Präpositionalattribute: Syntaktische und semantische Analysen [Reprint 2012 ed.] 9783110918649, 9783484304475

Proceeding from fundamental considerations on grammar research, notably in the sectors of prepositions and noun valency,

191 68 10MB

German Pages 311 [316] Year 2001

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Table of contents :
Danksagung
Vorwort
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Präpositionalattribut in der Fachliteratur
2.1 Monographien
2.2 Die Grammatiken des Deutschen
2.3 Die Fachliteratur
2.4 Die Wörterbücher
2.5 Fazit
3 Zur theoretischen Grundlegung
3.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen
3.2 Wissenschaftstheorie und Sprachtheorie
3.3 Sprachtheoretische Grundlagen
3.4 Die eigene Position
4 Das Präpositionalattribut in dieser Arbeit
4.1 Präpositionen
4.2 Substantive
4.3 Zur Terminologie
5 Die Testverfahren zur Bestimmung der PPA-Konstruktion
5.1 Die Identifizierung der postnominalen Präpositionalphrase
5.2 Die Differenzierung der postnominalen Präpositionalphrase
5.3 Die Abgrenzung von der AAB-Konstruktion
6 Die empirische Untersuchung
6.1 Die Voraussetzungen und Vorarbeiten
6.2 Die Vorgehensweise
6.3 Die Analysen im einzelnen
7 Die Resultate in der Kritik
8 Applikationsmöglichkeiten
9 Literatur
Anhang
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Präpositionalattribute: Syntaktische und semantische Analysen [Reprint 2012 ed.]
 9783110918649, 9783484304475

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Linguistische Arbeiten

447

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Heinz Vater und Richard Wiese

Stefan J. Schierholz

Präpositionalattribute Syntaktische und semantische Analysen

Max Niemeyer Verlag Tübingen 2001

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schierholz, Stefan J.: Präpositionalattribute : syntaktische und semantische Analysen / Stefan J. Schierholz. - Tübingen : Niemeyer, 2001 (Linguistische Arbeiten ; 447) ISBN 3-484-30447-2

ISSN 0344-6727

© Max Niemeyer Verlag G m b H , Tübingen 2001 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Weihert-Druck G m b H , Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Nädele, Nehren

Danksagung

Die vorliegende Arbeit ist während meiner Tätigkeiten am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Pädagogischen Hochschule Erfurt sowie am Seminar für Deutsche Philologie der Universität Göttingen entstanden. Die ursprüngliche Zielsetzung, eine kontrastive Arbeit zum Englischen, Deutschen und Portugiesischen anzufertigen, ist (zum Glück) rechtzeitig aufgegeben worden; denn im Verlauf der Untersuchungen hat sich herausgestellt, daß die Beschränkung auf nur eine Sprache, das Deutsche, eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, die gesteckten Ziele einigermaßen gründlich verfolgen zu können. Eine mehrsprachige Analyse und ein kontrastiver Vergleich wären zu Lasten der Einzelanalysen gegangen oder hätten das Volumen der Niederschrift erheblich vergrößert. Danken möchte ich zuerst Herrn Prof. Dr. Hans Ulrich Boas, der mir bei der Beantragung und Durchführung des parallel zu den hier vorliegenden Untersuchungen ausgeführten zweieinhalbjährigen Forschungsprojekts, „Piäpositionsvalente Substantive. Trilinguale Grundlagenforschung zum Deutschen, Englischen und Portugiesischen" jedwede Unterstützung gewährt hat. Weiterhin danke ich meinen Göttinger Professoren Herrn Prof. Dr. Dieter Cherubim und Herrn Prof. Dr. Sigurd Wichter für wichtige Ratschläge und Ergänzungen sowie Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Herbert Ernst Wiegand für kritikvolle Diskussionen, in denen es meistens um Lexikographisches, aber eben oft auch um Grammatisches ging. Außerdem danke ich Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Wilfried Barner und Herrn Prof. Dr. Werner Lehfeldt für Ihre Bereitschaft, die Arbeit zu begutachten, den Herausgebern für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe „Linguistische Arbeiten", meinem Freund, Dr. Thomas Richter, für die immer kritischen Kommentare zur Kritik der Kritik, Frau Eilika Fobbe für das fachkundige Überprüfen des Manuskripts, Frau Claudia Hardut und Herrn Andrew Kerr für ihre oftmals ermüdenden, aber essentiellen Datensammlungen in dem oben genannten Erfurter Forschungsprojekt sowie der Stuttgarter Kollegin, Judith Eckle, und dem Stuttgarter Kollegen, Dr. Ulrich Heid, für die hervorragende Kooperation im Bereich der Corpuslinguistik. Insbesondere aber danke ich meiner Frau und meinen Kindern für ihre Geduld, die Habilitanden oftmals zu selbstverständlich einfordern. Göttingen, im Januar 2001

Stefan Schierholz

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

V

Vorwort

IX

Abkürzungsverzeichnis

X

1

Einleitung

1

2

Das Präpositionalattribut in der Fachliteratur 2.1 Monographien 2.1.1 Droop 1977 2.1.2 Teubert 1979 2.1.3 Lauterbach 1993 2.1.4 Schmidt 1993 2.2 Die Grammatiken des Deutschen 2.3 Die Fachliteratur 2.3.1 Die an der Syntax orientierte Fachliteratur 2.3.2 Die an der Lexikographie orientierte Fachliteratur 2.4 Die Wörterbücher 2.4.1 Spezialwörterbücher 2.4.2 Einsprachige Wörterbücher des Deutschen 2.4.3 Zweisprachige Wörterbücher 2.5 Fazit

11 12 12 15 16 18 20 39 39 53 57 57 63 65 66

3

Zur theoretischen Grundlegung 3.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen 3.2 Wissenschaftstheorie und Sprachtheorie 3.3 Sprachtheoretische Grundlagen 3.4 Die eigene Position 3.4.1 Die allgemeinen Vorannahmen 3.4.2 Bedingungen für das Textcorpus 3.4.3 Die grammatiktheoretischen Grundlagen

69 69 76 77 89 90 93 98

4

Das Präpositionalattribut in dieser Arbeit 4.1 Präpositionen 4.2 Substantive 4.3 Zur Terminologie

117 117 122 124

5

Die Testverfahren zur Bestimmung der PPA-Konstruktion 5.1 Die Identifizierung der postnominalen Präpositionalphrase 5.1.1 Die Permutationsprobe 5.1.2 Die Substitutionsprobe 5.1.3 Die Trennprobe

131 136 137 139 140

Vili

5.2

5.3

6

5.1.4 Die Relativsatzprobe Die Differenzierung der postnominalen Präpositionalphrase 5.2.1 Feste Wendungen und Funktionsverbgefuge 5.2.2 Präpositionale Präpositionalphrasen 5.2.3 Präponierte Attribute Die Abgrenzung von der A AB-Konstruktion 5.3.1 Die Bedeutung der Präposition 5.3.2 Die Derivationsbasis des RektionssubstantivsppA 5.3.3 Die Kasusmarkierung der Nachfolger-NP 5.3.4 Der Pronominaladverbtest 5.3.5 Der Erfragbarkeitstest 5.3.6 Die Überführung in einen Nebensatz mit Korrelat 5.3.7 Die Modifizierbarkeit der Präpositionalphrase 5.3.8 Der Kopulaverbtest 5.3.9 Weitere Testverfahren 5.3.10 Die Testverfahren im Vergleich

142 144 144 145 146 147 147 149 153 155 164 168 173 176 178 184

Die empirische Untersuchung 6.1 Die Voraussetzungen und Vorarbeiten 6.2 Die Vorgehensweise 6.2.1 Die Sammlung der RektionssubstantiveppA 6.2.2 Der Aufbau der Bedeutungsfelder 6.3 Die Analysen im einzelnen 6.11 Die PPA-Konstruktion mit „auf' 6.3.1.1 Die Semantik des RektionssubstantivsppA-AUF 6.3.1.2 Die Bedeutung der PPPA-AUF 6.3.1.3 Die Semantik des NachfolgersubstantivsppA-AU 6.3.1.4 Die Auswertung 6.3.2 Die PPA-Konstruktion mit „unter" 6.3.2.1 Die Semantik des RektionssubstantivsppA-uNTER 6.3.2.2 Die Bedeutung der PppA-uNTER 6.3.2.3 Die Semantik des NachfolgersubstantivsppA-uNTER 6.3.2.4 Die Auswertung 6.3.3 Zusammenfassender Vergleich

227 233 244 251 263 266 267 273

7

Die Resultate in der Kritik

277

8

Applikationsmöglichkeiten

287

9

Literatur

293

Anhang

189 190 192 193 196 198 199 200 221

305

Vorwort

In der Untersuchung werden in bezug auf die Textformatierung einige Konventionen eingehalten, die dazu dienen sollen, die Textrezeption zu erleichtern und bestimmte Textteile hervorzuheben. Alle Beispielsätze und Beispielphrasen stehen in Kursivschrift, wenn es sich um modifizierte oder nicht modifizierte Corpusbelege handelt. Der Teil des Beispielsatzes oder der Beispielphrase, auf den im laufenden Text Bezug genommen wird, steht in Versalien. Dieses Prinzip wird auch beibehalten, wenn die Beispiele aus anderen fachwissenschaftlichen Arbeiten übernommen werden, es sei denn, diese Beispiele sind als wörtliches Zitat mit Quellennachweis gekennzeichnet. Die Abkürzungen und Symbole sind im Abkürzungsverzeichnis in Kurzform erläutert, auch wenn deren Erklärung aus linguistischer Sicht manchmal überflüssig erscheint. Für spezielle Abkürzungen, deren Verwendung sich aus dem Gang der Untersuchung ergibt, erfolgen im laufenden Text ausfuhrliche Explikationen.

Abkürzungsverzeichnis

Det, D Determinane, hier als Artikel Ρ Präposition Ν Nomen NP = Nominalphrase PP = Präpositionalphrase PPO = Präpositionalobjekt PPA = Präpositionalattribut PPA-Konstruktion = Präpositionalattributskonstruktion PPPA = regierte Präposition AAB = attributive adverbiale Bestimmung AAB-Konstruktion = Konstruktion, die eine attributive adverbiale Bestimmung enthält = PAAB Präposition in einer AAB-Konstruktion -» Hoffnung auf', „Peter liebt seine Tochter Peters Liebe zu seiner Tochter").60 Für die Präpositionalgruppe werden unterschiedliche Aspekte ihrer internen Struktur erörtert (Rektion, Verschmelzung, Erweiterung), aber es werden keine Beispiele für PPAe angeführt. Die Hauptfunktion der Präpositionalgruppe sei die Adverbialbestimmung, zu der verschiedene Adverbialklassen, allerdings nur im Zusammenhang mit Verben, betrachtet werden.61 Typische Abgrenzungskriterien zwischen PPOen und Adverbialbestimmungen, die auch für die Unterscheidung von PPA und AAB zutreffen könnten, werden nur für Verbergänzungen behandelt (z. B. die Bedeutung der in der PP vorkommenden Präposition, Einsetzen des Pronominaladverbs vs. des einfachen Adverbs).62 Bei der Behandlung der Präpositionalgruppe als Prädikativ treten in den „sog. Streckformen oder Funktionsverbgefügen" mehrfach PPAe auf. Diese Konstruktionen bestehen aus einem Substantivgefiige bzw. Präpositionalgefüge plus einem Funktionsverb („Angst vor etwas haben" bzw. „in Widerspruch zu etwas stehen"), welches bei weitgehender Synonymie mit einem Vollverb alternieren kann. Als Funktionsverb wird ein Vollverb bezeichnet, das in einem spezifischen Kontext semantisch reduziert ist. Dazu werden umfangreiche Beispiellisten angelegt.63 Dagegen ist einzuwenden, daß das Funktionsverb sehr oft ein Hilfsverb ist und daß viele Substantive, die eine Präpositionalgruppe regieren, mit verschiedenen Verben vorkommen können, wobei gerade deren Bedeutung die Semantik der Streckformen verändert: Einblick in etw. haben, Einblick in etw. erteilen, Einblick in etw. nehmen, Einblick in etw. bekommen,64 Auch bleibt in den GRUNDZOGEN die Abgrenzung der phraseologischen Wendungen („Wurzeln schlagen", „in die Binsen gehen") von den Streckformen unklar, wenn gesagt wird, daß der „Grad der phraseologischen Bindung der Funktionsverben an die Valenzträger [...] unterschiedlich" sei.65

58 59 60 61 62 63 64 65

Heidolph/Flämig/Motsch (1984:287). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:287f.). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:312f. und442ff). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:37411). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:42711). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:43111). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:436f). Vgl. Heidolph/Flämig/Motsch (1984:438f.).

24 Zum Status von Präpositionen enthält die Grammatik an unterschiedlichen Stellen unvollständige bzw. widersprüchliche Aussagen: „Präpositionen in Präpositionalgruppen mit adverbialer oder attributiver Funktion weisen jedoch ausgesprochene Eigenbedeutungen auf, so daß mit Hilfe dieser präpositionalen Kasus Beziehungsbedeutungen ausgedrückt werden können, zu deren Realisation die reinen Kasus nicht geeignet sind."66 Damit können allerdings nur Präpositionen gemeint sein, die ihre eigentliche Bedeutung behalten haben, und diese sind nur in AABen zu finden, aber nicht in PPOen oder PPAen. Im Kapitel über Präpositionen werden verschiedene Typen von Präpositionen untersucht, u. a. solche, die in PPOen auftreten („auf den Freund warten"), die attributive Leerstellen von Substantiven einleiten („der Weg zum Bahnhof') oder die von Substantiven regiert werden („Peters Ärger über den Freund"). Eine Gliederung der Präpositionen erfolgt in erster Linie unter semantischen Aspekten, die sich auf Adverbialbestimmungen (lokaler, temporaler, modaler Art) beziehen.67 Für die Erfassung der Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen bietet die Grammatik wenig Hilfen. Innerhalb der Behandlung der Substantivgruppe wird bei der Darstellung der Attribute keine Unterscheidung zwischen PPA und AAB gemacht. Die Darstellung erscheint für die PPA-Konstruktion wenig systematisch, und die eigene Terminologie bedeutet für einen Erstbenutzer dieser Grammatik etwas Einarbeitungsbedarf. Kalevi T A R V A I N E N (1986) beschreibt in seiner Grammatik die Satzstruktur des Deutschen aus dependenzgrammatischer Sicht. Die Valenztheorie sieht er als einen Teil der Dependenzgrammatik an, weil sie nur die Regentien und ihre valenzgebundenen Ergänzungen umfasse, während in der Dependenzgrammatik auch die freien Angaben behandelt werden. Für die Gliederung des Satzes sei das Verb als Prädikat immer das Regens, das valenzgebundene Ergänzungen und/oder freie Angaben als Dependentien habe. Von diesen könnten weitere Dependentien abhängen, die sich dann als Dependentien zweiten Ranges beschreiben lassen.68 Dazu gehören auch die Attribute des Substantivs, die in valenzgebundene Attribute (attributive Ergänzungen) und freie Attributsangaben eingeteilt werden. Innerhalb der valenzgebundenen Attribute unterscheidet T A R V A I N E N U. a. „objektähnliche Attribute, die dem Objekt eines Verbs oder prädikativen Adjektivs entsprechen" („mein Dank an diesen Mann") und „adverbialähnliche Attribute, die der Adverbialergänzung eines Verbs entsprechen" („seine Reise nach Italien").69 Bei den objektähnlichen Attributen werde die Präposition durch das Bezugssubstantiv determiniert, und die Anapher ist ein Pronominaladverb oder ein Pronomen mit Präposition. Die Präposition sei oft die gleiche wie die Präposition des Objekts zum entsprechenden Basisverb, könne aber auch einem Dativ- oder Genitivobjekt entsprechen. Das Bezugssubstantiv könne ein nomen actionis, ein deadjektivisches Substantiv oder ein nomen agentis sein, oder es sei gar nicht auf ein Verb oder Adjektiv zurückführbar. T A R V A I N E N gibt eine Auflistung der Präpositionen, die in objektähnlichen Attributen vorkommen können, und zählt auch Tiefenkasus auf, die in PPA-Konstruktionen stehen, ζ. B. 66 67 68 69

Heidolph/Flämig/Motsch (1984:591). Heidolph/Flämig/Motsch (1984:695fl'.). Vgl. Tarvainen (1986:1411). Vgl. Tarvainen ( 1986:241". und 204). Dabei entspricht der Terminus „objektähnliches Attribut" der hier vertretenen Auffassung eines PPAs und der Terminus „adverbialähnliches Attribut" der hier vertretenen Auffassung einer AAB.

25 den Adressativ („die Antwort an den Kunden") oder den Themativ („das Gespräch über die Reise"). Es handelt sich dabei allerdings nur um eine Übersicht ohne eine feste Zuordnung bestimmter Präpositionen zu Tiefenkasus oder die Darstellung des Zusammenhangs zu den jeweiligen Bezugssubstantiven. Jedoch weist TARVAINEN darauf hin, daß die meisten Präpositionen mehrere Tiefenkasus zum Ausdruck bringen könnten und daß nur wenige Tiefenkasus durch eine bestimmte Präposition realisiert werden.70 Bei den adverbialähnlichen Attributen werde die Präposition von der Bedeutung der attributiven PP selbst bestimmt, und die Anapher sei ein einfaches Adverb. Das adverbialähnliche Präpositionalattribut entspreche meist dem Adverbial des entsprechenden Verbs.71 Valenzgebundene adverbialähnliche Attribute kämen vor allem bei Verbalsubstantiven vor und könnten direktiver und lokaler Art sein. Die Beispiele bei TARVAINEN sind allesamt AABen und belegen, daß auch die Verwendung von AABen nach Substantiven nicht nur fakultativ ist.72 Allerdings zählt TARVAINEN auch freie Attributsangaben, die er nach lokalen, temporalen und modalen unterscheidet, zu den adverbialähnlichen Attributen, wenn sie nach Verbalsubstantiven stehen („mein Studium in Berlin"). 73 Nach nicht abgeleiteten Substantiven gebe es auch freie Attributsangaben, die auch Präpositionalattribute heißen, inhaltlich nach semantischen Kriterien unterschieden werden könnten und bei lokalen und temporalen PPn durch Anaphern {da, dort bzw. damals) ersetzt werden könnten. TARVAINEN erwähnt außerdem die prädikativähnlichen Attribute, bei denen auch die Präposition vom Bezugswort des Attributs bestimmt werde, wie es beim entsprechenden Präpositionalprädikativ des Verbs der Fall sei.74 Jedoch sind die Darstellungen zu den Attributen nicht immer widerspruchsfrei, weil TARVAINEN innerhalb der valenzgebundenen Attribute zuerst zwischen abgeleiteten und nicht abgeleiteten Substantiven unterscheidet und danach nur für Deverbativa und Deadjektiva eine syntaktische Valenz annimmt, während er diese für nicht abgeleitete Substantive in Frage stellt. Er stützt sich dabei zum Teil auf die Untersuchungen TEUBERTS (1979), in denen Ergänzungen als Argumente im semantisch-logischen Sinne angesehen werden, so daß z. B. auch der possessive Genitiv bei relationalen Begriffen („der Vater des Mannes") als Ergänzung bezeichnet wird. In bezug auf die PPAKonstruktionen dürfte jedoch kein Zweifel bestehen, daß sich einige Substantive, die nicht abgeleitet sind {Appetit, Offensive, Rücksicht, Steuer) genauso verhalten wie Deverbativa und Deadjektiva. Außerdem rechnet TARVAINEN an anderer Stelle Präpositionalattribute von nicht abgeleiteten Substantiven zu den Ergänzungen und gibt für einige Beispiele die Tiefenkasus an („das Buch über den Frieden" (Themativ), „der Botschafter in Moskau" (Lokativ).75 Hier bleibt unklar, ob es sich um objektähnliche Attribute oder um adverbialähnliche Attribute handelt. Auch bei der Unterscheidung der Präpositionalattribute nach ihrer Form ist die Unterscheidung von Ergänzungen und Angaben undeutlich, weil TARVAINEN zu den Angaben nur stationäre Lokalangaben rechnet („der Mann auf der 70 71 72 73 74 75

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Tarvainen Tarvainen Tarvainen Tarvainen Tarvainen Tarvainen

( 1986:213f ). (1986:204f.). (1986:216f.). (1986:226f.). (1986:205 und 217). (1986:225f.).

26 Bank", „mein Studium in Helsinki"), während bei den Ergänzungen nicht nur PPAe stehen, sondern auch direktionale PPn („sein Stolz auf seine Heimat", „seine Reise nach Italien"). Die freien Attributsangaben nach abgeleiteten Substantiven, die zunächst von den valenzgebundenen Attributen unterschieden werden, werden an anderer Stelle wieder als adverbialähnliche Attribute bezeichnet, die aber als Untergruppe der valenzgebundenen Attribute angesehen werden. 7 6 Jedoch steckt in dieser terminologisch undeutlichen Differenzierung ein weiteres Problem, das innerhalb einer gesonderten Untersuchung zu AABen nach Substantiven zu klären wäre: Nicht an jedes Substantiv kann jede Art von Angabe lokaler oder temporaler Art angeschlossen werden, so daß hier auch eine Art syntaktisch-semantischer Dependenz vorliegt; allerdings ist das Beispiel TARVAINENS („Reise") dazu kein besonders passendes, weil es die Reise nach Spanien (wohin?), die Reise in Italien (wo?), die Reise von den Bahamas (woher?) und die Reise am Sonntag (wann?) gibt, während andere Substantive in bezug auf anschließbare AABen wesentlich restriktiver sind. 7 7 Die „Deutsche Grammatik" von HELBIG/BUSCHA ist „Ein Handbuch für den Ausländerunterricht", 7 8 das dazu dienen soll, beim Fremdsprachler die Kompetenz des Deutschen aufzubauen und beim Muttersprachler etwas zu systematisieren und bewußtzumachen, was er ohnehin bereits richtig benutzt. 79 HELBIG/BUSCHA behandeln den präpositionalen Kasus gleichwertig neben den reinen Kasus und rechnen zu den syntaktischen Funktionen der präpositionalen Kasus auch den „fakultativen Aktant beim Substantiv" [dieser entspricht dem PPA, S.J.SCH.], der bei bestimmten Substantiven stehen könne (die Freude über die bestandene Prüfung, die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen) und von dem die freien Angaben [diese entsprechen den AABen, S.J.SCH.] (der Freund im Nachbarsort, der Strand an der Nordsee) abzugrenzen seien. 80 Der präpositionale Kasus komme als Attribut zum Substantiv vor, so daß man von einer Rektion der Substantive in den Fällen sprechen könne, in denen die Präposition von dem davor positionierten Substantiv syntaktisch gefordert werde und nicht das nachfolgende Substantiv semantisch spezifiziere. Diese Verhältnisse lägen in einer freien Angabe anders, weil die Präposition nicht vom präponierten Substantiv regiert werde. Eine regierte Präposition sei daran zu erkennen, daß ein regierendes Substantiv immer nur eine bestimmte Präposition fordere, die keine erkennbare Bedeutung trägt. 81 Innerhalb der Gruppe der regierenden Substantive lassen sich bestimmte Ableitungsverhältnisse, ζ. B. zu Verben oder Adjektiven, feststellen, für die HELBIG/BUSCHA die folgenden Beispiele geben: Das Substantiv regiert die gleiche Präposition wie das zugrundeliegende Verb und Adjektiv (die Ähnlichkeit in). Das Substantiv regiert die gleiche Präposition wie das zugrundeliegende Verb, ein entsprechendes Adjektiv existiert nicht (die Anspielung auf).

76 77 78 79 80 81

Vgl. Tarvainen (1986:24f., 204, 216 und 226). Vgl. Schierholz (1998a:66ff). Helbig/Buscha (1988). Vgl. Helbig/Buscha (1988:17). Vgl. Helbig/Buscha (1988:295). Vgl. Helbig/Buscha (1988:296).

27 Das zugrundeliegende Verb regiert den Akkusativ, ein entsprechendes Adjektiv existiert nicht {der Angriff auf). Das zugrundeliegende Verb regiert den Dativ, ein entsprechendes Adjektiv existiert nicht (der Bericht an). Das Substantiv regiert die gleiche Präposition wie das zugrundeliegende Adjektiv, ein entsprechendes Verb existiert nicht (die Gier nach). Das zugrundeliegende Adjektiv regiert den Dativ, ein entsprechendes Verb existiert nicht (die Treue zu). Es liegen keine zugrundeliegenden Adjektive oder Verben vor (der Appetit auf)*2 Insgesamt werden dazu 91 Beispiele angegeben, in denen die von den Substantiven regierten Präpositionen - geordnet nach den oben aufgeführten Gruppen - aufgelistet werden, so daß für Lerner eine umfangreiche Beispielliste existiert. Allerdings hilft die Zuordnung der Beispiele zu den einzelnen Gruppen nur demjenigen, der das zugehörige Basiswort und dessen Rektionseigenschaften bereits kennt, zu dessen Ableitung er eine Auskunft wünscht. 8 3 Außerdem fehlen zu vielen Substantiven regierte Präpositionen, so daß nicht erkennbar ist, an welchen Stellen die Liste vollständig ist. Dadurch kann es aber passieren, daß genau die Frage, die ein Grammatikbenutzer hat, nicht beantwortet wird. So sind ζ. B. enthalten „Beratung über", aber nicht Beratung zwischen/mit, „Bitte um", aber nicht Bitte an, „Entscheidung für", aber nicht Entscheidung in/an/über, „Gedanke an", aber nicht Gedanke zu/über, „Kampf für/gegen", aber nicht Kampf mit/um, „Lust zu", aber nicht Lust auf/an.84 Betrachtet man die inhaltlichen Beziehungen der in der PPA-Konstruktion enthaltenen Konstituenten, so handelt es sich um Objektsbeziehungen (bei der Präposition „durch" um eine Subjektsbeziehung), weil die Präposition ihre eigentliche Bedeutung verloren hat und selbst nichts über die semantischen Beziehungen der beteiligten Signifikate ausdrückt. Grundsätzlich anders ist dies bei den AABen, die in einer komplexen NP stehen, weil die Präposition in der AAB ihre Bedeutung behält und die Beziehung zwischen dem Substantiv und der PP anhand der Präposition ablesbar ist. 85 HELBIG/BUSCHA differenzieren die postnominale PP nach PPA und AAB und nennen wesentliche Kriterien zur Unterscheidung (die abstrakte bzw. konkrete Bedeutung der Präposition, das unterschiedliche Rektionsverhältnis, die Substitution durch Adverbien). Allerdings wird das Rektionsverhältnis in der PPA-Konstruktion nicht vollständig dargestellt, weil nicht klar ist, ob die Präposition zu der davorstehenden oder nachfolgenden NP gehört. Der Terminus der 'Doppelrektion', der in BUSCHA (1984) am Beispiel des PPOs demonstriert wird, 8 6 ist auch auf die syntaktischen Verhältnisse in der PPAKonstruktion anwendbar. Auch zeigt eine vergleichende Interpretation verschiedener Textpassagen, daß die Formulierungen zu Leerstellen von Substantiven bei HELBIG/ BUSCHA nicht immer widerspruchsfrei sind, 87 so daß für den Grammatikbenutzer, insbesondere für den Fremdsprachler, die Frage bleibt, unter welchen Bedingungen sich die

82 83 84 85 86 87

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Helbig/Buscha (1988:296ff.). die Kritik an der Liste in Schierholz (1996a: 164). Helbig/Buscha (1988:29611). Helbig/Buscha (1988:592f.). Buscha (1984:148). Helbig/Buscha (1988:296) sowie die Kritik in Schierholz (1996a:163f.).

28 Bedeutungen von die Erlaubnis zu und die Erlaubnis für bzw. der Streit mit und der Streit um unterscheiden. Auch wenn ein Substantiv nur bestimmte Präpositionen regiert, muß dargestellt oder zumindest ein Hinweis gegeben werden, daß bei einem Wechsel der Präposition ein Bedeutungswechsel in der PPA-Konstruktion erfolgen kann, allerdings nicht erfolgen muß. Das betrifft auch die Restriktionen in bezug auf die Kombinationsmöglichkeiten mehrerer Präpositionalattribute, die bei H E L B I G / B U S C H A nicht gesondert behandelt werden.88 Jedoch ist im Gesamturteil positiv anzumerken, daß die grammatischen Analysen und Beschreibungen zu komplexen NPn auf einem relativ umfangreichen empirischen Material basieren, daß zwischen PPA und AAB mit Hilfe verschiedener Testverfahren prinzipiell unterschieden wird, daß alle Aussagen mit Beispielen belegt werden und daß es sich insgesamt um eine gut verständliche Darstellung des Themenkomplexes handelt. Im Gegensatz zu den Grammatiken, in denen das Deutsche aus der Perspektive des Schreibers/Sprechers beschrieben wird, wird in der rezeptiven Grammatik von Hans Jürgen HERINGER (1988) versucht, den Weg von der sprachlichen Form zum Sinn (Formen wahrnehmen - Struktur erkennen - Bedeutung aufbauen - Sinn erfassen) nachzuzeichnen.89 In den grundlegenden Bemerkungen zur Valenz werden die quantitative, qualitative und Selektionale Valenz unterschieden, und es wird im Zusammenhang mit Nominalisierungen auch den Substantiven, insbesondere den Deverbativa, Valenz zugesprochen.90 Die präpositionalen Attribute gehören zu den Rechtserweiterungen von NPn, und aus rezeptiver Perspektive ist es vor allem wichtig, die jeweiligen syntaktischen Abhängigkeiten zu erkennen, weil Rechtserweiterungen keinen formal erkennbaren Abschluß enthalten, der Gesamtrahmen einer komplexen NP also offen bleibt. HERINGER sieht „bei den präpositionalen Attributen [...] die semantischen Verhältnisse deutlicher [als beim Genitivattribut, S.J.SCH.], weil sie durch die Präposition gekennzeichnet sind", und teilt die präpositionalen Attribute unter semantischen Gesichtspunkten in 19 Gruppen, die z. B. die Bezeichnungen „Ort" („Probenahme am Ort"), „Betroffenes" („Verwendung von Eiskristallen", „die Suche nach Indizien") oder „Quelle/Herkunft" („Energie aus der Erde", „eine Analyse von unten") haben.91 HERINGER weist darauf hin, daß die Bestimmung der jeweiligen Satzgliedfimktion insbesondere bei PPn schwierig sei, weil diese Supplement, Komplement oder Attribut sein könnten. Die Topologie der PP liefere nur allgemeine Hinweise, obwohl man für die präpositionalen Attribute feststellen könne, daß sie dem Bezugsnomen nachfolgen und der Abstand zwischen beiden Konstituenten in der Regel nicht zu groß sei.92 Bei der semantischen Ausdeutung könne es hilfreich sein, wenn der Rezipient die Satzbedeutung in Teilen („chunks") konstruiert, so daß inhaltlich zusammenhängende Satzglieder auch gemeinsam rezipiert werden.93 Zudem könne ein Attribut als Relativsatz zu einem Bezugssubstantiv umformuliert werden, wobei ein passendes Prädikat zu ergänzen sei (vgl. (10)).

88 89 90 91 92 93

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schierholz (1996a: 163f.) Heringer (1988:2tl). Heringer (1988:11411). Heringer (1988:214f.). Heringer (1988:216f.). Heringer (1988:217f.).

29 (10)

der Zug nach Χ

der Zug, der nach

Xfährt

Diese Paraphrasierung betrifft jedoch nur die Abgrenzung der postnominalen PP von solchen PPn, die vom Verb regiert werden oder als freie Angaben im Satz vorkommen. HERINGER verweist darauf, daß viele Substantive „übliche präpositionale Anschlüsse [haben], ζ. B. Zusammenhang von ..., Einteilung in ..., [...]", daß Verbal- und Adjektivsubstantive normalerweise den gleichen präpositionalen Anschluß wie das entsprechende Verb oder Adjektiv haben und daß auch die semantische Kategorie des Attributs (ζ. B. Zeit-, Vorgangs-, Zustandsbezeichnung) zu berücksichtigen sei. 94 Die angefertigten Übersichten enthalten sowohl präpositionale Anschlüsse zu Substantiven, die nicht von Verben oder Adjektiven abgeleitet sind, als auch präpositionale Anschlüsse zu Verben und Adjektiven, die auf die entsprechenden Deverbativa und Deadjektiva übertragbar sind. 95 Zwar zeigt eine visuelle Inspektion der Übersichten, daß zu den Substantiven und Verben ausschließlich Präpositionen notiert sind, die in PPAen oder PPOen vorkommen, aber die Aussagen zu den unterschiedlichen grammatischen Konstruktionen sind nicht eindeutig formuliert, weil ζ. B. die Zeitbezeichnung und das PPA nicht unterschiedlich behandelt werden. Zudem kann eine vergleichende Analyse der Übersichten zu Fehlinterpretationen fuhren, die zumindest für die Sprachproduktion relevant sind, weil in der Übersicht zu den Substantiven auch Deverbativa enthalten sind („Entscheidung über", „Untersuchung auf". „Mangel an") und in der Übersicht zu Verben und Adjektiven Verben enthalten sind, die keine Nominalisierungen zulassen („sich entsinnen an", „jmdn. erkennen an", „jmdn. bemerken an"). 96 Andererseits zieht HERINGER bei den Verben und den von ihnen regierten PPOen eine eindeutige Trennlinie zwischen Präpositionen, die fest zum Verb gehören, und anderen PPn, die mehr durch ihre Bedeutungskategorie (lokal, direktional) bestimmt sind. 97 Darüber hinaus fehlen in der Aufstellung zu den Substantiven sieben Präpositionen, die auch als regierte nach Substantiven stehen können, ζ. B. in Teilnahme bei, Förderung durch, Argument gegen, Übereinstimmung in, Kampf um, Diskussion unter, Angst vor. Die rezeptive Grammatik HERINGERS steuert somit nur einige Bausteine zur Erfassung der Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen bei. D a s „ H a n d b u c h d e r d e u t s c h e n G r a m m a t i k " v o n HENTSCHEL/WEYDT ( 1 9 9 0 ) ist n a c h

Aussage der Autoren eine deskriptive Grammatik, in der aus der Perspektive der traditionellen Grammatik ein Überblick über das System der deutschen Sprache, insbesondere der Standardvariante, gegeben wird. 98 Das Präpositionalattribut wird als „Rektionsattribut" bezeichnet, das dadurch gekennzeichnet sei, daß es in direkter und sehr enger Abhängigkeit von seinem Beziehungswort stehe. Dieses sei oft von einem Verb oder Adjektiv abgeleitet, das selbst eine präpositionale Rektion aufweise. Die Präposition habe dabei ihre ursprüngliche Bedeutung verloren, sei nicht frei wählbar und werde ähnlich wie in einem vom Verb abhängigen PPO verwendet. In Abgrenzung von den Rektionsattributen werden die „Adverbialattribute" gesehen, die „in derselben äußeren Form und mit derselben

94 95 96 97 98

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Heringer (1988:221tr.). Heringer (1988:221, 223, 356ÍT.). Heringer (1988:223 und 356). Heringer (1988:145). Hentschel/Weydt (1990:6ff.).

30 Bedeutung auch als Adverbialbestimmungen" zum Verb bzw. im Satzrahmen gebraucht werden können. (1 la) (IIb) (12a) (12b)

„ Das Haus verwittert auf dem Hügel (sie!) (Adverbialbestimmung/Ortsangabe) Das Haus auf dem Hügel verwittert (sie!) (Attribut/Ortsangabe)" „Die Angst vor der Prüfung bedrückte ihn sehr. (Attribut/Rektionsattribut) Vor der Prüfung bedrückte ihn die Angst sehr. (Adverbialbestimmung/ temporal)" (HENTSCHEL/WEYDT 1 9 9 0 : 3 5 6 ) .

unterscheiden zwischen Rektionsattribut (entspricht dem PPA) und Adverbialattribut (entspricht der AAB), auch wenn die Binnenstruktur beider Konstruktionen nur relativ kurz beschrieben wird und kaum Tests zur Abgrenzung untereinander oder gegen andere syntaktische Konstruktionen angegeben werden. Bei der Behandlung der Präpositionen wird zu den Rektionsattributen bzw. zu den Aufgaben der Präpositionen innerhalb der Rektionsattribute kaum etwas gesagt, sondern es werden nur die lexikalischen Präpositionen betrachtet. Undeutlich bleibt auch, wieviel Semantik HENTSCHEL/WEYDT den regierten Präpositionen zubilligen. Da das Vorkommen der Präpositionen in den Rektionsattributen jedoch mit dem Vorkommen in PPOen verglichen wird, kann man die Aussage zur Bedeutung der Präpositionen in PPOen, daß „sie [die Präpositionen, S.J.Sch.] oft gänzlich ihre Bedeutung [verlieren] und [...] nur noch syntaktische Funktionen [erfüllen]; vgl. ζ. B. auf in aufjemanden warten" (HENTSCHEL/WEYDT 1 9 9 0 : 2 5 1 ) , dahingehend interpretieren, daß die regierten Präpositionen als semantisch entleert angesehen werden. In der Textgrammatik von Harald WEINRICH ( 1 9 9 3 ) wird dem Thema „Präpositionalattribut" nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Dies läßt sich keinesfalls damit erklären, daß es sich bei der Grammatik WEINRICHS nicht um eine der üblichen normativen Grammatiken handelt, sondern um eine Textgrammatik, die durch gesonderte Zielrichtungen gekennzeichnet ist." Unter Zuhilfenahme des Registers gelangt man von dem Terminus „Attribution" zu dem Kapitel „Das Nomen und sein Umfeld", in dem zur postnominalen PP, die „Attribut" bzw. „postdeterminierendes Attribut" heißt, nur wenige Hinweise gegeben werden. 100 Darüber hinaus sind eine Reihe von WEINRICHS Aussagen zum Themenkomplex „Präpositionalattribut" nicht unproblematisch. Postdeterminierende Attribute sollen meistens Adjunkte sein;101 dies ist nur insoweit richtig, als die ausgewählten Demonstrationsbeispiele (u. a. „der antike Brunnen am Marktplatz") meistens eine NP plus AAB enthalten, aus denen spezifische Merkmale für ein PPA nicht hervorgehen können. Die Stellungsregeln in der komplexen NP bleiben unklar, weil einerseits behauptet wird, daß postdeterminierende Attribute, die Präpositional-Adjunkte in attributiver Funktion seien, unmittelbar nach dem zu determinierenden Nomen stünden, während sich in dem Schema zur Stellungsregel der Attribute das Genitivattribut zwischen Präpositional-Adjunkt und Nomen schiebe.102 Der im Kapitel „Die postdeterminierenden AttriHENTSCHEL/WEYDT

99

Vgl. Weinrich (1993:17ff.). Vgl. Weinrich (1993:3590".). 101 Vgl. Weinrich (1993:35511). 102 Vgl. Weinrich (1993:359 und 361). 100

31 bute" enthaltene Verweis auf die Präpositional-Adjunkte, „(vgl. genauer 7.1.2)"103, erweckt die Erwartung, daß man im Kapitel 7.1.2 etwas ausfuhrlicher über das Präpositionalattribut informiert werden würde, aber auch hier gibt es nur sehr spärliche Hinweise zu dem Präpositional-Adjunkt in attributiver Funktion.104 Die meisten Beispiele sind zum Gebrauch von Präpositionen auf das PPO oder die adverbiale Bestimmung im Nachfeld von Verben bezogen, so daß diese Grammatik nur wenig Informationen über die Struktur der PPA-Konstruktion bietet. Im „Grundriß der deutschen Grammatik" von Peter EISENBERG (1994) werden Phrasen, die aus einer Präposition plus NP bestehen, als Präpositionalgruppe bezeichnet und in ihrer syntaktischen Funktion nach PPO, Adverbialbestimmung und Präpositionalattribut unterschieden.105 Die syntaktische Kategorie der Präposition sei in Adverbialbestimmungen und Präpositionalattributen die gleiche, weil die Präposition den Kasus der nachfolgenden NP bestimme. Somit könnten die Präpositionalgruppen in den komplexen NPn, „der Zug aus Köln" und „das Hemd aus Seide", formal nicht unterschieden werden, weil man sonst für die Sprache zwei verschiedene Präpositionen „aus" annehmen müßte. Allerdings ließen sich für die beiden komplexen NPn unterschiedliche Funktionen der Präpositionalgruppen feststellen.106 Die Präpositionalgruppe, die im Anschluß an ein Substantiv (oder ein Pronomen) steht, habe die Funktion eines Präpositionalattributs. Dieses verfuge über eine eigenständige Grammatik und ähnele dabei einerseits dem PPO ( H o f f nung aufbessere Zeiten), andererseits der Adverbialbestimmung (Rast auf dem Platz). Das Adverbial hingegen sei eine freie Konstituente und dadurch gekennzeichnet, daß es mit Hilfe der Präposition, die eine lexikalische Bedeutung im üblichen Sinne hat, zu einem ausgedrückten Sachverhalt in Beziehung gesetzt werde.107 Eine Abgrenzung der Adverbialbestimmungen von den Attributen, ζ. B. nach PPA und AAB, lehnt EISENBERG ab, weil dann je nach Funktion von zwei Präpositionen ausgegangen werden müßte. Somit wird zwischen der konkreten Bedeutung der Präposition (..das Bild über der Tür") und der abstrakten Bedeutung („die Freude über Helga") kein Unterschied in bezug auf die syntaktische Funktion gemacht, denn in beiden Fällen wird die NP in der Präpositionalgruppe durch die Präposition zu der ersten NP in Beziehung gesetzt.108 Da die Anbindung des Präpositionalattributs an das davor positionierte Substantiv fakultativer Art sei, könne man bei Substantiven nicht von einer syntaktischen Valenz sprechen. Zwar ähnelten vor allem Deverbativa und Deadjektiva im Valenzverhalten den Verben oder Adjektiven, und es treten von Genitiv-, Dativ- und Akkusativobjekten zu Präpositionalattributen sowie von Subjekten und PPOen zu Präpositionalattributen Ableitungsbeziehungen auf,109 aber während EISENBERG bei den unterschiedlichen Anschlußmöglichkeiten von Nebensätzen {der Ärger, daß vs. # der Ärger, ob) die Klassifikation der Substantive aufgrund der Anschlußmöglichkeiten als syntaktisch bezeichnet, könnten präpositionale Attribute nur

103

Weinrich (1993:359); der Terminus ,Präpositional-Adjunkt" ist auch als Stichwort im Register enthalten.

104

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

105 106 107

109

Weinrich (1993:612ff ). Eisenberg (1994:58f.,261ff.). Eisenberg (1994:266f.). Eisenberg (1994:261 f.). Eisenberg (1994:270). Eisenberg (1994:272f.) nach Droop (1977:6911).

32

die Kriterien für eine semantische Klassifikation erfüllen. 110 Die Redeweise, eine Präposition sei an ein Substantiv gebunden, meint dann nicht die gleiche syntaktische Bindung wie bei einer Präposition in einem PPO, das an ein Verb gebunden ist. Die Argumentation von EISENBERG gegen die Unterscheidung von „die Hoffnung auf Frieden" und „die Hoffnung im Frieden" ist jedoch nicht nachvollziehbar und enthält auch keinerlei grammatische Erklärungen, sondern ist eine Aneinanderreihung von Feststellungen und Behauptungen, in denen die sprachlichen Fakten, also die unterschiedliche Zusammengehörigkeit der Konstituenten, die unterschiedlichen Verwendungsweisen gleicher präpositionaler Formen und die verschiedenen Rektionsverhältnisse nicht genügend berücksichtigt werden. Hinzu kommt eine gewisse Ungenauigkeit in der Terminologie, wenn es um die Darstellung der Rektion geht,111 so daß unverständlich ist, warum EISENBERG die Unterscheidungen zwischen regierten und lexikalischen Präpositionen, die für PPOe gelten, nicht auf die PPAe in Abgrenzung zu den AABen überträgt. Dabei kann man schon die unterschiedliche Selektion der Präposition, die je nach regierendem Substantiv variiert, als ein unterscheidendes morphosyntaktisches Kriterium für die Konstruktion mit einem präpositionalen Attribut bezeichnen, ein Kriterium, das auch für Verben gilt, die ein PPO regieren. Morphosyntaktische Unterschiede zwischen einem PPA und einer AAB liegen jedoch auch vor, wenn der formale Unterschied zwischen beiden komplexen NPn ausschließlich daran festzumachen ist, daß die gleiche Präposition einmal den Dativ (die Attacke auf dem Hügel), einmal den Akkusativ (die Attacke auf den Hügel) fordert. In der DUDEN-Grammatik (1995) werden PPn als „Präpositionalgefüge" bezeichnet. Bestandteil eines Präpositionalgefüges sei immer eine Präposition, die im allgemeinen am Anfang des Präpositionalgefüges stehe, als Verbindungswort zwischen zwei Wörtern füngiere und den Kasus des nachfolgenden Wortes bestimme. 112 Der syntaktische Status des Präpositionalgefüges sei entweder das Satzglied oder das Attribut. Dabei müsse zwischen dem freien und gebundenen Gebrauch der Präposition unterschieden werden. Bei freiem Gebrauch sei die Präposition austauschbar, wie dies ζ. B. bei der Adverbialbestimmung der Fall ist, bei gebundenem Gebrauch sei die Präposition in der Regel nicht austauschbar. Mit Hilfe der Präpositionen könnten lokale, temporale, modale sowie kausale Beziehungen und Verhältnisse formuliert werden." 3 Einige Präpositionen, die innerhalb des Präpositionalgefüges auftreten, könnten mehrere Kasus regieren. 114 Unter funktionalen Gesichtspunkten lasse sich das Präpositionalgefüge unterteilen in das PPO und in das adverbiale Präpositionalgefüge, das eine ausgeprägte inhaltliche Bestimmung enthält. Beim PPO werde von dem Wort, welches vor der Präposition posi-

110 111 112

113 114

Vgl. Eisenberg (1994:273ff.). Vgl. insbesondere die Kritik in Wiegand (1996:124tt). Vgl. Duden (1995:376f ). Auch wenn eine differenzierte Betrachtung des Präpositionalgefüges notwendig ist, trägt die terminologische Vielfalt nicht unbedingt zur Klarheit bei. Das Präpositionalgeiüge wird unterschieden nach „Präpositionalobjekt" (Duden 1995:377; 619f.), „adverbialem Präpositionalgefüge" (Duden 1995:619f.) bzw. „adverbialer Bestimmung" (Duden 1995:628ff.), „attributivem Präpositionalgefüge" (Duden 1995:639) bzw. „Präpositionalattribut" (Duden 1995:389) und „attributiver adverbialer Bestimmung" (Duden 1995:641) bzw. „attributiver Bestimmung" (Duden 1995:641). Vgl. Duden (1995:377f). Vgl. Duden (1995:383ff).

33 tioniert ist, bestimmt, welche Präposition jeweils zu stehen habe. Als Kennzeichen für das PPO gelte, daß sich bei Ersetzung der gebundenen Präposition kein wesentlicher Bedeutungsunterschied ergebe, daß die Bedeutung der Präposition zur Bedeutung des gesamten Präpositionalgefuges nicht viel beitrage, daß das PPO durch ein Pronominaladverb ersetzt werden könne, das auf der Grundlage der im PPO stehenden Präposition gebildet wird (13a), und daß zum PPO Hilfsfragen formuliert werden könnten, deren notwendiger Bestandteil die Präposition ist, die im PPO vorkommt (13b)." 5 (13) Wir WARTEN AUF den Anpfiff. (13a) Wir warten darauf (13b) Auf wen / auf was warten wir? Dagegen stehe das adverbiale Präpositionalgefuge in loserem Verbund mit dem Prädikat oder anderen Satzgliedern, und ein Austausch der Präposition führe, soweit er möglich sei, zu Bedeutungsveränderungen. Adverbiale Präpositionalgefüge könnten durch einfache Adverbien ersetzt (14a) und in freierer Formulierung erfragt werden (14b).116 (14) Die Mannschaften warten IN DER KABINE. (14a) Die Mannschaften warten dort. (14b) —> Wo warten die Mannschaften? Für die inhaltliche Einteilung des adverbialen Präpositionalgefuges wird der Terminus adverbiale Bestimmung benutzt, der nach Bestimmungen des Raumes, der Zeit, der Art und Weise sowie des Grundes unterteilt wird.117 Während bei der Differenzierung des Präpositionalgefüges in PPO und adverbiale Bestimmung Satzglieder als Ganzes betrachtet werden, geht es bei der Betrachtung des Attributs um den Innenbau von Satzgliedern. Da Attribute sich nicht unmittelbar auf den Satz, sondern auf einzelne Gliedkerne des Satzes beziehen, seien Attribute syntaktisch nicht notwendig, obwohl sie doch nicht immer weggelassen werden könnten.118 Auf der formal-grammatischen Ebene wird in den Präpositionalgefügen das Attribut als attributives Präpositionalgefüge bezeichnet. (15)

„ Die Museen in München sind sehr interessant. " 119

Unter inhaltlichen Gesichtspunkten erläutere das Attribut die Information, die in der NP gegeben ist, zu dem das Attribut steht. In den Fällen, in denen diese NP ein Verbalsubstantiv enthalte, lasse sich eine inhaltliche Entsprechung mit dem Basisverb paraphrasieren: (16) ihre LIEBE ZU ihrer Mutter (16a) —> Sie liebt ihre Mutter. (17) unser KAMPF UM saubere Gewässer

115 116 117 118 119

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Duden Duden Duden Duden Duden

(1995:620ff.). (1995:621 f.). (1995:62811). (1995:6351".). (1995:636).

34 (17a)

Wir kämpfen um saubere

Gewässer.120

Vom attributiven Präpositionalgefüge werden attributive adverbiale Bestimmungen abgegrenzt, die nach einem Substantiv stehen und wie die adverbialen Bestimmungen nach attributiven adverbialen Bestimmungen des Raumes, der Zeit, der Art und Weise und des Grundes differenziert werden könnten. 121 (18) (19)

Die Leute A UF DEM LANDE leben ruhiger. Die Sitzungen JEDEN DONNERSTAG belasten uns schwer.

Die terminologische Verwirrung bei der Erklärung der Notwendigkeiten von Attributen und die unzureichende Exaktheit in der Differenzierung zwischen attributiven Präpositionalgefugen und attributiven adverbialen Bestimmungen sind bereits an anderer Stelle hinreichend kritisiert worden. 122 Jedoch ist hervorzuheben, daß in der DuDEN-Grammatik die Unterscheidung der komplexen NPn in attributive Präpositionalgefuge und attributive adverbiale Bestimmungen der bisher vorgenommenen Unterscheidung in PPA und AAB entspricht, auch wenn einige Beispiele in der DUDEN-Grammatik offensichtlich falsch eingeordnet worden sind. 123 Die „Deutsche Grammatik" von Ulrich ENGEL (1996) enthält ein umfangreiches Kapitel zur Nominalphrase, 124 in dem die potentiellen Satelliten der NP im Vor- oder Nachfeld dargestellt, die Positionsvariabilität und Abfolge der Satelliten sowie die Bedeutungsstrukturen von NPn erörtert werden. Die Satelliten zum regierenden Nomen werden in Ergänzungen und Angaben differenziert. Für das Nachfeld ergeben sich dadurch Unterscheidungen, die sich in vielen Bereichen mit der Differenzierung nach PPA und AAB decken. Dies betrifft vollständig den Bereich der Angaben, weil die von ENGEL aufgeführten Qualitativ-, Situativ- und Komitativangaben 125 bei den AABen subsumiert werden können. Allerdings sind die Kriterien für eine Unterscheidung nicht überzeugend, wenn es zur Bestimmung der Situativangabe heißt, daß sich „dieser fakultative Satellit [...] mit beliebigen Nomina verbinden [läßt], er ist somit eine Angabe" 126 . Dies gilt unstreitig für die aufgeführten Beispielphrasen (u. a. „das Kind im Garten"), aber es bleibt unklar, was mit „beliebigen Nomina" gemeint ist. Soll es sich dabei um alle Nomina handeln, so ist die Bestimmung nicht korrekt, denn „im Garten" läßt sich u. a. nicht an die Lexeme „Abendland", „Dauer", „Einsendung", „Herkunft" oder ..Vielzahl" anschließen. 127 Soll damit gemeint sein, daß es keine klar

120 121 122 123 124 125 126 127

Vgl. Duden (1995:640). Vgl. Duden (1995:641). Vgl. Schierholz (1996a: 160). Zur Kritik vgl. Schierholz (1996a: 160ff.). Vgl. Engel (1996:603-648). Vgl. Engel (1996:61 Iff.). Engel (1996:614). Die Nichtanschließbarkeit von „im Garten" ist zum einen mit der eigenen, allerdings subjektiven Kompetenz des untersuchenden Muttersprachlers geprüft worden, zum anderen durch Corpusabfragen in FAZ (1994) bestätigt worden. Einzig für die reichlich metaphorische Formulierung, „die Figur findet Dauer im Bild", gibt es einen Beleg, in dem an „Dauer" eine situative Angabe mit der Präposition „im" angeschlossen ist..

35 abgrenzbare Menge von Nomina gibt, zu denen „im Garten" aufgrund bestimmbarer Merkmale als Satellit treten kann, so bleibt zu fragen, warum nicht der Versuch gemacht wird, semantische Gruppen von Nomina abzugrenzen; denn auch für Angaben gilt, daß sie nur nach bestimmten Substantiven stehen können. Als Ergänzung gelten bei E N G E L das präpositive, das direktive und das expansive Attribut.128 Für diese Satelliten trifft zu, daß sie nur von einem Teil der Substantive gefordert werden, aber nur das präpositive Attribut kann zum PPA gerechnet werden, da es sich bei den anderen Attributen nach der in dieser Arbeit vorliegenden Auffassung um AABen handelt. Das direktive Attribut gibt die Richtung an. und das expansive Attribut enthält ein konkretes Maß. welches das Substantiv näher bestimmt. Das präpositive Attribut besitzt ähnliche Eigenschaften wie die Präpositivergänzung zum Verb. Es handelt sich in den meisten Fällen um eine fakultative Ergänzung, 129 die Präposition ist nicht austauschbar, und ein Präpositionaladverb (bei anderen Autoren: Pronominaladverb) mit der jeweiligen Präposition kann substituiert werden. Außerdem haben präpositive Attribute „keine einheitliche oder auch nur einigermaßen umreißbare Bedeutung", da sich die jeweilige Bedeutung (ζ. B. „Vergleichgröße" oder „Ursache") „aus der (semantischen Komponente der) Valenz des regierenden Nomens" ergibt. Zu vielen präpositiven Attributen nach Substantiven finden sich Entsprechungen nach Verben oder Adjektiven, die die gleiche Präposition regieren.130 Für die Serialisierung der Attribute gelten verschiedene Regelungen. Nach dem Genitivattribut, das im Nachfeld immer an erster Stelle hinter dem regierenden Nomen steht, folgen präpositive, direktive, expansive oder nominale Attribute, die sich aber gegenseitig ausschließen. Danach schließen sich Qualitativ- und Komitativangaben an, die aber nie zusammen im Nachfeld stehen können, und die situativen Attribute, die meist Angaben, manchmal jedoch auch Ergänzungen sind, folgen am Schluß.131 Bei der Bestimmung der Bedeutungsstruktur von komplexen NPn stellt ENGEL fest, daß die Satelliten des Nomens zur Bedeutung der komplexen NP beitragen. Dabei bilden die Ergänzungen zusammen mit der regierenden NP einen engeren Bedeutungskomplex als die Angaben. Allerdings gelte nur für eine relativ kleine Menge von Substantiven, daß ihnen eine eigene Valenz zugestanden wird. Dabei bestehe das morphosyntaktische Merkmal in der Selektion einer bestimmten Präposition bzw. der von der Präposition geforderte Kasus für die in der postnominalen PP stehende NP. Die semantische Seite der Valenz bestehe aus kategoriellen und relationalen Bedeutungen, die die Beziehung zwischen Nomen und Ergänzung angeben.132 Für die Bildung von PPA-Konstruktionen sei demnach die „morphosyntaktische Valenz des Nomens [...] eine Bedingung für die Ausdrucksform einer Ergänzung, die kategorielle Bedeutung eine Bedingung für bestimmte semantische Merkmale einer Ergänzung" 133 . Bei der Verbindung von Nukleus

128 129

130 131 132 133

Vgl. Engel (1996:62211). Engel schreibt „eine (fakultative) Ergänzung des Nomens" (1996:622), ohne die Bedeutung der Klammerung zu erläutern. M a n m u ß das wohl so interpretieren, daß die Ergänzung nicht grundsätzlich fakultativer Art ist. Vgl. Engel (1996:622). Vgl. Engel (1996:636). Vgl. Engel (1996:639ft".). Engel (1996:643).

36 und Ergänzung gingen die einzelnen Valenzmerkmale verloren, es bleibe nur die relationale Bedeutung, und die komplexe NP als Ganzes besitze eine Bedeutung, die jedoch der Summe der Teilbedeutungen von Nukleus und Ergänzung entspreche. Aus diesem Grund spiele die relationale Bedeutung bei der Bedeutungsbeschreibung eine wichtige Rolle. 134 Auch bei ENGEL fuhrt die eigene Terminologie an vielen Stellen insbesondere für Laien zu nicht unerheblichen Rezeptionsschwierigkeiten. Allerdings sind die Unterscheidungen bei ENGEL sehr feingliedrig, und es werden die Hauptmerkmale der PPA-Konstruktion und der AABen berücksichtigt. Unklar bleibt an manchen Stellen, inwieweit die Analysen empirisch fundiert sind und für welche Sprachbereiche welche Differenzierungsfeinheiten zutreffen. Für eine semantische Beschreibung der Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen lassen sich jedoch wesentliche Teile von ENGELS Untersuchungen verwenden. Die dreibändige „Grammatik der deutschen Sprache" 135 ist „als wissenschaftliche Grammatik mit systematischem Erklärungsanspruch konzipiert" und wendet sich an ..Sprachinteressierte mit Vorkenntnissen". 136 Bei der Beschreibung des Aufbaus sprachlicher Ausdrücke werden sowohl funktional-semantische als auch funktional-pragmatische Aspekte berücksichtigt und Syntax und Semantik weitgehend parallel behandelt. Die Analysen werden durchgehend mit Beispielen eigener Sprachkompetenz und Belegen gestützt, die aus dem maschinenlesbaren Corpus des Instituts für deutsche Sprache, aus veröffentlichten Corpora der Autoren oder aus Daten in literarischen Texten oder Gebrauchstexten stammen. 137 In dem Kapitel „Durch Komplemente erweiterte Nominalphrasen" werden Kriterien („rektionale Formrelation" („Rektion", „Konstanz", „Kasustransfer") und „Argumentselektion") und Verfahren („Folgerungstest", „Anschluß-Test") angegeben, mit denen man prüfen kann, ob es sich bei den Erweiterungen um Nomenkomplemente oder -Supplemente handelt. 138 Für die Ermittlung rektionaler Formselektion dient ein Substitutionstest, der besagt, daß eine Konstituente im starken Sinne regiert und somit „ein nicht-peripheres Nomenkomplement ist", wenn durch „Änderung der Form, insbesondere des Kasus oder der Präposition, einer Konstituenten einer komplexen Nominalphrase (die nicht das Kopfnomen ist) die gesamte Phrase ungrammatisch [wird]"; hingegen sei eine PP in schwachem Sinne regiert, wenn „ein Austausch der Präposition ohne Bedeutungsänderung oder bei gleicher Sortenselektion möglich [ist]".139 Für PPA-Konstruktionen gilt somit, daß die Präposition fast immer in starkem Sinn regiert ist, da ein Austausch der Präposition ohne Bedeutungsveränderung nur mit wenigen Präpositionen möglich ist. (20) (20a) (21) (21a) (22)

134 135 136 137 138 139

ein Mittel GEGEN Kopfschmerzen = ein Mittel FÜR Kopfschmerzen die Einladung AN die Kollegen = die Einladung FÜR die Kollegen die Entscheidung ZU Olympia

Vgl. Engel (1996:643). Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997). Zitonun/Hoffmann/Strecker ( 1997:211 ). Vgl. Zifonun/HotYmann/Strecker (1997:8fT.). Vgl. Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:1969f.). Vgl. Zifonun/Hoflmann/Strecker (1997:1971).

37 (22a) =

die Entscheidung

ÜBER Olympia

Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß es häufig vom Kontext bzw. von den Bedeutungen der anderen an der PPA-Konstruktion beteiligten Konstituenten abhängig ist, ob eine Bedeutungsänderung durch den Wechsel der Präposition eintritt. (23) (23a) (24) (24a) (25) (25a)

sein Mittel GEGEN Hooligans * sein Mittel FÜR Hooligans das Vertrauen A UF die eigenen Fähigkeiten * ? das Vertrauen ZU den eigenen Fähigkeiten sein Vertrauen ZUR Polizei ï ? sein Vertrauen A UF die Polizei

Bei den Komplementen unterscheiden ZIFONUN/HOFFMANN/STRECKER vier Gruppen, die durch unterschiedlich starke Bindung der Präposition an das Substantiv gekennzeichnet sind: Typ A: Formselektion im starken Sinne ist gegeben, wenn die Präposition nicht austauschbar ist (ohne Bedeutungsänderung) und die Anaphorisierung mit einem Präpositionaladverb möglich ist („Einladung zum Tanz"). Typ B: Formselektion im starken Sinne liegt vor, wenn die Präposition „von" nicht austauschbar ist und eine Anaphorisierung nur mit „solch-" möglich ist („Höhe von 2 m"). Typ C: Die Formrelation Konstanz liegt im schwachen Sinn vor, wenn die Präposition bei gleicher Sortenselektion austauschbar ist (Schutz vor/ gegen Kälte). Typ D: Formselektion in abgeschwächter Form ist gegeben, wenn die Präposition austauschbar ist und eine Anaphorisierung nicht mit einem Präpositionaladverb, sondern mit einem lokal-direktionalen Adverb oder Präposition + Proterm möglich ist („Fahrt nach Kassel/ über Kassel/ in den Zoo/ zur Tante").140 Für die Abgrenzung der Komplemente von den Supplementen wird die Argumentselektion als Kriterium herangezogen, so daß neben syntaktischen Kriterien auch semantische verwendet werden. Danach liegen Supplemente vor, wenn keine Argumentselektion („Skandal wegen der Affäre") oder schwache Argumentselektion („Bild von Picasso") bestehe. Komplemente könnten in periphere mit starker Argumentselektion („Einladung an den Beirat"), halbzentrale mit starker Argumentselektion und abgeschwächter Formselektion („Ausflug nach Deidesheim") und zentrale mit starker Argumentselektion und der Formrelation Konstanz („Befehl zum Antreten") unterteilt werden. 141 Allerdings ist die Darstellung bei ZIFONUN/HOFFMANN/STRECKER etwas undeutlich, weil „Einladung zu" für starke Formselektion (Typ A) und „Einladung an" für starke Argumentselektion mit peripherem Komplement als Beispiel angegeben werden. Bei „Einladung an" wird das Komplement wahrscheinlich als peripher angesehen, weil keine Formselektion vorliegen soll. Allerdings wird dies nicht erläutert; denn man würde abgeschwächte Formselektion erwarten, weil die Präposition „an" durch „für" ersetzbar ist, ohne daß eine Bedeutungsänderung eintritt (vgl. (21)). Damit würde „Einladung an" aber zum „Typ C" gehören. Verstärkt wird diese Verständnisunsicherheit, wenn man die „Listen der wichtigsten

140 141

Vgl. Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:1975t'.). Vgl. Zifonun/Hoffmann/Strecker ( 1997:1976f. ).

38 Substantive mit ihren Präpositionen" betrachtet.142 Zunächst fällt auf, daß kein Kriterium angegeben ist, warum es sich um die wichtigsten Substantive handeln soll bzw. auf welcher empirischen Basis diese Substantive aufgenommen worden sind. Leicht hätte man anhand von Corpusanalysen die Häufigkeit als ein Kriterium fur die Zusammenstellung heranziehen können. Darüber hinaus ist die Liste ausgesprochen benutzerunfreundlich angelegt. Die Anordnung folgt keinem erkennbaren Ordnungsprinzip; weder sind die Substantive alphabetisch sortiert noch nach den jeweils regierten Präpositionen. Außerdem wirft die Zuordnung einzelner Substantive zu den vier Typen Fragen auf. Dem Typ A werden zahlreiche Substantive plus Präposition subsumiert (z. B. „Ähnlichkeit mit", „Bericht über", „Forderung nach", „Mitteilung über", „Wunsch nach"), bei denen ein Austausch der Präposition auch ohne Bedeutungsänderung möglich ist. (26) (26a) (2 7) (27a) (28) (28a) (29) (29a) (30) (30a)

seine ÄHNLICHKEIT MIT dem Bruder = die ÄHNLICHKEIT ZWISCHEN den Brüdern der BERICHT ZU diesem Thema = der BERICHT ÜBER dieses Thema die FORDER UNG NA CH Wiedergutmachung = die FORDER UNG A UF Wiedergutmachung die MITTEIL UNG ÜBER die wirtschaftliche Entwicklung = die MITTEILUNG ZU der wirtschaftlichen Entwicklung der WUNSCH NA CH einem Wiedereintritt = der WUNSCH AUF einen Wiedereintritt

Beim Typ C sind nicht alle Präpositionen, die zu den Substantiven angegeben werden, immer austauschbar (z. B. „Angebot an/ von", „Urteil gegen/ über/ zu", „Vertrauen auf/ zu"). (31) (31a) (32) (32a) (32b) (33) (33a)

das ANGEBOT AN die Kommunen * das ANGEBOT VON den Kommunen das URTEIL GEGEN die Polizisten * das URTEIL ÜBER die Polizisten * das URTEIL ZU den Polizisten das VER TRA UEN A UF die eigenen Fähigkeiten * das VERTRA UEN ZU den eigenen Fähigkeiten

Die in dieser Arbeit angestrebte Einteilung nach PPA und AAB würde die Substantive des Typs Β zu den AABen mit Maßangabe rechnen, während die Substantive der Typen A und C zu den PPAen zu rechnen sind, ohne daß eine Differenzierung vorgenommen werden müßte. Dennoch scheint das Kriterium der Formselektion im starken bzw. schwachen Sinn geeignet, um innerhalb der PPA-Konstruktion das Verhältnis zwischen Substantiv und Präposition zu spezifizieren. In der umfangreichen Grammatik ist deutlich zu erkennen. daß die Adressaten von Z I F O N I ÎN/HOFFMANN/STRF.CKER in erster Linie Fachleute sind und daß für die Grammatik eine intensive theoretische Fundierung vorliegt, in der die Verbindung von syntaktischer und semantischer Analyse gut gelingt.

142

Vgl. Zifonun/Hoffmann/Strecker ( 1997:1977f. ).

39

Insgesamt finden sich in den Grammatiken des Deutschen jedoch relativ unvollständige Abhandlungen und nur ungenaue Hinweise zu den Merkmalen der PPA-Konstruktion. Zwar ist zu berücksichtigen, daß die Aufgabe einer Grammatik darin besteht, sämtliche grammatischen Phänomene einer Sprache darzustellen, aber das berechtigt natürlich nicht dazu, den Bereich der PPA-Konstruktion nur so oberflächlich zu behandeln, daß grundsätzliche Fragestellungen von Grammatikbenutzern gar nicht beantwortet werden. Es wird nämlich entweder die PPA-Konstruktion gar nicht als eigenes grammatisches Phänomen registriert, oder es liegen lediglich marginale Bemerkungen vor, die nur schwer mit Hilfe der enthaltenen Indices, Register oder Inhaltsverzeichnisse auffindbar sind. Darüber hinaus enthalten die einzelnen Grammatiken bei ihren kurzen Beschreibungen und Erklärungen zur PPA-Konstruktion in bezug auf Umfang, Explizitheit und Richtigkeit der Informationen gravierende Unterschiede, deren Ursachen nicht ohne weiteres erklärbar sind.

2.3

Die Fachliteratur

Der Überblick über die Fachliteratur zum Thema „Präpositionalattribut", die nicht Monographien oder Grammatikhandbücher betrifft, kann in zwei Bereiche eingeteilt werden, und zwar in die syntaktisch und in die lexikographisch ausgerichteten Untersuchungen. In ersteren geht es bei der Behandlung des Präpositionalattributs vor allem um syntaktische und/oder semantische Prinzipien der Attributanbindung. Neben eher an theoretischen Fragestellungen orientierten Arbeiten spielen oft auch praxisbezogene Aspekte, z. B. Fremdsprachendidaktik, maschinelle Übersetzung bzw. allgemeine Beobachtungen zum Vorkommen oder zu Besonderheiten von Attributen eine Rolle. In den lexikographisch orientierten Arbeiten geht es einerseits um die Analyse der in Wörterbüchern dargebotenen Informationen zum Thema „Präpositionalattribut", andererseits um die Zusammenstellung notwendiger Wörterbuchangaben, die - ob bereits vorhanden oder nicht - von Wörterbuchbenutzern gesucht werden. Jedoch ist sowohl der syntaktische als auch der lexikographische Bereich betroffen, wenn festgestellt werden soll, welche Grundprinzipien in der PPA-Konstruktion wirken und inwieweit diese in Wörterbüchern oder Grammatiken darzustellen sind.

2.3.1

Die an der Syntax orientierte Fachliteratur

Bereits in dem Aufsatz von Hans EGGERS „Beobachtungen zum ,präpositionalen Attribut' in der deutschen Sprache der Gegenwart" wird festgestellt, daß das häufige Auftreten von präpositionalen Attributen ein Typikum der Schriftsprache und insbesondere der „intellektuellen Prosa" sei.143 Bei dem Vergleich mit älteren Werken konstatiert EGGERS, daß vor allem die komplizierten Formen mit mehrfacher Unterordnung des präpositionalen Attributs in ihrer Frequenz zugenommen haben. In den Auswertungen einer großen Zahl

143

Vgl. Eggers ( 1957:257).

40 von Einzelbelegen wird auf wesentliche syntaktische Besonderheiten in PPA-Konstruktionen hingewiesen, wie ζ. B. die Artikellosigkeit des Substantivs im Attribut, potentielle Einfügungen von Genitivattributen oder die syntaktischen Zusammenhänge zwischen Genitivattribut und präpositionalem Attribut. Dabei fehlt nicht der Hinweis, daß die Grammatiken des Deutschen diese Besonderheiten gar nicht bzw. nur spärlich erwähnen. 144 Für verschiedene Präpositionen erkennt EGGERS Zusammenhänge zwischen adverbiellen Bestimmungen und Attributen, die „zur Angabe einer Ortsbestimmung dienen". 145 Häufig seien es von Verben abgeleitete Substantive (vor allem nomina actionis), die ein präpositionales Attribut in ähnlicher Weise an sich binden, wie Verben Adverbiale an sich binden. Eine komplexe NP mit präpositionalem Attribut bestehe aus einem abhängigen Satzglied (der PP), das einem übergeordneten Satzglied folgt, so daß in einer Kommunikationssituation die Vorstellung des Rezipienten in gerader Richtung vom Allgemeinen zum Besonderen geführt werde. Dadurch werden große Spannungsbögen, die in der deutschen Sprache üblich sind [Z. B. Verbendstellung in Nebensätzen, S.J.SCH.], verkürzt.146 Viele kritische Anmerkungen von EGGERS sind aus heutiger Sicht bemerkenswert, vor allem, weil sich offensichtlich die Grammatiken EGGERS' Erkenntnisse nicht zu eigen gemacht haben, während der Gebrauch von präpositionalen Attributen seither weiter zugenommen zu haben scheint. In den Aufsätzen von Wilhelm BONDZIO wird davon ausgegangen, daß auch Substantive Valenz besitzen und daß die Beziehungen zwischen der semantisch-logischen Ebene und der grammatischen Ebene ebenso gelten wie beim Verb. BONDZIO weist zwar darauf hin, daß die präpositionalen Attribute beim Substantiv nicht mit den adverbialähnlichen Attributen verwechselt werden dürften, 147 aber seine Ausführungen bleiben sehr allgemein. Auch die Anmerkungen zu den adverbialähnlichen Attributen („der Einfluß des Klimas auf den Pflanzenwuchs während der Eiszeit" (BONDZIO 1978:26)) enthalten keine detaillierten Einzelanalysen. Die Rolle der Präpositionen sieht BONDZIO darin, die „prinzipiell durch die Bedeutung der Lexeme gegebenen Beziehungen zu bekräftigen und ihre Spezifikation zu markieren."148 Eine Unterscheidung zwischen lexikalischen und regierten Präpositionen bzw. zwischen AABen und PPAen wird nicht vollzogen. In der Untersuchung von Bengt SANDBERG werden auf der Basis einer logischsemantischen Valenzbetrachtung die Substantive in „reverbalisierbare Substantive", ..Abstrakta" und „Konkreta" klassifiziert.149 Die Mitglieder der ersten Klasse seien innerhalb des jeweiligen Kontextes ohne Bedeutungsmodifikation auf ein Verb zurückführbar.15(1 Die „Konkreta" seien Autosemantika, die oft polysem sind, deren Polysemie jedoch durch die im Satz oder Kontext beteiligten Mitspieler monosemiert werde, weil diese an der jeweiligen Bedeutung des Konkretums beteiligt sind.151 Dies führt allerdings zu Problemen, weil auch Substantive, die aufgrund ihrer lexikalischen Bedeutung zu den 144 145 146 147 148 149 150 151

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Eggers (1957:258f.). Eggers (1957:260). Eggers (1957:26Iff.). Bondzio (1977:270). Bondzio (1978:25). Sandberg (1979:115ff.); Sandberg (1982). Sandberg (1979:1 Iff.); Sandberg (1982:273f.). Sandberg (1982:277f.).

41 Abstrakta zu zählen sind („Liebe", „Hunger". „Durst"), von SANDBERG ebenfalls den Konkreta subsumiert werden. Die „Abstrakta" umfassen die Substantive, die mit einem Satzkomplement verbunden werden können (Abstrakt-Konstruktionen) und die sowohl Deverbativa, Deadjektiva als auch primäre Substantive sein können. 152 In SANDBERGS logisch-semantischer Valenzbetrachtung besitzen auch Substantive obligatorische Aktanten, die aber nicht in der unmittelbaren syntaktischen Umgebung (z. B. als Attribut) des Substantivs vorkommen müssen, sondern ebenfalls im Kontext realisiert sein können. 153 PPAe, die allerdings nicht im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen, können entsprechend SANDBERGS Einteilung nach reverbalisierbaren Substantiven und nach Abstrakta vorkommen. In einer PPA-Konstruktion (auch in einer syntaktischen Konstruktion mit Pronominaladverb) sei das Substantiv, das die Präposition bzw. das Pronominaladverb regiert, jedoch nur zu den Abstrakta zu rechnen, wenn die Konstruktion auf eine Konstruktion mit Satzkomplement zurückführbar sei. Dies geht jedoch nicht mit allen PPA-Konstruktionen,154 und außerdem ist fraglich, ob die von SANDBERG vorgenommene Ableitung überhaupt in dieser Weise durchgeführt werden kann, ob also der Paraphrasierungstest zur Abstrakt-Konstruktion zu korrekten Klassifikationsergebnissen führt; denn in SANDBERGS Beispiel, „seine Kooperation mit dem Institut war sehr ergiebig für beide Teile" (PPA-Konstruktion) ist eine Pronominaladverbsubstitution („*seine Kooperation damit, daß ...") nicht möglich, so daß SANDBERG daraus folgert, „Kooperation" könne nicht als Abstraktum klassifiziert werden.155 Es wird allerdings nicht geprüft, ob die Nichtanwendbarkeit nicht durch ganz andere Faktoren begründet ist, z. B. durch die Präposition „mit" selbst oder durch die Bedeutung des im PPA vorkommenden Sub-stantivs. Dennoch sind gerade diese Valenzbeschreibungen in bezug auf die Semantik der Binnenstruktur der PPA-Konstruktion interessant, weil SANDBERG davon ausgeht, daß die Abstrakta eine lexisch-semantische Valenz besitzen, eine semantische Unvollständigkeit, die dazu fuhrt, daß lexikalisch-semantisch obligatorische Aktanten, „Spezifikatoren" (SANDBERG 1982:277), auf der syntaktischen Ebene entweder im Kontext oder in der unmittelbaren Umgebung, also u. a. auch in einer PPA-Konstruktion, realisiert werden müssen. In der Arbeit „Attribut oder Satzglied?" untersucht Ursula LEHMUS (1983) die syntaktischen Funktionen postnominaler PPn, die in strukturell mehrdeutigen Sätzen vorkommen. Nach grundsätzlichen theoretischen Überlegungen folgt eine empirische Analyse, in der mit Hilfe operationaler Beschreibungsmethoden die Disambiguierung der Sätze vorgenommen wird. LEHMUS berücksichtigt sowohl Grundlagen aus der Konstituentenstrukturals auch aus der Dependenzgrammatik 156 und unterscheidet zwischen syntaktischer und semantischer Valenz. Die syntaktischen Funktionen beruhten auf der jeweiligen syntaktischen Valenz der Lexeme, deren Basis wiederum die logisch-semantische Valenz sei, aufgrund derer Beziehungen zwischen den Lexemen aufgebaut werden könnten. Oberflächenphänomene ließen sich durch Prädikationen feststellen, aber bei der Beurteilung

152 153 154 155 156

Vgl. Sandberg(1979:115f. und215). Vgl. Sandberg (1979:23ff.); Sandberg (1982). Z. B. bei der Angriff auf die Attacke auf der Sturm auf vgl. Schierholz (1998a:78f.). Vgl. Sandberg (1979:213). Vgl. Lehmus (1983:33ff).

42 konkreter Textbelege müßten häufig auch die kommunikativ-pragmatischen Bedingungen berücksichtigt werden, indem man ζ. B. die Reihenfolge der Konstituenten bzw. die Betonungsverhältnisse innerhalb der Sätze prüft. 157 LEHMUS stellt fur Substantive eine Valenznotwendigkeit fest, die allerdings eher als semantische Valenz denn als syntaktische Valenz aufzufassen ist. Die attributiven Präpositionalausdrücke werden in Attribute, die Subjekt- oder Objektergänzungen entsprechen („Anregung zu", „Bereitschaft zu"), und solche, die Adverbialbestimmungen entsprechen („der Weg zu dem Teich", „351 Millionen in diesem Jahr"), unterschieden.158 Dabei werden verschiedene Testverfahren (Erstgliedprobe, Substitutionsprobe, Prädikationen, Relativsatzparaphrase, Nebensatzanschluß) zur Differenzierung angewendet sowie die Vor- und Nachteile bestimmter Tests diskutiert.' 59 Die Behandlung der semantisch-logischen Beziehungen erfolgt relativ kurz und nur anhand weniger Beispiele. In der empirischen Untersuchung zur Disambiguierung mehrdeutiger Sätze werden mit Hilfe der oben genannten Testverfahren die syntaktischen Funktionen der postnominalen PPn festgestellt.160 Auch unter Berücksichtigung kommunikativ-pragmatischer Aspekte bleibt ein Grenzbereich, für den eine Disambiguierung nicht möglich ist.161 Allerdings ist dieses Resultat nicht so außergewöhnlich, weil LEHMUS fast ausschließlich AABen untersucht, jedoch nicht PPAe.162 Ein möglicher Grenzbereich zwischen PPA und AAB wird also im empirischen Teil gar nicht behandelt, obwohl in den theoretischen Vorüberlegungen die Trennungsmöglichkeiten anhand von Tests aufgezeigt worden sind. LEHMUS Untersuchungen enthalten wertvolle Hinweise zu den Anwendungsmöglichkeiten und -grenzen der einzelnen Testverfahren. Die Untersuchung ist corpusbasiert, und das Corpus ist als empirische Basis sehr hilfreich, weil eine große Anzahl adverbialer Bestimmungen enthalten ist, aber es fehlt eine statistische Auswertung der Daten.163 Die von LEHMUS ausgewählten Beispiele sind zwar echte Sprachbelege, dienen aber letztlich nur als Demonstrationsbeispiele. Zur Analyse der Binnenstruktur von PPA-Konstruktion trägt die Untersuchung somit wenig bei. In dem Aufsatz ..Präpositionen in fixierten Fügungen" differenziert Volker HERTEL (1983) PPn unter funktionalen Gesichtspunkten. Er unterscheidet prinzipiell zwischen „Adverbialen", die den AABen entsprechen, und „fixierten Fügungen", die PPn entsprechen, welche vom Verb, Substantiv oder Adjektiv regiert werden. Abgegrenzt werden davon „Paralexeme", „Funktionsverbgefiige", „phraseologische Ganzheiten" und „komplexe Präpositionen".164 Für die Adverbialen gelte, daß „ein Austausch der Ρ [Präposition, S.J.SCH.] in Abhängigkeit vom zum Ausdruck zu bringenden Sachverhalt möglich [ist]" (HERTEL 1983:58), und bei den grammatisch fixierten Fügungen gelte, daß „der Gebrauch der Ρ innerhalb des Gefìiges /A/-/P/-/B/ vom Relat /AJ vorgegeben ist, d. h. die Ρ wird gefordert. /P/ und /AJ bilden eine inhaltliche Einheit, auch wenn sie formal getrennt 157 158 159 160 161 162 163 164

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Lehmus (1983:76ff.). Lehmus (1983:95ff.). Lehmus (1983:119f ). Lehmus (1983:145ff.). Lehmus (1983:232ff.). Lehmus (1983:195). Lehmus (1983:74f.). Hertel (1983:69ff.).

43 werden können." (HERTEL 1983:59). Die Strukturbeschreibungen orientieren sich zunächst an Beispielen mit Verben und von diesen regierten PPOen, lassen sich aber auch auf PPAe übertragen, weil in der Konstruktion Si + Ρ + S2 der Inhalt im wesentlichen von der Verbindung Si + Ρ bestimmt werde. Ein wichtiges Merkmal dieser allgemeinen Konstruktion bestehe darin, daß nur eine Präposition von S] (potentiell) gefordert werde. Auch bei Substantiven liege Rektion vor, obwohl Substantive im Gegensatz zu Verben keine Leerstellen für PPn eröffneten. 165 HERTEL gibt verschiedene Beispiele für Deverbativa und Deadjektiva, die die gleiche Präposition wie die Basislexeme fordern, und fügt mehrere Tabellen an, in denen typische Verbindungen zwischen S| + Ρ enthalten sind. Allerdings ist das Datenmaterial aus Texten des 18. Jahrhunderts zusammengetragen, so daß eine Übertragung auf eine synchron angelegte Untersuchung zur Standardsprache der Gegenwart nur bedingt möglich ist. Insgesamt ist den syntaktischen Differenzierungen in HERTELS Ansatz jedoch zuzustimmen, obwohl die Verhältnisse innerhalb der fixierten Fügungen erheblich komplizierter sind und weiterer Detailanalysen bedürfen. In der Arbeit von Henri BOUILLON (1984) wird die deutsche Präposition „auf' in syntaktischer und semantischer Hinsicht untersucht. Auch wenn der größere Teil der Analysen präpositionale Verwendungen im Zusammenhang mit Verben enthält, lassen sich die Ergebnisse genügend auf die Strukturen in der PPA-Konstruktion übertragen. Innerhalb der Dependenzverhältnisse zum nominalen Kern unterscheidet BOUILLON zwei Arten von PPn. Als Attribut wird die PP bezeichnet, wenn sie frei zum nominalen Kern hinzutreten kann. 166 (34) (35)

Das Haus IM WALD wird verkauft. Sie schickten uns freundliche Grüße A US MOSKA U.

Hingegen wird die PP als „Präpositionalobjekt in der Nominalphrase" bezeichnet, wenn sie auf verschiedene Testverfahren wie ein PPO reagiert.167 (36)

Jeder hat ein RECHT AUF Arbeit.

In der Detailanalyse von „auf' werden auf verschiedenen Abstraktionsebenen die morphosyntaktischen Eigenschaften der Präposition „auf', die syntaktischen Funktionen der PPn mit „auf' und das unterschiedliche Vorkommen von „auf' auf der prä-kategorialen Ebene untersucht.168 Dabei stellt BOUILLON fest, daß auf der „prä-kategorialen Ebene" die Präposition in den Attributen eine informative Bedeutung habe und in den PPOen eine redundante Bedeutung.169 Die informative Bedeutung der Präposition „auf' wird u. a. in Lokalbestimmung, prospektiver Zeitpunkt, prospektive Zeitdauer, Maßangabe und das Vorkommen bei Verben des Sehens unterteilt.170 Auch in den PPn, die als PPOe zu bezeichnen sind und in denen die Präposition nicht kommutieren kann, werden unterschiedliche Bedeutungen von „auf' ermittelt. So kann

165 166 167 168 169 17,1

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hertel (1983:64f.). Bouillon (1984:25) nach Duden (1973:551). Bouillon (1984:25). Bouillon (1984:42ίΓ.). Bouillon (1984:32). Bouillon ( 1984:6611".).

