und Unterzargen aneinanderstoßen (Möckel 1977: 190).
coins: „En termes de luthorie, (1) angle formo par les ochancrures dans le trace1 du violon, ainsi que (2) chacun des petits -» tasseux qui les renforcent" (Larousse 1982, I: 21l).1
Gegenzargen: „Bei den Geigeninstrumenten, die schmalen Lagen zwischen den Zargen einerseits und Decke und Boden andererseits, die der festeren Verbindung dieser Teile dienen" (Sachs 1913:320). Synonyme dieses veraltenden Terms sind Reifchen, Fütterung (Sachs 1913:320) und Bereifung (Melkus 1979:8f.)
contre-eclisses: „Petites bandes de bois loger placees ä l'intorieur du corps colloes centre les oclisses, dont elles öpousent les formes, courbees au feu et en doublant les bordes" (Larousse 1982:294).
Klötze: Die Klötze, die sich im Innern des Corpus befinden, dienen zur inneren Befestigung der Zargen (mündliche Quelle). Synonym: Stöcke (Valentin 1980:80).
Tasseaux: „Blocs de bois dur au nombre de six, cellos ä l'intorieur du corps contre les oclisses dont ils ont la mome hauteur" (Greilsamerl978:108).
Oberklotz: „der Mitte des Hohlraums zu halbmondförmig abgerundetes Stück Fichten- oder Ulmenholz, das gegen die Oberzargen geleimt ist und sie verstärkt. Auf seiner oberen, dem Hals zugewandten Seite befindet sich ein fein ausgestochener Graben, in den der Halsansatz eingesetzt wird" (Sachs 1913:320). Synonym: Großer Stock (Valentin 1980:80).
tasseau de devant: „Piece de bois tendre § 3 tilleul, saule, peuplier ou sapin - se trouvant a l'intorieur de la caisse du violon. Les tasseaux sont au nombre de deux. Celui de devant est enclavo pour recevoir le -> manche assurant ainsi la stabilito [...]" (Larousse 1975,11:403). Synonyme: tasseau du haut (Greilsamer 1978: 108) und tasseau superieur (Melkus 1972:8).
Eckklötze: „Die vier Eckklötze werden an den vier Ecken der Violine angebracht. Es sind dreikantige Blöcke aus Fichten- oder Ulmenholz und dienen zur Verstärkung der Zargenecken" (Weich / Windisch 1981:78). Synonym: Kleine Stöcke (Valentin 1980:80).
coins: „En termes de luthe"rie (1) chacun des quatre angles [...] ainsi que (2) chacun des petits tasseaux qui renforcent les coins" (Larousse 1975,1:211). Synonym: tasseaux des coins (Greilsamer 1978:108).
Dabei ist festzuhalten, daß coin fachsprachlich auch in den Bedeutungen „chacun des quatre angles situos symötriquement ä la partie suporieure et inforieure des CC" (Greilsamer 1978: 107) und „petite piece de bois renfor9ant par l'intorieur les Ichancrures des " (Abundance 1981:118) gebraucht wird.
Die Geige, ihre Teile und die Spieltechnik
2
313
Unterklotz: Block aus Fichten- oder Ulmenholz, dessen obere, dem Stimmstock zugewandte Seite halbrundfbrmig abgeschliffen ist; die untere Seite ist auf die Unterzargen geleimt (mündliche Quelle).
tasseau de derriere: „(rounit) les deux oclisses [...] est perce" d'un trou, soutenant la -> corde d'attache du -» cordier. II consolide ainsi cette partie du violon soumise ä un gros erTort, puisque tout le tirage des -> cordes se porte en deTmitive sur le -> bouton" (Larousse 1982,11:403). Synonyme: tasseau du has (Greilsamer 1978:108) und tasseau inferieur (Melkus 1972:9).
Stimmstock: „(...) ist eine rundgeschliffene, 4-5 cm lange Stange mit einem Durchmesser von 6 mm. Er wird unter dem Diskantfuß des -> Steges, also in Höhe der -Saite so plaziert, daß er zwischen Boden und Decke senkrecht eingeklemmt steht. Er überträgt die Schwingungen von der Decke auf den Boden" (Melkus 1979:11). Synonyme: Stimme (Weich / Windisch 1981: 78) und Anima (Sachs 1913; wenig gebraucht, wohl Gallizismus).
