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German Pages 272 [283] Year 1891
LEHRBÜCHER DES
SEMINARS FÜR
RIENTALISCHE S P R A C H E N ZU BERLIN
I I K R AUSG E G E B E N VON D E M
DIRECTOR
DES
W. SPEMANN
SEMINARS
DEM ANDENKEN IHRER HOCHSELIGEN
MAJESTÄT
DER KAISERIN UND KÖNIGIN
AUGUSTA
V PRAKTISCHE
GRAMMATIK HER
NEUGRIECHISCHEN SCHRIFTUND
UMGANGSSPRACHE MIT ÜBUNGSSTÜCKEN UND GESPRÄCHEN VON
J. K. MITSOTAKIS
STUTTGART
&
BERLIN
W. SPEMANN
1891
VII
Offener Brief an
Seine Hoheit den Erbprinzen
BERNHARD
von Sachsen-Meiningen.
Hoheit! E s sei mir gestattet E u r e r Hoheit meiner tiefen Dankbarkeit für all das G u t e , was Hochdieselben
mir erwiesen, hier an dieser
Stelle öffentlich Ausdruck zu geben, und zugleich zu erklären, d a s s , wenn dieses Buch sich den Deutschen als nützlich erweist, ich es zum grossen T h e i l E u r e r Hoheit verdanke. Ich habe die E h r e gehabt, E u r e Hoheit im Neugriechischen zu unterrichten; Hochdieselben beherrschen gegenwärtig meine Muttersprache,
wie
Ihren Mussestunden
ein
geborener
Grieche,
so
dass Sie
eine Übersetzung von Schiller's
in
»Fiesko«
und Lessing's »Emilia Galotti« verfasst h a b e n , welche von den Griechen
als vorzüglich
gelungen
E u r e Hoheit werden sich Mangel
an
griechischen
geeigneten Sprache
wohl
begrüsst worden noch e r i n n e r n ,
Lehrbüchern erschwert.
das
Durch
Aber
wie sehr der
Erlernen die
ist. der
mehrjährige
neuEr-
fahrung, welche ich gewann, indem ich E u r e Hoheit unterrichtete, wurde es mir klar, auf welche Art und W e i s e
ein B u c h ver-
fasst werden müsse, um den Deutschen, welche diese Sprache erlernen wollen, von Nutzen zu sein.
VIII
Freilich sind zwei von Griechen verfasste Grammatiken v o r h a n d e n , die eine von Angelos Vlachos, die andere von A n t o n i o s Jannarakis, aber sie entsprechen den Bedürfnissen der Deutschen n u r unvollkommen,
denn die erstere, z.u elementar,
ist a u s -
schliesslich für die Kreise bestimmt, welche der alten S p r a c h e bereits mächtig sind, die zweite, zwar genauer und a u s f ü h r licher, ist viel zu theoretisch gehalten; beide aber haben den grossen
Fehler
gemein,
dass sie
nur
in
der
Schriftsprache
Übungen enthalten. E u r e Hoheit wissen, dass im Neugriechischen der U n t e r schied
zwischen
Schrift- und
Umgangssprache
so gross
ist,
wie in keiner anderen europäischen S p r a c h e , und es ist eine Thatsache,
dass
dieselben
Griechen,
die
in Journalen
und
B ü c h e r n , im Parlamente und den T r i b u n a l e n sich der gewähltesten W o r t e und einer reinen grammatischen
Ausdrucksweise
b e d i e n e n , in Athen ebenso wie in Konstantinopel und S m y r n a bei der Unterhaltung
n u r die Volkssprache a n w e n d e n ,
eine
S p r a c h e , die einerseits zahlreiche in der Schriftsprache nicht v o r k o m m e n d e W ö r t e r enthält, andrerseits viele abgekürzte oder veränderte grammatische F o r m e n hat, und überall, sowohl im Palaste des Königs wie auch in dem geringsten als Umgangssprache gebraucht wird. Eure
Hoheit
Krämerladen
Vielleicht erinnern
noch jenes Augenblickes bei Gelegenheit
sich Ihrer
ersten Begegnung mit dem P r i n z e n Georg von Griechenland in L o n d o n , wo derselbe sich mit den W o r t e n der Volkssprache: »VMT(J£, xarcrf«
statt
»xa-S^cre, oca-S"^as«
an
Eure
Hoheit
w a n d t e , und Hochdieselben ihn in Folge dessen nicht sogleich verstanden. Es war also n o t h w e n d i g , dass ein Buch erschiene, welches die Deutschen in praktischer W e i s e neugriechische Schrift- u n d Umgangssprache zugleich lehrt. Der Deutsche will ja nicht allein die Sprache der Zeitungen u n d Bücher verstehen lernen, sondern
IX
vor allem sich mit dem Griechen selbst mündlich verständigen können. Bei
der
Abfassung
dieser
Grammatik
bin
ich
demnach
einer Methode gefolgt, welche ich auch beim Unterrichte
im
S e m i n a r für orientalische Sprachen an der Königlichen FriedrichWilhelms-Universität zu Berlin anwende.
Die Übungen
gleichzeitig in der S c h r i f t - und Umgangssprache gegeben,
sind so
dass dem Deutschen der Unterschied zwischen beiden klar vor Augen geführt wird.
Ausser den Übungen habe ich auch kleine
Gespräche eingefügt, welche natürlich nur die Umgangssprache enthalten.