44 „auf 1 auf die Grundlage des vom jeweiligen Verb oder Substantiv ausgedrückten Gefühls oder der Tätigkeit hinweisen (ζ. B. bei „Eid", „Stolz"), eine gewisse Prospektivität einleiten (ζ. B. bei „Antrag", „Appetit", „Hoffnung", „Klage") oder das Ziel, das in einer Geistes- oder Gemütsbewegung ausgedrückt wird, spezifizieren (ζ. B. bei „Eifersucht", „Neid", „Zorn", „Wut").171 Bei dem Versuch einer semantischen Subklassifizierung der Lexeme, die die Präposition „auf' regieren, lassen sich in vielen Fällen ähnliche Kategorien bilden wie bei den Lexemen, die vor der informativen Bedeutung von „auf' vorkommen. Um die Beziehungen exakter bestimmen zu können, müßten allerdings auch die Bedeutungen der in den Beispielen beteiligten Verben bzw. Substantive analysiert und in ihrem Verhältnis zu den beteiligten Konstituenten untersucht werden. BOUILLON weist nach, daß die Präposition „auf' in den PPOen nicht „semantisch leer" ist,172 und liefert wertvolle Hinweise für eine semantische Analyse zur Binnenstruktur der PPAKonstruktion sowie die Erfassung der internen strukturellen Zusammenhänge zwischen den beteiligten Konstituenten.173 In ihrem Buch „Syntax for German in the User Specialty Languages System" beschreibt Magdalena ZOEPPRITZ (1984) ein maschinelles sprachverarbeitendes System, das zum Zwecke einer natürlichsprachlichen Datenbankabfrage und -benutzung konzipiert ist. Parallel zu der Verarbeitung syntaktischer Regeln verlaufen semantische Interpretationen der vom Benutzer eingegebenen Sätze, so daß Ähnlichkeiten mit einer Grammatik nach MONTAGUE174 vorliegen. Der Syntax wird eine vorstrukturierende Rolle fur die semantische Interpretation zugedacht, so daß der Spielraum semantischer Interpretationen durch die Syntaxregeln begrenzt wird. Um weitgehend fehlerfreie Parsingresultate der eingegebenen Sätze sowie eine gute Auflösung möglicher Ambiguitäten zu erhalten, ist eine äußerst detaillierte und systematisch angelegte Beschreibung der syntaktischen und semantischen Merkmale (= „Features") erforderlich.175 Im Gegensatz zu den traditionellen Grammatiken des Deutschen findet man bei ZOEPPRITZ eine so große Fülle von sprachlichen Einzelmerkmalen, daß man sich fragt, auf welche Weise andere Autoren zu generalisierenden Aussagen über die Syntax natürlicher Sprachen gelangen. Die bei ZOEPPRITZ erarbeiteten idiosynkratischen Merkmale des Deutschen enthalten wichtige Hilfestellungen für die Erfassung möglicher Merkmalsstrukturen im mentalen Lexikon, aber auch für die praktisch-lexikographische Arbeit, wenn es um das Erfassen und Darstellen von Grammatikangaben in Wörterbuchartikeln geht. Die PPn werden bei ZOEPPRITZ umfassend behandelt und Präpositionen nach regierten, nicht regierten und lexikalischen differenziert. Insbesondere lokale und temporale AABen sind detailliert beschrieben und in hierarchischer Weise kategorisiert. Dabei wird berücksichtigt, welche Subkategorien nach welchen Substantiven (bzw. Verben oder Adjektiven) stehen können. 176 Die „prepositional complements of nouns" (= PPAe) werden bei den jeweils regierenden Substantiven

171 172

173 174 175 176

Vgl. Bouillon (1984:91fr.). Die Behauptung, daß die Präpositionen in PPOen „semantisch leer" seien, stammt von Steinitz (1969:83). Bouillon will in seiner Arbeit u. a. nachweisen, daß dies nicht zutrifft. Vgl. u.a. Schierholz (1998a:62f.). Vgl. Montague (1970). Vgl. Zoeppritz (1984:33flf.). Vgl. Zoeppritz (1984:passim).

45 notiert; 177 zu jeder Präposition werden die unterschiedlichen Kasusrektionen berücksichtigt (ζ. B. Glaube an plus Akkusativ), und auch die kombinatorischen Möglichkeiten mehrerer regierter und nicht regierter Präpositionen als „Feature" angegeben („Verkauf an Käufer zu Preis"). 178 ZOEPPRITZ zeigt auch, wie nach den Eingaben des Benutzers im System komplexe NPn mit freien PPn („Mitarbeiter für Projekt 7", „Schüler mit Auto") konstruiert werden und wie für diese NPn regierte oder lexikalische Präpositionen ausgeschlossen werden. 179 In ähnlicher Weise werden die Verarbeitungsstrategien für „locative adverbials" nach Substantiven („Adresse in Hamburg") und für temporale AABen („Mitgliedschaft von 3 Jahren", ..Vortrag am 6.8.1981") demonstriert. 180 Auch wenn das Thema „Präpositionalattribut" nicht im Mittelpunkt von ZOEPPRITZ Darstellungen steht, zeigt die Autorin vor allem, welche Wege bei der Erfassung einzelner syntaktischer und semantischer Merkmale zu gehen sind. Dabei spielt sicherlich die Bearbeitung aus computerlinguistischer Perspektive eine tragende Rolle, weil durch den Computer die Überprüfung beliebig eingegebener Sätze jederzeit möglich ist und dadurch Korrekturen der Parsingverfahren oder eine Erweiterung der zu den einzelnen Lexemen vergebenen Features erzwungen werden. Zugleich kann diese kleinschrittige Vorgehensweise für das methodische Vorgehen bei den Untersuchungen zur PPA-Konstruktion ein wichtiger Leitfaden sein. In einer kritischen Auseinandersetzung mit denjenigen Verfahren, in denen mit Hilfe von Transformationen über die Basisverben oder -adjektive nur für abgeleitete Substantive Valenz angenommen wird, zeigt Norbert Richard WOLF (1984) in seinem Aufsatz „Einige Überlegungen zur substantivischen Valenz", daß zwar zwischen der Valenz von Verben und der Valenz von Substantiven Unterschiede bestehen, daß aber innerhalb der Substantive eine Differenzierung zwischen abgeleiteten und nicht abgeleiteten Substantiven nicht sinnvoll erscheint. 181 Nach WOLF ist „Valenz [...] die semantisch begründete Fähigkeit eines Wortes, um sich Leerstellen zu eröffnen" 182 , und die Semantik ist nur die Basis, damit auf syntaktischer Ebene Valenzstellen gefüllt werden können. Die semantischen und syntaktischen Eigenschaften seien jedoch bei abgeleiteten und nicht abgeleiteten Substantiven häufig gleich, so daß man mit dem Kriterium der Abgeleitetheit nicht über ein Kriterium zur syntaktischen Valenz verfüge („Dialog der Gewerkschaften mit den Arbeitgebern über Lohnerhöhungen"). 183 Allerdings zeigen die Ausführungen WOLFS, daß eine eindeutige Festlegung der Valenz nicht unproblematisch ist. 184 WOLFS Einteilung der Substantive in „Konkreta (avalente Substantive)", „Abstrakt- und Täterbildungen (valente Ableitungen)" und „Relationalia (valente Nicht-Ableitungen)" 185 hilft jedoch insofern weiter, als hier berechtigte Gründe angeführt werden, warum eine gesonderte Betrachtung

177 178 179 180 181 182 183 184 18i

Vgl. Zoeppritz (1984:34). Vgl. Zoeppritz (1984:69f.). Vgl. Zoeppritz (1984:227f.). Vgl. Zoeppritz (1984:244f. und 265f.). Vgl. Wolf (1984:409fF.). Wolf (1984:412). Vgl. Wolf (1984:412). Vgl. Wolf(1984:413f). Wolf ( 1984:415).

46 der Nichtabgeleiteten {Appetit, Dialog, ...) bei der Analyse von PPA-Konstruktionen nicht erforderlich ist, sondern übergreifende Tests notwendig sind. Die „Einfuhrung in die Valenz- und Kasustheorie" von Klaus M. W E L K E (1988), die in vielen Punkten über eine Einführung hinausgeht, enthält neben grundsätzlichen Überlegungen zur Valenz, zur Bestimmung von Ergänzungen und Angaben, zur Obligatorik und Fakultativität von Ergänzungen, zur Verbindung von Dependenz- und Kasusgrammatik sowie zur Integration der Prototypentheorie ein eigenes Kapitel zur Valenz des Substantivs. Nach WELKES Auffassung verfugen nur Verben und Adjektive originär über Valenz, während die Substantiwalenz immer auf einem Ableitungsverhältnis beruhe. Bei Substantiven, die valent sind, handele es sich um substantivierte Infinitive („das Arbeiten", „das Weglassen"), Ableitungen auf -ung („Behauptung", „Entwicklung"), Ableitungen, die heute nicht mehr produktiv sind („Flucht", „Gang"), einige Sonderfälle, zu denen keine Verben existieren, die sich semantisch-syntaktisch aber analog zu Substantiven aus einem Ableitungsverhältnis verhalten (ζ. B. „Idee" analog zu „Gedanke", „Problem" analog zu „Frage"), Substantivierungen von Adjektiven („das Gute", „der Gute") und Partizipien („der Lesende", „das Gelesene") sowie Ableitungen auf -heit und -keit („Klugheit", „Gemütlichkeit").186 Dabei werde die semantische Valenz von den Basiswörtern übernommen, während sich die syntaktische Valenz in anderer Weise, dem morphologischen System des Substantivs entsprechend, realisiere. Bei dem Prozeß der Lexikalisierung eines Substantivs, der über mehrere Stufen (nomen actionis, nomen acti, Konkretum) erfolgen könne und dabei oft mit einer Valenzreduktion einhergehe, seien die Verbindungen zum Basiswort oftmals schwer nachvollziehbar und nicht mehr mit Hilfe von Transformationen zu erkennen oder zu ermitteln. Aus diesem Grunde müsse die Valenz von Substantiven eigens im Lexikon aufgeführt werden. W E L K E weist darauf hin, daß es „bei lexikalisierten Verbalsubstantiven [...] von Fall zu Fall mit Hilfe von Präpositionen die Möglichkeit der Aufnahme der Dativergänzung in die substantivische Wortgruppe [gibt]"187. Zwar schätzt WELKE damit die zunehmende Gebrauchsfrequenz von PPAen falsch ein, wenn er schreibt, „von Fall zu Fall", aber seine Beispiele (u. a. „jmdm. danken der Dank an") verdeutlichen, daß bei einer PPA-Konstruktion („der Dank des Lehrers an den Schüler") eine Valenz des Substantivs „Dank" vorliegt, die syntaktischer und semantischer Art ist, auch wenn WELKE dies in seinen Ausführungen nicht explizit formuliert.188 WELKES Auffassungen über die Wichtigkeit syntaktischer und semantischer Informationen in einem Lexikon, das als konstitutiver Bestandteil einer Valenzgrammatik fungiert, ist zwar prinzipiell zuzustimmen, aber leider bleiben WELKES eigene Ausführungen im Kapitel „Lexikon und Grammatik" zu allgemein und helfen insbesondere für eine detaillierte Untersuchung zur PPA-Konstruktion zu wenig weiter.189 In dem Manuskript der Arbeitsgruppe um Brigitte BARNETT (1989) werden verschiedene Testrahmen entwickelt, um eine Unterscheidung in „gebundene" und „ungebundene" Präpositionen zu erreichen, weil dies für die maschinelle Sprachverarbeitung ein notwendiges Kriterium zur korrekten Erzeugung oder Übersetzung standardsprachlicher Äuße-

186 187 188 189

Vgl. Welke (1988:130f.). Welke (1988:138). Vgl. Welke (1988:138f.)· Vgl. Welke (1988:106ff.).

47 rangen sei. Gebundene Präpositionen - sie entsprechen in etwa den regierten - werden in einem maschinenlesbaren Wörterbuch bei dem Lexem angegeben, an das sie gebunden sind. 1 9 0 Die Art der Kodierung ähnelt der Verfahrensweise bei ZOEPPRITZ (1984) u n d

berücksichtigt auch, daß in einem Satz zum gleichen Substantiv mehrere gebundene Präpositionen stehen können. Im Z u s a m m e n h a n g mit den Untersuchungen von Peter HELL WIG (1980), der davon aus-

geht, daß Substantive von Präpositionen eingeleitete Ergänzungen haben und daß zu jedem Substantiv einzeln die möglichen Präpositionen anzugeben seien,191 wird in SCHIERHOLZ (1992) versucht, eine Übersicht derjenigen syntaktischen Merkmale zu Substantiven zu erstellen, die in einem maschinenlesbaren Wörterbuch, das zu Parsezwecken verwendet werden kann, notwendig sind. Dabei wird prinzipiell das Vorhandensein einer Valenz zu Substantiven angenommen und von einer Bindung der Präpositionen bzw. Attribute ausgegangen.192 AABen werden von PPAen unterschieden, und fur Substantive wird versucht, die jeweils an das regierende Substantiv gebundenen Präpositionen mit Hilfe von Testrahmen zu identifizieren. In Anlehnung an BARNETT et al (1989) werden je gebundene Präposition spezifische syntaktische Tests angegeben, weil sich nicht alle Tests auf alle Präpositionen in der gleichen Weise anwenden lassen. So sei es bei der Präposition „für" erforderlich, den Gebrauch des Benefaktiv (37) von der Verwendung der gebundenen (d. h. regierten) Präposition „für" ((38) und (39)) zu unterscheiden.193 (3 7) (38) (39)

das Lied FÜR LA URA die EIGNUNG FÜR diesen Job die ZUSTÄNDIGKEIT FÜR Laura

Die freie Präposition „für" im Benefaktiv könne durch „zugunsten von" substituiert werden (37') oder durch die Einfügung von „bestimmt für" plus Wortstellungsänderung erkannt werden (37"), während PPn mit der regierten Präposition „für" sich nicht umformulieren lassen, ohne ungrammatisch zu werden ((38 ) bis (39")). (3 7 ') (37·) (38 ) (38 ' ') (39 ') (39 ' )

das Lied ZUGUNSTEN VON Laura das FÜR Laura BESTIMMTE Lied # die Eignung ZUGUNSTEN VON Laura # die FÜR Laura BESTIMMTE Eignung # die Zuständigkeit ZUGUNSTEN VON Laura # die FÜR Laura BESTIMMTE Zuständigkeit

Aufgrund dieser Tests könne entschieden werden, daß die Substantive „Eignung" und „Zuständigkeit" die Präposition „für" regieren. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, daß in SCHIERHOLZ (1992) nur ein allgemeiner Überblick zu den Verhältnissen in der PPA-

Konstruktion gegeben wird. Zwar wird an den Beispielen deutlich, daß eine gesonderte Behandlung des PPAs in Abgrenzung zur AAB erforderlich ist, daß jede Präposition einzeln untersucht werden muß und daß es keine umfassenden Regeln oder Tests zur Ermitt-

190 191 192 193

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Bamett et al ( 1989:52ft'.). Hellwig( 1980:262). Schierholz (1992:23). Barnett et al (1989:53); Schierholz (1992:28).

48 lung aller regierten Präpositionen gibt, aber es bleiben viele Fragen insbesondere in bezug auf die semantischen Merkmale der Binnenstruktur in PPA-Konstruktionen offen. ZHU/BEST (1991) orientieren sich in ihrer Analyse zu adnominalen attributiven Konstruktionen an der DUDEN-Grammatik (1984) und stellen generell fest, daß Attribute als Syntagmen zu betrachten sind, die den Kern des jeweiligen Satzgliedes, hier das Substantiv, genauer bestimmen. Bei dem Versuch, verschiedene Strukturtypen des Deutschen zu unterscheiden, werden Form, Stellung, Abhängigkeitsbeziehungen und Kombinationsmöglichkeiten von PPAen und anderen Attributen berücksichtigt. 194 Bezogen auf die Koordinationsmöglichkeiten mehrerer Attribute werden vier Typen unterschieden: In der „syndetischen Koordination" („der Mann mit dem Hut und mit dem Stock") stehen zwei Attribute in koordinativem Verhältnis, weil sie in gleicher Weise vom Bezugswort abhängig und untereinander austauschbar sind. In der „asyndetischen Koordination" („die Fahrt von Berlin nach München") beziehen sich die beiden Attribute auf das gleiche Bezugswort, sind aber nicht austauschbar (# die Fahrt nach München von Berlin), nicht durch ein Komma und nicht mit „und/oder" verbindbar. Bei der „Subordination" („der Zug aus Köln a m Bahnsteig 2") beziehen sich auch beide Attribute auf das gleiche Bezugswort, aber der Abhängigkeitsgrad ist nicht der gleiche. Das Attribut, das mit dem Substantiv eine semantische Einheit bildet, stehe ihm jeweils am nächsten. 195 Bei der „Erweiterung" („die Frage nach dem Preis für den Ruhm") handele es sich um eine grundsätzlich andere Abhängigkeitsstruktur, weil sich das zweite Attribut des Nachfelds auf das erste Attribut des Nachfelds bezieht. Somit enthalte das Attribut zum regierenden Substantiv selbst wiederum die Möglichkeit, als regierendes Substantiv zu fungieren. 196 Die vier Typen zeigen in anschaulicher Weise, daß es für die Attributsserialisierung gewisse Regelungen gibt. Allerdings verwenden ZHU/BEST in ihrem Beispielmaterial sowohl PPAe als auch AABen, so daß überprüft werden müßte, ob PPAe überhaupt zu allen vier Typen auftreten oder ob die vorgenommene Einteilung möglicherweise eine Unterstützung bei der Abgrenzung des PPAs gegen AABen ist. Aus diesem Grunde läßt sich diese Untersuchung nur mittelbar für die Bestimmung der Binnenstruktur der PPA-Konstruktion nutzen. In dem Aufsatz von Daniel BRESSON, „Syntax der ,rechts von N ' stehenden Elemente bei rektionalen Nomina", werden die komplexen NPn entsprechend einer Unterscheidung nach PPA und AAB differenziert. Substantive, die vor einem PPA stehen, heißen valente oder rektionale Substantive, welche Argumentstruktur haben und häufig der Prädikatklasse der Handlungen, Vorgänge, Zustände, Eigenschaften usw. angehören. Zusammen mit einem Verb können sie in prädikativer Funktion vorkommen, so daß sich die PPAKonstruktion auf einen Quellensatz zurückführen läßt. Die Selektion der jeweiligen Präposition sei in vielen Fällen nicht nur von dem Substantiv, sondern von der Einheit, Verb plus Substantiv, abhängig, weil das PPA relativ frei im Satz beweglich sei und nicht grundsätzlich direkt hinter dem valenten Substantiv stehen müsse. 197 Vielen Substantiven 194 195 196 197

Vgl. Zhu/Best ( 1991:214f ). Vgl. Zhu/Best (1991:217) nach Posner (1980:67). Vgl. Zhu/Best (1991:216ff.). Vgl. Bresson (1992:2811). Das Verb, das mit dem Substantiv eine Einheit bildet, wird von Bresson als Funktionsverb bezeichnet, was in diesem Zusammenhang sicherlich ein wenig passender Terminus ist.

49 könnten jedoch auch PPn folgen, die Umstandsangaben (AABen) sind, welche sich auf den ganzen Satz beziehen, nicht unmittelbar zum Substantiv gehören und nur bei Zurückführung auf das Satzgefüge richtig interpretiert werden können. 198 Der vorgeschlagene Lexikoneintrag zum Lemma „Rede" enthält wertvolle Anregungen fur die in einem Wörterbuch erforderlichen syntaktischen und semantischen Merkmale zu den Substantiven, die Präpositionen regieren.199 Auch wenn den von BRESSON durchgeführten Differenzierungen der PP zuzustimmen ist, können die wenigen Merkmale zu komplexen NPn lediglich Denkanstöße liefern, weil die Kriterien für die Feststellung nicht besonders klar formuliert bzw. nur unzureichend durch Tests belegt sind. So bleibt zum Beispiel unklar, in welcher Weise die Selektion der jeweils regierten Präposition nicht nur vom Substantiv, sondern auch vom beteiligten Verb abhängig sein soll. Im Gegensatz zu BRESSON stellt François SCHANEN in seinem Aufsatz „Präpositionalgruppen rechts von N" fest, daß eine Eigenschaft der Präpositionalgruppe nach Substantiven darin bestehe, in der Standardsprache relativ stellungsfest zu sein. Die PPn könnten innerhalb einer NP als Satzglieder ersten Ranges vorkommen und stünden im zweiten Feld rechts von dem Substantiv. In der NP seien die Stellungen der Satzglieder durch ihre syntaktische Form bedingt - das Genitivattribut stehe immer vor der Präpositionalgruppe - , aber dadurch werde noch nichts über die fünktional-semantische Leistung der PP ausgesagt.200 Innerhalb der Präpositionalgruppe unterscheidet SCHANEN zwischen endozentrischen Phrasen, die als funktionale Ganzheit analysiert werden - somit der AAB gleichzusetzen sind - , und exozentrischen Phrasen, bei denen die funktionale Einheit aufgelöst wird, da die Präposition zu dem jeweils regierenden Substantiv gerechnet wird.201 Dies trete vor allem auf, wenn es sich bei dem regierenden Substantiv um ein Deverbativum handele, das in der Regel die Valenz des Basisverbs übernimmt. Einerseits will SCHANEN den Substantiven keine syntaktische Valenz zusprechen, sondern nur eine semantische Valenz, andererseits weist er darauf hin, daß man die Präpositionen nicht zu semantisch leeren Funktionselementen erklären könne, die nur einen Präpositionalkasus darstellen. Zur Begründung verweist SCHANEN darauf, daß semantisch ähnliche Substantive oft die gleiche Präposition regierten und daß das gleiche Substantiv verschiedene Präpositionen regieren könne, die nicht austauschbar seien, ohne daß sich die Gesamtbedeutung der komplexen NP ändere.202 Zwar billigt SCHANEN der Präpositionsbedeutung eine hohe Abstraktionsstufe zu, aber gleichzeitig stellt er fest, daß diese abstrakten Bedeutungen nur bei den Präpositionen der älteren Sprachschicht vorkommen, welche auch mit konkreter lokaler und temporaler Bedeutung vorliegen und in AABen stehen können. Die Präposition bleibe auch innerhalb der PPA-Konstruktion die syntaktische Grundeinheit des PPAs, aber der semantische Kern der PP sei das Substantiv in der PP.203 Auch bei SCHANEN finden sich Hinweise zur Bestimmung der Binnenstruktur der PPA-

198 199 200 201 202

203

Vgl. Bresson (1992:30f.). Vgl. Bresson (1992:32). Vgl. Schanen ( 1992:931'.). Vgl. Schanen ( 1992:95ft'.). Als Beispiel gibt Schanen „sich freuen auf/ über/ an" an, das auf das Substantiv „Freude" übertragbar ist; vgl. Schanen (1992:98). Vgl. Schanen (1992:99).

50 Konstruktion, obwohl seine Untersuchung nur einen Ausschnitt aus dem gesamten Phänomenbereich bietet. In mehreren Arbeiten von Gisa RAUH204 werden die präpositionalen Formen des Englischen hinsichtlich ihrer syntaktischen und semantischen Merkmale analysiert. Um den Gegenstandsbereich des Begriffs „Präposition" definitorisch abgrenzen zu können, vergleicht RAUH verschiedene Untersuchungen aus der traditionellen Grammatik, aus dem Strukturalismus, der Kasusgrammatik und der X-bar-Theorie. Dabei wird festgestellt, daß die Autoren oft nur Teilmengen von Präpositionen berücksichtigten, so daß es nicht verwundere, wenn die erarbeiteten Resultate insbesondere zu den Funktionen von Präpositionen äußerst divergent seien. Innerhalb des von RAUH vertretenen Ansatzes der Prinzipien- und Parametertheorie hat man es mit einer größeren Gesamtmenge an präpositionalen Lexemen zu tun als in anderen Ansätzen, weil Präpositionen transitiv und intransitiv sein können und dadurch auch ein Teil der in traditionellen Grammatiken als Konjunktion, Partikel und Adverb bezeichneten Lexeme in die Untersuchungen einbezogen werden. 205 Für das Englische wird in diesem Zusammenhang u. a. die folgende Beispielgruppe genannt: (40a) „Bill was here before Mary. (40b) Bill was here before. (40c) Bill was here before Mary came. " (RAUH 1991:181). Als deutsche Übersetzungsäquivalente stehen für „before" drei unterschiedliche Lexeme zur Verfügung, die Präposition „vor" (40a), das Adverb „vorher" (40b) und die Konjunktion „bevor"' (40c), so daß bei der Abgrenzung des zu untersuchenden Gegenstandsbereichs die Unterschiede zwischen beiden Sprachen eine Rolle spielen. Dies hat allerdings keine unmittelbaren Folgen für Untersuchungen zur PPA-Konstruktion im Deutschen, weil die englischen Übersetzungsäquivalente der in PPA-Konstruktionen auftretenden deutschen Präpositionen immer eine Teilmenge der von RAUH untersuchten englischen Präpositionen sind. Divergente Forschungsresultate liegen aber nicht nur bei der Bestimmung des Gegenstandsbereichs „Präposition" vor, sondern auch bei dem Versuch, den Zusammenhang zwischen Präpositionen und Rollen festzulegen. 206 Neben dem Ansatz, in dem Präpositionen anstelle von Kasusmarkierungen stehen und Ausdrücke für diejenigen Rollen sind, die ein Verb der jeweiligen NP zuweist, 207 stehen der Ansatz von Vertretern der Prinzipien- und Parametertheorie, die einen Schwerpunkt auf die syntaktische Beschreibung legen und bei denen die Präpositionen Transmitter für die Thetarollenzuweisung sind, 208 sowie der Ansatz mit einem Schwerpunkt auf der semantischen Betrachtung, von der aus dann Auswirkungen auf die Syntax folgen, 209 so daß die Präpositionen selbst als Kasuszuweiser fungieren.

204 205 206 207 m 209

Rauh (1991, 1992, 1995a, 1995b, 1996). Vgl. Rauh 1991:17511); Rauh (1995b:128f). Vgl. Rauh (1995b: 1231Î). Vgl. u. a. Fillmore (1968:32f.). Vgl. u. a. Emonds (1985): Clark ( 1 9 9 0 : 4 I f f ) . Vgl. u. a. Rauh (1988); Haumann (1992); Zwarts (1992).

51 Unter Berücksichtigung dieser Uneinigkeiten in bezug auf den Gegenstandsbereich und die Rollen der Präpositionen wird von RAUH auf der Basis der X-bar-Theorie eine Typologie englischer Präpositionen erstellt. Dabei werden insgesamt fünf grammatische Varianten herausgebildet und anhand ihrer syntaktischen Eigenschaften im X-bar-Schema klassifiziert: lexikalische, grammatische, fixierte grammatische, fixierte lexikalische und regierte Präpositionen,210 Für alle Gruppen werden ausgiebig Erklärungen, Testmöglichkeiten und Beispiele angegeben.211 Für die Bestimmung der PPA-Konstruktion sind insbesondere die regierten und lexikalischen Präpositionen von Interesse, weil die Präpositionen, die in PPA-Konstruktionen vorkommen können, diejenigen sind, die von RAUH als regierte Präpositionen klassifiziert werden. Zur Abgrenzung der PPA-Konstruktion gegen ähnliche syntaktische Konstruktionen ist vor allem die Bestimmung der lexikalischen Präpositionen wichtig, weil diese in AABen auftreten. Regierte Präpositionen werden von Verben, Nomina oder Adjektiven lexikalisch gefordert und auch als Kasuspräpositionen bezeichnet.212 Sie verhalten sich wie funktionale Kategorien,213 weisen keine Projektionseigenschaften auf, und es liegen keine strikten Subkategorisierungseigenschaften vor. Es könnten keine Spezifikatoren oder postmodifizierende Adjunkte eingefügt werden, und es könnten keine Lokal- und Temporaladverbien (im Sinne der traditionellen Grammatik) substituiert werden. Die Präposition sei nicht der Kopf der PP und könne als alternative Ausdrucksform von Kasusaffixen bezeichnet werden. Allerdings werde die nachfolgende NP von der Präposition kasusmarkiert, was sich auch semantisch niederschlage.214 (41)

„He realized a discrepancy in their various excuses. He had no influence over his younger brother. " 215

Lexikalische Präpositionen können eine lokale, temporale oder skalare Bedeutung haben und besitzen die Fähigkeit zur vollständigen Instantiierung des X-bar-Schemas. Sie sind als lexikalische Köpfe von PPn und als Elemente einer lexikalischen Hauptkategorie zu betrachten, da sie deren syntaktischen Eigenschaften (strikte Subkategorisierung, Wahl von Spezifikatoren, Kasus) und semantischen Eigenschaften (Argumentstruktur und Thetarolle, inhärente semantische Eigenschaften, Selektionsmöglichkeiten) besitzen. Viele von ihnen könnten transitiv sowie intransitiv (ζ. B. above, along, behind, below, down, in, o f f , on, past) verwendet werden.216 Lexikalische Präpositionen seien selbständige Rollenzuweiser und haben eine referentielle Rolle, so daß die notwendigen Lizenzierungsbedingungen erfüllt werden könnten. 217 Hingegen seien regierte Präpositionen als Rollen210

211

212 213 214 215 216 217

Vgl. Rauh (1995b:129ff.). In den Arbeiten Rauhs werden einmal drei Typen (Rauh (1995a, 1996)), einmal vier Typen (Rauh (1991, 1992)) festgestellt. Alle Beispiele und Analysen in dem Wuppertaler Arbeitsbereich des SFB 282 entstammen umfassenden Corpusanalysen zum Englischen (mündliche Mitteilung von Dagmar Haumann), so daß die theoretischen Aussagen als gut fundiert bezeichnet werden müssen. Vgl. Rauh (1995a:26). Zu den Merkmalen funktionaler Kategorien vgl. Rauh (1995a:14). Vgl. Rauh (1991:187f); Rauh (1995b. 134f). Rauh (1995b: 134). Vgl Rauh (1991:18311): Rauh (1995b: 129t.). Vgl. Rauh (1995b: 15811).

52 transmitter zu bezeichnen, weil sie keine externe Rolle zuweisen und keine Spezifizierer oder Adjunkte erlaubten. Die regierten Präpositionen weisen selbst Kasus zu, haben aber zugleich semantische Eigenschaften, die sie etymologisch von den lexikalischen Präpositionen mitbringen. Die regierten Präpositionen seien an der Beziehung zwischen der regierenden Kategorie und der von dieser lizenzierten Thetarolle an das Komplement insofern beteiligt, als sie die syntaktische Funktion der Thetarolle deutlich machen oder sie semantisch modifizieren. 218 Die syntaktischen und semantischen Beschreibungen zu den regierten Präpositionen bieten wertvolle Hilfestellungen für die Beschreibung der PPA-Konstruktion, auch wenn für eine detaillierte Erfassung der Binnenstruktur allein die Unterschiedlichkeit der präpositionalen Elemente nicht auszureichen scheint, weil auch die anderen beteiligten Konstituenten der PPA-Konstruktion deren Binnenstruktur wesentlich beeinflussen können. Fraglich ist auch, ob der von RAUH entworfene Eintrag der englischen Präposition „on" für ein mentales Lexikon unter Berücksichtigung des Lernens der verschiedenen Verwendungsweisen von „on" so akzeptiert werden kann. Für die Präposition „on" wird die lexikalische Präposition als Grundeintrag verwendet, von dem aus die anderen Verwendungsweisen als Ableitungen oder Varianten im Spracherwerb gelernt werden bzw. werden müssen.219 Aus der Sicht der Prinzipien- und Parametertheorie mag eine solche Beschreibung theoriekonform sein, und sicherlich wird man damit einem Ökonomieprinzip beim Spracherwerb gerecht, aber fraglich ist die Annahme der lexikalischen Hauptkategorie als Ausgangspunkt bzw. Basiseintrag in Form einer Art Defaultwert und die Ableitung der unterschiedlichen Verwendungsweisen ausgehend von einer gleichen phonologischen Form; denn es ist ja keineswegs sicher, daß man erst den Ausdruck zur lexikalischen Hauptkategorie, dann deren Inhalt und zuletzt erst die Varianten von „on" erlernt. Denkbar ist auch, daß man die abstrakte Verwendungsweise einer regierten Präposition nur im Zusammenhang mit den regierenden Konstituenten erlernt und die Beziehung zu der lexikalischen Verwendungsweise der Präposition erst nachträglich herstellt. Damit wäre es plausibel, daß Muttersprachler kaum Probleme bei der Selektion der korrekten regierten Präposition haben, während dies für Fremdsprachler ein wesentliches Problem darstellt. Die komplizierte Vernetzung zwischen den o«-Einträgen wäre dann nur sekundär und die gleiche phonologische Form zufallig, wie dies bei lexikalischen Homonymien auch der Fall sein kann. Trotz dieser Einwände bringen die Untersuchungen zu den englischen Präpositionen die Klassifizierungsmöglichkeiten von Präpositionen, die applizierbaren Testverfahren sowie die syntaktische und semantische Beschreibung der Binnenstruktur der PPAKonstruktion des Deutschen einen erheblichen Schritt weiter. Da sich RAUH in ihren Untersuchungen primär mit Präpositionen, aber nicht mit Substantiven befaßt, werden keine Unterscheidungen zwischen verbdependenten PPn (PPO) und substantivdependenten PPn (PPA) vorgenommen. Dies ist aber in bezug auf die PPA-Konstruktion insofern ohne Belang, da die PPAe als eine Teilmenge der Untersuchungsmenge bei RAUH angesehen werden können.

218 219

Vgl. Rauh (1995b:163fT.). Vgl. Rauh (1991:202ff.).

53 2.3.2

Die an der Lexikographie orientierte Fachliteratur

Eine Übersicht über die lexikographische Fachliteratur zum Thema „PPA" liegt in 220 SCHIERHOLZ (1996a) vor. Dort wird festgestellt, daß es in der theoretischen Lexikographie relativ wenige Publikationen über die Grammatikangaben zu Substantiven gibt und kaum Untersuchungen zum Thema „Das PPA im Wörterbuch". Jedoch enthalten die meisten dieser wenigen Arbeiten sehr kritische Bemerkungen über die in den Wörterbüchern vorhandenen lexikographischen Angaben, die das PPA betreffen. Diese Kritik wird auf Befragungen von Fremdsprachlern gestützt, auf Wörterbuchbenutzungsprotokolle, auf Erfahrungen aus dem DaF-Unterricht sowie auf Wörterbuchartikelanalysen,221 betrifft ein- und zweisprachige allgemeine Wörterbücher und bezieht sich im einzelnen auf die mangelhafte Darstellung der syntaktischen Angaben, das Fehlen expliziter Angaben zur Grammatik der Substantive und insbesondere auf Lücken in der Liste der von Substantiven regierten Präpositionen.222 Es wird auch nachgewiesen, daß derartige Angaben notwendig sind, sei es aufgrund der Nachschlagebedürfnisse von Fremdsprachlern, sei es wegen der individuellen Präpositionsselektion der regierenden Substantive, die nicht über Regeln erschlossen werden könne. 223 Im folgenden werden nicht sämtliche lexikographisch orientierten Arbeiten zu regierten Präpositionen referiert,224 sondern nur kurze Zusammenfassungen zu den lexikographischen Arbeiten gegeben, die im weiteren Verlauf dieser Untersuchung eine Rolle spielen. In SCHAEDER (1985) wird die Darstellung von Präpositionen in verschiedenen Wörterbüchern kritisiert und eine Analyse zur Präposition „nach" durchgeführt. Neben den morphologischen, syntaktischen und semantischen Merkmalen zu Präpositionen werden innerhalb der Satzgliedfunktionen auch die Merkmale von Adverbialen und Attributen vorgestellt. In den Wörterbüchern sollten die möglichen Positionen der PP im Satz und die Regularitäten zur Kombination mehrerer PPn dargestellt werden.225 Das präpositionale Attribut sei eine syntaktische Konstruktion, die auf das Lemma zu beziehen sei, das in der PPA-Konstruktion als regierendes Substantiv auftritt. Allerdings wird eine strikte Trennung zwischen PPA und AAB nicht vollzogen, weil SCHAEDER davon ausgeht, daß der adverbiale und attributive Gebrauch einer PP nicht immer eindeutig unterschieden werden könne.226 In WIEGAND (1985) werden verschiedene Wörterbuchbenutzungssituationen anhand von Wörterbuchbenutzungsprotokollen ausgewertet. Die Situationen, die die Grammatik betreffen, werden in die die Morphologie betreffende und die die Syntax betreffende

220 221 222 223 224

225 226

Vgl. Schierholz (1996a: 152ff.). Vgl. u. a. Hartmann (1982); Wiegand (1985); Schuhmacher (1986). Vgl. u. a. Bergenholtz (1984); Schierholz (1996a, 1996b, 1998b, 1998c). Vgl. u. a. Bredemeier/Jansen/Petöfi (1977:75); Bergenholtz (1984); Schierholz (1996a). In Schierholz ( 1996a: 152ÍT.) finden sich Zusammenfassungen zu Bredemeier/Jansen/Petöfi (1977), Hartmann (1982), Bergenholtz (1983), Bergenholtz (1984), Bergenholtz/Mugdan (1984), Kromann (1985), Schuhmacher (1986), Mugdan (1989), Wiegand (1989a), Wiegand (1989b). Vgl. Schaeder (1985:27811). Vgl. Schaeder (1985:294ff.).

54 unterteilt.227 Bei der Auswertung der Wörterbuchbenutzungsprotokolle werden u. a. Suchfragen zur Wahl der richtigen Präposition in einem PPO genauer analysiert. Die Resultate lassen sich auf PPA-Konstruktionen und auf die idiosynkratische Bindung der Präposition an das präponierte Substantiv (ζ. B. „Liebe zu") übertragen.228 Die statistische Auswertung der Wörterbuchbenutzungsprotokolle zeigt, daß der größte Teil der Benutzungsfragen die Grammatik betrifft. Dazu gehören auch die Fragen, die zu regierten Präpositionen gestellt werden. Aber die Wörterbücher geben im Durchschnitt nur in 55% aller Fälle eine Antwort, die dem Benutzer nützt.229 Bei der Suche nach der richtigen Präposition für eine PPA-Konstruktion helfe in den meisten Fällen ein lexikographisches Beispiel weiter.230 In bezug auf die Grammatikangaben in Wörterbüchern folgert WIEGAND, daß einsprachige Wörterbücher, die für Fremdsprachler geeignet sind, eine Wörterbuchgrammatik enthalten müßten. Diese sollte alles, was grammatischregelhaft ist, beinhalten, während idiosynkratische Merkmale in den einzelnen Wörterbuchartikeln aufgeführt und anhand von kommentierten grammatischen Beispielen erläutert werden müßten.231 Die Bindung der Präposition an das regierende Substantiv sei eine idiosynkratische, die nicht durch eine Regel erfaßbar ist. Somit sei die gebundene Präposition als „wörterbuchwürdig" anzusehen, weil der Fremdsprachler die Einheit, Substantiv plus regierte Präposition, als Ganzes lernen müsse.232 In den bisherigen von SCHIERHOLZ durchgeführten Untersuchungen zur PPA-Konstruktion werden mit Hilfe neuer terminologischer Vereinbarungen zu den Konstituenten in der PPA-Konstruktion grundlegende Merkmale für die Abgrenzung konkurrierender syntaktischer Konstruktionen aufgezeigt.233 In der Analyse ein- und zweisprachiger Wörterbücher werden neben quantitativen Auswertungen auf der Basis von Stichproben unterschiedliche Kritikpunkte ausführlich diskutiert, und es wird insgesamt eine sehr mangelhafte Darstellung der PPA-Konstruktion in den Wörterbüchern festgestellt. Diese Mängel sind zum Teil so gravierend, daß man fürchten muß, Fremdsprachlern könne die Lust an der Wörterbuchbenutzung vergehen.234 Für ein- und zweisprachige Wörterbücher werden Vorschläge zu einer Verbesserung der notwendigen und möglichen Grammatikangaben für regierte Präpositionen gemacht und die Vorteile elektronischer Wörterbücher erörtert.235 Für PPA-Konstruktionen mit der Präposition „auf' wird auf der Basis umfangreicher Corpusanalysen die Binnenstruktur in bezug auf die semantischen Beziehungen analysiert, indem die Konstituenten verschiedener PPA-Konstruktionen nach Bedeutungsähnlichkeiten sortiert werden. Dabei wird vorgeschlagen, in welcher Weise sich die linguistischen Analysen zur Wörterbuchoptimierung nutzen lassen.236

227 228 229 230 231 232 233 234 23i 236

Vgl. Wiegand (1985:48, Abb. 6); Wiegand (1985:57, Abb. 7). Vgl. Wiegand (1985:71ff.). Vgl. Wiegand (1985:72ff.). Vgl. Wiegand (1985:91 f., Tab. 1). Vgl. Wiegand (1985:96f.). Vgl. Wiegand (1985:90). Vgl. Schierholz (1995, 1996a:150f. und 166ft"., 1998a:60f.). Vgl. Schierholz (1996a: 17511.); Schierholz (1996b:223ff ). Vgl. Schierholz (1996a: 197ff.); Schierholz (1996b, 1998c, 2000). Schierholz (1998a).

55 In dem Aufsatz von Herbert Ernst WIEGAND (1996) „Über primäre, von Substantiven ,regierte' Präpositionen in Präpositionalattributkonstruktionen" werden die Abgrenzungsprobleme der PPΑ-Konstruktion sowie die theoretischen Schwierigkeiten zur Beschreibung der syntaktischen Verhältnisse innerhalb der PPA-Konstruktion diskutiert. Für die Bezeichnung der Konstituenten wird die Terminologie, wie sie in SCHIERHOLZ (1996a) vorgeschlagen worden ist, 237 erweitert und in einigen Punkten präzisiert. WIEGAND stellt fest, daß das Vorgänger-Substantiv PPA und die Präposition PPA eine Einheit bilden, die als Ganzes erlernt werden müsse 238 und die als wörterbuchwürdig anzusehen sei. In ein- und zweisprachigen Wörterbüchern müsse diese Einheit in Form einer „Konstruktionsidentifizierungsangabe" und mindestens einer „kommentierten Kompetenzbeispielangabe" enthalten sein, die an die Lemmazeichengestaltangabe des als Vorgänger-Substantiv PPA fungierenden Substantivs adressiert sind. 239 Darüber hinaus sei in einer Wörterbuchgrammatik zu erläutern, was man unter einer regierten Präposition verstehe und in welchen syntaktischen Zusammenhängen diese auftreten könne. In einer kritischen Auseinandersetzung mit verschiedenen Grammatikhandbüchern weist WIEGAND nach, daß diese oft widersprüchlich in ihren Aussagen sind und nicht die Informationen enthalten, die man für eine Wörterbuchgrammatik benötigt, 240 sondern häufig generalisierende Beurteilungen zu regierten Präpositionen enthalten, welche nicht an genügend Sprachbelegen getestet worden sind. In Anlehnung an die Taxonomie der syntaktischen Relation von LEHMANN (1983) und die Untersuchungen von JUNG (1995) werden die syntaktischen Verhältnisse in der PPA-Konstruktion in systematischer Weise dargestellt und von ähnlichen Konstruktionen abgegrenzt. Danach gilt, daß die Präposition PPA von dem regierenden Substantiv dependent ist und daß das Vorgänger-Substantiv PPA lexikalisch die Präpos i t i o n ^ als Status regiert, weil die Präposition PPA selbst keine Kasusmarkierung besitzt. Die Präposition PPA stehe zu der NP im PPA in einer Kasusrektion, weil die Präposition PPA eine Leerstelle fur die NP eröffne und weil die NP in dem PPA einen Kasus trage, der durch die Präposition PPA festgelegt sei. 241 In einer AAB-Konstruktion hingegen fehle die Statusrektion zwischen dem vor der Präposition stehenden Substantiv und der Präposition, weil man statt der Präposition verschiedene andere Präpositionen einsetzen könne, die eine Bedeutungsveränderung der Aussage bewirkten (z. B. fur „der Vogel in dem Käfig" „der Vogel vor/hinter/unter/über/an/neben/auf diesem Käfig"). 242 Insgesamt können mit dem Konzept der lexikalischen Statusrektion die syntaktischen Zusammenhänge in komplexen NPn wesentlich besser geklärt werden als mit anderen grammatischen Ansätzen. Dabei geht WIEGAND nicht davon aus, daß die Rektionseigenschaften der Substantive nur dadurch zu erklären sind, daß bei Deverbativa und Deadjektiva die Merkmale vom Basisverb oder -adjektiv übernommen werden ( h o f f e n auf zu Hoffnung auf). Somit können auch PPA-Konstruktionen mit nicht abgeleiteten Substantiven als VorgängerS u b s t a n t i v ^ („Recht a u f ' , „Appetit a u f ' ) in die Erklärungen einbezogen werden. WIEGAND geht jedoch davon aus, daß man bei Substantiven nicht von einer Valenz

237 238 239 240 241 242

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schierholz (1996a:150f.); z. T. auch in Schierholz (1995:19). Wiegand (1996:111). Wiegand (1996:113f.). Wiegand (1996:116fr.). Wiegand (1996:128fr.). Wiegand (1996:133).

56 sprechen könne, die von der gleichen Art wie die Valenz von Verben ist; denn Substantive könnten nicht obligatorisch Leerstellen eröffnen. 243 Auch WIEGANDS Resultate basieren nur auf der Analyse einer kleinen Menge von Substantiven, die als VorgängerSubstantivppA vorkommen, und es wäre zu prüfen, inwieweit sich das Konzept der lexikalischen Statusrektion auf alle PPA-Konstruktionen übertragen läßt. In bezug auf die lexikographischen Angaben zeigt WIEGAND am Beispiel „Hoffnung auf', welche Angaben zur PPA-Konstruktion je nach Wörterbuchtyp gemacht werden können. 244 Es sollte jedoch durch empirische Untersuchungen geprüft werden, inwiefern Bedeutungsangaben zu regierten Präpositionen in allgemeinen Wörterbüchern überflüssig sind; 245 denn daß Fremdsprachler nie eine Frage zur Bedeutung einer regierten Präposition stellen, kann durch mancherlei Umstände bedingt sein. Zum einen lernt ein Fremdsprachler, daß eine regierte Präposition keine Bedeutung hat, abstrakt, semantisch leer oder semantisch entleert ist, so daß während des Sprachlernprozesses kein Nachschlagebedürfnis in bezug auf die Bedeutung regierter Präpositionen gelehrt oder erlernt werden kann. Zum anderen existieren in den Wörterbüchern im allgemeinen keine Bedeutungsangaben zu den regierten Präpositionen, so daß Fremdsprachler auch kaum eine Antwort auf eine Frage zur Semantik einer regierten Präposition erhalten würden. Versucht man jedoch im DaF-Unterricht die unterschiedliche Bedeutung von ζ. B. „die Diskussion über das Asylrecht" und „die Diskussion um das Asylrecht" herauszufinden, so sind Fremdsprachler - übrigens auch viele Muttersprachler - sehr unsicher in ihren Deutungs- und Erklärungsversuchen. Gleichwohl ist damit ein reges Interesse geweckt, worin der Unterschied besteht und auf welche Weise man sich darüber informieren kann, ohne Fachleute fragen zu müssen. Hinzu kommt, daß in lexikalischen Analysen zur Präposition „auf' für einen Teil der PPA-Konstruktionen nachgewiesen werden konnte, daß auch die regierte Präposition „auf' Bedeutungen besitzt, die zwar abstrakter Art sind und nicht mit den Bedeutungen der lexikalischen Präposition „auf' gleichzusetzen sind, die aber keinesfalls semantisch entleert sind, sondern mit unterschiedlicher Intensität semantische Konzepte enthalten, die von den Bedeutungen der lexikalischen Präposition „auf' abgeleitet werden können. 246 Aus den dargestellten Zusammenfassungen sollte hervorgegangen sein, daß nicht nur die syntaktischen Verhältnisse zur regierten Präposition, sondern auch der Bedeutungsgehalt regierter Präpositionen ein lohnenswertes Thema sowohl für Lexikologie und Semantik als auch für die praktische Lexikographie sein können.

243 244 245 246

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Wiegand (1996:134ff.). Wiegand (1996:135fr.). Wiegand (1996:14011). Schierholz (1998a:76ff.).

57 2.4

Die Wörterbücher

In vielen Untersuchungen zur PPA-Konstruktion wird festgestellt, daß die Präposition in idiosynkratischer Weise an das regierende Substantiv gebunden ist und daß deswegen die Einheit, Substantiv plus regierte Präposition, als Ganzes zu lernen ist. Da sich daraus ergibt, daß für eine regierte Präposition eine Wörterbuchangabe erforderlich ist, die an die Lemmazeichengestaltangabe des Substantivs adressiert ist, das als regierendes Substantiv in einer PPA-Konstruktion fungieren kann, soll im folgenden geprüft werden, inwieweit Wörterbücher diese Wörterbuchangaben enthalten. Dazu werden einige allgemeine einsprachige Wörterbücher des Deutschen, eine kleine Auswahl zweisprachiger Wörterbücher mit Deutsch sowie SpezialWörterbücher einer kritischen Analyse unterzogen. Zu Wörterbüchern, zu denen an anderer Stelle bereits empirische Analysen zu den Grammatikangaben durchgeführt worden sind, erfolgt eine kurze Zusammenfassung der Resultate.

2.4.1

SpezialWörterbücher

In dem „Wörterbuch zur Valenz und Distribution der Substantive" von SOMMERFELDT/ SCHREIBER ( 1 9 8 3 ) wird die Anzahl der vom Substantiv eröffneten Leerstellen, die syntaktische Form und die Semantik der Aktanten beschrieben. Es werden in erster Linie Substantive behandelt, die Prozesse und Eigenschaften bezeichnen, also Deverbativa und Deadjektiva. 247 SOMMERFELDT/SCHREIBER gehen bei der Bestimmung der Valenz von logisch-semantischen Komponenten aus, von denen die syntaktische Valenz abzuleiten sei. Valenz sei danach die Eigenschaft einer Bedeutung, Leerstellen zu haben, d. h. andere Wörter sich unterzuordnen. 248 Die Gruppe der Substantive wird in Konkreta und Abstrakta untergliedert, die Konkreta wiederum in Nomina agentis („Überbringer") und Beziehungsbezeichnungen („Mutter", „Vater"), die Abstrakta in Tätigkeitsbezeichnungen („Geschrei", „Abfassung", „Dank"), Vorgangsbezeichnungen („Beginn", „Donnern"), Zustandsbezeichnungen (Deverbativa) („Sqhlaf", „Aufenthalt") und Eigenschaftsbezeichnungen (Deadjektiva) („Breite", „Stolz", „Ähnlichkeit"). 249 Für die Besetzung der Leerstellen werden u. a. das Genitivattribut, das präpositionale Substantiv, der Infinitiv und der Nebensatzanschluß berücksichtigt. 250 Zu den PPn werden u. a. vcw-Phrasen gerechnet, die anstelle eines Genitivattributs auftreten können, PPn mit verschiedenen Präpositionen als Zielangabe für ein Geschehen bzw. als Richtungsbezeichnung für eine Eigenschaft („die Liebe zum Staat", „die Kritik an Mißständen"), Substantive, die mehrere Präpositionen regieren („das Gespräch mit/ über", ..der Dank an/ für") und PPn, in denen zeitliche Relationen auftreten („die Freude auf den Geburtstag"). 251 Die untersuchten Substantive werden zunächst nach der Anzahl ihrer

247 248 249 250 251

Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:37). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:10f ). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:14ff.). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:19ff.). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:21).

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Aktanten und dann innerhalb dieser Gruppen nach den oben genannten semantischen Gruppierungen unterschieden.252 Anhand verschiedener Beispiele wird demonstriert, daß Substantive, die Präpositionen regieren, die Valenzen von den zugrundeliegenden Verben oder Adjektiven übernehmen. Dabei kommt es zum Teil zur Übernahme der Präposition („Glaube an - glauben an"), zum Teil steht anstelle des vom Verb regierten Akkusativs bzw. Dativs eine Präposition („Achtung vor - achten jmdn", „Antwort an - antworten jmdm ) Von Verben abgeleitete Substantive, die Nomina actionis sind, übernehmen vom Basisverb die Valenz, von Adjektiven abgeleitete Substantive (Eigenschaftsbezeichnungen) übernehmen die semantische Funktion des Adjektivs. Allerdings wird nicht darauf hingewiesen, daß insgesamt keine Regelhaftigkeiten bei der Übernahme der Valenzen existieren. Die Aktanten des Substantivs seien in der Regel fakultativ, weil sie auch im Kontext realisiert werden könnten. Die semantisch-logische Valenz des Substantivs könne durch verschiedene sprachliche Mittel ausgedrückt werden („die Ähnlichkeit des Vaters mit dem Sohn" - „die Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn" - „die Ähnlichkeit der Familienmitglieder").253 Dabei wird auch zwischen Aktanten und freien Angaben unterschieden und darauf hingewiesen, daß der Aktant die erste Position nach dem regierenden Substantiv einnehme („die Beschäftigung mit den grammatischen Mitteln in der Schule"). Sind zwei PPn als Aktanten angeschlossen, so ergeben sich in Abhängigkeit von der Mitteilungsintention entweder eine festgelegte Reihenfolge („das Verhältnis von Export zu Binnenhandel") oder Austauschmöglichkeiten („der Kampf des Volkes gegen die Unterdrücker für seine Freiheit").254 Zur Lemmaauswahl und zur theoretischen Fundierung der Bearbeitung von den in dem Wörterbuch enthaltenen Substantiven gibt es eine Reihe von kritischen Kommentaren, die sich in den meisten Fällen mit Fragen zur Valenz des Substantivs auseinandersetzen.255 Insbesondere bleibt bei SOMMERFELDT/SCHREIBER undeutlich, wann syntaktische und wann semantische Kriterien zur Bestimmung der Leerstellen eines Substantivs verwendet werden. Der Wert der Valenzbestimmungen wird auch dadurch eingeschränkt, daß die Anzahl der potentiell möglichen abhängigen Konstituenten die jeweilige Valenz eines Substantivs bestimmt, wenn es in der Grundform steht, und daß der jeweilige Kontext nicht berücksichtigt wird. Wenn dies auch aus praktischen Gründen sinnvoll sein mag, werden die sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten von valenten Substantiven nicht ausreichend erfaßt, weil in vielen NPn die jeweiligen Leerstellen eines Substantivs nicht nur im gleichen Satz, sondern auch im Kontext besetzt sein können. Zwar unterscheiden SOMMERFELDT/SCHREIBER zwischen Aktanten und freien Angaben, aber diese Unterscheidung entspricht nicht der hier angestrebten Differenzierung zwischen PPA und A AB. Während in den Beispielen zum präpositionalen Substantiv ausschließlich PPAKonstruktionen enthalten sind, werden in den Erläuterungen zur Benutzung des Wörterbuchs unter dem Lemma „Flug" nur AABen angegeben.256 Darüber hinaus sind die einzelnen Angaben im Wörterbuch oft defektiv oder unvollständig. Zum Lemma 252 253 254 255

256

Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:24ff.). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:29ff ). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:35). Vgl. u. a. Hartmann (1979); Heibig (1979:74f); Heibig (1986:201) und Kolde (1985:253ff.) zu Sommerfeldt/Schreiber (1977), aber auch Bergenholtz (1984:29f.) zum Lemma „Jammer". Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:21 und 37).

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„Diskrepanz" fehlen die Anschlußmöglichkeit eines Genitivattributs (die Diskrepanz der beiden Ergebnisse), die Angabe der Präposition „zu" (die Diskrepanz zu dem Überschuß), der Präposition „in" (die Diskrepanz in der Darstellung), der Präposition „mit" (die Diskrepanz mit der Wirklichkeit) sowie die Spezifizierung dessen, worauf sich die Diskrepanz bezieht (die Diskrepanz von Xzu Y).257 Zum Lemma „Diskussion" fehlt die regierte Präposition „um", die nach „Diskussion" fast so häufig auftritt wie „über", während zu der von SOMMERFELDT/SCHREIBER angegebenen Präposition „durch" in eigens dazu durchgeführten Corpusanalysen kein Textbeleg gefunden werden konnte.258 Für das ganze Wörterbuch bleibt unklar, auf welcher empirischen Basis die Wörterbuchangaben zustande gekommen sind. Die wenigen Beispiele demonstrieren, daß die Valenzbestimmungen wahrscheinlich nicht corpusbasiert vorgenommen worden sind - dies zeigen auch die vielen konstruierten Beispielangaben - , sondern daß die Autoren in den meisten Fällen kraft ihrer linguistischen Kompetenz entschieden haben. Da aber auch diese Entscheidungen auf irgendwelchen syntaktischen und semantischen Testverfahren beruhen müssen, wäre es für den Wörterbuchbenutzer von Vorteil, wenn diese Verfahren dargelegt werden würden. Aus der Wörterbuchbenutzungsperspektive kann man dem Wörterbuch vorhalten, daß eine effiziente Benutzung des Wörterbuchs erst nach einer längeren Übungsphase gelingen kann, weil die Angaben in besonderer Weise kodifiziert sind und die Erläuterungen zur Valenzbeschreibung sowie das Abkürzungsverzeichnis relativ kurz sind.259 Zu ähnlichen Resultaten gelangt man bei einer kritischen Betrachtung des von SOMMERFELDT/SCHREIBER (1996) herausgegebenen ,,Wörterbuch[s] der Valenz etymologisch verwandter Wörter". In den theoretischen Vorüberlegungen beziehen sich die Autoren auf die Untersuchungen HELBIGS, in denen verschiedene Ebenen der Valenz unterschieden werden.260 Bei der Behandlung der Substantive erfolgt keine Differenzierung zwischen fakultativen und obligatorischen Valenzpartnern, und es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die im Wörterbuch enthaltenen Beispielsätze so ausgewählt seien, daß alle Valenzpartner vorkommen, obwohl diese in konkreten Kommunikationssituationen auch im Kontext realisiert sein könnten. Die substantivischen Lemmata des Wörterbuchs sind beschränkt auf solche Substantive, die von Verben oder Adjektiven abgeleitet sind. Mit dem Hinweis auf fremdsprachendidaktische Überlegungen werden die Lemmata in Wortfelder sortiert, in denen Wörter ähnlicher Bedeutung zusammengefaßt sind (Feld der Fortbewegung, Feld des Transports, Feld des Besitzwechsels, Feld des Produzierens, ...). Einer kurzen Beschreibung des jeweiligen Feldes folgt eine semantische Kennzeichnung und eine Übersicht zu den Mitgliedern des Feldes. Die Einzelbeschreibung der Wörter geschieht nach Wortarten geordnet und enthält etymologische Zusammenhänge, Beispielsätze mit allen Valenzpartnern, die charakteristischen Seme, die „semantisch-funktionale" und „semantisch-denotative" Beschreibung der Aktanten, Bei-

257 25ii

259 260

Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:141). Die aufgeführten Beispiele stammen aus FAZ (1994). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:141). Die Abfragen zu „Diskussion um", „Diskussion über" und „Diskussion durch" stammen aus FAZ (1994). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1983:37f. und43f). Vgl. Heibig (1992).

60 spielsätze zum Gebrauch sowie Anmerkungen zu Besonderheiten einzelner Wörter oder Konstruktionen. 2 6 1 Allerdings bleiben die theoretischen Vorüberlegungen relativ ungenau, weil nicht unmittelbar klar ist, auf welche Teile in den einzelnen Wörterbuchartikeln sich die Hinweise zum Aufbau des Wörterbuchs beziehen. Nur Benutzer mit linguistischer Vorbildung können ζ. B. die „semantisch-funktionale" und „semantisch-denotative" Charakterisierung mit den Angaben „Täter/Mensch, Tier/ V:Sn; A: Sn; S: Sg/Sp (von)" in Zusammenhang bringen. 2 6 2 Hier werden von der modernen Lexikographie mehr Anforderungen an die Wörterbuchkonzeption gestellt, die in aktuellen Wörterbüchern auch umgesetzt werden. 2 6 3 Daß eine effiziente Wörterbuchbenutzung wegen der besonderen Kodifikationsprinzipien einiger Gewöhnung bedarf, sei hier nur am Rande erwähnt, aber gerade wegen der Benutzung einer Reihe von Symbolen („NSdaß", „NSw", „Sa", „Sd", ...) ist es ärgerlich, wenn das Zeichen „>" nicht erklärt ist, die Bedeutung von „Sn" nicht angegeben wird und wenn der Fettdruck einiger Verben in den Wörterbuchartikeln unkommentiert bleibt. 264 Auch bei diesem Valenzwörterbuch bleibt unklar, woher die Liste der bearbeiteten Wörter stammt, auf welche Weise die Autoren die Valenzpartner ermitteln und wie der tatsächliche Sprachgebrauch der angegebenen Konstruktionen einzuschätzen ist. Darüber hinaus fehlen wichtige Lemmata, im Feld der Mitteilung ζ. B. Aussprache, Austausch, Gespräch, sprechen, Interview, Kommunikation, Unterhaltung, während seltenere Wörter wie „avisieren", „Einflüsterung", „Hinterbringung", „wohlunterrichtet" enthalten sind. Bei dem Lemma „Diskussion" sind von den regierten Präpositionen nur „mit", „über" und „zwischen" enthalten, aber es fehlen „um", „zu" und „unter". Auch wird keine Unterscheidung zwischen regierten und lexikalischen Präpositionen gemacht, obwohl es aus fremdsprachendidaktischer Perspektive in erster Linie auf ein Verzeichnis der regierten Präpositionen ankommt. So können die präpositionalen Angaben zu „Abhängigkeit von", „Flucht von", „Reise von", „Dank an" oder „Reise nach" nicht unterschieden werden. Bei „Flucht" sind zwar „Flucht aus", „Flucht in" und „Flucht nach" angegeben, aber „Flucht vor" fehlt. 265 Insgesamt stellt das Wörterbuch eine wichtige Hilfe dar, u m semantische Zusammenhänge wortartenübergreifend darzustellen, aber man würde sich eine benutzerfreundlichere Einführung und Präsentation der Angaben wünschen, eine Corpusbasiertheit der Ausarbeitungen und mehr linguistische Korrektheit. Das ..Lexikon deutscher Präpositionen" von Jochen SCHRÖDER (1986) wendet sich an Deutschlehrer, Schüler, „Ausländer"' 266 , Dolmetscher und Linguisten und hat als Ausgangspunkt den normgerechten Gebrauch der deutschen Sprache. 267 Zwar weist SCHRÖDER darauf hin, daß Präpositionen durch die Merkmale „entsemantisiert" und

261 262

263

264 265 266 267

Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1996:1fr.). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1996:14 und 27) zu den Wörtern „fliehen/ entfliehen/ flüchten flüchtig - Flucht". Vgl. u. a. LGwDaF (1994) sowie die kritischen und anerkennenden Rezensionen dazu in Wiegand (1998b). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1996:19, 24f., 158 passim). Vgl. Sommerfeldt/Schreiber (1996:27, 36, 180, 182). Gemeint sind wahrscheinlich Fremdsprachler. Vgl. Schröder (1986:7f.).

61 „polysem" zu charakterisieren seien, daß sie an der Grenze von Lexik und Grammatik stünden, als bedeutungstragende Einheiten wie Verben über Valenz verfugten bzw. ähnlich wie Kasusformative bedeutungsleer seien,268 aber eine systematische Sortierung der Präpositionen oder ihrer Verwendungsweisen auf der Basis dieser Merkmale wird nicht durchgeführt. SCHRÖDER betrachtet regierte Präpositionen in PPOen und unterscheidet zwischen obligatorischen und fakultativen Aktanten sowie freien Angaben.269 Zur Abgrenzung von Objekten und Adverbialen werden die Substituierbarkeit (Pronominaladverb vs. Adverb), die Nebensatzergänzungsmöglichkeit (daß-, ob-, wie-Satz, Infinitivsatz), die Rektion der Präposition, die Eingrenzung auf die historisch älteren Präpositionen und die Rektion innerhalb der PP verwendet.270 Zwar lassen sich viele dieser Unterscheidungsmerkmale auch für die Verwendung der Präpositionen in PPAKonstruktionen benutzen, aber im Zentrum von SCHRÖDERS Untersuchungen stehen die lexikalischen Präpositionen, die in Adverbialen auftreten.271 Um diese voneinander zu unterscheiden, werden zur Bedeutungsbeschreibung semantische Merkmale (ζ. B. +LOKAL, +TEMPORAL, +KONKRET, -KONKRET) in hierarchischer Ordnung verwendet.272 SCHRÖDER erläutert, daß das Lexikon „vorrangig Adverbialpräpositionen" enthalte und auf andere Bereiche der Benutzung hingewiesen werde.273 Diese Hinweise scheinen jedoch im Lexikonteil recht selten vorzukommen; denn bei der Durchsicht einiger Einträge findet man unter der Präposition „auf' keine Hinweise zur Verwendung in einem PPO oder einem PPA, und bei der Präposition „an" mit Dativ gibt es lediglich einen Hinweis auf den „PATIENSBEZUG (kein Adverbial)" mit den Beispielen, „Sie nähte (schon) zwei Wochen an dem Kleid. [...]" und „Die Studentin schreibt abends immer an ihrer Diplomarbeit."274 Somit enthält dieses SpezialWörterbuch zu Präpositionen zwar mehr Angaben als einsprachige allgemeine Wörterbücher, aber wesentliche Bereiche zur Verwendung von Präpositionen werden nicht behandelt. In der Untersuchung von Heinrich ERK (1975), „Zur Lexik wissenschaftlicher Fachtexte. Substantive - Frequenz und Verwendungsweise", wird ein Wörterbuch mit Substantiven erstellt, die aus Fachtexten verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen stammen. Diese Fachtexte bilden ein Textcorpus, das 250 000 Wörter umfaßt und aus dem die Substantive, die eine Frequenz größer als neun haben, in das Wörterbuch aufgenommen werden. ERK betont, daß es sich dabei nicht nur um Fachvokabular handele, sondern daß viele Wörter aus der „allgemeinen Umgangssprache" und aus anderen schriftsprachlichen Textsorten im Corpus zu finden seien.275 Für insgesamt 1049 Substantive werden neben formalen Merkmalen (Frequenz und Distribution) auch andere (ζ. B. syntaktische Merkmale, das Vorkommen in festen Wendungen, syntaktische und semantische Eigenschaften der Wortnachbarschaft) untersucht, um dadurch die unterschiedlichen

268 269 270 271 272 273 274 275

Vgl. Schröder (1986:9). Vgl. Schröder (1986:13f.). Vgl. Schröder (1986:15ÍY.). Vgl. Schröder (1986:21ff.). Vgl. Schröder (1986:27ff). Vgl. Schröder (1986:36). Schröder (1986:57). Vgl. Erk (1975:7).

62 Bedeutungen gleicher Wortformen zu ermitteln.276 Bei einer Durchsicht des Wörterbuchteils zeigt sich, daß im Vordergrund die Frequenzwerte und die unterschied-lichen Bedeutungen der Lexeme stehen. Bei sehr vielen Substantiven, die Präpositionen regieren, sind diese angegeben wie ζ. B. „Anlaß zu", „Anspruch auf'. Da die Aufnahme eines Lexems in das Wörterbuch ausschließlich von der Frequenz abhängt, kann man dem Wörterbuch jedoch kaum Vorhaltungen machen, wenn Substantive, die Präpositionen regieren, oder von Substantiven regierte Präpositionen in der Liste fehlen (ζ. B. Drang nach, Nachfrage nach). Allerdings ist es fur den Leser schwer nachvollziehbar, wann eine regierte Präposition vorliegt und auf welche Weise diese in dem Wörterbuch angegeben ist. ERK unterscheidet zunächst zwischen dem „Präpositionalattribut" und den „attribu-tiven Bestimmungen", gibt aber dann für die „Fälle postsubstantivischer Attribution" nur Beispiele zu Präpositionalattributen und möglichen Nebensatzanschlüssen.277 Im Wörterbuch kann man nicht eindeutig nachvollziehen, in welcher Weise bei der Auszählung zwischen den syntaktischen Konstruktionen differenziert worden ist. Zum Lemma „Blick" finden sich mehrere Bedeutungsangaben, die aufgrund der jeweils angeschlossenen Präpositionen bestehen („Blick auf', „Blick in", „Blick für"), zu „Unterschied" zwei regierte Präpositionen (Unterschied zwischen", „Unterschied unter"), zu „Haus" die Präpositionen „am", „aus dem" und „beim", die aber wohl - obgleich das nicht explizit formuliert ist - in den Corpusbelegen vor dem Substantiv positioniert sind („am Haus", „aus dem Haus", „beim Haus"), obwohl auch das Haus beim Wald als Textbeleg vorkommen könnte. Dieses Problem tritt auch zu anderen Wörterbucheinträgen auf: Bei „Forderung" soll die Schreibweise „Forderung nach 7 an 4" sicherlich bedeuten, daß sich die Frequenzangabe „4" auf „Forderung an" bezieht, während bei „Tag" durch die Schreibweise „am ... Tag/ an ... Tagen 4 in 2" die Frequenz „2" auf „in Tagen" zu beziehen ist, aber nicht auf „(der) Tag in" wie ζ. B. in: Dieser eine Tag in der Schule ist immer schrecklich langweilig. An diesem Beispiel wird auch deutlich, daß attributive Bestimmungen - falls es sich dabei um AABen handeln soll - in dem Wörterbuch nicht gesondert verzeichnet sind, obwohl dies im Vorwort angekündigt wird. Wenn es auch Kritik an den nicht ausreichenden Benutzungshinweisen gibt, so muß berücksichtigt werden, daß das Wörterbuch nicht zu dem Zweck erstellt worden ist, syntaktische Angaben zu regierten Präpositionen zu machen. Fehlende Angaben können aber auch mit der unzureichenden Größe des Corpus zusammenhängen. Es muß jedoch betont werden, daß es sich bei ERKS Arbeit um den richtigen Ansatz zur Erfassung von Sprachdaten handelt, denn das empirische Material kann nicht nur zu dem erklärten Zweck, didaktisch-methodische Aspekte im DaF-Unterricht, sondern auch zu anderen linguistischen Forschungen verwendet werden. Insbesondere zur Erforschung von Sprachwandelprozessen sollten ähnliche Analysen in gleichmäßigen Abständen wiederholt werden, damit vergleichbare empirische Grundlagen für linguistische Auswertungen vorliegen. Die Untersuchungen ERKS sind insgesamt um so höher zu bewerten, als er für seine Analysen keine Computerunterstützung in Anspruch nehmen konnte.278

276 277 278

Vgl. Erk (1975:11 f.). Erk (1975:111".). Vgl. Erk (1972:29).

63 2.4.2

Einsprachige Wörterbücher des Deutschen

Im folgenden werden ausgewählte allgemeine einsprachige Wörterbücher sowie ein Lernerwörterbuch des Deutschen daraufhin geprüft, in welcher Weise lexikographische Angaben zur PPA-Konstruktion vorliegen. Es handelt sich dabei nur um knappe Zusammenfassungen, weil detaillierte Darstellungen bereits in eigenen Publikationen vorliegen.279 Im DUDEN-UNIVERSAL WÖRTERBUCH (= DDUw 1989) liegen zur PPA-Konstruktion und zu regierten Präpositionen keine expliziten Wörterbuchangaben vor. Wenn ein Wörterbuchbenutzer zu diesem Themenkomplex eine Gebrauchsunsicherheit hat, muß er in dem Wörterbuchartikel, der an das betreffende Substantiv adressiert ist. die Beispielangaben interpretieren und unter Zuhilfenahme seiner eigenen Sprachkompetenz entscheiden, in welchen Beispielangaben eine PPA-Konstruktion enthalten ist. Diese Interpretationsarbeit ist sehr komplexer Art, weil zu den Beispielangaben keine Kommentierungen existieren, zu welchem genuinen Zweck die Beispiele in den Wörterbuchartikel aufgenommen worden sind. Da die syntaktischen Funktionen der in den Beispielen enthaltenen Konstituenten nicht immer eindeutig erkennbar sind, kommt es nicht nur zu Verwechselungen mit verwandten syntaktischen Konstruktionen, sondern auch zu Mißverständnissen und Fehlern bei der Interpretation der Beispiele. Dies betrifft u. a. den von der Präposition regierten Kasus, die ambige und an keiner Stelle im DDUw erklärte Verwendung von Platzhaltern (ζ. B. „etw.", „einer Sache", „...", ,jmdn."), den semantischen Skopus des PPAs, die Kombinationsrestriktionen für mehrere PPAe, den Numerus und die Determination der Substantive sowie die Topologie des regierenden Substantivs bzw. der angeschlossenen PP.280 In einigen Fällen läßt sich auch nachweisen, daß die Beispielangaben an das falsche Lemmazeichen adressiert sind, weil sie den Gebrauch des in dem Beispiel enthaltenen Verbs demonstrieren und nicht den typischen Gebrauch des Substantivs, an dessen Lemmazeichengestaltangabe die Beispielangabe in dem Wörterbuchartikel adressiert ist. Wörterbuchbenutzern, insbesondere Fremdsprachlern, die eine Frage zu einer PPAKonstruktion haben, werden im DDUw relativ oft unbefriedigende Auskünfte erhalten. Diese Kritik kann in ähnlicher Weise für das DEUTSCHE WÖRTERBUCH von WAHRIG (19 86 ) 281 formuliert werden. In der quantitativen Auswertung einer kleinen Zufallsstichprobe schneidet das Dw etwas schlechter als das DDUw ab, wenn es darum geht, zu wie vielen Substantiven die regierten Präpositionen angegeben sind.282 Die Beispielangaben sind etwas weniger verdichtet als im DDUw, ohne daß sich dadurch der Interpretationsaufwand eines Wörterbuchbenutzers für das Dw wesentlich verringert. Dies liegt u. a. daran, daß im Dw die Abgrenzung der Beispielangaben von Redewendungen oder Kollokationen undeutlich ist und die Serialisierungsmöglichkeiten von PPAen sehr schlecht repräsentiert sind.283 Auch das Dw enthält in den Beispielangaben Verwechselungsmöglichkeiten der PPA-Konstruktion mit verwandten syntaktischen Konstruktionen, so 279 280 281

282 283

Vgl. Schierholz (1996a, 1996b, 1998b, 1998c, 2000). Vgl. Schierholz (1996a:178ff.). Wahrig (1986). Auch in Wahrig (1994) sind keine erwähnenswerten Verbesserungen zu diesem Themenkomplex enthalten. Vgl. Schierholz (1996a: 175ff.). Vgl. Schierholz (1996a: 189f.).

64 daß insbesondere Fremdsprachlern nur selten eine Hilfestellung bei Gebrauchsunsicherheiten mit der PPA-Konstruktion gegeben werden kann. 284 B e i LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE ( =

LGWDAF

1994) handelt es sich um ein Lernerwörterbuch, in dem die Aspekte, die „Deutsch als Fremdsprache" betreffen, besonders berücksichtigt werden sollen. Auffällig ist, daß die Angaben zur Grammatik im L G W D A F sehr ausführlich sind und in den Hinweisen zur Benutzung mit vielen Beispielen erklärt werden. 285 Dies ist allerdings auch erforderlich, weil die in den Wörterbuchartikeln vorkommenden Grammatikangaben ohne ein vorheriges Studium der Benutzungshinweise nicht in allen Einzelheiten verstanden werden können. Die PPA-Konstruktion wird in der Regel in einer Strukturformel angegeben, die in den Wörterbuchartikeln meistens durch Kollokations- und Beispielangaben ergänzt wird. In den Strukturformeln umfassen die Angaben eine Reihe wichtiger syntaktischer und semantischer Merkmale von PPA-Konstruktionen wie die regierte Präposition, Kasusangabe zu obligatorischen oder fakultativen Ergänzungen sowie Hinweise zur Semantik der NP, die im PPA vorkommt. Jedoch sind auch im L G W D A F in vielen Wörterbuchartikeln die Angaben, die sich auf regierte Präpositionen beziehen, unvollständig. 286 Außerdem scheint die Auffassung der Wörterbuchautoren darüber, was unter einer regierten Präposition zu verstehen ist, uneinheitlich zu sein, weil auch der analytische Genitiv („der Fan von") oder adverbiale Bestimmungen des Maßes („ein Berg von", „eine Flut von") in den Strukturformeln enthalten sind. Auch werden oftmals Substantive, die in syntaktisch gleichen und semantisch ähnlichen Konstruktionen vorkommen, unterschiedlich in bezug auf die Eintragung einer Strukturformel in den Wörterbuchartikeln behandelt. 287 Darüber hinaus enthalten viele Strukturformeln stark verdichtete Angaben, so daß bei der Textrezeption erhebliche Anforderungen an den Benutzer gestellt werden. Die Verwendung der nichttypographischen Strukturanzeiger ist uneinheitlich, und die Funktionen der Interpunktionszeichen (Semikolon, Schrägstrich, runde Klammern) sind nicht ausgiebig genug erklärt.288 Trotzdem stellt das L G W D A F gegenüber den allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern des Deutschen eine erhebliche Verbesserung in bezug auf die von Substantiven regierten Präpositionen dar, der vor allem Fremdsprachlern bei der Textproduktion zu gute kommen wird.

284 285 286

287

288

Vgl. Schierholz (1996a: 196f.). Vgl. LGwDaF (1994:IXff.). Enthalten ist ζ. B. „Diskussion über"; es fehlen Diskussion um, Diskussion mit, Diskussion zu, Diskussion zwischen und Diskussion unter; vgl. auch Schierholz (1998b:98). Enthalten sind „das Kontingent an" und „der Grad an", aber nicht „die Dosis an", „die Menge an", „die Ration an". Vgl. auch die Kritik in Schierholz (1996b:225). Vgl. Schierholz (1996b:225ff.); Schierholz (1998b:99ff.). Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Gouws (1998:68ff.).

65 2.4.3

Zweisprachige Wörterbücher

Zu zweisprachigen Wörterbüchern existieren insbesondere zum Sprachenpaar DeutschEnglisch zahlreiche Untersuchungen.289 Für den Bereich der Grammatikangaben wird dabei die unzureichende Darstellung im Bereich der regierten Präpositionen festgestellt. In SCHIERHOLZ (1996b) werden für die Sprachenpaare Deutsch-Englisch und DeutschPortugiesisch einige Wörterbücher auf ihre Grammatikangaben zur PPA-Konstruktion geprüft. Zum lusitanischen Portugiesisch ist die Auswahl an Wörterbüchern nur klein,290 während zum Englischen eine kaum überschaubare Auswahl an Wörterbüchern zur Verfügung steht. Bei der Benutzung von LGSCHW-D-E (1989) und LGSCHW-E-D (1988) erhält man für

die Übersetzung einer deutschen PPA-Konstruktion ins Englische in sehr vielen Fällen nicht die erforderlichen Hilfen. Manchmal ist nicht erkennbar, ob die in der Beispielangabe vorkommende Präposition Bestandteil einer PPA-Konstruktion ist oder zu einem PPO gehört, und oft wird die deutsche PPA-Konstruktion in eine englische Verbal- oder Adjektivphrase übersetzt (ζ. B. bei „eine Wut auf j-n. haben" in „to be angry with a. p."). Diese Übersetzung mag zwar die stilistisch bessere sein, aber man darf daraus nicht den Schluß ziehen, daß eine englischsprachige PPA-Konstruktion gar nicht bildbar ist. Ob auch im Englischen eine PPA-Konstruktion möglich ist und wie gebräuchlich diese ist, kann jedoch in der Regel nur von einem Muttersprachler beurteilt werden. Werden für eine deutsche Präposition mehrere Übersetzungen angegeben (ζ. B. für „auf' in „Einfluß auf' die Präpositionen „on", „upon" und „over"), kann man als Fremdsprachler nicht entscheiden, ob diese Präpositionen in synonymer Weise für „auf' benutzt werden können oder ob es je nach Kon- oder Kotext Gebrauchsunterschiede gibt. Bei der Suche nach der besten Übersetzung ins Englische hilft auch das Hinzuziehen von LGSCHW-E-D nicht weiter, sondern bringt für einen nachdenklichen Wörterbuchbenutzer eher zusätzliche Probleme, weil nicht immer klar ist, auf welche der aufgeführten Übersetzungen sich die angegebenen Präpositionen beziehen.291 Auch die Analyse umfangreicher Nachschlagwerke, ζ. B. „Langenscheidts Enzyklopädisches Wörterbuch der englischen und deutschen Sprache" (= LEW-D-E 1974), bringt leider kaum bessere Resultate, und die Kritik kann fast ausnahmslos auf diese Wörterbücher übertragen werden.292 Für das Sprachenpaar Deutsch-Portugiesisch ist ein zweisprachiges Wörterbuch untersucht worden, das aus einem portugiesisch-deutschen Teil (= LTw-P-D 1982) und einem deutsch-portugiesischen Teil (= LTw-D-P 1982) besteht. In fast 50 Prozent der untersuchten Fälle kann eine korrekte Übersetzung von deutschen PPA-Konstruktionen unter Zuhilfenahme der Wörterbücher nicht gelingen: Oft ist keine regierte Präposition angegeben (ζ. B. zum Lemma „Diskussion"), oft findet man mehrere Übersetzungsäquivalente (ζ. B. zum Lemma „Abkommen"), so daß erst bei Benutzung von LTw-P-D herausgefunden werden kann, welche Präposition von welchem portugiesischen Substantiv

289

290 291 292

Vgl. u.a. Hartmann (1982, 1983); Kromann/Riiber/Rosbach (1984); Herbst (1985); SnellHomby (1987). Vgl. die sehr gute Übersicht zur deutsch-portugiesischen Lexikographie in Figge (1994). Vgl. Schierholz (1996b:227fl".). Vgl. Schierholz (2000).

66 regiert wird. Auch in diesem Wörterbuch liegen als Übersetzung für eine deutsche Präposition verschiedene portugiesische Präpositionen vor, aber ohne eine genaue Kenntnis des Portugiesischen kann man sich nicht sicher sein, ob dadurch unterschiedliche Bedeutungen konstruiert werden („Liebe zu" mit „amor de", „amor a" und „amor por"). Insgesamt enthalten die Wörterbuchartikel in LTw-D-P bzw. LTw-P-D erheblich weniger Informationen zur PPA-Konstruktion als die übrigen untersuchten zweisprachigen Wörterbücher.293 Zudem sind die Angaben so stark verdichtet, daß der genuine Zweck der jeweiligen Angabe kaum erkennbar ist. Da Deverbativa und deren Basisverben in den meisten Fällen im gleichen Wörterbuchartikel aufgeführt sind und da die vom Verb regierten Präpositionen häufiger angegeben sind, ist man als Fremdsprachler geneigt, die vom Verb regierte Präposition für das Deverbativum zu übernehmen. Dies ist jedoch eine große Gefahr, weil es dazu weder im Deutschen noch im Portugiesischen regelhafte Beziehungen gibt. Die Ergebnisse der Untersuchungen mit verschiedenen Stichproben aus zweisprachigen Wörterbüchern sind reichlich ernüchternd. Wörterbuchbenutzer, die Interesse am Gebrauch von muttersprachlichen PPA-Konstruktionen oder deren Übersetzung haben, sind übel dran. Die Schwierigkeiten, die für den Bereich „Deutsch als Fremdsprache" bestehen, werden dem deutschen Muttersprachler am ehesten deutlich, wenn er sich selbst in die Fremdsprachlerperspektive begibt, und zwar nicht nur für das Englische, sondern auch für eine Sprache, die von einer geringeren Anzahl von Sprechern gesprochen wird wie z. B. das Portugiesische. Zweisprachige Wörterbücher helfen nur dann unmittelbar weiter, wenn das Übersetzungsäquivalent für die gesuchte Präposition angegeben ist. Derartige lexikographische Angaben finden sich jedoch viel zu selten.

2.5

Fazit

Dieser Überblick zum Forschungsstand verdeutlicht, daß zur PPA-Konstruktion keine umfassende und systematisch angelegte Untersuchung vorliegt, die befriedigende Resultate beinhaltet. Oft wird nur eine Teilmenge der in den PPA-Konstruktionen vorkommenden Präpositionen für die Auswertung herangezogen, oder es werden zu wenige Beispielbelege als Basis für grammatischen Regelformulierungen verwendet. Dadurch werden die linguistisch erprobten Testverfahren zur Bestimmung einzelner syntaktischer Konstituenten nur auf einen Teil des Gegenstandsbereichs angewendet, so daß oftmals eine Unsicherheit bleibt, ob diese Verfahren auf andere PPA-Konstruktionen appliziert werden können. So werden die syntaktischen und semantischen Bedingungen zur Bildung einer PPAKonstruktion nur in Einzelfällen geklärt. Die Beziehungen zwischen der syntaktischen Anbindung des PPAs an ein Substantiv und den semantischen Bedingungen, die sich möglicherweise aus der Bedeutung des regierenden Substantivs, der jeweils verwendeten Präposition oder der Bedeutung des in der PP stehenden Substantivs ergeben, werden kaum thematisiert. Die Stellung und Funktion der regierten Präposition, ob sie Bestandteil

293

Vgl. Schierholz ( 1996b:228ff.); Schierholz (2000).