äme: „Petite piece cylindrique en sapin, serrde entre le fond et la table un peu en arriere du pied droit du -> chevalet, et tres importante pour la sonoritd. Son röle est de transmettre les vibrations de la table au fond, de soutenir la table du cötd droit, afm de rdsister ä la pression des cordes sur le chevalet" (Larousse 1982,1:27).2
Baßbalken: „An der Innenseite der Decke wird der Baßbalken verleimt, ein langes, schmales, sich an beiden Enden verjüngendes Stäbchen aus Fichten- oder Ahomholz von ca. 29 cm Länge. [...] es hat die Funktion, den Druck der G- und D-Saite auf den Steg aufzufangen, die Decke zu unterstützen, aber auch die Schwingungen im Hohlraum des Corpus gleichmäßig zu verteilen" (Honegger / Massenkeil 1978:208).
harre: „Petite piece de sapin collde ä l'intdrieur de la table sur presque toute sä longueur et placde exactement sous le pied gauche du chevalet. Elle a pour objet de soutenir la table du cöte" des cordes graves et de communiquer les vibrations du chevalet ä toute Pdtendue de la table" (Larousse 1982, 1:78).
F-Löcher: „Die als Schallaustrittsstellen dienenden Öffnungen werden rechts und links vom Steg in Form eines § in die Decke geschnitten" (Melkus 1979:9). Synonym: Schallöcher (Valentin 1980:79).
FF: „Ouvertures longitudinales en forme d' §, placdes symdtriquement sur la table de rdsonance en rapport avec Pair ambiant" (Greilsamer 1978:106). Synonym: oute (Abondance 1981:119).
Steg: „Kunstvoll geschnitztes Brettchen aus Ahornholz, das ornamentale Aussparungen in seiner Mitte und an den Seiten aufweist [...]. Der Steg steht nur, vom Druck der über seine obere Kante laufenden Saiten gehalten, senkrecht auf der Decke in Höhe der Mitte der F-Löcher [...]" (Brockhaus / Riemann 1978,11:537).
chevalet: „Piece de bois de forme variable, disposoe sur la table d'harmonie d'un instrument ä cordes et soustendant celles-ci; son röle est double: avec le sillet il dolimite la longueur de corde vibrante; il transmet d'autre part ä la table les vibrations des cordes" (Abondance 1981:118).
Die sachliche Begründung liefert Farga: „Die Franzosen haben dem Stimmstock den bezeichnenden Namen Wirbellöcher gebohrt sind" (Kolneder 1972:62).
joues: „parties plates de la t£te du violon ou s'enfoncent les -> chevilles" (Larousse 1982:490.
Wirbellöcher: „Die Wirbelkastenwangen wiesen je vier Löcher auf, durch die die Wirbel gesteckt werden" (mündliche Quelle).
trous de cheville: „chacune des deux joues montre quatre trous par ou passent les chevilles" (mündliche Quelle).
Wirbel: „Drehbare Stifte an allen Saiteninstrumenten, um die jeweils ein Ende der Saiten gewickelt ist, so daß durch Drehen der Wirbel die Saiten gestimmt werden können" (Riemann 1967:1067f). Synonym: Stimmwirbel (Schaub / Baumann 1981:88).
cheville: „Pioce de bois (obene, palissandre), composoe d'une tige conique et d'une tete" (Larousse 1982,1:186).
Schnecke: „Die Schnecke ist die in Schneckenform auslaufende Verzierung des Wirbelkastens und ist eine Verzierung desselben" (Weich / Windisch 1981:78).
volute: „Extre~mite* de la t€te du violon, s'enroulant en spirale autour du bouton central" (Larousse 1982,11:490). Synonyme: crosse (Petit Robert 1995:517a) und coquille „on 1'appelle aussi volute ou crosse" (Larousse 1982,1:226).
Schneckenohr. „Die Endpunkte der Schneckenwindungen werden Schneckenohren genannt" (Roussel 1974:41).
bouton: „Petite preeminence cylindrique par laquelle se termine la volute, ä droite et a gauche" (Greilsamer 1978:103). Ist mehrdeutig (auch „Sattelknopf'), daher sollte das Lexem mit Lagemerkmal (bouton de la volute) gebraucht werden.
