Philosophus Orator: Rhetorische Strategien und Strukturen in philosophischer Literatur 9783796533372, 9783796536168, 379653337X

Philosophus orator - der Philosoph und der Redner, der Philosoph als Redner. Rhetorik und Philosophie stehen seit den An

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German Pages 435 [444] Year 2016

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Table of contents :
Einleitung
Strategien der Erzählung und der Überzeugung des Adressaten bei Parmenides
Theorietheater. Platon und die Komödie
Aporia e maieutica nel Teeteto di Platone
Plato’s Rhetorical Strategies. Writing for Philosophers, Writing for Non-Philosophers
Der Dialog in der Epideiktik: Isokrates
Literarische Strategien bei Aristoteles
Zusammenhang bei Einzelsätzen. Zum assoziativen Aufbau der epikureischen κύριαι δόξαι
τὸν σοφὸν οὐ δοκεῖ ῥητορεύσειν καλῶς? Rhetorik in Texten Epikurs
Filodemo, le technai e la retorica
Studio della presenza dei proverbi nel linguaggio di Filodemo
La parole et ses deux fonctions dans la pensée rhétorique de Cicéron
Die Versöhnung von Philosophie und Rhetorik bei Seneca
Strategien der philosophischen Darstellung für ein Laienpublikum in der Inschrift des Diogenes von Oinoanda
A Rhetorical Reading of Plato’s Parmenides
Plotinus Orator. Literary and Rhetorical Features in the Enneads
Die Sehnsucht des Logos. Seelenlehre und Psychagogie bei Plotin
Epistolographic Philosophy. The Many Functions of Iamblichus’ Correspondence
Die rhetorischen Strategien der Sprache des Unsagbaren im Neuplatonismus
Pflege der Humanität. Zum Verhältnis von Rhetorik und Philosophie
Rhetorik und Philosophie bei Hegel. Zur Funktion der Antigone in der Phänomenologie des Geistes
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Philosophus Orator: Rhetorische Strategien und Strukturen in philosophischer Literatur
 9783796533372, 9783796536168, 379653337X

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o ip i c n i rp nI pa ta re m ub m u b r eV t a r e d upa o ipi c atcaf muspi n t s e m ut c a f ati v o spi ni e .munimoh e net t e t e c ul u re d ne herp on iuc oeD a t ni tinev c ih

Irmgard Männlein-Robert, Wolfgang Rother, Stefan Schorn, Christian Tornau (Hg.)

Philosophus orator

interdisziplinär

Dieses eBook ist seitenidentisch mit der gedruckten Ausgabe und verfügt u.a. über folgende Funktionen: Volltextsuche, klickbares Inhaltsverzeichnis sowie Verlinkungen zu Internetseiten. Die gedruckte Ausgabe erhalten Sie im Buchhandel sowie über unsere Website www.schwabeverlag.ch. Dort finden Sie auch unser gesamtes Programm und viele weitere Informationen.

SCHWABE INTERDISZIPLINÄR 10 HERAUSGEGEBEN VON WOLFGANG ROTHER

SCHWABE VERLAG BASEL

IRMGARD MÄNNLEIN-ROBERT, WOLFGANG ROTHER STEFAN SCHORN, CHRISTIAN TORNAU (HG.)

PHILOSOPHUS ORATOR RHETORISCHE STRATEGIEN UND STRUKTUREN IN PHILOSOPHISCHER LITERATUR MICHAEL ERLER ZUM 60. GEBURTSTAG

SCHWABE VERLAG BASEL

Publiziert mit Unterstützung des Zürcher Universitätsvereins

Dieses E-Book ist seitenidentisch mit der 1. Auflage der Printausgabe Copyright © 2016 Schwabe AG, Verlag, Basel Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Das Werk einschließlich seiner Teile darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in keiner Form reproduziert oder elektronisch verarbeitet, vervielfältigt, zugänglich gemacht oder verbreitet werden. Gesamtherstellung: Schwabe AG, Druckerei, Muttenz/Basel Printed in Switzerland ISBN 978-3-7965-3337-2 ISBN E-Book (PDF) 978-3-7965-3616-8 [email protected] www.schwabeverlag.ch

Inhalt Irmgard Männlein-Robert, Wolfgang Rother, Stefan Schorn, Christian Tornau Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Mauro Tulli Strategien der Erzählung und der Überzeugung des Adressaten bei Parmenides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 Bernhard Zimmermann Theorietheater. Platon und die Komödie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Franco Ferrari Aporia e maieutica nel Teeteto di Platone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 Christopher Rowe Plato’s Rhetorical Strategies. Writing for Philosophers, Writing for Non-Philosophers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Maddalena Vallozza Der Dialog in der Epideiktik: Isokrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Sabine Föllinger Literarische Strategien bei Aristoteles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Holger Essler Zusammenhang bei Einzelsätzen. Zum assoziativen Aufbau der epikureischen κύριαι δόξαι . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

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Inhalt

Jan Erik Heßler τὸν σοφὸν οὐ δοκεῖ ῥητορεύσειν καλῶς? Rhetorik in Texten Epikurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Graziano Arrighetti Filodemo, le technai e la retorica . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Francesca Longo Auricchio Studio della presenza dei proverbi nel linguaggio di Filodemo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Carlos Lévy La parole et ses deux fonctions dans la pensée rhétorique de Cicéron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Thomas Baier Die Versöhnung von Philosophie und Rhetorik bei Seneca . . . . . . . 239 Jürgen Hammerstaedt Strategien der philosophischen Darstellung für ein ­ Laienpublikum in der Inschrift des Diogenes von Oinoanda . . . . . . 259 Carlos Steel A Rhetorical Reading of Plato’s Parmenides . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 John Dillon Plotinus Orator. Literary and Rhetorical Features in the Enneads . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Christian Tornau Die Sehnsucht des Logos. Seelenlehre und Psychagogie bei Plotin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Inhalt

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Dominic J. O’Meara Epistolographic Philosophy. The Many Functions of Iamblichus’ Correspondence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339 Michele Abbate Die rhetorischen Strategien der Sprache des Unsagbaren im Neuplatonismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Theo Kobusch Pflege der Humanität. Zum Verhältnis von Rhetorik und Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Wolfgang Rother Rhetorik und Philosophie bei Hegel. Zur Funktion der Antigone in der Phänomenologie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 Namenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 Stellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433

Einleitung I R M G A R D M Ä N N L E I N - R O B E RT, WO L F G A N G R O T H E R , S T E FA N S C H O R N , C H R I S T IA N T O R NAU

Philosophus orator – der Philosoph und der Redner, der Philosoph als Redner. Rhetorik und Philosophie stehen seit den Anfängen des abendländischen Denkens in einem komplexen Verhältnis zueinander, das von Konkurrenz und gegenseitiger Ablehnung ebenso wie von wechselseitiger Adaptation und Interdependenz geprägt ist. Es hat seinen guten Grund, dass dieser Band Michael Erler gewidmet ist, der neben seinen Studien zu Epikur und zum Epikureismus vor allem als Platon-Forscher und Autor einer der wichtigsten großen Arbeiten über Platon bekannt ist.1 Zwar hat Epikur der Rhetorik bekanntlich keine große Bedeutung zugemessen, und auch Platon hatte sich in seiner antisophistischen Polemik gegen die Trennung rhetorischer Fertigkeiten von der Philosophie und der Wahrheit gewandt. Aber bei wohl keinem anderen Philosophen greifen das Literarische und das Philosophische so eng ineinander, wie Michael Erler selbst in einer Fülle von Beiträgen gezeigt hat. Schon Cicero sah in Platon daher den philosophus orator par excellence.2 Der vorliegende Band ist aus einer interdisziplinären und internatio­ nalen Tagung zum 60. Geburtstag von Michael Erler hervorgegangen, die vom 31. Oktober bis 2. November 2013 an der Universität Würzburg stattfand. Er thematisiert in einem diachronen Zugriff die Präsenz rhetorischer Elemente und Strategien in philosophischen Texten. Dabei geht es 1

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Michael Erler: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, II 2: Platon (Basel 2007). Cic. De orat. I 47; siehe unten, S. 12 Anm. 11.

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Einleitung

nicht darum, die Kontroversen zwischen Rhetoren und Philosophen fortzuschreiben, die seit dem 5./4. Jahrhundert v. Chr. vor allem aus Platons Kritik an der sophistisch geprägten Rhetorik resultieren.3 Nicht philo­ sophus versus orator, sondern philosophus sive orator: Nicht die in der älteren Forschung akzentuierte Konkurrenz von Philosophie und Rhetorik steht im Zentrum, sondern die vielfach geleugnete Interdependenz von Rhetorik und Philosophie. Der Hauptakzent liegt dabei auf philosophischen Texten, weil gerade von Seiten der Philosophen immer wieder eine dezidierte Abgrenzung von der Rhetorik proklamiert wird, während sich hingegen Rhetoren – besonders prominente Beispiele sind Isokrates und Cicero – oft gezielt und programmatisch philosophischer Themen, Methoden und Begrifflichkeiten bedienen. Für die gewählte Fragestellung ist weniger das Selbstverständnis der jeweiligen antiken Autoren ausschlaggebend, sondern vielmehr das zu beobachtende Phänomen, dass philo­ sophische Autoren in unterschiedlichen literarischen Textsorten oder Gattungen besonders häufig gerade rhetorische Methoden und Strategien anwenden.4

Zur Interdependenz von Rhetorik und Philosophie Seit der Etablierung der Rhetorik im engeren Sinne, also etwa seit dem späten 5. Jahrhundert v. Chr., kommen die griechischen Philosophen während ihrer Ausbildung vor allem in Athen mit der sophistischen Redekunst in Berührung. Aber auch über die Philosophenschulen hinaus ist das soziale und politische Umfeld stark von der Sophistik geprägt. Zur 3

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Siehe zuletzt zu einem Teil der Kontroverse Yosef Liebersohn: The Dispute concerning Rhetoric in Hellenistic Thought (Göttingen 2010); informativ, aber nur auf einzelne Aspekte beschränkt ist Dirk M. Schenkeveld: Philosophical Prose, in: Stanley E. Porter (ed.): Handbook of Classical Rhetoric in the Hellenistic Period. 330 B.C.–A.D. 400 (Boston, Leiden 2001) 195–264. Die Beiträge in Frédérique Woerther (ed.): Literary and Philosophical Rhetoric in the Greek, Syriac, and Arabic Worlds (Hildesheim, Zürich, New York 2009) gehen vor allem auf den Konflikt zwischen Rhetorik und Philosophie und die Frage nach einer philosophischen Rhetorik ein. Mauro Tulli: All’origine del rapporto fra la retorica e la filosofia. Da Omero a Gorgia, in: A&R 47 (2002) 1–8.

Einleitung

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gleichen Zeit findet ein komplexer Diskurs über den Prozess der zunehmenden Verschriftlichung philosophischer Gedanken und Inhalte statt. In diesem Kontext werden literarische und rhetorische Modi der Schriftlichkeit – etwa bei Platon, Isokrates und Alkidamas – kontrovers diskutiert und in ihrer Bedeutung für die Philosophie reflektiert.5 Spätestens seit hellenistischer Zeit, d.h. seit dem 3. Jahrhundert v. Chr., haben alle Philosophen auch eine rhetorische Ausbildung erhalten, bevor sie sich dem Studium der Philosophie widmeten. Dies gilt in jener Zeit ganz besonders für Athen, das sich inzwischen als Zentrum der Philosophie etabliert hat, aber auch für die kleinasiatischen Zentren (z.B. Assos, Pergamon) oder die griechischen Inseln (wie z.B. Rhodos), die im Imperium Romanum ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. wichtige Bildungsstätten für römische Philosophen werden. Der Einsatz rhetorischer Strategien in philosophischen Texten gehört also zu einer in der griechisch-römischen Lebenswelt verbreiteten und selbstverständlich gewordenen rhetorischen Kultur, die sich in allen gesellschaftlichen Bereichen rasch etablierte. Zwar bleibt die Einstellung gegenüber der Rhetorik sowie deren Akzeptanz in Philo­ sophenkreisen zumindest bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. (Cicero) ambivalent; doch haben sich mehrere Philosophenschulen intensiv mit Rhetorik beschäftigt und sogar eigene rhetorische Theorien entworfen (Aristoteles, Theophrast, die Stoa, Philodem etc.).6 Rhetorische Praxis gab es natürlich 5

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Dazu Michael Erler: Einleitung, in: Michael Erler, Jan Erik Heßler (Hg.): Argument und literarische Form in antiker Philosophie. Akten der Tagung der Gesellschaft für Antike Philosophie (GAnPh), Würzburg, 28.9.–1.10.2010 (Berlin 2013) 1–12, hier: 2–3. Siehe Christof Rapp: Rhetorik und Philosophie in Aristoteles’ Rhetorik, in: Rhetorik 18 (1999) 94–113; ders.: Sprachliche Gestaltung und philosophische Klarheit bei Aristoteles, in: M. Erler, J. E. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 283–303; William W. Fortenbaugh: Theophrastus of Eresus. Sources for his Life, Writings, Thought and Influence. Commentary 8: Sources on Rhetoric and Poetics (Texts 666–713) (Leiden, Boston 2005); ders.: Aristotle’s Practical Side. On his Psychology, Ethics, Politics and Rhetoric (Leiden 2006); D. M. Schenkeveld: Philosophical Prose, 198–202; zur Stoa Maria Protopapas-Marneli: La rhétorique des stoїciens (Paris 2002); Sophie Aubert: Stoic Rhetoric between Technique and Philosophy. The Example of Diogenes of Babylon, in: F. Woerther: Literary and Philosophical Rhetoric, 95–117; David Blank: Philo­ demus on the Impossibility of a ‘Philosophical Rhetoric’, ebd., 73–93; zum Epikureismus siehe Michael Erler: Epikur – Die Schule Epikurs – Lukrez, in: Hellmut Flashar (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig

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Einleitung

bereits vor der Entwicklung rhetorischer Theorien im eigentlichen Sinne – schon bei Parmenides finden sich Reflexionen über die rhetorische Praxis archaischer Dichtung.7 Mit Blick auf die Kritiker einer einseitigen Abstellung auf Rhetorik ist Platon ein erstes Beispiel dafür, wie ein Philosoph, der die zeitgenössische Sophistik aus erkenntnistheoretischen und ethischen Gründen ablehnt, ein eigenes philosophisches Rhetorikkonzept entwirft und in seinen Dialogen in großem Umfang von rhetorischen Elementen und Strategien, darunter auch die der Maieutik,8 Gebrauch macht.9 Neben der Integration etwa von Reden in seine Dialoge (z.B. in Symposion, Menexenos, ähnlich auch Apologie)10 verwendet er zahlreiche rhetorische Elemente und Techniken, so dass Cicero ihn sogar als ‘perfekten Rhetor’ bezeichnen kann.11 Gerade Platon hat mit seiner scharfen Anti­ these von Wahrheit und Überredung ein grundlegendes Problem formuliert, das als Kontrastfolie für die praktische Nutzung persuasiver Strategien in argumentierenden Texten fortan mitgelesen werden muss.12 Einen instruktiven Vergleich mit der Arbeitsweise Platons ermöglicht sein Zeitgenosse und Gegenspieler Isokrates, der für sein Bildungsprogramm ebenfalls den Namen ‘Philosophie’ reklamiert.13 Wenngleich technische philosophische

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neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, IV 1: Die Hellenistische Philo­ sophie (Basel 1994) 29–490. Siehe dazu den Beitrag von Mauro Tulli in diesem Band, S. 31–46; vgl. Terry Papillon: Isocrates and the Greek Poetic Tradition, in: Scholia 7 (1998) 41–61. Siehe den Beitrag von Franco Ferrari in diesem Band, S. 63–83. Helen North: Combing and Curling. Orator Summus Plato, in: ICS 16 (1991) 201–219; M. Erler: Platon, 60–98 (Kapitel: «Platon als Autor»). Nach Stephen Halliwell: Philosophy and Rhetoric, in: Ian Worthington (ed.): Persuasion. Greek Rhetoric in Action (London 1994) 222–243, hier: 225 handelt es sich dabei um «paradoxically simultaneous use and rejection of rhetoric». De orat. I 47. Ebd.: in oratoribus irridendis ipse esse orator summus videbatur. Siehe auch den Beitrag von Christopher Rowe in diesem Band, S. 85–108. Dazu allgemein Heinrich Niehues-Proebsting: Überredung zur Einsicht. Der Zusammenhang von Philosophie und Rhetorik bei Platon und in der Phänomenologie (Frankfurt 1987); Samuel Ijsseling: Rhetorik und Philosophie. Eine historisch-systematische Einführung (Stuttgart, Bad Cannstatt 1988); Helmut Schanze, Josef Kopperschmidt (Hg.): Rhetorik und Philosophie (München 1989). Vgl. z.B. Takis Poulakos: Speaking for the Polis. Isocrates’ Rhetorical Education (Columbia 1997); Niall Livingstone: Isocrates. Philosophy as Refined Civic Discourse, in: F. Woerther: Literary and Philosophical Rhetoric, 43–54; Fabio Roscalla: Strategie lette-

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Schriften allem Anschein nach in geringerem Umfang rhetorische Elemente aufweisen, hat gerade die jüngere Forschung gezeigt, dass selbst in solchen Texten, etwa in Pragmatien oder Kommentaren, rhetorische Elemente verwendet werden.14 Noch dezidierter als Platon lehnen etliche epikureische Philosophen die traditionelle Rhetorik ab;15 gleichzeitig werden nicht zuletzt gerade in deren protreptisch-paränetischen Schriften – noch mehr als in den technischen Traktaten – und nicht zuletzt bei Epikureern in römischem Kontext (etwa Philodem oder Diogenes von Oinoanda) vielfach rhetorischer Duktus sowie rhetorische Strategien greifbar, die in direktem Bezug zu den jeweils anvisierten Adressaten oder Rezipienten dieser Schriften stehen.16 In Rom kommt es spätestens mit Cicero zu einer Annäherung, bisweilen sogar Verschmelzung von Philosophie und Rhetorik. Für Cicero ist der vollkommene Redner Philosoph und der vollkommene Philosoph Redner.17 Rhetorik ist für ihn unentbehrlich für die Vermittlung von Philosophie an ein römisches Publikum sowie im Rahmen seiner akademisch-skeptischen Methodik ein wesentliches Mittel der größtmöglichen Annäherung an die philosophische Wahrheit.18 Cicero wirkt rarie a confronto. Isocrate e Platone, in: Athenaeum 86 (1998) 109–132; siehe auch den Beitrag von Maddalena Vallozza in diesem Band, S. 109–126. 14 Siehe den Beitrag von Sabine Föllinger in diesem Band, S. 127–143 sowie dies.: Dialogische Elemente in der antiken Fachliteratur, in: Thorsten Fögen (Hg.): Antike Fachtexte/ Ancient Technical Texts (Berlin, New York 2005) 221–234; dies.: Sokrates als Ökonom? Eine Analyse der didaktischen Gestaltung von Xenophons Oikonomikos, in: WJA n.F. 30 (2006) 5–23; dies.: Aristotle’s Biological Works as Scientific Literature, in: SHPhS 43 (2012) 237–244. 15 Michael Erler: Nüchternes Überlegen. Zum literarisch-philosophischen Hintergrund einer zentralen Kategorie epikureischen Denkens, in: Jeanette Fincke (Hg.): Festschrift für Gernot Wilhelm anläßlich seines 65. Geburtstages am 28. Januar 2010 (Dresden 2010) 99–109. 16 Damit beschäftigen sich in diesem Band die Beiträge von Jan Heßler, S. 161–179, Holger Essler, S. 143–160, Graziano Arrighetti, S. 181–201, Francesca Longo Auricchio, S. 203– 220, und Jürgen Hammerstaedt, S. 259–277. 17 Cic. Tusc. I 7. 18 Cic. Tusc. II 9. Dazu Michel Alain: Les rapports de la rhétorique et de la philosophie dans l’œuvre de Cicéron. Recherches sur les fondements philosophiques de l’art de persuader (Leuven, Paris 11960, ²2003) mit Appendix 22003 und Carlos Lévy: Rhétorique et philosophie. La monstruosité politique chez Cicéron, in: REL 76 (1998) 139–157; ders.: Philosophie et rhétorique à Rome. À propos de la dialectique de Fronton, in: Euphrosyne N.S. 30 (2002) 101–114; ders.: Les lumières de la rhétorique. Les significations rhéto-

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Einleitung

damit traditionsbildend:19 Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr., namentlich bei Seneca (z.B. in seinen Dialogi oder in den Epistulae), hat die Rhetorik einen festen Platz in der Technik der philosophisch basierten Seelenleitung.20 Die spätantike philosophische, und hier vor allem die neuplatonische Literatur mit ihren literarischen Gattungen (Traktat, Essay, Kommentar, Brief, philosophischer Dialog), spielt in diesem Kontext aufgrund ihrer zwar im Ansatz bekannten, bislang aber nicht hinreichend untersuchten rhetorischen Strukturen und psychagogischen Strategien ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Neuplatoniker mit ihrer negativen Theologie stehen vor der philosophischen Herausforderung, Unsagbares in Worte zu kleiden und das rational nicht Einsehbare affektiv fassbar zu machen. Platonische Eros-Philosophie und rhetorische Persuasionsstrategie und Inszenierung greifen hier direkt ineinander, etwa wenn ein entsprechend erotisches Philosophiekonzept literarisch inszeniert wird oder etwa Porphyrios Plotins Theorie des Seelenaufstiegs in der Komposition und Sequenz von dessen Schriften editorisch spiegelt.21 Zu wenig beachtet wurde bisher, dass die neuplatonischen Platon- und Aristoteles-Kommentare rique, politique et philosophique des figures dans l’Orator, in: Maria S. Celentano, Pierre Chiron, Marie-Pierre Noël (éd.): Skhèma/Figura. Formes et figures chez les Anciens. Rhétorique, philosophie, littérature/textes (Paris 2004) 229–241. 19 Vgl. Manuel Alexandre: The Eloquent Philosopher in Philo’s De Vita Contemplatiua, in: Euphrosyne N.S. 29 (2001) 319–330. 20 Darauf konzentrieren sich die Beiträge von Carlos Lévy, S. 221–238, und Thomas Baier, S. 239–258, in diesem Band. 21 Zur kompositorischen Technik Plotins vgl. Christian Tornau: Die Enthüllung der intelligiblen Materie. Ein Versuch über die Argumentationstechnik Plotins (Enneaden II 4,1–5), in: M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 517–540; zur Rhetorik im Kontext des Unsagbaren der negativen Theologie bei den Neuplatonikern siehe Dominic O’Meara: The Rhetoric of the Ineffable in Late Ancient Philosophy, in: M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 457–467; zur rhetorischen Inszenierung philosophischer Konzepte siehe Irmgard Männlein-Robert: Biographie, Hagiographie, Autobiographie. Die Vita Plotini des Porphyrios, in: Michael Erler, Theo Kobusch, Irmgard Männlein-Robert (Hg.): Metaphysik und Religion. Zur Signatur des spätantiken Denkens (München, Leipzig 2002) 581–609; Irmgard Männlein-Robert: Zur literarischen Inszenierung eines Philosophiekonzeptes in den pseudoplatonischen Anterastai, in: Klaus Döring, Michael Erler, Stefan Schorn (Hg.): Pseudoplatonica. Akten des Kongresses zu den Pseudoplatonica vom 6.-9. Juli 2003 in Bamberg (Stuttgart 2005), 119–133; siehe auch die Beiträge von Michele Abbate, S. 353–367, John Dillon, S. 297–312, und Christian Tornau, S. 313–337, in diesem Band.

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(etwa von Proklos22, Simplikios oder Olympiodor23) nicht nur den philosophischen Gehalt der kommentierten Texte, sondern auch deren literarische Form zu erschließen versuchen, indem sie über das Verhältnis von Philosophie und Rhetorik reflektieren und daraus Konsequenzen für ihre eigene pädagogische Praxis ziehen.24 Der gelernte Rhetor Augustinus schließlich verschmilzt Rhetorik und Philosophie in dem Maße zu einer Einheit, dass sich sein Denken ohne Berücksichtigung seiner argumentativen und persuasiven Strategien und ohne das Wissen um die gegenseitige Bedingtheit formaler wie philosophischer Kompositionskriterien gerade in seinen Dialogen nicht hinreichend verstehen lässt.25

Rhetorische Strategien in philosophischen Texten Wenn sich also Strategien, die vor allem in der Rhetorik kultiviert und systematisiert werden, auch in philosophischen Texten identifizieren lassen, so müssen – über die lebensweltlich leicht erklärbare Vertrautheit mit rhetorischen Usancen hinaus – vor allem folgende Problemstellungen untersucht werden: 1) In welchem literarischen Kontext (Textsorte/Gattung) und wie formen sich diese von philosophischen Autoren angewandten Strategien genauer aus? 2) Ist eine gezielte Adaptation dieser Autoren zu 22

Dazu siehe den Beitrag von Carlos Steel in diesem Band, S. 279–296. Dazu François Renaud: Rhétorique philosophique et fondement de la dialectique. Le commentaire du Gorgias par Olympiodore, in: PhilosAnt 6 (2006) 137–161. 24 Dazu grundsätzlich Philippe Hoffmann: La fonction des prologues exégétiques dans la pensée pédagogique néoplatonicienne, in: Jean-Daniel Dubois, Bernard Roussel (éd.): Entrer en matière. Les prologues (Paris 1998) 209–245. So verweist etwa Markus Asper: Narratives in (late-antique) Commentary, in: M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 435–456, hier: 453–454 auf die gruppen- und adressatenbezogene Funktion von Narrativen in spätantiken Kommentaren, die zur Bildung und Fixierung von Gruppenidentitäten beitragen. 25 Christian Tornau: Der Eros und das Gute bei Plotin und Proklos, in: Matthias Perkams, Rosa M. Piccione (Hg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik. Akten der Konferenz in Jena am 18.-20. September 2003 (Leiden 2006) 201–229; mit Bezug auf die Soliloquien des Augustinus siehe dazu Tobias Uhle: Philosophisches Argument und literarische Form in Augustins Soliloquien, in: M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 541–563. 23

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erkennen, und wenn ja, inwiefern? Oder sind vielmehr Reflexe eines übergreifenden rhetorischen Diskurses festzustellen? 3) An welche Adressaten richtet sich der jeweilige Text primär und mit welcher Intention? Bereits Schenkeveld26 verweist auf die Schwierigkeit, den Einfluss rhetorischer Theorie und Praxis auf philosophische Texte nachzuweisen. Auf eine solche Beeinflussung deutet nach seiner Ansicht die Verwendung auffälliger rhetorischer stilistischer Mittel hin, etwa gorgianischer Figuren oder HiatVermeidung, während die rhetorische Prägung von Komposi­tions­struk­tu­ ren und Argumentationsformen schwerer zu identifizieren sei. Strukturbildende rhetorische Elemente wurzeln in der antiken Praxis und werden im vorliegenden Band erstmals in großem Umfang analysiert, evaluiert und interpretiert. Sie dienen dazu, den Rezipienten vom Inhalt des Gesagten, Gemeinten oder Intendierten zu überzeugen und appellieren nicht lediglich an Vernunft und Intellekt, sondern in mindestens ebenso hohem Maße an Affekte und Emotionen.27 Häufig bedienen sich philosophische Schriftsteller nämlich solcher Textsorten und Gattungen, die auch Nichtphilosophen und Anfängern in der Philosophie leicht zugänglich sind, wie etwa des Dialogs, des Briefs, der Diatribe oder der eingängigen Spruchsammlung.28 Gerade diese Textsorten sind in der Antike auffällig reich an rhetorischen Strukturelementen, da sie sich an ein Publikum wenden, das längst gewohnt ist, in ‘rhetorischer Manier’ beworben und überzeugt zu werden. Diese Tatsache dürfte auch für die zunächst über­ raschende Präsenz rhetorischer Elemente in philosophischen Fach­texten (etwa Pragmatie, Epitome, Traktat, Essay, Kommentar) mitverantwortlich sein. Zu den besonders wichtigen rhetorischen Strukturelementen, die sich in antiken philosophischen Texten ausmachen lassen, gehören z.B. 26

D. M. Schenkeveld: Philosophical Prose, 196. H. North: Combing and Curling, 202; Michael Erler: Das Bild vom ‘Kind im Menschen’ bei Platon und der Adressat von Lukrez’ De Rerum Natura, in: CErc 33 (2003) 107–116; Michael Erler: ‘Argumente, die die Seele erreichen’. Der Axiochos und ein antiker Streit über den Zweck philosophischer Argumente, in: Klaus Döring, Michael Erler, Stefan Schorn (Hg.): Pseudoplatonica, 81–95; Stefan Schorn: Tears of the Bereaved. Plutarch’s Consolatio ad Uxorem in Context, in: Thorsten Fögen (ed.): Tears in the Graeco-Roman World (Berlin, New York 2009) 335–365. 28 Siehe den Beitrag von Dominic J. O’Meara, S. 339–352; vgl. den Überblick bei D. M. Schenkeveld: Philosophical Prose, 204–254. Zum Brief siehe Ruth Morello, Andrew Morrison (eds.): Ancient Letters. Classical and Late Antique Epistolography (Oxford 2007). 27

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Protreptik,29 Paränese,30 Epilogismos31 und Argumenthäufung32, letzteres ein vor allem aus der Gerichtsrede bekanntes Phänomen, das etwa in die philosophische Konsolations-Topik,33 aber auch in Texte philosophischer Fachliteratur Eingang findet, wie etwa in Argumentationen für die Unsterblichkeit der Seele. Bemerkenswert ist dabei, dass hier oft Argumente unterschiedlicher philosophischer Provenienz allein durch Häufung Effekt haben. Dazu gehören auch die Konstruktion von Aporien, die Einbettung narrativer Passagen in genuin philosophische Kontexte bzw. die narrative Repräsentation philosophischer Inhalte,34 die Verwendung von (mythischen wie historischen) Exempla, die argumentative Funktionalisierung von Bildern und Metaphern,35 die szenisch-dramatische Rahmung philosophischer Gespräche sowie die besonders intensive Funktionalisierung von Affekten und Emotionen (z.B. mit Blick auf die Topoi der consolatio oder aber als intensivierte Überzeugungsstrategie). Erst kürzlich konnte gezeigt werden,36 dass etwa die Strategie der Werbung des kaiserzeitlichen Platonikers Plutarch für seine Philosophie in den Werken über praktische Ethik nicht nur auf philosophischen Argumenten beruht, 29

Mark Jordan: Ancient Philosophic Protreptic and the Problem of Persuasive Genres, in: Rhetorica 4 (1986) 309–333. 30 Dazu Albrecht Grözinger: Art. Paränese, in: HWR 6 (2003) 552–555; Leo Perdue, John Gammie (eds.): Paraenesis. Act and Form (Atlanta 1990); siehe auch Jula Wildberger: Paraenesis and Argument in Arrian, Discourses of Epictetus, in: M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 411–433 sowie den Beitrag von Thomas Baier in diesem Band, S. 239–258. 31 Dazu Michael Erler: Exempla amoris. Der epikureische Epilogismos als philosophischer Hintergrund der Diatribe gegen die Liebe in Lukrez De rerum natura, in: Annick Monet (éd.): Le jardin romain. Épicurisme et poésie à Rome. Mélanges offerts à Mayotte Bollack (Lille 2003) 147–162. 32 Dazu M. Erler: Argumente, die die Seele erreichen. 33 Bernhard Zimmermann: Philosophie als Psychotherapie. Die griechisch-römische Consolationsliteratur, in: Barbara Neymeyr, Jochen Schmidt, Bernhard Zimmermann (Hg.): Stoizismus in der europäischen Philosophie, Literatur, Kunst und Politik. Eine Kulturgeschichte von der Antike bis zur Moderne, Bd. 1 (Berlin, New York 2008) 193–213. 34 Siehe M. Asper: Narratives in (late-antique) Commentary. 35 Dies zeigt für Plotin deutlich Wiebke-Marie Stock: Argument und Bild in Plotins Schrift Über das Schöne, in: M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form, 495–516. 36 Lieve Van Hoof: Plutarch’s Practical Ethics. The Social Dynamics of Philosophy (Oxford 2010) 41–65, auch mit Verweis auf Arbeiten von Ingenkamp.

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sondern dass seine dort vorgeschlagene ‘Psychotherapie’ eine unerwartet große Anzahl rhetorischer Elemente enthält (z.B. Exempla, Appell an die öffentliche Meinung, das Vorwissen oder das Ehrgefühl des Adressaten), mithin psychagogische Strategien aufweist, die auf die ‘vor-philosophische Motivation’ des Adressaten zielen.37 Mit Blick auf die Beiträge in diesem Band wird deutlich, dass sich das Ausmaß struktureller Amalgamierung rhetorischer Techniken und Strategien in philosophischen Texten der Antike als weit größer erweist, als das in der Forschungsliteratur bislang reflektiert wird. Diese neu gewonnenen Erkenntnisse sind auch auf philosophische Texte des Mittelalters und der Neuzeit anwendbar und eröffnen mithin entsprechende diachrone Perspektiven,38 die für die antike philosophische Literatur identifizierten rhetorischen Strategien in weiteren philosophischen Kontexten zu verorten und dort auf deren Valenz zu überprüfen. Während ältere Forschungsbeiträge, wie der damals unzeitgemäße, weite Perspektiven aufzeigende Beitrag von Hans von Arnim,39 aber auch jüngere40, auf Interdependenzen zwischen Literatur und Philosophie hinweisen, und selbst wenn zu einzelnen Autoren bereits Studien vorliegen, fehlt doch bislang eine weit ausgreifende und diachrone Thematisierung und Präzisierung der im Spannungsfeld zwischen Rhetorik und Philosophie zu beobachtenden Phänomene, wie sie dieser Band anstrebt.

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Siehe ausführlicher Stefan Schorn: Die Vorstellung des xenophontischen Sokrates von Herrschaft und das Erziehungsprogramm des Hieron, in: Livio Rossetti, Alessandro Stavru (a cura di): Socratica 2005. Studi sulla letteratura socratica antica presentati alle Giornate di studio di Senigallia (Bari 2008) 177–203; zur situationsbedingten und adressatenbezogenen Problemstellung in Buch V von Platons Politeia siehe den Beitrag von Christopher Rowe in diesem Band, S. 85–108. 38 Dazu siehe die Beiträge von Theo Kobusch, S. 369–387, und Wolfgang Rother, S. 389– 405, in diesem Band. 39 Hans von Arnim: Leben und Werke des Dio von Prusa. Mit einer Einleitung: Sophistik, Rhetorik, Philosophie in ihrem Kampf um die Jugendbildung (Berlin 1898). 40 Michael Erler: Römische Philosophie, in: Fritz Graf (Hg.): Einleitung in die lateinische Philologie (Stuttgart, Leipzig 1997) 537–593; M. Erler, J. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form.

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Von Parmenides bis Hegel Der vorgelegte Band bietet einen chronologischen Durchgang durch die antiken philosophischen Texte von den Anfängen bis in die Spätantike mit Blick auf die Präsenz rhetorischer Elemente, ergänzt um einen Ausblick auf das Mittelalter und die Neuzeit. Der Begriff der Rhetorik wird in der Antike enger oder weiter gefasst – allgemein als Technik der Beeinflussung des Adressaten oder spezieller als formale Gestaltung mit Hilfe sprachlicher und literarischer Mittel. Das antike Grundverständnis von Rhetorik als Kunst der Überzeugung und Überredung, d.h. als Strategie, beim Adressaten das Fürwahrhalten eines Sachverhalts, eine bestimmte emotionale Einstellung dazu und eine entsprechende Motivation zum Handeln auszulösen,41 ist in allen Fällen ein relevanter Aspekt und verleiht der vorliegenden Sammlung Kohärenz. Strategien dieser Art sind in griechischen Texten lange vor der Existenz einer schulmäßigen Rhetorik präsent.42 Der Band wird daher mit einem Beitrag zu Parmenides eröffnet. Mauro Tulli weist anhand seiner Lektüre der Fragmente B 1–6 persuasive Elemente im parmenideischen Lehrgedicht nach. Die dort zu Beginn berichtete Reise zum Ort der Erkenntnis ist ein Angebot an den Leser, sich mit Parmenides zu identifizieren und sich wie er um Wissen zu bemühen, das nicht mehr, wie im homerischen und hesiodeischen Epos, als Museninspiration zum Menschen kommt, sondern durch eigene Aktivität erworben werden muss. Hierzu will Parmenides motivieren und setzt dazu – geradezu spätere Proömialtopik antizipierend – Mittel wie beispielsweise die eindringliche imperativische Redeweise ein, welche die Aufmerksamkeit des Publikums erregen sollen. Es folgen drei Beiträge zu Platon, der, wie oben dargelegt, zum einen als Inbegriff des philosophus orator und zum anderen als Kritiker sophistischer Verabsolutierung der Rhetorik gilt. Die Anwendung rhetorischer Strategien ist bei ihm daher nie eine Selbstverständlichkeit. Und seine litera­rischen Mittel, die dazu dienen, auf die Rezipienten einzuwirken, gehen weit über das im engen Sinne Rhetorische hinaus – der philosophus orator ist hier, möglicherweise an frühgriechische Traditionen anknüp41 42

Vgl. z.B. Cic. De orat. I 69. Die antiken Rhetoren fanden sie schon bei Homer, vgl. z.B. Quint. Inst. II 17, 8.

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fend, zugleich philosophus poeta. Dieses Spannungsfeld leuchten die drei folgenden Beiträge aus. Bernhard Zimmermann geht der Frage nach, inwiefern in der von Platon gepflegten neuen Gattung der Sokratikoi Logoi ältere dramatische Gattungen als ‘Subtexte’ präsent sind. Elemente der aristophanischen Komödie, wie die spöttische Kritik prätentiösen pseudophilosophischen Spezialistentums, sind auch für Platons Dialoge charakteristisch, freilich ohne den komö­dientypischen Appell an die Vorurteile des Polis-Publikums. Platons Mythen führen in gewissem Sinne die ‘metaphorische Dramatisierung’ der Alten Komödie fort. Besonders das Symposion mit seinen dionysischen Anklängen und seiner Inszenierung des Sokrates als eines zugleich episch-tragischen und komischen Helden kann als gereinigte und philosophischen Zielen dienstbar gemachte Form der alten epischen und dramatischen Polis-Literatur gelten. Als für die Lektüre weniger Intellektueller bestimmtes ‘Theorietheater’ ist das Symposion freilich selbst keine Polis-Literatur und kann es nicht sein – die traditionellen Epiker und Tragiker bleiben in der Politeia und den Nomoi bekanntlich aus dem Idealstaat ausgeschlossen. Franco Ferrari wendet sich dem Theaitetos und seinem irritierenden aporetischen Ausgang zu. Den hermeneutischen Schlüssel zur Aporie findet Ferrari in der nirgendwo so explizit wie im Theaitetos vorgestellten maieutischen Methode: Sokrates ist kein Wissender, der eine Erkenntnistheorie präsentieren könnte, sondern ein Geburtshelfer, der vom Dialogpartner bereits mitgebrachte und im philosophischen Diskurs des 5./4. Jahrhunderts v. Chr. verankerte Annahmen prüft und für unzureichend befindet. Die vieldiskutierte Abwesenheit der platonischen Ideen erklärt sich zum einen aus der kritisch-maieutischen Anlage des Dialogs, zum anderen aus seiner durch mehrere Signale markierten Offenheit hin zum Folgedialog, dem Sophistes. Die dramatisch-literarische Charakterisierung des Sokrates und das philosophisch-kritische Anliegen Platons sind dabei nicht voneinander zu trennen. Dass ein Rhetorikkritiker wie Platon rhetorische Strategien nicht un­ reflektiert verwendet, bildet die Voraussetzung der Studie von Christopher Rowe, der die rhetoriktheoretische Forderung des Phaidros (277c) nach situationsadäquatem Adressatenbezug auf die Dialoge selbst anwendet. Testfall ist das fünfte Buch der Politeia, in dem Sokrates scheinbar

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eine Idee des Hässlichen annimmt und die Erkenntnisformen der Meinung (δόξα) und des Wissens (ἐπιστήμη) schematisch den zwei ‘Welten’ des phänomenologisch Sichtbaren und des ontologisch Seienden zuzuordnen scheint. Aber die Situation wird ausdrücklich als eine rhetorisch-persuasive gekennzeichnet: Sokrates denkt gemeinsam mit Glaukon darüber nach, wie man unphilosophische, aber eitle Ästheten (‘Philodoxen’) davon überzeugen kann, dass sie kein Wissen, sondern lediglich Meinung besitzen, ohne sie zu beleidigen. Da solche Menschen sich nur für sinnlich wahrnehmbare Einzeldinge interessieren, werden sie ihren Anspruch auf Wissen gern aufgeben, sobald sie überzeugt sind, dass es von diesen kein Wissen gibt. Die Aussagen des fünften Buches sind also situationsbedingt und kein allgemeines ‘Dogma’; die Beachtung der rhetorischen Struktur verhilft insofern auch zu einer exakteren Einschätzung des Gewichts philo­sophischer Sachaussagen. Aristoteles gilt nicht nur in philosophischer, sondern auch in literarischer Hinsicht als Antipode Platons. Seinen Pragmatien ist häufig ein unliterarischer Stil attestiert worden, und in der Tat sollten nach Aristoteles’ eigenen Anforderungen an eine wissenschaftliche Schreibweise philo­sophische Texte auf potentiell verunklärende stilistische Effekte verzichten. Sabine Föllinger vermag jedoch zu zeigen, dass Aristoteles diese Theorie in der Praxis ausgesprochen großzügig handhabt. Dichterzitate, narrative Elemente (Exempla) und emotionale Züge haben je nach Kontext intensivierenden, werbenden, argumentativ weiterführenden oder auch einfach unterhaltenden Effekt; im Sinne des Adressatenbezugs dienen sie im wissenschaftlichen Diskurs der Absicherung vor allem gegen­über einem nicht nur aus Fachleuten bestehenden Publikum. Vielfach zeigen sich hier überraschende Bezüge zu den Ergebnissen neuphilo­ logischer Forschung zur modernen Wissenschaftsprosa. Die Sequenz der Beiträge zum ‘klassischen’ Athen des 4. vorchristlichen Jahrhunderts schließt im Sinne eines Perspektivenwechsels mit Isokrates, einem Rhetor also, der für sein eigenes, dezidiert rhetorisches Bildungsprogramm (παιδεία) den Begriff der Philosophie in Anspruch nahm. Die Bedeutung dieser Tatsache beleuchtet Maddalena Vallozza anhand der sogenannten Schulszenen, das heißt quasi-dialogischer Partien in den isokrateischen Reden, welche Isokrates im Gespräch mit seinen Schülern zeigen und die gerade vorgetragene Rede – und damit die Rhetorik über-

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haupt – zum Gegenstand metaliterarischer Reflexion machen. Diese literarische Technik bricht die starre epideiktische Form auf und propagiert eine παιδεία, die nicht im bloßen Erlernen fester Formen, sondern im gemeinsamen Reflektieren innerhalb der Schule und darüber hinaus best­eht. Die hellenistische Philosophie, der die folgenden sieben Beiträge gewidmet sind, steht nicht im Rufe, für die rhetorische Kunst besonderes Interesse aufgebracht oder sie mit Erfolg angewandt zu haben. Im Epikureismus galt – so ein geläufiges Bild – geradezu ein Verbot rhetorischer Betätigung.43 Die Stoiker befassten sich zwar mit Rhetorik, doch waren nach einem Bonmot Ciceros die einschlägigen Schriften von Kleanthes oder Chrysipp nur Lesern zu empfehlen, die gern verstummen wollten.44 Eine Ausnahme bildete nur die skeptische Akademie mit ihrem römischen Fortsetzer Cicero. Demgegenüber wird der schon in der klassischen Zeit vorhandene praktisch-therapeutische Zug der philosophischen Belehrung im Sinne einer philosophia medicans im Hellenismus eher noch akzentuiert, und es ist kaum einzusehen, wie philosophische Texte mit einer solchen Zielsetzung ohne rhetorische Psychagogie, d.h. ohne eine intensive und wohlberechnete Wirkung auf ihre Leser auskommen können. Hierin liegt eine Spannung, die – wie die entsprechenden Untersuchungen dieses Bandes zeigen – eher zugunsten der Rhetorik aufzulösen ist, wobei die hellenistischen Autoren unterschiedliche Rhetorikkonzepte und -strategien entwickeln. Dies zeigt sogleich der Beitrag von Holger Essler zu Epikurs Hauptlehrsätzen (Κύριαι δόξαι). Diese gelten als eine Sammlung von Einzelmaximen, die zwar grob nach inhaltlichen Gesichtspunkten geordnet seien, deren Reihenfolge aber variabel und deren stilistische Gestaltung nachrangig sei. Epikur stellt jedoch – fast im Sinne einer modernen ‘mind map’ – durch die sprachliche Form der Einzelsätze Bezüge zwischen gelegentlich weit voneinander entfernt stehenden Sätzen her, wodurch sach­liche Zusammenhänge auch in nichtlinearer Weise erkennbar und leichter memorierbar werden. Dabei kommen markante stilistische Wendungen, Wiederholungsfiguren und andere rhetorische Stilmittel zum 43 44

Z.B. Epik. Fr. 565–566, 576 Us. = Diog. Laert. X 118–121b. Cic. Fin. IV 7.

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Einsatz. Wo es dem didaktischen Ziel dient, kann also selbst Epikur cum grano salis als philosophus orator bezeichnet werden. Gegen das Vorurteil vom unrhetorischen, ja antirhetorischen Epikur wendet sich auch Jan Erik Heßler mit einer Untersuchung des Briefs an Menoikeus. Er vermag eine ausgefeilte stilistische Gestaltung bis hin zum Prosarhythmus nachzuweisen, ebenso eine an die Gerichtsrede angelehnte Disposition der Redeteile sowie die Beachtung der Gattungsregeln der philo­sophischen Werbeschrift, des Protreptikos. Eben aus der protrep­ tischen Funktion rechtfertigt sich für Epikur auch der Einsatz der Rhetorik. Natürlich bleibt es bei der Verwerfung der Rhetorik, sofern sie an die Affekte appelliert und vom Nützlichen und Wesentlichen ablenkt. Um jedoch bei einem breiten Publikum für den richtigen Weg zur Eudaimonie zu werben, ist der Einsatz rhetorischer Technik erlaubt und geboten. Philodems umfangreiche Schrift Über Rhetorik ist der einzige weit­ gehend erhaltene rhetoriktheoretische Traktat eines hellenistischen Denkers. Der Erhaltungszustand des die Schrift überliefernden Papyrus und der polemische Charakter des Werks bereiten der Interpretation freilich manche Schwierigkeit. Graziano Arrighetti fragt, wie Philodems scheinbar von der üblichen epikureischen Rhetorikkritik abweichende Qualifizierung wenigstens der epideiktischen Rhetorik als τέχνη mit seiner Definition der τέχνη in derselben Schrift harmoniert. Merkmale einer τέχνη sind für Philodem die empirische Beobachtung und die Anwendung bestimmter für den Gegenstand der τέχνη relevanter Grundgegebenheiten. Mit dem hierfür gewählten Terminus (στοιχεῖα) bezeichnet man im Epikureismus sonst die begrifflichen Grundprinzipien der Schule. Eine rhetorische τέχνη im epikureischen Sinne wäre demnach die von epikureischer Theorie geleitete Beobachtung des natürlichen Sprechens, sofern es wirkungsvoll und ästhetisch ansprechend, d.h. ‘schön’ ist, mit dem Ziel, ‘schönes’ natürliches Sprechen technisch zu reproduzieren. Dieses Verständnis von Rhetorik weicht freilich von der Schulrhetorik ab, bei deren Verwerfung es bleibt. Francesca Longo Auricchio wirft einen Blick auf die praktische Seite von Philodems Rhetorik und seinen vielfach als unkünstlerisch kritisierten Stil. Insbesondere untersucht sie den Gebrauch von Sprichwörtern und sprichwörtlichen Wendungen. Während solche bei Epikur auf persönliche Briefe beschränkt zu sein scheinen und in den Traktaten und

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Lehrbriefen fehlen, finden sich bei Philodem in fast jeder Schrift Sprichwörter, die Parallelen in der Alten und Neuen Komödie, bei Platon und auch bei römischen Autoren haben und dem Stil einen umgangssprachlich­ lebendigen Charakter verleihen. Die Differenz zu Epikur ist wohl auch dem veränderten historischen Kontext und dem dadurch bedingten polemischen Charakter der Schriften Philodems geschuldet. Der hohe Stellenwert der Rhetorik in der römischen Philosophie ist bekannt. Cicero und Seneca – um nur die wichtigsten Vertreter zu nennen – waren Praktiker der forensischen Beredsamkeit. Cicero, in dessen Werk die Einheit von Philosophie und Rhetorik wohl im höchsten Maße realisiert ist, hat eine Theorie der Rhetorik entwickelt. Hier setzt der Beitrag von Carlos Lévy an. Er verfolgt die Entwicklung von Ciceros Wesens­ bestimmung der öffentlichen Rede von ihrer im Frühwerk (De inven­ tione) akzentuierten Überzeugungs- und Wirkungsmacht hin zu ihrer im Spätwerk in den Vordergrund tretenden ästhetisch-mimetischen Seite. Der im Proömium von De inventione gezeichnete vollkommene Weise und Redner hat die Macht, die Menschheit vom Urzustand in den Stand der Zivilisation zu versetzen; er verkörpert die Ambition des jugend­lichen homo novus. Im Dialog De oratore, entstanden nach Ciceros Exil, vertritt Crassus weiterhin energisch den Anspruch der Rhetorik auf politische und kulturelle Wirksamkeit, doch steht daneben der realistische, ja desillusionierte Antonius. Im Orator schließlich, der nach Cäsars Sieg verfasst wurde, ist rhetorische Perfektion nur noch die Imitation einer der Erfahrungswelt transzendenten, platonischen Idee des Redners. Rede als Aktion tritt zurück, der Weg zum rhetorischen Ästhetizismus der Kaiserzeit ist geebnet. Thomas Baier wagt die These, dass das von Cicero als Verhängnis beklagte discidium … linguae atque cordis von Seneca geheilt und in seiner literarischen Praxis die von Cicero beanspruchte Versöhnung von Rhetorik und Philosophie verwirklicht sei. Schon Cicero hatte in der Konsola­ tionsschrift sein rhetorisches Können in innovativer Weise zur Selbsttröstung eingesetzt. So ist auch Senecas gelegentlich aufdringlich wirkende rhetorische Kunst zunächst auf die Selbstüberredung und Selbstermahnung gerichtet – ein Versuch, mit psychagogischen Mitteln den Willen zu beeinflussen, dessen Bedeutung für die stoische Handlungstheorie Seneca gegenüber seinen Vorgängern stärkt. Freilich ändert sich damit auch die

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Funktion, ja das Wesen der Rhetorik selbst. Sie wird von der πειθοῦς δημι­ ουργός zum asketischen Exerzitium. Diogenes, der Autor der kaiserzeitlichen epikureischen Inschrift von Oinoanda, war mit Blick auf die Rhetorik in einer zwiespältigen Lage, wie Jürgen Hammerstaedt zeigt. Einerseits distanziert er sich in orthodox epikureischer Weise von der psychagogisch-manipulativen Rhetorik, andererseits impliziert die Aufstellung der Inschrift an einem öffent­ lichen Platz die Absicht, auf ein Laienpublikum zu wirken. Hierzu hat Diogenes die traditionellen Aufgaben des Redners – inventio, dispositio, elocutio, memoria, pronuntiatio – der Sondersituation der inschriftlichen Publikation angepasst. Insbesondere in der philosophischen Polemik und Apologetik finden sich stilistische Effekte, Pathos und manipulativsophistische Argumentationen; optische Elemente wie Schriftgröße und Anordnung auf der Inschrift haben dispositionelle Funktion im Sinne der Leser­lenkung; an die Stelle der für die Inschrift ausfallenden pronuntiatio tritt das explizite, energische Werben um die Aufmerksamkeit des Lesers. Im kaiserzeitlichen Platonismus und insbesondere im Neuplatonismus verschärft sich die Spannung zwischen theoretischer Rhetorikferne und praktischem Rhetorikgebrauch, wie sie schon für den Hellenismus zu beobachten war. Der Idealzustand des neuplatonischen Philosophen ist die ‘Flucht’ aus der Welt45 und Einswerdung mit dem transzendenten Geist (νοῦς), d.h. ein Dasein auf der Ebene des absoluten Seins und totalen Wissens. Die auf Wahrscheinlichkeit und Persuasion gerichtete Rhetorik hat hier auf den ersten Blick keinen Platz – erst recht nicht, wenn es um die unio mystica geht, den Aufstieg zum überseienden Einen, das sprachlichem Erfassen nicht mehr zugänglich ist. Demgegenüber behält die Philo­sophie auch im kaiserzeitlichen Platonismus ihren therapeutischen Zug. Sobald der platonische Weise philosophisch spricht und schreibt, begibt er sich zurück in die ‘Höhle’46 und sucht auf Menschen zu wirken, die noch weit davon entfernt sind, weise zu sein. An dieser Stelle hat auch 45

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Plat. Tht. 176a. Michael Erler: ‘Socrates in the Cave’. Argumentations as Therapy for Passions in Gorgias and Phaedo, in: Maurizio Migliori, Linda M. Napolitano Valditara (eds.): Plato Ethicus – Philosophy is Life. Proceedings of the International Colloquium Piacenza (Italy) 2003 (Sankt Augustin 2004) 107–120.

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bei den Neuplatonikern die Rhetorik ihren systematischen Ort. Dazu liegen fünf Beiträge in diesem Band vor. Carlos Steel macht auf eine rhetorische Exegese des Parmenides aufmerksam, die Proklos unter die ‘logischen’ Interpretationen des Dialogs subsumierte und die aus der Phase des Mittelplatonismus stammen dürfte. Nach Ansicht der von Proklos anonym referierten Interpreten war der Parmenides eine Gegenschrift (ἀντιγραφή) und als solche mit Dialogen wie dem Menexenos, dem Theaitetos und dem Phaidros zu vergleichen. Im Parmenides übernimmt Platon die eleatische Methode der dialektischen Prüfung einer Hypothese auf ihre Konsequenzen und führt ihre Anwendung über das von den Eleaten selbst Geleistete hinaus. Platons spezifische rhetorische Leistung im Parmenides lag in den Augen dieser Mittelplatoniker auf dem Gebiet der inventio, so dass der Platonismus auch hier mit dem Peripatos konkurrieren konnte, dem mit der Topik des Aristoteles ein Grundbuch der Argumentfindung zur Verfügung stand. Plotin steht nicht im Rufe großer literarischer Kunst und stilistischer Sorgfalt, zumal ihm sein Biograph Porphyrios jedes Interesse an der äußeren Gestaltung seiner Texte abgesprochen hat.47 John Dillon belegt anhand ausgewählter Beispiele die mangelnde Fundiertheit dieses Urteils. In mehreren besonders eindringlich formulierten Passagen lassen sich Perio­denbau und eine ausgefeilte Antithetik nachweisen; sprachliche Bilder wie die Lichtmetapher werden – nicht überraschend bei einer Philosophie, in der der Bildbegriff zentrale sachliche Bedeutung hat – sorgsam ausgearbeitet; zur Illustration schwieriger philosophischer Probleme werden poetische und mythische Exempla herangezogen. So erweist sich Plotin auch in literarischer Hinsicht durchaus als würdiger Nachfolger Platons. Christian Tornau fragt nach der Präsenz von Rhetorik als Psychagogie und Persuasion bei Plotin. Dieser gebraucht den für die Rhetorik zentralen Begriff der Überredung (πειθώ) antithetisch zu Zwang (ἀνάγκη). Die Differenz dieser Argumentationsformen liegt nicht in der äußeren Gestaltung des Diskurses, sondern auf einer ontologischen Ebene: Während zwingende Argumentationen über das geistige Seiende (den Geist und die Ideen) als solches sprechen und dabei auch nicht vor kontraintuitiven Aussagen zurückscheuen, setzt die plotinische Überredung bei Erfahrun47

Porph. Vita Plot. 8.

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gen der körpergebundenen Seele an, anhand derer sie sich ihre Herkunft aus der Transzendenz bewusst zu machen vermag. Die wichtigste dieser Erfahrungen ist die der Seele angeborene, über das körperliche und das geistige Sein hinausweisende Sehnsucht nach dem Guten. Dominic O’Meara untersucht die Formen und Funktionen der fragmentarisch erhaltenen Briefe Iamblichs. Drei Formen oder Textsorten sind besonders gut repräsentiert: das protreptische Werbeschreiben für die Philosophie oder eine philosophische Disziplin, etwa die Dialektik; die ethische Instruktion einer in politischer Verantwortung stehenden Person (‘Fürstenspiegel’); und die popularisierende Diskussion philo­ sophischer Spezialfragen. Es handelt sich durchweg nicht um persönliche Schreiben, sondern um Lehrbriefe, die für die öffentliche oder halböffentliche Verlesung bestimmt waren, woraus sich ihre sorgfältige rhetorische Stilisierung erklärt. Wegen dieses exoterischen Charakters wurden die Briefe wohl in der Generation nach Iamblich in den Lektürekanon der neuplatonischen Schulen integriert, wo sie zu Einführungszwecken verwendet wurden. Einen Reflex dieser Praxis stellt die Anthologie des Stobaios dar, in der die Fragmente überliefert sind. Michele Abbate fragt nach den rhetorischen Implikationen des im Neuplatonismus seit Plotin allgegenwärtigen Sprechens über das Unsagbare. Wenn Rhetorik als Überredungs- oder Überzeugungskunst verstanden wird, wer soll dann wie und warum von der Unsagbarkeit des Einen überzeugt werden? Die Antwort ist, dass die neuplatonische Sprache des Unsagbaren nicht das Unsagbare sagen, sondern das sprachlich geprägte Denken selbst von der Unsagbarkeit des Einen überzeugen und es zum Überstieg über sich selbst, zu seiner Selbstaufhebung auffordern will. Dies soll die negative Theologie leisten, deren Negationen sich in letzter Konsequenz selbst aufheben und die (etwa am Ende der Mystischen Theologie des Dionysios Areopagita) im Schweigen endet. Die zwei abschließenden Beiträge bieten einen Ausblick in die Philo­ sophie des Mittelalters und der Neuzeit. Sie belegen, dass die Frage nach dem Verhältnis von Philosophie und Rhetorik kein spezifisch antikes, sondern ein genuin philosophisches Problem ist. Theo Kobusch legt dar, wie in der Philosophie des 12. Jahrhunderts, vor allem in der Schule von Chartres, das Bewusstsein aufkommt, dass die Rhetorik eine gegenüber der Philosophie eigenständige Gestalt des

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Geistes ist. Diese Eigenständigkeit zeigt sich etwa am Beispiel der Personenkonzeption: Der in der rhetorischen Tradition entwickelte, an der Unterscheidung von Person (persona) und Sache (negotium) orientierte Personenbegriff wird nun seitens der Philosophie (etwa bei Abaelard) als eigenständig und nicht auf den grammatischen und theologischen Personenbegriff reduzierbar anerkannt. Zur Wirkungsgeschichte dieser bedeutsamen Trennung von Rhetorik und Philosophie gehört die im 13. und 14. Jahrhundert übliche Unterscheidung von scientia sermocinalis und scientia realis, also von Sprachwissenschaft und Realwissenschaft. Wenn philosophisches Sprechen ein dezidiert nichtmythisches, begriffliches Sprechen ist und statt auf das Einzelne auf das Allgemeine zielt, warum bedient sich dann ein Denker wie Hegel wiederholt in seinem Werk und an entscheidender Stelle der Phänomenologie des Geistes des poetischen Exemplums der Antigone? Dieser Frage geht Wolfgang Rother in dem diesen Band beschließenden Beitrag nach. Wie er anhand einer präzisen Untersuchung der einschlägigen Abschnitte der Phänomenologie zeigen kann, gewinnt Hegels Darstellung der Genese der Sittlichkeit aus Gesetzeskollision und Anerkennung von Schuld erst durch die formal nur diskret eingesetzte, aber die ganze Passage prägende Antigone-Gestalt ihre Konkretion. Antigone ist insofern kein ‘nur’ rhetorisches, der Philosophie äußerliches Exemplum, sondern sie ist eine Chiffre der Sache selbst, mit der das, was sich anders nicht sagen lässt, gesagt wird. In diesem Sinn erscheint auch Hegel als philosophus orator. Die Ergebnisse dieses Durchgangs durch die Geschichte der Philosophie lassen sich – im Sinne eines vorläufigen Fazits – nach folgenden Haupt­ gesichtspunkten systematisieren: 1) Philosophische Autoren denken explizit oder implizit über Rhetorik und rhetorische Argumentationsstrategien nach (Platon, Philodem, Cicero, Seneca, Mittelplatoniker bei Proklos, Plotin, die Philosophen des 12. Jahrhunderts). Die dabei erreichten Klärungen gründen in den philo­so­phi­schen Konzeptionen dieser Autoren und haben Konsequenzen für ihre literarische und rhetorische Praxis. 2) Philosophen ‘stilisieren’ ihre Texte rhetorisch. Damit können sie tendenziell in einen Widerspruch zu ihren theoretischen Überzeugungen geraten (Aristoteles), doch ist die Praxis stets durch das praktische Grund-

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anliegen der Philosophie im Allgemeinen legitimiert und die konkrete Durchführung im Sinne der jeweiligen philosophischen Richtung reflektiert (Platon, Epikur, Philodem, Diogenes von Oinoanda, Plotin, Iamblich). Es handelt sich nirgends um die bloße Übernahme schulrhetorischer Muster und Fertigkeiten. 3) In einzelnen Fällen (Platon, Seneca, Hegel) können Philosophie und Rhetorik geradezu miteinander verschmelzen, so dass die Sachaussage und ihre sprachliche Fassung nicht mehr ohne Verlust voneinander zu trennen sind. Trotz der Vielfalt der in diesem Band vorgelegten case studies bleibt das Resultat vorläufig – und so versteht er sich als Einladung und Anregung zu weiterer Forschung über die Thematik des philosophus orator. ***** Unser Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen für die angenehme Kooperation, Frau Christina Hummel (Würzburg) für die Mitarbeit bei der Redaktion, Herrn Janis Tortora (Tübingen) für die Hilfe bei der Erstellung der Register, Frau Dr. Arlette Neumann (Schwabe Verlag) für die sorgfältigen Lektorats- und Satzarbeiten und schließlich dem Zürcher Universitätsverein für einen Beitrag an die Druckkosten. Wir danken sehr herzlich der Fritz-Thyssen-Stiftung für die großzügige Förderung der Tagung und die finanzielle Unterstützung der Redaktionsarbeiten bei der Vorbereitung zur Drucklegung des Bandes. Leuven, Tübingen, Würzburg und Zürich im Januar 2016

Strategien der Erzählung und der Überzeugung des Adressaten bei Parmenides M AU R O T U L L I

An den Anfang seines Lehrgedichts stellt Parmenides die Darstellung eine­r persönlichen Erfahrung, einer Reise zum Wissen, zur Göttin hin, eine­r Reise, die ohne Zweifel über die gewöhnlichen Erfahrungen des Menschen hinausgeht. Die Erzählung stellt den Gegensatz zwischen dem Menschen dar, der in die Welt der Göttin kommt, und dem Menschen, der in der Finsternis umherirrt. Parmenides erreicht die Welt der Göttin. Es liegt auf der Hand, den Menschen, der in der Finsternis umherirrt, mit dem Leser zu identifizieren. Aber Parmenides organisiert den Text mit Blick auf den Leser. Die Analyse, die dieser Beitrag bieten soll, will in dieser Hinsicht mehr als nur einen Aspekt herausarbeiten. Themen sind hier die Definition des Weges, die Form der Erzählung, der Enthusiasmus des Menschen, die Richtung der Reise, das Para­digma Homer, der Gruß der Göttin, das Paradigma Hesiod, der Imperativ, das Verhältnis zwischen Reise und Suche sowie das aufmerksame Zuhören. Es wäre nicht schwer, die Liste noch zu erweitern.

I. Die Definition des Weges B 1, 1–5 DK: ἵπποι ταί με φέρουσιν, ὅσον τ’ ἐπὶ θυμὸς ἱκάνοι πέμπον, ἐπεί μ’ ἐς ὁδὸν βῆσαν πολύφημον ἄγουσαι δαίμονες, ἣ κατὰ πάντ’ ἄστη φέρει εἰδότα φῶτα· τῆι φερόμην· τῆι γάρ με πολύφραστοι φέρον ἵπποι ἅρμα τιταίνουσαι, κοῦραι δ’ ὁδὸν ἡγεμόνευον.

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Mauro Tulli

Die Erzählung gewinnt in Fr. 1 an Plastizität mit der Beschreibung des Weges, auf dem das ἅρμα mit den Stuten fährt: Eine Reise zwischen der Welt des Menschen und der Welt der Göttin ist möglich. Die Funktion des Weges liegt hier klar auf der Hand: φέρει εἰδότα φῶτα. Parmenides zeigt dabei eine genaue Kenntnis seiner selbst. Der Leser erkennt sofort das Wesen des Menschen, der das Wissen besitzt. Der θυμός führt Parmenides zur Entdeckung des Weges, der ihm gehört.1 Aber es zeigt sich hier mehr als nur der Reflex einer persönlichen Erfahrung. Sicher bezieht sich φέρει εἰδότα φῶτα nicht nur auf Parmenides. Dem Leser präsentiert die Erzählung eine Reise in die Welt der Göttin κατὰ πάντ’ ἄστη.2 Es ist eine Reise, die möglich ist. Dank der Beschreibung, die Parmenides bietet, kann das ἅρμα mit den Stuten auch den Leser transportieren, wenn er das Wissen besitzt und sich auf dem Pfad der Suche befindet: zur Welt der Göttin hin, auf dem ἅρμα mit den Stuten, dem ἅρμα, das Parmenides, aber nicht nur Parmenides transportieren kann, dem ἅρμα des Menschen, der das Wissen besitzt. Das Wissen über die Welt des Menschen, über ἀλήθεια und δόξα, ist aber nicht das Ergebnis einer Offenbarung: Der Bericht von der Reise zum Wissen ist vielmehr der Bericht von einer Suche.3

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Vgl. Mauro Tulli: La coscienza di sé nel racconto di Parmenide, in: Graziano Arrighetti, Franco Montanari (a cura di): La componente autobiografica nella poesia greca e latina fra realtà e artificio letterario (Pisa 1993) 141–162. Mit ὅσον zeigt Parmenides in der Ökonomie der Erzählung die Entsprechung zwischen dem θυμός, der ihn führt, und der Dauer der Reise. Der Kodex L des Sextus Empiricus hat hier κατὰ πάντ’ ἄτη. Sicher ist κατὰ πάντ’ ἄστη in Kodex N eine Konjektur. Aber es ist ohne Zweifel die beste Konjektur: Parmenides imitiert hier Homer, den Beginn der Odyssee (I 1–10). Die Debatte über die Textkon­ stitution, die in der modernen Literatur zu finden ist, ist sehr erhellend. Vgl. Walter Lapini: Testi frammentari e critica del testo (Roma 2013) 37–86. Wo findet sich ein Indiz dafür, dass die Reise als mystisch zu interpretieren ist? Es ist schwierig, in φέρει εἰδότα φῶτα mit Giovanni Pugliese Carratelli: La Θεά di Parmenide, in: PP 43 (1988), jetzt in: ders.: Tra Cadmo e Orfeo (Bologna 1990) 421–430 das Wissen zu sehen, das der Eingeweihte besitzt. Vgl. Giovanni Cerri: Parmenide. Poema sulla natura (Milano 1999) 96–110.

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II. Die Form der Erzählung Parmenides projiziert hier das Erlebnis einer Suche in die Vergangenheit, die er jeden Tag wieder erlebt. Die Erzählung besitzt einen iterativen Charakter, und in diesem Sinne ist der Widerspruch in der Verwendung der Tempora bei den Verben φέρουσιν und πέμπον zu interpretieren. Der Kontrast erinnert an den Stil des Hymnos. Ohne Zweifel findet er sich im dritten Hymnos An Apollon (1–13), mit τιταίνει vor μίμνε und mit ἔδωκε vor καθίζουσιν, und ist dort die Folge einer nicht immer geglückten Verbindung von Erzählung und Beschreibung. Während die Erzählung, was den Aoiden betrifft, ganz deutlich auf dessen Besitz des Wissens verweist, verlangt das Lob der ewig währenden Welt eine deskriptive Struktur.4 Der Gegensatz in den Tempora der Verben ist ebenfalls in der Theogonie He­ siods (1–34) deutlich zu sehen, bei ὀρχεῦνται vor χοροὺς ἐνεποιήσαντο und στεῖχον vor ἐδίδαξαν. Erneut ist er Folge einer nicht immer geglückten Verbindung von Erzählung und Beschreibung. Die Erzählung He­ siods ist jedoch mit der ‘Investiturszene’ der Bericht von einer p ­ ersönlichen Erfahrung, die im Motiv der Inspiration den Ursprung aufzeigt, den das Wissen hat.5 Sicher ist die Beschreibung der Reise in unserem Text kein 4

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Im Lob der ewig währenden Welt sieht Michael Erler: Praesens divinum. Mythische und historische Zeit in der griechischen Literatur, in: Markus Janka, Christian Schäfer (Hg.): Platon als Mythologe (Darmstadt 2002) 81–98 eine Art von praesens divinum. Alfred Heubeck: Gedanken zum homerischen Apollonhymnos, in: Festschrift Konstantinos J. Merentitis (Athen 1972), jetzt in: Alfred Heubeck: Kleine Schriften zur griechischen Sprache und Literatur, hg. von Bernhard Forssman u.a. (Erlangen 1984) 171–186 verweist auf die Beschreibung der ἀγῶνες auf Delos nach ἐβήσαο und nach ἠλάσκαζες (140– 150). Im Hinblick auf den fünften Hymnos An Aphrodite (1–44) oder den dreiundreißigsten Hymnos An die Dioskouren (1–17) erinnert Jenny Strauss Clay: The Politics of Olympus (Bristol 22006) 17–94 an das Präteritum in der Beschreibung. Vgl. Stuart D. Olson: The Homeric Hymn to Aphrodite and Related Texts (Berlin, Boston 2012) 129–160. Vgl. Christos Tsagalis: Poetry and Poetics in the Hesiodic Corpus, in: Franco Montanari, Antonios Rengakos, Christos Tsagalis (eds.): Brill’s Companion to Hesiod (Leiden, Boston 2009) 131–177. Hier ist das Motiv der Inspiration um das Bild des Zepters und des Lorbeers erweitert. Auf das ἐδίδαξαν einer persönlichen Erfahrung folgt χοροὺς ἐνεποιή­ σαντο. Vgl. Paul Friedländer: Das Proömium von Hesiods Theogonie, in: Hermes 49 (1914), jetzt in: Ernst Heitsch (Hg.): Hesiod (Darmstadt 1966) 277–294. In der Beschreibung der Aktivitäten der Musen erkennt William G. Thalmann: Conventions of Form and Thought in Early Greek Epic Poetry (Baltimore, London 1984) 134–156 eine wohl-

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Hymnos. Aber Parmenides zeigt den Ursprung, den das Wissen hat, indem er von einer persönlichen Erfahrung erzählt, und übernimmt aus der ‘Investiturszene’ den Gegensatz in den Tempora der Verben. Er adaptiert ein stilistisches Element des Hymnos und verwendet es außerhalb dieser Gattung. Jedoch hat der Gegensatz eine neue Bedeutung: Die Erzählung zeigt einen iterativen Charakter, Parmenides berichtet von einer Erfahrung in der Vergangenheit, die er jeden Tag wieder erlebt.6 Für den Leser ist das Ergebnis besonders wichtig. Die Erfahrung, die Parmenides jeden Tag macht, wird für den Leser zugänglich, wenn er imstande ist, Parmenides jeden Tag auf dem Pfad der Suche in die Welt der Göttin zu begleiten.

III. Der Enthusiasmus des Menschen B 1, 6–10 DK: ἄξων δ’ ἐν χνοίηισιν ἵει σύριγγος ἀυτήν αἰθόμενος (δοιοῖς γὰρ ἐπείγετο δινωτοῖσιν κύκλοις ἀμφοτέρωθεν), ὅτε σπερχοίατο πέμπειν Ἡλιάδες κοῦραι, προλιποῦσαι δώματα Νυκτός, εἰς φάος, ὠσάμεναι κράτων ἄπο χερσὶ καλύπτρας.

Mehr als Homer und Hesiod hat Parmenides denselben Status, den auch der Leser hat. Er ist nicht bei den Musen, er hat den Status eines

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durchdachte Erzählstruktur. Für μίμνε oder στεῖχον ist es möglich, an die Beschreibung der ewig währenden Welt zu denken, die das Veda bietet. Aber es fällt schwer, in ὀρχεῦνται oder ἐδίδαξαν nicht die Zeit der Menschen zu erblicken: τιταίνει und ὀρχεῦνται sind nicht annalistisch und nehmen nicht die Perspektive des Erzählers ein. Vgl. Albert Rijksbaron: The Syntax and Semantics of the Verb in Classical Greek (Chicago 32002) 22–25. Hier findet sich die Beschreibung. Vgl. Albrecht Klose: Der Indikativ des Präsens bei Homer, Herodot und Thukydides (Erlangen, Nürnberg 1968) 106– 142. Was die Metaphern im Hinblick auf die Tempora betrifft, verweist Heinrich Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik (Stuttgart 31990) 273–274 und 404–406 auf Quintilian (Inst. IX 2, 40–44 und IX 3, 10–11). Für den iterativen Charakter der Erzählung bietet Gérard Genette: Figures, III (Paris 1972) 157–182 eine Definition; ders.: Nouveau discours du récit (Paris 1983) 30–33 erinnert an den Bezug zur Erzählung von einer persönlichen Erfahrung.

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Menschen auf dem ἅρμα, der in Richtung Wissen unterwegs ist.7 In der Erzählung ist Parmenides mehr Protagonist als Autor. Wir begegnen dort dem Enthusiasmus als der Reaktion des Menschen, wobei er dem Leser die Suche vor Augen führt.8 Vom ἅρμα aus zeigt Parmenides dem Leser die Achse, das Haus der Nacht, das Tor, den οὐδός und den Charakter des Weges zur Welt der Göttin: eine Reise zum Licht, εἰς φάος. Nur der Enthusiasmus des Menschen ist in der Lage, die Finsternis hinter sich zu lassen. Bis in die Details teilt Parmenides mit dem Leser den Status eines Menschen. Der Enthusiasmus des Menschen ist mit der Beziehung zwischen dem Aoiden und den Musen nicht vereinbar und verschwindet bald in der ‘Investiturszene’ in Hesiods Theogonie (1–34). Die Erzählung in unserem Text zeigt detailliert den Enthusiasmus, der den Leser unterstützen kann. Es handelt sich hierbei um eine präzise protreptische Strategie: Parmenides geht dem Leser voran und zeigt den Weg.9

IV. Die Richtung der Reise Homer hat ein Wissen, das von oben kommt. Die Anrufung der Musen ist in der Ilias (I 1–7) von der Hoffnung auf eine Reise der Musen in die Welt des Menschen motiviert. Auch in der Odyssee (I 1–10) handelt es sich um dieselbe Reise: Die Anrufung der Musen eröffnet den Gesang, und das Wissen steigt zum Menschen herab.10 Aber hier ist Phemios 7

Vgl. Chiara Robbiano: Becoming Being. On Parmenides’ Transformative Philosophy (Sankt Augustin 2006) 61–88. Das Bild von Zepter und Lorbeer verschwindet. Vgl. Mauro Tulli: Investitura e conquista del sapere. La dea nel proemio di Parmenide, in: Humanitas 60 (2005) 658–669. 8 Für die templa serena zeigt Lukrez in De rerum natura (II 1–13) den Enthusiasmus, der den Leser mitreißt. Vgl. Gian Biagio Conte: Generi e lettori (Milano 22012) 11–44. 9 Man kann hier einen Bezug zur Entwicklung erkennen, die der Leser Platons zusammen mit dem Gesprächspartner des Sokrates erlebt. Vgl. Michael Erler: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, II 2: Platon (Basel 2007) 60–98. 10 Vgl. Willem J. Verdenius: The Principles of Greek Literary Criticism, in: Mnemosyne IV 36 (1983) 14–59. Das «comando burbanzoso» der Anrufung zeigt den Schutz der Musen, wenn nicht sogar ihren Respekt gegenüber Homer als Dichter: Giorgio Pasquali: Il proemio dell’Odissea, in: Miscellanea Galbiati, I (Milano 1951), jetzt in: ders.: Pagine

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αὐτοδίδακτος (XXII 344–353). Ganz deutlich zeigt sich die Beziehung zwischen dem Gesang und dem νόος (I 345–349), zwischen dem Gesang des Demodokos und seinem θυμός (VIII 40–45). Die Reise bleibt auch in der ‘Investiturszene’ in Hesiods Theogonie (1–34) unverändert. Es ist eine Reise der Musen. Aber die Erzählung erinnert hier an eine persönliche Erfahrung. Da der zentrale Punkt der Passage das ‘Ich’ ist, τόνδε δέ με πρώτιστα, ist die Erzählung Resultat eines Wissens, das nicht mit der Tradition in Einklang steht.11 Parmenides treibt diese Überlegung auf die Spitze. Er führt das Wissen auf den Einsatz des Menschen zurück und leitet ὅσον τ’ ἐπὶ θυμὸς ἱκάνοι vom θυμός des Demodokos ab. Das dreifache με am Anfang der Erzählung zeigt bereits eine persönliche Erfahrung auf den Spuren Hesiods. Es ist keine Reise mehr vom Olymp herab, vielmehr öffnet δίκη das Tor εἰς φάος. Die Erzählung erinnert hier nicht mehr an die Reise der Musen in die Welt des Menschen. Es ist die Reise des Menschen in die Welt der Musen. Das Wissen steigt nicht mehr von den Musen herab, es wird vom θυμός des Menschen erobert.12 Mit der Richtung ändert Parmenides auch das Verhältnis zum Leser. Der Mensch muss stravaganti di un filologo, II (Firenze 1994) 294–297. Auf das «comando burbanzoso» führt die Poetik des Aristoteles (19, 1456b9–19) die Ablehnung der Anrufung der Ilias (I 1–7) bei Protagoras zurück: Homer εὔχεσθαι οἰόμενος ἐπιτάττει – ein unpassender Befehl statt des angemessenen Gebets. Vgl. Michele Corradi: Protagora tra filologia e filo­sofia. Le testimonianze di Aristotele (Pisa, Roma 2012) 133–175. 11 Vgl. Graziano Arrighetti: Poesia, poetiche e storia nella riflessione dei Greci (Pisa 2006) 3–27. Es ist schwierig, die Bedeutung von αὐτοδίδακτος zu erschließen. Indem sich Phemios als αὐτοδίδακτος bezeichnet, beweist er Odysseus, dass er nicht im Dienst der Freier stand, sondern von ihnen gezwungen wurde, für sie zu singen. Sofort danach erklärt er jedoch, dass der Gesang von oben, von der Inspiration, kommt. Auch bei der Interpretation, die Romano Lazzeroni: La cultura indoeuropea (Roma, Bari 1998) 96– 103 vorschlägt, ist die Reibung stark: θεὸς δέ μοι ἐν φρεσὶν οἴμας παντοίας ἐνέφυσεν. Obwohl Phemios anerkennt, dass er so singt, wie es ihm sein νόος eingibt, steht er gleichzeitig in der Tradition des Epos und spielt auf seine Kenntnis jeglicher Form des Gesangs an. Vgl. Michael Erler: Autodidact and Student, in: Jeffrey Fish, Kirk R. Sanders (eds.): Epicurus and the Epicurean Tradition (Cambridge 2011) 9–28. 12 Der θυμός des Parmenides, der nicht einfach als ‘Instinkt’ zu verstehen ist, sondern dem θυμός in der Rede Nestors in der Ilias (IV 308–309) ähnlich ist, der seinerseits dem νόος nahekommt, und dem νόος des Odysseus in der Odyssee in der Trugrede an Eumaios (XIV 490–494), erlaubt es dem Philosophen, mittels der Reise auf dem Wagen ein besonderes Wissen zu erreichen und zur Göttin zu kommen. Vgl. Hayden Pelliccia: Mind, Body, and Speech in Homer and Pindar (Göttingen 1995) 115–281.

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nicht darauf warten, dass sich die Musen auf die Reise machen: Parmenides zeigt, dass der Mensch diese selbst unternehmen kann. Auf dieser Reise fährt er von der Stadt aus, vom Raum, den der Leser einnimmt, εἰς φάος.

V. Das Paradigma Homer B 1, 11–21 DK: ἔνθα πύλαι Νυκτός τε καὶ Ἤματός εἰσι κελεύθων, καί σφας ὑπέρθυρον ἀμφὶς ἔχει καὶ λάινος οὐδός· αὐταὶ δ’ αἰθέριαι πλῆνται μεγάλοισι θυρέτροις· τῶν δὲ Δίκη πολύποινος ἔχει κληῖδας ἀμοιβούς. τὴν δὴ παρφάμεναι κοῦραι μαλακοῖσι λόγοισιν πεῖσαν ἐπιφραδέως, ὥς σφιν βαλανωτὸν ὀχῆα ἀπτερέως ὤσειε πυλέων ἄπο· ταὶ δὲ θυρέτρων χάσμ’ ἀχανὲς ποίησαν ἀναπτάμεναι πολυχάλκους ἄξονας ἐν σύριγξιν ἀμοιβαδὸν εἰλίξασαι γόμφοις καὶ περόνηισιν ἀρηρότε· τῆι ῥα δι’ αὐτέων ἰθὺς ἔχον κοῦραι κατ’ ἀμαξιτὸν ἅρμα καὶ ἵππους.

Beim Bild des von ἵπποι gezogenen ἅρμα und des Tors, das an die Reise zwischen entfernten Orten erinnert, modifiziert Parmenides das homerische Bild von der Reise zwischen dem Olymp und Troja. Der Wagen erreicht das Tor, welches das Wissen, das Licht, von der Finsternis trennt. Ohne Zweifel besitzt δίκη die Schlüssel, aber die Töchter der Sonne halten eine Rede, die sofort ihr Wohlwollen gewinnt, und das Tor öffnet die doppelten Flügel zum Licht hin.13 Das von ἵπποι gezogene ἅρμα finden wir 13

Parmenides beschreibt die Schnelligkeit der Aktion mit einer raffinierten Entlehnung aus Hesiod (Fr. 204, 84–87 M.–W., 110, 84–87 H.): ἀπτερέως (vgl. Hans Troxler: Sprache und Wortschatz Hesiods [Zürich 1964] 29–34): ‘sofort’, ἀπτερέως, das Epitheton, das Homer in der Odyssee (XVII 57, XIX 29–30, XXI 386–387, XXII 398–400) für μῦθος verwendet. Aber das Alpha ist bei ἀπτερέως kopulativ, nicht privativ. Joachim Latacz: Ἄπτερος μῦθος – ἄπτερος φάτις. Ungeflügelte Worte?, in: Glotta 46 (1968), jetzt in: Joachim Latacz, Fritz Graf (Hg.): Erschließung der Antike. Kleine Schriften zur Literatur der Griechen und Römer (Stuttgart, Leipzig 1994) 605–624 zeigt, dass die Distanz nicht zu vergessen ist. Vgl. Steve Reece: Homer’s Winged Words. The Evolution of Early Greek

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schon bei Homer in der Ilias (V 733–763), bei der Reise Athenes und Heras: Das Tor versperrt den Zugang zum Olymp, der Wagen erreicht das Tor, und ohne Zutun öffnet das Tor die doppelten Flügel zum Olymp hin. Dem Leser fällt es nicht schwer, die Parallele zwischen dem Tor, welches das Wissen, das Licht, von der Finsternis trennt, und dem Tor, welches bei der Reise Athenes und Heras den Olymp schließt, zu erkennen – eine Par­ allele, die durch die Wiederholung der Reise Athenes und Heras in der Ilias (VIII 381–408) noch deutlicher wird.14 Die Reise geht hier in Richtung Troja, das Tor öffnet die doppelten Flügel in Richtung Troja. Sicherlich will Parmenides den Leser durch diese literarische Reminiszenz ermahnen: Die Reise zwischen entfernten Orten ist möglich. In der Reise der Göttinnen kann der Leser das Vorbild für die Reise zum Wissen hin erkennen.15

VI. Die Rede der Göttin B 1, 22–32 DK: καί με θεὰ πρόφρων ὑπεδέξατο, χεῖρα δὲ χειρί δεξιτερὴν ἕλεν, ὧδε δ’ ἔπος φάτο καί με προσηύδα· ὦ κοῦρ’ ἀθανάτοισι συνάορος ἡνιόχοισιν, ἵπποις ταί σε φέρουσιν ἱκάνων ἡμέτερον δῶ, χαῖρ’, ἐπεὶ οὔτι σε μοῖρα κακὴ προὔπεμπε νέεσθαι τήνδ’ ὁδόν (ἦ γὰρ ἀπ’ ἀνθρώπων ἐκτὸς πάτου ἐστίν),

Epic Diction in the Light of Oral Theory (Leiden 2009) 315–334. Auf jeden Fall fügt Homer am Ende des Verses ὀτραλέως oder ἐσσυμένως ein, ὀτραλέως ἐπίθοντο in der Ilias (III 259–260) und ἐσσυμένως ἐπίθοντο in der Odyssee (XV 287–288), und es fällt nicht schwer, in ὀτραλέως oder ἐσσυμένως die Schnelligkeit der Aktion nachzuvollziehen. 14 Vgl. Horand Pfeiffer: Die Stellung des parmenideischen Lehrgedichtes in der epischen Tradition (Bonn 1975) 67–69. Zur Wiederholung des Motivs des Tors und des ἅρμα und ihrer literarischen Bedeutung siehe Geoffrey S. Kirk: The Iliad. A Commentary, II (Cambridge 1990) 131–146. Vgl. René Nünlist: Poetologische Bildersprache in der früh­ griechischen Dichtung (Stuttgart, Leipzig 1998) 255–264. 15 Giorgio Pasquali: Arte allusiva, in: Italia che Scrive 25 (1942), jetzt in: ders.: Pagine stravaganti di un filologo, II (Firenze 1994) 275–282 zeigt die Kraft der literarischen Anspielung in der archaischen Literatur. Vgl. Maria G. Bonanno: L’allusione necessaria. Ricerche intertestuali sulla poesia greca e latina (Roma 1990) 11–40.

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ἀλλὰ θέμις τε δίκη τε. χρεὼ δέ σε πάντα πυθέσθαι ἠμὲν Ἀληθείης εὐκυκλέος ἀτρεμὲς ἦτορ ἠδὲ βροτῶν δόξας, ταῖς οὐκ ἔνι πίστις ἀληθής. ἀλλ’ ἔμπης καὶ ταῦτα μαθήσεαι, ὡς τὰ δοκοῦντα χρῆν δοκίμως εἶναι διὰ παντὸς πάντα περῶντα.