67 des regierenden Substantivs ist oder Bestandteil des PPAs, bleibt unklar. Darüber hinaus besteht vor allem in der syntaktischen Fachliteratur und in den Grammatikhandbüchern eine schwer überschaubare terminologische Vielfalt zur Bezeichnung der PPA-Konstruktion - aber auch zu den abzugrenzenden verwandten syntaktischen Konstruktionen - , so daß die Zusammenhänge zumindest für Laien, Fremdsprachler und Muttersprachler, die sich für die PPA-Konstruktion interessieren, kaum nachvollziehbar sind. Betroffen sind aber auch Studierende, denen in der Lehre ein sehr heterogenes Bild zu dieser Thematik vermitteln werden muß. So findet man den Terminus „Präpositionalattribut" mit unterschiedlicher Bedeutung (also nicht nur im Sinne von PPA) u. a. bei D R O O P ( 1 9 7 7 ) , LAUTERBACH ( 1 9 9 3 ) ,

SCHMIDT ( 1 9 9 3 ) , TARVAINEN ( 1 9 8 6 ) ,

EISENBERG ( 1 9 9 4 ) ,

in

der

DUDEN-Grammatik ( 1 9 9 5 ) sowie bei Z H U / B E S T ( 1 9 9 1 ) . und als Bezeichnung für ein PPA

stehen bei D R O O P ( 1 9 7 7 ) u. a. „dreigliedriges Syntagma ", bei TEUBERT ( 1 9 7 9 ) „attributive Ergänzung", bei SCHMIDT ( 1 9 9 3 ) „valenzgebundenes Präpositionalattribut", bei HEIDOLPH/FLÄMIG/MOTSCH ( 1 9 8 4 ) und HERINGER ( 1 9 8 8 ) „präpositionales Attribut", bei HELBIG/BUSCHA ( 1 9 8 8 ) „fakultativer Aktant bei Substantiven", bei E N G E L ( 1 9 9 6 ) „präpositives Attribut", bei EISENBERG ( 1 9 9 4 ) „Präpositionalattribut" und „Präpositionalgruppe", bei HENTSCHEL/WEYDT ( 1 9 9 0 ) „Rektionsattribut", in der DUDEN-Grammatik ( 1 9 9 5 ) „attributives Präpositionalgefiige", „Präpositionalgefuge als Attribut", „Präpositionalattribut", bei LEHMUS ( 1 9 8 3 ) „attributiver Präpositionalausdruck", bei HERTEL ( 1 9 8 3 ) „fixierte Fügung", bei BOUILLON ( 1 9 8 4 ) „Präpositionalobjekt" und bei SCHANEN ( 1 9 9 2 ) „Präpositionalgruppe". Hat man als Lerner des Deutschen erkannt, daß es sich bei der Selektion der korrekten Präposition um ein idiosynkratisches Merkmal des regierenden Substantivs handelt und daß dieses als lexikographische Angabe in einem Wörterbuch verzeichnet sein muß, stellt man leider fest, daß die meisten Wörterbücher - ob ein- oder zweisprachig - in der Regel die notwendigen lexikographischen Angaben nicht enthalten. Aber auch in der lexikographischen Fachliteratur sind die Grammatikangaben zu Substantiven und insbesondere zu regierten Präpositionen bis vor kurzem ein arg vernachlässigtes Thema gewesen, obwohl die Wörterbuchbenutzungsprobleme in diesem Bereich seit längerem bekannt sind. Darüber hinaus kann man beobachten, daß die Wörterbuchproduzenten die Analysen der Metalexikographen nicht zur Kenntnis nehmen: denn in den Wörterbüchern hat sich bei den Grammatikangaben zu Substantiven kaum etwas geändert. Hierzu kann man wohl nicht als Begründung anführen, daß die theoretische Lexikographie sich bislang zu wenig des Themas angenommen habe. Auch die magere Publikationslage innerhalb der theoretischen Lexikographie kann nicht damit entschuldigt oder erklärt werden, daß die syntaktische Fachliteratur und die Grammatikhandbücher sich in der Behandlung der PPAKonstruktion weitgehend uneinig sind. Ein wesentlicher Grund, warum dieses Thema innerhalb der Syntaxforschung bislang zu wenig behandelt worden ist, mag sicherlich in der mangelhaften Datenlage liegen. Systematisch erhobene und statistisch abgesicherte große Datenmengen auf der Basis von Textcorpora oder durch Informantenbefragungen gibt es zur PPA-Konstruktion kaum. Dennoch findet man in der Fachliteratur immer wieder regelähnliche und generalisierende Aussagen über die PPA-Konstruktion. Die Beispiele, die verwendet werden, haben jedoch fast nie prototypischen, sondern nur illustrativen Charakter, weil sie zu den Aussagen ausgesucht sind und nicht zur systematischen Überprüfung derselben dienen. Zur Entlastung der Grammatikographie sei allerdings darauf hingewiesen, daß erst in der jüngsten Vergangenheit ausreichend große

68 Textcorpora vorliegen, die maschinell ausgewertet werden können, und daß die dazu notwendigen Soft- und Hardwarebedingungen auch erst seit kurzem mit ausreichend flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß im weiteren Verlauf der Untersuchungen zur PPA-Konstruktion so konsequent wie möglich der Weg von den (großen) Daten(mengen) zur generalisierenden Regel verfolgt werden soll. Diese induktive Vorgehensweise soll zunächst wissenschaftstheoretisch und allgemein methodologisch, danach sprachwissenschaftlich-methodisch begründet werden. Danach werden eigene empirische Untersuchungen zur Binnenstruktur der PPA-Konstruktion durchgeführt. Ob allerdings am Ende der Untersuchungen tatsächlich generalisierende regelhafte Aussagen herauskommen, kann man sich nur wünschen, aber nicht vorhersagen oder vorab bestimmen; denn das könnte leicht dazu fuhren, vorliegende Daten auf die Weise zu interpretieren, wie es für eine angestrebte Generalisierung wünschenswert ist.

3

Zur theoretischen Grundlegung

Im folgenden werden einige grundsätzliche theoretische Überlegungen angestellt, die als Voraussetzung für das Vorgehen in dieser Arbeit gelten und aus denen die methodologischen Forderungen an das eigene Vorhaben abgeleitet werden sollen. In der Darstellung wird zwischen wissenschaftstheoretischen und sprachtheoretischen Grundlagen differenziert, es werden aber auch die Relationen zwischen wesentlichen Positionen in Wissenschaftstheorie und Sprachtheorie aufgezeigt. Die Ausführungen zur Wissenschaftstheorie stehen unter den Prämissen der für diese Arbeit geltenden Zielsetzungen, so daß man weder Vollständigkeit bei der Behandlung der für wissenschaftstheoretische Konzeptionen verantwortlichen Faktoren erwarten darf noch eine exhaustive Diskussion zur Wertigkeit einzelner für die theoretische Konzeption relevanter Faktoren.1 Da es in dieser Arbeit nicht um die Entwicklung einer Sprachtheorie oder einer linguistischen Teiltheorie geht, kann auch die kontroverse Diskussion zur Qualität unterschiedlich motivierter sprachtheoretischer Ansätze nur kurz ausfallen. In besonderer Weise unter die Lupe zu nehmen ist jedoch das Verhältnis von Theorie und Empirie in der Sprachwissenschaft, um ausgehend von einer Methodologiekritik an anderen linguistischen Untersuchungen eine Konzeption zu erstellen, anhand derer reliable Daten für die hier angestrebten linguistischen Analysen erhoben werden können.

3.1

Wissenschaftstheoretische Grundlagen

Wissenschaft findet immer in einem gesellschaftlichen Rahmen statt und wird von handelnden Subjekten ausgeführt, die selbst innerhalb des gesellschaftlichen Rahmens verankert sind und somit auf die Gesellschaft Einfluß ausüben, zugleich aber den gesellschaftlichen und historischen Bedingungen unterworfen sind. Es liegt außerhalb des Rahmens dieser Arbeit zu untersuchen, welche Wechselbeziehungen, Einflüsse, Abhängigkeiten oder Determinismen zwischen Gesellschaft und Wissenschaft bzw. Gesellschaft und handelndem Wissenschaftler bestehen.2 Es ist jedoch relevant, daß die Ausführung von Wissenschaft und die Art und Weise der Ausführung durch den Wissenschaftler

1

2

So wird man vergeblich eine Diskussion über das Verhältnis von Wissenschaftstheorie und Philosophie oder über den Einfluß einer Moraltheorie auf die Wissenschaftstheorie suchen, wenngleich die Ansichten zu diesen Relationen einen wesentlichen Einfluß auf die Gesamtkonzeption einzelwissenschaftlicher Untersuchungen haben. Man sollte ergänzen, „leider liegt es außerhalb", denn es handelt sich um ein hochinteressantes und spannendes Thema. Auch soll mit dieser Ausgrenzung in keiner Weise für eine positivistische Grundrichtung plädiert werden, indem die prinzipielle Wertfreiheit wissenschaftlichen Handelns angenommen wird.

70 wesentlich mit dem Erkenntnisinteresse und der Erfahrung des Untersuchenden zusammenhängen. Das Erkenntnisinteresse eines Forschers ist „abhängig vom jeweils durch eine bestimmte historische Situation geprägten Selbstverständnis des Wissenschaftlers und seines damit in Verbindung stehenden Verständnisses der ihn umgebenen Welt".3 Damit steht das Interesse für Erkenntnis wohl außerhalb der Reichweite wissenschaftstheoretischer Kategorien, stellt aber zugleich einen wesentlichen Antrieb fur das forschende Individuum dar. 4 Gleichwohl ist dieser Antrieb nicht ausschließlich eine biologischnatürliche oder gar zufällig vorkommende intrinsische Motivation, sondern ist ebenfalls von der Sozialisation des forschenden Individuums, der gesellschaftlichen Gesamtsituation und von der Geschichte der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin abhängig.5 Die allgemeinen Zielsetzungen wissenschaftlicher Arbeiten (inklusive der verwendeten Methodik) werden durch die Vorerfahrungen und Vorkenntnisse des jeweiligen Wissenschaftlers in der jeweiligen Disziplin bzw. deren Teilgebiet bestimmt. Unabhängig davon gibt es Anforderungen, die jede wissenschaftliche Arbeit erfüllen sollte. Dazu gehören ζ. B. die Forderungen nach Widerspruchsfreiheit und intersubjektiver Überprüfbarkeit der Aussagen. Außerdem bestimmen der Realitätsbereich der jeweiligen Einzelwissenschaft sowie die bisherigen fachwissenschaftlichen Erkenntnisse die allgemeinen Zielsetzungen.6 Bezogen auf die kognitiven Merkmale von Wissenschaft kann man „Wissenschaft als ein ausgezeichnetes, rationales Unternehmen zur Wahrheitsfindung" bezeichnen,7 das in der Regel durch zwei grundsätzliche Zielsetzungen gekennzeichnet ist: Zum einen soll die Realität nach einem System von Regeln intersubjektiv nachprüfbar in einem Modell rekonstruiert werden, zum anderen soll mit Hilfe der Ergebnisse ein zufriedenstellendes Leben der Menschen ermöglicht werden.8 Wie das gesamte Unternehmen „Wissenschaft" strukturiert sein sollte, wird in der Wissenschaftstheorie erarbeitet, erforscht und diskutiert. Eine deskriptive Wissenschaftstheorie habe die Rekonstruktion, das tatsächliche Vorgehen der Wissenschaft, zum Gegenstand. Dadurch erhalte man wichtige Einsichten in die verschiedenen Konzeptionen einer Wissenschaft, aber die deskriptive Wissenschaftstheorie biete keine Möglichkeit zur Beurteilung der unterschiedlichen Konzeptionen einer Wissenschaft, weil ein über die Wissenschaftstheorie hinausreichendes Kriterium von Wissenschaftlichkeit und somit zur Wissenschaftskritik fehle. Die deskriptive Wissenschaftstheorie müsse die Existenz von Wissenschaft voraussetzen und könne Wissenschaft insgesamt bzw. Einzelwissenschaften weder begründen noch erklären. Eine präskriptive Wissenschaftstheorie verfüge über ein System von Normen, mit deren Hilfe man beurteilen können sollte, wann eine Konzeption

3 4

5 6 7 8

Vgl. Schaeder (1981:18). „Die Erkenntnis beginnt nicht mit Wahrnehmungen oder Beobachtungen oder der Sammlung von Daten oder von Tatsachen, sondern sie beginnt mit Problemen." (Popper 1972:104). Dem ist nur teilweise zuzustimmen; denn möglicherweise braucht man zunächst ein Grundwissen und eine gewisse Erkenntnis, ehe man ein Problem als solches erkennen kann. Danach bleibt es wohl für immer ein ständiges Wechselspiel zwischen Problemen und Erkenntnissen. Vgl. Schaeder (1981:20f.); Friedrichs (1990:16). Vgl. Bense (1978:6f.); Friedrichs (1990:16). Vgl. Ullrich (1992:38). Vgl. Friedrichs (1990:14).

71 innerhalb einer Disziplin Wissenschaftlichkeit für sich in Anspruch nehmen könne. Jedoch müsse die präskriptive Wissenschaftstheorie nachweisen, inwieweit die von ihr gesetzten Maßstäbe verbindlich seien und auf welche einzelnen Konzeptionen diese innerhalb der Disziplinen anwendbar seien.9 Ein solches Normensystem kann u. a. aus den folgenden „Beurteilungsmaßstäben" bestehen, anhand derer sich eine Wissenschaftstheorie prüfen, erweitern und modifizieren läßt: (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9)

Grad an Klarheit und Präzision der Theorie logische Widerspruchsfreiheit Eignung für Prognosen und Erklärungen Grad an Einfachheit Erfüllung von Adäquatheitsbedingungen organisatorische Kraft intersubjektive Nachprüfbarkeit und Grad der empirischen Bestätigung Grad der Kühnheit Schönheit und Eleganz der Theorie.10

Allerdings bleibt bei der Unterscheidung nach präskriptiver und deskriptiver Wissenschaftstheorie zu fragen, ob sich beide Ansätze grundsätzlich gegenseitig ausschließen oder ob sich nicht beide Varianten in der Konzeption einer rekonstruktiven Wissenschaftstheorie als Komponenten einer Disziplin verbinden lassen.11 In diesen grundsätzlichen Überlegungen zur Wissenschaftstheorie ist auch noch nichts darüber ausgesagt, welche Bestandteile für eine einzelne Theorie konstitutiv sind und wie die Theorie aufgebaut sein muß. Eine wissenschaftliche Theorie stellt den Versuch dar, die Zusammenhänge in einem Ausschnitt der Realität zu rekonstruieren. Theorien setzen andere Theorien und Hypothesen voraus bzw. setzen sich aus Teiltheorien zusammen. Das Voraussetzen anderer Theorien bedeutet, daß deren Zuverlässigkeit gewährleistet sein muß, ehe sie in die eigene Konzeption integriert werden können. Auch ist nicht vorhersagbar, inwieweit zwischen der eigenen Theoriekonzeption und anderen Theorien Wechselbeziehungen bestehen, die gegenseitig zu Modifikationen fuhren. Somit ist es vernünftig, zunächst mit der Konzeption einer Teiltheorie zu beginnen, die sich danach im Zusammenspiel mit anderen Teiltheorien bewähren muß. Auch theoretische Untersuchungen, die gar nicht als Teiltheorien bezeichnet werden können, sondern lediglich als Klassifikationssysteme, können einen wesentlichen Beitrag zur Konzeption einer Teiltheorie liefern.12 Allerdings müssen prinzipielle Anforderungen, die an Theorien gestellt werden, auch für die Klassifikationssysteme gelten, da sonst deren Integration in Teiltheorien schon aus methodologischen Gründen nicht gewährleistet sein kann. Eine „Theorie ist eine Menge logisch miteinander verbundener widerspruchsfreier Hypothesen. Sie enthält eine Reihe unabhängiger Aussagen (Axiome), aus denen weitere Aussagen (Gesetze und Theoreme) mit Hilfe von Regeln abgeleitet werden." (FRIEDRICHS 1990:62). Axiome (auch Postulate oder Prämissen) sind Aussagen, die widerspruchsfrei

9 10 11 12

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Kanngießer (1976:110f.). Stegmüller (1970:373). Lieb (1976a: 186ff.). Friedrichs (1990:60ff.).

72 sind, als generelle Hypothesen einer Theorie zugrunde liegen und nicht aus anderen Axiomen ableitbar sind. Auf der Basis von formalen Ableitungsregeln wird aus den Axiomen eine Struktur von Aussagen ermittelt. Dadurch kann eine logische Ordnung innerhalb der Theorie gewahrt bleiben und Widerspruchsfreiheit gewährt werden.13 Das Ziel beim Aufbau des Aussagensystems besteht darin, Erklärungen fur möglichst viele Beobachtungen zu liefern. Diese Erklärungen sind in der Regel eine Art Begründung dafür, daß bestimmte Phänomene auftreten. Erklärungen können in deduktivnomologischer oder induktiv-statistischer Form erfolgen. Das deduktiv-nomologische Schema der Erklärung legt deterministische Aussagen zugrunde, während das induktivstatistische Schema durch probabilistische Aussagen gekennzeichnet ist.14 Für diese Zusammenhänge ist es notwendig, den Begriff der Erklärung von dem Begriff der Beschreibung abzugrenzen. Erklärungen gehen über Beschreibungen hinaus, die nur als eine Vorstufe in der wissenschaftlichen Theorienbildung angesehen werden. Eine Beschreibung antwortet auf Fragen „von der Gestalt, was ist der Fall?"15 und ist der Vorgang und das Ergebnis der Darstellung eines Gegenstandsbereichs. Dazu gehören auch das Beschreiben der Eigenschaften der einzelnen Teile eines Gegenstandsbereichs und dessen innere Gliederung bzw. der Zusammenhang der einzelnen Teile.16 Allerdings ist zu beachten, daß die Beschreibung nicht nur ein automatisches Registrieren von Beobachtungsdaten ist; denn es ist nicht ohne weiteres klar, was eigentlich eine Beobachtung tatsächlich liefert, auf welche Weise die Beobachtung gemacht wird und wie sichergestellt werden kann, daß die Beobachtung wahr ist oder zumindest in einem Wiederholungsfall von einem anderen Wissenschaftler auf die gleiche Weise gemacht werden kann. 17 Auch wenn „Beobachtungen und erst recht Sätze über Beobachtungen [...] immer Interpretationen der beobachtbaren Tatsachen sind und daß sie Interpretationen im Lichte von Theorien sind" (POPPER 1984:72, Anm. *2), muß eine Beobachtungsmethode dem Gegenstand adäquat sein, obwohl es gerade von der jeweils angewandten Methode abhängt, in welcher Weise ein Gegenstand als Gegenstand festgestellt wird. Jede Beschreibung einer Beobachtung enthält immer einen systematisierenden Aspekt, der sich innerhalb der Beobachtungs- und Beschreibungssequenzen auswirkt, der aber auch in Beziehung zu den theoretischen Vorannahmen gesetzt wird. Somit enthält jede Beschreibung nicht nur Interpretationen, sondern auch Hypothesen und partielle Erklärungen. 18 Mit dem Erklärungsbegriff ist traditionell der Begriff der logisch systematischen Erklärung gemeint, bei dem drei konstitutive Komponenten, der zu erklärende Sachverhalt, die Bedingungen, die vor dem Sachverhalt oder gleichzeitig mit ihm gegeben waren (= Antecedensbedingungen), sowie die allgemeinen Gesetzmäßigkeiten, zu unterscheiden sind. Dabei wird davon ausgegangen, daß eine Erklärung dadurch stattfindet, daß etwas auf allgemeine Gesetzmäßigkeiten zurückfuhrbar ist. Die Struktur einer wissenschaft13 14 15 16 17

18

Vgl. Friedrichs (1990:63). Zu den Anforderungen an Axiome vgl. Popper (1984:41 f.). Vgl. Friedrichs (1990:65ff.); Ullrich (1992:197). Vgl. Stegmüller (1969:76). Vgl. Bense (1978:35); Schaeder (1981:52). Es soll hier nicht darauf eingegangen werden, ob die Gegenstände überhaupt eine eigene oder unabhängige Existenz besitzen oder ob sie im Zuge von Untersuchungen als wissenschaftliche Gegenstände erst geschaffen werden. Vgl. Bense (1978:36f.); Schaeder (1981:52f ).

73 lichen Erklärung kann durch das von HEMPEL und OPPENHEIM aufgestellte H-O-Schema dargestellt werden. 19 Die Art der Schlußfolgerung ist entweder deduktiv oder induktiv, je nachdem, ob es sich um deterministische Gesetze oder um statistische Gesetzmäßigkeiten handelt.20 Erklärungen ermöglichen auch eine Voraussage für ein erneutes Vorkommen, obwohl man zwischen Erklärung und Voraussage unterscheiden muß.21 Eine Erklärung antwortet auf eine Warum-Frage. 22 Allerdings weist KANNGIEBER ZU Recht darauf hin, „daß ,warum' systematisch mehrdeutig ist; daß es strukturell voneinander verschiedene ,warum'-Fragen gibt, und daß es mithin auch strukturell voneinander verschiedene Antworten auf diese Fragen geben muß, [,..]"23. Neben dem traditionellen Begriff der kausalen Erklärung existieren sowohl im vorwissenschaftlichen als auch im wissenschaftlichen Gebrauch weitere Erklärungsbegriffe, die von STEGMÜLLER als „unvollkommen" charakterisiert werden.24 Es ist die Aufgabe der Methodologie, zu klären, auf welche Weise welche Erklärungsbegriffe in Beziehung zu Hypothesen und möglichen Beobachtungen gesetzt werden können. Betrachtet man die Methodologie als Theorie bzw. Lehre von allen Methoden und mit normativer Funktion ausgestattet, so besteht leicht die Gefahr, daß zu sehr von den einzelwissenschaftlichen Besonderheiten abstrahiert wird. Man kann jedoch ebenso aus den einzelnen in den Fachwissenschaften verwendeten Methoden die allgemeinen für alle Einzeldisziplinen gültigen Prinzipien und Vorgehensweisen von den besonderen an den Einzeldisziplinen ausgerichteten Methoden unterscheiden und damit aus den einzelwissenschaftlichen Methoden die Methodologie als übergeordnete Disziplin konstruieren. Für eine sowohl in der Wissenschaftstheorie als auch in den Einzelwissenschaften akzeptierte Methodologie sind sicherlich beide Wege zu berücksichtigen. Allen Methoden sollte

19

H-O-Schema der wissenschaftlichen Erklärung (vgl. Stegmüller 1969:86): Ai, , An (Sätze, welche die Antecedensbedingungen beschreiben)

{Gi,

20

, Gr

(allgemeine Gesetzmäßigkeiten)

Explanandum E (Sätze des zu erklärenden Ereignisses) Vgl. Bense (1978:39tf). Auf die Darstellung der Bedingungen, die für ein korrektes Schließen vom Explanandum auf das Explanans erforderlich sind, und der Probleme, die mit dem Schema verbunden sind (z. B. Zirkelerklärungen), soll hier nicht weiter eingegangen werden, weil es für die theoretischen Voraussetzungen der in dieser Arbeit beabsichtigten Untersuchungen nicht notwendig ist. Vgl. Bense (1978:40fT.) nach Stegmüller (1969:248ff.).

21

Nicht jede adäquate Erklärung ist eine potentielle Voraussage bzw. nicht jede adäquate Voraussage auch eine potentielle Erklärung. Vgl. Stegmüller (1969:204) sowie die Erläuterungen in Bense (1978:45ff.).

22

Vgl. Stegmüller (1969:76f.). Kanngießer (1976:113). Vgl. Stegmüller (1969:105ft"). Dazu zählen die „probabilistischen Erklärungen", die „funktionalen (oder: teleologischen) Erklärungen" (vgl. Kanngießer 1976:113) nach Nagel 1961:22ff), die „genetische Erklärung", die Erklärung anhand von Analogiemodellen, die „dispositionelle Erklärung" und der „pragmatische ErklärungsbegrifT', für den als Bedingungen „Verständlichkeit", ,Adäquatheit" und „Korrektheit" zu nennen sind; vgl. Bense (1978:47fT.). Im pragmatischen ErklärungsbegrifT erfahrt „der Anspruch auf Allgemeingültigkeit durch die Einbeziehung von Personen, von denen und für die die Erklärungen gegeben werden, eine erhebliche Relativierung" (Schaeder 1981:54).

23 24

74 jedoch gemeinsam sein, daß sie „als einzelne wissenschaftliche Verfahren bezeichnet werden, die dazu dienen, gesicherte und nachprüfbare Erkenntnisse über wissenschaftliche Objekte bzw. Gegenstände zu gewinnen".25 Die jeweiligen Methoden, die in wissenschaftlichen Untersuchungen zur Anwendung kommen, lassen sich in induktive und deduktive Methoden differenzieren. Dabei steht die verwendete Methodik in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erklärung, die zu einer Beobachtung gegeben wird. Zur induktiven Methodik rechnet man alle Methoden und Verfahren, deren Leistung darin besteht, aus gegebenen Prämissen auf intensionaler Grundlage Schlußfolgerungen abzuleiten, die den Prämissen gegenüber Erweiterungen darstellen. Induktive Schlußfolgerungen sind nicht zwingend, sondern führen zu Hypothesen bzw. allgemeinen Aussagen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit gelten. Zur deduktiven Methodik wird die Gesamtheit von Methoden und Verfahren gezählt, deren Leistung darin besteht, aus gegebenen Prämissen auf extensionaler Grundlage Schlußfolgerungen zu ziehen.26 Die Applikation der Methoden richtet sich je nach den unterschiedlichen Phasen der wissenschaftlichen Theoriebildung. Beim Aufbau einer Theorie werden beide Methodenkonzeptionen zum Zuge kommen, während für die Überprüfung einer Theorie in den meisten Fällen der deduktiven Methode der Vorzug zu geben ist. Auch wenn niemals reine Beobachtungsdaten zur Verfügung stehen, kann man das Induktionsprinzip nicht grundsätzlich zurückweisen; denn die induktive Methode besitzt eine erhebliche Relevanz für den Teilprozeß der Untersuchung, in dem es darum geht, Hypothesen über Zusammenhänge zwischen den Gegebenheiten des Gegenstandsbereichs zu formulieren. Dieser ist von der Theorie insofern getrennt, als jede Theorie an ihrem Gegenstandsbereich geprüft werden muß. Da es eine Verifikation von Theorien nicht gibt, Theorien also nur falsifizierbar sind, steigt der Wert an Wissenschaftlichkeit in bezug auf Wahrheit oder Brauchbarkeit, je länger oder häufiger eine Theorie Überprüfungen standhält und je differenzierter die Überprüfungskriterien sind, die angelegt werden.27 Diese Prinzipien gelten aber nicht nur für Theorien insgesamt, sondern auch für einzelne Aussagen, Hypothesen oder Klassifikationssysteme. Gelingt die Falsifikation eines dieser Teile, so muß deswegen nicht die gesamte Theorie verworfen werden, sondern es kommt zu einer Modifikation der Theorie. Da die Falsifikation zudem von der Art und Weise der Beobachtung abhängig sein kann (eine zweite, neue Beobachtung führt möglicherweise nicht zur Falsifikation), handelt es sich bei der Falsifikation gar nicht immer um eine Beurteilung der Theoriekonzeption, sondern um eine die Methodologie betreffende Entscheidung. Wird der gesamte Prozeß der Theoriegewinnung und der Überprüfung in einer Weise offengelegt, daß er intersubjektiv nachprüfbar ist, so kann jeder Wissenschaftler entscheiden, inwieweit die theoretischen Aussagen weiterhin akzeptiert oder zurückgewiesen werden sollen. Faßt man die wissenschaftstheoretischen Darstellungen zusammen, so ist eine Theorie die jeweils strukturierte Summe von Aussagen über einen Gegenstand, während die Methodologie die systematische Rekonstruktion derjenigen Praxis ist, die zur Kon-

25 26 27

Vgl. Schaeder (1981:29). Vgl. Schaeder (1981:38f.). Vgl. Bense (1978:21f.).

75 struktion und Prüfung der theoretischen Aussagen führt. Die Theorie leitet die auf einen bestimmten Gegenstandsbereich gerichteten Fragen an und erfordert somit die Anwendung von Methoden, um die aufgeworfenen Fragen beantworten zu können. Die Theorie ist aber auch das Resultat, wenn aus Untersuchungen gewonnene Einsichten zu theoretischen Aussagen über den Gegenstand formuliert werden. Auch hier stehen Theorie und Methodologie in einem Wechselverhältnis zueinander.28 Darüber hinaus besteht eine regelhafte Relation zwischen dem theoretisch-methodologischen Teil der Theorienkonstruktion und „einem Basisteil, der die empirischen Beobachtungen über den Basisbereich [...] enthält". 29 Bei vielen wissenschaftstheoretischen Konzeptionen und Überlegungen kommt jedoch ein wesentlicher Aspekt wissenschaftlicher Theoriegewinnung zu kurz. Wenn zu Recht darauf hingewiesen wird, daß existierende Theorien überprüft werden müssen und daß zur Gewinnung von Theorien Beobachtungsdaten unter Zuhilfenahme induktiver Methoden analysiert und verallgemeinert werden müssen, so wird dabei an keiner Stelle erwähnt, auf welche Weise das Verhältnis zwischen den Beobachtungsdaten und der aufgestellten Theorie vorliegt und wie es geprüft wird. BALLMER bemerkt dazu, daß die Prüfung einer Theorie an der Realität und damit die Empirizität einer Theorie von einem dritten Faktor abhängt, nämlich den „Spielregeln", die bei der Prüfung der Theorie benutzt werden.30 Dabei geht es einerseits um die Verwendung der Spielregeln durch den jeweils prüfenden Wissenschaftler, andererseits um die Akzeptanz der Spielregelbenutzung durch die anderen Wissenschaftler. Denen steht bei kritischer Beurteilung des Überprüfungsprozesses die Möglichkeit offen, die Konstruktion der Theorie, die Spielregeln zur Überprüfung oder die Beobachtungsdaten selbst als nicht akzeptabel zurückzuweisen, oder, anders formuliert, „[...] wenn eine genügend große Zahl von Falsifikationsversuchen fehlgeschlagen ist, so kann man die Hypothese als gut bestätigt bezeichnen." (BENSE 1978:21). Wie viele Versuche sind aber gemeint, und wie viele Beobachtungsdaten benötigt ein Wissenschaftler für den Falsifikationsversuch einer Hypothese bzw. bei induktivem Vorgehen für die Formulierung einer Hypothese, damit diese nicht bei der nächsten Überprüfung sofort wieder verworfen werden muß? Natürlich kann es dazu keine quantitative Festlegung geben, so daß die folgenden Überlegungen zunächst hypothetischer Art bleiben müssen; sie werden aber im Verlaufe dieser Arbeit - insbesondere anhand der geplanten Untersuchungen zum Präpositionalattribut - präzisiert werden. Geht es um die Überprüfung einer Theorie oder einer einzelnen Hypothese, hängt es zunächst von der Art der Aussagen ab, wie eine Überprüfung auszusehen hat.31 Zur Falsifikation einer Hypothese kann ein einziges Datum ausreichen. Dies gilt allerdings nur im Falle einer positiven Falsifikation. Gelingt eine Falsifikation mit einem einzigen Datum nicht, bleibt die Frage, wie lange man wie viele Beobachtungsdaten sammeln sollte (Umfang und Art der Stichprobe), um seriös und mit gutem Recht behaupten zu können, daß die Falsifikation nicht gelungen ist. Die Betonung liegt auf „mit gutem Recht"; denn natürlich findet sich in keiner wissenschaftstheoretischen Arbeit dazu eine quantifi-

28 29 30 31

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schaeder(1981:31f.). Cherubim (1976:57). Ballmer (1976:15). Friedrichs ( 1990:701".).

76 zierende Antwort - die kann es auch nicht geben - , sondern eine Untersuchung wird als mehr oder weniger seriös eingestuft, je nachdem, wie viele empirische Belege als ausreichend erachtet werden. Dies obliegt in der Regel den individuellen Entscheidungen der beteiligten Wissenschaftler (bei BALLMER „Spielregeln"), so daß die Gefahr besteht, daß sich die Seriosität empirischer Überprüfungen aufgrund wechselseitiger Empfehlungen der Wissenschaftler einstellt, auch wenn gar keine intersubjektiv überprüfbaren Kriterien dazu genannt werden können. Da dies auch auf Teilbereiche in der Sprachwissenschaft zutreffen mag, soll im folgenden bei der Applikation der Untersuchungsmethoden auf den zu untersuchenden Gegenstandsbereich besonders die Fragestellung berücksichtigt werden, welcher Erfahrungsgehalt und welche empirische Basis in sprachwissenschaftlichen Untersuchungen erforderlich sind, um eine theoretische Aussage so weit zu stützen, daß sie zweifelsohne als seriös gelten kann.

3.2

W i s s e n s c h a f t s t h e o r i e u n d Sprachtheorie

Wenn man den Anspruch der Wissenschaftstheorie auf die fächerübergreifende Allgemeinheit ihrer Aussagen akzeptiert, so setzt man die Kriterien in der Wissenschaftstheorie für alle Wissenschaften als verbindlich voraus und kann sie somit - zumindest beim Aufbau einer Theorie in der Einzelwissenschaft - nicht mehr hinterfragen. Allerdings können die wissenschaftstheoretischen Kriterien nicht unmittelbar auf eine einzelwissenschaftliche Theorie angewendet werden, da für den Aufbau einer Theorie in einer Einzelwissenschaft auch deren spezifische Bedingungen sowie die jeweiligen Eigenschaften des Untersuchungsgegenstands zu berücksichtigen sind, so daß in jedem Fall eine Interpretation der wissenschaftlichen Kriterien für die konkrete wissenschaftliche Tätigkeit in der jeweiligen Einzel Wissenschaft erfolgen muß. Die Wissenschaftstheorie soll also die methodologische Einheit der Wissenschaft normativ fordern, darf sich aber nicht gegenüber der Einzelwissenschaft verselbständigen. 32 Auch für den Aufbau einer Sprachtheorie kann die allgemeine Wissenschaftstheorie allenfalls die notwendigen Bedingungen bereitstellen, die hinreichenden Bedingungen sind in der Disziplin selbst zu entwickeln. 33 Zu den notwendigen Bedingungen gehört, daß der Aufbau einer Sprachtheorie einer präskriptiv ansetzenden Wissenschaftstheorie folgt, weil nur diese das erforderliche System von Normen liefert, aus dem eine Sprach-theorie interpretativ aufzubauen ist. Somit sind Spracherklärungen und Sprachbeschreibungen von vorgängigen wissenschaftstheoretischen Annahmen abhängig. 3 4 Gleichzeitig aber ist es für die Wissenschaftstheorie nahezu unmöglich, für spezielle Fragen innerhalb der Sprachwissenschaft allgemeingültige Normen bereitzustellen. Da sich gerade die Lingui-

32 33 34

Vgl. Kanngießer (1976:108ff.); vgl. Kertész ( 1995:16ff). Vgl. Bense(l978:8ff.). Vgl. Kanngießer ( 1976:11 Of. ).

77 stik 3:1 durch eine große Vielfalt an theoretischen Konzeptionen auszeichnet, kann man nicht davon ausgehen, daß von der Wissenschaftstheorie zuverlässige Hilfestellungen für gesicherte Entscheidungen zwischen diesen Konzeptionen gegeben werden. Die Kriterien, ζ. B., was als eine sprachwissenschaftliche Erklärung zu akzeptieren ist, müssen in der Linguistik selbst gewonnen werden, denn auch die Sprachwissenschaft ist in gewisser Weise gegenüber der Wissenschaftstheorie autonom. Innerhalb der Sprachwissenschaft sind Definitionen zur Linguistik und zu den Theorien sowie Erklärungen und Verallgemeinerungen abzugeben, wodurch einerseits die Gemeinsamkeiten der Linguistik mit anderen Disziplinen aufzudecken sind, andererseits die Spezifika der Sprachwissenschaft gegenüber anderen Disziplinen herausgestellt und erklärt werden müssen. Somit wirkt eine Sprachtheorie (gemeinsam mit anderen Theorien) konstitutiv für die Wissenschaftstheorie. Allerdings ist jede Sprachtheorie an den sprachlichen Fakten, an den Beobachtungen, zu überprüfen. Es ist also die Relation zwischen Sprachtheorie und Realität besonders zu berücksichtigen, weil dadurch die Leistung einer Sprachtheorie wesentlich bestimmt ist.

3.3

Sprachtheoretische Grundlagen

Die Sprachwissenschaft ist eine empirische Wissenschaft, die sich mit der menschlichen Sprache in allen ihren Aspekten befaßt.36 „Sprache läßt sich ζ. B. begreifen als ein System oder ein systemhaftes Gebilde mit einem bestimmten inneren Aufbau und spezifischen materiellen Ausprägungen bzw. Manifestationsformen, als eine historisch gewachsene Struktur, als ein Mittel der Kommunikation, als eine in Interaktionen eingebundene Form gesellschaftlichen Handelns, als ein System von Varietäten, [ . . . ] . " (SCHAEDER 1981:23).

Ausgehend von dieser recht allgemeinen Definition von Sprache muß es das Ziel der Sprachwissenschaft sein, wahre Aussagen über sprachwissenschaftliche Objekte zu machen, die auf konkreten Sprachverwendungsereignissen beruhen. Bei der Beschreibung und Erklärung des Gegenstandsbereichs sind zwei Ebenen zu unterschieden, die Ebene des Objektbereichs „Sprache", die „analysierte Sprache" oder Objektsprache, sowie die Ebene der metasprachwissenschaftlichen Tätigkeiten, die „Analysesprache" oder Metasprache.37 Diese allgemeinen Ausführungen zur Sprachwissenschaft reichen jedoch nicht aus, um daraus eine präzise Einordnung der Einzeldisziplin „Sprachwissenschaft" in das

3i

36

37

Die Termini „Linguistik" und „Sprachwissenschaft" werden in dieser Arbeit synonym verwendet. Allerdings behauptet Ballmer (und belegt dies auch) anhand mehrerer Beispiele, daß die Linguistik unempirisch sei und nur vorgebe, eine empirische Wissenschaft zu sein, weil allzu oft verschiedene Immunisierungsstrategien (ζ. B. „argument-hopping", „concept-hopping", „versteckte Parameter in petto halten") dazu verwendet werden, theoretische Aussagen, die im Widerspruch zu den empirischen Daten stehen, aufrecht zu erhalten. Vgl. Ballmer (1976:19ff). Vgl. Schnelle (1976:22311).

78 Gesamtgebäude der Wissenschaften vornehmen zu können oder um daraus eine einheitliche methodologische Konzeption zu entwickeln, die unter Sprachwissenschaftlern konsensfähig ist. Innerhalb der Sprachwissenschaft können axiomatisierte Sprachtheorien, in denen die Einzelkategorien aus wenigen Axiomen logisch deduziert und durch widerspruchsfreie Regeln untereinander relationiert sind, und weniger formalisierte Sprachtheorien, von denen sich bei strenger Auslegung des Theoriebegriffs einige vielleicht nur als vortheoretische Systeme bezeichnen lassen, unterschieden werden. Bei der Entwicklung einer Sprachtheorie sollte man Fragestellungen, die die Sprache selbst betreffen, von methodologischen Überlegungen trennen. Aus diesem Grunde unterscheidet LIEB zwischen der sprachwissenschaftlichen Teildisziplin „Sprachtheorie" als dem Namen des allgemein-theoretischen Teils der Sprachwissenschaft und „Theorie der Sprachwissenschaft" als Name einer Teildisziplin der Wissenschaftstheorie. Die Sprachtheorie sei im Rahmen von Kommunikationstheorien als Teil der Semiotik anzusehen, habe als Gegenstand die Klasse aller Sprachen und habe zum Ziel, Eigenschaften zu entdecken, die allen Sprachen zukommen. Die Theorie der Sprachwissenschaft habe als Gegenstand die Sprachwissenschaft und bestehe aus der „Theorie der Spracherforschung" bzw. „Methodologie der Sprachwissenschaft" und der „Theorie der Sprachbeschreibung". 38 „Die Sprachtheorie" als der allgemein-theoretische Teil der Sprachwissenschaft sei von „einer Sprachtheorie", die sich auf einzelne Theorien innerhalb der Sprachtheorie bezieht, zu unterscheiden.39 Die Grammatiktheorie sei ein Teil der Theorie der Sprachbeschreibung, aber die Aufstellung einer Grammatiktheorie setze eine Sprachtheorie voraus, da man ζ. B. etwas über den Charakter natürlicher Sprachen wissen müsse. In der Grammatiktheorie werden nicht Theorien entwickelt, die unmittelbar Sprachliches zum Gegenstand haben, sondern Theorien zu den Theorien der Sprachdaten bzw. Sprachbeobachtungen. Somit habe die Grammatiktheorie als Gegenstand die Menge aller Grammatiken zu natürlichen Sprachen.40 Aus der Kritik an der sprachtheoretischen Konzeption bei LIEB schlägt BENSE für die Unterscheidung von Grammatiktheorie und Sprachtheorie eine Differenzierung der folgenden Ebenen vor: (1) Die Beschreibung einer Einzelsprache unter verschiedenen Aspekten, ζ. B. nach syntaktischen oder semantischen Eigenschaften; (2) die Ebene der Teiltheorien über Sprache, in der zu jeder Beschreibung eine diese bestimmende übergeordnete Theorie formuliert wird, ζ. B. eine Syntax- oder Semantiktheorie; (3) die Ebene der allgemeinen Sprachtheorie, in der es um die Beschäftigung mit Eigenschaften aller natürlichen Sprachen geht. Die allgemeine Sprachtheorie entsteht aufgrund einer Interpretation allgemeiner wissenschaftstheoretischer und erkenntnistheoretischer Prinzipien und definiert den Gegenstandsbereich, die Ziele und Methoden der Sprachwissenschaft.41

38 39

40 41

Vgl. Lieb (1970:3ίΤ., 14f.); Lieb (1976a:187). Vgl. Lieb (1970:3). Liebs Stadientheorie ist ein Beispiel für eine Sprachtheorie, die im Sinne des Kritischen Rationalismus mit Hilfe von Axiomen, abgeleiteten Aussagen und unter Verwendung axiomatisch-deduktiver Methoden konzipiert ist. Vgl. Lieb (1976b:201tY.). Vgl. Bense (1978:6111.).

79 Da es zur Zeit in der Sprachwissenschaft eine allgemeine Sprachtheorie nicht gibt, die die empirische Praxis regulierende Sätze enthält, welche aus Axiomen deduziert werden können, beschränkt man sich entweder auf die Entwicklung von Teiltheorien in bestimmten Teildisziplinen der Sprachwissenschaft, wie ζ. B. der Syntax, Lexikologie oder Lexikographie oder bezeichnet auch weniger streng definierte Konzeptionen als Sprachtheorie, wenn deren Prinzipien als Leitlinien fur Teiltheorien und sprachwissenschaftliche Untersuchungen in unterschiedlichen sprachwissenschaftlichen Teildisziplinen gelten und wesentlichen Einfluß auf die Wissenschaftsgeschichte der Linguistik hatten oder haben. Dazu gehört auch der Strukturalismus europäischer Prägung, der in Reaktion auf die historisch-vergleichende Sprachwissenschaft der Junggrammatiker entstanden ist, der prinzipiell einzelsprachlich orientiert ist und der die jeder Sprache inhärenten und adäquaten Beschreibungskategorien durch seine eigenen empirisch-operationalen Verfahren aufdecken will. Bei DE SAUSSURE wird die Systemhaftigkeit von Sprache angenommen, deren Struktur durch paradigmatische und syntagmatische Beziehungen der Einzelelemente bestimmt sei. D E SAUSSURE geht es um die Explikation derjenigen sprachtheoretischen Prinzipien, die wesentlich die methodologischen Voraussetzungen für die einzelnen Sprachbeschreibungen bestimmen. Das zugrundeliegende System, die langue, ist der eigentliche Untersuchungsgegenstand der Sprachwissenschaft, den es durch das Beobachten der parole, die individuell ist, zu entdecken gilt, während die language, die menschliche Rede, nicht Gegenstand der Sprachwissenschaft sein kann, weil sie sich weder dem Individuellen noch dem Sozialen, weder dem Psychischen noch dem Physischen zuordnen läßt. Sprache wird als Zeichensystem aufgefaßt und ist als Resultat rezeptiver und koordinativer Prozesse ein soziales Produkt, das das wesentliche Mittel menschlicher Kommunikation darstellt. Durch diese Bindung ergibt sich, daß Sprache Konventionen unterliegt, funktional bestimmt ist, daß Sprache auf die soziale Interaktion von Menschen angelegt ist und daß individuelle Sprachfunktionen (ζ. B. Erkenntnis) in einem dialektischen Wechselverhältnis dazu stehen.42 Die strukturelle Sprachwissenschaft SAUSSUREscher Prägung hat grundlegenden Einfluß auf bedeutende Entwicklungen und Strömungen der Linguistik gehabt, u. a. auf den Prager Linguistenkreis, die Glossematik (Kopenhagener Schule) und teilweise auch auf den amerikanischen Strukturalismus seit BLOOMFIELD ( 1 9 3 3 ) .

Der Zusammenhang zwischen sprachlichem Verhalten und kommunikativem Handeln wird auch bei KANNGIEBER hervorgehoben, der in seiner Kritik an der generativen Transformationsgrammatik betont, daß sich die sprachliche kommunikative Praxis der Individuen nicht „als ein planes Erzeugen von Sätzen begreifen läßt", sondern daß kommunikatives Handeln vorliege, das unter bestimmten Bedingungen und zu bestimmten Zwecken in Situationen stattfinde.43 Somit sei Sprache nicht primär aus grammatischer, sondern aus pragmatischer Perspektive zu analysieren, und es stünden mehr die Fragestellungen zum sprachlichen Handeln als die nach der Erzeugung wohlgeformter Sätze im Vordergrund. Die Grundüberlegungen zum sprachlichen Zeichen, das bestimmte Funktionen erfüllt, müßten in einer Sprachtheorie durch die pragmatischen Dimensionen von Sprache

42

43

Vgl. u. a. Cherubim (1976:21ff.) und Bartschat (1996:5711), aber auch die Kritik an de Saussure in Schnelle (1991:39ff.) und Bartschat (1996:6611.). Vgl. Kanngießer (1976:125).

80 ergänzt werden. Dies ist für die Sprachwissenschaft u. a. in BÜHLERS Organonmodell geschehen, in dem die funktionalen Aspekte dominieren und die kausale, intensionale und strukturale Analyse der Sprachgebilde im Vordergrund steht.44 Die Generative Grammatik geht aus dem amerikanischen Strukturalismus hervor, unterscheidet sich aber wegen ihrer mentalistischen Grundeinstellung vom behavioristischen Ansatz der BLOOMFIELD-Schule, die sich bewußt von jeder psychologischen Auffassung absetzt.45 Zwar hat die Generative Grammatik in ihrer Entwicklung seit den „Syntactic Structures" 46 über die Standardtheorie 47 und Rektions- und Bindungs-theorie 48 bis heute erhebliche Wandlungen erfahren, aber bereits in der generativen Transformationsgrammatik wird von der inneren Grammatik des Sprechers ausgegangen. Somit ist nach dem Verständigungsmittel Sprache und nach dem System im Sprecher zu forschen und Sprache als ein Gegenstand psychischer Natur anzusehen. 49 Will man die Leistungen CHOMSKYS und den Wert der Generativen Grammatik aufgrund einer vergleichenden Analyse vorhandener wissenschaftlicher Publikationen einschätzen, so hängt es ganz entscheidend davon ab, wen man zitiert. Wohl kein sprachtheoretischer Ansatz hat die Sprachwissenschaft und die Sprachwissenschaftlerinnen über einen so langen Zeitraum in verschiedene Lager gespalten und hat für so viel Diskussionsstoff zu linguistischen Themen gesorgt.50 Dies betrifft auch die wissenschaftstheoretischen Leistungen CHOMSKYS, die je nach Standpunkt des Betrachters hoch gelobt oder völlig verworfen werden. So mag man dem Fortschritt der CHOMSKY-Matrix gegenüber älteren Ansätzen zustimmen, ζ. B. in bezug auf eine verbesserte methodologische Grundlage, symbolische Verallgemeinerungen im Rahmen mathematischer Theorien und den Versuch, Spracherklärungen und Sprachbeschreibungen unterscheiden zu wollen.51 Aber parallel dazu findet sich massive Kritik an der Theoriekonzeption, wenn darauf hingewiesen wird,

44 45 46 47 48 49 50

51

Vgl. u. a. Cherubim (1976:24fr.); Schnelle (1991:46ff.). Bloomfield (1933). Chomsky (1957). Chomsky (1965). Chomsky (1981). Vgl. Lieb (1970:163). Man kann übrigens allein die Tatsache, daß es zu diesen Diskussionen gekommen ist und kommt, als ein Positivum werten, weil dadurch sowohl Gegner als auch Befürworter der Chomsky-Arbeiten mit einem gewissen Rechtlertigungszwang konfrontiert wurden und werden. Das Argument beider Seiten, man sollte die Zeit effektiver im Sinne der eigenen sprachtheoretischen Anschauungen nutzen, ist natürlich genau das falsche, weil eine Rechtfertigung gegenüber der anderen Position entweder wegen der schwachen Argumentationsbasis der anderen sofort gelingt (Dies ist aber nicht der Fall, wie über 40 Jahre Generative Grammatik zeigen!) oder weil man gezwungen wird, die Argumentationsfiguren zur eigenen Position präziser zu fassen, seine eigene Position zu reflektieren und die eigenen Forschungsbemühungen zu steigern und zu optimieren. Dies alles kann für die Weiterentwicklung einer Wissenschaft nur förderlich sein, wenngleich die unmittelbar Beteiligten während der Auseinandersetzungen manchmal darunter leiden mögen oder müssen. Vgl. Kanngießer (1976:119ff.). Allerdings weist Kanngießer auch auf Unzulänglichkeiten des Chomsky-Ansatzes hin und fordert eine Modellierung, in der filr eine Sprachtheorie die Dimensionen der linguistischen Pragmatik mehr betont werden.

81 CHOMSKYS Ansatz sei eine „Abkehr von der Forderung, daß Aussagen einer Theorie nur dann wissenschaftlich seien, wenn sie auf Beobachtungsdaten zurückzuführen sind (strenge Reduktionsforderung), als auch die Ablehnung der induktiven Methode, von den Beobachtungsdaten mittels einer explizit angegebenen Prozedur zu allgemeinen theoretischen Aussagen zu kommen; f...]"52. Wenn CHOMSKY die Methode der Hypothesenfalsifikation wählt, verzichtet er auf die Reflexion über die wissenschaftliche Theoriebildung selbst und hinterfragt nicht die den Erkenntnisprozeß bestimmenden Faktoren. Damit werde von der generativen Transformationsgrammatik um der Formalisierbarkeit des Gegenstands willen das Phänomen Sprache verdinglicht, von der pragmatischen Dimension werde abgesehen, und die gesellschaftlichen Bedingungen, denen Sprache unterliegt, werden ignoriert.53 Der eigentliche Untersuchungsgegenstand der generativen Transformationsgrammatik sei nicht unmittelbares Sprachverhalten, sondern die diesem Verhalten zugrundeliegende Kompetenz eines idealen Sprechers/Hörers, so daß nicht auf der Grundlage der sprachlichen Daten auf die interne Grammatik eines Sprechers/Hörers geschlossen werden könne. 54 Insofern stellt die generative Transformationsgrammatik gegenüber dem klassischen amerikanischen Strukturalismus keinen wesentlichen Fortschritt dar. Die Grammatiktheorie habe sich aufgrund ihres eng definierten Gegenstandsbereichs so weit von der Realität der Sprache entfernt, daß sie durch die Realität nicht mehr überprüft werden könne. Dies betreffe insbesondere die Beschreibungsadäquatheit von Grammatiken, die auf der sprachlichen Intuition des Linguisten aufbauen, aber auch die Erklärungsadäquatheit der Theorieteile, die durch Erkenntnisse aus anderen Wissenschaften legitimiert werden sollten.55 In bezug auf Prognosen sei auch die generative Transformationsgrammatik nicht in der Lage, vorherzusagen, unter welchen Bedingungen neue Phänomene in Erscheinung treten oder in welchen Intervallen Ereignisse stattfinden werden. Damit genüge die generative Transformationsgrammatik ihren eigenen strengen methodologischen Ansprüchen nicht; denn etwaige Prognosen basierten auf der Ideokompetenz eines Sprechers.56 Dieser kurze Ausschnitt von Pro und Contra zur generativen Transformationsgrammatik mag genügen; es ließen sich weitere Kritikpunkte anfügen. 57 Auch in den jüngeren Ansätzen zur Generativen Grammatik bleibt die mentalistische Position der sprachtheoretischen Konzeption bestehen. Nach CHOMSKY sind spezielle

52 53 54 55 56 57

Bense (1978:141). Vgl. Bense (1978:143ff.); Schaeder (1981:22f.). Vgl. Bense (1978:141 f.). Vgl. Bense (1978:145fr.)· Vgl. Schaeder (1981:43). So bemängelt Lieb den fehlenden Raum- und Zeitbezug des idealen Sprecher-Hörers und die unzureichende Erklärung des Begriffs „competence" (vgl. Lieb 1970:177ff.), Ballmer die Immunisierungsstrategien gegen die Behandlung von Ausnahmen in der Sprache: „Um das Phantom der Regelmäßigkeit zu retten, müssen aber versteckte Parameter eingeführt werden: Ausnahmen, positive Ausnahmen, negative Ausnahmen usf." (vgl. Ballmer 1976:23), Emons kritisiert die Transformationen im Zusammenhang mit dem Kuhnschen Paradigmabegriff (vgl. Emons 1987:4ff.), Boas das Konzept der Generalisierungen, das bei einer vergleichenden Analyse genauso viele Verwirrungen enthält wie Klärungen, aber auf keinen Fall mehr den Ansprüchen deduktiv-nomologischer Theoriebildungsprozesse standhält (vgl. Boas 1984:3411).

82 Grammatiken Theorien über verschiedene angeborene Sprachen, während die Universalgrammatik die Theorie über die linguistische Kompetenz ist, die eine kognitive Komponente darstellt. Gegenstand dieser Theorie seien nicht die konkreten Einzelsprachen, sondern die abstrakten Prinzipien, die den Sprachregeln zugrunde liegen, sowie die Erklärung von Sprechfähigkeit im Rahmen eines biologischen Systems. 58 Insbesondere im Zusammenhang mit dem Spracherwerb könnten rationale Begründungen dafür gegeben werden, warum die Fähigkeit zur Sprache angeboren ist, abstrakte Prinzipien für das Erlernen einer Sprache verantwortlich sind und nicht Imitation und Repetition ausschlaggebend sind. 59 Für CHOMSKY ergeben sich daraus für die Sprachwissenschaft folgende Kernaufgaben: (1) Definition von Sprachkenntnis; (2) Klärung des Spracherwerbs; (3) Sprachgebrauch; (4) materielle Basis und physikalische Mechanismen für das Sprachkenntnissystem. 60 Trotz der präzisen Bestimmung einzelner Theorieelemente ist die Kritik an der Generativen Grammatik keineswegs verstummt, sondern bezieht sich zum Teil auf die gleichen Punkte, die gegen die generative Transformationsgrammatik vor-gebracht worden sind, ζ. B. die Immunisierungsstrategien gegen verschiedene Arten empirischer Evidenz. 61 Während die Anhänger der Generativen Grammatik gerne für sich den Anspruch erheben, die einzige methodologisch korrekte Theorie zu vertreten, ist es nach Meinung vieler Linguisten jedoch eher die Kognitive Linguistik, die als Teilgebiet der Kognitionswissenschaften die aktuelle linguistische Forschung bestimmt. 62 Allerdings ist der Klärungsprozeß, wieviel Kognition und wieviel Linguistik sich in dem Begriff Kognitive Linguistik finden, noch in vollem Gang, 63 so daß mindestens die folgenden Richtungen innerhalb der Kognitiven Linguistik unterschieden werden können: (1) die Generative Grammatik, in der ein modularer Ansatz vorliegt, bei dem insbesondere die syntaktische Komponente des sprachlichen Kenntnissystems als ein weitgehend autonomes Subsystem der Kognition angesehen wird (2) die Cognitive Grammar oder Cognitive Semantics, die man eher als holistisch orientierten Ansatz betrachten kann, in dem allgemeine kognitive und sprachliche Prinzipien und Regeln untrennbar verflochten sind 64 (3) Ansätze aus der Computerlinguistik, in denen mit Hilfe neuronaler Netzwerke die Simulation kognitiver Strukturen versucht wird. Zwar teilen die Generative Grammatik und die Kognitive Linguistik die mentalistische Sprachauffassung, aber in der Kognitiven Linguistik wird der empirisch-experimentelle

58 59 60

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Vgl. Schlobinski (1996:9f.) nach Chomsky (1986:24t.). Vgl. u. a. Radford (1988:17il). Ganz anders argumentiert aber Lorenz (1976:25611). Vgl. Schnelle (1991:58). Chomsky nennt folgende „basic questions": „(i. ) What constituents knowledge of language? (ii. ) How is knowledge of language acquired? (iii) How is knowledge of language put to use?" (Chomsky 1986:3). Vgl. u. a. Jäger (1993b:236f. passim). Vgl. u. a. die Zusammenfassung in Schwarz (1997). Vgl. u. a. Bierwisch (1987:646); Schwarz (1997:22); Kertész (1997). Vgl. u. a. Lakoff (1987); Langacker (1987); Langacker (1991).

83 Anteil mit Prüfung von Hypothesen und potentieller Falsifikatorfunktion höher gewichtet.65 Trotz dieser aktuellen Forschungsbemühungen haben die im Strukturalismus entwickelten Methoden zur Beschreibung sprachlicher Gegenstandsbereiche und zur Aufdeckung sprachlicher Strukturen bis heute ihre Bedeutung behalten und stellen ein wesentliches Fundament sprachwissenschaftlicher Grundlagenforschung dar. Die Entscheidung für einen bestimmten sprachtheoretischen Ansatz hängt zudem immer von den subjektiven Ansichten des Untersuchenden und dessen wissenschaftlicher Sozialisation ab, sollte aber vor allem von der Zielsetzung der jeweiligen Arbeit und dem Untersuchungsgegenstand bestimmt werden. Dennoch gab es innerhalb der Linguistik Phasen heftigen Streitens, in denen vor allem die Grundpositionen der jeweiligen Schulen attackiert wurden. In den 70er Jahren ging der Streit in erster Linie darum, auf welche Weise die generativ ausgerichtete Linguistik als empirische Wissenschaft angesehen werden könne. 66 Während die hermeneutisch ausgerichtete Wissenschaftstheorie der Generativen Grammatik den Status einer empirischen Wissenschaft nicht zusprechen wollte, betrachteten die analytischen Wissenschaftstheoretiker die Generative Grammatik als empirische Wissenschaft. Eine Einigung wurde nicht erzielt, und da die Diskussion vor allem auf wissenschaftstheoretischer Ebene ausgetragen wurde, ergab sich kein wesentlicher Beitrag zur bzw. Fortschritt in der linguistischen Praxis. In den 90er Jahren streiten sich Anhänger der hermeneutischen und der analytischen Wissenschaftstheorie um das Erkenntnisobjekt der Linguistik und die Folgen einer Betrachtung der Linguistik als kognitive Wissenschaft. JÄGER, Initiator einer aggressiv geführten Diskussion, unterscheidet zwischen „Chomsky-Theorien", die er als strukturorientiert ansieht, und „Mead-Theorien", in denen ein konstitutiver Zusammenhang zwischen der Struktur und der Funktion vorliege.67 Die historische Entwicklung der Linguistik ist nach JÄGER im wesentlichen dadurch bestimmt, daß die Mead-Theorien mehr und mehr durch Chomsky-Theorien verdrängt werden, wobei letztere durch die Erosion des Erkenntnisgegenstands Sprache gekennzeichnet seien, so daß „Sprache zu einem so strukturalistisch verschlankten Erkenntnisobjekt [wurde], daß es die Identität einer Disziplin Sprachwissenschaft nicht mehr zu gewährleisten vermag". 68 Dagegen wehren sich - in zum Teil selbstentlarvender Polemik - Vertreter der Generativen Grammatik, die Funktionalität und Kommunikativität für zweitrangig halten, weil damit nur die konkrete Realisierung des Sprechens betroffen sei, aber nicht die Regeln, durch die die Kompetenz des Sprechers konstituiert werde.69 Während die Generativisten Sprache als Naturobjekt betrachten, sehen die Funktionalisten Sprache als Kulturobjekt. Auch in der Replik JÄGERS wird die Unversöhnlichkeit beider Positionen deutlich, und erst SCHNELLE versucht im Anschluß daran eine Schlichtung zu erreichen.70 65 66 67 68 69

70

Vgl. Schwarz (1997:26). Vgl. u. a. die Diskussion in Wunderlich (1976). Vgl. Jäger (1993a:78f.). Vgl. Jäger (1993a:79). Vgl. Bierwisch (1993); Grewendorf (1993), aber auch Habel (1993) als Vertreter der Kognitiven Linguistik. Vgl. Jäger (1993b); Schnelle (1994).

84 In Abhängigkeit von der jeweiligen sprachtheoretischen Ausrichtung ist es notwendig, eine Reihe wissenschaftstheoretischer Prinzipien zu unterscheiden, die sich für die Konzeption einer Sprachtheorie, den Aufbau von Teiltheorien oder konkreten Einzeluntersuchungen eignen, in denen ein Beitrag u. a. fur die grammatische, lexikologische oder lexikographische Theoriebildung geliefert wird. Dies betrifft vor allem die wissenschaftstheoretischen Begriffe „Erklärung" und „Beschreibung". Während in der Generativen Grammatik nach dem Vorbild der Naturwissenschaften Erklärungsadäquatheit gefordert wird, wie es bei einem deduktiv-nomologischen Vorgehen im Theoriebildungsprozeß prinzipiell vorliegt, will die empirische Sprachwissenschaft Beobachtungsadäquatheit erreichen.71 Durch eine Beschreibung, die beobachtungsadäquat ist und die die Beziehungen sprachlicher Fakten reflektiert, ist eine vergleichende Untersuchung zu anderen Beschreibungen, die nach den gleichen Prinzipien verfahren, gegeben. Optimale Beobachtungsadäquatheit wird natürlich nur dann erreicht, wenn ein Gegenstand vollständig beschrieben ist. Da dies aber in der Linguistik nicht möglich sei, sei es erforderlich, einen ausreichend großen Anteil des zu untersuchenden Gegenstands zu beschreiben, damit es nicht zur Beobachtungsinadäquatheit kommen kann. 72 SCHAEDER weist darauf hin, daß schon im Akt der linguistischen Beschreibung Zusammenhänge zwischen einzelnen sprachlichen Fakten hergestellt werden, die nicht nur auf die Bestätigung der Vorannahmen über die zu untersuchenden Objekte zielen, sondern auch auf Erklärung, indem sie nicht das Warum, aber das Wie der Zusammenhänge zwischen Fakten darstellen. Schon eine detaillierte Deskription der in der Kommunikation vorkommenden sprachlichen Fakten könne nicht auf der Basis der Intuition des jeweils Untersuchenden erfolgen, sondern erfordere ein hohes Maß an systematischer Vorarbeit und Organisation in der Erfassung der Fakten, ihrer Zusammenhänge untereinander und in den Beziehungen zu außersprachlichen Gegebenheiten.73 Es ist somit die Aufgabe der Methodologie der Linguistik, festzuhalten, wie die zentralen Aufgaben der Sprachwissenschaft, die Beschreibung und Erklärung des Gegenstandsbereichs, durchgeführt werden können, was also unter einer linguistischen Beschreibung und einer linguistischen Erklärung verstanden werden soll.74 Dazu werden die potentiell möglichen Techniken, Prozeduren und Verfahren (Methoden der Datengewinnung und -aufarbeitung und Theoriebildung) für die sprachwissenschaftliche Forschung festgelegt und bewertet. Außerdem müssen die Kriterien entwickelt werden, denen die Methoden genügen müssen, ζ. B. Gegenstandsadäquatheit, Exaktheit, Réhabilitât, Validität, Objektivität, Verwertbarkeit. Es reicht jedoch nicht aus, die verwendeten Methoden lediglich intelligibel zu machen; darüber hinaus ist vor allem eine kritische Reflexion der verwendeten Methoden vor, während und nach einer Untersuchung erforderlich: vor der Untersuchung, um kritisch abzuwägen, warum man sich für ein bestimmtes Vorgehen und Verfahren entscheidet, während der Untersuchung, um rechtzeitig Irrwegen zu entgehen, und nach der Unter71

72 73 74

Empirisch ist Sprachwissenschaft insofern immer, als sich sprachtheoretische Aussagen auf sprachliche Daten beziehen. Gemeint ist jedoch, daß empirische Methoden zur Überprüfung linguistischer Hypothesen appliziert werden; vgl. Schlobinski (1996:17). Vgl. Schlobinski (1996:13). Vgl. Schaeder (1981:47). Vgl. Kanngießer (1976:107).

85

suchung, um das eigene Vorgehen zu reflektieren und Optimierungsstrategien für nachfolgende Forschungsaktivitäten anzuregen. Für eine Sprachbeschreibung benötigt man linguistische Beschreibungsbegriffe, methodische Anweisungen oder Regeln, die angeben, wie die Begriffe zu bilden, anzuwenden und miteinander verbunden sind, sowie unterschiedliche Darstellungsmittel zur Abbildung und Explikation.75 Im einzelnen sollten Sprachbeschreibungen vollständig, einfach, formalisiert, widerspruchsfrei und operationalisierbar sein, so daß eine intersubjektive Überprüfbarkeit gewährleistet ist.76 Zu den gängigen Verfahrensweisen der Sprachbeschreibung gehören u. a. der Rückgriff auf die eigene Intuition, die Informantenbefragung bzw. -urteile, die Auswertung von Einzelbelegen und die Corpusanalyse. Der Rückgriff auf die eigene Intuition kann nach introspektiver Beobachtung und nach der Beobachtung von sprachlichen Äußerungen anderer erfolgen. Problematisch ist es, wenn die Intuition sowohl auf der Ebene der Datenerhebung als auch auf der Ebene der Datenauswertung die ausschlaggebende Instanz innerhalb des Forschungsprozesses ist, so daß es zu einer Subjekt-Objekt-Konfundierung kommt. Insbesondere bei Grammatikalitätsurteilen kompetenter Sprachteilhaber bleibt eine erhebliche Unsicherheit, ob der Untersuchende tatsächlich die Rolle eines wie in der Generativen Grammatik angenommenen idealen Sprecher-Hörers einnimmt oder nur seinen eigenen Idiolekt untersucht.77 Eine Verbesserung in bezug auf die interpersonelle Konsistenz stellt die Informantenbefragung dar, bei der zwar auch die Intuition für die Ermittlung von Sprachdaten die Basis sein kann, aber eine Trennung zwischen Datenerhebung und -auswertung gegeben ist, sofern bestimmte Regeln der in der empirischen Sozialforschung üblichen Befragungsmethoden berücksichtigt werden.78 Allerdings ist neben der Auswertung der Daten auf formal-statistischer Basis auch immer eine kritisch-hermeneutische Interpretation Bestandteil der Untersuchungen, die im Rahmen einer allgemeinen „linguistischen Hermeneutik" durchgeführt werden kann. 79 Bei der Auswertung von Einzelbelegen lassen sich diese lediglich als Hinweise auf das Vorkommen bestimmter Sachverhalte verwenden bzw. als Demonstrationsbeispiele für Einzelbeobachtungen gebrauchen.80 Insbesondere in historischen Untersuchungen kann man aufgrund der verfügbaren Datenlage auf dieses Verfahren angewiesen sein. Bei Textcorpora handelt es sich um mehr oder weniger systematisch angelegte Sammlungen schriftlicher und/oder mündlicher Äußerungen von Sprechern/Schreibern einer Gruppensprache oder Sprache. Bei der Analyse der Corpora ist es wichtig, daß die Methoden der Datengewinnung und -beschreibung genau expliziert werden, daß die angelegten statistischen Verfahren offengelegt werden und daß die Interpretation der Daten, ζ. B. der Rückschluß auf die den Daten zugrundeliegenden Werte oder Normen nicht nur auf statistischen Auswertungsprozeduren beruht, sondern auch einen - allerdings deutlich kenntlich zu machenden - interpretativen Teil enthält, der auf einer kritisch-hermeneu-

75 76 77 78 79 80

Vgl. Cherubim/Henne (1973:34). Vgl. Cherubim/Henne (1973:40f.). Vgl. u. a. Schaeder (1981:3311); Bergenholtz (1985b:24ff.); Schmidt (1993:193). Vgl. u. a. Schaeder (198 l:34f); Friedrichs (1990:192ft.); Schmidt (1993:194f.). Zur linguistischen Hermeneutik vgl. Wichter (1994:223ff„ 228f.). Vgl. u. a. Cherubim (1976:58f.).

86 tischen Tätigkeit des Untersuchenden basiert.81 Wenn die Textcorpora in maschinenlesbarer Form vorliegen und wenn mit Hilfe von Algorithmen umfangreiche Datenmengen aus den Corpora extrahiert werden können, ist dies für die Bearbeitung vieler Fragestellungen von großem Vorteil. Die Methodenkonzeptionen, die aus wissenschaftstheoretischer Perspektive in deduktive und induktive Verfahren unterschieden werden, kommen in Reinform in der Sprachwissenschaft weder in der einen noch in der anderen Weise vor.82 SCHAEDER weist zu Recht darauf hin, daß man in der linguistischen Forschungspraxis besser von der primärinduktiven Methode, die empirisch-deskriptiv ist, und der primär-deduktiven Methode, die axiomatisch-deduktiv ausgerichtet ist, sprechen sollte. Inwieweit der primär-deduktive Ansatz für die Sprachwissenschaft überhaupt angemessen sei, wird u. a. deswegen angezweifelt, da sich Datenbeschreibung, Interpretation, Erklärung und Überprüfung methodisch nicht sauber voneinander trennen ließen.83 Allerdings sollte man aus der Kritik an der primär-deduktiven Methode nicht den Schluß ziehen, in der Sprachwissenschaft müsse immer primär-induktiv vorgegangen werden. Auch CHERUBIM meint, daß mit der Verwendung hypothetisch-deduktiver Systeme zwar eine hohe Stufe der Erkenntnis erreicht werde, daß aber für die Entwicklung einer Sprachtheorie eine Kombination von induktiven und deduktiven Verfahren erforderlich sei.84 „In der Sprachtheorie wird deduktiv vorgegangen: Es wird nach dem gefragt, was durch einen bestimmten Begriff notwendigerweise schon gegeben ist, was also mit einem bestimmten Begriff zusammenhängt. In der sogenannten Sprachwissenschaft' gehen wir hingegen induktiv vor, wir stellen einfach empirisch fest, was in den verschiedenen Sprachen analog oder gleich ist [...]." (COSERIU 1 9 7 2 : 1 Of.).

Eine primär-induktive Methodik hat allerdings eher das Problem der Rechtfertigung, weil der primär-induktiven Methode vorgeworfen werden kann, sie würde nur beschreiben, aber nichts zur Erklärung beitragen. Um diesem gewichtigen Argument zu begegnen, muß eine primär-induktive Methodik zunächst ihre Vorannahmen genau explizieren, und es dürfen keine Vorannahmen verschwiegen oder als bekannt vorausgesetzt werden. Zu solchen Vorannahmen gehören in der Linguistik ζ. B. die Systemhaftigkeit von Sprache im allgemeinen oder eine Begründung für die Selektion der Beobachtungsdaten, weil niemals die gesamte Sprache beobachtet werden kann. Aus der letzten Vorannahme resultiert auch, daß der Erkenntniswert relativ zur Menge bzw. zur Repräsentativität der ausgewerteten Daten steht, so daß bezüglich der Schlußfolgerungen nur von einer gewissen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann. 85

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84 85

Vgl. u. a. Schaeder (1981:36). Vgl. Lieb (1970:5). Vgl. u. a. Bense (1978:136f.), Schaeder (1981:3811'.) und Boas (1984:7fT.) in kritischer Auseinandersetzung mit der generativen Transformationsgrammatik sowie Jäger (1993a und 1993b) mit Chomsky-Theorien insgesamt. Vgl. Cherubim (1976:55). Vgl. Schaeder (1981:44f.). Die Negativurteile zur induktiven Vorgehensweise bestehen offensichtlich auch noch in den 90er Jahren: „Deshalb gilt es noch immer als unfein und nicht mainstream linguistics, sich deskriptiv und empirisch zu orientieren." (Paprotté 1992:3).

87 Für die Applikation der primär-induktiv ausgerichteten Vorgehensweise hat TOULMIN (1969) ein an der Logik orientiertes Argumentationsschema entwickelt, durch das dem Vorwurf des bloßen Deskriptivismus begegnet werden kann. Danach sind folgende Schritte zu unterscheiden: (1) Daten; (2) Behauptung, die unter Umständen auch eine Konklusion ist; (3) Rechtfertigung; (4) Stützung als weitere Untermauerung; (5) (modale) Qualifizierung; (6) Ausnahmebedingungen. Die Behauptung wird durch einen überprüfbaren Satz geliefert und kann anhand der Daten belegt werden. Die Rechtfertigung dient dazu, den Schritt von den einzelnen Daten zu der generalisierenden Behauptung zu begründen. Die Rechtfertigung sollte durch weitere Daten eine Stützung erfahren. Da die Behauptung häufig nicht in Form einer Allaussage vorliegt, muß die Behauptung eine modale Qualifikation als „möglich", „wahrscheinlich", „vermutlich", „vielleicht" erhalten. Dies hat Ausnahmebedingungen zur Folge, die explizit zu formulieren sind, damit eingeschätzt werden kann, in welchem Maße die Rechtfertigung für die Behauptung Gültigkeit besitzt.86 Wesentlich ist für das Argumentationsschema, daß die einzelnen Schritte explizit dargelegt werden, so daß die intersubjektive Überprüfbarkeit gewährleistet ist. Zwar hat dieses Vorgehen Ähnlichkeiten mit hermeneutisch-interpretativen Verfahren, aber durch den ausführlichen Bezug auf die Daten wird der interpretative Spielraum eingeschränkt, solange die Menge der erhobenen Daten ausreichend groß ist. Das Schema enthält eine Verbindung zur induktiven Methodik wegen des starken Bezugs zu den Daten, aber auch einen deduktiv-logischen Schluß in der Phase der Rechtfertigung und ist geeignet, innerhalb der Linguistik für die Analyse umfangreicher Datenmengen eine wichtige theoretische Stütze darstellen zu können. SCHLOBINSKI teilt die in der Sprachwissenschaft verwendbaren Methoden in qualitative und quantitative ein, wobei die ersteren hermeneutischen Verfahren zuzurechnen seien, während letztere statistisch orientierte Verfahren seien. Einerseits sei die Applikation der jeweiligen Methode vom Untersuchungsgegenstand und vom Untersuchungsziel abhängig, andererseits könne im Verlauf einer Untersuchung keine Methode völlig für sich genommen werden, weil sich jede qualitative Beurteilung auf Quantitäten stütze, weil jede quantitative Bestimmung eines Gegenstands eine qualitative Dimension enthalte und weil die quantitativen Daten einer Untersuchung interpretiert werden müßten. 87 Zwar hängt der Aufbau einer Sprachtheorie oder einer Teiltheorie einerseits von den aus der Wissenschaftstheorie bekannten prinzipiellen Verfahrensweisen ab, aber ebenso besteht eine Abhängigkeit der theoretischen Konzeptionen von der sprachlichen Realität bzw. der Beschreibung dieser Realität.88 Die Beziehungen zwischen den sprachlichen Beobachtungsdaten (der Realität) und den theoretischen Aussagen können in zweierlei Weise benutzt werden: die Sprachtheorien werden mit Hilfe der Daten überprüft, oder die Beobachtungsdaten bilden die Basis für den Aufbau einer Theorie.89 Oft besteht das Problem in der wissenschaftlichen Theorienbildung jedoch darin, daß die Theorie einen so hohen Abstraktheitsgrad erreicht, daß der Bezug zur Realität verloren geht und es keine oder kaum Kongruenz zwischen theoretischen Aussagen und empirischen Befanden gibt.

86 87 88 89

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Schaeder (1981:50f.) nach Toulmin (1969:97ff.). Schlobinski (1996:15ff.). Bense (1978:67). Cherubim (1976:58).

88 Es kann aber keinesfalls im Sinne einer vernünftigen Theorienbildung liegen, wenn die Theorien sich so weit von der Realität entfernen, daß sie durch diese nicht mehr überprüft werden können. 90 „Die forschungspraktische Abstinenz der Wissenschaftstheorie und die wissenschaftstheoretische Enthaltsamkeit einzelwissenschaftlicher Forschungspraxis" haben in der Linguistik dazu geführt, daß die Forschungspraxis sich auf methodische Konzepte zurückziehe, die zwar als bewährt gelten, aber nicht immer dem jeweiligen Untersuchungsgegenstand adäquat seien. Insgesamt müsse in der Linguistik ein Defizit an empirischer Forschung konstatiert werden.91 Es ist evident, daß jede Sprachtheorie auf konkrete sprachliche Daten angewiesen ist und daß die empirische Arbeit in der Sprachwissenschaft auf theoretischen Vorannahmen fußt und aufbauen muß. SCHLOBINSKI zeichnet jedoch zu dem Verhältnis zwischen dem Sprachtheoretiker und dem Datensammler ein recht negatives Bild und weist darauf hin, daß bislang viel zu wenig systematischerhobene Daten innerhalb der sprachwissenschaftlichen Teildisziplinen vorliegen.92 Wenn also das zögerliche Vorankommen in der Entwicklung sprachwissenschaftlicher Teiltheorien nicht nur an den unverrückbaren sprachtheoretischen Grundpositionen der beteiligten Wissenschaftler liegt, sondern auch an einem mangelhaften Bestand empirisch abgesicherter Daten, sollte der erste Schritt sprachwissenschaftlicher Forschung darin bestehen, sich intensiver mit dem systematischen Erheben der Sprachdaten sowie den dafür erforderlichen Methoden auseinanderzusetzen. Dies betrifft auch die im weiteren schwerpunktmäßig zu betrachtenden sprachwissenschaftlichen Gebiete der Syntax, Semantik, Lexikologie und Lexikographie. Allerdings erscheint es geboten, die Art und Weise der Erhebung empirischer Daten (vgl. die Fragestellung in Kapitel 3.1) in bezug auf die Sprachwissenschaft zu präzisieren: Wieviel Empirie braucht eine Sprachtheorie, eine Teiltheorie oder eine wissenschaftliche Untersuchung in der Sprachwissenschaft? Grundsätzlich gilt, daß die Daten systematisch erhoben werden müssen und daß die Daten den Kriterien der Validität und Réhabilitât genügen müssen. Allerdings scheint es gerade in der Linguistik äußerst schwierig zu sein, Umfang und Größe des Anteils an Beobachtungsdaten zuverlässig zu bestimmen. Eine nicht akzeptable Vorgehensweise stellen die sogenannten empirischen Ansätze in verschiedenen Bereichen der Syntaxforschung dar, in denen die Ideokompetenz des Untersuchenden als Legitimationsbasis von Grammatikalitätsurteilen anhand textloser Beispielsätze eingesetzt wird.93 Daraus ist zu folgern, daß der Untersuchungsgegenstand so beschaffen sein sollte, daß möglichst viele Daten beobachtbar und beschreibbar sind und daß die Auswertung der Daten deutlich expliziert sein muß und nicht ausschließlich im Kopf eines einzelnen Wissenschaftlers stattfinden sollte. BALLMER macht dazu einige vernünftige Vorschläge, wie man die Linguistik empirischer machen kann. ,Anstelle von Aussagen über einzelne Regeln können auch Aussagen über Regelzusammenhänge oder statistische Aussagen über Regeln unterliegenden Satzmengen (oder Äußerungsmengen) gemacht werden. [...] Ein leider auch noch viel zu selten verwendetes Verfahren, die Empirizität

90 91 92 93

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Kanngießer (1976:111); Schaeder (1981:23). Schaeder (1981:27f.). Schlobinski (1996:9). Bergenholtz (1985b:24).

89 zu erhöhen, ist die exhaustiv vollständige Bearbeitung eines intensional definierten Datentyps [...]." (BALLMER 1976:49).

Es muß also zunächst darum gehen, den Untersuchungsgegenstand so abzugrenzen, daß eine vollständige Bearbeitung überhaupt möglich wird. Dann läßt sich anhand dieses Teilgebiets zeigen, wie man mit empirisch fundierter Forschung zu allgemeinen Aussagen über die Struktur des Gegenstands gelangt. Vorher sind jedoch die Vorannahmen, die dem gesamten Vorhaben vorausgehen, genau zu explizieren, damit das Vorgehen intersubjektiv überprüfbar bleibt, und zwar nicht nur in bezug auf das Untersuchungsziel im speziellen, sondern auch in bezug auf die Einbettung der konkreten Einzeluntersuchung in den Gesamtrahmen linguistischer Forschung und Theoriebildung.

3.4

Die eigene Position

Aus den sprachtheoretischen Überlegungen müssen für den methodologischen Ansatz dieser Arbeit die Konsequenzen einerseits dahingehend gezogen werden, daß gewisse Grundüberzeugungen des Untersuchenden in bezug auf sprachwissenschaftliche Forschung zur Geltung kommen, andererseits so gewählt werden, daß der Gegenstandsbereich adäquat erfaßt wird und Mängel, die in der vorliegenden Forschung zur PPAKonstruktion bestehen, nicht auftreten. Da es sich in dieser Arbeit um eine Untersuchung zu einem Teilgebiet der Grammatik des Deutschen handeln wird und da die grammatiktheoretischen Positionen nicht nur mit Demonstrationsbeispielen gestützt werden sollen, kann die grundsätzliche methodische Vorgehensweise nur primär-induktiv sein. Dafür sind in erster Linie zwei Aspekte ausschlaggebend: 1. In der Diskussion der sprachtheoretischen Positionen hat sich ergeben, daß für konkrete sprachwissenschaftliche Vorhaben das primär-induktive Vorgehen seine Berechtigung besitzt und daß dazu ein Programm mit aufeinander abgestimmten Argumentationsschritten vorliegt.94 2. Der Untersuchungsgegenstand, die PPA-Konstruktion, ist nicht ausreichend und nicht grundlegend erforscht. In den theoretischen Arbeiten zum Thema mangelt es vor allem an empirischen Untersuchungen, so daß für die meisten theoretischen Aussagen nur ausgesuchte Demonstrationsbeispiele vorliegen. Erst eine fundierte empirische Basis wird es ermöglichen, auf Sprachdaten gestützte generalisierende Aussagen zu treffen, die für die weitere sprachwissenschaftliche Diskussion zur PPA-Konstruktion einen wichtigen und klärenden Beitrag liefern können. Darüber hinaus gewährt der Gegenstandsbereich eine gewisse Übersichtlichkeit, weil die PPA-Konstruktion nur einen Teilbereich grammatischer Phänomene des Deutschen umfaßt, der sich relativ gut von anderen Phänomenen abgrenzen läßt.95

94 95

Vgl. oben die Ausführungen zu dem Argumentationsschema nach Toulmin (1969). Dies soll zunächst als eine noch zu beweisende Behauptung stehenbleiben. Inwieweit eine Abgrenzung problematisch oder einfach ist, wird unten zu zeigen sein.

90 Bei der Explikation der Vorannahmen, die den Untersuchungsgang beeinflussen, wird zwischen allgemeinen Vorannahmen in bezug auf den Untersuchungsgegenstand „Sprache", den Bedingungen, die für fundierte und systematische empirische Analysen gelten, sowie den grammatiktheoretischen Voraussetzungen, die für die Bestimmung des Untersuchungsgegenstands im speziellen ausschlaggebend sind, unterschieden.

3.4.1

Die allgemeinen Vorannahmen

Für die Bearbeitung der PPA-Konstruktion wird als Ziel eine deskriptive Adäquatheit beansprucht. Zu diesem Zweck muß sehr umfangreiches Datenmaterial daraufhin untersucht werden, welche Arten von PPA-Konstruktionen im Deutschen vorhanden sind. Jedoch gehen der Beobachtung und Beschreibung grammatischer Phänomene bestimmte sprachtheoretische Grundannahmen voraus, die zur Konstitution des zu beschreibenden Gegenstands vor Beginn der Untersuchung offenzulegen sind. Für den Untersuchungsgegenstand „Sprache" im allgemeinen gilt dazu: 1. Sprachwissenschaftliche Untersuchungen können in diachrone und synchrone Untersuchungen unterschieden werden. Wenn eine Untersuchung ausschließlich auf synchrone Aspekte beschränkt wird, ist damit nicht von vornherein eine nicht erfolgreiche Verwertung der Untersuchungsergebnisse gegeben. 2. Es wird von der Systematizität und der Strukturiertheit der natürlichen Sprache ausgegangen. 3. Das Gesamtsystem „Sprache" kann verschiedene Funktionen erfüllen und setzt sich aus systemhaften Teilkomponenten und Teilsystemen zusammen, die wiederum aus Subsystemen bestehen. 4. Die Subsysteme innerhalb des Gesamtsystems „Sprache" können in der Regel danach geordnet werden, inwieweit ein größeres System andere kleinere umfaßt. Je mehr man einzelne Subsysteme innerhalb komplexerer Subsysteme ausgliedern kann, desto schwieriger wird es, das Funktionieren der Subsysteme durch invariante, stabile Merkmale zu kennzeichnen. 5. Alle Subsysteme und Systeme werden durch einzelne Elemente bestimmt, die zu anderen Elementen in funktionalen Beziehungen stehen und die voneinander dependent sind. Im Bereich der grammatischen Verwendung von Lexemen können paradigmatische Beziehungen vor allem im lexikalischen Bereich (= vertikale Achse) und syntagmatische Beziehungen im Bereich der Syntax (= horizontale Achse) unterschieden werden, aber auch als zusammenwirkende Prinzipien für eine Systemkonstitution verwendet werden. 6. Die Grammatik ist ein Subsystem innerhalb des Gesamtsystems „Sprache". Dieses Subsystem ist mit anderen Subsystemen der Sprache verbunden (ζ. B. Semantik, Lexikologie, Lexikographie), so daß man zwar eine konkrete sprachliche Untersuchung auf die Grammatik konzentrieren, aber nicht andere Subsysteme vollständig ausblenden kann, ohne den Gegenstandsbereich in unzulässiger Weise zu beschneiden. 7. Die Standardsprache ist innerhalb des Gesamtsystems „Sprache" ein Subsystem, das als gesamtes Subsystem von anderen Subsystemen, wie ζ. B. der Umgangssprache oder den Fachsprachen, zu unterscheiden ist. Diese Unterscheidung beinhaltet aber nicht in allen Fällen eine scharfe Trennlinie, sondern ist in vielen Bereichen unscharf, weil man nicht

91 für jedes einzelne Element in jedem vorliegenden Gebrauch unmittelbar klären kann, ob ein standardsprachlicher oder ein anderer Gebrauch vorliegt. 8. Innerhalb der Standardsprache kann der schriftsprachliche Gebrauch ausgegliedert werden. Wenn nur die Schriftsprache untersucht wird, folgt daraus nicht unmittelbar, daß die Resultate in bezug auf die Schriftsprache auch auf den mündlichen Sprachgebrauch übertragbar sind. 9. Die Subsysteme einer Sprache können exemplarisch beschrieben werden, und es kann sein, daß mit Hilfe der Beispiele wesentliche Strukturen dieser Subsysteme erkennbar werden. Gelingt es jedoch, ein Subsystem so gut von Nachbarsystemen abzugrenzen, daß der überwiegende Anteil der Elemente, die zu dem Subsystem gehören, in die Untersuchung einbezogen werden können, so steigt der Wert der Ergebnisse, weil keine statistische Unsicherheit wegen notwendiger Wahrscheinlichkeitsberechnungen verbleibt. Diese Unsicherheit betrifft Subsysteme im Bereich der Grammatik weitaus mehr als ζ. B. im Bereich der Lexikologie oder Morphologie,96 weil zur Grammatik nur wenige probabilistisch ausgerichtete Arbeiten vorliegen. 10. Verfügt man über eine umfassende Bestandsaufnahme der Daten eines Subsystems, ist zuerst eine Erklärung der äußeren Grenzen erforderlich und dann die innere Differenzierung des Subsystems, damit die Untersuchung nicht auf der Ebene der reinen Beobachtung verbleibt. 11. Die Suche nach Erklärungen und Generalisierungen kann bedingen, daß Verbindungen zu anderen Subsystemen zumindest exemplarisch aufgezeigt werden müssen, um bestimmte Erscheinungen, Teilmengen, Subsubsysteme, Strukturen u. a. m. zu identifizieren, zu beschreiben oder zu erklären. Für diese Arbeit bedeuten diese Vorannahmen, daß eine Beschränkung auf die synchrone Ebene und auf den schriftsprachlichen Gebrauch der Standardsprache des Deutschen erfolgen kann. Auf der Basis umfangreicher Datenmengen werden systematisch Daten zur PPA-Konstruktion erhoben, so daß es möglich sein soll, eine detaillierte Beschreibung der PPA-Konstruktion zu geben. Diese Beschreibung kann als Voraussetzung für die Klärung innerer Zusammenhänge und für das Aufdecken von Beziehungen innerhalb verschiedener Subsysteme dienen. Darüber hinaus gelten für den Untersuchungsgegenstand im speziellen die folgenden Grundannahmen. 1. Da ausschließlich die Schriftsprache untersucht wird, bedeutet dies für die Möglichkeiten, PPA-Konstruktionen zu bilden, daß - auf das Gesamtsystem „Sprache" bezogen - strengere Maßstäbe für die grammatische Korrektheit angelegt werden, weil der schriftsprachliche Gebrauch stärker normiert ist als der mündliche. 2. Die Auswertung von zufällig oder eigens gebildeten sprachlichen Einzelbelegen oder die Verwendung probabilistischer Verfahren auf der Basis von Stichproben wird nicht erfolgen, sondern die grammatischen Beschreibungen und die grammatikographische Grundlage erzwingen eine Applikation auf jedes Sprachdatum, auf jeden Sprachbeleg. 3. Für die Untersuchung ist eine Datenbasis erforderlich, die Texte von verschiedenen Autoren und zu unterschiedlichen Themenbereichen enthält, die gehobene Standardsprache und den öffentlichen Sprachgebrauch repräsentiert und nicht ausschließlich fachsprachlich orientiert ist.