Christian Schmitt
316 4. Die Spieltechnik und ihre Terminologie Fingersatz: „[...] beim Spielen von Musikinstrumenten die Verteilung und Anordnung der Finger auf dem Griffbrett" (Brockhaus 1982,1:101).
doite: „Indication portde sur la musique des instruments a cordes [...], concemant le choix et le jeu des doigts dans l'exocution d'un morceau" (Larousse 1982,1:274).
Fingerübung: „Übung zum Training der Fingerfertigkeit auf einem Musikinstrument" (Brockhaus / Wahrig 1981,11:756).
Exercice pour la main gauche: „Exercice pour la des doigts de la main gauche" (mündliche Quelle).
Griff: „Das Greifen oder Anschlagen von Tönen und Akkorden auf einem Musikinstrument" (Brockhaus / Wahrig 1981, III: 303).
position: „terme de la technique instrumentale qui disigne la fa9on de doigter dans les instruments a archet" (Larousse 1982, II: 214).
Doppelgriff. „Eine Spieltechnik, bei der zwei Töne gleichzeitig gespielt werden, wobei zwei Finger auf zwei verschiedene Saiten aufgesetzt werden" (Brockhaus 1972, 1:147).
double-corde: „Dans la technique des instruments ä cordes, emploi simultano de deux ou plusieurs cordes. Le double-corde consiste a omettre simultanoment au moyen de archet deux notes appartenant ovidemment ä deux cordes immödiatement voisines" (Larousse 1982,1:277).
Tripelgriff. „Durch das gleichzeitige Aufsetzen von drei Fingern auf drei verschiedene Saiten wird der Tripelgriff erzeugt" (mündliche Quelle).
triple-corde, quadruple-corde: „se dit aussi des triples ou quadruples cordes qu'on est contraint d'arpoger, archet ne pouvant faire risonner que deux cordes ä la fois" (Larousse 1982,1:277).
Quadrupelgriff. „Beim Quadrupelgriff werden zunächst zwei Töne auf zwei verschiedenen Saiten (G und D) abgegriffen und als Vorschlag gleichzeitig angestrichen, worauf die beiden restlichen Töne auf den zwei verbleibenden Saiten (A und E) abgegriffen und gleichzeitig gestrichen oder gezupft werden" (Melkus 1979:108).
quadruple-corde: siehe oben.
Vibrato: „Eine zur Gruppe der Triller gehörende Verzierung. Das Vibrato im engeren Sinne besteht in der Wiederholung von Tonhöhenschwankungen, die durch ein Hin- und Herbewegen der Fingerkuppe auf der Saite erzeugt werden" (Brockhaus 1982,11:634).
Vibrato: „Ldgere ondulation du son du violon, obtenue par un mouvement dOscillation horizontale du poignet du violoniste. Les quäl lie's du vibrato sont l'ogalit£, Fampleur et la continuity du son" (Larousse 1975, II: 468).
Triller: „[...] Er besteht aus dem wiederholten, mehr oder weniger schnellen Wechsel des Haupttons mit seiner kleinen oder großen Obersekunde und wird durch einen mehr oder weniger schnellen Griffwechsel erzeugt" (Brockhaus 1982,11:611).
trille: „Omement qui consiste dans les battements rapides et interrompus de deux notes conjointes" (Larousse 1982,11:429).
Die Geige, ihre Teile und die Spieltechnik
317
Flageolett, natürliches: „Das natürliche Flageolett wird auf Saiteninstrumenten durch leichtes Aufsetzen eines Fingers auf die Teilungspunkte 1/2, 1/3 und 1/4 der Saite erzeugt" (Riemann 1967:290).
son harmonique, nature!'. „On obtient les sons harmoniques dits naturels en effleurant la corde ä diverses distances du sillet, au Heu d'appuyer les doigts de fa?on normale" (Pincherle 1974:34). Synonym: Harmonique nature! (ibid.:35).
Flageolett, künstliches: „Das künstliche Flageolett wird erzeugt, indem ein Finger fest auf die Saite gesetzt wird, so einen zusätzlichen Sattel bildet und ein weiterer, beliebiger Finger im Abstand der Quinte, Quarte oder Terz leicht auf die Saite aufgelegt wird" (Riemann 1967:291).
son harmonique artificiel: „Celui qu'on determine en usant de deux doigts de la main gauche, Tun normalement appuye" qui joue le röle de sillet mobile, l'autre effleurant la corde ä Intervalle de tierce, quarte, quinte et jusqu'ä sixte du premier" (Pincherle 1974:34). Synonym: Harmonique artificiel (ibid.:35).