Nach dem Tor verläuft die Reise zum Wissen auf geradem Weg. Daher beschleunigt sich der Rhythmus der Erzählung von Parmenides’ Reise in die Welt der Göttin. In die Erzählung ist hier die Rede der Göttin eingefügt, die auf die Rede der Musen in Hesiods Theogonie (1–34) Bezug nimmt.16 Der Adressat ist Parmenides, aber im literarischen Code des Lehrgedichts richtet Parmenides die Rede an den Leser. Nach dem Incipit ὦ κοῦρε χαῖρε spricht die Göttin in ihrer Rede von den Töchtern der Sonne, ἀθανάτοισι συνάορος ἡνιόχοισιν, und von den Stuten. Mit ἐπεί macht sie ὦ κοῦρε χαῖρε plausibel, trennt θέμις und δίκη von der μοῖρα κακή und führt die Reise zum Wissen auf θέμις und δίκη zurück. Der Gruß hat kein Gegenstück in der Tradition.17 Zwar finden wir auch hier mit χαῖρε ein Stilelement des Hymnos, doch verwendet der Dichter des siebten Hymnos An Dionysos (58–59) oder des dreiundzwanzigsten Hymnos An Selene dieses Wort zum Abschied. Das ὦ κοῦρε beim Gruß der Göttin an den Menschen stellt somit eine Umkehrung der Tradition dar. Parmenides bietet mit dem Hymnos der Göttin die Zusammenfassung eine­r persönlichen Erfahrung und mit der Zusammenfassung zeigt er dem Leser das Privileg, welches das Wissen bietet. Das Incipit ὦ κοῦρε χαῖρε verbirgt ein Lob:18 Aufgrund der Suche ist ein Zustand möglich, der eine Beziehung zu den Töchtern der Sonne ermöglicht, eine Beziehung 16

Vgl. Hugo H. Koning: Hesiod. The Other Poet. Ancient Reception of a Cultural Icon (Leiden, Boston 2010) 210–213. 17 Vgl. Thilde Wendel: Die Gesprächsanrede im griechischen Epos und Drama der Blütezeit (Stuttgart 1929) 43–51 und 133–137. Ähnlich ist nur der Gruß der ἄνασσα ὑπερτάτη in den Persern des Aischylos (155–158). Meistens beschränkt Homer den Gruß in der Ilias (I 121–123 oder XXIV 747–750) und in der Odyssee (I 44–47 oder XXIV 472–474) auf die Länge eines Verses; vgl. H. Paul Brown: Pragmatic and Sociolinguistic Account of δαιμόνιε in Early Greek Epic, in: GRBS 51 (2011) 498–528. Über die Bedeutung von χαῖρε sind die Überlegungen von Joachim Latacz: Zum Wortfeld ‘Freude’ in der Sprache Homers (Heidelberg 1966) 43–78 kanonisch. 18 Vgl. Allan H. Coxon, Richard D. McKirahan: The Fragments of Parmenides. A Critical Text with Introduction and Translation (Las Vegas, Zürich, Athens 2009) 280–282. Mit

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zur Unsterblichkeit, ἀθανάτοισι συνάορος ἡνιόχοισιν. Parmenides macht das Wissen für den Leser attraktiv. Gewiss symbolisiert die Rede der Göttin den Kontakt, den Parmenides mit dem Leser hat. Das Wissen ist für den Leser ein Privileg, das sich aus der Suche ergibt. Parmenides hat hier ein konkretes Ziel: Er treibt den Leser zum Wissen.

VII. Das Paradigma Hesiod Die Funktion von θέμις und δίκη liegt darin, die Reise zum Wissen zu ermöglichen. Der Gegensatz, der die μοῖρα κακή von θέμις und δίκη trennt, ist nicht der Gegensatz zwischen dem Menschen und der Welt der Göttin. Die Erzählung hat einen Sinn, weil Parmenides den Gegensatz in sich trägt, weil der Gegensatz im Menschen ist. Mit dem Bild von θέμις und δίκη fordert Parmenides die Suche, die notwendig ist, und unterstreicht das Objekt der Suche.19 In diesem Zusammenhang ist das Ergebnis der Darlegungen über die δίκη in den Werken Hesiods (213–273) von Bedeutung. Durch den Einfluss der δίκη, der aufmerksamen Wächterin über das Gleichgewicht und die Harmonie des Zeus bei den Menschen, blüht die Stadt, und Erde und Vieh schenken den Menschen Reichtum. Ohne Zweifel rührt daher die Ablehnung der ὕβρις κακή, des Bösen.20 Der δίκη, die ὦ κοῦρε spricht die Göttin einen Anhänger, nicht einen Knaben an. Es ist daher nicht möglich, auf der Basis von ὦ κοῦρε das Datum des Lehrgedichts zu ermitteln. 19 Zum Bild von θέμις und δίκη in der Odyssee siehe die Analyse von Hermann Fränkel: Wege und Formen frühgriechischen Denkens (München 31968) 162–173 (XIV 55–61 oder XVIII 274–280). 20 Vgl. Fritz Krafft: Vergleichende Untersuchungen zu Homer und Hesiod (Göttingen 1963) 73–81. Durch Spaltung der ethischen Konzepte, διαίρεσις, verschwindet in der Rede Hesiods die positive Funktion und taucht plötzlich die negative Funktion der δίκη auf. Dies wurde in der Forschung oft aufgezeigt. Vgl. Hartmut Erbse: Die Funktion des Rechtsgedankens in Hesiods Erga, in: Hermes 121 (1993) 12–28. Dem Vater Zeus listet δίκη die Schulden des Menschen auf und mit dreißigtausend φύλακες, einem in Nebel gekleideten Heer, schlägt und verwüstet sie weinend durch Katastrophen die Stadt, die sich mit den Königen der ὕβρις κακή, dem Bösen, zuwendet. Vgl. Michael Erler: Das Recht (DIKH) als Segensbringerin für die Polis, in: SIFC III 5 (1987) 5–36. Parmenides bestätigt die wichtige Bedeutung von πολύποινος durch das Epitheton ἀμοιβούς, das er für die Schlüssel verwendet. Ohne Zweifel öffnet δίκη das Tor zum Wissen, aber, wenn nötig, unterbricht

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in der Theogonie Hesiods (901–906) von Zeus und θέμις kommt, kommt in der Welt des Menschen eine entscheidende Funktion zu. Mit dem Gegensatz, der die μοῖρα κακή von θέμις und δίκη trennt, fordert Parmenides vom Leser eine Wahl, die für das Wissen unentbehrlich ist, für das Erlangen des Gleichgewichts und der Harmonie des Zeus.21

VIII. Der Imperativ B 2, 1–8 DK: εἰ δ’ ἄγ’ ἐγὼν ἐρέω, κόμισαι δὲ σὺ μῦθον ἀκούσας, αἵπερ ὁδοὶ μοῦναι διζήσιός εἰσι νοῆσαι· ἡ μὲν ὅπως ἔστιν τε καὶ ὡς οὐκ ἔστι μὴ εἶναι, Πειθοῦς ἐστι κέλευθος (Ἀληθείηι γὰρ ὀπηδεῖ), ἡ δ’ ὡς οὐκ ἔστιν τε καὶ ὡς χρεών ἐστι μὴ εἶναι, τὴν δή τοι φράζω παναπευθέα ἔμμεν ἀταρπόν· οὔτε γὰρ ἂν γνοίης τό γε μὴ ἐὸν (οὐ γὰρ ἀνυστόν) οὔτε φράσαις.

Nach dem Gruß folgt mit χρεὼ δέ σε πάντα πυθέσθαι ein Wendepunkt in der Rede der Göttin. Parmenides muss die ἀλήθεια und die δόξα über die Welt des Menschen akzeptieren, aber im literarischen Code des Lehrgedichts richtet Parmenides die Rede an den Leser. Fr. 1 endet an dieser Stelle. Hier stehen wir vor einem Problem, das von den Interpreten oft thematisiert wurde. Wird das Wissen, das Parmenides bietet, immer noch im Rahmen der Rede der Göttin präsentiert oder spricht Parmenides in eigener Person? Die Frage stellt allerdings kein grundlegendes Problem dar, da der Leser auf jeden Fall die ἀλήθεια und die δόξα über die Welt

sie die Reise und trennt den Menschen vom Wissen. Mit πολύποινος und ἀμοιβούς zeigt Parmenides dem Leser die Notwendigkeit der Ehrfurcht: δίκη ist gewaltig. 21 Vgl. Jens-Uwe Schmidt: Adressat und Paraineseform (Göttingen 1986) 29–79. Die Beziehung zwischen Zeus und den Königen spiegelt in der Theogonie Hesiods (94–97) die Beziehung zwischen Hesiod und den Musen wider. In der Politeia Platons (363a–c) erscheint aus der Rede des Odysseus an Penelope in der Odyssee (XIX 106–114) das Bild des Menschen, der aus Landwirtschaft und Viehzucht Reichtum gewinnt.

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des Menschen akzeptieren muss.22 Nach dem χρεὼ δέ σε πάντα πυθέσθαι folgt in Fr. 2 der Imperativ, κόμισαι. Durch die Rede der Göttin vermittelt oder direkt in eigener Person eröffnet Parmenides dem Leser, der in der Finsternis umherirrt, das Wissen. Ohne Zweifel zeigt der Imperativ eine protreptische Hoffnung. Parmenides verdeutlicht sofort den möglichen Fehler beim Streben nach ἀλήθεια. Fr. 7 fordert mit dem Imperativ eine Wahl: Halte dich von diesem Weg der Forschung fern oder du besitzt nur δόξα. Es fällt schwer, in diesen Worten einen Menschen zu sehen, der nur aufgrund einer Offenbarung, nur dank der Göttin in der Lage ist, die Finsternis hinter sich zu lassen. Der Leser kann vielmehr selbst den Graben, der das Wissen von der Finsternis trennt, überwinden. Mit den Töchtern der Sonne und mit dem von ἵπποι gezogenen ἅρμα erreicht der θυμός des Menschen das Wissen. Der Imperativ zeigt ganz deutlich die Kenntnis seiner selbst, über die Parmenides verfügt.23 Für den Leser ist die Reise möglich, für den Leser, den Parmenides durch die attraktive Gestalt des Lehrgedichts zum Wissen hin treibt. In der Literatur der Griechen ist die Beziehung zwischen Autor und Leser selten so direkt wie an dieser Stelle. Sie findet sich in den Werken Hesiods (213–292) mit dem Imperativ an seinen Bruder und sie durchzieht den Brief Epikurs (84–86 und 116) in der Form von Imperativen, die an den desorientierten Pythokles gerichtet sind.24 22

Bei Homer vollzieht sich die Kommunikation mit dem Adressaten ohne Vermittlung, und ebenso ohne Vermittlung erstrahlt das Wissen bei Hesiod auch in der Rede der Musen in der Theogonie (1–34). Vgl. Leonardo Tarán: Parmenides. A Text with Translation, Commentary and Critical Essays (Princeton 1965) 17–31. 23 Vgl. Elisabeth Stein: Autorbewußtsein in der frühen griechischen Literatur (Tübingen 1990) 6–54. Bei der Göttin, im Zeichen von θέμις und δίκη, ist Parmenides nicht der μοῖρα κακή unterworfen. Für Hesiod ist die Rede der Musen zusammen mit der Inspiration unentbehrlich. Den strengen Tadel der Musen ersetzt Parmenides durch ein Lob. Das πρόφρων ὑπεδέξατο ist für Hesiod nicht plausibel, weil in den Tälern des Helikon das Wissen von oben kommt, es ist nicht das Ergebnis einer Suche. 24 Vgl. Lorenz Rumpf: Naturerkenntnis und Naturerfahrung (München 2003) 111–130. Der Imperativ zeigt die Funktion der persönlichen Beziehung im Kepos. Deutlich ist hier der Bezug zwischen dem Imperativ, καλῶς αὐτὰ διάλαβε, und der Übung des Gedächtnisses, ὀξέως αὐτὰ περιόδευε. Am Ende verschwindet das Problem nicht, ταῦτα δὲ πάντα μνημόνευσον. Die Funktion des Futurs ist ähnlich: ἐκβήσῃ oder δυνήσῃ. In der Rede der Göttin fügt Parmenides μαθήσεαι nach χρεὼ δέ σε πάντα πυθέσθαι ein. Vgl. Mauro Tulli:

Strategien der Erzählung und der Überzeugung bei Parmenides

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IX. Die Reise und die Suche B 6, 1–9 DK: χρὴ τὸ λέγειν τε νοεῖν τ’ ἐὸν ἔμμεναι· ἔστι γὰρ εἶναι, μηδὲν δ’ οὐκ ἔστιν· τά σ’ ἐγὼ φράζεσθαι ἄνωγα. πρώτης γάρ σ’ ἀφ’ ὁδοῦ ταύτης διζήσιος , αὐτὰρ ἔπειτ’ ἀπὸ τῆς, ἣν δὴ βροτοὶ εἰδότες οὐδέν πλάττονται, δίκρανοι· ἀμηχανίη γὰρ ἐν αὐτῶν στήθεσιν ἰθύνει πλακτὸν νόον· οἱ δὲ φοροῦνται κωφοὶ ὁμῶς τυφλοί τε, τεθηπότες, ἄκριτα φῦλα, οἷς τὸ πέλειν τε καὶ οὐκ εἶναι ταὐτὸν νενόμισται κοὐ ταὐτόν, πάντων δὲ παλίντροπός ἐστι κέλευθος.


Die Reise ist für den Leser möglich, weil Parmenides mit dem Bericht von der Reise zum Wissen einen Bericht von der Suche bietet. In Fr. 2 erscheint das Bild des Weges noch einmal in den berühmten Worten ὁδοὶ μοῦναι διζήσιος. Das Wissen, wie Parmenides wiederholt, erfordert Suche, intensives Engagement. Aber für die Suche ist eine Wahl unvermeidbar: die Wahl des Weges der πειθώ und der ἀλήθεια, der das Wissen garantiert. Den Charakter dieses Weges macht Fr. 6 deutlich. Die protreptische Strategie zeigt sich dort ganz deutlich in der polaren Struktur der einzelnen Elemente.25 Parmenides geht auf dem Pfad der Suche voran, auf dem Pfad des Menschen, der das Wissen besitzt. Es ist nicht schwierig, beim Menschen, der kein Wissen besitzt, ein Schwanken, δίκρανοι, ohne Ziel und

Epicuro a Pitocle. La forma didattica del testo, in: Mauro Tulli (a cura di): Philia. Dieci contributi per Gabriele Burzacchini (Bologna 2014) 67–78. 25 Oft sieht die Forschung hier ein Bild des Weges des εἶναι, des Weges des οὐκ εἶναι und des Weges der δόξα, der das εἶναι mit dem οὐκ εἶναι verknüpft: Parmenides fordere den ersteren, φράζεσθαι ἄνωγα, und lehne den letzteren ab, ἀπὸ ταύτης und ἀπὸ τῆς. Aber in der Rede der Göttin ist die Beziehung zwischen der ἀλήθεια und dem dritten Weg, der δόξα, klar. Ohne Zweifel erfordert die Ergänzung σ’ das Postulat des dritten: Bei der Ergänzung τ’ … von Néstor L. Cordero: Parmenide scienziato?, in: Livio Rossetti, Flavia Marcacci (a cura di): Eleatica 2006. Parmenide scienziato? (Sankt Augustin 2008) 31–80 zeigt ἀπὸ ταύτης das εἶναι, die ἀλήθεια, und mit ἀπὸ τῆς ist die δόξα gemeint. Vgl. Denis O’Brien: Essai critique, in: Pierre Aubenque (éd.): Études sur Parménide, I (Paris 1987) 216–226.

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ohne Richtung, ἄκριτα φῦλα, zu beobachten.26 Für den Leser ist die Reise möglich. Aber die Masse der πολλοί befindet sich im Dunkeln, weil sie nicht in der Lage ist, die Reise zu unternehmen, weil sie nicht der πειθώ und der ἀλήθεια des Parmenides folgt.27

X. Das aufmerksame Zuhören Ohne Tugend, ἀμηχανίη, befindet sich die Masse der πολλοί im Dunkeln, τυφλοί. Im παλίντροπος κέλευθος am Ende sehen die Interpreten oft eine Polemik gegen Heraklit. Aber im Bild, das Parmenides entwirft, ist der Bezug zur Masse, den πολλοί, zentral.28 Das Licht hat hier eine positive 26

Hier steht die Beschreibung des Menschen, der das Wissen nicht besitzt, am Ende des Verses: wie εἰδότα φῶτα in Fr. 1. Intensives Engagement für das εἶναι bedingt eine Wahl, deren Notwendigkeit Fr. 7 vor der Sektion über die ἀλήθεια zeigt. Parmenides konstruiert einen Gegensatz zum ἔθος πολύπειρον, der Gewohnheit, die den Menschen ins Dunkel stürzt, so dass er unfähig ist, die Finsternis hinter sich zu lassen. Vgl. Ernst Heitsch: Parmenides. Die Fragmente (Darmstadt 21991) 148–152. Nach dem Bild von der δίκη kommt Parmenides in Fr. 8 zur Notwendigkeit zurück, die den Menschen zwingt, eine Wahl zu treffen, die Wahl des εἶναι. Das Schwanken, von dem der Text spricht, betont den negativen Aspekt des Handelns dieser Menschen – ohne Ziel und ohne Richtung, ἄκριτα φῦλα, sagt Fr. 6. 27 Durch den Rückgriff auf die didaktische Poesie stellt sich Parmenides der Masse der πολλοί gegenüber und unterscheidet sich von ihr; vgl. Hanns-Dieter Voigtländer: Der Philosoph und die Vielen (Wiesbaden 1980) 60–67; Mauro Tulli: Il rapporto di Parmenide con i πολλοί, in: Graziano Arrighetti (a cura di): Ricerche di filologia classica, IV (Pisa 1995) 171–187. 28 Eine Polemik gegen Heraklit und dessen Konzept von der Dynamik der Welt des Menschen. Dabei richte sich ἀπὸ τῆς, mit der Ergänzung σ’ , aufgrund der literarischen Anspielung in τὸ πέλειν τε καὶ οὐκ εἶναι gegen das Bild des ποταμός (B 12 und 49a DK) und παλίντροπος κέλευθος gegen die παλίντροπος ἁρμονίη (B 51 DK). Vgl. Gabriele Giannantoni: Le due ‘vie’ di Parmenide, in: PP 43 (1988) 207–221. Aber findet sich παλίντροπος wirklich bei Heraklit? Vgl. Francesco Fronterotta: Eraclito. Frammenti (Milano 2013) 53–57. Wie kann Parmenides allerdings mit βροτοί oder mit ἄκριτα φῦλα das Wissen Heraklits meinen? Es ist plausibel, hier eine heftige Kritik an den πολλοί zu sehen, eine Polemik am Schwanken, δίκρανοι, ohne Ziel und ohne Richtung. Aus dem Schwanken kommt παλίντροπος, das Epitheton für das Bild des Weges der πολλοί. Zu κέλευθος hier und zum Bild des Weges der Überredung vgl. die Analyse von William F. Wyatt: The Root of Parmenides, in: HSPh 94 (1992) 113–120.

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Funktion, die vor allem an die Werke Pindars erinnert. In der siebten Nemeischen Ode (23–30) ist der ὅμιλος ἀνδρῶν Opfer der Blindheit, und das Licht symbolisiert dort das Wissen, die Kraft der ἀλήθεια, die Aias nicht besitzt. Im siebten Paian (VIIb 1–20 = Fr. 52h M.) ist die Masse der πολλοί blind, und ohne die Inspiration der Musen fehlt ihr das Wissen. Es fällt nicht schwer, hier einen literarischen Zusammenhang zu sehen, der bei Parmenides auch für das Motiv der Reise und des ἅρμα belegt ist.29 Aber vor τυφλοί fügt Parmenides das aufmerksame Zuhören ein und erzeugt damit auch hier einen polaren Gegensatz, nämlich zu κωφοί. Ohne Zweifel garantiert die Suche das Wissen. Aber das aufmerksame Zuhören ist auch fruchtbar: Mit κόμισαι δὲ σὺ μῦθον ἀκούσας fordert der Beginn von Fr. 2 das aufmerksame Anhören der Rede der Göttin oder der Rede, die Parmenides an den Leser richtet. Dies entspricht der Perspektive in Hesiods Werken (293–297). Dort wird die Beziehung zum Leser durch das Motiv der πολλοί moduliert. Hervorragend, πανάριστος, ist der Intellektuelle, der durch die Suche zum Wissen kommt, gut, ἐσθλός, ist der Leser, der aufmerksam zuhört, und schwach, ἀχρήιος, ist die Masse der πολ­ λοί, die nicht durch Suche zum Wissen gelangt und nicht aufmerksam zuhört.30 Parmenides erinnert mit κωφοὶ ὁμῶς τυφλοί τε an Hesiod. Mit τυφλοί trennt er den Menschen, der nicht durch die Suche zum Wissen kommt, vom Licht, das bei der Göttin strahlt. Mit κωφοί trennt er die Masse der πολλοί, die nicht aufmerksam zuhört, vom Leser, für den er 29

Vgl. Evanthia Tsitsibakou-Vasalos: Brightness and Darkness in Pindar’s Pythian 3. Aigla-Koronis-Arsinoë and Her Coming of Age, in: Menelaos Christopoulos, Efimia D. Karakantza, Olga Levaniouk (eds.): Light and Darkness in Ancient Greek Myth and Religion (Lanham 2010) 30–76. Aber wer zitiert wen? Für Giovan Battista D’Alessio: Una via lontana dal cammino degli uomini, in: SIFC III 13 (1995) 143–181 muss hier orphischer Einfluss vorliegen. Vgl. Franco Ferrari: Le fonti del cipresso bianco (Torino 2007) 97–114. Hier findet sich eine Interpretation der Reise zum Wissen als κατάβασις. Vgl. John Palmer: Parmenides and Presocratic Philosophy (Oxford, New York 2009) 51–105. Die Beziehung zwischen den Töchtern der Sonne und dem Haus der Nacht ist jedoch klar, προλιποῦσαι, und Parmenides sagt, dass die Reise zum Wissen geht, εἰς φάος. Vgl. Vishwa Adluri: Parmenides, Plato and Mortal Philosophy (London, New York 2011) 64–77. 30 Die Paränese zeigt hier eine Tendenz zum Universellen und geht über den konkreten Einzelfall hinaus: der Bruder Perses verschwindet. Vgl. Graziano Arrighetti: Esiodo. Opere (Torino 1998) 376–401.

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eine ‘protreptische Hoffnung’ hegt. Mehr als eine Wahl, eine ‘­protreptische Hoffnung’: das Ergebnis ist nicht überraschend. Die Form des Lehrgedichts spiegelt nicht die Suche in der Eleatischen Schule wider, eine Such­e, die nach dem Zeugnis von Platons Sophistes (217c) durch ein Hin und Her von Fragen und Antworten gekennzeichnet gewesen zu sein scheint. Parmenides setzt diese nicht ins Bild, er sieht vielmehr im Lehrgedicht, im didaktischen Erbe der Tradition, das richtige Mittel zur Überzeugung, das beste Mittel für den Leser, der in der Finsternis umherirrt. Darüber hinaus erschwert es die attraktive Gestalt des Lehrgedichts, die Art der Suche auf den verschiedenen Feldern des Wissens in der Schule des Parmenides zu rekonstruieren. Parmenides zeigt das Herz der ἀλή­θεια, das ἀτρεμὲς ἦτορ. Mit seinen Worten über die δόξα, welche die Welt des Menschen kennzeichnet, drückt er immer noch eine generelle Anschauung aus, die mit der ἀλήθεια in Einklang steht. Das Wissen, das er bietet, stammt zwar aus der Eleatischen Schule, überschreitet jedoch ihre Grenze und kommt zum Leser, es fliegt durch die Welt der Griechen und kommt von dort zu uns, durch die Faszination, die das Lehrgedicht ausübt, und durch die Strategie der Überzeugung, die es kennzeichnet.

Theorietheater Platon und die Komödie B E R N HA R D Z I M M E R M A N N

I. Platon – so der Neuplatoniker Olympiodor in der seinem Kommentar zum Alkibiades vorangestellten Vita Platons (Test. 53a PCG)1 – habe die Komödiendichter Aristophanes und Sophron sehr geschätzt. Er habe aus deren Werk großen Nutzen für die Charakterisierung der Figuren seiner Dialoge gezogen. Es bestehe sogar die Überlieferung, die diese Hochachtung Platons für die beiden Autoren belege, dass man in seinem Totenbett eine Ausgabe des Aristophanes gefunden habe. Ja, er habe sogar ein Epigramm auf Aristophanes verfasst: «Die Chariten suchten einen Hain, der niemals untergehen wird, und fanden die Seele des Aristophanes» (Test. 130 PCG). Platon habe aber unter Einsatz komischer Techniken Aristophanes im Symposion verspottet (κωμῳδεῖν): Ein plötzlicher Schluckauf habe den Komiker daran gehindert, seine Lobrede auf Eros zu halten. Mag die Geschichte von den in Platons Sterbelager gefundenen Texten vielleicht nicht wahr, so doch gut erfunden sein und mag das schöne Epigramm auf Aristophanes tatsächlich nicht von Platon stammen, die von Olympiodor referierte Tradition kann man als einen Reflex der Probleme sehen, die die antike Literaturkritik mit der nach Sokrates’ Tod im Jahre 399 aufblühenden Gattung der Σωκρατικοὶ λόγοι hatte, wie Aristoteles 1

Die Komiker- und Mimenfragmente werden zitiert nach: Rudolf Kassel, Colin Austin (eds.): Poetae Comici Graeci, bisher 8 Bände (Berlin, New York 1983–2001, abgekürzt: PCG).

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die neue Darstellungsform der Sokratiker nennt (Aristot. Poet. 1, 1447b11).2 Man suchte und fand eine Wurzel einerseits in den in Prosa verfassten Mimen Sophrons,3 andrerseits scheinen den antiken Erklärern offensichtlich Berührungen von Platons Dialogen mit der aristophanischen oder überhaupt der attischen Komödie des ausgehenden 5. und beginnenden 4. Jahrhunderts v. Chr. nicht entgangen zu sein. Neue literarische Gattungen entstehen – dies war der antiken Literaturkritik genauso bewusst wie der heutigen Literaturwissenschaft – nicht aus dem Nichts, sondern entwickeln sich aus anderen, früheren oder zeitgleichen Formen, auf denen sie aufbauen, die sie formal, strukturell und inhaltlich aufbrechen und die sie mit Elementen anderer Gattungen kombinieren.4 Das Paradebeispiel einer solchen Gattungsgeschichte ist zweifelsohne Aristoteles’ Rekonstruktion der Genese der Tragödie (Aristot.

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Vgl. dazu Donald W. Lucas: Aristotle. Poetics (Oxford 1968) 60; Michael Erler: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, II 2: Platon (Basel 2007) 68. Der Einfluss Sophrons auf Platon hat der Forschung von jeher Probleme bereitet; vgl. zusammenfassend M. Erler: Platon, 68. Aristoteles stellt Sophrons und Xenarchos’ Mimen mit Platons Dialogen nur unter dem Gesichtspunkt zusammen, dass es dramatische Formen in Prosa sind. Wenn sie in einem bestimmten Versmaß wie dem iambischen Trimeter geschrieben wären, hätten sie außer diesem Versmaß nichts gemein. Ulri­ch von Wilamowitz-Moellendorff: Platon, II. Beilagen und Textkritik (Berlin 1920) 386–387 weist die im Staat (Χ 607b–c = Fr. **172a–d PCG) anonym zitierten Verse, mit denen Platon die alte Fehde zwischen Philosophie und Dichtung belegt, Sophron zu. Diese Zuweisung ist jedoch mehr als fraglich; vgl. die Diskussion bei James H. Hordern: Sophron. Mimes (Oxford 2004) 197; zu Platon und Sophron vgl. J. H. Hordern: Sophron, 26–27. Zum sizilischen Mimos vgl. Bernhard Zimmermann: Der Mimos, in: Bernhard Zimmermann (Hg.): Handbuch der griechischen Literatur der Antike, I (München 2011) 668–670. Ob Platon Sophron tatsächlich kannte und benutzte, kann letztlich nicht geklärt werden. Die Texte Sophrons könnten jedoch Platon auch schon vor seiner Reise nach Sizilien bekannt gewesen sein, da nicht nur Waren, sondern auch Texte zwischen Sizilien und Athen kursieren konnten. Auf Sophron trifft jedenfalls zu, was Andreas Willi: Sikelismos. Sprache, Literatur und Gesellschaft im griechischen Sizilien (8.–5. Jh. v. Chr.) (Basel 2008) 119 zu Epicharm schreibt: Er nehme eine «Literarisierung des Alltags» vor, und dies trifft natürlich auch auf die platonischen Dialoge zu. Gattungsmischung als Mittel, neue Formen zu schaffen, kritisiert Platon in den Nomoi (III 700d6–e1). Zur Gattungsmischung als ein die Dialoge Platons konstituierendes Element vgl. M. Erler: Platon, 80–82.

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Poet. 4, 1448b3–1449a31)5 oder, um ein Beispiel zu nennen, das die antike Poetik nicht beschäftigte, die Entstehung des Romans als einer typischen literarischen Mischform. Neue Gattungen weisen in der Regel eine Reihe von Dominanten und Subdominanten auf, die sie anderen literarischen Formen entlehnen und die auch in dem neuen Organismus, in den sie eingebaut sind und der aus ihrem Zusammenspiel sein eigenes typisches Gepräge als Gattung erhält, ihre Herkunft nicht verleugnen. Die Autoren lassen implizit oder explizit (z.B. durch Zitate) im literarischen Gedächtnis des Rezipienten die unterschiedliche Herkunft der einzelnen Bauteile anklingen, verweisen dadurch auf deren ‘Sitz im Leben’,6 schaffen damit eine bestimmte Stimmung, die der Text ausstrahlt, und legen gleichzeitig durch diese Rezeptionssignale eine bestimmte Haltung nahe, die der Rezipient dem Text gegenüber einnehmen soll. Die Dichter machen ihr Werk ‘transparent’, indem sie unter dem eigentlichen Text, dem ‘Haupttext’, ständig die verschiedenen ‘Subtexte’ durchscheinen lassen. Platon war, wie seine kleine Geschichte der lyrischen Formen in den Nomoi (3, 700a–701b3) zeigt, sich dessen durchaus bewusst, dass neue Gattungen aus der Interaktion zwischen Autor und Publikum zustande kommen und ihren Ursprung in dem Bestreben der poetischen Begabungen haben, sich nicht mit der Tradition zufrieden zu geben, sondern Neues zu schaffen.7 5 6

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Vgl. dazu Bernhard Zimmermann: Drama, in: Bernhard Zimmermann (Hg.): Handbuch der griechischen Literatur der Antike, I (München 2011) 451–472. Für Platon und seine Zeitgenossen war eine Gattung in erster Linie durch ihren ‘Sitz im Leben’ definiert, wie seine in den Nomoi (III 700a–701b3) geäußerte Kritik an der Entwicklung verdeutlicht, die die lyrischen Formen (εἴδη, σχήματα) wohl nach 400 v. Chr. genommen haben. Diese Interaktion zwischen Publikum und Autor scheint auch die ‘Archilochos-Legende’ auf der parischen Mnesiepes-Inschrift wider­zu­spie­geln. Der Dichter enttäuschte die Erwartung des Publikums durch eine Improvisation, wurde dafür aus der Stadt verbannt und erst durch göttliche Einwirkung zurückberufen. Archilochos scheint sich also, ganz der platonischen Kritik an der Entwicklung der Dichtung seiner Zeit vergleichbar, nicht mit der Tradierung des Tradierten zufrieden gegeben zu haben, sondern neue Wege der Dichtung – zum Missfallen der Gemeinde – gesucht zu haben und gegangen zu sein. Vgl. dazu Bernhard Zimmermann: Dithyrambos. Geschichte einer Gattung (Berlin 2 2008) 23–24; ders.: Improvisation – Ritus – Literatur, in: Maximilian Gröne u.a. (Hg.): Improvisation. Kultur- und lebensweltliche Perspektiven (Freiburg, Berlin, Wien 2009) 217–224. Zu Mnesiepes vgl. Stefan Schorn, in: Bernhard Zimmermann (Hg.): Handbuch der griechischen Literatur der Antike, II (München 2014) 712–713.

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Die Nähe, die die platonischen Dialoge immer wieder zur Komödie und besonders zu Aristophanes aufweisen, stellte allerdings für die Platoniker der Antike ein Problem dar. Wie lässt sich der Vorwurf, den Platon seinem Sokrates der Apologie (18b1–e3)8 gegen Aristophanes in den Mund legt, ohne ihn allerdings namentlich zu nennen, mit der Hochachtung vereinbaren, die Platon für den Komödiendichter gehegt haben soll? Olympiodor löste dieses Dilemma, indem er das Symposion als eine Verspottung des Aristophanes im Stil des ὀνομαστὶ κωμῳδεῖν aus Platons Feder ansieht. Platon schlägt Aristophanes mit seinen eigenen Waffen und nimmt damit eine – wenn auch harmlose Rache – für das Sokratesbild der aristophanischen Wolken. Doch dazu später; zunächst einige Überlegungen dazu, welche Ansatzpunkte Platon in der Komödie seiner Zeit finden konnte, die ihm bei der Gestaltung seiner Dialoge ansprechen und von Nutzen sein konnten.

II. Platon teilt mit den Komikern des ausgehenden 5. und beginnenden 4. Jahrhunderts die Frage nach der rechten Art der Erziehung und unterzieht, wie dies auch die Komödie tut, die traditionellen Mittel und Wege der παιδεία einer Analyse vor allem unter dem Gesichtspunkt, ob und wie die Menschen dadurch selbst besser werden und ihre Qualitäten zum Nutzen der Gemeinschaft einbringen können und vor allem wollen. Die Komödiendichter, die seismographisch auf Veränderungen oder krisenhafte Situationen in der Gesellschaft zu reagieren pflegen und dieses vermeintlich gefährliche Neue, das sich in der Polis festzusetzen droht, kritisch hinterfragen, indem sie es grotesk verzerren, derbobszön anprangern, phantastisch übersteigern oder in einer Utopie9 der desolaten Realität entgegenstellen, entwickeln zu diesem Zweck eine spezielle Spielform, die ‘Intellektuellenkomödie’, in deren Zentrum die 8 9

Vgl. Ernst Heitsch: Platon. Apologie des Sokrates [Platon. Werke. Übersetzung und Kommentar I 2] (Göttingen 2002) 62, 64; M. Erler: Platon, 101. Zu dieser der Komödie und Platon gemeinsamen Form vgl. Bernhard Zimmermann: Utopisches und Utopie in den Komödien des Aristophanes, in: WJA n.F. 9 (1983) 57–77.

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Auswirkungen der Sophisten auf das Leben in Athen stehen. Besonders die 20er Jahre des 5. Jahrhunderts weisen eine besondere Dichte an Sophistenkomödien auf: 427 debütierte Aristophanes mit seinen Schmausbrüdern (Daitales), 423 belegte er hinter Kratinos’ Flasche (Πυτίνη) und Ameipsias’ Konnos, in dem es um Sokrates’ Musiklehrer ging,10 mit seinen Wolken den dritten Platz, 421 folgten die Schmeichler (Kolakes)11 und 420 der Autolykos des Eupolis.12 Die sophistische Rhetorik erschüttert – dies dürfte ein gemeinsamer Tenor der Stücke des Aristophanes und Eupolis sein – die Grundfesten der Familie und führt zur Auflösung der bestehenden Ordnung in der Polis, der καθεστῶτες νόμοι.13 Ein besonderes Indiz für diese Zerrüttung wird darin gesehen, dass die durch die Schule der Sophisten gegangene Jugend sich nicht mehr an den alten Klassikern, an Simonides, Alkaios oder Aischylos, orientiert, die man beim Symposion vorzutragen pflegte, sondern stattdessen an der modernen dekadenten Poesie eines Euripides. 10

Vgl. B. Zimmermann: Handbuch I, 715–716; Piero Totaro: Amipsia, in: Anna Maria Belardinelli u.a. (a cura di): Tessere. Frammenti della commedia greca: studi e commenti (Bari 1998) 133–194, hier: 152; Christian Orth: Alkaios – Apollophanes [Fragmenta Comica 9, 1] (Heidelberg 2013) 213–254. 11 Das Stück ist jetzt ausführlich kommentiert von Michele Napolitano: I Kolakes di Eupoli. Introduzione, traduzione, commento (Mainz 2012). 12 Vgl. zu den beiden Komödien außerdem Ian C. Storey: Eupolis. Poet of Old Comedy (Oxford 2003) 81–94 (Autolykos), 179–197 (Kolakes). 13 Dies ist nicht erst in den Wolken zentral, sondern bereits in den Daitales: Im Mittelpunkt der Daitales stehen ein alter ‘Schmaushausener’ (Fr. 205) und seine ungleichen Söhne, ein Vernünftiger und ein Nichtsnutz (vgl. Aristoph. Nub. 529 ὁ σώφρων τε χὠ κατα­ πύγων). Der Liederjan, ein wahrer Sophistenschüler, ein zweiter Thrasymachos (Fr. 205, 9 PCG), der sich in jeder Art der Rechtsverdrehung auskennt (Fr. 228, 233, 237 PCG) und in Prozessakten und Volksbeschlüssen zu Hause ist (Fr. 226 PCG), zieht harter Landarbeit (Fr. 221 PCG) ein Leben in Saus und Braus vor (Fr. 225, 232, 236 PCG). Der entsetzte Vater (Fr. 238 PCG) kann nur feststellen, dass er den Jungen nicht zu diesem Zweck in den Unterricht geschickt habe (Fr. 225 PCG). Denn er ist nicht in der Lage, Homerglossen auszulegen, sondern besteht darauf, dass sein Bruder, Vaters Liebling (Fr. 233, 3 PCG ὁ μὲν οὖν σός), juristische Termini erklärt (Fr. 233 PCG). Genauso wenig kann er Skolien des Alkaios oder Anakreon beim Symposion anstimmen (Fr. 235 PCG; vgl. Aristoph. Nub. 1353–1390) und scheint zu allem Überdruss wie Pheidippides in den Wolken seinen Vater schlecht zu behandeln (Fr. 208 PCG). Womöglich war schon in den Daitales Sokrates eine herausgehobene Rolle, so Luigi M. Segoloni: Socrate a banchetto. Il Simposio di Platone e i Banchettanti di Aristofane (Roma 1994) 109–193.

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Um diese Kritik dramatisch umzusetzen, schlagen die Komiker den Weg der ‘Personalisierung’ ein, der eng mit einer typischen Technik der Alten Komödie zusammenhängt: mit der ‘Verspottung unter namentlicher Nennung’, dem ὀνομαστὶ κωμῳδεῖν. Stadtbekannte Persönlichkeiten werden als Repräsentanten einer bestimmten Lebenshaltung und Einstellung, eine­s bestimmten ‘Berufes’, einer bestimmten τέχνη, auf die Bühne gebracht, ohne dass alle – oder die wenigsten – Details, die ihnen die Komödiendichter andichten, mit der realen Persönlichkeit übereinstimmen. Das bekannteste Beispiel ist natürlich der aristophanische Sokrates der Wolken, auf den Aristophanes all das, was man mit unnützen Intellektuellen verbindet,14 und all das, was man im Volksmund unter Philosophie versteht, projiziert. Ähnlich dürfte es Protagoras in den Kolakes des Eupolis gegangen sein. Philosophen beschäftigen sich mit unnützen Theorien, sie sind ‘abgehoben’, sind ‘windige’ Gesellen und wahre Schmarotzer.15 Dazu kommen Meton als Vertreter der Mathematiker und Astronomen in den Vögeln (992–1000), Euripides in fast allen Komödien von den Acharnern bis zu den Fröschen und Agathon in den Thesmophoriazusen als Repräsentanten der neuen Tragödie oder Kinesias wiederum in den Vögeln (1372–1409) als typischer moderner Chorlyriker.16 Der gemeinsame Nen14 Im Konnos des Ameipsias scheint außerdem die Selbstbeherrschung und Genügsamkeit

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(καρτερία) des Sokrates ein Thema gewesen zu sein – wohl unter dem komischen Aspekt, dass er durch seine Bedürfnislosigkeit die Händler und Handwerker ruiniere; vgl. Fr. *9 PCG. Dies war wohl ein zentrales Thema der beiden Stücke des Eupolis, zumal in den Kolakes mit großer Wahrscheinlichkeit und im Konnos des Ameipsias sicher der Chor aus Sophisten bestand. Platon, der im Protagoras sich durch Eupolis’ Komödie inspirieren ließ, bezeichnet die Versammlung der Sophisten im Haus des Kallias als ‘Schwarm’ (314d) und als ‘Chor’ (315b); dies bedeutet zwar nicht zwingend, dass der Chor der Parasiten aus Sophisten bestand, es liegt aber doch nahe. Vgl. dazu auch Bernd Manuwald: Platon. Protagoras [Platon. Werke. Übersetzung und Kommentar VI 2] (Göttingen 1999) 130– 133. Der Chor in Ameipsias’ Stück setzte sich nach dem Zeugnis des Athenaios (V 218c) aus Denkern (φροντισταί) zusammen. Man kann sogar annehmen, dass es sich um einen individualisierten Chor handelte und jeder (oder viele) der Choreuten also eine eigene Identität hatte; vgl. B. Zimmermann: Handbuch I, 752. Vgl. Bernhard Zimmermann: Aristophanes und die Intellektuellen, in: Jan M. Bremer, Eric W. Handley (éd.): Aristophane (Vandœuvres, Genève 1993) 255–280; Olimpia Imperio: La figura dell’intellettuale nella commedia greca, in: Anna Maria Belardinelli u.a. (a cura di): Tessere. Frammenti della commedia greca: studi e commenti (Bari 1998) 43–130.

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ner, der all die verschiedenen Personen verbindet, besteht, wie der ‘Intellektuellen-Katalog’ in den Wolken (331–334)17 belegt, darin, dass sie als Wortkünstler unter dem Einfluss der sophistischen Rhetorik stehen. Wie die Komiker aus der ‘kritischen Idee’, der Sophistenkritik, ihr jeweiliges, die Konzeption des Stücks bestimmendes ‘komisches Thema’ hervorgehen lassen,18 entwickelt Platon aus einem vergleichbaren kritischen Ansatz sein ‘philosophisches’ Thema und verbindet bestimmte Haltungen mit bestimmten Personen, die als Spezialisten in einem Wissensbereich gelten. Der Unterschied zur Komödie ist zum einen darin zu sehen, dass Platon im Gegensatz zur Komödie seine dialogorum personae durch ihre jeweilige Art zu sprechen und zu argumentieren als tatsäch­ liche, lebensnahe und realitätsgetreue Charaktere vor unseren Augen entstehen lässt,19 nicht als Platzhalter einer bestimmten Richtung, die zwar einen stadtbekannten Namen tragen, aber genauso gut einen anderen haben könnten, zum anderen darin, dass er sie keinem ausgrenzenden, von Schadenfreude und Abneigung gegen alles, was man nicht versteht, und gegen alle, die in irgendeiner Weise andere Fähigkeiten als der Durchschnitt besitzen, getragenen Lachen und verbaler Gewalt aussetzt. Zwar wird in vielen Dialogen Platons der Anspruch, den Spezialisten voller Selbstbewusstsein erheben, letztlich als Anmaßung und als ἀλαζονεία aufgedeckt.20 Die platonischen ἀλαζόνες werden jedoch nicht rüde bloßgestellt, sondern humorvoll auf ihre Beschränktheit, ihr Scheinwissen und ihre Scheinkompetenz hingewiesen. Besonders schön kommt dies im Bericht des Laches im gleichnamigen Dialog (183c8–184a7) von der verunglückten Darbietung der kriegerischen Fähigkeiten zum Ausdruck, die der Kampfsportlehrer, der durch und durch als Karikatur eines Sophisten 17

Unter dem Schutz der Wolkengöttinnen stehen Seher, Ärzte, langhaarige, siegelringtragende Schnösel aus gutem Hause, moderne Dithyrambendichter – eben alles hochnäsige, faule Nichtstuer. 18 Terminologie nach Klaus Dieter Koch: Kritische Idee und Komisches Thema. Untersuchungen zur Dramaturgie und zum Ethos der Aristophanischen Komödie (Bremen 2 1968). 19 Vgl. M. Erler: Platon, 86. 20 Zur komischen Figur des Alazon vgl. immer noch Otto Ribbeck: Alazon. Ein Beitrag zur antiken Ethologie und zur Kenntniss der griechisch-römischen Komödie nebst Übersetzung des Plautinischen Miles gloriosus (Leipzig 1882).

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durchgehen könnte, einst auf einem Kriegsschiff bot: Freund wie Feind vergessen ob der komischen Epideixis Krieg und Kampf und brechen in Klatschen und ein befreites Lachen aus.21 Nicht ohne Grund verweist Platon an zwei Stellen, an denen er sich mit der Komödie und dem Vergnügen an komischen Gegenständen auseinandersetzt, auf ‘Neid’ (φθόνος) als treibende Kraft des durch eine Komödie ausgelösten Lachens (Plat. Apol. 18d1; Phil. 48b11, 49a8).22 Diese rezeptionsbezogene Analyse des komischen Spotts stimmt vollkommen mit der Beschreibung überein, die der anonyme Autor des Staats der Athener von der Technik des ὀνομαστὶ κωμῳδεῖν gibt (2, 18): Die Athener lassen nicht zu, dass in einer Komödie der Demos in toto verspottet wird; wohl aber sehen sie es sehr gerne, wenn Personen, die durch Reichtum, adlige Abstammung oder eine besondere Fähigkeit23 sich vom Durchschnitt absetzen, dem Spott ausgesetzt werden. Man kann also die Stellungnahmen Platons zum Komödienspott und zum komischen Lachen metapoetisch lesen: Zwar teilt er gewisse Ansätze der Kritik mit den Komikern, lehnt aber deren Weg der Personalisierung durch die Mittel des ὀνομαστὶ κωμῳδεῖν ab, das er als Verleumdung (διαβολή) bezeichnet (Plat. Apol. 18d1), und geht den des ironischen Augenzwinkerns24 wie beim Schluckauf, der Aristophanes befällt, als er ansetzt, seine Lobrede auf Eros zu halten. Unerwartet25 überkommt den Komödiendichter eine Attacke seines 21

Dieser kleine ‘Botenbericht’ in der Argumentation des Laches könnte durchaus als eine einem Mimos nachempfundene Szene bezeichnet werden, als komische Literarisierung und Dramatisierung einer komisches Potential enthaltenden Alltagssituation. 22 Zur wichtigen Stelle im Philebos vgl. Dorothea Frede: Platon. Philebos [Platon. Werke. Übersetzung und Kommentar III 2] (Göttingen 1997) 285–291. 23 Das Partizip δύναμενος ist mehrdeutig. Es bedeutet: ‘jemand, der eine bestimmte δύναμις besitzt’, sei diese politischer oder intellektueller Natur. 24 Zu Ironie bei Aristophanes vgl. Bernhard Zimmermann: Ironie in der aristophanischen Komödie?, in: Reinhold F. Glei (Hg.): Ironie. Griechische und lateinische Fallstudien (Trier 2009) 33–45; zu Platon Michael Erler: Parrhesie und Ironie: Platons Sokrates und die epikureische Tradition, in: Reinhold F. Glei (Hg.): Ironie. Griechische und lateinische Fallstudien (Trier 2009) 59–75, zusammenfassend M. Erler: Platon, 88. 25 Platon übernimmt hier passenderweise eine typisch komische Technik, die unerwartete Durchbrechung eines eigentlich durch die Bauform oder wie hier durch die Tradition des Symposions vorgegebenen schematischen Ablaufs; zum Aprosdoketon als einem typisch komischen Element vgl. B. Zimmermann: Handbuch I, 705–707. Eine Zusammen-

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Körpers – allerdings eine weit harmlosere als die, die häufig die Personen seiner Komödien erleiden.26 Aristophanes’ Lobrede auf Eros, dessen δύναμις er durch den Mythos von den Kugelmenschen deutlich zu machen versucht (189c2–193d6), mag tatsächlich eine Anspielung Platons darauf sein, dass die Komödiendichter häufig volkstümliche, märchenhafte Erzählungen in ihre Stücke einbauen.27 Der Mythos, den Platon Aristophanes in den Mund legt, zeigt in aller Deutlichkeit, dass der Philosoph völlig mit der Technik vertraut war, die Aristophanes einsetzte, um dem Publikum in einer Komödie Abstraktes vor Augen zu führen oder Theorien nahezubringen. Neben der ‘Personalisierung’ ist es die ‘metaphorische Dramatisierung’.28 Diese wohl wichtigste komische Technik des Aristophanes besteht darin, abstrakte Inhalte gegenständlich auf die Bühne zu bringen oder in Handlung umzusetzen. So ist, um bei den Wolken zu bleiben, der Chor in diesem Stück Ausdruck all dessen, was ein Durchschnittsathener mit Philosophie und Rhetorik oder – allgemeiner ausgedrückt – mit Intellektuellen verbindet. Der Zuschauer soll alle Konnotationen, die er aus seiner Lebenserfahrung mit ‘Wolken’ verbindet, in seinem Gedächtnis aktivieren und auf den Gegenstand der Kritik, die sophistische Rhetorik und rhetorische Philo­ sophie, übertragen. So erhalten Sophistik und Philosophie ähnlich wie die Dithyrambenkunst des Kinesias die Epitheta ‘windig, vom Boden abgehoben, undurchschaubar und dunkel, ständig die Form wechselnd, trügerisch’.29 Platon verwendet – darin der aristophanischen ‘metaphorischen Dramatisierung’ äußerst nahe – seine Mythen und Gleichnisse30 in vergleichbarer Weise. Was auf dem Weg der dialektischen Argumentation

26 27

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stellung der Aprosdoketa findet sich bei Adele Filippo: L’aprosdoketon in Aristofane, in: Rudiae 13–14 (2001–2002) 57–143. So die schöne Beobachtung von Kennth J. Dover: Plato. Symposium (Cambridge 1980) 104. So J. Dover: Symposium, 113. Vgl. die Erzählungen (μῦθοι), mit denen die beiden Halbchöre in der Lysistrate des Aristophanes (781–796, 805–820) ihre Frauen- bzw. Männerfeindschaft erklären. Dies wurde von Hans-Joachim Newiger: Metapher und Allegorie. Studien zu Aristophanes (München 1957) herausgearbeitet. Vgl. H.-J. Newiger: Metapher, 50–74. Vgl. M. Erler: Platon, 89–92.

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geklärt ist oder geklärt werden könnte, wird im Mythos in ein Bild gefasst und damit unmittelbar verständlich.

III. Eng mit der Frage nach der rechten Art der Erziehung der Jugend hängt die Überprüfung der in der traditionellen παιδεία eine große Rolle spielenden Literaturformen zusammen. «Denn für die Knaben ist es der Lehrer, der ihnen zeigt, wo’s langgeht, für die Erwachsenen sind dies die Dichter» – so Aischylos in den aristophanischen Fröschen (1084–1085) in seinem Plädoyer für seine Art der Tragödienkunst, das in der Forderung gipfelt: «Deshalb dürfen wir nur ganz und gar Rechtschaffenes sagen.» Aristophanes nimmt wie Platon einen unmittelbaren didaktischen Einfluss von Dichtung, besonders wenn diese mimetisch ist und aufgeführt wird, auf die Rezipienten an. Die Analyse homerischer Verse zu Beginn des 3. Buchs der Politeia zeigt wie Aischylos’ Kritik der Inhalte und des Stils der euripideischen Tragödien in den Fröschen des Aristophanes (1060–1088), dass junge Leute, die Derartiges anhören oder ansehen, verdorben werden, da sie die in der Literatur vorgeführten Verhaltensweisen nachahmen, und dies nachhaltig negative Auswirkungen auf die Polis insgesamt hat. Besonders deutlich wird dies in den Wolken (1352–1451): Der sophistische Einfluss verleitet den jungen Pheidippides, die Klassiker wie Simonides (1356) und Aischylos (1365) zu missachten und stattdessen Euripides zu bevorzugen – mit dem Resultat, dass der Junge Vater und Mutter zu schlagen droht. Diese prägende Wirkung kann Literatur deshalb auslösen, weil sie – ganz der von Gorgias in seiner Helena entwickelten Logos-Theorie entsprechend – in der Lage ist, eine Vielzahl von Emotionen auszulösen, und dies bei rein fiktiven Gegenständen, ohne dass der Rezipient selbst persönlich davon betroffen wäre. Der platonische Ion führt vor, wie es durch den beeindruckenden Gesang und die mitreißende Darbietung des Rhapsoden gleichsam zu einer Massenhysterie kommen kann; Aristophanes zeigt in den Thesmophoriazusen – der Komödie angemessen auf obszöne Art und Weise – die erotisierende Wirkung von Agathons weiblich klingendem Gesang auf seine Zuhörer (130–133).

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Eine besondere Gefahr sehen Platon und Aristophanes in den mimetischen Auswüchsen, die Tragödien (und wohl auch Dithyramben) im ausgehenden 5. Jahrhundert aufwiesen. Platon gibt im Staat (III 397a) eine Liste solcher depravierter Imitationen von Naturgeräuschen jeder Art, Aristophanes parodiert immer wieder in seinen Komödien diese Tendenzen – man denke an die Wiedehopfarie der Vögel (227–282) oder an das Wettsingen zwischen Dionysos und den Fröschen in den Fröschen (209– 268) oder an die vokale Nachahmung des Klangs der Kithara in den Fröschen (1285–1295) und im Plutos (290). Wenn solch ein mimetischer Alleskönner in die von Sokrates konzipierte Polis käme und das Angebot unterbreiten würde, seine Dichtung vorzuführen, würde man ihn freundlich bestimmt und mit Ehren hinauskomplementieren, da für eine derartige Dichtung in der Stadt kein Platz sei (Rep. III 398a1–b4). Dasselbe Schicksal widerfährt Kinesias, der sich in den Vögeln (1372–1409) durch seine Dithyramben Zugang nach Wolkenkuckucksheim verschaffen will und brüsk abgewiesen wird, während der traditionelle, anonyme Chorlyriker im Stile Pindars zwar auch keine Aufnahme in Peisetairos’ Vogelstaat findet, aber gnädiger, mit einem Mäntelchen beschenkt, nach Hause geschickt wird (904–955). Die aristophanische ‘Abfertigung’ der beiden Poeten weist zu große Ähnlichkeiten mit der Stelle aus dem 3. Buch der Politeia auf, als dass dies Zufall sein könnte, so dass man wohl eine direkte Bezugnahme Platons auf die aristophanischen Vögel annehmen darf. Während Aristophanes in seinen Parodien deutlich macht, dass diese mimetischen Manierismen eines Euripides oder Agathon das Decorum der erhabenen Gattung Tragödie verletzen, während sie in der anderen Normen gehorchenden Komödie durchaus erlaubt sind,31 und dass sie den Bildungsauftrag der Gattung ins Gegenteil verkehren, die ‘alte’ Tragö­ die eines Aischylos jedoch einen wichtigen Platz in der Bildung der Bürger innehat, verbannt Platon ‘Homer und die Tragiker’32 aufgrund ihrer verderblichen Auswirkungen auf die Seele der Rezipienten gänzlich aus 31

Vgl. zu diesem nur auf den ersten Blick aristophanischen Paradox Bernhard Zimmermann: Comedy’s Criticism of Music, in: Niall W. Slater, Bernhard Zimmermann (Hg.): Intertextualität in der griechisch-römischen Komödie (Stuttgart 1993) 39–50. 32 Für Platon stellen Homer und die Tragiker eine Einheit dar – dies unter dem Aspekt ihrer Wirkung auf die Rezipienten, aber auch deshalb, weil Platon klar den prädramati-

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seinem Staat (Rep. X 606e1–607a7), vor allem, wenn man sie als eine ernsthafte Sache33 ansehe und betreibe und nicht als bloßes Spiel (X 602b8 παιδιά τις). Der institutionelle Rahmen, in dem Dramen zur Aufführung gelangten – die Großen Dionysien, das wichtigste Fest der Polis –, und der didaktische Anspruch, den beide Schwestergattungen erheben,34 verbieten jedoch, diese Art von Polisliteratur, die dionysischen Gattungen und die homerischen Epen, als Spiel zu betrachten – mit der Konsequenz, dass für diese Art von Literatur kein Platz im platonischen Staat sein kann, sondern nur für erbauliche Hymnen und Enkomien.

IV. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Platon, der durchaus den ästhetischen Reiz des ἡδυσμένος λόγος zu schätzen35 und durchaus, wie seine Kritik an den dramatischen Gattungen und am Epos belegt, die literarischen Techniken dieser Gattungen bestens einzuschätzen weiß, literarische Gestaltung strikt ablehnt. Vielmehr bedient er sich dieser Formen und Techniken zur Vermittlung seines genuin philosophischen Anliegens sozusagen in gereinigter Form – ohne die schädlichen Wirkungen der Polis­ literatur – und schafft aus ihnen eine neue literarische Form, die nicht für ein Massenpublikum, wie es bei den Dionysien, Lenäen oder Panathenäen anwesend ist, geschrieben und nicht mit dem optischen und akusti-

schen Charakter der homerischen Epen, vor allem der Odyssee, erkannte; die Stellen zu ‘Homer und die Tragiker’ bei Penelope Murray: Plato on Poetry (Cambridge 1996) 188. 33 Immer wieder wird auf die Ernsthaftigkeit im Zusammenhang mit Dichtung und darauf verwiesen, dass dies in aller Öffentlichkeit vor vielen Zuschauern betrieben werde (z.B. Rep. III 388d1, 387a4). 34 Aristophanes betont durch den Mund seines Protagonisten Dikaiopolis in den Acharnern (500), dass auch die Komödie das Rechte (oder Gerechte) wisse. Der Neologismus τρυγῳδία für Komödie lässt natürlich τραγῳδία anklingen und verweist darauf, dass dies für die Tragödie ohnehin gelte. 35 Zu Beginn des 10. Buches der Politeia (X 595b9–13) spricht Sokrates von der Freundschaft und Zuneigung (φιλία) sowie dem Respekt (αἰδώς), den er für den Homer, den Archegeten der Tragiker, als junger Mann gehegt habe.

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schen Blendwerk36 versehen ist, wie dies bei dramatischen Texten aus publikumswirksamen Gründen der Fall ist, sondern sich an den kleinen Kreis derer wendet, die sich mit den Themen der sokratisch-platonischen Philosophie ernsthaft beschäftigen wollen und vor allem wissen, mit welchen Mitteln performative Literatur arbeitet und welche Affekte sie damit hervorrufen kann, und die deshalb Gegenmittel (Rep. X 595b6 φάρμακα) gegen diese schädlichen Wirkungen auf die menschliche Seele (Rep. III 387c2–3) besitzen. Besonders deutlich lässt sich diese neue, die alten Gattungen der Polis in sich aufnehmende, sie reinigende und einem philosophischen Ziel zuführende Form der Literatur im Symposion beobachten. Im Symposion sind alle theatralischen Formen des 5. Jahrhunderts als deutlich erkennbare Subtexte präsent. Anlass des Geschilderten ist der erste Tragödiensieg Agathons im Jahre 416, Gastgeber ist der Tragiker selbst, Gast ist der Komödiendichter Aristophanes, und Sokrates bezeichnet Alkibiades’ Lobrede, die das Symposion, ganz dem Spielplan der Dionysien vergleichbar, beschließt, als ein σατυρικὸν δρᾶμα τοῦτο καὶ σιληνικόν, als ein ‘Satyr­silendrama’ (222d2–3).37 Dieser durch die im Symposion immer wieder evozierten dramatischen Gattungen sichtbare dionysische Rahmen ist von Anfang an durch die Institution des Symposions gegeben, zu dem Agathon einlädt, und wird durch die Mysterienterminologie, die das Symposion durchzieht, ständig ins Gedächtnis zurückgerufen.38 Alkibiades als Ungeladener (ἄκλητος) gehört ebenfalls dionysischem Ambiente an wie die ihn begleitenden Kom­ asten, die das geregelte Symposion in dionysischer Unordnung enden lassen (223b): Der Wein soll nunmehr ohne Ordnung getrunken werden. Man denke an den Phales-Hymnos des Dikaiopolis in den Acharnern des Aristophanes (263–280), in dem ähnliche dionysische Orgien beschrie36

In diesem Punkt stimmt Aristoteles mit Platon überein. In der Poetik (6, 1450b15–20) erklärt er die Vertonung (μελοποιία) und Inszenierung (ὄψις) als für nicht zur Kunst des Dichters, sondern des Regisseurs zugehörig und betont, die wahre Qualität eines Textes müsse sich in der bloßen Lektüre erschließen (26, 1462a11–14). 37 Damit verweist Platon auf die beiden die Gattung ‘Satyrspiel’ definierenden Elemente: Auf den Chor der Satyrn und deren Anführer Silen. 38 Vgl. dazu Christoph Riedweg: Mysterienterminologie bei Platon, Philon und Klemens von Alexandrien (Berlin, New York 1987) 2–29.

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ben werden. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass gleich zu Beginn die μανία des Apollodor den dionysisch-orgiastischen Vorhang hebt und dithyrambisches Kolorit ins Spiel bringt.39 Auch der Text selbst weist in der Mikrostruktur auf vielen Ebenen zahlreiche Bezüge zu den dramatischen Gattungen auf. Die Eröffnungspartie ist ganz nach der komischen Prologtechnik gestaltet: Es geht mediis in rebus los. Man weiß nicht, wer spricht und an wen der Sprecher sich wendet. Die angesprochenen Hetairoi werden, einem Chor vergleichbar, das ganze Stück anonym bleiben und werden gleichsam durch den Chorführer in zwei kurzen Zwischenbemerkungen in der Einleitung vertreten. Apollodors Identität als Erzähler wird nach fünf Zeilen enthüllt, wobei seine Herkunft aus Phaleron schon eine Fährte gelegt hat. Man lese den Eingang der Ritter, Wespen oder Vögel des Aristophanes, in denen die dramatis personae erst spät ihren Namen erhalten; überhaupt scheint späte Namensgebung eine komische Technik zu sein. Aristodemos, der Gewährsmann Apollodors, und der Erzähler Apollodor sind Typen,40 die einer Intellektuellen-Komödie entstiegen zu sein scheinen.41 Sie tragen Epitheta, mit denen sie in den Komödien des 5. Jahrhunderts hätten verspottet werden können – Aristodemos ist klein und ‘unbeschuht’ (173b2 σμικρός, ἀνυπόδητος) –, und Apollodor, der den Ruf hat, weichlich und rührselig zu sein (173d7–8 μαλακός), scheint ein sokratischer Wiedergänger des Dieners des Euripides in den aristophanischen Acharnern, von Sokrates’ Schüler in den Wolken oder des Sklaven Agathons in den Thesmophoriazusen zu sein: All diese Dienstboten bedienen sich der Diktion und Manierismen ihrer Herren im Übermaß. Das Enkomion des Alkibiades lässt Sokrates als episch-tragisch-komischen Helden erscheinen. Es wird eingeleitet durch Sokrates’ Vergleich mit Aias, einem episch-tragischen Helden (219e2), dem weitere Vergleiche mit Achilleus, Nestor, Antenor und Perikles (221c) folgen. Sokrates 39

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Zu μανία, ‘Raserei’, in dionysischem Kontext vgl. Eric R. Dodds: Euripides. Bacchae (Oxford 21960) XI–XX. Zum Dithyrambos vgl. Bernhard Zimmermann: Dithyrambos. Geschichte einer Gattung (Berlin 22008) 44–50. Die Testimonien finden sich in Gabriele Giannantoni (ed.): Socratis et Socraticorum reliquiae, II (Napoli 1990) 632–633. Zu dieser Spielart der Komödie des 5. Jahrhunderts v. Chr. vgl. B. Zimmermann: Aristo­ phanes und die Intellektuellen.

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übertrifft im Felde jeden an Durchhaltevermögen, unterstrichen durch ein homerisches Zitat (220c2), aber er ist auch unbesiegbar im Weingenuss: Nie hat ihn jemand betrunken gesehen (220a). Er vereint also die Eigenschaften eines episch-tragischen und eines komischen Helden in sich. Alkibiades rückt mit seinem Enkomion mit direkter Anrede des Aristo­ phanes dessen Sokrates-Bild zurecht, indem er den Vers 362 der Wolken zitiert «stolz wie ein Pfau einherschreitend und die Augen herablassend zur Seite werfend» (βρενθυόμενος καὶ τὠφθαλμὼ παραβάλλων) und ihn positiv auf Sokrates’ Verhalten im Kampf umdeutet. Ebenso korrigiert er Aristophanes’ Karikatur des Intellektuellen, wenn er Sokrates beim Denken im Feld vorführt (220c1–d5). Ionische Soldaten schauen ihm staunend die ganze Nacht hindurch beim Denken zu, und sie tun dies, ohne zu lachen, sondern mit der Bewunderung des einfachen Mannes für die geistige Hingabe des Philosophen. Was komisch erscheinen mag und von Aristophanes in den Wolken komisch-verzerrt – besonders im Bericht des Sokrates-Schülers über die unsinnigen und nutzlosen Versuche des Meisters – dargestellt wurde (133–219), entpuppt sich als Profession und Konfession des Intellektuellen, die von der Menge akzeptiert und mit Bewunderung wahrgenommen wird. Das poetologische Fazit, das Platon am Ende des Symposions Sokrates in den Mund legt, ist gut vorbereitet: Tragödien und Komödien sollten von denselben Dichtern geschrieben werden, die dann in der Lage wären, einen komisch-tragischen Helden wie Sokrates zu schaffen, jedoch nicht zur Unterhaltung und zum höhnischen, ausgrenzenden Gelächter, wie dies in den Komödien der Zeit üblich war, oder um durch dessen Leiden «Schauder voller Furcht und tränenreiches Mitleid und eine schmerzliche Sehnsucht» (φρίκη περίφοβος καὶ ἔλεος πολύδακρυς καὶ πόθος φιλο­ πενθής)42 auszulösen, wie dies Gorgias in der Helena (8) als Wirkung von Dichtung beschreibt, sondern um den Rezipienten einen Nutzen zu bringen. Dieser Nutzen kann jedoch nicht im Dionysostheater vermittelt werden, vor einem Publikum von tausenden von Menschen, sondern nur im 42

Die wie ein Oxymoron klingende Formulierung πόθος φιλοπενθής bringt ein rezep­ tionstheoretisches Paradox auf den Nenner: Wer Tragödien im Theater ansieht, wird von schmerzlichem Leid befallen und spürt trotzdem das Verlangen in sich, sich dieses Leid immer wieder zuzufügen.

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kleinen Kreis Gleichgesinnter, wie dies bei einem Symposion wie dem von Platon beschriebenen der Fall sein kann. In dieser neuen, von Platon geschaffenen Literatur hat auch eine neue Form des Mythos ihren Platz,43 die keine Ammenmärchen und keine furchterregenden grausamen Geschichten (Rep. III 337c–381e), sondern die Phantasie und den Gedankenflug anregende Erzählungen sind und die den langen dialektischen Weg zur Wahrheit abzukürzen vermögen. In diesem platonischen, elitären Theater fehlen die von Aristoteles in der Poetik als ἄτεχνοι bezeichneten, als ‘nicht zur Kunst gehörenden’ Dimensionen, die ὄψις und μελοποιία, die Inszenierung und Vertonung, die in besonderer Weise die Emotionen aufzustacheln vermögen. Platons Texte wenden sich an den Intellekt, und nur an den. Sie sind im besten Sinne des Wortes reines Theorietheater.

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Vgl. M. Erler: Platon, 89–92.

Aporia e maieutica nel Teeteto di Platone FRANCO FERRARI

I. Gli interpreti antichi non faticarono a rendersi conto dell’importanza strategica che l’esegesi del Teeteto riveste per la comprensione del senso complessivo della filosofia platonica. L’autore anonimo del celebre Commento al Teeteto, databile agli inizi dell’èra imperiale,1 costituisce una fonte preziosa sui differenti approcci ermeneutici adottati di fronte a questo dialogo alla fine dell’epoca ellenistica.2 Già nell’antichità la principale ragione di dissenso tra gli interpreti concerneva l’atteggiamento da assumere nei confronti della conclusione formalmente aporetica del Teeteto, che mette in scena un’indagine nel corso 1

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Il tentativo compiuto dai recenti editori del papiro (PBerol. 9782) di retrodatare la composizione del commentario al I secolo a.C. (Guido Bastianini, David Sedley: Commentarium in Platonis Theaetetum, in: Corpus dei papiri filosofici greci e latini, III: Commentari [Firenze 1995] 227–562, qui: 254–256), ha incontrato una certa resistenza da parte della comunità degli studiosi: cfr., per esempio, Jan Ospomer: In Search of the Truth. Academic Tendencies in Middle Platonism (Bruxelles 1998) 34–36. Sul Commento al Teeteto come testimonianza relativa allo status del dibattito intorno all’interpretazione del dialogo cfr. Harold Tarrant: Plato’s First Interpreters (London 2000) 167–182. Sulla strategia ermeneutica messa in atto dal commentatore anonimo cfr. Mauro Bonazzi: Le commentateur anonyme du Théétète et l’invention du plato­ nisme, in: Dimitri El Murr (éd.): La mesure du savoir. Études sur le Théétète de Platon (Paris 2013) 309–333. Sull’esistenza nell’antichità di interpretazioni conflittuali del ­Teeteto cfr. David Sedley: Three Platonist Interpretations of the Theaetetus, in: Christopher Gill, Mary Margaret McCabe (eds.): Form and Argument in Late Plato (Oxford 1996) 79–103.

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della quale né Socrate né i suoi due interlocutori, vale a dire il geometra Teodoro e il suo giovane e brillante allievo Teeteto, si dimostrano in grado di pervenire a una definizione soddisfacente della nozione di ἐπιστήμη. Secondo i sostenitori dell’esegesi scettico-aporetica, l’esito della conversazione tra Socrate e i suoi partner non fa che confermare la correttezza della loro interpretazione, e cioè l’opportunità di assegnare a Platone un’attitudine scettica, in base alla quale la conoscenza in senso proprio non esiste o comunque non è raggiungibile;3 viceversa, i fautori di un’esegesi dogmatica si proposero di depotenziare il significato del risultato negativo della discussione tra Socrate e i suoi due interlocutori, e lo fecero tentando di inserire il dialogo all’interno di una strategia complessiva che era sostanzialmente di natura propositiva.4 Oggi i confini del dibattito intorno al significato filosofico del Teeteto varcano i limiti segnati dalla contrapposizione tra ‘scettici’ e ‘dogmatici’, e probabilmente anche quella tra ‘unitaristi’ e ‘revisionisti’, ossia tra coloro che considerano il pensiero contenuto dei dialoghi come unitario e privo di sostanziali ‘svolte’ e coloro che, viceversa, attribuiscono a Platone delle vere e proprie revisioni, di cui il Teeteto costituirebbe uno dei momenti più significativi.5 In ogni caso, al di là dei differenti punti di vista ermeneutici, tra gli studiosi sembra comune la consapevolezza che l’assunzione di una qualsiasi immagine della filosofia di Platone dipenda in misura non trascurabile dall’interpretazione di questo scritto.

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L’autore anonimo dei Prolegomena in Platonis philosophiam riporta l’opinione di quegli interpreti, evidentemente scettici, i quali ritengono che l’esito aporetico del Teeteto dimostri che per Platone non ci sia conoscenza: «dicono che Platone non pensa che vi sia conoscenza: ed è chiaro dal fatto che nel Teeteto ha rovesciato ogni definizione di conoscenza e il numero; come diremo che un uomo con tali opinioni possa sostenere che noi possediamo la comprensione?» (Anon. Prol. Plat. Phil. 10, 23–26). Si veda in proposito Mauro Bonazzi: Academici e Platonici. Il dibattito antico sullo scetticismo di Platone (Milano 2003) 81–91. Sul complesso delle strategie per mezzo delle quali gli antichi sostenitori dell’interpretazione dogmatica di Platone tentarono di indebolire il significato della conclusione aporetica di molti dialoghi cfr. Franco Ferrari: Quando, come e perché nacque il plato­nismo, in: Athenaeum 100 (2012) 71–92, qui: 77–88. Su questa distinzione e sulle diverse esegesi del Teeteto oggi attive cfr. Timothy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus (Sankt Augustin 2004) 16–24.

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Tra le ragioni che rendono complicata e incerta l’interpretazione del Teeteto non c’è dubbio che un ruolo rilevante venga giocato dall’apparente eccentricità, sia formale che contenutistica, del dialogo rispetto alle opere che gli sono vicine dal punto di vista dell’epoca di composizione e degli argomenti trattati. In effetti, sebbene la ‘stesura’ del Teeteto, o comunque una qualche forma di sua circolazione, risalga quasi certamente al quarto decennio del IV secolo, ossia al periodo della piena maturità di Platone, e sia verosimilmente successiva a quella del Fedone, del Simposio, della Repubblica e delle opere del periodo centrale, il dialogo presenta numerosi aspetti formali che lo distinguono dagli scritti della maturità, avvicinandolo alle opere giovanili, ossia ai cosiddetti ‘dialoghi socratici’. A questi ultimi sembrano accomunarlo almeno tre aspetti: a) la natura definitoria della conversazione tra Socrate e i suoi interlocutori, impegnati a stabilire il significato della nozione di ἐπιστήμη; b) l’esito formalmente aporetico della ricerca, la quale non perviene a fornire una risposta soddisfacente all’interrogativo intorno a che cosa sia ‘conoscenza’; c) la centralità della figura di Socrate, il quale, con l’unica eccezione del Filebo, a partire dal Parmenide vede il suo ruolo compresso, a vantaggio di altre dramatis personae, come Parmenide stesso, lo Straniero di Elea, Timeo e l’ospite Ateniese nelle Leggi. A questi elementi di natura formale se ne possono aggiungere altri legati al contenuto del dialogo.6 Tra questi il più significativo risiede probabilmente nell’apparente assenza delle idee, ossia delle forme intelligibili, che non vengono chiamate in causa per risolvere un problema – quello relativo all’individuazione del significato della nozione di episteme – al quale esse dovrebbero essere in grado di fornire un contributo decisivo, almeno stando a ciò che si legge in dialoghi quali il Fedone, il Simposio e la Repubblica, ampiamente confermato in opere successive al Teeteto, quali il Sofista, il Filebo e il Timeo. Come è noto, l’apparente silenzio intorno alle idee ha indotto molti commentatori a vedere nel Teeteto un inequivocabile indizio o dell’abbandono da parte di Platone di questa celebre conce-

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Un elenco ragionato dei motivi per i quali il Teeteto appare singular and puzzling viene fornito da Neil Cooper: Plato’s Theaetetus Reappraised, in: Apeiron 33 (2000) 25–52, qui: 25–27.

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zione, oppure di una sua radicale riformulazione (magari nella forma di una teoria dei trans-departmental or topic-neutral notions).7 Tra gli elementi singolari del Teeteto bisogna poi annoverare la presenza dell’auto-presentazione di Socrate come maieutico, la quale, sebbene sia forse preparata in altri scritti (ad es. il Menone), non trova riscontri così espliciti in nessun’altra opera platonica. Infine, lo stesso andamento del dialogo presenta aspetti piuttosto curiosi, se non proprio bizzarri: si pensi allo spazio fortemente ineguale assegnato alle tre definizioni di episteme proposte da Teeteto;8 alla discussione intorno all’origine della ‘opinione falsa’, che si estende per quasi tutta la sezione dedicata alla ‘opinione vera’ (ἀληθὴς δόξα), di cui invece si parla molto poco; al sistematico, e curioso ricorso ad esempi ricavati dall’esperienza quotidiana; e allo strano ‘gioco delle parti’ tra Socrate, Teodoro e Protagora, i quali sembrano scambiarsi i ruoli (confutatore-difensore) e i metodi (eristico, sofistico, dialettico, geometrico).9 Come si vede, le stranezze del Teeteto sono molte. E sebbene non esista un rigido canone formal-contenutistico entro il quale i dialoghi platonici possano venire rinchiusi, non c’è dubbio che l’interpretazione di quest’ope­ra richieda un’attenzione e uno scrupolo esegetici particolari.

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È questa l’interpretazione diffusa in certi settori della critica vicini alla filosofia analitica, o comunque dichiaratamente avversi a ogni attitudine metafisica. Il capostipite di questa interpretazione fu probabilmente Gilbert Ryle: Plato’s Progress (Cambridge 1966). Una schematica esposizione della scansione del dialogo viene fornita da Ernst Heitsch: Überlegungen Platons im Theaetet (Stuttgart 1988) 23–31. In effetti, il ‘gioco delle parti’ tra Socrate, Teodoro e Protagora assume forme piuttosto bizzarre: Socrate, ad esempio, si propone di confutare Protagora ma talora sembra anche soccorrerlo, sembra cioè βοηθεῖν τῷ λόγῳ del grande sofista (165e8–166a2); inoltre egli si serve spesso di argomenti antilogici e ‘sofistici’ (163b1–165e4); Teodoro, da parte sua, è presentato come un importante matematico, ma riconosce il suo debito nei confronti del ‘sofista’ Protagora, anche se poi dichiara di avere abbandonato le sottigliezze sofistiche in favore del rigore della geometria (164e8–165a3); Protagora, infine, pur difendendo le ragioni della sua disciplina e del suo metodo, arriva a rimproverare Socrate per il ricorso a uno stile eristico e confutatorio e lo invita ad assumere un comportamento intellettualmente corretto, ossia ‘socratico’ (166a2–e2). Si veda quanto scrivo in Franco Ferrari: Platone. Teeteto. Introduzione, traduzione e commento (Milano 2011) 30–32.

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II. In realtà, l’aspetto decisivo dell’esegesi del Teeteto riguarda l’attitudine che bisogna assumere nei confronti dell’esito aporetico con il quale si conclude la discussione tra Socrate, Teodoro e Teeteto. Si tratta di un punto dirimente, dal quale dipendono molti dei problemi ermeneutici suscitati dalla lettura del dialogo e in sostanza la stessa interpretazione complessiva dell’opera. Dal punto di vista ermeneutico generale, di fronte al Teeteto, e in particolare di fronte all’aporia finale, è opportuno assumere un atteggiamento simile a quello che una parte della critica ha suggerito di avere nei confronti dell’esito aporetico dei dialoghi cosiddetti ‘socratici’. Si tratta cioè di riconoscere che la conclusione aporetica del dialogo non esprime né una presunta attitudine scettica di Platone nei confronti del tema della conoscenza e del sapere, né l’esigenza di una riformulazione della sua epistemologia. Essa dipende piuttosto dal contesto dialogico-conversazionale al cui interno il tema della conoscenza viene affrontato. Ciò significa che ­l’aporia con la quale si conclude il Teeteto attiene al piano dialogico dei partecipanti alla conversazione (il loro sapere, i presupposti metodologici da cui muovono, il loro grado di onestà intellettuale) e non coinvolge l’autore, cioè Platone. Esattamente come accade per altri dialoghi, l’aporia del Teeteto costituisce una Scheinaporie, ossia un’aporia apparente, la quale coinvolge gli attori e non l’autore dell’opera.10 Nel caso del Teeteto, poi, l’esito aporetico del dialogo, ossia l’incapacità, effettiva (nel caso di Teodoro e Teeteto) e strategica (nel caso di Socrate), di fornire una risposta consistente all’interrogativo su ‘che cosa è episteme?’, risulta inscritto nella stessa struttura del dialogo e in particolare 10

Sul motivo della Scheinaporie si veda Vittorio Hösle: Der philosophische Dialog. Eine Poetik und Hermeneutik (München 2006) 353–359. Sull’opportunità di non coinvolgere anche l’autore, cioè Platone, nell’esito aporetico dei suoi dialoghi è fondamentale lo studio di Michael Erler: Der Sinn der Aporien in den Dialogen Platons. Übungsstücke zur Anleitung im philosophischen Denken (Berlin, New York 1987). Molto importante è anche la monografia di Thomas A. Szlezák: Platon und die Schriftlichkeit der Philo­ sophie. Interpretationen zu den frühen und mittleren Dialogen (Berlin, New York 1985) e, da una prospettiva leggermente differente, quella di Charles Kahn: Plato and the Socratic Dialogue (Cambridge 1996).

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nella auto-presentazione di Socrate come ‘maieutico’. Si tratta di un motivo che percorre l’intero scritto e dal quale dipende l’aporia con la quale esso termina. Se si tiene presente la natura maieutica del Teeteto, l’assenza della soluzione ‘platonica’ all’interrogativo intorno alla natura della conoscenza (ἐπιστήμη) non può davvero sorprendere: lo scopo del dialogo non consiste nell’esporre direttamente l’epistemologia di Platone, come purtroppo molti interpreti continuano a ritenere, bensì nel sottoporre al vaglio del metodo maieutico le risposte avanzate (o riprese) da Teeteto, le quali non corrispondono al punto di vista di Socrate e neppure a quello di Platone.11 La centralità del metodo maieutico trova numerose attestazioni nel corso del dialogo, a cominciare dalla celebre auto-presentazione di Socra­te (149a1–151d6), che precede la formulazione delle tre risposte di Teeteto. Come è noto, Socrate equipara il proprio metodo a quello delle levatrici, le quali aiutano le donne a partorire, pur essendo loro stesse ormai sterili. A differenza di queste ultime, tuttavia, l’attività di Socrate si indirizza alle anime e non ai corpi (150b6–9), e si ripromette di aiutare i suoi interlocutori a generare i prodotti presenti nelle loro menti, ossia pensieri e argomenti. Ma l’aspetto più importante (μέγιστον) dell’arte maieutica (μαιευ­τικὴ τέχνη) non consiste nell’estrapolazione di dottrine, bensì nella capacità di saggiarne la consistenza, ossia di stabilire se ciascuna di esse sia εἴδωλον καὶ ψεῦδος, cioè un’immagine falsa, oppure γόνιμόν τε καὶ ἀληθές, ossia qualcosa di fertile e vero (150c1–3). Da questo punto di vista la maieutica socratica incorpora tanto un aspetto ‘generativo’ quanto uno propriamente elentico. A partire dalla presentazione che Socrate fa di se stesso come ‘maieutico’, si possono ricavare i principali step lungo i quali la tecnica maieutica si articola: chi possiede questa arte a) deve essere capace di riconoscere gli interlocutori che sono realmente gravidi; b) deve aiutarli a partorire ciò di cui sono gravidi; c) deve sapere valutare la consistenza teorica del loro parto, deve cioè essere in grado di stabilire se le concezioni che emergono 11

Impeccabile mi sembra dunque la seguente affermazione di Gustav A. Seeck: Platons Theaitetos. Ein kritischer Kommentar (München 2010) 9: «Es wäre also ein grundlegendes Missverständnis, zu glauben, Platon habe im Theaitetos seine eigene Erkenntnis­ theorie darstellen wollen. Was er versucht, ist die Sichtung und Systematisierung der zeitgenössischen Diskussion.»

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dalla discussione siano ἀνεμιαῖα, cioè ‘soggette alla forza dei venti’ e dunque volatili, instabili, e meritevoli di essere abbandonate, oppure autenticamente γόνιμα, cioè ‘fertili’ e dunque consistenti e degne di venire allevate; d) e infine deve indirizzare coloro che non sono adatti alla filosofia verso altre figure di insegnanti, ossia verso i sofisti (151b1–6).12 Nel corso dello scritto Socrate richiama numerose volte l’importanza dell’arte maieutica (per es.: 157c7–d3, 160e6–161b6 e 184a6–b1),13 con il preciso intento di ribadire che l’intera conversazione con Teeteto e Teodoro costituisce la rigorosa applicazione di questo metodo. E alla fine del dialogo, commentandone lo sviluppo e gli esiti, Socrate ritorna sulla tecnica maieutica, chiedendo a Teeteto se egli abbia ancora le doglie oppure se abbia partorito tutto. E poi induce il suo giovane interlocutore a riconoscere che tutto ciò che è stato estratto dalla sua mente grazie all’applicazione della μαιευτικὴ τέχνη è risultato soggetto alla forza dei venti (ἀνε­ μιαῖα), e dunque non meritevole di essere allevato. Tuttavia, Socrate osser­va anche che l’intera conversazione non si è affatto dimostrata inutile, dal momento che, anche nel caso in cui le proposte di Teeteto si siano rivelate ἀνεμιαῖα, ossia infeconde, egli si troverebbe comunque in una situazione migliore rispetto all’inizio dell’in­terrogazione, appunto perché non crederà di sapere ciò che in realtà non sa (210b4–c6). Il Teeteto si presenta dunque come un dialogo maieutico, nel quale risulta evidentemente dominante la componente indagativa, confutatoria e peirastica, come del resto avevano perfettamente compreso i commentatori antichi.14 Dunque, l’esito aporetico del dialogo dipende dalla sua na12

Un quadro delle competenze e degli effetti dell’arte maieutica di Socrate viene fornito da David Sedley: The Midwife of Platonism. Text and Subtext in Plato’s Theaetetus (Oxford 2004) 30–37. 13 Un elenco delle occorenze della terminologia legata alla maieutica (μαῖα, μαιεύειν, μαιεύεσθαι, μαίευσις, μαιεία, μαιευτικός) si trova in Chloé Titli: Particularités de la maïeutique socratique. La métaphore de Socrate accoucheur dans le Théétète de Platon, in: BAGB (2009) 81–97, qui: 82 n. 4. Per una presentazione generale del carattere della maieutica cfr. Luc Brisson: Socrates, the Midwife. A Key Indication for a General Interpretation of Plato’s Theaetetus, in: Ales Havlicek, Filip Karfik, Stepan Spinka (eds.): Plato’s Theaetetus. Proceedings of the Sixth Symposium Platonicum Pragense (Praha 2008) 30–54. 14 Cfr. Anon. In Plat. Tht. col. XLVII 35–45: «Dall’attività di lei [scil.: della madre], si diceva ostetrico (μαιευτικόν) perché il suo insegnamento era di questo tipo. In altri modi, infatti, esprimeva asserzioni ed aveva dottrine (δόγματα), ma nell’insegnamento faceva

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tura, ossia dalla circostanza che esso non si prefigge l’obiettivo di ‘istituire’ dottrine, ma quello di applicare a Teeteto, e come vedremo non solo a lui, il metodo maieutico.15 Dopo che Socrate si è definito μαιευτικός (151c1), sarebbe davvero sorprendente che Platone gli assegnasse una precisa e definita concezione della conoscenza. Il suo compito nel Teeteto non con­ siste nel formulare risposte, ma nel sottoporre i suoi interlocutori al severo vaglio della tecnica maieutica.

III. La natura maieutica del dialogo non trova espressione solo nell’esame che Socrate conduce dell’anima ‘gravida’ del suo interlocutore Teeteto. In effetti, il metodo teorizzato da Socrate non viene applicato unicamente agli interlocutori in carne ed ossa, ma anche a quelli ‘teorici’, vale a dire alle dottrine, come quella di Protagora relativa all’homo mensura, di cui sono ricostruiti, maieuticamente, i presupposti, le implicazioni e le conseguenze, e di cui viene poi saggiata la consistenza filosofica. Questo aspetto non è stato sufficientemente valorizzato dalla critica, che ha limitato ­l’estensione del metodo maieutico al rapporto di Socrate con Teeteto. In realtà, come vedremo, la maieutica appartiene alla struttura profonda del Teeteto e si manifesta sia nel confronto con il giovane e ‘gravido’ inter­ locutore di Socrate, sia nell’esame delle diverse concezioni che di volta in volta emergono nel corso della indagine. La prima risposta di Teeteto consiste nell’identificazione della ἐπιστήμη con l’αἴσθησις, cioè con la percezione (151e1–3). Socrate equipara immediatamente questa tesi alla celebre concezione protagorea dell’homo mensura, sostenendo che la risposta di Teeteto e l’assioma di Protagora dicono con parole diverse la medesima cosa (151e8–152a4). Si tratta di una prima applicazione della tecnica maieutica, perché Socrate estrapola dalla rispo-

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in modo che i discepoli stessi parlassero delle cose, facendo dispiegare e articolare le loro concezioni naturali.» Sulla natura peirastica, cioè indagativa (dunque non ‘istitutiva’ e dogmatica) del dialogo cf. Alb. Prol. 148, 35 Hermann e Diog. Laert. III 51 e 58. La connessione tra maieutica e aporia viene del resto stabilita esplicitamente da Socrate, il quale riconosce che solitamente la sua attitudine è considerata come finalizzata a ποιεῖν τοὺς ἀνθρώπους ἀπορεῖν (Tht. 149a6–10). Cfr. F. Ferrari: Platone. Teeteto, 233 n. 44.