96

Vgl. u. a. die umfangreichen Frequenzanalysen deutscher Wortformen bei Meier (1978a) und Meier (1978b), die Untersuchungen zu Wort- und Satzlängenhäufigkeiten in Best (1997), aber auch die Hinweise zur Problematik der Stichprobengröße in Schierholz (1991:45tY.).

92 4. Aus praktischen Erwägungen (zur Verfugung stehender Zeitraum für die Untersuchung, Anzahl der Untersuchenden, erwarteter Umfang des Datenmaterials) muß es sich um ein Textcorpus handeln, das maschinenlesbar vorliegt.97 5. Die Identifizierung der PPA-Konstruktion erfolgt nicht theorielos. Es werden standardisierte Verfahren aus der Syntaxforschung benutzt. Allerdings sind diese Verfahren während der Anwendung in ihrer Gültigkeit zu hinterfragen; denn die Kritik an der Fachliteratur enthält vor allem den mangelhaften empirischen Bezug und die nur exemplarische Anwendbarkeit der standardisierten Verfahren. 6. Aufgrund der vorliegenden Forschungssituation und im Zusammenhang mit der primär-induktiven Methode ist zuerst eine genaue Beschreibung des Gegenstandsbereichs erforderlich. Mit den Verfahren des taxonomischen Strukturalismus können dann grundlegende paradigmatische und syntagmatische Beziehungen offengelegt werden. 7. Für die Segmentation der grammatischen Einheiten wird auf bewährte Verfahren zurückzugreifen sein, soweit dies erfolgreich ist und eine gewisse innere Konsistenz der Daten dadurch erhalten bleibt. Allerdings sind neue Verfahren für eine Identifizierung der linguistischen Fakten immer dann zu entwickeln, wenn die Grenzen der bisher üblichen Verfahren offenkundig werden. 8. Für die Klassifikation der segmentierten Einheiten kann zwar auch auf bewährte Verfahren der Grammatikographie zurückgegriffen werden, aber es ist anhand der Analyseresultate zu entscheiden, an welchen Stellen die theoretischen Begriffe neu definiert bzw. die Zusammenhänge neu erklärt werden müssen. Dieses Procedere enthält gerade das Prinzip des primär-induktiven Vorgehens. 9. Die grammatiktheoretischen Verfahren müssen es ermöglichen, die besonderen Verhältnisse in der PPA-Konstruktion in Abgrenzung zu konkurrierenden syntaktischen Konstruktionen zu erfassen. Während sich die Punkte eins und zwei aus den allgemeinen Vorüberlegungen ergeben, geht es in drei und vier um die Bedingungen des zu verwendenden Textcorpus. Die Probleme zwischen den auf der Basis der syntaktischen Analyse der Daten zu entwickelnden Testverfahren und der Erkennung der syntaktischen Konstruktionen, für die die Testverfahren vorliegen müssen (in Punkt fünf bis neun), können nur in einer gegenseitigen schrittweisen Annäherung erfolgen und werden in den jeweiligen Einzelanalysen verschiedener Mengen von PPA-Konstruktionen ausführlich dargelegt werden. Die Entscheidung für die Benutzung eines Textcorpus ist zum einen in den Eigenschaften des Untersuchungsgegenstands selbst zu suchen, zum anderen bestehen gegen andere linguistische Beschreibungsverfahren grundsätzliche Einwände. Die eigene Intuition oder Kompetenz im Sinne der Generativen Grammatik scheidet als Beurteilungsbasis aus, weil fehlerhafte oder unübliche Ansichten über die Grammatikalität von Äußerungen nicht zu vermeiden wären. „Ein allgemein wichtiges Ergebnis ist jedoch, daß die empirischen und theoretischen Einzelergebnisse, die aus der Korpusanalyse gewonnen wurden, mit Sicherheit verschieden wären von

97

Hinzu kommen technische Voraussetzungen, die für das Deutsche keineswegs selbstverständlich sind: Das Corpus muß unverschlüsselt vorliegen (z. B. im ASCII-Code), und es muß eine Software vorhanden sein, die möglichst unbeschränkte Abfragemöglichkeiten von Wortformen und Wortformenkombinationen zuläßt.

93 solchen, die aufgrund konstruierter Beispielsätze zustandegekommen wären. Zum Teil hätte eine Untersuchung ohne Korpus sogar entgegengesetzte Resultate erbracht [...]." (ROSENFELD 1983:17).

Auch Informantenbefragungen kommen als Methode zur Konstruktion einer Datenbasis nicht in Frage. Wie ROSENFELD zeigt, weichen die Grammatikalitätsurteile von Informanten zum Teil stark vom tatsächlichen Sprachgebrauch ab. Dies liegt u. a. daran, daß viele syntaktische Mittel semantisch motiviert sind, daß in Testsituationen kontextuelle Faktoren zu wenig berücksichtigt werden bzw. gar nicht ausreichend berücksichtigt werden können und daß die Testsituation selbst einen nicht genau einschätzbaren Einfluß auf die Informantenurteile auslöst.98 Unabhängig davon besteht in bezug auf die PPAKonstruktion das Problem, daß ohne eine intensive theoretische Vorarbeit gar nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, unter welchen Bedingungen eine komplexe NP als PPAKonstruktion anzusehen ist. Benutzt man ein Textcorpus, so lassen sich mit Hilfe intersubjektiv überprüfbarer Testverfahren grammatische und lexikologische Fragestellungen anhand von Corpusbelegen überprüfen, und man hat den Vorteil, daß eine gewisse Unabhängigkeit zwischen den linguistischen Hypothesen und dem Datenmaterial besteht, das zur Überprüfung der Hypothesen verwendet wird. Allerdings ist jedes Corpus auch immer nur eine Stichprobe aus der Grundgesamtheit „Sprache". Wenn diese Stichprobe jedoch in bezug auf den Umfang und die Auswahl begründet ist, so kann das Corpus verwendet werden als (1) Material zur Hypothesenbildung, (2) als „Datenbasis für die grammatische und lexikalische Beschreibung [...]", (3) „als Material für das Verfahren des induktiven Argumentierens", (4) als Material für die Überprüfung von Ergebnissen und Hypothesen, (5) als Sammlung von Belegen für Demonstrationsbeispiele zu syntaktischen oder lexikologischen Besonderheiten." Zunächst müssen also Umfang und Auswahl des Textcorpus begründet werden; dies geschieht für die hier intendierte Untersuchung vor dem Hintergrund allgemeiner Bedingungen und Voraussetzungen der Corpuslinguistik.

3.4.2

Bedingungen für das Textcorpus

Wird für eine (sprach)wissenschaftliche Untersuchung ein Textcorpus benutzt, so steht zu Beginn die „Verantwortlichkeit des Wissenschaftlers dafür, daß sein Untersuchungsgegenstand, das Korpus in seiner aktuellen Zusammenstellung also, der Forschungsfrage angemessen ist [...]" (KAMMER 1993:51). Ob diese Angemessenheit gegeben ist, hängt jedoch von Bedingungen ab, denen das ausgewählte Textcorpus genügen muß. Dazu gehören insbesondere Fragen zur Repräsentativität, die Zusammensetzung und der Umfang des Corpus sowie die Beschaffenheit der Texte. Mit letzterem ist die Annotierung des Textcorpus gemeint, die je nach Untersuchungsziel vor Beginn der eigentlichen sprachwissenschaftlichen Analysen stattfindet. Da es sich bei jedem Textcorpus um eine Stichprobe aus der Grundgesamtheit „Sprache" handelt, spielt die Repräsentativität der Stichprobe zum einen eine Rolle, wenn

98 99

Vgl. Rosenfeld (1983:49tT.). Vgl. Schaeder (1981:72).

94 ein Corpus aus Sprachbelegen oder Texten zusammengestellt wird, zum anderen, wenn angestrebt wird, die Ergebnisse, die anhand einer Stichprobe gewonnen werden, auf die Grundgesamtheit übertragen zu wollen. 100 Jedoch tritt bei der Frage der Repräsentativität einer Stichprobe ein grundsätzliches Problem auf. Eine Stichprobe kann nur dann als repräsentativ bezeichnet werden, wenn über die Grundgesamtheit, aus der die Stichprobe stammt, so viel bekannt ist, daß man die Repräsentativität der Stichprobe auch belegen kann. Wenn man jedoch dieses Wissen über die Grundgesamtheit besitzt, benötigt man die Stichprobe nicht mehr. Das Wissen über die Grundgesamtheit „Sprache" kann man jedoch nur anhand von Stichproben, die repräsentativ sind, erlangen. 101 Diese zirkuläre Argumentation stellt den Begriff der Repräsentativität für Stichproben aus der Grundgesamtheit „Sprache" in Frage. Darüber hinaus besteht aus der Perspektive der Statistik das Problem, daß die Grundvoraussetzung für die Anwendung probabilistischer Verfahren, nämlich die Zufälligkeit der Stichprobe, nicht als gesichert angesehen werden kann. Dies gilt insbesondere für Corpora, die zu einem bestimmten Zweck aus mehreren Quellen zusammengestellt werden. Jedoch bleibt die Möglichkeit, bei der Verwendung eines beliebigen Textcorpus eine gewisse Zufälligkeit zu unterstellen, solange die Auswahl der Texte nicht unter Berücksichtigung der erwarteten oder erwünschten Untersuchungsergebnisse erfolgt und solange das Corpus nicht in irgendeiner Weise in bezug auf den Gang der Untersuchung manipuliert ist. Zwar mag die Beachtung dieser Regelungen selbstverständlich erscheinen, aber insbesondere bei kleinen Textcorpora kann es für bestimmte Fragestellungen wichtig sein, welche Textsorten in welchem Umfang in das Gesamtcorpus übernommen werden. 102 U m dem Problem der Repräsentativität etwas aus dem Wege zu gehen, darf man bei der Interpretation der Ergebnisse nicht ohne weiteres auf die Grundgesamtheit „Sprache" schließen. Darüber hinaus muß auch in jedem Einzelfall geprüft werden, inwieweit der Faktor „Repräsentativität" für die gesteckten Untersuchungsziele relevant ist. Dabei ist auch der Umfang des benutzten Corpus zu berücksichtigen; denn die Diskussion u m die Repräsentativität von Corpora hatte bis zu Beginn der 90er Jahre noch einen wesentlich höheren Stellenwert als heute, weil die Corpora erheblich kleiner waren. Heute liegt die Verfügbarkeit umfangreicher Sprachcorpora um ein Vielfaches höher, weil zum einen ein gesteigertes Interesse der Linguistik an der Arbeit mit Textcorpora zu registrieren ist, zum anderen eine wesentlich verbesserte Leistungsfähigkeit der Hard- und Software sowie ein einfacherer Zugriff des einzelnen durch die Benutzung von CD-ROM oder Datennetzen besteht. 103 Während für das Englische bereits seit den 60er Jahren kleine maschinenlesbare Corpora zur Verfügung stehen und heute eine breite Palette an großen Corpora vorliegt, 104 galt für das Deutsche relativ lange Zeit das LIMAS-Corpus mit einem Umfang von ca.

100 101 102 103 104

Vgl. Schaeder (1981:74ff.). Vgl. Rieger (1979:66). Vgl. Hausser (1998:7ff.). Vgl. u. a. Neumann (1996:19). U. a. das Brown-Corpus von 1964, das LOB (Lancaster-Oslo-Bergen)-Corpus 1978, das Cobuild-Corpus mit über 20 Millionen Textwörtem (80er Jahre); vgl. Paprotté (1992:7f.). Emons unterscheidet zwischen ,.'one-man' corpus", „sample-corpus" und „monitor-corpus"; vgl. Emons( 1997:631'.).

95

einer Millionen laufender Wortformen als vorbildlich in bezug auf die Repräsentativität und Zusammenstellung, die ausgewogene Berücksichtigung verschiedener Text-sorten, die Annotation sowie die Abfragemöglichkeiten, die durch die verfugbare Software gegeben waren.105 Vergleicht man die Übersichten zum Umfang maschinenlesbarer deutschsprachiger Corpora aus den 70er und 80er Jahren,106 die Planungen zum Bonner Zeitungscorpus (mit 4,2 Millionen laufender Wortformen) oder zu großen Wörterbuchprojekten107 mit den etwa zehn Jahre danach dokumentierten Corpusgrößen,108 so müssen die älteren Corpora als Miniaturwortschätze angesehen werden. Heutzutage sind maschinenlesbare Corpora mit einem Umfang von ca. 100 Millionen Textwörtern nichts Außergewöhnliches, wie die in Münster oder Trier vorliegenden Corpora bezeugen.109 Der Größenvergleich demonstriert, wie wichtig die Diskussion um die Repräsentativität in früheren Zeiten war, obwohl auch ein hundertmal größeres Corpus als das LIMASCorpus nur eine Stichprobe aus der Grundgesamtheit „Sprache" darstellt. Mit der wachsenden Größe der Datenbasis rücken jedoch automatisch das Untersuchungsziel und der Gang der Untersuchung mehr in den Vordergrund, wenn es darum geht, ein geeignetes Corpus auszuwählen. In lexikologischen Untersuchungen wie ζ. B. Häufigkeitsverteilungen oder Fachwortschatzermittlungen ist die Zusammenstellung und Auswahl eines Corpus heutzutage jedoch weniger wegen der geforderten Repräsentativität relevant, sondern wegen des „Sättigungsgrads" des Corpus. Damit ist die Relation zwischen der Zunahme beim Vokabular und der gleichzeitigen Vergrößerung des Corpus gemeint; denn ab einem gewissen Zeitpunkt wird der Zuwachs an Types immer geringer werden und schließlich nahe Null liegen.110 Bei grammatischen Untersuchungen spielt eher die Beschaffenheit des Corpus eine Rolle, solange das Corpus einen gewissen Mindestumfang (mehrere Millionen Wortformen) enthält. Die Zusammenstellung eines Corpus eigens zum Zweck einer Untersuchung kann vernünftig sein, wenn ζ. B. die Sprache eines einzelnen Autors untersucht werden soll.111 Für andere Untersuchungen erscheint die Zusammenstellung jedoch kaum sinnvoll zu sein, insbesondere wenn dadurch ein starker Zusammenhang mit den Untersuchungszielen verbunden ist. Ein Corpus, wie es ζ. B. ROSENFELD verwendet,112 erfüllt die erforderlichen

1(b

Hiermit wird Bezug genommen auf den Word-Cruncher sowie die Zusatzprogramme (ζ. B. zur automatischen Lemmatisierung), die ζ. T. am Bonner Institut für Phonetik und Kommunikationsforschung entwickelt worden sind. Zum Aufbau des LIMAS-Corpus vgl. Glas (1974); Glas (1975); Heß/Brustkem/Lenders (1983:50«".).

106

Vgl. u. a. die Zusammenstellung zu Corpora bei Schaeder (1981:83f.). Vgl. Schaeder (1979:223) zum Zeitungscorpus; vgl. Bergenholtz (1985a:238) und Mugdan (1985:203ff.) zur corpusbasierten Lexikographie. Kammer bezeichnet 500MB als eine „bis vor kurzer Zeit kaum vorstellbare Informationsmenge"; vgl. Kammer (1993:55). Vgl. Paprotté (1992:8), der 100 Mill. Textwörter für das Mtlnsteranische Corpus angibt; vgl. Galle/Jakobs (1996:135f.), die für das „dpa-Korpus" 68 Mill, laufende Wörter und für das „tazKorpus" 35 Mill, laufende Wörter angeben. Auch für das Englische liegen vergleichbar große Corpora vor, ζ. B. das British National Corpus (BNC); vgl. Hausser (1998:9). Vgl. Neumann (1996:16). Vgl. Kammer (1993:49ff.). Vgl. die Beschreibung des Corpus bei Rosenfeld (1983:17).

107

108

109

110 111 112

96 Bedingungen einer unabhängigen Datenbasis nicht, weil es sich nur um einen literarischen Text sowie eine eigene Sammlung von ca. 200 Sätzen handelt und somit das Material unter dem Aspekt des Untersuchungsziels selektiert worden ist. Bei der Zusammenstellung des Corpus, insbesondere bei der Überführung von der printmedialen in die maschinenlesbare Form sind jedoch auch verschiedene Randbedingungen, ζ. B. eine ausreichende apparative Ausstattung sowie die Notwendigkeit des Korrekturlesens gescannter Texte zu beachten.113 Die Annotation eines Corpus kann schon während dessen Zusammenstellung erfolgen. Eine Annotation sollte sich jedoch niemals ausschließlich an den Zielsetzungen der eigenen Forschung orientieren, weil das Corpus dann möglicherweise für weitere Untersuchungen nicht mehr geeignet ist und weil man nicht in jedem Fall vorhersehen kann, welche zusätzlichen Informationen man zu einem späteren Zeitpunkt noch benötigt.114 Bei der Annotation sollte man auf ein allgemeines Modell von Auszeichnungskonventionen zurückgreifen. Während in der Vergangenheit die linguistischen Auszeichnungsmöglichkeiten in erheblichen Maße von den technischen Voraussetzungen der Hard- und Software restringiert waren - man denke nur an den 6-bit-Code der 60er Jahre, der nur 64 Zeichen zuließ - , liegen heute Standardisierungsbemühungen von Linguisten, Computerlinguisten und Informatikern vor.115 Annotierungen im SGML-Format und im TEIFormat, welches auf dem SGML-Format aufbaut, gewährleisten eine Übertragbarkeit der Annotationen in andere Hard- und Softwaresysteme, die Wiederverwendbarkeit der Annotationen sowie eine ausreichende Freiheit in der Wahl der Auszeichnungsmittel. Zu berücksichtigen ist jedoch auch hier, daß jede Annotation eine Interpretation des Corpus enthält, daß mit zunehmender Auszeichnungstiefe die Allgemeinverbindlichkeit abnimmt und daß insbesondere spezielle Auszeichnungen durch das jeweilige Forschungsinteresse bestimmt werden.116 Dies betrifft ζ. B. eine Wortartenbestimmung, die immer von einem bestimmten Grammatikmodell abhängig ist. Allerdings ist es nicht zwingend erforderlich, daß ein Corpus zum Zwecke sprachwissenschaftlicher Untersuchungen annotiert wird. Geht es darum, zu bestimmten syntaktischen oder lexikologischen Fragestellungen eine Datenbasis zu besitzen, anhand derer der aktuelle standardsprachliche Gebrauch belegt werden soll, so kann als Corpus auch der Originaltext benutzt werden. Mit Hilfe von Suchalgorithmen können dann Sprachdaten extrahiert werden, die als Belege für sprachwissenschaftliche Analysen dienen. Für die Corpusauswahl zu den in dieser Arbeit intendierten Untersuchungen sowie für den Zusammenhang zwischen dem allgemeinen methodischen Vorgehen und der Verwendung des Corpus sind daher insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen. 1. Da es in dieser Arbeit nicht um Häufigkeitsverteilungen geht, ist es nicht erforderlich, von einer Stichprobe auf die Grundgesamtheit „Sprache"' zu schließen. Aus diesem Grunde spielen Fragen zur Zufälligkeit der Stichprobe und zur Repräsentativität des Corpus nicht die ausschlaggebende Rolle bei der Corpusauswahl.

113 114 115

116

Vgl. Kammer (1993:52f.). Vgl. Kammer (1993:54f.). Lenders gibt einen guten Überblick zur Geschichte von Markierungssystemen sprachlicher Daten; vgl. Lenders (1993:6411). Vgl. Kammer (1993:54f.); Lenders (1993:66ff.).

97 2. Das Corpus muß sehr umfangreich sein, damit gewährleistet ist, genügend Textbelege mit PPA-Konstruktionen zur Verfügung zu haben. Dies ist erforderlich, weil erst anhand der Belege geprüft werden soll, in welcher Weise grammatische Testverfahren anwendbar sind, die sich zur Identifikation von PPA-Konstruktion eignen. 3. Das Corpus muß nicht annotiert sein. Eine Annotation kann allerdings auch gar nicht vorliegen, weil man zum Zweck der Annotation bereits wissen müßte, welche Textbelege PPA-Konstruktionen enthalten. 4. Für die Corpusanalysen muß es möglich sein, möglichst viele Arbeitsschritte mit Hilfe von Softwarelösungen automatisch durchführen zu können. Der Anteil an intellektuellen Entscheidungen wird jedoch so lange sehr hoch bleiben, bis geklärt ist, mit welchen Testverfahren bei komplexen NPn festgestellt werden kann, ob eine PPAKonstruktion vorliegt. Als Textcorpus stehen sechs Jahrgänge der Zeitung „taz, die tageszeitung"117 sowie der Jahrgang 1993 der Zeitung „Frankfurter Allgemeine Zeitung"118 zur Verfügung. Das Corpus zu TAZ 1994 umfaßt den Zeitraum vom 1.7.1988 bis 30.6.1994 und liegt in zwei etwa gleich großen Teilen vor. Der zweite Teil, der den Zeitraum vom 1.1.1992 bis zum 30.6.1994 und etwa 43 Millionen Wortformen enthält, soll für die geplanten Untersuchungen verwendet werden und wird künftig als „TAZ-21" bezeichnet. Der erste Teil (im weiteren ,,ΤΑΖ-Γ' genannt) enthält den Zeitraum vom 1.7.1988 bis zum 31.12.1991, umfaßt etwa 56 Millionen Wortformen und wird nur dann in die Untersuchungen einbezogen, wenn es aus Vergleichsgründen für bestimmte Zwecke erforderlich sein sollte.119 Das Textcorpus zur F. A.Z. umfaßt 500 MB, eine ungefähre Zahl der Wortformen ist nicht bekannt.120 Dieses Corpus ist bereits bei Voruntersuchungen als Textcorpus verwendet worden,121 so daß es möglich sein wird, Vergleiche zwischen den Corpora zu ziehen. Für die Selektion der genannten Corpora sprechen verschiedene Gründe. Beide Corpora sind maschinenlesbar, TAZ 1994 liegt im ASCII-Code vor, und es besteht die Möglichkeit, mit Hilfe einer Retrievalsoftware variable Abfragen durchzuführen. 122 Zeitungscorpora mit überregionalen Tageszeitungen eignen sich für die Untersuchungen besonders gut, da eine überregionale Tageszeitung ein Massenkommunikationsmittel ist, das zur Wahrung der eigenen Existenz auf eine entsprechend große Leserschaft angewiesen ist. Die Autoren werden sich in ihren Texten darum bemühen, für eine breite Masse von Sprechern des Deutschen verständlich zu sein. Die Texte müssen orthographisch, grammatikalisch und semantisch fehlerfrei sein sowie relativ hohen

117 118 119

120

121 122

TAZ (1994). FAZ (1994). Es sprechen auch praktische Gründe dagegen, sämtliche vorliegenden Jahrgänge zu untersuchen. Das Suchen und Auswerten der Corpusbelege erfordert einen großen Zeitaufwand, und der Gewinn an neuen Erkenntnissen wird bei einer Steigerung von 43 auf 99 Millionen Wortformen begrenzt sein. Zugleich wird die Zahl an Corpusbelegen zu PPA-Konstruktionen, die sehr häufig sind, erheblich zunehmen. Es dürfte sich um 15-20 Millionen Wortformen handeln. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit den Zahlen zu TAZ (1994) sowie den Angaben zur Tageszeitung „Die Welt"; vgl. Hellmann (1968:49f.). Vgl. Schierholz (1998a). Es handelt sich um eine DOS-Version von MicroConcord.

98

stilistischen Anforderungen genügen. In den Texten ist der allgemeine Wortschatz des Deutschen enthalten und nicht ausschließlich der eines bestimmten Sachgebiets. Wegen der Vielzahl und Vielheit der Verfasser ist trotz der normierend wirkenden Kraft der jeweiligen redaktionellen Instanzen eine erhebliche Heterogenität der Texte gewährleistet.123 Es kommt eine Vielfalt an Sachgebieten und Themen vor, auch fachsprachliche Beiträge, aber insgesamt wird die Standardsprache dominieren. Zwar ist in verstärkten Maße mit der Verwendung des Nominalstils zu rechnen, aber dies kann sich für die geplanten Analysen eher förderlich als negativ auswirken. Wenn somit also wichtige theoretische und allgemeine Voraussetzungen für die empirischen Analysen zur PPA-Konstruktion gegeben sind, bleiben für die Bestimmung und Erhebung von PPA-Konstruktionen noch die grammatiktheoretischen Voraussetzungen zu klären.

3.4.3

Die grammatiktheoretischen Grundlagen

Im folgenden werden die wesentlichen grammatiktheoretischen Positionen dargelegt, die als Grundlage für die in dieser Arbeit intendierten Untersuchungen anzusehen sind. Dazu gehören vor allem Überlegungen zur Dependenzgrammatik, zum Begriff der Valenz im allgemeinen, zur Substantiwalenz im speziellen sowie zum Rektionsbegriff. Die Grundlegung der Dependenzgrammatik ist in der Arbeit von Lucien TESNIÈRE (1959), „Éléments de syntaxe structurale", erfolgt, in der die Idee von der Valenz sprachlicher Ausdrücke ausgeführt wird. Im Mittelpunkt der Satzanalysen stehen das Verb und dessen Fähigkeit, eine bestimmte Anzahl von actants und/oder circonstants an sich zu binden. Allerdings beschränkt TESNIÈRE die Valenzfähigkeit nicht ausdrücklich auf die Wortart „Verb", so daß für Substantive eine Valenz bzw. die Fähigkeit zur Leerstelleneröffnung nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Die Betonung des Dependenzansatzes bedeutet nicht, daß die Binnenstruktur der PPAKonstruktion ausschließlich auf der Basis der Dependenzgrammatik untersucht werden soll. Es bedeutet auch nicht, daß zugleich eine grundsätzliche Ablehnung anderer Grammatikmodelle vollzogen wird. HUDSON sieht bei der modernen Syntaxforschung - im Gegensatz zu den Theorien der 60er Jahre - starke Ähnlichkeiten zwischen der Dependenzgrammatik und anderen Theorien (Government and Binding, Generalised PhraseStructure Grammar, Lexical-Functional Grammar, X-bar theory).124 HERINGER nennt zwei konkurrierende Grundprinzipien, die „Konstitutionssyntax", die auf einer Teil-GanzesRelation beruhe und deren Strukturen sehr tief seien, und die „Dependenzsyntax", die flachere Strukturen zeige, aber die Abhängigkeiten der einzelnen Satzelemente deut-licher hervorhebe.125 LAUTERBACH demonstriert für komplexe NPn Strukturbeschrei-bungen nach verschiedenen theoretischen Ansätzen, diskutiert Vor- und Nachteile, Unterschiede und Gemeinsamkeiten und favorisiert am Ende eine dependenzgrammatische Darstel-

123 vgl. auch die Beschreibungen zu Zeitungscorpora in Hellmann (1968:42ff.) und Hellmann (1984:35). 124 Vgl. Hudson (1993:329ff.). 125 Vgl. Heringer (1996:27f.).

99 lungsweise.126 Zur Differenzierung einiger der genannten Grammatikmodelle sollen daher die folgenden Charakteristika festgehalten werden. Das grundsätzliche Kennzeichen einer Konstituentenstruktur besteht darin, daß die Konstituenten χ und y zusammen eine Konstruktion ζ bilden. Dies wird durch den Baumgraph in (a) repräsentiert. (a)

ζ

χ

y

In der Darstellung nach der X-bar-Theorie (vgl. (b)) werden aufgrund der Annahme unterschiedlicher X-bar-Level die Konstituenten ζ ' und z" unterschieden, weil unterschiedliche sprachliche Elemente (ζ. B. Determinantien, Komplemente) auf verschiedenen Ebenen dominiert werden. Das Element, das im jeweils dominierenden Knoten steht, wird als Head bezeichnet. (b)

Z"

χ

z'



y

In diesem Schritt läßt sich eine gewisse Annäherung der generativen Syntax an die Dependenzgrammatik erkennen, zu deren Grundprinzipien es gehört, den Aufbau von Phrasen von ihrem Kern, also vom Head, her zu beschreiben.127 Dependenzgrammatische Regeln sagen etwas über die Kombinierbarkeit von Wörtern aus, d. h., die Fähigkeit zur Kombination von Wörtern geht von den Eigenschaften der jeweils beteiligten Nuklei (.Heads) aus und ermöglicht auf diese Weise sukzessive den Satzaufbau. Eine Valenzstruktur ist danach immer eine Abhängigkeitsstruktur, d. h. y hängt von χ ab, und eine Darstellung sieht vom Prinzip her aus wie in (c).

126 1:7

Vgl. Lauterbach (1993:20ff.). Vgl. u. a. Lauterbach (1993:35ff); Schmidt (1993:15ff)

100 (C)

Χ

y Bezieht man die einzelnen Darstellungsweisen auf eine PPA-Konstruktion (ζ. Β. , Attentat auf den Präsidenten"), so können die Graphen je nach theoretischem Ansatz in (d) bis (f) konstruiert werden. (d)

Darstellung mit Konstituentenstruktur:

101 (f)

Darstellung in der Dependenzgrammatik: Attentat

Ν

D

das

Ρ

auf

Ν

Präsidenten

D

den

Die Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den einzelnen Elementen, insbesondere zwischen „Attentat" und „auf', werden in (f) am besten dargestellt, während aus mnemotechnischen Gründen auch die Darstellung in (d) geeignet erscheint, da die Bestandteile einer PPA-Konstruktion linearisiert geordnet sind und leicht aufeinander bezogen werden können. PPn des Nachfeldes, deren Präposition nicht von dem Substantiv der übergeordneten NP regiert wird (ζ. B. in „das Attentat unter der Brücke"), werden auf die gleiche Weise dargestellt (vgl. die Graphen in (g) bis (i) wie zu einer PPA-Konstruktion. Ein Unterschied besteht lediglich in der X-bar-Theorie, in der die PP jetzt rechter Schwesterknoten von N ' ist (vgl. (h)). (g)

Darstellung mit Konstituentenstruktur: NP

NP

Det

das

PP

Ν

Attentat

Ρ

NP

unter

der Brücke

102

(h)

Darstellung in der X-bar-Theorie: N"

(i)

Darstellung in der Dependenzgrammatik: Ν

Attentat

D

unter

Ν

D

Brücke

der

Die Differenzierung zwischen Komplementen und Adverbialen in der Generativen Grammatik und zwischen Ergänzungen und Angaben in der Dependenzgrammatik, die vor allem im Zusammenhang mit der Subkategorisierung bei Verben (Generative Grammatik und andere Grammatiken) bzw. mit der Verbvalenz (Dependenzgrammatik) eine Rolle spielen, ist in (h) erkennbar, in (i) jedoch nicht. Wenn es jedoch um die unterschiedlichen Rektions- bzw. Valenzverhältnisse geht, die zwischen dem Substantiv „Attentat" und den Präpositionen „auf' bzw. „unter" vorliegen, so ist dies auch in (h) nicht dargestellt. Zur Klärung dieser Verhältnisse sollen zunächst einige grundsätzliche Überlegungen zur Valenz allgemein bzw. zur Valenz von Substantiven kurz dargelegt werden. In der Fachliteratur zum Thema „Substantiwalenz" sind die Auffassungen darüber, ob man Substantiven überhaupt Valenz zugestehen kann bzw. was als substantivische Valenz zu

103

verstehen ist, sehr heterogen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Obligatorik und die Fakultativität der Ergänzungen, auf die syntaktische und (logisch-)semantische Valenz sowie auf eine Festlegung der Terminologie für die sprachlichen Phänomene innerhalb der komplexen NP. Unklarheiten rühren aber auch daher, daß bei Substantiven deren Leerstellen im Sprachgebrauch nicht immer auf die gleiche Weise besetzt sein müssen, sondern durch unterschiedliche syntaktische Formen, aber auch im Kontext realisiert sein können. 128 Um eine differenzierte Betrachtung der Valenzverhältnisse zu erreichen, werden einzelne Ebenen der Valenz unterschieden, die auch im Zusammenhang mit dem Verhältnis von Sprache und Wirklichkeit zu sehen sind. Im Bewußtsein eines Sprachteilhabers werden die Sachverhalte der Wirklichkeit festgehalten. Das läßt sich in der Regel mit Hilfe elementarer logischer Prädikate darstellen, die ein oder mehrere Argumente als Leerstellen besitzen. Dies wird als die Ebene der logischen Valenz, die eine außersprachliche ist, bezeichnet. Die Sprache verfügt über ein Inventar an natürlich-sprachlichen Zeichen, mit Hilfe derer die Sachverhalte der Wirklichkeit bezeichnet werden. Diese sprachlichen Zeichen - hier: Lexeme - enthalten eine Bedeutungsstruktur, welche dafür ausschlaggebend ist, daß in konkreten Kommunikationssituationen die Wahl eines Lexems als Partner für ein anderes nicht beliebig ist, sondern von der jeweiligen außersprachlichen Sachverhaltsstruktur eingeschränkt wird.129 Aus der Bedeutungsstruktur eines Lexems wird die semantische Valenz abgeleitet, in der die Argumente der logischen Valenzebene enthalten sind. Da diese Ebene unmittelbar mit der logischen Ebene verbunden ist, wird auch von logisch-semantischer Valenz 130 oder semantisch-logischer Valenz 131 gesprochen. Auf der semantischen Valenzebene geht es darum, die zur Verfügung stehenden Argumente der logischen Valenzebene in Beziehung zu der syntaktischen Valenz zu setzen. Diese Aufgabe übernehmen die semantischen Kasus, die in bestimmter Weise syntaktisiert bzw. lexikalisiert sind und als eine Linearisierung der Argumente verstanden werden können. In der syntaktischen Valenz treten die realisierten Argumente als Konstituenten auf. Die Anzahl und die Art der Argumente ist abhängig von dem Inhalt der Prädikate; jedoch sind die sprachliche Umsetzung und die syntaktischen Funktionen in einem gewissen Rahmen variabel.132 Auf der syntaktischen

128 129

130

131 132

Vgl. u. a. Sommerfeldt/Schreiber (1975:115f.); Bondzio (1978:28); Schmidt (1993:158ff.). Vgl. u.a. Helbig/Stepanova (1981:130ff.); Heibig (1992:7ff.); bei Coseriu (1967:296) als „lexikalische Solidaritäten" bezeichnet. Es sei allerdings darauf hingewiesen, daß auch das einzelsprachlich zur Verfügung stehende Lexeminventar Einschränkungen bedingt, die in jeder Sprache unterschiedlich bestehen. Vgl. u. a. Heibig (1992:7ff.). In älteren Untersuchungen wird zwischen logischer Valenz und semantischer Valenz getrennt (vgl. u. a. Sommerfeldt 1973:95), aber dies bleibt im Zusammenhang mit der PPA-Konstruktion ohne Relevanz. Vgl. Lauterbach (1993:430.) nach Bondzio (1977:266). Bei Bondzio werden die Zusammenhänge zwischen der Bedeutungsstruktur und der logischsemantischen Valenzebene unterschiedlich dargestellt. Einmal wird die semantische Valenz als Spiegel der Bedeutung angesehen, so daß eine Entsprechung zwischen der semantischen und syntaktischen Valenz besteht (vgl. Bondzio 1971:88ff.), ein anderes Mal stellt die semantische Valenz nur potentielle Angaben für die syntaktische Valenz zur Verfügung (vgl. Bondzio 1977:266).

104

Valenzebene ist zwischen obligatorischen und fakultativen Ergänzungen sowie Angaben zu differenzieren. 133 Hier besteht bei der sprachlichen Realisierung auch ein gewisser Spielraum, der in Abhängigkeit von der jeweiligen Kommunikationssituation und -intention steht, der aber die syntaktischen Regularitäten der Valenz nicht verletzen darf. Diese pragmatischen Aspekte der Valenz wirken sich vor allem auf fakultative Ergänzungen aus, weil in Alltagsdialogen eine Leerstelle unbesetzt bleiben kann, ohne die Kommunikation zu beeinträchtigen, während dies in der Standardsprache seltener möglich sein dürfte. 134 Auch bei HERINGER wird die Valenz als potentiell verstanden, als „eine semantische Kraft, die syntaktische Auswahl bewirkt". 135 Bei Verben handele es sich dabei um die Eigenschaft, aus dem nominalen Raum eine Auswahl zu treffen. HERINGER unterscheidet zwischen der quantitativen Valenz (Valenzträger verfügt über eine bestimmte Anzahl von Slots), der selektionalen Valenz (Valenzträger läßt nur bestimmte lexikalische Belegungen seiner Slots zu) und der qualitativen Valenz (Valenzträger verlangt bestimmte Formen der abhängigen Lexeme). 136 Die quantitative Valenz wird bei HARTMANN als Stelligkeit bezeichnet, „die zahl der abhängigen einheiten", unabhängig, ob sie fakultativ oder obligatorisch sind. 137 Zu beachten sei, daß die quantitative Valenz sich nicht auf Lemmata, sondern auf die einzelnen Bedeutungen, die ein Lemma haben kann, beziehe, so daß verschiedene Bedeutungen die gleiche Stelligkeit haben können, aber nicht müssen. 138 Die Diskussion um unterschiedliche Valenzkonzepte soll nicht weiter ausgedehnt werden; denn für die hier intendierten Untersuchungen können die folgenden Festlegungen getroffen werden, die sich im wesentlichen an die Auffassungen von HELBIG anlehnen. Die semantische Valenz ist eine Vereinfachung und Syntaktifizierung der semantischen Komponentenstrukturen und stellt die Übergangsebene zwischen der Bedeutungsstruktur und der syntaktischen Valenzstruktur dar. Auf der Ebene der semantischen Valenz wird die Besetzung der Leerstellen mit potentiellen Partnern geregelt, welche eine vom Wissen über die Welt abhängige Bedeutung besitzen. 139 Damit entspricht die semantische Valenz in etwa den Selektionsrestriktionen in der Generativen Grammatik, den semantischen Kasus in der Kasustheorie 140 bzw. der selektionalen Valenz bei HERINGER. Die syntaktische Valenz ist die Umorganisierung der semantischen Valenz in spezifische einzelsprachliche Organisationsformen. Das Angebot an semantischen Leerstellen wird durch Mitspieler besetzt, die eine bestimmte morphosyntaktische Repräsentation

133 134 135 136

137 13i< 139 140

Vgl. Helbig (1979:7111); Helbig (1992:7ff.). Vgl. Helbig (1992:4811). Vgl. Heringer (1996:157). Vgl. Heringer (1996:62ff.). Auch bei Welke wird von quantitativer Welke (1988:15). Vgl. Hartmann (1979:41f.). Vgl. Hartmann (1979:461'.). Vgl. Helbig (1979:65); Helbig (1992:8, 16f ). Vgl. Helbig (1992:8, 19ff.).

Valenz gesprochen; vgl.

105

(ζ. Β. Nominativ, Akkusativ, Präpositionalkasus) sowie eine syntaktische Funktion (ζ. B. Subjekt, Objekt, Adverbial) besitzen.141 Die Ebene der pragmatischen Valenz wird im weiteren nicht gesondert berücksichtigt, weil das Corpus, das für die Untersuchungen zur PPA-Konstruktion benutzt werden soll, den schriftlichen Gebrauch der deutschen Standardsprache enthält und somit die Variationsmöglichkeiten der deutschen Syntax eingeschränkt sind. Leerstellen müssen bei der Textsorte „Zeitungstexte" im unmittelbaren Kontext besetzt sein 142 und können nicht aufgrund besonderer Kommunikationssituationen offen bleiben.143 Da man also verschiedene Ebenen der Valenz differenzieren muß, ist es erforderlich, unter Einbeziehung dieser Ebenen die Termini Ergänzung und Angabe zu klären. Bei TESNIÈRE wird zwischen actants und circonstants unterschieden, indem dabei semantische, morphosyntaktische und funktionale Kriterien berücksichtigt werden.144 Für Ergänzung werden auch die Termini Aktant, Mitspieler, Argument, Valenzpartner verwendet, für Angabe auch der Terminus freie Angabe. Ergänzungen können nicht beliebig beim Valenzträger stehen, sondern sind subklassenspezifisch und können nur bestimmte Leerstellen des Valenzträgers besetzen. Angaben hingegen subkategorisieren nicht, treten relativ beliebig bei übergeordneten Wörtern auf und können syntaktisch bei allen Elementen einer Wortklasse vorkommen.145 Allerdings erfolgt bei den Angaben eine gewisse Subklassifizierung aufgrund semantischer Kompatibilitätsbedingungen,146 so daß es bei der Valenzbestimmung erforderlich ist, die syntaktische und semantische Ebene auseinanderzuhalten. Als Kriterium für die Abgrenzung von Ergänzungen und Angaben wird in der Regel die Notwendigkeit eines Satzelements betrachtet, obwohl diese nicht immer einfach zu ermitteln ist, weil es auch unter den Angaben, zu denen in der Regel die AABen zu rechnen sind, einige gibt, die notwendig sind. Somit sind auch in bezug auf die Notwendigkeit verschiedene Ebenen zu unterscheiden, nämlich die kommunikative, semantische und syntaktische Notwendigkeit. Die Ergänzungen werden in obligatorische (= notwendige) und fakultative (= nicht notwendige) Ergänzungen differenziert. Dabei sind obligatorische Ergänzungen subklassenspezifische, an den Valenzträger gebundene Glieder, die in der Regel nicht weglaßbar sind, während fakultative Ergänzungen subklassenspezifische, an den Valenzträger gebundene Glieder sind, die bei Einbeziehung des Kontextes weglaßbar sein können. Durch diese Differenzierung entstehen jedoch Probleme bei der Abgrenzung der fakultativen Ergänzungen von den freien Angaben, so daß für die obligatorische Ergänzung die Bezeichnung „satzobligatorisch" - denn nur darauf bezieht sich deren Obligatorik - und für die fakultative Ergänzung die Bezeichnung „textobligatorisch" - denn genau damit lassen sich die fakultativen Ergänzungen von den freien Angaben unterscheiden - weiter-

141

142

143 144 145 146

Vgl. Heibig (1979:65f.); Heibig (1992:9). In diesem Sinne argumentiert auch Wichter; vgl. Wichter (1995:409). Eine Ausnahme bilden die Artikelüberschriften und Schlagzeilen, für die syntaktische Regeln in starkem Maße eingeschränkt sind; allerdings werden die Überschriften nicht in die Datenauswertung zur PPA-Konstruktion einbezogen; vgl. Kapitel 6. Vgl. Helbig( 1992:49t.). Vgl. Tesnière (1959:10211, 125ff). Vgl. Heibig (1992:72). Vgl. Heibig (1992:8): „*Er kennt sie auf dem Flugplatz."

106 hilft. 147 Somit handelt es sich bei der Unterscheidung zwischen Ergänzung und Angabe um eine primäre Differenzierung, die kontextunabhängig und satzbezogen ist, und bei der Unterscheidung zwischen obligatorischer und fakultativer Ergänzung um eine sekundäre Differenzierung, die kontextabhängig ist.148 Diese Kontextabhängigkeit ist jedoch bei genauer Betrachtung eine Abhängigkeit von kommunikativ-pragmatischen Aspekten, weil die Auslassung einer Leerstelle nicht in allen Fällen durch den unmittelbaren Kontext begründet werden kann, sondern eine offene Leerstelle sich auch auf der Basis des Weltwissens der Kommunikationsteilnehmer hinreichend interpretieren läßt.149 In ähnlicher Weise verfährt HERINGER, wenn er zwischen obligatorischen und optionalen Komplementen unterscheidet und die optionalen Komplemente danach einteilt, inwieweit sie vom Laufwissen, also vom Kontext oder von der Situation, abhängen.150 Für eine Abgrenzung der obligatorischen und fakultativen Ergänzungen sowie freien Angaben stehen mehrere Testverfahren (ζ. B. Weglaßbarkeit, Substitutions-, Trenn-, Verschiebeprobe) zur Verfügung, die allerdings nicht in allen Fällen eindeutige und intersubjektiv nachvollziehbare Resultate erbringen.151 Außerdem werden diese Verfahren meistens in ihrer Anwendbarkeit auf Verbvalenzen vorgestellt; eine systematische Applikation auf die PPA-Konstruktion steht jedoch noch aus. Allerdings hängt damit unmittelbar zusammen, in welcher Weise die Substantive insgesamt oder einzelne Klassen von Substantiven über Valenz verfugen, um welche Valenzebenen es sich dabei handelt und ob es sich bei den dependenten Lexemen um Ergänzungen oder Angaben handelt. Schon BEHAGHEL teilt die Gruppe der Substantive in „absolute" und „relative Begriffe" ein,152 von denen nur die letzteren als valente Substantive gelten könnten. Die absoluten Substantive (z. B. „Stein", „Mann", „Pferd", „Geld", „Tisch") besäßen keine syntaktische Valenz und verfugten nicht über eine offene semantische Valenz, weil ihre einzige Argumentstelle in der Substantivbedeutung selbst enthalten sei.153 Die relativen Substantive (z. B. ..Vater". ..Dach", ..Dieb". „Antwort". ..Appetit". „Schönheit") enthielten mehrstellige semantische Prädikate, in denen die Beziehungen des Bezeichneten zu anderen Signifikaten festgehalten seien. Somit verfugen relative Substantive über eine semantische Valenz, die mit Hilfe der Argumente, die in den Bedeutungen anderer Lexeme enthalten sind, gesättigt werden muß. Diese Ergänzungsbedürftigkeit, die semantische Stelligkeit eines Substantivs, ist die Basis für die syntaktische Valenz, ohne mit dieser identisch zu sein oder zwangsläufig in eine syntaktische Valenz zu münden; denn syntaktische Valenz kann bei Substantiven blockiert oder latent vorhanden sein, gar nicht realisiert sein oder

147 148 149

150 151 152 153

Vgl. Cherubim et al (1973:14f.). Vgl. Heibig (1992:99f.). Vgl. Heibig (1992:106f.): Bei „er raucht" wird die nicht besetzte Leerstelle durch das Weltwissen gefüllt, zumindest, so lange eine Spezifizierung dessen, was er raucht, kommunikativ redundant ist. Vgl. Heringer (1984): Heringer (1996:161 ff.). Vgl. u. a. Eroms (1981:2711): Welke (1988:22ff). Vgl. Behaghel (1923:22f.). Bei einer genaueren Betrachtung müßte man den jeweiligen Gebrauch eines Substantivs berücksichtigen. Zur Unterscheidung des referierenden und prädizierenden Gebrauchs im Zusammenhang mit der Substantivvalenz vgl. u. a. Holly ( 1980).

107 ist syntaktisch an der Oberfläche erkennbar.154 Letzteres ist vor allem bei Deverbativa und Deadjektiva der Fall, bei denen man davon ausgehen kann, daß sie die semantische Valenz ihrer Basiswörter in Zahl und Art übernehmen, solange die Bedeutung, insbesondere der prozessuale Charakter des Basislexems, erhalten bleibt.155 Die morphosyntaktische Ausgestaltung der postnominalen Ergänzungen ist jedoch variabel, allerdings in einigen Fällen auch regelhaft von den Basislexemen abgeleitet.156 Wenn damit eine Zuordnung der substantivischen Valenz zu den verschiedenen Ebenen erreicht ist, so bleibt noch zu klären, auf welche Weise obligatorische und fakultative Ergänzungen bzw. freie Angaben, die in Beziehung zu einem Substantiv stehen, unterscheidbar sind. Anhand einiger Demonstrationsbeispiele läßt sich die Abgrenzung gut verdeutlichen. Freie Angaben (vgl. (1) und (2)) sind dadurch gekennzeichnet, daß sie im Prinzip nach jedem Substantiv, auch nach absoluten Substantiven, stehen können und nicht subkategorisieren. (1) (2) (3) (4)

die Reise IM SCHLAFWA GEN der Tisch IM SCHLAFWAGEN die Reise IN DIE SCHWEIZ # der Tisch IN DIE SCHWEIZ

Ergänzungen (Beispiel (3)) nehmen eine Subkategorisierung vor, gehören als Argument zur Repräsentation des übergeordneten Substantivs, und es hängt von diesem ab (vgl. (4)), ob das Anfügen der Ergänzung überhaupt möglich, d. h. semantisch korrekt ist.157 In der Regel findet man bei Substantiven nur fakultative Ergänzungen,158 weil auf der syntaktischen Ebene eine zur grammatischen Wohlgeformtheit bestehende Notwendigkeit einer abhängigen Konstituente, die - wie bei verbdependenten PPOen - auf der Basis des Eliminierungstests ermittelt werden kann, 159 nicht besteht. Nur in wenigen Beispielen kann nachgewiesen werden, daß auch zu Substantiven obligatorische Ergänzungen existieren. (5) (6)

„ Hast du schon die Bilder vom Urlaub gezeigt? Ich bin ja gerade beim Zeigen. Er verliess (sie!) das Zimmer. *Beim Verlassen stolperte er. " (SANDBERG 1979:49).

In (5) wird die offene Leerstelle von „Zeigen" durch den Kontext gesättigt, während in (6) die Leerstelle von „Verlassen" im zweiten Satz besetzt werden muß, obwohl die kontextuellen Voraussetzungen die gleichen wie in (5) sind. Es liegt also eine obligatorische Valenz vor, da in (6) ein Attribut im Anschlußsatz erforderlich ist. Terminologisch lassen sich auch hier für die obligatorische Ergänzung der Begriff „satzobligatorisch" (bei SANDBERG: „Direktobligatorium") und für die fakultative Ergänzung der Begriff „text-

154 155

156 157 158 159

Vgl. Sommerteldt/Schreiber ( 1975:114tï.); Heibig (1992:12011). Vgl. u. a. Heibig (1979:74); Heibig (1986:201). Heringer hält die Valenzstrukturen bei abgeleiteten Substantiven für „aktiv", aber „blockiert"; vgl. Heringer ( 1996:111 ). Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Helbig/Buscha (1988:296fT.), aber auch die Kritik in Schierholz (1996a: 16211). Heibig (1986:203); Heibig (1992:1171".). Sommerfeldt/Schreiber (1975:114). Breindl (1989:17tf.) für Verben und PPOe.

108 obligatorisch" (bei SANDBERG: „Fernobligatorium") verwenden.160 Allerdings ist die Obligatheit nicht nur auf nicht-lexikalisierte, reverbalisierbare Verbalsubstantive beschränkt, die die obligatorische Ergänzung von ihrem Basisverb übernehmen, sondern trifft auch auf einige lexikalisierte Deverbativa und Deadjektiva zu. (7) (8)

„ Durch die Berücksichtigung dieses Tatbestandes hat er Erfolg gehabt. *Durch die Berücksichtigung hat er Erfolg gehabt. " (HELBIG 1992:116).

HELBIG weist darauf hin, daß obligatorische Ergänzungen von Verben im substantivischen Bereich auf unterschiedliche Weise, nämlich durch „Genitivattribut", „korrespondierendes Possessivpronomen" und „als Partnerwort im gleichen Satz" realisiert werden können.161 Es werden auch Beispiele mit Präpositionalattribut angeführt, die allerdings nur in einigen Fällen obligatorische Ergänzungen enthalten.162 Bei SCHIERHOLZ werden im Zusammenhang mit der semantischen Analyse der regierten Präposition „auf' PPA-Konstruktionen untersucht, in denen eine Weglaßbarkeit des PPAs zu semantisch unvollständigen Phrasen fuhrt, 163 wie die Corpusbelege (9) bis (12)164 bestätigen. (9)

Hier hat die konventionelle Totalitarismus- und Extremismusforschung durch die stärkere BEZUGNAHME AUF DEN DEMOKRATISCHEN VERFASSUNGSSTAAT ihre Verdienste. (9 ') ?? Hier hat die konventionelle Totalitarismus- und Extremismusforschung durch die stärkere BEZUGNAHME ihre Verdienste. (10) Nach dem Entwurf entfällt die BEZUGNAHME AUF DAS QUARTALSENDE, vielmehr wird auf das Monatsende abgestellt. (10') ?? Nach dem Entwurf entfällt die BEZUGNAHME, vielmehr wird auf das Monatsende abgestellt. (11) In Norwegen werde Norske-Skog unter starker AUSRICHTUNG AUF EINZELNE PRODUKTE leiden. (11') ?? In Norwegen werde Norske-Skog unter starker A USRICHTUNG leiden. (12) Die A USRICHTUNG A UF EINZELNE BRANCHEN hat sich auch im Kursprogramm der Deutschen Management Akademie Niedersachsen niedergeschlagen. (12) ? Die A USRICHTUNG hat sich auch im Kursprogramm der Deutschen Management Akademie Niedersachsen niedergeschlagen. Läßt man die PPAe weg, so bleiben die Sätze in (9') bis (1Γ) auch dann unakzeptabel, wenn man sich beliebige Hinzufügungen im Kon- und/oder Kotext vorstellt, während diese Hinzufügungen für (12') unter gewissen Umständen möglich sein mögen. In den Beispielen liegt zu „Bezugnahme" und „Ausrichtung" eine semantische Valenz vor, die nicht durch den Kontext gesättigt werden kann, sondern innerhalb des Satzes besetzt werden muß. Allerdings sei darauf hingewiesen, daß sich die Ergänzungsbedürftigkeit nicht auf das jeweilige Lemma, sondern auf eine Bedeutungsvariante bezieht. Dies

160 161 162 163 164

Vgl. Cherubim et al (1973:14f.); Sandberg (1979:52f.). Vgl. Helbig (1992:115). Vgl. Helbig (1992:112ίΓ.). Vgl. Schierholz (1998a:82f.). Die Belege stammen aus FAZ (1994) und sind zum Teil leicht modifiziert.

109 ist aber nicht nur bei den oben genannten Beispielen der Fall, sondern auch bei den von gemachten Beobachtungen zu obligatorischen Ergänzungen, die manchmal nur semantisch, oft aber auch syntaktisch notwendig sind.

HARTMANN

(13) (14)

Das WOHNEN AUF DEM LANDE ist schön. Er hat FREUDE AN BLUMEN

In (13) kann man „auf dem Lande" nicht weglassen, ohne daß der Satz ungrammatisch wird, und in (14) kann das PPA nicht weggelassen werden, ohne daß der Sinn der Aussage grundsätzlich verändert wird.165 Für die weiteren Untersuchungen wird davon ausgegangen, daß zu Substantiven fakultative Ergänzungen vorliegen können und daß das Vorkommen obligatorischer Ergänzungen als ein Sonderfall anzusehen ist. Auf diesen wird anhand konkreter Corpusbelege in jedem Einzelfall einzugehen sein, wenn bei Berücksichtigung aller denkbaren Kon- und Kotexte innerhalb einer PPA-Konstruktion für eine der dependenten Konstituenten eine Obligatorik angenommen werden muß. Wenn man jedoch fakultative Ergänzungen von den freien Angaben eindeutig abgrenzen will, so reicht es nicht aus, sich nur auf die Systematik in bezug auf die morphosyntaktischen Merkmale bei den präpositionalen Anschlüssen zu konzentrieren, sondern es wird ebenso die semantische Valenz von Substantiven zu betrachten sein. Zu dem Terminus freie Angabe sind jedoch vorab einige Bemerkungen zu machen, die den Begriff von einer gewissen naiven Verwendungsweise befreien sollen und eine Abgrenzung der PPAe von den Angaben nicht gerade erleichtern. Die Menge der Angaben, die tatsächlich als frei bezeichnet werden können, ist nicht besonders groß, weil allenfalls die lokal-stationären und die temporal-punktuellen frei genannt werden können. Gleichwohl bestehen auch bei diesen Restriktionen in bezug auf die Wahl derjenigen Präposition, die aus der Menge der zur Kennzeichnung eines Orts oder eines Zeitpunkts potentiell verwendbaren Präpositionen zur Verfügung steht. (15) (16) (17) (18)

die Reise IM SCHLAFWA GEN # die Reise AM SCHLAFWA GEN das Schild IM SCHLAFWA GEN das Schild AM SCHLAFWAGEN

Die lokal-stationäre Angabe - erkennbar daran, daß sich die PP („im Schlafwagen" bzw. „am Schlafwagen") mit dem Pronomen „wo" erfragen läßt - kann in unterschiedlicher Ausprägung - mit „in" (kognitives Konzept: BEHÄLTER, (15) und (17)) oder mit „an" (kognitives Konzept: KONTAKT, (16) und (18)) - auftreten, aber die lokal-stationäre Angabe kann nicht in beiden Ausprägungen frei an die Substantive „Reise" und „Schild" angefügt werden. Die Restriktion ist durch die Bedeutungsstruktur des präponierten Substantivs gegeben, so daß nicht gefolgert werden darf, daß in (15) eine fakultative Ergänzung vorliegt. Lokal-stationäre Angaben sind jedoch auch keine freien Angaben, weil sie nicht an jedes Substantiv angeschlossen werden können.

165

Vgl. Hartmann (1979:4911).

110 (19) (20)

seine Herkunft VOM BALKAN # seine Herkunft IN MÜNCHEN

Der Grund für die Unakzeptabilität von (20) liegt in der Bedeutungsstruktur von „Herkunft", aber auch wenn es sich hier wiederum u m eine Ausnahme handelt, 1 6 6 ist offensichtlich, daß in (19) keine PPA-Konstruktion vorliegt, weil mit Hilfe der Präposition „von" der Ort angegeben wird, woher jemand „kommt". Die in (19) vorkommende PP läßt sich einem Typ „Herkunftsangabe" subsumieren, den man jedoch niemals als „Herkunñsergánzung" bezeichnen würde. Gerade wegen der nicht-freien Verwendung von Angaben werden diese aber innerhalb des Valenzkonzepts auch als Besetzungsmöglichkeit von Leerstellen vorgesehen; denn die semantische Valenz von Lexemen verlangt in vielen Fällen auf der syntaktischen Ebenζ Angaben}61 Der Unterschied zwischen fakultativen Ergänzungen und Angaben läßt sich auch anhand von Beispielen deutlich machen, bei denen die Angaben nicht lokal-stationärer oder temporal-punktueller Art sind und bei denen in den PPn die gleiche Präposition vorkommt. (21) (22)

die Reise IN DIE BERGE das VERTRA UENIN die Jugend

Zwischen den komplexen NPn in (21) und (22) besteht in bezug auf die Wortstellung kein Unterschied, aber die Relation der Substantive „Reise" und „Vertrauen" zu der Präposition „in" ist jeweils unterschiedlich. In (21) besteht eine Relation zwischen „Reise" und der gesamten PP, die eine nicht frei wählbare Angabe ist, weil ζ. B. „# der Tisch in die Berge" ungrammatisch und semantisch nicht korrekt ist. In (22) besteht eine besondere Relation zwischen „Vertrauen" und der Präposition „in", welche eine fakultative Ergänzung einleitet. Um die unterschiedlichen Relationen zwischen (21) und (22) gründlicher darstellen zu können, soll der Begriff der Rektion verwendet werden. Der Rektionsbegriff wird in der Literatur in sehr unterschiedlicher Weise benutzt. Er kann ..als die Eigenschaft von Klassen sprachlicher Zeichen verstanden [werden], bestimmte Dependentien zu bedingen' 1 6 *. aber es liegt auch die Auffassung vor. daß Valenz als eine Sonderform der Rektion anzusehen sei. 169 Im weiteren wird jedoch die Rektion als eine den Valenzverhältnissen untergeordnete Eigenschaft verstanden, wenn auch davon ausgegangen werden muß, daß es einen qualitativen Unterschied zwischen Rektion und Valenz gibt und daß die Rektion nicht in der Valenz aufgeht. 1 7 0 Liegt ein Rektionsverhältnis vor, so werden die morphologischen Merkmale eines dependenten Ausdrucks durch den regierenden Ausdruck festgelegt, ζ. B. der Kasus einer regierten NP. 171 Da auch die in PPA-Konstruktionen stehenden Präpositionen als regierte

166

167 168 169 170 171

Ob es sich wirklich nur um eine Ausnahme handelt, hängt von der empirischen Gründlichkeit ab, mit der dieses Phänomen untersucht wird. Weitere Ausnahmen können sein: Abstammung, Ursprung, Ausreise. Vgl. u. a. Heibig (1976:143). Randow(1986:21). Vgl. Engel/Schuhmacher ( 1976); Engel ( 1982:110). Vgl. Heibig ( 1976:142f.). Vgl. Breindl (1989:28ft.) zu verbdependenten PPOen.

Ill bezeichnet werden, obwohl sie selbst keine morphosyntaktischen Merkmale tragen, muß für eine genauere theoretische Fundierung der Verhältnisse innerhalb der PPAKonstruktion der Begriff der Rektion also in spezieller Weise expliziert werden. Nach HELBIG bezieht sich die Rektion insbesondere auf die Kasusforderung einiger Wortarten (Substantiv, Verb, Adjektiv, Präposition). Zu den Kasus wird auch der Präpositionalkasus gerechnet, so daß auch Präpositionen als Rektum erscheinen können. Während die Rektionsbeziehungen sich also auf kleinere sprachliche Einheiten beziehen, bestehen die Valenzbeziehungen zwischen Satzgliedern, ζ. B. zwischen Verb und PPO, Verb und adverbieller Bestimmung, Substantiv und PPA oder Substantiv und A AB. Während die Valenz vor allem eine semantisch-syntaktische Erscheinung sei, die weitgehend semantisch motiviert ist, sei Rektion weitgehend eine syntaktisch-morphologische Erscheinung, die syntaktisch motiviert ist und morphologische Effekte hat, welche einzelsprachlich nicht immer semantisch erklärbar sind.172 Nach LEHMANN lassen sich ausgehend von den Dependenzrelationen zwischen Konstituenten die Rektion und die Modifikation unterscheiden, wobei die kontrollierende Konstituente (A) die abhängige Konstituente (B) regiert und somit eine Leerstelle fur (B) eröffnet, während die abhängige Konstituente (B) die kontrollierende Konstituente (A) modifiziert und eine Leerstelle für (A) eröffnet. 173 Die Rektionsbeziehung, das Eröffnen einer Leerstelle, besteht auf der semantischen Ebene, indem für die Wahl des Arguments (B) Selektionsrestriktionen vorliegen. Auf der syntaktischen Ebene bedeutet das Rektionsverhältnis, daß (A) eine bestimmte syntaktische Konstruktion erwartet, in der (B) mit einer determinierten (morpho)syntaktischen Form erscheinen muß. Der Zustand der Rektion kann sowohl am Regens als auch am Rektum ausgedrückt werden. So kann ein Kongruenzaffix am Regens (ζ. B. Personalendung am finiten Verb) auf das Subjekt (Nominativ) als Rektum verweisen, während ein Kasusaffix beim Rektum (ζ. B. Genitivmarkierung am Substantiv) zum Füllen einer vom Regens ausgegebenen Leerstelle dient und damit gleichzeitig auf die syntaktische Funktion des Rektums in Abgrenzung von einem anderen Rektum (ζ. B. ein Substantiv mit Akkusativmarkierung) hinweist.174 Damit gilt die Kasusforderung, die von den Präpositionen ausgeht, als ein typischer Fall von Rektion, weil die Präposition (Regens) einen bestimmten Kasus fordert, den die nachfolgende NP (Rektum) tragen muß.175 Wesentlich ist allerdings, daß nicht die syntaktische Kategorie der Rektion unterliegt, sondern die jeweilige syntaktische Funktion, in der das Rektum im Satz oder in einer Phrase auftritt. 176 Dadurch wird es möglich, die syntaktischen Verhältnisse, die in (21) und (22) bestehen, zu differenzieren. Während die „grammatischen Kasus" Rektion anzeigen, sind die „konkreten Kasus", die Adjunkte markieren (ζ. B. Lokativ, Ablativ), Anzeichen für Modifikation. Da jedoch im Deutschen keine Affixmarkierungen für die konkreten Kasus vorliegen, müssen diese Kasusfunktionen mit anderen grammatischen Mitteln oder mit lexikalischen Mitteln, vor allem mit Adpositionen ausgedrückt 172 173

174 175 176

Vgl. Helbig (1976:143f.). Vgl. Lehmann (1983:340fT.); Matthews (1981:146ff.), der die Termini complementation und modification verwendet. Vgl. Lehmann (1983:344ff.). Vgl. u. a. Wiegand (1996:129). Vgl. Lehmann (1983:353); Moravcsik (1993:708).

112

werden.177 Somit läßt sich feststellen, daß im Deutschen die Angaben, in denen mit Hilfe von Präpositionen lokale, temporale, kausale und modale Verhältnisse formuliert werden, Modifikationen sind. Eine Explikation für die syntaktische Funktion „Präpositionalattribut" bzw. für die in einem PPA stehende Präposition als Rektum ist damit jedoch noch nicht erfolgt. Eine Integration in die Systematik LEHMANNS wird möglich, wenn man zu den grammatischen Kasus des Deutschen auch die Präpositionalkasus rechnet, wofür es aus unterschiedlichen grammatikographischen Positionen gute Gründe gibt.178 Allerdings ist auch damit nur eine vortheoretische Unterscheidung zwischen Angaben und PPAen möglich, da nicht gezeigt wird, woran sich die unterschiedlichen syntaktischen Verhältnisse in (21) und (22) festmachen und intersubjektiv überprüfen lassen. Komplex sind die Verhältnisse innerhalb der PPA-Konstruktion aber auch, weil das Rektum nicht die PP, sondern nur die Präposition ist, welche zugleich Regens der nachfolgenden NP ist. Letztere Eigenschaft hat die regierte Präposition mit einer Präposition gemeinsam, die in einer AAB steht, welche als Modifikation zu dem Head einer komplexen NP steht. Eine verbesserte theoretische Klärung wird erreicht, wenn man die Rektion nach Kasusrektion und Statusrektion differenziert.179 Kasusrektion liegt vor, wenn eine Konstituente (A) für eine Konstituente (B) eine Leerstelle in der Weise eröffnet, daß (B) einen bestimmten Kasus zu tragen hat. Statusrektion liegt vor, wenn eine Konstituente (A) für eine Konstituente (B) eine Leerstelle eröffnet, in der nicht-kasustragende Einheiten einer bestimmten syntaktischen Kategorie stehen müssen. Allerdings erstreckt sich die Statusrektion nicht auf eine syntaktische Kategorie insgesamt; denn im Unterschied zu einer Angabe („die Reise in die Berge"), in der weder die PP noch die Präposition von dem präponierten Substantiv regiert werden, liegt in der PPA-Konstruktion („das Vertrauen in die Jugend") Statusrektion vor, weil das Substantiv („Vertrauen") die nachfolgende Präposition („in") nur in dieser einen syntaktischen Funktion regiert, aber nicht in einer anderen.180 Eine regierte Präposition, die in einer PPA-Konstruktion vorkommt, ist also zugleich Statusrektum und Kasusregens. Das besondere im Rektionsverhältnis von einem Substantiv zu einer regierten Präposition besteht darin, daß sich die Statusrektion nur auf eine ganz bestimmte Präposition erstreckt (in (22) „in"), so daß die Präposition nicht austauschbar ist. Zu einer weiteren Präzisierung der syntaktischen Verhältnisse gelangt man, indem man die Statusrektion danach unterscheidet, ob sie eine kategoriale oder eine lexikalische Statusrektion darstellt. Kategoriale Statusrektion liegt vor, wenn man die Rektion an einer syntaktischen Kategorie festmachen kann (ζ. B. regieren die Modalverben den Infinitiv ohne zu des Vollverbs), während lexikalische Statusrektion besteht, wenn „ein Ausdruck A für eine bestimmte syntaktische Konstruktion K, in die A als Konstituente kA eintritt, einen bestimmten anderen nicht kasusfähigen Ausdruck Β fordert,

177 178

179

180

Vgl. Lehmann (1983:365ff.). Vgl. u.a. Heibig (1976:143); Eroms (1981:127ft'.); Helbig/Buscha (1988:280ff.); Moravcsik (1993:707); Rauh (1995b:134f.) für das Englische, aber im Prinzip auf das Deutsche übertragbar. Vgl. Wiegand (1996:130f.). Zur Statusrektion mit unterschiedlichen Status bei Verben vgl. Bech (1955) und Bech (1957). Vgl. Wiegand (1996:131).

113 der als Konstituente kB in Κ eintritt".181 WIEGAND moniert, daß eine „Syntaktisierung" vorliege, wenn ein Ausdruck A eine syntaktische Leerstelle nur für einen einzigen Ausdruck Β (hier: die eine regierte Präposition) eröffnet, wenn also syntaktische Relationen und Regeln ausschließlich für zwei festgelegte Ausdrücke gelten.182 Es fragt sich jedoch, inwieweit ..Syntaktisierung" der treffende Terminus ist; zum einen, weil nicht jede PPAKonstruktion so aufgebaut ist wie das von WIEGAND ausgesuchte Beispiel, „Angst vor dem Krieg", zum anderen, weil sich das Konzept der Kasus- und Statusrektion mit HELBIGS Ansatz der unterschiedlichen Valenzebenen und des Verhältnisses von Valenz zu Rektion gut verbinden läßt, wie im folgenden demonstriert werden soll. Auf der Basis ihrer jeweiligen Argumentstruktur können Substantive Leerstellen eröffnen, die fakultativer Art sind und die deswegen entweder im Kontext, innerhalb eines Satzes oder innerhalb einer komplexen NP gesättigt werden können. Die semantische Valenz (Relation auf semantischer Ebene) ist die Voraussetzung für eine syntaktische Valenz (Relation auf syntaktischer Ebene). Die Relationen der in der PPA-Konstruktion vorkommenden Konstituenten lassen sich mit Hilfe der Kasus- und Statusrektion bzw. der lexikalischen Statusrektion erfassen. Während jedoch für Relationen sprachlicher Einheiten nicht grundsätzlich gelten kann, daß ein einziger Ausdruck A nur für einen einzigen Ausdruck Β eine Leerstelle eröffnet - das ist „Syntaktisierung" und kommt in Wendungen, Kollokationen, Metaphern und Vergleichen vor - , ist dies bei der Rektion möglich: denn im Gegensatz zur Valenz sind bei Rektion keine Wahlmöglichkeiten zugelassen, weil es sich um die resultative Auswahl aus verschiedenen morphosyntaktischen Realisierungsmöglichkeiten zu der Relation von einem Ausdruck A zu einem Ausdruck Β handelt. In der Regel lassen sich nämlich die Argumentstellen eines Substantivs, das in einer PPA-Konstruktion präponiert ist, auch unter Verwendung anderer syntaktischer Mittel füllen, ζ. B., indem anstelle eines PPAs ein Genitivattribut oder ein Nebensatzanschluß (mit oder ohne Pronominaladverb) stehen. Wird jedoch zur Besetzung einer Argumentstelle das syntaktische Mittel „PPA" selektiert, so liegt die Präposition fest und ist in der Regel nicht austauschbar. Die lexikalische Statusrektion bezieht sich gerade auf ein festgelegtes Lexem, so daß man bei PPA-Konstruktionen von der Einheit, Substantiv plus regierte Präposition, spricht. Das Obligatorische (Perspektive: Rektion) innerhalb der Fakultativität der Ergänzung „PPA" (Perspektive: Valenz) stellt die regierte Präposition dar. Betrachtet man diese als Kasuspräposition, unterscheidet sich die lexikalische Statusrektion der Präposition „vor" in dem Beispiel, „die Angst vor dem Elfmeter", in bezug auf die morphosyntaktische Markierung als solche nicht von der Kasusrektion „Akkusativ" in dem Beispiel, „er liebt das Mädchen". Ebenso wie der regierte Akkusativ nicht isoliert im Anschluß an das Verb „lieben" vorkommen kann, sondern an einer lexikalischen Einheit realisiert sein muß, kann auch eine Kasuspräposition nicht isoliert im Anschluß an ein Substantiv vorkommen, sondern muß innerhalb einer PP stehen. Diese Überlegungen lassen sich in zwei Analyseschritten an zwei weiteren Beispielen demonstrieren. In (23) liegt eine PPA-Konstruktion vor, in (24) eine AAB.183

181 182 183

Vgl. Wiegand (1996:134). Vgl. Wiegand (1996:133f.). Darüber hinaus wird es natürlich erforderlich sein, die Zusammenhänge auch auf breiter empirischer Basis zu prüfen.

114

(23) (24)

seine KRITIK AN dem Urteil seine Dachrinne AN DEM HA US

Der Sachverhalt, der (23) zugrunde liegt, besteht in einer Handlung „kritisieren", die als semantisch-logisches Prädikat zwei Argumente hat, nämlich ein Agens (x,), das die Handlung „kritisieren" initiiert, und ein Thema (yj), das das Objekt der Handlung ist. Kritik (x„ y):

kritisieren (x„ yß:

x, (Agens), y¡ (Thema)

Das Deverbativum „Kritik" ist ein relationales Substantiv, das die Argumentstellen des Basisverbs übernimmt. Für die Agensrolle liegen auf der semantischen Valenzebene Selektionsrestriktionen vor, da es sich bei der Besetzung von (x,) um ein Lebewesen, in der Regel um einen Menschen, handeln muß. Die NP, in der (x,) steht, wird in (23) mit Hilfe der syntaktischen Kategorie Possessivpronomen besetzt, das in der syntaktischen Funktion Attribut steht. Die Agensrolle ließe sich auch durch eine NP, bestehend aus Artikel plus Substantiv, besetzen, wobei diese NP ein genitivus subiectivus wäre („die Kritik des Mannes ..."). Das zweite Argument (y¡) wird auf der syntaktischen Ebene durch eine PP realisiert, die aus den syntaktischen Kategorien Präposition, Artikel und Substantiv gebildet ist und deren syntaktische Funktion das PPA ist. Morphosyntaktisch wird dieses PPA durch die Kasuspräposition „an" markiert, während die NP innerhalb der PP durch den Kasus Dativ markiert ist. Die Verhältnisse innerhalb der PPA-Konstruktion lassen sich aus einer Paraphrasierung mit dem Basisverb „kritisieren" ableiten, z. B. Jemand kritisiert das Urteil". Die Konstituente, in der die Agensrolle vorkommt, wird hier von der syntaktischen Kategorie Indefinitpronomen ausgefüllt, deren syntaktische Funktion Subjekt ist. Die Rolle Thema wird von einer NP besetzt, die aus den syntaktischen Kategorien Artikel und Substantiv besteht und die syntaktische Funktion Objekt innehat. Die morphosyntaktische Markierung ist beim Subjekt der Nominativ, beim Objekt die Kasusmarkierung Akkusativ. Beide Konstituenten sind obligatorische Ergänzungen. Die in (24) sichtbaren Strukturen, d. h. die morphosyntaktischen Markierungen der einzelnen Konstituenten, sind die gleichen wie in (23). Jedoch handelt es sich bei „Dachrinne" um ein absolutes Substantiv, das keine zusätzlichen Argumentstellen besitzt und nicht auf ein Basisverb zurückfuhrbar ist. Das Possessivpronomen „seine" steht für einen genitivus possessivus, der die syntaktische Funktion Attribut besitzt. Die PP („an dem Haus") setzt sich aus einer Präposition plus einer NP zusammen, wobei die NP im Dativ steht. Die syntaktische Funktion der PP ist im Gegensatz zu der PP „an dem Urteil" (vgl. (23)) eine AAB, die als Angabe zu bezeichnen ist. Die Unterschiede in (23) und (24) sind nicht anhand topologischer oder morphosyntaktischer Merkmale, sondern auf der Basis der Derivationsverhältnisse und der unterschiedlichen Argumentstrukturen der präponierten Substantive bestimmbar. Dies kann mit Hilfe der Darstellung der unterschiedlichen Rektionsverhältnisse in (23) und (24) bestätigt werden. In (23) wird von dem Substantiv „Kritik" eine Leerstelle eröffnet, weil z. B. eine Phrase „seine Kritik ist vernünftig" impliziert, daß es im Kontext eine Erwähnung dessen geben muß, woran die Kritik geübt wird. Die Besetzung der Leerstelle in (23) ist fakultativ und erfolgt durch eine PP. Dabei liegt Statusrektion vor, weil die Präposition „an" keinen Kasus trägt, die Rektion also nicht durch ein Kasusaffix am Rektum erkennbar ist. Die Statusrektion ist eine lexikalische, weil nicht die Kategorie Präposition statusregiert wird,

115 sondern eine bestimmte Präposition, nämlich „an".184 Die Relation zwischen dem Substantiv „Kritik" und dem PPA ist nicht eine syntaktisierte, weil die Leerstelle, die von „Kritik" eröffnet wird, auch anders, ζ. B. mit Hilfe einer NP, besetzt werden kann. Diese müßte jedoch kasusmarkiert sein, das morphosyntaktische Merkmal muß „Genitiv" lauten, so daß Kasusrektion vorliegt („die Kritik des Urteils"). Im Gegensatz zu der obigen Substitution des Possessivpronomens durch eine NP als genitivus subiectivus („die Kritik des Mannes ...") handelt es sich hier um einen genitivus obiectivus. Für die syntaktische Realisierung der Relation zwischen den beiden Argumenten (x,) und (yj) liegen somit mindestens zwei Varianten vor. die Verwendung des Genitivs oder der regierten Präposition. Im Gegensatz dazu eröffnet in (24) „Dachrinne" keine Leerstelle für eine fakultative Ergänzung, und es liegt keine lexikalische Statusrektion für die Präposition „an" vor, sondern eine Modifikation des Substantivs „Dachrinne", indem in der nachfolgenden PP angegeben wird, wo sich die Dachrinne befindet. Kasusrektion liegt auch hier innerhalb der PP vor, weil die Präposition „an" den Kasus der nachfolgenden NP regiert. Sicherlich finden sich auch PPA-Konstruktionen, in denen keine alternativen Leerstellenbesetzungen möglich sind, so daß man der Vorstellung von einer Syntaktisierung näher kommt. Die PPA-Konstruktion wäre dann als eine eigene grammatische Konstruktion zu betrachten, die syntaktisch und semantisch zwischen den AABen und den festen Wendungen anzusiedeln ist. Die Abgrenzungen müssen offensichtlich sehr vorsichtig vorgenommen werden, können nicht ausschließlich auf der Basis grammatikographischer Überlegungen entschieden werden und bedürfen einer systematischen Evaluierung durch Corpusbelege. Jedoch bleibt die theoretische Diskussion in bezug auf eine Unterscheidung von (23) und (24) lediglich verständlich, einsehbar und nachvollziehbar, da eine unabhängige Instanz fehlt, die eine intersubjektive Überprüfbarkeit gestattet, in welcher komplexen NP eine regierte Präposition vorliegt. In den Beispielen wird vor allem das Kriterium der Derivation benutzt, wobei man nicht mit Sicherheit festsetzen kann, wie groß der semantisch-pragmatisch motivierte Ermessensspielraum ist, wenn man über die Zahl und Art der Argumentstellen zu einem Substantiv bzw. zu dem jeweiligen Basisverb befinden muß. Darüber hinaus bleibt offen, auf welche Weise nicht abgeleitete Substantive (ζ. B. „Recht", „Appetit"), die ebenfalls Präpositionen regieren können, von absoluten Substantiven unterscheidbar sind.185 Außerdem liegt für eine Unterscheidung zwischen freien Angaben, die im Anschluß an Deverbativa stehen, und fakultativen Ergänzungen, die im Anschluß an Deverbativa stehen, lediglich ein theoretisches Konzept vor, mit dessen Hilfe die semantischen und syntaktischen Verhältnisse beschrieben werden können. Es wird also erforderlich sein, Testrahmen zu formulieren, mit denen man weitgehend unabhängig von dem in einer komplexen NP stehenden Substantivtyp PPA-Konstruktionen von anderen Konstruktionen abgrenzen kann. Zu diesem Zweck sollen für die

184

185

Kasusrektion liegt nur innerhalb der PP vor, weil die Präposition „an" den Kasus der nachfolgenden NP regiert. Daß diese Substantive in der Tat Präpositionen regieren können, weiß der Muttersprachler mit ziemlicher Sicherheit. Gleichwohl ist nicht eindeutig geklärt, warum oder aufgrund welchen grammatischen, semantischen oder anderen (nicht)linguistischen Wissens er dies weiß.

116

einzelnen in komplexen NPn vorkommenden Konstituenten terminologische Festlegungen erfolgen, so daß die unterschiedlichen syntaktischen Funktionen eindeutig benannt werden können.

4

Das Präpositionalattribut in dieser Arbeit

Die Bezeichnungen fiir die Konstituenten, die in PPA-Konstruktionen oder in konkurrierenden syntaktischen Konstruktionen vorkommen, sind in der bisherigen Darstellung relativ vage geblieben. Im folgenden soll eine Terminologie festgelegt werden, die im Einklang mit den grammatiktheoretischen Überlegungen steht und die eine exakte Deskription der in PPA-Konstruktionen vorkommenden Konstituenten inklusive ihrer syntaktischen Funktionen gewährleistet. Dabei werden die vortheoretischen terminologischen Entscheidungen in SCHIERHOLZ (1996a) sowie die Erweiterungen und Präzisierungen in WIEGAND (1996) als Ausgangspunkt genommen. 1 Zu den syntaktischen Funktionen der Hauptbestandteile von PPA-Konstruktionen, Substantive und Präposition, sind in Kapitel 3 grundlegende Überlegungen angestellt worden; hier sollen zunächst Aspekte zur Wortart Präposition und zur Wortart Substantiv ergänzt werden, so daß sich die Besonderheiten der Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen besser erfassen lassen.

4.1

Präpositionen

Der grammatische Terminus „Präposition" ist dem gleichbedeutenden lateinischen Wort praepositio („das Voransetzen") entlehnt, welches aus dem lateinischen prae-ponere („voranstellen", „voransetzen") gebildet ist. Betrachtet man die Stellungseigenschaften der Präpositionen, so ist der Terminus Präposition ein Sammelbegriff für Präpositionen („auf', „in", „über", „um", „zu"), Postpositionen („entlang", „halber") und Circumpositionen („um ... herum", „von ... ab"). A m häufigsten kommt die Präposition präponiert vor, und im folgenden kann der Terminus allein deswegen auf die Prä-Stellung beschränkt werden, weil nur diese in PPA-Konstruktionen auftritt. Logisch-semantisch gesehen sind Präpositionen zwei- oder mehrstellige Rektoren, weil sie zwei oder mehr Sachverhalte miteinander verbinden. 2 Präpositionen sind in der deutschen Sprache selbständige Wörter, die als freie Formen im Satz auftreten können. Sie werden als „Verhältniswörter" bezeichnet, weil sie die Aufgabe haben, das Verhältnis zwischen Größen bzw. Sachverhalten anzugeben. 3 Präpositionen werden aber auch Beziehungswörter, Relatoren, Funktionswörter, Junktoren oder grammatische Verbinder genannt. 4 Solange man die Fachtermini nicht zu sehr in ihrer Bedeutung einschränkt, können sie nebeneinander und ohne wesentliche Differenzierung stehenbleiben, obwohl das In-Beziehung-setzen von Sachverhalten, wenn es - wie oftmals der Fall - auf lokale,

1 2 3 4

Vgl. Schierholz (1996a:150f.); Wiegand (1996:115f.). Die Präposition „zwischen" ist semantisch dreiwertig; vgl. u. a. Eroms (1991:41f.). Vgl. u. a. Hentschel/Weydt (1990:249); Duden (1995:375). Vgl. u.a. Brinkmann (1971:139); Eroms (1981:148f); Weinrich (1993:612); Lauterbach (1993:113); Heringer ( 1996:131 ).