Lage: „Eine Lage umfaßt den Tonraum einer Quarte" (Brockhaus 1982:309).
position: „Le violoniste est en premiere position quand le premier doigt produit le premier son succodant au son d'une corde ä vide" (Larousse 1982,11:214).
Lagenwechsel: „Die Verbindung der einzelnen Lagen miteinander durch den Übergang von einer in eine andere Lage" (Melkus 1979:109).
changement de position: „La main quitte sä place pour continuer dans une position plus haute ou plus basse sur la corde" (mündliche Quelle).
halbe Lage: „In der halben Lage unter der ersten Lage steht der erste Finger auf dem um einen Halbton, der zweite auf dem um einen Ganzton erhöhten Ton der leeren Saite [...], der dritte eine Terz, der vierte eine um einen Halbton erhöhte Terz über der leeren Saite" (Riemann 1967:501).
demi-position: „Parmi les douze positions possibles sur la touche du violon dans la demi-position [...] est celle dans laquelle le premier doigt otant a 1/2 ton du sillet, le deuxieme doigt n'est qu'ä 1/2 ton du premier [...]" (Pincherle 1974:25).
Pizzicato: „Spielanweisung bei Streichinstrumenten, die Saiten mit den Fingern anzureißen oder auszuschlagen" (Brockhaus 1982,11:460). N.B.: Die Koppelung von gestrichenen und gezupften Noten wird pizzarco genannt (mündliche Quelle).
Pizzicato: „II consiste ä mettre les cordes en Vibration non pas avec l'archet mais avec les doigts de la main droite, pouce ou index" (Larousse 1982,11:2000).
Bogenfiihrung: „Bei Streichinstrumenten das Anfassen und Halten des Bogens, sowie das Streichen des Bogens auf den Saiten" (Brockhaus 1982,1:69).
conduite d'archet: „Tirer et pousser l'archet du talon ä la pointe et de la pointe au talon" (mündliche Quelle).
Abstrich: „Herunterstrich vom Frosch zur Spitze" (Brockhaus 1982,1:69).
tire: „Se dit de l'instrumentaliste ä cordes, qui dirige son archet dans le sens du talon ä la pointe" (Larousse 1982,11:419).
Aufstrich: „Hinaufstrich von der Spitze zum Frosch" (Brockhaus 1982,1:69).
pousse: „Se dit de instrumental iste ä cordes qui dirige son archet dans le sens de la pointe au talon" (Larousse 1982,11:216).
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Christian Schmitt
Bogenwechsel: „Der Bogenwechsel ist die Änderung der Bewegungsrichtung des Bogens" (mündliche Quelle).
changement d'archet: „Changer du pousse"" (mündliche Quelle).
au
Strichart: „Die unterschiedlichen Streichbewegungen mit dem Bogen" (Brockhaus 1982,11:578).
Coup d'archet: „Indication porte*e sur la musique du geste que doit röaliser un executant avec son archet sur le violon" (Larousse 1982,1:234).
Detache: „Strichart, bei der in deutlich abgesetztem Bogenwechsel jede Note einen Bogenstrich erhalt" (Brockhaus / Riemann 1978,1:313).
detache: „Coup d'archet bref, docido, dnergique, traduisant le caractere de volonte", de force, de promptitude. Dans le dotacho le son est nettement interrompu entre le tiro et le pousse de l'archet" (Larousse 1982,1:264).
Legato l Ligato: „Das Verbinden der Töne auf Streichinstrumenten durch Bindung mehrerer Töne auf einem Bogenstrich" (Brockhaus / Riemann 1978,11:26).
Legato: „Terme Italien d'interprotation qui signifie et indique que les sons doivent se succoder sans interruption de Tun ä l'autre" (Larousse 1975,1:543). Synonym: lie (Larousse 1975,1:544).
Martele: „Energische, schnelle und kurze Auf- und Abstriche, die gewöhnlich an der oberen Bogenhälfte gespielt werden" (Menuhin / Primrose / Stevens 1978:261).
martele: „Coup d'archet rapide, l'archet adhorant a la corde" (Pincherle 1974:28f).
Staccato: „Das Staccato [...] ist eine Strichart, die fordert, daß die Töne durch ruckartige Bogenftlhrung deutlich getrennt und akzentuiert hervorgebracht werden" (Brockhaus / Riemann 1978,11:532).
staccato: „Terme Italien qui indique que les notes doivent 8tre jouoes bien dotachöes les unes des autres" (Larousse 1982,11:371).