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sta di Teeteto il suo autentico significato, che consisterebbe in un sen­ sismo fenomenista, destinato a sfociare, prima nell’infallibilismo epistemico, e poi nel relativismo dei valori.16 Ma il ricorso alla μαιευτικὴ τέχνη non si ferma qui. Socrate applica il pro­ cedimento maieutico anche alla concezione protagorea dell’homo mensura, i cui presupposti teorici vengono individuati nel mobilismo universale della cosiddetta ‘dottrina segreta’ e in generale nelle espressioni più radicali dell’eraclitismo. In altre parole, Socrate cerca di individuare i ­fondamenti filosofici della concezione di Protagora, e per farlo ricorre allo stratagemma di attribuire al sofista una ‘dottrina segreta’ (152c8–11),17 la quale coincide con una forma di eraclitismo radicale. Secondo il Pro­tagora ‘segreto’, «nessuna cosa è in se stessa una (ἓν μὲν αὐτὸ καθ’ αὑτὸ οὐδέν ἐστιν)», perché tutte le cose (πάντα), cioè l’intera realtà, ἐκ δὲ δὴ φορᾶς τε καὶ κινήσεως καὶ κράσεως πρὸς ἄλληλα γίνεται, vale a dire si generano a partire dalla traslazione, dal movimento e dalla mescolanza reciproca (152d2–9). Dunque, il fondamento della concezione dell’homo mensura andrebbe ricercato in quel mobilismo universale che costituisce la corrente dominante del pensiero greco (Omero, Epicarmo, Empedocle, Protagora), ma che solo Eraclito e gli Eraclitei svilupparono in maniera radicale e conseguente.18 16

Gli studiosi divergono sulla natura della posizione filosofica attribuita a Protagora da Platon­e. Secondo la maggioranza di loro Platone assegnerebbe al grande sofista una concezione di tipo relativistico; cfr., per esempio, Myles F. Burnyeat: Protagoras and SelfRefutation in Plato’s Theaetetus, in: PhR 85 (1976) 172–195 e John McDowell: Plato. Theaetetus (Oxford 1973) 169–173. Negli ultimi tempi ha goduto di un certo credito l’ipote­si che la posizione di Protagora vada assimilata a una sorta di infallibilismo epistemico in base al quale ogni percezione è vera in quanto infallibile; si veda in proposito Gail Fine: Plato’s Refutation of Protagoras in the Theaetetus, in: Apeiron 31 (1998) 201–234. 17 Il Protagora ‘segreto’ sarebbe una historical fiction per D. Sedley: The Midwife of Platonism, 39. Si veda anche l’approfondita discussione di Michele Corradi: Protagora tra filo­logia e filosofia. Le testimonianze di Aristotele (Pisa, Roma 2012) 71–132. 18 Sul passaggio dalla concezione protagorea dell’homo mensura alla dottrina eraclitea del mobilismo universale si veda ora Anne Balansard: Enquête sur la doxographie platonicienne dans la première partie du Théétète (Sankt Augustin 2012) 71–117. Va osservato che solo a partire da 179d6–8 le tesi mobilistiche vengono esplicitamente ricondotte a Eraclito e ai suoi seguaci, definiti più avanti οἱ ῥέοντες (181a5), ossia ‘i partigiani del flusso’. Non c’è dubbio, tuttavia, che l’intera presentazione del ‘mobilismo’ universale rinvii a posizioni eraclitee.

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Esattamente come accade in occasione dell’applicazione della tecnica maieutica a un interlocutore, dove al momento ‘ostetrico’ segue quello confutatorio, anche nel caso dell’estensione di tale metodo all’esame di una teoria si susseguono due momenti, quello consistente nel ricavare le implicazioni di una data concezione e quello propriamente elentico, volto a saggiare (βασανίζειν) la validità della dottrina sotto esame. In effetti, come si è visto, la tecnica maieutica non consiste solo nell’aiutare l’inter­ locutore a fare emergere le opinioni di cui egli è inconsapevolmente gravido, ma anche nello stabilire la consistenza di queste concezioni. E Socrate applica rigorosamente questa procedura: dopo avere ricondotto la tesi di Teeteto (ἐπιστήμη = αἴσθησις) alla dottrina dell’homo mensura e avere individuato il fondamento filosofico di quest’ultima nella concezione del mobilismo universale, egli procede a confutare tutte queste posizioni, applicando in questo modo il côté elentico della μαιευτικὴ τέχνη. La confutazione procede però secondo un diverso ordine rispetto a quello della presentazione di queste tesi filosofiche: Socrate inizia confutando il relativismo protagoreo (169d3–171e8, e 177c6–179b9), quindi si concentra sul mobilismo universale degli Eraclitei (179e3–183c3), e infine invalida la (nuda) tesi di Teeteto circa l’identità tra conoscenza e percezione (184b3–186e12). Molti interpreti limitano la presenza della maieutica alla sola prima parte del dialogo, ossia alla discussione della prima risposta di Teeteto. Si tratta di un atteggiamento ermeneutico errato, perché anche la seconda e la terza parte esprimono un’attitudine maieutica, dal momento che indagano i presupposti, le implicazioni e la consistenza filosofica delle altre due risposte suggerite da Teeteto. Da questo punto di vista si deve rico­ noscere che l’intera discussione tra Socrate e i suoi due interlocutori si sviluppa sotto l’egida della tecnica maieutica, secondo le precise indicazioni di Socrate, il quale ha presentato se stesso come μαιευτικός (151c1) e come οὐ πάνυ τι σοφός (150d1), ossia maieutico e non completamente sapiente in qualcosa.19

19

Sul senso corretto da attribuire a questa seconda clausola cfr. D. Sedley: Three Platonist Interpretations, 98, il quale intende il passo sulla scorta di Anon. In Plat. Tht. col. LV 42–45.

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Il secondo tentativo del giovane matematico, il quale propone di identificare la conoscenza con la ἀληθὴς δόξα, ossia con l’opinione vera (187b4– 8), induce Socrate ad affrontare una lunga e complessa indagine mirante a comprendere l’origine della falsa opinione; una simile ricerca si giustifica solo sulla base della circostanza che la natura dell’opinione vera può venire colta solamente distinguendola da quella falsa e ricostruendo i meccanismi che presiedono all’origine dell’una e dell’altra (187d1–200c4). Anche in questo caso la discussione assume essenzialmente un andamento maieutico, dal momento che Socrate si impegna a individuare quale modello di formazione dell’opinione stia alle spalle della risposta fornita da Teeteto. Dopo avere tentato inutilmente di spiegare l’origine della falsa opinione in base ai principi della ‘conoscenza/non conoscenza’, dell’ ‘essere/non essere’ e dello ‘scambio di opinione’ (ἀλλοδοξία), Socrate ricorre anche all’uso di due celebri analogie, quella del blocco di cera (191c8–e1) e quella della colombaia (197c1–198d8), alle quali viene paragonata la nostra anima e il meccanismo che regola il funzionamento del rapporto tra conoscenze istantanee e conoscenze pregresse, ossia tra percezione e memoria.20 In questo caso il procedimento maieutico non viene applicato a un interlocutore, bensì a una concezione, vale a dire alla dottrina che stablisce l’identità tra ἐπιστήμη e ἀληθὴς δόξα. Un discorso analogo andrebbe fatto anche per la terza risposta di Teeteto, la quale rappresenta, come noto, una correzione (e un approfondimento) della seconda. Il giovane matematico dichiara di avere sentito qualcuno sostenere che la conoscenza sarebbe ἀληθὴς δόξα μετὰ λόγου, ossia opinione vera con l’aggiunta del logos (201c7–d3). Anche in questo caso Socrate si premura di individuare i teoremi filosofici che stanno alle spalle di questa concezione, il principale dei quali consiste nella divisione dell’universo ontologico in due classi distinte di individui, vale a dire gli elementi (στοιχεῖα), intorno ai quali non si può formulare nessun tipo di predicazione e che risultano dunque del tutto privi di logos e perciò inconoscibili, e i composti (συλλαβαί), i quali sono in possesso di un logos (fornito dagli stessi elementi), e dunque risultano conoscibili (201d8– 20

Sul funzionamento del rapporto tra percezione e memoria cfr. Giuseppe Cambiano: Problemi della memoria in Platone, in: Maria Michela Sassi (a cura di): Tracce nella mente. Teorie della memoria da Platone ai moderni (Pisa 2007) 1–23, qui: 5–8.

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202c6).21 Socrate fornisce poi un elenco ragionato dei possibili significati del logos, cercando di individuare quello che si adatta alla definizione fornita da Teeteto (206c7–210b2).22 Ma anche in questo caso egli non rinuncia al momento elentico, consistente nella confutazione, più o meno rigorosa,23 della soluzione ripresa e fatta propria da Teeteto (202d6– 205e7). Come è noto, la terza definizione di conoscenza proposta da Teeteto potrebbe risalire ad Antistene, come ritiene una buona parte dei commentatori.24 È in ogni caso probabile che essa circolasse nel dibattito epistemologico dei primi decenni del IV secolo. Esattamente come le altre 21

La letteratura su questa celebre sezione del Teeteto è molto ampia. Tra i contributi più recenti vale la pena menzionare: Jörg Hardy: Platons Theorie des Wissens im Theaitet (Göttingen 2011) 217–237; D. Sedley: The Midwife of Platonism, 153–163; F. Ferrari: Platone. Teeteto, 107–123; Giuseppe Mazzara, Valerio Napoli (a cura di): Platone. La teo­ria del sogno nel Teeteto (Sankt Augustin 2010), e il recente saggio di Jie Tian: Elements and Knowledge in the Theaetetus, in: Elenchos 34 (2013) 299–325. Fondamentale rimane il contributo di Gail Fine: Knowledge and Logos in the Theaetetus, in: PhR 88 (1979) 366–397. 22 Sulla sezione dedicata ai differenti significati di logos si veda Christopher Shields: The Logos of Logos. Theaetetus 206c–210b, in: Apeiron 32 (1999) 107–124. 23 In realtà la confutazione della ‘teoria del sogno’ non è priva di risvolti problematici, come è stato in vari modi evidenziato dalla critica. Socrate sembra alludere addirittura a una vera e propria ‘via di uscita’ (πόρος) dall’impasse prodotto dalla equiparazione tra τὸ πᾶν (= πάντα τὰ μέρη) e τὸ ὅλον, consistente nella distinzione tra una nozione di identità ontologica di genere sommatorio e mereologico (che assume l’identità tra l’intero e la somma delle sue parti) e una di tipo olistico-strutturale (203c4–204b9). Tuttavia, una volta formulata questa promettente distinzione, Socrate ritorna ad appiattire, in modo fallace, l’identità ontologica di tipo strutturale su quella mereologica, vanificando di fatto un suggerimento che avrebbe potuto avviare a soluzione le aporie implicate nella teoria del sogno (204b10–205a10): cfr. in proposito Bruno Centrone: Il concetto di ὅλον nella confutazione della dottrina del sogno (Tht. 201d8–206e12) e i suoi riflessi nella dottrina aristotelica della definizione, in: Giovanni Casertano (a cura di): Il Teeteto di Platone. Struttura e problematiche (Napoli 2002) 139–155, qui: 143–150 e Franco Ferrari: La conoscenza e i suoi oggetti nel ‘sogno’ di Socrate. Considerazioni sull’epistemologia del Teeteto, in: Francisco Lisi, Maurizio Migliori, Josep Monserrat-Molas (eds.): Formal Structures in Plato’s Dialogues. Theaetetus, Sophist and Statesman (Sankt Augustin 2011) 109–123, qui: 116–122. 24 Cfr., per esempio, Aldo Brancacci: La terza definizione di scienza nel Teeteto, in: Antonio Mario Battegazzore (a cura di): Dimostrazione, argomentazione dialettica e argomentazione retorica nel pensiero antico (Genova 1993) 107–132.

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due soluzioni avanzate da Teeteto, questa risposta non esprime il punto di vista di Socrate, che è ἄγονος τῆς σοφίας (150c4),25 e neppure quello di Platone. In realtà, come ho anticipato, il Teeteto non è stato scritto per comuni­care al lettore la teoria della conoscenza del suo autore. Esso sviluppa una discussione maieutica, ossia critica, indagativa e peirastica, relativa alle dottrine epistemologiche circolanti tra la fine del V e l’inizio del IV secolo. Nella prima parte del dialogo questo motivo emerge con tutta evidenza, dal momento che Socrate affronta direttamente l’esame del significato e della consistenza della concezione protagorea dell’homo mensura, sia sul versante epistemologico sia su quello etico-politico. Ma l’impostazione maieutica permane anche nel resto dello scritto, cioè nella discussione della seconda e della terza definizione proposte da Teeteto. Se Protagora, insieme ad Eraclito e all’eraclitismo, è il protagonista della prima parte del dialogo, Antistene potrebbe esserlo dell’ultima. Ma è comunque probabile che un lettore dei primi decenni del IV secolo fosse in grado di individuare all’interno dello scritto numerose altre allusioni a concezioni epistemologiche circolanti in quel periodo.

IV. Esiste poi un altro importante motivo che sconsiglia decisamente di considerare l’esito teorico al quale perviene la discussione tra Socrate, Teodoro e Teeteto, come definitivo, ossia come l’espressione del presunto scetticismo platonico circa la possibilità di definire l’episteme. Si tratta della circostanza che il Teeteto rappresenta un dialogo drammaticamente aperto, ossia un dialogo che rinvia esplicitamente a un altro dialogo, e per la precisione al Sofista che del Teeteto costituisce la prosecuzione non solo sul piano drammatico, ma anche su quello del contenuto filosofico. Per il Teeteto vale a fortiori il principio che invita a considerare ogni unità dialogica come costitutivamente ‘aperta’, ossia interrelata con altri 25

Questo non significa, naturalmente, che Socrate sia del tutto privo di conoscenze. Il possesso dell’arte maieutica comporta una serie di competenze e in generale anche un sapere: cfr. in proposito Thomas A. Szlezák: Das Bild des Dialektikers in Platons späten Dialogen (Berlin, New York 2004) 109–121.

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dialoghi. Nel caso del Teeteto la validità di questo principio appare particolarmente evidente, perché in esso si trovano alcuni espliciti rimandi al Sofista, dal quale non può dunque prescindere qualunque interpretazione del Teeteto che ambisca a un minimo di verosimiglianza e consistenza.26 In effetti, nel corso della conversazione con Teodoro e con Teeteto Socrate rinvia in maniera esplicita per due volte alla trattazione contenuta in questo dialogo. Si tratta di rimandi che devono essere tenuti in considerazione se si vuole fornire una corretta interpretazione della struttura drammatica e della funzione filosofica del Teeteto. Il primo esplicito rinvio al Sofista si trova al termine della lunga discussione delle tesi fenomeniste protagoree e delle concezioni mobilistiche sulle quali queste ultime si fondano. Socrate accenna rapidamente all’altra ‘corrente’ del pensiero greco, rappresentata dal monismo immobilistico degli Eleati, i quali affermano che il tutto sta fermo (τὸ πᾶν ἑστάναι). Di fronte alla richiesta di Teeteto di sviluppare anche questa tesi (183c8–d2), ossia di sottoporla al vaglio della procedura maieutica, Socrate preferisce accantonare una simile prospettiva, spiegando che l’argomento che ora risvegliamo risulta di una complessità impressionante, e se qualcuno lo esaminasse in forma incidentale (ἐν παρέργῳ), esso subirebbe un trattamento indegno, mentre se lo affrontasse in modo adeguato, si estenderebbe tanto da oscurare quello relativo alla conoscenza. Non bisogna fare né l’una né l’altra cosa, bisogna invece cercare con l’arte maieutica di sgravare (τῇ μαιευτικῇ τέχνῃ ἀπολύσαι) Teeteto dalle opinioni di cui è gravido sul tema della conoscenza (184a6–b1). Secondo Socrate le tesi immobilistiche di matrice eleatica costituiscono una componente importante della riflessione filosofica greca. Esse tuttavia risultano estranee alla discussione in corso, la quale è finalizzata a fare emergere le implicazioni della prima risposta di Teeteto (ἐπιστήμη = αἴσ­ θησις) e a saggiarne la consistenza, e richiede dunque solo l’analisi delle 26 Sul

Sofista come ‘prosecuzione’ del Teeteto si veda Charles H. Kahn: Why is the Sophist a Sequel to the Theaetetus?, in: Phronesis 52 (2007) 33–57. Sulla stretta relazione che lega questi due dialoghi cfr. anche Mary Louise Gill: Philosophos. Plato’s Missing Dialogue (Oxford 2012) 76–137. È appena il caso di ricordare che sulla continuità tra Teeteto e Sofista si basava l’esegesi di uno dei maggiori commentatori del secolo scorso: Francis M. Cornford: Plato’s Theory of Knowledge. The Theaetetus and the Sophist of Plato. Trans­ lated with a Running Commentary (London 1935) per es. 101.

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concezioni ‘protagoree’ ed ‘eraclitee’ relative al flusso universale. Ma ciò non significa, tuttavia, che per Platone il tema della conoscenza possa venire affrontato senza prendere in considerazione anche la concezione di Parmenide, il quale infatti è destinato a esercitare un ruolo fondamentale nel Sofista, che approfondisce la prospettiva teorica lasciata ai margini nel Teeteto. In effetti, nel momento in cui l’orizzonte della trattazione si allarga dalla sfera sensibile a quella intelligibile, anche la posizione ‘immobilistica’ viene coinvolta nella discussione. L’altro esplicito accenno al Sofista si trova, come è noto, alla fine del dialogo. Dopo avere riassunto il senso dell’indagine svolta e avere riconosciuto il fallimento dei tentativi di definire l’episteme, Socrate, congedandosi dai suoi interlocutori, dà loro appuntamento per il giorno successivo (Tht. 210d3–4), li rinvia cioè alla conversazione che avrà luogo l’indomani e che viene riportata nel Sofista, dove a Teodoro e Teeteto si aggiunge il misterioso ospite eleatico (Soph. 216a1–4), il quale, evidentemente, assume il ruolo che nel Teeteto era stato giocato da Protagora (ed eventualmente da Antistene), diventando l’interlocutore ‘teorico’ principale di Socrate, sebbene in un contesto che non è più prevalentemente maieutico e nel quale Socrate non è più chiamato a giocare il ruolo di protagonista. Il Sofista viene dunque presentato come il seguito drammatico del Teeteto, e ciò significa che la comprensione di quest’ultimo richiede una piena valorizzazione di questa circostanza. L’ingresso sul piano drammatico della figura dello Straniero proveniente da Elea significa, sul piano teo­rico, che il ricorso alle dottrine mobilistiche e fenomenistiche non è più sufficiente, e lo sviluppo dell’indagine richiede un confronto diretto con le concezioni parmenidee. Tuttavia il tema della conoscenza (ἐπιστήμη) è destinato ad assumere una certa rilevanza anche nel Sofista, dove Platone, per bocca dell’ospite eleatico, descrive i contorni dell’ἐπιστήμη μεγίστη, ossia dell’unica conoscenza che spetta agli uomini liberi, la quale si identifica naturalmente con la dialettica (253b9–d3): essa consiste nella capacità di cogliere le relazioni attraverso le quali si articola il cosmo eidetico e nello stabilire i rapporti di inclusione ed esclusione tra i membri di questa sfera onto­ logica, cioè tra le forme intelligibili. Nel Sofista viene implicitamente ribadita la tesi epistemologica che percorre molti dialoghi platonici, ossia la

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convinzione che il mondo delle idee, cioè la sfera intelligibile e ‘divina’, rappresenta l’unico ambito ontologico intorno al quale l’uomo, o meglio il filosofo dialettico, può conseguire una conoscenza autentica (certa, stabile e universale).27 La descrizione della dialettica costituisce evidentemente la ‘parte mancante’ del Teeteto, vale a dire quel genere di trattazione che Socrate aveva implicitamente rinviato ad un’altra occasione. In realtà un approccio corretto al rapporto tra Teeteto e Sofista, consistente nell’esigenza di leggere i due dialoghi in maniera contestuale, era stato assunto nell’antichità da quei misteriosi Platonici menzionati dall’Anonimo commentatore, il quale riporta la posizione di coloro che «affermano che egli [Platone], essendosi proposto di indagare sulla conoscenza, nel Teeteto mostra intorno a quali oggetti essa non verta, nel Sofista intorno a quali essa verta (ἐν μὲν τῷ Θεαιτήτῳ περὶ ἃ οὐκ ἔστιν δεικνύναι, ἐν δὲ τῷ Σοφιστῇ περὶ ἃ ἔστιν)».28

V. Ma quale è la ragione teorica del fallimento delle definizioni di episteme proposte nel Teeteto? Per quale motivo l’indagine nella quale Socrate coinvolge i suoi importanti interlocutori non perviene a risultati soddisfacenti e i protagonisti della conversazione si separano senza avere raggiunto un accordo circa la natura della conoscenza? A questi interrogativi si sono date numerose risposte, non poche delle quali dotate di una notevole ingegnosità. Debbo però riconoscere che a distanza di parecchi decenni dalla sua formulazione, la soluzione proposta negli anni 30 del secolo scorso da F. M. Cornford continua ad apparirmi, almeno nelle linee generali, consistente. Come noto, secondo Cornford il naufragio delle risposte contenute nel Teeteto dipende in larga misura dal mancato appello alle idee, che costituiscono per Platone le uni27

28

Sulla natura della dialettica come ‘scienza suprema degli uomini liberi’ rivolta al mondo intelligibile cfr. Giancarlo Movia: Apparenze, essere e verità. Commentario storicofilosofico al Sofista di Platone (Milano 1991) 305–317; si veda anche Florian Finck: Platons Begründung der Seele im absoluten Denken (Berlin 2007) 72–74. Anon. In Plat. Tht. col. II 33–39. Su questo passo cfr. M. Bonazzi: Academici e Platonici, 186.

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che entità intorno alle quali si può conseguire una conoscenza universale, stabile e certa, cioè ἀναμάρτητος.29 La soluzione di Cornford può essere tuttavia meglio precisata, anche sulla base delle indagini condotte negli ultimi decenni. Per farlo, va prima di tutto tenuto presente che l’interesse degli studiosi si è giustamente concentrato sulla seconda e sulla terza risposta di Teeteto, dal momento che la prima, la quale stabilisce l’identità tra conoscenza e percezione, non può certamente corrispondere al punto di vista platonico. In realtà, neppure le altre due risposte fornite dal giovane matematico rispondono ai requisiti che definiscono per Platone la nozione di ἐπιστήμη. Entrambe assumono infatti una continuità tra ἐπιστήμη e δόξα che non si concilia affatto con ciò che Platone è solito sostenere circa la superiorità della conoscenza autentica sull’opinione, anche vera e corretta: tanto l’identificazione della ἐπιστήμη con la ἀληθὴς δόξα, quanto la sua equiparazione alla ἀληθὴς δόξα μετὰ λόγου, presuppongono un modello epistemico di natura continuistica che Platone rifiuta in maniera inequivocabile.30 In particolare, la terza risposta di Teeteto assume un modello addizionale (additive model: la conoscenza è opinione con l’aggiunta di qualcosa), che Platone si premura di respingere proprio nel Menone.31

29

L’aggettivo ἀναμάρτητος definisce la natura della conoscenza dei filosofi in Rep. V 477e7–8. Sul significato dell’assenza delle idee nel Teeteto F. M. Cornford: Plato’s Theory of Knowledge, 99 scriveva: «The conclusion Plato means us to draw is this: unless we recognise some class of knowable entities exempt from the Heracleitean flux and so capable of standing as the fixed meanings of words, no definition of knowledge can be any more true than its contradictory […] Without the Forms, as his Parmenides said, there can be no discourse.» 30 L’errata convinzione che la conoscenza filosofica costituisca una sorta di ‘buona opinione’ e che il più alto grado epistemico raggiungibile dall’uomo nel corso della vita (quando l’anima si trova in un corpo) sia quello della ἀληθὴς δόξα viene sostenuta da Franco Trabattoni: Qual è il significato del Teeteto platonico? In margine a una nuova traduzione commentata del dialogo, in: Elenchos 33 (2012) 69–107, in aspra polemica con la mia edizione del Teeteto. Si veda però la mia replica in Franco Ferrari: L’interpretazione del Teeteto e la natura della epistemologia platonica. Alcune osservazioni, in: Elenchos 34 (2013) 399–422, qui: 410–414. 31 Sui limiti dell’additive model si è giustamente soffermato Alexander Nehamas: Episteme and Logos in Plato’s Later Thought, in: John P. Anton, Anthony Preus (eds.): Plato. Essa­ys in Greek Philosophy, III (Albany 1989) 267–292, qui: 274–281.

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L’importanza di questo dialogo per la questione del rapporto tra conoscenza e opinione (vera o corretta) non può venire sottovalutata, soprattutto perché in esso sembra profilarsi una nozione di conoscenza vincolata all’opinione o comunque in linea di continuità con questa. Tuttavia un esame attento e privo di pregiudizi delle affermazioni platoniche non lascia dubbi circa l’opportunità di attribuire a Platone l’intento di evitare ogni compromissione tra ἐπιστήμη e δόξα, ossia di prendere le distanze da quel modello continuistico attivo, o implicato, nel Teeteto. Nel Menone, dunque, Socrate sembra proporre un modello continuistico e addizionale, in base al quale la conoscenza è opinione con l’aggiunta di qualcosa. Al termine di un’indagine sulla natura della virtù e sulla possibilità di insegnarla, Socrate appare prendere le distanze dall’identificazione, da lui stesso formulata, tra virtù e conoscenza (ἐπιστήμη), e si orienta a svincolare i due termini, avanzando l’ipotesi che la virtù nasca non solo a partire dalla conoscenza ma anche dalla ὀρθὴ δόξα, cioè dalla corretta opinione. A proposito del rapporto tra ἐπιστήμη e ὀρθὴ δό­ ξα egli arriva poi a presentare un modello che sembra avvicinare considerevolmente le due nozioni, dal momento che concepisce la conoscenza come ‘opinione corretta’ alla quale si aggiunge il celebre αἰτίας λογισμός, ossia il ragionamento relativo alla causa, a sua volta identificato con il procedimento dell’ἀνάμνησις.32 Siamo, come si vede, di fronte a uno schema abbastanza simile a quello implicato nell’ultima definizione di episteme contenuta nel Teeteto, dove la conoscenza veniva assimilata alla ἀληθὴς δόξα μετὰ λόγου. Tuttavia Socrate, dopo avere avvicinato fino quasi a identificare conoscenza e opinione (corretta), precisa che l’ἐπιστήμη è senz’altro superiore (τιμιωτέρα) nei confronti dell’opinione corretta (98a6–8), e dunque non è affatto riducibile ad essa. E aggiunge, per evitare che possano insorgere nel lettore dubbi in proposito: Καὶ μὴν ἐγὼ ὡς οὐκ εἰδὼς λέγω, ἀλλὰ εἰκάζων. ὅτι δέ ἐστίν τε ἀλλοῖον ὀρθὴ δόξα καὶ ἐπιστήμη, οὐ πάνυ μοι δοκῶ τοῦτο εἰκάζειν, ἀλλ’ εἴπερ τι ἄλλο φαίην ἂν εἰδέναι – ὀλίγα δ’ ἂν φαίην – ἓν δ’ οὗν καὶ τοῦτο ἐκείνων θείην ἂν ὧν οἷδα. 32

Men. 97e2–98a8. Un’eccellente discussione di questa sezione del Menone si trova in ­Federico M. Petrucci: Opinione corretta, conoscenza, virtù. Su Menone 96 D 1–98 B 9, in: Elenchos 32 (2011) 229–261, qui: 247–259.

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Eppure, anche io parlo non sapendo ma per immagini. Ma che opinione corretta e conoscenza siano qualcosa di diverso, questo non mi sembra di immaginarlo: se c’è qualcosa che posso dire di sapere – e sono poche le cose che direi di sapere – questa è proprio una di quelle che potrei annoverare tra le cose che so.33

Dunque, Socrate mette in guardia dall’identificare (o anche solo dall’avvicinare) la conoscenza con l’opinione, e lo fa specificando che la distinzione tra queste due modalità cognitive non appartiene alla procedura icastica (οὐ πάνυ μοι δοκῶ τοῦτο εἰκάζειν) precedentemente adottata, cioè all’immagine delle statue di Dedalo (97d6–7), bensì alle poche cose che egli sa di sapere. Ciò significa che la tesi relativa all’irriducibilità dell’ἐπιστήμη alla (ὀρθή o ἀληθής) δόξα fa parte del nucleo incontrovertibile dell’epistemologia di Platone, come del resto viene ampiamente confermato da numerosi altri passi.34 E non può essere un caso che il richiamo con cui Socrate commenta il ragionamento appena svolto si collochi al termine di una sezione che era iniziata con l’avvicinamento tra ἐπιστήμη e ὀρθὴ δόξα: le parole sopra riportate, che si segnalano anche perché comportano la sospensione della tradizionale professione di ignoranza socratica, intendono esattamente costituire un efficace antidoto contro la deriva ‘continuistica’ che accompagna il modello addizionale (additive model), secondo il quale la conoscenza è opinione con l’aggiunta di qualcosa. Si tratta esattamente del modello implicito nella seconda e nella terza risposta di Teeteto. L’assunzione di una sostanziale continuità tra la conoscenza e l’opinione, ancorché vera e fornita di logos, rappresenta il difetto delle risposte di Teeteto, e dunque anche della ‘dottrina del sogno’ sviluppata nella terza parte del dialogo. In realtà, la terza definizione di Teeteto 33

Men. 98b1–5. Su questo passo e sui problemi che esso comporta, ma soprattutto sull’in­ equivoca affermazione della differenza tra opinione e conoscenza si veda D. Sedley: The Midwife of Platonism, 176–178 e Dimitri El Murr: Des­mos et Logos. De l’opinion vraie à la connaissance (Ménon, 97E–98A et Théétète, 201C–210B), in: Dimitri El Murr (éd.): La mesure du savoir, 151–171, qui: 166–171. 34 Valga per tutti la celebre affermazione di Tim. 51d3–52a3, dove Platone stabilisce la distinzione tra nous e alethes doxa e fa dipendere da essa la stessa postulazione delle idee come entità separate e trascendenti, riprendendo la diairesi onto-epistemologica formulata in 27d5–28a4. Si veda Francis M. Cornford: Plato’s Cosmology. The Timaeus of Plato Translated with a Running Commentary (London 1937) 189–191.

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potrebbe costituire un solido ancoraggio per l’epistemologia platonica solo se il suo significato venisse chiarito attraverso la precisazione contenuta nel Menone. È certamente vero che il ‘salto epistemico’ dall’opinione alla conoscenza viene garantito solo dal possesso di una componente rendicontazionale (λόγον διδόναι) e fondazionale, sia essa costituita genericamente dal λόγος, come accade nel Teeteto, o dall’αἰτίας λογισμός, come avviene nel Menone. Ma è altrettanto vero che questo ‘salto’, ossia questa transizione dall’ambito della doxa a quello della episteme, richiede il richiamo alle idee, che costituiscono l’unica sfera ontologica intorno alla quale è possibile acquisire un sapere stabile, universale e certo. La stabilizzazione dei contenuti doxastici, anche di quelli ‘veri’, è resa possibile solo per mezzo della loro riconduzione alla causa per cui essi sono veri, e questa causa non può che essere costituita dall’eidos.35 Nel Teeteto, tuttavia, delle idee non si parla esplicitamente. Socrate allude probabilmente ad esse nel corso della discussione della terza risposta di Teeteto, ma rinuncia ad introdurle direttamente, perché non le presenta, come accade altrove, come l’unico oggetto della autentica conoscenza. Tutto ciò non fa che confermare la natura dialogica dell’aporia con la quale si conclude il Teeteto: il naufragio dei vari tentativi di definire l’episteme non coinvolge anche l’autore del dialogo, il quale, come mostra il Menone, era in possesso di un efficace antidoto contro la deriva continuistica implicita nella discussione esposta nel Teeteto.36 L’aporia del Teeteto dipende dunque da due ordini di fattori: a) sul piano drammatico, dalla natura maieutica e non ‘istitutiva’ del dialogo e dai limiti degli interlocutori di Socrate; b) sul piano contenutistico, dall’as­sun­zi­o­ne di una prospet­ tiva eccessivamente continuistica tra episteme e doxa e dal mancato appello, quantomeno esplicito, alle idee, che rappresentano l’unica realtà di cui si può avere conoscenza in senso pieno.

35

Sul passaggio dalla verità alla certezza, cioè dalla dimensione dell’ὅτι a quella del διότι, rinvio a Franco Ferrari: Dalla verità alla certezza. La fondazione dialettica del sapere nella Repubblica di Platone, in: GCFI 89 (2010) 599–619, qui: 614–617. Importanti riflessioni si leggono in Travis Butler: Identity and Infallibility in Plato’s Epistemology, in: Apeiron 39 (2006) 1–25. 36 Per tutto ciò devo rinviare a F. Ferrari: Platone. Teeteto, 123–134.

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Vorrei concludere queste riflessioni richiamando le parole con le quali il nostro festeggiato, Michael Erler, tirava le somme della sua indagine sul senso delle aporie nei dialoghi di Platone, e in particolare in quelli ‘socratici’. Egli osservava: Die Betrachtung der Dialoge hat gezeigt, dass es dann zu Lösungen der in ihnen aufgeworfenen Probleme kommen kann, wenn man sich der von Platon im Gesprächsverlauf gegebenen Hinweise bedient. Der Weg aus der Aporie […] ist nur mit Hilfe des platonischen Ideendenkens möglich.37

Credo che questo principio metodico valga anche per il Teeteto, il cui esito aporetico può agevolmente venire superato per mezzo del ricorso ai fondamenti della metafisica e dell’epistemologia del suo autore.

37

M. Erler: Der Sinn der Aporien, 280.

Plato’s Rhetorical Strategies Writing for Philosophers, Writing for Non-Philosophers CHRISTOPHER ROWE

Late on in Plato’s Phaedrus,1 Socrates proposes that in order to teach or persuade an audience, the true, scientific rhetorician – that is, an expert in rhetoric as it should and can be, based in (philosophical) knowledge or understanding – will need to know the kinds of souls that make up that audience, and be able to adapt his logoi, whether spoken or written, to them: for haplai, ‘simple’, souls, presumably rational ones,2 there will be ‘simple’ logoi, whereas for poikilai, ‘complex and variegated’, souls3 there will be logoi that are poikiloi and panarmonioi. Given three assumptions, 1

2

3

Phaidr. 277c. See Phaidr. 230a3–6 (Socrates is speaking) ‘I inquire […] into myself, to see whether I am actually a beast more complex and more violent than Typhon, or both a tamer and a simpler creature, sharing some divine and un-Typhonic portion by nature.’ The great myth of the soul as charioteer with his two horses, in Socrates’ second speech in the Phaedrus on love, probably gives us justification enough for identifying ‘simplicity’ in 230a, and then in the later passage (277c), in terms of rationality. But what then is a ‘rational’ soul? Is it (a) one in which reason consistently, or for the most part, dominates over other, irrational, parts; or is it (b) one in which there is no conflict, whether actual or potential (and therefore no reason to talk of ‘parts’ at all – such talk being based entirely on the presence or possibility of internal conflict: see further below)? I propose that both (a) and (b) are in play in the present context: (a) insofar as that context concerns individuals who are less than ideal, and (b) insofar as Socrates also has his eye, as so often, on the ideal case. There may or may not be truly expert orators who know the truth about everything; but any orator worthy of the name – so Socrates urges – will aspire to emulate their perfection. If ‘simple’ souls are rational, unconflicted, and unitary, or tending towards the unitary (see preceding note), then ‘complex and variegated’ souls will be irrational, i.e., souls whose rationality is compromised by other motivations.

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which I take to be unassailable: (i) that Plato himself frequently sets out to persuade his audience, i.e., his readers, through the medium of Socrates’ conversations, or those of other main speakers, with their various inter­ locutors;4 (ii) that he is a philosopher who at any rate seeks after knowledge; and (iii) that he would want his own writing to be properly ‘scientific’, it seems to me to be not only reasonable but necessary that we should ask whether the distinction between ‘simple’ writing and ‘complex and variegated’ writing applies to Plato’s own logoi. Quite what the Socrates of this Phaedrus passage has in mind by the distinction he leaves for us to work out, but it seems fair to suppose that ‘simple’ logoi will be those requiring no dressing up (no polychromatic ‘variegation’, poikilia), because addressed to people that share the philosopher’s own ‘simplicity’, and his rational, philosophical concerns and purposes. People with ‘complex’ souls will then be people who are not like the philosopher, do not share his concerns, have different priorities from his, and therefore requi­re him to use (‘complex’) strategies perhaps even to gain their attention, let alone to persuade them.5 In both cases, I take it, the kind of read4

5

Some doubt the propriety of second-guessing Plato’s thoughts and motives on the basis of what he has his characters say and do. But Plato’s Socrates, especially, talks so often and so passionately about certain subjects that it seems perverse to deny that Plato shares at least something of the same passion: particularly about the need to do philosophy, and about why doing philosophy is so important – because only it will enable us to understand what is truly good for us. The whole discussion of speaking and writing in the Phaedrus, to which our passage belongs, is claimed by some interpreters as a piece of sustained self-reflection on Plato’s part. While this claim seems broadly right, I think it needs to be treated with some caution. As for the long sentence of Socrates presently under consideration (277b5–c6), it goes without saying that it is not a statement of what any speaker or writer has in fact achieved, but of the conditions they would need to fulfil in order to ‘be capable [I add, even] of pursuing (metacheiristhênai) the making of speeches as a whole in a scientific way (technêi), to the degree that its nature allows, whether it be for the purposes of teaching or for those of persuading […]’ (c4–6); and we have no reason to suppose that Plato thinks he ‘knows the truth about each of the things about which he speaks and writes’. Still, presumably he aspires to know it, and to be a ‘scientific maker of speeches’, if not to ‘teach’ (if he does not know), at least to persuade – and that, it seems, will involve at least attempting to fit ‘speeches’ to souls; a particularly difficult enterprise for writers, as the Phaedrus itself points out, insofar as they ultimately have no control over who will read their products (275d–e).

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ership looked for will be anticipated by, and of the same type as, the interlocutors addressed by the main speaker. Or, if that is not how the Phaedrus passage as such is to be understood (and one can scarcely insist on it, when Plato/Socrates gives us no more than the bare descriptions ‘simple’ and ‘complex/variegated’), I claim nevertheless that it would be a perfectly fine description of the difference between two contrasting types of conversations that we find in the Platonic corpus. But one of them, which I shall label the ‘simple’ type, is relatively under-represented. The main speakers are themselves without exception ‘simple’, in what I have proposed are the terms in which ‘simplicity’ is understood in the Phaedrus: Socrates, the Visitor from Elea, Parmenides, Timaeus, and the Athenian in the Laws. But ‘simple’ interlocutors (and therefore, by my reckoning, ‘simple’ dialogues: seven or eight only, out of twenty-five or more) are by comparison in short supply: Simmias and Cebes in the Phaedo, Hermogenes and Cratylus in the Cratylus, Socrates himself in the Parmenides, Theodorus, Theaetetus and the young Socrates in Theaetetus, Sophist and Statesman, Protarchus (as opposed to Philebus) in the Philebus, and possibly the young Lysis and Menexenus in the Lysis.6 The reason for this imbalance, I propose, is that Plato’s chief purpose, in the greater part of his oeuvre, is not so much to engage in disinterested philosophical exploration as such (although there is plenty enough of that, on and below the surface of the corpus as a whole), as to mount a challenge to prevailing attitudes by exposing ordinary but potentially reflective individuals – his hoped-for readership, for whom, again, his main speakers’ interlocutors, inter alia, serve as stand-ins – to philosophical perspectives and methods. The aim is not dialegesthai and exetazein for its own sake,7 so much as the change in attitudes that will result if the process of dialegesthai and exetazein succeeds. What the Platonic Socrates stands for (and it is he that in fact presides in nearly all of the non-‘simple’

6

7

Some might expect to see the Republic in this list; on my reasons for excluding it (relating to the level of understanding Plato attributes to Glaucon, and to Adimantus, in that dialogue), see n. 19 and 52 below. See Apol. 38a.

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dialogues)8 is not merely a life of perpetual dialogue and discussion, but a change of life through dialogue.

*** The chief point of the present chapter is to urge that proper attention be given to the persuasive element in much of Plato’s writing. This element I label ‘rhetorical’ because it fits so well with the description of the expert ‘orator’, i.e., writer and speaker in the Phaedrus (again, whether or not Plato there intended to be describing his own practice, that being unprovable). My purpose in what follows is to investigate what I claim is one important example of such rhetoric, in order to illustrate what I believe to be two regular features of Platonic philosophical rhetoric as a whole. The first of these features is that what is said will be adapted to the intellectual level of the interlocutors; that is, it will take account of whether they are philosophers, or philosophically-minded, or neither. The second feature in question is a readiness on Plato’s part to have the argument move forward by building on someone else’s premisses, even when his main speaker/questioner and, I take it, Plato himself would either reject those premisses or accept them only with heavy qualification. These are two of the most interesting ways in which, as I propose, Plato has Socrates adapt his logoi to his audience – thus allowing Plato too, in principle, to do the same to his. In fact, my chosen case is one where Socrates engages with a group that is explicitly labelled as non-reflective: the ‘lovers of sounds and sights’ who are targeted at the end of Book V of the Republic. I choose this case, however, for two reasons: first, that it is an occasion when Socrates quite openly sets out to persuade people of something – he says, ‘let’s try and convince them […]’ – even while acknowledging that they would never willingly take part in a discussion at all;9 and second, that despite this, most interpreters have either ignored or underplayed the persuasive as8 9

The sole exception is the Laws, the nature of which probably rules him out, in dramatic terms, as main speaker. So Glaucon at 475d; Socrates nevertheless accepts the challenge.

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pects of the passage, consequently missing the distorting effects I believe its persuasive purpose to have on the content and strategy of the argument used. The passage also happens to be one of vast importance for the interpretation of Plato in general, insofar as it is one of the pillars of the ‘twoworld metaphysics’ regularly attributed to him.10 One of the consequences of my own argument will be at least to weaken that pillar, which is certainly, to me, a welcome outcome, insofar as such a metaphysics seems to me both to be contradicted by important contexts in the very dialogues that are supposed to propound it (I shall be discussing passages in two such dialogues: Republic and Timaeus), and in any case to be philosophically barren. That said, the chief concern of the present chapter remains with Plato as a rhetorical writer of philosophy, and with establishing both that his writing can be affected in important ways by his rhetorical (i.e., persuasive) purposes, and how it can, in one particularly central case. My target passage – let me label it ‘Philosophers versus philodoxers: Republic V’ – begins with Socrates’ notorious declaration that there will be no respite from bad things for cities, or indeed for the human race, until political power is united with philosophy, and until current ‘philo­ sophers’ and politikoi, i.e., supposed ‘experts in politics’, are forcibly diverted into other occupations.11 The part that mainly concerns me is the argument designed to justify giving power exclusively to philosophers.12 The grounds are that we need rulers who are awake, not asleep, and only

10

My immediate source for the phrase ‘two-world metaphysics’ is David Sedley: The Midwife of Platonism (Oxford 2004) 178. 11 Rep. V 473c–d. 12 According to the Statesman, the true politikos, like the doctor, will rule whether his subjects will it or not (293a–c). This is the position in theory, which is justified by the fact that the true statesman will do everything he does to benefit those he rules – in contrast to the tyrant, who does everything he does to benefit himself. (As Glaucon says at the end of Republic V, there is no call – my translation of ou themis – to be angry at the truth: V 480a.) But the city the Republic constructs is not just the best city logôi, theoretically; it is supposed to be constructing the best city that is practicable or ‘possible’, however remote the possibility of it may be, and the unity that is clearly envisaged as a central feature of a good city could hardly be achieved by force.

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philosophers fit this requirement; most other people13 live as if asleep, insofar as they are satisfied with doxa, belief, about things instead of knowledge – and the argument is designed to stop them being angry when they are told that. To start my discussion of the passage, I shall identify two of the chief problems it raises for modern interpreters: problems which, I shall claim, my approach will enable us to avoid. The first problem is that at least on one reading, Socrates seems to offer us (Platonic) forms of the unjust and the bad, as well as of justice and goodness; for at V 476a5–8 we find him saying ‘It’s the same story with just and unjust, good and bad, and so on with all the eidê: each of them is, by itself, one […]’, and it looks not unreasonable to render eidê as ‘forms’.14 Some (e.g., Desmond Lee)15 prefer to avoid this translation (Lee has ‘qualities’, as suitably non-committal), but there is general agreement that forms are there on the stage at least by the end of the argument with the sound- and sight-lovers. Now if forms do not make their entrance there in 476a, neither is their entrance marked anywhere else; in which case, if they are present, we have to suppose them to be smuggled in somehow later on in the argument. In either case, we do seem to be left, at least retrospectively, with forms of the unjust and the bad (and the ugly, and so on), and on most interpretations of Plato there should be no such things: badness of any kind has an explanation other than that there are forms of it among ‘the things that are’. If god, and the gods, are blameless,16 so too, surely should the forms be. There is no rottenness at the core of Plato’s universe. The second of what I am treating as the most problematic aspects of my target passage is the way Socrates proposes, to the non-philosophers he is 13

14 15 16

The immediate targets of the argument are a particular group, the ‘lovers of sounds’ and ‘lovers of sights’, who spend their lives rushing around to dramatic performances; but by the end of the passage these have morphed into hoi polloi, ‘the many’ or ordinary people: see below. Thus, e.g., G. M. A. Grube’s translation (rev. C. D. C. Reeve), in: John Cooper (ed.): Plato. Complete Works (Indianapolis 1997). In the 1987 edition of the Penguin Republic (Harmondsworth). In my own new Penguin translation (2012), I use ‘kind of thing’ for eidos. As the Platonic gods always are, from the Euthyphro, through the Republic and Timaeus to the Laws.

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trying to persuade, that doxa is a special dunamis or capacity, like seeing or hearing, assigned to or set over a special set of objects, while gnôsis or epistêmê, knowledge, is another and different such dunamis with its own, and different, special set of objects to range over; and, as Socrates and Glaucon agree, the consequence of this will be that the gnôston and the doxaston cannot be the same thing.17 For many Platonic (and especially Platonist) interpreters, what Socrates and Glaucon are agreeing on here is in fact a piece of good Platonic doctrine. It is the ‘pillar’, as I called it, of the ‘two-world metaphysics’ such interpreters attribute to Plato; namely that, for him, knowledge and belief or opinion have different sets of objects – forms, most importantly, in the first case, things in the world of change in the other. But there are problems with this reading that in my view have either been ignored, or not been taken with sufficient seriousness. One immediate and obvious problem with reading Socrates and Glaucon here as announcing a piece of Platonic doctrine is that Socrates himself will go on in Book VI to talk of doxai of his own about the good itself, without any trace of embarrassment except about their quality.18 Worse, at the end of the first part of the Theaetetus he will label the kind of thinking that ultimately contrasts with the state of mind of the soundand sight-lovers in Republic V precisely as – doxazein (I shall return to the Theaetetus context in the Appendix to this paper). And in general, outside the context in Republic V, plus one or two other contexts that I shall discuss later, Plato adheres to the ordinary Greek usage of doxa and its cognates: that is to say, as referring to beliefs, or judgements, about anything. Doxazein is not, for Greeks, a capacity like seeing or hearing, any more than having a belief or opinion or forming a judgement would be for us: a Greek could have a doxa, as we can have a belief, about anything at all – beauty, gods, the origins of the universe, how many flea-feet a flea can jump, and so on. And so, it seems, can Plato’s Socrates, and any other of his characters. I shall try in what follows to show that both of these are problems that interpreters have invented for themselves: the first, by failing to notice that, if Plato had forms – whatever these may be – in mind, he neverthe17 Rep. 18

V 478a–b. Rep. VI 506c.

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less avoids actually introducing them into the passage (because the recipients of the argument explicitly and emphatically do not and will not); and in the second case, by not noticing the way in which the argument uses the recipients’ premisses.

A brief summary of the passage Glaucon’s response to the proposal about philosophy and power is that the reaction to it from a lot of people, and not inconsiderable ones at that, will be pretty violent; Socrates has some talking to do (V 473e–474a). Fair enough, says Socrates. What he needs to do is to explain to such people what type of person he thinks should combine engaging in philosophy and leading in a city (V 474b–c). And his explanation starts with a general point about lovers of anything: they won’t be picky, if they’re true lovers, whether of boys, wine, power, or whatever it is – and if they’re true lovers of learning and wisdom, i.e., philosophoi, they won’t pick and choose what they’re going to learn about, any more than food-lovers will be picky about what they eat; they’ll taste any aspect of learning that’s put on their plate (V 474c–475c). So philosophers, like lovers of boys, love/desire ‘the whole of the kind of thing in question’ (pantos tou eidous, sc. of the kind of thing they’re said to love/desire: V 475b4–5). That, remarks Glaucon (V 475d–e), will allow a pretty odd set of people in to the category of ‘philosophers’; what about all those people who have no truck with argument or anything of that sort, and spend their whole time rushing to see any spectacle or drama that’s on offer, whether in the city or the country, and can’t bear to miss a single performance? They’re like philosophers, says Socrates, but with this essential difference, that these lovers of sounds and sights love a beautiful voice or colour or shape, or anything put together from these, but their minds lack the capacity to see and embrace the nature of the beautiful itself, as he, Socrates, recognises this, and as Glaucon does too (V 475e– 476b).19 Socrates now claims (V 476d) that the person who ‘sees’ a beauty 19

Glaucon is an associate of Socrates, and something of a veteran of Socratic discussion (or probably so: see n. 52 below) – but evidently way behind him, as for example over

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itself as something distinct from the many beautifuls can be said by virtue of that to have gnôsis, i.e., to recognise or know things as they are; the sound-lovers, by contrast, only have belief: doxa. But what if they get cross at this suggestion, he asks? How are we going to calm them down and gently persuade them of what we’re saying, while all the time hiding from them that their state is not a healthy one (V 476d–e)? There follows the famous, or notorious, argument that Socrates purports to think might bring them over. Rather than summarizing this argument in all its detail, for its basic form is transparent enough, I shall offer some general observations as a background to my discussion of it. (1) Socrates’ stated aim in the argument is to persuade people who have no time for argument,20 but who hold a certain position of their own, (a) that their state of mind is one of doxa, and (b) that this stands in contrast to another and quite different state of mind, namely gnôsis or epistêmê: knowledge. (2) He proposes to do this without revealing to them the unhealthiness of their condition. This presumably means that he is not going to try to get them to change their position, only to recognise something about that position (i.e., that its status is that of doxa, not of epistêmê). (3) Socrates is talking to them, even if Glaucon does the answering. Thus when Socrates asks if Glaucon/they understand the kind of thing (eidos) he has in mind by a ‘capacity’21 and goes on to say how he distinguishes one capacity from another, he specifies that he doesn’t do so by looking at ‘some colour or shape or anything of that sort’ which the dunamis has – that is, at the (only) sort of thing the sound- and sight-lovers look to when they’re making their judgements. Glaucon, we have been told,22 knows better, at least in this regard. (4) The sight- and sound-lovers stand for hoi polloi (into whom, as I have said, they suddenly but openly morph at the end of the argument).23 (5) As the argument ends, Socrates noticeably does not claim to have convinced them, instead asking now whether they’ll be too angry

20 21 22 23

the outlandish proposal that philosophers (of all people!) should rule the city (V 473e– 474a). Nor, as I shall shortly argue, is it clear quite how much he is supposed to grasp of the concept of a (Platonic) form. Rep. V 475d again. Rep. V 477c4. Rep. V 475e–476a. Rep. V 479d.

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at being called ‘philodoxers’ rather than philosophers.24 (No, says Glaucon, not if they listen to me; ‘there’s no call for being angry with the truth’.) In fact, we know they have no time for arguments anyway, since Glaucon told us so; and when he started answering for them,25 it was presumably not just because they were not there to answer for themselves, but because there could be no actual conversation with them at all. Nevertheless, the conversation imagined is one that could be had with them, if they could be induced to break their habit and take part; that is, it tries to take account of the limitations to their understanding, and does not ask them to accept anything that they could not reasonably be expected to accept (if they would only take part).

Forms of unjust, bad, and ugly? It is tempting, as soon as we see that apparently familiar formula, ‘the […] itself ’, as we do at V 476b7 – even if we have not already been suckered in by the reference to ‘all the eidê’ at a6 – to assume that what Socrates is talking about is a Platonic form (despite the fact that doing so will introduce forms of things we would prefer there not to be forms of). But before we make that assumption, we should notice how simple the process is by which the formula is introduced into the context. Glaucon is puzzled by Socrates’ suggestion that philosophers are those who love the sight of truth: how so? ‘It wouldn’t be at all easy […] to explain to anyone else,’ replies Socrates, ‘but you, I think, will concede me this –’ ‘What, exactly?’ ‘That since beautiful is opposite to ugly, beautiful and ugly are two.’ ‘Of course.’ ‘And that since they are two, each is one?’ ‘It’s the same story with just and unjust, good and bad, and so on with every kind of thing: each of them is, by itself, one, but because they show up everywhere, by virtue of being associated with actions, and bodies, and each other, each of them appears many’.26

24

Rep. V 480a. I.e., at Rep. V 476e. 26 Rep. V 475e6–476a8. 25

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All that Glaucon ‘concedes’ to Socrates is that each of beautiful and ugly, just and unjust, good and bad27 is one thing, but appears many through ‘association’ with actions, etc.; and that is enough for Socrates, and Glaucon (since he goes along with Socrates), to start talking about ‘the beautiful itself ’, and so by implication ‘the unjust itself ’, ‘the just itself ’, ‘the good itself ’, ‘the bad itself ’, etc. In other words, so far as Glaucon and we know, ‘the (whatever it may be) itself’ is no more than that thing considered by itself, i.e., separately from the actions, etc., with which it becomes ‘associated’. Thus when the lovers of sights and sounds are contrasted with those exceptional people who ‘are capable of going and seeing the beautiful by itself and in itself ’,28 as they themselves go and see things in the theatre, at least the primary reference of ‘going and seeing the beautiful itself’ is to the capacity to distinguish this beauty/beautiful from the beautiful things in the theatre, and to see the latter’s beauty as a matter of their sharing in this other one – as Socrates now spells out, describing the other kind of person, who thinks the opposite of what the sound-lover thinks, as someone who ‘not only thinks that there is something that’s beautiful by itself, and is capable of seeing both it and the things that share in it, but doesn’t think either that these things are it or that it is the things sharing in it’.29 This ‘something that’s beautiful by itself’ may, in retro­spect, turn out to have been a Platonic form; but so far as the immediate context is concerned, only the most basic commitment has been entered into in respect of its me­ta­physical status, i.e., that it exists; and that is an idea to which in some shape or other anyone whatever might easily agree.30 To agree to distinguish a beauty itself from the many beautiful things in the world, as Glaucon does, may amount to no more than saying that beauty can be the subject of a discussion or dialogue, as it 27

‘And so on with every kind of thing’ (eidos as at Rep. V 477c). Rep. V 476b9–10. 29 Rep. V 476c7–d1. 30 True, there has also been talk of ‘sharing in’, and ‘association’, both of them typical ways of describing the relationship of particulars to Platonic forms; but if we can separate out beauty itself, for example, as an object for reflection, then we shall need some way of describing its relationship to beautiful sounds, colours, etc., and neither ‘sharing’ nor ‘association’ necessarily, by itself, brings forms as such into the picture (as is shown, I claim, particularly clearly by 476a, if my argument about eidê of bad, ugly, etc. has any truth in it). 28

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is in the Hippias Major (where, incidentally, Socrates’ interlocutor, the sophist Hippias, evidently has not the slightest notion of or interest in talk of ‘forms’ of things in any sense). But neither is the status of ‘the beautiful itself’ in 476b, or ‘beauty itself’ in 476c1, altered by anything in the argument with the sound- and sightlovers that follows. The beautiful/ugly/just/unjust/good/bad … ‘themselves’ surely are the things that knowledge turns out to be ‘over’, or be ‘assigned to’, and they ‘are’, by contrast with the things the sound- and sight-lovers hear and see, which ‘both are and are not’. But that, I take it, is no different from the contrast agreed upon between Socrates and Glaucon at V 475e–476a, between the oneness of beauty, justice, injustice and so on ‘in themselves’ and the plurality they appear to acquire when ‘in association’ with ‘actions, bodies and each other’.31 True, when he is finished with the sound- and sight-lovers, Socrates will immediately start making more elaborate claims about what philosophers can get hold of: ‘they are capable’, he says,32 ‘of getting a hold on that which remains forever exactly as it is’, which is rather more than one need extract from the simple contrast between being and both-being-and-not-being as required by the preceding argument. But while he is talking to the sound- and sightlovers (and/or the generality of people), that contrast is what he uses, with no more specification than necessary, because that is what they will conceivably accept.33 And similarly, I suggest, with Glaucon: while distinguishing him from unspecified others34 (presumably those who are about to be addressed), Socrates asks him to commit himself to saying no more than that each of beauty, justice, injustice … is a single thing (appearing many in association with actions, etc.), the metaphysical or other implications of which, as I have said, are in themselves minimal. And on this 31

Rep. V 476a7. Rep. VI 484b5. 33 What Socrates says there at VI 484b5 is in a way anticipated by the notion of the pantelôs on, what ‘completely’ is, introduced as the correlate of knowledge at V 477a in opposition to the completely non-existent as correlate to agnoia. But this is so only in retro­ spect; in the context of the argument itself, the main function of the pantelôs on is to contrast with things whose ousia is rather less than complete, i.e., the things that both are and are not. 34 Rep. V 475e6–7. 32

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level, talk about an injustice itself, a bad itself, and so on is both intelligible and innocuous, from a Platonic point of view. We can and must talk about injustice and badness, but there is nothing to say, or even to suggest, that the explanation of the presence of the unjust or the bad or the ugly in things will be of the same sort as the explanation of their opposites: in the latter case we shall need to posit a just/good/beautiful ‘which remains forever exactly as it is’, in the former probably not. (The bad, as we seem to hear from elsewhere in Plato, comes from the absence of good, and particularly (always?) the absence of good, or wisdom (?) in human beings.) Doxa and epistêmê as dunameis, each ranging over a quite separate set of objects? The chief puzzle about the actual argument with the lovers of sounds and sights (let us call them the ‘sound-lovers’ for short) is why Socrates should represent doxa as a capacity like sight or hearing, with its own special field of operation, i.e., things it is ‘over’, or ‘for’ (epi), or ‘assigned to’, in the way that sight is ‘over’, or for, seeing, visible things, hearing ‘over’, or for, hearing, audible things, and so on.35 The sound-lovers are easily brought to accept this: they agree that doxa is a capacity, as is epistêmê, though different from epistêmê, and then they agree with Socrates’ proposal to distinguish one capacity from another by reference to what it is ‘over’/’for’ and to what it ‘does’ or ‘accomplishes’, apergazetai. Given this agreement, he is well on the way to having what he needs to establish that their state is one of doxa and not knowledge. Plato could of course be importing some sort of technical notion of doxa and its difference from epistêmê, and indeed this is a standard assumption among interpreters of Plato, modern and ancient.36 But I hazard that this would be an odd thing to have Socrates do, under the circumstances. He is busy at least pretending to persuade the 35

36

Rep. V 477b–d. One recent example is Timothy Chappell: ‘It seems […] that [Theaetetus] 187a8ff. [on which see the Appendix below] uses doxazein in a way that is close to non-technical uses of the word, and not close to the rather special sense of doxa set up in Republic [V]’ (Timo­thy Chappell: Reading Plato’s Theaetetus [Sankt Augustin 2004] 154).

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sound-lovers (a.k.a. hoi polloi, 479d), that their position, of thinking that all there is to beauty is beautiful sounds and sights, is one belonging to the category of doxa; and he is trying to persuade them not because they are upset at the thought that they might have doxa in some special, technical sense, but because they are upset at being told that what they have is only belief, or opinion (of the ordinary, standard sort), not knowledge. True, the sound-lovers would themselves not notice what he was up to, but we the readers should surely object on their behalf: why on earth should anyone suddenly accept the suggested – and frankly, from any ordinary point of view, bizarre – restriction on the things doxa is for? The answer to the puzzle, I suggest, is that Socrates’ treatment of doxa as a capacity ‘over’/’for’ a limited range of things reflects the sound-lovers’ own position, or, more precisely, Socrates’ diagnosis of it. They represent an example of the sort of people who claim – or have it claimed for them, in this case by Glaucon, not too seriously,37 and now by Socrates, expanding on Glaucon’s point – to love something when they actually only love a bit of it; that is, they limit their attachment to beauty to beautiful things, and are entirely resistant to extending it to beauty itself.38 Thus, if their state of mind is doxa, it is also a doxa that relates to a limited range of things. So their doxa is in fact like seeing or hearing, in ranging over/being assigned to a specific set of objects, and doing something equally specific, i.e., drawing a judgement – about beauty, to take the example that is the focus of the whole argument – from that set of objects. Importantly, it will also be like seeing and hearing insofar as its outcomes cannot be falsified: if all there is to beauty is beautiful sounds and sights (etc.), then that just is what beauty is. So it will be as hard to talk of believing falsely, from the sound-lovers’ point of view, as it is to talk about seeing or hearing falsely. The sound-lovers do themselves volunteer39 the fact that doxa is ‘not infallible’ (mê anamartêton); but their presumed anger at being told that their state of mind is one of doxa derives precisely from the fact that this entails that their own position on beauty will turn out itself to be ‘not 37

Rep. V 475d–e. Philosophers, by contrast, love the whole of wisdom (V 475b), as boy-lovers go after every­one of the right age, wine-lovers clutch at wine at the slightest excuse, and lovers of honour/power will take it from whatever source (V 474d–475b). 39 Or rather, Glaucon does, on their behalf: V 477e. 38

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infallible’. Socrates’ treatment of doxa as a specific faculty builds on that (unreflective) claim to have got it exactly right about beauty, or whatever else might be in question (beauty being, again, just an example: the soundlovers won’t accept that there is anything beyond particulars in any case). But none of this implies in the least that any and all doxai are to be treated in the same way. When Socrates suggests40 that it is impossible for the knowable, gnôston, to be the same thing as the believable, doxaston, Glaucon replies (officially on behalf of the sound-lover, though perhaps by this stage also on his own behalf) that, yes, it is, given what has been agreed: that is, if different capacities range over different things, if knowledge and belief are both capacities, and knowledge and belief are different from one another.41 Outside the present context, as a glance at any Platonic lexicon will confirm, Plato will typically act as if these conditions are not in fact fulfilled, and be as promiscuous with the term doxa and its cognates as any other writer. There are of course important exceptions, one in the simile of the divided line at the end of Book VI, another at Timaeus 51. But neither of these disturbs my argument in relation to the argument in Book V. The Book VI passage implicitly refers back to and builds on the Book V argument, using what was established there as the condition of the soundlovers, i.e., doxa, to stand for any state of mind that is satisfied without reference to or interest in the beautiful/just/unjust … ‘themselves’. As for Timaeus 51, I offer the following explanation, which deserves development at greater length than is possible here. ‘To some people (tines)’, says Timaeus, ‘true belief appears to differ not at all from knowledge’.42 These tines, I propose, are adopting what may be described as the position the sound-lovers will be in after they have heard Socrates’ argument in Republic V, and have accepted that their state of mind is one of doxa. (In fact, I go further, and suggest that the ‘some people’ are the sound-lovers.) Since they still hold to their position,43 they will say ‘doxa it might be, but it will still be true’; and since the position to which they hold consists in 40

Rep. V 478a. Rep. V 478a–b. 42 Tim. 51d6. 43 After all, as we saw, even Socrates does not claim to have convinced them to drop it. 41

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saying that beautiful things are all there is to beauty, they will also think themselves justified in saying that nobody will be able to do any better than their doxa, so that there really is no difference between their true belief and knowledge: doxa alêthês nou diapherei to mêden. This explanation of the Timaeus context, I note, has the virtue of explaining why it is true belief that Timaeus contrasts with knowledge, and not – like Socrates in Republic V – doxa simple. Surprisingly, perhaps, from the perspective of Republic V, Timaeus goes on to say44 that everyone, pas anêr, shares in alêthês doxa. If we connect Timaeus with Republic in the way I propose, this would mean that Plato45 was willing to concede, despite Socrates’ apparently negative treatment of them, that the soundlovers (= hoi polloi) in fact have some beliefs, or make some judgements, about beauty that are true – something that I am inclined to hold on other grounds;46 and that, indeed, would already be sufficient in itself to begin raising questions about the precise applicability of the claim, in (a particular context in) Republic V, that the gnôston and the doxaston cannot be the same thing. So my claim is that in Plato in general, with the exceptions noted, doxa is not contrasted with epistêmê (or gnôsis, or nous) in the way that it is at the end of Republic V. There is good reason for this, which is partly provided by a combination of the Timaeus, the Theaetetus and the Republic itself. The standard means by which we (humans) handle perceptible things and properties is a combination of sensation and doxa: so says Timaeus 28b–c, summarily, and the first part of the Theaetetus spells it out at length. That is, sensation combined with doxa is what anyone and everyone requires for dealing with, living in, the sensible world; doxa is not, in itself, something ‘unhealthy’. Rather, a certain kind of doxa is unhealthy (namely, the kind illustrated by the sound-lovers of Republic V). 44 45 46

Tim. 51e5. That is, if we can assume that Timaeus speaks for Plato (which at any rate those interpreters of Republic V whom I am criticising in the present chapter will be likely to assume). For example, what reason could Plato, or Socrates, possibly have had to claim that every attribution of beauty made by ordinary people, to whatever particular object, will be misguided? Socrates has himself, after all, conceded that beauty can be ‘associated’ with ‘actions and bodies’. Ordinary people will lack the explanation of why particular things will be beautiful, but that does not make them totally ignorant about beauty.

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This diagnosis is, I believe, confirmed by another passage in the Republic, the ‘finger’ passage in Book VII. There Socrates draws a distinction: some things in the sphere of the senses don’t call out for intelligent thought (noêsis) to examine them, insofar as they’re made out sufficiently well by perception itself; whereas others positively require47 thinking to intervene, because what perception does in these cases is quite unhealthy.

He then explains: The cases that don’t call for thought (noêsis) […] are those that don’t result in an opposite perception at the same time; those that do turn out to require thought, I’m assuming, are those where perception no more indicates the presence of one thing than that of its opposite, whether we’re looking from close up or from a distance.48

The example of the fingers follows: Each of [little, second and middle fingers] equally appears as a finger, and in this respect there’s no difference between it and the others, no matter whether you’re seeing it in the middle or at either end of the row, whether as pale or as dark, fat or thin, or anything else like that. In no such case is the soul of any ordinary person49 forced to apply its intellect to the question of what a finger is; never in such a case does sight simultaneously indicate to it that the finger is the opposite of a finger.50

Socrates seems here clearly to allow that ‘perception’ is adequate in many, indeed any number of, cases: when we see a finger before us, then what we are seeing, ceteris paribus, is a finger, and the same will apply to noses, tortoises, trees, tables, or whatever it may be. But this is perception broadly understood: not mere sensation, or the reception of raw sensedata, however/in terms of whatever theory this is going to be described, but perceiving objects as being of a certain kind (a finger, a nose, a tortoise …), though not, of course, perceiving the kind itself. Even ordinary people, Socrates allows, can do that much. The trouble with perception, 47

Or ‘absolutely command’ (pantapasi diakeleuomena). Rep. VII 523a10–b4, b9–c3. 49 I.e., any member of hoi polloi (VII 523d3–4). 50 Rep. VII 523c10–d6. 48

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and this is its ‘unhealthy’ aspect, is that its objects include opposites, which it finds in the same locations, and mixes them up together – so that (I here try to spell out what Socrates only suggests) ordinary, non-philosophical people fail to realise that that is not how such things – the examples are black and white, fat and thin, hard and soft, large and small and, most importantly in the context, one and many – actually are; namely, they fail to realise that they are also things-in-themselves that can be thought about independently of their showing up here, and here, and here … And that is precisely the kind of failure that rules ordinary people out of the business of governing, as per the argument of Republic V. The sound-lovers who stand in for hoi polloi there seem to hear and see beauty in the same sort of way as the hoi polloi see each of their fingers as one; perhaps that is how they will ‘see’ goodness too, in things. Here is where their state of mind becomes ‘unhealthy’. But such cases apart, much of what ordinary people perceive, and think (doxazein, to use the term Socrates uses in the Theaetetus), about ordinary, everyday things is perfectly adequate and serviceable. It will actually be true that my middle finger, here, is one (finger), no matter that it will be hopeless to try basing my understanding of oneness on that. It is only in the special context of the argument with the sound-lovers, and contexts that derive from or recall that argument, that doxa acquires its negative, unhealthy connotations – because, at that point in Socrates’ larger argument in the Republic, he requires a strong and seemingly complete contrast between philosophers and non-philosophers. What is at stake, after all, is nothing less than the willingness of ordinary people to accept that all power should be surrendered, not just to someone else, but to philosophers, of all people: a theme to which Socrates will return more than once, later on in the dialogue. Outside this political context, things look different, and Timaeus 51, on my account, even offers ordinary people an olive-branch of sorts, by proposing that their doxai about beauty and the rest may actually be true, even while remaining doxai. This is a radically different view of humanity from that offered by Republic V or, in even more extreme form, by the simile of the cave at the beginning of Book VII. Timaeus 51, however fleetingly, puts the other side of the picture: most of us may live in ignorance of the real truth, but at the same time we do have some sort of grasp on beauty, even if that differs, in ways

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that Timaeus spells out, from having nous about it (a state towards which we begin to progress when we recognize not just that the things we hear and see are ugly as well as beautiful, but that beauty and ugliness are each one thing, that there is an opposition between them, and so on). Republic V might have suggested, at least on first reading, that our understanding of beauty and other things is actually false; not necessarily so, says Plato through Timaeus.

Conclusions My chief purpose, in this paper, as I have said, has been to press the case for our devoting attention to the rhetorical aspects of Plato’s writing, and the way in which its persuasive purposes can affect the actual content of the argument. Not doing so, as I hope this paper will have illustrated, is dangerous: it may lead us to detect doctrines where there are none, or to mistake a tactical move in a particular context, involving particular interlocutors, for a statement of doctrine. In my illustration of the first type of case, full-blooded forms (I add again: whatever these might be) are introduced by interpreters where Plato seems deliberately to leave them out; in my illustration of the second case, interpreters invent, or discover, a ‘doctrine’ that what is gnôston cannot be doxaston. This, I propose, is not an idea Plato wants to teach us, either here or any­where, as holding as a general principle. It holds only if, among other things, doxa is a dunamis, like hearing and seeing, ‘assigned to’/ ‘over’/ ‘for’ a special set of things; which it is – but only for people with the mind-set of ‘sound-lovers’, who refuse to accept that there is a beauty itself beyond perceptible beauties, and are unable to follow even if someone actually ‘leads them to a knowledge of it/to it’.51 It remains true, of course, that the perspective of Republic V is a perspective on the mindset of the non-philosopher and its difference from that of the philosopher. But it is not, I claim, the typical or dominant perspective in Plato. Rather, it is a perspective that belongs to, and arises out of, a particular kind of context: namely, a context in which Socrates is try51

Rep. V 476c2–3, 479e1.

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ing to persuade a non-philosophical audience to accept enough of the truth not to make a fuss about his – to them, and to us – outlandish proposal for philosophical rule. In the terms he uses in the Phaedrus, it is a perspective constructed by, and in, a ‘complex and variegated’ logos, and has little or no application outside such a context. That, I propose, is amply demonstrated by the strikingly different, and distinctly less bizarre, things we find being said in the Theaetetus, and the Timaeus, on and around the same subjects: that is, in what are, on the account I propose, ‘simple’ dialogues – dialogues, logoi, whose content is not altered by the requirements of the interlocutors in the way that the content of the relevant part of the Republic is.52 If we miss the context-dependent nature of the argument in Republic V, and of its treatment of belief and knowledge, we not only create the sorts of problems for ourselves, and for Plato, that I described at the beginning of this chapter, but we distort a central aspect of his view of the world.

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I suggested above (see n. 6) that the Republic as a whole, and not just the argument at the end of Book V, should count as a poikilos rather than a haplous logos. This is because, in my view, Glaucon is himself no philosopher, and neither is his brother Adimantus; they are, rather, somewhere in between Socrates/the philosopher and the outright nonphilosophers of Book V, who will not even enter into a conversation about their beliefs. Adimantus has heard Socrates in conversation before (VI 504e), as presumably has Glaucon; but he typically intervenes to present the kinds of reactions ordinary people might have to Socrates’ proposals (so, e.g., at IV 419a and VI 487b). On Glaucon, see n. 19 with text to n. 27–34, 40–41 above, and his reaction to Socrates’ suggestion that the soul is immortal (X 608d); as I have argued at length elsewhere, we should also take entirely seriously Socrates’ expressed preference for what Glaucon calls a ‘city of pigs’ (II 372d) – which will make the city he then goes on to describe, made up of rulers, auxiliaries and producers, one that is from his point of view a second-best, one deriving from the in­ ability of a Glaucon and his ilk to envisage a life without luxury and adornment. See my Plato and the Art of Philosophical Writing (Cambridge 2007) ch. 5; On Justice and the Other Virtues in the Republic. Whose Justice, Whose Virtues?, in: Noburu Notomi, Luc Brisson (eds.): Dialogues on Plato’s Politeia (Republic). Selected Papers from the Ninth Symposium Platonicum (Sankt Augustin 2013) 49–59; and The Four Republics (forthcoming in a projected volume entitled The Three Republics. Plato, Diogenes, Zeno, ed. Suzanne Husson, Juliette Lemaire).

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Appendix I have suggested that Republic V (together with the divided line simile in Book VI)53 and Timaeus 51 give us two different perspectives on the state of mind of ordinary people, i.e., anyone whose attention is restricted wholly to sensible objects and the conclusions that can somehow be drawn immediately from them, with a minimum of thought. The perspective offered by the Republic is that the state of mind of such people is one of doxa rather than knowledge; the more positive perspective from the Timaeus is that their state of mind is, at least in some respect, one of true doxa, this being something that every human being shares in. But I think there is also a third and complementary perspective which is to be found in the Theaetetus, or rather by reading the Theaetetus in combination with the Republic and the Timaeus. The passage I have in mind is yet another highly controversial one. Socrates is moving towards the conclusion that knowledge is not, after all, the same thing as perception, and he has raised the question of which sense-organ – which of the ‘bodily capacities’, tou sômatos dunameis54 – we use to perceive the ‘common aspects’, koina, of things, such as being and not-being, like and unlike, or same and different; beautiful and ugly, too, and good and bad. There isn’t any such organ, replies Theaetetus;55 these are things that the soul investigates by itself. Right, says Socrates: so the soul will perceive hardness, for example, and softness through touch, ‘whereas what our soul tries to judge by itself, going close up to them [i.e., hardness and softness], and comparing them with each other, is their being, namely that they are, their oppositeness to one another, and again the being of their oppositeness?’ Theaetetus: ‘Certainly, yes.’ Socrates: ‘There will be some things, then, that human beings and animals alike are naturally able to perceive as soon as they are born, namely those things the experience of which extends through 53

To which, of course, we must add the closely connected simile of the cave at the beginn­ ing of Book VII. 54 Tht. 185e7. 55 Cf. Rep. VII 524d8–e1: ‘If one is well enough seen, or similarly grasped by some other sense, for what it is, by itself, then it won’t be the sort of thing that draws us to thinking about how things really are, as with the finger’ (but it isn’t so grasped, so it is the sort of thing we’re looking for).

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the body to the soul; whereas calculations about these, in relation to their being or the benefit56 they bring, come, to the people to whom they do come, only with difficulty, late on, and after much trouble and education?’ Theaetetus: ‘Yes, quite certainly.’ Socrates: ‘Now can a person reach truth, if he can’t reach even as far as being?’ Theaetetus: ‘Impossible.’ Socrates: ‘And if he fails to reach the truth of a thing, will he ever have knowledge of that thing?’ Theaetetus: ‘I don’t see how he could, Socrates.’ Socrates: ‘In that case knowledge does not reside in what we directly experience, but rather in our reasoning (sullogismos) about those experiences; because in the latter, it seems, it is possible to get a hold on being and truth, whereas in the former case it is impossible’. Theaetetus: ‘Evidently so.’57

In which case perception is not knowledge. This passage has caused considerable and continuing controversy. How exactly are we to understand the nexus ‘being’-truth-knowledge, and in particular, this item ‘being’, in order for the argument to work? Two leading contenders are (a) that grasping being has to do with the ability to frame propositions; (b) that ‘being’ refers to the being of Platonic forms. Neither of these interpretations seems satisfactory, because they take too little account either of the way in which ‘being’ was introduced in this particular context,58 or of the background to this particular context (a background that at least includes, as significant items, the Republic passages I have discussed, along with Timaeus 51).59 The core text for understanding ‘being’ in the present context is 186b6-9: whereas what our soul tries to judge by itself, going close up to [hardness and softness and other such pairs of things], and comparing them with each other, is their being, namely that they are, their oppositeness to one another, and again the being of their oppositeness?

If we spell this out in relation to all the examples that have been given, grasping ‘being’ in this context is a matter both of grasping that [hardness or softness, or whatever pair may be in question, and the oppositeness be56

Tht. 186c3 (a crucial phrase; see below). Tht. 186b10–d6. 58 Interpretation (b) will also constitute another example of the attempt to impose a doctrine on a text that properly read (as I think) does not need it. 59 That the Timaeus was probably written later than the Theaetetus I treat as mainly ir­ relevant: there is no requirement on Plato to have changed his mind on a subject between one dialogue and another. 57

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tween the members of any such pair] is (or is here), and – since it involves comparing them – of grasping hardness, softness, and other opposites (and oppositeness too) as separate things. This, I propose, needs to be compared closely with Republic V 475e6– 476a8, cited earlier,60 which saw Socrates saying that since beautiful is opposite to ugly, beautiful and ugly are two, and that since they are two, each is one. The context is of course different, and what is at issue is a different koinon,61 being instead of one, but there is one crucial similarity: in both cases, Socrates is insisting on the need to separate F-ness from particular Fs with no commitment, implicit or explicit, to the status of F-ness. Beauty, he says in the Republic, is a single thing, one that has to be thought about by itself (even though most people fail to recognise the fact); any sort of hold on truth, he says here in the Theaetetus, requires the ability on our part not just to sense hardness here or softness there, but – starting from that – to calculate or reason about hardness, softness or whatever it may be ‘in relation to their being or the benefit they bring’. ‘So there is hardness here, softness there. What follows? What difference does it make to my view of the world? Is it good or bad for me?’62 It is the last question, it seems, that matters most. Socrates and Theaetetus have agreed, at 186a8–b1, that beautiful and ugly, good and bad ‘are things whose being the soul investigates more than anything, in relation to one another, reckoning up in itself past and present in comparison with future’. Reflecting about our perceptions, and so coming to understand what there is in the world, is a condition of our investigating the most important things – what does and what does not benefit us. This is what ultimately drove the argument with the sound-lovers/ordinary people: the underlying question there, after all, was about who should wield power in the city, and that is essentially the same as the question who will be qualified to bring the most benefit to it. Answer: philosophers, because they know they must ask ‘what then is benefit, or goodness, in itself?’ And what mainly drives the move from ‘being’, to truth, to knowledge here in 60

See p. 92; 96 above. Koina: see Tht. 185b–e. 62 My thanks to Lesley Brown for making me see more clearly what I wanted to say in this part of the chapter (though she will perhaps be less than entirely happy with the new version). 61

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the Theaetetus (i.e., in 186b10–d6, cited above) is exactly the same. In order to get clear about the things that matter most – to Plato, and, by his lights, to anyone at all – we need to start by recognising that there is something, whether this is labelled as beauty or goodness / the beautiful or the good (the good, not the beautiful, Diotima insists in the Symposium), that the soul by itself can investigate in and by itself. Only so can we reach knowledge. And this, I note in conclusion, once again leaves plenty of room for at least a partial validation of ordinary views about the beautiful and the good, of the sort I have suggested is made explicit in the Timaeus. Ordinary people do not get it wholly wrong. Their state of mind may only be one of belief, but their beliefs are not necessarily false; everyone, to cite Timaeus again, has some share in true belief.63

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I am delighted to have had the honour of participating in the symposium in Würzburg marking Michael Erler’s 60th birthday; even more delighted now to offer him the pages above to mark my admiration for his qualities not only as a scholar and student of Greek and Roman literature, and of Plato, but also, and above all, as a friend. There are not many like him. – My thanks to other participants, and especially to Sarah Broadie, for their comments on successive versions of the above pages.

Der Dialog in der Epideiktik: Isokrates M A D DA L E NA VA L L O Z Z A

Zahlreiche Studien haben sich in jüngster Zeit mit der zentralen Rolle auseinandergesetzt, welche die Schule, die erzieherische Intention in den Reden des Isokrates spielt. Dies betrifft sowohl Isokrates’ theoretische Konzeption, d.h. seine besondere φιλοσοφία, als auch, eng damit verbunden, seine schriftstellerische Praxis, seine besondere Art des Redner/ῥήτωρSeins, nämlich epideiktischer Redner, Schmuckredner, kein Redner in dem lebendigen und täglichen Kampf vor Gericht oder auf dem βῆμα. Nach dem vorbildlichen, aber bereits älteren Aufsatz Steidles1 beschäftigten sich mit diesem zentralen Thema unter anderem die Studie Toos,2 die Beiträge

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Mein Dank gilt den Organisatoren der Tagung, Irmgard Männlein-Robert, Stefan Schorn und Christian Tornau, für die Gelegenheit, an diesen Fest- und Studientagen teilzunehmen. Die Freundschaft mit Michael Erler und die lieblichen und fruchtbaren Hügel Würzburgs als ihr Rahmen sind zentrale Momente eines Weges, der vor über zwanzig Jahren begann. Wolf Steidle: Redekunst und Bildung bei Isokrates, in: Hermes 80 (1952) 257–296, ND in: Horst-Theodor Johann (Hg): Erziehung und Bildung in der heidnischen und christlichen Antike (Darmstadt 1976) 170–226. Erwähnenswert sind auch die Aufsätze von Robert Johnson: Isocrates’ Methods of Teaching, in: AJPh 80 (1959) 25–36 und Friedmar Kühnert: Die Bildungskonzeption des Isokrates, in: Reimar Müller (Hg.): Der Mensch als Maß der Dinge. Studien zum griechischen Menschenbild in der Zeit der Blüte und Krise der Polis (Berlin 1976) 323–336, ND in: Volker Riedel (Hg.): Friedmar Kühnert. Bildung und Redekunst in der Antike. Kleine Schriften (Jena 1994) 42–57. Yun Lee Too: The Rhetoric of Identity in Isocrates. Text, Power, Pedagogy (Cambridge 1995) bes. 13–36.

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Bringmanns,3 Euckens4 und Nicolais5 sowie zuletzt zumindest teilweise die Monographie Warehs.6 Das Engagement des Isokrates im Bereich der Schule wird mit Recht als «permanent»7 bezeichnet, aber man könnte es auch werkimmanent nennen, da es in jeder Passage der Reden zwischen den Zeilen mitschwingt. In diesem Sinne möchte ich zeigen, dass Dialogelemente mit spezifisch didaktischer Intention, die im Laufe der Zeit immer stärker und umfangreicher in den Reden zutage treten – die sogenannten Schulszenen – nicht, wie häufig behauptet, eine Art literarisches Mittel sind, das letztlich nur dazu dient, der ‘geschlossenen’ epideiktischen Beredsamkeit mit ihren rigiden Formen8 etwas Bewegung, Abwechslung oder auch Einheit und Überzeugungskraft zu verleihen. Diese Elemente spiegeln vielmehr die kompositorische Praxis der Reden wider, eine Praxis, die in enger und ständiger Verbindung mit der erzieherischen 3

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Klaus Bringmann: Zweck und Voraussetzungen der isokratischen Redeliteratur, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 7–17. Christoph Eucken: Zum Konzept der πολιτικοὶ λόγοι bei Isokrates, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 34–42. Vgl. schon Christoph Eucken: Isokrates. Seine Positionen in der Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Philosophen (Berlin, New York 1983) bes. 18–43 über die Sophistenrede. Eine Zusammenfassung findet sich jetzt in Roberto Nicolai: La fortuna del modello educativo di Isocrate. Da Cicerone alla tarda antichità, in: SemRom 12 (2009) 290–293. Vgl. für eine ausführlichere Darstellung Roberto Nicolai: Studi su Isocrate. La comunicazione letteraria nel IV sec a.C. e i nuovi generi della prosa (Roma 2004) z.B. 47–49 und 96–110. Tarik Wareh: The Theory and Practice of Life. Isocrates and the Philosophers (Washington, DC 2012) 13–36. Diesen Band bespricht ausführlich Christoph Eucken, in: BMCR 2013.11.65. R. Nicolai: Studi su Isocrate, 34–36. Aus der umfangreichen Bibliographie vgl. bes. R. Johnson: Isocrates’ Methods, 25–36; Armin Jähne: Kommunikative Umsetzung gesellschaftlicher Problematik bei Isokrates, in: Philologus 135 (1991) 131–139; Sylvia Usener: Isokrates, Platon und ihr Publikum. Hörer und Leser von Literatur im 4. Jahrhundert v. Chr. (Tübingen 1994) 81–127; Evanghelos Alexiou: Die Kommunikation mit dem Publikum: Dialogszenen bei Isokrates, in: WJA n.F. 25 (2001) 85–98; R. Nicolai: Studi su Isocrate, 112–118 sowie jetzt James Henderson Collins II: Prompts for Participation in Early Philosophical Texts, in: Elizabeth Minchin (ed.): Orality, Literacy and Performance in the Ancient World (Leiden, Boston 2012) 151–182; und David J. Murphy: Isocrates and the Dialogue, in: CW 106 (2013) 311–353.