118 temporale, modale oder kausale Verhältnisse beschränkt bleibt, nur einen Ausschnitt der Verwendungsweisen von Präpositionen erfaßt; es gilt weniger für PPOe, in denen die Präposition zur Kennzeichnung eines Objektanschlusses dient und in erster Linie die syntaktische Relation herstellt. Präpositionen sind im Deutschen hochfrequent, aber die Streuung der einzelnen Frequenzwerte von Präpositionen ist sehr breit. Es gibt wenige Präpositionen (ζ. B. „an", „aus", „bei", „für", „in", „mit", „nach", „von", „zu"), die besonders häufig auftreten und von denen acht unter den 30 häufigsten Wörtern des Deutschen zu finden sind,5 während viele andere Präpositionen (ζ. B. „angesichts", „dank", „kraft", „zufolge") relativ selten vorkommen. Bei einer Wortartenbestimmung zur deutschen Sprache ist die Wortart „Präposition" immer vertreten, und in nahezu allen Grammatiken und Wörterbüchern gelten Präpositionen als eine eigene Wortart, auch wenn sie den Partikeln subsumiert werden.6 Jedoch ist nicht immer ganz klar, welche Extension die Wortart „Präposition" besitzt und wie das Verhältnis der Präpositionen zu anderen Wortarten zu sehen ist. Deswegen schwanken die Angaben zur Anzahl der Präpositionen des Deutschen erheblich, „zwischen 27 und der - wohl realistischeren - Zahl von ca. 200"7. Uneinig ist man sich u. a. bei der Abgrenzung der Präpositionen von Adjektiven, Adverbien, Konjunktionen, Partizipien, vom Verbpräfix und Verbzusatz.8 Topologisch gesehen können Präpositionen vor Substantiven (1), NPn ((2), (3)), Adjektiven ((4), (5)), Adverbien (6), Pronomen (7) und PPn (8) stehen und an Substantive ((l)-(4)), Verben ((7), (8)) oder Adjektive (9) angeschlossen sein. Am häufigsten stehen Präpositionen jedoch vor NPn. (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (8) (9)

eine Stange A US Eisen die Angst VOR dem Examen der Flug ÜBER die A Ipen die Siege ÜBER ersatzgeschwächte Gegner etwas FÜR gut halten ein BIS heute andauernder Ruhm Wir sorgen FÜR ihn. Sie warteten BIS zum heutigen Tag. Sie ist eifersüchtig A UF die Nebenbuhlerin.

Präpositionen kommen weder als Satzglied noch als Attribut vor und stehen nicht vor Verben und Sätzen.9 Nur in wenigen Fällen können Präpositionen auch allein auftreten, ζ. B., wenn in Ausrufen mit imperativem Status („Auf!") jemand aufgefordert wird,

5

6 7 8

9

Frequenzen nach Meier (1978b:l 12). Abtrennbare Präfixe werden dabei nicht gesondert berücksichtigt. Vgl. u. a. Jespersen (1924:87ff.); Duden (1984:90f.); Hentschel/Weydt (1990:24811.). Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:2075). Vgl. u.a. Behaghel (1924:23f.); Helbig/Buscha (1972:362); Bouillon (1984:4ff.); Schaeder (1985:279). Vgl. Bouillon (1984:8f.); Duden (1995:376).

119 aufzustehen oder sich fortzubewegen.10 Dennoch ist eine Präposition innerhalb eines Satzes leicht identifizierbar, weil die Präposition im Satz eine Position einnimmt, die in der Regel nur durch eine andere Präposition besetzt werden kann. Vom morphologischen Standpunkt her gesehen sind die meisten Präpositionen unflektierbar, auch wenn einige Präpositionen mit enklitischem Artikel vorkommen können (z. B. für „an" die präpositionalen Portmanteauformen „am" und „ans", fur „in" die Formen „im" oder „ins").11 Um die Gesamtmenge der Präpositionen in unterschiedliche Gruppen einzuteilen, können verschiedene Kriterien angesetzt werden. Präpositionen können u. a. nach ihrem Alter, nach ihrer potentiellen Zugehörigkeit zu anderen Wortklassen, nach ihren Rektionseigenschaften, nach ihrer Semantik oder nach ihrer syntaktischen Funktion differenziert werden. In bezug auf das Alter lassen sich die Präpositionen des Deutschen in zwei Klassen einteilen. Die eine Klasse enthält die älteren, die primären Präpositionen, die auch als Adverbialpräpositionen bezeichnet werden (z. B. „an", „auf', „aus", „bei", „in", „neben", „über", „unter"), die andere Klasse enthält die jüngeren, die sekundären Präpositionen.12 Die primären Präpositionen sind aus den Lokaladverbien entstanden, bilden eine geschlossene Wortklasse und regieren den Dativ oder Akkusativ. Diese Präpositionen können sowohl als lexikalische als auch als regierte Präposition auftreten. Die sekundären Präpositionen haben sich zu späteren Zeitpunkten entwickelt. Es handelt sich dabei um eine offene Wortklasse, deren Mitglieder aus Formen des Partizip Präsens (ζ. B. „entsprechend", „während"), aus Adverbien (ζ. B. „rechts"), aus Substantiven (ζ. B. „dank", „kraft"), aus Substantiven unter Hinzufügung der Genitivform ,,-s" (ζ. B. „anfangs", „mangels") gebildet worden sind oder aus Zusammensetzungen (ζ. B. „infolge", „aufgrund", „auf Grund") bestehen. Hinzu kommen komplexe Derivationen, bei denen es sich um denominale Bildungen handelt, die mit dem Adjektivsuffix „-lieh" verbunden werden (ζ. B. „anläßlich", „bezüglich").13 Da die Präpositionen den Kasus der ihnen nachfolgenden NP regieren, kann man Präpositionen danach einteilen, welchen Kasus oder welche Kasus sie regieren. Bei einigen wenigen Präpositionen bleibt die Kasusrektion undeutlich (ζ. B. ,je", „pro"), weil ihnen meist eine artikellose NP angeschlossen ist. Einige Präpositionen regieren nur einen Kasus (ζ. B. „durch", „für", „gegen", „um" nur den Akkusativ, „bei", „mit", „von", „zu" nur den Dativ, „infolge" nur den Genitiv), andere Präpositionen zwei Kasus (z. B. „an", „auf', „über" den Dativ oder Akkusativ, „dank", „kraft" den Genitiv oder Dativ), „entlang" sogar drei Kasus, wenn auch in Abhängigkeit von der Stellung als Prä- oder Postposition. Der Genitiv wird vor allem von den sekundären Präpositionen regiert und nur von den lexikalischen Präpositionen, aber nicht von Präpositionen, die selbst regiert werden. Verbunden mit der Genitivrektion ist häufig eine kausale, manchmal auch eine lokale Bedeutung der PP.14 Dativ und Akkusativ werden meist von den primären Präpositionen 10 11 12

13 14

Vgl. Brinkmann (1971:40). Vgl. u.a. Schaeder (1985:280). Vgl. u. a. Paul (1957:3f.); Admoni (1982:137); Bouillon (1984:4); Buscha (1984:146); Heibig/ Buscha (1988:402f.). Vgl. u. a. Hentschel/Weydt ( 1990:249f.); Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:2075). Vgl. Admoni (1982:137).

120 regiert. Beide Kasus können sowohl nach lexikalischen als auch regierten Präpositionen vorkommen. Präpositionen können verschiedene Bedeutungen haben. Da es dabei aber nicht nur um die Polysemie geht, sondern auch um konkrete vs. abstrakte Bedeutungen der Präpositionen und da die semantischen Eigenschaften von Präpositionen in einem engen Zusammenhang mit deren syntaktischen Funktionen stehen, sollte man besser von unterschiedlichen Verwendungsweisen einer jeweiligen Präposition sprechen, solange die syntaktische Perspektive im Vordergrund steht. Dies läßt sich anhand der Einteilung der Präpositionen in Verwendungsweisen als regierte und nicht-regierte Präpositionen darlegen. Innerhalb der nicht-regierten präpositionalen Verwendungsweisen ist im Zusammenhang mit der Binnenstruktur der PPA-Konstruktion in erster Linie die Verwendungsweise als lexikalische Präposition von Belang. Alle Präpositionen, die als regierte auftreten können, können auch als lexikalische erscheinen, aber umgekehrt gilt dies nicht. Für die lexikalischen Präpositionen wird stets eine Bedeutungshaltigkeit angenommen. Dabei lassen sich neben den lokalen, direktionalen, temporalen und modalen Bedeutungen je nach Differenzierungstiefe auch adversative, distributive, finale, instrumentale, kausale, komitative, konditionale, konfrontative, konsekutive, konzessive, partitive, restriktive, substitutive oder thematisch-relationale Bedeutungen unterscheiden.15 Man kann auf der einen Seite zeigen, daß die Präpositionen ihre Einzelbedeutung erst im Zusammenspiel mit der Bedeutung der in der PP stehenden NP erhalten, so daß man von Adverbialen, adverbialen Bestimmungen oder Angaben spricht, unterschieden u. a. nach Ortsangaben („vor dem Haus"), Zeitangaben („vor zwei Wochen"), Kausalangaben („vor Angst"). Daraus ergibt sich, daß man die in den PPn vorkommenden Substantive danach untersuchen kann, zu welchen Bedeutungen der Präpositionen sie vorkommen, ζ. B. „Baum" nur nach lokalen Präpositionen oder das Substantiv „Jahr" nur nach temporalen Präpositionen.16 Eindeutige Gruppierungen lassen sich in der Regel allerdings nur mit den sekundären Präpositionen vornehmen, so daß sich aufgrund der Kombinationen bestimmter Präpositionen und bestimmter Substantive Restriktionen in bezug auf die jeweiligen Inhalte der PPn ergeben können. Auf der anderen Seite kann man gerade anhand der Präpositionen zeigen, wie durch sie der Unterschied bestimmter Sachverhaltsbeschreibungen hergestellt wird (vgl. (10)-(14)). (10) (11) (12) (13) (14)

15

16

AUF den Stuhl UNTER den Stuhl VOR dem Stuhl NEBEN dem Stuhl ÜBER dem Stuhl

Vgl. u.a. Helbig/Buscha (1988:412ff.); Hentschel/Weydt (1990:250f.); Weinrich (1993:613); Lauterbach (1993:115f.); Zifonun/Hoflmann/Strecker (1997:45 und 2110). Vgl. Schweisthal (1971:23ff ).

121

Diese lokalen Bedeutungen der lexikalischen Präpositionen sind „regionenkonstituierend" und ermöglichen somit eine Orientierung im Raum, die an die Möglichkeiten der menschlichen Wahrnehmung gebunden sind.17 Ähnliche Differenzierungen sind mit Hilfe temporal gebrauchter Präpositionen möglich, indem eine zeitliche Orientierung hergestellt wird ((15)-(17)). (15) (16) (17)

VOR dem Abendessen WÄHREND des Abendessens NA CH dem A bendessen

Lexikalische Präpositionen können den Genitiv, Dativ und Akkusativ regieren. In manchen Fällen ist die Zuordnung einer Bedeutung zu einem Kasus eindeutig möglich; ζ. B. drückt „wegen" in der Phrase „wegen des Nebels" ein kausales Verhältnis aus.18 Für den Akkusativ und Dativ gilt generell, daß mit der Rektion des Akkusativs entstehende Verhältnisse formuliert werden, während mit der Rektion des Dativs bestehende Verhältnisse ausgedrückt werden.19 Wenn Präpositionen mehrere Kasus regieren können, ist oftmals schon anhand des Kasus der nachfolgenden NP die Bedeutung zu erkennen. So entspricht der Kasuswechsel bei den lokal verwendeten Präpositionen, „an", „auf', „hinter", „in", „neben", „über", „unter", „vor", „zwischen", den jeweiligen Bedeutungen der PP: lokal-stationär mit Dativrektion und direktional mit Akkusativrektion der NP.20 Diese Zuordnung gilt aber nicht prinzipiell für alle Präpositionen, weil ζ. T. auch bei Dativrektion entstehende Verhältnisse formuliert werden können.21 Eine Präposition, die in der Verwendungsweise als regierte auftritt, wird auch als gebundene Präposition oder Kasuspräposition bezeichnet, weil sie mit dem präponierten Lexem eine Einheit bildet, obwohl sie ebenso wie die lexikalische Präposition der Kopf der PP ist. Für die Einheit, Substantiv plus Präposition, bedeutet dies, daß sie als Ganzes gelernt werden muß.22 Aus diesem Grunde wird auch von der idiosynkratischen Bindung der regierten Präposition an das Substantiv, das als Regens fungiert, gesprochen.23 Die Kasusmarkierungen für die NP, die von einer regierten Präposition regiert wird, können der Dativ und der Akkusativ sein. Regierte Präpositionen sind immer Präpositionen der primären Schicht.24 Inwieweit regierte Präpositionen eine Bedeutung besitzen, ist umstritten. Einige Autoren halten die regierten Präpositionen für bedeutungsleer, nur die Tatsache der syntaktischen Beziehung ausdrückend, aber nicht deren Inhalt,25 für semantisch entleert

17 18 19 20 21 22 23 24

25

Vgl. u. a. Zifonun/Hoffinann/Strecker (1997:2099). Vgl. Buscha (1984:145f.). Vgl. u. a. Fries (1988b:334f.); Eroms (1991:41). Vgl. u. a. Zifonun/Hoffinann/Strecker (1997:2107). Vgl. Buscha (1984:148): „Er setzte sich zu seinen Freunden." Dies entspricht dem Mitlernen des Kasus, der von einem Verb regiert wird. Vgl. u. a. Fries (1988b:333); Schierholz (1996a:166 passim); Wiegand (1996:111). Dies gilt, solange man „gegenüber" nicht zu den regierten Präpositionen rechnet. Dies ist in der Regel der Fall, wird aber hier anders gehandhabt; vgl. Kapitel 5.3. Vgl. u. a. Admoni (1982:136f.); Buscha (1984:146).

122 oder weitgehend ohne Bedeutung. 2 6 Andere Autoren gestehen auch den regierten Präpositionen eine mehr oder weniger abstrakte Bedeutung zu. 27 In bezug auf die PPA-Konstruktion wird weiter unten zu untersuchen sein, welche Bedeutungshaltigkeit bei regierten Präpositionen vorliegt und auf welche Weise sich diese systematisieren läßt.

4.2

Substantive

Der Terminus „Substantiv" stammt von dem lateinischen substantivus („für sich selbst Bestand habend"). Substantive sind Autosemantika und Konkreta, wenn sinnlich wahrnehmbare Erscheinungen („Fluß", „Schrank", „Lehrer") bezeichnet werden, bzw. Abstrakta, wenn Vorgänge, Zustände, Eigenschaften, Beziehungen u. ä. gemeint sind („Zuzug", „Angst", „Blässe", „Verlobung"). 28 Substantive werden auch als Nomina bezeichnet, obwohl der Begriff „Nomen" auch als eine Sammelbezeichnung für alle deklinierbaren Wortarten aufgefaßt werden kann oder als Bezeichnung für Substantive und Adjektive gilt. 29 In der aktuellen deutschen Schriftsprache werden Substantive in der Regel mit großem Initial geschrieben und sind daher bei automatischen Corpusanalysen auf einfache Weise identifizierbar. 30 Von allen Wortarten des Deutschen stellen die Substantive die umfangreichste Menge dar. Substantive sind durch ein inhärentes Genus gekennzeichnet, welches das Genus eines vom jeweiligen Substantiv dependenten Artikels, attributiven Adjektivs oder einer Anapher bedingt. Eine Reihe von Substantiven kann auch mit doppeltem Genus auftreten. 31 Das morphologische Paradigma der Substantive umfaßt vier Kasus und zwei Numeri. Substantive, die im Numerus eingeschränkt sind, sind Singulariatantum

26

27

28 29

30

31

Vgl. u. a Heringer (1968:434); Steinitz (1969:83); Wellmann (1985:378f.); Buscha (1984:146 passim); Eroms (1991:39). Vgl. u.a. Kühn (1983:49ff.); Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:2113ff.); Schierholz (1998a:90ff.). Vgl. u. a. Helbig/Buscha (1988:230f ); Engel (1996:500). Möglicherweise haben auch die aus dem Englischen stammenden Abkürzungen, „S", „N" und „NP", die schon in der Generativen Grammatik älteren Datums verwendet wurden, dafür gesorgt, daß der Begriff „Nomen" in grammatischen Arbeiten des Deutschen immer häufiger anzutreffen ist. Die Abkürzung für das englische Lexem „substantive" müßte „S" lauten, aber dieser Buchstabe ist für „sentence" reserviert, so daß es sich aus mnemotechnischen Gründen anbietet, die Buchstaben „N" für „noun" bzw. „NP" für „noun phrase" zu verwenden. Während nun im Deutschen der Begriff „Nomen" trotz seiner unterschiedlichen Bedeutungsextension kaum Verständnisprobleme aufwirft, kann man beim Terminus „Nominalphrase" feststellen, daß er fur Erstsemester der Linguistik häufig etwas Rätselhaftes darstellt. Auf Sonderregelungen in der Orthographie braucht hier im Zusammenhang mit den geplanten Untersuchungen nicht eingegangen zu werden. Vgl. u. a. die Listen bei Helbig/Buscha (1988:27411); Duden (1995:205fl~.).

123 („Gelächter", „Menschheit"), Pluraliatantum („Alpen", „Leute") und Stoffnamen („Gold": „•Golde", „Milch": „*Milche"). 32 Substantive kann man hinsichtlich der unterschiedlichen Flexionsklassen ordnen, in denen sie stehen. Dabei kann zwischen „starker", „schwacher", „gemischter" und „adjektivischer Deklination" unterschieden werden.33 Die Kasusmarkierungen dienen vor allem zur Erkennung der jeweiligen syntaktischen Funktionen, in denen ein Substantiv in einem Satz oder in einer Phrase vorkommt. Unter Berücksichtigung der syntaktischen Funktionen sollte man neben den reinen Kasus, Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ, auch die Präpositionalkasus, subdifferenziert nach der jeweils vorkommenden Präposition, berücksichtigen. Substantive stehen in NPn und sind der Kopf der jeweiligen NP,34 so daß attributive Adjektive und Artikel im Numerus und Kasus mit dem Substantiv kongruieren. Hinsichtlich der syntaktischen Funktion können die NPn selbst Satzglieder sein oder Konstituenten von Satzgliedern. Sie können u. a. als Subjekt, direktes Objekt (Akkusativobjekt), indirektes Objekt (Dativobjekt), als Prädikatsnomen, Genitivattribut oder als Konstituenten in PPn (Adverbial oder PPA) vorkommen.35 Einige Substantive eröffnen für Ausdrücke innerhalb der NP Leerstellen, deren Besetzung durch eine NP (genitivus subiectivus. genitivus obiectivus), eine PP (PPA) oder durch einen Nebensatzanschluß (ζ. B. daß-Satz, wie-Satz, Infinitivsatz) realisiert werden kann.36 In Hinsicht auf die Semantik können Substantive nach Gattungsnamen, Stoffnamen, Kollektiva und Eigennamen differenziert werden,37 obwohl die Unterteilungen in den Grammatiken auf recht unterschiedliche Weise vorgenommen werden. Gattungsnamen (auch: Appellativa, Individuativa) bilden die größte Klasse unter den Substantiven und bezeichnen die konkreten Objekte der uns umgebenden Realität (z. B. „Stuhl", „Buch", „Esel", „Hammer", „Baum"). Stoffnamen (auch: Kontinuativa) bezeichnen Substanzen jeder Art, sind nicht zählbar und können im Singular ohne Artikel oder ein anderes Determinans vorkommen (z. B. „Öl", „Stahl", „Papier", „Schwefel"). Eigennamen benennen individuelle Größen, können nur eingeschränkt den Plural bilden und können im Singular ohne Artikel vorkommen. Häufig werden auch die Sammelnamen (Kollektiva) als eigene Klasse aufgefaßt, weil sie eine Vielheit von etwas (Lebewesen, Objekte) ausdrücken (z. B. „Bevölkerung", „Gebirge"). Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß Substantive häufig polysem sind und oftmals erst durch den Kontext ihre jeweilige Bedeutung erhalten, so daß eine Einteilung der Substantive bei Berücksichtigung der Einzelbedeutungen unterschiedlich ausfallen kann. Von anderen Wortarten abgeleitete Substantive (Deverbativa und Deadjektiva) kann man nach nomina actionis („Befragung", „Sucherei"), nomina acti („Auslese",

32

Vgl. Engel (1996:503); Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:28f.).

33

Vgl. u. a. Eisenberg (1994:151ff.); Wahrig (1994:17ff ).

34

Auf die Betrachtung von nomenhaltigen Phrasen als DP, in denen der strukturelle Kopf der Phrase das Determinans ist, wird hier nicht eingegangen; vgl. u. a. Bhatt (1990:18fF).

35

Vgl. u. a. Bhatt (1990:2f.); aber auch Helbig/Buscha (1988:282ff.) mit feinerer Differenzierung und anderer Terminologie.

36

Vgl. Engel (1996:505); Zifonun/HofTmann/Strecker (1997:31).

37

Vgl. u.a. Helbig/Buscha (1988:230f., 276ÍT.); Eisenberg (1994:176ff.); Duden (1995:19211); Engel (1996:504); Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:32).

124 „Zeichnung"), nomina agentis („Dirigent", „Sparer"), nomina patientis („Aufkleber", „Findling") und nomina qualitatis („Blässe", „Verlegenheit") unterscheiden. 38 Wenn Substantive als Komposita vorkommen, so können diese je nach der Art ihrer Zusammensetzung als Kopulativkomposita (z. B. „Strichpunkt") und Determinativkomposita („Haustür", „Papstbesuch") unterschieden werden. 39 Bei der Suche nach Substantiven, die in PPA-Konstruktionen vor der regierten Präposition stehen, können die genannten Merkmale der Substantive in unterschiedlicher Weise eine Rolle spielen. In erster Linie wird es um Simplizia gehen, und oft wird es sich dabei um Deverbativa und Deadjektiva handeln. Es kann jedoch erst auf der Basis der empirischen Analysen eine Systematik erstellt werden, in der erkennbar wird, welche Typen von Substantiven vorkommen und welche Eigenschaften die jeweiligen Substantive aufweisen.

4.3

Zur Terminologie

Für den weiteren Gang der Untersuchung gelten die nachfolgenden terminologischen Festlegungen, die sich aus den obigen Überlegungen herleiten lassen. Gegenstand der Untersuchungen sind NPn, die mindestens aus einer NP plus einer PP bestehen. Diese NPn werden wie bisher als komplexe NPn bezeichnet. Eine Spezifikation in bezug auf die syntaktische Funktion der komplexen NP oder in bezug auf die Funktionen der einzelnen Konstituenten ist dadurch noch nicht vorgenommen. Als PPA-Konstruktion gelten die folgenden komplexen NPn ((18)-(20)), die im idealen Fall nur aus der präponierten NP, der Präposition und der postponierten NP bestehen. (18) (19) (20)

die WUT A UF den Lehrer die ANGST VOR einem Unfall ein VERLUST AN Lebensqualität

Die präponierten NPn sind „die Wut", „die Angst" bzw. „ein Verlust", die PPn sind „auf den Lehrer", „vor einem Unfall" bzw. „an Lebensqualität". Die einzelnen Konstituenten und Phrasen erhalten unter Berücksichtigung ihrer syntaktischen Funktionen die folgenden Denominationen: 1. Präpositionalattributskonstruktion (= PPA-Konstruktion) heißt die gesamte aus fünf - bzw. in (20) vier - Lexemen bestehende Phrase; die Determinantien sind nicht notwendiger Bestandteil der Konstruktion (vgl. (20)). 2. Vorgänger-NPppA heißt die NP, die in einer PPA-Konstruktion vor der Präposition steht („die Wut" in (18), „die Angst" in (19), „ein Verlust" in (20)). 3. Das Substantiv, das in der Vorgänger-NP PPA die nachfolgende Präposition regiert, heißt RektionssubstantivppA (z. B. „Wut" in (18)).

38 39

Vgl. Engel (1996:504f.). Vgl. u. a. Duden (1995:466ff.); Engel (1996:519).

125 4. Nachfolger-NPppA heißt die NP, die in einer PPA-Konstruktion nach der Präposition steht (in (18) „den Lehrer"). 5. NachfolgersubstantivppA heißt das Substantiv in der Nachfolger-NP PPA (ζ. B. „Unfall" in (19)). 6. Präposition PPA (= PPPA) heißt das Lexem, das die Vorgänger-NP PPA und die Nachfolger-NP PPA zueinander in Beziehung setzt und das von dem Rektionssubstantiv PPA regiert wird. 7. Präpositionalattribut (= PPA) heißt die Phrase, die der Vorgänger-NP PPA postponiert ist, die aus der P PPA und der Nachfolger-NP PPA besteht und die von dem Rektionssubstantiv PPA hinsichtlich der P PPA regiert wird und hinsichtlich der Nachfolger-NP PPA bestimmten semantischen Restriktionen unterliegen kann. Zu diesen grundsätzlichen Festlegungen ist die folgende Ergänzung zu machen. In den Punkten eins bis sieben wird von einer idealisierten PPA-Konstruktion ausgegangen, die in dieser einfachen aus fünf oder weniger Konstituenten bestehenden Form in natürlichsprachlichen Texten vorkommen kann. Eine PPA-Konstruktion kann aber auch in komplexerer Form erscheinen. Aus diesem Grund wird zu Punkt eins eine Spezifikation vorgenommen, in der zwischen einer nackten PPA-Konstruktion und einer erweiterten PPA-Konstruktion unterschieden wird. 40 Es gilt: 1.1. Eine nackte PPA-Konstruktion liegt vor, wenn in der PPA-Konstruktion ausschließlich diejenigen Konstituenten enthalten sind, die für die grammatikalische Korrektheit der PPA-Konstruktion notwendig sind, in (18) und (19) fünf Lexeme, in (20) vier Lexeme. 1.2. Eine erweiterte PPA-Konstruktion liegt vor, wenn zu den grammatikalisch notwendigen Konstituenten weitere nicht notwendige hinzutreten, ζ. B. Adjektive (18a) oder Genitivattribute (19a). (18a) diese SCHRECKLICHE Wut auf den NEUEN Lehrer (19a) die Angst DES FAHRSCHÜLERS vor einem Unfall Neben dieser Ergänzung sind zu den terminologischen Festlegungen die folgenden Erläuterungen zu geben. Um die Verhältnisse innerhalb einer PPA-Konstruktion präzise darstellen zu können, wird im Index, durch den die syntaktische Funktion der Bestandteile einer komplexen NP angezeigt wird, auch die jeweils gemeinte P PPA genannt, wenn speziell auf sie Bezug genommen wird bzw. wenn eine Aussage nur für diese eine P PPA gilt, aber nicht für die Klasse der PPPA. (21)

der EID A UF die Verfassung

Die PPA-Konstruktion in (21) enthält die P PPA „auf", so daß in einer präzisierten Indexnotation für diese Präposition zu schreiben ist: P P P A - A U F · In gleicher Weise wird die Indexnotation auf die anderen Konstituenten der PPA-Konstruktion angewendet. (22)

40

das BED ÜRFNIS NA CH Abwechselung

Vgl. Schierholz (1998a:60f.).

126 In (22) liegt das Rektionssubstantiv PPA _ NAC H „Bedürfnis", die

PPPA-NACH

und eine Nach-

folger-NPPPA.NACH mit dem NachfolgersubstantivPPA-NACH „Abwechselung" vor.

Wenn eine PPPA verschiedene Kasus regieren kann, wird in dem Index der von der PPPA regierte Kasus genannt. Dieser ist in Klammern zu setzen. (23) (24)

die ERINNERUNG AN die schöne junge Frau die ARBEIT AN einem großen literarischen Werk

Die Präposition „an" kann als PPPA sowohl den Dativ als auch den Akkusativ regieren, so daß für die Unterscheidung der ΡΡΡΑ.ΛΝ in (23) und (24) eine zusätzliche Markierung vorgenommen werden muß. Demnach regiert in (23) das RektionssubstantivPPA_AN „Erinnerung" die P P P A - A N ( A K K ) und in (24) das RektionssubstantivPPA-AN „Arbeit" die P P P A - A N ( D A T > weil in (23) „an" den Akkusativ regiert und in (24) den Dativ. Um die Terminologie möglichst einfach zu halten, wird der Terminus „PPA-Konstruktion" verwendet werden, solange im Zusammenhang mit den jeweiligen Untersuchungen eine Unterscheidung von „nackter" und „erweiterter PPA-Konstruktion" nicht erforderlich ist. Diese Unterscheidung kann notwendig werden, wenn zu bestimmten RektionssubstantivenPPA in erster Linie Corpusbelege mit erweiterten PPA-Konstruktionen extrahiert werden, so daß zum Zwecke einer effizienteren Bearbeitung die Reduktion auf die nackte PPA-Konstruktion angebracht erscheint. Diese Unterscheidung kann auch notwendig werden, wenn ein Corpusbeleg mit einer nackten PPA-Konstruktion semantische Unvollständigkeit aufweist, so daß es notwendig wird, in detaillierten Analysen die Bedingungen für die semantische Unvollständigkeit aufzudecken. Eine Reduktion auf die nackte PPA-Konstruktion ist in der Regel unproblematisch, wenn Genitivattribute oder attributive Adjektive in der Vorgänger-NPPPA oder NachfolgerNP ppa vorkommen. Liegen jedoch Unregelmäßigkeiten vor, die sich auf die syntaktische Struktur oder die Semantik beziehen, wird dies gesondert festgehalten. Dies kann der Fall sein, wenn das Weglassen des Adjektivs in der Vorgänger-NPPPA zu einer ungrammatischen PPA-Konstruktion führt oder die Nachfolger-NPPPA nicht auf die Hauptbestandteile reduziert werden kann (vgl. (25)). (25) einer KOMBINIERTEN Veranstaltung A US TENNIS UND ROCKKONZERT (25 ') # einer Veranstaltung A US TENNIS In diesem Corpusbeleg kann nur die erweiterte PPA-Konstruktion analysiert werden, aber nicht die nackte PPA-Konstruktion. Es kann jedoch auch den umgekehrten Fall geben, daß nämlich eine nackte PPA-Konstruktion nicht beliebig erweitert werden kann. So ist offensichtlich in (20) eine Genitivattributinsertion nicht möglich (20'), auch wenn man den unbestimmten Artikel in der Vorgänger-NPPPA durch einen bestimmten ersetzt (20"). (20) # EIN Verlust DES MANNES an Lebensqualität (20") # DER Verlust DES MANNES an Lebensqualität Die definitorische Festlegung des Terminus „RektionssubstantivPPA" ist die Konsequenz aus den grammatiktheoretischen Bedingungen, die in Kapitel 3 herausgearbeitet worden sind. Die Beziehung zur PPPA ist die einer lexikalischen Statusrektion. Es kann jedoch

127 nicht vor den empirischen Untersuchungen festgestellt werden, ob nur ein einziger Substantivtyp in der Funktion als RektionssubstantivPPA auftreten kann. Das Substantiv, das in der Vorgänger-NPppA oder in der Nachfolger-NP PPA steht, kann mit einem unbestimmten oder bestimmten Artikel oder ohne Artikel vorkommen. Die Weglaßbarkeit von Determinantien hängt in erster Linie davon ab, ob es sich bei dem jeweiligen Substantiv um ein Appelativum, Kontinuativum oder einen Stoffnamen handelt. Es geht also bei der nackten PPA-Konstruktion nicht darum, möglichst wenige Konstituenten zu haben, sondern darum, Vollständigkeit und grammatische Korrektheit unter Berücksichtigung der individuell vorkommenden Konstituenten in der PPAKonstruktion zu besitzen. Auf die Artikelverwendung wird nur in den Fällen eingegangen, in denen die Binnenstruktur der PPA-Konstruktion maßgeblich beeinflußt wird. In der Nachfolger-NP PPA kann ein Substantiv, ein Personalpronomen oder ein Indefinitpronomen vorkommen ((26)-(28)). (26) (27) (28)

die Suche nach der TOCHTER die Suche nach IHR die Suche nach ETWAS

Es sind Erweiterungen der Nachfolger-NP PPA durch einen Relativsatz möglich (vgl. (29), (30)); allerdings wird darauf nur gesondert eingegangen, wenn es für die Binnenstruktur der PPA-Konstruktion relevant ist. (29) (30)

die Suche nach der Tochter, DIE SEIT DEM KRIEG VERSCHOLLEN IST die Suche nach etwas, DAS ER GESTERN VERLOREN HA TTE

Manche P PPA (ζ. B. „an", „bei", „in", „vor", „zu") können mit dem nachfolgenden Artikel verschmelzen, so daß eine Portmanteauform vorliegt. Kommt eine solche Verschmelzung in einem Corpusbeleg mit PPA-Konstruktion vor, so wird darauf gesondert eingegangen, wenn die Binnenstruktur der PPA-Konstruktion dadurch verändert wird. Weitere Besonderheiten, die sich nur auf einzelne P PPA beziehen, werden in Kapitel 5 zu behandeln sein. Zur Erfassung der Binnenstruktur von PPA-Konstruktionen ist die Abgrenzung von anderen syntaktischen Konstruktionen eine Voraussetzung. Insbesondere betrifft das komplexe NPn, die der PPA-Konstruktion sehr ähnlich sind, die die gleiche Struktur aufweisen, in denen die Konstituenten jedoch andere syntaktische Funktionen innehaben. Derartige Konstruktionen sind bislang schon AAB genannt worden. In Anlehnung an die bisherigen Arbeiten 41 und in Abstimmung mit den oben vorgenommenen Festlegungen gelten fortan die folgenden Denominationen. 8. Eine Konstruktion mit einer attributiven adverbialen Bestimmung (= AAB-Konstruktion) ist eine komplexe NP, die aus einer NP und einer PP besteht, deren Präposition nicht von dem Substantiv regiert wird, das in der präponierten NP vorkommt. Die aus fünf Lexemen bestehenden komplexen NPn in (31) bis (33) sind AAB-Konstruktionen; die Determinantien sind nicht obligatorische Bestandteile der Phrasen. (31) 41

die Diskussion UNTER DER BR ÜCKE

Vgl. u. a. Duden (1995:641); Schierholz (1996a:151).

128

(32) (33)

der Überfall IN DER STADT die Feier AN DEM WOCHENENDE

9. Vorgänger-NPAAB heißt die NP, die in einer AAB-Konstruktion der Präposition präponiert ist. 10. VorgängersubstantivAAB heißt das Substantiv, das in der Vorgänger-NPAAB steht. 11. Nachfolger-NPAAB heißt die NP, die nach der Präposition steht. 12. NachfolgersubstantivAAB heißt das Substantiv, das in der Nachfolger-NPAAB vorkommt. 13. P R Ä P O S I T I O N A A B ( = P A A B ) heißt das Lexem, das beide NPn miteinander verbindet. Dabei handelt es sich um eine lexikalische Präposition, die nicht von dem VorgängersubstantivAAB regiert wird. 14. Attributive adverbiale Bestimmung (= AAB) heißt die PP, die nach der VorgängerN P A A B steht und die aus der P A A B plus der Nachfolger-NPAAB besteht. Zu den Punkten acht bis 14 sind die folgenden Erläuterungen notwendig. In bezug auf die AAB-Konstruktion wird von einer idealisierten AAB-Konstruktion ausgegangen, die mit fünf Konstituenten - wie in (31) bis (33) - in natürlichsprachlichen Texten vorkommen kann, die aber auch in komplexerer Form erscheint. Eine Subdifferenzierung wird für die AAB-Konstruktion nicht vorgenommen, weil es im weiteren nur darum geht, AAB-Konstruktionen vom eigentlichen Untersuchungsgegenstand abzugrenzen, aber nicht darum, die Binnenstruktur der AAB-Konstruktion genauer zu betrachten. Zusätzliche Indexnotationen (die spezifische P A A B , der von der P A A B regierte Kasus der Nachfolger-NPAAB) werden für die P A A B sowie für die Indices zu den anderen Konstituenten der AAB-Konstruktion nicht eingeführt. Liegen in einer AAB-Konstruktion in der Vorgänger-NPAAB oder Nachfolger-NPAAB Genitivattribute oder attributive Adjektive vor, so wird darauf nur gesondert eingegangen, wenn sich dadurch Schwierigkeiten in der Abgrenzung von PPA-Konstruktionen ergeben. Ebenso wird mit der Artikelverwendung verfahren. Solange das Weglassen des Artikels oder der Wechsel zwischen dem bestimmten und unbestimmten Artikel keinen Einfluß auf die Abgrenzung der AAB-Konstruktion von der PPA-Konstruktion haben, werden diese Phänomene nicht berücksichtigt. In der Nachfolger-NPAAB kann anstelle des Substantivs auch ein Pronomen stehen (31')· (31 ') die Diskussion unter IHR Es sind Erweiterungen der Nachfolger-NPAAB durch einen Relativsatz möglich (vgl. (34)); allerdings wird darauf im weiteren nur eingegangen, wenn es für die Abgrenzung der PPA-Konstruktion relevant ist. (34)

der Überfall in der Stadt, DIE ICH GESTERN VERLASSEN HABE

Verschmelzungen der P A A B mit dem nachfolgenden Artikel werden ebenfalls nur gesondert behandelt, wenn es für die Erkennung der syntaktischen Funktion relevant ist. Mit Hilfe dieser Terminologie soll eine gewisse Unabhängigkeit von anderen theoretischen Ansätzen gewahrt bleiben, obwohl die Untersuchung im Rahmen dependenztheoretischer und valenztheoretischer Überlegungen verbleibt. In einer Graphik, die sich

129 an dependenzgrammatischen Darstellungen orientiert, kann die Unterschiedlichkeit von P P A - und AAB-Konstruktionen mit Hilfe der Ausrichtung der Kante visualisiert werden, die zwischen dem präponierten Substantiv und der Präposition liegt. 42 (a)

PPA-Konstruktion

Diskussion

RektionssubstantivppA

Artikel

(b)

die

P¡PPA

unter

NachfolgersubstantivppA

Teilnehmern

Artikel

den

AAB-Konstruktion PAAB

Diskussion

NachfolgersubstantivAAB

die

VorgängersubstantivAAB

Artikel

Artikel

unter

Brücke

der

In (a) wird das Rektionsverhältnis zwischen dem Rektionssubstantiv P p A und der PpPA graphisch durch die schräg nach unten weisende Linie angezeigt, in (b) besteht kein Rektionsverhältnis zwischen dem VorgängersubstantivAAB und der P P P A , so daß hier in der Darstellung eine waagrechte Kante gewählt wird. Mit Hilfe einer detaillierten Analyse der Corpusbelege wird zu belegen sein, inwieweit die strukturellen Beziehungen zwischen den Konstituenten der idealisierten Darstellung in dem Schema folgen. Zu diesem Zweck müssen eindeutige Testverfahren entwickelt werden, mit denen sich komplexe NPn als PPA-Konstruktion identifizieren lassen.

42

Damit werden allerdings graphische Darstellungsmittel zur Kennzeichnung syntaktischer Verhältnisse in einer Weise eingesetzt, wie es in der Grammatikographie eher unüblich ist.

5

Die Testverfahren zur Bestimmung der PPΑ-Konstruktion

Um die Binnenstruktur der PPA-Konstruktion genauer untersuchen zu können, ist es erforderlich, intersubjektiv überprüfbare Verfahren bereitzustellen, anhand derer eine nachvollziehbare Identifizierung der PP, die als PPA fungiert, möglich ist. Üblicherweise wird in diesen Verfahren die syntaktische Funktion einer PP ermittelt, indem durch Umstellung, Verschiebung, Substitution, Paraphrasierung von Satzgliedern oder ähnliche syntaktische Tests gezeigt wird, ob oder wie sich ein wohlgeformter Satz oder eine wohlgeformte Phrase bilden läßt.1 Diese Prüfprozedur beinhaltet eine linguistische Entscheidung, die in der Regel auf der Sprachkompetenz deijenigen Person basiert, die den Test anwendet. Diese Sprachkompetenz läßt sich in einigen Fällen durch Corpusbelege stützen, in denen exakt die sprachliche Formulierung vorkommt, die von einem Test verlangt wird. (1) (la)

die schöne ERINNERUNG AN einen aufregenden Abend die schöne ERINNERUNG DARAN

Wenn man die PP durch das Pronominaladverb „daran" substituiert (la), weil man zeigen will, daß es sich bei der PP „an einen aufregenden Abend" um ein PPA handelt, so kann man sich anhand der eigenen Sprachkompetenz versichern, daß diese Substitution eine wohlgeformte Phrase ergibt und daß diese Phrase im Prinzip über die gleiche Konstituentenstruktur verfügt wie die Ausgangskonstruktion in (1). Bei dieser Vorgehensweise bildet die eigene Sprachkompetenz die Basis, auf der eine Entscheidung über die syntaktische Funktion der PP in (1) getroffen wird.2 Wenn man sich ein wenig unabhängiger von der eigenen Kompetenz machen will, so ist dies durch das Sammeln von Corpusbelegen erreichbar, in denen das RektionssubstantivppA-AN „Erinnerung" plus dem Pronominaladverb „daran" vorkommt. Dadurch wird nachgewiesen, daß die getestete PP tatsächlich durch ein Pronominaladverb substituiert werden kann und daß die in (la) vorgenommene Substitution nicht ausschließlich aufgrund der Ideokompetenz des Untersuchenden durchgeführt wird. Allerdings bedarf es hierbei auch einer subjektiven Beurteilung, weil entschieden werden muß, ob die Konstruktion mit dem Pronominaladverb (wie in (la)) grundsätzlich das gleiche meint wie die PPA-Konstruktion (1) und ob (la) somit tatsächlich auf (1) beziehbar ist.3 Zwar gibt es über dieses Procedere in der Sprachwissenschaft und insbesondere in der Grammatikographie im Prinzip Einigkeit - es wird schließlich ständig und ohne andauernde kritische Reflexion in Lehre und Forschung angewendet - , aber auf die zugrundeliegenden subjek-

1 2

3

Vgl. u. a. Glinz (1952:85ff.); Helbig/Buscha (1988:592f.); Duden (1995:600ff.). Dabei wird vorausgesetzt, daß der Pronominaladverbtest (Einzelheiten vgl. Kapitel 5.3.4) ein taugliches Mittel zur Erkennung der syntaktischen Funktion der PP ist, die in einer komplexen NP vorkommt. Auf dieses Entscheidungsproblem macht auch Heringer aufmerksam, indem er die Unterschiede zwischen S¡ ist mit S2 äquivalent und „Si bedeutet das gleiche wie S2" diskutiert; vgl. Heringer (1973:47 und 62f.).

132 tiven Entscheidungsprozesse bei einem solchen Vorgehen, deren intersubjektive Nachvollziehbarkeit sich im Zuge der Rezeption ergeben kann, jedoch nicht ergeben muß, soll hier hingewiesen werden. Diese Subjektivität wird insbesondere dann relevant, wenn die Adverbsubstitution nicht ohne weiteres vorgenommen werden kann, obwohl man sich aufgrund seiner sprachlichen Kompetenz in bezug auf die syntaktische Funktion der PP ganz sicher ist. Dazu das Beispiel (2): (2) (2a)

die schöne ERINNER UNG AN meine junge Freundin -> # die schöne ERINNERUNG DARAN

Für die PP „an meine junge Freundin" kann nicht das Pronominaladverb „daran" substituiert werden (2a), obwohl es sich bei (2) zweifelsohne um die gleiche syntaktische Konstruktion wie in (1) handelt. Findet man Corpusbelege, in denen „die schöne Erinnerung daran" vorkommt, hilft dies für die syntaktische Analyse von (2) in keiner Weise weiter. Die Entscheidung, daß das Pronominaladverb in (2a) nicht substituiert werden kann, basiert auf der subjektiven Beurteilung der untersuchenden Person. Gleichwohl kann man davon ausgehen, daß das Urteil über die Nichtsubstituierbarkeit der PP mit „daran" sich auch nicht verändern würde, wenn man zu diesem Beispiel eine umfassende Informantenbefragung durchführen würde. Für übersichtliche und einfache Beispiele (wie (1), (2)) würde man durch ein aufwendiges Verfahren mit Informantenbefragung voraussichtlich relativ eindeutige Resultate und somit nur wenig Erkenntniszuwachs erhalten. Die syntaktischen und semantischen Verhältnisse innerhalb komplexer NPn sind jedoch in vielen Fällen weitaus komplexer und verwickelter, so daß die Erkennung einer PPAKonstruktion mit Hilfe ausgewählter Testverfahren nicht nur einer hohen muttersprachlichen Kompetenz bedarf, sondern auch einer ausgeprägten linguistischen Fachkompetenz. Da diese Fachkompetenz in einer Informantenbefragung mit zufallig ausgewählten Versuchspersonen nicht vorausgesetzt werden kann, muß in der hier geplanten Untersuchung auf Informantenbefragungen verzichtet werden. Statt dessen wird versucht, auf der Basis einer syntaktischen und semantischen Fachkompetenz und unter Verwendung von Corpusbelegen den Beurteilungsspielraum für eine Identifizierung einer PPAKonstruktion so weit wie möglich einzuschränken, indem die anwendbaren Testverfahren explizit dargelegt werden und die Grenzen der Applikation einzelner Tests diskutiert werden. Somit verbleibt noch ein Rest subjektiven Entscheidungsspielraums, aber man kann davon ausgehen, daß dieser Rest in jeder wissenschaftlichen Analyse - mehr oder weniger expliziert - vorhanden ist. Für die linguistischen Testverfahren zur PPA-Konstruktion bestehen jedoch in mehrfacher Hinsicht Problemzonen, die sich aus dem Gegenstand selbst sowie der Forschungslage ergeben. In der Fachliteratur werden die meisten Testverfahren zum Zwecke der Ermittlung der Valenzpartner von Verben diskutiert.4 Eine Applikation dieser Verfahren auf die PPAKonstruktion ist nicht ohne weiteres möglich, weil zur Valenz unterschiedliche Auffassungen vorliegen und somit der jeweilige grammatikographische Standpunkt in besonderer Weise zu berücksichtigen ist.

4

Vgl. u. a. Engelen (1971:25f.); Eroms (1981:2711); Breindl (1989:82ff.).

133 Darüber hinaus erfolgt in der Fachliteratur zur postnominalen PP deren Differenzierung nicht immer nach ihren syntaktischen Funktionen, nicht immer nach regierten und lexikalischen Präpositionen und nicht immer nach PPA und AAB. Es ist aber natürlich eine der zentralen Aufgaben dieser Arbeit, herauszuarbeiten, welche Testverfahren sich fur eine Unterscheidung von PPA- und AAB-Konstruktionen eignen. Das Übernehmen vorhandener Testverfahren wird zudem erschwert, weil Tests sehr oft auf der Basis ausgewählter Demonstrationsbeispiele und nur zu wenigen Präpositionen entwickelt und geprüft worden sind. Nach den bisherigen Untersuchungen zur PPA-Konstruktion im Zusammenhang mit lexikographischen Fragestellungen scheint festzustehen, daß die meisten Tests - nicht bei allen Präpositionen, die in einer PPA-Konstruktion vorkommen können, in gleicher Weise eingesetzt werden können - nicht auf alle PPA-Konstruktionen, die zu einer bestimmten P PPA existieren, anwendbar sind - nicht bei allen PPA-Konstruktionen, in denen eine bestimmte PPPA und ein bestimmtes RektionssubstantivppA vorkommen, verwendet werden können.5 Diese Einschränkungen widersprechen der intuitiven Vorstellung, man könne die Zusammengehörigkeit und die Funktion von Konstituenten im Satz oder in Phrasen eindeutig bestimmen. Es wird im folgenden an verschiedenen Beispielen aufgezeigt, daß die in der PPA-Konstruktion beteiligten Konstituenten in unterschiedlichem Maße die Binnenstruktur der Konstruktion beeinflussen. Für eine erfolgreiche Bestimmung der PPA-Konstruktion wird dies bedeuten, daß es nicht nur einen einzigen Test gibt, mit dessen Hilfe man immer zuverlässig mit einer Ja/Nein-Entscheidung die syntaktische Konstruktion oder gar die semantischen Verhältnisse erkennen kann, sondern daß oft mehrere Testverfahren notwendig sind, um PPA-Konstruktionen als solche zu bestimmen. Der Prozeß der Testkonstituierung ist jedoch in besonderer Weise kompliziert, weil zuverlässige Testverfahren eigentlich eine Voraussetzung dafür sind, eine postnominale PP als PPA identifizieren zu können. Dies ist vor allem erforderlich, wenn eine umfangreiche Datenbasis vorliegt, aus der PPA-Konstruktionen extrahiert werden sollen, und wenn gezeigt werden soll, welche speziellen Bedingungen innerhalb der PPA-Konstruktionen vorliegen. Andererseits sind die umfangreichen empirischen Untersuchungen die Voraussetzung dafür, zu zeigen, welche Testverfahren auf welche PPA-Konstruktionen unter welchen Bedingungen und mit welchen Einschränkungen anwendbar sind. Die Interdependenzen werden durch die Abbildung 1 demonstriert.

5

Vgl. u. a. Schierholz (1996a: 175).

134 Abbildung 1 : Entwicklung der Testverfahren Testverfahren anwenden •+

Testverfahren entwickeln

prüfen

i

sind Grundlage für

Corpusbelege

• PPA-Konstruktionen ermitteln • andere syntaktische Konstruktionen ermitteln

Damit sich die wissenschaftliche Untersuchung nicht im Kreise dreht - man braucht die Tests zur Bestimmung der Daten, und man braucht die Daten zur Validierung der Testverfahren - , kann man folgendermaßen vorgehen: Corpusbelege liegen zunächst als ungeordnete Menge vor, weil nur die Konstituentenfolge, Substantiv plus Präposition, aus dem Gesamtcorpus extrahiert wird. Vorhandene Testverfahren werden präpositionsweise und systematisch einer kritischen Reflexion unterzogen. Für die Testentwicklung gibt es zwei parallel verlaufende Bearbeitungswege. Die Testverfahren, mit denen man bei bestimmten Präpositionen PPA-Konstruktionen identifizieren kann, isolieren aus der Gesamtmenge der Corpusbelege eine Teilmenge, die die Eigenschaft hat, ausschließlich PPA-Konstruktionen zu enthalten. Diese Identifikationsprozedur - man kann sie als Positivbestimmung bezeichnen - stellt unter grammatikographischen Gesichtspunkten den wichtigeren Weg der Testentwicklung dar. Der zweite Weg enthält eine Negativbestimmung. Eine Teilmenge der Corpusbelege bzw. eine definierte Menge syntaktischer Konstruktionen wird ausgeschieden, wenn sie eindeutig nicht PPA-Konstruktionen sind. Dadurch verkleinert sich die Gesamtmenge der ungeordneten Corpusbelege, und zu den Testverfahren, die im Zuge dieser Sortierung angewendet worden sind, kann festgehalten werden, wie weit ihr Gültigkeitsbereich ausgedehnt ist. Für alle Belege, zu denen Unsicherheiten in bezug auf die Bestimmung der syntaktischen Funktion der PPn bestehen, müssen die besonderen Gegebenheiten untersucht werden, und die Testverfahren müssen auf der Basis des vorliegenden Datenmaterials modifiziert und präzisiert werden. Die Abbildung 2 zeigt schematisch, auf welche Weise die Testmodifikation und -Präzision sowie das mehrfache Anwenden von vorgegebenen Testverfahren auf Corpusbelege vollzogen werden kann. Nach Anwendung der ersten Tests (T| - Tn) lassen sich aus den Corpusbelegen eine Reihe von PPA-Konstruktionen ermitteln (Positivbestimmung) und eine Reihe von Corpusbelegen ausscheiden (Negativbestimmung).

135

Abbildung 2: Weitere Entwicklung der Testverfahren τ 1

in



T,-Tn

1

X


PPA-Konstruktionen •+· Ausgeschiedene Nicht anwendbar -

restliche Corpusbelege

*• PPA-Konstruktionen *• Ausgeschiedene

Für alle Corpusbelege, auf die die Tests (Ti - T n ) nicht anwendbar sind, werden neue Tests entwickelt oder Tests modifiziert (Tm - T x ), die auf die Corpusbelege angewendet werden, in denen die syntaktischen Funktionen in den komplexen NPn zunächst nicht bestimmt werden können. Falls in diesem zweiten Schritt keine Corpusbelege übrigbleiben (wie in Abbildung 2 dargestellt), kann das Verfahren abgeschlossen werden; ansonsten ist ein weiterer Umlauf erforderlich, in dem wiederum neue Tests (Ty - T z ) zu entwickeln bzw. die vorhandenen Tests noch einmal zu modifizieren sind. Dennoch darf man für das Resultat nicht a priori erwarten, daß sich für alle Daten eine Klassifizierung nach aristotelischem Muster ergibt. Statt dessen können die Unterschiede zwischen PPA-Konstruktionen und anderen syntaktischen Konstruktionen auch durch unscharf limitierte Übergangszonen gekennzeichnet sein. Die Identifizierung der PPAKonstruktion wird in dieser Arbeit sukzessive in Form eines Wechselspiels zwischen Corpusbelegen und Testverfahren durchgeführt. Dabei wird zunächst nur eine einzige Präposition behandelt, und es muß bei jeder weiteren Präposition wieder von neuem mit

136 der Identifikationsprozedur begonnen werden. Erst nach der Untersuchung aller PPPA kann man entscheiden, welche Testverfahren in welchem Umfang für die Ermittlung der PPAKonstruktionen Gültigkeit besitzen. Im folgenden werden verschiedene Tests vorgestellt, mit denen das beschriebene Verfahren zur Validierung der Testverfahren durchgeführt worden ist.6 Dabei wird das Vorgehen davon geleitet, bestehende Tests auf ihre Identifizierungsmöglichkeiten der PPA-Konstruktion hin zu untersuchen bzw. zu optimieren. Wenn ein bestimmter Test die PPA-Konstruktionen mit einer bestimmten PPPA mit hoher Zuverlässigkeit identifiziert, so werden nicht alle weiteren Testapplikationsmöglichkeiten überprüft. Dennoch wird in der Beschreibung und in den ausgewählten Beispielen für die Testverfahren demonstriert, in welchen Fällen sie erfolgreich angewendet werden können und in welchen Fällen nicht. Die Applikationsrestriktionen können sich auf eine PPPA insgesamt, auf besondere syntaktische oder semantische Merkmale, die in PPA-Konstruktionen vorliegen, oder auf einzelne Corpusbelege beziehen. Unter den Testverfahren, die zur Bestimmung einer PPA-Konstruktion benutzt werden können, sind mehrere Typen zu unterscheiden. Eine erste Gruppe trägt dazu bei, PPn zu erkennen, die im Anschluß an ein Substantiv positioniert sind, die aber syntaktisch in keiner Relation zu dem Substantiv stehen (Kapitel 5.1). Eine zweite Gruppe gewährleistet, innerhalb der PPn, die im Anschluß an ein Substantiv stehen, die PPA-Konstruktion von konkurrierenden syntaktischen Funktionen abzugrenzen. Dabei geht es zuerst um syntaktische Konstruktionen, die lediglich Ähnlichkeiten zu PPA-Konstruktionen aufweisen (Kapitel 5.2), und in einem zweiten Schritt um die Differenzierung von PPA- und AABKonstruktionen (Kapitel 5.3). Bei der Vorstellung der Testverfahren werden Aspekte des Tempus, Modus oder Genus im Satz oder in der Phrase, in der eine PPA-Konstruktion identifiziert werden soll, weitgehend außer acht gelassen. Es geht auch nicht darum, aufzuzeigen, in welchem sprachlichen Gebrauch ein RektionssubstantivPPA unter welchen kon- und kotextuellen Bedingungen vorkommen kann, sondern es soll gezeigt werden, auf welche Weise PPAKonstruktionen, die in Corpusbelegen vorkommen, erkannt werden können. Die Numerierung der Beispiele beginnt aus Gründen der Übersichtlichkeit in den Kapiteln 5.1, 5.2 sowie den Unterkapiteln von 5.3 jeweils wieder mit „(1)", da im gesamten Kapitel 5 annähernd 300 Beispiele aufgeführt sind. Da die Beispiele die Anwendung der Testverfahren demonstrieren sollen, handelt es sich in der Regel entweder um vereinfachte Corpusbelege oder um Konstruktionen, die nach eigener Kompetenz gebildet sind.

5.1

Die Identifizierung der postnominalen Präpositionalphrase

PPn können im Satz auf verschiedene Konstituenten bezogen sein. Wenn eine PP in Relation zu einem präponierten Substantiv steht, so wird die PP postnominale PP genannt,

6

Tabelle 1 in Kapitel 5.3.10 gibt eine Übersicht zu den Anwendungsmöglichkeiten der Tests je PppA·

137 unabhängig davon, welche spezifische syntaktische Funktion vorliegt. PPn, die nicht als postnominale PP zu bezeichnen sind, können ζ. B. vom Verb regierte PPOe oder freie Angaben zum Satz sein. (1) (2) (3) (4)

Sie wartet IM JANUAR A UF DIE RESULTA TE. Er verfaßt eine ANFRAGE AN den Senat. Sie veranstaltet eine Fahrt IN DEN SÜDEN. Er formuliert seine Anfrage AN EINEM SONNT A G.

In (1) ist „auf die Resultate" ein PPO zu „warten", während „im Januar" eine temporale adverbiale Bestimmung ist. In (2) ist „an den Senat" ein PPA zu „Anfrage", in (3) ist „in den Süden" eine AAB zu „Fahrt", und in (4) ist „an einem Sonntag" eine temporale adverbiale Bestimmung zu „formulieren". Auch wenn in (1) bis (4) immer eine PP unmittelbar im Anschluß an ein Substantiv steht, liegen nur in (2) und (3) postnominale PPn vor. Somit gibt die Topologie allein keinen Aufschluß darüber, welche Beziehungen zwischen den Konstituenten bestehen. 7 Die nachfolgenden Testrahmen dienen dazu, eine PP als postnominale PP zu erkennen.

5.1.1

Die Permutationsprobe

Die Zusammengehörigkeit einzelner Konstituenten wird getestet, indem man überprüft, welche Konstituenten sich gemeinsam verschieben lassen, ohne daß der jeweilige Satz ungrammatisch wird. Im Zusammenhang mit einer postnominalen PP kann die Permutationsprobe (auch: Verschiebeprobe) als Erstgliedprobe angewendet werden. Handelt es sich um eine postnominale PP (als PPA oder AAB), kann sie zusammen mit der vorhergehenden NP oder PP an den Anfang eines Satzes, also vor das finite Verb verschoben werden. 8 Er arbeitet IM JANUAR AN DEM A UFSA TZ. -> # IM JANUAR AN DEM A UFSA TZ arbeitet er. Er arbeitet IM JANUAR IN MÜNCHEN. -> # IM JANUAR IN MÜNCHEN arbeitet er. Er beschimpft den MANN IM GARTEN. (V (7a) Den MANN IM GARTEN beschimpft er. Er legt das BUCHA UF DEN TISCH. (8) (8a) # Das Β UCH A UF DEN TISCH legt er. Er kauft das Β UCH A UF DEM TISCH. (9) (9a) Das BUCHA UF DEM TISCH kauft er. (10) Ich habe den ständigen ÄRGER ÜBER DIE NACHBARN satt. (1 Oa) -> Den ständigen ÄRGER ÜBER DIE NA CHBARN habe ich satt. (5) (5a) (6) (6a)

7

8

Gleichwohl kann man feststellen, daß die PPn, die als PPA fungieren, das topologische Merkmal besitzen, sehr oft unmittelbar im Anschluß an das RektionssubstantivppA vorzukommen; vgl. auch Heringer (1988:216f.); Schanen (1992:93f.); Lauterbach (1993:126f. und 133). Vgl. Droop (1977:1 If.); Lehmus (1983:89).

138 (11) (IIa)

Wir hören überall den ÄRGER UNTER DER BR ÜCKE. -> Den ÄRGER UNTER DER BRÜCKE hören wir überall.

Durch (5a), (6a) und (8a) ergibt sich, daß die PPn „an dem Aufsatz", „in München" und „auf den Tisch" nicht Bestandteil einer komplexen NP sind. (7) ist ambig, wird aber durch (7a) disambiguiert, weil die PP „im Garten" (7a) nicht mehr als eine Ortsangabe für den Akt des Beschimpfens verstanden werden kann. Hingegen gehören in (9) „das Buch auf dem Tisch", in (10) „der Ärger über die Nachbarn" und (11) „der Ärger unter der Brücke" zusammen, 9 weil sich in (9a), (10a) und (IIa) die komplexe NP an die Erstposition im Satz verschieben läßt. Jedoch kann dieser Test nicht immer ohne Probleme angewendet werden. Bei einigen Formulierungen mit der Präposition „bei" kann dies anhand der folgenden leicht modifizierten Corpusbelege gezeigt werden. (12)

Er verweigert die BEGRÜNDUNGEN BEIM KLAGERUF über den Subventionsverlust. (12a) -> ? Die BEGRÜNDUNGEN BEIM KLAGERUF über den Subventionsverlust verweigert er. (13) Er beachtet das Ausmaß der BEGRÜNDUNGEN BEI DER ABWEISUNG von Asylgesuchen. (13a) -> Das Ausmaß der BEGRÜNDUNGEN BEI DER ABWEISUNG von Asylgesuchen beachtet er.

Die Verschiebung der postnominalen PP gemeinsam mit der präponierten NP an die Spitzenposition zeigt weder in (12a) noch in (13a), ob die PP verb- oder nomendependent ist. Auch LAUTERBACH erwähnt Grenzfälle, in denen eine zweifelsfreie Anwendung der Erstgliedprobe nicht gewährleistet ist.10 (14) Sie ist seit Jahren LEHRERIN AN DIESER SCHULE. (14a) -> LEHRERIN AN DIESER SCHULE ist sie seit Jahren. Hier scheint deutlich zu werden, daß eine Testanwendung durch zusätzliche Konstituenten, die nicht unmittelbar in einem syntaktischen, sondern eher in einem pragmatischen Zusammenhang mit der postnominalen PP stehen, beeinträchtigt wird. Läßt man in (14) die temporale Angabe „seit Jahren" weg, so kann der Test nicht angewendet werden, und die PP „an der Schule" kann nicht als Bestandteil einer komplexen NP gelten. (14 ') Sie ist Lehrerin AN DIESER SCHULE. (14 'a) # Lehrerin AN DIESER SCHULE ist sie. Darüber hinaus läßt sich aber auch zeigen, daß es von der Verbwahl abhängen kann ((14"), (14"')), wie die PP syntaktisch eingeordnet wird.

9

10

Für (9) ist die ungewöhnliche Lesart, „er kauft das Buch, und das Kaufen findet auf dem Tisch statt" auch denkbar, wird aber hier nicht berücksichtigt. Vgl. Lauterbach (1993:126f.).

139 (14") Er LIEBT eirte Lehrerin an dieser Schule. (14 ' 'a) —> Eine Lehrerin an dieser Schule LIEBT er. (14"') Er KA UFT eine Lehrerin an dieser Schule. (14 '"a) —> ? Eine Lehrerin an dieser Schule KA UFT er. Wenn auch die Permutationsprobe nicht in sämtlichen Fällen sichere Unterscheidungen gewährleistet, so lassen sich doch wesentliche Bereiche verbdependenter Konstituenten von den postnominalen PPn abgrenzen.

5.1.2

Die Substitutionsprobe

Liegt eine postnominale PP vor, so kann diese gemeinsam mit der davorstehenden NP oder PP durch eine Proform, die ein „referenzidentisches Element von sehr allgemeiner Bedeutung" ist, ersetzt werden. Die Proform muß das Kasus-, Genus- und Numerusmerkmal der davor positionierten NP tragen.11 Bei der Substitution ist darauf zu achten, daß die komplexe NP mit nur einem einzigen Prowort ersetzt werden kann. (5) (5b) (5b ') (6) (6b) (6b ') (7) (7b) (7b) (8) (8b) (9) (9b) (10) (10b) (11) (IIb)

Er arbeitet IM JANUAR AN DEM A UFSA TZ. -> # Er arbeitet ihn. -> Er arbeitet DANN. Er arbeitet IM JANUAR IN MÜNCHEN # Er arbeitet ihn. -> Er arbeitet DANN. Er beschimpft den MANN IM GARTEN. -> Er beschimpft IHN. -> Er beschimpft IHN DORT. Er legt das BUCH AUF DEN TISCH. -> # Er legt es. Er kauft das Β UCH A UF DEM TISCH. -> Er kauft ES. Ich habe DEN ständigen ÄRGER ÜBER DIE NA CHBARN satt. -> Ich habe IHN satt. Wir hören überall DEN ÄRGER UNTER DER BR ÜCKE. -> Wir hören IHN überall.

In (5) und (6) kann die geforderte Proform nicht substituiert werden ((5b), 6b)); die Verwendung eines temporalen Adverbs verändert die Aussage des Satzes (5b') bzw. gibt den Satz nur unvollständig wieder (6b'). Die Ambiguität von (7) wird durch den Test (7b) in der gleichen Weise aufgelöst wie bei Anwendung der Permutationsprobe (vgl. (7a), Kapitel 5.1.1). Nur wenn man zusätzlich ein lokales Adverb substituiert, ergibt sich die Lesart von (7), in der mitgeteilt wird, wo der Akt des Beschimpfens stattfindet. Eine zweifache Substitution entspricht aber nicht mehr den Bedingungen des Testverfahrens. (8b) wird durch das Prowort ungrammatisch, so daß hier keine postnominale PP vorliegt,

11

Vgl. Droop ( 1977:13f.); Lauterbach (1993:132).

140 während in den Sätzen (9), (10) und (11) der Test erfolgreich angewendet werden kann. Somit lassen sich mit Hilfe der Substitutionsprobe die Resultate der Permutationsprobe bestätigen.

5.1.3

Die Trennprobe

In der Trennprobe wird die postnominale PP an eine andere Position im Satz gebracht. Eine Trennung über das Verb oder andere Verbdependentien hinweg ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich, 12 so daß in der Regel von einer postnominalen PP auszugehen ist, wenn der Satz nach Anwendung der Trennprobe ungrammatisch wird. Es sind jedoch zwei Arten der Trennung zu unterscheiden: Entweder wird die PP, die im Ausgangssatz postponiert ist (ζ. B. in (5c)), oder die präponierte NP (in manchen Fällen innerhalb einer PP stehend, ζ. B. in (5c')) an die Spitze des Satzes gestellt. (5) (5c) (5c ') (6) (6c) (6c ) (7) (7c) (7c') (8) (8c) (8c) (9) (9c) (9c) (10) (10c) (1 Oc) (11) (11c) (11c)

Er arbeitet IM JANUAR AN DEM A UFSATZ. -> AN DEM AUFSATZ arbeitet er IM JANUAR. IM JANUAR arbeitet er AN DEM A UFSA TZ. Er arbeitet IM JANUAR IN MÜNCHEN. -> IN MÜNCHEN arbeitet er IM JANUAR. IM JANUAR arbeitet er IN MÜNCHEN. Er beschimpft den MANN IM GARTEN -> IM GARTEN beschimpft er den MANN. Den MANN beschimpft er IM GARTEN. Er legt das BUCHA UFDEN TISCH. AUF DEN TISCH legt er das Β UCH. -> Das BUCH legt er AUF DEN TISCH. Er kauft das Β UCH A UF DEM TISCH -> ? AUF DEM TISCH kauft er das BUCH. ? Das BUCH kauft er AUF DEM TISCH. Ich habe den ständigen ÄRGER ÜBER DIE NA CHBARN satt. ? ÜBER DIE NA CHBARN habe ich den ständigen ÄRGER satt. -> # Den ständigen ÄRGER habe ich ÜBER DIE NA CHBARN satt. Wir hören überall den ÄRGER UNTER DER BR ÜCKE. ? Den ÄRGER hören wir überall UNTER DER BR ÜCKE. ? UNTER DER BR ÜCKE hören wir überall den ÄRGER.

In (5c), (5c'), (6c), (6c'), (8c) und (8c') ist die Trennung möglich, weil die PP in (5) und (8) verbdependent und in (6) eine freie Angabe ist, die nicht in Relation zu dem davorstehenden Substantiv steht. (7c) und (7c') sind wohlgeformt, weil durch die Trennprobe die Disambiguierung von (7) erfolgt, und zwar in dem Sinne, daß der Ort angegeben wird, wo das Beschimpfen stattfindet. (10c) erscheint in der Regel unakzeptabel zu sein, (10c') ist ungrammatisch. (9c) bzw. (9c') sind nur akzeptabel, weil die Proposition in (9) verändert wird: „das Kaufen findet auf dem Tisch statt". Auch in (11c) und (11c') wird

12

Vgl. Droop (1977:14f. und 27ff).

141 der Sinn des Ausgangssatzes in der Weise verändert, daß „unter der Brücke" eine lokalstationäre Angabe darstellt, in der angezeigt wird, wo der Ärger zu hören ist, aber nicht gemeint ist, daß es „Ärger gibt, der unter der Brücke stattfindet". Die zweifache Ortsangabe („unter der Brücke", „überall") kann nur so verstanden werden, daß „überall" als spezifizierende Angabe zu „unter der Brücke" gemeint ist. Dies ist jedoch nicht die Proposition in (11). Auch die problematischen Fälle mit der Präposition „bei" (vgl. (12), (13)) lassen sich mit Hilfe der Trennprobe nicht lösen, weil sich ζ. T. die gleichen Unklarheiten ergeben wie bei der Permutationsprobe. (12)

Er verweigert die BEGRÜNDUNGEN BEIM KLAGERUF über den Subventionsverlust. (12c) —> ? Die Begründungen verweigert er beim Klageruf über den Subventionsverlust. (12c ') ? Beim Klageruf über den Subventionsverlust verweigert er die Begründungen. (13) Er beachtet das Ausmaß der BEGRÜNDUNGEN BEI DER ABWEISUNG von Asylgesuchen. * (13c) —> ? Das Ausmaß der Begründungen beachtet er bei der Abweisung von Asylgesuchen. (13c') ? Bei der Abweisung von Asylgesuchen beachtet er das Ausmaß der Begründungen. Darüber hinaus fuhrt die Anwendung der Trennprobe bei mehreren PPA-Konstruktionen nicht zu ungrammatischen Sätzen, wie dies in komplexen NPn, die als PPA-Konstruktion anzusehen sind (vgl. (10c), (10c')), der Fall ist. (15) Ich mache ein ANGEBOT AN alle Frauen. (15a) -> Ein ANGEBOT mache ich AN alle Frauen. (15a ') —> AN alle Frauen mache ich ein ANGEBOT. (16) Er plant ein ATTENTAT AUF den Präsidenten. (16a) —> Ein ATTENTAT plant er AUF den Präsidenten. (16a ') -> AUF den Präsidenten plant er ein ATTENTAT. (17) Es erfolgt eine großangelegte SUCHAKTION NACH Waffenverstecken in Mogadischu. (17a) Eine großangelegte SUCHAKTION erfolgt NACH Waffenverstecken in Mogadischu. (17a') NACH Waffenverstecken in Mogadischu erfolgt eine großangelegte SUCHAKTION. Bei der Trennung der Konstituenten ist es ohne Belang, ob die präponierte Phrase oder die postponierte PP vor das Verb an die erste Position gesetzt wird, denn alle Analysen, die in (15) bis (17) gemacht worden sind, zeigen das gleiche Resultat. Mit Hilfe der Trennprobe können zwar für diejenigen Konstruktionen, in denen keine postnominale PP vorkommt, die bisherigen Testanwendungen (Permutation, Substitution) bestätigt werden, aber da zugleich die komplexen NPn zum Teil in ihrer Bedeutung

142 verändert werden, scheint dieser Test allenfalls als ein zusätzliches Kriterium für die Erkennung komplexer NPn geeignet zu sein.13

5.1.4

Die Relativsatzprobe

Liegt eine postnominale PP vor, so kann die PP in einem Relativsatz stehen, dessen Pronomen sich auf das präponierte Substantiv bezieht. Das in dem Relativsatz verwendete Verb muß entweder die Kopula „sein" sein oder über einen weiten semantischen Skopus verfügen.14 Handelt es sich bei der PP um ein PPO oder eine Adverbialbestimmung, die sich auf den Satz bezieht, so fiihrt die Testanwendung zu einem ungrammatischen Satz. (5) (5d) (6) (6d) (7) (7d) (8) (8d) (9) (9d) (10) (lOd) (11) (lld)

Er arbeitet im JANUAR AN DEM A UFSA TZ. # Er arbeitet im JANUAR, der AN DEM A UFSA TZ ist. Er arbeitet im JANUAR IN MÜNCHEN. # Er arbeitet im JANUAR, der IN MÜNCHEN ist. Er beschimpft den MANN IM GARTEN. -> Er beschimpft den MANN, der IM GARTEN ist. Er legt das BUCHA UFDEN TISCH. -> # Er legt das BUCH, das A UF DEM TISCH ist. Er kauft das BUCHA UF DEM TISCH. Er kauft das Β UCH, das A UF DEM TISCH ist. Ich habe den ständigen ÄRGER ÜBER DIE NACHBARN satt. Ich habe den ständigen ÄRGER, der ÜBER DIE NACHBARN besteht, satt. Wir hören überall den ÄRGER UNTER DER BR ÜCKE. -> Wir hören überall den ÄRGER, der UNTER DER BR ÜCKE ist.

Die Sätze (5d), (6d) und (8d) sind ungrammatisch. Damit werden die Testresultate aus den Kapiteln 5.1.1 bis 5.1.3 bestätigt. Der ambige Satz (7) wird durch die Umformung (7d) disambiguiert, und für (9) bis (11) wird durch die Relativsatzprobe ((9d) bis (lld)) das Vorhandensein einer komplexen NP belegt. Die Relativsatzprobe läßt sich auch für die Beispiele (12), (13) und (15) anwenden, so daß auch hier die Ergebnisse der obigen Tests gestützt werden. (12)

Er verweigert die BEGRÜNDUNGEN BEIM KLAGERUF über den Subventionsverlust. (12d) Er verweigert die Begründungen, die beim Klageruf über den Subventionsverlust erforderlich sind.

13

14

Vgl. Lauterbach (1993:127fT.). Die Zusammenhänge, die Lauterbach zwischen der Trennprobe und der Intonationsprobe herstellt, können durch das subjektive Urteil des Untersuchenden geprägt sein, weil es für die Intonation keine eindeutige intersubjektiv nachprütbare Methode gibt. Darüber hinaus kann die Intonationsprobe in dieser Arbeit nicht ausschlaggebend sein, weil der Gegenstand der Untersuchungen die Schriftsprache ist. Vgl. Droop (1977:59 und 93f.); Lehmus (1983:9211).

143 (13)

Er beachtet das Ausmaß der BEGRÜNDUNGEN BEI DER ABWEISUNG von Asylgesuchen. (13d) Er beachtet das Ausmaß der Begründungen, die bei der Abweisung von Asylgesuchen vorkommen. (15) Ich mache ein ANGEBOT AN ALLE FRA UEN. (15d) —> Ich mache ein Angebot, das an alle Frauen (gerichtet) ist. Allerdings zeigen (12d), (13d) und (15d) auch deutlich, daß die Wahl eines Verbs mit einem weiten semantischen Skopus Spielräume für die Testapplikation offenläßt, deren Einfluß nicht kontrollierbar ist. Für (6) ließe sich mit (6d') nämlich ebenfalls ein wohlgeformter Satz bilden, wenn man gewisse Bedeutungsvariationen zuläßt, die sich aus dem semantischen Skopus des Prädikats ergeben. (6d ') ->

Er arbeitet im JANUAR, der IN MÜNCHEN sehr kalt ist.

Somit kann auch die Relativsatzprobe nur als ein Zusatztest angesehen werden. Die vier Tests ergänzen sich gegenseitig, aber eine einfache und schnelle Anwendung scheint die Substitutionsprobe zu bieten. Es muß allerdings hinzugefugt werden, daß während der Analyse der Corpusbelege Probleme in bezug auf die Abgrenzung der postnominalen PP von anderen PPn relativ selten auftreten. 15 Unabhängig von den Testrahmen gilt nämlich die Topologie als ein starkes Kriterium für postnominale PPn, welches zwar nicht auf die potentiell möglichen Konstruktionen mit postnominaler PP angewendet werden kann, aber auf die tatsächlich vorliegenden Corpusbelege. Somit ist die Topologie aus der theoretischen Perspektive kein geeigneter Test, da sich vor fast jede postnominale PP ein Genitivattribut einfügen läßt. Hingegen kann die Topologie für die konkrete Arbeit am Corpus ein wichtiges Hilfsmittel sein, weil die meisten postnominalen PPn unmittelbar im Anschluß an das präponierte Substantiv stehen. Im Verhältnis dazu stehen verbdependente PPn oder Satzadverbiale häufig an anderen Positionen im Satz. Die Topologie ist darüber hinaus ein informelles Kriterium, das Lerner nutzen können, wenn sie innerhalb eines Satzes eine operationale Satzgliedanalyse vornehmen. In besonderen Fällen können die oben vorgestellten Testverfahren zu Hilfe genommen werden, um eine exakte Analyse der Satzstruktur zu erhalten. Für die Abgrenzung der postnominalen PPn von anderen PPn stellt ein eingefügtes Genitivattribut zudem keine Behinderung dar, weil in der Analyse der Corpusbelege das Genitivattribut fast immer weggelassen werden kann, ohne daß sich der prinzipielle Aufbau und die Bedeutung der gesamten Phrase entscheidend ändert.

15

Die Beispiele (12) und (13) sind jedoch insofern typisch, als am häufigsten bei der Präposition „bei" Probleme auftreten, wenn es um die Identifizierung postnominaler PPn in Corpusbelegen geht.

144

5.2

Die D i f f e r e n z i e r u n g der p o s t n o m i n a l e n P r ä p o s i t i o n a l p h r a s e

Für die postnominale PP können mehrere syntaktische Funktionen unterschieden werden. Zunächst geht es u m die Abgrenzung von PPn, die nur scheinbar in komplexen NPn stehen. Zu diesem Zweck werden die Tests aus Kapitel 5.1 benutzt bzw. bei Bedarf um weitere Testverfahren ergänzt.

5.2.1

Feste Wendungen und Funktionsverbgefuge

Eine feste Wendung, auch als Redewendung, festes Syntagma, Phraseologismus oder Kollokation bezeichnet, liegt vor, wenn die Gesamtbedeutung der Wendung nicht aus den Bedeutungen der einzelnen Bestandteile abgeleitet werden kann und der Austausch einzelner Elemente keine systematische Bedeutungsänderung ergibt. 16 Ein Funktionsverbgefuge ist dadurch gekennzeichnet, daß es aus einem Verb mit sehr allgemeiner Bedeutung (ζ. B. „bringen", „legen", „nehmen") und einer PP besteht. Bei einem Funktionsverbgefuge ist nicht immer erkennbar, ob eine Präposition, die im Anschluß an ein Substantiv steht, zu dem im Funktionsverbgefuge enthaltenen Verb oder zu dem Substantiv gehört. (1) (2) (3)

Da haben wir seinen Bruder auf die Schippe genommen. Sie ist das Zünglein an der Waage. Sie legen den Schwerpunkt auf die Finanzierung.

Wenn die Konstituentenfolge, Substantiv plus Präposition, im Textcorpus überwiegend bis ausschließlich und mit hoher Frequenz in der gleichen syntagmatischen Umgebung vorkommt, liegt häufig eine feste Wendung vor. Mit Hilfe einer Numerusprobe, bei der die beteiligten Substantive in den Plural (bzw. in den Singular) gesetzt werden, können die Wendungen erkannt werden, weil in der Regel das Substantiv in der festen Wendung nur in einem Numerus stehen kann. (la) (2a) (3a)

—> —>

# Da haben wir seinen Bruder auf die Schippen genommen. # Sie sind die Zünglein an den Waagen. ? Sie legen die Schwerpunkte auf die Finanzierungen.

Während ( l a ) und (2a) eindeutig ungrammatisch sind, kann (3a) unter gewissen Umständen akzeptiert werden. Anhand von (4a) und (5a) wird erkennbar, daß eine Umform u n g substantivischer Konstituenten, die in komplexen NPn stehen, normalerweise ohne Probleme möglich ist. (4) (4a)

16

Sie lehnt einen VERSUCH AN Tieren ab. -> Sie lehnt VERSUCHE AN Tieren ab.

Es kann hier nicht ausführlich dargestellt werden, in welchen Typen von festen Wendungen die Präpositionen im einzelnen vorkommen, wie oft und an welchen Positionen sie stehen können bzw. welche syntaktischen Funktion die Präpositionen in den festen Wendungen einnehmen.

145 (5) (5b)

Sie ist die Frau AN DER FÄHRE. -> Sie sind die Frauen AN DER FÄHRE / DEN FÄHREN.

Wenn die Numerusprobe nicht anwendbar ist, kann mit Hilfe von Bedeutungsangaben aus allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern eine Bedeutungsermittlung der einzelnen Konstituenten erfolgen, damit deutlich wird, daß die Gesamtbedeutung der Wendung nicht aus den Bedeutungen der einzelnen Bestandteile zusammengesetzt werden kann.

5.2.2

Präpositionale Präpositionalphrasen

Eine präpositionale PP besteht aus zwei Präpositionen und einem Substantiv, das zwischen diesen positioniert ist, und ähnelt in ihrer Verwendung als Ganzes einer Präposition bzw. kann die Position einer einfachen Präposition einnehmen. Eine präpositionale PP wird auch als „Wortgruppenlexem mit präpositionaler Funktion" (WELLMANN 1996:220), „Halbelement" bzw. „Halbpräposition" 17 oder präpositionswertige Fügung bezeichnet und ist in ihrer Konstituentenstruktur oftmals dadurch gekennzeichnet, daß das Substantiv, das vor der zweiten Präposition in der präpositionalen PP steht, in der Regel ohne Artikel vorkommt und seine eigentliche Bedeutung verloren hat. 18 Auf die präpositionalen PPn können u. a. die Substitutionsprobe, die Weglaßprobe und die Relativsatzprobe angewendet werden. (6) (6a) (7) (7a)

MIT RÜCKSICHT AUF die schwächeren Mitspieler verkürzen wir heute die Trainingszeit. —> # MIT IHR verkürzen wir heute die Trainingszeit. DIE RÜCKSICHT AUF die schwächeren Mitspieler erzeugt eine bessere Kameradschaft. —> SIE erzeugt eine bessere Kameradschaft.

In (6a) kann die Phrase, „Rücksicht auf die schwächeren Mitspieler", nicht durch ein Pronomen substituiert werden, ohne daß eine völlige Bedeutungsveränderung eintritt. Dies ist in einer PPA-Konstruktion (7a) jedoch möglich. Läßt man die postnominale PP „auf die schwächeren Mitspieler" weg, ist dies in (7b) möglich, jedoch nicht in (6b). (6b) (7b)

—> —>

# MIT RÜCKSICHT verkürzen wir heute die Trainingszeit. DIE R ÜCKSICHT erzeugt eine bessere Kameradschaft.

Diese Resultate werden durch die Relativsatzprobe (vgl. Kapitel 5.1.4) bestätigt ((6c), (7c)). (6c)

17 18

—>

# MIT RÜCKSICHT, die AUF die schwächeren Mitspieler wird, verkürzen wir heute die Trainingszeit.

Vgl. Wellmann (1985:381ff.). Vgl. Droop ( 1977:133ft'.); Lauterbach (1993:122f.).

genommen

146 (7c)



DIE RÜCKSICHT, die AUF die schwächeren Mitspieler genommen wird, erzeugt eine bessere Kameradschaft.

Die Testverfahren zeigen, daß „mit Rücksicht auf jemanden" keine PPA-Konstruktion ist, sondern eine präpositionale PP („mit Rücksicht auf') enthält, die als geschlossene Einheit auftritt. Neben diesen präpositionalen PPn kommen auch solche vor, die durch eine Präposition ersetzt werden können, so daß der präpositionale Charakter deutlich erkennbar ist und die obigen Testverfahren gar nicht angewendet werden müssen. (8) (8a) (9) (9a)

IN HINSICHT A UF die nähere Zukunft sehe ich schwarz. -> HINSICHTLICH der näheren Zukunft sehe ich schwarz. MIT BEZUG A UF das gestrige Schreiben antworte ich folgendes. BEZÜGLICH des gestrigen Schreibens antworte ich folgendes.

Die Konstituentenstruktur der präpositionalen PPn, die häufig den Präpositionen der neuen Schicht ähneln (ζ. B. „infolge", „aufgrund"), kann folgendermaßen dargestellt werden. PP

Δ

PP

das Examen

Ρ

Ν

Ρ

in

Hinsicht

auf

In den meisten Fällen lassen sich präpositionale PPn von den NPn, die PPA-Konstruktionen enthalten, eindeutig abgrenzen.

5.2.3

Präponierte Attribute

Eine postnominale PP kann durch eine präponierte PP oder NP modifiziert werden, so daß die postnominale PP nicht unmittelbar im Anschluß an die vorne stehende NP positioniert ist. Mit Hilfe des Eliminierungstests können die Dependenzverhältnisse offengelegt werden. Die gesamte NP bleibt wohlgeformt, solange die zweite PP, die nicht präponiert ist, nicht eliminiert wird. Die präponierte PP (oder NP) hingegen kann ohne Grammatikalitätsverlust der gesamten Phrase weggelassen werden. Dies ist ein sicheres Kenn-

147 zeichen für das subordinative Verhältnis zwischen den beiden der NP folgenden Phrasen. 19 (10) (10a) (10b) (11) (IIa) (IIb)

Eine langsame Spielweise IN DEN MINUTEN NACH DER HALBZEITPA USE ist töricht. -> Eine langsame Spielweise NACH DER HALBZEITPA USE ist töricht. —> # Eine langsame Spielweise IN DEN MINUTEN ist töricht. Die Angst ZWEI MINUTEN VOR DEM SPIELBEGINN ist unbegründet. -> Die Angst VOR DEM SPIELBEGINN ist unbegründet. # Die Angst ZWEI MINUTEN ist unbegründet.