Staccato, fliegendes: „Eine Variante des Staccato, bei der sich der Bogen zwischen jeder Note von der Saite löst" (Menuhin / Primrose / Stevens 1978:262).
staccato volant: „Le staccato volant indique que l'archet quitte la corde aprös chaque note" (mündliche Quelle).
Tremolo: „Bei Streichinstrumenten rascher und gleichmäßiger Bogenwechsel auf demselben Ton; möglich in verschiedenen Schnelligkeitsgraden" (Brockhaus / Riemann 1978,11:611).
tremolo: „Terme qui [...] s'est appliquo ä un eflet particulier aux instruments ä cordes, consistant en une suite de tiros et de pousses tellement rapides que les sons ne pr&entent aucune solution de continuito" (Larousse 1982, :428).
Arpeggio: „Bezeichnung für eine Spielart auf Tasten-, Zupf- und Streichinstrumenten, bei der die Töne eines Akkords nicht gleichzeitig, sondern nacheinander erklingen, in unserem Fall durch Streichen oder Zupfen, und, sofern es das Instrument zuläßt, entsprechend der notierten Dauer der Akkorde gehalten werden" (Brockhaus / Riemann 1978,1:56).
arpege: „Les particuliers de la double-corde, oü les accords, au lieu d'etre attaquos simultanement (frottos ou pincos), sont ogninos note par note comme sur la harpe" (Menuhin / Primrose / Stevens 1978:34).
Colegno: „Vorschrift beim Streichinstmmentenspiel, die Saiten mit der Bogenstange zu streichen oder anzuschlagen" (Brockhaus /Riemann 1978,1:264).
colegno: „Expression qui avertit les instrumental istes ä archet d'attaquer la corde non plus avec les crins mais avec le bois de la baguette pour produire un effet qui rapelle la sonorito des instruments ä cordes pincies" (Pincherle 1974:31).
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Die Geige, ihre Teile und die Spieltechnik
Flautato: „Bei Streichinstrumenten Vorschrift der Bogenftlhrung nahe am Griffbrett, wobei die Bildung der geradzahligen Obertöne verhindert wird" (Riemann 1967:291).
flautato: „Coup d'archet sur les cordes en promenant l'archet rapidement et pianissimo tout pres de la tauche" (Pincherle 1974:31).
Sul ponficello: „Bogenstrich, dessen Kontaktstelle möglichst nahe am Steg liegen soll" (Brockhaus / Riemann 1978,11:526).
sul ponticello: „Locution employee en I literature violonistique pour indiquer qu'il faut jouer avec l'archet tres rapprocho du chevalet" (Larousse 1975,11:210). Synonym: Au chevalet (Riemann 1967:920).
Spiccato: „Geworfene Strichart, bei der jeder Ton mit einem neuen Bogenstrich hervorgebracht wird [...]. Im schnelleren Tempo geht das Spiccato in das -> Sautillo über" (Brockhaus/Riemann 1978,11:529).
spiccato: „Terme Italien de la technique du violon qui indique qu'il faut ddtacher les notes en faisant sauter l'archet ä courtes distances" (Larousse 1982,11:369).
Sautille: „Eine geworfene Strichart in schnellem Tempo, bei der der Bogen aufgrund der ihm eigenen Elastizität von selbst springt, d.h., in schnellem Wechsel von Aufund Abstrich auf die Saite springt und sofort wieder von ihr abhebt" (Brockhaus / Riemann 1978,11:445).
sautille: „Coup d'archet rapide, court, quittant la corde apres chaque note, rebondissant d'apres une proposition souple de la main droite et provoquo par la rrotti verticale" (Larousse 1982,11:316).
Ricochet: „Springbogen für mehrere Töne auf einem Bogenstrich. Es wird im Abstrich im oberen Drittel des Bogens ausgeführt und beruht auf dem elastischen Rückprall, den der Bogen nach kräftigem Werfen auf die Saite ausführt" (Brockhaus / Riemann 1978, 11:445).
ricochet: „Terme employi dans la technique des instruments ä archet: le ricochet consiste ä faire plusieurs notes d'un meme coup d'archet (tiro), en faisant rebondir l'archet apres chaque note" (Larousse 1975,11:266). Synonym:ye/