Der Dialog in der Epideiktik: Isokrates

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Praxis steht und die Anwesenheit, Urteil und aktive Beteiligung der Schüler erfordert. Es handelt sich um Elemente, die in den Reden bereits vor und keineswegs ausschließlich in den Schulszenen im engen Sinn festgestellt werden können. Ich möchte mit dem letzten Abschnitt des spätesten Werks beginnen, des Panathenaikos (200–272), der heute vielleicht zu den am meisten diskutierten Werken des Isokrates zählt, gerade weil er von den Interpreten, die zumeist auf der Suche nach einem einheitlichen Konzept innerhalb dieser Rede sind, als überraschend und als beinahe widersprüchlich angesehen wird.9 Dies gilt für die zahlreichen Beiträge Juan Signes Codoñers10 bis hin zum neuen Kommentar Peter Roths,11 dem in zeitlich geringem Abstand schon eine Studie desselben Autors über den Schlussabschnitt vorangegangen war.12 Aber man darf ebenso wenig den Aufsatz Michael Erlers13 vergessen, der den Panathenaikos als eine Verteidigung der Me9

Vgl. Peter Roth: Der Panathenaikos des Isokrates. Übersetzung und Kommentar (München, Leipzig 2003) 11. Unter den zahlreichen Studien, die Roth (11–16) auflistet und kurz bespricht, sind hier zumindest die folgenden erwähnenswert: Friedrich Zucker: Isokrates’ Panathenaikos, in: BSAW 101, 7 (1954) 3–31, der eingehend die Verbindung zu den historisch-politischen Problemen behandelt; Hans-Otto Kröner: Dialog und Rede. Zur Deutung des Isokrateischen Pan­a­the­naikos, in: A&A 15 (1969) 102–121, der das Urteil des Isokrates über Sparta untersucht; beide Aufsätze sind nachgedruckt in: Friedrich Seck (Hg.): Isokrates (Darmstadt 1976) 227–252 bzw. 296–328. Für die Frage nach der Einheit des Werks auf der Grundlage wiederkehrender interner Elemente siehe die Aufsätze von Christoph Eucken: Leitende Gedanken im isokratischen Panathenaikos, in: MH 39 (1982) 43–70; und Christoph Schäublin: Selbstinterpretation im Panathenaikos des Isokrates?, ebd., 165–178. Nennenswert ist auch der kurze, aber wichtige Beitrag über die Dauer des Niederschreibens der Rede von Anthony F. Natoli: Isocrates XII 266–272. A Note on the Composition of the Panathenaicus, in: MH 48 (1991) 146–150. 10 Mit Schwerpunkt auf drei spezifische Probleme, aber mit Blick auf eine Gesamtinterpretation siehe v.a. Juan Signes Codoñer: El Panatenaico de Isócrates: 1. El excursus de Agamenón, in: Emerita 64 (1996) 137–156; El Panatenaico de Isócrates: 2. Tema y finalidad del discurso, in: Emerita 66 (1998) 67–94; El Panatenaico de Isócrates: 3. Las cartas a los Macedonios, in: Emerita 69 (2001) 7–53. 11 P. Roth: Panathenaikos, 216–269. 12 Peter Roth: Die Dialogszene im Panathenaikos, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 140–149. 13 Michael Erler: Hilfe und Hintersinn. Isokrates’ Panathenaikos und die Schriftkritik im Phaidros, in: Livio Rossetti (ed.): Understanding the Phaedrus, Proceedings of the II. Symposium Platonicum (Sankt Augustin 1992) 122–137; ders.: Il Panatenaico di Iso-

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thode des Isokrates und Antwort an die Akademie interpretiert. Isokrates entwirft hier von sich ohne Zweifel das Bild eines Lehrers, der dazu neigt, den Text auszufeilen, ihn mit viel Engagement immer vollkommener zu machen, der also eine perfekte epideiktische Rede schaffen will. Aber gleichzeitig bietet er das Bild eines Lehrers, der in der Schule den ersten und wichtigsten Kreis der Rezipienten findet, einen Kreis, der an sich nicht feindlich gesinnt, aber, wenn nötig, zu strengen Worten fähig ist. Dies zeigt sich deutlich bereits in den ersten Worten, die die Funktion haben, die Szene effektvoll vor Augen zu führen: Isokrates war gerade dabei, mithilfe von drei oder vier Schülern die Rede zu korrigieren, soweit sie zu diesem Zeitpunkt bereits abgefasst war (200):14 Ἐπηνώρθουν μὲν γὰρ τὸν λόγον τὸν μέχρι τῶν ἀναγνωσθέντων γεγραμμένον μετὰ μειρακίων τριῶν ἢ τεττάρων τῶν εἰθισμένων μοι συνδιατρίβειν. Ich war dabei, die Rede zu verbessern, die so weit, wie man sie eben vorgelesen hat, niedergeschrieben war. Dabei leisteten mir drei oder vier junge Leute, die gewöhnlich mit mir gemeinsam studieren, Gesellschaft.

Abgesehen von den Konsequenzen, die sich aus diesem Bild für die Interpretation des Panathenaikos an sich ergeben,15 ist hier die Rhetorik, die φιλοσοφία, eine Form des Wissens, die untrennbar ist von der Rede, d.h. der Praxis der Epideiktik, und von der Schule, da sie aus der Rede entsteht crate e la critica della scrittura nel Fedro: «aiuto» e «senso nascosto», in: Athenaeum 81 (1993) 149–164. 14 Die Zitate aus Isokrates sind der unvollständigen, da nicht fertiggestellten, Ausgabe von Engelbert Drerup: Isocratis opera omnia, I (Leipzig 1906, ND Hildesheim, Zürich, New York 2004) entnommen für die Reden, die dort aufgenommen sind (I–III, IX–XI, XIII und XVI–XXI gemäß der traditionellen Nummerierung), und der Ausgabe von George Mathieu, Émile Brémond: Isocrate. Discours, I–IV (Paris 1928–1962) für die anderen Reden und für die Briefe. Für den Panathenaikos wurde die Übersetzung von P. Roth: Panathenaikos, 54 übernommen. 15 Zu Recht beurteilt P. Roth: Panathenaikos, 217 die Beschreibung als «so knapp, wie angekündigt». Zur engen Beziehung zwischen diesem Abschnitt und der kurzen, bereits im Proömium zu findenden Dialogszene (18–19) vgl. E. Alexiou: Kommunikation mit dem Publikum, 95–96. Allgemein zur komplexen Beziehung des Isokrates zu Sparta, auch in dieser Dialogszene, vgl. jetzt Thomas Blank: Logos und Praxis. Sparta als politisches Exemplum in den Schriften des Isokrates (Berlin, Boston 2014) 563–587.

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und die Mittel für eine Reflexion über die Rede liefert.16 Jedes Wort hat hier eine technische Bedeutung und wirft sozusagen sein Gewicht für den hier intendierten Effekt in die Waagschale. Lektüre und Schreibprozess sind hier in erster Linie unauflöslich in der täglichen Schulpraxis miteinander verbunden (τὸν μέχρι τῶν ἀναγνωσθέντων γεγραμμένον). Die Tätigkeit (διατριβή), die zugleich Lehre und Forschung ist, ist kollektiv, sie ist ein συνδιατρίβειν, wenngleich sie auf einen engen Kreis junger Männer beschränkt ist, wie sowohl der Ausdruck μετὰ μειρακίων τριῶν ἢ τεττά­ ρων als auch die andauernde Verwendung der ersten Person Plural beweisen.17 Darüber hinaus ist die Tätigkeit (διατριβή) eine gewohnte Praxis (τῶν εἰθισμένων). Aber unter allen Begriffen ragt das am Anfang stehende Verb ἐπηνώρθουν heraus, das auf jene Überarbeitung des Textes bezugnimmt, auf die Isokrates später im Panathenaikos (262)18 mit διορθόω, wieder in Verbindung mit διατριβή, zurückkommen wird und die der erste Brief An Dionysios (3) besonders wirkungsvoll betont, der, wie wir weiter unten sehen werden, den διορθώσων einzelner Punkte ins Zentrum der Debatte und der συνουσία stellt.19 Es handelt sich um eine Überarbeitung, auf die gewiss nicht zufällig auch Alkidamas seine Aufmerksamkeit richtet, und zwar in dem kurzen Werk Über diejenigen, die Reden schriftlich abfassen (3–4), in der der lange Schreibprozess (κατὰ σχολὴν ἐπανορθῶσαι) in der doch langen Liste als das erste Privileg der

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Zur komplexen Bedeutung, die φιλοσοφία bei Isokrates hat, vgl. Mauro Tulli: Philo­ sophie. B. I. Antike. 1. Griechenland, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, VI (Tübingen 2003) 969–981, hier: 972–973. In vielleicht zu schematischer Weise unterscheidet Niall Livingstone: Writing Politics. Isocrates’ Rhetoric of Philos­ ophy, in: Rhetorica 25 (2007) 15–34, drei verschiedene Bedeutungen, vom praktischen Wissen bis hin zur Bildung und insbesondere der rhetorischen Bildung. 17 Die wiederholte Verwendung der ersten Person Plural in dieser Passage betont P. Roth: Panathenaikos, 217. 18 Insbesondere findet sich διορθόω in den Worten, mit denen der spartafreundliche Schüler seine Rede beendet und seinem Lehrer dazu rät, die Rede nicht zu zerstören (μήτε κατακάειν τὸν λόγον μήτ’ ἀφανίζειν), sondern zu veröffentlichen (διαδιδόναι τοῖς βου­ λομένοις λαμβάνειν), nachdem er sie verbessert und alle Diskussionen über die Rede selbst in den Text eingefügt hat (διορθώσαντα καὶ προσγράψαντα πάσας τὰς διατριβὰς τὰς περὶ αὐτὸν γεγενημένας). Zu dieser Passage vgl. R. Nicolai: Studi su Isocrate, 179. 19 Vgl. unten, 120–122.

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γραφή gegenüber dem schnellen und unreflektierten αὐτοσχεδιάζειν hervorsticht.20 Der untersuchte Abschnitt stellt einen Wendepunkt in der Gestaltung der Rede dar. Von diesem Punkt an ist der letzte Abschnitt des Panathenaikos ein Dialog, welcher zum Großteil in direkter Form im Rahmen der Erzählung wiedergegeben wird. Isokrates liest den vorangehenden Text, er übergibt ihn also seiner Schule für eine ausführliche ἐπανόρθωσις und hört der Bewertung eines Schülers zu, der sich in der Vergangenheit während der Oligarchie bereits kompromittiert hatte (200–203).21 Das Hin und Her von Einwänden und Entgegnungen über zahlreiche Details entwickelt sich daraufhin in zwei langen Szenen (204–217 und 219–263). Erst als der Schüler dank des fruchtbaren hermeneutischen Prinzips der ἀμφιβολία (240), das Erler als Lektüre auf verschiedenen Ebenen und typisch für die Akademie deutet, den vorangehenden Text in einem sparta-freundlichen Sinn interpretiert, schweigt Isokrates plötzlich.22 So bringt am Ende eine Passage, die Isokrates’ Erschöpfung deutlich macht, die Angst vor einer unangenehmen Ablehnung seitens des fernen Publikums zum Ausdruck (266–272).23 Hier öffnet Isokrates seine Rede für eine lange Debatte über die Rede und zeichnet das detailreichste und wertvollste Bild von seiner Schule und seiner Methode. Aber dieser offene Charakter mit unterschiedlichen Meinungen, den der letzte Abschnitt des Panathenaikos vor Augen führt, ist selbst in seinem Umfang und in der Komplexität seiner Struktur keineswegs unerwartet. Im Areopagitikos (56–59), in der Antidosis (140– 153) und im Philippos (2–9 und 17–23) öffnet Isokrates die Rede dem Dialog, er bricht ihre Form und die Begrenzung auf, die den Adressaten daran

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Jetzt leugnet Ruth Mariß: Alkidamas. Über diejenigen, die schriftliche Reden schreiben, oder über die Sophisten. Eine Sophistenrede aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. eingeleitet und kommentiert (Münster 2002) 86–88 einen Bezug auf Isokrates in dieser Passage. Aber vgl. Maddalena Vallozza: Lexique, théorie rhétorique, écriture chez Alcidamas, in: WJA n.F. 26 (2012) 97–111, hier: 101–103 und D. J. Murphy: Isocrates and the Dia­logue, 313. 21 Zur Figur des spartafreundlichen Schülers vgl. T. Blank: Logos und Praxis, 564–565. 22 M. Erler: Hilfe und Hintersinn, 130–131. 23 Die Gefahren, die durch den Kontakt der Rede mit einem Publikum von Nicht-Experten entstehen, betont D. J. Murphy: Isocrates and the Dialogue, 350–351.

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hindert, ihren argumentativen Wert zu kontrollieren. Auf diese Passagen wird sogleich noch einzugehen sein. Nach dem emotionalen Hinweis auf die πάτριος πολιτεία ändert sich in der Mitte des Areopagitikos der Rhythmus der Rede. Es findet sich dort eine Zäsur, die dazu führt, dass im zweiten Teil die vorgeschlagene Reform in noch eindringlicherer Weise gefordert wird (56–57):24 ἤδη δέ τινες ἀκούσαντές μου ταῦτα διεξιόντος ἐπῄνεσαν μὲν ὡς οἷόν τε μάλιστα, καὶ τοὺς προγόνους ἐμακάρισαν ὅτι τὸν τρόπον τοῦτον τὴν πόλιν διῴκουν, οὐ μὴν ὑμᾶς γε ᾤοντο πεισθήσεσθαι χρῆσθαι τούτοις, ἀλλ᾽ αἱρήσεσθαι διὰ τὴν συνήθειαν ἐν τοῖς καθεστηκόσι πράγμασι κακοπαθεῖν μᾶλλον ἢ μετὰ πολιτείας ἀκριβεστέρας ἄμεινον τὸν βίον διάγειν. εἶναι δ᾽ ἔφασαν ἐμοὶ καὶ κίνδυνον, μὴ τὰ βέλτιστα συμβουλεύων μισόδημος εἶναι δόξω καὶ τὴν πόλιν ζητεῖν εἰς ὀλιγαρχίαν ἐμβαλεῖν. Manche allerdings, die bereits früher solche Worte von mir gehört haben, lobten mich zwar in höchsten Tönen und priesen unsere Vorfahren glücklich, weil sie auf diese Art und Weise die Polis verwalteten, indessen glaubten sie nicht, man könnte euch davon überzeugen, diese Zustände wiederherzustellen, sondern glaubten, ihr würdet es aus Gewohnheit vorziehen, unter Beibehaltung der jetzigen Einrichtungen zu leiden, anstatt mit Hilfe einer vollkommeneren Verfassung ein besseres Leben zu führen. Sie sagten außerdem, ich würde riskieren, als Volksfeind dazustehen und eine Oligarchie einrichten zu wollen, obwohl ich die besten Ratschläge gäbe.

Die Lektüre des bereits verfassten Textstücks durch den Lehrer (μου ταῦτα διεξιόντος) führt uns einige Schüler als Zuhörer (τινες ἀκούσαντες) vor Augen, die neben umfangreichem, ehrlichem Lob (ἐπῄνεσαν) ihre Angst vor eventuellen Reaktionen seitens einer breiteren Öffentlichkeit zum Ausdruck bringen, die Angst vor einer Ablehnung wegen dunkler oligarchischer Absichten.25 Mit ihrer komplexen Darstellung gibt diese 24

Übersetzung: Isokrates. Sämtliche Werke. Übersetzt von Christine Ley-Hutton, eingeleitet und erläutert von Kai Brodersen, I–II (Stuttgart 1993–1997), hier I 145. Zur Struktur und Datierung der Antidosisrede vgl. Uwe Walter: Isokrates metanóôn? Traditionen athenischer Kriegs- und Außenpolitik bei Isokrates, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 78–94, hier: 83–84. Vgl. T. Blank: Logos und Praxis, 437–439. 25 In den Reden klingen oft noch erlittene Ablehnung und Kritik nach. Isokrates antwortet darauf oder kommt der Kritik in indirekter, wenngleich umsichtiger und gezielter

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Passage gewiss eine Debatte innerhalb der Schule wieder und beweist die redaktionelle Funktion, die dieser Debatte tatsächlich zukommt. Doch erst in der Antidosis (140–153) kommt die Rede zum Stillstand und öffnet sich dem direkten Dialog.26 Im Rahmen der gerichtlichen Fiktion kreiert Isokrates hier eine Szene, die auf den Entstehungsprozess der Rede verweist, auf den Moment, als ihm der Plan, die Reihenfolge (τάξις) der Argumente, zu entrinnen scheint.27 Er berichtet, wie er nach der Anzeige sein Leben und seine Taten Revue passieren ließ, insbesondere jene, die ihm Zustimmung und Lob zu verdienen schienen (141–142):28 Ἀκροώμενος δέ τις τῶν ἐπιτηδείων ἐτόλμησεν εἰπεῖν πρός με λόγον πάντων σχετλιώτατον, ὡς ἄξια μὲν εἴη τὰ λεγόμενα φιλοτιμίας, οὐ μὴν ἀλλ’ αὐτός γε δεδιέναι ταῦτα μάλιστα μὴ πολλοὺς λυπήσῃ τῶν ἀκουόντων. «Οὕτω γὰρ, ἔφη, τινὲς ὑπὸ τοῦ φθόνου καὶ τῶν ἀποριῶν ἐξηγρίωνται καὶ δυσμενῶς ἔχουσιν ὥστ’ […]». Als einer meiner Freunde sich meine Worte anhörte, scheute er sich nicht, mir gegenüber eine äußerst irritierende Bemerkung zu machen, nämlich, daß er

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Weise zuvor, wie Karen Piepenbrink: Reflexionen über Rhetorik in der attischen Demokratie des 4. Jh. v. Chr. Isokrates und die ‘aktiven’ Redner im Vergleich, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 43–61, hier: 43–45, hervorhebt. Die knappen Ausführungen zu diesem Absatz von Yun Lee Too: A Commentary on Isoc­ rates’ Antidosis (Oxford 2008) 163–164 beschränken sich auf einen bloßen Verweis auf den Philippos und auf den Panathenaikos. Wie Massino Pinto: Rez. von Y. L. Too: Anti­ dosis, in: Gnomon 82 (2010) 292–297, hier: 295 anmerkt, wird der Kommentar dem Versu­ch des Isokrates keineswegs gerecht, die Prosa hier an neue kompositorische Modalitäten anzupassen. Der Fachterminus für die Struktur, für die Gesamtgestaltung der Rede, τάξις, entwickelt sich hier zu einem wohlstrukturierten Satz, der auf die Schwierigkeiten des Autors verweist (140: ἀπορῶ δ’ ὅ τι χρήσωμαι τοῖς ὑπολοίποις καὶ τίνος πρώτου μνησθῶ καὶ ποίου δευτέρου· τὸ γὰρ ἐφεξῆς με λέγειν διαπέφευγεν). Vgl. Friedrich Blass: Die attische Beredsamkeit. II. Isokrates und Isaios (Leipzig 21892, ND Hildesheim 1962) 310–311. Übersetzung aus K. Brodersen, Ch. Ley Hutton: Isokrates, II 144. Zum Rückblick auf das eigene Wirken gehört auch die große Zahl an Passagen, die aus anderen Reden zitiert werden. Eine genaue Analyse dieser Zitate findet sich in Massimo Pinto: Per la storia del testo di Isocrate. La testimonianza d’autore (Bari 2003) 107–142 und in Roberto Nicolai: Isocrate e le nuove strategie della comunicazione letteraria. L’Antidosi come ‘antologia d’autore’, in: Roberto Pretagostini, Emanuele Dettori (a cura di): La cultura ellenistica. L’opera letteraria e l’esegesi antica (Roma 2004) 187–197.

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selbst aber in größter Sorge sei, meine Rede könnte bei vielen Zuhörern Anstoß erregen. «Manche Leute nämlich», sagte er, «sind aus Neid und Not so verärgert und übelwollend, daß sie […]».

Auf diese Weise betritt ein Gesprächspartner die Szene, dessen Gedanken Isokrates zusammenfasst, der dann aber in der ersten Person spricht (142–149). Der Gesprächspartner erfährt von der Verteidigungsstrategie oder besser gesagt der Strategie des Eigenlobs des Isokrates ἀκροώμενος, d.h., er nimmt offensichtlich an einer vorbereitenden Diskussion teil. Es handelt sich um einen anonymen Gesprächspartner, aber er gehört zu jenen Menschen, die Isokrates häufig begleiten, zu seinen Schülern (τις τῶν ἐπιτηδείων), er ist der mutigste Schüler (ἐτόλμησεν) und bringt ernsthafte Vorbehalte zum Ausdruck, was Isokrates’ Verhältnis zu einem Teil des Publikums betrifft, den er nicht umgehen kann, wobei diese Einwände jedoch fast die Form eines indirekten Lobs annehmen.29 Es entsteht das Profil dieses Teils des Publikums, Menschen, denen der Erfolg, der auf anständige und tüchtige Weise erworben wurde, nicht passt und die die neue Konzeption der παιδεία ablehnen. Dass die Form der Anti­ 29

Wie Johannes Engels: Antike Überlieferungen über die Schüler des Isokrates, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 175–194, hier: 180–183, zu Recht hervorhebt, verleiht Isokrates gerade in der Antidosis (93–97) seinen Schülern in Athen ein konkretes Gesicht, indem er eine Liste von acht Namen, in zwei Gruppen unterteilt, präsentiert. Zur ersten zählen (ἤρξαν­το ἐν πρώτοις πλησιάζειν) Eunomos, Lysitheides und Kallippos, zur zweiten (μετὰ δὲ τούτους) Onetor, Antikles, Philonides, Philomelos, Charmantides. Bei allen kann er an ihr hervorragendes Verhältnis zur Stadt und konkrete Anerkennungen erinnern, die sie erhalten haben. Aber es ist schwierig, auf die Gesamtzahl der Schüler zurückzuschließen. Dem Leben des Isokrates Pseudo-Plutarchs (837c) zufolge waren es zirka hundert (εἰς ἑκατόν), eine Zahl, die in gewisser Weise im Zusammenhang mit der Behauptung der Anklage steht, die in der Antidosis (41) wiedergegeben wird, nach der Isokrates mehr Schüler als jeder andere Lehrer gehabt habe (ἐγὼ δὲ πλείους εἰληφὼς, ὥς φησιν ὁ κατήγορος, ἢ σύμπαντες οἱ περὶ τὴν φιλοσοφίαν [διατρίβοντες]). Daher ist es schwierig zu versuchen, die Zusammensetzung der Gruppe von Schülern, die zur selben Zeit in der Schule anwesend waren, zu bestimmen; nach der Rekonstruktion von Robert Johnson: A Note on the Number of Isocrates’ Pupils, in: AJPh 78 (1957) 297–300 handelte es sich um eine Gruppe von zirka sechs Schülern. Zu diesem Problem findet sich eine ausführliche Bibliographie in Juan L. López Cruces, Pedro P. Fuentes González: Isocrate d’Athènes (I 38), in: DPhA III (Paris 2000) 891–938, hier: 935. Vgl. Massimo Pinto: L’école d’Isocrate. Un bilan, in: Christian Bouchet, Pascale Giovannelli-Jouan­na (éd.): Isocrate. Entre jeu rhétorique et enjeux politiques (Lyon 2015) 319–329.

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dosis – ἐν ἀπολογίας σχήματι, wie Isokrates im Proömium sagt (8) – Ergebnis einer sorgfältigen Ausarbeitung ist, überrascht nicht und wird in der Tat explizit im Proömium deutlich gemacht.30 Aber hier ist die neue Form der Darstellung in die Rede integriert und hat die Funktion, die Argumentation in Gang zu bringen, die Anordnung der Gedanken, welche durch die vorangehende angebliche Verwirrung ins Stocken geraten war (140). Der Philippos enthält zwei Abschnitte, in denen die Schüler die Prot­ agonisten sind und die sich beide am Anfang der Rede befinden (4–7 und 17–23). Im ersten (4–7) kommen die Schüler indirekt zu Wort und begrüßen ohne jede Einschränkung den Plan der Rede für Amphipolis, die später nicht mehr verwirklicht wurde (4–5):31 Καὶ περὶ τούτων οὕτως ἐδόκουν διεξιέναι τοῖς ἀκούουσιν ὥστε μηδένα τὸν λόγον αὐτῶν μηδὲ τὴν λέξιν ἐπαινεῖν ὡς ἀκριβῶς καὶ καθαρῶς ἔχουσαν, ὅπερ εἰώθασί τινες ποιεῖν, ἀλλὰ τὴν ἀληθείαν τῶν πραγμάτων θαυμάζειν καὶ νομίζειν οὐδαμῶς ἂν ἄλλως παύσασθαι τῆς φιλονικίας ὑμᾶς, πλὴν εἰ σὺ μὲν πεισθείης […]. Anscheinend habe ich über dieses Thema so eindrucksvoll vor meinen Hörern gesprochen, daß keiner von ihnen meine Rede an sich oder meinen kleinen und reinen Stil lobte, was manche meiner Zuhörer ja sonst tun, sondern daß alle die Stichhaltigkeit meiner Argumente bewunderten und glaubten, ihr würdet nur unter zwei Bedingungen von Eurem Streit ablassen: Wenn einerseits du überzeugt werden könntest […].

Auch hier finden wir eine Präsentation, wenn nicht sogar eine echte Lektüre (διεξιέναι), und einen Kreis von Schülern, die zuhören (τοῖς ἀκού­ ουσιν), wie dies der üblichen Praxis entspricht (ὅπερ εἰώθασί τινες ποιεῖν): Man analysiert den Text und reflektiert darüber mit unterschiedlichen Ansichten. Ebenso üblich ist das lobende Urteil der Schüler, was den Aspekt des Stils betrifft, die λέξις, und das die zwei Qualitäten hervorhebt, die offensichtlich primär und zentral sind: ἀκρίβεια und καθαρότης.32 30

Wie insbesondere E. Alexiou: Kommunikation mit dem Publikum, 89–91 hervorhebt. Übersetzung aus K. Brodersen, Ch. Ley Hutton: Isokrates, I 83. Vgl. T. Blank: Logos und Praxis, 452–453. 32 Zu Recht erklärt Sylvia Usener: Isokrates und sein Adressatenkreis. Strategien schrift­ licher Kommunikation, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 18–33, bes. 24, dass Isokrates in diesem Absatz eine Selbstlegitimierung gegenüber Philipp betreibt, welcher der erste und 31

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Doch darüber hinaus wird die Ebene der Argumente deutlich, die einen Gegenstand der Zustimmung und Bewunderung (θαυμά­ζειν) darstellt, die Ebene der τάξις mit ihrer unerschütterlichen und glänzenden Wahrheit (τὴν ἀληθείαν τῶν πραγμάτων). Diese Szene liefert uns somit mit wenigen Andeutungen Kern und Inhalt eines Redeprojekts, von dem nichts weiter überliefert ist.33 Kurz darauf treten die Schüler nochmals mit lauter Stimme in den Vordergrund (17–23), als Isokrates erzählt, wie er ihnen sein neues Redeprojekt präsentiert habe: ein Schreiben, adressiert an Philipp, das nicht nur enkomiastischen, sondern auch protreptischen Charakters ist (18):34 οὕτως ἐξεπλάγησαν μὴ διὰ τὸ γῆρας ἐξεστηκὼς ὦ τοῦ φρονεῖν ὥστ’ ἐτόλμησαν ἐπιπλῆξαί μοι πρότερον οὐκ εἰωθότες τοῦτο ποιεῖν, λέγοντες ὡς ἀτόποις καὶ λίαν ἀνοήτοις ἐπιχειρῶ πράγμασιν· «ὅστις Φιλίππῳ συμβουλεύσοντα λόγον μέλλεις πέμπειν, ὃς […]». Da erschraken sie so sehr, in Sorge, ich sei etwa infolge meines hohen Alters senil geworden, daß sie sogar die Kühnheit besaßen, mir Vorwürfe zu machen, was sie früher nicht zu tun pflegten. Sie behaupteten, ich ließe mich auf abwegige und unüberlegte Dinge ein. Sie hielten mir vor: «Du gedenkst ein Schreiben an Philip­p zu richten, das ihn beraten soll, ihn, der […]».

Die Einwände der Schüler betreffen im Folgenden (18–21) die Angemessenheit, an eine Persönlichkeit von so hohem Rang Ermahnungen zu richten, d.h., trotz ihrer Wertschätzung und Hoffnung erhebt sich seitens der Schüler sogleich Kritik am protreptischen Genre, einem Genre, das dem Adressaten nicht angemessen sei.35 In Form einer Praeteritio lässt direkte Adressat ist, aber auch gegenüber einem weiteren Kreis von Adressaten, an die er sich wendet, wobei er im Folgenden in der gesamten Rede umsichtig zwischen beiden Ebenen hin und her wechselt. 33 Eine Analyse dieser Passage findet sich bei R. Nicolai: Studi su Isocrate, 153. F. Blass: Attische Beredsamkeit, 314–315, kommt zu dem Schluss, dass bei der Ausarbeitung des Philippos, die entgegen den Gewohnheiten des Isokrates in sehr kurzer Zeit erfolgte, viel Material wiederverwendet wurde, das bereits für die nicht mehr verwirklichte Rede über Amphipolis erarbeitet worden war. 34 Übersetzung aus K. Brodersen, Ch. Ley Hutton: Isokrates, I 86. 35 Der Einwand ist in diesem Fall präventiv und betrifft die Gattung der Rede selbst, ein Aspekt, der weit über Einzelbemerkungen zu Details hinausgeht. Vgl. E. Alexiou: Kommunikation mit dem Publikum, 93.

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uns Isokrates dann wissen, dass er mittels eines wahren und eigentlichen Dialogs die Zustimmung seiner Schüler leicht erhalten hat (22):36 Ταῦτ’ ἀκούσας ὡς μὲν τὸ πρῶτον ἐξεπλάγην καὶ πάλιν ὡς ἀναλαβὼν ἐμαυτὸν ἀντεῖπον πρὸς ἕκαστον τῶν ῥηθέντων, παραλείψω, μὴ καὶ δόξω τισὶν λίαν ἀγαπᾶν εἰ χαριέντως αὐτοὺς ἠμυνάμην. Wie ich nun auf diese Worte hin zunächst erschrak und wie ich dann, als ich mich wieder gesammelt hatte, jedem ihrer Einwände entgegnete, will ich übergehen, um nicht bei einigen auch den Eindruck zu erwecken, ich bildete mir etwa­s darauf ein, wenn ich die Angriffe meiner Schüler gekonnt zurückweise.

Vielleicht hat der Verweis auf den Dialog zwischen Lehrer und Schüler eine kompositorische Funktion: Dennoch scheint hinter dem Schleier ehrlicher Worte der Übergang zu essentiellen Argumenten, jedenfalls zu anderen Argumenten, unvermeidlich zu sein und überzeugend.37 Es ist bestimmt kein Zufall, dass Isokrates gleich danach zeigt, dass die Ergebnisse des Schreibens dürftig sind (φαῦλα), dass sie wehrlos das Urteil des Lesers hinnehmen müssen. Zugleich erwähnt er aber andeutungsweise seine Hilfe für die Rede innerhalb der Grenzen, welche die Schriftlichkeit selbst steckt; seine βοήθεια gibt ein schlagendes Beispiel dafür und fügt es in den Text ein.38 Die ständige Präsenz des Aspekts der Schule in der Rede, auch außerhalb der Hauptszenen, trägt im Übrigen dazu bei, die Rolle des Lehrers und des Schülers zu unterstreichen, die in gewisser Weise der Autor, Isokrates, und sein Adressat, Philipp, aufgrund der pro­ treptischen Intention einnehmen.39 Aber eine klare Theoretisierung des Dialogs in der Epideiktik findet sich im ersten Brief (1–4).40 Isokrates bedauert es, nicht persönlich mit 36

Übersetzung aus K. Brodersen, Ch. Ley Hutton: Isokrates, I 87. Nur eine subiectio sieht hier hingegen H.-O. Kröner: Dialog und Rede, 116–118 = 321– 322. Aber es zeigt sich etwas viel Komplexeres als eine schlichte subiectio, d.h. ein rhetorisches Spiel in der Form von Antworten auf Fragen fiktiver Gegner. Vgl. S. Usener: Isokrates und sein Adressatenkreis, 25. 38 Vgl. Michael Erler: Der Sinn der Aporien in den Dialogen Platons (Berlin, New York 1987) 92–103. 39 Vgl. T. Wareh: Theory and Practice of Life, 154–159. 40 Das Wesen des Textes – kein Brief, sondern Proömium einer nie vollendeten Rede – untersucht Juan Signes Codoñer: ¿Ἐπιστολαί o λόγοι? Problemas en torno a las cartas I, VI y IX de Isócrates, in: MD 48 (2002) 77–110. Diskussion der Frage in R. Nicolai: Studi su 37

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Dionysios sprechen zu können, und erklärt, dass in der unmittelbaren συνουσία das Verhältnis zum Adressaten weniger schwierig sei (2–3):41 Οἶδα μὲν οὖν ὅτι τοῖς συμβουλεύειν ἐπιχειροῦσιν πολὺ διαφέρει μὴ διὰ γραμμάτων ποιεῖσθαι τὴν συνουσίαν ἀλλ’ αὐτοὺς πλησιάσαντας, οὐ μόνον ὅτι περὶ τῶν αὐτῶν πραγμάτων ῥᾷον ἄν τις παρὼν πρὸς παρόντα φράσειεν ἢ δι’ ἐπιστολῆς δηλώσειεν, οὐδ’ ὅτι πάντες τοῖς λεγομένοις μᾶλλον ἢ τοῖς γεγραμ­ μένοις πιστεύουσιν, καὶ τῶν μὲν ὡς εἰσηγημάτων, τῶν δ’ ὡς ποιημάτων ποιοῦνται τὴν ἀκρόασιν· ἔτι δὲ πρὸς τούτοις ἐν μὲν ταῖς συνουσίαις, ἢν ἀγνοηθῇ τι τῶν λεγομένων ἢ μὴ πιστευθῇ, παρὼν ὁ τὸν λόγον διεξιὼν ἀμφοτέροις τούτοις ἐπήμυνεν, ἐν δὲ τοῖς ἐπιστελλομένοις καὶ γεγραμμένοις, ἤν τι συμβῇ τοιοῦτον, οὐκ ἔστιν ὁ διορθώσων· ἀπόντος γὰρ τοῦ γράψαντος ἔρημα τοῦ βοηθήσοντός ἐστιν. Freilich weiß ich, daß Leuten, die einen Rat geben wollen, sehr daran liegt, ihre Mitteilung nicht schriftlich zu machen, sondern persönlich zu kommen. Der Grund dafür liegt nicht nur darin, daß es leichter ist, über dieselben Angelegenheiten in einem persönlichen Gespräch zu reden, als sie in einem Brief darzustellen, und auch nicht, daß alle dem gesprochenen Wort mehr Glauben schenken als dem geschriebenen und man sich das gesprochene Wort anhört, als handle es sich um ein literarisches Machwerk, sondern diesen Gründen wäre noch hinzuzufügen: Wenn im persönlichen Gespräch eine Äußerung nicht verstanden wird oder keinen Glauben findet, kann der Vortragende, da er selbst anwesend ist, diesen beiden Problemen abhelfen; wenn dies aber bei einem Sendschreiben oder Brief passiert, ist keiner da, der helfend eingreifen könnte. Ist nämlich der Verfasser nicht anwesend, dann ist auch kein Helfer da.

Die Schriftlichkeit beraubt die Rede des διορθώσων einzelner Punkte, dank der Mündlichkeit ist der Zuhörer hingegen zumeist nicht das Opfer der Regeln einer strengen Form, der Sprecher entwickelt seine Gedanken und passt sie an, wenn es die Umstände erfordern.42 In der Analyse des möglichen Themas, der zu vermeidenden Risiken, in der mühsamen und Isocrate, 125–127 und Robert G. Sullivan: Classical Epistolary Theory and the Letters of Isocrates, in: Carol Poster, Linda C. Mitchell (eds.): Letter-Writing. Manuals and In­ struction from Antiquity to the Present. Historical and Bibliographic Studies (Columbia 2007) 7–21, bes. 12–14. 41 Übersetzung aus K. Brodersen, Ch. Ley Hutton: Isokrates, II 239. 42 Zu Recht verweist Joseph Stewart Garnjobst: The Epistles of Isocrates. A Historical and Grammatical Commentary (Diss. Univ. California at Santa Barbara 2006) 26 auf Platon, Phaidros (275d–e) und auf Alkidamas, Über Leute, die Reden schriftlich abfassen (27–

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geduldigen Suche nach einer Methode kommt der Dialog zum Vorschein, der das engmaschige Gewebe der Epideiktik aufbricht. Wir haben es hier mit einem Prozess zu tun, sein Resultat bietet nichts Festes oder Sicheres. Im Hintergrund steht die παιδεία, ihre ständige Auflösung und Neubildung dank des Beitrags eines jeden Schülers, dank der συνουσία in der Schule, die Isokrates über bestimmte Themen organisiert. Von hier aus entsteht immer stärker der Wunsch, eine Öffnung im Gewebe einer dichten, monotonen Schriftlichkeit zu schaffen, die Meinungen anderer aufzunehmen und zusammen mit den Meinungen die Dynamik des Verhältnisses in der Schule. Es entsteht eine Rhetorik, eine φιλοσοφία, die anpassungsfähig ist und im Prozess der παιδεία aufgeht, in der konkreten Untersuchung des Themas, der Umstände und jedes Adressaten.43 Im Hintergrund stehen die Gefahren der Schriftlichkeit. Isokrates leugnet sie nicht, in gewisser Weise überwindet er sie jedoch, da er dem Dialog einen Platz in der Schriftlichkeit zugesteht und es ihm auf der Grundlage einer neuen literarischen Form, die Spiegel einer neuen παιδεία ist, gelingt, seiner Stimme von außerhalb des Textes Gehör zu verschaffen. Eine langsame Entwicklung erreicht so ihren Höhepunkt. Es ist eine Entwicklung, die die παιδεία und literarische Form betrifft, Rhetorik und Schule, ποιητικὸν πρᾶγμα und Rede. Wenngleich die Öffnung zum Dialog hin bisher vor allem in den Schulszenen sowie in den Reden der letzten Lebensphase zu sehen war, so zeigt doch Isokrates in Wirklichkeit schon ab dem Panegyrikos (1–14 und 187–189) eine neue Tendenz und beurteilt in den Proömien und Schlussteilen die Rede von außen und scheint sie dem Hörer zur Analyse, Untersuchung und Reflexion zu übergeben.44 Mit anderen Worten, er lässt in der Praxis jenes ποιητικὸν 28). Weniger treffend ist die Parallele zu An Demonikos (3–4) und Euagoras (7), die J. H. Collins: Prompts for Participation, 176 zieht. 43 Das wachsame, aktive Verhältnis gegenüber dem Text wird so in den Text übertragen, in sein Gleichgewicht: Vom Text aus geht es weiter, in analoger Weise und in unterschiedlichen Abstufungen, bis in die Seele, in die ψυχή des Lesers. Hier zeigt sich, wenngleich mit offensichtlichen Einschränkungen, eine φιλοσοφία. Von hier aus werden die lobenden Worte, die Platon für Isokrates im Rahmen einer Prophezeiung im Phaidros (278e–279b) äußert, verständlicher. Vgl. Mauro Tulli: Sul rapporto di Platone con Isocrate. Profezia e lode di un lungo impegno letterario, in: Athenaeum 68 (1990) 403–422. 44 Eine detaillierte Analyse der epideiktischen Elemente des Proömiums und des Epilogs in ihren Beziehungen zu Form und Inhalt des Hauptteils der Rede bietet Edmund Buchner:

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πρᾶγμα zum Vorschein kommen, das er in der Rede Gegen die Sophisten (12) vorschlägt. Man braucht lediglich an das umfangreiche, ‘ausufernde’ Proömium der Helena (1–15) zu denken, das fast ein Drittel der gesamten Rede ausmacht, sowie an ihren Schlussteil (67–69), der hingegen kurz, unerwartet und ‘offen’ ist und eine Liste neuer Themen (ἀφορμαί) enthält, die ausführlich zu bearbeiten und zu entwickeln sind (διεργάζεσθαι καὶ μηκύνειν).45 Aber vielleicht kann man auch an das Proömium und den Schlussteil des Busiris (1–9) und der Rede An Nikokles (1–8 und 50–54) denken, die zwar direkt an Polykrates bzw. Nikokles gerichtet sind, aber detailliert spezifische Schulthemen entwickeln und durch das wiederholte Vorkommen des ‘Wir’, der ersten Person Plural, gekennzeichnet sind.46 Wie oben gesehen, ist die Verwendung der ersten Person Plural ein Charakteristikum des Pan­a­the­naikos, sie macht in der gesamten Rede die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler deutlich, die dann im Schluss­ abschnitt in Szene gesetzt wird.47 Aber man kann annehmen, dass in indirekter Weise dieselbe Beziehung und dieselbe Szenerie auch jenem ‘Wir’ zugrunde liegen, das gehäuft in den Proömien und Schlussteilen vieler anderer Reden erscheint. Der Verweis auf den Kreis der τινὲς Der Panegyrikos des Isokrates. Eine historisch-philologische Untersuchung (Wiesbaden 1958) 16–36. Die natürliche Verknüpfung von symbuleutischen und epideiktischen Elementen in beiden Abschnitten unterstreicht Friedrich Seck: Die Komposition des Pan­ egyrikos, in: ders. (Hg.): Isokrates (Darmstadt 1976) 353–370, bes. 353–357. Vgl. Stephen Usher: Isocrates. Panegyricus and To Nicocles (Warminster 1990) 19 und 149–159. 45 In den Themen des Proömiums sieht Sandra Zajonz: Isokrates’ Enkomion auf Helena. Ein Kommentar (Göttingen 2002) 38–57 zu Recht einen wichtigen Schlüssel zur Analyse der gesamten Rede. Das Proömium der Helena ist auch deshalb ein wertvolles Dokument, da Isokrates dort auch das Bild anderer intellektueller Strömungen, die zwischen dem 5. und 4. Jahrhundert an der Ausbildung des Bürgers beteiligt waren, und ihr Verhältnis zu seiner eigenen Schule skizziert. Vgl. Mauro Tulli: Isocrate storico del pensiero. Antistene, Platone, gli eristi nell’Encomio di Elena, in: Livio Rossetti, Alessandro Stavru (a cura di): Socratica 2005. Studi sulla letteratura socratica antica (Bari 2008) 91– 105. 46 Darüber diskutieren Niall Livingstone: A Commentary on Isocrates’ Busiris (Leiden, Boston, Köln 2001) 91–114 und 182–196, S. Usher: Isocrates, 202–205 und 215–216. Vgl. auch Terry L. Papillon: Rhetoric, Art, and Myth. Isocrates and Busiris, in: Cecil W. Wooten (ed.): The Orator in Action and Theory in Greece and Rome. Essays in Honor of George A. Kennedy (Leiden, Boston, Köln 2001) 73–93, bes. 73–75. 47 Vgl. oben, 113 und P. Roth: Panathenaikos, 217.

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ἀκούσαντες ist im Übrigen durchgehend zu finden. Gemeint ist damit eher der Isokrates nahestehende und in der Schule anwesende Kreis als eine außenstehende Gruppe unbestimmter Zuhörer. Dasselbe trifft natürlich auch auf die umfassenden Reflexionen zu, die am Anfang und Ende des Euagoras (1–11 und 73–81) stehen, zu Beginn eine wahrhaft programmatische Erklärung, die dafür argumentiert, die enkomiastische Dichtung durch die epideiktische Prosa zu ersetzen, am Ende eine solche, die die Transformation der epideiktischen Rede in einen Protreptikos propagiert. Man kann sich unschwer vorstellen, dass es sich in beiden Fällen um programmatische Konzepte handelt, die im Rahmen der Schule entwickelt und ihrerseits der Schule als rhetorisches Paradigma zur Verfügung gestellt wurden.48 Während alle diese Ausführungen für die praktische Ebene gelten, zeichnet sich auf der theoretischen Ebene, bei der Analyse des zu wählenden Themas und der zu vermeidenden Risiken, bei der schwierigen und geduldigen Suche nach einer ‘offenen’ Methode für die Epideiktik, die neue παιδεία bereits seit der Rede Gegen die Sophisten (12) deutlich ab. Isokrates erklärt hier, dass einige Lehrer, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, als zu imitierendes Beispiel (παράδειγμα) eine τεταγμένη τέχνη für ein ποιητικὸν πρᾶγμα liefern. Wenn τεταγμένη τέχνη nicht nur als eine festgelegte Methode oder Gesamtheit vorgegebener Regeln, sondern als ein wirkliches geschriebenes Handbuch zu verstehen ist, scheint die Haltung des Isokrates gegen diese Form der Wissensvermittlung sehr deutlich zu sein.49 Und doch wurde, ausgehend von den erstmals von Spengel in seiner Συναγωγὴ τεχνῶν gesammelten Zeugnissen, das Pro­ blem einer τέχνη, eines Handbuchs der Rhetorik, das Isokrates angeblich 48

Vgl. Maddalena Vallozza: Entre poésie et histoire. Aristote, Poétique 1451a36–b11, et l’Évagoras d’Isocrate, in: Annie Hourcade, René Lefebvre (éd.): Aristote. Rationalités (Rouen 2011) 135–152 und Claudia Brunello: La verità supera la meraviglia. Poesia e prosa a confronto nell’Evagora di Isocrate, in: Prometheus 39 (2013) 69–86 sowie Evanghelos Alexiou: The Rhetoric of Isocrates Evagoras. History, Ethics and Politics, in: Christian Bouchet, Pascale Giovannelli-Jouanna (éd.): Isocrate. Entre jeu rhétorique et enjeux politiques (Lyon 2015) 47–57, hier: 48–49. 49 Dies diskutiert Philipp Böhme: Isokrates. Gegen die Sophisten. Ein Kommentar (Berlin, Münster 2009) 141–142, der zu Recht darauf hinweist, dass bei Isokrates ποιητικός erst wieder in der Antidosis (47) erscheint.

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für die Schule geschrieben habe und das später verloren gegangen sei, wiederholt von der modernen Forschung behandelt.50 Neuere Studien51 sind einer Ansicht gefolgt, die schon in der älteren Forschung zu finden ist,52 und haben erneut seine Historizität postuliert, während der Großteil der Forschung aufgrund der vorhandenen Zeugnisse eher dazu tendiert, diese zu leugnen.53 Dass dieses Handbuch nie existiert hat, erscheint noch deutlicher im Lichte jener παιδεία, wie sie oben nachgezeichnet wurde, welche die Epi­ deiktik dem Dialog öffnet: ein Konzept, das nicht mit der bloßen Darlegung von Regeln in einem Handbuch vereinbar zu sein scheint. Geht man davon aus, ist das ποιητικὸν πρᾶγμα, der Vorschlag einer παιδεία anstelle des Handbuchs, die Alternative der Schule von Isokrates, eine flexible Form der Wissensvermittlung, welche durch die Beziehung zwischen Leh50

Nach Leonhard Spengel: Συναγωγὴ τεχνῶν, sive Artium Scriptores ab initiis usque ad editos Aristotelis de rhetorica libros (Stuttgart 1828) 154–172 findet sich eine Sammlung der Zeugnisse in Michael Sheehan: De fide Artis Rhetoricae Isocrati tributae (Bonn 1901) und Ludwig Radermacher: Artium Scriptores. Reste der voraristotelischen Rhetorik (Wien 1951) 153–163. Eine ausgewogene Zusammenfassung bietet George Mathieu: Fragments, in: George Mathieu, Émile Brémond (éd.): Isocrate, IV (Paris 1962) 228–234. Vgl. Kai Brodersen: Zum Stand der Forschung über die Isokrates-Fragmente, in: Wolfgang Orth (Hg.): Isokrates. Neue Ansätze zur Bewertung eines politischen Schriftstellers (Trier 2003) 169–174, hier: 171–172 und T. Blank: Logos und Praxis, 68–71. 51 Insbesondere Terry L. Papillon: Isocrates’ Techne and Rhetorical Pedagogy, in: RSQ 25 (1995) 149–163 und Jeffrey Walker: The Genuine Teachers of this Art. Rhetorical Education in Antiquity (Columbia 2011) 57–90 und 91–155 sowie Maria T. Luzzatto: I se­ greti della techne. Isocrate nella dossografia aristotelica, in: BollClass 34 (2013) 3–34; dagegen M. Pinto: L’école d’Isocrate, 326. 52 Vgl. z.B. Hermann Sauppe: Fragmenta Oratorum Atticorum, in: Iohann Georg Baiter, Hermann Sauppe (ed.): Oratores Attici, II 2 (Zürich 1850) 224–226 und Georg Thiele: Das Lehrbuch des Isokrates, in: Hermes 27 (1892) 11–21. 53 Für das Studium der Zeugnisse ist weiterhin grundlegend Karl Barwick: Das Problem der isokrateischen Techne, in: Philologus 107 (1963) 43–60, ND in: Friedrich Seck (Hg.): Isokrates (Darmstadt 1976) 275–295. Die Nachricht von der Existenz einer τέχνη kam sicherlich als Folge des peripatetischen Biographismus in die Überlieferung über Iso­krates. Sie ist auf Hermippos zurückzuführen, der zwei Arbeiten über Isokrates geschrieben hat: Περὶ Ἰσοκράτους in einem Buch (T 14, F 42–44 Bollansée) und Περὶ τῶν Ἰσο­κράτους μαθητῶν in mindestens zwei Büchern (T 15, F 45–54 Bollansée). Vgl. Maddalena Vallozza: Isocrate. παίδεια e τέχνη nell’Atene del IV secolo, in: Mario Capasso (a cura di): Cinque incontri sulla Cultura Classica (Lecce 2015) 157–168.

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rer und Schüler in positiver Weise genährt wird. Wenn man im Hinblick auf die bisherigen Ausführungen noch einen Schritt weiter gehen will, so ist das ποιητικὸν πρᾶγμα als ein Prozess des Rhetorikunterrichts zu sehen, der im Dialog innerhalb der Schule lebt und eine dynamische und inter­aktive Lehre darstellt. So verstanden, findet diese Verbindung in erster Linie in den sogenannten Schulszenen Rückhalt, aber auch in all jenen Passagen, in denen Isokrates, wie wir gesehen haben, mittels verschiedener Signale in der Rede zeigt, dass diese Form der kollektiven Reflexion über die Rede in der Schule praktiziert wird. Er zeigt sich also in seiner Funktion als Redner und Lehrer gleichzeitig als Redner und Philosoph.

Literarische Strategien bei Aristoteles SABINE FÖLLINGER

Ein Beitrag über Aristoteles scheint im Rahmen einer Tagung «philo­ sophus orator» merkwürdig zu sein. Denn die Dialoge, denen Olympiodor Kunstfertigkeit und Charme attestierte,1 sind verloren. Erhalten sind die Wissenschaftsschriften, die Pragmatien. Aber deren literarischem Charakter stellte die moderne Forschung in der Regel ein schlechtes Zeugnis aus.2 Sie seien «überhaupt nicht Literatur», urteilte Werner Jaeger.3 Ingemar Düring nannte sie «unliterarische Prosa».4 Den Prototyp des schmucklosen, abstrakten und emotionslosen Wissenschaftsstils wollte Holger Thesleff5 in ihnen erkennen.6 Mit der Auffassung, der Duk1 2 3 4

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Olymp. Proleg. log. CAG XII 1 p. 11, 14–15: ἐν δὲ τοῖς διαλογικοῖς ὡραῖος, μεστὸς χαρί­ των, οὐκ ἐνδεής, ποικίλος ἐν ταῖς μιμήσεσιν. Vgl. Eckart Schütrumpf: Form und Stil aristotelischer Pragmatien, in: Philologus 133 (1989) 177–191. Werner Jaeger: Studien zur Entstehungsgeschichte der Metaphysik des Aristoteles (Berlin 1912) 133. Ingmar Düring: Aristoteles (Heidelberg 1966) 555. Vgl. Paul Moraux: Der Aristotelismus bei den Griechen, I (Berlin 1973) 7: Die Pragmatien seien von einem «fast abso­ lute(n) Mangel an literarischen Ansprüchen» geprägt. Holger Thesleff: Scientific and Technical Style in Early Greek Prose, in: Arctos 4 (1966) 89–113. Als Charakteristikum eines sog. objektiven Stils gilt eine nicht oder kaum direkt erfolgende Ansprache des Gegenübers. So verwendet Aristoteles selten die 2. Pers. Sg., außer in der Rhetorik; vgl. hierzu Philip van der Eijk: Towards a Rhetoric of Ancient Scientific Discourse. Some Formal Characteristics of Greek Medical and Philosophical Texts (Hippocratic Corpus, Aristotle), in: Egbert J. Bakker (ed.): Grammar as Interpretation. Greek Literature in its Linguistic Contexts (Leiden, New York 1997) 77–129, hier: 118; Ralf Lengen: Form und Funktion der aristotelischen Pragmatie (Stuttgart 2002) 166. Auch der Wir-Stil, statt des etwa in früher wissenschaftlicher Prosa anzutreffenden Ich-Stils,

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tus der Schriften sei nur mit ihrer Verortung im Schulbetrieb zu erklären, setzte sich die Meinung durch, die aristotelischen Werke seien Vor­ lesungsmanuskripte, die nicht zur Herausgabe gedacht gewesen seien. Damit war das Todesurteil über mögliche literarische Ambitionen des Stagiriten gefällt. Auch die vereinzelten Hinweise auf ausgefeilte Passagen, zum Teil von denselben Forschern stammend, die Aristoteles’ Schriften einen literarischen Charakter absprachen, führten nicht zu einer Modifikation, wie Eckart Schütrumpf in seiner wegweisenden Studie hervorhob.7 Dagegen kommen vereinzelte Studien zu dem Ergebnis,8 dass die Etikettierung der Pragmatien als Vorlesungsmanuskripte problematisch ist, weil sichere Kriterien, was ein Vorlesungsmanuskript ausmacht, fehlen. Es bleibt letztendlich unklar, «welche formale Qualität dies hat, wie sehr es stilistisch ausgearbeitet war oder nicht war».9 Wie sehr ein solches Label von subjektiven Erwartungen an den Charakter eines Vorlesungs­ manuskripts geprägt ist, macht das Urteil spätantiker Kommentatoren deutlich. Denn Simplikios und Olympiodor hielten die meisten Pragmatien für συντάγματα, also ausgearbeitete Schriften.10 Es kommt hinzu, dass ‘Herausgeben’ im antiken Sinn nicht mit ‘Publizieren’ im heutigen Verständnis gleichzusetzen ist. So war bereits das Vorlesen eines ausgearbeiteten Textes eine ‘Herausgabe’.11 Den Einsatz rhetorischer Stilmittel, der ihrer Verwendung in zeitgenössischer Kunstprosa entspricht, demonstriert Schütrumpf am Beispiel von Politik III. Einzelne Beobachtungen zum Stil werden durch Analysen

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kann als Zeichen eines ‘objektiven Stils’ betrachtet werden. So vermeidet Aristoteles fast völlig das Sprechen in der 1. Pers. Sg. Dagegen benutzt er dort, wo es um die Polemik gegen andere und die Betonung der eigenen Meinung geht, die Wir-Form, die Autor und Rezipient einschließt. Sie dient dann einem Konsensappell (Markus Asper: Griechische Wissenschaftstexte. Formen, Funktionen, Differenzierungsgeschichten [Stuttgart 2007] 128 Anm. 242). E. Schütrumpf: Form und Stil. Ebd.; P. van der Eijk: Ancient Scientific Discourse. E. Schütrumpf: Form und Stil, 180. Zu den συντάγματα gehörten die ἐξωτερικοί, also die Dialoge, und die αὐτοπρόσωπα – die auch als ἀκροαματικά bezeichnet wurden –, das heißt: Schriften, in denen Aristoteles in eigener Person sprach. Vgl. hierzu E. Schütrumpf: Form und Stil, 187–189. Vgl. Theodor Birt: Das antike Buchwesen in seinem Verhältnis zur Literatur (Berlin 1882) 437 Anm. 2, zitiert bei E. Schütrumpf: Form und Stil, 180 Anm. 27.

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der Darstellungsform aristotelischer Pragmatien ergänzt.12 Auf der Basis dieser exemplarischen Studien gelangte Ralf Lengen13 zu dem Ergebnis, dass die Nikomachische Ethik, aber auch die biologische Schrift De par­ tibus animalium problemorientiert sind und einen stärker diskursiven Duktus haben; demgegenüber weist die Rhetorik eine systematischere, zum Nachschlagen durch den Leser geeignete Darstellungsform auf. Für die Parva Naturalia konnte Philip van der Eijk zeigen, dass Aristoteles in De insomniis mehr theoretisch-induktiv, in De divinatione per somnum eher dialektisch verfährt.14 Insgesamt also ist der Terminus ‘Vorlesungsmanuskript’ zu vage und sollte nicht mehr umfassend für die aristotelischen Pragmatien verwandt werden.15 Dagegen sind detaillierte und differenzierte Untersuchungen der Darstellungsweise einzelner Schriften gefragt. Dabei ist auch an der Beobachtung anzusetzen, dass Argumentationsform und Stil sich nicht nur von Pragmatie zu Pragmatie unterscheiden, sondern ein Werk in sich heterogen sein kann.16 Auf der Basis solch umfassender Untersuchungen wird man wohl mehr Aufschluss über den jeweiligen ‘Sitz im Leben’ erhalten können.17 12

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Franz Dirlmeier: Merkwürdige Zitate in der Eudemischen Ethik des Aristoteles (Heidelberg 1962); Sabine Föllinger: Mündlichkeit in der Schriftlichkeit als Ausdruck wissenschaftlicher Methode bei Aristoteles, in: Wolfgang Kullmann, Jochen Althoff (Hg.): Vermittlung und Tradierung von Wissen in der griechischen Kultur (Tübingen 1993) 263–280. R. Lengen: Form und Funktion. Philip van der Eijk: Aristoteles. De insomniis, De divinatione per somnum. Übersetzt und erläutert (Berlin 1994) 46–47, 53, 65–66. Die Verwendung von Formeln wie εἴπομεν, εἴρηται und ἐροῦμεν sind kein Beweis dafür, dass auf einen mündlichen Vortrag verwiesen wird, weil Aristoteles sie auch einsetzt, um sich damit auf «edierte(n) Schriften» zu beziehen (E. Schütrumpf: Form und Stil, 182). Vgl. Hellmut Flashar, Uwe Dubielzig, Barbara Breitenberger: Aristoteles. Fragmente zu Philosophie, Rhetorik, Poetik, Dichtung. Übersetzt und erläutert (Berlin 2006) 116–117. So ist eine immanente Dialogizität nicht unbedingt ein Zeichen für einen mündlichen Kontext, sondern sagt eher etwas über den Weg des Erkenntnisgewinns und die Weise seiner Vermittlung aus (S. Föllinger: Mündlichkeit in der Schriftlichkeit). Vgl. Wolfgang Kullmann: Aristoteles. Über die Teile der Lebewesen. Übersetzt und erläutert (Berlin 2007) 133–138, der aufgrund des elaborierten Charakters von De partibus animalium I vermutet, dass die biologischen Werke zwar für unmittelbare Hörer gedacht waren,

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Im Folgenden soll exemplarisch gezeigt werden, dass Aristoteles auch in seinen Pragmatien ‘literarischen Strategien’ offensichtlich mehr Bedeutung zumaß, als man lange annahm. Dabei verstehe ich unter ‘literarischer Strategie’ die gezielte rhetorische Gestaltung eines Textes, die von einer auf Kunstmittel verzichtenden schlichten Präsentation des Wissens zu unterscheiden ist. Für die Frage, welche Position Aristoteles selbst zum Verhältnis von wissenschaftlicher Darstellung und Rhetorik einnahm, ist ein jüngst erschienener Beitrag von Christof Rapp weiterführend.18 Er bezieht Aristoteles’ Überlegungen zu lexis und taxis in Rhetorik III auch auf philosophische Darstellungen. In deren Mittelpunkt steht die «kogni­tive(n) Wirkung der Gestaltungsmittel»,19 wobei das Kriterium der Klarheit das bedeutendste ist. Klarheit strebt Aristoteles auch in der Philo­sophie an. Doch – so Rapp – der Unterschied besteht darin, dass die Anforderungen, die Aristoteles an die in der Philosophie verfolgte Klarheit stellt, höher als in der Rhetorik sind. Dies bedeutet, dass wissenschaftliche Texte nicht klar im Sinne möglichster Einfachheit sein können, sondern eine bestimmte didaktische Ordnung einhalten müssen.20 Auch die «Explizitheit» ist ein wichtiges Kriterium,21 weil Mehrdeutigkeiten vermieden werden sollen, etwa durch Definitionen. Deshalb ist die Metapher auch nur bedingt im wissenschaftlichen Kontext brauchbar, da sie nicht eindeutig ist.22 Angesichts dieser Anforderungen, die Aristoteles an philosophische Darstellungsweise stellt, ist der Einsatz von Metaphern, Vergleichen, nar-

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wofür auch der knappe Stil spreche, dass aber Aristoteles sie gleichzeitig für «ein weiteres abstraktes Publikum und für die Nachwelt» verfasste (137). Christof Rapp: Sprachliche Gestaltung und philosophische Klarheit bei Aristoteles, in: Michael Erler, Jan E. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form in antiker Philo­ sophie (Berlin 2013) 283–303. C. Rapp: Sprachliche Gestaltung, 286. Ebd., 300. In manchen Partien der aristotelischen Pragmatien dient meines Erachtens die Darstellung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auch dazu, den Weg der Erkenntnisgewinnung widerzuspiegeln (S. Föllinger: Mündlichkeit in der Schriftlichkeit, passim). Siehe auch Sabine Föllinger: Aristotle’s Biological Works as Scientific Literature, in: SHPS 43/2 (2012) 237–244. Hier vertrete ich die These, dass der diskursive Stil eine Möglichkeit ist, im Medium der Schrift eine ‘Ordnung des Wissens’ herzustellen. C. Rapp: Sprachliche Gestaltung, 300–301. Ebd., 302.

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rativen Elementen, Dichterzitaten und eines hervorgehobenen Stils innerhalb seiner eigenen Werke auffallend und wirft die Frage auf, was Aristoteles mit ihm bezweckte und welche Schlussfolgerungen man daraus auf den Charakter der jeweiligen Pragmatie bzw. der jeweiligen Ausführungen und der intendierten Adressaten ziehen kann.

Beispiele ‘literarischer Strategien’ 1. Dichterzitate Immer wieder flicht Aristoteles Dichterzitate in den Text ein, so etwa in Politik I 2, 1253a1–7. Hier erläutert er die Genese des Staates und beruft sich in diesem Zusammenhang auf Homer: ἐκ τούτων οὖν φανερὸν ὅτι τῶν φύσει ἡ πόλις ἐστί, καὶ ὅτι ὁ ἄνθρωπος φύσει πολιτικὸν ζῷον, καὶ ὁ ἄπολις διὰ φύσιν καὶ οὐ διὰ τύχην ἤτοι φαῦλός ἐστιν, ἢ κρείττων ἢ ἄνθρωπος· ὥσπερ καὶ ὁ ὑφ’ Ὁμήρου λοιδορηθεὶς «ἀφρήτωρ ἀθέμισ­ τος ἀνέστιος»· ἅμα γὰρ φύσει τοιοῦτος καὶ πολέμου ἐπιθυμητής, ἅτε περ ἄζυξ ὢν ὥσπερ ἐν πεττοῖς. Daraus geht nun klar hervor, daß der Staat zu den Dingen zu zählen ist, die von Natur sind, und daß der Mensch nach (der Bestimmung) der Natur ein Lebewesen ist, das zum staatlichen Verband gehört, und daß derjenige, der aufgrund seiner Natur, und nicht durch eine Schicksalsfügung, außerhalb des staatlichen Verbandes steht, entweder minderwertig – oder übermenschlich – ist, wie derjenige, der von Homer geschmäht wurde: «ohne Geschlechterverband, ohne Recht, ohne Herd». Denn wer von Natur so ist, der sucht zugleich Streit, da er ohne Verbindung dasteht wie (ein Stein) auf dem Spielbrett.23

An der Referenzstelle der Ilias (IX 63–64)24 bringt Nestor zum Ausdruck, dass derjenige, der nach «Krieg im eigenen Volk» (πόλεμος ἐπι­ δήμιος) strebe, sich selbst von der Gemeinschaft distanziere.25 Seine In23

Übersetzung von Eckart Schütrumpf: Aristoteles. Politik, Buch I. Über die Hausverwaltung und die Herrschaft des Herrn über Sklaven. Übersetzt und erläutert (Berlin 1991). Kursivierungen von mir. 24 ἀφρήτωρ ἀθέμιστος ἀνέστιός ἐστιν ἐκεῖνος / ὃς πολέμου ἔραται ἐπιδημίου ὀκρυόεντος. 25 Vgl. E. Schütrumpf: Politik I, 210: «Ar. mußte Voraussetzung und Folgerung vertauschen, da er eine Aussage über den Menschen, der sich außerhalb der Gemeinschaft stellt, treffen wollte.»

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tention ist es, vor einem möglichen Dissens zwischen Agamemnon und den anderen Griechen zu warnen. Aristoteles zitiert selektiv und dreht dabei die Argumentation um: Derjenige, der isoliert lebt, sucht Streit. Welche Funktion hat die Reminiszenz an Homer? Das Zitat stellt kein Argu­ment auf der sachlichen Ebene dar. Es bildet weder ein Element in einem Beweisgang noch ist es Teil einer Doxographie. Aber es untermauert Aristoteles’ Anschauung, dass das Leben in Gemeinschaft ein naturgegebenes Element sei, aus drei Gründen: Erstens wird Homer namentlich genannt, dadurch wird ‘Autorität’ für die aristotelische Anschauung evoziert. Zweitens erweckt die Passage durch den hexametrischen Vers und die drei­ fache Alliteration Aufmerksamkeit. Diesen ästhetischen Aspekt verstärkt die Wendung ὥσπερ ἐν πεττοῖς, die vermutlich ebenfalls ein Dichterzitat (Eur. Suppl. 409–410) darstellt. In Verbindung mit ἄζυξ bezeichnet es wohl die monomane Isolierung dessen, der in keinem Verband lebt.26 Drittens erfüllt der Ausdruck «wie (ein Stein) auf dem Spielbrett» die Funktion eines Vergleichs. Dieser ist nach Rhetorik III 10–11 eine Unterform der Metapher.27 Ihr schreibt Aristoteles in rhetorischen Zusammenhängen eine kognitive Funktion zu. Denn sie ist gleichzeitig verfremdend und klar. Dadurch, dass der Rezipient die Gemeinsamkeit erkennt, erzielt er einen ‘Lerneffekt’.28 In unserem Beispiel bringt der Vergleich nichts Neues, er hat keine wissenschaftliche Bedeutung, sondern dient der Verstärkung. Ähnlich ist das Zitatenkonglomerat in der Nikomachischen Ethik VII 7 zu werten. Den Ausgangspunkt bildet der Beweis, dass der Zorn ein weniger schlimmer Affekt als die Begierde sei. Philosophisch begründet Aristoteles diese These damit, dass der Zorn mehr Anteil an der Reflexion 26

Zur Diskussion der Stelle vgl. ebd. I, 210–211. Vgl. Christof Rapp: Aristoteles. Rhetorik. Übersetzt und erläutert (Berlin 2002) 922: «Der Unterschied zwischen Metaphern und Gleichnissen wird auf zwei unterschied­ liche Weisen bestimmt; nach der einen Bestimmung unterscheidet sich das Gleichnis von der Metapher nur durch das Wort ‘wie’ oder ein ähnliches Vergleichswort […]. Nach der zweiten Bestimmung fehlt der Metapher im Unterschied zum Gleichnis ein ‘λόγος’ (1407a13–14), was man wohl am besten als ‘Erklärung’ […] und dies wiederum am besten im Sinne des tertium comparationis versteht: das Gleichnis nennt eine Gemeinsamkeit ausdrücklich, die die Metapher nur voraussetzt oder den Rezipienten erschließen läßt.» 28 Vgl. ebd., 926. 27

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habe. Dann führt er zur Illustration ein Beispiel an.29 Dass man die Begierde verurteilen müsse, begründet er hingegen mit Dichterzitaten, wie folgt (Eth. Nic. VII 7, 1149b13–18): ἔτι ἀδικώτεροι οἱ ἐπιβουλότεροι. ὁ μὲν οὖν θυμώδης οὐκ ἐπίβουλος, οὐδ’ ὁ θυμός, ἀλλὰ φανερός· ἡ δ’ ἐπιθυμία, καθάπερ τὴν Ἀφροδίτην φασίν· «δολοπλόκου γὰρ κυπρογενοῦς·» καὶ τὸν κεστὸν ἱμάντα Ὅμηρος· «πάρφασις, ἥ τ’ ἔκλεψε νόον πύκα περ φρονέοντος.» Ferner: je verschlagener ein Mensch ist, desto mehr ist er im Unrecht. Nun ist aber der Leichterregbare nicht verschlagen und auch der Zorn selbst ist nicht hinterhältig, sondern offen. Die Begierde aber ist wie Aphrodite, von der es heißt: «listenwebende Tochter von Kypros» und von deren gesticktem Gürtel Homer (rühmt, es sei in ihn gewoben) «Holdes, berückendes Wort, das den festesten Sinn überwältigt».30

Aristoteles verbindet hier eine wohl einem Gedicht Sapphos entstammende31 Formulierung mit einem Vers aus der Ilias.32 Er ist Teil der berühmten Erzählung, wie Hera gegenüber Zeus eine Liebeslist anwandte und sich dafür Aphrodites Zaubergürtel ausborgte. Durch die Integration der metrischen Form in den Prosatext wird ein ästhetischer Effekt erzielt und Aufmerksamkeit erregt. Mit der namentlichen Nennung Homers gewinnt das Beispiel autoritativen Charakter. Vor allem aber wird, vergleichbar mit dem im Vorhergehenden angeführten Exemplum des Vaterprüglers,33 ein Verständnishorizont aufgerufen, der Autor und Rezipienten gemeinsam ist. Denn die Erzählung von der Liebeslist war Allgemeingut und kann wohl als locus classicus für erotische List bezeichnet werden. Die Durchbrechung der Prosa durch das Versmaß, die Häufung der Wörter, die auf Eros, List und den Verlust des klaren Denkens hinweisen, evozieren auf allen Ebenen den Bereich des Erotischen. Diese literarische Gestaltung trägt aber nichts Neues zu der von Aristoteles im Vorher­ 29

Dazu unten, S. 136–137. Übersetzung von Franz Dirlmeier: Aristoteles. Nikomachische Ethik. Übersetzt und kommentiert (Berlin 91991). Kursivierung von mir. 31 Fr. 156 Diehl2. Vgl. F. Dirlmeier: Aristoteles. Nikomachische Ethik, 487. 32 Hom. Il. XIV 217. 33 Dazu unten, S. 136–137. 30

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gehenden gegebenen philosophischen Begründung der Minderwertigkeit der Begierde bei. Aber sie untermauert durch die suggestive Rhetorik das Gesagte und spricht auch Rezipienten an, denen die Ausführungen auf der Sachebene eher fremd sind. 2. Narrative Elemente/Exempla Eine andere von Aristoteles gerne verwandte literarische Strategie besteht in narrativen Elementen, wie sie Exempla bieten. Hierzu gehört die berühmte Anekdote über die ökonomische Expertise des Philosophen Thales in Politik I 11.34 Thales habe sich, so die Erzählung,35 gegen den Vorwurf verteidigen müssen, dass er so arm sei, weil Philosophie keinen praktischen Nutzen biete. Da habe er, als er aufgrund seiner astronomischen Kenntnisse eine große Olivenernte vorhersehen konnte, im Winter Olivenpressen zu einem Tiefpreis erworben und, als die Ernte kam, zu seinen Bedingungen verkauft. Warum erzählt Aristoteles diese Geschichte? Seine Begründung lautet, dass diejenigen, die sich mit der Gewinnseite der Ökonomie, also der Chrematistik, beschäftigen wollten, sich auch Einzelbeispiele zu Herzen nehmen sollten, denn man könne aus diesen einiges lernen (I 11, 1259a3–8): ἔτι δὲ καὶ τὰ λεγόμενα σποράδην, δι’ ὧν ἐπιτετυχήκασιν ἔνιοι χρηματιζόμενοι, δεῖ συλλέγειν. πάντα γὰρ ὠφέλιμα ταῦτ’ ἐστὶ τοῖς τιμῶσι τὴν χρηματιστικήν, οἷον καὶ τὸ Θάλεω τοῦ Μιλησίου· τοῦτο γάρ ἐστι κατανόημά τι χρηματιστικόν, ἀλλ’ ἐκείνῳ μὲν διὰ τὴν σοφίαν προσάπτουσι, τυγχάνει δὲ καθόλου τι ὄν. Außerdem muß man die verstreuten Äußerungen über die Mittel, durch die einige Leute bei ihrer Erwerbstätigkeit erfolgreich waren, zusammenfassen. Denn für alle, bei denen sich Besitzerwerb hoher Wertschätzung erfreut, ist dies alles nützlich, zum Beispiel auch die Geschichte über Thales von Milet. Denn diese enthält eine für den Besitzerwerb brauchbare Einsicht; man schreibt sie Thales wegen seiner Weisheit zu, doch gibt sie eine allgemeingültige Einsicht wieder.

Im Anschluss an die narrative Passage erfolgt eine entsprechende Nutzanwendung (I 11, 1259a18–21):

34 Dass Politik I eine Einheit darstellt und die Kapitel 8–11 nicht, wie angenommen, einen 35

Nachtrag bilden, kann E. Schütrumpf: Form und Stil, glaubhaft machen. Aristot. Pol. I 11, 1259a3–23.

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Θαλῆς μὲν οὖν λέγεται τοῦτον τὸν τρόπον ἐπίδειξιν ποιήσασθαι τῆς σοφίας· ἔστι δ’, ὥσπερ εἴπομεν, καθόλου τὸ τοιοῦτον χρηματιστικόν, ἐάν τις δύνηται μονο­ πωλίαν αὑτῷ κατασκευάζειν. Thales soll so einen Beweis seiner Weisheit gegeben haben. Ein solches Vor­gehen, nämlich wenn es jemand gelingt, sich ein Monopol zu sichern, ist aber, wie wir sagten, allgemein eine gewinnbringende Methode.36

Das Beispiel soll einen Beweis für eine generelle Aussage bieten. Denn die allgemeine Erkenntnis, die Thales’ Vorgehen repräsentiert, besteht dar­in, dass der Preis die Nachfrage bestimmt und man durch die Ausnutzung eines Preistiefs das Angebot steuern und so ein Monopol bilden kann.37 Diese Verfahren eignen sich, so Aristoteles, für Chrematistik sowohl im privaten als auch im staatlichen Bereich. Der ursprüngliche Zweck der Anekdote dürfte, wie der Duktus zeigt, darin gelegen haben, zu zeigen, dass die Philosophie, entgegen der landläufigen Meinung, auch praktischen Nutzen erzielen kann, dies aber nicht ihr Ziel ist. Aristoteles benutzt sie aber als Beleg einer geglückten Monopolbildung, und die Formulierungen (οἷον = zum Beispiel; καθόλου τι ὄν = allgemein; καθόλου = allgemein) verweisen explizit auf ihren induktiven Charakter. Ihre Funktion kann man darum mehrfach bestimmen: Sie ersetzt die abstrakte Formulierung eines ökonomischen Gesetzes, bildet also, im Unterschied zu dem unten zitierten Beispiel des Vaterprüglers, einen Beweis auf inhaltlicher Ebene. Gleichzeitig bietet sie Auflockerung im Anschluss an die vorhergehende eher trockene Passage über unterschiedliche Formen der Erwerbskunst. Darüber hinaus aber schwingt ihre ursprüngliche Intention hintergründig mit: Ein Philosoph erweist sich als πρῶτος εὑερτής der Monopolbildung und demonstriert damit die Überlegenheit der Philosophie, die in der Lage ist, erfolgreich und sozusagen ‘nebenbei’ auch solche Dinge zu tun, die gar nicht ihr Ziel darstellen. Damit aber kann Aristoteles unter der Hand seine eigentliche Anschauung von der Minderwertigkeit der Chrematistik vermitteln. Der Unterhaltungswert der Anekdote liegt in ihrem versteckten Humor. Dazu

36 37

Übersetzung von E. Schütrumpf: Politik. Kursivierungen von mir. Vgl. ebd., 362.

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war Thales die geeignete Figur, weil er auch in der Komödie38 als Inbegriff eines klugen und weisen Mannes galt. Möglicherweise ebenfalls witzig gemeint ist eine weitere Anekdote, die sich in der Nikomachischen Ethik (VII 7) findet. Aristoteles erläutert, war­um mangelnde Beherrschung (akrasía), die dem Zorn entspringt, weniger zu verurteilen sei als eine aus Lust resultierende Unbeherrschtheit. Seine Begründung lautet, dass im Unterschied zur Lust beim Zorn ein Urteil und damit mehr Anteil an Rationalität vorliege (VII 7, 1149b1–2: ὁ μὲν θυμὸς ἀκολουθεῖ τῷ λόγῳ πως, ἡ δ’ ἐπιθυμία οὔ). Diesem Sachargument lässt der Autor eine weitere Begründung folgen, die er, wie auch sonst oft bei Parallelargumenten, mit ἔτι («außerdem») einleitet: Man habe allgemein mehr Verständnis für natürliche Bestrebungen (φυσικαὶ ὀρέξεις) und für Begierden, die allgemein verbreitet seien (ἐπιθυμίαι κοιναί), und in diese Gruppe sei auch der Zorn zu rechnen (VII 7, 1149b4–8; Übersetzung Dirlmeier): ἔτι ταῖς φυσικαῖς μᾶλλον συγγνώμη ἀκολουθεῖν ὀρέξεσιν, ἐπεὶ καὶ ἐπιθυμίαις ταῖς τοιαύταις μᾶλλον ὅσαι κοιναὶ πᾶσι, καὶ ἐφ’ ὅσον κοιναί· ὁ δὲ θυμὸς φυσικώτερον καὶ ἡ χαλεπότης τῶν ἐπιθυμιῶν τῶν τῆς ὑπερβολῆς καὶ τῶν μὴ ἀναγκαίων […]. Und weiter: den natürlichen Strebungen zu folgen trifft eher auf verständnisvolle Nachsicht, wie es auch nachsichtiger beurteilt wird, solchen Begierden nachzugeben, die allen Menschen gemeinsam sind und insofern sie gemeinsam sind. Nun ist aber doch Zorn auf der einen und üble Laune auf der anderen Seite ein natürlicherer Vorgang als die Begierde nach dem Übermaß, also nach dem, was nicht zu den Notwendigkeiten des Lebens gehört.

Zusätzlich zu dem eigentlichen Beweisgang möchte Aristoteles hier offensichtlich die von ihm vertretene Position durch den Rekurs auf eine allgemeine Meinung, ein endoxon, abstützen. Damit appelliert er an das Verständnis eines weiteren Rezipientenkreises. Seine Intention verstärkt er durch das folgende Beispiel (VII 7, 1149b8–13, Übersetzung Dirlmeier; Kursivierung von mir):

38 Aristoph.

Nub. 180; Av. 1009.

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ὥσπερ ὁ ἀπολογούμενος ὅτι τὸν πατέρα τύπτοι «καὶ γὰρ οὗτος» ἔφη «τὸν ἑαυτοῦ κἀκεῖνος τὸν ἄνωθεν,» καὶ τὸ παιδίον δείξας «καὶ οὗτος ἐμέ» ἔφη, «ὅταν ἀνὴρ γένηται· συγγενὲς γὰρ ἡμῖν·» Denken wir beispielsweise an den Mann, der sich gegen die Anklage verteidigte, daß er seinen Vater prügle. Er sagte: «Gut, aber der hat den seinen auch geprügelt und dieser wieder den Urgroßvater!» und, indem er auf seinen Kleinen deutete: «Und der wird mich prügeln, wenn er groß geworden ist. Das ist bei uns so in der Familie».

Diese Anekdote soll offensichtlich verdeutlichen, dass eine natürliche Anlage zum Zorn vor Gericht sogar strafmindernd wirken kann. Aristoteles selbst äußert sich an dieser Stelle nicht zu der Valenz einer Legitimation, die sich auf eine genetische Disposition zum Vaterverprügeln stützt. Wichtig in unserem Zusammenhang ist, dass er offensichtlich davon ausgeht, dieses Beispiel könne für ein breiteres Publikum geläufig und nachvollziehbar sein. Im Folgenden bringt er sogar eine rhetorische Übersteigerung: καὶ ὁ ἑλκόμενος ὑπὸ τοῦ υἱοῦ παύεσθαι ἐκέλευε πρὸς ταῖς θύραις· καὶ γὰρ αὐτὸς ἑλκύσαι τὸν πατέρα μέχρις ἐνταῦθα. Oder der Mann, der von seinem Sohn aus dem Haus geschleift wurde; der rief: «Halt, nur bis zur Tür! Denn weiter hab’ ich meinen Vater auch nicht geschleift.»

Das zweite Beispiel scheint überzogen und hat geradezu Komödiencharakter, so dass es wohl nicht verkehrt ist zu vermuten, der Autor habe hier eine witzige Wirkung erzielen wollen. Es handelt sich also klar um eine rhetorische Stilisierung, die auf der Sachebene nicht nötig wäre, aber die Aussage (Zorn ist weniger zu verurteilen als Lust) noch besser vermitteln soll. Auch die Art des endoxon macht den rhetorischen Charakter deutlich. Denn es dürfte sich nicht um ein qualifiziertes endoxon, wie es nach der Differenzierung der Topik für eine dialektische Begründung nötig wäre, sondern um ein weniger abgesichertes rhetorisches endoxon handeln.

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3. Pathos Gegen eine allgemeine Auffassung, dass Fachliteratur nicht emotionalisierend wirkt (wirken soll), konnte Silke Jahr39 im Hinblick auf moderne Wissenschaftsprosa zeigen, dass diese sehr wohl emotionalisierende Mittel einsetzt. Vergleichbares lässt sich auch für die aristotelischen Pragmatien feststellen, die doch, wie erwähnt,40 als Inbegriff emotionsfreier Wissenschaftsprosa verstanden wurden. Bereits die oben behandelten Stellen lassen meines Erachtens das Bestreben erkennen, den Rezipienten auch affektiv anzusprechen. Darüber hinaus kann man an verschiedenen Passagen beispielhaft nachweisen, dass der Autor mithilfe einer bestimmten sprachlichen Gestaltung Emo­ tionen erzeugen und offensichtlich sich selbst als jemanden für die Sache Engagierten darstellen möchte. Mit Jahr lassen sich die eingesetzten sprachlichen Mittel in lexikalische, syntaktische und stilistische unterteilen.41 Auf der lexikalischen Ebene sind es wertende Adjektive wie «gut», «hervorragend» und Ausdrücke, die das Interesse des Rezipienten wecken sollen. Zu diesen zählt die Bezeichnung einer Sache als «spannend», «wichtig», «großartig». Aber auch Formulierungen, die die Expressivität steigern, wie doppelte Verneinungen oder der Intensivierung dienende Wendungen wie «grundsätzlich», «gänzlich» erregen Gefühle und damit die Aufmerksamkeit. Im Bereich der Syntax sind Ausrufesätze sowie affektive Fragen und Satzverkürzungen wie die Aposiopese oder Imperative affekterregend. Hinzu kommen Stilfiguren, darunter insbesondere Ironie und rhetorische Frage. Gerade die beiden letztgenannten können Zeichen von Polemik und Engagement sein. Belege dafür, dass diese Mittel in Aristoteles’ Schriften eine Rolle spielen, kann man auch in seinen naturwissenschaftlichen Werken finden und damit in einem Bereich, in dem man noch weniger Emotionalisierung vermuten würde. So ist folgende Passage ein kleiner Ausschnitt aus einer umfassenden Diskussion über die Frage der Zeugungsbeiträge in De generatione animalium. Hier ist es Aristoteles’ Ziel, im Rahmen der Dar39

Silke Jahr: Emotionen und Emotionsstrukturen in Sachtexten. Ein interdisziplinärer Ansatz zur qualitativen und quantitativen Beschreibung der Emotionalität von Texten (Berlin, New York 2000). 40 Vgl. oben, S. 127–128. 41 Vgl. S. Jahr: Emotionen, 80–100.

Literarische Strategien bei Aristoteles

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stellung seiner Zeugungslehre die Vertreter einer Zweisamen- und Pan­ genesislehre zu widerlegen. Dabei geht es um die Frage, wie man sich, die Pangenesislehre vorausgesetzt, das getrennte Vorhandensein der einzelnen Glieder im Samen vorzustellen hat. Aristoteles’ Widerlegung ist eine reductio ad absurdum, die aber nicht voll ausgeführt ist, sondern in rhetorischen Fragen erscheint (Gen. an. I 17, 722b3–6):42 Ἔτι εἰ μὲν διεσπασμένα τὰ μέρη ἐν τῷ σπέρματι πῶς ζῇ; εἰ δὲ συνεχῆ ζῷον ἂν εἴη μικρόν. καὶ τὰ τῶν αἰδοίων πῶς; οὐ γὰρ ὅμοιον τὸ ἀπιὸν ἀπὸ τοῦ ἄρρενος καὶ τοῦ θήλεος. Ferner wenn die Glieder im Samen getrennt vorliegen, wie leben sie? Wenn aber miteinander verbunden, wäre es wohl ein kleines Lebewesen. Und wie ist es mit den Geschlechtsorganen? Freilich ist das, was vom Männchen herkommt, nicht gleich dem, was vom Weibchen kommt.

Aristoteles formuliert kurze Sätze und bedient sich der Frageform. Dabei impliziert die erste Frage: «Wie leben sie?» die Widerlegung und rekurriert auf die Unhaltbarkeit der Aussage. Insgesamt benutzt Aristoteles hier Enthymeme. Auf diese Weise gewinnt die Stelle den Charakter eines Prozesses, in den der Rezipient mit hineingezogen wird und in dem der Gegner (die Vertreter der Pangenesislehre) unterliegt.43 Alle Register einer literarischen Gestaltung zieht Aristoteles in einem Abschnitt von De partibus animalium I 5, 645a5–22, der der Werbung für die biologische Forschung dient:44 λοιπὸν περὶ τῆς ζωϊκῆς φύσεως εἰπεῖν, μηδὲν παραλιπόντας εἰς δύναμιν μήτε ἀτιμότερον μήτε τιμιώτερον. Καὶ γὰρ ἐν τοῖς μὴ κεχαρισμένοις αὐτῶν πρὸς τὴν αἴσθησιν κατὰ τὴν θεωρίαν ὅμως ἡ δημιουργήσασα φύσις ἀμηχάνους ἡδονὰς παρέχει τοῖς δυναμένοις τὰς αἰτίας γνωρίζειν καὶ φύσει φιλοσόφοις. […] Διὸ δεῖ μὴ δυσχεραίνειν παιδικῶς τὴν περὶ τῶν ἀτιμοτέρων ζῴων ἐπίσκεψιν. Ἐν πᾶσι γὰρ τοῖς φυσικοῖς ἔνεστί τι θαυμαστόν· καὶ καθάπερ Ἡράκλειτος λέγεται πρὸς τοὺς ξένους εἰπεῖν τοὺς βουλομένους ἐντυχεῖν αὐτῷ, οἳ ἐπειδὴ προσιόντες εἶδον αὐτὸν 42 43

44

Zu Aristoteles’ Stil an dieser Stelle vgl. S. Föllinger: Aristotle’s Biological Works, 241–242. Tatsächlich beschreibt Aristoteles in De caelo I 10 wissenschaftliche Auseinandersetzung als einen Prozess, in dem der Rezipient Schiedsrichter zwischen widerstreitenden Parteien ist. Vgl. dazu S. Föllinger: Aristotle’s Biological Works, 239. Gegen Balme argumentiert W. Kullmann: Aristoteles. Über die Teile der Lebewesen, 305– 351, dafür, dass Aristoteles selbst Kapitel 5 an Kapitel 4 angeschlossen hat.