Die Eliminierungsprobe in (10a) und (10b) bzw. (1 la) und (1 lb) zeigt, daß in (10) „in den Minuten" zu der PP „nach der Halbzeitpause" bzw. in (11) „zwei Minuten" zu der PP „vor dem Spielbeginn" adjazent stehen, weil die PP „nach der Halbzeitpause" (10b) bzw. „vor dem Spielbeginn" (IIb) nicht weggelassen werden kann.

5.3

Die Abgrenzung von der AAB-Konstruktion

Eine sichere Abgrenzung der PPA-Konstruktion von den PPn, die in den Kapiteln 5.1 und 5.2 behandelt worden sind, bereitet im allgemeinen wenig Probleme. Hingegen gestaltet sich die Formulierung intersubjektiv überprüfbarer Testverfahren zur Bestimmung der PPA-Konstruktion, in denen eine eindeutige Abgrenzung von AAB-Konstruktionen vorgenommen wird, in einigen Fällen als äußerst schwierig. Im folgenden werden verschiedene Testverfahren erklärt, ihre Anwendbarkeit auf die PPA- bzw. AAB-Konstruktion an ausgewählten Beispielen demonstriert und ihre Nichtanwendbarkeit für bestimmte PPPA oder PAAB, FÜR bestimmte Typen von PPA- oder AAB-Konstruktionen oder für einzelne Corpusbelege aufgezeigt. Dadurch soll ein kritischer Überblick zu den Testverfahren entstehen, in dem vor allem mit Hilfe der Corpusbelege die Testtauglichkeit präsentiert werden soll. Es bleibt jedoch das Ziel, für jeden Corpusbeleg, in dem eine komplexe NP vorkommt, mindestens einen Test zur Verfugung zu haben, der es ermöglicht, die P P P A und die PAAB ZU unterscheiden.

5.3.1

Die Bedeutung der Präposition

PPA-Konstruktionen und AAB-Konstruktionen können anhand des Bedeutungsgehalts der jeweils enthaltenen Präposition unterschieden werden. In einer AAB-Konstruktion besitzt die PAAB eine konkrete Bedeutung, die oft die ursprüngliche Bedeutung der Präposition ist. In einer PPA-Konstruktion hat die PPPA eine abstrakte Bedeutung.20 Zwar hängt diese Bedeutung in gewisser Weise mit der lexikalischen Bedeutung der PAAB zusammen, aber

19 20

Vgl. Lauterbach (1993:121f., 131 f.). Vgl. u. a. Rauh (1996:188f.); Schierholz (1996a:167f.); Wiegand (1996:141).

148 der Bedeutungsanteil der lexikalischen Bedeutung ist nicht genau bestimmbar und variiert je nach P PPA und PPA-Konstruktion. Zumindest für lokale AABen gilt, was WUNDERLICH zur Semantik der lokalen Präpositionen in adverbialen Bestimmungen feststellt, nämlich, daß „es also sinnvoll (ist), der Präpositionalphrase [P NPJ eine eigene Deutung zu geben, die unabhängig davon ist, welches Objekt [gemeint ist das Objekt, das von dem Substantiv in Subjektposition bezeichnet wird, S.J.Sch.] sich in welcher Plazierung in Relation zum Objekt a befindet" (WUNDERLICH 1985:342). Dementsprechend kann man die räumlichen Gegebenheiten in der Realität unter Zuhilfenahme der lexikalischen Präpositionen beschreiben, und ein Austausch einer Präposition ist in der Regel nur möglich, wenn auch der zum Ausdruck zu bringende Sachverhalt verändert werden soll. Die Präposition selbst ist in diesen Konstruktionen relational, weil durch sie die Beziehungen zwischen den zu beschreibenden Gegenständen bzw. Zuständen gekennzeichnet werden. 2 1 Innerhalb der PPA-Konstruktion sind die Verhältnisse aber komplizierter. Einerseits gibt es Präpositionen, die austauschbar sind, ohne daß sich die Bedeutung der komplexen N P wesentlich ändert, andererseits fuhrt ein Wechsel einer Präposition zu einer grundsätzlich neuen Bedeutung der PPA-Konstruktion. 2 2 (1) (2) (3) (4) (4a) (5) (5a)

das die die die « die Φ

Bild ÜBER/ NEBEN/ UNTER DER WAND UHR BESCHWERDE ÜBER den Mitarbeiter KONKURRENZ UNTER den Spielern DISKUSSION ZWISCHEN den Wüstenscheichs die DISKUSSION UNTER den Wüstenscheichs DISKUSSION ÜBER die Politiker die DISKUSSION ZWISCHEN den Politikern

In der A AB-Konstruktion (1) wird die Position des „Bilds" im Verhältnis zur „Wanduhr" durch die jeweilige lexikalische Bedeutung der Präpositionen „über", „neben" und „unter" angegeben. In den PPA-Konstruktionen ((2), (3)) findet jedoch „die Beschwerde" nicht oberhalb „des Mitarbeiters" und „die Konkurrenz" nicht unterhalb „der Spieler" statt, sondern es werden in (2) der Inhalt bzw. die Ursache der „Beschwerde" genannt, während in (3) der Bereich bzw. die Betroffenen angegeben wird, für den bzw. auf die die „Konkurrenz" zutrifft. Welche Bedeutung die P PPA in ((2), (3)) besitzt, ist ungleich schwerer zu bestimmen als in (1). Zwischen den PPA-Konstruktionen in (4) und (4a) besteht nur ein geringer Bedeutungsunterschied; die PPA-Konstruktionen (5) und (5a) unterscheiden sich nicht nur durch verschiedene P PPA , sondern auch durch unterschiedliche Inhalte, einmal werden die Teilnehmer an der „Diskussion" (5a), einmal wird das Thema der „Diskussion" (5) benannt. Während jedoch in (1) bis (5) die syntaktischen Verhältnisse unabhängig von der Bedeutung des VorgängersubstantivsAAB bzw. Rektionssubstantivs PPA bestimmt werden können und somit auch ohne Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes, demonstrieren

21 22

Vgl. Hertel (1983:58); Eisenberg (1994:260ff ). Vgl. die Differenzierung bei Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:1975ff ), die jedoch nur teilweise der hier vorliegenden Auffassung entspricht.

149 die folgenden Beispiele, daß die Präposition „auf' in Abhängigkeit von der Bedeutung des Substantivs „Druck" abstrakt oder konkret benutzt werden kann. (6) (7)

der Druck A UF DEN ANLASSERKNOPF der DRUCK A UF die Studierenden

In (6) ist „Druck" etwas Konkretes, und in der AAB wird angegeben, wohin „der Druck" geht, in (7) bezeichnet „Druck" etwas Abstraktes, und die Direktionalität im PPA ist eher allgemein-abstrakt zu verstehen. Darüber hinaus existieren komplexe NPn, deren syntaktische Funktion offensichtlich auch nicht unter Berücksichtigung des jeweiligen Kontextes eindeutig bestimmt werden kann. 23 Für die Einheit, „Blick" plus „auf', wird in SCHIERHOLZ (1998a) gezeigt, daß offensichtlich die individuelle Vorstellung der Situation, in der „Blick auf' vorkommt, die Bestimmung als abstrakte oder konkrete Präposition beeinflußt. (8) (9)

„ Wir haben ein Zimmer, das einen Blick auf das Meer hat. Der Blick auf das Meer, der mir während meiner Busfahrt durch die dichtstehenden Bäume hindurch gewährt wird, ist wunderschön. " (SCHIERHOLZ 1998a:89).

In (8) kann es sich um die PPPA-AUF oder die PAAB „auf' handeln, aber in (9) dominiert die konkrete Bedeutung von „auf'. Ersetzt man aber in (8) die ΡΡ „auf das Meer" durch „auf das Boot", so wird eine Interpretation als PPA-Konstruktion wahrscheinlicher. Insbesondere die Beispiele (8) und (9) verdeutlichen, daß die Entscheidung darüber, ob eine Präposition eine abstrakte oder konkrete Bedeutung besitzt, erheblich vom subjektiven Urteil des Betrachters abhängig sein kann, so daß dieses Kriterium nur als Hinweis für die Erkennung einer PPA-Konstruktion dienen kann. Gleichwohl gibt es genügend Belege, in denen die Entscheidung relativ leicht fallt, so daß sich diese Fälle auch gut als Demonstrationsbeispiele in Grammatiken oder Lehrbüchern eignen. Für eine PPA-Konstruktion gilt, daß zwischen Vorgänger-NP PPA und Nachfolger-NP PPA eine semantische Verbindung besteht, die durch die PPPA geleistet wird. Allerdings können die Bedeutungen einer PPPA nur im Zusammenhang mit den Bedeutungen der jeweiligen Rektionssubstantive PPA adäquat erfaßt werden. 24

5.3.2

Die Derivationsbasis des RektionssubstantivsPPA

Viele Substantive, die als RektionssubstantivPPA fungieren können, sind Deverbativa oder Deadjektiva. Wenn ein zugrundeliegendes Verb oder Adjektiv in seinen Valenzeigenschaften eine Leerstelle besitzt, die mit einem PPO besetzt werden kann, so kann die geforderte Präposition in fast allen Fällen als PPPA nach dem Deverbativum oder Deadjek-

23

24

Vgl. die Auseinandersetzung zwischen Wiegand und Schierholz zu der komplexen NP „der Blick aufs Meer"; vgl. Schierholz (1996a:167f.); Schierholz (1998a:88f.); Wiegand (1996:120f.). Vgl. Schierholz (1998a:94f.).

150 tivum stehen.25 In diesen PPΑ-Konstruktionen kann mit dem Basisverb oder Basisadjektiv eine Paraphrase gebildet werden, und es liegt eine Begründung für die Existenz einer vom RektionssubstantivppA eröffneten Leerstelle sowie für die Selektion der jeweiligen PppA vor. (1) (la) (2) (2a) (3) (3a)

die ABSTAMMUNG VOM Affen —> Jemand stammt VOM Affen ab. ihre BEREITSCHAFT ZUM Training —> Sie ist ZUM Training bereit. sein INTERESSE FÜR Rotwein —> Er interessiert sich FÜR Rotwein.

Soweit Verwechselungen mit AAB-Konstruktionen bzw. adverbialen Bestimmungen, die in Relation zu Verben oder Adjektiven stehen, ausgeschlossen sind, ist es in diesen Fällen leicht (vgl. (1) bis (3)), das RektionssubstantivPPA plus die P PPA zu identifizieren. Nur in wenigen Ausnahmefällen kann das RektionssubstantivPPA eine andere Präposition regieren als das zugrundeliegende Verb ((4) und (4a')). (4) (4a) (4a ') (4b)

sein INTERESSE AN Rotwein # Er interessiert sich AN Rotwein. —> Er interessiert sich FÜR Rotwein. —> Er ist AN Rotwein interessiert.

Für (4) kann die Selektion der P PPA nicht mit Hilfe des Valenzrahmens des Basisverbs erfolgen, aber das Adjektiv „interessiert" regiert die Präposition „an" und liefert somit die Ableitungsbasis für das RektionssubstantivPPA „Interesse". Die Anwendung des Tests kann nicht in der umgekehrten Richtung, also vom Verb zum Substantiv, erfolgen. Nicht jedes Deverbativum, dessen zugrundeliegendes Verb eine Leerstelle für ein PPO eröffnet, kann auch als RektionssubstantivPpA mit der gleichen P PPA füngieren. (5) (6) (7)

sich ernähren von sich versprechen von achten auf

—>

# die Ernährung von # das Versprechen von # die Achtung auf

Die Deverbativa in (5) und (6) können als Attribut nur einen analytischen Genitiv nach sich haben, und die Präposition „von" kann hier nicht als P PPA auftreten, während die Basisverben „ernähren" und „versprechen" die Präposition „von" regieren. In (7) besitzt „Achtung" nicht die Bedeutung von „achten", so daß die Präposition „auf' nicht von dem Substantiv „Achtung" regiert werden kann. Viele RektionssubstantivePPA sind von Verben oder Adjektiven abgeleitet, die einen Genitiv, Dativ oder Akkusativ regieren. (8) (8a)

25

Biancas A CHTUNG VOR dem Kerl Bianca achtet den Kerl.

Vgl. u. a. Droop (1977:68); Helbig/Buscha (1988:296ff.). Allerdings ist damit das Problem einer intersubjektiv überprüfbaren Entscheidung lediglich verschoben, weil man eindeutige Testverfahren benötigt, die ein PPO von einer adverbialen Bestimmung abgrenzen.

151 (9) (9a) (10) (10a) (11) (IIa) (12) (12a)

ihre ÄHNLICHKEIT MIT einer Vorzimmerdame Sie ähnelt einer Vorzimmerdame. sein BEDARF AN Lügenmärchen Er bedarf der Lügenmärchen. die MÖGLICHKEIT ZU der Vereinigung —> Die Vereinigung ist möglich. die TREUE ZU der Baronin Sie ist der Baronin treu.

In (8a) regiert das Verb den Akkusativ, in (9a) den Dativ, in (10a) den Genitiv. In (IIa) besetzt die Nachfolger-NPPPA die Subjektposition, und in (12a) regiert das Adjektiv „treu" den Dativ. Insgesamt läßt sich keine regelhafte Beziehung zwischen der Selektion der PPPA und den jeweils vom zugrundeliegenden Verb oder Adjektiv regierten Kasus ausmachen.26 Allerdings sieht D R O O P gewisse Restriktionen in der Selektion der zur Verfügung stehenden P ppa , weil bei Genitivrektion des Basislexems nur die P P P A „an", „auf' und „über" vorkommen können, bei Dativrektion nur „an" und „für" und bei Akkusativrektion „an", „auf', „für", „gegen", „gegenüber", „nach", „vor" und „zu".27 Da D R O O P jedoch von einer anderen Definition des Terminus „Präpositionalattribut" ausgeht, als es in dieser Arbeit der Fall ist, und da nicht zu erkennen ist, inwieweit die von D R O O P konstatierten Zusammenhänge systematisch an großen Datenmengen überprüft worden sind, sollen diese Hinweise nicht unmittelbar für die Testverfahren nutzbar gemacht werden. Neben den Derivativa existieren RektionssubstantivePPA (vgl. (13) bis (17)), die ohne Entsprechung im Verbal- oder Adjektivbereich sind und somit dem Ableitungstest nicht unterzogen werden können. (13) (14) (15) (16) (17)

der die der die das

APPETIT AUF Bananen CHANCE A UF das Halbfinale VERTRAG ZUR Europäischen Union GESCHICKLICHKEIT IN der Anwendung RECHT AUF eine Abtreibung

Für "eine Reihe von RektionssubstantivenPPA fällt auf, daß durch die Derivation in bezug auf die Semantik Veränderungen eintreten. Manche Substantive können nur in einer Bedeutungsvariante, die für das Basislexem nicht existiert, als RektionssubstantivPPA auftreten. (18) (18a) (18b) (19) (19a) (19b)

26

27

der ANSCHLAG AUF den Präsidenten & Jemand schlägt auf den Präsidenten an. Er soll an diesem Punkt anschlagen, wenn er das Ziel erreicht hat. das ABKOMMEN ÜBER die Zusammenarbeit Jemand kommt über die Zusammenarbeit ab. Er kommt von diesem Weg ab.

Vgl. u.a. Droop (1977:74); Helbig/Buscha (1988:295ff.); Bamett et al (1989:53); Eisenberg (1994:272f.). Vgl. Droop (1977:74fr.).

152 Das RektionssubstantivppA „Anschlag" ist von dem Verb „anschlagen" abgeleitet, aber die Bedeutung, die „Anschlag auf' besitzt, existiert für das Verb „anschlagen" nicht (vgl. (18a), (18b)). Das RektionssubstantivPPA „Abkommen" ist von dem Verb „abkommen" abgeleitet, aber die Bedeutung, die „Abkommen über" hat, besteht fxir das Verb „abkommen" nicht (vgl. (19a), (19b)). Darüber hinaus kommen RektionssubstantivePPA vor, bei denen prinzipiell ein Zusammenhang zum Verb bzw. Adjektiv besteht, bei denen aber die Nachfolger-NPPPA inhaltlich so variiert werden kann, daß eine Paraphrasierung mit dem dazugehörigen Verb oder Adjektiv nicht mehr möglich ist. (20) der VERDA CHT A UF den Dieb (20a) Jemand verdächtigt den Dieb. (21) der VERDACHT A UF Gelbsucht (21a) # Jemand verdächtigt (die) Gelbsucht. Während auf der Basis von (20) der Zusammenhang zwischen dem RektionssubstantivPPA und dem Basisverb erkannt werden kann, ist dies in (21) nicht möglich. Hier bestimmt also die Semantik des NachfolgersubstantivsPPA und damit der jeweilige Corpusbeleg, in welcher Weise die Ableitungsbasis zu ermitteln ist. Für die Abgrenzung von AAB-Konstruktionen hilft die Bestimmung der Derivationsverhältnisse teilweise weiter. Wenn eine PP auch als adverbiale Bestimmung im Anschluß an das Verb stehen kann, das die Ableitungsbasis fur ein RektionssubstantivPPA ist, so hilft die Identifizierung der Derivationsverhältnisse nicht für eine Erkennung der PPAKonstruktion weiter. (22) (22a) (23) (23a)

der Ärger AM SONNTAG -> Jemand ärgert sich am Sonntag. die Verabredung IM OKTOBER -> Jemand verabredet sich im Oktober.

Die Paraphrasierung zeigt in (22) und (23) nicht, daß es sich um eine temporale AAB handelt. Andere AAB-Konstruktionen können jedoch abgegrenzt werden, weil eine entsprechende Paraphrase mit der Derivationsbasis nicht gebildet werden kann. (24) der Ärger IN DER SCHULE (24a) ^ Jemand ärgert sich/ jemanden in der Schule. Zwar ist (24a) nicht ungrammatisch, aber es ist keine Paraphrase zu (24), weil die Präposition in beiden Phrasen zur Nachfolger-NP^ gehört. Es wird in diesem Kapitel darauf verzichtet, für jede PPPA einzeln die Derivationsmöglichkeiten und Besonderheiten einzelner RektionssubstantivePPA zu diskutieren, weil zu jeder PPPA nahezu jede Variante (Basisverb, -adjektiv regiert gleiche Präposition oder Genitiv oder Dativ oder Akkusativ) in den Ableitungsbeziehungen vorliegt. Die Ableitungsbasis ist jedoch als ein starkes Indiz für die syntaktische Bestimmung eines Substantivs als RektionssubstantivPPA anzusehen, obwohl es notwendig ist, zusätzliche Testrahmen zu benutzen; denn auch AAB-Konstruktionen, welche Derivationssubstantive enthalten, lassen sich mit den jeweiligen Basislexemen paraphrasieren.

153 5.3.3

Die Kasusmarkierung der Nachfolger-NP

In einer PP regiert die Präposition den Kasus, den die nachfolgende NP trägt. Von den in PPA-Konstruktionen vorkommenden Präpositionen regieren manche nur einen Kasus („aus", „bei", „durch", „für", „gegen", „gegenüber", „mit", „nach", „um", „von", „zu"), andere zwei Kasus („an", „auf', „in", „über", „unter", „vor", „zwischen"). Handelt es sich um eine Präposition der zweiten Gruppe, so ist eine Unterscheidung zwischen der PPAund AAB-Konstruktion möglich, wenn die Nachfolger-NPAAB in einem anderen Kasus steht als die Nachfolger-NP PPA . (1) (2)

Das ATTENTAT AUF den Präsidenten ist mißlungen. Das Attentat A UF DEM PARKPLA TZ ist mißlungen.

Satz (1) ist eine PPA-Konstruktion, in der die Nachfolger-NP PPA im Akkusativ steht und das Ziel des „Attentats" bezeichnet. In (2) ist eine AAB enthalten, in der die NachfolgerN P A A B im Dativ steht und eine Positionsangabe enthält, an welcher Stelle das „Attentat" mißlungen ist. Die P P P A-AUF läßt sich aufgrund der Kasusmarkierung der Nachfolger-NP sicher identifizieren; denn die Substantive, die als RektionssubstantivPPA-AUF fungieren können, kommen nicht in AAB-Konstruktionen mit Richtungsangabe vor, in denen die Nachfolger-NPAAB im Akkusativ stehen muß, sondern nur in AAB-Konstruktionen, die eine lokal-stationäre Bezeichnung enthalten und in denen die Nachfolger-NPAAB im Dativ stehen muß. Allerdings ist die Erkennung einer PPA-Konstruktion nicht immer so einfach, weil sich nicht jede P PPA , die zwei Kasus regiert, wie die PPPA-AUF verhält. (3) (4)

Die DISKUSSIONEN UNTER den Teilnehmern sind interessant. Die Diskussionen UNTER DEN BR ÜCKEN sind interessant.

Im PPA (3) und in der AAB (4) regiert die Präposition „unter" den Dativ, so daß hier die Kasusmarkierung der Nachfolger-NP kein Kriterium für die unterschiedlichen syntaktischen Funktionen der PPn bietet. 28 Für die Gruppe der P PPA , die zwei Kasus regieren können, ergibt sich je P PPA folgendes Bild. Die Präposition „an" kann als P PPA sowohl den Dativ (5) als auch den Akkusativ (6) regieren. Die Kasusmarkierung bietet keine Hilfe zur Abgrenzung von AAB-Konstruktionen, die als direktionale (7), lokal-stationäre (8) oder temporale AAB (9) auftreten können. (5) (6) (7) (8) (9)

28

die ARBEIT AN dem Projekt sein DANK AN die Mitarbeiter die Reise AN DEN RHEIN der Unfall AN DER BR ÜCKE der Versuch AM DIENSTA G

Vgl. Schierholz (1995:20); Schierholz (1996a:167).

154 Bei der Präposition „auf' lassen sich viele AAB- und PPA-Konstruktion anhand der Kasusmarkierung der Nachfolger-NP unterscheiden, weil die PPPA-AUF nur den Akkusativ regiert. Allerdings sind davon nur die lokal-stationären AABen betroffen (vgl. oben), während direktionale AABen (10) unter Benutzung anderer Testverfahren von PPAKonstruktionen unterschieden werden müssen. (10)

die Wanderung A UF DEN BERG

Die Präposition „in" kann als P PPA sowohl den Dativ (11) als auch den Akkusativ (12) regieren, so daß keine Abgrenzungshilfen durch die Kasusmarkierung der Nachfolger-NP gegeben sind. Als AAB-Konstraktionen treten u. a. lokal-stationäre (13) und temporale (14) mit einer Nachfolger-NPAAB im Dativ auf sowie direktionale AABen mit Akkusativ (15). (11) (12) (13) (14) (15)

die die die die die

EINIGKEIT IN dieser Frage EINARBEITUNG IN das Thema Unterweisung IN DER STADT Unterweisung INDER FRÜHE Fahrt IN DEN STOLLEN

Die Präposition „über" regiert als P PPA den Akkusativ (16), während die P A A B den Dativ regiert, wenn eine lokal-stationäre Angabe gemacht wird (17). Allerdings liegen auch AAB-Konstruktionen vor, in denen die Nachfolger-NPAAB im Akkusativ steht (18). (16) (17) (18)

eine MITTEIL UNG ÜBER den Vorfall die Mitteilung ÜBER DER TÜR der Sprung ÜBER DEN HOCKER

Ähnlich wie bei der PPPA-AUF können durch die Kasusmarkierung der Nachfolger-NP lokalstationäre AABen erkannt werden, während direktionale AABen mit Hilfe anderer Testverfahren bestimmt werden müssen. Die Präposition „unter" regiert als PPPA sowohl den Dativ (19) als auch den Akkusativ (20). Es kommen auch lokal-stationäre (21) und direktionale AABen (22) mit Dativ und Akkusativ vor, so daß die Kasusmarkierung der Nachfolger-NP keine Erkennung der syntaktischen Funktionen der PPn ermöglicht. (19) (20) (21) (22)

eine A USWAHL UNTER den Kandidaten die UNTERWERFUNG UNTER den Diktator die Diskussion UNTER DER ÜBERFÜHRUNG die Führung UNTER DIE BR ÜCKE

Die Präposition „vor" regiert als P PPA immer den Dativ ((23), (24)), so daß direktionale AABen, deren Nachfolger-NPAAB im Akkusativ stehen (25), leicht zu identifizieren sind. Allerdings kommen auch lokal-stationäre (26) und temporale AABen (27) vor, in denen die P A A B „vor" den Dativ fordert, so daß die Unterscheidung zwischen PPA- und AABKonstruktionen nur in bezug auf die direktionalen AABen gelingt. (23) (24)

die FL UCHT VOR den Eroberern seine OHNMACHT VOR der allgemeinen Ignoranz

155 (25) (26) (27)

eine Reise VOR DAS ZENTR UM seine Ohnmacht VOR DER BR ÜCKE die Flucht VOR TAGESANBRUCH

Die Präposition „zwischen" regiert als PPPA immer den Dativ (28), so daß direktionale AABen (29), deren Nachfolger-NPnAAB im Akkusativ stehen müssen, leicht abzugrenzen sind. (28) (29) (30)

die DEBA TTE ZWISCHEN den Abgeordneten und den Lobbyisten die Führung ZWISCHEN DIE BR ÜCKEN die Debatte ZWISCHEN DER BRÜCKE und DEM TURM

Jedoch kommen im Anschluß an Substantive, die als RektionssubstantivPPA.ZWiscHEN fungieren können, auch lokal-stationäre AABen vor (30), in denen die Nachfolger-NPAAB im Dativ steht, so daß eine Unterscheidung auf der Basis der Kasusmarkierung hier nicht möglich ist. Das Testkriterium „Kasusmarkierung der Nachfolger-NP" kann zur Identifikation von PPA-Konstruktionen nur bei den Präpositionen verwendet werden, die zwei Kasus regieren können, deren Nachfolger-NP PPA aber nur in einem Kasus vorkommt, also bei den Präpositionen „auf', „über", „vor" und „zwischen". Hier können diejenigen Corpusbelege, in denen die Nachfolger-NP in dem Kasus steht, der nicht von der P PPA regiert wird, ausgeschieden werden. Dies betrifft die Nachfolger-NPn, die in PPn mit „auf' und „über" im Dativ stehen und in PPn mit „vor" und „zwischen" im Akkusativ. Bei Präpositionen, die zwei Kasus regieren und deren Kasusrektionen sowohl in PPA- als auch in AAB-Konstruktionen vorkommen (bei „an", „in", „unter"), hilft der Test nicht weiter. Der Test ist jedoch als sehr zuverlässig einzustufen, weil das morphosyntaktische Merkmal „Kasusmarkierung" eindeutig erkennbar und intersubjektiv überprüfbar ist.

5.3.4

Der Pronominaladverbtest

In einer PPA-Konstruktion kann das PPA durch ein Pronominaladverb substituiert werden, das mit der in der jeweiligen PPA-Konstruktion verwendeten PPPA gebildet wird. Ein Pronominaladverb ist eine Verbindung aus da- (bzw. dar- bei Präpositionen, die mit Vokal beginnen) oder hier- und der jeweiligen Präposition. 29 In der Fachliteratur wird der Pronominaladverbtest auch als „Anaphorisierungsmöglichkeit" 30 bezeichnet, bzw. anstelle des Terminus „Pronominaladverb" werden auch die Termini „Präpositionaladverb" 31 oder „Pro-PP" 32 verwendet. (1) (la)

29 30 31

32

die GEWÖHNUNG AN die Feierei -> die Gewöhnung DARAN

Vgl. u. a. Helbig/Buscha (1988:265); Duden (1995:365ff.). Engelen (1971:25). Vgl. u. a. Engelen (1971:25ff.); Engel (1996:704, 757ff.); Kürschner (1993:174); Zifonun/ Hoffmann/Strecker ( 1997:1975). Vgl. Breindl (1989:84ff.) für PPOe.

156 (2) (2a)

der APPETITA UF Rindfleisch der Appetit DARAUF

Handelt es sich bei einer komplexen NP hingegen um eine lokale oder temporale AAB, so steht als Proform ein einfaches Adverb mit lokalem bzw. temporalem Inhalt.33 Dieses kann auch in dem nachfolgenden Satz als Anapher stehen. (3) (3a) (3b)

Die Feier IN BUXTEHUDE war langweilig. Die Feier DORT war langweilig. -> DORT habe ich lange Zeit gelebt.

Wenn in der Nachfolger-NPPpA eine Lebewesenbezeichnung vorkommt, muß anstelle des Pronominaladverbs die PPPA plus einem Personal- oder Demonstrativpronomen, das in dem von der PPPA verlangten Kasus steht, verwendet werden.34 Letzteres kann auch als „analytische Form" im Gegensatz zur „synthetischen Form" (mit Pronominaladverb) bezeichnet werden.35 (4) (4a) (4b)

die GEWÖHNUNG AN meine Vorgesetzte -> # die GEWÖHNUNG DARAN -> die GEWÖHNUNG AN SIE

Allerdings wird die Verwendung der analytischen Form nicht nur bei Lebewesenbezeichnungen, sondern auch bei einigen anderen Bezeichnungen (z. B. für Institutionen) und bei einigen attribuierten Nachfolger-NPnPPA erforderlich (vgl. (5) bis (7)). Darüber hinaus existieren Corpusbelege, in denen weder die synthetische noch die analytische Form für das PPA substituiert werden kann ((8a), (8a')). (5) (5a) (6) (6a) (7) (7a) (8) (8a) (8a)

33

34

35 36

der ÄRGER ÜBER die Bundeswehr -> der ÄRGER ÜBER SIE die A USLIEFER UNG AN die Heimatländer -> die A USLIEFER UNG AN SIE „ die WUT A UF den verlorenen Groschen * die WUT DARAUF" (WIEGAND 1996:117f.)36 die EINFÜHL UNG IN die Not einer Behinderung # die EINFÜHL UNG IN SIE # die EINFÜHLUNG DARIN

Da es für finale, konditionale, komitative und instrumentale AABen kein einfaches Adverb als Proform gibt, müssen diese AABen mit anderen Testverfahren ausgeschieden werden; vgl. u. a. Zifonun/Hoffmann/Strecker ( 1997:1369ff. ). Vgl. u.a. Helbig/Buscha (1988:265f.), aber auch Engel (1982:182) zu Verbergänzungen mit Präposition. Vgl. Schäublin (1972:166). Es ist fraglich, ob man tatsächlich auf einen Groschen wütend sein kann. Corpusabfragen in FAZ (1994) und TAZ (1994) haben keinen Beleg ergeben, in dem „Wut auf einen Groschen", „wütend auf einen Groschen" oder syntaktisch bzw. semantisch ähnliche Konstruktionen enthalten sind.

157 Für einen Teil der Corpusbelege ist die Testanwendung erschwert, weil sowohl für PPAe als auch AABe das gleiche Personal- oder Demonstrativpronomen substituiert werden kann. (9) (9a) (9b)

Die Diskussion UNTER JENEN ist interessanter. Die Diskussion UNTER DEN BR ÜCKEN ist interessanter.

die ANTWORT DARAUF (16) die ANZIEHUNGSKRAFT A UF das Publikum (16a) ? die ANZIEHUNGSKRAFT DARAUF/??AUF

ES

Bei der Präposition „aus" kann das Pronominaladverb „daraus" fast immer für das PPA substituiert werden. (17) (17a) (18) (18a)

der A USSTIEG A US der Kernenergie -> der AUSSTIEG DARAUS die FOLGEN A US der Überwachung -> die FOLGEN DARAUS

Liegt die Präposition „bei" vor, kann der Pronominaladverbtest nur mit unterschiedlichem Erfolg angewendet werden. (19) (19a) (20) (20a) (21) (21a) (21b) (22) (22a) (22b)

das RISIKO BEI der Sache -> das RISIKO DABEI die VERSA UMNISSE BEI der Entwicklung schadstoffarmer Autos die VERSÄUMNISSE DABEI ein knalliges WACHSTUM BEIM Hafenumschlag in Bremen # ein knalliges WACHSTUM DABEI ? ein knalliges WACHSTUM DORT die SCHWERPUNKTE BEI der Zusammenarbeit -> ? die SCHWERPUNKTE DABEI -> ? die SCHWERPUNKTE DORT

Während in (19) und (20) eine Pronominaladverbsubstitution möglich ist, treten bei (21) und (22) Zweifel auf, welches Lexem zu substituieren ist. Insbesondere für (21) scheint die Lesart als lokale AAB-Konstruktion (21b) näher zu liegen als eine Lesart mit PPA, für die die Substitution wie in (21a) möglich sein sollte. Allerdings muß darauf hingewiesen werden, daß es insbesondere bei der Präposition „bei" schwierig ist, mit Hilfe der Pronominaladverbsubstitution eine PPA-Konstruktion zu identifizieren.38 Bei der Präposition „durch" kann das Pronominaladverb nicht substituiert werden, weil das Nachfolgersubstantiv entweder ein Lebewesen oder eine Institution bezeichnet. Ob in komplexen NPn mit „durch" überhaupt PPAe vorkommen, soll zunächst offen bleiben; denn zumindest bei den komplexen NPn, in denen in der Vorgänger-NP ein Deverbativum 38

Dies wird anhand der Schwierigkeiten bestätigt, die in Kapitel 5.1 mit Hilfe der Beispiele (12) und (13) demonstriert worden sind.

159

steht, lassen sich die komplexen NPn regelhaft in Sätze mit dem Basisverb überführen, in denen die Nachfolger-NP die Subjektfunktion übernimmt. Dies gilt zwar nicht für komplexe NPn, in denen das präponierte Substantiv kein Deverbativum ist, aber ändert nichts an der Nichtanwendbarkeit des Pronominaladverbtests (vgl. (23), (24)). (23) (23a) (24) (24a)

der ANSCHLAG DURCH Rechtsextreme # der ANSCHLAG DADURCH die REPRESSALIEN DURCH den Staat -> η die REPRESSALIEN DADURCH

Liegt die Präposition „für" vor, kann der Pronominaladverbtest in der Regel eingesetzt werden. Da Lebewesenbezeichnungen in der Nachfolger-NPPPA nicht oft vorkommen, muß in der Testung die analytische Form nur selten verwendet werden. (25) (25a) (26) (26a)

die EIGNUNG FÜR diesen Job -> die EIGNUNG DAFÜR die BEGEISTER UNG FÜR den Musiker -> die BEGEISTERUNG FÜR IHN

Allerdings müssen PPA-Konstruktionen, in denen das NachfolgersubstantivPPA-FÜR eine Person bezeichnet (wie in (26)), von komplexen NPn unterschieden werden, in denen ein Benefaktiv vorkommt.39 Für ein PPA mit der Präposition „gegen" kann das Pronominaladverb „dagegen" substituiert werden ((27), (28)). Es treten äußerst selten Probleme bei der Testanwendung auf. (27) (27a) (28) (28a)

der SCHUTZ GEGEN die Kälte der SCHUTZ DAGEGEN das ARGUMENT GEGEN die doppelte -> das ARGUMENT DAGEGEN

Staatsbürgerschaft

Liegt die Präposition „gegenüber" vor, kann kein Pronominaladverb gebildet werden. Es gibt lediglich eine Negativbestimmung, weil bei lokalen AAB-Konstruktionen, die die P A A B „gegenüber" enthalten, eine Anaphorisierung mit „dort" oder dem Lokaladverb „gegenüber" möglich ist (vgl. (29a), (29b)). Bei PPA-Konstruktionen entsteht dadurch eine ungrammatische Phrase ((30a) bzw. eine Veränderung des propositionalen Gehalts (30b)). (29) (29a) (29b) (30) (30a) (30b)

das Haus GEGENÜBER DER BR ÜCKE -> das Haus GEGENÜBER das Haus DORT die SKEPSIS GEGENÜBER den Studenten # die Skepsis GEGENÜBER # die Skepsis DORT

In PPAen, in denen die Präposition „in" den Dativ regiert, kann das PPA mit dem Pronominaladverb „darin" substituiert werden ((31), (32)), aber wenn die P A-IN(AKK) PP

39

Zur Abgrenzung vgl. Kapitel 5.3.9.

160 vorliegt, kann der Test nur mit Einschränkungen (33) oder gar nicht angewendet werden ((34), (35)). (31) (31a) (32) (32a) (33) (33a) (34) (34a) (35) (35a)

eine UNTERWEISUNG IN deutscher Geschichte -> eine UNTERWEISUNG DARIN die EINIGKEIT IN der Wirtschaftspolitik -> die EINIGKEIT DARIN die VERSTRICKUNG IN eine Korruptionsaffäre ? die VERSTRICKUNG DARIN eine kurze EINFÜHR UNG IN das Thema -> # eine kurze EINFÜHRUNG DARIN das VERTRA UEN IN die eigene Kraft -> # das VERTRAUEN DARIN

Die Präposition „mit" kommt als PAAB nicht in lokalen oder direktionalen AABen vor, sondern in instrumentalen oder komitativen AABen. Eine Pronominaladverbsubstitution für das PPA kann zwar in vielen Fällen durchgeführt werden (36), aber dadurch werden AABen nicht abgegrenzt, weil „damit" auch als Adverb für eine instrumentale AAB substituiert werden kann (vgl. (37)). (36) die VERSORGUNG MIT einem Computer (36a) die VERSORGUNG DAMIT (3 7) der Mann MIT EINEM FAHRRAD (37a) der Mann DAMIT Bei der Präposition „nach" kann der Test mit Einschränkungen angewendet werden, weil das Adverb „danach" homonym ist und sowohl Pronominaladverb als auch temporales Adverb sein kann. Mit Hilfe der Betonungsverhältnisse können das Pronominaladverb „danach", gesprochen ['da:nax] und das temporale Adverb „danach", gesprochen [da:'nax], unterschieden werden. In der Schriftsprache ist dieser Unterschied aber nicht erkennbar, und die Beurteilung der Betonungsverhältnisse kann subjektiven Schwankungen unterliegen. (38) die Nachfrage DANACH (38a) die NACHFRAGE NACH Toilettenartikel (39) die Weinprobe DANACH (39a) der KAMPF DARUM die BITTE UM Gehaltserhöhung die BITTE DARUM der Zaun UM DAS HA US -> ? der Zaun DARUM -> der Zaun UM das Haus HER UM

Jedoch treten Probleme mit der Abgrenzung kausaler AABen auf. Diese lassen sich normalerweise dadurch erkennen, daß für die Präposition „um" die Präposition „wegen" substituiert werden kann, aber bei einigen Corpusbelegen hängt die Akzeptanz der Substitution davon ab, wie die Formulierung verstanden wird. (46) das SPEKTAKEL UM seinen Abgang (46a) das SPEKTAKEL DARUM (46b) das Spektakel WEGEN seines Abgangs (47) die A USEINANDERSETZUNG UM die Asylproblematik (4 7a) die A USEINANDERSETZUNG DAR UM (47b) —> die Auseinandersetzung WEGEN der Asylproblematik In (46) und (47) kann die Pronominaladverbsubstitution durchgeführt werden ((46a), (47a)); es kann aber auch die Präposition „um" durch „wegen" ersetzt werden, wenn der Grund für das „Spektakel" bzw. die „Auseinandersetzung" in der komplexen NP genannt werden soll ((46b), 47b)). Eine Unterscheidung ist bei vielen Corpusbelegen auch unter Berücksichtigung von Kon- und Kotext nicht möglich, so daß in bezug auf die syntaktische Funktion eine Ambiguität bleibt, die in konkreten Kommunikationssituationen bei Bedarf rezipientenindividuell aufgelöst werden muß. Auf PPAe mit der PPPA-UNTER kann der Test angewendet werden, wenn die NachfolgerN P P P A im Akkusativ steht (48). Liegt eine PPPA-UNTER(DAT) vor, so läßt sich der Pronominaladverbtest nicht anwenden (vgl. (49), (50)), weil ausschließlich Lebewesen- oder Institutionsbezeichnungen in der Nachfolger-NPPpA-uNTER(DAT) vorkommen. (48)

die UNTERORDNUNG UNTER den Imperialismus

162 (48a) die UNTERORDNUNG DARUNTER (49) die FL UKTUA TION UNTER der Belegschaft (49a) -> # die FL UKTUA TION DAR UNTER (50) der KONFLIKT UNTER den Akademikern (50a) -> # der KONFLIKT DARUNTER Bei der Präposition „von" kann die Pronominaladverbsubstitution angewendet werden, wenn es sich um eine PpPA handelt. (51) die ABWEICHUNG VOM Zeitplan (51a) -> die ABWEICHUNG DAVON (52) der A USSCHL USS VOM Wahlrecht (52a) der AUSSCHLUSS DAVON Bei lokalen AAB-Konstruktionen muß statt des Pronominaladverbs eine Kombination der Präposition „von" plus einem lokalen Adverb substituiert werden (53). (53) die Wanderung VON BUXTEHUDE (aus) (53a) # die Wanderung DAVON (aus) (53b) -> die Wanderung VON DORT (aus) PPAe, in denen die PPPA-VOR steht, können mit dem Pronominaladverb „davor" bzw. der analytischen Form ersetzt werden ((54) bis (56)). Das Adverb „davor" kann auch für lokal-stationäre (57a), aber nicht fur temporale AABen, die ebenfalls mit „vor" eingeleitet sein können, substituiert werden (58a). Es kommt jedoch äußerst selten vor, daß im Anschluß an ein RektionssubstantivpPA-voR eine lokale AAB steht. Zur Abgrenzung kann das lokale Adverb „dort" für die PP substituiert werden; denn dies führt nur bei Vorliegen einer AAB-Konstruktion (57b), aber nicht in PPA-Konstruktionen (56b) zu einer grammatikalisch korrekten Formulierung. (54) (54a) (55) (55a) (56) (56a) (56b) (57) (57a) (57b) (58) (58a)

die ANGST VOR der Klausur -> die ANGST DAVOR die FL UCHT VOR dem Teufel -> die FLUCHT VOR ihm seine OHNMACHT VOR der allgemeinen Ignoranz -> seine OHNMACHT DAVOR -> # seine OHNMACHT DORT seine Ohnmacht VOR DER BRÜCKE ->• seine Ohnmacht DAVOR -> seine Ohnmacht DORT die Flucht VOR TAGESANBRUCH -> # die Flucht DA VOR

Bei der Präposition „zu" ist der Pronominaladverbtest bei nahezu allen Corpusbelegen, in denen eine PPA-Konstruktion vorkommt, möglich. (59) die ALTERNA TIVE ZU diesem Vorschlag (59a) die ALTERNATIVE DAZU (60) die BEREITSCHAFT ZU Verhandlungen

163 (60a)

die BEREITSCHAFT DAZU

Wenn es sich um eine Nachfolger-NPAAß mit Richtungsangabe handelt (61), kann die AAB nicht mit „dazu" (61b), sondern muß mit „dorthin" substituiert werden (61a). (61) der Weg ZUM ZOO (61a) -> der Weg DORTHIN (61b) -> η der Weg DAZU In einigen AABen, die eine Zweckangabe enthalten, kann ebenfalls „dazu" substituiert werden, allerdings im Sinne von „zu welchem Zweck". Diese PPn sind jedoch als AAB erkennbar, weil sich anstelle der Präposition „zu" auch „zum Zwecke der" einfügen läßt (62a). (62) die Verordnung ZUR Bekämpfung der Luftverschmutzung (62a) —> die Verordnung ZUM ZWECKE DER Bekämpfung der Luftverschmutzung (62b) ? die Verordnung DAZU (60b) # die Bereitschaft ZUM ZWECKE DER Verhandlungen (62b) verfehlt bei der Substitution durch das Pronominaladverb den Kern der Aussage von (62), und für die PPPA-ZU in (60) kann „zum Zwecke der" nicht substituiert werden (vgl. (60b)). Die Bildung eines Pronominaladverbs mit der Präposition „zwischen" hat zur Folge, daß ein Lokal- bzw. Temporaladverb entsteht, so daß der Pronominaladverbtest nicht anwendbar ist. (63) (63a) (64) (64a) (65) (65a)

der UNTERSCHIED ZWISCHEN den zwei Rechnern -> # der UNTERSCHIED DAZWISCHEN das Auto ZWISCHEN den Lastern das Auto DAZWISCHEN der Tag ZWISCHEN Weihnachten und Neujahr der Tag DAZWISCHEN

In der PPA-Konstruktion (63) läßt sich das PPA nicht durch ein Pronominaladverb ersetzen, während in der lokalen AAB (64) und der temporalen AAB (65) die Substitution der PP mit einem Adverb möglich ist, das nach den Regeln der Pronominaladverbbildung zusammengesetzt wird, jedoch die lokalen bzw. temporalen Verhältnisse anzeigt. Der Pronominaladverbtest ist im allgemeinen sehr zuverlässig, auch wenn er nicht bei jeder PPA-Konstruktion und nicht bei jeder P PPA angewendet werden kann. Eine Übersicht je Präposition ist in der Tabelle 1 (Kapitel 5.3.10) enthalten. Die Verwendung eines Pronominaladverbs, das mit „hier" plus der jeweiligen Präposition gebildet wird, liefert für diejenigen Corpusbelege, bei denen die Testanwendung problematisch ist, keine Resultatsverbesserungen.

164 5.3.5

Der Erfragbarkeitstest

Der Erfragbarkeitstest wird auf ähnliche Weise durchgeführt wie die Pronominaladverbsubstitution. In der Fachliteratur wird oftmals keine Trennung zwischen Pronominaladverbsubstitution und Erfragbarkeit vorgenommen.40 Allerdings können beide Testverfahren nicht bei jeder PPPA bzw. jeder PPA-Konstruktion mit der gleichen Zuverlässigkeit eingesetzt werden, so daß sich allein deswegen eine terminologische und inhaltliche Trennung erbietet. Das Interrogativpronomen, mit dem nach der Nachfolger-NPPPA gefragt werden kann und das aus wo- (bzw. wor- bei Präpositionen, die mit Vokal beginnen) plus der jeweiligen Präposition gebildet wird, wird im folgenden als präpositionales Interrogativpronomen bezeichnet. Somit heißt das präpositionale Interrogativpronomen zu der Präposition „an" ..woran", zu ,.auf' „worauf' und zu „mit" „womit". Liegt eine AAB-Konstruktion vor, kann die Frage nach der Nachfolger-NPAAB freier formuliert werden, indem die typischen Interrogativpronomina des Ortes („wo", „wohin", „woher", ...), der Zeit („wann", „bis wann", „seit wann", ...), der Art und Weise („wie", „auf welche Weise", ... ) oder des Grundes („warum", „aus welchem Grund", ...) verwendet werden. (1) (2) (3)

der ÄRGER ÜBER den Dreck der Ärger IN ERFURT der Ärger AM SONNTAG

-> -> ->

WORÜBER? WO? WANN?

In (1) liegt eine PPA-Konstruktion vor, in (2) eine lokale und in (3) eine temporale AABKonstruktion. Auch bei dieser Probe beeinflußt die Semantik des NachfolgersubstantivsPPA die Testanwendung, weil das präpositionale Interrogativpronomen nicht benutzt werden kann, wenn das NachfolgersubstantivPPA ein Lebewesen bezeichnet (4). (4)

die ERINNERUNG AN meine Freundin ->

# WORAN? AN WEN?

Das präpositionale Interrogativpronomen kann auch nicht zur Erfragung eines PPAs verwendet werden, wenn mit einem gleichlautenden Pronomen nach instrumentalen AABen (ζ. B. „womit", „wodurch") oder nach finalen AABen (ζ. B. „wofür", „wozu") gefragt werden kann. Gegenüber den Anwendungsmöglichkeiten des Pronominaladverbtests ergeben sich beim Erfragbarkeitstest keine Veränderungen, wenn eine P P P A . A us, PPPA-IN(DAT), ΡΡΡΑ-ΜΓΓ, PPPA-ÜBER, PPPA-UM, PpPA-UNTER(DAT), PpPA-UNTER(AKK), PpPA-VON, PpPA-VOR O d e r

P PP A-ZWISCHEN

ermittelt werden soll, so daß im folgenden auf gesonderte Erläuterungen und die Auflistung von Beispielen zu diesen Präpositionen verzichtet wird. Für die übrigen Präpositionen wird im einzelnen dargelegt, in welcher Weise der Erfragbarkeitstest Verbesserungen bietet.

40

Vgl. u . a . Helbig/Buscha (1988:264ft'.); Duden (1995:365«'.); Engel (1996:704) unter dem Terminus „Präpositionaladverb".

165 In Konstruktionen mit einer PPPA-AN(DAT) kann nach dem PPA mit „woran" auch in den Beispielen gefragt werden (5), in denen die Anwendung des Pronominaladverbtests unsicher ist (vgl. in Kapitel 5.3.4, Beispiel (12)). (5)

die KRITIK AM Tourismus

->

WORAN?

Da keine Corpusbelege vorliegen, auf die der Erfragbarkeitstest gar nicht oder nur mit Zweifeln angewendet werden kann, auf die aber der Pronominaladverbtest ohne Bedenken applizierbar ist, kann man feststellen, daß in PPA-Konstruktionen mit der PPPA-AN(DAT) die Erfragbarkeit mit dem präpositionalen Interrogativpronomen grundsätzlich zur Bestimmung eines PPAs geeignet ist und auch die Sonderfalle erfaßt, auf die der Pronominaladverbtest nicht anwendbar ist. Diese Feststellung trifft auch für die PPPA-AUF ((6), (7)) zu. (6) (7)

die ANZIEHUNGSKRAFT AUF das Publikum der ANGRIFF AUF die Kaserne

->

WORAUF? WORAUF?

Auch bei der PPPA-AN(AKK) kann der Erfragbarkeitstest in den Fällen, in denen die Pronominaladverbsubstitution nicht gelingt, angewendet werden (vgl. (8) mit Beispiel (13a) in Kapitel 5.3.4). (8)

der bloße ANPASSUNGSKURS

AN die Union

->

WORAN?

Es hängt aber auch hier oft von der Semantik des NachfolgersubstantivsPPA-AN ab, mit welchen Interrogativpronomina nach dem PPA gefragt werden kann ((9) bis (11)). (9) (10) (11)

seine ERINNERUNG AN den Unfall die HILFE AN den NATO-Partner die missionarische HINGABE AN die Sache

-> ->

WORAN? AN WEN? AN WAS?

Liegt die Präposition „bei" vor, kann das präpositionale Interrogativpronomen „wobei?" in einigen Fällen besser zur Erkennung eines PPAs eingesetzt werden als eine Pronominaladverbsubstitution. (12) das RISIKO BEI der Sache -> WOBEI? (13) die SCHWERPUNKTE BEI der Zusammenarbeit -> WOBEI? (14) ein knalliges WACHSTUM BEIM Hafenumschlag in Bremen (14a) -> ? WOBEI? (14b) -> WO? Während der Test für (13), im Gegensatz zu (22a) in Kapitel 5.3.4, funktioniert, gibt es in (14) auch bei der Frageformulierung mit dem präpositionalen Interrogativpronomen Unsicherheiten. Allerdings wird anhand der Interrogativpronomina deutlich, daß es in (14) offensichtlich davon abhängt, ob der Prozeß des „Umschlagens im Hafen" gemeint ist (dann ist in (14a) das richtige Pronomen verwendet) oder ob der Platz, an dem der Hafenumschlag stattfindet, gemeint ist (dann ist die Frage in (14b) richtig). Diese Differenzierungen spielen jedoch in konkreten Kommunikationssituationen eine untergeordnete Rolle, weil der Empfanger beide Varianten simultan verarbeiten kann, ohne daß es zu Mißverständnissen kommen muß. Somit bleibt die Wahl des Interrogativpronomens

166 nur aus grammatikographischer Perspektive problematisch, wenn man eine klare Trennlinie zwischen der PPA- und AAB-Konstruktion erwartet. Liegen PPA-Konstruktionen mit der PPPA-BEI vor, besteht oft ein Zusammenhang zu einer Genitivattributskonstruktion. Zu einigen RektionssubstantivenPPA-BEI liegen Corpusbelege vor, in denen die PPA-Konstruktion sich entweder aus einer ΝΡ mit genitivus subiectivus oder aus einer ΝΡ mit genitivus obiectivus ableiten läßt. Anhand des Interrogativpronomens, mit dem nach dem ΡΡΑ gefragt werden kann, werden die syntaktischen Verhältnisse verdeutlicht. Das präpositionale Interrogativpronomen „wobei" kann nur verwendet werden, wenn das PPA in Zusammenhang mit einem genitivus obiectivus steht (15), während bei einem Zusammenhang mit einem genitivus subiectivus mit der Präposition plus dem Interrogativpronomen „wem" nach dem PPA gefragt werden muß (16a). (15) seine INTERESSEN BEI der Umorganisation der Stadthallen (15a) -> WOBEI? (16) das INTERESSE BEI potentiellen Investoren scheint eher zurückhaltend (16a) BEI WEM? PPAe mit der Präposition „durch" enthalten in der Regel die Agensrolle eines Satzes und bezeichnen fast immer Personen oder Institutionen, so daß nicht mit dem präpositionalen Interrogativpronomen „wodurch" nach dem PPA gefragt werden kann, sondern „durch wen" benutzt werden muß (17). Nur in wenigen Ausnahmefällen kann auch mit „wodurch" gefragt werden (18), so daß der Erfragbarkeitstest kaum Verbesserungen gegenüber der Pronominaladverbsubstitution bietet. (17) (18)

Der DRUCK DURCH die Zuschauer die BELÄSTIGUNG DURCH den Geruch

DURCH WEN? WODURCH?

Bei der Präposition „für" kann der Erfragbarkeitstest ebensogut eingesetzt werden wie der Pronominaladverbtest (19). Allerdings können temporale AABen, die die Präposition „für" enthalten ((20) bis (22)), nur anhand des Interrogativpronomens, mit dem nach der PP gefragt wird, von den PPAen unterschieden werden. Liegt eine temporale AAB vor, kann es sich um die Angabe eines Zeitpunkts oder der zeitlichen Dauer handeln. Diese sind entweder mit „für wann" oder mit „für wie lange" zu erfragen. (19) (20) (21) (22)

die EIGNUNG FÜR diesen Job die Vorbereitungen FÜR SONNTAG die Miete FÜR EIN JAHR ein Alibi FÜR DIE TATZEIT

-> ^ ->

WOFÜR? FÜR WANN? FÜR WIE LANGE? FÜR WANN?

Liegt die PPPA-GEGEN vor, so kann das PPA mit „wogegen" erfragt werden. Dieser Test ist jedoch nicht immer zuverlässig, weil sich auch direktionale AABen mit „wogegen" erfragen lassen (25). (23) (24) (25)

der SCHUTZ GEGEN die Kälte das ARGUMENT GEGEN die doppelte Staatsbürgerschaft die Fahrt gegen die Mauer

-> ->

WOGEGEN? WOGEGEN? WOGEGEN?

167 Allerdings gibt es kaum Corpusbelege, in denen innerhalb der komplexen NPn Konkurrenzen auftreten; dennoch scheint der Erfragbarkeitstest weniger geeignet zu sein als der Pronominaladverbtest. Bei der Präposition „gegenüber" kann der Erfragbarkeitstest nicht angewendet werden, wenn es sich um die PPPA-GEGENÜBER handelt (27). Somit gibt es lediglich eine Negativtestung, weil in lokal-stationären AAB-Konstruktionen (26) mit „wo" nach dem von der PP Denotierten gefragt werden kann. (26) (27)

das Haus GEGENÜBER DER BRÜCKE die SKEPSIS GEGENÜBER den Studenten

-> ->

das Haus WO? # die Skepsis WO?

Damit liefert der Erfragbarkeitstest eine Bestätigung zu den Resultaten des Pronominaladverbtests, die allerdings sehr wichtig ist, da PPA-Konstruktionen, die „gegenüber" enthalten, mit den übrigen Testverfahren nicht ohne weiteres identifizierbar sind. Ein Teil der PPA-Konstruktionen, in denen die PPPA-IN(AKK) vorkommt, kann mit dem präpositionalen Interrogativpronomen „worin" erfragt werden ((28) bis (30)). In einigen Fällen ist es jedoch erforderlich, die Präposition „in" plus „wen" oder „was" zu verwenden ((31), (32)). (28) (29) (30) (31)

das VERTRA UEN IN die eigene Kraft die EINWILLIGUNG IN die Versetzung die VERSTRICKUNG IN eine Korruptionsaffäre der EINSTIEG IN den Beruf

(32)

eine kurze EINFÜHR UNG IN das Thema

-> -> ->

WORIN? WORIN? WORIN? WORIN?/IN WAS?/ ?IN WEN? IN WAS?

Liegt eine PPA-Konstruktion mit der PPPA-NACH vor, kann mit dem präpositionalen Interrogativpronomen „wonach" nach dem PPA gefragt werden ((33), (34)). (33) (34) (35)

die GIER NACH Geld das BEDÜRFNIS NACH Bestätigung die Hochzeit NACH den Ferien

->

WONACH? WONACH? WANN?

Der Erfragbarkeitstest läßt sich besser anwenden als der Pronominaladverbtest, weil das Fragepronomen „wonach" sich von dem Fragepronomen für eine temporale A AB (35) unterscheidet. Aus diesem Grunde lassen sich die PPA-Konstruktionen mit Hilfe des Erfragbarkeitstests zuverlässig identifizieren. PPAe mit der Präposition „zu" sind mit dem präpositionalen Interrogativpronomen „wozu?" erfragbar ((36), (37)), während eine AAB mit Richtungsangabe mit „wohin" erfragt werden muß und somit gut von einem PPA unterschieden werden kann (38). (36) (37) (38)

die ALTERNATIVE ZU diesem Vorschlag das ABKOMMEN ZUM Asylrecht der Weg ZUM ZOO

-> ^

WOZU? WOZU? WOHIN?

Zu Mißverständnissen kann es kommen, weil das Fragewort „wozu" nicht nur als präpositionales Interrogativpronomen verwendet werden kann, sondern auch im Sinne von „zu welchem Zweck/ aus welchem Grund". Liegt letzteres vor, handelt es sich um eine AAB, die eine Zweckangabe enthält.

168

(39) (40)

die Verordnung ZUR BEKÄMPFUNG der Luftverschmutzung die BEREITSCHAFT ZU Verhandlungen

WOZU? H> WOZU?

Mit Hilfe des Erfragbarkeitstests sind die AAB-Konstruktion (39) und die PPAKonstruktion (40) nicht unterscheidbar, so daß bei der Präposition „zu" der Erfragbarkeitstest schlechtere Resultate liefert als der Pronominaladverbtest. Im Vergleich zum Pronominaladverbtest ist der Erfragbarkeitstest mit Ausnahme der Präpositionen „gegen" und „zu" geeigneter, weil oftmals Corpusbelege, bei denen die Pronominaladverbsubstitution keine eindeutigen Ergebnisse bringt, mit dem präpositionalen Interrogativpronomen als PPA-Konstruktion identifiziert werden können.

5.3.6

Die Überführung in einen Nebensatz mit Korrelat

Die in einer komplexen NP vorkommende PP wird in einen Nebensatz überführt, dem ein Korrelat in Form eines Pronominaladverbs voransteht, welches auf der Basis der vorkommenden Präposition gebildet wird.41 Der Nebensatz ist als ein Attributsatz zu bezeichnen, der nicht verbdependent ist und der je nach Bedeutung des präponierten Substantivs ein daß-Satz, ein oè-Satz, ein Nebensatz mit wie oder anderen ^-Fragewörtern oder eine Infinitivkonstruktion sein kann. 42 Liegt eine PPA-Konstruktion vor ((1) bis (3)), so sind die Attributsatzanschlüsse möglich ((la), (2a), (3a)), während bei einer AAB-Konstruktion ((4), (5)) der Nebensatzanschluß mit Pronominaladverb als Korrelat zu einer ungrammatischen Phrase führt ((4a), (5a)). (1) (la) (2) (2a) (3) (3a) (4) (4a) (5) (5a)

der HINWEIS A UF die Veranstaltung der HINWEIS DARA UF, DASS etwas veranstaltet wird die A USEINANDERSETZUNG ÜBER den Verfassungsbruch -> die A USEINANDERSETZUNG DAR ÜBER, OB die Verfassung gebrochen worden ist die FREUDE ÜBER den schönen A tlantik -> die FREUDE DAR ÜBER, DASS der Atlantik schön ist die Fahrt ÜBER DEN SCHÖNEN A TLANTIK # die Fahrt DAR ÜBER, DASS der A tlantik schön sei die Flucht VOR TA GESANBR UCH -> # die Flucht DA VOR, DASS Tagesanbruch ist

Allerdings ist zu beachten, daß beim Vorliegen einer PPA-Konstruktion nicht jeder der genannten Nebensatzanschlüsse möglich ist, so daß die Nichtanschließbarkeit eines einzigen Nebensatzes nicht automatisch als Beleg dafür dienen kann, daß es sich nicht um eine PPA-Konstruktion handelt.

41

42

Vgl. u.a. Schröder (1983:34f.); für PPOe zu Verben auch Engelen (1971:25ff); Zifonun/ Hoffinann/Strecker (1997:1371f.). Vgl. u. a. Helbig/Buscha (1988:64611. und 676); Schierholz (1992:34ff.); für PPOe zu Verben auch Breindl (1989:8) und Zifonun/Hoffinann/Strecker (1997:1475ff.).

169 (I) (la) (lb) (lc) (ld) (le) (4) (4a) (4b) (4c) (4d) (4e)

der HINWEIS A UF die Veranstaltung der HINWEIS DARAUF, DASS etwas veranstaltet wird -> # der HINWEIS DARA UF, OB etwas veranstaltet wird ? der HINWEIS DARA UF, WIE etwas veranstaltet wird -> der HINWEIS DARAUF, WANN/ WARUM etwas veranstaltet wird # der HINWEIS DARA UF, etwas zu veranstalten die Fahrt ÜBER DEN SCHÖNEN A TLANTIK # die Fahrt DAR ÜBER, DASS der A tlantik schön sei -> # die Fahrt DAR ÜBER, OB der A tlantik schön sei # die Fahrt DAR ÜBER, WIE der A tlantik schön sei # die Fahrt DARÜBER, WANN/ WARUM der Atlantik schön sei -> # die Fahrt DARÜBER, den Atlantik schön zu finden

Für die PPA-Konstruktion (1) sind die Nebensatzanschlüsse zu „Hinweis" in (lb) und (le) ungrammatisch. Hingegen ist gar kein Nebensatzanschluß möglich ((4a) bis (4e)), wenn es sich um eine AAB-Konstruktion handelt (4). Allerdings weist der Test einige Unregelmäßigkeiten auf, die seine Anwendbarkeit stark beeinträchtigen. Bei PPA-Konstruktionen mit der PPPA-DURCH, PPPA-UNTER oder PPPA. ZWISCHEN kann der Test nicht benutzt werden. Auch auf PPA-Konstruktionen mit der P p p A - M u läßt sich der Test nicht anwenden (6), obwohl hier einige Ausnahmefälle vorliegen, bei denen die Überfuhrung in einen Nebensatz gelingt (7). (6) (6a) (7) (7a)

die A USR ÜSTUNG MIT einem Computer -> ? die A USR ÜSTUNG DAMIT, DASS ein Computer vorhanden ist Das hat wenig ÄHNLICHKEIT MIT meiner Unterschrift. -> Das hat wenig ÄHNLICHKEIT DAMIT, WIE meine Unterschrift aussieht.

Bei vielen komplexen NPn, die aufgrund der Tests in den Kapiteln 5.3.4 und 5.3.5 als PPA-Konstruktionen anzusehen sind, kann der Nebensatztest oftmals nur angewendet werden, wenn in dem angeschlossenen Nebensatz eine Kopula oder ein Verb eingefügt wird. Diese Einfügung hängt jedoch in starkem Maße von der Semantik des NachfolgersubstantivsppA ab, so daß individuell je Corpusbeleg die semantischen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen. Dabei ergeben sich in bezug auf die Testanwendung vier Varianten. 1. Der Test ist anwendbar, wenn in der Nachfolger-NPPPA ein Deverbativum ((8), (9)) oder ein Deadjektivum ((10), (11)) als Simplex oder Kompositum (12) steht. (8) (8a) (9) (9a) (10) (10a) (II) (IIa) (12)

die Verordnung ZUR BEKÄMPFUNG der Luftverschmutzung —> die Verordnung dazu, DASS die Luftverschmutzung bekämpft wird die ALTERNA TIVE ZU diesem Vorschlag ? die ALTERNA TIVE DAZU, WIE etwas vorgeschlagen worden ist die ANPASSUNG AN das Neue in der Union -> die ANPASSUNG DARAN, DASS etwas neu in der Union ist das VERTRA UEN IN die eigene Schnelligkeit das VERTRA UEN DARIN, DASS man schnell ist die BITTE UM Gehaltserhöhung

170 (12a)

die BITTE DARUM, das Gehalt zu erhöhen

Wenn das Nachfolgersubstantiv PPA ein Deverbativum ist, eine allgemeine Bedeutung besitzt und in vielen Kontexten auf einfache Weise in das Basisverb überführbar ist (ζ. B. „Entscheidung"), so ist die Testanwendung leicht durchführbar und für unterschiedliche PppA möglich. (13) die KRITIK AN der Entscheidung (13a) -> die KRITIK DARAN, DASS (etwas) entschieden worden ist (14) die VERSÄUMNISSE BEI der Entwicklung schadstoffarmer Autos (14a) -> die VERSÄUMNISSE DABEI, WIE schadstoffarme Autos entwickelt werden (15) die GIER NACH einer Entscheidung (15a) die Gier DANACH, DASS (etwas) entschieden wird (16) die ANTWORT A UF die Entscheidung (16a) -> die ANTWORT DARAUF, WIE entschieden wird (17) die ERLEICHTER UNG ÜBER die Entscheidung (17a) -> die ERLEICHTER UNG DAR ÜBER, DASS (etwas) entschieden worden ist Welche Konjunktion für den Nebensatz gewählt wird, hängt offensichtlich nicht mit der Bedeutung des Nachfolgersubstantivs PPA zusammen, sondern richtet sich in erster Linie nach dem jeweiligen Rektionssubstantiv PPA . 2. Das NachfolgersubstantivPPA muß nicht verändert werden, wenn in der NachfolgerNPppA ein attributives Adjektiv steht, so daß mit dem Adjektiv und unter Zuhilfenahme einer Kopula ein Prädikat gebildet werden kann, das in dem Nebensatz steht ((18), (19)). (18) die ANSTRENGUNGEN UM eine positive Berichterstattung (18a) die ANSTRENGUNGEN DAR UM, DASS die Berichterstattung positiv ist (19) das VERTRA UEN in das schnelle Auto (19a) -> das VERTRA UEN DARIN, DASS das Auto schnell ist Diese Form der Testanwendung kann jedoch nicht bei jeder Nachfolger-NP PPA und nicht mit jedem attributiven Adjektiv durchgeführt werden (vgl. (19'), (20), (21)). (19 ') (19a·) (20) (20a) (21) (21a) (21b)

das VERTRA UEN in das schöne Auto -> # das VERTRAUEN DARIN, DASS das Auto schön ist eine UNTER WEISUNG INfranzösischer Geschichte # eine UNTERWEISUNG DARIN, DASS Geschichte französisch ist die ANGST VOR den tosenden Wellen -> # die ANGST DA VOR, DASS die Wellen tosen -> ? die ANGST DA VOR, WIE die Wellen tosen

Offensichtlich bestimmen die Bedeutungen der einzelnen Konstituenten, wann die Prädikatsbildung unter Verwendung des attributiven Adjektivs möglich ist, so daß diese Möglichkeit der Testanwendung Unregelmäßigkeiten enthält. 3. Der Test kann angewendet werden, wenn in der Nachfolger-NP PPA ein Deverbativum oder Deadjektivum ohne attributives Adjektiv vorkommt und wenn in dem Nebensatz ein Verb eingefügt wird, das über einen allgemeinen semantischen Skopus verfügt.

171 Dadurch bleibt die Nebensatzkonstruktion nicht auf die Verwendung des Kopulaverbs beschränkt, aber es entsteht das grundsätzliche Problem, daß nicht festgelegt werden kann, was als allgemeiner Skopus zu akzeptieren ist. (22) (22a) (22b) (23) (23a) (24) (24a) (25) (25a) (26) (26a) (27) (27a) (28) (28a) (29) (29a)

die KRITIK AM Tourismus -> ? die KRITIK DARAN, DASS Tourismus vorhanden ist -> ? die KRITIK DARAN, WIE Tourismus vorhanden ist eine UNTER WEISUNG IN deutscher Geschichte eine UNTERWEISUNG DARIN, WIE deutsche Geschichte verläuft eine kurze EINFÜHR UNG IN das Thema -> ? eine kurze EINFÜHR UNG DARIN, WIE das Thema lautet das VERTRA UEN IN die eigene Kraft -> das VERTRA UEN DARIN, DASS die eigene Kraft da ist der KAMPF UM Rom -> ? der KAMPF DAR UM, DASS Rom besiegt wird das SPEKTAKEL UM seinen Abgang -> das SPEKTAKEL DAR UM, WIE sein Abgang stattfindet der A USSCHL USS VOM Wahlrecht der A USSCHL USS DA VON, ein Recht zum Wählen auszuüben die ANGST VOR der Klausur -> die ANGST DA VOR, DASS die Klausur schwer ist

Mehrere Nebensatzbildungen sind in bezug auf ihre sprachliche Wohlgeformtheit fraglich ((22a), (22b), (24a), (26a)). Dabei hängt es nicht von der jeweils gewählten Konjunktion ab, ob eine Phrase akzeptabel erscheint, sondern es fallt schwer, ein Verb zu finden, mit dessen Hilfe sich der in der PPA-Konstruktion formulierte Sachverhalt in der Konstruktion mit Nebensatz angemessen wiedergeben läßt. 4. Bei vielen Corpusbelegen ist der Test nicht anwendbar, weil es nicht gelingt, den in der PPA-Konstruktion formulierten Sachverhalt in einem Nebensatzanschluß mit Korrelat auszudrücken. (30) (30a) (30b) (31) (3la) (31b) (32) (32a) (33) (33a) (34) (34a) (35) (35a)

die ANPASSUNG AN die Union -> # die ANPASSUNG DARAN, DASS die Union ? die ANPASSUNG DARAN, WIE die Union ist / sich verhält die GIER NA CH Geld -> # die Gier DANACH, DASS Geld -> ? die Gier DANACH, Geld zu haben / zu vermehren die ANTWORT A UF die Frage # die ANTWORT DARA UF, DASS die Frage der A USSTIEG A US der Kernenergie # der A USSTIEG DARA US, DASS die Kernenergie das RISIKO BEI der Sache -> # das RISIKO DABEI, DASS die Sache die ABWEICHUNG VOM Zeitplan # die ABWEICHUNG DAVON, DASS der Zeitplan

Während man bei einer Analyse ausschließlich der Beispiele (30) bis (35) den Schluß ziehen kann, daß der Test bei den in den Beispielen enthaltenen Rektionssub-

172 stantivenppA nicht anwendbar ist, können mit Hilfe systematischer Corpusabfragen zu diesen RektionssubstantivenPPA Belege extrahiert werden, in denen PPA-Konstruktionen enthalten sind, die eine Testanwendung gewährleisten. Dies ist für die RektionssubstantiveppA „Anpassung" (30), „Gier" (31) und „Antwort" (32) bereits oben anhand der Beispiele (10a), (15a) und (16a) dokumentiert. Zu „Ausstieg aus" (33) liegen etwa 400 Corpusbelege vor, und bei etwa zehn Prozent dieser Belege läßt sich der Test anwenden. Dieser gelingt u. a. dann, wenn es sich bei dem NachfolgersubstantivPPA um eine Zusammensetzung mit Deverbativum im Grundwort handelt. (36) (36a)

der A USSTIEG A US der FCKW-Produktion -> der AUSSTIEG DARAUS, DASS FCKW produziert

wird

Auch zu den RektionssubstantivenPPA „Risiko" (34) und „Abweichung" (35) liegen Corpusbelege vor, bei denen die Testanwendung möglich ist. (37) (37a) (38) (38a)

das RISIKO BEI der Konsumierung dieser Produkte —> das RISIKO DABEI, diese Produkte zu konsumieren die AB WEICHUNG VON der einmal gesetzten Norm -> die ABWEICHUNG DA VON, WIE die Norm einmal gesetzt

ist

Die Analyse der Beispiele (30) bis (38) zeigt, daß die Anwendbarkeit des Tests von der Bedeutung des NachfolgersubstantivsPPA, von dem jeweiligen Wortbildungsmuster, dem das Substantiv in der Nachfolger-NPpPA folgt, und von der Komplexität der NachfolgerNPPPA gesteuert sein kann. Anhand der Beispiele (1) bis (38) ist nachgewiesen worden, daß man bei den meisten PPPA mit dem Test nicht zuverlässig prüfen kann, wann in den Corpusbelegen eine PPA-Konstruktion vorliegt. Lediglich bei der ΡΡΡΛ-ΙΝ(ΑΚΚ) läßt sich der Nebensatzanschluß als Zusatztest auf einen Teil der Corpusbelege anwenden. (39) (39a) (40) (40a)

die EINFÜHL UNG IN die Not einer Behinderung -> die EINFÜHLUNG DARIN WIE die Not einer Behinderung die EINSICHT IN die Notwendigkeit -> die EINSICHT DARIN, DASS etwas notwendig ist

ist

Für (39) und (40) können der Pronominaladverbtest und der Erfragbarkeitstest nur mit Einschränkung verwendet werden, aber das Pronominaladverb „darin" kann als Korrelat stehen, wenn ein Nebensatz angefugt wird, in dem der Inhalt dessen, was durch das PPA in (39) und (40) bezeichnet wird, paraphrasiert wird ((39a), (40a)). Die Überfuhrung in einen Nebensatz mit Korrelat besitzt gewisse Ähnlichkeiten mit der Pronominaladverbsubstitution, kann aber im Prinzip nur als Ergänzung zu diesem angesehen werden, wenn geprüft werden soll, welche Nebensatztypen bei welchem RektionssubstantivppA plus Korrelat stehen können. Da die Nebensatzanschlüsse offensichtlich nicht bei allen RektionssubstantivenPPA möglich sind, ist die Analyse dieses Bereichs für Untersuchungen, in denen es um den substantivischen Valenzbereich insgesamt geht, ein notwendiger Bestandteil.43 Für eine Identifikation von PPAKonstruktionen in komplexen NPn wird der Test nur als eine zusätzliche Überprüfungs-

43

Vgl. u. a. Bassola (1995a).

173 möglichkeit eingestuft. Er ist aber bei komplexen NPn, die die Präposition „in" enthalten, in vielen Fällen eine wichtige Unterstützung zur Erkennung der PPPA-IN(AKK)·

5.3.7

Die Modifizierbarkeit der Präpositionalphrase

Beim Modifizierbarkeitstest - auch Erweiterungstest - wird vor der Präposition der PP ein Spezifikator eingefügt, bei dem es sich in der Regel um ein Adverb handelt. Der Test kann nicht nur auf komplexe NPn angewendet werden, sondern auch auf Phrasen, in denen eine PP auf ein Verb oder ein Adjektiv folgt.44 Liegt eine PPA-Konstruktion vor, kann zwischen das RektionssubstantivppA und die PPPA kein Adverb eingefügt werden, das das vom NachfolgersubstantivPPA Bezeichnete spezifiziert. (1) (la)

Das GESPRÄCH ÜBER die Prüfungsordnung ist beendet. # Das GESPRÄCH GENA U ÜBER die Prüfungsordnung ist beendet.

Hingegen kann eine PP, die als lokal-stationäre, direktionale oder temporale AAB fungiert, mit einem Spezifikator erweitert werden, soweit dieser im semantischen Skopus der jeweiligen AAB liegt. In der Regel lassen sich bei lokal-stationären und direktionalen AABen ζ. B. die Adverbien „geradewegs" oder „genau", bei temporalen AABen ζ. B. das Adverb „kurz" einfügen. (2) (2a) (3) (3 a)

Das Gespräch IM ZENTR UM ist beendet. Das Gespräch GENA U IM ZENTR UM ist beendet. Das Gespräch VOR WEIHNACHTEN fällt aus. -> Das Gespräch KURZ VOR WEIHNACHTEN fällt aus.

Die Demonstrationsbeispiele verweisen auf eine einfache Handhabung des Tests, und in der Fachliteratur wird die Möglichkeit, eine PP zu modifizieren, manchmal als ein sicheres Anzeichen angesehen, um zwischen regierten und nicht regierten Präpositionen, zwischen PPOen und adverbialen Bestimmungen bzw. zwischen PPAen und AABen unterscheiden zu können. RAUH zeigt anhand verschiedener Beispiele für das Englische, daß bei lexikalischen Präpositionen mit lokaler, temporaler oder skalarer Bedeutung die jeweilige PP durch Spezifizierer modifiziert werden kann, während bei regierten Präpositionen eine Spezifikatorinsertion nicht möglich ist.45 In A n l e h n u n g

an

FRIES (1988a:91ff.) demonstriert

LAUTERBACH, daß

auch

im

Deutschen mit Hilfe der potentiellen Erweiterbarkeit von PPn zwischen PPAen (vgl. (4)) und AABen (vgl. (5)) unterschieden werden kann. 46 (4)

44

45 46

die WARNUNG VOR dem alten Deich

Vgl. u . a . Engelen (1971:25fr.); Fries (1988b:333f); Breindl (1989:103); Zifonun/Hoffmann/ Strecker (1997:1371) unter „Komplexbildung·'. Vgl. Rauh (1995:129fr. und 134f.). Vgl. Lauterbach (1993:137).

174

(4a) (5) (5a)

# die WARNUNG KURZ VOR dem alten Deich die Versammlung VOR DEMALTEN DEICH die Versammlung KURZ VOR DEMALTEN DEICH

In BREINDLS Untersuchungen (1989:102f.), die sich auf PPOe und adverbiale Bestimmungen beziehen, wird jedoch deutlich, daß es die Modifizierbarkeit nur bei ausgesuchten Demonstrationsbeispielen gibt und daß eine erfolgreiche Testanwendung vom semantischen Skopus der Modifikatoren, vom Typ des Adverbials, von der semantischen Kompatibilität zwischen beiden, der Kombination mehrerer PPn, der Einfügung von Relativsätzen, den Kombinationsmöglichkeiten mehrerer Präpositionen oder der Fokussierung durch Gradpartikeln abhängig ist. In bezug auf die Abgrenzung von PPA- und AAB-Konstruktionen wird in SCHIERHOLZ (1996a) prinzipiell die Übertragbarkeit des Tests, wie er in RAUH (1995) dargelegt wird, für das Deutsche angenommen, auch wenn gezeigt werden kann, daß die Spezifikatorinsertion nicht bei jedem Satz mit AAB-Konstruktion und auch nicht zu jeder PAAB möglich ist.47 Insbesondere scheinen kontextuelle und situative Bedingungen die Testanwendbarkeit zu beeinflussen. In SCHIERHOLZ (1998a) wird im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Präposition „auf' demonstriert, daß auch in PPA-Konstruktionen eine Spezifikatorinsertion möglich ist, wenn es sich bei der zu analysierenden Phrase nicht um eine nackte PPA-Konstruktion handelt.48 Auch WIEGAND (1996) demonstriert anhand ausgewählter Beispiele, daß die Übertragung der Anwendungsmöglichkeiten vom Englischen auf die deutsche Sprache nicht grundsätzlich gewährleistet ist.49 Dies wird indirekt durch RAUH (1996) bestätigt, wenn darauf aufmerksam gemacht wird, daß das Adverb „right", das im Englischen erfolgreich als Spezifikator einsetzbar ist, nicht ohne weiteres ins Deutsche mit „direkt" zu übersetzen sei, weil das Adverb „direkt" auch im Kontext regierter Präpositionen stehen könne.50 Faßt man diese Überlegungen zusammen, die von den einzelnen Autoren immer im Zusammenhang mit umfassenden Untersuchungen und jeweils unterschiedlichen Zielsetzungen erfolgen, so ergibt sich für die Anwendung des Modifikationstests auf komplexe NPn das folgende Bild. Eine Modifikation von lokal-stationären, direktionalen, temporalen und skalaren AABen ist oftmals möglich, eine Modifikation von PPAen und AABen, in denen eine adverbial-spezifische feste Präposition vorliegt, ist in der Regel nicht möglich. Liegt eine nackte PPA-Konstruktion vor (wie in (4)), kann kein Spezifikator eingefügt werden, während für bestimmte Kon- und Kotexte oder unter Berücksichtigung besonderer Betonungsverhältnisse eine Insertion möglich sein kann. Dies betrifft ζ. B. PPAKonstruktionen, in denen ein Demonstrativpronomen in der Nachfolger-NPPPA steht und an die ein Relativsatz angefügt wird. (6)

47 48 49 50

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Der ÄRGER VOR ALLEM/ NUR/ GERADE ÜBER diesen Lärm, der in der Markthalle eine gepflegte Kommunikation unmöglich macht, ist groß.

Schierholz (1996a:169ff.). Schierholz (1998a:74). Wiegand (1996:119f.). Rauh (1996:187, Fußnote 7).

175 In einer nackten PPΑ-Konstruktion (6a) erscheint die Spezifikatorinsertion unakzeptabel zu sein, obwohl - und das gilt auch für das Beispiel (6) - ein erheblicher subjektiver Spielraum für die syntaktische Beurteilung besteht.51 (6a)

?? Der ÄRGER VOR ALLEM/ NUR/ GERADE ÜBER diesen Lärm ist groß.

Die Unsicherheit der Testanwendung wird auch dadurch erhöht, daß für die Wahl des Spezifikators eine gewisse Freiheit besteht und nicht festgelegt werden kann, welcher Spezifikator erlaubt ist bzw. unter welchen Bedingungen eine Spezifikatorinsertion von welchem Beurteiler akzeptabel erscheint. Eine weitere Ursache für die Schwierigkeiten bei der Testanwendung mag darin liegen, daß die Tauglichkeit des Tests bisher offensichtlich nicht systematisch an allen Präpositionen und ausreichend vielen komplexen NPn geprüft worden ist. So kann der Test auf komplexe NPn mit der Präposition „mit" gar nicht angewendet werden.52 (7) (7a) (8) (8a) (9) (9a) (10) (10a)

die ÄHNLICHKEIT MIT Laura -> # die ÄHNLICHKEIT NUR MIT Laura eine ÄHNLICHKEIT MIT einem Mädchen -> # eine ÄHNUCHKEIT NUR MIT einem Mädchen die Frau mit dem Hut -> # die Frau NUR mit dem Hut eine Frau mit einem Hut -> ? eine Frau NUR mit einem Hut

In den PPA-Konstruktionen ((7), (8)) läßt sich kein Spezifikator zwischen das RektionssubstantivppA und die PppA einfügen, aber vor der ungebundenen Präpositionen „mit" kann auch kein Spezifikator stehen (9a), während in (10a) die Entscheidung unsicher ist und hier eher in Zusammenhang mit der Determination des Nachfolgersubstantivs zu stehen scheint. Darüber hinaus liegen auch lokal-stationäre und direktionale AAB-Konstruktionen vor, bei denen der Test nicht anwendbar ist. (11) (IIa) (12) (12a)

Der Ärger IN ERFURT hört jetzt auf. -> # Der Ärger GENA U IN ERFURT hört jetzt auf. Die Reise NACH GÖTTINGEN war schön. -> # Die Reise GENA U/ GERADEWEGS NACH GÖTTINGEN war schön.

Eine Ursache für die Nichtwohlgeformtheit von (1 la) und (12a) liegt offensichtlich an der Semantik der jeweils auftretenden Nachfolger-NPAAB: Je präziser die lokale Angabe in der

51

52

Dies kann durch Corpusabfragen gestützt werden; denn die folgenden Belege mit einer PPAKonstruktion enthalten vor der Ρρρα-über einen Spezifikator: „[...] versucht, eine innerparteiliche Diskussion vor allem über die Führung in Gang zu bringen." „[...] mit nur mühsam unterdrückter Wut vor allem über ihre lesbische Sexualität." „Mit den Christdemokraten gibt es Vorgespräche nicht nur über die Unterstützung in der Stichwahl, sondern [...]." „[...], eine isolierte Vereinbarung nur über Sarajevo werde es nicht geben." Vgl. Lauterbach (1993:138 und 141f.).

176 AAB erfolgt, desto weniger ist eine Modifizierbarkeit möglich. 53 Diese Erklärung ist unter Berücksichtigung kognitiver Aspekte und kommunikativer Intentionen plausibel, weil zu einer exakten Orts- oder Richtungsangabe zusätzliche Spezifikationen nicht erforderlich sind. 54 Für eine zuverlässige Testanwendung ist eine umfassende Untersuchung erforderlich, die sämtliche Präpositionen berücksichtigt, corpusbasiert ist, möglicherweise Informantenbefragungen einschließt und gezielt nach komplexen NPn sucht, in denen Spezifikatoren enthalten sind. Tendenziell läßt sich festhalten, daß die überwiegende Mehrzahl von komplexen NPn, die erweiterbar sind, keine PPA-Konstruktionen sind, daß aber nicht jede komplexe NP, die nicht erweiterbar ist, deswegen eine PPA-Konstruktion ist. Somit kann der Test als zusätzliches Hilfsmittel zur Exklusion bestimmter komplexer NPn dienen, kann aber nicht PPA-Konstruktionen identifizieren. Diese Aufgabe kann der Test für komplexe NPn mit der Präposition „gegenüber" leisten; denn hier liefern die übrigen Testverfahren nur zum Teil zuverlässige Resultate. Liegt eine PPA-Konstruktion vor, kann die PP nicht erweitert werden (vgl. (13a), (14a)), während dies bei AAB-Konstruktionen möglich ist (15a). (13) (13a) (14) (14a) (15) (15a)

die OHNMA CHT GEGENÜBER dem Bürgerkrieg # die OHNMACHT GENA U GEGENÜBER dem Bürgerkrieg der PROTEST GEGENÜBER den Greueltaten -> # der PROTEST GENA U GEGENÜBER den Greueltaten der Protest GEGENÜBER DEM PARLAMENTSGEBÄ UDE der Protest GENA ü GEGENÜBER DEM PARLAMENTSGEBÄ UDE

Da bei der Präposition „gegenüber" als Konkurrenz zu PPA-Konstruktionen in der Regel nur lokal-stationäre AAB-Konstruktionen auftreten, läßt sich der Modifikationstest im allgemeinen erfolgreich anwenden, indem das Adverb „genau" eingefügt wird.