Ich habe soviel wie möglich
die Theorie zu ver-
einfachen gesucht; denn mein Bestreben w a r , ein
praktisches
Buch zu schreiben. Die Gründung des orientalischen Seminars hat in jüngster Zeit in Deutschland neue Anregung zum Studium orientalischer Sprachen gegeben.
Dabei durfte das Neugriechische nicht ver-
nachlässigt w e r d e n , da diese Sprache nicht nur im Königreich Griechenland selbst, sondern auch weit über dessen
Grenzen
hinaus in den Häfen der Türkei und Kleinasiens vorherrscht. Ich h o f f e , dass diejenigen, welche sich dem Studium dieser für die Levante hochwichtigen Sprache w i d m e n , durch mein Buch Erleichterung und Anregung finden werden. B e r l i n , im J a n u a r 1 8 9 1 .
In tiefster Ehrfurcht E u r e r Hoheit dankbar ergebener J . K . MITSOTAKIS.
X
Erklärung der Abkürzungen.
Adj. Adv. Akk. Akt. Aor. Art. Bsp. Dat. Fem. Fut. gebr. Gen. gew. Imp. Impf. Inf. intrans. Konj. Konjunk. Mask.
= —
= —
=
= -
= = = =
Adjektivum. Adverbium. Akkusativ. Aktivum. Aorist. Artikel. Beispiele. Dativ. Femininum. Futurum. gebräuchlicher. Genitiv. gewöhnlich. Imperativ. Imperfektum. Infinitiv. intransitiv. Konjunktiv. Konjunktion. Maskulinum.
Med. Neutr. Nom. Part. Pass. Perf. Plur. Plusqpf. Präp. Präs. s. Sing. spr. S. S. Subst. trans. U. S . Vok. zw.
=
=
=
=
= = — —
=
=
= = -
Medium. Neutrum. Nominativ. Partizipium. Passivum. Perfektum. Plural. Plusquamperfektum Präposition. Präsens. siehe. Singular. sprich. Schriftsprache. Substantivum. transitiv. Umgangssprache. Vokativ. zuweilen.
XI
Inhalts -Verzeichniss.
Erster Theil. — Formenlehre. Seite
Vorwort Erklärung der Abkürzungen I. L a u t l e h r e . Alphabet Aussprache der Buchstaben Doppellaute . . . . Trennung der Silben Quantität. — Accente . . . Spiritus. — Jota subskriptum Tonlose Wörter. — Enklitika Veränderung der Vokale (Elision, Kontraktion, Krasis) II. F l e x i o n s l e h r e . Artikel Substantiva. — Erste Deklination . Kontrakta der ersten Deklination Zweite Deklination Kontrakta der zweiten Deklination Dritte Deklination . . . . . . Kontrakta der dritten Deklination Unregelmässige Substantiva der dritten Deklination . Vierte Deklination . . . . . V o m Adjektivum insbesondere . . . . . Komparation der Adjektiva . . . . . . . . . . . Adverbia aus Adjektiven gebildet . . . . . . Zahlwörter . . . Pronomina. — Persönliche Pronomina Reflexivpronomina Reciprokes Pronomen . . . . . . . . . . . . Possessivpronomina Demonstrativpronomina Relativpronomina Interrogativpronomina Pronomina indefinita
VII X i 2 3 4 5 6 7 8 9 10 18 19 27 29 42 49 53 57 63 68 70 78 80 81 83 86 88 91 93
XII
Inhalts - Verzeichniss. Seite
Konjugation. — Allgemeines über das Verbum . . Hülfsverba . . . . . Aktivum . . . . Passivum und Medium . . . . Verba kontrakta . . . . . Verba liquida . . . . Verba auf /1/. — Verba impersonalia . . . Unregelmässige Verba . . . . . . . . Präpositionen . . Adverbia. — Adverbia des Ortes . Adverbia der Zeit . Adverbia der Art und Weise . Unbestimmte Adverbia . . . Konjunktionen . . Interjektionen
. .
. .
. .
98 100 101 110 117 132 138 143 194 202 205 207 208 212 215
Zweiter Theil. — Syntax. Der Artikel . . . . . Die Kasus . . . . . Das Adjektivum . . . Die Zahlwörter . . . Pronomina . . . . . . Verbum Verba transitiva. — Verba intransitiva Verba transitiva mit zwei Kasus Ergänzende Bemerkungen über den Gebrauch der Tempora Die Modusformen. — Indikativ Imperativ . . Konjunktiv Der Infinitiv Das Partizipium . . . Der Satzbau
.
.
.
219 .221 . 222 223 . 224 . 226 . 227 228 . 230 231 . 232 233 235 235 237
Anhang. Die W o r t b i l d u n g A u s f ü h r l i c h e s über den S p i r i t u s asper Schriftproben Druckfehler und Berichtigungen
.
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239 244 246 258
Erster Theil.
Formenlehre. I. Lautlehre. § i.
Alphabet.
Das Alphabet der neugriechischen Sprache besteht, wie das der altgriechischen, aus folgenden vier und zwanzig Buchstaben: Grosse Buchstaben.
A
Kleine Buchstaben.
Name.
Grosse Buchstaben.
a
A'lfa
N
B
ß
r
y
Wita Ghämma Dhelta E'psilon Sita I'ta Thita
H
A
6
E
e
Z