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θερόμενον πρὸς τῷ ἰπνῷ ἔστησαν (ἐκέλευε γὰρ αὐτοὺς εἰσιέναι θαρροῦντας· εἶναι γὰρ καὶ ἐνταῦθα θεούς), οὕτω καὶ πρὸς τὴν ζήτησιν περὶ ἑκάστου τῶν ζῴων προσιέναι δεῖ μὴ δυσωπούμενον ὡς ἐν ἅπασιν ὄντος τινὸς φυσικοῦ καὶ καλοῦ. Es bleibt noch übrig, über die animalische Natur zu sprechen und nach Möglichkeit nichts außer Acht zu lassen, mag es nun niedriger oder höherer Art sein. Denn auch hinsichtlich derjenigen Dinge, die bei ihrer Wahrnehmung nicht angenehm sind, bietet gleichwohl bei der wissenschaftlichen Betrachtung die schaffende Natur denen, die die Gründe zu erkennen vermögen und die von Natur aus Forscher sind, unbeschreibliche Freuden. […] Deswegen soll man nicht in kindischer Weise bei der Untersuchung der niederen Tiere Abscheu empfinden. Es liegt nämlich in allen Naturdingen etwas Wunderbares. Und wie Heraklit – so erzählt man – zu Fremden, die ihn besuchen wollten, aber beim Eintreten ihn sich am Backofen wärmen sahen und daher stehen blieben, gesagt hat (er forderte sie nämlich auf, guten Mutes einzutreten, denn auch hier seien Götter), so soll man auch ohne Scheu an die Untersuchung eines jeden Tieres herangehen, in der Zuversicht, daß in ihnen allen etwas Natürliches und Schönes vorhanden ist.

Es handelt sich hier um eine stilistisch ausgefeilte Passage. Aristoteles verwendet wertende Ausdrücke: «niedrigerer Art» (ἀτιμότερον), «höherer Art» (τιμιώτερον), «Wunderbares» (θαυμαστόν), sowie das der Intensivierung dienende Adjektiv ἀμηχάνους («unbeschreibliche»), das mit dem Emotion hervorrufenden Substantiv «Freude» (ἡδονὰς) verbunden ist. Er führt mit der Anekdote über Heraklit ein narrativ breit ausgeführtes Exemplum an. Er wertet polemisch, weil er diejenigen, die die Freude der naturwissenschaftlichen Forschung nicht empfinden, sondern sich vielleicht ekeln, als kindisch (παιδικός) abtut. Bezieht man den weiteren, hier nicht zitierten Kontext mit ein, so fallen Antithesen und Polyptota auf. Das Wortfeld χάρις steht im Zentrum. Insgesamt beschwört Aristoteles geradezu einen Eros biologischer Forschung. Das Engagement erklärt sich daraus, dass Aristoteles die Biologie offensichtlich legitimieren muss  – insbesondere im Hinblick auf die Astrophysik.45 Mit καλόν («schön») integriert er einen ästhetisch positiven Aspekt. Dabei findet eine raffinierte Umwertung statt: «Schön» werden Dinge, die auf den ersten Blick nicht «schön» sind, durch die Forschung (κατὰ τὴν θεορίαν), die Begründungen (αἰτίαι) liefert. Dabei sind πρὸς τὴν αἴσθεσιν und κατὰ τὴν θεορίαν antithetisch nebeneinander gestellt. Für den Biologen sind 45

Vgl. W. Kullmann: Aristoteles. Über die Teile der Lebewesen, 350–352.

Literarische Strategien bei Aristoteles

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also ein Regenwurm, eine Spinne, eine Schabe schön, weil sich dem analysierenden Blick eine Ordnung offenbart. Die Passage ist eine emotionale Stellungnahme, die die Bedeutung der eigenen Thematik für den Autor selbst, aber auch für alle, die Neugier auf die Welt haben, hervorhebt. Insofern kann man tatsächlich von einer starken subjektiven Beteiligung des Autors sprechen. Der Appellcharakter ist, obwohl unpersönlich formuliert wird, deutlich.

Schlussfolgerung und Resümee Es hat sich gezeigt, dass die aristotelischen Pragmatien von literarischen Strategien, die der Rezipientensteuerung dienen, geprägt sind. Ihr Wert für die Beweisführung ist unterschiedlich. Sie können einer sachlich in sich bereits schlüssigen Argumentation hinzugefügt werden, ohne etwas eigentlich Neues zu bringen. Dies zeigen das Beispiel aus der Rechtsprechung und die Dichterzitate in der Nikomachischen Ethik, die offensichtlich ein breiteres Publikum ansprechen wollen. Literarische Strategien können aber auch zur inhaltlichen Argumentation beitragen. Dies ist der Fall in der Erzählung von Thales. Sie bietet ein Exemplum als Teil einer Induktion. Mit einer bestimmten sprachlichen Gestaltung kann Aristoteles die Emotionalisierung einer Diskussion bzw. Darstellung intensivieren und so einen Appellcharakter und damit eine stärkere Einbeziehung des Rezipienten bewirken, wie dies die oben besprochenen Passagen aus seinen biologischen Schriften demonstrieren. In der Antike existierte keine eigentliche systematische Beschäftigung mit den Darstellungsweisen und Gattungen wissenschaftlicher Literatur.46 Für die Moderne gibt es Ansätze dazu wie in dem genannten Buch der Germanistin Silke Jahr Emotionen und Emotionsstrukturen in Sachtexten, die Erkenntnisse der Emotionspsychologie in die literaturwissenschaftliche Untersuchung integriert und Emotionen in Fach- und Sachtexten analysiert. Ihre Texte stammen unter anderem aus der Physik, der Jurisprudenz und der Theologie. Sie kann zeigen, dass selbst dort, wo man es 46

Vgl. P. van der Eijk: Ancient Scientific Discourse, 80, der darauf hinweist, dass sich bei Galen und im Mittelplatonismus ein Interesse dafür herausbildet.

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nicht vermuten würde, bestimmte sprachliche Darstellungsweisen auf die emotionale Verfasstheit des Autors hindeuten, der durch (meist implizite) Erregung von Emotionen den Rezipienten in die Untersuchung mit hineinzieht und so den Überzeugungsgrad steigert. Diesem Umstand entspricht die Erkenntnis aus der Lernpsychologie, dass der Lernende Informationen, die mit Emotionen verbunden sind, besser aufnimmt, das heißt: der erwünschte kognitive Effekt verstärkt sich. Will der Autor überzeugend sein, muss er also antizipieren können, wie der Leser das eigene Werk rezipieren wird. Damit aber ist der Bogen zur Rhetorik geschlagen, mit der sich Aristoteles eingehend in seinem gleichnamigen Werk befasst. Hier konzediert er, dass selbst das genaueste Wissen unter Umständen für einen Redner nicht ausreiche, um zu überzeugen, vielmehr müsse er sich rhetorischer Mittel bedienen (I 1, 1355a24–26): ἔτι δὲ πρὸς ἐνίους οὐδ’ εἰ τὴν ἀκρι­ βεστάτην ἔχοιμεν ἐπιστήμην, ῥᾴδιον ἀπ’ ἐκείνης πεῖσαι λέγοντας. Das heißt: Rhetorische Gestaltung erhöht den kognitiven Effekt. Dies gilt nicht nur für die gesprochene Rede, sondern auch für die literarische Form. ‘Literarische Strategien’ dienen der Absicherung im wissenschaft­ lichen Diskurs, insbesondere im Hinblick auf ein Publikum, das nicht nur aus Fachleuten besteht. Selbst die kleine Auswahl von Textbeispielen, die hier vorgestellt wurde, lässt erkennen, dass sich die Elemente, die Aristoteles zu den grundlegenden Bestandteilen der Rhetorik zählt, in den Pragmatien finden lassen. Dazu zählen Exemplum und Enthymem als Formen der πίστις, das Pathos in Bezug auf die beim Rezipienten erwünschte Wirkung und in gewisser Weise sogar das Ethos des Autors, insofern Aristoteles trotz eines Stils, der die Ich-Form vermeidet,47 eine Beteiligung der eigenen Person zum Ausdruck bringt. Betrachtet man vor dem Hintergrund der Überlegungen, die Rapp zur Rhetorik anstellt,48 das – auf der philosophischen Ebene nicht notwendige – exemplum in Buch VII (Kap. 7) der Nikomachischen Ethik, so ist die Vermutung, Aristoteles wolle hier den Effekt im Blick auf unterschiedliche Rezipientenkreise verstärken, um so plausibler. Im Blick auf das nar47 48

Vgl. oben, S. 127–128 mit Anm. 6. Vgl. oben, S. 130.

Literarische Strategien bei Aristoteles

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rative Element im ersten Buch der Politik lässt sich vermuten, dass Aristoteles nicht daran interessiert war, die Chrematistik auf Sachebene zu erörtern, und darum eine philosophische Argumentation durch ein Exemplum ersetzt, das gleichzeitig einen ‘Seitenhieb’ enthält. Der vorliegende Beitrag konnte nur exemplarisch zeigen, welche Bedeutung die Rhetorik auch in Aristoteles’ Wissenschaftsschriften hat. Wünschenswert wären Untersuchungen, die systematisch solche und andere Charakteristika rhetorischer Gestaltung analysieren und genau unter­suchen, wo und wie philosophische Argumentation und rhetorische Gestaltung miteinander verbunden sind. In jedem Fall aber lässt sich sagen: Aristoteles war nicht nur in seinen Dialogen, sondern auch in seinen Pragmatien ein ‘philosophus orator’.

Zusammenhang bei Einzelsätzen Zum assoziativen Aufbau der epikureischen κύριαι δόξαι HOLGER ESSLER

Nach dem Werkkatalog bei Diog. Laert. X 28 verfasste Epikur wenigstens drei aphoristische Werke (δόξαι):1 κύριαι δόξαι, Περὶ παθῶν δόξαι πρὸς Τιμοκράτην und Περὶ νόσων δόξαι πρὸς Μίθρην. Erhalten sind die κύριαι δόξαι (KD), sowie eine Sammlung epikureischer Aphorismen, die in späterer Zeit entstand, das Gnomologium Vaticanum (GV). Zahlreiche Belege zeugen von der Bekanntheit und Bedeutung der KD.2 Diogenes Laertius schließt mit ihnen die Biographie Epikurs, indem er, wie er sich ausdrückt, ans Ende seines Werkes den Anfang der Glückseligkeit stellt (Diog. Laert. X 138). Sie hatten innerhalb und außerhalb der epikureischen Schule besondere Bedeutung: Demetrius Laco behandelt die Textgestalt von KD 3.3 Philodem fasst die ersten vier Maximen als Tetra­ pharmakos zusammen (Ad [...], col. V 8–13) und verwendet die KD auch in anderen Werken explizit als Bezugspunkt.4 Lukian nennt sie τὸ κάλ­ λιστον τῶν βιβλίων (Alex. 47). Ihre zentrale Rolle zeigt auch Plutarch, der sie als prominentes Beispiel für seine gegen Zufallsereignisse gerichtete reductio ad absurdum nimmt: Nach der Auffassung der Epikureer könnte * 1

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Für wertvolle Hinweise danke ich V. Damiani. Ettore Bignone (a cura di): Epicuro. Opere, frammenti, testimonianze sulla sua vita (Bari 1920) 7 Anm. 3, 206 Anm. 3. Vgl. E. Bignone: Epicuro, 7–8; Hermann Usener (ed.): Epicurea (Leipzig 1887) 394–398. Dem. Lac. [Epic.], col. 38, vgl. Enzo Puglia (a cura di): Demetrio Lacone: Aporie testuali ed esegetiche in Epicuro. PHerc. 1012 (Napoli 1988) 244 zur Stelle. De Ira, col. XLIII, 18–19; [El. et fug.], col. XV 17–18. Beachtenswert freilich die Bedenken bei Robert Philippson: Die Κύριαι Δόξαι, in: BPhW (1920) 1023–1032, hier: 1028 bezüglich KD 3.

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man sogar behaupten, dass Epikurs κύριαι δόξαι nicht von ihm verfasst wurden, sondern die Buchstaben von selbst aus Zufall zusammengekommen wären und das Buch gebildet hätten (Pyth. Or. 11, 399e). Die von Plutarch vorausgesetzte Autorschaft Epikurs für die KD ist in der Forschung seit Gassendi und Usener umstritten.5 Dabei geht es freilich nicht um die einzelnen Sätze, die zumeist als authentische Zitate aus Epikurs Werken und Briefen angesehen werden, sondern um die Frage, ob die Sammlung dieser Sätze und ihre Anordnung von Epikur herrührt.6 Vor allem Bignone wies auf den planvollen Aufbau und die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen den Einzelsätzen hin und führte die Komposition auf Epikur selbst zurück.7 Das Gnomologium Vaticanum hingegen gilt als später und uneinheit­ licher.8 Es enthält mit 81 Sentenzen die doppelte Anzahl der KD (40). Davon finden sich 13 Sentenzen in beiden Sammlungen jedoch in anderer Anordnung.9 Sechs Sentenzen des GV werden anderen Epikureern zugeschrieben. Inhaltlich beschränkt sich die Sammlung auf ethische Fragen, während die KD auch Kosmologie und Kanonik behandeln. Man hat so5 6

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9

Pierre Gassendi (ed.): Animadversiones in decimum librum Diogenis Laertii (Lugduni 1642) 1693. H. Usener: Epicurea, XLIV–LXIV. Robert Philippson: Rez. V. De Falco, L’epicureo Demetrio Lacone (Napoli 1923), in: PhW 44 (1924) 320–321. Vgl. Wolfgang Schmid: Epikur, in: RAC 5 (1962) 681–819, hier: 696. E. Bignone: Epicuro, 6–32. Michael Erler: Epikur – Die Schule Epikurs – Lukrez, in: Hellmut Flashar (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, IV 1: Die hellenistische Philosophie (Basel 1994) führt dementsprechend von den KD S. 81–82 «Gliederung und Inhalt», vom GV S. 82–83 nur «Inhalt» auf. GV 1 = KD 1; GV 2 = KD 2; GV 3 = KD 4; GV 5 = KD 5; GV 6 = KD 35; GV 8 = KD 15; GV 12 = KD 17; GV 13 = KD 27; GV 20 = KD 29; GV 22 = KD 19; GV 49 = KD 12; GV 50 = KD 8; GV 72 = KD 13. Die Textgestalt des GV wird von Hermann Usener: Epikurische Spruchsammlung, in: WS 10 (1888) 175–190, hier: 179 in der Regel als schlechter bewertet. Auch die unter der Inschrift von Oinoanda erhaltenen KD sind anders angeordnet. So stehen KD 3 und KD 4 nach KD 6, 8 und 10, vgl. Martin F. Smith: Quotations of Epicurus Common to Diogenes of Oinoanda and Diogenes Laertius, in: Hyperboreus 6 (2000) 188–197, hier: 190–191, 196. Die Textunterschiede zwischen der Fassung bei Diog. Laert. und Diog. Oen. haben für die folgenden Ausführungen keine Konsequenzen und sind daher nicht weiter behandelt.

Zum assoziativen Aufbau der epikureischen κύριαι δόξαι

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gar verschiedene Entwicklungsstadien in der Lehre für die beiden Spruchsammlungen angenommen: Angesichts der Diskussionen bei Demetrius Laco, Philodem und Cicero über die Rolle der in KD 3 thematisierten Aponie vermutet Angeli zwei unterschiedliche Entwicklungsstränge in der epikureischen Ethik, die jeweils die Rolle des physischen Schmerzes unterschiedlich fassten. Sie hätten ihren Ausgang von Epik. Men. 133 und KD 1–4 genommen. Eine Richtung hätte schließlich etwa im Gnomo­ logium Vaticanum ihren Niederschlag gefunden, in welcher nur KD 1–2 und KD 4, nicht aber die umstrittene KD 3 aufgeführt ist.10 Bedeutender und augenfälliger als die inhaltlichen Unterschiede zwischen den beiden Spruchsammlungen scheinen mir jedoch die literarischen. Die bisherige Forschung hat seit der erwähnten Studie von Bigno­ne den literarischen Aspekt der epikureischen Spruchsammlungen weitgehend vernachlässigt und sich auf externe Bezüge beschränkt.11 Diskin Clay stellte bei zwei Sentenzen einen Bezug zu einer berühmten Vorlage (Demokrit, Solon) fest, die Epikur umformulierte und umdeutete, um seine Ansicht prägnant von der seiner Vorgänger abzuheben.12 Von Michael Erler stammt der Hinweis auf Bezüge zu bestimmten Dichterworten, die dazu dienten, durch Assoziationen das Memorieren der Lehrsätze zu erleichtern.13 Die neueste Untersuchung von Gagliarde behandelt die Sammlungen ausschließlich aus der Perspektive der Einzelsätze, ohne auf den Zusammenhang zwischen aufeinanderfolgenden Sentenzen weiter einzugehen.14 Da aus Sicht der KD ein knappes Drittel der Sätze identisch mit dem GV sind, werden die Unterschiede zwischen den beiden Sammlungen vor 10

Anna Angeli (a cura di): Filodemo. Agli amici di scuola (PHerc. 1005) (Napoli 1988) 50–61. Anm. 7. 12 Diskin Clay: Epicurus’ Κυρία Δόξα XVII, in: GRBS 13 (1972) 59–66, hier: 60–63. Danach reformuliert KD 16 Demokrit B 119, KD 17 Solon Fr. 12 West. 13 Zum Zusammenhang von GV 9 mit Susarion Fr. 1 (S. 167 West) vgl. Michael Erler, Jürgen von Ungern-Sternberg: Kakon gynaikes. Griechisches zu der Rede des Metellus Macedonicus ‘De prole augenda’, in: MH 44 (1987) 254–256, hier: 255–256 und M. Erler: Epikur, 82. Sicherlich war die von Susarion in seinem Verse gebrauchte Wendung κακὸν γυναῖκες bekannt, ob dies aber auch für die Verse dieses Dichters gilt und gerade sie die Grundlage von GV 9 waren, ist schwer zu beweisen. Zum Bezug von KD 17 = GV 12 zu Solon Fr. 13 West vgl. M. Erler: Epikur, 80–81 und D. Clay: Epicurus’ Κυρία Δόξα XVII. 14 Graziamaria Gagliarde (a cura di): L’Epicuro breve, in: ARF 13 (2011) 69–87. 11 Vgl.

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allem in der Anordnung bestehen. In der folgenden Untersuchung möchte ich zeigen, dass die κύριαι δόξαι im Gegensatz zur nur grob gegliederten Sammlung des Gnomologium Vaticanum als zusammenhängender Text mit eigener Argumentationsstruktur komponiert sind. Die formal getrennten Einzelsätze sind dort immer im Kontext der umstehenden Sentenzen zu betrachten. Unterscheidungen und Präzisierungen des Umfelds haben damit direkte Auswirkung auf die Interpretation der jeweiligen Bezugssätze. Die κύριαι δόξαι sind demnach im Gegensatz zum Gnomo­ logium Vaticanum eine Spruchsammlung, die dazu intendiert ist, im Zusammenhang gelesen und verstanden zu werden, eine Sammlung nicht allein von Merksätzen, sondern von Kurzbeweisen. Eine Lösung einzelner Sätze aus dem Zusammenhang würde ihre Aussage verfälschen. Die Strukturanalyse wird sich demnach auf die κύριαι δόξαι konzentrieren, während das Gnomologium Vaticanum nur als Vergleichsfolie herangezogen ist. Gewöhnlich unterteilt man die vierzig bei Diogenes Laertius überlieferten κύριαι δόξαι grob in drei Themenbereiche:15 Ethik (KD 1–21, 26–30), Erkenntnislehre (KD 22–25) und Rechts- und Soziallehre (KD 31–40).16 Die Verwandtschaft zwischen dem ethischen und rechtsphilosophischen Bereich ist offensichtlich. Die Erkenntnislehre jedoch nimmt nicht nur thematisch, sondern auch in der Abfolge der Lehrsätze eine Sonderstellung ein. Sie stellt mit lediglich vier Lehrsätzen (KD 22–25) einen Einschub in den ethischen Teil dar, der vom ersten bis zum dreißigsten Lehrsatz reicht. Die rechtsphilosophischen Lehrsätze hingegen stehen wieder zusammen am Ende der Sammlung. Im Gnomologium Vaticanum kommt die Erkenntnislehre überhaupt nicht vor, und der rechtsphilosophische Bereich nur insoweit, als er direkt mit der Ethik zusammenhängt. Dem15

16

Ettore Bignone: Sulla discussa autenticità della raccolta delle κύριαι δόξαι di Epicuro, in: RIL 41 (1908) 792–819, hier: 798 erklärt das Fehlen von Sentenzen zur Physik damit, dass diese eine längere Argumentation nötig hätten, als die vorliegende Textart zulässt. So etwa Graziano Arrighetti (a cura di): Epicuro. Opere (Torino 21973) 555. Eine feinere Unterteilung bei M. Erler: Epikur, 81–82. In der Nachfolge von Diels hat Karl Krohn: Der Epikureer Hermarchos (Berlin 1921) 6–9 die KD 31–40 Epikur abgesprochen und wegen der Ähnlichkeit mit Porph. Abst. I 7–12 Hermarch zugeschrieben (als Fr. 28). Er stützt sich dabei auf den Umstand, dass einige Aussagen sonst bei Epikur nicht belegt sind (KD 32, 36–40), und will wegen der thematischen Einheit den ganzen Abschnitt als späteren Zusatz aus Hermarch sehen.

Zum assoziativen Aufbau der epikureischen κύριαι δόξαι

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entsprechend stammen die 13 Lehrsätze, die in beiden Sammlungen vorkommen bis auf einen aus dem ersten, das heißt dem ethischen, Bereich der κύριαι δόξαι.17 Vergleicht man den Umfang der Lehrsätze, die jeweils nur in einer der beiden Sammlungen vorkommen, springt der diskursivere Charakter der κύριαι δόξαι in die Augen. Die lediglich dort vorkommenden Lehrsätze sind im Durchschnitt mehr als doppelt so umfangreich wie die Lehrsätze des Gnomologium Vaticanum.18 Sie entsprechen damit deutlich weniger einer der Hauptforderung an Lehrsätze, dem Prinzip der Prägnanz. Die längeren Sätze sind, wie Gagliarde deutlich machte, meist solche, in denen die Lehre nicht nur zusammengefasst, sondern auch der Argumentationsgang in aller Kürze nachzeichnet wird. Die Absicht liegt also für sie, neben dem Memorieren lapidarer Weisheiten, auch in der Verinnerlichung der zugrunde liegenden logischen Gedankengänge.19 Den Zusammenhang zwischen den aufeinanderfolgenden Einzel­sätzen hat bereits Bignone aufgezeigt, indem er die Sätze der Reihe nach durchging und jeweils den inhaltlichen und argumentativen Fortgang der Darstellung aufwies. Er wandte sich dabei vor allem gegen Useners Einwände, der im Text Unordnung und zahlreiche Doppelungen fand.20 Diese These des linearen argumentativen und inhaltlichen Zusammenhanges ist bis auf kleinere Bedenken zu Recht unwidersprochen geblieben.21 Dazu kom17

18 19

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KD 1 = GV 1; KD 2 = GV 2; KD 4 = GV 3; KD 5 = GV 5; KD 8 = GV 50; KD 12 = GV 49; KD 13 = GV 72; KD 15 = GV 8; KD 17 = GV 12; KD 19 = GV 22; KD 27 = GV 13; KD 29 = GV 20. Die einzige Ausnahme, KD 35 = GV 6, behandelt mit der Angst vor Ent­ deckung bei heimlichen Übertretungen ebenfalls ein Thema der utilitaristischen Ethik. Der Durchschnitt ist 39 zu 19 Wörtern. Lässt man im GV auch die Metrodor oder Herm­ arch zugeschriebenen Sätze weg, ist der Durchschnitt bei 18 Wörtern. G. Gagliarde: L’Epicuro breve, 86. Horst Steckel: Epikuros, in: RE Suppl. 11 (1968) 579– 652, hier: 599 sieht im Verzicht auf bloße Aphorismen einen grundlegenden Unterschied der KD zu Gnomologien und Florilegien. E. Bignone: Epicuro, 6–32. H. Usener: Epicurea, XLIV–XLVI. Auch Olof Gigon: Epikur. Von der Überwindung der Furcht. Katechismus, Lehrbriefe, Spruchsammlung, Fragmente (Zürich 1949) 124 fand KD 30 «fast gleichlautend wie Nr. 26, nur war dort der Fall angenommen worden, dass die Begierden, wo sie nicht mit Schmerz verbunden sind, sich von selber leicht auflösen, während hier der gegenteilige Fall vorliegt». Dagegen Jean Bollack (éd.): La pensée du plaisir. Épicure: Textes moraux, commentaires (Paris 1975) 351–352. Einordnung seiner These bei W. Schmid: Epikur, 695–696. Die Einwände beziehen sich auf Bignones Annahme, dass Wortlaut und Anordnung von Epikur stammen. Schmid

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men jedoch auch Bezüge über weitere Strecken, auf die vor allem Bollack hingewiesen hat. Er sieht durch die vielfältigen Wiederaufnahmen von Begriffen, teils in derselben, teils in anderer Bedeutung als vorher, gleichermaßen eine Bestätigung wie eine Beeinträchtigung der Gedankenfolge in einem «système de récurrences virtuellement illimitées».22 Nun ist es angesichts der vielfältigen thematischen Berührungspunkte der Aussagen untereinander unausweichlich, dass inhaltliche Bezüge sowohl zu den Sentenzen in unmittelbarer Umgebung als auch zu entfernteren Gruppen bestehen.23 Die Untersuchung dieser Bezüge geschah bisher jedoch immer unter dem Gesichtspunkt des inhaltlichen Zusammenhanges. Im Folgenden soll die Frage nach den sprachlichen Mitteln im Vordergrund stehen, mit denen die Zusammenhänge und Abschnittseinteilungen hergestellt werden. Nachdem bei den bekannten inhaltlichen Zusammenhängen die sprachlichen Ausdrucksmittel für die Bezüge einmal festgestellt sind, wird sich daraus eine Gesamtgliederung der κύριαι δόξαι mit Angabe der Querverbindungen erstellen lassen. Zunächst ist festzuhalten, dass aufgrund der Textgattung die verbreitetste Art der Satzverbindung, durch Partikel, Konjunktionen oder Pronomina bei unserer Sammlung ausgeschlossen ist.24 Zusammengehörige teilt (a. a. O.) die vermittelnde These von Hermann Diels: Italienische Forschung zur antiken Philosophie, in: DLZ 41 (1920) 657–661, hier: 660, dass die Sammlung unter Mitwirkung Epikurs entstanden ist, aber sehr früh erweitert wurde. H. Steckel: Epikuros, 599 nimmt an, dass Epikur eine vergleichbare Sentenzsammlung mit der Quintessenz seiner gesamten Lehre verfasst hat, doch habe diese nicht immer dieselben Sentenzen wie die KD enthalten. Zu verschiedenen Zuschreibungen vgl. Diskin Clay: Individual and Community in the First Generation of the Epicurean School, in: ΣΥΖΗΤΗΣΙΣ. Studi sull’Epicureismo greco e romano offerti a Marcello Gigante, I (Napoli 1983) 255–279, hier: 262–264. 22 J. Bollack: La pensée du plaisir, 212 nennt Bezüge zwischen KD 1, 15 und 21; KD 3, 10 und 18; sowie KD 2, 20 und 40. Vieles wurde freilich auch schon früher erkannt und diskutiert, etwa von H. Usener: Epicurea, XLVI, der die thematische Verwandtschaft von KD 3 und 18, KD 15 und 21, KD 26 und 30, KD 31 und 33 als Doppelung wertete. Vgl. auch die Einwände bei E. Bignone: Sulla discussa autenticità, 806–807. 23 E. Bignone: Sulla discussa autenticità, 811–812, mit Hinweis auf KD 7, die thematisch sowohl mit KD 6 als auch mit KD 21 verbunden ist. 24 Dies ist unabhängig von der Frage, ob man in den einzelnen Sätzen Sentenzen und Maximen wie E. Bignone: Epicuro, 7 oder Lehrsätze wie R. Philippson: Die Κύριαι Δόξαι, 1024 sieht. Zur Gliederungsfunktion durch Konjunktionen in Ep. Hdt. vgl. Daniel De-

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Sätze müssen sprachlich also anders gekennzeichnet sein. Ich unterscheide drei Gliederungsmittel, die auch gemeinsam auftreten können. 1) Eine Möglichkeit zum Ausdruck des Zusammenhanges liegt in gleicher Syntax oder gleichem stilistischem Ausdrucksmittel. So wird der inhaltliche Zusammenhang von KD 23–25 formal dadurch unterstrichen, dass in diesen Lehrsätzen als einzigen die direkte Anrede gebraucht wird.25 2) Eine weitere Möglichkeit der Gruppierung neben der syntaktischen Struktur ist gleicher Satzanfang. Neben KD 23–25 vereinen auch KD 9–11 beide Charakteristika. Sie beginnen jeweils mit εἰ und sind gleichzeitig die einzigen Sentenzen der Sammlung, deren syntaktische Hauptstruktur das Konditionalgefüge ist.26 Der Abschnitt über die Begierden (KD 26– 30) wird gerahmt von gleichen Anfängen: KD 26 und KD 29 beginnen gleich mit τῶν ἐπιθυμιῶν. Der Anfang von KD 29 τῶν ἐπιθυμιῶν αἱ μέν εἰσι φυσικαί wird am Anfang von KD 30 mit ἐν αἷς τῶν φυσικῶν ἐπιθυμιῶν wieder aufgenommen. 3) Die wörtliche Wiederaufnahme der Schlüsselbegriffe findet sich freilich auch im Innern der Lehrsätze. Es ist das wichtigste Ausdrucksmittel für die Bezüge innerhalb der κύριαι δόξαι. Das häufige Auftreten von Wiederholungen bestimmter Ausdrücke wurde bereits früher beobachtet. Man hat die Wiederholungen bisher mit dem Zweck erklärt, die Aufmerksamkeit auf den Hauptaspekt des Abschnittes zu lenken, oder aber mit der Absicht, eine größere Klarheit der Begriffe und bessere Memorierbarkeit zu erreichen.27 Es handelt sich aber auch um ein wichtiges In­strument der Zusammenfassung von Gruppen und der Gliederung von Abschnitten. So schließt die letzte Sentenz der Reihe (KD 22–25) den Kreis mit direktem Bezug auf die erste Sentenz durch Wiederaufnahme des Schlüsselbegriffes τέλος.28 Ein komplexeres Beispiel bieten KD 33–35:29

25 26 27 28 29

lattre: Un modèle magistral d’écriture didactique. La Lettre à Hérodote d’Epicure, in: Salvatore Cerasuolo (a cura di): Mathesis e Mneme (Napoli 2004) 149–169, hier: 153–154. So bereits R. Philippson: Die Κύριαι Δόξαι, 1026. Freilich gibt es untergeordnete Konditionalsätze, wie etwa in KD 7 und KD 37. Vgl. G. Gagliarde: L’Epicuro breve, 85 Anm. 38. Vgl. E. Bignone: Epicuro, 20–21. Die folgenden Zitate orientieren sich im Text an G. Arrighetti: Epicuro, in der Übersetzung an Fritz Jürß (Hg.): Griechische Atomisten. Texte und Kommentare zum materialistischen Denken der Antike (Leipzig 1991) mit Änderungen.

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33 Οὐκ ἦν τι καθ’ ἑαυτὸ δικαιοσύνη, ἀλλ’ ἐν ταῖς μετ’ ἀλλήλων συστροφαῖς καθ’ ὁπηλίκους δήποτε ἀεὶ τόπους συνθήκη τις ὑπὲρ τοῦ μὴ βλάπτειν ἢ βλάπτεσθαι. 34 ῾Η ἀδικία οὐ καθ’ ἑαυτὴν κακόν, ἀλλ’ ἐν τῷ κατὰ τὴν ὑποψίαν φόβῳ, εἰ μὴ λήσει τοὺς ὑπὲρ τῶν τοιούτων ἐφεστηκότας κολαστάς. 35 Οὐκ ἔστι τὸν λάθρᾳ τι ποιοῦντα ὧν συνέθεντο πρὸς ἀλλήλους εἰς τὸ μὴ βλάπτειν μηδὲ βλάπτεσθαι πιστεύειν ὅτι λήσει, κἂν μυριάκις ἀπὸ τοῦ παρόντος λανθάνῃ· μέχρι γὰρ καταστροφῆς ἄδηλον εἰ καὶ λήσει. 33 Gerechtigkeit war nicht etwas an sich, sondern sie war in den Beziehungen der Menschen untereinander in Gebieten gleich welcher Größe eine Art Vertrag gegen Schaden und Schädigung. 34 Ungerechtigkeit ist nicht an sich ein Übel, sondern dies liegt in der argwöhnischen Furcht, ob man wirklich von den dafür eingesetzten Zuchtmeistern unbemerkt bleiben werde. 35 Wer heimlich den gegenseitigen Vertrag gegen Schaden und Schädigung verletzt, kann nicht darauf vertrauen, unentdeckt zu bleiben, auch wenn er von nun an zehntausendmal unbemerkt ist. Denn bis zuletzt ist es ungewiss, ob er auch unbemerkt bleiben wird.

KD 33 und 34 sind zweigeteilt und anfangs weitgehend parallel aufgebaut. Im ersten Teil wird der Gerechtigkeit (KD 33) bzw. Ungerechtigkeit (KD 34) ein Charakteristikum abgesprochen, das jeweils (freilich in unterschiedlicher Konstruktion) mit einer καθ’ ἑαυτό bzw. καθ’ ἑαυτήν enthaltenden Wendung ausgedrückt ist. Es folgt jeweils mit ἀλλά eingeleitet im zweiten Teil die positive Lehre. Die beiden Lehraussagen sind unterschiedlich, werden jedoch beide in KD 35 wieder aufgenommen: Die συνθήκη […] ὑπὲρ τοῦ μὴ βλάπτειν ἢ βλάπτεσθαι (KD 33) entspricht dem Ausdruck ὧν συνέθεντο πρὸς ἀλλήλους εἰς τὸ μὴ βλάπτειν μηδὲ βλάπτεσθαι (KD 35) und war in ähnlicher Form bereits in KD 31 und 32 vorgekommen. Aus KD 34 wird vor allem λήσει wiederaufgenommen, das in KD 35 zweimal in derselben Form und zweimal im selben Stamm vorkommt (λάθρα, λανθάνῃ). Nur semantisch ist der Bezug zwischen ὑποψία und φόβος (KD 34) und πιστεύειν (KD 35). Inhaltlich gibt KD 35 die Begründung für die im vorhergehenden Satz aufgestellte Behauptung, formal führt der Lehrsatz die beiden vorhergehenden Sätze (mit Defini­ tionen zur Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit) in eins zusammen. KD 36

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wird dann den Beginn von KD 33 weiterführen: Nach der Ablehnung von δικαιοσύνη als ein καθ’ ἑαυτό (KD 33) wird in KD 36 das Gerechte unter den beiden Kategorien κατὰ μὲν κοινὸν […] κατὰ δὲ τὸ ἴδιον betrachtet. Ein Blick in das Gnomologium Vaticanum, in dem die gerade besprochene KD 35 als GV 6 unmittelbar auf KD 5 = GV 5 folgt, lehrt, dass diese enge begriffliche Verflechtung unserer Sammlung eigentümlich ist. Das rhetorische Mittel der Wiederholung von Schlüsselbegriffen führt einerseits zu einer gewissen Redundanz der Sprache und bringt die Gefahr mit sich, dass die wiederholten Stellen unnütz wirken und so Anstoß erregen. Dies mag ein Grund für den Vorwurf der Doppelungen sein, der in der Forschung erhoben wurde.30 Dieses Mittel bietet aber neben seiner Funktion der Zusammenfassung von Gruppen noch eine weitere wichtige Gestaltungsmöglichkeit, indem es erlaubt, Bezüge über größere Entfernung herzustellen: Von den Schlüsselbegriffen aus dem Abschnitt über Gerechtigkeit (KD 31–35) kommen Formen von βλάπτειν, λανθάνειν und συντίθεσθαι in unserem Text nur dort vor. Anders verhält es sich mit φό­ βος, welches als Begriff immer wieder aufscheint (KD 10, 12, 18, 20, 34) und als Thema auch von anderen Begriffen (θαρρεῖν, θαρροῦν, ἀσφάλεια etc.) wieder aufgegriffen wird. So sind die bereits seit langem in der Forschung als thematisch verwandt klassifizierten Lehrsätze auch begrifflich verbunden:31 KD 6 θαρρεῖν ἐξ ἀνθρώπων, KD 7 ἐξ ἀνθρώπων ἀσφάλειαν, KD 10 φόβους τῆς διανοίας […] περὶ μετεώρων, KD 11 αἱ τῶν μετεώρων ὑποψίαι, KD 12 τὸ φοβούμενον, KD 14 ἀσφαλείας τῆς ἐξ ἀνθρώπων, KD 34 κατὰ τὴν ὑποψίαν φόβῳ. Ähnlich werden durch das Schlüsselwort πέρας, welches in jeder dieser Sentenzen vorkommt, KD 18–21 zu einer Gruppe zusammengefasst, wie es für KD 18–20 bereits Bignone feststellte. Er wies auch auf den thematischen Bezug zu KD 3 hin:32 Begrifflich entspricht den πέρατα τῆς ἡδονῆς aus KD 20 der ὅρος τοῦ μεγέθους τῶν ἡδονῶν in KD 3. Dazu kommt an unserer Stelle noch eine assoziative Verbindung der πέρατα τῆς ἡδονῆς (KD 20). An sie lehnen sich im folgenden Lehrsatz die πέρατα τοῦ βίου 30

Vgl. oben Anm. 20–22 und zugehörigen Text. Zur Wiederaufnahme des Themas von KD 6–7 in KD 14 und seiner Verknüpfung mit KD 11–12 vgl. O. Gigon: Epikur, 120 und bereits E. Bignone: Epicuro, 17; R. Philippson: Die Κύριαι Δόξαι, 1029. 32 E. Bignone: Epicuro, 18 Anm. 1. 31

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(KD 21) an unter Wiederaufnahme des bereits zweimal in KD 20 verwendeten βίου.33 Diese assoziative Wiederholung von Schlüsselbegriffen ist vor allem in den Lehrsätzen anzutreffen, die den Übergang zu einem neuen Abschnitt markieren oder weitere Folgerungen einleiten.34 Überlieferungsgeschichtlich bringt diese Art der Verbindung freilich die Gefahr mit sich, dass später in der gleichen Weise neue Sentenzen eingeschoben werden, die mit den umstehenden assoziiert werden können, weil sie ähnliche Begriffe enthalten. Umgekehrt können aber mit diesem Mittel, vielfältige und assoziative Bezüge herzustellen, weit komplexere Strukturen abgebildet werden, als ein linear verlaufender Text zuließe. Eine solche bezügereiche Struktur entspricht dem Aufbau von MindMaps und muss gerade daher für den mnemotechnischen Zweck einer Lehrsatzsammlung als besonders geeignet gelten. Damit erweitern die κύριαι δόξαι die Argumentationslinie konventioneller Abhandlungen auf die Fläche einer Schemazeichnung. Eine erschöpfende Darstellung aller Verbindungen ist für ein solches System nicht möglich. Ein erster Eindruck der Funktionsweise lässt sich aber bereits aus der Gliederung der Sammlung entnehmen.35 Sie zerfällt in zwei Hauptteile: a) Befreiung von Furcht und dem daraus folgenden glückseligen Leben; b) Grundlage und zwei konkrete Anwendungen der philosophischen Analyse in der Ethik. a) Die Tetrapharmakos (KD 1–4) setzt die Grundlagen für die Beseitigung der Furcht vor den Göttern, dem Tod und dem Schmerz. Freiheit von letzterem ist Lust. Es folgt die traditionelle Ansicht von Lust und Mitteln zur Beseitigung der Furcht. Als Problem bleibt die Furcht vor Göttern und Tod, gegen die mit traditionellen Mitteln nichts auszurichten ist, sondern allein mit der philosophischen Naturerkenntnis (Physiologie, KD 5–13).36

33

Ein ähnlicher Bezug lässt sich zu πέρας τῶν ἐπιθυμιῶν in KD 10 herstellen. Die Funktion wurde von E. Bignone: Epicuro, 16–17, 22–23, festgestellt. Als Beispiele für solche Übergangssentenzen nennt er KD 13, 19, 22 und verweist auf einen ähnlichen Fall in Ep. Hdt. 63 und 68. 35 Die hier vorgestellte Gliederung des Textes beruht zum Teil auf anderem Verständnis einzelner Lehrsätze. Frühere Gliederungen sind in Anm. 16 zitiert. 36 E. Bignone: Epicuro, 15 sieht KD 5 als Krönung der Tetrapharmakos und Beginn eines neuen Abschnitts über die φρόνησις. Bis KD 21 würden dann Regeln der Weisheit und Klugheit für den Weisen behandelt. 34

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Die Anwendung beider Mittel führt als Ertrag zum glückseligen Leben (KD 14–21). b) Die zweite Hälfte der Sammlung ist davon deutlich abgesetzt.37 Sie bringt zwei Beispiele für die Anwendung der wissenschaftlichen Natur­ erkenntnis. So wie am Beginn des ersten Teiles die Tetrapharmakos als grundlegende Zusammenfassung steht, leiten hier die Prinzipien der ethischen Analyse die Darstellung ein: Ausgangspunkt ist immer die Sinneswahrnehmung, Kriterium ist das Endziel des Lebens (KD 22–25). Im Beispiel der Begierden erlaubt die Analyse das Vermeiden des Schädlichen (KD 26–30), im Beispiel der Gerechtigkeit führt die Analyse zur Handlungsempfehlung (KD 31–38), die wiederum die Freiheit von Furcht zum Ertrag hat (KD 39–40).38 So haben auch beide Abschnitte ein analoges Ende in der Glückseligkeit und sprechen gleichzeitig im Rückgriff auf KD 2 jeweils am Ende den Umgang mit dem Tod an.39 In der folgenden Aufstellung sind einige der bisher genannten Schlüsselbegriffe wie Furcht und Sicherheit durch Fettdruck und Unterstreichung hervorgehoben.40 Die bisher aufgestellte lineare Gliederung ist durch kursive Zwischenüberschriften markiert. Bei der Anordnung wurde versucht, verwandte Themen nebeneinander auf gleiche Höhe zu setzen. Zusätzlich zum linearen Durchgang von Zeile zu Zeile in der Reihenfolge des Textes sind damit auch einige der Querlinien leicht zu erkennen. Ein Beispiel wären die verschiedenen Mittel zur äußeren Sicherheit, die in allen thematischen Abschnitten erwähnt wird: KD 6–7, KD 14–17, KD 27–28 und KD 39–40.41 37

Einen inhaltlichen Bruch von KD 21 auf KD 22 stellte bereits R. Philippson: Die Κύριαι Δόξαι, 1030 fest. Vgl. unten nach Anm. 56. 38 O. Gigon: Epikur, 127 verbindet den «merkwürdig unbestimmte[n] Satz» von KD 40 mit dem Thema der Freundschaft (KD 28) und dem klaglosen Scheiden aus dem Leben, wenn die Glückseligkeit erlangt ist (KD 20). Gleichzeitig schließt er eng an den vorhergehenden Lehrsatz (KD 39) an. 39 J. Bollack: La pensée du plaisir, 212–213 sieht das gemeinsame Thema Tod in KD 20 unter dem Blickwinkel der Möglichkeit in KD 40 als Ergebnis behandelt. 40 Zum Problemkreis der Sicherheit (KD 6, 7, 14 und 39) vgl. O. Gigon: Epikur, 127, der auch KD 4 und KD 29 mit KD 39 vergleicht. 41 Der Bezug zu weiteren Sentenzen lässt sich herstellen, wenn man mit Robert Philippson: Die Rechtsphilosophie der Epikureer, in: AGPh 23 (1910) 289–337, 433–446, hier: 305 davon ausgeht, dass ἀταραξία auf ἀσφάλεια und diese auf Staat und Gesetzen beruht.

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A Befreiung von Furcht und glückseliges Leben Tetrapharmakos

Epikureischer Weiser

  1: Götter bereiten keine Schwierigkeiten.   2: Tod ist bedeutungslos für uns.  3:  Größte Lust ist Beseitigung des Schmerzes.42   4: Schmerz ist nicht dauerhaft oder kann von Lust übertroffen werden.  5: Lust im Leben setzt ein vernünf­tiges und gerechtes Leben voraus.

Traditionelle Mittel   6: menschliche Sicherheit durch Herrschaft   7: menschliche Sicherheit durch Ansehen   8. Lust ist an sich nie ein Übel.43

  9. Es gibt nur quantitative Unterschiede.

10. Ausschweifung beseitigt Schmerz, aber nicht die Furcht der διάνοια. 11.  Furcht ist Antrieb für Physiologie. 12. Physiologie muss umfassend sein. 13. besteht die Furcht weiter, ist menschliche Sicherheit unnütz.

42

14. Am sichersten ist ruhiges, abgesondertes Leben. 15. Natürlicher Reichtum ist leicht zu erwerben. 16. Der Zufall ist machtlos. 17. Der Gerechte hat am meisten Ruhe. 18.  Lust hat eine natürliche Obergrenze; Lust des Fleisches und der διάνοια.44 19. Der Grad der Lust ist unabhängig von der Dauer. 20. Fleisch geht von unbegrenzter Lust aus; die διάνοια überwindet die Furcht, braucht die Dauer nicht und trauert nicht über frühen Tod. 21. Das vollkommene Leben ist damit leicht zu erreichen.45

KD 3 wird in KD 18 wieder aufgegriffen, vgl. O. Gigon: Epikur, 121. Vgl. den Beginn von KD 34. 44 Zur Deutung vgl. R. Philippson: Die Κύριαι Δόξαι, 1029. J. Bollack: La pensée du plaisir, 211 sieht in KD 18–21 eine Wiederaufnahme des Themas der Lust aus KD 8–10. 45 Den Bezug zu KD 15 zeigen E. Bignone: Epicuro, 18–19 und O. Gigon: Epikur, 122. 43

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B Anwendung der philosophischen Analyse Grundsätze 22.  Endziel und Sinnes­ wahrnehmung sind die Basis jeden Urteils. 23.  Ohne alle Sinneswahrnehmung gibt es kein Kriterium für Urteile. 24. Sinneswahrnehmungen sind von ihrer Deutung unterschieden. 25. Jede Handlung ist auf das Endziel zu beziehen.

Begierden 26.  Nicht auf Beseitigung von Schmerz abzielende Begierden sind nicht notwendig.46 27.  Das erstrebenswerteste Mittel zur Glück­seligkeit ist Freundschaft.

28. Freundschaft ist das beste Mittel zur Sicherheit.47 29. Nicht natürliche und nicht notwendige Begierden entstehen aus Unverstand.48 30. Natürliche Begierden, die bei Nicht­ erfüllung nicht schmerzen, haben nur aus Unverstand Bestand.49

46 47 48

49 50 51 52

Gerechtigkeit 31.  Natürliche Gerechtigkeit ist eine Ab­ machung zum gegenseitigen Nutzen. 32. Ohne Vertragsfähigkeit keine Gerechtigkeit. 33. Es gibt keine Gerechtigkeit an sich. 34.  Nicht Ungerechtigkeit an sich ist ein Übel, sondern die Furcht vor Ent­ deckung und Strafe. 35. Es gibt kein Mittel gegen diese Furcht.50 36. Gerechtigkeit ist an Nutzen gebunden und unterscheidet sich mit diesem bei verschiedenen Völkern. 37. Gerechtigkeit ist an Nutzen gebunden und unterscheidet sich mit diesem in verschiedenen Zeiten.51 38.  Gerechtigkeit setzt nach der Prolepse aktuellen Nutzen voraus.52 39.  Sicherheitsgefühl nach außen entsteht, indem man wo möglich die Leute zu Vertrauten macht, sonst sie nicht zu Gegnern, oder wenn das nicht möglich ist, sich von ihnen fern hält. 40.  Sicherheit von den Mitmenschen gibt das lustvollste Zusammenleben ohne Klage über frühen Tod.

Zum Bezug auf KD 3 und 15 vgl. O. Gigon: Epikur, 123. Vgl. KD 6 und 7. Zur Verbindung mit KD 4 und KD 14 vgl. O. Gigon: Epikur, 124. E. Bignone: Epicuro, 23 sieht eine Erweiterung der ersten Aufteilung in notwendige und nicht notwendige Begierden in KD 26 zur Dreiteilung. Zur Wiederaufnahme des Konzepts der κενοδοξία aus KD 29 vgl. J. Bollack: La pensée du plaisir, 348. O. Gigon: Epikur, 126, sieht in diesem Satz eine Sicherung gegen unzulässige Folgerungen aus KD 34 und gleichzeitig Bestätigung für KD 17. Zur Deutung J. Bollack: La pensée du plaisir, 384. Zur Frage der Doppelung von KD 37 und KD 38 vgl. E. Bignone: Epicuro, 24–25 und J. Bollack: La pensée du plaisir, 392.

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Zusammenfassungen der Lehre spielten eine große Rolle im Epikureismus. Epikur selbst schrieb mehrere Werke mit unterschiedlichem Verdichtungsgrad. Am Beginn des Herodotbriefes beschreibt er Zweck und Nutzen der Zusammenfassungen für Leser mit verschiedenen Vorkenntnissen.53 Nach einer Beobachtung Delattres ist in diesem Text dem verschiedenen Kenntnisstand der Leser dadurch Rechnung getragen, dass voraussetzungsreiche Aussagen durch daran anschließende Erläuterungen verständlich gemacht werden. Delattre vermutet, dass diese Erläuterungen in den Handschriften entsprechend markiert waren, um den kundigen Leser ein Überspringen von bekannten Ausführungen zu erleichtern.54 Die erläuternden Abschnitte entsprächen demnach etwa modernen Fußnoten oder zusätzlichen Angaben in Klammern, auf die der Leser nur bei Bedarf eingeht. Die literarische Technik der κύριαι δόξαι ist noch leistungsfähiger und flexibler. Während ein zusammenhängender Text die Reihenfolge der Argumente festschreibt, erlaubt die Technik der Verbindung durch Schlüsselbegriffe für unterschiedliche Fragen und Probleme eine maßgeschneiderte Auswahl und Zusammenstellung aus dem vorhandenen Material.55 Mnemotechnisch ist der Übergang vom letzten Schlüsselbegriff eines Lehrsatzes zu einem neuen Lehrsatz, der mit demselben Ausdruck beginnt, besonders leicht zu vollziehen. Die literarische Technik der Verbindung durch Schlüsselbegriffe erfüllt daher in höchstem Maße die Anforderungen an eine Lehrsammlung als Lebenshilfe: leichte Memorierbarkeit und Anpassungsfähigkeit an verschiedene Situationen. Gleichzeitig erlaubt sie durch die Möglichkeit, stets weitere Verdeutlichungen in Form von präzisierenden Lehrsätzen an- und einfügen zu können, eine beliebige Steigerung der Genauigkeit. So könnte beispielsweise der Abschnitt über die Kanonik (KD 22–25) für fortgeschrittenere Epikureer leicht durch zusätzliche Lehrsätze über die Wahrnehmung erweitert und ver53

Zur Kommunikationsstrategie in diesem Text vgl. Emidio Spinelli: Breviari di salvezza. Comunicazione e scienza in Epicuro, in: Francesco Verde (a cura di): Epicuro. Epistola a Erodoto (Roma 2010) 9–24, hier: 15, 20. 54 Vgl. D. Delattre: Un modèle magistral, 152–157. 55 Vielleicht sind zusammenhängende Gruppen von Lehrsätzen aus den κύριαι δόξαι, die in anderer Reihenfolge im Gnomologium Vaticanum stehen (vgl. Anm. 9), aus solchen Auswahlen ad hoc entstanden.

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tieft werden, ohne dass die bereits vorhandenen Lehrsätze dieses Abschnittes oder der übrigen Teile verändert werden müssten. Es genügt, die neuen Sätze zu memorieren. Durch die Schlüsselbegriffe sind die Zusammenhänge gesetzt und die neuen Sätze mit den vorhandenen verbunden. Damit ist exemplarisch die Forderung erfüllt, die Epikur für eine Zusammenfassung aufstellt: durch knappe Worte alles in sich zu umfassen, was dann noch im Einzelnen genauer ausgeführt werden könnte (διὰ βραχεῶν φωνῶν ἅπαν ἐμπεριλαβεῖν ἐν αὑτῷ τὸ καὶ κατὰ μέρος ἂν ἐξακριβωθέν, Ep. Hdt. 36). Freilich ist das Prinzip der assoziativen Bezüge durch Schlüsselbegriffe nicht auf Bezüge innerhalb der κύριαι δόξαι beschränkt. Die oben erwähnten Anspielungen auf berühmte Aussagen von früheren Philo­sophen oder Dichtern folgen demselben Prinzip,56 auch wenn sie nicht immer in einem inhaltlichen Zusammenhang zum Bezugstext stehen. Eine weitere solche Anspielung zu einem bekannten literarischen Text scheint mir ebenfalls vor allem kompositorische Gründe zu haben. Sie markiert den Neueinsatz zu Beginn der zweiten Hälfte unserer Gliederung (KD 22) und dient damit auch als weitere Bestätigung für diese Einteilung. Die Bezugstelle ist das Ende von Xenophons Hellenika (VII 5, 27), deren Anfang μετὰ δὲ ταῦτα selbst wiederum einen Bezug zum Ende eine­s Werkes (Thuk.) darstellt. Gleichzeitig nimmt der letzte Satz dieses Werkes wieder auf den ersten Bezug: ἀκρισία δὲ καὶ ταραχὴ ἔτι πλείων μετὰ τὴν μάχην ἐγένετο ἢ πρόσθεν ἐν τῇ ῾Ελλάδι. ἐμοὶ μὲν δὴ μέχρι τούτου γραφέσθω· τὰ δὲ μετὰ ταῦτα ἴσως ἄλλῳ μελήσει. Unentschiedenheit aber und Verwirrung wurde in Griechenland nach der Schlacht noch größer als vorher. Bis hierher nun soll meine Schrift gehen. Um das Anschließende wird sich vielleicht ein anderer kümmern.

Abgesehen vom Corpus Hippocraticum ist diese Stelle der einzige Beleg von ἀκρισία vor Epikur.46 Die Verbindung von ἀκρισία mit ταραχή steht 56

57

Vgl. zu Anm. 12 und Anm. 13. Es gibt freilich zwei Belege im dritten Buch der Epidemien des Corpus Hippocraticum (III 3 und III 12). Ein zeitgenössischer Beleg ist vielleicht Men. Sent. 4, 4. Das Wort ist häufiger bei Polybius, der auch unsere Verbindung hat (Pol. XXXVIII 12, 1).

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im Lehrsatz am Beginn des zweiten Abschnittes (KD 22), der selbst wieder auf das Ende (τέλος) verweist: τὸ ὑφεστηκὸς δεῖ τέλος ἐπιλογίζεσθαι καὶ πᾶσαν τὴν ἐνάργειαν, ἐφ’ ἣν τὰ δοξαζόμενα ἀνάγομεν· εἰ δὲ μὴ πάντα ἀκρισίας καὶ ταραχῆς ἔσται μεστά. Das bestehende Endziel muss man ergründen und die ganze Evidenz, auf die wir unsere Meinungen zurückführen. Andernfalls wird alles voller Unentschiedenheit und Verwirrung sein.

Der Bezug wird unterstrichen durch den Umstand, dass der folgende Lehrsatz am Anfang noch μάχη, das nächste Substantiv bei Xenophon, aufgreift (KD 23 εἰ μάχῃ πάσαις ταῖς αἰσθήσεσιν). Man kann sich fragen, ob Diogenes Laertius diese Bezüge aufnimmt oder ob die Anordnung von ihm stammt.47 Denn seine Einleitung zu den κύριαι δόξαι verwendet dieselbe Anspielung auf den Endzweck des Lebens und das Ende des Werkes: καὶ φέρε οὖν δὴ νῦν τὸν κολοφῶνα, ὡς ἂν εἴποι τις, ἐπιθῶμεν καὶ τοῦ παντὸς συγγράμματος καὶ τοῦ βίου τοῦ φιλοσόφου, τὰς Κυρίας αὐτοῦ δόξας παραθέμενοι καὶ ταύταις τὸ πᾶν σύγγραμμα κατακλείσαντες, τέλει χρησάμενοι τῇ τῆς εὐδαιμονίας ἀρχῇ (Diog. Laert. X 138). Lasst uns nun den Schlusspunkt (wie man sagen könnte) setzen sowohl vom ganzen Werk als auch vom Leben dieses Philosophen, indem wir seine Hauptlehrsätze hersetzen und mit ihnen das ganze Werk beschließen. Damit machen wir zu unserem Ende den Anfang der Glückseligkeit.

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Die Frage kann hier nicht entschieden werden. Zum grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Text Epikurs und der Wiedergabe Epikurs bei Diogenes Laertius vgl. Tiziano Dorandi: Diogene Laerzio. Epicuro e gli editori di Epicuro e di Diogene Laerzio, in: Eikas­mos 21 (2010) 273–301.

τὸν σοφὸν οὐ δοκεῖ ῥητορεύσειν καλῶς? Rhetorik in Texten Epikurs JA N E R I K H E ß L E R

1. Vorbemerkung Das Verständnis Epikurs und seiner Lehre wurde in der jüngeren Vergangenheit, nicht zuletzt durch die Erschließung neuer Texte, in vielen Bereichen erweitert und differenziert. Ein Thema, das hier viel Beachtung findet, ist Epikurs Verhältnis zur Rhetorik, und diverse Studien zeigen, dass er nicht, wie lange angenommen, Rhetorik generell ablehnt.1 Was aber *

1

Für Hinweise zur Druckversion danke ich Vincenzo Damiani und ganz besonders Jürgen Hammerstaedt für hilfreiche Erläuterungen zur korrekten Zitation von Philodems Rhetorik. Im Aufsatz wurden als Abkürzungen, die nicht in den Siglen des Neuen Pauly angeführt sind, verwendet: 1) Werke Epikurs (Epik.): Ep. Men. = Epistula ad Men­ oeceum; Ep. Hdt. = Epistula ad Herodotum; Ep. Pyth. = Epistula ad Pythoclem; Fr. Arr.2 = Fragmente nach Graziano Arrighetti: Epicuro. Opere (Torino 21973); Fr. Us. = Fragmente nach Hermann Usener: Epicurea (Leipzig 1887; ND Stuttgart 1966; Milano 2008). 2) Werke Plutarchs: Non posse = Non posse suaviter vivi secundum Epicurum. So Karl J. Beloch: Griechische Geschichte, IV 1. Die griechische Weltherrschaft (Berlin 2 1925) 451; John M. Rist: Epicurus. An Introduction (Cambridge 1972) 14; Martin L. Clarke: Rhetoric at Rome. A Historical Survey (London, New York 31996) 7–8; David Armstrong: All Things to All Men. Philodemus’ Model of Therapy and the Audience of De Morte, in: John T. Fitzgerald, Dirk D. Obbink, Glenn S. Holland (eds.): Philodemus and the New Testament World (Leiden, Boston, Köln 2004) 15–54, 26; Gert Ueding, Bernd Steinbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte – Technik – Methode (Stuttgart 4 2005) 29; Verena Schulz: Die Stimme in der antiken Rhetorik (Göttingen 2014) 133. Zur differenzierten Haltung Epikurs zur Rhetorik jetzt Margherita Erbì: La retorica nell’epicureismo. Una riflessione, in: CErc 41 (2011) 189–205; skeptisch gegenüber einer umfassenden Ablehnung bereits Carl J. Classen: Dichtung und Rhetorik in Lukrez’ De

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den Einsatz und die Legitimation rhetorischer Elemente in seinen Texten betrifft, gibt es nur erste Ansätze. In der Antike wurde Epikur häufig vorgeworfen, er pflege einen schlechten Stil und verzichte auf jegliche rhetorische Ausformung. So wirft etwa Cicero Epikur vor, er vernachlässige Redeschmuck, verachte dialektische Feinheiten und rede wirr daher.2 Wie es um Epikurs Ablehnung bzw. Nichtberücksichtigung von Rhetorik bestellt ist, werden wir uns im Folgenden genauer ansehen. Seit dem 19. Jahrhundert gab es immer wieder Forscher, die Epikur den Einsatz von Rhetorik attestierten, besonders im Brief an Menoikeus.3 Dieser Text, eine Mischform aus Epitome der Ethik Epikurs und philosophischer Werbeschrift, wird daher auch im Mittelpunkt dieses Beitrags stehen. Die Aussagen über Rhetorik im Brief an Menoikeus beschränken sich meist auf ein oder zwei Sätze, die Stilmittel nennen.4 Wie weit jedoch die rhetorische Ausarbeitung des Briefs geht und was man daraus schließen kann, fand bisher noch keine ausreichende Würdigung.5

rerum natura, in: Carl J. Classen (Hg.): Die Welt der Römer. Studien zu ihrer Literatur, Geschichte und Religion. Hg. v. Hans Bernsdorff u. Mitwirkung v. Meinolf Vielberg (Berlin, New York 1993) 84–122, hier: 115–116. 2 Cic. Fin. I 14–15: existimo te […] minus ab eo (sc. Epicuro) delectari, quod ista […] orationis ornamenta neglexerit; II 27: contemnit enim disserendi elegantiam, confuse loquitur; II 18: ruit in dicendo, ut mihi quidem videtur, nec ea, quae docere vult, ulla arte distinguit. 3 H. Usener: Epicurea, 41–42; Norman W. DeWitt: Epicurus and His Philosophy (Minnea­polis, Oxford 1954; ND 1964 u.ö.) 46; Ettore Bignone: L’Aristotele perduto e la formazione filosofica di Epicuro, 2 Bde. (Firenze 21973; ND in einem Bd. Milano 2007) I 127; Giuliana Leone: La chiusa del XIV libro «Della natura» di Epicuro, in: CErc 17 (1987) 49–76, hier: 64 Anm. 137; Mario Capasso: Carneisco. Il secondo libro del Filista (PHerc. 1027) (Napoli 1988) 99; Tiziana Di Matteo: La retorica da Epicuro a Filodemo, in: CErc 30 (2000) 81–88, hier: 86. 4 E. Bignone: Aristotele, I 125–127; M. Capasso: Carneisco, 100–105. 5 Zum Gesamteindruck des Werks bemerkt N. W. DeWitt: Epicurus, 46: «This document […] falls short of the standard of Isocrates, the greatest of all teachers of Greek style. It exhibits the periodic structure along with rhythmical cadences and also charming little antitheses».

Rhetorik in Texten Epikurs

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2. Rhetorische Elemente (formal) Betrachten wir uns den Befund: Hermann Usener hielt bereits 1887 fest, dass Epikur konsequent Hiate vermeidet.6 Allerdings geht er in seiner Ausgabe zu weit, wenn er an vielen Stellen umstellt, elidiert und korrigiert, um einen maximalen Effekt auch im Schriftbild zu erzielen – die späteren Ausgaben folgen dort, wo Usener korrigiert, dem Handschriftenbefund.7 Epikur nutzt die Lizenzen, die in der Antike gängig waren,8 und setzt die Vermeidung des Hiats konsequent um, was sich nicht zuletzt an Wortwahl und -stellung zeigt: Im Brief an Menoikeus wird genau darauf geachtet, in welcher Reihenfolge die Wörter stehen, um eine exakt parallele bzw. chiastische Anordnung zu erreichen, aber eben auch, um unerwünschte Zusammenstöße von Vokalen zu vermeiden.9 In seinem Brief setzt er zudem in hohem Maße alle gängigen Stilmittel rhetorischer Texte ein: Auf der syntaktisch-strukturellen Ebene ist der Brief in weiten Teilen streng parallel gebaut und geprägt durch zahlreiche Antithesen und Hyperbata. Erst recht auffällig ist die Klangebene. Wir finden hier nicht nur gehäuft Alliterationen, sondern auch zahlreiche Assonanzen und Homoioteleuta.10 Diese rhetorischen Mittel sorgen bereits dafür, dass die Aussagen klar strukturiert und/oder besonders ins Blickfeld gerückt werden. Hier geht Epikur aber noch weiter: Bereits in der Antike wurde ihm zum Beispiel von Athenaios vorgeworfen, er habe keinen Wert auf eine Rhythmisierung seiner Texte gelegt – ein Befund analog zur Aussage, eine Stilistik sei gewissermaßen nicht vorhanden.11 Liest man den Brief jedoch laut, so fällt der vorliegende Prosarhythmus auf. Dieses in der Antike allenthalben festzustellende Phänomen wurde in einigen Untersu6 7

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H. Usener: Epicurea, XLI. Noch weiter geht in seiner Bemühung um eine Normalisierung u.a. zur Hiatvermeidung Cobet in seiner Diogenes-Ausgabe (Carel G. Cobet: Diogenis Laertii De clarorum philosophorum vitis, dogmatibus et apophthegmatibus libri decem [Paris 1850]). Zu diesen Regeln Jan E. Heßler: Epikur. Brief an Menoikeus. Text, Übersetzung und Kommentar (Basel 2014) 77–79. J. E. Heßler: Epikur, 79. Ausführlich J. E. Heßler: Epikur, 81–86. Athen. V 187c (zu Epikurs Symposion): τὴν μὲν γὰρ ἐπιτρέχουσαν τῇ λέξει ἀρρυθμίαν τί δεῖ καὶ λέγειν.

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chungen vor allem bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beleuchtet. Doch sind Methoden, Darstellung und Ergebnisse sehr unterschiedlich, und je nach subjektivem Empfinden der Interpreten werden manche Silbenfolgen mal als klassisch, mal als asianistisch bewertet.12 Epikur scheint bei der Rhythmisierung kaum auf Regeln geachtet zu haben, die für antike Autoren aufgestellt wurden. Inwieweit aber im 4. Jahrhundert v. Chr. überhaupt Regeln befolgt wurden, und wenn welche, ist umstritten – in jedem Fall bleibt der Eindruck, dass Epikur im Brief an Menoikeus durch Rhythmisierung einen Effekt erzielen will. Hier möchte ich nur einige kurze Beobachtungen anführen, die zum Gesamteindruck des Texts beitragen können. Betrachtet man sich ganze Perioden, so ist in weiten Teilen vor allem eine augenfällige Abwechslung langer und kurzer Silben gegeben. Dieser Wechsel ermöglicht eine Betonung einzelner Aussagen und erzeugt Wohlklang durch den Einsatz von Schemata, die einander entsprechen und in ihrer Wirkung unterstützt werden durch Homoioteleuta und Assonanzen.13 Von besonderem Interesse dürften Beginn und Schluss des Briefes sein, da sie als Schlüsselstellen wichtig sind. Zum Auftakt ist bei beiden Satzteilen die Parallelität nicht nur in der Wortstellung beachtet, sondern auch in der Silbenfolge zu Beginn; beide enden nach aristotelischer Forderung auf Paeon quartus:14 μήτε νέος – ⏑ ⏑ –

τις ὢν μελλέτω ⏑ – – ⏑ –

φιλοσοφεῖν, ⏑ ⏑ ⏑ –,

μήτε γέρων – ⏑ ⏑ –

ὑπάρχων κοπιάτω ⏑ – – ⏑ ⏑⏑ –

φιλοσοφῶν. ⏑ ⏑ ⏑ –.

Neben dieser strengen Parallelität zeigt sich auch die wohlüberlegte Abwechslung von langen und kurzen Silben, die hier nicht ungeordnet, sondern in fließendem Rhythmus nacheinander verwendet werden. Gerade zu Beginn des Briefs wird hier sichtlich Mühe darauf verwendet, eine gefällige Satzmelodie zu erzeugen.

12

J. E. Heßler: Epikur, 86–87. Ausführlich J. E. Heßler: Epikur, 87–94. 14 Aristot. Rhet. III 8, 1409a3–21. 13

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Nun zum Schluss der Epistel: Auch hier unterstützen Wortstellung und Rhythmik den Inhalt. Es geht um die letzte Ermahnung, die Ratschläge zu berücksichtigen, und die Betonung der positiven Folgen: οὐθὲν γὰρ ἔοικε θνητῷ ζῴῳ ζῶν ἄνθρωπος ἐν ἀθανάτοις ἀγαθοῖς. – – ⏑ ⏑–– – – –– – – – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ –.

Gerade im letzten Satz wird durch den Wechsel von Einheiten langer und kurzer Silben eine Dreiteilung erzeugt, welche die einzelnen Bestandteile voneinander absetzt. Stark betont durch die langen Silben ist die Sequenz θνητῷ ζῴῳ ζῶν. Die Abfolge vieler Längen eignet sich, um wichtige Aussagen einprägsam zu präsentieren. Wenn dann ἄνθρωπος ἐν ἀθανά­τοις ἀγαθοῖς mit diversen kurzen Silben folgt, so verstärkt sich der Eindruck, dass die Rhythmisierung von Briefbeginn und -schluss bewirken soll, dass man die Aussagen besser im Gedächtnis behalten kann.15 Das Memorieren von Texten und die damit verbundene ständige Vergegenwärtigung von Lehrsätzen sind wichtige Aspekte epikureischer Wissensvermittlung.16

3. Rhetorische Elemente (Redeteile) Die Rhetorisierung des Briefs an Menoikeus beschränkt sich freilich nicht auf die genannten formalen Elemente. Vielmehr lässt auch der Verlauf der 15

Der Effekt des Wechsels kurz-lang wird noch verstärkt, wenn man das Alpha privativum bei ἀθανάτοις als kurzes ᾰ liest statt wie v.a. in poetischen Texten als langes ᾱ (für diesen Hinweis danke ich Christian Tornau). Allerdings scheint mir doch gerade das Ende auf – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ – ⏑ ⏑ – sehr eingängig. 16 Epik. Ep. Pyth. 84–85: ἐπειρῶ μνημονεύειν τῶν εἰς μακάριον βίον συντεινόντων διαλογισμῶν […], ἵνα ῥᾳδίως μνημονεύῃς· τὰ γὰρ ἐν ἄλλοις ἡμῖν γεγραμμένα δυσ­ μνημόνευτα εἶναι […] καλῶς δὴ αὐτὰ διάλαβε, καὶ διὰ μνήμης ἔχων ὀξέως αὐτὰ περι­ όδευε. Ep. Hdt. 35: ἐπιτομὴν τῆς ὅλης πραγματείας εἰς τὸ κατασχεῖν τῶν ὁλοσχερωτάτων γε δοξῶν τὴν μνήμην ἱκανῶς αὐτὸς παρεσκεύασα, ἵνα παρ’ ἑκάστους τῶν καιρῶν ἐν τοῖς κυριωτάτοις βοηθεῖν αὑτοῖς δύνωνται. Zu diesem Aspekt der Wissensvermittlung und der Umsetzung in epikureischen Literaturformen vgl. Anna Angeli: Compendi, Eklogai, Tetrapharmakos. Due capitoli di dissenso nell’epicureismo, in: CErc 16 (1986) 53– 66; Graziano Arrighetti: Forme della comunicazione in Epicuro, in: Michael Erler, Jan E. Heßler (Hg.): Argument und literarische Form in antiker Philo­sophie (Berlin 2013) 315–337.

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Argumentation rhetorische Prägung erkennen: Bereits die Einleitung, vor allem aber der Hauptteil ist so gestaltet, dass nahezu durchgehend zuerst die Meinungen anderer widerlegt werden und anschließend für die Ansichten Epikurs argumentiert wird – ein Vorgehen, welches an πίστις und ἔλεγχος der Gerichtsrede erinnern mag. Mit dem Brief an Menoikeus liegt eine Mischform zwischen Brief, Protreptikos und Epitome vor, doch erinnern gerade Beginn und Schluss auch an προοίμιον und ἐπίλογος einer Rede: Das προοίμιον soll die Aufmerksamkeit des Lesers bzw. Hörers gewinnen, indem kurz und prägnant der Gegenstand von Rede bzw. Text sowie seine Bedeutung angesprochen wird:17 In Ep. Men. ist dies der Fall, was sich auch an der besprochenen Rhythmisierung der Passage zeigt. Der Epilog dient dazu, den Hörer gegenüber dem Redner positiv zu stimmen, gegenüber dem Gegner negativ. Zudem soll der Schlussteil Affekte erregen und durch eine Zusammenfassung des Besprochenen an die Punkte erinnern, über die entschieden werden soll.18 Diese abschließenden Bemerkungen können laut Aristoteles auch als Fragen erfolgen,19 wie am Ende des Briefs an Menoikeus, wo vor dem eigentlichen Epilog eine ἀνα­κεφαλαίωσις (oder recapitulatio) geboten wird in der Form «Wen könntest Du für stärker halten als den (sc. Weisen), der […]?». Ganz am Ende fordert Epikur im Epilog erneut auf, sich an seine Lehren zu halten, um so die Angleichung an Gott zu erreichen, ein neuer pointierter Gedanke, der als Schlusspunkt gesetzt wird. Auch der letzte Satz zeigt wieder, wie wir gesehen haben, eine besondere Rhythmisierung.

4. Rhetorische Elemente (inhaltlich) Insgesamt ist die Argumentation im Brief an Menoikeus ganz entscheidend geprägt durch die Literaturform, die vorliegt: Neben wenigen formalen Elementen, die ihn der Briefliteratur zuweisen,20 ist der Text vor alle­m ein Protreptikos, eine philosophische Werbeschrift, die eine Zusam17

Aristot. Rhet. III 14, 1415a22–24; Rhet. Her. I 11; Quint. Inst. IV 1, 58–60. Aristot. Rhet. III 19, 1419b10–32; Quint. Inst. VI 1, 1–2, 18. 19 Aristot. Rhet. III 19, 1420a3–4. 20 J. E. Heßler: Epikur, 34–40. 18

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menfassung der Ethik Epikurs enthält. Was den Einsatz von Protreptik in epikureischer Literatur betrifft, bemerkt David Armstrong zu Phi­lodems De morte: «We can say that his style is protreptic, a rhetoric to convince potential initiates, […] a style that Epicureans only used with caution, arguing, as they usually did, that sober and analytic prose, not elegant rhetoric, […] was best fitted to convey truth».21 Zu Epikur selbst heißt es dann: «Epicurus himself seems not to have used rhetoric at all».22 Was formale Elemente betrifft, zeigte sich im Brief an Menoikeus schon ein anderer Befund. Wie es sich mit protreptischer Rhetorik verhält, werden wir nun sehen.23 Zunächst einige einführende Bemerkungen: προτρεπτικοὶ λόγοι entstanden, als die σοφισταί im 5. Jahrhundert Hörer für ihre Kurse außerhalb des traditionellen Unterrichtssystems akquirieren und daher vom Nutzen ihrer kostspieligen Unterweisung überzeugen mussten. Insbesondere die Rhetorik stand im Vordergrund, um die Jugend Athens auf eine Rolle als Politiker vorzubereiten.24 Diese Werbereden wurden aufgegriffen durch die Sokratiker. Innerhalb der Werke Platons finden sich diverse Passagen protreptischen Charakters, sein Euthydem gilt als frühester protreptischer Text überhaupt. Im 4. Jahrhundert v. Chr. war es für Philosophen bereits konventionell bzw. obligatorisch, protreptische Schriften zu verfassen, die dann auch für beinahe alle bedeutenden Vertreter der großen Philosophenschulen bezeugt sind.25 Die meisten Werke sind allerdings verloren, prominente Beispiele sind etwa der Protreptikos des Aristo21

D. Armstrong: All Things, 26.

22 Ebd. 23

Vgl. etwa Arr. Epikt. III 23, 34; zu diesem Thema ausführlich J. E. Heßler: Epikur, 40–71. James H. Collins: Philosophical Advertisements. Protreptic Marketing in Fourth-Century Greek Culture (Diss. Stanford 2007) 40–49 zur Entstehung der προτρεπτικοί in sophis­ tischen Kreisen; vgl. auch die Literaturangaben in J. E. Heßler: Epikur, 41 Anm. 62. 25 Vgl. die Aufstellung bei Paul Hartlich: De exhortationum a Graecis Romanisque scriptarum historia et indole, in: Leipziger Studien zur Classischen Philologie 11 (1889) 207– 336, hier: 273–333; Herwig Görgemanns: Protreptik, in: DNP 10 (2001) 468–471; zu Charakteristika protreptischer Schriften vgl. P. Hartlich: De exhortationum; Mark D. Jordan: Ancient Philosophic Protreptic, in: Rhetorica 4 (1986) 309–333; Sophie van der Meeren: Le protreptique en philosophie. Essai de définition d’un genre, in: REG 115 (2002) 591–621; Diana M. Swancutt: Parainesis in the Light of Protrepsis. Troubling the Typical Dichotomy, in: James M. Starr, Troels Engberg-Pedersen (eds.): Early Christian Paraenesis in Context (Berlin 2005) 113–153. 24

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teles oder der Hortensius Ciceros. Neben der Überlieferungslage machen es die unterschiedlichen literarischen Erscheinungsformen (z.B. Reden, Briefe, Dialoge) schwierig, gattungskonstituierende Gemeinsamkeiten auszumachen. Protreptik ist eine philosophische Methode, formal sind die Texte jeweils einem bestimmten literarischen Genre zuzurechnen (so ist z.B. Ad Demonicum aus der Schule des Isokrates eine Rede bzw. ein Sendschreiben). Wenn über προτρεπτικοί gesprochen wird, erfolgt dementsprechend keine Festlegung auf eine literarische Form, sondern Funktionen werden zugeschrieben. Zur näheren Bestimmung von Charakteristika muss man aufgrund der Überlieferungslage neben Werken mit dem Titel προτρεπτικός antike Definitionen suchen. Aussagen etwa bei Epiktet zeigen, dass die Aufgabe von προτρεπτικοί darin besteht, Leser bzw. Hörer darauf hinzuweisen, was das für ein glückliches Leben Wesentliche ist, und ein Umdenken zu bewirken, das die falsche Lebensart aufgeben lässt.26 Das wichtigste Zeugnis mit Blick auf die Funktion eines Protreptikos bietet ein Fragment von Philon von Larissa, also aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. In einem längeren, bei Stobaios überlieferten Fragment27 äußert er sich zu philosophischen λόγοι und vergleicht den Philosophen mit einem Arzt: Der Protreptikos, die Form des philosophischen λόγος, erfülle die Aufgabe, einen Kranken von der Aufnahme der Therapie zu überzeugen und anders lautende Meinungen zu entkräften. Anschließend nennt Philon eine Reihe von Charakteristika, die diese Literaturform ausmachen: Aufgabe eines προτρεπτικός ist es, zu charakterlicher Vollkommenheit zu führen und ein Verfolgen des Guten zu ermöglichen. Dies tut er, indem er den großen Nutzen der ἀρετή aufzeigt, die durch Philosophie erreicht wird, und diejenigen widerlegt, die schlechte Ratschläge geben und sich gegen die Philosophie wenden. Nun erfolgt ein weiterer Arztvergleich: Wie ein Mediziner zur Aufnahme der Behandlung auffordert, die Krankheitsursache beseitigt und Gesundheitsförderndes einflößt, so handelt der Philosoph vermittels des προτρεπτικός und führt auf zweierlei Art Heilmittel zu. Er entfernt falsche Meinungen und ersetzt 26

27

J. E. Heßler: Epikur, 43–45 mit Primärstellen und Literatur. Philon Fr. 2 Mette (Hans J. Mette: Philon von Larisa und Antiochos von Askalon, in: Lustrum 28/29 [1986/87] 9–63) = Stob. II 7, 2 p. 39–41 Wachsmuth; zu Philons Vor­ gaben J. E. Heßler: Epikur, 45–48.

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sie durch richtige, gesunde Ansichten. Ziel der Philosophie ist die εὐ­ δαιμονία – wie der Arzt nicht nur gesund macht, sondern auch gesundheitserhaltende Ratschläge erteilt, so gibt auch der Philosoph Hinweise für das Bewahren des glücklichen Zustands. Weil man sich auch um Durchschnittsmenschen kümmern muss, die keine Zeit für eine ausführliche Beschäftigung mit Philosophie haben, muss man Ratschläge erteilen, die Anleitung zu Sicherheit und richtiger Haltung in Kurzform bieten können. Sehen wir uns nun an, ob und wie diese Vorgaben im Brief an Menoikeus umgesetzt sind:28 Bei Philon wird als erste Aufgabe des προτρεπτικός genannt, den ‘Kranken’ von der Aufnahme der Therapie zu überzeugen, d.h. vom Beginn einer Unterweisung in Philosophie. Marcello Gigante begreift die epikureische Ethik als philosophia medicans,29 und in Ep. Men. wird von Beginn an das Stichwort ὑγιαῖνον mehrmals implizit oder explizit angesprochen. Zur Gesundheit der Seele will Epikur verhelfen, indem er zeigt, dass man die Götter und den Tod nicht fürchten muss; wie man seinem Körper nicht zuviel zumutet, lehrt er, indem er über den vernünftigen Umgang mit Lust, Schmerz und Begierden spricht. Philons Forderung nach der Hinführung zur Philosophie als einer ‘Heilerin’ wird eingehalten: Die Therapie, zu deren Aufnahme man bewegen soll, ist Epikurs θεράπεια τῆς ψυχῆς. Des Weiteren heißt es bei Philon, ein Protreptikos demon­ striere den Nutzen der Philosophie, was sich im Brief an Menoikeus allenthalben feststellen lässt: Neben dem besprochenen Aspekt der ὑγίεια werden unter anderem folgende Punkte genannt: Epikurs Ratschläge sind στοιχεῖα τοῦ καλῶς ζῆν, er spricht von τὰ ποιοῦντα τὴν εὐδαιμονίαν – ein größerer Nutzen als das vollkommene Glück ist schwer vorstellbar. Die Auflösung der Todesfurcht macht das Sterbliche am Leben genießbar. Der Zustand der Schmerzfreiheit sorgt für seelische und körperliche Ruhe. Sie wird unter anderem erreicht durch das Abwägen von Nützlichem und nicht Nützlichem. Das geschilderte Leben in εὐδαιμονία wird ausgedrückt durch οὐδέποτε […] διαταραχθήσῃ, das Leben wird geführt ὡς θεὸς ἐν ἀνθρώποις. Diese und weitere Aspekte werden demjenigen als unmittelba28

Der nun folgende Abschnitt ist eine gekürzte Fassung von J. E. Heßler: Epikur, 62–71. Nähere Angaben und Primärstellen sind dort angeführt. 29 Marcello Gigante: Philosophia Medicans, in: CErc 5 (1975) 53–61.

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rer Nutzen vor Augen geführt, der sich der Lehre Epikurs öffnet. Aufgabe eines Protreptikos sei zudem, diejenigen zu widerlegen, die sich gegenüber der Philosophie negativ äußern. Gleich zu Beginn des Briefs wendet sich Epikur gegen die, die Philosophie einem bestimmten Alter vorbehalten, unter Hinweis auf die positiven Effekte philosophischer Betätigung. Weiter spricht Philon über das Zuführen von Heilmitteln. Dies ist im Brief bereits dadurch gegeben, dass die Struktur der sogenannten τετραφάρμακος folgt. Dieses ‘vierfache Heilmittel’ umfasst die wichtigsten vier Grundsätze epikureischer Philosophie, welche in den ersten vier Κύριαι δόξαι und auch hier im Brief nacheinander angesprochen werden: 1. Die glückseligen, unsterblichen Götter greifen nicht in die Sphäre der Menschen ein, denn dies würde sie in ihrer Glückseligkeit stören. 2. Der Tod betrifft die Menschen nicht, denn mit dem Tod endet die Wahrnehmung. 3. Grenze aller Lustempfindungen ist die Beseitigung allen Schmerzes. 4. Schmerzen sind entweder heftig und kurz, oder lange und so schwach, dass die Lust sie übertrifft.30 Diese Zufuhr von φάρμακα erfolgt laut Philon durch Entfernen der falschen Meinungen und durch Eingabe der heilsamen. Auch dieses Kriterium ist in Epikurs Brief an Menoikeus beachtet: So widerspricht er von Beginn an explizit oder implizit den Ansichten anderer Schulen bzw. des Volkes und stellt ihnen seine Meinung entgegen: Bereits der erste Satz «niemand soll […]» folgt nicht nur der Vorgabe Philons, sondern auch einer Philodem-Stelle, die Epikur mit Wahrscheinlichkeit zugeschrieben wird: Erziehung und Bildung, so heißt es, haben die Entfernung falscher Meinungen (κενῶν δοξῶν ἀπαλλαγή) zum Ziel.31 Für diese Art der Argu30

31

Sent. 1: τὸ μακάριον καὶ ἄφθαρτον οὔτε αὐτὸ πράγματα ἔχει οὔτε ἄλλῳ παρέχει· ὥστε οὔτε ὀργαῖς οὔτε χάρισι συνέχεται· ἐν ἀσθενεῖ γὰρ πᾶν τὸ τοιοῦτον. 2: ὁ θάνατος οὐδὲν πρὸς ἡμᾶς· τὸ γὰρ διαλυθὲν ἀναισθητεῖ, τὸ δ’ ἀναισθητοῦν οὐδὲν πρὸς ἡμᾶς. 3: ὅρος τοῦ μεγέθους τῶν ἡδονῶν ἡ παντὸς τοῦ ἀλγοῦντος ὑπεξαίρεσις. ὅπου δ’ ἂν τὸ ἡδόμενον ἐνῇ, καθ’ ὃν ἂν χρόνον ᾖ, οὐκ ἔστι τὸ ἀλγοῦν ἢ λυπούμενον ἢ τὸ συναμφότερον. 4: οὐ χρονίζει τὸ ἀλγοῦν συνεχῶς ἐν τῇ σαρκί, ἀλλὰ τὸ μὲν ἄκρον τὸν ἐλάχιστον χρόνον πάρεστι, τὸ δὲ μόνον ὑπερτεῖνον τὸ ἡδόμενον κατὰ σάρκα οὐ πολλὰς ἡμέρας συμβαίνει· αἱ δὲ πολυ­ χρόνιοι τῶν ἀρρωστιῶν πλεονάζον ἔχουσι τὸ ἡδόμενον ἐν τῇ σαρκὶ ἤπερ τὸ ἀλγοῦν. Zur τετραφάρμακος vgl. Anna Angeli: Filodemo. Agli amici di scuola (PHerc. 1005) (Napoli 1988) 50–61. Philod. Rhet., PHerc. 1015 col. XLIV 5–21 (Siegfried Sudhaus: Philodemi Volumina Rhetorica [Leipzig 1892–1896] II 44), abgedruckt auch in Francesca Longo Auricchio: La scuola di Epicuro, in: CErc 8 (1978) 21–37 als Test. 4.