5.3.8

Der Kopulaverbtest

Bei diesem Test wird innerhalb einer komplexen NP zwischen die Vorgänger-NP und die angeschlossene PP das Kopulaverb „sein" eingefügt. Da in einer PPA-Konstruktion (1) im PPA ein Argument des RektionssubstantivsppA enthalten ist, führt die Einfügung der Kopula zu einer ungrammatischen Phrase (la), während in AAB-Konstruktionen das VorgängersubstantivAAB eine zusätzliche Prädikation mit der AAB eingehen kann (2a), indem das Kopulaverb eingesetzt wird. 55 (1) 53 54

55

der ÄRGER ÜBER die Nachbarn

Vgl. Schierholz (1996a: 170). Diese Hypothese mtlßte durch systematische empirische Analysen überprüft werden. Dies kann nur innerhalb einer umfangreichen corpusbasierten Untersuchung zur AAB-Konstruktion erfolgen, aber nicht im Rahmen dieser Arbeit geleistet werden. Eine „zusätzliche Prädikation" - bei Teubert als Unterscheidungskriterium verwendet (vgl. Teubert (1979:145)) - liegt in gewisser Weise in beiden Konstruktionstypen vor, wenn auch auf unterschiedliche Art; vgl. Lauterbach (1993:56ff.).

177

(la) (2) (2a)

—> # Der Ärger ist über die Nachbarn. der Ärger UNTER DER BR ÜCKE -> Der Ärger ist UNTER DER BR ÜCKE.

Es gibt jedoch auch AAB-Konstruktionen, in denen anstelle des Kopulaverbs ein Verb eingefügt werden muß, das eine allgemeine Bedeutung besitzt. 56 Dies ist bei komplexen NPn der Fall, in denen eine temporale AAB vorkommt. (3) (3a) (4) (4a) (4b)

der DIENST AN der Gesellschaft # Der Dienst ist an der Gesellschaft. der Dienst AN EINEM FEIERTAG # Der Dienst ist AN EINEM FEIERT A G. Der Dienst findet AN EINEM FEIERTA G statt.

In der PPA-Konstruktion ist die Kopulaverbeinfügung nicht möglich (3a), aber auch in der AAB-Konstruktion nicht (4a), es sei denn, man benutzt ζ. B. das Verb „stattfinden" (4b). Will man diesen Test in systematischer Weise in Corpusuntersuchungen einsetzen, so besteht eine erhebliche Unsicherheit in bezug auf die Festlegung, welches Verb eine allgemeine Bedeutung besitzt bzw. auf welche Weise dies zuverlässig bestimmt werden kann. (3b)

? Der DIENST wird AN der Gesellschaft

erbracht.

Auch für lokal-stationäre AAB-Konstruktionen liegen Beispiele vor, in denen es aufgrund der Bedeutung des VorgängersubstantivsAAB zu ungrammatischen Formulierungen kommt, wenn das Kopulaverb „sein" eingefügt wird ((5a), (6a)). (5) (5a) (6) (6a)

der A ufenthalt IN DER KNEIPE -> # Der Aufenthalt ist IN DER KNEIPE. die Lage AM BAHNHOF -> # Die Lage ist AM BAHNHOF.

Der Entscheidung LAUTERBACHS, in Phrasen wie (5) und (6) auch von Ergänzungen, also von PPAen, auszugehen, weil die Substantive „Aufenthalt" und „Lage" die jeweiligen PPn fordern, wird hier nicht gefolgt. 57 Statt dessen muß festgestellt werden, daß der Kopulaverbtest nur eingeschränkt geeignet ist, zwischen regierten und lexikalischen Präpositionen zu differenzieren. Immerhin kann mit Hilfe des Tests bei der Benutzung der Kopula „sein" eine Reihe von AABen

56 57

Vgl. Lauterbach (1993:57f., 145). Vgl. Lauterbach (1993:146). Insbesondere der Pronominaladverb- und der Erfragbarkeitstest zeigen deutlich, daß in (5) und (6) AAB-Konstruktionen vorliegen, weil für die AAB „dort" substituiert werden bzw. die AAB mit „wo" erfragt werden kann. Allerdings erscheint es notwendig, für derartige AAB-Konstruktionen intensive und corpusbasierte Einzelanalysen durchzuführen, weil auch ftlr den Bereich der AABen eine spezifische Valenz der jeweiligen VorgängersubstantiveAAB angenommen werden kann, die sich nicht ausschließlich aus den einzelnen lexematischen Bedeutungen ergibt; vgl. u. a. Schierholz (1998a:66ff.).

178 identifiziert werden,58 so daß diese AABen ausgeschlossen werden können, aber eine Positivbestimmung komplexer NPn als PPA-Konstruktion kann mit Hilfe dieses Tests nicht vorgenommen werden. Lediglich bei komplexen NPn mit der Präposition „zwischen" kann der Kopulaverbtest erfolgreich angewendet werden, um die jeweilige syntaktische Funktion zu identifizieren. Dies zeigen die Beispiele mit PPA-Konstruktion ((7), (8)) und AAB-Konstruktion ((9), (10)). (7) (7a) (8) (8a) (9) (9a) (10) (10a)

der KOMPROMISS ZWISCHEN den Ländern —> # Der Kompromiß ist zwischen den Ländern. die ENTSCHEIDUNG ZWISCHEN zwei Autos # Die Entscheidung findet zwischen zwei A utos statt. der Baum ZWISCHEN DEN HÄ USERN Der Baum ist (befindet sich) zwischen den Häusern. der Abtanzball ZWISCHEN DEN ZUSCHA UERN —> Der Abtanzball findet zwischen den Zuschauern statt.59

Zur Bestätigung der Analysen von ((7) bis (10)) mag die Substitution mit einem lokalen Adverb dienen. (9b) (1 Ob)

Der Baum befindet sich DORT. Der Abtanzball findet DORT statt.

Inheiden Beispielen ((9b), (10b)) kann das Vorliegen einer AAB-Konstruktion fur (9) und (10) bestätigt werden. Die positive Einsatzmöglichkeit des Kopulaverbtests bei komplexen NPn mit der Präposition „zwischen" ist insofern von Relevanz, als die üblichen Testverfahren (z. B. Pronominaladverbsubstitution, Erfragbarkeit) nicht angewendet werden können (vgl. Tabelle 1, Kapitel 5.3.10).

5.3.9

Weitere Testverfahren

Die dargestellten Testverfahren gestatten bei den meisten Präpositionen, die in PPAKonstruktionen vorkommen, eine erfolgreiche Identifizierung der PPPA. Für die übrigen Präpositionen, die PPPA-UNTER(DAT), die PPPA-MIT, die P P P A-VON und die PPPA-FÜR, werden im folgenden Ergänzungstests aufgelistet, mit deren Hilfe eine Identifizierung der PPPA möglich ist. In komplexen NPn, in denen die PPPA-UNTER # der TUMULT UNTEREINANDER eine UMFRAGE UNTER der Elchpopulation -> # eine UMFRAGE UNTEREINANDER

Bei (4) scheint sogar eine Frage mit dem Interrogativpronomen „wo" möglich zu sein (vgl. (4b)), aber der Vergleich mit einer AAB-Konstruktion, in der das Substantiv steht, das in (4) als RektionssubstantivppA-UNTER fungiert, dokumentiert, daß zwischen den komplexen NPn in (4) und (5) deutliche semantische Unterschiede bestehen, die sich auch in den unterschiedlichen syntaktischen Funktionen der PPn niederschlagen müssen. (4b) (5) (5a)

-> ? eine UMFRAGE WO? eine Umfrage UNTER DEN LINDEN eine Umfrage WO?

In (5) ist gemeint, daß die „Umfrage" „unterhalb der Linden" stattfindet, so daß die Präposition in (5) durch „unterhalb" substituiert werden kann (5b), während dies für (4) nicht möglich ist (4c). (4c) (5b)

# eine UMFRAGE unterhalb der Elchpopulation eine Umfrage UNTERHALB DER LINDEN

Mit dieser Vorgehensweise lassen sich AAB-Konstruktionen sukzessive ausschließen, so daß die komplexen NPn übrigbleiben, die als PPA-Konstruktion fungieren.60 Jedoch sind die Exklusionstests weniger für eine zuverlässige Identifizierung von PPA-Konstruktionen

60

Eine detaillierte Beschreibung zu den unterschiedlichen syntaktischen Funktionen und Bedeutungen der Präposition „unter" sowie zur Vorgehensweise bei der Identifikation von PPAKonstruktionen mit der PPPA-UNTER erfolgt in Kapitel 6.3.2.

180 geeignet, weil bei der zu untersuchenden Menge von Corpusbelegen der Rest das ausmacht, wonach man sucht. Somit kann man nicht sicher sein, ob sich innerhalb des Rests nicht noch weitere Belege befinden, die nicht als PPA-Konstruktion anzusehen sind.61 Auf die Präposition „mit" können die in den Kapiteln 5.3.1 bis 5.3.8 aufgeführten Testverfahren nur eingeschränkt angewendet werden. Die Präposition „mit" stellt innerhalb der Gruppe der PPPA einen Sonderfall dar, weil es bei der Analyse komplexer NPn nicht um eine Abgrenzung der ΡΡΡΑ-ΜΓΓ von einer PAAB „mit" geht, die in lokalen, direktionalen oder temporalen AAB-Konstruktionen vorkommt. Die Präposition „mit" kann aber als freie oder ungebundene Präposition in PPn auftreten, welche beliebig an NPn angefugt werden können. 62 Innerhalb von PPA-Konstruktionen fordert das RektionssubstantivPPA eine Ergänzung, die auf der lexikalischen Ebene als Partner-Ergänzung bezeichnet werden kann. Zugleich verlangt die Präposition „mit" aufgrund ihrer Bedeutung diese Par/«er-Ergänzung, so daß Bedeutung und Funktion der Präposition zusammenfallen. 63 Für die Erkennung von PPA-Konstruktionen stehen zwei Paraphrasierungstests zur Verfügung, bei denen es sich um Exklusionstests handelt. Die Anwendung eines Tests ergibt eine ungrammatische Phrase, wenn es sich bei der jeweiligen komplexen NP um eine PPA-Konstruktion handelt. (6) (6a) (6b)

die ÄHNLICHKEIT MIT den Spaßvögeln —> # die Ähnlichkeit, die die Spaßvögel hat # die Spaßvögel der Ähnlichkeit

Die Paraphrasierung mit einem Relativsatz, dessen Prädikat aus „haben" plus einer im Akkusativ markierten NP besteht (6a), ist ungrammatisch, wenn es sich um die PPPA-MIT handelt. 64 Dabei treten auch Fälle auf, in denen statt des Verbs „haben" andere Verben mit allgemeinem semantischen Skopus, ζ. B. „enthalten", „geben", benutzt werden müssen. Um den Test eindeutig anwenden zu können, sollte die Nachfolger-NP im Plural stehen und nicht das gleiche Genus wie das präponierte Substantiv haben. (6 ) die ÄHNLICHKEIT MIT der Dame (6a ') # die Ähnlichkeit, die die Dame hat (6 ' ') die ÄHNLICHKEIT MIT dem Herrn (6a ") —> # die Ähnlichkeit, die den Herrn hat In (6a') kommt durch die Paraphrasierung nicht eindeutig zum Ausdruck, daß sich das Prädikat im Relativsatz auf das RektionssubstantivPPA-MRR „Ähnlichkeit" beziehen muß, in (6a' ') kann es keine Verwechselungen geben.

61

62

63 64

Bei Beispiel (5) handelt es sich um ein Demonstrationsbeispiel. Unter den 86 Belegen zu „Umfrage" findet sich keine komplexe NP, in der „unterhalb" für „unter" substituierbar ist. Vgl. die Untersuchungen zu der regierten Präposition „mit" in PPOen; Eroms (1981:167tf.) und Eroms (1976). Vgl. Lauterbach (1993:141). Dieser Test ist nicht mit der Relativsatzprobe identisch (vgl. Kapitel 5.1.4), weil in der Relativsatzparaphrase das PPA in einen Relativsatz überführt wird, in dem die Nachfolger-NP im Akkusativ steht, während in der Relativsatzprobe die postnominale PP unverändert bleibt.

181 Anhand von (6b) wird deutlich, daß die PP in keiner systematischen Beziehung zu einem Genitivattribut steht. Allerdings kann in einigen Fällen die Bezeichnung in der Nachfolger-NP so sein, daß der Test positiv ausgeht und eine syntaktisch korrekte Phrase entsteht. (7) (7a)

die BESCHÄFTIGUNG MIT dem Thema das Thema der Beschäftigung

Die Genitivparaphrasierung läßt sich als Zusatztest benutzen, während die Relativsatzparaphrase in der Regel zuverlässig angewendet werden kann. Liegt die ungebundene Präposition „mit" vor, führt die Anwendung beider Testverfahren nicht zu ungrammatischen Phrasen. (8) (8a) (8b)

der Mann MIT dem Schleifstein —> der Mann, der den Schleifstein hat der Schleifstein des Mannes

In (8) steht die ungebundene Präposition „mit" in systematischem Zusammenhang zu einem Genitivattribut (8b) und zu einem Relativsatz mit dem Verb „haben" (8a). 65 Zwischen der Verwendungsweise der Präposition „von" als PPPA und als Bestandteil eines analytischen Genitivs muß je einzelnem Corpusbeleg unterschieden werden, weil der analytische Genitiv fast immer anstelle eines synthetischen Genitivs stehen kann und weil nahezu jedes Substantiv mit einer NP im Genitiv attribuiert werden kann. Die Abfolge, Substantiv plus Präposition, enthält in diesen Fällen also keine idiosynkratische Bindung der Präposition an das präponierte Substantiv, sondern entsteht aufgrund von Umformungen aus syntaktischen Verhältnissen, in denen für die Attribuierung kaum Beschränkungen vorliegen. (9) (9a) (9b) (10) (1 Oa) (10b) (11) (IIa) (IIb) (IIb)

der R ÜCKTRITT VON dem Minister —> der Rücktritt des Ministers Der Minister tritt zurück. der R ÜCKTRITT VON dem Amt # der R ÜCKTRITT des Amts Jemand tritt von dem Amt zurück. die ZERSTÖR UNG VON Karthago -> die ZERSTÖRUNG Karthagos Jemand zerstört Karthago. Karthago wird zerstört.

In (9) liegt ein analytischer Genitiv vor, der aus einem genitivus subiectivus gebildet ist, wie durch die Umformungen in (9a) und (9b) zu erkennen ist. In (10) kann die „von"Phrase nicht anstelle eines Genitivs stehen, so daß hier ein Beleg mit „Rücktritt" als RektionssubstantivppA-voN vorliegt. In (11) handelt es sich um ein ungebundenes „von", das in einem analytischen Genitiv vorkommt, der anstelle eines genitivus obiectivus steht, wie durch (1 la), (1 lb) und (1 lb') dokumentiert wird.

65

Vgl. u. a. Bamett et al (1989:52).

182 Der Vergleich von (9) und (10) zeigt, daß PPA-Konstruktionen nicht ausschließlich durch die Analyse des RektionssubstantivsPpA und der PPPA identifiziert werden können, sondern daß in einigen Fällen auch die Nachfolger-NP die syntaktische Funktion des präponierten Substantivs und damit der gesamten Konstruktion bestimmt. Bei der Präposition „für" kommt es darauf an, komplexe NPn, in denen ein Benefaktiv vorkommt, von PPA-Konstruktionen abzugrenzen, weil der Benefaktiv fast immer im Anschluß an ein Substantiv eingefügt werden kann. Schwierig ist diese Abgrenzung, wenn zu einem präponierten Substantiv Corpusbelege existieren, in denen eine PP, die die Präposition „für" enthält, einmal als PPA, ein anderes Mal als Benefaktiv fungiert. Der Benefaktiv steht in engem Zusammenhang mit finalen Angaben; in der PP muß nicht immer nur der „Nutznießer" angegeben werden, sondern es kann auch der „Geschädigte" sein. Häufig ist der Benefaktiv kaum von einer Rezipienten- oder Adressatenbezeichnung zu unterscheiden. 66 Für die Erkennung eines Benefaktivs stehen mehrere Tests zur Verfügung, die jedoch nicht immer alle auf die gleiche Konstruktion anwendbar sind. Ein Benefaktiv liegt vor, wenn die Präposition „für" durch „zugunsten von" substituiert werden kann (12a) und wenn eine Paraphrasierung mit „bestimmt für" möglich ist (12b). 67 Ergänzend kann man prüfen, ob das vom Nachfolgersubstantiv Bezeichnete die Rolle des Rezipienten innehat, indem eine Paraphrase mit „bekommen" oder „erhalten" gebildet wird (12c). (12) das Lied FÜR Sonja (12a) das Lied ZUGUNSTEN Sonjas (12b) -> das FÜR Sonja BESTIMMTE Lied (12c) —> Sonja bekommt/erhält das Lied. Handelt es sich bei der komplexen NP um eine PPA-Konstruktion, entstehen durch die Anwendung dieser Tests ungrammatische Formulierungen. (13) die ZUSTÄNDIGKEIT FÜR Sonja (13a) -> # die Zuständigkeit ZUGUNSTEN Sonjas (13b) # die FÜR Sonja BESTIMMTE Zuständigkeit (13c) # Sonja bekommt/erhält die Zuständigkeit.68 Da es sich um Exklusionstests handelt, muß mit diesen Testverfahren sehr sorgfältig umgegangen werden. Außerdem gelangt man nicht bei jedem Corpusbeleg zu übereinstimmenden Ergebnissen in der Testapplikation. (14) eine ANLEITUNG FÜR Partyspiele (14a) -> # eine Anleitung ZUGUNSTEN der Partyspiele (14b) -> eine FÜR die Partyspiele BESTIMMTE Anleitung (14c) # Die Partyspiele bekommen/ erhalten die Anleitung.

66

67 68

Einen guten Überblick zu den unterschiedlichen semantischen Funktionen der Präposition „für" im Zusammenhang mit den nicht immer eindeutig zu bestimmenden syntaktischen Funktionen der jeweiligen PPn geben Zifonun/Hoffmann/Strecker (1997:2129ff.). Vgl. Barnett et al (1989:53). Hier ist nicht gemeint: „Sonja erhält die Zuständigkeit über jemanden oder etwas."

183 (15) eine Anleitung FÜR die Drogenhändler (15a) —> # eine Anleitung ZUGUNSTEN der Drogenhändler (15b) eine FÜR die Drogenhändler BESTIMMTE Anleitung (15c) —> Die Drogenhändler bekommen/ erhalten die Anleitung. Mit Hilfe von (14a) und (14b) bzw. (15a) und (15b) kann nicht zwischen PPA (14) und Benefaktiv (15) differenziert werden. Anhand von (14c) und (15c) läßt sich jedoch zeigen, daß das von der Nachfolger-NP Bezeichnete in (15) den Rezipienten kennzeichnet, während dies in der komplexen NP, „die Anleitung für Partyspiele", nicht so ist.69 Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß die Verhältnisse immer in dieser Weise vorliegen, wenn in der Nachfolger-NPpPA der Empfänger bezeichnet wird (ζ. B. das Geschenk für Julius, die Hilfe für die Bedrohten). Allerdings muß der Empfänger nicht immer eine Lebewesenbezeichnung sein, sondern kann auch eine Institutions- und Gerätebezeichnung sein. (16) (16a) (16b) (16c) (17) (17a) (17b) (17c)

die A usstattungen FÜR Hotels und Restaurants ?? die Ausstattungen ZUGUNSTEN der Hotels und Restaurants die FÜR Hotels und Restaurants BESTIMMTE Ausstattungen -> Hotels und Restaurants bekommen die Ausstattungen. die Ausrüstung FÜR den EKG-Monitor -λ # die Ausrüstung ZUGUNSTEN des EKG-Monitors -> die FÜR den EKG-Monitor BESTIMMTE Ausrüstung -> Der EKG-Monitor bekommt die Ausrüstung.

Die Beispiele (16) und (17) verhalten sich nach (16c) und (17c) wie (15), so daß auch hier von einer Art Benefaktiv auszugehen ist. Keinesfalls liegt eine PPA-Konstruktion vor. Die Anwendungsmöglichkeit der Tests hängt oftmals nicht nur von der Semantik des Nachfolgersubstantivs ab, sondern auch von der Bedeutung der gesamten komplexen NP. (18) (18a) (18b) (18c) (19) (19a) (19b) (19c)

die ABGABE FÜR Sondermüll # eine Abgabe ZUGUNSTEN des Sondermülls -> eine FÜR den Sondermüll BESTIMMTE Abgabe # Der Sondermüll erhält/ bekommt die Abgabe. eine ABGABE FÜR Großkonzerne -> ? eine Abgabe ZUGUNSTEN der Großkonzerne -> eine FÜR Großkonzerne BESTIMMTE Abgabe # Die Großkonzerne erhalten/bekommen die Abgabe.

Während (18) anhand von (18a) und (18b) als PPA-Konstruktion identifiziert werden kann, kann der Test in (19a) nicht eindeutig angewendet werden. Jedoch wird durch (19a) die Proposition von (19) verändert; denn es geht nicht um eine „Abgabe, die an die Großkonzerne zu leisten ist", sondern um „eine Abgabe, die die Großkonzerne zu leisten haben". Somit wird das Vorliegen einer PPA-Konstruktion anhand von (19c) bestätigt.

69

Das Beispiel (15) muß allein deswegen als PPA-Konstruktion zurückgewiesen werden können, weil sonst ähnliche Konstruktionen (ζ. B. „ein Stuhl fur Drogenhändler"), die eindeutig einen Benefaktiv enthalten, nicht von (14) abzugrenzen wären.

184

Für eine zuverlässige Ermittlung der PPA-Konstruktion mit der PPPA-FÜR reicht es nicht aus, die einzelnen Testverfahren schematisch an die Corpusbelege anzulegen, sondern es ist ein sorgfältiges Abwägen und Vergleichen unter Berücksichtigung der semantischen Binnenstruktur in den komplexen NPn vorzunehmen.

5.3.10

Die Testverfahren im Vergleich

Nach der Darstellung und Bewertung der einzelnen Testverfahren sowie ihrer Eignungsprüfung je PppA kann festgehalten werden, daß zu jeder Präposition Testverfahren existieren, mit denen sich PPA-Konstruktionen identifizieren lassen. Man kann noch einen Schritt weitergehen und festhalten, daß die Testverfahren auch auf nahezu jeden Typ von Corpusbeleg erfolgreich angewendet werden können, ohne daß hier im einzelnen dargelegt werden kann, welche Bedingungen vorliegen müssen, damit eine Menge von Corpusbelegen (zu einem Rektionssubstantiv PPA oder mehreren) einem Typ subsumiert werden kann. Man kann außerdem guten Gewissens hinzufugen, daß die überwältigende Mehrheit sämtlicher Einzelbelege mit Hilfe der Testverfahren identifiziert werden kann. Es läßt sich aber sicherlich nicht behaupten, daß alle Einzelbelege mit Hilfe der Testverfahren eindeutig entweder der PPA-Konstruktion oder einer anderen syntaktischen Konstruktion zugeordnet werden können, weil es je PPPA mehr oder weniger Sonderfälle gibt, die aus unterschiedlichen Gründen (ζ. B. Komplexität der Konstruktion, Kon- und Kotexteinfluß, (un)gewollte Ambiguität, stilistische Intention, mehr oder minder starke Metaphorisierung) nicht auf die gleiche Weise analysierbar sind wie die übrigen Belege und die deshalb als sogenannte „Zweifelsfälle" eingestuft werden. 70 Dennoch kann die allgemeine Annahme, Muttersprachler wüßten zwischen regierten und nicht regierten Präpositionen zu unterscheiden, 71 aus grammatikographischer Sicht bestätigt werden und als empirisch abgesichert gelten. Ebenso ist anhand der systematischen Bearbeitung deutlich geworden, daß nicht ein einziger Test auf jede Präposition angewendet werden kann und daß die meisten Testverfahren immer nur einen Teil der Corpusbelege erfassen. Die Tabelle 1 enthält eine schematische Übersicht über die Möglichkeiten der Testanwendung je PppA. Dabei sind die geschätzten Anteile der Corpusbelege eingetragen, auf die der jeweilige Test (vgl. Spalten bzw. Kapitel 5.3.2 bis 5.3.9) angewendet werden kann. Die Unterscheidung von PPA- und AAB-Konstruktionen anhand des Bedeutungsgehalts der jeweils in einer komplexen NP auftretenden Präposition wird nicht berücksichtigt, weil sich die Unterscheidung einer intersubjektiv zuverlässigen Überprüfung entzieht und weil eine detaillierte Diskussion der Bedeutung ausgewählter P PPA in Kapitel 6.3 erfolgen wird. Die Ableitungsbasis des Rektionssubstantivs PPA ist immer nur ermittelbar, wenn es sich bei dem zu analysierenden Substantiv um ein Deverbativum oder Deadjektivum handelt und wenn die Paraphrasierung mit einer AAB nicht möglich ist. Da beide Faktoren bei allen P p p a in unregelmäßiger Verteilung vorkommen, ist in den Feldern der Spalte 5.3.2 immer der Wert „2/3" eingetragen worden.

70 71

Vgl. die Daten im Anhang sowie die Erläuterungen dazu in den Kapiteln 6.3.1 und 6.3.2. Vgl. u. a. Schierholz (1996a:175); Wiegand (1996:121f.).

185 Tabelle 1: Testanwendung je Präposition PpPA

5.3.2 an (Dat) an(Akk) auf aus bei durch für gegen gegenüber in (Dat) in (Akk) mit nach über um unter (Dat) unter (Akk) von vor zu zwischen

2/3 2/3 2/3

5.3.3 0 0 3 /4

2/3

-

2/3

-

2/3

-

2/3

-

2/3

-

2/3

2/3

0 0

2/3

-

2/3

-

2/3

%

2/3



2/3

5.3.4 (1) '/2 (1) 1 '/2 0 (1) 1 !/2 1 '/4 0

% (1) VA

Kapitel 5.3.5 5.3.6 1 U 3 /4 [] 1 [1 1 [1 y, [] 0 '/4 1 [] y, [] '/2 [] 1 [1 3 /4 '/2 0 [] 1 u (1) 3 A

[] []

2/3

0

0

0

0

2/3

0

(1)

(1)

0

2/3

-

1

1

2/3

'/2

2/3

-

(1) (1)

(1) 3 /4

[] [] []

2/3

'/2

0

0

0

5.3.7

5.3.8

Π

[J

[]

[]

-

fi (1 π

fi

-

[]

-

[] [] f] il fi fi fi fi fi fi π π

[] 11

π fi fi fi fi

[] fi fi fi fi fi fi fi fi fi π (1)

5.3.9 -

-

(1) -

(1) -

(1) -

(1) -

Erläuterungen zu Tab. 1: - = Test betrifft die Präposition nicht; [ ] = Test ist teilweise anwendbar, bringt aber keine Verbesserungen; 0 = Test ist nicht anwendbar; Ά = Test ist bei ca. 25% der ausgewerteten Belege anwendbar; Vi = Test ist bei ca. 50% der ausgewerteten Belege anwendbar; 2/3 = Test ist bei ca. 66% der ausgewerteten Belege anwendbar; Vi = Test ist bei ca. 75% der ausgewerteten Belege anwendbar; (1) = Test ist bei fast allen Belegen anwendbar; 1 = Test ist bei allen Belegen anwendbar.

Die Spalte 5.3.3 enthält nur Eintragungen bei den Präpositionen, die zwei Kasus regieren können. Am zuverlässigsten kann mit dem Pronominaladverb- und dem Erfragbarkeitstest (Spalten 5.3.4 und 5.3.5) geprüft werden, ob eine PPA-Konstruktion vorliegt, weil sich mit diesen Testverfahren der höchste Prozentsatz an Corpusbelegen analysieren läßt und sich die meisten Präpositionen als PPPA identifizieren lassen. Die übrigen Testverfahren, „Nebensatzparaphrase" (Kapitel 5.3.6), „Modifizierbarkeit" (Kapitel 5.3.7) und Kopulaverbtest (Kapitel 5.3.8), können im wesentlichen als Ergänzungen angesehen werden, die jedoch bei einzelnen PPPA dazu dienen, PPA-Konstruktionen zu identifizieren. Die zusätzlichen Testverfahren (Spalte 5.3.9) sind gezielt für diejenigen PPPA entwickelt worden, deren Identifikation mit den übrigen Testverfahren nicht gelingt. Für die Erkennung der Präpositionen gilt, daß eine Identifizierung als PPPA in den Zeilen der Tabelle 1, in denen eine „1" oder eine „(1)" steht, mit Hilfe des jeweils in der

186 Spalte bezeichneten Tests gelingt. Die Klammerung wird in der Regel eingetragen, wenn aufgrund von Lebewesenbezeichnungen in der Nachfolger-NPPPA eine eindeutige Testanwendung nicht gewährleistet ist. Solange in PPA-Konstruktionen zu bestimmten PPPA nicht ausschließlich Lebewesenbezeichnungen in der Nachfolger-NPPPA vorkommen, hat dieses semantische Strukturmerkmal aber keinen aufhebenden Status für die Testapplikation insgesamt. Damit lassen sich die P P P A-AN(DAT), die P P P A - A U F , die P PPA . AU s, die PPPA-GEGEN, die PppA-IN(DAT), d i e PppA-NACH, d i e P P P A-ÜBER, d i e P P P A-UNTER(AKK), d i e P P P A . V O N , d i e P P P A - V O R ,

die

und die PPPA-ZWISCHEN anhand eines oder mehrerer Tests mit hoher Sicherheit identifizieren. In den meisten komplexen NPn mit der Präposition „an" kann die P PP A-ANPA. Damit lassen sich möglicherweise

24

Vgl. Schierholz (1998a).

199 semantische Restriktionen systematisieren, die in bezug auf die Wahl des NachfolgersubstantivsppA vorliegen. Nicht berücksichtigt werden Derivationskomposita, deren Grundwort im Untersuchungsset enthalten ist, sowie Substantive, deren Frequenz kleiner als drei ist. Dieser Wert wird als Grenzwert gesetzt, um die Analysen übersichtlicher zu gestalten. Innerhalb der Tabellen kennzeichnen die durchgezogenen Querstriche deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Untergruppen. Gestrichelte Querstriche markieren weniger markante Unterschiede. Eine Diskussion der Sortierungen erfolgt in den jeweiligen Textabschnitten zu den einzelnen Tabellen. Im laufenden Text werden die Ausdrücke für die Bedeutungskategorisierungen der untersuchten RektionssubstantivepPA, also die Benennungen der einzelnen Tabellen, die Unterbedeutungen innerhalb der Bedeutungsfelder oder die genera próxima, in Kursivschrift gesetzt, um dadurch eine typographische Abgrenzung von den Ausdrücken der einzelnen RektionssubstantivePPA zu erreichen.

6.3.1

Die PPΑ-Konstruktion mit „auf'

Die Präposition „auf' gehört zu den „primären Präpositionen" des Deutschen25 und kann sowohl den Akkusativ als auch den Dativ der nachfolgenden NP regieren. Liegt eine PPAKonstruktion vor, regiert die PPPA-AUF den Akkusativ (vgl. (4), (5)). (4) (5)

der APPETITA UF den Kuchen die FREUDE A UF den A usflug

Die Präposition „auf' kann innerhalb komplexer NPn auch in ähnlichen syntaktischen Konstruktionen vorkommen, von denen sich die PPA-Konstruktion allerdings relativ einfach und in der Regel eindeutig mit Hilfe des Pronominaladverbtests, des Erfragbarkeitstests oder - bei Deverbativa und Deadjektiva - unter Berücksichtigung der jeweiligen Ableitungsbasis des RektionssubstantivsPpA-AUF abgrenzen läßt. Zu den konkurrierenden syntaktischen Konstruktionen gehören die lokal-stationäre AAB, die direktionale AAB, die AAB der Art und Weise, die AAB mit Maß- und Dimensionsangaben sowie feste Wendungen.26 Bei der Bearbeitung der P P P A-AUF sind insgesamt 30040 Corpusbelege ermittelt worden, aus denen 202 verschiedene RektionssubstantivepPA.AUF isoliert werden können, die zusammen eine qualitative Frequenz von 3706 aufweisen. Die Zahl der Substantive mit kleinen Frequenzen, bei denen jedoch nicht in jedem Einzelfall geprüft wird, welche syntaktische Konstruktion in den Corpusbelegen enthalten ist, liegt bei 90. Es gibt 64 Komposita, die nicht weiter zu analysieren sind, weil sie eine zu geringe Frequenz aufweisen oder das Grundwort in der Liste der RektionssubstantivePPA steht (z. B. „Luftangriff', „US-Luftangriff', „Generalangriff'). Insgesamt 619 Substantive werden ausgeschieden, weil sie keine Corpusbelege mit PPA-Konstruktion enthalten; zehn Substantive

25 26

Vgl. Helbig/Buscha(1988:402ff.). Zur genaueren Beschreibung der einzelnen Konstruktionen vgl. u. a. Schierholz (1998a:63ff.); Helbig/Buscha (1988:417ff.); zusätzliche Einzelhinweise zur Präposition „auf auch bei Brinkmann (1971:154f.).

200 gehören in die Kategorie „Zweifelsfalle", weil keine eindeutige Entscheidung in der syntaktischen Analyse getroffen werden kann. Dazu gehören ζ. B. die Substantive „Sprung", „Überweisung" und „Schwerpunkt". (6) (7) (8)

bis er den Sprung auf den Chefsessel des Bereichs „ Nordmark " schaffte erst nach der Überweisung auf ein angebliches Putnik-Konto der aktuelle Schwerpunkt auf den Wahlen hat mit der Erfahrung

In (6) und (7) ist nicht eindeutig, ob man mit „worauf' nach dem von der postnominalen NP Bezeichneten fragt; „wohin" scheint ebenso möglich zu sein. Die Substitution der PP mit „darauf' für ein PPA bzw. „dorthin" für eine AAB ergibt auch keine eindeutige Identifikation. In (8) hat die komplexe NP Ähnlichkeiten mit einer PPA-Konstruktion, und man kann auch die beiden vorerwähnten Testverfahren für die PPA-Konstruktion anwenden, aber in der PP wird von der Präposition „auf' der Dativ regiert, nicht der Akkusativ.27 Für die weiteren semantischen Analysen werden ausschließlich diejenigen PPn betrachtet, die auf der Basis der syntaktischen Analysen eindeutig als PPA-Konstruktionen angesehen werden können. Dabei werden die RektionssubstantiveppA-AUF, die PPPA-AUF und die NachfolgersubstantivePPA.AUF in getrennten Analyseschritten in unterschiedliche Tabellen sortiert, die sich aufgrund der Bedeutungsähnlichkeiten ihrer Mitglieder ergeben.

6.3.1.1

Die Semantik des RektionssubstantivsPPA-AUF

Ein Bedeutungsfeld wird durch mindestens zwei RektionssubstantiveppA-AUF gebildet, die als solche Bedeutungsähnlichkeiten aufweisen. Welche Bedeutungsfelder konstituierbar sind bzw. welche Merkmale zur jeweiligen Bedeutungserfassung verwendet werden, liegt nicht a priori fest, sondern ergibt sich durch die Detailanalyse jedes einzelnen RektionssubstantivsppA. Besitzt ein RektionssubstantivPPA-AUF mehrere Bedeutungen, so wird nicht systematisch untersucht, welchen Einfluß die Polysemie auf die semantische Gruppierung hat. Innerhalb der einzelnen Tabellen erfolgt die Auflistung der RektionssubstantivePpA.AUF in der Spalte „Rektionssubstantiv" zuerst nach deren Bedeutung innerhalb des Bedeutungsfelds, dann nach der Bedeutung der PPPA-AUF, dann nach den unterschiedlichen Bedeutungen des vom NachfolgersubstantivPpA.AUF Bezeichneten und zuletzt nach der qualitativen Frequenz des jeweiligen RektionssubstantivsPpA.AUF. Die qualitative Frequenz ist wegen der Auswertungsrestriktionen auf einen Maximalwert von 40 beschränkt. Die in die Tabellen eingetragenen Beispielphrasen stellen einen vereinfachten Corpusbeleg dar. Bei der Analyse dienen die Einteilungen, die in S C H I E R H O L Z (1998a) zur PPAKonstruktion mit der PPPA-AUF durchgeführt worden sind, als Orientierung. Für die Rekti-

27

Derartige Belege sollten wegen der Kasusmarkierung „Dativ" gar nicht weiter behandelt werden. Wenn man jedoch die Analysen primär unter dem Aspekt der „Wörterbuchwürdigkeit" und nicht unter Berücksichtigung der theoretischen Prämissen betreibt, so scheint die Aufnahme des Substantivs „Schwerpunkt" bei den Zweifelsfällen gerechtfertigt zu sein. Über die Wörterbuchwürdigkeit muß dann unter Hinzuziehung weiterer, primär lexikographischer Überlegungen entschieden werden.

201

onssubstantiveppA-AUF sind dort zwölf Bedeutungsfelder („Lexemfelder" genannt) bestimmt worden. In den nachfolgenden Bedeutungsfeldern liegen Ergänzungen, Erweiterungen und Neuzuordnungen, aber auch Streichungen (ζ. B. wegen einer zu geringen Frequenz im TAZ-2 Corpus) vor. Zur Kennzeichnung sind die RektionssubstantiveppA-AUF, die in SCHIERHOLZ (1998a) nicht in den Analysen vorkommen, innerhalb der Tabellen 2 bis 1 lb kursiv gedruckt. Ein allgemeiner Vergleich beider Untersuchungen wird im Verlauf der abschließenden Interpretation erfolgen. Zielgerichtete Handlungen Die Mitglieder dieses Bedeutungsfelds weisen untereinander relativ starke Bedeutungsähnlichkeiten auf. Die RektionssubstantiveppA bezeichnen eine Handlung, die in eine festgelegte Richtung auf ein Ziel hin ausgeführt wird. Dieses Ziel, das etwas Konkretes oder Abstraktes sein kann, wird vom NachfolgersubstantivPPA bezeichnet; die P P PA-AUF, die die Verbindung zwischen den Substantiven herstellt, enthält eine Semantik mit richtungsweisenden Komponenten, die sowohl allgemein-abstrakter als auch lokaler Art sind. Die Handlungen, die von den meisten RektionssubstantivenPPA dieser Gruppe benannt werden, sind eine aggressive Aktion oder ein Angriff, in dem die Intention enthalten ist, dem Ziel einen Schaden zuzufügen. Der Durchführung der Handlungen kann grundsätzlich ein bestimmter Zweck unterstellt werden, der sich unmittelbar auf das vom NachfolgersubstantivppA Bezeichnete richtet. Tabelle 2: Zielgerichtete Handlungen Rektions- Art der substantiv Handlung

Bedeutung Nachfolgersubstantiv der PppA

Anschlag Angriff Attacke Sturm Vorstoß

aggressive Aktion/ Angriff, mit

abstraktes und konkretes Ziel

Beispielphrase

PPA

F

der A. auf einen Bus

40

ein A. auf das Bundesgebiet die A. auf den Staat

39 1172 38 112 23 5

der S. auf das Fernsehzentrum

der V. auf die doppelte lokale Staatsbürgerschaft Überfall Zweck plus mst. Konkreta der Ü. auf Asylbewerber Übergriff verbunden allgemeine meist der 0. auf die Bevölkerung Attentat Richtung Personen das A. auf den Präsidenten Schuß der S. auf den Flüchtling Jagd Verfolgung, oft die J. auf Wale Zw Lebewesen Run abstraktes der R. auf die Universitäten Ansturm Ansturm, und der A. auf die Börse Andrang Zw konkretes Ziel der A. auf das Abitur

889

3

10

37 40 38 36 28

548 130

27 23 8

51 24

357 158 251

Erläuterungen zu Tab. 2: Zw = Zweck; PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

10

202

Manchen RektionssubstantivenPPA ist eine Bedeutung inhärent, die bezüglich des Ziels semantische Restriktionen verlangt: nach „Attentat" kann nur eine Person oder eine Institution das Ziel sein, und nach „Übergriff' steht oft eine Person in der NachfolgerNP ppa . Bei „Schuß auf' bezieht sich die Richtungsangabe auf einen engeren Bereich bzw. Punkt, und auch hier ist das NachfolgersubstantivPPA häufig eine Personenbezeichnung. Bei dem Substantiv „Jagd" handelt es sich eher um eine Verfolgung als um einen Angriff, aber auch hier ist das Ziel in der Regel ein Lebewesen. Ein geringes aggressives Potential enthalten die Lexeme „Andrang", „Ansturm" und „Run"; denn es wird mehr ein stürmisches Gedränge in eine bestimmte Richtung bzw. eine Bewegung auf etwas zu bezeichnet. Die drei RektionssubstantivePPA besitzen sehr ähnliche Bedeutungen, aber das Fremdwort „Run" weist die höchste Frequenz auf. Komposita (z. B. „Brandanschlag", „Hetzjagd", „Lauschangriff', „Mordanschlag", „Raubüberfall"), deren Grundwörter in die Tabelle 2 aufgenommen worden sind, sind nicht berücksichtigt worden, obwohl sie zum Teil hohe qualitative Frequenzwerte enthalten. Die typischen Vertreter dieses Bedeutungsfelds lauten „Angriff' und „Anschlag", weil sie die wesentlichen Merkmale der PPA-Konstruktion enthalten und zugleich hohe Häufigkeiten im Textcorpus vorweisen können. Verglichen mit anderen Bedeutungsfeldern bezeichnen die Mitglieder dieses Bedeutungsfelds relativ konkrete Handlungen. Reaktionen In ihrer Funktion als RektionssubstantivPPA bezeichnen die Substantive dieses Bedeutungsfelds eine Re-Aktion auf ein zeitlich vorhergegangenes Ereignis (vgl. Tabelle 3). Es handelt sich meist um nomina actionis. Die PPPA-AUF enthält in ihrer Bedeutung eine allgemeine sowie eine temporale Dimension mit einer Richtung auf Vergangenes und verbindet somit das vom RektionssubstantivPPA und das vom NachfolgersubstantivPPA Bezeichnete. Im NachfolgersubstantivPPA werden Handlungen genannt, die abstrakt sind in dem Sinne, das man sie nicht anfassen kann; nur in Corpusbelegen mit dem RektionssubstantivPPA „Replik" kommen auch Konkreta als NachfolgersubstantivPPA vor. Während die RektionssubstantiveppA, „Reaktion", „Reflex", „Resonanz" und „Echo", eine allgemeine Reaktion auf ein Ereignis bezeichnen, beinhalten „Reflexion" und „Kritik" auch eine Art Überlegung und Beurteilung. Die RektionssubstantiveppA, „Antwort", „Entgegnung", „Erwiderung" „Auskunft" und „Replik", können als Antworten zusammengefaßt werden und besitzen Bedeutungsähnlichkeiten mit den Äußerungen (vgl. die Tabellen 4a bis 4c). Allen RektionssubstantivenPPA des Bedeutungsfelds Reaktionen ist gemein, daß die Bedeutung in einem kausalen Zusammenhang zu dem vom NachfolgersubstantivPPA Bezeichneten steht, weil der Grund für das vom RektionssubstantivPPA Bezeichnete in der Nachfolger-NPPPA genannt wird. Das Bedeutungsfeld ist in bezug auf die Art der Handlungen, die Bedeutung der PppA-AUF und die Bedeutungen der NachfolgersubstantivePPA extrem homogen. Als Prototyp kann man aufgrund seiner Intension und seiner Extension, aber auch in bezug auf die Vorkommenshäufigkeit im Corpus das RektionssubstantivPPA.AUF „Reaktion" ansehen. Substantive, die eine ähnliche Bedeutung besitzen, aber nicht als RektionssubstantivPPA.AUF fungieren können, sind u. a. „Beantwortung", „Besprechung" und „Information".

203 Tabelle 3: Reaktionen Rektionssubstantiv

Art der Handlung

Bedeutung Nachfolgersubstantiv d e r PPRA

Beispielphrase

PPA

F

Reaktion

die R. auf den Anschlag

39 736

Reflex

ein R. auf mangelnde Sozialleistungen

15

die R. auf das Ereignis

27

53

das E. auf die Revolution

21

21

Reaktion, Resonanz

kausal

Echo

temporale Abstrakta

die R auf die Motive

7

9

(Personen)

4

39

Richtung,

die K. auf das medizinische Experiment

Vorheriges

eine A. auf alle Fragen

Reflexion

Überlegung/

Kritik

Beurteilung, allgemeine kausal

Antwort

plus

Entgegnung Antwort, Erwiderung

kausal

Auskunft Replik Erläuterungen zu Tab. 3:

28

40 904

die E. auf seine Uneinsichtigkeit

6

6

die E. auf die Klageschrift

6

6

die A. auf die Frage

5

5

16

18

auch Konkreta die R. auf den Leserbrief PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

Äußerungen Die RektionssubstantiveppA des Bedeutungsfelds Äußerungen lassen sich in mehrere Teilg r u p p e n subdifferenzieren, die Hinweise,

Zusicherungen

und

Wertende

Äußerungen

genannt werden können. Die Mitglieder der Tabelle Hinweise sind Zeichen nonverbaler oder verbaler Art und werden in der Regel in Zusammenhang mit einem bestimmten Zweck verwendet. Lediglich bei dem Substantiv „Anhaltspunkt" liegt ein Hinweis vor, der nicht intentional gegeben werden muß, sondern auch aufgrund einer Beobachtung entdeckt werden kann. In solchen Fällen liegt auch keine Handlung vor, die dem vom RektionssubstantivPPA-AUF Bezeichneten zugrunde liegt, sondern eine Eigenschaft. Allerdings verweist diese auf ein Ziel, sobald sie wahrgenommen worden ist. Die PPPA-AUF zeigt in die Richtung, in der das Ziel zu finden ist. Die Bedeutung der PppA-AUF ist eher allgemein-abstrakter Art und enthält weder eindeutige lokale noch eindeutige temporale Dimensionen. Das Ziel wird von dem Nachfolgersubstantiv PPA bezeichnet und ist der Punkt, auf den das vom Rektionssubstantiv PPA Bezeichnete im Zusammenspiel mit der PPPA-AUF hinweist. Das Ziel kann abstrakter oder konkreter Art sein; es kann sich dabei um Lebewesen, Handlungen, Gegenstände oder Zustände handeln. In dieser Teilgruppe finden sich mehrere Komposita („Seitenhieb", „Fingerzeig", „Anhaltspunkt"), deren lexematische Bestandteile nicht als RektionssubstantivePPA-AUF auftreten können. Substantive mit sehr ähnlichen Bedeutungen wie „Rat", „Ratschlag", „Signal" oder „Äußerung" können nicht als RektionssubstantivPPA-AUF fungieren.

204

Tabelle 4a: Hinweise Bedeutung Nachfolger- Beispielphrase

Rektions-

Art der

substantiv

Handlung der PppA

der H. auf Ähnlichkeiten

Hinweis Anspielung

Seitenhieb Verweis

abstraktes die A. auf den Roman

Zeichen, mit

allgemeine

und

Zweck

Richtung

konkretes

F

38 1392 11

217

ein S. auf den Phalluskult

38

38

der V. auf eine Überprüfung

12

329

die F.e auf die Nachbarn

10

14

6

7

Ziel

Fingerzeig

Anhaltspunkt

PPA

substantiv

Merkmal

der A. auf die Täter

Erläuterungen zu Tab. 4a: PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz. Die RektionssubstantiveppA der zweiten Teilgruppe enthalten Zusicherungen, die mehr oder weniger formell abgegeben werden und immer mit einem bestimmten Zweck verbunden sind. Dabei sind unterschiedlich aufgebaute PPA-Konstruktionen erkennbar, was sich auch in unterschiedlichen Bedeutungen der PPPA-AUF niederschlägt. Nach „Eid" und „Schwur" hat die PPPA-AUF eine punktuelle Bedeutung, durch die auf die Basis dessen verwiesen wird, was vom Rektionssubstantiv PPA bezeichnet wird. 28 Diese Basis wird vom NachfolgersubstantivppA benannt. Nach „Zusage" und „Versprechen" gibt die PPPA-AUF eine Richtung an, die eine futurische plus eine allgemein-abstrakte Dimension enthält. Das NachfolgersubstantivppA bezeichnet das Ziel, auf das die Zusicherung hinweist, wobei das Ziel zugleich die Grundlage zur Erfüllung der gegebenen Zusicherung ist.

Tabelle 4b: Zusicherungen Rektions-

Art der

Bedeutung

Nachfolger- Beispielphrase

substantiv

Handlung

d e r PPPA

substantiv

Eid

Schwur

meist Zu-

Punkt

Basis

sicherung, Versprechen

Zusage

abstrakte

mit

temporale plus

Ziel und

Zweck

allgemeine

Basis in

Richtung

der E. auf die Verfassung der S. auf die

PPA

F

20

21

3

3

11

21

4

5

US-Verfassung das V. auf Wohlstand

der Zukunft die Z. auf einen Arbeitsplatz

Erläuterungen zu Tab. 4b: PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz. In den Corpusbeispielen handelt es sich bei den die Basis bezeichnenden NachfolgersubstantivenppA in der Regel um Abstrakta. Dies gilt auch für die Belege, in denen „Eide" auf eine Person geleistet werden („der Eid auf Königin Elizabeth"), da in diesen Fällen die Personifizierung als Repräsentant der Institution gilt. Lediglich zu „Versprechen" findet

28

Vgl. u. a. Bouillon (1984:9Iff.).

205 man auch einige Corpusbelege mit konkreten Inhalten vor („das Versprechen auf ein Stück Land"). Es handelt sich zwar nur um eine kleine Teilgruppe, aber die RektionssubstantivePpA sind eindeutig von den anderen Teilgruppen, die zu den Äußerungen gehören, abgegrenzt, weil mit den Zusicherungen komplexe Handlungen verbunden sind, die sich im und durch den Vollzug der Handlung ergeben. Diese PPA-Konstruktionen enthalten deswegen ein weit über die lexematischen Bedeutungen der einzelnen Konstituenten hinausgehendes Handlungspotential, dessen Einzelheiten im Kontext der PPA-Konstruktion auftreten müssen. Die Substantive der dritten Teilgruppe, Wertende Äußerungen, sind zweckorientierte verbale oder nonverbale Äußerungen, die - mit Ausnahme von „Lied" und „Gedicht" immer eine Wertung enthalten, auch wenn diese ganz unterschiedlicher Ausprägung sein kann. Die erste Teilmenge („Laudatio", „Hymne", „Lobgesang", „Loblied", „Lob") enthält Preisungen von Personen, Abstrakta oder Konkreta. Die zweite Teilmenge („Satire", „Karikatur", „Parodie", „Persiflage") enthält kritische Äußerungen meist verbaler, aber auch nonverbaler Art (vor allem mit dem Rektionssubstantiv PPA „Karikatur"). Tabelle 4c: Wertende Äußerungen Rektions- Art der substantiv Handlung

Bedeutung Nachfolger- Beispielphrase substantiv der PppA

Laudatio

meist Personen

die L. auf die Geburtstagskinder

16 16

Thema, abstrakt/

ihre H. auf den freien Wettbewerb

16 17

Preisung, Zw

konkret,

das L. auf die Hochschule

15 37

Hymne Loblied Lobgesang

auch

Lob Ued

der L. auf die eigenen Reihen

8

Personen

ein L. auf die bürgerlichen Tugenden

8 13

ein L. auf meinen Kopf

4 13

Melodie/

mehr

abstrakt/

Gedicht

Vers

punktuell

konkret

Satire

Kritik,

Karikatur Parodie

das G. auf seinen Großvater eine S. auf die Welt

8

3 17 17 30

Zw (Zeichnung)

Thema,

die K. auf den römischen Kaiser eine P. auf Abenteuerfilme

40 47

die P. auf die Teenagerträume

17 17

kritische

abstrakt

Persiflage

Nachahmung

und

Abgesang

Verab-

konkret,

Nachruf

schiedung,

oft Personen

Grabrede

PPA F

Zw

4 10

der A. auf das Theater

36 37

der N. auf den ermordeten Freund

40 46

die G.n auf den Staat

3

Erläuterungen zu Tab. 4c: Zw = Zweck; PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

3

206 Die dritte Teilmenge enthält Abschiedsäußerungen, die meist eine Würdigung darstellen („Abgesang", „Nachruf', „Grabrede"). Nur die RektionssubstantiveppA-AUF, „Lied" und „Gedicht", die aufgrund ihrer Denotation in diese Gruppe gehören, sind in bezug auf eine konnotative Wertung neutral. Die PPPA-AUF besitzt mehr eine punktuelle Bedeutung, da die Präposition auf die Basis verweist, auf der das vom RektionssubstantivppA Bezeichnete beruht. Der Bereich, auf dem das Bezeichnete beruht, ist jedoch größeren Umfangs als nach Rektionssubstantiven PPA anderer Bedeutungsfelder. 29 Dies hängt damit zusammen, daß von dem NachfolgersubstantivppA nicht nur die Basis, sondern auch das Thema benannt wird, auf das sich die Äußerung bezieht. Das Thema kann sowohl abstrakter als auch konkreter Art sein, manchmal stehen auch Personenbezeichnungen als Nachfolgersubstantiv PPA . In diesen Fällen wird die Mischung zwischen der punktuellen und direktionalen Bedeutung der PPPA-AUF besonders deutlich (vgl. (9)). (9)

die LA UDA TIO A UF die

Geburtstagskinder

Einerseits wird die „Laudatio" an die Kinder gerichtet, andererseits sind die Kinder das Thema der „Laudatio", also die Basis, auf der die Formulierung der „Laudatio" beruht. Diese semantischen Konstruktionsprinzipien gelten für alle Corpusbelege, in denen vom NachfolgersubstantivPPA Personen denotiert werden. In den übrigen Corpusbelegen scheint vor allem wegen der Abstraktheit der NachfolgersubstantivepPA der Bereichsaspekt eindeutig zu überwiegen. Die RektionssubstantiveppA konstituieren ein relativ homogenes Bedeutungsfeld, in dem auch die Komposita „Lobgesang", „Abgesang", „Nachruf' und „Grabrede" vorkommen, da sie z. T. hohe Frequenzwerte besitzen, deren Basiswörter („Gesang", „Ruf', „Rede") aber nur über niedrige qualitative Frequenzwerte verfügen oder gar nicht als RektionssubstantivppA-AUF fungieren können. Bedeutungsähnliche Substantive wie „Anerkennung", „Bestätigung", „Verherrlichung" und „Würdigung" können nicht als RektionssubstantivppA-AUF stehen. Emotionen Die RektionssubstantiveppA sind Bezeichnungen für neutrale, negative oder positive Emotionen. Es handelt sich dabei um Zustandsbezeichnungen, die in der Regel in Verbindung mit dem Hilfsverb „haben" gebraucht werden können. Vom RektionssubstantivppA wird die Art eines Gefühls ausgedrückt, vom Nachfolgersubstantiv PPA das inhaltliche Ziel des Gefühls, die PPPA-AUF stellt die Verbindung her. 30 Die neutralen Gefühlsbezeichnungen drücken ein Begehren aus, das meist von einem Lebewesen ausgeht. Die PPPA-AUF enthält in ihrer Bedeutung Aspekte lokaler plus temporaler Direktionalität. Lokal ist sie, weil aus den Möglichkeiten, auf die das Begehren gerichtet ist, etwas selektioniert wird, und temporal ist sie, weil das Begehren aus der Perspektive deijenigen Person, die das Begehren äußert, in dem Moment des Äußerns nicht befriedigt ist und auf etwas in der Zukunft Liegendes zielt.

29 30

Vgl. z. B. Tabelle 10: „die Steuer auf Versicherungen". Vgl. die „Geistes- und Gemütsbewegungen" bei Bouillon (1984:97fl).

207

Tabelle 5: Emotionen Rektionssubstantiv

Art der Bedeutung Zustands der PppA

Nachfolgersubstantiv

Beispielphrase

PPA

F

Appetit

Ziel, mst konkret

der A. auf Putenfleisch

20

36

Hunger

Ziel,

der H. auf Zärtlichkeit

9

11

d e r W . auf dauerhaften Frieden

7

14

ein V. auf den Schulanfang

40

58

die E. auf einen hohen Gewinn

17

19

die 1. auf die Rückgabe der Inseln

3

8

meist abstrakt

Wunsch Vorgeschmack

neutrales

Erwartung

lokaltemporale Richtung

Gefühl

auf

Ziel, abstrakt

Zukünftiges

Illusion

die L. auf Abenteuer

34 183

auch Person

die N. auf die Menschen

24

28

Ziel, abstrakt

der Z. auf das Gesundheitssystem

13

20

3

3

Lust

Ziel, abstrakt

Neugier/de

und konkret, Zorn Eifersucht

oder Person (kausal]

Haß Neid

negatives

Groll

Gefühl Wut

Verdacht

Ziel, abstrakt u.

der H. auf Minderheiten

34 141

temporale

der N. auf die guten Beziehungen

15

21

Richtung

konkret, Person, (kausal)

auf Vor-

Ziel, mst konkret, Person, (kausal)

der G. auf die Nachbarn

4

4

heriges

Ziel, meist abstrakt oder Person (kausal)

die W. auf die Deutschen

23

64

mehr punktuell

Basis, abstrakt / konkret (kausal)

der V. auf eine

22 294

Hoffnung

allg., temp.

Ziel,

Richtung

meist abstrakt

Freude

auf Zukünftiges

Stolz Gefühl

Vertrauen

punktuell plus temporale Richtung auf Vorheriges mehr punktuell

Erläuterungen zu Tab. 5:

glück

lokal-

Zuversicht positives

die E. auf das Liebes-

Entzündung die H. auf eine Besserung die Z. auf Frieden

37 937 3

3

8

21

der S. auf den Erfolg

15

50

Basis, mst abdas V. auf die eigene strakt, auch Person Kraft

8

49

Ziel, mst abstrakt, die F. auf das Ergebnis auch Person Basis, meist abstrakt, auch Person

PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

208 Das NachfolgersubstantivppA nennt dieses Ziel, welches ein Abstraktum, ein Objekt, eine Handlung und nach einigen Rektionssubstantiven PPA auch eine Person sein kann. Das Kompositum „Vorgeschmack" ist in der Tabelle enthalten, da das Basislexem nicht als RektionssubstantivppA-AUF fungieren kann. Im Anschluß an die Bezeichnungen fur negative Emotionen besitzt die PPPA-AUF eine lokale und temporale Richtungsdimension, in der der temporale Anteil auf Vergangenes zielt; denn das negative Gefühl kann nur auftreten, wenn ein zeitlich davor liegender Anlaß für das negative Gefühl gegeben ist: Man hat nur dann einen „Haß auf Minderheiten", wenn vorher etwas geschehen ist, das diesen „Haß" ausgelöst hat. Dabei ist unwesentlich, ob der Person, die den „Haß" besitzt, diese Zusammenhänge unmittelbar bewußt sind. Der Anlaß für das negative Gefühl muß nicht vom Nachfolgersubstantiv PPA genannt werden, hat aber in irgendeiner Weise etwas mit dem vom NachfolgersubstantivppA Bezeichneten zu tun. Aus diesem Grunde kann man von einer gewissen Kausalität zwischen dem vom NachfolgersubstantivppA Bezeichneten und der Bedeutung des Rektionss u b s t a n t i v s p p A ausgehen. Lediglich nach dem RektionssubstantivPpA-AUF „Verdacht" enthält das N a c h f o l g e r s u b s t a n t i v p p A weniger das Ziel, sondern mehr die Basis, auf der das Gefühl beruht. Auch kann man bei „Verdacht" annehmen, daß die Äußerung eines Verdachts im Gegensatz zu Haß- oder Eifersuchtsgefühlen nur teilweise auf Emotionalem beruht. Nach den Rektionssubstantiven PPA , die ein positives Gefühl bezeichnen, besitzt die PppA-AUF unterschiedliche Bedeutungen. Nach „Hoffnung", „Zuversicht" und „Freude" liegt eine allgemein-abstrakte plus eine temporale Richtungsangabe vor, die auf ein in der Zukunft liegendes Ziel weist. Meistens bezeichnet das NachfolgersubstantivppA etwas Abstraktes, nur nach „Freude a u f ' kommen in den Corpusbelegen auch Personen in der Nachfolger-NPppA vor. Die RektionssubstantiveppA „Stolz" und „Vertrauen" stehen in PPA-Konstruktionen, in denen die PPPA-AUF mehr einen punktuellen Aspekt enthält und weniger die Richtung angibt. Nach „Stolz" besteht der Direktionalitätsaspekt in einem temporalen Bezug auf Vorheriges, während nach „Vertrauen" die temporale Dimension offen bleibt: Sie kann auf die in der Vergangenheit erworbene Basis für das bestehende Vertrauen verweisen, aber auch auf zukünftige Tätigkeiten, in die das Vertrauen gesetzt wird. Welche Bedeutung gemeint ist, kann mit Hilfe des jeweils im Satz vorkommenden Prädikats festgelegt werden. Berücksichtigt man lediglich die Bedeutungen der in den Corpusbelegen vorkommenden NachfolgersubstantiveppA,31 so scheint in den PPA-Konstruktionen mit „Stolz" und „Vertrauen" jedoch die Bezeichnung der Basis zu überwiegen. Insgesamt handelt es sich um ein sehr homogenes Bedeutungsfeld, dessen Mitglieder sich von R e k t i o n s s u b s t a n t i v e n P P A anderer Bedeutungsfelder gut abgrenzen lassen. Auch die Binnendifferenzierung dieses Bedeutungsfelds gelingt mit Hilfe einfacher semantischer Kriterien, nämlich der Bewertung der Gefühle. Viele Substantive des Bedeutungsfelds Emotionen sind entweder Singulariatantum („Hunger", „Vorgeschmack", „Neugierde",

31

Nach „Stolz auf' u. a.: Adler, Andersartigkeit, Deutschland, Erfolg, Fähigkeiten, Herkunft, Jugendzeitung, Kampfbomber, Kinder, Körper, Land, Perestroika, Presseerklärung, Produkt, Tätowierung, Vergangenheit, Werk; nach „Vertrauen auf u. a.: Botschaft, Gefühl, Handwerk, Kraft, Leserschaft, Liberalität, Nacktheit, Potenz, Problemlösungskompetenz, Rechtsstaat, Reformersieg, Unterstützung, Verhandlungsgeschick, Wirkung, Zukunft, Zusage, Zuständigkeit.

209 „Zorn", „Haß", „Neid", „Groll", „Wut", „Zuversicht", „Stolz", „Vertrauen") oder stehen als RektionssubstantivppA ausschließlich („Appetit", „Lust", „Eifersucht", „Verdacht", „Freude") bzw. meistens („Wunsch") im Singular. Substantive, die bedeutungsähnlich sind, aber nicht als RektionssubstantivPPA.AuF fungieren können, sind u. a. „Verlangen", „Interesse", „Ärgernis", „Abneigung", „Verstimmung", „Argwohn", „Hochmut", „Einbildung" und „Selbstbewußtsein". Veränderungen Die Substantive in diesem Bedeutungsfeld können in ihrer lexematischen Bedeutung als nomina actionis oder nomina acti auftreten, sind jedoch als Rektionssubstantive PPA immer nomina actionis. Sie bedeuten Veränderungen, die sich nach drei Unterbedeutungen spezifizieren lassen, nach Erweiterungen, Einschränkungen oder Wechsel. Die Veränderungen enthalten Bezeichnungen für geistige Tätigkeiten, die immer zweckorientiert geschehen. In den PPA-Konstruktionen ist immer ein Ausgangszustand oder -punkt vorausgesetzt, der innerhalb der PPA-Konstruktion nicht formuliert werden muß, der jedoch nie mit dem Zielzustand identisch sein kann. Dieses Ziel wird von dem NachfolgersubstantivppA bezeichnet und ist zugleich der Endpunkt, der nach der Veränderungshandlung erreicht wird. Die P P P A - A U F gibt jeweils die Richtung an, in die die Veränderung erfolgen soll. Diese Richtung kann weder als lokal noch als temporal interpretiert werden, sondern ist allgemein-abstrakter Art. Die Substantive der ersten Teilmenge („Ausweitung", „Aufschlag", „Verteilung", „Zuschlag") enthalten unterschiedliche Grundbedeutungen, vereinen aber den Aspekt der Erweiterung, wenn sie als Rektionssubstantiv PPA . AUF fungieren. Die NachfolgersubstantiveppA sind in den meisten Fällen Abstrakta. Die Substantive der zweiten Teilmenge („Beschränkung" bis „Begrenzung") haben ebenfalls unterschiedliche Grundbedeutungen, konzentrieren ihre Bedeutung aber im Zusammenspiel mit der PPPA.AUF auf den Aspekt der Einschränkung. Auch hier markieren die Nachfolgersubstantive PPA den Endpunkt oder den Bereich, der meistens etwas Abstraktes ist. Bei den Substantiven der dritten Teilmenge („Übertragung" bis „Wechsel", Tabelle 6) findet immer eine Veränderung statt, indem jemand oder etwas von einem Bereich Ά ' auf einen Bereich Έ ' wechselt. Die Endpunkte, die vom Nachfolgersubstantiv PPA bezeichnet werden, sind zwar meistens abstrakter Art, können aber auch Konkreta oder Lebewesen sein (z. B. nach „Übertragung"). Ob Lebewesen vorkommen können, hängt in erster Linie mit der spezifischen Bedeutung des jeweiligen Rektionssubstantivs PPA zusammen. Nach den Rektionssubstantiven PPA „Umstellung", „Umstieg" und „Wechsel" scheint eine Lebewesenbezeichnung in der Nachfolger-NP PPA unüblich zu sein.32 Komposita mit hohen Frequenzwerten, zu denen das Grundwort bereits aufgenommen worden ist (z. B. „Selbstbeschränkung", „Rückbesinnung"), sind bei den Analysen nicht berücksichtigt worden. Sämtliche PPA-Konstruktionen enthalten sehr abstrakte Bedeutungen, solange nicht gesagt wird, von wem die jeweilige Veränderung vorgenommen wird.

32

Von insgesamt 133 Belegen zu den drei Substantiven enthält keiner eine Lebewesenbezeichnung in der Nachfolger-NP. Dennoch ist wohl möglich: die Umstellung auf den neuen Lehrer, der Wechsel auf das weiße Pferd.

210 Das vom NachfolgersubstantivPPA Bezeichnete kann präzise festgelegt sein, obwohl es sich meistens um Abstrakta handelt. Mehrere Substantive (ζ. B. „Zuteilung", „Verminderung", „Restriktion", „Einsparung", „Abtretung", „Vergabe", „Ansteckung" (zu „Übertragung" in Tabelle 6)), die eine ähnliche Bedeutung haben, können nicht als RektionssubstantivppA-AUF fungieren. Tabelle 6: Veränderungen Rektionssubstantiv

Art der Bedeutung NachfolgerHandlung der Ρ PPA substantiv

Ausweitung Aufschlag Verteilung

Erweiterung, verbunden mit Zweck

Endpunkt oder Bereich, meist abstrakt

Zuschlag Beschränkung

Beispielphrase

eine A. auf sämtliche Hochschulen der A. auf die Stromrechnung die V. auf die Bundesländer der Z. auf die Grundmiete die B. auf einfachste Formen

Konzentration

die K. auf den Alltag

Rekurs Besinnung Reduktion Reduzierung

der R. auf die Geschichte die B. auf die Bibel die R. auf eine Ideologie die R. auf Vornamen die S. auf Bankthemen die E. auf das Gebiet die V. auf das Asylthema die Z. auf den Skandal

EinschränRichtung, kung, Spezialisierung verbunden allgemein Einschränkung mit Verengung Zweck Zuspitzung Verkürzung

Endpunkt oder Bereich, meist oder nur abstrakt

eine V. auf Nationalsozialismus die B. auf die reine Verteidigung

Begrenzung Übertragung Übergang Umstellung

Wechsel, verbunden mit Zweck

Umstieg Wechsel Erläuterungen zu Tab. 6:

Endpunkt oder Bereich, abstrakt und konkret Endpunkt oder Bereich, meist abstrakt

die Ü. auf den Menschen der Ü. auf Papierverpackungen die U. auf die Marktwirtschaft der U. auf den öffentlichen Nahverkehr der W. auf Teilzeitarbeit

PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

PPA

F

13 20 10

14

9

9

6 6 40 65 38 123 27

27 20 18 12 6 4 4 4 3

21 22 33 7 10 5 5

3

16

12

14

3

6

29

93

15

19

7

8 21

211

Abstrakte Die Mitglieder dieses Bedeutungsfelds besitzen im Gegensatz zu anderen RektionssubstantivenppA eine in hohem Maße unspezifizierte Semantik. Auch die mit ihnen vorliegenden PPA-Konstruktionen wirken formelhaft und semantisch entleert, solange nicht weitere Attribute eingefugt werden. Während sich z.B. zu den RektionssubstantivenppA der Tabelle 2 der Satz, ich mache einen Angriff, auf eine Tätigkeit bezieht, deren konkrete Ausführung zwar auch in gewisser Weise vage bleibt, unter der man sich jedoch etwas vorstellen kann, sind Formulierungen wie, ich mache eine Festlegung / ich mache eine Bezugnahme / ich besitze einen Zugriff semantisch unvollständiger, da nicht nur der Grund, sondern auch der Adressat und die Art der Handlung ungenannt bleiben. Für sehr viele Corpusbelege gilt, daß das PPA zu den RektionssubstantivenPPA den Status einer obligatorischen Ergänzung innehat; denn die Weglassung des PPAs bedeutet nicht nur semantische Unvollständigkeit, sondern auch syntaktisch kaum akzeptable Konstruktionen. Dies kann auch dann nicht aufgefangen werden, wenn sämtliche erforderlichen Argumente im Kontext realisiert sind. Allerdings genügt in der Regel ebenfalls die nackte PPA-Konstruktion nicht den Anforderungen der semantischen Wohlgeformtheit, weil auch die NachfolgersubstantivepPA in der Regel Abstrakta sind. Die PPA-Konstruktionen, die Mitglieder des Bedeutungsfelds Abstrakta enthalten, müssen also nicht nur vollständig sein, sondern sollten erweiterte PPA-Konstruktionen sein oder bedürfen der Kompletion durch Verben, die den Inhalt des Formulierten sehr präzise bezeichnen.33 Die PppA-AUF kann unterschiedliche Bedeutungen besitzen und je nach RektionssubstantivppA sich auf einen Punkt beziehen, die Richtung angeben (mit allgemeiner und temporaler Dimension) oder beides betreffen. Je nach Bedeutung der PPPA.AUF enthält das NachfolgersubstantivppA die Basis oder das Ziel; in den meisten Fällen handelt es sich dabei um Abstrakta. Eine Subdifferenzierung der Mitglieder dieses Bedeutungsfelds in Teilmengen kann nur im Zusammenhang mit den Bedeutungen der PPPA-AUF erfolgen. Der jeweiligen Handlungsausführung kann jedoch grundsätzlich ein bestimmter Zweck unterstellt werden. Es gibt allgemeine Abstrakta („Rückschluß", „Bezug", „Bezugnahme", „Berufung"), nach denen die PPPA-AUF eine punktuelle Bedeutung hat und auf eine vom NachfolgersubstantivppA bezeichnete Basis verweist, welche immer eine abstrakte Bedeutung besitzt. Von dem RektionssubstantivppA „Rücksichtnahme" wird ein bestimmtes Verhalten bezeichnet, das sehr vage bleibt, solange der „Rücksichtnehmende" nicht genannt ist und die Art und Weise nicht spezifiziert wird, wie die Rücksichtnahme durchgeführt wird. Hier hat die PppA.AUF ebenfalls eine punktuelle Bedeutung, aber in der Nachfolger-NPPPA können auch Personenbezeichnungen stehen. Nach den Abstrakta „Zugriff', „Rückgriff", „Akzent" und „Druck" enthält die PPPA-AUF sowohl eine stationäre als auch eine allgemeine direktionale Bedeutungskomponente. Vom NachfolgersubstantivppA werden das Ziel und die Basis des vom RektionssubstantivPPA Benannten angegeben. Es handelt sich meistens um ein Abstraktum, aber nach dem RektionssubstantivppA „Druck" können in PPA-Konstruktionen auch Personen in der 33

Ähnliche Feststellungen sind in Schierholz (1998a:82f.) getroffen worden, werden aber hier durch die Textbelege eines anderen Corpus bestätigt sowie durch weitere RektionssubstantiveppA (Kursivdruck in Tabelle 7) ergänzt.

212 Nachfolger-NPppA vorkommen. Zu dem Substantiv „Zugriff' wird hier nur die Bedeutung als „Berechtigung" berücksichtigt. 34 Tabelle 7: Abstrakta Rektionssubstantiv

genus Bedeutung Nachfolgersubstantiv proximum d e r PPPA

Rückschluß Bezug

Abstraktum, Bezugnahme mit Berufung Zweck Rücksichtnahme

Basis, abstrakt Punkt

Verhalten, mit Zweck

Zugriff Rückgriff Akzent Druck

Abstraktum, mit Zweck

Punkt und allgemeine Richtung

Basis, abstrakt und konkret, auch Personen Ziel / Basis, meist abstrakt Ziel / Basis, abstrakt Endpunkt, abstrakt und konkret, auch Personen

Orientierung Vorbereitung Ausrichtung Festlegung

Ausrichtung, mit Zweck

Fixierung Projektion Erläuterungen zu Tab. 7:

Ziel, meist abstrakt, Zukünftiges

allgemeine und Ziel, temporale meist abstrakt, Richtung auch Personen, Zukünftiges

Beispielphrase

PPA

F

der R. auf ihre Herkunft der B. auf die Kunstgeschichte die B. auf Afrika die B. auf deutsches Sonderrecht

40 56 16 172

die R. auf die kleinen Länder

19

der Z. auf Daten

40 174

der R. auf die Geschichte

40 131

der neue A. auf Dienstleistungen der D. auf die Regierung

11 23 9 508

5

38

26

23 811

die O. auf die beiden Großprojekte die V. auf das Studium die A. auf die Automobilproduktion

31

40

die F. auf Literatur und Sprache die F. auf einige wenige Grundsätze die P. auf Fremde

40

44

40

55

5

15

31 127 9 14

PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

In einer vierten Teilmenge liegen Abstrakta vor, die in ihrer Bedeutung als RektionssubstantivppA-AUF einen Fixationsaspekt enthalten („Orientierung", „Vorbereitung", „Ausrichtung", „Festlegung", „Fixierung", „Projektion"), so daß die PPPA-AUF eine allgemein-

34

Die andere Bedeutung für ,Zugriff' ist „das Zugreifen", ζ. B. in den Corpusbelegen „der Zugriff auf Frauenkörper", „der Zugriff auf den Täter".

213 abstrakte und eine temporale Richtung angibt. Das Nachfolgersubstantiv PPA bezeichnet das Ziel, das meist abstrakt ist und in der Zukunft liegen kann. Insbesondere in PPAen nach „Vorbereitung" dominiert die temporale Dimension, weil immer das Ereignis, das zeitlich der Vorbereitung folgt, vom NachfolgersubstantivPpA bezeichnet wird. Der besonders hohe Abstraktheitsgrad der in diesem Bedeutungsfeld vorkommenden Abstrakta und die Komplexität der analysierten PPA-Konstruktionen bestimmen die Zusammenstellung der Mitglieder dieses Bedeutungsfelds. Andere Substantive mit ähnlicher Bedeutung können nicht als RektionssubstantivPPA-AUF fungieren, ζ. B. „Einspruch", „Zwang", „Ausbildung" und „Normung". Abstrakte Handlungen Die RektionssubstantiveppA bezeichnen Handlungen, die in einer besonderen Weise abstrakt und ζ. T. geistiger Art sind. Es handelt sich um nomina actionis, die über eine komplexe Argumentstruktur verfügen. Ohne die textuelle Realisierung des Arguments, das ein Ziel, ein Thema oder eine Eigenschaft sein kann, würden die Substantive, die die Handlungen bezeichnen, auch auf der syntaktischen Ebene als unvollständig angesehen werden. Zwar wird das PPA dadurch nicht zu einer obligatorischen Ergänzung des RektionssubstantivSppA-AUF, würde aber bei einem Differenzierungsversuch fakultativer Ergänzungen eine hohe Dringlichkeit in bezug auf die syntaktische Realisierung einnehmen. Insofern haben die meisten Mitglieder dieses Bedeutungsfelds in bezug auf die Ergänzungsdringlichkeit des PPAs Ähnlichkeiten mit RektionssubstantivenPPA-AUF des Bedeutungsfelds Abstrakta. Die Bedeutungen der RektionssubstantivePPA enthalten eine gewisse Prospektivität, weil auf Zukünftiges hingewiesen wird, welches in der Nachfolger-NP PPA formuliert wird. Die PppA-AUF gibt entweder eine Richtung an, die allgemein-abstrakte plus temporale Dimensionen enthält, oder die P P P A - A U F enthält mehr punktuellen Charakter. Parallel zu diesen beiden Bedeutungen der P P P A - A U F steht im Nachfolgersubstantiv PPA das Ziel - manchmal besser als das Thema zu bezeichnen - , auf das die Handlung ausgerichtet ist, oder die Eigenschaft (bzw. das Thema) des vom RektionssubstantivPPA-AUF Bezeichneten (nach „Überprüfung" bis „Test", Tabelle 8). Zwar verfugen die Mitglieder dieses Bedeutungsfelds über eine gewisse Heterogenität in ihren Bedeutungen, aber daraus kann nicht gefolgert werden, daß es sich bei der Sortierung der RektionssubstantiveppA-AUF in der Tabelle 8 um eine Restgruppe handelt. Das gemeinsame und verbindende Merkmal der Abstrakten Handlungen ist die Ausführung einer Handlung, die fast immer mit einer bestimmten Intention verbunden ist, die sich aber nicht durch zusätzliche spezifische Merkmale auszeichnet, wie es in anderen Bedeutungsfeldern (z. B. Zielgerichtete Handlungen) der Fall ist. Auch ist eine Abgrenzung von den Abstrakta gerechtfertigt, weil in deren Eigenbedeutung weniger Inhaltliches erkennbar ist, das ohne Anfügen weiterer Attribute eine problemlose Einordnung in einen textuellen Sinnzusammenhang nicht ermöglicht. Nach den Rektionssubstantiven PPA „Antrag", „Klage", „Anklage" und „Prüfung" stehen die NachfolgersubstantiveppA fast immer ohne Artikel. In PPA-Konstruktionen mit RektionssubstantivenPpA.AuF, die als Vereinbarung, Begehren oder Beschuldigung gelten, hat die P P P A - A U F eine allgemein-abstrakte Richtungsangabe oder eine allgemein-abstrakte plus eine temporale Richtungsangabe.

214 Tabelle 8: Abstrakte Handlungen Rektionssubstantiv Einigung

Wette

Art der Handlung

Bedeutung Nachfolger- Beispielphrase d e r PPPA substantiv

Vereinbarung, mit Zweck

Ziel, abstrakt,

Vereinbarung

Zu

die E. auf ein Sanierungsprogramm W.n auf die Zinsentwicklung

PPA

F

21

51

5

6

Verzicht

allgemeine meist Vereinplus barung, temporale mit Zweck

Ziel, meist abstrakt

der V. auf Atomwaffen

36 664

Antrag Spekulation

Begehren,

Ziel, abstrakt,

der A. auf Überprüfung

39 891

die S. auf höhere Ölpreise

11 3

15

28

38

Bewerbung Klage

Anklage

Richtung

mit

Zu

Zweck Beschuldigung, mit Zweck

allgemeine Richtung

Prüfung Untersuchung Kontrolle Test

4

Thema, abstrakt

die A. auf Körperverletzung

5

26

die Ü. auf ökologische Folgeschäden

9

12

Thema/ Eigenschaft,

die P. auf die Ernsthaftigkeit des Gastes

6

11

abstrakt

die P. auf Umweltverträglichkeit

4

8

ver-

Thema,

die U. auf Dioxin

7

28

bunden

meist

die K. auf HIV-Viren

3

27

der T. auf Hepatitis-B

3

20

Überprüfung Probe

die B. auf die Stelle

Thema die K. auf Anerkennung (Ziel), abstrakt, Zu

Verfahren, Test, mit Zweck

Punkt

abstrakt

Erläuterungen zu Tab. 8: Zu = Zukünftiges; PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz. Daneben kommen Rektionssubstantive P p A . AUr vor, die Verfahren oder Tests sind und nach denen die PPPA-AUF eine punktuelle Bedeutung besitzt. Nach einigen Verfahren („Überprüfung", „Probe", „Prüfung") wird vom Nachfolgersubstantiv PPA mehr die Eigenschaft von etwas bezeichnet, deren Feststellung Gegenstand des Prüfverfahrens ist, während bei den RektionssubstantivenppA mit etwas allgemeinerer Bedeutung („Untersuchung", „Kontrolle", „Test") v o m Nachfolgersubstantiv PPA nur das Thema der Tätigkeit bezeichnet wird. Es liegen mehrere Substantive vor (ζ. B. „Vereinbarung", „Versöhnung", „Übereinstimmung", „Abmachung", „Entsagung", „Muster", „Experiment", „Analyse", „Versuch", „Studie"), die eine ähnliche Bedeutung besitzen, aber nach den Corpusbelegen nicht in PPA-Konstruktionen mit der PPpA.AuF stehen können.

215 Möglichkeiten Die RektionssubstantiveppA dieses Bedeutungsfelds sind nomina acti oder nomina actionis und bezeichnen entweder die Mittel, die zum Zwecke der Ausführung einer Handlung zur Verfügung stehen, oder die Handlungen selbst. Es lassen sich drei Teilgruppen, Ansprüche,

Wirkungen und Perspektiven,

unterscheiden.

In der ersten Teilgruppe bezeichnen die RektionssubstantivePPA so etwas wie abstrakte Instrumente, die man genauer ein Anrecht, einen Anspruch bzw. ein Recht nennen kann, das in der Regel eine Person oder mehrere Personen besitzen. Die PPPA-AUF hat wechselnde Bedeutungen, enthält jedoch in den meisten Belegen einen temporalen Aspekt; lediglich nach „Monopol" und „Patent" ist die Temporalität nicht eindeutig identifizierbar. In PPAKonstruktionen mit diesen Substantiven bezeichnet das NachfolgersubstantivPpA die Basis, auf der das „Monopol" bzw. das „Patent" beruhen. Nach den übrigen RektionssubstantivenppA dieser Teilgruppe ist das Ziel angegeben, auf das der jeweilige Anspruch bzw. das Recht ausgerichtet ist. Tabelle 9a: Anrechte Rektionssubstantiv

genus Bedeutung proximum der ΡppA

Anrecht Recht Anspruch

Anwartschaft Abonnement Anspruch Ambition bzw. Recht Option

allg. und temporale

Ziel, abstrakt (konkret), Zu

Richtung allg. und temporale Richtung (auch Punkt)

Ziel, meist abstrakt, Zu

Punkt plus allgemeine und

Ziel / Basis, abstrakt, Zu

temporale Richtung

Ziel, abstrakt (Zu)

Monopol Patent Forderung

Nachfolgersubstantiv

Punkt

Basis, meist abstrakt Basis, abstrakt/ konkret (Zu)

allg. und Ziel, temporale meist abstrakt, Richtung, Zu Zu

Beispielphrase

PPA

F

ein A. auf ein Kind

30

70

das R. auf Asyl

37

219

der A. auf eine bestimmte Unterkunft

37 1044

die A. auf den Titel

11

ein A. auf die Macht die A.en auf das Präsidentenamt die 0 . auf die Kernenergie

8 32

32

40

82

37

41

21

24

6

38

das M. auf den Flugverkehr das P. auf ein Säugetier die F. auf Rückgabe

Erläuterungen zu Tab. 9a: Zu = Zukünftiges; PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

11 8

216 Die RektionssubstantiveppA in der Tabelle 9a besitzen sehr unterschiedliche Extensionen; denn nur wenige Substantive lassen sich in den jeweiligen Beispielphrasen für andere substituieren, da sie als genus proximum anzusehen sind: So läßt sich zwar „Anrecht" für „Anwartschaft" substituieren, aber umgekehrt geht dies aus semantischen Gründen nicht. Einige RektionssubstantiveppA (ζ. B. „Anwartschaft", „Forderung") ähneln den Mitgliedern des Bedeutungsfelds „Abstrakta", weil die PPA-Konstruktionen semantisch sehr unspezifiziert sind. Während nach „Anrecht" und „Recht" die Bedeutung der PPPA-AUF eine allgemeine und eine temporale Richtungsdimension enthält, tritt nach „Anspruch" ein punktueller Aspekt hinzu. Das Ziel, das vom NachfolgersubstantivPPA bezeichnet wird, liegt in der Zukunft und ist nach „Recht" und „Anspruch" meist abstrakt, während nach „Anrecht" auch Personenbezeichnungen stehen können. Der punktuelle Bedeutungsaspekt in der PPPA-AUF ist in den Corpusbelegen mit den RektionssubstantivenppA „Anwartschaft", „Abonnement", „Ambition" und „Option" deutlicher erkennbar; die Ziele, die ζ. T. auch als Basis angesehen werden können, sind in der Regel abstrakter Art. Zu dem Substantiv „Abonnement" wird hier nur die vorliegende Bedeutung als Ambition auf etwas untersucht, weil nur solche Corpusbelege zur Verfügung stehen.35 Bei „Forderung" liegt ein besonderer Fall vor, weil das Lexem als RektionssubstantivPPA weniger die Handlung des Forderns bezeichnet, sondern mehr das Anrecht, eine Forderung zu stellen bzw. stellen zu dürfen. Die PPPA-AUF besitzt dabei vor allem einen temporalen Aspekt, und das NachfolgersubstantivppA bezeichnet das in der Zukunft liegende Ziel. Die Mitglieder dieser ersten Teilgruppe können zwar in bezug auf ihre eigene Bedeutung gut zusammengefaßt werden, aber unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Bedeutungen der PPPA-AUF sowie der unterschiedlichen Charakteristika des vom NachfolgersubstantivppA Bezeichneten handelt es sich insgesamt um ein weniger homogenes Bedeutungsfeld. Substantive mit ähnlicher Bedeutung, die nicht als RektionssubstantivpPA. AUF fungieren können, sind u. a. „Anforderung", „Neigung" und „Vergünstigung". In der zweiten Teilgruppe bezeichnen die RektionssubstantiveppA Wirkungen, die von jemandem oder etwas ausgehen und die man auch als Beeinflussungen bezeichnen kann, wenn im Zuge der Ausführung ein Zweck oder eine Absicht enthalten ist. Die Bedeutung der PPPA-AUF besitzt entweder eine lokale plus eine temporale Direktionalität oder eine Verbindung zwischen einer allgemeinen Richtungsangabe plus einem punktuellen Aspekt. Das NachfolgersubstantivppA bezeichnet immer das Ziel, das in der Regel sowohl abstrakt als auch konkret, aber oft auch eine Person sein kann. Die Komposita „Anziehungskraft" und „Einflußmöglichkeit" sind in dieser Liste enthalten, weil deren Grundwörter, „Kraft" und „Möglichkeit", nicht als RektionssubstantiveppA-AUF fungieren können. „Einflußnahme" steht als Kompositum in dem Bedeutungsfeld, da es über eine hohe Frequenz verfügt und da das RektionssubstantivppA-AUF „Einfluß" in dem Kompositum das Bestimmungswort ist. Bei einigen Substantiven (ζ. B. „Einwirkung" und „Einfluß") kann in bestimmten Corpusbelegen auch eine Absicht bzw.

35

Nicht berücksichtigt ist ζ. B. „das Abonnement auf eine Zeitschrift", in der , Abonnement" in der Bedeutung Vereinbarung verwendet wird.

217 ein Zweck bei der Ausführung der Handlungen angenommen werden. Insgesamt handelt es sich jedoch um Substantive mit sehr abstrakten Bedeutungen, und auch die PPA-Konstruktionen bleiben ohne zusätzliche Attributinsertion semantisch entleert. Eine ähnliche Bedeutung besitzen die Substantive „Ansehen", „Autorität", „Erfolg", „Ergebnis", „Folgerung", „Geltung" und „Wahrnehmung"; sie können aber nicht als RektionssubstantivppA-AUF fungieren. Tabelle 9b: Wirkungen Rektionssubstantiv

genus Bedeutung Nachfolgerproximum der PppA substantiv

Wirkung

Beispielphrase

PPA

F

Ziel, abstrakt/ konkret (meist Person)

die W. auf die Zuschauer

40 115

Ziel,

die A.en auf die Umwelt

40 360

der E. auf die Wirtschaft

19

20

10 8

10 18

Auswirkung Effekt Einwirkung

lokale

abstrakt und konkret

Ausstrahlung

und allge-

(auch Person)

die E.n auf den Körper die A. auf die ganze Republik

meine Richtung

Ziel, abstrakt

die F.n auf die Gesundheit

8

23

Ziel, meist Person

die A. auf das Publikum

15

18

Ziel, abstrakt und konkret (auch Person)

der E. auf die Regierung

36 672

Folge

Wirkung

Anziehungskraft Einfluß

Eindruck Einflußnahme Einflußmöglichkeit

allgemeine

Ziel, meist kon- der E. auf das Publikum kret (mst Person)

Beeinflussung

Richtung und

Ziel, abstrakt und

die E. auf die Kirchenleitung

mit Zweck

Punkt

konkret (auch Person)

die E. auf die Volkswirtschaft

13

17

40

52

7

7

Erläuterungen zu Tab. 9b: PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

In der dritten Teilgruppe bezeichnen die RektionssubstantivepPA eine Aussicht bzw. eine PPPA-AUF enthält immer einen direktionalen Aspekt, der jedoch je nach RektionssubstantivppA-AUF mehr temporale, lokale oder allgemein-abstrakte Anteile enthält. Das NachfolgersubstantivppA bezeichnet immer das Ziel, auf das die Sicht bzw. die Aussicht gerichtet sind. Das Ziel ist in der Regel etwas Abstraktes. Nach „Chance" besitzt die PPPA-AUF neben dèr temporalen Direktionalität auch einen geringen punktuellen Aspekt, während nach „Ausblick" und „Aussicht" der temporale Aspekt dominiert, der in sämtlichen Corpusbelegen futurischer Art ist. Zu „Ausblick" liegen neben abstrakten auch konkrete Nachfolgersubstantive vor (z. B. „der Ausblick auf

Sicht auf etwas. Die

218

den Fluß"). Letztere kennzeichnen jedoch eine AAB-Konstruktion, da man eher mit „wohin" als mit „worauf' nach der PP fragen muß. Zu diesem Substantiv kann eine eindeutige und zuverlässige Abgrenzung zwischen PPA- und AAB-Konstruktion nicht für jeden einzelnen Corpusbeleg gewährleistet werden. Tabelle 9c: Perspektiven Rektionssubstantiv

genus Bedeutung proximum der PppA

Chance Aussicht Ausblick Aussicht Perspektive Rückblick Blick Sichtweise Blickwinkel Sicht

temporale Richtung, Zukunft (punktuell) allgemeine und temporale Richtung, Zukunft allg. und temporale Richtung, Ve

Sicht lokale und allgemeine Richtung

Nachfolgersubstantiv

Beispielphrase

PPA

F

die C. auf Erfolg

37

413

der A. auf das kommende Jahr keine A. auf Rettung die P. auf das Ende der Krise

20

62

35

480

16

37

der R. auf die Geschichte der B. auf die Armut die S. auf die Großsiedlungen

40

96

Ziel, abstrakt sein B. auf die Welt Ziel, abstrakt ihre S. auf den und konkret Konflikt

7 29

Ziel, meist abstrakt Ziel, abstrakt

Ziel, meist abstrakt

29 >1611 6 7 9 118

Erläuterungen zu Tab. 9c: Ve = Vergangenes; PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

Während nach dem RektionssubstantivPpA „Perspektive" in der P P P A - A U F bedeutungsmäßig ein Zukunftsaspekt enthalten ist, liegt im Anschluß an „Rückblick" ein Vergangenheitsbezug vor. Die Bedeutung der PPPA-AUF variiert hier in Abhängigkeit von der Bedeutung des jeweiligen RektionssubstantivsPpA-AUF· In den PPAen nach den übrigen RektionssubstantivenppA („Blickwinkel", „Blick", „Sichtweise" und „Sicht") fehlt in der PPPA-AUF der temporale Aspekt; statt dessen enthält die Ppp A . A uF eine allgemein-abstrakte und lokale Direktionalität in der Bedeutung. Die Substantive „Sicht" und „Blick" kommen nicht nur in PPA-Konstruktionen, sondern auch in AAB-Konstruktionen vor, deren Unterscheidung nicht bei allen Corpusbelegen möglich zu sein scheint, da auch ko- und kontextuelle Faktoren einen Einfluß auf die Art der Konstruktion besitzen. Auch innerhalb dieser Teilgruppe gibt es einige Substantive, die als besonders abstrakt eingestuft werden müssen und die Ähnlichkeiten mit den Rektionssubstantiven PPA des Bedeutungsfelds Abstrakta besitzen, weil eine isolierte Verwendung der Substantive, also ohne ein PPA, semantisch entleerte Formulierungen ergibt. Substantive mit ähnlicher Bedeutung, aber keine RektionssubstantivePPA_AUF sind „Ansicht", „Argument", „Denkweise" „Gelegenheit" und „Erinnerung" (zu „Rückblick").

219 Vereinbarte Leistungen Die Mitglieder dieses Bedeutungsfelds bezeichnen Leistungen, die zu erbringen sind und auf einer zuvor getroffenen Vereinbarung beruhen. Die PPPA-AUF verweist auf die Basis, auf der das im RektionssubstantivppA Bezeichnete sich bezieht. Die PPPA-AUF ähnelt in ihrer Bedeutung der lexikalischen Präposition „auf', wenn sie einen stationären Punkt bezeichnet und den Dativ regiert (ζ. B. das Steuer auf dem Motorboot). Das NachfolgersubstantivppA bezeichnet die Basis, auf die sich die vereinbarte Leistung bezieht. Die Basis kann abstrakten oder konkreten Inhalts sein. Ohne die Erwähnung der Basis bleibt das vom RektionssubstantivppA Bezeichnete relativ inhaltsleer. Die Vereinbarung, auf der die Leistung beruht, wird nicht genannt, ist aber in der lexikalischen Bedeutung der Substantive, die als RektionssubstantivPpA-AUF fungieren, enthalten. Tabelle 10: Leistungen Rektions- Art der Bedeutung Nachfolger- Beispielphrase substantiv Handlung d e r PPPA substantiv Abgabe Steuer Garantie Rabatt

Abgabe Zusicherung

Punkt

abstrakte oder konkrete Basis

die A.n auf Grundwasser die S. auf neue Autos die G. auf unbeschränkten Zugang der R. auf den Fahrpreis

PPA F

21 24 15 24 10 12 5 7

Erläuterungen zu Tab. 10: PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz. Die Anzahl der Rektionssubstantive PPA ist zwar klein, aber die PPA-Konstruktionen dieses Bedeutungsfelds sind aufgrund der Bedeutungen der RektionssubstantivePPA-AUF und wegen der Bedeutung der P P P A-AUF eindeutig von anderen Bedeutungsfeldern abgrenzbar. Zu Substantiven, die ähnliche Bedeutungen haben („Gewißheit", „Tribut", „Zoll"), liegen keine Corpusbelege mit PPA-Konstruktionen vor, und ihr Vorkommen als RektionssubstantivppA-AUF erscheint relativ unwahrscheinlich. Sonderfalle Es verbleiben zwei Bedeutungsfelder, die jeweils nur wenige Mitglieder besitzen, welche sich nicht in die bisher konstituierten Bedeutungsfelder integrieren lassen. Die RektionssubstantivePPA des ersten Bedeutungsfelds sind nomina agentis, die in der Regel Personen bezeichnen, welche an irgend etwas teilnehmen und als Kandidat oder Kandidatin für das gelten, was vom Nachfolgersubstantiv P p A denotiert wird. Während zu den RektionssubstantivenppA „Anwärter" und „Bewerber" die Substantive „Anwartschaft" und „Bewerbung" vorliegen, die ebenfalls als RektionssubstantivPPA.AUF fungieren können, ist dies zu „Favorit" nicht der Fall. Das polyseme Substantiv „Favorit" kann nur in der Bedeutung „Kandidat" als RektionssubstantivppA vorkommen, aber nicht in der Bedeutung „Günstling", „Liebling". Hier findet also im Zusammenhang mit der syntaktischen Funktion eine Monosemierung statt. Substantive, die eine ähnliche Bedeutung wie eines der drei RektionssubstantivepPA-AUF besitzen (z. B. „Interessent", „Kandidat", „Champion",

220 „Matador"), können nicht als RektionssubstantivPpA-AUF fungieren, so daß es die syntaktischen Bedingungen sind, die die Substantive als RektionssubstantivePpA.AUF kennzeichnen. Tabelle 1 la: Kandidaten Rektionssubstantiv Anwärter Favorit Bewerber

genus Bedeutung proximum der PppA

Kandidat

Nachfolgersubstantiv

Beispielphrase

allg. und Ziel, der A. auf das Amt temporale abstrakt und der F. auf die Goldmedaille die B. auf den Pachtvertrag Richtung, Zu konkret

PPA F

40 66 6 9 3 7

Erläuterungen zu Tab. IIa: Zu = Zukünftiges; PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz. Jedoch liegt innerhalb der PPA-Konstruktionen eine erhebliche semantische Komplexität vor, da die Bezeichnung einer Person als „Anwärter", „Favorit" oder „Bewerber" eine bestimmte Tätigkeit seitens der Bezeichneten voraussetzt. Die Personen müssen bestimmte Handlungen ausgeführt haben, damit sie als Kandidat gelten können. Insofern handelt es sich bei den PPA-Konstruktionen um relativ abstrakte Formulierungen: ein „Anwärter auf ein Amt" ist eine Person, die vorher durch mindestens eine Handlung gezeigt hat, daß sie in der Lage sein könnte, die Anforderungen auszuführen, die in bezug auf das Amt bestehen. Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann man jemanden tatsächlich als „Anwärter" bezeichnen. Ähnliche Rahmenbedingungen gelten für die PPA-Konstruktionen mit den RektionssubstantivenPpA-AUF „Favorit" und „Bewerber". Die PPPA-AUF enthält eine allgemein-abstrakte plus eine temporale Direktionalität. Im Zusammenspiel mit den jeweiligen Bedeutungen der RektionssubstantiveppA kann die Temporalität nur auf Zukünftiges verweisen. Bei den Rektionssubstantiven PPA des zweiten Bedeutungsfelds, Distanzen, handelt es sich ausschließlich um Komposita, deren Bestandteile nicht als RektionssubstantivePpA.AuF fungieren können. Die RektionssubstantiveppA „Vorsprung" und „Rückstand" bezeichnen einen Abstand im allgemeinen und besitzen in ihrer Bedeutung eine gewisse Komplementarität zueinander. Im Anschluß an diese Rektionssubstantive PPA besitzt die PppA.AUF in ihrer Bedeutung eine Mischung aus punktueller und allgemein-abstrakter Direktionalität, und die Nachfolgersubstantive PPA bezeichnen oft Personen, Abstrakta, aber auch Institutionen, in denen Personen organisiert sind, ζ. B. Sportvereine („der Vorsprung auf Barcelona", „ihren Vorsprung auf das Team"). Die Komplementarität besteht in der lexematischen Bedeutung der beiden Substantive: Ein „Vorsprung", den eine Person (x) auf eine Person (y) innehat, ist zugleich der „Rückstand" der Person (y) auf die Person (x). Insofern werden hier zwei Perspektiven eines Sachverhalts mit Hilfe unterschiedlicher RektionssubstantiveppA.AUF dargestellt. Die meisten Corpusbelege stammen aus der Textsorte „Sportberichte", und es wird immer der Vorsprung eines Teilnehmers gegenüber einem Mitkonkurrenten in einem sportlichen Wettkampf bezeichnet.

221

Tabelle l i b : Distanzen Rektions-

genus

substantiv

proximum der PppA

Bedeutung

punktuell

Vorsprung

plus lokale Rückstand

Abstand

Nachfolger-

Endpunkt / Ziel, der V. auf Michael Stich Person, Institution der V. auf Bremen

plus allgemeine Richtung

Wartezeit

Zeitraum

Erläuterungen zu Tab. 1 lb:

Beispielphrase

PPA

F

substantiv

Punkt plus Richtung, allg. plus temporal, Zukünftiges

Endpunkt / Ziel, der R. auf den Sieger Person, Instider R. auf Milan tution, Abstrakta Endpunkt / Ziel, Zukünftiges, Abstrakta

die W. auf eine Aus-

23 27 13 30

17 18

kunft die W. auf eine Parzelle

und Konkreta

PPA = qualitative Frequenz; F = quantitative Frequenz.

Genera próxima oder Substantive mit ähnlicher Bedeutung können nicht als RektionssubstantivppA-AUF fungieren (z. B. „Ferne", „Entfernung") oder haben zu wenig Corpusbelege („Abstand a u f ' mit zwei Belegen, „Distanz a u f ' ohne Beleg), so daß die Einstufung dieser RektionssubstantivePpA-AUF als Sonderfalle gerechtfertigt ist. Das RektionssubstantivppA „Wartezeit" gibt einen Zeitraum an, der eine Verzögerung kennzeichnet. Die PPPA-AUF hat eine punktuelle Bedeutung, weil das NachfolgersubstantivppA das Ereignis bezeichnet, auf das gewartet wird. Darüber hinaus enthält die PPPA-AUF aber auch eine allgemein-abstrakte und eine temporale Dimension, weil aus der Sicht desjenigen, den die Wartezeit betrifft, das vom Nachfolgersubstantivp PA Bezeichnete in der Zukunft liegt. Für „Wartezeit a u f ' besteht ein derivationeller Zusammenhang zu „warten auf', aber aus dem die Präposition „auf' regierenden Verb „warten" kann nicht regelhaft abgeleitet werden, daß „Wartezeit" zu den RektionssubstantivenPPA-AUF gehört. Ähnliche Komposita lassen sich nicht bilden (# Wartedauer auf, # Wartelänge auf, # Verharrzeit auf), und Substantive mit ähnlichen Bedeutungen (z. B. „Übergangszeit", „Karenzzeit", „Verzug", „Verzögerung") können nicht als RektionssubstantivPPA_AUF fungieren.

6.3.1.2

Die Bedeutung der

PPPA-AUF

Die vergleichenden Analysen zu den Rektionssubstantiven PPA . AUF zeigen, daß die P P P A - A U F deutlich unterschiedliche Bedeutungen besitzt. Es handelt sich dabei nicht um die gleichen Bedeutungen, die die lexikalische Präposition „auf' einnehmen kann, sondern um mehr oder weniger abstrakte Bedeutungsvarianten, bei denen punktuelle oder direktionale Dimensionen in den Bedeutungen erkennbar sind, welche zum Teil im Zusammenspiel mit der Bedeutung des jeweiligen RektionssubstantivsppA entstehen, zum Teil aber auch eigenständig sind.

222

Im folgenden werden die Hauptbedeutungen, in denen die PPPA-AUF auftritt, in tabellarischen Übersichten vorgestellt, so daß die einzelnen Bedeutungsdimensionen, deren Kombinationen untereinander sowie die semantischen Verbindungen zu den Bedeutungen der in den jeweiligen PPA-Konstruktionen beteiligten RektionssubstantiveppA und NachfolgersubstantiveppA besser erkennbar werden. Um das benutzte Datenmaterial etwas transparenter zu machen, werden in den Tabellen 12 bis 15 in der Spalte „Beispielphrase" andere Corpusbelege mit den jeweiligen RektionssubstantivenPPA.AUF aufgeführt als in den Tabellen 2-1 lb. Allgemeine Direktionalität Die PPPA-AUF enthält eine allgemein-abstrakte Bedeutung, in der keine oder kaum Anteile temporaler oder lokaler Direktionalität erkennbar sind. Während vom NachfolgersubstantivppA-AUF die vom RektionssubstantivPPA-AUF bezeichnete Handlung spezifiziert

wird, verbindet die PPPA-AUF beide NPn, indem sie aus der Möglichkeit vorhandener Inhalte für die Nachfolger-NPppA einen Inhalt selektiert. Diese abstrakte Bedeutung der PPPA-AUF kommt nach allen RektionssubstantivenPpA.AuF vor, die Hinweise sind, sowie nach sämtlichen RektionssubstantivenppA-AUF, die Veränderungen sind. Die Denotate des NachfolgersubstantivsppA sind entweder das Ziel oder der Endpunkt bzw. ein Bereich. Tabelle 12: Allgemein-abstrakte Direktionalität Bedeutung der RektionssubstantivppA PPPA-AUF

allgemeine Direktionalität

Hinweise (Hinweis, Fingerzeig) Veränderungen (Ausweitung, Einschränkung, Umstellung)

Nachfolger- Beispielphrase substantivppA Ziel, abstrakt und konkret Endpunkt/ Bereich, meist abstrakt

keinerlei Hinweise auf Asbest ein Fingerzeig auf die Besitzverhältnisse der Fingerzeig auf die Geschlechterfrage die Ausweitung auf Bündniseinsätze deren Ausweitung auf alle Fächer eine Einschränkung auf Blauhelm-Einsätze die Umstellung auf das Wüstenklima

In der Tabelle sind nur PPA-Konstruktionen gesammelt, in denen die allgemein-abstrakte der PPPA-AUF eindeutig dominiert. Liegen Kombinationen mit anderen Arten der Direktionalität oder mit einer Betonung auf lokal-stationären Aspekten vor, sind die PPA-Konstruktionen in die nachfolgenden Tabellen eingeordnet.

Direktionalität

Lokale Direktionalität Die PPPA-AUF drückt eine lokale Direktionalität aus, die sich horizontal erstreckt. Die Bedeutung der PPPA-AUF ähnelt der Bedeutung der PAAB „auf'. Jedoch enthält die PPPA-AUF nicht eine konkrete lokale Direktionalität, sondern stellt eine Kombination von lokaler plus allgemein-abstrakter

Direktionalität

dar.

Zu den RektionssubstantivenPPA-AUF gehören sämtliche Mitglieder des Bedeutungsfelds Zielgerichtete

Handlungen,

weiterhin Wirkungen, in denen nicht die Formulierung eines

223 Zwecks enthalten ist, sowie die RektionssubstantivePpA-AUF, die in dem Bedeutungsfeld Perspektiven eine Sicht bezeichnen, in der keine temporalen Aspekte enthalten sind. Tabelle 13: Lokale Direktionalität Bedeutung d e r PPPA-AUF

lokale plus allgemeine Direktionalität

RektionssubstantivPPA Zielgerichtete Handlungen (Angriff, Anschlag, Schuß, Jagd, Ansturm) Wirkungen (Auswirkung, Folge, Eindruck) Perspektive (Sicht) (Blick, Sichtweise)

Beispielphrase NachfolgersubstantivppA

Ziel, abstrakt und konkret, auch Personen Ziel, meist abstrakt

der Angriff auf den Angolaner als Anschlag auf die Demokratie der Schuß auf den Studenten die Jagd auf den Erpresser der Ansturm auf die Büros eine Auswirkung auf den Verbrauch die Folgen auf den Handel keinen Eindruck auf das Personal einen Blick auf den Expansionsdrang ein Blick auf die Zusammensetzung des zwei Sichtweisen auf dasselbe Ding

In der Nachfolger-NPPPA steht jeweils das anvisierte Ziel, das sowohl abstrakter als auch konkreter Bedeutung sein kann. Nur selten unterliegt das Ziel semantischen Restriktionen, die vom RektionssubstantivPPA ausgehen, ζ. B. nach „Attentat" und „Jagd" oder im Anschluß an die eine Sicht bezeichnenden RektionssubstantivePpA.AUF. Temporale Direktionalität Die P P P A . A u F enthält eine Richtungsangabe auf der Zeitachse und kann auf Vergangenes oder Zukünftiges hinweisen. Die PPAe haben Ähnlichkeiten mit temporalen AABen, aber die Bedeutung der P P P A . A U F ist abstrakt. Wird auf Vorheriges verwiesen, so tritt die temporale Direktionalität nicht allein auf, sondern im Zusammenhang mit einer allgemein-abstrakten Direktionalität. In dieser Bedeutung steht die Pppa.AUF nach sämtlichen RektionssubstantivenPPA, die dem Bedeutungsfeld Reaktionen angehören, sowie nach dem RektionssubstantivPPA „Rückblick". Diese Substantive enthalten schon aufgrund ihrer lexematischen Bedeutung einen temporalen Bezug auf Vergangenes;36 dies läßt sich gut anhand eines Vergleichs der Belege zu „Rückblick" und „Blick" (vgl. Tabelle 13) erkennen. (10) (11)

der BLICK AUF den Expansionsdrang der R ÜCKBUCK A UF die Arbeiterbewegung

In (10) liegt keine Richtungsangabe auf der Zeitachse vor, aber in Beispiel (11). In der Nachfolger-NPPPA steht das ausgewählte Ziel, das meistens ein Abstraktum ist, und im Anschluß an die Mitglieder des Bedeutungsfelds Reaktionen meistens eine Handlung.

36

Vgl. u. a. Bouillon (1984:105f.).

224 Tabelle 14: Temporale Direktionalität Bedeutung der RektionsPPPA-AUF

substantivppA

Nachfolger-

Beispielphrase

substantivPPA

temporale plus allgemeine

Reaktionen (Reaktion, Echo, Antwort)

Abstrakta

die Reaktion auf die Enthüllungen das Echo auf das Urteil die Antwort auf Bush

Direktionalität, Vorheriges

Sicht (Rückblick)

Ziel, meist abstrakt

der Rückblick auf die Arbeiterbewegung

Zusicherungen Ziel und Basis, das Versprechen auf Abschaffung (Versprechen, Zusage) meist abstrakt Zusagen auf Unterstützung Aussicht

Ziel,

(Ausblick, Aussicht)

meist

der Ausblick auf den künftigen Kurs

abstrakt

die Aussicht auf einen Posten

positives Gefühl (Hoffnung,

Ziel,

temporale plus allgemeine

Freude) Ausrichtung, mit Zweck (Orientierung, Direktionalität, Festlegung, Projektion) Zukünftiges

Abstrakte Handlungen (Einigung, Antrag, Klage) Anrechte (Anrecht, Recht, Forderung) Sicht (Perspektive) Kandidaten (Anwärter, Favorit)

lokaltemporale Direktionalität auf Zukünftiges lokal-temporale Direktionalität auf Vorheriges

neutrales Gefühl (Neugier, Wunsch) negatives Gefühl (Zorn, Wut)

die Hoffnung auf eine politische meist abstrakt, auch Personen

Ziel, meist oder nur abstrakt

Lösung die Freude auf das Kind die Orientierung auf Maßnahmen eine Festlegung auf den Ausstieg die Projektion auf den Süden die Einigung auf die goldene Mitte ein Antrag auf Abwahl die Klage auf Übernahme das Anrecht auf eine Abfindung das Recht auf Bildung die Forderungen auf eine Truppenpräsenz die Perspektive auf die Verfilzung zwischen

Ziel, abstrakt und konkret Ziel, abstrakt und konkret, meist kausale Verbindung

der Anwärter auf den Chefsessel der Favorit auf den Gesamtsieg der Wunsch auf Zulassung der Wunsch auf einen freiwilligen Verzicht die Neugier auf Minerale der Zorn auf die Täter der Zorn auf das staatliche Gesundheitssystem die Wut auf den Kommerz

Gerade dadurch wird jedoch die semantische Funktion der P P P A - A U F deutlich: Die Präposition verbindet das vom Nachfolgersubstantiv PPA Bezeichnete mit dem vom RektionssubstantivPPA Bezeichneten.

225 Wird auf Zukünftiges verwiesen, so dominiert in der Bedeutung der PPPA-AUF die temporale Direktionalität (insbesondere nach „Ausblick", „Aussicht", „Perspektive"), enthält aber auch einen allgemein-abstrakten Aspekt. Zu den weiteren Rektionssubstantiven PPA , nach denen der futurische Aspekt in der PPPA-AUF im Vordergrund steht, gehören Zusicherungen, Bezeichnungen fur positive Gefühle, für Abstrakta, die einen Fixationsaspekt enthalten, für Abstrakte Handlungen sowie für Kandidaten. Die Nachfolgersubstantive P p A bezeichnen das Ziel, das in der Regel abstrakter Art ist und das je nach Bedeutung des in der PPA-Konstruktion stehenden RektionssubstantivsppA eine Handlung sein kann (nach Reaktionen) oder eine Personenbezeichnung (ζ. B. nach „Festlegung", „Fixierung", „Projektion"). Neben der Kombination mit der allgemein-abstrakten Bedeutung kann auch eine Mischung zwischen temporaler und lokaler Direktionalität in der Bedeutung der PPPA-AUF enthalten sein. Beinhaltet der temporale Aspekt etwas Zukünftiges, so bezeichnen die RektionssubstantiveppA-AUF neutrale Gefühle, und vom Nachfolgersubstantiv PPA wird das Ziel angegeben, das abstrakter oder konkreter Art sein kann. Die temporale Dimension enthält Vorheriges, wenn vom Rektionssubstantiv PPA negative Gefühle bezeichnet werden. Zwischen dem vom Nachfolgersubstantiv PPA und dem vom Rektionssubstantiv PPA Bezeichneten besteht dann eine kausale Verbindung, die mit Hilfe der PPPA-AUF hergestellt wird. Die P P P A - A U F besitzt in diesen PPA-Konstruktionen große Bedeutungsähnlichkeiten mit der P P P A - A U F nach Reaktionen·, allerdings werden von den Nachfolgersubstantiven PPA kaum abstrakte Handlungen bezeichnet, sondern eher Ziele, die abstrakter oder konkreter Art sein können. Vertikalität Die Bedeutung der P P P A-AUF unterscheidet sich grundlegend von den obigen Bedeutungen mit direktionaler Komponente, wenn vertikal auf einen Punkt bzw. einen Bereich verwiesen wird, der die Basis oder das Thema des vom Rektionssubstantiv PPA Bezeichneten benennt. Die P P P A - A U F hat eine abstrakte Bedeutung, die der Bedeutung der P A A B „auf 1 ähnelt, wenn diese den Dativ regiert und in lokal-stationären A A B e n vorkommt. Eine ausschließlich oder fast ausschließlich punktuelle Bedeutung besitzt die PPPA-AUF nach Zusicherungen mit Basisbezug, einigen Abstrakta („Rückschluß", „Berufung"), Abstrakten Handlungen (ζ. B. „Probe", „Überprüfung", „Kontrolle"), Rechten („Monopol", „Patent"), Leistungen („Steuer", „Garantie"), Wertenden Äußerungen („Hymne", „Satire") und einigen Emotionen („Verdacht", „Vertrauen"). Nach diesen RektionssubstantivenPPA_AUF wird vom Nachfolgersubstantiv PPA die Basis bezeichnet, die je nach Rektionssubstantiv PPA . AUF abstrakte oder konkrete Bedeutung besitzen kann. In PPA-Konstruktionen, in denen RektionssubstantivePPA.AUF vorhanden sind, die Wertende Äußerungen sind, wird das Thema bezeichnet, und es können auch Personenbezeichnungen in der Nachfolger-NP PPA erscheinen. In PPA-Konstruktionen mit „Vertrauen" und „Stolz" steht das NachfolgersubstantivPPA mit variablen Bedeutungen: Die Basis kann abstrakt, aber auch eine Personenbezeichnung sein. In PPA-Konstruktionen mit „Verdacht" kommen keine Corpusbelege mit Personenbezeichnungen in der Nachfolger-NP PPA vor. Eine Kombination zwischen punktueller Bedeutung und temporaler Direktionalität mit Bezug auf Vorheriges enthält die PPPA.AUF ausschließlich in PPA-Konstruktionen mit dem Rektionssubstantiv PPA „Stolz".

226 Tabelle 15: Vertikalität Bedeutung d e r PPPA-AUF

RektionssubstantivppA Zusicherung (Eid, Schwur)

auf einen Punkt bezogen

mehr punktuell

punktuell plus temporale Direktionalität, Vorheriges punktuell plus allgemeine Direktionalität punktuell plus allgemeine und temporale Direktionalität

Abstrakta (Rückschluß, Berufung) Abstrakte Handlungen (Verfahren) (Probe, Kontrolle) Ansprüche/ Recht (Monopol, Patent) Leistungen (Steuer, Garantie) Wertende Äußerungen (Hymne, Satire, Nachruf) Emotionen (Verdacht) (Vertrauen) positives Gefühl (Stolz)

Abstrakta (Zugriff, Druck) Beeinflussung (Einflußnahme) Ansprüche/ Rechte (Anwartschaft, Option)

Nachfolger-

Beispielphrase

substantivppA

Basis, meist abstrakt Basis, abstrakt Eigenschaft/ Thema, meist abstrakt Basis, meist abstrakt Basis, abstrakt und konkret Thema, abstrakt und konkret, auch Personen Basis, meist abstrakt, Basis, meist abstrakt, auch Person Ziel / Basis, meist abstrakt Ziel (Basis), abstrakt/ konkret, auch Person Ziel / Basis, meist abstrakt

der Eid auf das Grundgesetz einen Schwur auf seine Prognosen keinerlei Rückschlüsse auf die Identität die Berufung auf Menschenrechte die Probe auf die Standfestigkeit die Kontrolle auf HIV-Viren das Monopol auf den Unterleib ein Patent auf eine chemische Verbindung die Steuer auf die Erstzulassung keine Garantie auf volle Integration eine Hymne auf die Schönheit die Satire auf Kleinbürger ein Nachruf auf den Tod von der Verdacht auf eine Umweltbelastung das Vertrauen auf den richtigen Leser dieser Stolz auf das Land der Stolz auf das Erreichte der Stolz auf die Tätowierung der Zugriff auf Grundrechte der Druck auf die französische Währung die Einflußnahme auf die Personalentscheidungen die Anwartschaft auf eine Professur eine Option auf Ateliers die Option auf den Bau einer

Eine Mischung aus punktueller und allgemein-abstrakter Direktionalität besitzt die PPPA-AUF im Anschluß an einige RektionssubstantivePpA-AUF des Bedeutungsfelds Abstrakta sowie die Beeinflussungen (z. B. „Einflußnahme")· Die Bedeutung der PPPA-AUF wird noch undeutlicher, wenn zu diesen beiden Bedeutungsdimensionen noch eine dritte hinzutritt,

227

nämlich die temporale Direktionalität. In Ansprüchen wird dargelegt, was beansprucht wird (punktueller Aspekt), worauf die Beanspruchungshandlung ausgerichtet ist (allgemein-abstrakter Aspekt) und auf wann die Beanspruchung zielt (temporaler Aspekt). Der punktuelle Aspekt weist darauf hin, daß der Anspruch bereits in irgendeiner Weise vorliegen muß; denn man kann nicht realistisch eine „Anwartschaft" auf etwas anmelden, das völlig fiktiv ist. Der allgemein-abstrakte Aspekt besteht aufgrund der Ausrichtung des Anspruchs auf ein bestimmtes Ziel hin. Der temporale Aspekt enthält Zukünftiges, da das anvisierte Ziel, das vom Nachfolgersubstantiv PPA bezeichnet wird, noch realisiert werden muß. Auch die vertikale Bedeutung der PPPA-AUF ist jedoch immer abstrakter Art, obwohl nicht in jedem Fall klar auszumachen ist, zu welchem Anteil der Abstraktheitsgrad durch die Bedeutungen der RektionssubstantivePpA-AUF oder die NachfolgersubstantivePpA-AUF bedingt ist.

6.3.1.3

Die Semantik des NachfolgersubstantivsPPA-AUF

Im folgenden werden die NachfolgersubstantivepPA.AuF nach ihren semantischen Gemeinsamkeiten innerhalb der untersuchten PPA-Konstruktionen sortiert. Einschränkend muß angemerkt werden, daß eine Auswertung sämtlicher Corpusbelege aus praktischen Gründen nicht vorgenommen werden kann, so daß nicht auszuschließen ist, daß die Nachfolgersubstantivei>PA-AUF in einigen Corpusbelegen Bedeutungen besitzen, die in die hier vorgenommene Analyse nicht eingeflossen sind. Für die Bedeutungen der Nachfolgersubstantivep PA lassen sich zwei Grundtypen unterscheiden, zu denen innerhalb der Tabellen auch Untergruppen bestehen. Darüber hinaus existieren einige Sonderfalle, die sich teilweise den Grundtypen subsumieren lassen. Auf der Basis der Belegauswertungen können in einigen Bereichen auch semantische Beziehungen zu den RektionssubstantivenPPA.AuF und den Bedeutungen der Pppa.AUF aufgedeckt werden. Ziele Wenn in der Nachfolger-NP PPA ein Ziel angegeben ist, so können die Zielbezeichnungen danach sortiert werden, ob keinerlei semantische Restriktionen vorliegen, ob ausschließlich abstrakte Bedeutungen vorkommen oder ob in der Regel ein Lebewesen bezeichnet werden muß. Die Zielbezeichnung liegt in modifizierter Form vor, wenn in der Nachfolger-NP PPA mehr der Endpunkt oder eine Eigenschaft bezeichnet wird (vgl. Tabelle 16). Am häufigsten sind in bezug auf die Auswahl des Nachfolgersubstantivs PPA keine Spezifikationen erkennbar, weil das Ziel sowohl etwas Abstraktes als auch etwas Konkretes sein kann. Von den Bedeutungsfeldern der RektionssubstantivepPA sind oftmals Teilgruppen betroffen, so daß kaum systematische Beziehungen zwischen den Bedeutungsfeldern der RektionssubstantiveppA-AUF und den Bedeutungen der Nachfolgersubstantive PPA erkennbar sind.

228

Tabelle 16: Zielbezeichnungen Nachfolger-

Rektions-

d e r PPPA-AUF

Zielgericht. Handlun-

lokale plus

der Anschlag auf die Unterkunft

gen (Anschlag,

allgemeine

der Run auf die Öko-Mobile

Run)

Wirkungen {Effekt) Hinweise

Richtung

neutrale Gefühle

lokal-

und

(Hunger)

temporale

konkrete

negative Gefühle

Richtung

keine

positive Gefühle (Freude) Abstrakta

die Eifersucht auf seine Freundin die Freude auf das Kind

(Fixierung,

Ausrichtung)

die Fixierung auf den Entwurf allgemeine

die Ausrichtung auf Österreich

Anrechte (Anrecht,

und

das Anrecht auf religiösen Beistand

Anspruch)

temporale

keinen Anspruch auf Vollständigkeit

Richtung

einen Ausblick auf die Entwicklung

Aussicht Sicht

(Ausblick)

ein Rückblick auf das Frauen-Forum

(Rückblick)

der Favorit auf den Titel

Kandidaten (Favorit,

der Bewerber auf den Pachtvertrag

Bewerber)

neutrale Gefühle

lokal-

(Vorgeschmack,

temporale

Erwartung)

Richtung

Ziel,

Abstrakte Handlung

nur

(Wette,

abstrakt

der Hunger auf eine Wahrheit

(Eifersucht)

Spezifikationen

der Effekt auf den Leser

(Anspielung) allg. Richtung die Anspielung auf die Alkoholsucht

abstrakte

Ziele,

Beispielphrase

Bedeutung

substantivppA substantivppA

Spekulation)

Perspektiven (Aussicht,

Perspektive)

der Vorgeschmack auf den Wahlkampf die Erwartung auf eine Einigung

allgemeine

die Wetten auf die Zinsentwicklung

plus

Spekulationen auf eine Abwertung

temporale Richtung

Perspektiven

keine Aussicht auf Erfolg die Perspektive auf Versöhnung der Blickwinkel auf die Geschichte

(Blickwinkel) Ziel, meist Personen oder Lebewesen

Zielgerichtete Handlungen (Übergriff, Attentat, Jagd)

allgemeine

der Übergriff auf die Asylbewohner

plus lokale

ein Attentat auf den Kanzler

Richtung

Wirkungen (Anziehungskraft, Eindruck)

die Anziehungskraft auf Unentschlossene der Eindruck auf den Beamten

Veränderungen Ziel = Endpunkt

die Ausweitung auf die private Ge-

(Ausweitung,

allgemeine

Reduktion,

Richtung

Umstellung) Ziel =

Beschuldigung

Thema

(Klage, Anklage)

die Jagd auf Ausländer

waltssphäre die Reduktion auf das Wesentliche die Umstellung auf die Marktwirtschaft

allg. (plus temporale) Richtung

die Klage auf Weiterbeschäftigung die Anklage auf Totschlag

229 Auch die PPPA-AUF tritt mit unterschiedlichen Bedeutungskomponenten auf, so daß man für die Selektion des Nachfolgersubstantivs P p A in den meisten Corpusbelegen keine Auffälligkeiten erkennen kann. 37 Ausschließlich Abstrakta stehen nach einigen Rektionssubstantiven PPA („Vorgeschmack", „Erwartung"), die Bezeichnungen für neutrale Gefühle sind, nach einigen Abstrakten Handlungen („Einigung", „Wette", „Antrag", „Spekulation") und einigen Perspektiven („Aussicht", „Perspektive", „Blickwinkel"). Die PPPA-AUF enthält in ihrer Bedeutung sämtliche Kombinationsmöglichkeiten zwischen temporaler, allgemeinabstrakter und lokaler Direktionalität. Das NachfolgersubstantivppA bezeichnet in der Regel eine Person oder ein Lebewesen, wenn in der PPA-Konstruktion eine Zielgerichtete Handlung („Übergriff', „Attentat") oder ein RektionssubstantivPpA vorkommt, das zu den Wirkungen gehört („Wirkung", „Anziehungskraft", „Eindruck"). Die PPPA-AUF besitzt hier keine temporale Bedeutungsdimension, sondern eine Mischung aus lokaler und allgemein-abstrakter Direktionalität. Im NachfolgersubstantivppA ist weniger das Ziel, sondern mehr der Endpunkt gemeint, wenn das RektionssubstantivPPA Veränderungen bezeichnet. Dies geschieht bei sämtlichen Mitgliedern des Bedeutungsfelds Veränderungen, also Erweiterungen, Einschränkungen und Wechsel. Die Formulierung des Endpunkts ergibt sich durch die lexikalische Bedeutung der RektionssubstantiveppA im Zusammenhang mit der PPPA-AUF· Allerdings bleibt diese Bedeutung in einer nackten PPA-Konstruktion relativ vage, da weder formuliert wird, was verändert wird, noch wer etwas verändert. Darüber hinaus kann das Veränderungen bezeichnende RektionssubstantivPPA nur eingesetzt werden, wenn von einem Ursprungszustand ausgegangen wird, der in der nackten PPA-Konstruktion nicht genannt ist. In der Nachfolger-NP PPA wird auf einen Endpunkt hingewiesen, der nicht mit dem Ursprungszustand identisch sein kann. Wird das vom Rektionssubstantiv PPA Bezeichnete vollständig durchgeführt, so wird das im Nachfolgersubstantiv PPA Bezeichnete tatsächlich erreicht und kann das Resultat der Tätigkeit darstellen. Die Nachfolger-NPn PPA besitzen also neben ihrer syntaktischen Funktion, die sie gemeinsam mit der PPPA-AUF ausführen, auch eine semantische Funktion, weil sich aus der semantischen Struktur der PPAKonstruktionen, in denen das RektionssubstantivPPA Veränderungen bezeichnet, zwangsläufig die Bezeichnung des Endpunkts ergibt. Zwar enthalten die Denotate des NachfolgersubstantivsppA häufig Abstrakta, aber es kann sich auch um ein klar abgrenzbares Ziel (ζ. B. „Mensch") oder um ein diffus abgegrenztes Ziel (z. B. „Ideologie") handeln. Die PPPA-AUF besitzt hier eine allgemein-abstrakte Bedeutung. Ein temporaler Bedeutungsanteil ist lediglich bei dem Teil der Corpusbelege enthalten, in dem die RektionssubstantiveppA einen Wechsel bezeichnen. (12) (13)

die UMSTELL UNG A UF die Marktwirtschaft der WECHSEL A UF Teilzeitarbeit

In (12) und (13) handelt es sich um einen „Wechsel von etwas", das vorher bestanden hat, auf etwas, das jetzt oder in der Zukunft vorliegt, hier „die Marktwirtschaft" bzw. „Teilzeitarbeit". Allerdings ist der temporale Aspekt nicht so ausgeprägt wie in anderen PPA-

37

Vgl. Tabelle 16, Spalte „RektionssubstantivppA", .Anschlag" bis

„Bewerber".

230

Konstruktionen (ζ. Β. „der Wunsch auf Frieden"), da bei den RektionssubstantivenPPA.AUF, die zu den Wechseln gehören (vgl. Tabelle 6), nur eine vage festgelegte Ausrichtung auf Zukünftiges in der Bedeutung der PpPA-auf enthalten ist. Nach wenigen RektionssubstantivenPPA ist das vom NachfolgersubstantivPPA angegebene Ziel zugleich das Thema des vom Rektionssubstantiv PPA . AU F Bezeichneten. Die P - A U F enthält entweder nur eine allgemein-abstrakte Direktionalität („Anklage") oder eine allgemein-abstrakte Direktionalität plus eine temporale Direktionalität („Klage"). Die Sortierung der Corpusbelege auf der Basis der Bedeutungen der Nachfolgersubstantive P P A -AUF enthält in Tabelle 16 keine einheitlichen Zuordnungen zwischen den Bedeutungsfeldern, den Bedeutungen der P . U F und den Zielbezeichnungen in der PPA

PPA

A

Nachfolger-NP P P A . A uF-

Basis Das NachfolgersubstantivppA bezeichnet die Basis, auf der das vom RektionssubstantivPPA.AUF Bezeichnete beruht bzw. sich stützt.38 Tabelle 17: Basisbezeichnungen Nachfolger-

Rektions-

Bedeutung der

substantivPPA

substantivppA

PPPA-AUF

Wertende Äußerungen (Hymne, abstrakte Parodie, Nachruf) Emotionen und (Verdacht, Vertrauen) konkrete Abstraktum Basis, (Rücksichtnahme) keine SpezifikaRechte tionen (Monopol, Patent) Leistungen (Abgabe, Rabatt) meist Person Laudatio meist abstrakte Basis

Zusicherungen (Eid) Abstrakta (Bezug, Berufung) meist abstrakte Stolz Basis, auch Person

38

punktuell

Beispielphrase

die Hymne auf die Emanzipation die Parodie auf den Minimalismus der Nachruf auf die 80er Jahre der Verdacht auf eine Entzündung das Vertrauen auf die Klimaanlage die Rücksichtnahme auf die kleinen Länder ein Monopol auf den Verkauf Patente auf Produktionsverfahren die Abgaben auf Grundwasser der Rabatt auf den Abopreis eine Laudatio auf seinen Ex-Chef

der Eid auf die Verfassung der Bezug auf die Diskussion die Berufung auf die Ideale punktuell plus der Stolz auf den Erfolg temporale der Stolz auf die eigene, einfache Direktionalität Herkunft

Ein ähnliches Bedeutungsfeld bildet auch Bouillon; vgl. Bouillon (1984:93ff.). Allerdings ist die in Tabelle 17 zusammengestellte Liste von RektionssubstantivenPPA umfangreicher, und die Einzelbeschreibungen sind detaillierter.

231 In den meisten PPΑ-Konstruktionen, in denen das NachfolgersubstantivPPA die Basis angibt, liegen keine Spezifikationen zur Bedeutung des NachfolgersubstantivsPpA vor. Nach den meisten Wertenden Äußerungen, einigen Bezeichnungen für Emotionen, dem Abstraktum „Rücksichtnahme", den Ansprüchen bzw. Rechten „Monopol" und „Patent" sowie allen Vereinbarten Leistungen kann das NachfolgersubstantivPpA sowohl eine abstrakte als auch eine konkrete Bedeutung besitzen. In PPA-Konstruktionen mit dem RektionssubstantivppA-AUF „Laudatio" stehen in der Nachfolger-NPPPA in der Regel Personenbezeichnungen. Überwiegend abstrakter Art sind die Denotate der Basis bei den Zusicherungen („Eid", „Schwur") sowie den Abstrakta „Rückschluß", „Bezug", „Bezugnahme" und „Berufung". In den Corpusbelegen zu diesen Bedeutungsfeldern besitzt die PppA-AUF ausschließlich eine punktuelle Bedeutung. Im Anschluß an das RektionssubstantivPPA „Stolz" können außer Abstrakta auch Personenbezeichnungen als NachfolgersubstantivPPA.AUF vorkommen. Die Bezeichnung der Basis zeigt nur in Ausnahmefällen semantische Restriktionen für das NachfolgersubstantivPPA. Die Trennung der Basisbezeichnungen von den Zielbezeichnungen erfolgt in erster Linie aufgrund der Bedeutungen, die die jeweiligen RektionssubstantivePPA im Zusammenhang mit der P p p a . A u f einnehmen. Die Bezeichnung der Basis ist jedoch grundsätzlich an die punktuelle Bedeutung der P p p a . A u f gebunden, in der die vertikale Dimension in Abgrenzung zur direktionalen Bedeutungsdimension vorliegt. Doppelungen In wenigen PPA-Konstruktionen sind die Bedeutungsgrundtypen des NachfolgersubstantivsPPA nicht deutlich erkennbar, sondern es werden gleichermaßen die Basis und das Ziel bezeichnet. In PPA-Konstruktionen mit Zusicherungen („Zusage", „Versprechen") ergibt sich der Basisbezug aus der Bedeutung des RektionssubstantivsPPA, während die PppA-AUF in ihrer Bedeutung die temporale und allgemein-abstrakte Dimension hervorhebt. Tabelle 18: Ziel- und Basisbezeichnungen NaphfolgersubstantiVppA

RektionssubstantivppA

Bedeutung der

Beispielphrase

PPPA-AUF

Basis, Zusicherungen temporale plus die Zusage auf ein Landtagsmeist abstrakt (Zusage) allgemeine Richtung mandat plus Ziel, Ansprüche/ punktuell plus das Abonnement auf die Tabellenin der Rechte (Abonnetemporale plus führung Zukunft ment, Ambition) allgemeine Richtung Ambitionen auf das Amt Ziel / Basis, Abstrakta punktuell plus ein Zugriff auf Grundrechte meist abstrakt (Zugriff, Akzent) allgemeine Richtung ein Akzent auf Kunst

Wenn Mitglieder des Bedeutungsfelds Ansprüche („Abonnement", „Ambition") vorkommen, ändert sich die Bedeutung der P p p a . A u f insofern, als auch ein punktueller Aspekt enthalten ist. Im Anschluß an einige Abstrakta („Zugriff', „Akzent", „Rückgriff') bezeichnen die NachfolgersubstantivePPA die Basis und das Ziel, ohne daß ein temporaler

232 Aspekt erkennbar ist. Daher besitzt die PPPA-AUF in ihrer Bedeutung Punktualität plus allgemein-abstrakte Direktionalität. Die „Doppelungen" erhöhen aufgrund ihrer zweifachen Bedeutungsdimensionen die semantische Komplexität der jeweiligen PPAKonstruktionen, so daß die Rezeptionsbedingungen komplizierter sind als bei anderen PPA-Konstruktionen. Anhand der Tabelle 18 ist zudem zu erkennen, daß zwischen den Bedeutungsfeldern, der Bedeutung der PPPA-AUF und den Bedeutungen der NachfolgersubstantiveppA keine systematischen Beziehungen erkennbar werden, wenn man die ausgewerteten Corpusbelege nach den Bedeutungen der NachfolgersubstantivePPA.AUF sortiert. Sonderfälle Zu den Sonderfällen werden Denotate des NachfolgersubstantivsPPA-AUF gezählt, bei denen nicht klar auszumachen ist, ob es sich um das Ziel, die Basis oder den Endpunkt des im RektionssubstantivppA-AUF formulierten Inhalts handelt. Zur Verdeutlichung dieses Sachverhalts sind in der Spalte „Beispielphrase" der Tabellen 19a und 19b mehrere PPAKonstruktionen je RektionssubstantivppA-AUF eingetragen. Die erste Gruppe (Tabelle 19a) heißt „Abstrakta", da es sich bei dem vom NachfolgersubstantivppA Bezeichneten um Handlungen, Ereignisse oder Personen handelt, die anstelle komplexer semantischer Zusammenhänge stehen. Diese Komplexität kann anhand der Corpusbelege, in denen Personenbezeichnungen vorkommen, demonstriert werden. (14) (15)

die REAKTION A UF die Rechtsradikalen die ENTGEGNUNG A UF Kohl

Die „Reaktion" bzw. die „Entgegnung" erfolgen nicht auf die im Nachfolgersubstantiv PPA genannten Personen, sondern auf eine Handlung oder Äußerung, die von diesen Personen ausgeführt worden ist. Diese Handlungen oder Ereignisse liegen auf der Zeitachse vor dem vom RektionssubstantivppA-AUF Bezeichneten. Die PPPA-AUF besitzt sowohl eine allgemeinabstrakte als auch eine temporale Direktionalität. Tabelle 19a: Abstrakta Nachfolger- RektionssubstantivppA substantivppA

Abstrakta (auch Personen)

Bedeutung

Beispielphrase

d e r PPPA-AUF

alle Reaktionen ein Reflex auf die Aufforderung (Reflex, Echo, das Echo auf die Veranstaltung Antwort, temporale die Antwort auf Auschwitz Erwiderung, plus die Erwiderung auf den Befangenheitsantrag Replik) allgemeine die Replik auf Kudella Beurteilungen Richtung Reflexionen auf ein halbes Jahrhundert (Reflexion, Kritik) die Kritik auf die Kunst von

233

In der zweiten Gruppe (Tabelle 19b) bezeichnen die Nachfolgersubstantive PPA das Thema oder eine Eigenschaft des vom RektionssubstantivPpA-AUF Bezeichneten. Es handelt sich dabei um PPA-Konstruktionen, in denen Mitglieder des Bedeutungsfelds Abstrakte Handlungen vorkommen. Es hängt jedoch von den einzelnen Corpusbelegen ab, ob vom Nachfolgersubstantiv PPA mehr das Thema („die Probe auf seinen politischen Stil") oder mehr die Eigenschaft („die Prüfung auf Rechtmäßigkeit") gemeint ist. Die P PP A-AUF besitzt in allen PPA-Konstruktionen ausschließlich eine punktuelle Bedeutung. Tabelle 19b: Thema Nachfolger-

Rektions-

substantivPPA substantivppA

Abstrakte Handlungen Thema, (Verfahren) aber (Überprüfung, auch Probe, Eigenschaft, Prüfung, meist Unterabstrakt suchung, Kontrolle, Test)

6.3.1.4

Bedeutung

Beispielphrase

d e r PppA-AUF

punktuell

die Überprüfung auf die reguläre Dienstzeit die Überprüfung auf Stasi-Kontakte die Probe auf den Rechtsstaat die Probe auf seinen politischen Stil die Prüfungen auf stoßdämpfende Eigenschaften die Prüfung auf Rechtmäßigkeit die Untersuchung auf Pestizide die Untersuchungen auf möglichen Brustkrebs Kontrollen auf möglichen Ebergeruch Kontrollen auf HIV-Viren als Test auf sexuelle Orientierung als Test auf Anzeichen einer tätigen Reue

Die Auswertung

In den Detailanalysen zur Semantik der PPA-Konstruktionen mit der P PP A-AUF sind insgesamt 158 verschiedene RektionssubstantivePPA-AUF in 15 Bedeutungsfelder sortiert worden. Für die P P P A . A U F können vier Grundbedeutungen unterschieden werden, und die NachfolgersubstantiveppA-AUF lassen sich aufgrund ihrer lexematischen Bedeutungen in vier Gruppen differenzieren, wobei diese teilweise den Grundbedeutungen der PPPA.AUF zugeordnet werden können. Einige Bedeutungsfelder werden wegen ihrer Ähnlichkeiten zusammengefaßt und in einem gemeinsamen Textabschnitt behandelt (unter Äußerungen, Möglichkeiten und Sonderfälle). Die meisten Bedeutungsfelder enthalten Teilmengen, die als Unterbedeutung zu der Bedeutung des jeweiligen Bedeutungsfelds gekennzeichnet ist. Daraus ergibt sich für die einzelnen Bedeutungsfelder ein unterschiedlich starkes Homogenitätsniveau, aber auch eine unterschiedlich scharfe Konturierung gegenüber benachbarten Bedeutungsfeldern. Als relativ stabil und klar abgrenzbar erweisen sich die Bedeutungsfelder Zielgerichtete Handlungen,

Reaktionen,

Hinweise,

Zusicherungen,

Emotionen,

Veränderungen

und

234 Vereinbarte Leistungen. Zwar liegen auch in diesen Bedeutungsfeldern Teilmengen vor, aber diese lassen sich in der Regel mit einfachen semantischen Kriterien und relativ einheitlich abgrenzen. Andere Bedeutungsfelder (ζ. B. Wertende Äußerungen) umfassen sehr divergente Bedeutungen oder enthalten nicht immer eindeutige Abgrenzungskriterien zu benachbarten Bedeutungsfeldern (Abstrakta, Abstrakte Handlungen, Anrechte, Wirkungen, Perspektiven). In jedem Bedeutungsfeld befinden sich RektionssubstantiveppA-AUF, die auch aufgrund ihrer Bedeutung als substantivisches Lexem in einem Wortfeld39 gemeinsam vorkommen. Ein Wortfeld umfaßt immer eine größere Menge an Substantiven, als ein Bedeutungsfeld RektionssubstantiveppA-AUF enthält; denn zu den Mitgliedern eines jeden Bedeutungsfelds existieren bedeutungsähnliche Substantive, die nicht als RektionssubstantivPpA.AUF fungieren können. Für die Konstitution eines Bedeutungsfelds sind demnach sowohl syntaktische als auch semantische Kriterien verantwortlich. Eine sichere Prognose, welches Substantiv als RektionssubstantivPpA.AuF fungieren kann, ist weder aufgrund der syntaktischen Kriterien noch mit Hilfe der semantischen Kriterien möglich. Dennoch kann man feststellen, daß wegen der Bedeutungsähnlichkeiten gewisse Probabilitäten für das Fungieren als RektionssubstantivppA.AuF gegeben sind. Die vier Grundbedeutungen der PPPA-AUF treten zum Teil für sich, aber meistens in Kombination miteinander auf. Bündelt man die allgemein-abstrakte, lokale und temporale Direktionalität in eine Bedeutung, so können die Bedeutungen der PPPA.AUF auf zwei, Direktionalität und Vertikalität, reduziert werden. Einerseits zeigt sich, daß sich diese Bedeutungen im Zusammenhang mit dem jeweiligen RektionssubstantivpPA-AuF ergeben, andererseits verdeutlichen die Bedeutungen der PPP A . A UF, die in semantisch völlig unterschiedlichen Bedeutungsfeldern auftreten, daß die PPP A . A UF bedeutungshaltig ist. Allen Bedeutungen der PPPA.AUF ist der abstrakte Charakter gemein (vgl. (16)), der in einem Vergleich mit einer Bedeutung der lexikalischen Präposition „auf' (17) verdeutlicht werden kann. (16) (17)

die UMSTELL UNG A UF die Marktwirtschaft der Sprung A UF DEN KASTEN

In (17) wird der „Kasten" von dem springenden Lebewesen tatsächlich erreicht, und es liegt ein physischer Kontakt vor, während in (16) die „Marktwirtschaft" zwar anvisiert wird, aber wegen der Abstraktheit des Ziels kein erkennbarer Kontakt erfolgen kann. Der Inhalt in (16) enthält einen größeren Anteil an semantischer Vagheit als in (17). Die Abstraktheit der PPPA-AUF weist jedoch Abstufungen auf und muß in vielen Fällen in Verbindung zu den konkreten Bedeutungen der PAAB „auf' interpretiert werden. 40 Die allgemein-abstrakte Direktionalität, in der weder lokale noch temporale Aspekte erkennbar sind, kommt auch als ausschließliche Bedeutung der PPPA.AUF vor (vgl. Tabelle 12), während die lokale und temporale Direktionalität nur in Verbindung mit der allgemein-abstrakten Direktionalität vorliegen können. Dadurch ergibt sich für die direktionale Bedeutung der PPPA.AUF eine mehr oder minder deutliche Abstraktheit, wie man in den Tabellen 12 bis 14 ablesen kann. Die vierte Bedeutung der P PPA , in der die vertikale

39 40

Zur Unterscheidung vgl. Kapitel 6.2.2. Vgl. Schierholz (1998a:94f.).

235 Bedeutungskomponente enthalten ist, kann von den Direktionalität anzeigenden Bedeutungen der PPPA-AUF eindeutig unterschieden werden, enthält aber ebenso deutlich eine abstrakte Bedeutungskomponente (18), welche sich von der konkreten lokal-stationären Bedeutung der PAAB „auf' (19) klar unterscheidet. (18) (19)

eine HYMNE A UF die Schönheit eine Hymne A UF DEMMARKTPLA

TZ

Die Abgrenzung zwischen der vertikalen Bedeutung der PPPA-AUF und der PAAB „auf', die in einer lokal-stationären AAB steht, vollzieht sich zusätzlich auf der morphosyntaktischen Ebene, da eine unterschiedliche Kasusmarkierung der Nachfolger-NP erforderlich ist. Die hier ermittelten Bedeutungen der PPPA-AUF sind als Bestätigung der Resultate zu den Bedeutungen der Präposition „auf' in komplexen NPn in SCHIERHOLZ (1998a) anzusehen. In der dortigen Pilotstudie sind auf der Basis eines anderen Corpus (FAZ 1994) anhand einer Schnittmenge der hier untersuchten 158 RektionssubstantivePpA.AUF nahezu die gleichen Bedeutungen zur PPPA-AUF ermittelt worden.41 Im Unterschied zu SCHIERHOLZ (1998a) wird hier aber nicht mehr davon ausgegangen, daß lokale und temporale Direktionalität als alleinige Bedeutungskomponenten der PPPA-AUF vorliegen können. Denn der Unterschied zur PAAB „auf' mit lokaler und temporaler Bedeutung besteht gerade darin, daß die PPPA-AUF einen abstrakten Bedeutungsanteil besitzt, der jedoch in seiner Intensität unterschiedlich ausfallen kann. Reiht man die unterschiedlichen Direktionalität enthaltenden Bedeutungen der Präposition „auf' in einem Polaritätsprofil aneinander, in dem Konkretheit und Abstraktheit die beiden Pole markieren, so ergibt sich die Abbildung 3. Die Abstände zwischen den einzelnen Bedeutungen sind nicht metrisch zu interpretieren, sondern zeigen eine allgemeine Orientierung. Auch sind Überlappungen, z. B. zwischen den lokalen und temporalen Zonen, denkbar. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der konkreten Bedeutung der PAAB „auf' und der PPPA-AUF liegt jedoch darin, daß das anvisierte Ziel in PPA-Konstruktionen nicht unmittelbar erreicht wird. Dies gilt in ähnlicher Weise für die vertikale Bedeutung der PPPA-AUF· 4 2 Abbildung 3 : Polaritätsprofil zu den direktionalen Bedeutungen der Präposition „auf' konkret —I lokal

1 temporal

1 lokal/ abstrakt

1 temporal/ abstrakt

1 allgemein/ abstrakt

• abstrakt

Eine Analyse zur Binnenstruktur der PPA-Konstruktion muß jedoch die vorgenommenen Sortierungen der Konstituenten im gegenseitigen Zusammenhang betrachten, und dabei sind insbesondere die Bedeutungsfelder der RektionssubstantivePPA.AUF und die Bedeutungen der PPPA-AUF zu berücksichtigen. Welche Verbindungen zwischen diesen bestehen, verdeutlicht in schematischer Ansicht die Abbildung 4. 41

42

Vgl. Schierholz (1998a:90ff.). Es ergibt sich dort eine zusätzliche Tabelle, weil die Kombination zwischen allgemeiner und temporaler Direktionalität in einer eigenen Tabelle aufgeführt wird. Vgl. Schierholz (1998a:95).

236 Abbildung 4: Die Bedeutungen der

PPPA-AUF

Erläuterungen zu Abb. 4: I—I = Bedeutungsfelder (oder Teilmengen) der RektionssubstantivePPA; O

=

Bedeutungen der

PPPA-AUF·

237

In die Darstellung sind lediglich die Bedeutungstendenzen eingetragen und Einzelwörter nicht berücksichtigt (ζ. B. „Verdacht", „Stolz", „Wartezeit"), deren PPA-Konstruktionen sich durch besonders komplexe Bedeutungsstrukturen auszeichnen. Die Benennungen der Bedeutungsfelder stehen in eckigen schattierten Kästen, die Bedeutungen der PPPA-AUF in den Ovalen. Mit Fettdruck sind diejenigen Bedeutungsfelder oder Teilmengen von Bedeutungsfeldern markiert, deren sämtliche Mitglieder die gleiche Bedeutung der PPPA-AUF binden: So regieren alle negativen Gefühle die Präposition „auf', deren Bedeutung aus den Komponenten der lokalen Direktionalität und der temporalen Direktionalität mit Verweis auf Vorheriges besteht. Zu diesen Bedeutungsfeldern kann man also eine große Einheitlichkeit bei der Selektion der Bedeutung der PPPA-AUF feststellen. Mitglieder dieser Bedeutungsfelder erscheinen am besten dazu geeignet zu sein, in Beispielen das semantische Verhältnis zwischen RektionssubstantivPpA.AuF und PPPA-AUF prototypisch zu demonstrieren. Dazu gehören die Mitglieder des Bedeutungsfelds Zielgerichtete Handlungen (Angriffe), die immer die gleiche Bedeutungskombination der PPPA-AUF fordern. Die Hinweise sind sehr bedeutungsähnlich und regieren immer eine Präposition „auf', die eine allgemein-abstrakte Bedeutung innehat. Im Anschluß an die neutralen Gefühle besitzt die PPPA-AUF immer eine Bedeutung, in der lokale und temporale Direktionalität als Bedeutungsdimension enthalten sind. Die Wertenden Äußerungen zeichnen sich untereinander zwar durch Bedeutungsvariationen aus, regieren aber immer die gleiche Bedeutung der Präposition „auf'. Das gleiche gilt für die Veränderungen (siehe unten), und auch fur das kleine Feld der Leistungen, da dort nur eine Bedeutung der PPPA-AUF vorkommt. Anhand der Abbildung 4 ist auch erkennbar, welche Kombinationen die einzelnen Bedeutungen der PPPA-AUF eingehen können. Die vertikale Bedeutung der PPPA-AUF kommt nicht in Kombination mit der lokalen Direktionalität der PPPA-AUF vor. Aufgrund der semantischen Ableitungen von der P A A B „auf' erscheint dies folgerichtig, da Richtungsund Ortsangaben immer als verschiedene syntaktische und semantische sprachliche Erscheinungen behandelt werden, die auf unterschiedlichen kognitiven Konzepten beruhen. Für die PPPA-AUF wird anhand der Abbildung 4 die Bedeutungskomplexität und -Vielfalt veranschaulicht. Wenn man berücksichtigt, daß diese Variationen mit RektionssubstantivenppA-AUF vorkommen, die häufig als inhaltsarm bezeichnet werden müssen, ergibt sich daraus eine sehr differenzierte Bedeutungsstruktur für die PPA-Konstruktionen m i t d e r PPPA-AUF-

Eine strukturbildende Verbindung zwischen den Bedeutungen der PPPA-AUF und den Grundbedeutungen der Nachfolgersubstantive PPA (Ziel oder Basis) ist lediglich in der Weise erkennbar, daß im Anschluß an die PPPA-AUF, die direzionale Bedeutungskomponenten enthält, Zielbezeichnungen stehen, während bei vertikalen Bedeutungskomponenten in der PPPA-AUF vom NachfolgersubstantivPpA-AUF die Basisbezeichnungen gewählt werden müssen. Darüber hinaus liegen PPA-Konstruktionen vor, in denen die NachfolgersubstantiveppA sowohl das Ziel als auch die Basis bezeichnen. Hier lassen sich kaum einheitliche Bedeutungsstrukturen zu den Bedeutungen der RektionssubstantivePpA-AUF oder der PPPA-AUF erkennen. Es handelt sich um einzelne Rektionssubstantive PPA -AUF aus verschiedenen Bedeutungsfeldern, und die PPPA-AUF besitzt unterschiedliche Bedeutungen. Aus diesen Gründen ist für PPA-Konstruktionen, in denen die in Tabelle 18 genannten RektionssubstantiveppA-AUF vorkommen (z. B. „Zusage", „Ambition", „Akzent"), eine deutliche semantische Binnenstruktur nicht erkennbar. Aufgrund der mehrdimensionalen

238 Bedeutungen der beteiligten Konstituenten enthalten die PPA-Konstruktionen eine nicht festlegbare metaphorische Vielfalt und sind nicht als typisch anzusehen. Eine überschaubare Menge von PPA-Konstruktionen enthält jedoch relativ einheitliche Bedeutungsstrukturen, die sich auf die drei Hauptkonstituenten, RektionssubstantivPPA-AUF, PppA-AUF und NachfolgersubstantiveppA-AUF, erstrecken. Bei den Reaktionen hat die PPPA-AUF in allen PPA-Konstruktionen die gleiche Bedeutung („temporal plus allgemein-abstrakte Direktionalität mit Verweis auf Vorheriges"), und das NachfolgersubstantivppA bezeichnet etwas Abstraktes. PPA-Konstruktionen mit Mitgliedern des Bedeutungsfelds Veränderungen sind zwar nach Erweiterungen, Einschränkungen und Wechsel unterscheidbar, treten aber immer mit der gleichen Bedeutung der PPPA-AUF auf („allgemein-abstrakte Direktionalität") und enthalten als NachfolgersubstantivPPA immer eine Bezeichnung für einen Endpunkt bzw. einen Bereich. Eine semantische Variation besteht nur in bezug auf die Abstraktheit des vom NachfolgersubstantivPpA-AUF Bezeichneten. Für die untersuchten RektionssubstantivePpA-AUF gilt, daß sie Abstrakta sind in dem oben genannten Sinne.43 Es läßt sich jedoch feststellen, daß das Abstraktheitsniveau der Substantive je Bedeutungsfeld variiert und daß einige das Attribut „abstrakt" nur mit Einschränkungen erhalten können. Ein hohes Abstraktheitsniveau haben PPA-Konstruktionen mit RektionssubstantivenppA.AuF, die in den Bedeutungsfeldern Abstrakta und Abstrakte Handlungen stehen. Neben einer unspezifischen Bedeutung des jeweiligen RektionssubstantivsppA liegen die allgemein-abstrakte Bedeutung der PPPA-AUF sowie meist Abstrakta in der NachfolgerN P P P A vor. Den Gegenpol zu diesen Bedeutungsfeldern stellen die Bedeutungsfelder Zielgerichtete Handlungen und Kandidaten dar. Auch wenn die RektionssubstantiveppA der Tabelle Kandidaten sich nicht explizit auf eine bestimmte Person beziehen, so wird bei der Verwendung einer PPA-Konstruktion, die ein RektionssubstantivppA.AUF aus der Tabelle Kandidaten enthält (ζ. B. „der Bewerber auf den Pachtvertrag"), auf eine real existierende Person referiert, die man nicht den Abstrakta subsumieren kann. Dennoch enthält die PPA-Konstruktion etwas Abstraktes, da nicht auf den „Bewerber" ad personam referiert wird, sondern eher auf die ihn kennzeichnende Handlung, nämlich die Bewerbung. Die Zielgerichteten Handlungen haben eine große Ähnlichkeit mit den direktionalen AABKonstruktionen, weil in den PPA-Konstruktionen ein konkretes Ziel in der NachfolgerNP ppa genannt werden kann.44 Eine Frage nach dem Inhalt des PPAs mag bei größtmöglicher stilistischer Toleranz auch mit dem Interrogativpronomen „wohin" akzeptabel erscheinen. Diese Akzeptabilität ist aber auf keinen Fall für jede PPA-Konstruktion gegeben. (20) die OFFENSIVE A UF die Region (20a) ? Wohin erfolgt die Offensive? (21) die EINWIRKUNGEN A UF den Körper (21a) —> # Wohin erfolgen die Einwirkungen? Eine Frage nach dem Zielpunkt, die mit „wohin" eingeleitet wird, ist in Beispiel (20a) zwar eingeschränkt akzeptabel, wird aber nur in geringem Maße zu Verständnisproblemen führen, während in Beispiel (21a) eine wohin-Frage ungrammatisch ist.

43 44

Vgl. Kapitel 4.2. Vgl. auch Schierholz (1998a:90).

239 Der Unterschied in der Abstraktheit wird besonders deutlich, wenn man PPAKonstruktionen mit Rektionssubstantiven PPA . AUF aus dem Bedeutungsfeld der Abstrakta PPA-Konstruktionen mit RektionssubstantivenPpA.AUF aus dem Bedeutungsfeld Zielgerichtete Handlungen gegenüberstellt. (22) (23) (24) (25)

der R ÜCKSCHL USS A UF ihre Herkunft die PROJEKTION A UF Fremde der ANSCHLAGA UF einen Bus der SCHUSS A UF den Flüchtling

Die nackten PPA-Konstruktionen in (22) und (23) sind im Verhältnis zu (24) und (25) semantisch leer. Dies wird im wesentlichen durch die RektionssubstantiveppA.AuF verursacht, so daß man bei „Rückschluß" und „Projektion" kaum noch von Autosemantika im üblichen Sinne sprechen kann. Die RektionssubstantiveppA.AUF der übrigen Bedeutungsfelder verteilen sich zwischen diesen beiden Polen. Bezogen auf die PPA-Konstruktionen kann man jedoch feststellen, daß es zwar meistens, aber nicht ausschließlich von dem Abstraktheitsgrad des RektionssubstantivsppA-AUF abhängt, wie die gesamte Konstruktion einzustufen ist. PPA-Konstruktionen, in denen die RektionssubstantiveppA.AUF aus den Bedeutungsfeldern Perspektiven und Anrechte stammen, sind in besonderer Weise abstrakt, da nicht nur die RektionssubstantivePPA.AuF, sondern auch die NachfolgersubstantivePPA.AuF in den meisten Fällen abstrakt sind. Hingegen enthalten PPA-Konstruktionen, deren RektionssubstantivePpA.AUF aus den Bedeutungsfeldern Reaktionen, Hinweise, Wirkungen und Veränderungen stammen, sehr viel häufiger NachfolgersubstantiveppA mit konkretem Inhalt, so daß der Bedeutungsgehalt der gesamten PPA-Konstruktion weniger abstrakt wirkt. PPA-Konstruktionen, die RektionssubstantiveppA.AuF aus den Bedeutungsfeldern Leistungen, Wertende Äußerungen und Zusicherungen enthalten (ζ. B. „Steuer", „Loblied", „Eid"), sind dadurch gekennzeichnet, daß relativ genau festgelegt ist, was die RektionssubstantivePPA.AuF bedeuten, obwohl es sich um Abstrakta handelt. In den PPA-Konstruktionen mit diesen Rektionssubstantiven PPA . AUF besitzen jedoch die Nachfolgersubstantive PPA in der Regel eine sehr allgemeine Semantik. Eine ähnliche Situation liegt in PPA-Konstruktionen mit Emotionen vor. Einerseits sind die Bedeutungen der RektionssubstantiveppA.AuF weniger abstrakt als die der anderen, weil sich jeder etwas unter „Wut", „Neugier" oder „Zuversicht" vorstellen kann, andererseits bleibt in der textuellen Rezeption dieser Wörter immer ein gewisser Spielraum, weil jeder „seine Wut", „seine Neugier" oder „seine Zuversicht" individuell und somit anders als andere Personen empfindet. Vergleicht man die Einteilung der RektionssubstantivePPA.AuF mit den Resultaten der Pilotstudie, 45 so zeigt sich, daß die meisten Bedeutungsfelder dort in ähnlicher Sortierung und meist mit gleicher Denomination vorliegen. Dazu gehören „Zielgerichtete Handlungen", „Reaktionen", „Hinweise" und „Zusicherungen" (beide dort unter „Äußerungen"), „Emotionen", „Veränderungen", „Abstrakta", „Anrechte" (dort unter „Anspruchsformulierungen"), „Wirkungen", „Perspektiven" (dort unter „Möglichkeiten") sowie „Vereinbarte Leistungen". Aufgrund der Vorarbeiten in der Pilotstudie ist es möglich, die Bedeutungsfelder in den Tabellen 2 bis 1 lb sehr differenziert zu präsentieren und eine

45

Vgl. Schierholz (1998a).

240 Analyse der NachfolgersubstantivepPA-AUF, die in der Pilotstudie nicht vorliegt, in die Untersuchungen einzubeziehen. Die Aufstockung der Gesamtzahl von 94 auf 158 RektionssubstantiveppA-AUF ist nicht nur auf die Verwendung eines größeren Corpus zurückzuführen, sondern auch auf die verbesserten Analyseverfahren im Verlauf der Rekrutierung der Rektionssubstantive PPA . 46 Die zusammenfassenden Analysen verdeutlichen die semantische Komplexität, die PPA-Konstruktionen mit der PPPA-AUF besitzen können. LAUTERBACH sieht ein wesentliches Kriterium für die Komplexität darin, daß in der Nachfolger-NP PPA sowohl Abstrakta als auch Konkreta eingesetzt werden können. Gleichzeitig werde aber durch die Verwendung der Präposition eine höhere Explizität der Gesamtausdrucks erreicht als bei der Verwendung anderer Attribute, ζ. B. eines Genitivattributs. 47 Allerdings scheint die Binnenstruktur der PPA-Konstruktion weitaus komplexeren Produktionsbedingungen zu unterliegen als bei LAUTERBACH angenommen. Auch wenn in der Regel das RektionssubstantivppA die Bedeutung der Gesamtkonstruktion determiniert, variieren aufgrund der vielfältigen Bedeutungsdimensionen, die in der PPPA-AUF enthalten sein können, und aufgrund der wechselnden Bedeutungen, die im Nachfolgersubstantivp PA vorkommen können, die Steuerungsmechanismen erheblich. Diese Variationen führen dazu, daß bei der Rezeption von PPA-Konstruktionen ein hohes Aktivitätspotential gefordert ist. Besonders hervorgehoben wird dies, wenn man die Verständlichkeit nackter PPA-Konstruktionen überprüft. Hingegen kann im textuellen Zusammenhang durch eine Erweiterung der PPA-Konstruktion die Rezeption erleichtert sein. Für die grammatikographische Betrachtung ist es jedoch ausschlaggebend, daß mit Hilfe der semantischen Analyse der nackten PPA-Konstruktion aufgezeigt werden kann, daß das PPA in einigen Fällen angeschlossen werden muß. Zwar kann man obligatorische Ergänzungen bei Substantiven aus berechtigten Gründen nicht annehmen, aber es bleibt zu überlegen, ob die Unterteilung nach syntaktischer und semantischer Valenz, die für den Verbbereich sinnvoll erscheint, in der gleichen Weise für Substantive übernommen werden muß. Für einige PPAe scheint es so etwas wie eine Quasiobligatorik zu geben, die, auf semantischer Notwendigkeit basierend, auch eine syntaktische Notwendigkeit nach sich zieht. Diese Strukturmerkmale werden erst durch die semantischen Analysen im Zusammenhang mit dem unterschiedlichen Abstraktheitsgrad der einzelnen Bedeutungsfelder hervorgehoben. Die Quasiobligatorik kann jedoch auch durch ein Vergleichen mit konkurrierenden Attributverwendungen sowie die Möglichkeiten, die Topologie innerhalb der PPAKonstruktion zu verändern, geprüft werden. In fast allen PPA-Konstruktionen steht das PPA nicht anstelle eines Genitivattributs, und umgekehrt kann ein Genitivattribut nicht an die Argumentstelle treten, die das PPA besetzt. Davon sind PPA-Konstruktionen betroffen (z. B. „eine Antwort auf die Frage'1), in denen die Überfuhrung des PPAs in ein Genitivattribut zu einer semantisch sinnlosen Phrase führt. Es liegen aber auch PPA-Konstruktionen vor, in denen eine Formulierung mit einem Genitivattribut eine syntaktisch und semantisch wohlgeformte Phrase ergibt,

46

47

Diese Verbesserungen beziehen sich nicht nur auf das Vorgehen beim Sammeln der RektionssubstantiveppA (vgl. Kapitel 6.2.1 ), sondern auch auf einen größeren zeitlichen Aufwand, der während der Aktivitäten im Forschungsprojekt SUB VAL gegeben war. Vgl. Lauterbach (1993:164).

241 jedoch der Sinn ein anderer wird (vgl. ( 2 6 ) , ( 2 7 ) ) . LAUTERBACHS Feststellung, daß die Formulierung mit Präpositionalattribut präziser sei als die Verwendung eines Genitivattributs, 48 läßt sich mit einer direkten Gegenüberstellung an ganz wenigen Beispielen für die PppA-AUF überprüfen. (26) (26a) (2 7) (27a) (28) (28a) (29) (29a) (30) (30a) (31) (3la) (32) (32a) (33) (33a)

der ÜBERFALL AUF die Asylbewerber * der Überfall der Asylbewerber der R ÜCKSTAND A UF den Sieger * der Rückstand des Siegers der STURM A UF das Fernsehzentrum

das Hemd ÜBER dem Pullover

WO?

WO?

WO?

Vgl. u. a. Brinkmann (1971:174). Die Konstruktion hat Ähnlichkeiten mit den „präponierten Attributen"; vgl. Kapitel 5.2.3. Dieser Gebrauch wird auch bei Eroms diskutiert; Eroms (1981:181f.).

247 In den lokal-stationären AAB-Konstruktionen steht die Präposition „über" jeweils in Opposition bzw. als Antonym zu „unter".62 In (5) vs. (5b) stehen sich die lokalen Relationen gegenüber, die zwischen „Fleck" und „Fenster" bestehen. In (6b) und (7b) wird mit Hilfe der Präposition „über" das Gegenteil des jeweiligen Ausgangssatzes formuliert, wobei wegen der unmittelbaren Berührung, die zwischen dem „Hemd" und dem „Pullover" vorliegt, die Bedeutungen der Präpositionen in (7) und (6) geringfügige Unterschiede enthalten. Eine lokal-stationäre AAB kann aber auch im Anschluß an Substantive vorkommen, die als RektionssubstantivppA.uNTER fungieren können. Die Gegensätzlichkeit von „über" und „unter" ist hier weniger deutlich, so daß die Akzeptabilität von (8b) in Frage zu stellen ist. (8) (8a) (8b)

die Aufregung UNTER DEN BR ÜCKEN -> die Aufregung UNTERHALB der Brücken -> ? die Aufregung ÜBER den Brücken

WO?

Die Präposition „unter" kann in Maßangaben auftreten, die in der Nachfolger-NP stehen und das vom Vorgängersubstantiv Gemeinte spezifizieren. Es handelt sich um eine AABKonstruktion, wenn der Gegensatz zur Maßangabe mit der Präposition „über" formuliert werden kann. (9) (10)

ein Gewicht UNTER 15 Kilo ein Preis UNTER 150 DM

->

ein Gewicht ÜBER 15 Kilo ein Preis ÜBER 150 DM

Als ergänzender Test kann eine Paraphrasiening mit dem Verb „betragen" plus „weniger als" durchgeführt werden. (9a) —> Das Gewicht beträgt weniger als 15 Kilo. (10a) -> Der Preis beträgt weniger als 150 DM. Liegt eine PPA-Konstruktion vor, kann diese identifiziert werden, wenn für das PPA das präpositionale Reziprokpronomen „untereinander" substituiert werden kann. (11) die VERSTÄNDIGUNG UNTER Gehörlosen (IIa) -> die Verständigung UNTEREINANDER (12) der WETTBEWERB UNTER den Instituten (12a) der Wettbewerb UNTEREINANDER Allerdings ist diese Substitution nicht bei jeder PPA-Konstruktion möglich. (13) (13a) (14) (14a)

62

die A UFREGUNG UNTER den Häftlingen -> # die Aufregung UNTEREINANDER die BEFRAGUNG UNTER den Hochschulen -> # die Befragung UNTEREINANDER

Vgl. u. a. Eroms (1981:152f.). Außerdem Lang (1993:260) aus der Perspektive der Zwei-EbenenSemantik; Brinkmann (1971:174f.) aus der Perspektive der inhaltsbezogenen Grammatik. Kühn ( 1 9 8 3 : 5 4 ) nimmt diese Opposition auch für die P p p a - u n t e r und die Ρ ρ ρ α - ü b e r an.

248 Dies hängt nicht vom Inhalt des NachfolgersubstantivsppA-uNTER ab, sondern von den Bedeutungen der PPPA-UNTER und des jeweiligen RektionssubstantivsPpA-uNTER· Ein weiterer Test, mit dem positiv identifiziert werden kann, ob eine PPA-Konstruktion vorliegt, liegt nicht vor. Aus diesem Grunde werden sämtliche Corpusbelege, bei denen eine Substitution des PPAs mit dem präpositionalen Reziprokpronomen nicht möglich ist, zusätzlichen Tests unterzogen. Die Substitution der Präposition „unter" mit der Präposition „unterhalb" gelingt bei lokal-stationären AAB-Konstruktionen und muß zu semantisch unsinnigen Formulierungen fuhren, wenn es sich um eine PPA-Konstruktion handelt. (13b) (14b) ->

# die Aufregung UNTERHALB der Häftlinge die Befragung UNTERHALB der Hochschulen

Während (13b) eindeutig keine AAB-Konstruktion sein kann und somit als PPAKonstruktion anzusehen ist, liegen die Verhältnisse in (14b) komplizierter, weil für (14b) eine Interpretation für das Vorliegen einer lokal-stationären AAB möglich ist. Damit wird man jedoch zu der Ambiguität geführt, die bei einer ersten Begegnung mit der komplexen NP in (14) nicht erkennbar werden muß. 63 Corpusbelege, die diese Ambiguitäten enthalten, können einem weiteren Test unterzogen werden. Dabei wird die Ableitungsbasis für das präponierte Substantiv geprüft. Mit Hilfe einer Paraphrasierung kann die syntaktische Funktion der komplexen NP verdeutlicht werden. Aus Gründen der Vollständigkeit werden im folgenden sämtliche Paraphrasierungsvarianten, die zu der Präposition „unter" vorkommen, mit Beispiel dargestellt. Die Nachfolger-NPppA kann in einer Paraphrase zum Akkusativobjekt (15a) bzw. zum Subjekt in einer Konstruktion mit Vorgangs- (15b) oder Zustandspassiv (14a) werden. (15) (15a) (15b) (16) (16a)

die BEFRAGUNG UNTER den Therapeuten