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mentation lassen sich im weiteren Verlauf des Briefs viele Beispiele anführen: Jung und Alt sollen philosophieren – wer etwas anderes sagt, steht der εὐδαιμονία im Weg. Die große Mehrheit hat eine falsche Meinung über Götter – wer dieser folgt, ist gottlos. Die ἡδοναί, von denen Epikur spricht, sind nicht diejenigen, die in Schwelgen und Genuss liegen, wie manche meinen. An zahlreichen weiteren Punkten, an denen es zum Teil auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist, setzt sich Epikur nicht nur mit atomistischen Vorgängern, sondern auch mit weiteren Vorsokratikern, mit Akademikern und mit Peripatetikern auseinander. Ziel der Philo­ sophie ist bei Philon die εὐδαιμονία, was auch in Ep. Men. diverse Male betont und am Ende des Briefes ausgedrückt wird in der Formel ζήσῃ ὡς θεὸς ἐν ἀνθρώποις. Für mittlere Begabungen (μέσως διακειμένοι), die keine ausführlichen Schriften lesen können, weil sie die Zeit nicht finden, muss man nach Philon Ratschläge erteilen, die in jeder Lebenslage Sicherheit garantieren können und diese in ἐπιτομαί bieten – dies entspricht genau dem Konzept Epikurs, und zwar im vorliegenden Brief wie auch in denen an Herodot und an Pythokles, die bei Diogenes Laertius als Epitomai von Epikurs Philo­sophie bezeichnet werden.32 Der Vergleich der Darstellung Philons mit Epikurs Text zeigt, dass die Vorgaben des Akademikers beinahe vollständig umgesetzt werden. Da sich viele bei Philon genannte Charakteristika einer Werbeschrift bei Platon und Späteren wiederfinden, ist davon auszugehen, dass Philon keine Einzelstimme darstellen dürfte. Vielmehr dürfte er eine Definition von προτρεπτικοὶ λόγοι bieten, die Elemente vorstellt, welche bereits vor der Zeit Philons allgemein anerkannt waren. Wichtig für unsere Fragestellung ist, dass Epikur die Regeln einer Literaturform beachtet, deren rhetorischer Charakter seit ihrer Entstehung vorrangig war. Gerade die Strategie Widerlegung/ Beweisführung ist, wie erwähnt, sehr präsent in Epikurs ethischer Epitome, wo stets eine Aussage anderer als falsch eingeführt wird, bevor ihr die richtige Haltung entgegengestellt und mit Argumenten gestützt wird. Epikur nutzt dies, um wie bei Philon Krankes zu entfernen und Gesundes zuzuführen.

32

Diog. Laert. X 28–29.

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5. Epikurs Haltung zur Rhetorik An dieser Stelle angekommen, dürften doch Zweifel angebracht sein, ob Epikur wirklich einen schlechten Stil pflegte und auf rhetorische Elemente verzichtete, wie man seit der Antike lesen kann. Wenn man bedenkt, dass von Epikur behauptet wurde, ein entschiedener Gegner jeglicher παιδεία33 und auch der Rhetorik gewesen zu sein, ist das Ausmaß rhetorischer Ausgestaltung bemerkenswert – von einer generellen Ablehnung kann man nicht sprechen: Zur Zeit Epikurs diente Rhetorik nicht mehr vorwiegend dazu, sich für Ämter in der athenischen Demokratie zu qualifizieren, die politische Landschaft änderte sich.34 Zwar war Rhetorik immer noch brauchbar für Prozesse vor Gericht, durch den Unterrichtsbetrieb diverser Schulen wurde sie aber immer weniger in Ausrichtung auf einen Kontext verwendet.35 Laut Philodem beschäftigte sich Epikur intensiv mit den Schulen und ihren Methoden.36 Schließlich hatte er auch eigene Erfahrungen durch seine Ausbildung bei Nausiphanes.37 Epikur gesteht zwar der sophistischen Rhetorik zu, dass sie eine τέχνη ist (s. hierzu 33

Diog. Laert. X 6 = Epik. Fr. 163 Us.: παιδείαν δὲ πᾶσαν, μακάριε, φεῦγε τἀκάτιον ἀράμενος. Athen. XIII 588a = Epik. Fr. 117 Us.: μακαρίζω σε, ὦ Ἀπελλῆ, ὅτι καθαρὸς πάσης παιδείας ἐπὶ φιλοσοφίαν ὥρμησας. Plut. Non posse 12, 1094 d = Epik. Fr. 164 Us.: Πυθοκλέους δὲ πάντες καὶ πᾶσαι δέονται δι’ Ἐπικούρου καὶ ἀντιβολοῦσιν, ὅπως οὐ ζηλώσει τὴν ἐλευ­ θέριον καλουμένην παιδείαν. Quint. Inst. II 17, 15: nam de Epicuro, qui disciplinas omnes fugit, nihil miror; Fr. 227–230 Us.; s. auch J. E. Heßler: Epikur, 13 Anm. 4. 34 Zu diesem Wandel vgl. Andrew Erskine: Rhetoric and Persuasion in the Hellenistic World. Speaking up for the Polis, in: Ian Worthington (ed.): A Companion to Greek Rhetoric (Oxford 2007) 272–285. 35 Friedmar Kühnert, Ernst Vogt: Rhetorik, in: Hatto H. Schmitt, Ernst Vogt (Hg.): Lexi­ kon des Hellenismus (Wiesbaden 2005) 912–919, hier: 912–913. 36 Philod. Rhet., PHerc. 1674 col. XLIV 2–19 (Francesca Longo Auricchio: Φιλοδήμου Περὶ ῥητορικῆς libros primum et secundum [Napoli 1977] 135; abgedruckt zuvor auch als Epik. Fr. 20, 2 Arr.2 und in S. Sudhaus: Volumina, I 78): ὁ τοίνυν Ἐπίκουρος ἐν [τ]ῶι Περὶ τῆς ῥη̣τορικῆ̣ς, ὅτι μὲν διατελε[ῖ] λέγων «τὰ διδα[σ]καλεῖα τῶν ῥητορικῶν» καὶ «το[ὺς] ἐκ τῶν διδα[σ]καλείων» [κ]α̣ὶ «τὰς δυνάμεις τὰ̣[ς] ἐκ τῶν διδασκαλ[εί]ων», πρὸς δὲ τούτοις «τ[ὰς] ἐκ τῶν δ[ι]δασκαλείων [εὐ]μορφίας», καὶ διότι κ[αὶ] «πρα[γ]ματείαν αὐτῶν» καὶ «τὰς παρ[α]δόσεις καὶ παραγγ̣ ελίας περί τε λόγου καὶ ἐν̣θ[υ]μημάτων [κα]ὶ τῶν ἄλλω̣ν» καὶ τἀν[ά]λ[ογα] πάντα το[ύ]τοις, τί ἂν λέγοι [τι]ς; 37 Vgl. Francesca Longo: Nausifane nei Papiri ercolanesi, in: Francesco Sbordone (a cura di): Ricerche sui papiri ercolanesi (Napoli 1969) 8–21, hier: 10–12; James I. Porter: ΦΥϹΙΟΛΟΓΕΙΝ. Nausiphanes of Teos and the Physics of Rhetoric. A Chapter in the

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den Beitrag von G. Arrighetti in diesem Band), meint aber, so wie sie betrieben werde, habe sie keinen Nutzen für das Leben und sei nicht mal nützlich für die Politik.38 So lesen wir: Alle, welche Sophisten Geld bezahlen, werden betrogen. Jedesmal wenn sie nämlich Sophisten bei den Schaustellungen und Festen zuhören, sagt Epikur, und wenn sie in ihrem Gemüt bewegt werden, weil nicht von einer vertraglichen Abmachung die Rede ist, [oder] von nützlichen Dingen, wie es in den Volksversammlungen und den Gerichten geschieht […].39

In dieselbe Richtung weisen Aussagen bei Diogenes Laertius über Eigenschaften des epikureischen Weisen:40 τὸν σοφὸν οὐ δοκεῖ ῥητορεύσειν καλῶς bedeutet, der Weise soll keine schönen Reden halten, also kein Festredner sein, was später in πανηγυριεῖν explizit gesagt wird. Erlaubt ist aber δικάσεσθαι, also vor Gericht aufzutreten, wenn es nötig ist. Wie Politik zur Sicherheit beitragen kann,41 darf man sich also auch der Rhetorik History of Greek Atomism, in: CErc 32 (2002) 137–186, hier: 148 mit Anm. 83; zu Nausiphanes’ Lehre vgl. ebd. passim; zur Distanzierung Epikurs ebd. 181–183. 38 Philod. Rhet., PHerc. 1672 col. XXI 24–36 (F. Longo Auricchio: Περὶ ῥητορικῆς, 215; zuvor abgedruckt als Epik. Fr. 20, 5 Arr.2 und in S. Sudhaus: Volumina, I 121): μετὰ δὲ τῆς πάσης [ἐ]ξεργασίας Ἐπίκουρος ἐν τ̣ῶι Περὶ τῆς ῥητο̣ρικῆς τ̣ελείου͙ς ἀνεπιμείκτους [δ]ιδάσκων τὰς δυ[ν]άμεις κ[αὶ] συνεργούσας μὲν οὐθὲ[ν] εἴ̣ς γ̣ε τὴν ἕξιν τὴν πολ[ι]τικὴν τὰς διατρ̣ιβάς, πολλάκις δὲ καὶ μεταβαλλού̣{σ}σας͙, ἃ προφέρεσθαι νῦν ἐμ μέσ̣ωι κείμενα πᾶσιν μά[τα]ι ο͙ ν φ͙αί͙ ͙[νετ]αι καὶ [περ]ιττόν. Gegenüber dem Text von Longo verändert wurden die Zeichen für abgeänderte Überlieferung; vgl. Reinhold Merkelbach: Der Stern als kritisches Zeichen, in: ZPE 12 (1973) 211–212. 39 Philod. Rhet., PHerc. 1426 col. ΙΙΙ 5–17 (Jürgen Hammerstaedt: Der Schlußteil von Philodems drittem Buch über Rhetorik, in: CErc 22 [1992] 9–117, hier: 26–27, ergänzt ⌊ ⌋ durch die andere Buchkopie in PHerc. 1506 col. L 20–32 und die Oxforder bzw. Neapolitaner Disegni ⌈ ⌉; zuvor abgedruckt in S. Sudhaus: Volumina, II 256) in der Übersetzung von Hammerstaedt (a.a.O.): πλ̣α̣ν⌊ῶ⌋ν⌈τα⌉ι πάν̣τες οἱ σ̣ο̣φιστ̣⌊αῖ⌋ς̣ ἀ⌊ρ⌋γ̣ύριον ἀνα­ λίσ­κον̣τ⌊ες. ὅ⌋ταν γὰρ̣ ἀ̣κ̣ούσω̣σ̣⌊ι̣ν α⌋ὐ̣τῶν ἐν̣ τα̣ῖ̣ς δε̣ί̣ξ⌊εσι̣⌋[ν] ⌊κ̣⌋α̣ὶ τ̣αῖς πανη̣γύρεσι̣[ν, φη̣σ̣ὶν [ὁ] Ἐ̣π̣ίκο̣υρος, κα̣⌊ὶ̣ ψ̣⌋[υ]χαγωγηθῶσι̣ διὰ ⌊τ̣⌋[ὸ] ⌊μ̣⌋ὴ̣ ⌊ε̣⌋ἶ̣ν̣α̣ι̣ π̣ε̣ρ̣ὶ̣ σ̣υ̣μ̣βο⌊λ⌋[αί]⌊ου τ̣ι̣⌋νὸς τὸν λόγ̣ο̣[ν ἢ] ⌊π̣ερ̣ὶ τ̣ῶ̣⌋ν σ̣υ̣⌈μ⌉φερόν̣[των, ὥσ]⌊π̣ε̣ρ̣⌋ ἐ̣ν τ⌊α̣ῖ̣ς̣⌋ ἐκκ̣λ̣⌊η̣σίαις κ̣α̣ὶ̣ τ⌋οῖς δικα̣σ̣τηρ⌊ίοις γ̣εί⌋ν̣εται […]. 40 Epik. Fr. 565–566, 576 Us. = Diog. Laert. X 118–121b: τὸν σοφὸν οὐ δοκεῖ […] ῥητορεύ­ σειν καλῶς […] καὶ δικάσεσθαι […] οὐ πανηγυριεῖν δέ […] καὶ ἀναγνώσεσθαι ἐν πλήθει ἀλλ’ οὐχ ἑκόντα. 41 Diog. Oen. Fr. 3 col. I 3–13 Smith; Geert Roskam: Live Unnoticed (Λάθε βιώσας). On the Vicissitudes of an Epicurean Doctrine (Leiden, Boston, Köln 2007) 36–62; Michael

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zu diesem Zwecke bedienen. Öffentliche Vorlesungen zu halten, ist legitim – aber das tut man nicht von sich aus. Diogenes berichtet über Epikur an anderer Stelle: «Er war so klar im Ausdruck, dass er auch in seinen Ausführungen über die Rhetorik meint, man dürfe nichts anderes als Klarheit im Ausdruck fordern.»42 Der σαφήνεια förderlich ist die Vermeidung komplizierter Termini, um durch eindeutige Begriffe Missverständnissen vorzubeugen.43 Der Einsatz rhetorischer Mittel ist also gestattet, falls es nötig und nützlich ist – der Gefahren der Rhetorik ist sich der epikureische Weise bewusst.44 Dementsprechend gestaltet Epikur, der durch seine Erler: Utopie und Realität. Epikureische Legitimation von Herrschaftsformen, in: Thomas Baier, Marilena Amerise (Hg.): Die Leg­itimation der Einzelherrschaft im Kontext der Generationenthematik (Berlin, New York 2008) 39–54, bes. 41, 54; ders.: Ἀπλανὴς θεωρία. Einige Aspekte der epikureischen Vorstellung vom βίος θεωρητικός, in: Thomas Bénatouïl, Mauro Bonazzi (eds.): Theoria, Praxis, and the Contemplative Life after Plato and Aristotle (Leiden 2012) 39–54, hier: 52; Eric Brown: Politics and Society, in: James Warren (ed.): The Cambridge Companion to Epicureanism (Cambridge 2009) 179–196. Eine apodiktische Aussage wie Diog. Laert. X 119 = Epik. Fr. 8 Us.: τὸν σοφὸν […] οὐδὲ πολιτεύσεται muss man also im Kontext und evtl. auch als prägnante Reaktion Epikurs auf seinen Lehrer Nausiphanes sehen, vgl. Philod. Rhet., PHerc. 832 col. IV 10–14 (S. Sudhaus: Volumina, II 5): ὅθεν [κ]αὶ Ν[α̣υσιφ]άνης οὐ[κ] ἀπέδρα· λέ[γε̣ ̣ι γὰρ π]ρ[οα]ιρήσεσ[θ]αι τὸν σ[οφὸν ῥητο]ρεύειν ἢ πολ[ιτεύεσθαι]. Freilich ist der Text an dieser Stelle sehr lückenhaft und nicht gesichert. 42 Diog. Laert. X 13 = Epik. Fr. 54 Us.: σαφὴς δ’ ἦν οὕτως, ὡς καὶ ἐν τῷ Περὶ ῥητορικῆς ἀξιοῖ μηδὲν ἄλλο ἢ σαφήνειαν ἀπαιτεῖν. Zu σαφήνεια bei Epikur vgl. Guido Milanese: Lucida carmina. Comunicazione e scrittura da Epicuro a Lucrezio (Milano 1989) 34–38. Zu Περὶ ῥητορικῆς, das Diog. Laert. X 27 nicht in seiner Werkliste der βέλτιστα anführt, M. Erbì: La retorica, 189 Anm. 1 und 3. 43 Epik. Ep. Hdt. 37–38: πρῶτον μὲν οὖν τὰ ὑποτεταγμένα τοῖς φθόγγοις, ὦ Ἡρόδοτε, δεῖ εἰληφέναι, ὅπως ἂν τὰ δοξαζόμενα ἢ ζητούμενα ἢ ἀπορούμενα ἔχωμεν εἰς ταῦτα ἀν­ αγαγόντες ἐπικρίνειν, καὶ μὴ ἄκριτα πάντα ἡμῖν ᾖ εἰς ἄπειρον ἀποδεικνύουσιν ἢ κενοὺς φθόγγους ἔχωμεν. ἀνάγκη γὰρ τὸ πρῶτον ἐννόημα καθ’ ἕκαστον φθόγγον βλέπεσθαι καὶ μηθὲν ἀποδείξεως προσδεῖσθαι, εἴπερ ἕξομεν τὸ ζητούμενον ἢ ἀπορούμενον καὶ δοξαζόμενον ἐφ’ ὃ ἀνάξομεν. Mit dieser Stelle kann σαφήνεια auch ausschließlich verstanden werden als Verwendung von Ausdrücken, die der abgebildeten Realität angemessen sind, vgl. Graziano Arrighetti: Epicuro. La ΚΥΡΙΑ ΛΕΞΙΣ e i ΠΡΑΓΜΑΤΑ, in: CErc 40 (2010) 17–22, hier: 21 mit Literatur und Verweis auf Cic. Fin. I 15 (s.u. Anm. 50); Giuliana Leone: Epicuro fondatore del Giardino e l’opera sua conservata nei papiri, in: CErc 30 (2000) 21–33, hier: 25–26. 44 So ist bei Philodem zu lesen, Rhetorik verursache Verwirrung und lenke von der Philosophie ab. Hierzu und zum gestatteten Einsatz von Rhetorik vgl. M. Erbì: La retorica, 202–203.

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Ausbildung rhetorisch versiert war, seinen Text aus, wie wir sahen.45 Fragt man sich, wie dieser Befund mit den negativen Aussagen über Epikurs Argumentation und Sprache vereinbar ist, so muss man wieder die vorliegende Literaturform berücksichtigen: In seinem naturwissenschaftlichen Hauptwerk Περὶ φύσεως kann Epikur komplexeste Sachverhalte präsentieren, ohne auf gefällige Satzstrukturen zu achten. Dass antike Kritiker bei der Lektüre dieses Werks oder anderer Fachtraktate zu einem negativen Urteil über Epikurs Stil kamen, kann man ihnen nicht verdenken. Bei den Briefen ist die Anwendung komplizierter Fachsprache nur bis zu eine­m gewissen Grad möglich. Bereits der Herodotbrief ist ein wenig verständlicher geschrieben, da er einen breiteren Adressatenkreis erreichen soll.46 Jedoch ist der Text als Epitome physikalischer Theorie nur wenig geeignet, Anfänger auf dem Gebiet der Philosophie zu bedienen. Beim Brief an Menoikeus sieht das anders aus: Zwar ist auch dieser Text eine Epitome, jedoch in erster Linie eine Werbeschrift. Dementsprechend verzichtet Epikur auf komplizierte Begriffe und vermeidet weitgehend schwierige syntaktische Gefüge. Folglich lässt sich die Divergenz zwischen dem Fachtraktat Περὶ φύσεως, der in weiten Teilen große Verständnisschwierigkeiten bereitet,47 und dem Brief an Menoikeus dadurch erklären, dass es sich um den Unterschied zwischen einem esoterischen und einem exoterischen Text handelt:48 Da der Brief an alle gerichtet ist und nicht nur an einen vorgebildeten exklusiven Kreis, muss Epikur sich klar 45

Er kennt sich schließlich mit den εὐμορφίαι der Schulen aus, s. Anm. 36. Ep. Hdt. 35: τοῖς μὴ δυναμένοις, ὦ Ἡρόδοτε, ἕκαστα τῶν περὶ φύσεως ἀναγεγραμμένων ἡμῖν ἐξακριβοῦν μηδὲ τὰς μείζους τῶν συντεταγμένων βίβλους διαθρεῖν. καὶ τοὺς προ­ βεβηκότας δὲ ἱκανῶς ἐν τῇ τῶν ὅλων ἐπιβλέψει τὸν τύπον τῆς ὅλης πραγματείας τὸν κατεστοιχειωμένον δεῖ μνημονεύειν· τῆς γὰρ ἀθρόας ἐπιβολῆς πυκνὸν δεόμεθα, τῆς δὲ κατὰ μέρος οὐχ ὁμοίως. 47 Diskin Clay: The Athenian Garden, in: James Warren (ed.): The Cambridge Companion to Epicureanism (Cambridge 2009) 9–28, hier: 21: «The On nature was very much a work in progress. Despite his insistence on keeping in mind the primary meaning of words (Ep. Hdt. 38), Epicurus deploys a technical vocabulary that would be incomprehensible to anyone save his closest associates». Einige Bemerkungen zu Epikurs Stil in Περὶ φύσεως bei G. Leone: Epicuro, 24. 48 So bereits H. Usener: Epicurea, XLII. Zu den Literaturformen im Kreis der Epikureer zuletzt G. Arrighetti: Forme. Zur Frage, ob die Bezeichnung ‘esoterisch’ mit Blick auf Περὶ φύσεως gerechtfertigt ist, vgl. G. Leone: Epicuro. 46

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ausdrücken.49 Dass er das kann, wenn er will (z.B. eben in einem exoterischen Text), gesteht ihm auch Cicero zu in einer der wenigen positiven Beurteilungen.50 Wie wir sahen, ist der Brief aber nicht nur verständlich, sondern zeigt neben einer durchdachten Argumentationsstrategie, die Vorgaben allgemeiner wie protreptischer Rhetorik folgt, auch eine massive Durchwirkung mit Stilmitteln. Gerade jene sind es, die Epikur an der eben abgebrochenen Stelle aus Philodems Rhetorik kritisiert als Mittel der Psychagogie: Wenn sie also so zuhören, achten sie nicht auf das Gesagte, ob es nützlich ist oder nicht, oder ganz allgemein, ob es wahr ist oder nicht. Tief bewegt vom Klang selbst, von den Perioden, den genau ausbalancierten Klauseln, den Antithesen und den gleichartigen Auslauten, bekommen sie bereits die Erwartung, daß sie, wenn sie so redeten, auch in den Volksversammlungen und Gerichten eine gute Figur machten, ohne sich klarzumachen, daß sie es nicht aushielten, wenn sie jemand in einer Volksversammlung und einer Gerichtsverhandlung in dieser Weise reden hörten.51

49

Zur unterschiedlichen Rhetorisierung epikureischer Texte Philipp H. De Lacy: The Epicurean Analysis of Language, in: AJPh 60 (1993) 85–92, hier: 92: «To some extent the presence of rhetoric in Epicurean writings may be explained on an hypothesis of Usener, that Epicurean writings fall into two groups, one consisting of technical, nonrhetorical works, the other of popular, rhetorical works. Epicurus’ Περὶ φύσεως falls into the former group, while his letters and epitome of the Περὶ φύσεως fall into the latter. Such a view may perhaps be the true solution, but […] there are works which appear quite technical, […] which nevertheless contain definite rhetorical elements. Likewise some of the popular Epicurean works were apparently written in a wretched style. Perhaps in the last analysis the Epicurean ideal of a philosophical language set a standard too severe to be maintained consistently». 50 Cic. Fin. I 15: oratio me istius philosophi non offendit; nam et complectitur verbis quod vult et dicit plane quod intellegam; II 15: Epicurus autem […] nec non vult, si possit, plane et aperte loqui. Gell. II 9, 4: has enim curas vocum verborumque elegantias non modo non sectatur Epicurus, sed etiam insectatur. 51 Philod. Rhet., PHerc. 1426 col. IV 14–V 2 (J. Hammerstaedt: Schlußteil, 28–31, ergänzt durch PHerc. 1506 col. LI 24–LII 4 und Oxforder bzw. Neapolitaner Disegni; zuvor abgedruckt in S. Sudhaus: Volumina, II 257–258) in der Übersetzung von Hammerstaedt (a.a.O.): ⌊ὅ̣ταν⌋ δ’ οὕ̣τ̣ω⌈ς⌉ ἀκούω̣⌊σι, τ̣ο̣ῖς̣⌋ μ̣ὲν̣ ⌊λ⌋εγομένοι[ς] ⌊ο̣ὐ̣ π̣⌋[ρ]οσέχο̣υ̣[σ]ιν̣, [π]ό̣τ̣ε̣ρ̣α ⌊σ⌋υ̣μ[φ]έ̣ρ̣οντα ἢ ο̣ὐ̣ σ̣υμφ̣έ⌊ρον⌋τα καὶ τὸ〚.〛 σύνο̣λον̣ ἀληθ̣ῆ̣ ἢ οὐκ ἀ̣λ̣ηθῆ, ὑ̣π̣’ α⌈ὐ⌉τοῦ̣ δὲ τοῦ̣ ἤχου̣ καὶ τ̣ῶν̣ ⌊π̣⌋εριόδων καὶ τῶν παρίσ⌈ω⌉⌊ν̣⌋ κα̣ὶ̣ ἀ̣⌊ν⌋τ̣ι̣⌊θέ⌋των̣ καὶ ὁμοιο⌈τελεύ̣⌉τ̣ω⌈ν⌉ ψυχαγωγ̣⌈ο⌉⌊ύ⌋⌈μεν⌉ο̣ι̣ ἤ̣δη προ̣σε⌈δ⌉όκησα̣ν, εἰ οὕτω̣{ι̣} λα̣⌊λ̣⌋⌈ώ⌉{ι}η-

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Er geht also im Brief an Menoikeus weit über das hinaus, was er selbst hier als legitim bezeichnet. Epikur lässt aber im Gegensatz zu den Sophisten den Hörer bzw. Leser das Nützliche und Wahre nicht aus den Augen verlieren, sondern führt es gerade durch rhetorische Elemente deutlich vor Augen. Er folgt hier seiner Aussage in Περὶ φύσεως XIV, wo es heißt, man dürfe, wenn es passe, auf Texte anderer zurückgreifen.52 Was rhetorische Texte betrifft, lässt sich in den Texten Epikurs ein Einfluss feststellen, der sich nicht auf Protreptik im Brief an Menoikeus beschränkt: Auf die Motivik von Rednern etwa greift er – wie auch spätere Epikureer – zurück, indem er sich in Wertvorstellungen wie auch sprachlichen Elementen an der Gattung des ἐπιτάφιος λόγος orientiert.53 Vergleicht man die erhaltenen öffentlichen Grabreden mit epikureischen Texten, so ergeben sich diverse Parallelen: Redner und Polisbürger erinnern wie auch die Epikureer an die Verstorbenen. In Grabreden wird die ἀρετή, d.h. die Tapferkeit auf dem Schlachtfeld gerühmt, bei den Epikureern die Tapferkeit gegenüber Schmerz und Tod. Für die Gefallenen ausschlaggebend ist in ἐπιτάφιοι die ἀρετή im Krieg, für epikureische Philosophen das Verhalten im Alltag. An die Stelle der Leistung für das κοινόν in Grabreden tritt im Kepos die Leistung für die epikureische συνουσία. Die Gefallenen sind Vorbild für die anderen Bürger, die verstorbenen Epikureer für die Mitglieder der Schulgemeinschaft. In beiden Sphären findet sich die Aufforderung zur Nachahmung der vorbildlichen Männer, für Gefallene und epikureische σοφοί gibt es Gedenkfeiern sowie eine Art Heroenkult. Wenn Epikur in Ep. Men. protreptische Argumentationsformen sowie eine Vielzahl stilistischer Mittel anwendet, bedient er sich nicht – wie am σ̣αν, κα̣⌈ὶ⌉ ἐν ἐκκ̣λη̣⌊σ⌋ί̣αις καὶ̣ δικασ̣τηρίο̣ι̣ς εὖ̣ [ἀ]π̣αλλάττ⌈ε⌉ι̣⌈ν⌉, οὐ συνορῶ[ν]τες, ὅτι̣ ⌈οὐ⌉δ’ ἂν ἠ̣ν̣έσ̣χ̣οντο̣, ε̣ἰ ⌈ἐν ἐκκ⌉λ̣ησ̣ίαι κ[αὶ] δ̣ικαστη̣⌈ρί⌉ω̣⌊ι̣⌋ [οὕ]τω{ι} λαλοῦντος ἤκουον. 52 Epik. Nat. XIV, col. XLI–XLII Leone (F. Leone: La chiusa, 51–52): ἀρχὴν δέ, ὥσπερ ἔλεγον, οὐ̣δ’ ἐκείνων οἴετα[ι] δίκαιον̣ νομί̣ζ̣ειν [τι]ν̣ά, τούτων οὐθέν, ὥστε ο[ὐ]κ̣’ ἐπ̣άγε̣τ̣[αι ποιη]τὰς καὶ σοφ[ι]στὰ̣[ς καὶ ῥήτο]ρας, … σολοικίζει{ν} τ’ ἐν δόξαις τὸ μὲν ὅλ̣ον ὁ̣ μηθὲν ἀκόλο̣[υ]θον συναρτῶν …, [ἀλλ’] οὐχ ὃς ἂν τῶι μὲν ὅλω̣[ι τρό]πωι μὴ ἐ̣πιβάλληται τῷ[ι λ]όγω[ι] τῶι τούτου χρῆ[σθ]αι, αὐ[τὸν δ]ὲ μό̣νον τ[ι παρ]αποιῆ̣[ι ἐ]π̣ι[τηδ]εύ[σας ἅμα] καὶ [π]ρὸς τὸ̣ ο̣[ἰ]κεῖο[ν δόγμα] ἀποκαταστήση[ι]. 53 Vgl. ausführlich Jan E. Heßler: Das Gedenken an Verstorbene in der Schule Epikurs in der Tradition der ἐπιτάφιοι λόγοι, in: Emidio Spinelli, Mauro Tulli, Francesco Verde (eds.): Epicurean Questions. Epistemology, Physics, Ethics (im Druck).

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Beispiel der ἐπιτάφιοι gezeigt – der Inhalte von Rednern, sondern der Methode, um sein Ziel zu erreichen. Rhetorik zum Selbstzweck nach Art diverser Schulen lehnt er ab, da sie von der Philosophie ablenken, und schreibt daher: «(sc. Aristoteles) war im Allgemeinen, nach Epikur, ein ziemlich schlimmer Gegner für das gesunde Leben derjenigen, die sich, wie Athleten, auf die Kämpfe der Politik vorbereiteten.»54 Νach einem weiteren Zeugnis bezeichnet Epikur forensische Rhetorik als κακοτεχνία.55 Seine Art der Rhetorik ist eine andere: Sie folgt der Auffassung, die Epikureern zur τέχνη zugeschrieben wird: «τέχνη ist die Vorgehensweise, die das hervorbringt, was für das Leben nützlich ist.»56 Mit Blick auf den Nutzen der Philosophie – wie wir sahen, ein entscheidendes Kriterium protreptischer Texte – bedient sich Epikur also der τέχνη der Sophisten, verleiht ihr die nützliche Ausrichtung, die diesen fehlt, und macht sie so zur καλο-τεχνία.57

54

Epik. Fr. 10, 4 Arr.2 = Philod. Rhet., PHerc. 1015 col. LIV 43, 10–17 (S. Sudhaus: Volumina, II 58–59) in meiner Übersetzung: (sc. Ἀριστοτέλης) [καθό]λου [δ]ὲ χαλ[επ]ώτε[ρo]ς ἐγίνετο κα[τ]ὰ τὸν Ἐ[πί]κουρον ἀν[ταγω]νιστὴς τῆι τοῦ βίου σ[ω]τηρίαι τῶν ἄν[τι]κρυς ἐπὶ τὴν [π]ολιτικὴν ἀ[γω]νίαν ἀλειφόντων. 55 Epik. Fr. 20, 3 Arr.2 = Amm. XXX 4, 3: hanc professionem oratorum forensium […] Epicurus κακοτεχνίαν nominans inter artes numerat malas. 56 Epik. Fr. 231 Arr.2 = Sch. in Dion. Thrac. 108, 27: οἱ μὲν Ἐπικούρειοι οὕτως ὁρίζονται τὴν τέχνην· τέχνη ἐστὶ μέθοδος ἐνεργοῦσα τῷ βίῳ τὸ σύμφερον. 57 In diese Richtung deuten auch die kurzen Bemerkungen von Francesca Longo Au­ricchio, Adele Tepedino Guerra: Aspetti e problemi della dissidenza epicurea, in: CErc 11 (1981) 25–40, hier: 31: «Tale formazione fu poi da Epicuro felicemente messa a profitto nella stesura delle opere cosidette ‘esoteriche’ come la terza epistola (d.h. Ep. Men.). Ciò […] si concretizza […] nell’utilizzazione da parte del sapiente dei suoi mezzi tecnici, ai quali si riconosce la dignità di esercizio metodico congetturale, ai fini più alti della vera filosofia». Die Autorinnen folgen hier der Aussage von Ferrario zum Abschluss ihres Aufsatzes (Matilde Ferrario: La concezione della retorica da Epicuro a Filodemo, in: Roger S. Bagnall, Gerald M. Browne, Anne E. Hanson, Ludwig Koenen [eds.]: Proceed­ings of the XVIth International Congress of Papyrology, New York, 24–31 July 1980 [Chico 1981] 145–152, hier: 151–152), der bei der Drucklegung von Longo Auricchio, Tepedino Guerra 1981 noch nicht publiziert war, auf den sie aber hinweisen: «forse […] Epicuro vede la retorica, quasi declassata al rango di ciò che noi intendiamo come ‘arti e mestieri’: […] valutazione assai limitata del suo contenuto soprattutto in vista dell’utilità per la vita ed il bene dello stato». Ähnlich bereits Margherita Isnardi Parente: Techne. Momenti del pensiero greco da Platone ad Epicuro (Firenze 1966) 392–393 zum Text in Anm. 56.

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6. Zusammenfassung Epikur setzt im Brief an Menoikeus rhetorische Mittel ein, um Klarheit im Ausdruck zu gewährleisten. Die Bedeutung der σαφήνεια betont bereits Theophrast.58 Als entscheidende Elemente nennt er ἑλληνισμός, σαφή­ νεια, πρέπον und κατασκευή.59 Wie sich zeigte, nennt Epikur selbst σαφή­ νεια als Kriterium bei der Abfassung von Texten und hält diese Regel auch im Brief an Me­noi­keus ein. Der ἑλληνισμός wird dadurch beachtet, dass er im Gegensatz zu seinen Fachtraktaten die Sprache einfach gestaltet und keine schwer verständlichen Fachtermini verwendet. Das πρέπον ist dadurch gewahrt, dass er inhaltlich-argumentative Regeln einhält, die für protreptische Texte aufgestellt wurden, und sich auch den rhetorischen Konventionen fügt, die für diese Art Literatur gelten.60 Was die κατασκευή, also den rhetorischen ornatus betrifft, so zeigte sich, wie weit diesbezüglich die Rhetorisierung des Briefs an Me­noi­keus geht.61 Der Brief ist also nicht nur ein charakteristischer Vertreter der προτρεπτικοί, sondern auch ein gutes Beispiel für die differenzierte Haltung Epikurs gegenüber Rhetorik. Je nachdem, ob er einen exoterischen oder esoterischen Text verfasst, ist Rhetorik erlaubt bzw. erforderlich. Wichtig ist der Fokus auf den Nutzen, der nicht in Wortspielerei besteht, sondern im Werben für den einzigen Weg zur Eudaimonie. Die Antwort auf die Frage, ob es rhetorisch ausgestaltete Texte Epikurs gibt oder nicht, lässt sich also eindeutig beantworten und auch begründen.

58

Vgl. Johannes Stroux: De Theophrasti virtutibus dicendi (Leipzig 1912) 13–28; G. Milanese: Lucida, 21–23. 59 Ebd. 28. 60 M. Capasso: Carneisco, 99: «Nell’Epistola a Meneceo l’efficacia della propaganda è affidata anche ad una buona prosa e al bagaglio stilistico tradizionale». 61 Von G. Milanese: Lucida, 50–54 hingegen wird vor allem Epikurs Ablehnung der κατασκευή, des rhetorischen ornatus betont. Jedoch zieht er nur die kurzen Bemerkungen in Ep. Hdt. und Ep. Pyth., besonders aber die Sentenzensammlungen und Testimonien heran – der Menoikeusbrief wird gar nicht erwähnt.

Filodemo, le technai e la retorica G R A Z IA N O A R R I G H E T T I

Il περὶ ῥητορικῆς di Filodemo è, notoriamente, una delle opere più lunghe,1 e anche di recente, è stato detto, presenta, fra altre caratteristiche negative, quella di essere fra le più difficili del filosofo.2 In proposito non 1

2

Con tutta probabilità arrivava a dieci libri: cf. Francesca Longo Auricchio: Nuovi elementi per la ricostruzione della Retorica di Filodemo, in: CErc 26 (1996) 169–171, qui: 170. A quanto sappiamo, alla medesima estensione giungevano solo la Rassegna dei filosofi e il trattato Sui vizi e le virtù; certo, il περὶ ῥητορικῆς è, in assoluto, fra le opere restituite dai papiri ercolanesi, quella conservata nel maggior numero di esemplari, con alcune parti in differenti redazioni, e di lunga e complessa composizione: cf. Tiziano Dorandi: Per una ricomposizione dello scritto di Filodemo Sulla retorica, in: ZPE 82 (1990) 59–87. Che queste redazioni fossero state conservate nella biblioteca della Villa dei papiri dal primo secolo a.C. al 79 d.C. può anche suscitare dei dubbi sulla possibilità che l’opera sia mai stata completata. Più radicale l’ipotesi di David Sedley: Philosophical Allegiance in the Greco-Roman World, in: Miriam Griffin, Jonathan Barnes (eds.): Philosophia togata. Essays on Philosophy and Roman Society (Oxford 1989) 37–119, qui: 104, per il quale tutti i trattati dottrinali di Filodemo è probabile che non siano mai stati pubblicati. Questo giudizio è stato chiaramente formulato, pare indipendentemente, da Clive Chandler: Philodemus. On Rhetoric. Book 1 and 2. Translation and Exegetical Essays (New York, London 2006), ripetutamente nel corso del suo studio sui primi due libri dell’opera, da Geert Roskam: Live Unnoticed (Λάθε βιώσας). On the Vicissitudes of an Epicurean Doctrine (Leiden, Boston 2007) 103 e da Beate Beer: Lukrez und Philodem. Poetische Argumentation und poetologischer Diskurs (Basel 2009) 301; ma non sono i soli né i primi; Elizabeth Asmis: Philodemus’ Poetic Theory and On the Good King According to Homer, in: ClAnt 10 (1991) 1–45, qui: 2 lamentava, a mio parere con ragione, le medesime difficoltà a proposito di tutta la produzione filodemea restituita dai papiri ercolanesi. Il problema riguarda anche lo stile e i modi espositivi filodemei; in proposito un apprezzamento e, in fondo, una difesa in Marcello Gigante: Filodemo nella storia della letteratura greca (Napoli 1998) 9–25; di diversa opinione, fra gli altri, B. Beer: Lukrez und Philodem, 309.

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si può non consentire, anche se, pur permanendo non sempre chiaro il generale procedere delle argomentazioni, si deve riconoscere che negli ultimi decenni l’interpretazione di molte parti del testo ha fatto, comunque, notevoli progressi. Fra le difficoltà lamentate c’è anche quella, peraltro comune ad altri testi frammentari di analogo genere, per cui spesso compaiono esposizioni di importanti princìpi dottrinali prive di contesto. E, ancora: uguali o analoghe argomentazioni ricorrono nell’opera anche a distanza senza che si riesca a conoscere con esattezza chi riguardino e i motivi precisi del dissenso; ma è da dire che anche colui che per ogni epicureo rappresentava il modello, il fondatore del Kepos, non era stato molto più esplicito nell’indicare i suoi bersagli polemici. Inoltre, le discussioni – in genere di carattere polemico – che Filodemo conduce, sono molto ampie e minuziose, intese a considerare ogni aspetto dell’arte retorica, talvolta esasperatamente concentrate sul modo di intendere singole parole o espressioni.3 Però la presenza di quest’ultima componente può trovare una spiegazione nel momento e nella temperie culturale in cui Filodemo operava. Siamo ben informati, infatti, sulle conseguenze che l’uso e l’abuso di compendi e di esposizioni troppo semplificate della dottrina della scuola avevano suscitato durante il secondo e il primo secolo a.C., conseguenze costituite dalla diffusione di una concezione superficiale e volgarmente semplicistica dell’Epicureismo;4 così, per reazione, è comprensibile che all’origine di certi caratteri di alcuni scritti filodemei ci fosse questo impegno di particolare erudizione per dimostrare che l’ostilità che la scuola nutriva nei confronti di certe discipline proprie della παιδεία tradizionale, come la musica, la poesia e, appunto, la retorica, era giustificata, e la dimostrazione non poteva essere condotta se non mettendo in discussione e dimostrando 3

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Cf. David Blank: La philologie comme arme philosophique. La connaissance technique de la rhétorique dans l’épicurisme, in: Clara Auvray-Assayas, Daniel Delattre (éd.): Cicéron et Philodème. La polémique en philosophie (Paris 2001) 241–257, qui: 254 a proposito di π. ῥητ. IIb, P. Herc. 1672, col. XVIII 8–14 Longo Auricchio (Francesca Longo Auricchio: Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς. Libros primum et secundum [Napoli 1977] 203). Cf. Marcello Gigante: Ricerche filodemee. Seconda edizione riveduta e accresciuta (Napoli 1983) 25–34, con ampia documentazione, e Filodemo in Italia (Firenze 1990) 39– 45; Anna Angeli (a cura di): Filodemo. Agli amici di scuola (P. Herc. 1005) (Napoli 1988) 37–61; Enzo Puglia: Demetrio Lacone. Aporie testuali ed esegetiche in Epicuro (PHerc. 1012). Edizione, traduzione e commento a cura di Enzo Puglia (Napoli 1988) 88–89.

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sistematicamente l’inconsistenza dei princìpi, delle leggi e delle regole che di quelle discipline erano stati posti a fondamento. Si trattava, dunque, di un modo di procedere che era ben diverso da un atteggiamento di superficialità e di noncuranza.5 Filodemo non riteneva sufficiente affermare che solo la filosofia «insegna a saper scoprire e utilizzare tutto ciò che coopera alla vita felice»,6 ma sentiva la necessità di dimostrarlo. L’ultima accusa mossa al περὶ ῥητορικῆς è la mancanza di una chiara ed esplicita formulazione delle teorie epicuree – o, forse, sarebbe meglio dire filodemee – sulla

5

6

Questo impegno di dimostrare che nell’insegnamento della scuola era presente la componente erudita è assai probabile che Filodemo lo avesse ereditato dal suo maestro Zenone Sidonio: cf. D. Blank: La philologie, 247–252. Al medesimo scopo io credo che servisse anche la produzione biografica filodemea; sui differenti caratteri e fini di questo particolare genere di produzione cf. Graziano Arrighetti: Poesia, poetiche e storia nella riflessione dei Greci. Studi (Pisa 2006) 295–431; D. Sedley: Philosophical Allegiance, 105; per differenti posizioni cf. M. Gigante: Filodemo in Italia, 28–19; G. Roskam: Live Unnoticed, 103. Il riferimento è a P. Herc. 1669 sulla base di T. Dorandi: Per una ricomposizione, 73 e Tiziana Di Matteo: La retorica da Epicuro a Filodemo, in: CErc 30 (2000) 81–88, qui: 85 n. 44. Sulla battaglia culturale intrapresa da Filodemo restano fondamentali le ricerche di Michael Erler: Ἐπιτηδεύειν ἀσάφειαν, in: CErc 21 (1991) 83–88; id.: Orthodoxie und Anpassung. Philodem, ein Panaitios des Kepos?, in: MH 49 (1992) 171–200, in particolare su musica, poesia e retorica 177–184; id.: Interpretatio medicans. Zur epikureischen Rückgewinnung der Literatur im philosophischen Kontext, in: Marcel van Ackeren, Jörn Müller (Hg.): Antike Philosophie verstehen. Understanding Ancient Philosophy (Darm­ stadt 2006) 243–256; è da tener presente anche G. Roskam: Live Unnoticed, 101–125. Su Filodemo e la sua posizione nei confronti dei fondatori della scuola, gli ἄνδρες, che seguiva l’esempio, l’insegnamento e l’imponente attività del suo maestro Zenone Sidonio, cf. Anna Angeli, Maria Colaizzo: I frammenti di Zenone Sidonio, in: CErc 9 (1979) 47– 133; D. Sedley: Philosophical Allegiance, 97–109; Michael Erler: Epikur – Die Schule Epikurs – Lukrez, in: Hellmut Flashar (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, IV 1: Die hellenistische Philosophie (Basel 1994) 268–272. In particolare su Filodemo e Lucrezio cf. David Sedley: Lucretius and the Transformation of Greek Wisdom (Cambridge 1998) 65–68. Sulla complessità della posizione degli Epicurei nei confronti della retorica, a cominciare dal fondatore della scuola fino a Filodemo, una posizione spesso troppo semplificata e impoverita nelle testimonianze pervenuteci, cf. l’equilibrato contributo di Margherita Erbì: La retorica nell’Epicureismo. Una riflessione, in: CErc 41 (2011) 189–205.

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retorica;7 ma anche su questo problema è opportuno procedere con cautela, come cercheremo di fare: anche se si deve riconoscere che nella parte dell’opera che possediamo manca una esplicita formulazione complessiva di quelle teorie, è anche da dire che quelle teorie erano talmente semplici da poter essere proposte nel corso dell’esame e della discussione su s­ ingoli punti delle altrui dottrine. In fondo, qualcosa di simile accade anche in altri scritti del Gadareno, come nel περὶ ποιημάτων o nel περὶ μουσικῆς,8 relativi a discipline nelle quali la componente teorica, analogamente alla retorica, nella dottrina della scuola era molto limitata. Certo è che la medesima impressione aveva provato anche Sudhaus quando osservava che Filodemo aveva voluto scrivere non una «retorica» ma «sulla retorica», «non artem edere sed componere ἀντιγραφήν, non tam sua praecepta dare quam refutare aliena».9 I. Le technai Tuttavia, uno almeno, anzi, forse il principale, fra gli scopi che il περὶ ῥητορικῆς intendeva perseguire, appare chiaramente proposto, e cioè che fra i tre generi in cui tradizionalmente la retorica si articolava, sofistica/epidittica, politica, giudiziaria, solo il primo, quello della sofistica/epidittica,10 7

«In the first two books of the treatise Philodemus spends less time explaining what sophistic rhetoric is than in pointing out what it is not», così C. Chandler: Philodemus. On Rhetoric, 170; ma io credo che la medesima caratteristica fosse propria di tutta l’opera. 8 Il medesimo silenzio è stato rilevato come un difetto a proposito della poesia da parte di Nicola Pace: La rivoluzione umanistica nella scuola epicurea. Demetrio Lacone e Filodemo, teorici di poesia, in: CErc 30 (1990) 71–79, qui: 73, 79 e altrove nel corso del lavoro. 9 Cf. Siegfried Sudhaus (Hg.): Philodemi Volumina Rhetorica, I (Leipzig 1892, rist. Amsterdam 1964) XXIII. 10 Nel corso dell’opera Filodemo non sembra stabilire una distinzione sostanziale fra σοφιστική e ἐπιδεικτικὴ ῥητορική e, come appare da T 2, l’aggettivo σοφιστική riusulta designare una componente caratteristica della ἐπιδεικτικὴ. Sugli àmbiti di pertinenza e i caratteri della retorica epidittica cf. George A. Kennedy: The Genres of Rhetoric, in: Stanley E. Porter (ed.): Handbook of Rhetoric in the Hellenistic Period, 330 B.C.–A.D. 400 (Leiden, New York, Köln 1997) 43–50, qui: 45: «Epideictic is perhaps best regarded as including any discourse, oral or written, that does not aim at a specific action or decision but seeks to enhance knowledge, understanding, or belief, often through praise or blame, whether of persons, things, or values.»

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poteva essere definito techne,11 anche se, in generale, la definizione di cosa sia una techne e, in particolare, i motivi che inducevano Filodemo ad applicare questa definizione alla retorica sofistica/epidittica non appaiano, come vedremo, immediatamente perspicui, ed è su questo problema che verte la presente ricerca. Per prima cosa è da notare che la definizione che del concetto di techne Filodemo propone è assolutamente generale, valida per ogni attività, e non specifica della retorica: π. ῥητ. IIa, P. Herc. 1674, col. XXXVIII 2–18 Blank (Atomist Rhetoric, 70–71; id.: Philodemus on the Impossibility, 78 n. 14 = F. Longo Auricchio: Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 123):12 T 1 νοεῖται τοίνυν καὶ λέγεται τέχνη παρὰ τοῖς Ἕλλησιν ἕ̣ξις ἢ δ̣ιάθεσις ἀπὸ παρ[α]τηρή[σ]εω[ς τι]ν̣ῶν κοινῶν καὶ [σ]τοιχε̣ι̣ωδῶν, ἃ διὰ πλειόν[ω]ν διήκει τῶν ἐπὶ μέρ̣ου[ς], καταλαμβάνουσά τε̣ καὶ συντελοῦσα τοιοῦτον, οἷον ὁμοίως τῶν μὴ μαθόντων , εἴ[θ’] ἑστηκ̣ότως καὶ βεβ[αί]ως [εἴ]τε στοχαστι[κῶς]. ἀφείσθω γὰρ ἐπὶ τοῦ [πα]ρόντος εἴτε συμφ[έ]ρον `ἐ[ἴ]τ’ οὐ συμφέρον τὸ´ [γ]ι̣γ­ νόμενον πά̣[ν]τως. presso i Greci si ritiene e si definisce techne un modo di essere o una disposizione che muove dall’osservazione di alcuni elementi comuni e di carattere fondamentale diffusi presso la maggior parte dei casi particolari, che coglie e dà compimento a qualcosa di carattere tale che da parte di nessuno di coloro che sono in

11

Sulla riflessione applicata da Filodemo a questo genere di retorica nel corso del περὶ ῥητορικῆς cf. Robert N. Gaines: Philodemus and the Epicurean Outlook on Epideictic Speaking, in: CErc 33 (2003) 189–197. In generale sulla funzione e i limiti dell’uso delle technai nell’ampia riflessione dedicata da Filodemo a questi problemi, tema di cui ci accingiamo a trattare, cf. David Blank: Philosophia and techne. Epicurus and the Arts, in: James Warren (ed.): The Cambridge Companion to Epicureanism (Cambridge 2009) 216–233; è da tener presente anche Francesca Longo Auricchio: Epicureismo e scetti­ cismo sulla retorica, in: Atti XVII Congresso Internazionale di Papirologia, II (Napoli 1984) 453–472. 12 Su questa definizione di techne cf. anche C. Chandler: Philodemus. On Rhetoric, 81–103, che, ovviamente, sottopone ad esame anche questo passo soprattutto in rapporto ai princìpi generali della dottrina della scuola. Molte delle parti dell’opera filodemea che prenderemo in considerazione sono state di nuovo edite da David Blank e oggetto della sua esegesi; dei suoi studi la presente ricerca ha tenuto debito conto e i testi, salvo piccoli dettagli (per es. l’omissione di alcuni signa), sono quelli proposti nelle edizioni di Blank; cf. David Blank: Atomist Rhetoric in Philodemus, in: CErc 33 (2003) 69–88, qui: 70, 73 n. 18; relativamente a col. XXIV 1–5 cf. F. Longo Auricchio: Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 95.

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competenti può essere conseguita in modo analogo, sia in maniera sicura e stabile, sia ipotetica; lasciamo da parte per il momento se il risultato è, in assoluto, vantaggioso oppure no.

L’attribuzione di tale carattere di techne al solo genere di retorica σοφισ­ τική equivaleva ad un riconoscimento di superiorità rispetto agli altri, come si legge in π. ῥητ. IIa, P. Herc. 1674, col. XXXVII 2–18 Blank (Philodemus on the Impossibility, 78 n. 13 = F. Longo Auricchio: Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 121):13 T 2 τέχνη τί λέ̣γεται κατὰ [τ]ὴν συνή̣θεια̣ν ὑπο[μ]ν̣ῆσαι βραχέως· [κ]α̣ὶ̣ γὰρ [ἐ]ξε̣[ι]ργασμένω̣ς̣ ἔ̣σ̣τ̣ι δ̣[ε]ῖξαι τὴν σοφιστικὴν ῥητορικὴν τέχν̣ην λεγομένην [πα]ρὰ τ̣ο̣ῖς ἀνδ̣ράσιν, κ[α]θ̣’ [ο]ὓ̣ς̣ φιλοσο[φοῦμεν], τ̣[ὴ]ν δὲ̣ π̣ο̣λιτι[κὴν οὔ]τε [π]ρ̣[ὸς] τῆς σοφι[σ]τ̣ικῆς γινομέν̣[ην] ο̣ὔ[τ]ε πρὸς ἄλλ̣ης ἐπ̣[ισ]τήμης, αὐ̣τοὺς καθ’ [αὑ]τοὺς [πορ]ευομένους [πι]στώσ̣α̣σ̣θ̣α̣[ι] τὸ τὴν σοφιστικὴ̣ν̣ [περ]ὶ λόγων γρ̣αφὰς κα[ὶ ἐπι]δ̣είξεις τ[έ]χνην [εἶναι]. cosa sia ciò che usualmente viene chiamato techne (si può) rammentarlo in breve; e anche in maniera dettagliata è possibile dimostrare che la retorica sofistica è chiamata techne presso gli ἄνδρες secondo i quali noi esercitiamo la filosofia, ma che la (retorica) politica non proviene dalla (retorica) sofistica né da alcun’altra scienza, e noi, per nostro conto, procediamo ad affermare che la (retorica) sofistica è la techne che concerne la composizione di discorsi e le dimostrazioni.

Affermazioni analoghe ricorrono anche altrove, in un luogo in cui Filodemo si riferisce a qualcuno degli Epicurei delle scuole di Rodi e di Cos con i quali, fra l’altro, non in tutto concorda,14 π. ῥητ. IIa, P. Herc. 1674, col. LIV 15–32 Blank (Philodemus on the Impossibility, 77–78 = F. Longo Auricchio: Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 155): T 3 […] δοκεῖν [αὑ]τῶι φησὶν τοὺς [π]ε̣ρ[ὶ] τὸν Ἐπίκου[ρο]ν καὶ Μητ̣ρόδω[ρο]ν̣ μήτε τὸ πολιτικὸν μήτε τὸ δικανικὸν μήτε τὸ πανηγυρικὸν μέρος τῆς ῥητορικῆς ἔντε̣χνον ἀπολείπειν, ἀλλὰ τὸ μὲν πο̣λ[ι]τικὸν καὶ δικανικὸν μελέτης καὶ τριβῆς φάσκειν προσδεῖσθαι καί τινος̣ ἐ̣μπειρικῆς ἱστορίας, τὸ δὲ πανηγυρικὸν ἐμ μελέτη̣ι καὶ τριβῆι λέγειν κεῖσθαι κα̣ὶ συνηθείαι τινὸς φράσεως χωρὶς πραγ­ ματικῆς ἱστορίας. 13 14

Cf. anche col. XXXVIII 24–XXXIX 16 (F. Longo Auricchio: Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 123–125). Riguardo ai problemi di ortodossia nel Kepos al tempo di Filodemo cf. D. Sedley: Philo­ sophical Allegiance; in particolare, riguardo alle divergenze testimoniate in questo luogo, cf. 111–117.

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[…] asserisce che gli sembra che gli scolari di Epicuro e Metrodoro non ammettevano che avesse carattere di tecnica (ἔντεχνον) né il genere politico né giudiziario né panegirico della retorica, ma dicevano che quello politico e quello giudiziario hanno bisogno di attenzione e di pratica e di una certa quale indagine sui fatti, mentre dicevano che il genere panegirico consiste di attenzione e pratica e di consuetudine con un certo tipo di espressione senza alcuna necessità di indagine sui fatti;

e il testo continua, riportando con consenso l’opinione della medesima fonte che negava l’esistenza di una techne capace di convincere le folle, cioè la retorica esercitata nei tribunali e nelle assemblee, IIa, P. Herc. 1674, col. LIV 32–LV 11 Blank (Atomist Rhetoric, 72 = F. Longo Auricchio: Φιλο­ δήμου περὶ ῥητορικῆς, 155–157): T 4 πρὸς δὲ τούτοις δοκεῖν αὑτῶι κατὰ τοὺς ἄνδρας οὐ δύνασ̣θαι συστ̣ῆναι τέχνην̣ καθάπαξ ὄχλων πειστικήν· ἀρέσκει δὲ καὶ τ̣ὴν προειρημένην μελ̣έτην καὶ τριβὴν καὶ ἐμπειρίαν̣ [μή]τε διὰ παντὸς πείθ̣ε̣ι̣ν̣ μ̣ήτε πλεοναζ[όν]τω̣ς, καὶ διότι τοὺς οὐ ῥητορικοὺς λό[γους] συμβέβηκεν ἐνίοτ̣[ε] π̣[εί]θ̣[ε]ιν μᾶλλον τῶν ῥητορικῶν. oltre a ciò egli è dell’opinione, seguendo gli ἄνδρες, che non può assolutamente esistere una techne capace di persuadere le folle una volta per tutte; e che a ciò è in conformità il fatto che l’attenzione di cui si è detto, la pratica e l’esperienza non sono capaci di persuadere né del tutto né per la maggior parte, e che i discorsi non retorici accade talora che riescano a persuadere più di quelli retorici.

Riguardo alle technai in generale, alle origini e alla concezione che l’Epicureismo nutriva in proposito, la tradizione appare concorde su una valutazione positiva: Sch. Dion. Thrax 108, 27 Hilgard (Fr. 227b Us.; 231 2 Arr.): T 5 οἱ μὲν Ἐπικούρειοι οὕτως ὁρίζονται τὴν τέχνην· τέχνη ἐστὶ μέθοδος ἐν­ εργοῦσα τῷ βίῳ τὸ συμφέρον· ἐνεργοῦσα δὲ οἷον ἐργαζομένη. gli Epicurei definiscono così la techne: la techne è un procedimento che attua ciò che è utile per la vita; ‘che attua’ nel senso ‘che produce’.

Diogene di Enoanda, Fr. 12 col. II 4–III 6 Smith,15 include esplicitamente, fra le technai, anche il linguaggio: 15

Martin F. Smith: Diogenes of Oinoanda. The Epicurean Inscription (Napoli 1993).

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T 6 εἰς οὖν οὐδεμίαν τέχνην [ὡς ο]ὐδὲ ταύτας, οὔτ’ ἄλλον τινὰ θεῶν οὔτε τὴν Ἀθηνᾶν παραλημπτέον· πάσας γὰρ ἐγέννησαν αἱ χρεῖαι καὶ περιπτώσεις μετὰ τοῦ χρόνου. καὶ τῶν φθόγγων δὲ ἕνεκεν – λέγω δὲ τῶν τε ὀνομάτων καὶ τῶν ῥημάτων, ὧν ἐποιήσαντο τὰς πρώτας ἀναφθένξεις οἱ ἀπὸ γῆς φύντες ἄνθρωποι – μήτε τὸν Ἑρμῆν παραλαμβάνωμεν εἰς διδασκαλίαν. dunque per nessuna techne, come neppure per queste, bisogna ricorrere a qualche altro dio o ad Atena: infatti, tutte le crearono le necessità e le esperienze fatte nel corso del tempo. E anche per le parole – intendo i nomi e i verbi che pronunziarono come prime voci gli uomini nati dalla terra – nemmeno si ricorra ad Ermes per il loro insegnamento.

II. L’abuso delle technai Ma accanto a queste definizioni di T 5 e T 6, caratterizzanti le technai in senso positivo come rimedi escogitati dagli uomini contro le difficoltà della natura,16 è da tener presente quella del περὶ ῥητορικῆς filodemeo di T 1 che si chiude, come si è visto, con la considerazione che le technai possono anche produrre effetti negativi:17 ἀφείσθω γὰρ ἐπὶ τοῦ [πα]ρόντος εἴ­τε συμφ[έ]ρον ε[ἴ]τ’ οὐ συμφέρον τὸ [γ]ι̣γνόμενον πά̣[ν]τως. Da ciò si dovrà concludere che, pur avendo le technai princìpi causali positivi, le conseguenze negative che ne possono derivare dipenderanno dall’even-

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Riguardo alla generale riflessione del pensiero epicureo sulle technai, oltre alla più recente serie di ricerche di Blank, mantengono ancora tutta la loro importanza Margherita Isnardi Parente: A proposito di physis e techne in alcuni testi epicurei, in: Cultura 7 (1969) 71–87; Giuseppe Cambiano: Platone e le tecniche (Roma, Bari 21991). 17 L’abuso delle technai come contrario all’ideale di vita epicureo è oggetto di più esplicita riflessione nel filodemeo περὶ οἰκονομίας; l’importanza di quest’opera, in particolare col. XII 5ss.; XIII 11ss.; XVII 2ss., come testimonianza sui limiti del valore positivo o negativo delle τέχναι, è stata rilevata in diversi contributi da David Blank: Philodemus on the Technicity of Rhetoric, in: Dirk Obbink (ed.): Philodemus and Poetry. Poetic Theory and Practice in Lucretius, Philodemus and Horace (New York, Oxford 1995) 178–188, qui: 179; David Blank: Philodemus on the Impossibility of a ‘Philosophical Rhetoric’, in: Frédérique Woerther (ed.): Literary and Philosophical Rhetoric in the Greek, Roman, Syriac, and Arabic Worlds (Hildesheim, Zürich, New York 2009) 73–93, qui: 77, 89–90; D. Blank: Philosophia and techne, 218-219.

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tualità che ne venga fatto un cattivo uso.18 A questo proposito, se risaliamo agli scritti di Epicuro che conosciamo, non si trova, esplicitamente formulata, alcuna condanna, in generale, del possibile cattivo uso delle technai, ma abbiamo almeno due luoghi nei quali tale condanna è presupposta: – in Epistola a Pitocle 93, 1092–1097,19 alla fine dell’elencazione delle molteplici possibili cause dei moti e degli altri fenomeni propri dei corpi celesti, si legge che nessuna di quelle motivazioni proposte risulterà in disaccordo con l’evidenza dei fatti purché «ciascuna di queste motivazioni la si riconduca all’accordo con i fenomeni, senza lasciarsi intimorire dagli artifici degli astronomi degni di schiavi», μὴ φοβούμενος τὰς ἀνδραποδώδεις ἀστρολόγων τεχνιτείας. – dal libro XI del περὶ φύσεως 9 col. IV 1–V 15 (Fr. 26, 38–39 Arr.2)20 si ricava in cosa possano consistere le ἀνδραποδώδεις τεχνιτεῖαι dell’Epistola a Pitocle: qui Epicuro, con insistenza, mette in guardia contro il modo di procedere di coloro che fabbricano le macchine astronomiche, ὄργανα, con le quali tentano di riprodurre i moti dei corpi celesti concentrando su di esse tutta la loro attenzione, κυλινδοῦντες αὑτούς, senza accorgersi dell’atto di violenza, παραβίασιν, che compiono nel

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Cf. D. Blank: Philodemus on the Technicity, 180 sul rapporto fra differenti gradi di specializzazione e sul conseguente grado di utilità delle technai. Vale la pena notare che Aristot. Phys. VIII 8, 199a15–18, osservava che ὅλως δὲ ἡ τέχνη τὰ μὲν ἐπιτελεῖ ἃ ἡ φύσις ἀδυνατεῖ ἀπεργάσασθαι, τὰ δὲ μιμεῖται. Εἰ οὖν τὰ κατὰ τέχνην ἕνεκά του, δῆλον ὅτι καὶ τὰ κατὰ φύσιν, il quale, dunque, non stabiliva, come Epicuro, una decisa contrapposizione fra natura e techne intendendo la seconda non come un rimedio alle deficienze della prima, ma solo come un ausilio. 19 I testi epicurei conservati da Diogene Laerzio sono citati da: Tiziano Dorandi (ed.): Diogenes Laertius. Lives of Eminent Philosophers (Cambridge 2013). 20 Nel contesto di questo libro del περὶ φύσεως IX col. IV 7–11, secondo la plausibile ricostruzione di David Sedley: Epicurus and His Professional Rivals, in: Jean Bollack, André Laks (éd.): Études sur l’Épicurisme antique (Lille 1976) 121–159, qui: 140, compare, a proposito degli ὄργανα, l’espressione οὐ μόνον κατὰ τὰς [ἀνδρα]ποδείας [τ]ὰς ὑπὸ τ[ῶ]ν διδασκα[λι]ῶν αὐτ[ο]ῖς παρα[γιγν]ομένας «in view not only of the enslavements brought upon them by their doctrines» che alluderebbe ad una sorta di perdita della libertà della mente e di schiavizzazione subìta dal pensiero nei confronti delle macchine che tentano di riprodurre la realtà. Questo lavoro di Sedley illumina i motivi della polemica di Epicuro e i suoi destinatari.

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presumere di aver inventato dei meccanismi capaci di riprodurre quei moti.21 Questo significa che l’originaria capacità umana di escogitare delle technai per superare le difficoltà che contro l’uomo oppone la natura, può essere indirizzata in senso sbagliato trasformando le technai in τεχνιτεῖαι, nel caso specifico quelle degli ἀστρολόγοι. E ciò è confermato anche da Lucrezio nella parte del quinto libro dedicata alla storia e allo sviluppo della civiltà umana dove compare un’ampia esemplificazione sull’abuso delle technai come conseguenza dell’insaziabile avidità del genus hominum che non cognovit quae sit habendi / finis et omnino quoad crescat vera voluptas (v. 1430, 1432–1433),22 causa, questa, dell’impossibilità di godere della beatitudine epicurea che aveva uno dei suoi principali fondamenti proprio nel rispetto della misura, un insegnamento che Epicuro, a proposito della fuga dal dolore e della ricerca del piacere, formulava nell’Epistola a Meneceo 127–128, 1494–1508 con le parole τότε γὰρ ἡδονῆς χρείαν ἔχομεν ὅταν ἐκ τοῦ μὴ παρεῖναι τὴν ἡδονὴν ἀλγῶμεν· οὐκέτι τῆς ἡδονῆς δεόμεθα. Infine, prima di affrontare il problema del preciso significato e dei motivi della definizione della retorica epidittica come techne proposta da Filodemo in T 1, è da considerare una tarda testimonianza relativa alla retorica forense nella concezione dell’Epicureismo risalente ad Ammiano Marcellino, Storia romana XXX 4, 3 (Fr. 51* Us.): T 7 hanc professionem oratorum forensium πολιτικῆς μορίου εἴδωλον23 [...] definit amplitudo Platonis, Epicurus autem κακοτεχνίαν nominans inter artes numerat malas

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La connessione fra il passo dell’Epistola a Pitocle e il περὶ φύσεως fu a suo tempo notata, indipendentemente, da M. Isnardi Parente: A proposito di physis, 78 n. 16 e da Graziano Arrighetti: La structure de la lettre d’Épicure à Pythoclès, in: Association Guillaume Budé (éd.): Actes du VIIIe Congrès. Paris, 5–10 avril 1968 (Paris 1969) 236–252, qui: 247. Sul problema cf. D. Sedley: Epicurus and His Professional Rivals, 137–144. 22 Cf. D. Blank: Philodemus on the Technicity, 180: «each techne itself – or at least one of its forms – may not be helpful in getting these god things, since it has become too specialized, theoretical, or technical». Nel séguito Blank fornisce ulteriore documentazione da Lucrezio in questa parte del quinto libro del De rerum natura, e adduce significativi paralleli rappresentati da arti come la musica e la poesia. 23 Plat. Gorg. 463d1–2.

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questa professione degli oratori forensi la grandezza di Platone la definisce ‘immagine di una piccola parte della politica’, ma Epicuro, chiamandola kakotechnia, la annovera fra le male arti,

una definizione che, attribuendo a questo genere di retorica una componente di techne – sia pure tràmite il composto κακοτεχνία – sembra trascurare o non conoscere la distinzione stabilita da Filodemo in T 1, per la quale, in assoluto, l’oratoria forense non è da considerare una techne, né buona né cattiva; ma questa imprecisione da parte di Ammiano nei confronti di Filodemo può essere spiegabile.24 Resta comunque il fatto che il valore negativo del termine ammianeo κακοτεχνία appare analogo a quello di τεχνιτεία dell’Epistola a Pitocle 93, 1097. III. La retorica epidittica come techne25 Si è visto sopra che per Filodemo la definizione di techne si può applicare solo alla retorica sofistica/epidittica (T 2) ma non agli altri generi, il politico e il forense,26 e si impone quindi una riflessione sul significato della 24

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Su questa testimonianza di Ammiano Marcellino cf. Margherita Isnardi Parente: Techne. Momenti del pensiero greco da Platone ad Epicuro (Firenze 1966) 393–394; la studiosa esprime delle riserve sull’appropriatezza di questa definizione della retorica forense come κακοτεχνία perché, appunto, a questo genere di retorica forense Filodemo negava in assoluto la caratteristica di techne; ma c’è da chiedersi se davvero Ammiano conoscesse l’opera filodemea, forse mai pubblicata (cf. sopra, n. 1); e cosa ne sapeva Ammiano della tesi ivi esposta relativamente a quali, fra i generi di retorica, siano o non siano technai, tesi con tutta probabilità sostenuta soltanto da Zenone Sidonio e dal suo scolaro Filodemo? La trattazione del problema della diffusione della conoscenza delle posizioni filodemee e zenoniane sul carattere di techne riconosciuto alla sola retorica epidittica non rientra negli scopi del presente lavoro, ma sono da condividere i dubbi da più parti avanzati e chiaramente riproposti da M. Erler: Epikur, 340; più di recente, per es., da D. Blank: Atomist Rhetoric, 70; in generale sul rapporto fra le posizioni di Filodemo sulla retorica e il pensiero degli ἄνδρες a cui Filodemo si richiama cf. C. Chandler: Philodemus. On Rhetoric, 105–146. Al problema dedica un capitolo B. Beer: Lukrez und Philodem, 313–325, ma neanche in questo lavoro viene affrontato il problema di come possa adattarsi alla retorica epidittica la definizione che compare in T 1. Cf. sopra, T 3 e T 4 e, ancora, P. Herc. 1674, col. XXXVII 28–31; XLIII 32–35 Longo Auricchio (Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 121 e 133).

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definizione di T 1, in altre parole su come la retorica sofistica/epidittica possa conformarsi ai princìpi che in T 1 vengono enunciati in una definizione che, lo si è già detto, si presenta proposta in forma assolutamente generale e abbastanza sibillina: vi si parla di un modo di essere, ἕξις, o di una disposizione, διάθεσις – termini che indicheranno le capacità di una persona27 – tale da conseguire un risultato dotato di caratteristiche specifiche, συντελοῦσα τοιοῦτον, proveniente dall’osservazione, ἀπὸ παρα­ τηρήσεως, di τινὰ κοινὰ καὶ στοιχειώδη, cioè di alcune realtà aventi caratteri di στοιχεῖα, quindi di valore fondamentale, diffuse in una quantità di casi particolari; ma questa capacità non può essere conseguita da τῶν μὴ μαθόντων . Se, per esempio, questa definizione, si applica a technai relative ad attività artigianali, ciò significherà che chi lavora un certo tipo di materiale deve sapere, per l’esperienza acquisita in molti casi particolari, che, affinché il lavoro abbia successo, devono essere conosciute e seguite delle regole e delle procedure proprie di ciascun tipo di materiale, che sono tali da condizionare il risultato che si vuole ottenere e il cui rispetto ha un’importanza imprescindibile; tali regole e procedure sono dunque στοιχειώδη.28 Ma riguardo alla retorica – sia pure a quella del genere epidittico, l’unica che Filodemo definisce techne – noi non sappiamo, né Filodemo ci dice, cosa siano questi στοιχειώδη, né donde devono essere ricavati, né come si possa misurare la loro importanza, né, infine, chi è in grado di apprenderli e come l’apprendimento sia possibile. Se esaminiamo il concetto di στοιχεῖον/στοιχειώδης presso Epicuro vediamo 27

Sul valore e l’importanza di questi due termini ἕξις e διάθεσις, l’uno afferente all’àmbito concettuale di habitus, l’altro ai caratteri della costituzione atomica, cf. la documentata ricerca di Alberto Grilli: Διάθεσις in Epicuro, in: ΣΥΖΗΤΗΣΙΣ. Studi sull’Epicureismo greco e romano offerti a Marcello Gigante. Contributi (Napoli 1983) 93–109. 28 Riguardo ai caratteri di ciò che, in generale, è definito στοιχειώδης, possiamo anche riferirci ad Aristot. Metaph. I 8, 988b34–989a2, nel corso dell’esame delle teorie degli antichi fisiologi sui princìpi primi: τῇ μὲν γὰρ ἂν δόξειε στοχειωδέστατον εἶναι πάντων ἐξ οὗ γίγνονται συγκρίσει πρώτου, «da una parte parrebbe più fondamentale di tutti quell’ele­mento da cui, per primo, gli altri provengono per σύγκρισις»; e anche riguardo al concetto di στοιχεῖον, ibid. IV 3, 1014a26–27: στοιχεῖον λέγεται ἐξ οὗ σύγκειται πρώτου ἐνυπάρχοντος ἀδιαιρέτου τῷ εἴδει εἰς ἕτερον εἶδος, «‘Element’ means the primary constituent which is indivisible into parts specifically different from itself, e. g. letters of the alphabet, the physical elements», secondo la parafrasi di William David Ross: Aristotle’s Metaphysics. A Revised Text with Introduction and Commentary, I (Oxford 1924) 294.

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che di στοιχεῖα come elementi primi costituenti l’esistente egli parlava nella sua polemica contro Platone del Timeo in περὶ φύσεως XIV,29 e in Epistola a Pitocle 86, 1022 il filosofo raccomandava di tener fermo, fra gli altri, il principio che gli στοιχεῖα, cioè gli elementi primi della realtà materiale, sono ἄτομα; ma con il medesimo termine troviamo designati da Epicuro anche i princìpi fondamentali della sua dottrina in Epistola a Erodoto 47, 580, relativamente ai fenomeni connessi con il moto degli atomi; e ancora, in Epistola a Meneceo 123, 1443, gli insegnamenti contenuti sono definiti come στοιχεῖα τοῦ καλῶς ζῆν. In Epicuro, dunque, il termine στοιχεῖον compare o nel suo significato di elemento primario della realtà materiale, o, in senso traslato, come elemento essenziale della dottrina della scuola.30 Per tornare alla definizione filodemea di techne di T 1, come si è detto di carattere assolutamente generale, sarà legittimo tener conto anche della possibilità che il concetto di στοιχεῖον/στοιχειώδης possa riferirsi anche a realtà non pertinenti a regole e princìpi di carattere retorico, come sarà confermato da alcune testimonianze che vedremo, T 11, T 12, T 13, e, di conseguenza, si propone, come legittima, l’ipotesi che, esclusi come στοιχειώδη regole e leggi di carattere retorico, possano essere designati come tali i princìpi stabiliti come fondamentali nel sistema dottrinale del Κῆπος che, dunque, dovranno essere presenti in ogni strumento espressivo che abbia i caratteri e assolva la funzione di ἐπι­ δεικτικὴ ῥητορική e che, con la loro presenza, fanno sì che questa assuma la dignità di una techne. E’, questa, un’ipotesi che deriva – oserei dire necessariamente – dal rifiuto da parte di Filodemo di qualunque principio di retorica, un rifiuto insistentemente e sempre più accentuatamente confermato nel corso del περὶ ῥητορικῆς fino a raggiungere il suo punto più alto quando leggiamo proposto come ideale, vedremo in T 12, il genere di λόγος che sia φυσικῶς καλός, la cui superiorità, quindi, consiste nel rispondere alle esigenze di una chiara comunicazione fondata su princìpi naturali, φυσικῶς, e cercheremo oltre di capire in che senso è da intendere questo avverbio. Ma 29 30

Cf. Giuliana Leone: La chiusa del XIV libro Della natura di Epicuro, in: CErc 17 (1987) 49–76, qui: Index verborum. E sarà da credere che non l’avrà certo usato a proposito dell’arte retorica se non polemicamente: cf. Diog. Laert. X 118, 1392 (Fr. 565 Us.).

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procediamo per ordine. Per arrivare a questa conclusione la riflessione del filosofo si svolge gradualmente, passando anche attraverso significativi confronti con la poesia;31 in π. ῥητ. IIb, P. Herc. 1672, col. XXII 36–39 Longo Auricchio (Φιλοδήμου περὶ ῥητορικῆς, 219) si può leggere: T 8 φαμὲν τοίνυν τὸ μεθοδ̣[ι]κὸν ἔχε̣ι̣ν αὐτὴν (scil. τὴν σοφιστικὴν ῥητορι­κήν), οὐ πολὺ δὲ καθάπ̣[ερ] οὐδὲ τὴ̣ν ποιητ[ι]κὴν· diciamo dunque che questa (scil. la retorica sofistica) possiede una metodica, però non in grande misura, così come neppure l’arte poetica;32

un testo, dunque, che, proprio sulla base della scarsità del μεθοδικόν, stabilisce un parallelismo della retorica sofistica/epidittica con la poesia, un parallelismo che, coerentemente, ricorre anche nel V libro del περὶ ποιημάτων dove queste due forme espressive vengono ripetutamente considerate come strumenti accomunati dall’opportunità di rispondere ad analoghe esigenze,33 perché anche in περὶ ποιημάτων si prescrive il rifiuto di θέματα,34 cioè di norme che regolino la composizione poetica, in conformità, dunque, al criterio dell’οὐ πολὺ μεθοδικόν; si legge infatti in col. XXV 24–30 Mangoni,35 in un brano polemico:36 T 9 ἐψεύδοντο δὲ θ[έμ]ατα πάντα [νο]μίζο[ντ]ες εἶνα[ι] κ̣αὶ κρίσ̣[ι]ν̣ οὐχ ὑπ­ άρχε[ιν τῶν] ἀστείων ἐπῶν καὶ [φαύ]λων κοινήν, ἀλλὰ παρ’ ἄλλοις ἄλλη[ν], ὡς τὴν νομίμων, dissero una cosa falsa reputando che ci siano tutte norme convenzionali e che non esista un criterio di giudizio, κρίσις, delle composizioni poetiche belle e di 31

Sui luoghi filodemei nei quali viene considerato il rapporto fra prosa e poesia sulla base dei caratteri che accomunano le due forme di espressione cf. Cecilia Mangoni: Prosa e poesia nel V libro della Poetica di Filodemo, in: CErc 18 (1988) 127–138; Ead.: Il quinto libro, 199–201, 211–212; c’è però da tener presente che in Filodemo il rapporto di funzionalità fra le due forme espressive non è considerato come contrapposizione ma come analogia. 32 In proposito cf. D. Blank: Philodemus on the Impossibility, 90–91. 33 Cf., per esempio, col. XXXII 28–35; XXXIV 34–XXXV 5. 34 Sul problema rappresentato dal rifiuto dei θέματα nel περὶ ποιημάτων cf. Richard Janko (ed.): Philodemus. On Poems. Book I (Oxford 2000) 129–134. 35 Cecilia Mangoni (a cura di): Filodemo. Il quinto libro della Poetica (PHerc 1425 e 1538) (Napoli 1993). 36 In proposito cf. E. Asmis: Philodemus’ Poetic Theory, 8–9.

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quelle di poco valore, ma che per uno ne valga uno e per un altro un altro, come per le consuetudini (o i problemi legali?),

dove il richiamo alla κρίσις sottintende, secondo i princìpi della dottrina gnoseologica della scuola, un rinvio alle prolessi, rispettivamente, di bella e di brutta poesia. Ancora, nella stessa opera περὶ ποιημάτων, si enuncia un’altra caratteristica che accomuna poesia e prosa, col. XXX 6–12, 25–33:37 T 10 ἡ δὲ σύνθεσις λέξεως ἐναργῶς καὶ ἐμφατικῶς τὴν ὑποτεταγμένην διάνοιαν [σ]ημαίνουσα κοι[ν]ή [γ’ ἐσ]τι καὶ λόγου παντὸς ἀρετή [...] οὐ προ[σῆκ]εν οὖν ἐν ταῖ[ς] ὑπο[θήκ]αις ἐξαριθμεῖσθαι κατὰ μέρος, ἀλλὰ τὸ διῆκον λέγειν. ἂν δὲ διὰ τούτων μόνως οἰώμεθα τὰς π[ρο]λήψεις ἐκτυποῦσθαι, πάντα π̣[α]ραθετέον τῶι γένει [ἀλλ’ οὐ] τοῖς ἀριθμοῖς la composizione stilistica che in maniera chiara ed efficace renda manifesto il pensiero è virtù comune anche ad ogni discorso in prosa […] non si dovrebbe, dunque, nei trattati, procedere a delle enumerazioni (di dettagli) uno per uno, ma dire quanto c’ è in comune, τὸ διῆκον. E se pensiamo che solo tramite questi procedimenti è possibile imprimere le prolessi, tutto deve essere proposto facendo riferimento al genere del discorso, al γένος, e non ai dettagli enumerati,38

e il rinvio all’importanza di «quanto c’è in comune», τὸ διῆκον, al «genere del discorso», τῶι γένει, sembra rimandare agli στοιχειώδη che διὰ πλειόνων διήκει τῶν ἐπὶ μέρους della definizione della techne in T 1, per cui appare che anche la poesia, così come la prosa, possa conseguire anche il livello e la funzione di una techne.39 C’è da osservare ancora che con l’esplicito richiamo alla formazione delle prolessi Filodemo riporta il problema alle origini dei processi che permettono di raggiungere la conoscenza, in conformità a quanto scrive Diogene Laerzio X 33, 420–431: come riguardo all’uomo noi sappiamo cosa è e come è tramite il riferimento al τύπος che la prolessi ci fornisce, così, a proposito della ἀρετή della σύνθεσις λέξεως di T 10, la corrispondente prolessi può essere impressa dalla percezione del διῆκον, cioè dall’insieme dei tratti e dai carat37

Cf. anche D. Blank: Philodemus on the Impossibility, 88. Per l’interpretazione dei rr. 29–33 cf. C. Mangoni: Il quinto libro, ad loc., 306; una chiara parafrasi del brano presso D. Blank: Philodemus on the Impossibility, 88. 39 Un’allusione a certi suoi componimenti poetici? Al poema lucreziano? 38

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teri comuni, cioè dal γένος, e non dall’enumerazione dei particolari, dall’ ἐξαριθμεῖσθαι κατὰ μέρος.

IV. Il φυσικῶς καλὸς λόγος Come conclusione del sistematico rifiuto di regole retoriche, in π. ῥητ. IV, P. Herc. 1423, col. VII 6–14 (Sudhaus: Volumina Rhetorica, II 151) si può leggere:40 T 11 ἔ[πει]τ’ εἰ μὲν μη̣δ̣ὲ εἷς ἦν φ[υ]σικῶς καλ[ὸ]ς λόγος ἴσως ἂν ἦ[ν] ἀναγκαῖον ἀγαπᾶ[ν τὸ]ν κατὰ θέμα· νῦν δ’ ὑπάρχοντος, ἄθλιον τὸ παριέντας αὐτὸν [ἐ]π’ ἐκεῖνον καταντ[ᾶ]ν inoltre, se non esistesse nemmeno una sola maniera di esposizione bella per natura, un φυσικῶς καλὸς λόγος, forse sarebbe necessario preferire quella secondo una norma stabilita; ora, però, dal momento che esiste sarebbe sciocco tra­ lasciarla e ricorrere a quella;

un testo, questo, che è opportuno mettere a confronto con π. ῥητ. inc. lib. P. Herc. 380 Gomperz = Fr. V 1–8 Sudhaus (Volumina Rhetorica, II 192),41 T 12 π[ολλ]άκις ἐκ τῆς τέχνης ἐπιγείνεται· δ̣ιὸ καὶ λέγει μέν τις ἃ φρονεῖ σα̣φῶ̣ς καὶ πιστικῶς· διὰ δὲ τ[ο]ῦτο̣ καὶ καλῶς φύσει· χάριν δὲ τοῦ καὶ πολλάκις τούτου τυγχάνειν τ[έ]χνης δεῖται 40 41

Cf. D. Blank: Philodemus on the Impossibility, 89. Il testo che proponiamo è diverso da quello pubblicato da Sudhaus e segue l’edizione di Theodor Gomperz: Hellenika. Eine Auswahl philologischer und philosophiegeschichtlicher kleiner Schriften, II (Leipzig 1912) 244–245, qui 244, convalidata dall’accurata revisione dell’originale, della riproduzione fotografica del papiro e di N, condotte da Francesca Longo Auricchio e da Gianluca Del Mastro che qui ringrazio affettuosamente. La riproduzione fotografica si può trovare in Guglielmo Cavallo: Libri scritture e scribi a Ercolano. Introduzione allo studio dei materiali greci (Napoli 1983) Tav. XLIX. T. Gomperz: Hellenika, 244 n. 1 esprimeva il suo duro e del tutto legittimo dissenso dal testo proposto da Sudhaus. A proposito di questo frammento T. Dorandi: Per una ricomposizione, 63, avanza dubitosamente l’ipotesi che contenga «una ripresa di un classico dell’Epicureismo (Metrodoro?)». Le testimonianze filodemee relative alle teorie sulla retorica della scuola sono state raccolte e commentate da F. Longo Auricchio: Testimonianze dalla Retorica.

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spesso sopraggiunge dalla techne; ed è grazie a ciò che qualcuno esprime chiaramente e in maniera credibile quello che pensa; e, per questo motivo, anche in maniera bella per natura; ma al fine di conseguire ciò anche frequentemente c’è bisogno di techne,

perché il confronto offre la possibilità di definire più chiaramente quali siano i caratteri del φυσικῶς καλὸς λόγος di T 11: se il λόγος sarà σαφής sarà anche πιστικός, ma perché tali qualità possa conseguirle costantemente è necessaria la techne, χάριν δὲ τοῦ καὶ πολλάκις τούτου τυγχάνειν τέχνης δεῖται, e la techne sarà da identificare col μεθοδικόν di T 8 che, però, era definito οὐ πολύ; quindi, riguardo alla conclusione a cui siamo giunti,42 cioè che il filosofo epicureo doveva adottare un linguaggio «naturalmente bello», in questo testo si precisa che il φυσικῶς καλὸς λόγος, per poter essere usato πολλάκις, τέχνης δεῖται, e la techne non potrà che consistere nel possesso di quella ἕξις o διάθεις di cui si parla in T 1 e che consente la παρατήρησις τινῶν κοινῶν καὶ στοιχειωδῶν, ἃ διὰ πλειόνων δι­ ήκει τῶν ἐπὶ μέρους. A questo punto, tornando ancora agli στοιχειώδη e tenendo ovviamente presente che questi non possono afferire all’àmbito delle regole imposte dalla retorica perché il λόγος καλός deve essere φυσικῶς, non si può che tornare all’ipotesi che Filodemo alluda al complesso di fatti e di eventi che si danno nella realtà – compresa, in questa, la componente umana – dotati di caratteri tali e di tanta importanza e, soprattutto, interpretati secondo la dottrina della scuola, da poter essere definiti στοιχειώδη e che nessuno che alla scuola non appartenga, τῶν μὴ μαθόντων , è in grado di conoscere e di valutare come tali. Saranno fatti ed eventi afferenti all’àmbito del mondo fisico, a quello dell’eti­ca e della gnoseologia, dei modi di rapportarsi agli altri e alla divinità, e così via, però sentiti e vissuti, appunto, secondo la dottrina del Kepos. Quando i princìpi che sono a fondamento del sistema, e assumono quindi il valore di στοιχεῖα, in un λόγος vengono presupposti e rispettati, 42

Cf. D. Blank: Philosophia and techne, 232–233: «the philosopher may use that small amount of method and compose in the naturally beautiful mode to enhance the effective­ ness of the ‘philosophical discourses’ he gives to his companions»; ma se applicato agli strumenti espressivi talora usati da Epicuro, e anche da Filodemo, chi ha esperienza di questi testi sa bene che il concetto di ‘naturally beautiful’ può differire decisamente dal significato che comunemente noi diamo a queste parole; cf. Graziano Arrighetti: Epicuro, la κυρία λέξις e i πράγματα, in: CErc 40 (2010) 17–22.

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allora questo λόγος risponde alle esigenze di una techne ed è un φυσικῶς καλὸς λόγος; in caso contrario, si dovrà supporre, il λόγος sarà atechnos o rappresenterà un esempio di kakotechnia. Se così stanno le cose, rivelano più chiaramente la loro funzionalità sia l’avverbio φυσικῶς, che in T 11 compare riferito al καλὸς λόγος, sia, in T 12, l’espressione καλῶς φύσει in riferimento a λέγειν: in ambedue i casi il richiamo alla φύσις avrà il valore di un rimando alle leggi e alle esigenze della natura tanto spesso evocate da Epicuro come fondamentali princìpi ai quali il saggio dovrà conformarsi43 e, conseguentemente, l’apprezzamento di Filodemo nei confronti del λόγος φύσει καλός, del λέγειν καλῶς φύσει si propone, proprio per questo riferimento alla φύσις, come un richiamo a quel momento dell’evoluzione del linguaggio nel quale, a quanto si legge nell’Epistola a Erodoto 76, 894–896, la φύσις, in vista del conseguimento della chiarezza nelle forme della comunicazione, indusse gli uomini a κοινῶς καθ’ ἕκαστα ἔθνη τὰ ἴδια (ὀνόματα) τεθῆναι πρὸς τὸ τὰς δηλώ­ σεις ἧττον ἀμφιβόλους γενέσθαι ἀλλήλοις καὶ συντομωτέρως δηλουμένας.

V. Qualche considerazione finale Gli elementi, i κοινὰ στοιχειώδη, che compaiono nella definizione della techne di T 1, abbiamo supposto che siano costituiti dall’os­ser­va­zi­o­ne di tutto ciò che esiste e accade, considerato e interpretato alla luce della dottrina della scuola, e quindi, in quanto quella definizione compare in un trattato di retorica, possiamo chiederci se anche dalla riflessione sui contenuti di λόγοι in generale, e non solo di quelli composti secondo i princìpi della ἐπιδεικτικὴ ῥητορική, ma anche di testi di carattere più genericamente letterario, addirittura di testi poetici. Trattandosi di Filodemo la

43

Per esempio: in Epist. ad Men. 127, 1094–1095 e in Κυρία δόξα 29 le φυσικαὶ ἐπιθυμίαι sono contrapposte a quelle κεναί; ancora, ibid. 130, 1530–1531 il τὸ μὲν φυσικὸν πᾶν è opposto a τὸ κενόν; nel libro XXV del περὶ φύσεως, P. Herc. 697 col. III 8–10 + P. Herc. 1056, 6 III 1–4 (ed. Simon Laursen: The Early Part of Epicurus. On Nature. 25th Book, in: CErc 25 [1995] 5–109, qui: 108), si parla di λαμβάνειν τῆι μνήμηι un qualcosa che παρεῖχε τῶι φυσικῶι τέλει τὸ χαρτὸν ἢ τὸ λυπερόν.

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risposta crediamo non possa che essere affermativa:44 non è difficile supporre che il filosofo alludesse anche a prodotti della letteratura quando, in Ad contubernales col. XVI, sosteneva che era necessario sapere come riscoprire «quanto c’è nel pensiero di coloro che avevano coltivato la poca chiarezza», τὰ τῶν ἐπιτε­τη­δευ­κό­των ἀσάφειαν ἐξευρίσκειν,45 e quando, nelle righe immediatamente precedenti, aveva definito questa capacità – con parole che sembrano suonare come un accenno autobiografico46 – come propria di coloro che τετυ[χ]ό̣τες ἀγωγῆς Ἕλλησι καὶ̣ [ο]ὐ [Πέρσαις] πρε­ πούσης, καὶ παι[δευθέ]ν̣τες ἐν μ[α]θήμασι «hanno ricevuto un’educazione adatta a Greci e non a Persiani, istruiti negli studi», ἐκ παιδίου μέχρι γήρως φιλοσοφήσαντες, «i quali, dalla fanciullezza fino alla vecchiaia, hanno esercitato la filosofia». Io non so se nella produzione di Filodemo a noi nota siano reperibili precise testimonianze di questa capacità di τὰ τῶν ἐπιτετηδευκότων ἀσάφειαν ἐξευρίσκειν, e su quali testi si fosse applicata, ma certo un’opera come il De bono rege secundum Homerum dava prova di quanto, alla luce della dottrina della scuola riguardo al corretto comportamento di personaggi dotati di potere e autorità, era possibile ἐξευρίσκειν 44

Cf. M. Erler: Orthodoxie und Anpassung, 83: «gemeint sind wohl vor allem philosophische, aber auch literarische [Texte]». 45 Il testo filodemeo è quello di A. Angeli: Filodemo. Agli amici. L’esatto significato e l’importanza di queste parole, anche nel contesto culturale dell’epoca, dopo Angeli, 77–78, sono stati ulteriormente precisati e chiariti da M. Erler: Ἐπιτηδεύειν; cf. anche Elizabeth Asmis: Epicurean Poetics, in: Dirk Obbink (ed.): Philodemus and Poetry. Poetic Theory and Practice in Lucretius, Philodemus, and Horace (New York, Oxford 1995) 15–34, qui: 31. A questo luogo faceva riferimento anche D. Blank: La philologie, 247 che seguiva, però, la diversa interpretazione di Angeli. 46 La cronologia non si opporrebbe a questa ipotesi: cf. A. Angeli: Filodemo. Agli amici, 75–78, ma una analoga espressione ricorre anche in Zenone Sidonio Fr. 20 presso A. Angeli, M. Colaizzo: I frammenti di Zenone, e, quindi, non è impossibile che anche qui, in Ad contubernales, Filodemo ricorra ad una allusione al venerato maestro. Il valore che, a cominciare da Omero, la conoscenza della letteratura e la capacità di interpretarla ebbero per l’epicureo Filodemo è stato ben visto e appropriatamente valutato; per quanto riguarda il De bono rege cf. E. Asmis: Philodemus’ Poetic Theory, 17–27 e, in particolare, M. Erler: Interpretatio medicans, 246–248. Sono da tener presenti anche le importanti ricerche di Dino De Sanctis: Omero e la sua esegesi nel De bono rege di Filodemo, in: CErc 36 (2006) 47–64; Il sovrano a banchetto: prassi del simposio e etica dell’equilibrio nel De bono rege (PHerc. 1507, col. XVI–XXI Dorandi), CErc 37 (2007) 49–65; e di G. Roskam: Live Unnoticed, 123–125.

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sulla base dalle ἀφορμαί che quel testo, poetico per eccellenza, poteva offrire.47 Non solo. Zenone Sidonio aveva composto un’opera dal titolo, molto probabile, Περὶ ποιημάτων χρη[στῶν,48 e non è impossibile che Filodemo, fra molte altre cose, abbia appreso dal suo maestro anche come utilizzare il genere di χρηστότης che della poesia omerica il De bono rege mette in luce. Infine, viene naturale anche chiedersi perché Filodemo volle attribuire il valore e la dignità di techne ad un genere di forma espressiva, ad una ῥητορική, nella quale ai princìpi della retorica – come comunemente intesa – non solo non era da lui riconosciuta alcuna importanza ma dalla quale venivano addirittura banditi, provocando con ciò una vera contradictio in adiecto; e perché, per dimostrare ciò, sentì necessario impegnarsi in un’opera poderosa come il περὶ ῥητορικῆς. Crediamo che il motivo – che, si è detto, aveva il suo fondamento ultimo nella polemica della scuola contro una delle discipline della παιδεία tradizionale – fosse principalmente rappresentato dall’opportunità di trovare un modo per ricono­ scere e attribuire dignità di carattere unitario alle molteplici forme e alla varietà degli strumenti di comunicazione che nella scuola, a cominciare da Epicuro, erano state utilizzate per dare espressione al pensiero e, soprattutto, per l’insegnamento. Queste molteplici forme noi le conosciamo, a partire dalla varietà e dalla differente qualità degli stili e, addirittura, dei generi letterari utilizzati da Epicuro nella sua produzione, varietà e differente qualità che, fra l’altro, si riscontrano anche in Filodemo.49 Così, c’è 47

Nella col. XLIII 15–20 Dorandi, Filodemo conclude l’opera rivolgendosi direttamente a Pisone con queste parole: εἰ δέ τινας παραλελοί[παμε]ν τῶν ἀφ[ορμῶν], ὦ Πείσων̣, ἃς ἔστι παρ’ Ὁμήρου̣ λαβεῖν εἰς ἐπανόρθωσιν δυνατε[ιῶν]. Quest’opera filodemea nel passato è stata, come si sa, origine di dubbi sulla sua origine e funzionalità; in proposito cf. M. Gigante: Filodemo in Italia, 81–101. 48 Sul problema del titolo, se Περὶ ποιημάτων χρη[στῶν oppure χρή[σεως, come compare restituito in Fr. 12 di A. Angeli, M. Colaizzo: I frammenti di Zenone, cf. Marcello Gigante: Zenone Sidonio e la poesia, in: CErc 28 (1998) 85–98, qui: 93–98, che dell’opera zenoniana metteva in luce l’interesse per la componente estetica, per la ‘poesia bella’, e non per quel genere di ἀφορμαί di cui parla Filodemo nel De optimo rege. Nell’occasione Gigante dava notizia anche di proposte nello stesso senso, avanzate da altri, in particolare da Daniel Delattre. 49 Non mi soffermo a ripetere quanto più dettagliatamente ho scritto altrove: cf. Graziano Arrighetti: Forme della comunicazione in Epicuro, in: Michael Erler, Jan Erik Heßler

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da pensare che il Gadareno abbia sentito opportuno individuare, come elemento unificante di questi differenti strumenti espressivi, ­l ’attribuzione della dignità di τέχνη ῥητορική a quella produzione; però, come si è visto, di una ῥητορική sui generis, fondata non sull’osservanza delle regole dell’arte retorica come comunemente intesa che la scuola condannava, ma sulla presenza e l’armonica coerenza dei contenuti di pensiero. E non solo: il forte impegno per attribuire il carattere di techne ad un modo di comunicazione che fosse fondato sui princìpi della dottrina della scuola o, come minimo, che quei princìpi rispettasse, trovava una motivazione anche nel desiderio di dimostrare che la ἐπιδεικτικὴ ῥητορική era, in quanto techne, una μέθοδος ἐνεργοῦσα τῷ βίῳ τὸ συμφέρον, come abbiamo letto presso Dionisio Trace in T 4, e apportare τῷ βίῳ τὸ συμφέρον era il programma della dottrina del Kepos.

(Hg.): Argument und literarische Form in antiker Philosophie. Akten des 3. Kongresses der Gesellschaft für antike Philosophie 2010 (Berlin 2013) 315–337.

Studio della presenza dei proverbi nel linguaggio di Filodemo F R A N C E S C A L O N G O AU R I C C H I O

Lo studio della presenza di proverbi in Filodemo rientra nella indagine sullo stile del filosofo di Gadara che è uno dei desiderata degli studiosi dei testi ercolanesi. Già Wilamowitz aveva espresso tale esigenza nel 1928 e, molto più recentemente, M. Erler, nel fondamentale saggio dedicato a Epicuro e alla sua Scuola auspica uno studio obbiettivo e profondo sullo stile di Filodemo.1 Dall’epoca della scoperta delle sue opere nella biblioteca della Villa di Ercolano (XVIII secolo) sulla scrittura di Filodemo filosofo è pesata l’ipoteca del confronto con l’eleganza dello stile degli Epigrammi che sino ad allora erano l’unico suo scritto noto. La sua prosa filosofica era scono* 1

Ringrazio Margherita Erbì, Franco Ferrari e Giuliana Leone per le informazioni e i consigli. Nel 1928 Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff rilevava che «Per Filodemo non disponiamo ancora di una rappresentazione d’assieme della sintassi e dello stile» (Geschichte der griechischen Sprache [Berlin 1928] 40), cf. Michael Erler: Epikur – Die Schule Epikurs – Lukrez, in: Hellmut Flashar (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, IV 1: Die hellenistische Philosophie (Basel 1994) 29–490, qui: 293; Marcello Gigante: Filodemo nella storia della letteratura greca (Napoli 1998) 19; Richard Janko: Philodemus. On Poems. Book One (Cambridge 2000) 192 e n. 2; Francesca Longo Auricchio: Osservazioni lessicali sul primo e secondo libro della Retorica di Filodemo di Gadara, in: Salvatore Cerasuolo (a cura di): Mathesis e Mneme. Studi in memoria di Marcel­lo Gigante, I (Napoli 2004) 217–222, qui: 217–218; ead.: Su alcuni desiderata della papirologia ercolanese, in: Traianos Gagos, Adam Hyatt (eds.): Proceedings of the 25th International Congress of Papyrology, Ann Arbor, July 29–August 4, 2007 (Ann Arbor 2010) 441–448, qui: 447.

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Francesca Longo Auricchio

sciuta, come era sconosciuta la prosa del Περὶ φύσεως di Epicuro e degli altri Epicurei dei quali diversi scritti sono noti solo attraverso i rotoli ercolanesi: Colote, Carneisco, Polistrato, Demetrio Lacone.2 Gli Accademici Ercolanesi che per primi affrontarono lo studio dell’ope­ra di Filodemo, in particolare del IV libro Sulla musica, che fu il primo papiro svolto e pubblicato, nel I Tomo della cosiddetta Herculanensium voluminum collectio prior, nel 1793, rilevarono la differenza tra gli Epigrammi e gli scritti in prosa e, più o meno consapevolmente, sulla loro scia, gli studiosi che hanno rivolto l’attenzione alle opere di Filodemo, sono giunti alle medesime conclusioni, come ha ben rilevato Marcello Gigante, in un importante capitolo del volume dedicato a Filodemo nella storia della letteratura greca: Per la storia della debarbarizzazione di Filodemo prosatore dal Preller ad oggi. Tuttavia, a partire dal Sudhaus, tuttora editore di riferimento per la Retorica, il giudizio severo è temperato da una riflessione. Scrive il Sudhaus nell’Introduzione al Supplementum della sua edizione (1895): «Forse il tanto vituperato testo e stile di Filodemo non è poi così cattivo, se lo integriamo correttamente e inciampiamo non negli stilemi di Filodemo, ma piuttosto nelle nostre congetture».3 E che, per dirla con le parole di Gigante, «momenti alti di cultura e stile»4 si trovino negli scritti di Filodemo è riconosciuto da diversi studiosi, quali Crönert, Jensen, Phil­ ippson fino a Turner, De Lacy e Neubecker.5

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In F. Longo Auricchio: Osservazioni lessicali, 217–218 e nn. 2–4 sono elencati studi sullo stile di Epicuro e dei suoi; su Epicuro in particolare e sulla sua scrittura, specialmente in relazione al Περὶ φύσεως, cf. Giuliana Leone: Epicuro fondatore del Giardino e l’opera sua conservata nei papiri, in: CErc 30 (2000) 21–33; cf., per Filodemo, Francesca Longo Auricchio: Filodemo, Retorica I, col. VI 35 s. Qualche osservazione, in: Ugo Criscuolo (a cura di): Societas Studiorum per Salvatore D’Elia (Napoli 2004) 61–65; Daniel Delattre: Philodème de Gadara. Sur la Musique. Livre IV (Paris 2007) I, LIV–LVI; Richard Janko: Philodemus. On Poems. Books 3–4 with the Fragments of Aristotle On Poets. Ed. with Introd., Transl., and Comm., with an Unpublished Edition by Cecilia Μangoni (Oxford 2011) 65, 238. Siegfried Sudhaus: Philodemi volumina rhetorica. Supplementum (Leipzig 1895) VI; Giovanni Indelli: Filodemo. L’ira. Edizione, traduzione e commento (Napoli 1988) 28 e n. 27; M. Gigante: Filodemo nella storia, 17. Cf. M. Gigante: Filodemo nella storia, 55–61. Cf. M. Gigante: Filodemo nella storia, 19–25.

Studio della presenza dei proverbi nel linguaggio di Filodemo

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A proposito della prima parte del De pietate, Dirk Obbink osserva che Filodemo usa una forma di lessico popolare o informale, talora colorito, che non sarebbe fuori luogo nella prosa di Epitteto o Marco Aurelio; prende un certo gusto a snocciolare una terminologia filosofica tecnica quando arriva ad elencare gli argomenti presentati da Epicuro e dai suoi a proposito degli dèi;6

e Richard Janko afferma che lo stile di Filodemo è corretto più che colloquiale; nella polemica egli è tagliente, vivace e denso, ma la sua concisione e la sua brevità sono sempre comprensibili quando ci troviamo di fronte a un contesto integro. […] Le sue frasi possono essere molto lunghe […] Ma può anche usare frasi molto brevi, ed è spesso ellittico, lascia verbi o sostantivi sottintesi; fin quando il testo è ben conservato, raramente il senso non è chiaro a chi è abituato al suo modo di scrivere. Usa domande retoriche, praeteritio, esclamazioni, climax, […] il suo linguaggio è ricco di hapax legomena e termini colloquiali.7

D. Delattre, nell’Introduzione all’edizione del IV libro Sulla musica, scrive il capitolo Per una riabilitazione dello stile di Filodemo, che definisce: «personale, non privo di humour e talvolta perfino commovente».8 Agli ἅπαξ λεγόμενα che, come ha messo in evidenza Janko, costituiscono una delle caratteristiche della scrittura di Filodemo, sono stati dedicati alcuni studi9 e, per qualche sua opera, si è condotta anche un’analisi dello stile.10 6

Cf. Dirk Obbink: Philodemus. On Piety. Part 1 (Oxford 1996) 82. Cf. R. Janko: Philodemus. On Poems, I, 192–193. 8 Cf. D. Delattre: Philodème de Gadara, LIV–LV. 9 Cf. Eduardo Acosta Méndez: Notas lexicográficas herculanenses, in: Emerita 59 (1991) 279–296 e Notas lexicográficas herculanenses (II), in: Emerita 60 (1992) 287–299; F. Longo Auricchio: Osservazioni lessicali, 217–222; ead.: Su alcuni ἅπαξ nella Retorica di Filodemo, in: CErc 39 (2009) 103–106; Giovanni Indelli: Il lessico di Filodemo in alcune opere morali: gli ἅπαξ λεγόμενα, in: CErc 40 (2010) 87–93. 10 Giovanni Indelli: Considerazioni su linguaggio e stile del libro filodemeo sull’ira, in: Atti del XVII Congresso Internazionale di Papirologia (Napoli 19–26 maggio 1983) (Napoli 1984) 561–567; id.: Filodemo. L’ira, 27–31; sul libro, intitolato, forse, De sensibus, contenuto nel PHerc. 19, cf. Annick Monet: [Philodème. Sur les sensations], PHerc.19/698, in: CErc 26 (1996) 27–126, qui: 62–64. Cf. anche le edizioni dei libri Sulla religiosità, Sulla poesia, Sulla musica, citati supra. 7

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I proverbi devono essere considerati in una ricerca sul modo di scrivere di Filodemo anche perché, per i detti che cita, egli spesso si rivela unico testimone intermedio tra gli scrittori più antichi e gli autori fioriti in epoca cristiana. Nell’avviare la ricognizione delle sue opere principali, mi sono resa conto che è molto lieve il discrimine tra proverbi veri e propri, detti proverbiali, citazioni di autori classici scelte per rendere più efficace il discorso, detti coniati da lui stesso per il medesimo scopo. A questi si devono aggiungere i casi, più difficili da individuare, di allusioni a proverbi o frasi proverbiali, che pure si possono ravvisare qua e là negli scritti. La ricchezza di tali elementi è un’ulteriore conferma del valore e della vivacità del suo modo di scrivere e della vastità delle sue conoscenze che gli consentiva di gestire, a seconda dei casi, i riferimenti a un patrimonio di antica saggezza, fondato sulla familiarità con i testi classici, che è continuamente sotteso al discorso filosofico. Le condizioni di incompletezza e frammentarietà in cui ci sono pervenuti i suoi pur numerosi libri, oltre alla difficoltà, a cui ho accennato, di individuare e distinguere i proverbi dai detti ad essi affini fanno sì che la pretesa di completezza di questa indagine non possa sussistere. Si tratta di un lavoro preliminare che sarà suscettibile di accrescimento e miglioramento, anche perché non tutti i libri filodemei sono disponibili in edizioni moderne fondate sui nuovi mezzi di cui si dispone oggi. Nell’opera di Filodemo i proverbi citati alla lettera e i riferimenti a proverbi sono circa trenta, senza contare le espressioni proverbiali che sono presenti in gran numero e spesso sono sue originali. Darò l’esempio di alcuni proverbi, passando in rassegna i libri di Filodemo nell’ordine cronologico per noi ormai tradizionale, stabilito dalla ricerca paleografica compiuta da Guglielmo Cavallo nel 1983.11 Nel libro Sulla libertà di parola, che fa parte della più ampia opera Sui modi di vita, fondato sulle lezioni del suo maestro Zenone Sidonio, Filodemo mostra, accanto alla funzione dottrinaria, la funzione pedagogica dell’Epicureismo, inteso come comunità che – cito Gigante – «si sviluppa liberamente e costruisce una vita affrancata dalle ambizioni sullo scambio 11

Guglielmo Cavallo: Libri, scritture, scribi a Ercolano (Napoli 1983); cf. Marcello Gigante: Filodemo in Italia (Firenze 1990) 19–62.

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di confessioni e ammonimenti, che consente la trasmissione della sapienza dal Maestro ai giovani e la conquista del progresso interiore».12 Nella col. XVb13 si parla probabilmente dei discepoli che hanno bisogno del sostegno altrui e che per non sbagliare, «hanno compiuto ‘la seconda navigazione’ per correggersi», τὸν δεύτερον πλοῦ[ν] ἐπορεύθησαν αὑτοὺς διορθώσαντες. Il proverbio è segnalato nei Paremiografi14 e, secondo l’Epitome attribuita a Diogeniano nel cod. Vindobon. 133,15 sarebbe chiarito da un verso (peraltro di difficile ricostruzione) di Filemone e si riferisce a chi, nella navigazione, non ha incontrato vento favorevole e decide di procedere a remi; fuori di metafora, si riferisce a coloro che per garantirsi il compimento sicuro di un’azione cambiano comportamento: un equivalente di δεύτεραι φροντίδες: Δευτέρα γνώμη καὶ πρᾶξις lo definisce infatti Diogeniano.16 Il proverbio ricorre in vari autori, ad esempio Platone, nel Filebo,17 nel Politico,18 nel Fedone,19 Aristotele, nella Politica,20 e Polibio.21 È congruente nel contesto filodemeo in cui si parla di formazione dei giovani. Nella col. XXIVa e b Filodemo tratta l’atteggiamento degli anziani che mal tollerano il franco parlare sia perché pensano che, per via della saggezza e dell’esperienza acquisite con l’età, non necessitino di consigli e ammonimenti sia perché, limitati ormai nel vigore fisico, temono di essere bersaglio di una libertà di parola eccessiva, non rispettosa della loro condizione. Nella col. XXIVb 5–1122 si legge: «E poiché vedono che la vecchiaia è ritenuta degna di onori stanno in guardia temendo di apparire in12

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Cf. M. Gigante: Filodemo in Italia, 30. Cf. David Konstan, Diskin Clay, Clarence E. Glad, Johan C. Thom, James Ware (eds.): Philodemus. On Frank Criticism (Atlanta 1998) 114. Apost. V 98; Arsen. XVIII 48; Greg. II 21; Mac. III 20. Diogen. Vindob. II 45. Ernst Ludwig von Leutsch: Corpus Paroemiographorum Graecorum, II (Göttingen 1851) 24, ricorda che la versione δευτέρων ἀμεινόνων è citata da Apost. V 88. Plat. Phil. 19c. Plat. Pol. 300c. Plat. Phaid. 99c–d. Aristot. Pol. III 13, 1284b19. Pol. VIII 36, 6. D. Konstan: Philodemus. On Frank Criticism, 126–128.

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degni e di esserne privati. S’insinua nel loro animo il detto ‘due volte fanciulli i vecchi’ e li punge […]».23 Il proverbio δὶς παῖδες οἱ γέροντες registrato dai Paremiografi,24 è molto attestato: ricorre, ad esempio, nelle Nuvole di Aristofane,25 in Cratino,26 Teopompo comico,27 Platone,28 Luciano.29 Nel fr. 487, 3 (Peleus) di Sofocle si legge: πάλιν γὰρ αὖθις παῖς ὁ γη­ ράσκων ἀνήρ «giacché un uomo, quando invecchia diventa un’altra volta bambino».30 Il proverbio è diffuso anche nel mondo latino.31 Dopo il libro Sulla libertà di parola si colloca il libro Sull’ira, ­nell’àmbito dello stesso trattato Sui modi di vita: i dati paleografici ricevono conferma dal testo stesso: nella col. XXXVI 24–2632 Filodemo parla del libro sulla libertà di parola come già compiuto.33 Il libro Sull’ira è ricco di proverbi e questo corrisponde allo stile del testo che è particolarmente vivace e, oserei dire, pittoresco.34 Ha origine da Teocrito il proverbio che Filodemo richiama a col. XVIII 31–33: οἱ δὲ τῶν ποι|ητῶν θεοὶ μικροῦ καὶ | τα̣[ῖ]ς ὑ̣σὶν ὀργίλως | δια­ τίθενται «gli dèi dei poeti poco ci manca che si adirino anche con le 23

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Sul proverbio e sull’occorrenza nel testo filodemeo, cf. Marcello Gigante: Atak­ta. Contributi alla papirologia ercolanese (Napoli 1993) 155–158. La traduzione del passo citato è sua. Diogen. IV 18; Diogen. Vindob. II 31; Mac. III 31; Greg. Leid. I 89; Greg. Mosq. II 88; Apost. VI 27; App. prov. IV 68; Suda δ 1267, κ 497, σ 122. Per Diogeniano, cf. Emanuele Lelli (a cura di): I proverbi greci. Le raccolte di Zenobio e Diogeniano (Soveria Mannelli 2006) 298–299, 498 n. 314 con bibliografia. Aristoph. Nub. 1416–1417: φήσεις νομίζεσθαι σὺ παιδὸς τοῦτο τοὔργον εἶναι· | ἐγὼ δέ γ’ ἀντείποιμ’ ἂν ὡς δὶς παῖδες οἱ γέροντες. Fr. 28 Kassel–Austin, cf. Emanuele Lelli: Il proverbio a teatro, in: Emanuele Lelli (a cura di): ΠΑΡΟΙΜΙΑΚΩΣ. Il proverbio in Grecia e a Roma I (= Philol­Ant 2 [2009]) (Pisa, Roma 2009) 145–154, qui: 152. Fr. 70 Kassel–Austin. Plat. Leg. I 646a: ὁ γέρων δὶς παῖς γίγνοιτ’ ἄν; cf. anche Ps.-Plat. Ax. 367b. Lukian. Sat. 9: οὕτω γὰρ ἂν τὴν παροιμίαν ἐπαληθεύσαιμι, ἥ φησι παλίμ­παι­δας τοὺς γέροντας γίγνεσθαι. Cf. Hugh Lloyd-Jones: Sophocles, III. Fragments (Cambridge, Mass., London 1996). Cf. Renzo Tosi: Dizionario delle sentenze latine e greche (Milano 1992) 308–309 n. 351; August Otto: Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer (Leipzig 1890, rist. Hildesheim, New York 1971) 316–317 (senex 1). G. Indelli: Filodemo. L’ira, 92. Cf. M. Gigante: Filodemo in Italia, 32. Cf. G. Indelli: Filodemo. L’ira, 28–30.

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scrofe».35 Il proverbio di riferimento proviene dal verso 23 del V Idillio di Teocrito: ὗς ποτ’ Ἀθαναίαν ἔριν ἤρισεν «C’era una volta un porco che sfidò Atena a gara».36 Il proverbio, in questa forma, è citato da Apostolio che lo spiega: ἐπὶ τῶν κρείττουσι φιλονεικούντων «riguardo a coloro che litigano coi più forti».37 Nella forma ἡ ὗς τὴν Ἀθηνᾶν è citato da Plutarco in due luoghi che trattano dell’oratore Demade.38 Nel mondo latino il proverbio è nella forma «sus Minervam» ed è presente in Cicerone e Festo.39 A col. XX 31–3240 leggiamo ἄ[σ]τροις ση|μαίνεσθαι indicato nei Paremiografi;41 Diogeniano lo spiega: «Prendere indicazione dagli astri: per coloro che congetturano qualcosa da lontano» ἐπὶ τῶν ἐκ μακροῦ τι ὑπονοούντων e aggiunge che il proverbio è derivato dalla navigazione.42 L’espressione ricorre anche in Eustazio,43 Esichio44 e Fozio.45 Nel luogo filodemeo l’espressione assume una sfumatura diversa da quella consueta, nel senso che qui prevale il concetto di «lontananza», che porta alla interpretazione della locuzione nel significato di «evitare». Filodemo scrive: «E che bisogna dire del fatto che molti, che pure sono ben disposti a legarsi in amicizia, ma non ancora sono stati presi nel novero 35 36

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Cf. G. Indelli: Filodemo. L’ira, 76. Valeria Gigante Lanzara (a cura di): Teocrito. Idilli (Milano 1992) 65; cf. Riccardo Marzucchini: Proverbi con animali nella poesia greca, in: Emanuele Lelli (a cura di): ΠΑΡΟΙΜΙΑΚΩΣ. Il proverbio in Grecia e a Roma III (= Philol­Ant 4 [2011]) (Pisa, Roma 2011) 187–209, qui: 196. Apost. XVII 73. Cf. Plut. Demos. 11, 5; Praec. ger. reip. 7, 803d4. I due luoghi plutarchei costituiscono il fr. LIV di Vittorio De Falco (a cura di): Demade oratore. Testimonianze e frammenti (Napoli 19542) 35–36. Cic. Ac. I 18; De orat. II 233; Fam. IX 18, 3; Fest. p. 310 Müller = p. 408 Lindsay; cf. A. Otto: Die Sprichwörter, 224 (Minerva 1); G. Indelli: Filodemo. L’ira, 184. G. Indelli: Filodemo. L’ira, 78. Apost. IV 12; Diogen. II 66; Mac. II 50: in Macario è nella forma ἄστροις σημειοῦσθαι ed è spiegato: ἐπὶ τῶν μακρὰν ὁδὸν καὶ ἔρημον πορευομένων. La stessa formulazione è in Schol. ined. ad Synes., in: Jean-François Boissonade (ed.): Anecdota Graeca e codicibus regiis, II (Paris 1830) 238. Cf. E. Lelli: I proverbi greci, 276–277. Eust. ad Hom. Od. V 276. Hesych. α 7911. Phot. Lex. α 3019 Theodoridis.

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degli amici, si tengono lontani (ἄστροις σημαίνεσθαι) anche solo dall’approccio e dalla vista di costoro?».46 Come indica Indelli, due luoghi, di Eliano e di Libanio, sono affini al passo filodemeo: in essi infatti la frase ha il valore di «fuggire, evitare».47 Interessante è la frase che si legge in De ira col. XI 21–23: οὐ γὰρ | ἔστιν ἀναλαβεῖν τὴν | πρ[ο]ε̣[ι]μ̣ένην ἅπαξ φω||[νήν «infatti non è possibile richiamare la voce una volta che sia stata emessa […]».48 Euripide49 impiega il nesso: ἀπὸ γλώσσης λόγον, Plutarco parla di λόγον ἐκ τοῦ στόματος προεμένον,50 ma il detto non è codificato nei Par­ emiografi, mentre forse grazie al verso oraziano (Hor. ars 390): nescit vox missa reverti, e ad altri luoghi del poeta,51 fu piuttosto diffuso presso gli autori cristiani e gli scrittori successivi. Notevole diffusione ha avuto anche nelle letterature moderne europee;52 tra gli autori italiani, forse il più noto è Metastasio (Ipermestra 2, 1: «Voce dal sen fuggita poi richiamar non vale»).53 Della grande trilogia sulle cosiddette arti liberali, Musica, Retorica, Poetica, è nella Retorica, che si rileva il maggior impiego di voci proverbiali, forse anche perché dei tre è il trattato di maggior respiro e pervenuto a noi in misura maggiore. Nel quarto libro della Retorica, Filodemo, per indicare l’incapacità dei retori di comprendere le virtù naturali e vere, usa il proverbio ὄνος λύ­ ρας,54 che sembra avere origini molto antiche: esisteva una tradizione in cui asino e lira erano collegati sin dal terzo millennio; nella decorazione della parte anteriore di un’arpa delle tombe reali di Ur è una scena con 46 47 48 49 50

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La traduzione è di G. Indelli: Filodemo. L’ira, 117; il testo è a p. 71. G. Indelli: Filodemo. L’ira, 188; cf. Ail. Nat. II 7; Lib. Decl. XII 11. Traduzione di G. Indelli: Filodemo. L’ira, 115. Fr. 1044 Kannicht. Plut. garr. 10, 507a. Hor. epist. I 18, 71: et semel emissum volat irrevocabile verbum e I 20, 6: non erit emisso reditus tibi (Orazio si rivolge al suo libro). Cf. Augusto Arthaber: Dizionario comparato di proverbi e modi proverbiali (Milano 1981) 500–501 n. 994. Per le occorrenze e la fortuna del detto, cf. R. Tosi: Dizionario delle sentenze, 38; cf. A. Otto: Die Sprichwörter, 367 (verbum 3). PHerc. 1673/1007, col. XXVIIIa 1 (Siegfried Sudhaus: Philodemi volumina rhetorica, I [Leipzig 1892] 209).

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una piccola orchestra di animali: un asino, dritto sulle gambe, suona la lira; un orso suona il sistro e il tamburino; uno sciacallo dritto sulle gambe, segna il tempo ed è stata avanzata la supposizione che tali raffigurazioni evocassero il mito di Gilgames, protagonista dell’epica mesopotamica.55 L’asino è raffigurato con la lira anche in diversi rilievi medioevali: ad esempio, nella Basilica di Sant’Ambrogio a Milano, o nel portale della Chiesa di Saint Pierre de la Tour a Aulnay o nella chiesa di Notre Dame a Chartres. La forma originaria sembra essere ὄνος λύρας (ἀκούων). Nella versione che ne dà Cratino, che è tra gli autori più antichi a menzionarla (ὄνοι δ’ ἀπωτέρω κάθηνται τῆς λύρας, «gli asini si siedono molto lontano dalla lira»),56 secondo LSJ, ci sarebbe una fusione tra ὄνος λύρας e l’espres­ sione che si usava nel gioco della palla per indicare chi perdeva e doveva uscire dal gioco. L’asino che sente il suono della lira non l’apprezza e va a sedersi lontano. Ne abbiamo una testimonianza in Platone, nel Teeteto 146a: ὁ δὲ ἁμαρτών, καὶ ὃς ἂν ἀεὶ ἁμαρτάνῃ, καθεδεῖται, ὥσπερ φασὶν οἱ παῖδες οἱ σφαιρίζοντες, ὄνος· ὃς δ’ ἂν περιγένηται ἀναμάρτητος, βασιλεύσει ἡμῶν. Ma se sbaglia, e via via chi sbaglierà, si metterà a sedere asino, come dicono i ragazzi che giocano alla palla; e chi non sbaglierà e vincerà la partita, costui sarà nostro re.57

Nel Commentario trasmesso dal PBerol. 9782, col. XVII 42–XVIII 1, si legge:

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Cf. Giuseppe Cocchiara: Il mondo alla rovescia (Torino 1981) 38–39 e fig. 2. Sul proverbio, cf. R. Tosi: Dizionario delle sentenze, 225–226 n. 483; E. Lelli: I proverbi greci, 342–343, 516 n. 605. Sull’occorrenza del proverbio in Filodemo cf. Francesca Longo Auricchio: Luna e gamberi. Su una locuzione impiegata da Winckelmann, in: CErc 37 (2007) 135–139. 56 Dai Χείρονες, fr. 247 Kassel–Austin; cf. E. Lelli: Il proverbio a teatro, 146. 57 La traduzione è di Manara Valgimigli, in: Platone. Opere complete, II (Bari 1975) 94. Cf. Suet. Περὶ τῶν παρ’ Ἕλλησι παιδιῶν 2, 10; Poll. IX 112 (ὄνος οὗτος κάθηται); Eust. ad Hom. Od. I 304; Sch. in Plat. Tht. (scholia recentiora Arethae) 146a; Hor. epist. I 1, 59: pueri ludentes ‘rex eris’ aiunt, ‘si recte facies’. Sul fatto che nel proverbio l’asino sarebbe stato sostituito dal bue, come narra Macone (140 Gow), cf. R. Tosi: Dizionario delle sentenze, loc. cit.

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γένος παιδι|ᾶς· ἐσ̣φ̣[αίρι]ζον γὰρ | ἐν τάξ̣ε̣[σιν], καὶ οἱ μὲν |45 ἀποτυγχ̣[ά]νοντες  | ὠνομάζ̣[ο]ντο ὄνοι, ὁ δὲ τυγχ̣[ά]νων βασι|λεύς, καὶ ο̣ὗ̣[τ]ο̣ς̣ προσ-| έτασσεν [το]ῖ̣ς [ἁ]μ̣αρ|τάνουσιν. Una specie di gioco. Lanciavano la palla in fila, e quelli che la mancavano venivano chiamati asini, colui che la prendeva re, e questi dava ordini a coloro che sbagliavano.58

La versione originaria è in Menandro59 e in Fania epigrammatico.60 La locuzione ricorre in diversi autori successivi61 ed è spiegata sia come espressione di dissenso (ἐπὶ τῶν μὴ συγκατατιθεμένων μηδὲ ἐπαινούν­ των)62 o di disinteresse (ἀλλ’ οὐδὲν αὐτῇ τῶν ἐμῶν ἐμέλησε λόγων. ὄνος λύρας)63 sia come indice di scarsa capacità di capire (ὄνος εἶ, τὸ τοῦ λόγου, λύρας ἀκούων καὶ ἀσύνετος μένων)64 e di rozzezza, ignoranza (ὄνος λύρας ἀκούει· ἐπὶ τῶν ἀπαιδεύτων).65 Nella parte iniziale dell’ottavo libro della Retorica, in un contesto molto lacunoso, anni fa riuscii a individuare un proverbio ispirato a Filodemo da Aristotele. Dice Filodemo: ὥσπερ οὖ[ν] | διὰ δακτυλίου τοξεύ[ων] |10 θύρας οὐκ ἂν ἁμάρτοι, οὕ|τως «Come dunque non potrebbe sbagliare tirando con l’arco attraverso un anello nel colpire una porta, così […]».66

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Cf. Guido Bastianini, David N. Sedley: Commentarium in Platonis Theaetetum, in: Corpus dei papiri filosofici greci e latini (CPF). Testi e lessico nei papiri di cultura greca e latina. Parte III: Commentari (Firenze 1995) 227–562, qui: 306–309. Misoumenos 696 Arnott (= 295 Sandbach, Sisti). Pausania Lessicografo (ο 19 Erbse), Fozio (Lex. ο 355 Theodoridis) e Suda (ο 391) testimoniano che Menandro usò la stessa espressione anche nel Ψοφοδεής (fr. 418 Kassel–Austin), che la versione completa del proverbio è Ὄνος λύρας ἤκουε καὶ σάλπιγγος ὗς e che la frase si riferisce ἐπὶ τῶν μὴ συγκατατιθεμένων μηδὲ ἐπαινούντων, servirebbe cioè a esprimere un dissenso. Anth. Pal. VI 307, 7: ἔνθα λύρας ἤκουεν ὅπως ὄνος. Clem. Al. Strom. I 1, 2; Sch. in Luc. 31, 4. Paus., Phot., Suda, locc. citt. Cf. Silvio Schirru: Proverbi e sentenze nelle commedie di Menandro, in: Emanuele Lelli (a cura di): ΠΑΡΟΙΜΙΑΚΩΣ. Il proverbio in Grecia e a Roma I (= PhilolAnt 2 [2009]) (Pisa, Roma 2010) 215–227, qui: 217, 219. Aristain. Epist. I 17, 18. Joh. Dam. Vita Barl. 490, 19. Cf. Greg. Mosq. IV 66. Diogen. VII 33; cf. Apost. XII 82; Greg. Vat. II 70. Cf. anche Mac. VI 38. Cf. il frammento XXV del PHerc. 1015 è edito dal S. Sudhaus: Philodemi volumina rhetorica, I 280. Il testo riveduto è in Francesca Longo Auricchio: Un proverbio citato da Filodemo, in: CErc 21 (1991) 97–102, qui: 98.

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Nella Metafisica all’inizio del II libro, Aristotele parla delle capacità umane di fronte al problema della conoscenza della verità e afferma: «se, relativamente alla verità, le cose sembra che stiano così come si dice nel proverbio ‘Chi potrebbe sbagliare una porta?’ (τίς ἂν θύρας ἁμάρτοι;), allora, per questo aspetto essa sarà facile».67 I commentatori di Aristotele, Alessandro di Afrodisia e Asclepio, spiegano che il proverbio si riferisce alle cose facili da trovare e che deriva dall’ambiente degli arcieri che, se si trovano di fronte a un bersaglio stretto, non lo colpiscono facilmente, mentre, se il bersaglio è largo come una porta, per loro è facile coglierlo.68 Il proverbio è registrato nei Par­ emiografi Apostolio e Arsenio ed è spiegato: «a proposito delle cose facili», ἐπὶ τῶν ῥᾳδίων.69 La citazione del proverbio da parte di Filodemo sembra rivelarne una versione più ampia, giacché è palese la menzione del tiro con l’arco e il fatto che la freccia doveva passare attraverso un anello: questo ci riporta alla gara dell’arco indetta da Penelope nel libro XIX dell’Odissea. Non mi soffermo su quest’ultimo punto su cui ho avuto modo già di ragionare a suo tempo: bisogna solo osservare che, anche in questo caso, come in altri, Filodemo sembra il solo ad aver ripreso il proverbio in questa forma, dopo Aristotele. Se il proverbio della porta non sembra fosse molto diffuso, nell’ottavo libro troviamo un’altra espressione che ha avuto molta fortuna, il corno di Amaltea, Ἀμαλθείας κέρας. Il proverbio è citato dai Paremiografi;70 Diogeniano spiega: Il proverbio è per chi si è procurato ogni bene. Infatti Rea, dopo aver generato Zeus, lo diede da allevare ad Amaltea affinché non fosse divorato dal proprio padre Crono. E Amaltea lo fece allattare dalla capra. Quindi Zeus, dopo aver cacciato il padre dai cieli, e divenuto signore del regno, trasformò in astro la capra; 67

Aristot. Metaph. I(α) 1, 993b5 (Giovanni Reale [a cura di]: Aristotele. Metafisica [Milano 1993] 70–71). 68 Alex. Aphr. In Aristot. Metaph. I(α) 1 (ed. Michael Hayduck: Alexandri Aphrodisiensis in Aristotelis Metaphysica commentaria [Berlin 1891] 140); Asklep. In Aristot. Metaph. I(α) 1 (ed. Michael Hayduck: Asclepii in Aristotelis Metaphysicorum libros A–Z commentaria [Berolini 1888] 116–117). 69 Apost. XVI 66; Arsen. XLIX 67. 70 Apost. XVI 97, cf. II 53; Greg. Leid. I 8; Greg. Mosq. I 16; Mac. I 99; Plut. II 27; Zenob. II 48, cf. I 26; Diogen. I 64.

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preso uno dei corni della capra lo diede ad Amaltea, così che, con questo, ella avesse ciò che desiderava per sé.71

Il proverbio è molto diffuso; si legge, ad esempio, in Filosseno,72 Aristo­ fane,73 Antifane,74 e in autori più tardi, come Pausania,75 Luciano,76 Ateneo,77 Stobeo,78 Esichio,79 Fozio.80 In Filodemo si legge:81 ἀπό | τε φιλοσοφίας περι|σπῶν τοῦ τῆς Ἀμαλθεί|15ας κέρατος οὐ μυθικῶς | ἀλλ’ ἀλ[ηθῶς τ]ῶν νεω|τέρων [τὸν πρ]ὸς αὐτὴν | ζῆλο[ν. (L’esercizio della retorica) distoglie dalla filosofia – (che è) il corno di Amaltea non mitico, ma autentico – l’entusiasmo dei giovani per essa.82

Bignone rileva che Il corno di Amaltea è il titolo di una delle più importanti opere etiche di Democrito83 e sostiene che in questo luogo Filodemo ha presente proprio il testo di Epicuro, che avrebbe scritto quando l’influsso della filosofia di Democrito su di lui era ancora recente. Bignone suppone che questa citazione di Filodemo, risalente a Epicuro, farebbe intuire anche il contenuto dell’opera di Democrito: in essa il filosofo avrebbe impartito le norme da cui derivano tutti i beni che si possono conseguire. La grande opera etica di Filodemo, Sui vizi e sulle virtù contrapposte, che corrisponde all’altro trattato Sui modi di vita, era in almeno dieci libri: 71

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Cf. E. Lelli: I proverbi greci, 258–261; per Zenobio, cf. 77 n. 26, 110–111 n. 48, 373–374. Fr. 836e Page. Fr. 707 Kassel–Austin. Fr. 108 Kassel–Austin. Paus. IV 30, 6. Lukian. Merc. cond. 13; Rhet. praec. 6. Athen. V 198a; XI 783c, 503b; XII 542a; XIV 643a. Stob. IV 15a, 16; 39, 26. Hesych. α 3410. Phot. Bibl. cod. 187, 143b36; Lex. α 1105 Theodoridis. PHerc. 1015, col. L 12–18 (Siegfried Sudhaus: Philodemi volumina rhetorica, II [Leipzig 1896] 53). Su questo luogo, cf. Marcello Gigante: Kepos e Peripatos (Napoli 1999) 69. Diog. Laert. IX 46 = 68 A 33 Diels–Kranz. Cf. Ettore Bignone: L’Aristotele perduto e la formazione filosofica di Epicuro. Presentazione di Vittorio Enzo Alfieri (Firenze 19732) 277.

Studio della presenza dei proverbi nel linguaggio di Filodemo

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nel IX, che è dedicato alla trattazione dell’economia, a col. XXV 7 è un’occorrenza interessante.84 Si tratta della parte del libro dedicata al modo in cui il saggio deve acquistare e conservare la ricchezza. Filodemo dice: δεῖ | δὲ τὸν μέλλοντα καὶ συνάξειν | τι καὶ τὸ συναχθὲν φυλάξειν | μὴ ‘τὸ παρὸν εὖ ποιεῖν’ κατ’ Ἐ|πίχαρμον, οὐ μόνον δαπά|νης, ἀλλὰ καὶ τοῦ προφανέν|10τος κέρδους ἁρπαστικὸν | γινόμενον, προνοεῖν δὲ καὶ | τοῦ μέλλοντος· Colui che ha l’intenzione sia di mettere insieme qualcosa sia di conservare ciò che ha messo insieme deve non, come dice Epicarmo, ‘badare bene al presente’ (‘τὸ παρὸν εὖ ποιεῖν’) diventando lesto nell’agguantare non solo quello che va speso ma anche il guadagno che gli si mostra, bensì avere cura anche del futuro.

Il detto, τὸ παρὸν εὖ ποιεῖν, si può considerare un proverbio, ma non è registrato nei Paremiografi; tuttavia è definito παροιμία da Pausania Lessi­ cografo,85 Timeo grammatico,86 Olimpiodoro,87 Fozio,88 Suda.89 È ricordato da Platone nel Gorgia: καὶ ὡς ἔοικεν ἀνάγκη μοι κατὰ τὸν παλαιὸν λόγον τὸ παρὸν εὖ ποιεῖν,90«e, a quanto sembra, devo, secondo il detto antico, ‘badare bene al presente’»; Ateneo91 e Diogene Laerzio.92 L’espressione ricorre anche nel fr. 12 del PHerc. 465, da riferire probabilmente a un libro filodemeo Sull’avarizia, come, sulla scia del Comparetti e del Crönert, ha mostrato Mario Capasso che ha edito integralmente il testo e lo ha tradotto.93 In esso Filodemo ribadisce il concetto (ll. 18– 21): μὴ κατ’ Ἐπί[χαρ|μον] εὖ π[οιεῖ]ν τὸ παρὸν μ[ό|20νον], ἀλλὰ καὶ τοῦ̣ 84

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In: Christian Jensen: Philodemi Περὶ οἰκονομίας qui dicitur libellus (Leipzig 1906) 69. Il passo è stato studiato e ben interpretato da Mario Capasso: Epicarmo nei papiri ercolanesi, in: Rudiae. Ricerche sul mondo classico, III (Lecce 1991) 15–24, che ha anche individuato e valutato i luoghi paralleli presenti nei papiri ercolanesi. La traduzione del brano filodemeo è sua, 18. Cf. ora anche Voula Tsouna (ed.): Philodemus. On Property Management (Atlanta 2012) 68–69, 100–101. Paus. Lex. τ 38 Erbse. Tim. Lex. Plat. τ 1004b27. Olymp. Comm. in Plat. Gorg. p. 167,22–29 Westerink. Phot. Lex. τ 595. Suda τ 778, 9. Plat. Gorg. 499c. Cf. anche Leg. XII 959c. Athen. XII 544b. Diog. Laert. I 77. M. Capasso: Epicarmo, 19–21.

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μέλ̣λον|[τος ἔχ]ειν πρόνο[ιαν «non, come sostiene Epicarmo, badare bene solamente al presente, ma preoccuparsi anche del futuro». Nel quarto libro Sulla morte, che è al culmine della produzione di Filodemo, con il libro Sulle scelte e i rifiuti (PHerc. 1251) e il libro De signis, a col. XIX 34–35, si legge, a proposito dell’inutilità di una lunga vita per gli stolti:94 καὶ [τ]ὸν Τιθωνοῦ δ[ια]|γένητ[αι] χρόνον «anche se vivesse il tempo di Titono», il giovane per cui Eos chiese a Zeus l’immortalità, ma non l’eterna giovinezza, per cui egli divenne sempre più vecchio. La vicenda è condensata nel proverbio Τιθωνοῦ γῆρας a cui evidentemente Filodemo si riferisce, e che è riportato dai Paremiografi.95 Il proverbio, in questa forma, è citato, inoltre, solo da Pausania Lessicografo,96 da Fozio,97 e Suda,98 mentre la vecchiaia proverbiale di Titono è ricordata, ad esempio, da Aristofane e da Callimaco.99 A col. XXII 13–14, a proposito della preoccupazione che molti uomini hanno che il loro nome sia preservato, Filodemo afferma: χ[ά]ριν γὰρ τοῦ διατηρεῖσ|θαι τὠ[νό]μα, καθεύδειν ἔξεστιν ἐ|π’ ἀμφ[ότερα], «Per la conservazione dei nomi, è possibile dormire su entrambe (le orecchie)».100 Il proverbio ἐπ’ ἀμφότερα καθεύδεις τὰ ὦτα101 è registrato nei Paremiografi102 e attestato in Menandro,103 Eschine Socratico,104 Libanio.105 In alcuni casi la forma è uguale a quella impiegata da Filodemo, con l’omis-

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Cf. William B. Henry (ed.): Philodemus. On Death (Atlanta 2009) 44–45. Apost. XVI 57; Arsen. XLIX 56; Greg. Leid. III 13; Greg. Vatic. II 89; Plut. I 68; Mac. VIII 36; Zenob. VI 18; Diogen. VIII 37. Cf. E. Lelli: I proverbi greci, 230–231, 358–359, 469. Paus. Lex. τ 30 Erbse. Phot. τ 294 Theodoridis. Suda τ 578. Aristoph. Ach. 688; Kall. Iamb. IV, fr. 194, 53 Pfeiffer, cf. W. B. Henry: Philodemus. On Death, loc. cit. W. B. Henry: Philodemus. On Death, 50–51. Cf. R. Tosi: Dizionario delle sentenze, 719 n. 1614. Arsen. VII 72a; App. prov. II 78. Fr. 296 Kassel–Austin. Secondo la testimonianza di Poll. II 84 = SSR VI A 96 Giannantoni. Lib. Epist. 490, 4; Progym. III 3, 24.

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sione del sostantivo ὦτα.106 In àmbito latino il detto è usato da Terenzio,107 Plauto.108 In forma diversa è in Cicerone109 e Plinio.110 Ben diversamente si presenta l’impiego dei proverbi in Epicuro, per quanto possiamo giudicare dai testi che direttamente o indirettamente ci sono pervenuti. Apostolio e Arsenio gli attribuiscono alcune sentenze; ma si capisce che sono formulazioni a sé stanti, che non rientrano in un discorso, anche se sono di contenuto dottrinario, per lo più etico.111 E che il proverbio potesse essere una forma di scritto congeniale a Epicuro risulta facile da ammettere, se si pensa all’importanza che egli dava alle epitomi, ai compendie alle sentenze, appunto, che consentivano ai discepoli, più o meno progrediti nella conoscenza della scienza della natura, un più immediato apprendimento o richiamo dei punti salienti della dottrina. Ma forse l’impiego dei proverbi non rientrava nello stile del suo discorso, che, da un lato, era denso e tutto teso a soddisfare l’esigenza per lui imprescindibile della chiarezza nel trasmettere la dottrina agli scolari e a lettori attenti, ma con rigore scientifico e precisione di linguaggio;112 dall’altro, come nella Lettera a Meneceo, attraverso la quale voleva rendere più generale il suo messaggio, il discorso è più fluido, rispettoso delle regole della retorica, come apparve al Norden,113 ma sempre sostenuto ed elevato, non incline a semplificazioni proprie del linguaggio quotidiano. Negli scritti laerziani (le tre Lettere) e nel Περὶ φύσεως non sembra ricorrano pro106 107 108

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Ad es., in Libanio. Ter. Haut. 341: in aurem utramvis otiose ut dormias. Plaut. Pseud. 123–124: de istac re in oculum utrumvis conquiescito. Cic. Att. XIII 24: in alteram aurem. Plin. Epist. IV 29, 1: nihil est quod in dextram aurem fiducia mei dormias. Cf. A. Otto: Die Sprichwörter, 47 (auris 1). Ad esempio: Apost. V 30c; Arsen. XIV 67, cf. Stob. III 16, 28: γεγόναμεν ἅπαξ; l’espressione è definita: Ἐπικούρου ἡ γενναία αὕτη ὑποθήκη. La sentenza trasmessa dal Gnomologium Parisinum 1168, f. 115r, cf. Apost. VIII 71b, Arsen. XXIX 8, è il fr. 488 Usener e [201] Arrighetti (Graziano Arrighetti: Epicuro. Opere [Torino 19732] 550), che osserva che esso «trova la sua applicazione pratica in certi brani di lettere»; la sentenza in Gnomologium Parisinum 1168, f. 115v, è il fr. 537 Usener, [249] Arrighetti, cf. Apost. XIII 39r; Arsen. XLI 19. Sull’impiego dei proverbi da parte di Epicuro, cf. Anna Angeli, Maria Colaizzo: I frammenti di Zenone Sidonio, in: CErc 9 (1979) 47–133, qui: 96–98. Cf. G. Leone: Epicuro fondatore del Giardino, 25–27. Eduard Norden: La prosa d’arte antica dal IV secolo a.C. all’età della Rinascenza, a cura di Benedetta Heinemann Campana, I (Roma 1986) 135–137.

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verbi. L’unico vero e proprio proverbio, è nei Paremiografi:114 Πύθια καὶ Δήλια· ἐπὶ τῶν ταχέως ἀπολλυμένων, «Pitiche e Delie: a proposito di coloro che muoiono presto» e la spiegazione si trova in Pausania Lessico­ grafo,115 ripreso da Fozio116 e Suda:117 φασὶ Πολυκράτη τὸν Σάμου τύραννον Πύθια καὶ Δήλια ποιήσοντα ἅμα ἐν Δήλῳ πέμψαι εἰς θεοῦ χρησόμενον, εἰ τὰ τῆς θυσίας ἄγοι κατὰ τὸν ὡρισμένον χρόνον. τὴν δὲ Πυθίαν ἀνελεῖν· ‘ταῦτά σοι καὶ Πύθια καὶ Δήλια’, βουλομένην δηλοῦν, ὅτι ἔσχατα. μετ’ ὀλίγον γὰρ χρόνον αὐτὸν ἀπολέσθαι συνέβη. Ἐπίκουρος δὲ ἔν τινι τῶν Πρὸς Ἰδομενέα ἐπιστολῶν ταῦτα.118 Si racconta che Policrate, tiranno di Samo, volendo celebrare le feste Pitiche e le Delie, abbia mandato a Delo per interrogare l’oracolo del dio, se dovesse compiere i sacrifici al tempo stabilito. La Pizia rispose: ‘Queste cerimonie per te saranno e Pitiche e Delie’, volendo significare che per lui sarebbero state le ultime: infatti, dopo poco tempo morì. Epicuro narra ciò in una delle lettere a Idomeneo.119

Si tratta quindi di una tipologia di scritto, le lettere, che, per Epicuro, poteva avere, in molti casi, contenuto dottrinario, ma che, in molti altri, toccava i problemi e le vicende del quotidiano e quindi si esprimeva in una forma diversa. Una conferma di tale differenza abbiamo dai papiri di Ercolano. Come è ben noto, alcuni scritti, prefilodemei e filodemei, sono fondati sulla citazione di excerpta dalle lettere del Giardino, di Epicuro e dei suoi, e sono una preziosa testimonianza storica e umana. In alcuni punti di questi estratti epistolari, riferiti o riferibili al Maestro, appare il linguaggio proverbiale sia a livello di vero e proprio detto sia come semplice espressione. Nelle Memorie Epicuree, col. XXX 4–5,120 Epicuro manda una lettera a due scolari per sollecitare il versamento della quota che egli aveva prescritto a tutti gli adepti per il funzionamento della scuola. Scrive Epicuro: 114 115 116 117 118

119 120

Apost. XV 9; Arsen. XLIV 9; Zenob. VI 15; Diogen. VIII 35. In Zenobio, la versione della vicenda è un po’ diversa. Cf. E. Lelli: I proverbi greci, 228–229, 358–359, 468 n. 573. Paus. Lex. π 40 Erbse. Phot. Lex. π 1515 Theodoridis. Suda π 3128, cf. anche τ 175. Fr. 136 Us.; fr. 22 Angeli (Anna Angeli: I frammenti di Idomeneo di Lampsaco, in: CErc 11 [1981] 41–101, qui: 67–68, 90–91); M. Erler: Die hellenistische Philosophie, 108. La traduzione è di Lidia Massa Positano: Epicurea (Padova 1969) 133. Cf. Cesira Militello (a cura di): Filodemo. Memorie Epicuree (Napoli 1997) 139.

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«Il contributo che ordinai di spedirmi, anche se si trovassero tra gli Iperborei (κἂν ἐν Ὑπερβορείοις ὦσιν) lo ordino anche a voi», dove il riferimento al popolo mitico degli Iperborei, che vivono nelle regioni settentrionali estremamente lontane, ricordati da Omero, Pindaro, Callimaco, Apollonio Rodio, Virgilio, rende il linguaggio immaginoso, suggestivo e insieme perentorio, nel senso che nessuna scusa può impedire che l’impegno preso col Maestro sia onorato. In un’altra lettera, la cui appartenenza a Epicuro non è esplicitamente attestata, ma è molto probabile, si legge: τ[ὰ] Ταν|τάλου τ[άλα]ντα,121 in un contesto in cui Epicuro criticava probabilmente Mitre che si era vantato di grande liberalità nei confronti del Giardino. Il proverbio, ricordato dai Paremiografi,122 è impiegato da Anacreonte123 e Menandro.124 Fozio riferisce dell’esistenza anche di una seconda forma del proverbio: Ταντάλου τάλαντα τανταλίζεται che sarebbe impiegata da un autore comico.125 Il significato del proverbio è abbastanza chiaro di per sé ed è spiegato dai Paremiografi come da riferirsi a coloro che sono molto ricchi, attraverso l’allusione alla ricchezza mitica di Tantalo. Anche la nota frase: «Se vuoi far ricco Pitocle non aumentarne le ricchezze, ma diminuiscine i desideri», trasmessa da Stobeo e ripresa dai Par­emiografi, proviene da una Lettera a Idomeneo.126 In un’altra lettera, Epicuro si rivolge a Temista, moglie di Leonteo, di Lampsaco, entrambi suoi seguaci illustri, secondo Diogene Laerzio,127 e dice:128

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Col. XXV 12–13 Militello (Filodemo. Memorie Epicuree, 134). Apost. I 57b; XVI 16; Zenob. VI 4; Diogen. VIII 23, Mac. VIII 1; Greg. III 73; Mant. prov. II 93; cf. E. Lelli: I proverbi greci, 224–225, 356–357, 466 n. 560. Fr. 34 Gentili = 10 Page. Fr. 218 Kassel–Austin. Aristoph. fr. 963 Kassel–Austin, cf. Phot. Lex. τ 73 Theodoridis; Suda τ 81. Apost. VI 67e; Arsen. XXII 34, cf. Stob. III 17, 24; fr. 135 Us. = [53] Arrighetti: sua (Epicuro, 428) è la traduzione; cf. A. Angeli: I frammenti di Idomeneo di Lampsaco, 67, fr. 19b. Cf. M. Erler: Die hellenistische Philosophie, 106. Diog. Laert. X 25. Diog. Laert. X 5. Mi attengo all’edizione di Tiziano Dorandi: Diogenes Laertius. Lives of Eminent Philosophers (Cambridge 2013) 736, in cui, tra ὑμεῖς e παρακαλεῖτε è espunto il nesso καὶ Θεμίστα sul fondamento del codice Vaticanus gr. 96 e del Lessico Suda. L’aggettivo τρικύλιστος è un hapax; l’espressione τρικύλιστος […] ὠθεῖσθαι è stata varia-

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οἷός τε, φησίν, εἰμί, ἐὰν μὴ ὑμεῖς πρός με ἀφίκησθε, αὐτὸς τρικύλιστος, ὅπου ἂν ὑμεῖς {καὶ Θεμίστα} παρακαλῆτε, ὠθεῖσθαι. Io sono anche ben capace, se voi non venite da me, di spingermi, addirittura rotolando più volte, fin dove voi mi chiamate.

Come abbiamo visto, in Filodemo, invece, l’impiego di proverbi e espressioni proverbiali, riferimenti a proverbi pur se non esplicitamente ricordati, è normale anche nei trattati dottrinari e funzionale al suo stile che a tratti vuole essere immediato, colloquiale e, spesso, specie n ­ ell’ardore della polemica, è vivo e tagliente. Questo, probabilmente, faceva parte della sua natura e del suo temperamento combattivo e vivace; forse era anche dovuto all’esigenza di diffondere e difendere il messaggio in un mondo nuovo e di renderlo maggiormente accessibile a una cerchia più vasta e al  mondo romano nel quale è vissuto nella seconda parte della sua vita. ­L’approfondimento di questa ricerca potrà probabilmente confermarlo.

mente intesa. Rimando all’edizione dell’Epistolario di Epicuro che è in preparazione, a cura di Margherita Erbì, per i riferimenti bibliografici e il commento al luogo.

La parole et ses deux fonctions dans la pensée rhétorique de Cicéron CARLOS LÉVY

En hommage d’amitié et d’admiration à Michael Erler, j’ai pensé qu’il pouvait être intéressant de revenir sur la question de savoir selon quels modèles structurels la pensée rhétorique cicéronienne s’est développée dans le temps. L’objectif de ce travail est assez simple. Il s’agit de montrer que, pour Cicéron, considérer la parole oratoire comme étant fondamentalement mimétique fut une décision tardive, liée aux circonstances historiques beaucoup plus qu’une position théorique fruit de lectures ou des enseignements suivis auprès des différents maîtres de rhétorique de sa jeunesse. Ce que je serais tenté d’appeler ‘le pari cicéronien’, ce fut précisé­ ment le passage d’une éloquence fondée sur l’idée que la parole est une force devant s’imposer à la nature comme à la société, à une théorie dans laquelle le concept d’imitation occupait une centralité qu’il n’avait pas antérieurement. Dans le premier cas, l’individu tire sa force de lui-même, dans le second il est un peu dans la situation d’une planète par rapport à un astre. On peut admettre comme point de départ, me semble-t-il, que Cicéron, dont l’éducation rhétorique fut tout aussi soignée que la formation philosophique n’ignorait rien de la complexité de ces notions.1 Pourtant, le jeune avocat, homo nouus dont l’ambition était à la fois immense et *

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Une première version de ce travail a paru en espagnol, sous le titre: «De la palabra accion a la palabra imitacion: itinerario rétorico de Ciceron», dans une revue colombienne, Revista de estudios sociales 44 (2012) 21–27. Pour les citations latines, nos traductions sont celles de la Collection des Universités de France, parfois corrigées. Sur la formation rhétorique de Cicéron et notamment sur le rôle de Philon de Larissa, voir Charles Brittain: Philo of Larissa (Oxford 2001) 296–328; Carlos Lévy: La rhétorique et son contexte. Quelques remarques sur l’enseignement rhétorique de Philon de Larissa,

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légitime au regard de ses talents, privilégia dans un premier temps une conception de la parole comme force illocutoire et perlocutoire, au sens presque austinien de ces termes, avant d’arriver à la fin de sa vie à une position plus abstraite, plus esthétisante dans laquelle la mimèsis finit par devenir le mot-clé de sa pensée rhétorique. Je n’ignore pas qu’en proposant cette interprétation, je peux paraître négliger cette constante cicéronienne que fut l’intérêt pour la fonction critique de la parole, dans le champ de la rhétorique comme dans celui de la philosophie. Je crois cependant que celle-ci, dont il ne s’agit évidemment pas de contester l’importance, se déploya chez lui selon des formes différentes, en fonction du double aspect, pragmatique puis mimétique, que revêtit successivement sa réflexion sur l’art de parler. Dans le premier cas, la critique était un aspect de la ­capacité du grand orateur à discerner, comme un général sur le champ de bataille, les points faibles de l’adversaire et attaquer là où sa force se montrerait la plus efficace.2 Dans le second, la parole critique fut l’instrument du passage de l’expérience à une théorie de la construction de l’ars comme complément mimétique de la nature. I. De inuentione et son aspect programmatique On le sait, le De inuentione fut écrit, selon les hypothèses les plus vraisemblables entre 88 et 84 av. J.-C.3 Le mépris dont l’Arpinate fit preuve par la suite à l’égard de ce livre, qu’il considéra comme un ensemble informe de notes scolaires,4 eut comme conséquence pendant longtemps un moindre intérêt de la recherche scientifique pour cette œuvre, alors même qu’elle avait eu une importance immense dans la transmission de la rhétorique

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dans: Luc Brisson, Pierre Chiron (éd.): Rhetorica philosophans. Mélanges offerts à Michel Patillon (Paris 2010) 95–206. Voir la présence de cette métaphore dans Cic. Brut. 139: Omnia ueniebant Antonio in mentem; eaque suo quaeque loco, ubi plurimum proficere et ualere possent, ut ab imperatore equites, pedites, leuis armatura, sic ab illo in maxume opportunis orationis par­tibus conlocabantur. Pour une analyse du problème posé par la datation de l’œuvre, on se reportera à Guy Achard: Cicéron. De l’invention (Paris 1994) 6–8. Voir Cic. De orat. I 5.

La parole et ses deux fonctions dans la pensée rhétorique de Cicéron

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au Moyen Âge. Il en est autrement maintenant, mais l’œuvre conserve encore des aspects qui méritent d’être explorés. Si l’on prend en compte les deux prooemia, on s’aperçoit que leur contenu ne doit rien au hasard. Dans le premier, sur lequel nous allons revenir, la parole est ce grâce à quoi l’être humain a pu passer de l’état sauvage à la civilisation.5 Dans le second, Cicéron raconte l’anecdote du peintre Zeuxis, qui convoqua les jeunes filles les plus belles de Crotone, afin de pouvoir, à travers une sorte de synthèse de leurs images, donner la représentation la plus parfaite possible de la déesse Aphrodite. Il est stupéfiant de constater que l’Arpinate, par on ne sait quelle intuition profonde, a d’emblée, dès sa première œuvre, exprimé la nature des deux pôles qui vont définir son itinéraire: la parole d’abord comme action, puis comme mimèsis. Or, à l’intérieur des préceptes techniques de ce premier traité, le moins qu’on puisse dire est que la part de la contemplation et de la pratique mimétiques est des plus limitées, alors même que le thème de l’invention pouvait aisément donner lieu à de tels développements. Pour s’en convaincre, il suffit de comparer sur ce point le De inuentione à l’œuvre jumelle, la Rhétorique à Hérennius. Dès les premières lignes, après avoir énuméré les cinq parties constitutives de la rhétorique, l’auctor anonyme déclare: «Nous pouvons parvenir à toutes ces qualités par trois moyens: la théorie, l’imitation et la pratique».6 Or on ne trouve rien de tel dans le De inuentione. Ailleurs, il montre très clairement son intérêt pour la relation entre la nature et l’art, par exemple quand il s’étend longuement sur la manière dont la mémoire naturelle peut être développée par l’art mnémotechnique.7 À la différence de cette réflexion d’ordre général, les allusions à l’imitation dans le traité cicéronien sont, elles, rares et portent sur des points de détail, lesquels peuvent au demeurant avoir leur intérêt, par exemple lorsque Cicéron définit le silence comme étant l’imitation de l’aveu: «S’il refuse de parler, il faudra lui arracher la réponse ou bien, puisque le silence est une forme d’aveu, conclure

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Sur ce premier prooemium, voir Carlos Lévy: Le mythe de la naissance de la civilisation chez Cicéron, dans: Salvatore Cerasuolo (a cura di): Mathesis e Philia. Studi in onore di Marcello Gigante (Napoli 1995) 155–168. Rhet. Her. I 3: Haec omnia tribus rebus asequi poterimus: arte, imitatione, exercitatione. Rhet. Her. III 28–29.

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Carlos Lévy

l’argumentation, exactement comme si elle se trouvait admise».8 Il est indéniable cependant que le second prooemium est la mise en évidence du pouvoir de l’art, qui, par l’imitation, parvient à créer une perfection plus grande que celle présente dans l’ordre naturel des choses, puisque, dit Cicéron, la nature n’a voulu privilégier aucun être au point de lui permettre d’accéder à la perfection.9 Sans que les sources des deux prooemia puissent être identifiées avec précision, ces deux textes, qui n’ont vraiment rien des commentariola incohata ac rudia auxquels leur auteur a réduit le De inuentione, exposent deux conceptions différentes de la nature. Dans le premier, celle-ci se définit par un jeu de forces dans lequel la parole fait irruption, ou plus exactement s’insère comme une force organisatrice des sociétés. Dans le second, l’inachèvement de la nature est le champ ouvert à la l­ iberté créatrice de l’être humain et tout particulièrement de l’artiste. On notera cependant qu’aucun développement théorique ne vient compléter cette suggestion. D’une certaine manière, le premier prooemium joue le rôle d’un programme d’action tandis que le second apparaît beaucoup plus comme une affirmation d’identité auctoriale, celle d’un jeune homme formé à la réflexion platonicienne sur l’idéal et sur ses images, grâce à ses maîtres Philon de Larissa et Antiochus d’Ascalon. Mais cela ne va pas plus loin que l’affirmation d’un éclectisme régi par la conviction de l’existence d’un idéal, conception que Cicéron ne rendra plus explicite et plus profonde que dans la dernière partie de sa vie, lorsqu’il rédigera l’Orator. On est tout de même en droit de se demander dans quelle mesure l’écriture du premier prooemium a pu influencer, en tout cas littérairement, le développement que Lucrèce consacre aux origines de l’humanité dans le livre V du De rerum natura,10 écrit environ trente ans après. Il y a peu de 8

Cic. Inv. I 54, traduction Achard modifiée. Achard traduit par «le silence est une forme d’aveu», ce qui certes ne trahit pas le sens général du texte mais réduit assez sensiblement sa singularité. En I 83 Cicéron dit que la narratio doit être uerisimilis, ce qui signifie qu’elle doit susciter dans l’âme de l’auditeur une impression de vraisemblance, notion qui ne recoupe pas exactement le concept d’imitation, puisque Cicéron a probablement en tête les concepts grecs d’eulogon et de pithanon, qui ne font pas directement référence à la vérité. 9 Cic. Inv. II 3: tamquam ceteris non sit habitura quod largiatur, si uni cuncta concesserit, aliud alii commodi aliquo adiuncto incommodo muneratur. 10 Nous avons exposé notre interprétation du texte lucrétien dans Carlos Lévy: Lucrèce et Cicéron à propos du pouvoir de la parole, dans: Andrea Balbo, Federica Bessone, Er-

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textes, en tout cas, qui permettent de mieux percevoir la différence existant entre les deux auteurs. Chez Lucrèce, les premiers êtres errant dans une nature totalement indifférente à ce qu’ils éprouvent sont autistes et mutiques, si l’on excepte les hurlements de douleur que provoquent chez eux les morsures des bêtes féroces. Il n’y a aucune instance naturelle providentielle pour permettre à l’humanité de vivre une vie moins sauvage et, en tout cas, le logos ne va jouer aucun rôle dans les premières phases de l’évolution vers la civilisation. Tout comme les atomes, au gré des multiples chocs provoqués par le clinamen, forment des configurations plus ou moins durables jusqu’à ce que l’une d’entre elles démontre une s­ tabilité plus grande que les autres, les êtres humains font progressivement l’expérience de la nature. Ils en explorent dans l’ordre de la pratique les multiples possibilités, puis, grâce à des éléments qui sont d’abord matériels (par exemple la découverte du feu) et ensuite relationnels, comme l’affection des parents pour les enfants, il s’établit un ordre social toujours instable,11 comme si dans l’ordre politique aussi le dogme selon lequel seuls sont éternels les atomes et le vide imposait en permanence sa vérité. Il existe tout de même une ressemblance entre le Cicéron du premier prooemium et Lucrèce. Pour l’Arpinate non plus, dans ce texte, la nature ne comporte aucun instinct social qui soit inné à l’être humain. Nous sommes là à mille lieux du De officiis et de sa théorie de l’oikeiôsis sociale.12 L’humanité primitive est errante et misérable, il n’y a pas de paradigmes naturels auxquels elle puisse se référer pour améliorer son sort. Le magnus uidelicet et sapiens uir n’apparaît pas comme la dernière étape d’un processus téléologique mais, bien au contraire, comme le point d’origine d’un ordre social qui est d’abord un ordre logique, au sens premier de manno Malaspina (a cura di): Tanti affetti in tal momento. Studi in onore di Giovanna Garbarino (Alessandria 2012) 511–524. 11 L’idée, contestable mais intéressante, selon laquelle il existerait l’équivalent d’une oikeiôsis sociale dans l’épicurisme a été défendue par Keimpe A. Algra: Lucretius and the Epicurean Other. On the Philosophical Background of DRN V. 1011–1027, dans: Keimpe A. Algra, Mieke H. Koenen, Piet H. Schrijvers (eds.): Lucretius and His Intellectual Background (Amsterdam 1997) 141–150. Sur la relation entre philosophie et poétique, voir Michael Erler: Lukrez, dans: Hellmut Flashar (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, IV 1: Die hellenistische Philosophie (Basel 1994) 381–490, ici: 439–451. 12 Voir Cic. Off. I 12.

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ce mot. D’où surgit-il, pourquoi cette différence entre l’humanité errante et misérable et lui? Aucune explication ne nous est donnée sur ce point. À la différence des souverains des premiers temps évoqués par Sénèque dans la Lettre 90, il a d’emblée la puissance et la conscience,13 il est l’irruption de l’idéal en acte, alors que, dans l’Orator, il ne s’agira plus que d’une contemplation eidétique proposée à tous ceux qui recherchent la perfection oratoire. C’est cet être d’exception qui, s’adressant aux autres êtres humains, vainquit leurs réticences et «de farouches et sauvages qu’ils étaient, il les rendit doux et et tranquilles».14 Deux autres explications possibles qui eussent été théoriquement possibles, sont aussitôt rejetées par Cicéron. Ce n’est, dit-il, ni une tacita sapientia ni une sagesse inops dicendi qui aurait pu obtenir un tel résultat.15 La première expression désigne une sagesse qui aurait fait le choix de ne pas intervenir par la parole, ou n’aurait pas les moyens de cette intervention; la seconde une sagesse qui n’aurait pas les moyens de s’exprimer avec la même éloquence persuasive que le créateur de la civilisation. Y a-t-il là des allusions précises à des doctrines philosophiques déterminées? La tacita sapientia fait penser à l’aphasie des pyrrhoniens, seule solution trouvée par le philosophe d’Elis aux irrésolubles contradictions dont le discours serait selon lui nécessairement chargé.16 Toutefois Cicéron ne semble pas avoir connu cet aspect «aphasique» de la pensée de Pyrrhon, que, en probable héritier d’une doxographie élaborée dans la Nouvelle Académie, il a toujours considéré comme le moraliste de l’indifférence absolue.17 Il est donc bien peu probable, quoique cela ne soit pas totalement impossible que l’on ait ici un lointain écho de l’aphasie pyrrhonienne. Quant à la sagesse inops dicendi, il peut 13

Sen. Epist. 90, 4–5. Cic. Inv. I 2. 15 Cic. Inv. I 3: ac mihi quidem hoc nec tacita uidetur nec inops dicendi sapientia perficere potuisse, ut homines a consuetudine subito conuerteret et ad diuersas rationes uitae traduceret. 16 Pour une synthèse sur cette question voir Woldemar Görler: Älterer Pyrrhonismus. Jüngere Akademie. Antiochos aus Askalon, dans: Hellmut Flashar (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, IV 2: Die hellenistische Philosophie (Basel 1994) 716–989, ici: 720–767. 17 Voir Carlos Lévy: Un problème doxographique chez Cicéron. Les indifférentistes, dans: REL 58 (1980) 238–251. 14

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s’agir là des Stoïciens dont Cicéron railla souvent une parole sèche et in­ adaptée à l’éloquence du forum.18 Méthodologiquement, il est à la fois impossible de garantir le bien fondé de ces rapprochements et imprudent de les ignorer. La parole qui, dans le premier prologue, transforme l’humanité et la convertit à la civilisation doit être envisagée d’un double point de vue. Elle a eu une historicité, puisque, dans un premier moment, elle se heurte à une résistance, provoquée par le fait que l’humanité n’avait jamais e­ ntendu un discours de ce type, avant d’obtenir un résultat provoqué par la double action de la ratio, d’une part, de l’oratio, d’autre part. Mais, au regard de la radicalité de la transformation, cette historicité apparaît comme négligeable, à tel point qu’elle est pensée par Cicéron dans le registre de l’immédiateté: subito conuerteret. Cette transformation comment s’effectue-telle? Par un jeu dynamique dans lequel la parole est une force capable de modifier le comportement d’hommes dont il nous est dit pour la ­première fois dans le texte qu’ils étaient dotés d’une grande force physique:19 pleraque uiribus corporis administrabant. Comme le fera plus tard Lucrèce, et dans un tout autre esprit, Cicéron semble avoir considéré la robustesse initiale des premiers hommes comme un obstacle à leur vie en société, alors que, dans la tradition sophistique, c’était plutôt leur aspect chétif qui était souligné: Il est évident qu’aucun individu, doté d’une très grande force physique, à moins d’être convaincu par un discours rempli de gravité et d’agrément (nisi graui ac suaui commotus oratione), n’aurait voulu sans contrainte en arriver à un état de droit, où il acceptait d’être sur le même plan que ceux qu’il pouvait dominer, et abandonner de son plein gré une situation si agréable (a iucundissima consuetudine recederet), d’autant plus que celle-ci avait acquis, grâce au temps, la force d’un fait de nature (naturae uim optineret propter uetustatem).20

La parole fonctionne donc comme une force qui inscrit le dessein du grand homme dans la réalité d’abord des esprits, ensuite du monde. Elle est à la fois grauitas et suauitas, la première déterminant le mouvement, la se18

Sur ce point on se référera à l’étude de Gabriella Moretti: Acutum dicendi genus. Brevità, oscurità, sottigliezze e paradossi nelle tradizioni retoriche degli Stoici (Bologna 1995). 19 Ibid. 20 Cic. Inv. I 3, nous avons modifié la traduction Achard.

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conde neutralisant plus subtilement les résistances que l’abandon de l’autonomie pourrait susciter. On notera que la situation initiale de l’humanité est décrite à cet endroit du texte d’une manière assez sensiblement différente de celle que l’on trouve au § 2. Il n’est plus question d’error, d’inscientia, de caeca ac temeraria dominatrix animi cupiditas, mais d’un état de plaisir très intense, issu de la transformation de la situation originelle en un état de nature en quelque sorte consolidé et donc ayant acquis la vocation à durer. Impli­ citement, Cicéron semble donc ainsi admettre que, sans cette intervention de l’homme exceptionnel, l’humanité aurait pu continuer à exister selon les deux principes qui seront au cœur de la réflexion de Lucrèce: le plaisir et le contact rugueux avec la réalité du monde. Il convient, par ailleurs, de remarquer à quel point l’homme qui effectue cette transformation de l’humanité se situe en dehors des catégories philosophiques de l’immanence et de la tran­ scendance. Il n’est pas un dieu descendu sur terre, mais dans le même temps il diffère radicalement des autres humains, tout en étant capable de comprendre et d’utiliser leur fonctionnement à son avantage. Cicéron ne donne pas de détail sur le type de relation existant entre la force physique et la force verbale, mais il semble incontestable que, pour lui, parler c’est se situer immédiatement dans un rapport de forces. Rapport qui existe à l’intérieur même de la parole, compte tenu du fait que le mélange eloquentia-sapientia, qui a fait la singularité créatrice du magnus et sapiens uir, est défini par Cicéron comme un composé instable, dans lequel chacun des deux éléments cherche à se libérer de l’autre. Le mot grec «logos» qui est à la fois raison et parole n’a pas d’équivalent exact en latin, il se traduit par le couple oratio/ratio, qui suggère à la fois la ressemblance, l’affinité, et la différence.21 Dans la suite de l’histoire de l’humanité telle que la retrace le prooemium, l’eloquentia et la sapientia se séparent, disjonction dont Cicéron affirme qu’elle fut responsable d’une infinité de maux. Quelle que soit la source grecque utilisée, et il est fortement probable qu’il y en eut une,22 sa réflexion utilise au mieux les possibilités de la langue latine, inscrivant dès le début le conflit au moins virtuel entre la parole et la sagesse dans la trame même des mots. 21

Sur ce couple voir le livre de Laurent Gavoille: Oratio ou la parole persuasive. Étude sémantique et pragmatique (Leuven 2008). 22 Voir la note 5.

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II. Le De oratore ou la parole en débat II est toujours important, lorsqu’on étudie la pensée cicéronienne, de prêter la plus grande attention à la chronologie, car l’existence de l’Arpinate fut exceptionnellement longue pour son époque et permit des évolutions que la variété des œuvres permet de reconstituer avec une précision qui n’est possible que pour très peu d’auteurs de l’Antiquité. Le De inuentione, notamment en ce qui concerne le prooemium du premier livre, ne peut se comprendre que si l’on tient compte de la personnalité du jeune Cicéron, homo nouus qui ne se fixait aucune limite ni dans le domaine politique ni dans celui de l’intellect, s’imaginant notamment capable par la seule force de sa parole de mettre fin à l’état de violence qui ravageait de manière chronique la res publica.23 La conjuration de Catilina lui apparut comme la confirmation de cet espoir, d’où l’immense joie qu’il éprouva devant ce qu’il croyait être la victoire de la parole sur la violence, mais la suite des événements ne fut qu’une série de cruelles désillusions. L’auteur du De oratore est donc, lui, un homme meurtri par l’exil, rapidement déçu par le retour dans l’urbs, inquiet de voir la République s’enfoncer dans le chaos qui, à travers l’évocation des figures tutélaires de sa jeunesse, Antoine, Crassus, Scaevola, va reposer, dix ans environ après son premier traité, la question de la nature de la parole.24 Dans le De oratore, tout n’est pas encore perdu, Cicéron sait que les probabilités pour qu’il joue encore un rôle décisif dans le gouvernement de la cité sont infimes, mais il croit encore, ou en tout cas il s’efforce de croire que la parole est au moins un des moyens qui permettront à la République de survivre à la force des imperatores et à la violence de la rue. La figure flamboyante du magnus uir, à la fois éloquent et sage, n’est plus un point de départ destiné à structurer de sa présence la suite de l’histoire, mais l’horizon problématique d’une recherche, le cœur d’une interrogation sur laquelle pèse le terrible spectacle de ce qu’est devenue la res publica. En ce sens, la Rome de cette fin de la République marque le retour à l’état chaotique d’une humanité primitive. 23

Sur le contexte du De oratore, voir Elaine Fantham: The Roman’s World of Cicero’s De oratore (Oxford 2007). 24 Sur la relation de Cicéron à ses maîtres et sur la formation de la persona oratoire, voir Charles Guérin: Persona. L’élaboration d’une notion rhétorique au Ier siècle av. J.-C., II (Paris 2011).

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L’expérience du consulat, qui aurait dû être dans l’esprit de Cicéron comme l’aube d’une ère nouvelle, avait démontré, si besoin était, que, dans la ­réalité de l’histoire humaine, l’acte de parole capable de transformer des brutes en êtres civilisés n’existait pas, ou qu’en tout cas son effet était éphémère. Il est vrai que, déjà dans le premier prologue du De inuentione, la fragilité de l’état de civilisation face à l’égoïsme des individus avait été longuement décrite,25 mais il y avait bien loin de cette construction théorique à l’expérience presque quotidiennement vécue. Il restait à tenter une démarche qui, contrairement à ce qui a pu être affirmé, n’était absolument pas la construction eidétique d’un «ideal orator»,26 mais une réflexion approfondie transformant l’expérience historique en projet de renaissance. Par un jeu extrêmement subtil sur les différentes dimensions de la temporalité, Cicéron demande aux grands orateurs du passé de dire une perfection oratoire dont il sait qu’il l’a lui-même incarnée mieux que tout autre. Il s’agit là non comme un rappel nostalgique, mais d’un effort pour l’ouverture, malgré tout, d’un d’espoir. Le thème de la naissance de la civilisation est cette fois-ci présent dans le corps même de l’œuvre. Il ne représente plus le propos préliminaire constituant le cadre général dans lequel vont s’inscrire les préceptes techniques, il est l’objet d’un débat opposant Crassus, celui des orateurs dont Cicéron est le plus proche, à Scaevola, incarnation du droit romain. Au § 30 du premier livre, Crassus aborde à nouveau la question de l’origine de la civilisation et sa réponse tient en un seul mot, dicendo, qui constitue le lien entre le De inuentione et le De oratore, en même temps qu’il fait problème. Cette fois, il n’est pas immédiatement question de la sapientia. Le dire semble exister par lui-même, en tant que force pouvant exister sans être liée à une perfection éthique. En fait, Crassus va présenter en deux temps ce qui, dans le De inuentione, était unifié dans la personne du grand homme, avant d’être dissocié du fait de l’action de gens agissant sans aucun souci moral. Pour décrire la puissance de la parole, Crassus dit que rien ne lui semble être préférable (praestabilius) au fait d’avoir, par l’élo-

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Voir notamment Cic. Inv. I 4. Tel est le titre de la traduction du James M. May, Jakob Wisse: On the Ideal Orator. De oratore (Oxford 2001).

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quence, un pouvoir absolu sur l’esprit et la volonté des hommes.27 Ce comparatif est un terme important dans le vocabulaire cicéronien, il est lié à l’éthique du choix et parfois même du choix de vie. C’est ainsi que, dans le Pro Sestio,28 discours qui à beaucoup d’égards, précède la réflexion du De oratore sur la nature de la civilisation, la personnalité de l’Épicurien ­Pison, dont on sait qu’il fut à l’opposé des valeurs incarnées par Crassus, se trouve résumée par la formule suivante: nihil esse praestabilius otiosa uita, plena et conferta uoluptatibus. En fait, l’orateur tel que le conçoit Crassus est défini comme l’actualisation de la puissance absolue de la parole, présente en tant que virtualité chez tous les êtres humains. Il y a ici comme le transfert dans le domaine de la parole de ce qui existe dans la philosophie stoïcienne. Pour les philosophes de cette école, tout être humain est rationnel, c’est un privilège que l’humanité a en partage avec les seuls dieux, à l’intérieur de cette «maison commune des hommes et des dieux» qu’est censé être le monde. Toutefois ce don initial doit faire l’objet d’une reconquête qui permette à la liberté d’accéder à la plénitude de la raison.29 Le sage est donc le seul qui actualise ce qui, chez les autres, est destiné à demeurer lacunaire, il est le seul qui se dégage de cette raison incomplète et malade, source de toutes les passions. Dans le discours de Crassus, l’orateur parfait surgit au milieu des hommes, aussi rare que le sage stoïcien, il est celui qui va rendre sensibles tous les pouvoirs de la parole dans le politique et le social: «Qu’y a-t-il de plus extraordinaire que de voir surgir parmi une multitude infinie d’êtres humains quelqu’un qui, tout seul ou avec un tout petit nombre d’autres, puisse réaliser ce qui a été donné à tous par la nature?».30 La parole de l’orateur ne peut être neutre, elle est d’abord puissance. Semper dominata est écrit Cicéron dans la phrase pré-

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Cic. De orat. I 30: neque vero mihi quicquam, inquit, praestabilius videtur, quam posse dicendo tenere hominum mentes, adlicere voluntates, impellere quo velit, unde autem velit deducere […]. 28 Cic. Sest. 23. 29 Voir sur ce point le livre de Victor Goldschmidt: Le système stoïcien et l’idée de temps (Paris 19692). 30 Cic. De orat. I 31: Quid enim est aut tam admirabile, quam ex infinita multitudine hominum exsistere unum, qui id quod omnibus natura sit datum, vel solus vel cum perpaucis facere possit? Trad. personnelle.

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cédente, à propos des cités bien organisées, sur lesquelles l’éloquence a pu imposer son pouvoir. Ne sommes-nous pas ici très près de la volonté de puissance d’un Gorgias et Cicéron ne serait-il pas tenté de s’imposer lui-même comme un «sophiste romain», pour reprendre l’expression de Florence Dupont?31 En fait, comme s’il avait perçu le danger d’une position par trop fondée sur la force de la parole, Crassus souligne aussitôt après ses aspects éthiques: secourir les suppliants, soulager les malheureux, arracher ses concitoyens à la mort, à l’exil etc. Mais on ne peut pas s’empêcher de penser que cette finalité éthique apparaît plutôt comme un produit dérivé du pouvoir de la parole, comme une régulation a posteriori plutôt que comme quelque chose qui serait inhérent à l’éloquence. Puisqu’elle est pouvoir absolu, elle est nécessairement aussi pouvoir de bien faire. C’est en tout cas ainsi que Scaevola, incarnation du mos maiorum dans ce qu’il avait de plus spécifiquement romain, à savoir la science juridique, semble comprendre l’argumentation de Crassus. De celle-ci, il ne retient que la puissance, sans se soucier d’une moralisation liée à l’usage plus qu’à la nature de la parole. Deux points vont être la cible de ses dures critiques: il ne peut admettre l’idée que l’éloquence ait eu à elle seule la capacité de fonder la civilisation et il ne croit pas que l’orateur doive être considéré comme l’aboutissement de la nature et de la culture. À la thèse défendue par Crassus, il oppose un autre modèle, qu’il considère comme mieux enraciné dans la tradition romaine, à savoir la prédominance des consilia, autrement dit la prédominance d’une action sous-tendue par une réflexion approfondie sur la pratique, mais se caractérisant aussi par la sobriété de la parole. À travers les propos de Crassus, mais aussi par quelques remarques d’Antoine, le De oratore a le mérite de montrer comment la force de la parole, cette magna uis dont il est également question dans le Brutus, peut agir sur le monde.32 Antoine prononce une phrase qui mérite une attention toute particulière:33 omnium sententiarum grauitate, omnium uerborum ponderibus est utendum. Les mots grauitas, pondus, définissent une physique de la parole, qu’il convient de ne pas interpréter de manière ex31

Florence Dupont: Cicéron, sophiste romain, dans: Langages 65 (1982) 23–46. Cic. Brut. 40: nec tamen dubito quin habuerit vim magnam semper oratio. 33 Cic. De orat. II 73. 32

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clusivement métaphorique. Le mot pondus, déjà si important chez Lucrèce, évidemment dans un autre contexte, reviendra dans le Lucullus, lorsque, à propos de la théorie stoïcienne de l’assentiment, Cicéron comparera cette faculté de l’âme au plateau de la balance, qui s’abaisse dès qu’on y dépose un poids.34 La grauitas est un concept central de la pensée cicéronienne, il perd beaucoup de sa signification lorsqu’on le rend par une notion comme celle de «gravité», dans laquelle le sens originel de pesanteur, de poids n’est souvent perçu que de manière très atténuée. Cela ne signifie pas pour autant que la grauitas liée à l’éloquence soit une notion nécessairement simple. Il s’agit plutôt d’un ensemble de forces, les unes puissantes, les autres plus subtiles, mais dont la résultante est une capacité d’action de grande ampleur. Crassus à la fin de sa vie s’exprimait avec douceur, mais cela n’enlevait rien à la grauitas de sa parole, car sa persona oratoire fondée sur l’auctoritas que lui valaient ses multiples plaidoiries et son action politique faisait qu’il n’avait pas besoin de hausser la voix pour se faire entendre. La parole oratoire peut donc être à la fois lenis et grauis, tout comme la leuitas si sévèrement critiquée par Cicéron, n’est pas incompatible avec une parole péremptoire. Ce qui la caractérise, ce n’est pas l’absence d’intensité, c’est le fait que, par sa réversibilité, elle ne peut s’in­ scrire durablement dans la réalité du monde. La leuitas popularis35 est, dans la représentation qu’en donne Cicéron, véhémente, voire violente. Pour autant, elle ne peut avoir aucune cohérence et son seul effet, au demeurant redoutable, est celui de déstabilisation de la cité, par l’introduction d’une force erratique dans un système de forces en recherche permanente d’un difficile équilibre. Aucune force ne peut être dissociée de son environnement.

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Cic. Luc. (= Ac. 2) 38: ut enim necesse est lancem in libram ponderibus inpositis deprimi sic animum perspicuis cedere. 35 Sur ce concept, on se reportera à l’étude ancienne mais toujours valable de Zvi Yavetz: Leuitas popularis, dans: A&R 10 (1965) 97–110.

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III. L’Orator et le triomphe de l’imitation On peut résumer assez schématiquement le De oratore en disant qu’il offre deux aspects. La position intellectuellement, culturellement et politiquement si ambitieuse de Crassus représente la perception émerveillée que Cicéron avait des orateurs de la génération qui l’avait précédé, mais reproduit aussi ses illusions de jeune orateur. Celle d’Antoine, plus modeste dans la délimitation du champ et des enjeux de l’éloquence, ouvrait une porte de sortie vers une attitude plus réaliste, mais qui ne correspondait pas à l’idée cicéronienne d’une relation nécessaire entre les ambitions culturelles et politiques. Toutefois ces débats sur ce que pouvait et devait être la parole perdirent toute actualité avec la victoire de César, qui obligea Cicéron à admettre ce qu’il avait toujours voulu nier, à savoir que la parole n’était plus en mesure de constituer un contrepoids efficace à la force des armes. La réalité historique lui apparaissait donc probablement comme une insupportable correction de la scène originelle du De inuentione. César était un personnage d’exception, très cultivé et doté d’une élégance oratoire qui lui valait l’admiration de beaucoup de Romains, mais c’était en tant qu’imperator qu’il avait mis fin, au moins provisoirement, à la violence endémique qui ravageait la res publica et c’était aussi comme imperator qu’il pensait reconstruire un État nouveau. Magnus uir, sans doute, mais très peu sapiens aux yeux de Cicéron, qui le décrira dans le De officiis36 comme l’homme de l’opinio et de l’error. De chacun des trois personnages du De oratore, César paraissait incarner un aspect, toutefois en le subvertissant. Il avait l’ambition illimitée de Crassus, qu’il transférait du domaine de la parole à celui d’une action réduisant le verbe à n’être qu’un adjuvant. Comme Antoine, il était réaliste, mais sans fixer de limite éthique aux conclusions qu’il déduisait de ce réalisme. Enfin, comme les personnages historiques si admirés par Scaevola, il avait une confiance totale dans son propre consilium, mais sans considérer le moins du monde que celui-ci devait se soumettre aux impératifs du droit. L’imitation, on le sait, acquiert alors dans l’Orator cicéronien, une signification clairement ontologique. Il ne s’agissait plus de parvenir à une beauté parfaite en se fondant sur l’expérience de beautés particulières, comme c’était le cas dans le prooemium du 36

Cic. Off. I 26.

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second livre du De inuentione, mais de reproduire, en une attitude clairement démiurgique, la Forme de l’orateur perçue par l’intelligence. En ce sens, l’Orator marque le triomphe, plutôt inattendu, d’Antoine, dont la distinction entre le disertus, le bon orateur qui cependant n’accède pas à la perfection, et l’eloquens, détenteur de cette perfection et à ce titre proche de la divinité, était déjà présente dans le De oratore.37 Sur ce point, il est intéressant de noter que l’Orator est la première œuvre cicéronienne dans laquelle apparaît un platonisme détaché du doute néoacadémicien qui irriguera les œuvres ultérieures, et donc revenant à la pensée des Formes. On sait que la période qui s’écoule entre la mort de Philon de Larissa, vers 88 av. J.-C. et les premiers écrits de Philon d’Alexandrie est assez mystérieuse, dans la mesure où elle fut celle pendant laquelle s’élaborèrent les principes du moyen platonisme, sans que nous puissions attribuer avec certitude cette mutation à un penseur en particulier.38 Entre le De oratore, où la réflexion sur la perfection s’appuie surtout sur l’histoire et l’Orator où la référence est principalement onto­logique, il y a eu la fin de la res publica, dont nous avons du mal à déterminer quelles furent ses répercussions sur la pensée philosophique, sans que pour autant nous puissions affirmer que l’apparition de l’idéalisme dans l’Orator relève d’une démarche purement cicéronienne. Si l’on fait rapidement l’historique du concept d’imitatio, on s’aperçoit que sa place est très modeste dans le De inuentione, à tel point qu’il est absent du second livre. De toute évidence, le puer aut adulescentulus qui a écrit ce traité se souciait beaucoup moins d’imiter que de créer, de transformer. De même, l’imitatio ne constitue pas l’un des piliers de la pensée de Crassus, tout entière tournée vers l’acte de parole. La seule occurrence significative du mot dans le premier livre du De oratore se trouve dans la bouche d’Antoine, qui évoque les efforts considérables que la conception de l’orateur proposée par Crassus demande à la mémoire et à l’imitation: 37

38

Cic. De orat. I 94. Sur Antiochus d’Ascalon, qui joua certainement un rôle dans la préparation du moyen platonisme, mais dans les fragments duquel nous ne trouvons aucune mention de l’ὁμοίωσις θεῷ κατὰ τὸ δυνατόν, l’assimilation à Dieu dans la mesure du possible (Plat. Tht. 176b) qui est considérée comme le leitmotiv le plus caractéristique de ce courant philosophique, voir l’ouvrage collectif édité par David N. Sedley: The Philosophy of Antiochus (Cambridge 2012).

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non mediocris est uel ad memoriam, uel ad imitandum.39 Mais ce ad imitandum n’a pas d’équivalent exact dans le discours de Crassus. En revanche, dans le livre II, celui dans lequel la parole est donnée principalement à Antoine, l’imitatio devient un thème essentiel. Au § 89, Antoine parle de Sulpicius qu’il avait connu jeune et qu’il avait confié à Crassus. À son propos, il dit: Sa nature à elle seule le portait à la manière de Crassus, éclatante et magnifique; mais elle eût tout de même été insuffisante, si ses efforts pour reproduire son modèle n’avaient tendu au même but et s’il n’avait pris l’habitude en parlant, de tenir ses yeux, son esprit et sa pensée constamment fixés sur Crassus.

La nature ne suffit donc pas, il faut ce processus d’imitation qui, à la différence de ce que nous trouvons dans l’Orator, est référé non pas à une Forme mais à un personnage réel. Ce qui pose le problème suivant: si Sulpicius, pour devenir un grand orateur, doit imiter Crassus, qui Crassus imite-t-il, jusqu’où la regressio se poursuit-elle? Or Antoine définit ainsi le premier de ses préceptes: «indiquer à l’élève quel modèle il doit imiter et lui dire de s’exercer ensuite, le maître une fois choisi, à en donner une reproduction et une image fidèle». À cet endroit, il ne va pas jusqu’au bout de sa pensée, il ne dit pas si les modèles ne sont eux-mêmes les reproductions d’une réalité eidétique originelle ou si la nature produit de temps en temps un être absolument exceptionnel qui sert de modèle à tous les autres. Lorsque Crassus reprend la parole, dans le dernier livre du dialogue, il ne change pas fondamentalement d’opinion sur le rôle assez secondaire qu’il attribue à l’imitation: – au § 47, il fait preuve à la fois de condescendance et d’humour par rapport à Sulpicius en rappelant à celui l’importance de ce qu’il lui doit et en laissant pour plus tard, c’est-à-dire pour jamais, l’évocation de ce que son imitateur doit à sa propre nature ou à d’autres modèles; – au § 215, le principe est rappelé sans détours: sine dubio in omni re uincit imitationem ueritas, mais il est quelque peu atténué par l’affirmation que l’orateur ne doit pas abandonner à l’acteur l’imitation des sentiments. À la différence d’Antoine, qui avait affirmé que l’orateur ne peut convaincre que s’il éprouve lui-même les sentiments qu’il entend faire 39

Cic. De orat. I 258.

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éprouver aux auditeurs, Crassus soutient que l’orateur doit maîtriser, par son réalisme, le champ de l’imitation pour dominer le monde confus des passions. Il ne nous semble pas qu’il y ait ici un changement de position de la part de Crassus. Certes, sur ce point précis, il fait sien le concept d’imitation, mais en l’intégrant à cet idéal de maîtrise universelle qu’il n’a, en fait, jamais abandonné. Dans l’Orator, l’orateur n’est plus celui qui domine le public par la force de sa parole, celui qui l’entraîne là où il veut le conduire, mais quelqu’un qui adapte son discours et sa manière d’être aux moindres désirs de ceux qui l’écoutent. Mais l’imitation est également présente dans ce qui constitue l’une des innovations majeures de Cicéron dans cette œuvre, la découverte de l’importance du rythme dans l’éloquence, élément qui a son importance dans le contexte de la controverse avec les Néoattiques. La poétique du rythme, dont Cicéron théorise l’adaptation à la prose, a selon lui une origine naturelle, étant donné que certains rythmes se révèlent plus efficaces que d’autres.40 C’est donc l’observation et l’imitation de la nature qui permettent la création de l’art. Cependant Cicéron ne conduit pas cette observation à ses conséquences ultimes. À travers son étude du rythme, il aurait pu arriver à une conception semblable à celle de Gorgias, privilégiant la puissance de l’éloquence comparée à un charme qui ­permet de s’emparer de l’esprit de l’auditeur. Ce n’est cependant pas le cas. ­L’Orator reste le plus souvent sur le plan de l’esthétique, il parle plus souvent du plaisir de l’auditeur que de sa subordination à l’orateur. En d’autres termes, si le De oratore, malgré ses aspects programmatiques, est tourné vers le passé, vers l’éloquence des grands maîtres qui ont formé Cicéron, l’Orator ouvre la voie de ce que sera la rhétorique de l’époque impériale, avec l’obsession de la sententia comme expression la plus achevée de la magie du rythme. Si l’analyse proposée ici est exacte, la pensée cicéronienne sur l’éloquence, et à travers elle sa réflexion sur la civilisation, sur l’apparition de sociétés normalisées, a donc connu une évolution profonde, marquée par l’existence de deux modèles, déjà présents dans les préfaces du De inuentione: celui de la parole comme acte transformateur et celui de l’imitation comme fondement même de l’art oratoire. Il est certain qu’il n’a jamais 40

Voir notamment Cic. De orat. III 173.

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Carlos Lévy

pensé qu’il avait à exclure l’un des deux. Néanmoins, il ne s’est jamais non plus dissimulé la tension qui pouvait exister entre la parole-action et la parole-imitation. Finalement, c’est l’histoire qui le conduisit à passer de l’ambition extrême formulée par Crassus, pour qui l’éloquence est à la fois le moyen le plus efficace de l’action et le point culminant de la culture, à l’esthétisme mimétique de l’Orator. Au fond, ce que Cicéron n’a peut-être pas perçu, c’est que c’est en donnant à la postérité les moyens de penser le problème de la nature de la parole oratoire qu’il aura le plus profondément marqué la conception occidentale de l’éloquence.

Die Versöhnung von Philosophie und Rhetorik bei Seneca T H O M A S BA I E R

Die Klage Ciceros: Trennung von Philosophie und Rhetorik [Sokrates] überragte nach dem Zeugnis sämtlicher Gelehrten und dem Urteil ganz Griechenlands wohl alle sowohl an Klugheit, Scharfsinn, Liebenswürdigkeit und Gründlichkeit, wie auch besonders an Gewandtheit, Mannigfaltigkeit und Unerschöpflichkeit des Ausdrucks, welchem Thema er sich auch zuwenden mochte. Und er entriß den Männern, die das, was wir untersuchen, betrieben, behandelten und lehrten, obwohl sie einen Namen trugen, da jegliche Erkenntnis höchster Werte und die praktische Beschäftigung mit ihnen Philosophie hieß, diesen allgemeinen Titel und trennte in seinen Unterredungen die Wissenschaft des philosophischen Erkennens von der des wirkungsvollen Ausdrucks, obwohl sie in der Sache doch zusammenhingen. […] Daher stammt jene so unsinnige, nutzlose und tadelnswerte Trennung gleichsam zwischen Zunge und Gehirn, [discidium illud … quasi linguae atque cordis], die dazu führte, daß uns die einen denken, die anderen reden lehrten.1

In diesem Zitat aus De oratore führt Cicero die Trennung von Philo­ sophie und Rhetorik auf die geistesgeschichtliche Entwicklung seit Sokrates zurück. Die Spezialisierung auf die beiden Sparten geistiger Betätigung habe allmählich zu gegenseitiger Missachtung geführt. Die Philosophie zog sich den Vorwurf der Eigenbrötlerei zu – das galt vor allem für jene Philosophenschule, die das λάθε βιώσας auf ihre Fahnen geschrieben hatte –, und die Rhetorik geriet erst recht in Verruf, gerade wegen ihrer bisweilen fragwürdigen Rolle in der Öffentlichkeit. 1

Cic. De orat. III 60–61; Übersetzung nach Harald Merklin: Marcus Tullius Cicero. De oratore. Über den Redner (Stuttgart 21976).

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Thomas Baier

Dem setzte Cicero in der zitierten Schrift in einem grandiosen Entwurf das ehrgeizige Konzept des ganzheitlich gebildeten Redners entgegen. Sein humanistisches Bildungsideal geht davon aus, dass Bildung etwas Ganzheitliches sein muss, dass sich Verstand und Herz nicht trennen lassen. Denk-, Urteils- und Ausdruckfähigkeit gehören nach Cicero zusammen. Deshalb legt Crassus im 3. Buch auch dar, dass es beim wirklichen Redner kein discidium linguae atque cordis geben dürfe, also kein Zerwürfnis zwischen Zunge und Verstand. Der Redner muss das, was er mit Worten formuliert, auch durch seine Person vertreten. Um dies wirkungsvoll zu können, muss er erst einmal eine Persönlichkeit haben. Diese wiederum entsteht nur durch Bildung, eruditio, Herausführung aus dem Rohzustand. Bildung ist also nicht ein Wegwerfwissen, das man sich nur nach Bedarf aneignet und dessen man sich ebenso nach Bedarf wieder entledigt, sondern vielmehr eine umfassende, letztlich das ganze Leben sich durchziehende Formung des Charakters. An diesem Punkt setzt die Philosophie der Kaiserzeit an. Seneca, der ein philosophus orator und ein philosophus magister war,2 hat Rhetorik und Philosophie vielleicht inniger verbunden als irgendein Philosoph vor ihm. Vor allem scheint er derjenige zu sein, bei dem Rhetorik nicht mehr primär der Überzeugung oder Überredung des anderen dient, sondern der Selbstformung. Wenn die Rhetorik auf das eigene Selbst wirkt, also der Askese verpflichtet ist, dann ist sie nicht mehr nur πειθοῦς δημιουρ­ γός, eine Technik, die die schwächere Sache zur stärkeren macht, letztlich also der Täuschung dient, sondern sie wird zu einem therapeutischen Mittel. Blicken wir zunächst noch einmal zurück auf Cicero! Crassus führt im 3. Buch, §72, über die Zeit des Sokrates aus: Denn wie ich schon sagte: Die Alten bis hin zu Sokrates, verbanden jederlei Kenntnis und Wissen von allen Dingen, die zum Herkommen, zum Leben, zur Sittlichkeit, zur Politik in Beziehung standen, mit der Kunst der Rede. Dann aber haben, als, wie ich dargelegt habe, von Sokrates an und danach von allen Sokratikern eine Trennung bewirkt worden war, die Philosophen auf die Beredsamkeit und die Redner auf die Weisheit herabgeblickt, und sie mieden jede Berührung mit der jeweils anderen Seite, abgesehen von diesem oder jenem, was die einen von den anderen entlehnten. 2

Vgl. Thomas Baier, Gesine Manuwald, Bernhard Zimmermann (Hg.): Seneca. Philo­ sophus et magister (Freiburg 2005).

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Crassus zieht daraus die Konsequenz, dass die einstige Einheit von Philo­sophie und Rede wiederhergestellt werden müsse. Ein Redner könne nur dann wirklich überzeugend wirken, wenn er das, was er nach außen vertrete, auch verinnerlicht habe. Heute würde man so jemanden als authentisch bezeichnen. Crassus’ Forderungen sind unmittelbar einleuchtend und bedürfen keiner ausführlichen Begründung. Die Frage, die hier interessiert, ist jedoch: Kann der Redner auch sich selbst überzeugen? Hilft die Rhetorik dabei, zu der von Crassus geforderten ‘philosophischen’ Gesinnung zu gelangen? Kann Rhetorik zur Selbstheilung oder wenigstens Selbstformung dienen? Stehen Argument und rhetorische Form in einem Wechselverhältnis?

Selbsttröstung Diese Frage lässt sich für den Anfang vielleicht am ehesten an einem rhetorischen Sonderfall untersuchen, nämlich an der Consolatio ad se ipsum. Ciceros Selbsttröstung nach dem Tod seiner Tochter ist verloren, jedoch indirekt gut bezeugt. Am 8. März 54 schreibt Cicero an Atticus über seine Selbsttröstung und deren Wirkung (Att. XII 14, 3): Quod me ab hoc maerore recreari vis, facis ut omnia; sed me mihi non defuisse tu testis es. nihil enim de maerore minuendo scriptum ab ullo est quod ego non domi tuae legerim. sed omnem consolationem vincit dolor. quin etiam feci, quod profecto ante me nemo, ut ipse me per litteras consolarer. [...] adfirmo tibi nullam consolationem esse talem. totos dies scribo, non quo proficiam quid sed tantisper impedior – non equidem satis (vis enim urget), sed relaxor tamen, omniaque nitor non ad animum sed ad vultum ipsum, si queam, reficiendum, idque faciens interdum mihi peccare videor, interdum peccaturus esse nisi faciam.

Aus dem Gesagten wird deutlich, dass vorhandene Trostschriften gegen den Schmerz nicht ankommen. Kein Trost wirke so wie die Schriftstellerei. Han Baltussen bemerkt zu nullam consolationem esse talem: that the remarkable claim Cicero makes about the work should not solely be taken as a hyperbole, but as the statement of someone regaining his confidence in

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the face of adversity and attempting to outdo the traditional grief responses in Greek and Roman writings up to his day.3

Zwar sei auch diese Form der Tröstung nicht hinlänglich, aber immer noch besser als alles andere. Sie lenke ab, verschaffe Entspannung und helfe bei dem Bestreben non ad animum sed ad vultum reficiendum. Letzteres dürfte bedeuten, dass die Heilung zunächst darauf abzielt, die üblichen oder gesellschaftlich erwarteten Trauergesten einzustellen. Das ist, wie im Folgenden deutlich werden soll, ein erster wichtiger Schritt in der Schmerzbewältigung.4 Daher lässt es Cicero auch offen, ob diese Art der Selbsttröstung ein peccare ist oder nicht. Im landläufigen Sinn bezeichnet peccare hier zunächst einmal das schlechte Gewissen, das den Trauernden daran hindert, Ablenkung zu suchen – eine, wie in den Tusculanen dargelegt wird, völlig ungerechtfertigte Regung. Schon Chrysipp habe die Unsitte moniert, dass Trauernde das Trauern als ihre Pflicht ansähen.5 Indem Cicero eine Neigung zum peccare einräumt, meint er aber wohl noch etwas anderes. Er bezichtigt sich eher eines technischen als eines moralischen Fehlers. Worin dieser ‘Fehler’ besteht, was Cicero bei der Selbsttröstung falsch macht, wird vielleicht klar durch einen Blick auf den ebenfalls um Tullias Tod kreisenden Briefwechsel mit Servius Sulpicius Rufus im März und April desselben Jahres. Servius mahnt Cicero, er solle nicht schlechte Ärzte imitieren, die die Heilkunde verträten, sich selbst aber nicht heilen könnten (Fam. IV 5, 5): neque imitare malos medicos, qui in alienis morbis profitentur tenere se medicinae scientiam, ipsi se curare non possunt, sed potius quae aliis tute praecipere soles ea tute tibi subiace 3

4

5

Han Baltussen: Cicero’s Consolatio ad se. Character, Purpose and Impact of a Curious Treatise, in: Han Baltussen (ed.): Greek and Roman Consolations. Eight Studies of a Tradition and its Afterlife (Swansea 2013) 67–91. H. Baltussen: Cicero’s Consolatio ad se, 74, trifft wohl nicht das Richtige mit seiner Aussage: «A cynical reading would be to say that the effect is limited to establishing a so­cially acceptable presentation, not to reducing grief». Vgl. ebd. 79 über den gesellschaftlichen Druck, dem sich Cicero angeblich ausgesetzt sah («social pressures of his peer group»). Nach Cic. Tusc. III 76. Vgl. Cic. Tusc. III 64: si qui forte, cum se in luctu esse vellent, aliquid fecerunt humanius aut si hilarius locuti sunt, revocant se rursus ad maestitiam, peccatique se insimulant quod dolere intermiserint. Parallele bei David R. Shackleton Bailey: Cicero’s Letters to Atticus, Volume V. 48–45 B.C. 211–354 (Books XI to XIII) (Cambridge 1966) zur Stelle.

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atque apud animum propone. Der schlechte Arzt in diesem Vergleich entspräche dem schlechten Redner, der vertritt, was er selbst nicht glaubt. Wie geht Servius selbst vor? Er verwendet in seinem Brief mehrere Seelenheilmittel für Niedergeschlagene – man solle der condicio humana eingedenk sein, zu der nun einmal die Sterblichkeit gehöre, den Toten im Jenseits sei an der Trauer der Zurückgebliebenen nicht gelegen, er solle dankbar sein für das, was er an der Tochter gehabt habe. Die Argumenthäufung ist in diesem Genre gang und gäbe, handelt es sich doch um das mitunter langwierige Einüben einer bestimmten Haltung. Das entscheidende Argument lautet aber: Im Lichte der Katastrophe des Staates nehme sich das Schicksal der frühverstorbenen Tullia unbedeutend aus. Servius betäubt somit den kleinen Schmerz durch die Erinnerung an einen viel größeren. Ciceros peccare besteht also wohl darin, dass er die eigentliche calamitas, nämlich das Unglück des Staates, der privaten Trauer hintanstellt. Diese Vorgehensweise des Servius Sulpicius erscheint, aus der Distanz betrachtet, recht unsensibel. Im Falle Ciceros ist sie aber durchaus naheliegend. Bei jemandem, der so ausschließlich auf den Staat fixiert ist, muss dieses Argument Wirkung zeigen. Daraus ergibt sich, dass die rhetorische Taktik auch im Consolationsfach gegenstands- und adressatenbezogen zu sein hat, dass nicht nur auf dem Forum, sondern auch bei der Seelenheilung rhetorische Grundlagen zu beachten sind. Nicht jeder kann auf dieselbe Weise geheilt werden. Die Wahl der Mittel hat sich am consolandus zu orientieren. Bei Cicero heißt es dazu (Tusc. III 76): alius alio movetur. Die von Servius Sulpicius Rufus angewandte Methode besteht also darin, den Affekt zu schwächen oder zu verwässern, indem er mit noch Schlimmerem verglichen wird. Die Auflösung eines Affekts durch turbare kennt man etwa bei Lukrez, der im 4. Buch empfiehlt, dem Affekt der Verliebtheit durch die Vervielfachung der Affären den Stachel zu nehmen.6 Cicero selbst schreibt in Att. XII 16, er lindere seinen Schmerz durch das Schreiben nicht, sondern betäube ihn: me scriptio et litterae non leniunt, sed obturbant.7 6 7

Vgl. Thomas Baier: Das Irrationale bei Lukrez, in: WJA n.F. 34 (2010) 97–114, hier: 98–103. Ähnlich Cic. Att. XII 20.

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Wenn es um die Übertragung rhetorischer Kategorien auf das Genre der Trostschrift geht, bieten die Tusculanen weitere Fundstellen: Cicero legt gegen Sokrates und gegen die Stoiker Cleanthes und Chrysipp dar, dass der rationalistische Ansatz, der den Grund der Trauer als nullum malum oder allenfalls parvum malum hinwegdefiniere, dem Trauernden zwar die Torheit (stultitia) nehme, nicht aber die Trauer. Die Trauer sei nun einmal ein Affekt und als solcher der Vernunft nicht unbedingt zugänglich. So kommt er zu dem Schluss (Tusc. III 79): Nimirum igitur, ut in causis non semper utimur eodem statu – sic enim appellamus controversiarum genera –, sed ad tempus, ad controversiae naturam, ad personam accommodamus, sic in aegritudine lenienda, quam quisque curationem reci­pere possit, videndum est.

In Ciceros Darlegung klingen nicht nur die sieben Peristasen oder Umstände an, die nach Hermagoras in jedem Einzelfall zu berücksichtigen sind (Personen, Handlungen, Zeit, Ort, Motiv, Vorgehen, Hilfsmittel), sondern er spielt hier vor allem auf die Stasis-Lehre an. War es allerdings Hermagoras darum gegangen, die jeweilige Hypothese, also die dem Einzelfall zugrunde liegenden Umstände, in eine allgemeine These zu verwandeln, also am jeweiligen Sonderfall das allgemeine Problem zu exemplifizieren, legt Cicero Wert darauf, die Trostmethode an der Person des consolandus auszurichten. In der von ihm anzitierten Stasis-Lehre geht es darum, den Einzelfall aus der Ereignisfülle herauszupräparieren, zu strukturieren und «sodann in das Fächerwerk der Status, der ‘Streitstände’» einzuordnen.8 Hier, im Consolationsfach, ist es das Ziel, die Persönlichkeit des zu Tröstenden so scharf zu analysieren, dass die Trostworte ihn auch treffen. Ohne das passende Kleid, das die elocutio dem Gedanken individuell9 anpasst (Cic. De orat. I 142), bleibt die Rede soviel wert wie ein 8

9

Vgl. Manfred Fuhrmann: Die antike Rhetorik (München, Zürich 1984) 101. Zur Dialektik von «Stil» und «Schablone» bzw. Individualität und Kollektivität und letztlich der Schwierigkeit, Regelpoetik und Wirkungsästhetik in Einklang zu bringen, vgl. Aleida Assmann: «Opting in» und «Opting out». Konformität und Individualität in den poetologischen Debatten der englischen Aufklärung, in: Hans U. Gumbrecht, Karl L.  Pfeiffer (Hg.): Stil. Geschichten und Funktionen eines kulturwissenschaftlichen Diskurs­elements (Frankfurt a.M. 1986) 127–143, hier: 128. Entsprechend sind auch die Stilhöhen jeweils anzupassen.

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Schwert in der Scheide (Quint. Inst. VIII prooem. 15).10 Man sieht, Therapie und Rhetorik gehen Hand in Hand. Augustinus hat die Consolatio höchstwahrscheinlich noch gekannt. In Civ. XIX 4 unterstellt er, es habe sich um eine bloße Rede gehandelt, deren klingende Rhetorik letztlich nicht geholfen habe: quis enim sufficit quanto­vis eloquentiae flumine vitae huius miserias explicare? Sieht man von der polemischen Absicht dieser Äußerung ab, so mag sie immerhin dazu dienen, den rhetorischen Charakter der Schrift als gesichert anzusehen. Lactanz (Inst. III 28, 9) beurteilt den Erfolg der Schrift freundlicher, und insbesondere Cicero selbst kommt mit ein wenig zeitlicher Distanz in den Tusculanen zu dem Schluss: nosmet ipsos, quantum potuimus, consolati sumus (I 83). Ein Kritiker mag nun einwenden, hier werde doch letztlich nichts anderes gepredigt als Tröstung vermittels Selbstbetrug. Und dieser Kritiker könnte sich zu alledem auf Cicero berufen: Hatte dessen namenloser Gesprächspartner11 im 1. Tusculanenbuch nämlich zunächst die Vergänglichkeit der Seele behauptet, lässt er sich schnell vom Gegenteil überzeugen, und zwar so nachhaltig, dass er den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele gar nicht mehr aufgeben will (I 77). Er möchte lieber mit Platon irren als mit anderen der Wahrheit folgen. Das Bonmot des errare cum Platone bringt tatsächlich zum Ausdruck, wie «Wunschdenken, gespeist aus der therapeutischen Zielsetzung, […] Vorrang vor dem Bemühen um Wahrheit» erlangt.12 Allerdings sollte man diese etwas naiv anmutende Haltung des auditor oder adolescens im 1. Tusculanenbuch nicht belächeln. Denn auch die Alternative des cum istis vera sentire bezieht sich ja nicht auf die absolute Wahrheit, da es diese im skeptischen Weltbild Ciceros nicht gibt. Selbst die Vernunft muss mit mehr oder weniger sicheren Meinungen auskommen.13 Alexander Becker hat jüngst in einem 2013 von Michael Erler herausgegebenen Sammelband gezeigt, dass Cicero in 10

Vgl. M. Fuhrmann: Die antike Rhetorik, 114. M dürfte Cicero selbst sein, A vermutlich ein adolescens; vgl. allgemein zum Personal in Ciceros Dialogen: Ingo Gildenhard: Paideia Romana. Cicero’s Tusculan Disputations (Cambridge 2007) 21–34; vgl. ebd. 207. 12 Alexander Becker: Therapie und Dialog. Ein Vergleich zwischen Platons Phaidon und Ciceros Tusculanae Disputationes I, in: Michael Erler, Jan Erik Heßler (Hg.): Argument und literarische Form in antiker Philosophie (Berlin, Boston 2013) 339–354, hier: 343. 13 Vgl. A. Becker: Therapie und Dialog, 353. 11

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den Tusculanen dem Leser «Identifikationsmöglichkeiten» bietet «und damit dem Autor einen Weg, seine Leser ihre epistemische Situation und deren Konsequenzen erfahren zu lassen».14 Michael Erler selbst hat in einer Arbeit zu «Literarischen Begegnungen mit dem Tod in der Philo­ sophie der griechischen Antike» das Verhältnis von «Lust und Trauer» im Phaidon und bei Epikur herausgearbeitet.15 Es geht also um mehr als bloße «Beschwichtigung privaten Leids».16

Seneca Dieses therapeutische Konzept hat Seneca weiterentwickelt und in seinen Trostschriften verarbeitet. Es geht ja auch ihm um Selbsttröstung und somit Selbstbeeinflussung, und zwar noch viel konsequenter als Cicero. Auch Seneca lässt sich wie der Gesprächspartner in den Tusculanen von platonischen Bildern ‘entführen’. Das bekannteste Beispiel ist die Schlussapokalypse in Ad Marciam, die auf den Mythos des Er sowie auf das Ende von De re publica zurückgeht. Erschien es im Falle Ciceros Servius Sulpicius noch angeraten, dessen Schmerz durch den Verweis auf das viel schlimmere Schicksal des Staates zu verwässern, so spielt das öffentliche Leben in Senecas Räsonnement keine Rolle mehr. Der unterschiedliche Blick auf den Staat durch Cicero und Seneca lässt sich exemplarisch und wie in einem Brennspiegel an den Schriften De re publica und De consolatione ad Marciam aufweisen. Beide berühren sich nämlich bzw. nehmen aufeinander Bezug in einer Jenseitsschau, deren Funktion darin besteht, das Ideal eines guten diesseitigen Lebens zu zeigen.17 14

A. Becker: Therapie und Dialog, 353. Michael Erler: Literarische Begegnungen mit dem Tod in der Philosophie der griechischen Antike, in: Karl-Heinz Pohl, Georg Wöhrle (Hg.): Form und Gehalt in Texten der griechischen und chinesischen Philosophie. Akten der 11. Tagung der Karl und Gertrud Abel-Stiftung vom 18.–19. Juli 2008 an der Universität Trier (Stuttgart 2011) 171–184, hier: 181–184. 16 Rudolf Kassel: Untersuchungen zur griechischen und römischen Konsolationsliteratur (München 1958) 33. 17 Ein ausführlicher Vergleich beider Schriften bei Karlhans Abel: Poseidonios und Senecas Trostschrift an Marcia (Dial. 6, 24, 5 ff.), in: RhM 107 (1964) 221–260, hier: 221–227. 15

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Cicero gibt am Ende von De re publica im sog. Somnium Scipionis eine­n Ausblick auf das Elysium und die Belohnung des Staatsmanns im Jenseits. Dieses Bild hat Seneca in der Trostschrift Ad Marciam aufgegriffen, jedoch verallgemeinert und von jedem Bezug auf den Staat gelöst. Seneca tröstet die um ihren Sohn trauernde Marcia durch die Aussicht auf ein nachgerade christlich anmutendes ewiges Leben nach dem Tod. In dieser Schlussapokalypse (24, 5–25, 3) legt Seneca Folgendes dar:18 Das Abbild deines Sohnes ist dahingegangen und die Schattengestalt, die ihm nur oberflächlich ähnelt. Er selber freilich ist unvergänglich und nun von besserem Stande, befreit von fremden Lasten und sich selbst zurückgegeben. Das was du als unsere Verkleidung siehst – Knochen, Muskeln und darüber die Haut, das Gesicht und die dienenden Hände, das Übrige, womit wir verhüllt sind –, sind Fesseln der Seele und Dunkelheit. Verschüttet wird die Seele davon, erstickt, vergiftet, ferngehalten von der Wahrheit und ihrem eigenen Wesen, in das Falsche geworfen. Allen Kampf führt sie mit diesem schweren Fleisch, um sich nicht ablenken zu lassen und stecken zu bleiben. Sie strebt dahin, von wo sie herabgeschickt worden ist. Dort wartet sie auf ewige Ruhe, dort wird sie nach Wirrnis und Dunkel das Reine und Klare schauen.

Seneca sieht das Leben ausschließlich unter dem Aspekt der Selbstheilung. In der Bilanz des irdischen Lebens fällt nicht die öffentliche Tätigkeit, sondern die erworbene innere Haltung ins Gewicht. Das ist ein Gegenbild zu Ciceros Somnium Scipionis. Dort nämlich wird das Elysium nur Staatsmännern verheißen, und zwar als Lohn für irdischen Erfolg. Seneca dagegen bezieht es auf alle Menschen und macht es nicht von irgendwelchen äußeren Leistungen abhängig. In De brevitate vitae (Dial. X 1) zeigt er, dass die Länge des Lebens sub specie aeternitatis ohnehin gleichgültig ist. Bei Seneca handelt es sich schließlich um einen wirklichen Jenseitsaufenthalt, bei Cicero ist dieser nur geträumt. In Ad Marciam 25, 1 schreibt Seneca: excepit illum coetus sacer, Scipiones Catonesque. Den Verstorbenen hat nun im Jenseits die heilige Versammlung empfangen, Leute wie Scipio und Cato. Die Erwähnung Scipios und insbesondere die Erwähnung Catos, also sozusagen des römischen Sokrates,

18

Das Konzept geht auf Cic. Rep. VI 26 zurück, ist aber ursprünglich platonisch, vgl. C. E. Manning: On Seneca’s Ad Marciam (Leiden 1981) 141–142 zu 24, 5.

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zeigt die Abhängigkeit von den Vorbildern. Scipio verweist auf Cicero, der römische Sokrates, Cato, auf Platon.19 Seneca hat Ciceros Jenseitsmythos Platon wieder nähergebracht, indem er ihn auf alle Menschen ausdehnte, er ist also gleichsam über Cicero zu Platon zurückgekehrt. Die entscheidende Neuerung gegenüber Ciceros Somnium Scipionis scheint mir bei Seneca die Form der Darlegung zu sein, nämlich die ausufernde Bildlichkeit. Die Erbärmlichkeit der irdischen Existenz wird drastisch herausgestrichen, das Leben im Jenseits, das Aufeinandertreffen mit Vorfahren und geschätzten Persönlichkeiten in rührender Naivität ausgemalt. Das unterscheidet sich grundsätzlich von Ciceros bald naturwissenschaftlichem, bald moralischem, bald esoterischem Traktat im Somnium Scipionis. Die Verbildlichung bei Seneca könnte man zunächst auf die in der Rhetorik gängige Lehre von der phantasia zurückführen.20 Doch scheint hier noch ein weiterer Aspekt hinzuzukommen, nämlich die der Antike bekannte Tatsache, dass die Seele in Bildern denkt, sich durch Vorstellungs- oder Einbildungskraft prägt. Grundlegend für diese Form des Bildes als psychischer Vorstellung ist Aristoteles, De anima: Im Rahmen seiner Überlegungen zur ‘phantasia’ oder Vorstellungskraft, der er eine Brückenstellung zwischen sinnlicher Wahrnehmung und rationalem Verstehen zuweist, bezeichnet er die inneren Vorstellungen der Seele als Bilder.21 Τῇ δὲ διανοητικῇ ψυχῇ τὰ φαντάσματα οἷον αἰσθήματα ὑπάρχει. […] διὸ οὐδέποτε νοεῖ ἄνευ φαντάσματος ἡ ψυχή (An. III 7, 431a14–17). Dieser berühmt gewordene Satz hat den Bildbegriff in Rhetorik und Poetik geprägt. In diesen beiden Gattungen geht es darum, im Hörer Bil-

19

Die Verbindung von Scipio und Cato findet sich später noch einmal in Epistel 70, 22. Vgl. K. Abel: Poseidonios, 223. 20 Vgl. Quint. Inst. VI 2, 29: Quas φαντασίας Graeci vocant (nos sane visiones appellemus), per quas imagines rerum absentium ita repraesentantur animo ut eas cernere oculis ac praesentes habere videamur, has quisquis bene ceperit is erit in adfectibus potentissimus. 21 Bernhard Asmuth: Seit wann gilt die Metapher als Bild? Zur Geschichte der Begriffe «Bild» und «Bildlichkeit» und ihrer gattungspoetischen Verwendung, in: Gert Ueding (Hg.): Rhetorik zwischen den Wissenschaften. Geschichte, System, Praxis als Probleme des «Historischen Wörterbuchs der Rhetorik» (Tübingen 1991) 299–309, hier: 302.

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der bzw. eine bestimmte Sichtweise zu erzeugen.22 In diesem Sinne wird der Jenseitsmythos bei Seneca zum Glaubensbild oder eben zu einem Phantasma, das seine Seele prägt. Neben die bereits erwähnte Argumenthäufung23 tritt also die Verbildlichung. Ein völlig anderes, jedoch besonders einseitiges und daher eindrück­ liches Beispiel für die Zeichnung der Wirklichkeit nach einem bestimmten Bild findet sich in der Trostschrift an Polybios. Sie hat in der SenecaForschung einen besonders schlechten Ruf, da ihr der haut goût der Schmeichelei anhaftet. Seneca tröstet einen ihm weitgehend unbekannten Hofbeamten des Kaisers Claudius über den Tod eines Bruders hinweg. Neben den von der Tradition bereitgestellten Trostargumenten finden sich massive Huldigungen an den Prinzeps. Und schließlich bittet der nach Korsika verbannte Philosoph ganz unverhüllt um Begnadigung, so dass der eigentliche Zweck der Schrift jedermann zutage lag. Schon Cassius Dio (LXI 10, 2) bezog sich vermutlich auf dieses Erzeugnis, als er Seneca würdeloser Schmeichelei zieh. Spätere Philologen wie Justus Lipsius unterstellten, ein Feind Senecas habe das rein private Werk ver­öf­ fentlicht,24 oder wollten wie Diderot gleich an eine Fälschung glauben.25 Diese Rettungsversuche verfangen allerdings ebensowenig wie die Interpretation der Claudius-Panegyrik als Satire oder Ironie. Letzteres hätte nämlich der Tröstungsabsicht der Schrift widersprochen. Siegmar Döpp gebührt das Verdienst gezeigt zu haben, dass die panegyrischen Teile ein integrales Element der Consolatio oder, wie darauf aufbauend Claudia Wiener ausführt, «Bestandteil des therapeutischen Konzepts» sind.26 Dieses therapeutische Konzept erstreckt sich aber nicht nur auf Poly­bios, sondern auch auf Seneca selbst. Das ist vor allem in denjenigen Teilen der Fall, wo die Milde des Claudius gerühmt wird. Der Kaiser erscheint für 22

Rhet. Her. IV 62–63; Cic. Inv. I 49; Quint. Inst. V 11, 22–24. So schon im Phaidon, vgl. dazu M. Erler: Literarische Begegnungen mit dem Tod, 177. 24 Siegmar Döpp: Claudius in Senecas Trostschrift an Polybius, in: Volker M. Strocka (Hg.): Die Regierungszeit des Kaisers Claudius (41–54 n. Chr.): Umbruch oder Episode? (Mainz 1994) 295–306, hier: 296. 25 Manfred Fuhrmann: Seneca und Kaiser Nero. Eine Biographie (Berlin 1997) 103. 26 Claudia Wiener: Die therapeutische Konzeption von Senecas Consolationes, in: Ulrich Schlegelmilch, Tanja Thanner (Hg.): Der Dichter und die Sterne. Beiträge zur lateinischen und griechischen Literatur für Ludwig Braun (Würzburg 2008) 67–99, hier: 93. 23

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Polybios, aber auch für Seneca als der wahre Spender von Trost. «Sich den unermüdlich tätigen Claudius vor Augen zu halten, die Gedanken auf ihn zu richten, bewirke die stärkstmögliche Linderung des Schmerzes (cogitatus [...] Caesar maximo solacio tibi est [12, 4]).»27 Die laudatio auf Kaiser Claudius ist ein trostspendendes Vorbild, das moralische Orientierung bietet.28 Letztlich zeichnet Seneca einen sehr selektiven Ausschnitt der Wirklichkeit und gibt sich dadurch selbst Hoffnung. Döpp sieht ein weiteres Motiv: Dass Seneca auf die Gnade des Kaisers angewiesen war, hatte auf seine Darstellung hier sicher Einfluß, war aber nicht der einzige Grund für deren Akzentuierung. Mindestens ebenso wichtig ist ein philosophisches Element: In Senecas Staatstheorie bildet die Milde des Kaisers das unentbehrliche Korrelat zu seiner absoluten Macht.29

Allerdings tritt dieser pädagogische Aspekt hier wohl zurück. Weder konnte Seneca damit rechnen, dass Claudius die Schrift zu Gesicht bekam, noch dürfte ihm vorrangig an der Erziehung des Herrschers gelegen gewesen sein. Vielmehr sucht Seneca einen Blick auf die Wirklichkeit – um mit Cicero zu sprechen, einen status, einen Standpunkt –, der die für ihn und für Polybios tröstlichen Umstände beleuchtet. Nach Art eines Anwalts kehrt er gewissermaßen die günstige Seite der Wirklichkeit hervor, um sein Schicksal erträglich zu machen. Wie sich der Gesprächspartner in den Tusculanen keinesfalls die exspectatio (I 77) auf die Ewigkeit zunichte machen lassen will, so klebt Seneca an der Hoffnung auf Rückberufung. Malo mehercule errare cum Claudio … könnte man in Abwandlung des oben genannten Zitats formulieren.

27

S. Döpp: Claudius in Senecas Trostschrift, 302. Vgl. C. Wiener: Die therapeutische Konzeption, 95. 29 S. Döpp: Claudius in Senecas Trostschrift, 300. Döpp zieht einen Vergleich zu De clementia, wo Nero auf Milde festgelegt werden soll. 28

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Philosophie und Rhetorik Diese suggestive Form der Selbstbeeinflussung wird in Senecas Alterswerk zunehmend systematisiert. Die Trostschrift an einen gewissen Marullus, die als Nr. 99 in die Epistulae morales Eingang gefunden hat, legt davon Zeugnis ab. Hier erfolgt die Tröstung durch schulmäßige philo­ sophische Askese wieder mit der bekannten Häufung der Trostgründe, wobei der Stoff in recht schroffer Direktheit durchgepaukt wird. Die entscheidende Trostwirkung hängt vom Willen zur Selbsterziehung ab, ist letztlich ein Problem der Pädagogik. Doch nicht erst hier, schon in der früheren Trostschrift Ad Helviam matrem ist die Tröstung im Grunde in einen Traktat über die Erziehung – in diesem Fall von Frauen – eingebettet. Was treibt also den Menschen dazu, sich in philosophischer Askese zu üben, sich eine bestimmte Diathesis zuzulegen, überhaupt sich Tugenden anzueignen, und was hat die Rhetorik damit zu tun?

Der Zusammenhang von Tugend und Wissen Seneca geht von der Lehrbarkeit bzw. auf Seiten des Schülers von der Lernbarkeit der Tugend aus.30 Dass die menschliche Begabung zu lernen zugleich ein Erfordernis ist, hebt er mehrfach hervor. In Epist. 49, 11 wird der Mensch einerseits als docilis beschrieben, seine ratio indes als imperfecta, sed quae perfici posset.31 Die Lehrbarkeit der Tugend wiederum kommt mehrmals explizit in epist. 90 zum Ausdruck.32 Die Unfertigkeit

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Dass Tugend ein Bildungsgut sei, legt auch ein Zenon zugeschriebenes Dictum aus der gnomologischen Literatur nahe (SVF I 322): ὁ αὐτὸς (Ζήνων) ἔφη τὴν μὲν ὅρασιν ἀπὸ τοῦ ἀέρος λαμβάνειν τὸ φῶς, τὴν δὲ ψυχὴν ἀπὸ τῶν μαθημάτων. 31 Vgl. Hugo Börger: Grundzüge der Bildungstheorie L. A. Senecas (Frankfurt a.M., Bern, Cirencester 1980) 42–58; Günter Reinhart, Edith Schirok: Senecas Epistulae morales. Zwei Wege ihrer Vermittlung (Bamberg 21992) 95. 32 Sen. Epist. 90, 44: Non enim dat natura virtutem: ars est bonum fieri («Die Natur schenkt die Tugend nämlich nicht; es ist eine Kunst, gut zu werden»); 90, 46: Virtus non contingit animo nisi instituto et edocto et ad summum adsidua exercitatione perducto («Die Tugend wird der Seele nur zuteil, wenn man sie ausgebildet, belehrt und ihr beharrliche Übung hat zuteil werden lassen»). Weitere Stellen mit knapper Erläuterung bei David

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des Menschen bei seiner Geburt macht also Erziehung bzw. Selbsterziehung notwendig.33 Woher kommt aber die Bereitschaft dazu? Wie überwindet man sich, das als richtig Erkannte auch zu tun? Hier haben Pohlenz und andere immer wieder auf Ansätze zu einer Willensphilosophie bei Seneca hingewiesen: «Der entscheidende Faktor bei der Selbsterziehung ist aber für Seneca der Wille. Das ist ganz unhellenisches, römisches Empfinden, das erst er in die Stoa hineinträgt.»34 Doch man kann es noch genauer fassen. Seneca hat im 89. Brief (14–15) eine Handlungstheorie entworfen, nach der sich menschliches Handeln in drei Schritten vollzieht: Erkenntnis, Impetus, Tat. An die Schnittstelle zwischen dem geistigen Erfassen und der Umsetzung des als richtig Erkannten hat er den Impetus (Antrieb/ὁρμή) gesetzt.35 Vom impetus geht jede Form der Selbsterziehung aus, ohne ihn fehlt die Kraft, sich überhaupt zur Tugend aufzuraffen.36 Seneca scheint die Trieblehre der Stoa unter umgekehrten Vorzeichen für die Pädagogik nutzbar zu machen. Die stoische Lehre von den impetus/ὁρμαί, den Trieben, berührt sich bei ihm mit der aristotelischen Vorstellung von der ὁρμὴ μετὰ προαιρέσεως (M. mor. I 13, 1194a27–30).37 Zugleich liegt darin eine vorsichtige Abwendung vom Intellektualismus der alten Stoa, die

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E. Oppenheim: Selbsterziehung und Fremderziehung nach Seneca, in: Gregor Maurach (Hg.): Seneca als Philosoph (Darmstadt 21987) 185–199, hier: 187. Vgl. Sen. Epist. 94, 51: regi ergo debet (sc. animus) dum incipit posse se regere. Max Pohlenz: Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung, 2 Bde. (Göttingen 51978– 1980), hier: I 319. Die einschlägigen Stellen bei Seneca sind von Brad Inwood: Ethics and Human Action in Early Stoicism (Oxford 1985) und Rainer Zöller: Die Vorstellung vom Willen in der Morallehre Senecas (München, Leipzig 2003) zusammengetragen und behandelt worden. Ein grober Überblick findet sich ferner bei Neal W. Gilbert: The Concept of the Will in Early Latin Philosophy, in: JHPh 1 (1963) 17–35. Vgl. Sen. Epist. 81, 13: velle non discitur; vgl. dazu Wolfgang Fischer: Einige Anmerkungen zu einer Darstellung der Begründung der Pädagogik bei L. Annaeus Seneca, in: HorstTheodor Johann (Hg.): Erziehung und Bildung in der heidnischen und christlichen Anti­ke (Darmstadt 1976) 419–432, hier: 428 (urspr. in: Vierteljahresschrift für Wissenschaftliche Pädagogik 45 [1969] 56–65): Es bedürfe des Bemühens um Erkenntnis, es gebe aber keine eigenständige moralische Qualifizierung des Wollens. Vgl. auch Ilsetraut Hadot: Seneca und die griechisch-römische Tradition der Seelenleitung (Berlin 1969) 162–164. Vgl. R. Zöller: Die Vorstellung vom Willen, 95; vgl. auch noch (ebd. zitiert) Aristot. M. mor. I 10, 1191a23.

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wie vordem Platon die Menschen in Weise und Nichtwisser unterteilte.38 Orthodoxe Stoiker hatten bekanntlich die Differenz zwischen theoretischem und praktischem Wissen bestritten und waren zur sokratischen Einheit von Theorie und Moral zurückgekehrt.39 Für Seneca dagegen entspringt Tugend – ähnlich wie für Aristoteles – aus Wissen und dem impetus zu seiner Umsetzung. Aus dieser Vorstellung ergibt sich die Unterwerfung sämtlicher menschlichen Reaktionen,40 sogar der Affekte, unter den Willen.41 Derselbe Wille, der verhindert, dass die Affekte die Herrschaft über die Seele erlangen, liefert umgekehrt den Antrieb zu beständiger Selbsterziehung.42 Anders gewendet, Seneca stimmt mit der Alten Stoa bezüglich der Wichtigkeit der Askese überein, er benennt aber zusätzlich diejenige In­ stanz, die den Menschen überhaupt zur Askese anleitet, ihn dazu bringt, sich eine bestimmte diathesis anzueignen. Eine wichtige Stellung nimmt in diesem Zusammenhang Epist. 16 ein.43 Sie belegt, dass die richtige Haltung (diathesis) von dem Willen, sie zu erwerben, abhängt: adsiduo studio robur addendum, donec bona mens sit quod bona voluntas est, «dass aus dem Willen eine gute Gesinnung wird» (16, 1). Derselbe Gedanke wird im 6. Abschnitt zum Abschluss einer Definition, was Philosophie sei bzw. wovon sie sich unterscheide, wieder aufgegriffen: Contine illum (sc. animum) et constitue, ut habitus animi fiat quod est impetus. Vernunft und 38

Vgl. M. Pohlenz: Die Stoa, I 320. Vgl. Albrecht Dihle: Die Vorstellung vom Willen in der Antike (Göttingen 1985) 72 (zuerst unter dem Titel: The Theory of Will in Classical Antiquity, Berkeley, Los Angeles, London 1982). 40 Freilich gibt es auch unwillkürliche Reaktionen des Körpers auf bestimmte äußere Reize; davon sind die die Psyche berührenden Affekte jedoch zu unterscheiden, vgl. Sen. De ira II 2, 1–2. 41 Vgl. zum Folgenden Thomas Baier: Seneca als Erzieher, in: Thomas Baier, Gesine Manu­ wald, Bernhard Zimmermann (Hg.): Seneca. Philosophus et magister (Freiburg i. Br. 2005) 49–62, hier: 53. 42 Zur Erziehung als Selbsterziehung vgl. Maria Bellincioni: Educazione alla sapientia in Seneca (Brescia 1978) 75. 43 Vgl. Gregor Maurach: Der Bau von Senecas Epistulae Morales (Heidelberg 1970) 77–78: «deutlicher Höhepunkt», «Neuansatz». Zur inhaltlichen Verknüpfung mit den vorangehenden Briefen vgl. Erwin Hachmann: Die Führung des Lesers in Senecas Epistulae morales (Münster 1995) 139–145. 39

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Antrieb stehen in Interaktion, sind aber nicht identisch.44 Seneca hat damit die lebensferne Gleichung von Tugend und Wissen der sokratischen Philosophie um ein entscheidendes Element erweitert.

Rolle der Rhetorik Bei der Stimulierung des Impetus spielt jedoch die Rhetorik eine wesentliche Rolle. Sie hilft nicht nur den anderen zu überzeugen, sondern auch sich selbst. Sie ordnet die Gedanken nicht nur für den anderen, sondern auch für die eigene Wahrnehmung. Die Rhetorik ist nunmehr von der πειθοῦς δημιουργός zum asketischen Exerzitium geworden. Es geht ihr nicht mehr darum, mit klingenden Phrasen oder geschliffenen Sentenzen das Gegenüber zu überrumpeln, sondern durch Klarheit des Ausdrucks sich selbst auf den rechten Weg zu bringen. Paul Rabbow hat in einer Schrift über antike Seelenleitung den psychagogischen Wert rhetorischer Selbstbeeinflussung auf die Formel gebracht: «Anfangs spricht der Mensch, wie er denkt; später denkt er, wie er spricht.»45 Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass das bald laute, bald leise Vor-sich-hin-Sprechen in den methodischen Prozeduren der Stoiker und Epikureer eine zentrale Rolle einnimmt. Das Selbstgespräch wird geradezu zum – heutzutage vielleicht schrullig anmutenden – Signet des antiken Philosophen. Ut ipse tecum loquaris ist ein beliebter cantus firmus in den Lucilius-Briefen. Das ist durchaus etwas anderes als bloßes Denken, das ja auch über Sprache abläuft. Entsprechend gibt es für das innere Sprechen viele Wörter: ψιθυρίζειν, ψελλίζειν, ὑπο­

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Vgl. dazu Sen. Epist. 37, 4–5: Humilis res est stultitia, abiecta, sordida, servilis, multis adfectibus et saevissimis subiecta. Hos tam graves dominos, interdum alternis imperantes, interdum pariter, dimittit a te sapientia, quae sola libertas est. Una ad hanc fert via, et quidem recta; non aberrabis; vade certo gradu. Si vis omnia tibi subicere, te subice ra­tioni; multos reges, si ratio te rexerit. Ab illa disces quid et quemadmodum adgredi debeas; non incides rebus. Neminem mihi dabis qui sciat quomodo quod vult coeperit velle: non consilio adductus illo sed impetu inpactus est. 45 Paul Rabbow: Paidagogia. Die Grundlegung der abendländischen Erziehungskunst in der Sokratik (Göttingen 1960) 202.

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τονθορίζειν, compressis labris secum agitare, silentia rodere, secum cornicari, ruminare.46 Die Rhetorik wird bei dem älteren Seneca zu einem Instrument, das in erster Linie auf den Redner selbst zielt. An Wirkung oder Ausstrahlung hat sie deshalb aber noch lange nichts verloren!

Stil und Erziehung Wie beurteilt also Seneca die Rhetorik? Philosophisch betrachtet, ist die rhetorische Ausformung weder ein Laster noch eine Tugend. Vielmehr handelt es sich bei ihr um ein Instrument, das sowohl in der einen wie in der anderen Weise verwendet werden kann. Stoisch gesprochen, hat sie den Rang eines epigennema, eines Hinzukommenden. Cicero führt im 3. Buch von De finibus, wo er sich mit der stoischen Philosophie auseinandersetzt, dazu aus (III 32): Wenn man auf dem Gebiet der Kunst von einem Werke aussagt, es sei nach den Regeln der Kunst gestaltet, so ist dies eine dem Werk nachträglich zukommende Bewertung und gewissermaßen die Folge der Gestaltungskraft des schaffenden Künstlers. Dafür haben die Stoiker den Begriff des Hinzukommenden, das sie epigennematikon nennen. Sprechen wir aber von einem weisen Handeln, dann trifft das Attribut weise schon a priori für die Handlung zu, mit vollem Recht, ist also kein Zuwachs.

Die Rhetorik dient dazu, die Zuhörer anzustoßen – impellere. Damit dieser Impuls jedoch in die sittlich richtige Richtung geht, bedarf es eben der virtus. Die virtus macht also, stoisch gesprochen, aus dem Impuls ein κατόρθωμα, eine rechte, vernunftgeleitete, sittlich gute Handlung.47 Die rhetorische Kunst erzeugt jenen ersten Impuls, der den Schüler der Philosophie überhaupt erst zum Lernen verleitet. Lehre ist demzufolge eine Frage des Inhaltes und des Stils. Wie wirkungsvoll Seneca letzteren einzusetzen vermochte, haben vor allem seine Gegner erkannt. Der Archaist Fronto nannte seine eloquentia mollibus et 46

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Vgl. P. Rabbow: Paidagogia, 202–203. Vgl. Maximilian Forschner: Die Stoische Ethik. Über den Zusammenhang von Natur-, Sprach- und Moralphilosophie im altstoischen System (Darmstadt 21995) 202.

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febriculosis prunuleis insita, mit weichen, fiebererzeugenden Pflaumen durchsetzt. Er bemängelt seine «wackelnden» sententiae, die keiner inhaltlichen Auseinandersetzung standhielten, und fährt fort, indem er Seneca mit einem nicht weiter bekannten Sergius vergleicht (De orationibus III 3): Itane existimas graviores sententias et eadem de re apud Annaeum istum reperturum te quam apud Sergium? ‘Sed non modulatas aeque’. Fateor. ‘Neque ita cordaces’. Ita est. ‘Neque ita tinnulas’. Non nego. Quid vero, si prandium idem utriusque apponatur, adpositas oleas alter digitis prendat, ad os adferat, ut manducandi ius fasque est, ita dentibus subiciat; alter autem oleas suas in altum iaciat, ore aperto excipiat, exceptas ut calculos praestrigiator primoribus labris ostentet? Ea re profecto pueri laudent, convivae delectentur, sed alter pudice pranderit, alter labellis gesticulatus erit. So glaubst du, dass man gewichtigere Sentenzen über dieselbe Sache bei Annäus als bei Sergius finden wird? ‘Aber nicht so gefällig aufbereitet’. Das räume ich ein. ‘Und nicht so herzhaft’. Stimmt. ‘Und nicht so klingend.’ Geschenkt. Wie also, wenn man beiden ein Frühstück mit Oliven vorsetzt, und der eine nimmt sie, führt sie anständig zum Mund und kaut sie, der andere aber wirft sie in die Höhe und fängt sie mit offenem Mund auf, und wenn er sie geschnappt hat, zeigt er sie so wie ein Gaukler Spielsteine mit gespitzten Lippen. Das finden Kinder toll, beim Trinkgelage freut man sich daran, aber der eine hat anständig gegessen, der andere mit den Lippen gestikuliert.

Es liegt eine gewisse Ironie in der Beobachtung, dass Fronto mit dem Olivenbeispiel selbst genau das tut, was er kritisiert, wobei er die Pflaumen gewissermaßen durch Oliven ersetzt und die Metapher wörtlich nimmt. Gellius (XII 2, 1) haut in dieselbe Kerbe und spricht von einer levis et causidicalis argutia, einer leichtfertigen, rabulistischen Geschwätzigkeit. All diese Kritikerurteile sind nicht ganz falsch, aber das Körnchen Wahrheit, das in ihnen steckt, wird doch mit einer gehörigen Portion Erbitterung vorgetragen. Woher diese kommt, hat Eduard Norden glasklar erkannt: [Senecas] Stil war die cause célèbre für die archaistischen Kritiker von Trajan bis zu den Antoninen. Nicht bloß scholastische Naturen wie Quintilian, sondern vor allem nichtige Individuen wie Fronto und Gellius haben sich an dem dämonischen Schriftsteller vergriffen und den Wunsch ausgesprochen, er wäre einer der ihren gewesen. […] Seneca selbst war schuld gewesen: im klaren Bewußtsein,

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Kind einer neuen Zeit zu sein, deren Ideen auch neuer Formen bedurften, hatte er die altehrwürdigen Autoren in den Staub gezogen.48

Was hätte Seneca selbst dazu gesagt: Er hätte im Stile Leclerc de Buffons geantwortet: «le style est l’homme même», mit seinen eigenen Worten (114, 3): Non potest alius esse ingenio, alius animo color, «Verstand und Herz brauchen den gleichen Teint» oder (114, 1) quod apud Graecos in proverbium cessit: talis hominibus fuit oratio qualis vita.49 Er beeindruckt Lucilius dadurch, dass er sich so gibt, wie er ist, heute sagt man: ‘authentisch’ ist. Natürlich ist Senecas Stil, sein Auftreten, sein Gehabe manieriert, seine Rede trägt alle Züge der epideixis oder ostentatio, der prunkhaften Zurschaustellung. Das moralische ebenso wie das künstlerische Symptom seines Stils ist bis zu einem gewissen Grad die Eitelkeit. Darin gleicht er dem Typus des Deklamators seiner Zeit, von dem sein Vater meinte: cupit enim se approbare, non causam (Contr. IX praef. 1).50 Doch gerade durch diesen einschmeichelnden Zug nimmt er den Leser eben nicht nur für sich, sondern auch für die Sache ein. Zwar liebt er den Concetto über alles, doch meist ist mit der glücklichen Pointe eben auch ein Sinnzuwachs verbunden. Wie in Ovids Ars amatoria die Frauen ins Theater kommen, um zu sehen und gesehen zu werden, spectatum veniunt, veniunt spectentur ut ipsae (I 99), so möchte auch er gefallen und erobern. Er hat gewissermaßen dem strengen Rigorismus der Stoiker einen entwaffnenden, man möchte sagen: femininen Ton verliehen. Damit hat er den Ton seiner Zeit getroffen.51 Kein Hecheln nach Pointen, keine gewollten Geistreicheleien, keine plumpen Effekte, sondern souveräne Stilsicherheit. Rhetorische Elemente 48

Eduard Norden: Die antike Kunstprosa. Vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance, I (Leipzig 31915, ND Stuttgart 1958) 306. 49 Zur kritischen Würdigung des Senecanischen talis oratio – qualis vita mit Blick auf Buffon vgl. Melanie Möller: Talis oratio – qualis vita. Zu Theorie und Praxis mimetischer Verfahren in der griechisch-römischen Literaturkritik (Heidelberg 2004) 346–347. 50 Vgl. die Beschreibung des Manierismus bei Hugo Friedrich: Über die Silvae des Statius (insbesondere V, 4, Somnus) und die Frage des literarischen Manierismus, in: Hugo Friedrich: Romanische Literaturen. Aufsätze, I – Frankreich, hrsg. von Brigitte SchneiderPachaly (Frankfurt a.M. 1972) 34–55, hier: 42; dort auch der folgende Vergleich mit Ovid. 51 Vgl. Sen. Epist. 114, 13 zur Wahl einer Sprechweise, die weder gespreizt noch vulgär, sondern natürlich klingt.

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sind adiaphora, aber unter diesen proegmena. Nach epist. 100 befleißigt sich der Philosoph keiner oratio sollicita, sondern strebt securitas (Souveränität) statt sollicitudo (Aufgeregtheit) an. So wie man gemäß der Natur leben soll, soll man auch reden und lehren, μὴ δοκεῖν λέγειν πεπλασμένως ἀλλὰ πεφυκότως, um mit Aristoteles zu sprechen (Rhet. III 2, 1404b18– 19). Man mag also Seneca theatralisch finden, unglaubwürdig ist er nicht.

Strategien der philosophischen Darstellung für ein Laienpublikum in der Inschrift des Diogenes von Oinoanda J Ü R G E N HA M M E R S TA E D T

I. Vorbemerkung Und von den rhetorischen Vorträgen wirst du dich abwenden, um etwas von unseren Lehrmeinungen zu hören. Daraus resultierend hoffen wir zudem, dass du so bald wie möglich an das Tor der Philosophie klopfen wirst.1 *



Für die verschiedenen Schriften auf der Inschrift des Diogenes werden folgende Titel verwendet: Eingang der gesamten Erörterung (Status als Einzelschrift umstritten: Jürgen Hammerstaedt, Martin F. Smith: Diogenes of Oinoanda. New Discoveries of 2012 [NF 206–212] and New Light on ‘Old’ Fragments, in: EA 45 [2012] 1–37, hier: 14–15: Diog. fr. 2–3); Physik (sicher zuweisbar fr. 1–27 bzw. 3–27, NF 126+127, 142–145, 167 und 182); Ethik(epitome) und Epikursentenzen (fr. 28–62, NF 128–129, 146–148, 168, 191– 193 und 207); Schriften in 14zeiligen Kolumnen (fr. 62–75); Anweisungen an Verwandte und Freunde (fr. 117–118); Diogenessentenzen (fr. 97–116; NF 130–132, 155–156, 171– 173, 184–185, 197); Briefe in zehnzeiligen Kolumnen, Diogenes (fr. 119–124, fr. 127+NF 174, 129–136, NF 158–160 und 186–188) bzw. Epikur (Diog. fr. 125–126 und 128) zuzuschreiben; Schrift über das Alter (fr. 137–179, NF 133–134, 140–141, 163–166, 177– 181, 190, 200–205 und NF 211–212). Maßgebliche Edition: Martin F. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription (Napoli 1993). Die Editionen aller N(euen) F(ragmente) bis 2010 sind angegeben bei Jürgen Hammerstaedt: Leib, Seele und Umwelt. Überlegungen zum Hedonismus des Diogenes von Oinoanda, in: Michael Erler, Wolfgang Rother (Hg.): Philosophie der Lust. Studien zum Hedonismus (Basel 2012) 125–137, hier: 125–126. Zu NF 127, 130, 133 s. auch Jürgen Hammerstaedt, Martin F. Smith: Diogenes of Oinoanda. The Discoveries of 2011 (NF 191–205, and Additions to NF 127 and 130), in: EA 44 (2011) 79–114, hier: 83–88, wo auch NF 197 und 200–205 ediert sind. NF 191–193 sind ediert in J. Hammerstaedt, M. Smith: Discoveries of 2011, fr. 29+NF 207 sowie fr. 151+NF 211, fr. 144, fr. 145/NF 133 und NF 212 in J. Hammerstaedt, M. Smith: Discoveries of 2012.

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Mit diesen, einem jungen Mann geltenden Erwartungen bekundet der Epikureer Diogenes auf der Inschrift, die er wohl im zweiten nachchristlichen Jahrhundert auf eine Halle seiner Heimatstadt Oinoanda einmeißeln ließ, seine Abneigung gegen den Rhetorikbetrieb. Denn, wie er an anderer Stelle schreibt, «Redenhalten ist voller Herzklopfen und Unruhe darüber, ob man überzeugen kann»2 – eine Tätigkeit, über deren Resultate wir keine Kontrolle haben, so dass sie der Eudaimonie abträglich wäre. Da die Epikureer, getreu der Maxime «lebe im Verborgenen» (λάθε βιώσας), generell keine öffentlichen Reden zu halten pflegten3 und der von Diogenes selbst überlieferte Text nicht als Rede, sondern auf jener Rieseninschrift unter Nutzung anderer literarischer Formen wie Brief, Sentenz, Epitome, ja sogar Dialog, verfasst wurde, kann man fragen, ob er diesen mit philosophus orator betitelten Band überhaupt um relevante Aspekte bereichern kann. Meine folgenden Ausführungen werden die Frage hoffentlich im positiven Sinne beantworten. Dabei muss ich größtenteils auf von Früheren getane Beobachtungen und Feststellungen zurückgreifen, mit deren Hilfe sich aber, wie ich meine, das Verhältnis der Diogenesinschrift zu rhetorischer Lehre und Praxis klarer als bisher ausleuchten lässt.

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Diog. fr. 127/NF 174 col. I 3 – II 1. Diog. fr. 112, 5–8. Zur Maxime Geert Roskam: Live Unnoticed (Λάθε βιώσας). On the Vicissitudes of an Epicurean Doctrine (Leiden, Boston 2007); Bernard D. Frischer: The Sculpted Word. Epicureanism and Philosophical Recruitment in Ancient Greece (Berkeley, Los Angeles 1982) 50, 75–76 hob hervor, dass die epikureische Belehrung, wie in Diog. Laert. X 121b (= Epik. fr. 564 Usener: σχολὴν κατασκευάσειν, ἀλλ᾿ οὐχ ὥστ᾿ ὀχλαγωγῆσαι· καὶ ἀναγνώσεσθαι ἐν πλήθει, ἀλλ᾿ οὐχ ἑκόντα) verdeutlicht wird, sich normaler Weise auf den exklusiven Rahmen der epikureischen Gemeinschaft beschränkt (vgl. George N. Hoffman: Diogenes of Oenoanda. A Commentary, I [Diss. Univ. of Minnesota 1976] 52), wobei Frischer a.O. Anm. 24 auf Diogenes von Oinoanda als einen Sonderfall hinwies; zu Diogenes speziell M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 122–123.

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II. Diogenes ein philosophischer orator? In der Einleitung zu seiner der Einfachheit halber als Ethik(epitome)4 bezeichneten Schrift belegt Diogenes an einer Stelle, die erst seit 2012 hergestellt ist, zunächst diesen Ethik-Traktat, und dann sogar das Ensemble der ganzen Inschrift5 mit dem Begriff «Rede» (λόγος).6 Zugleich richtet er sich ausdrücklich an seine Mitbürger (πολεῖται),7 und somit, trotz seines sonst erklärten Kosmopolitismus,8 primär an seine eigene Polis. In der Tat erwartete in der Kaiserzeit eine Polis wie Oinoanda von einem Angehörigen der städtischen Elite wie Diogenes euergetische Handlungen durch Stiftung öffentlicher Bauten oder Ausrichtung städtischer Festivitäten und Wettspiele. Also muss Diogenes zunächst einmal gegenüber der eigenen Polis erklären, warum er ihr, unter Verzicht auf öffentliche Ämter,9 die ungewöhnliche Euergesie einer philosophischen Inschrift angedeihen lässt.10 Diese wiederum nutzt er, um den Begrenzungszaun des epikureischen Gartens zu übersteigen und sich, wie ein Redner es mit einer symbuleutischen Rede täte, an das Gemeinwesen zu wenden. War Diogenes sich solch einer Situation bewusst? Dass er jedenfalls eine zu solcher Einsicht führende rhetorische Unterweisung in seiner Jugend erhalten hat, ist vermutet worden.11 Und in der Tat wird man aufgrund seiner privilegierten Herkunft, welche er als Gestalter einer inner-

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Zum Titel s. Jürgen Hammerstaedt: Zum Text der epikureischen Inschrift des Diogenes von Oinoanda, in: EA 39 (2006) 1–48, hier: 4–6. Der Verweis muss nicht unbedingt mehr als Physik und Ethik eingeschlossen haben. Diog. fr. 29 col. III/NF 207 col. I 3 und 11–12. Im gleichen Zusammenhang spricht er aber auch von γραφή (Z. 5–6). Diog. fr. 29 col. III/NF 207 col. I 7–8; dieselbe Anrede wurde von M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription in der Einleitung zur Gesamtinschrift ergänzt (fr. 3 col. I 3–4). Diog. fr. 30 col. I 12–II 11; vgl. fr. 3 col. V 4–8. Vgl. Diog. fr. 3 col. I 4–5 οὐ πολ̣[ει]|τευ̣όμενος. Diesen Umstand stellte Johannes Grajcarek in seiner 2012 als Schüler des Sächsischen Landesgymnasiums St. Afra in Meißen angefertigten Facharbeit über die Inschrift des Diogenes von Oinoanda heraus. Alberto Grilli: Osservazioni al testo di Diogene da Enoanda, in: PP 15 (1960) 125–152, hier: 125; M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 110.

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städtischen Stoa zweifellos hatte, bei ihm einen solchen Ausbildungsgang annehmen müssen.12 III. Die Diogenesinschrift im Lichte der officia oratoris Um seine Mitbürger anzusprechen, hatte Diogenes sich auf das intendierte Publikum einzustellen.13 Seine Inschrift ersetzte, wie er ausdrücklich schreibt, die Unterweisung im – eigentlich von ihm bevorzugten – Einzelgespräch14 mit günstig veranlagten Mitmenschen. Doch handelt es 12

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Zu der bis in die Spätantike unbestrittenen wichtigen Rolle der Rhetorik in der Erziehung vgl. Henri-Irénée Marrou: Histoire de l’éducation dans l’antiquité (Paris 61965) 295. Rhetorische Ausbildung impliziert allerdings nicht, wie Pamela Gordon: Epicurus in Lycia. The Second-Century World of Diogenes of Oenoanda (Ann Arbor 1996) glaubte, dass «the Sophistic movement influenced Diogenes profoundly» (ebd. 4–5) und «despite Diogenes’ efforts to separate himself from the sophists and lign himself with the philosophers, his inscription betrays a sophistic influence» (ebd. 6), wobei sie öffent­liche Vorträge von Philosophen nach Art von Sophisten zum Vergleich heranzog: «many second-century philosophers entered into direct rivalry with the rhetors and sophists. Diogenes of Oenoanda was one of those who chose to compete with his more vocal contemporaries» (ebd. 16). Vgl. auch die kritische Rezension zu Gordon von Martin F. Smith, in: AncPhil 18 (1998) 216–220. Hingegen ist die Inschrift in gewisser Hinsicht geradezu ein Gegenentwurf zu den im zweiten Jahrhundert an die Gesellschaftsschichten, denen auch die führenden Vertreter der Zweiten Sophistik zugehörten, herangetragenen Erwartungen; vgl. Jürgen Hammerstaedt: Die Zweite Sophistik als geistiger Hintergrund von Marc Aurels Selbstbetrachtungen, in: Jan Opsomer, Marcel van Ackeren (Hg.): Selbstbetrachtungen und Selbstdarstellungen. Der Philosoph Marc Aurel in interdisziplinärem Licht (Wiesbaden 2012) 309–327, hier: 324–326. Mit dem Habitus vieler popularphilosophischer Traktate seiner Zeit hat Diogenes freilich gemeinsam, dass von den bei ihm angeführten Philosophen kein einziger nach dem dritten vorchrist­ lichen Jahrhundert gelebt hat. Vgl. M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 137 über den Aktualitätsgrad der angegriffenen Ansichten, vor allem stoischer Provenienz, im zweiten nachchristlichen Jahrhundert. Vergleichbar ist übrigens auch die Auswahl philosophischer Gewährsleute in den Exzerpten des kaiserzeitlichen Epikureers Diogenian. Dieser Aspekt wird mustergültig herausgearbeitet von M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 132. Diog. fr. 3 col. III 13–IV 3: κἂν καθ᾿ ἕ[να - -]|καλούμενος ̣[πάν]||τα παρ᾿ ἐμαυτὸν ἔπραττον εἰ̣ ς̣ ̣ συμβουλίαν | τὴν ἀρίστην (zur Emendation vgl. J. Hammerstaedt: Zum Text der epikureischen Inschrift, 7 Anm. 27). Bereits Isokrates (Epist. 1, 2–3) stellt die

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sich bei diesem Ersatz keineswegs um eine genaue Entsprechung. Denn die Inschrift richtet sich, abgesehen von ihrer anlassungebundenen, überregionalen und die Lebenszeit des Diogenes überdauernden Wirkung,15 auch in seiner damaligen Gegenwart an andere Kreise als an diejenigen, die mit Diogenes philosophische Gespräche hätten führen können. Es handelt sich vielmehr, wie Smith es formulierte,16 um den man in the street, der auf diese Weise auch ohne den Kauf teurer Bücher Zugang zur Philosophie erhielt. Und man darf hinzufügen, dass die Angehörigen derjenigen gesellschaftlichen und bildungsmäßigen Eliten, die direkt mit Dio­genes verkehren konnten, sich mit Sicherheit nicht stunden- und tagelang zur Diogenesinschrift begeben und sie in aller Öffentlichkeit studiert haben. Wir müssen also bedenken, dass diese Inschrift nicht, oder zumindest nicht primär, an Leser gerichtet war, die bereits eine umfassende literarische und philosophische Kenntnis erworben hatten, wie wir heutigen, diese Inschrift studierenden Philologen und Philosophiehistoriker sie anstreben und bei antiken Gebildeten voraussetzen. 1. Inventio Dementsprechend hat Diogenes bei Abfassung seiner Texte, wie ein Redner bei seinem officium der inventio, die Darlegung der Problematik teilweise stark vereinfacht bzw. vergröbert17 und seinem Publikum angemessene lebensnahe bzw. auf einfache Gemüter wirkende Argumente ausgewählt. So führt er unter den Beispielen, die die lustmindernde Wirkung des körperlichen Verfalls im Alter beweisen sollen, in einem 2012 durch einen Neufund vervollständigten Abschnitt an, dass die Zahn­

Überlegenheit einer mündlichen gegenüber einer schriftlichen Unterweisung heraus (zur Stelle vgl. Maddalena Vallozza in diesem Band, S. 120–122). 15 Vgl. fr. 3 col. IV 13–V 8 sowie fr. 30 col. I 12–II 11. 16 M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 113. 17 Teilweise vergröberte Darlegung von Grundwissen (Hermann Usener: Epikureische Schriften auf Stein, in: RhM 47 [1892] 414–456, hier: 435: in fr. 6 der Physik knüpft Dio­ genes «an eine doxographische Uebersicht ganz trivialen, schulmässigen Inhalts eine behaglich breite und oberflächliche Widerlegung» an; verteidigt von M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 128: «in the circumstances it is hardly a matter for censure that he does not provide a detailed, in-depth treatment when he is expounding his master’s philosophy or refuting rival views»).

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Jürgen Hammerstaedt

lücken den Alten nicht schadeten, da letztere ja mit unbeeinträchtigtem Lustempfinden flüssige Nahrung zu sich nähmen.18 2. Elocutio Auch bei der sprachlichen Gestaltung der Inschrift geht Diogenes, entsprechend dem in der Rhetorik beachteten officium der elocutio, gezielt auf seine intendierte Leserschaft ein. Unter Hintansetzung eines von den konservativen Vertretern der damaligen Zweiten Sophistik so heftig eingeforderten, rückwärtsgewandten und die Gebildeten ansprechenden Attizismus integriert er lexikalische, morphologische und syntaktische Elemente der koiné-geprägten zeitgenössischen Umgangssprache.19 Auch die in manchen Untersuchungen20 festgestellte ‘asianische’ Beeinflussung der rhythmischen Klauseln ist keineswegs charakteristisch für die Zweite Sophistik.21 Dasselbe gilt für die vielen Hyperbata, die zudem vielfach im Zusammenhang mit solchen rhythmischen Klauseln und auch der Hiatmeidung stehen dürften.22 Immer wieder kehrt der Text des Diogenes Merkmale der Mündlichkeit hervor;23 der Verfasser wendet sich direkt an seine die Inschrift lesen18

19

20 21 22 23

Diog. NF 211 + fr. 151. Vgl. J. Hammerstaedt, M. Smith: Discoveries of 2012, 24–26. Rudolf Heberdey, Ernst Kalinka: L’inscription philosophique d’Oenoanda, in: BCH 21 (1897) 345–443, hier: 433–442; Johann William: Diogenis Oenoandensis fragmenta (Leipzig 1907) XXX–XLVI; M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 113–116. A. Grilli: Osservazioni, 125–133; G. Hoffman: Diogenes of Oenoanda. A Commentary, I, 66–69. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Asianismus und Atticismus, in: Hermes 35 (1900) 1–52, hier: 37. G. Hoffman: Diogenes of Oenoanda. A Commentary, I, 69–72; M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 110–111. Vgl. M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 113 und P. Gordon: Epicurus in Lycia, 38–39. Geschwätzigkeit und Redundanz sah Robert Philippson: Dio­ genes von Oinoanda, in: RE Suppl. V (1931) 153–170, hier: 170, gefolgt von C. W. Chilton: Diogenes of Oenoanda. The Fragments. A Translation and Commentary (London, New York 1971) XLVI, auf die einleitenden Abschnitte beschränkt, was George L. Koniaris: Rezension zu Chilton, in: AJPh 95 (1974) 308–312, hier: 309 Anm. 1 zu der Annahme bewog, dass die nüchterner formulierten Passagen auf die Epitomisierung ausführlicherer Werke des Diogenes oder aber auf Übernahme von konziser formulierenden Autoren zurückgingen; zum besonderen Stil der Einleitungen auch P. Gordon: Epicurus in

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 265

den Mitbürger, apostrophiert aber auch die (vor Jahrhunderten verstorbenen) Vertreter gegnerischer philosophischer Schulen24 oder gibt einmal einem fiktiven Interlokutor das Wort;25 bisweilen ergeht er sich in geradezu geschwätzig anmutenden Formulierungen und holt immer wieder zu Parenthesen und Einschüben aus, die vielfach nur durch einen mündlichen Vortrag des Textes bzw. lautes Lesen verständlich werden:26 Wenn nun bloß ein einziger oder zwei oder drei oder vier oder fünf oder sechs oder eine beliebig größere Anzahl als diese, aber keine Unmengen in einem schlechten Zustand wären, dann würde ich sie sogar einzeln ansprechen und alles in meiner Macht Liegende tun, um sie möglichst gut zu beraten. Da aber, wie gesagt, die meisten wie an einer Pestkrankheit alle gemeinsam an falscher Beurteilung der Dinge kranken, und sich sogar noch vermehren (da einer vom anderen durch die Krankheit angesteckt wird wie Schafherden), und da es billig [ist, Lycia, 38, die die Einleitungen in fr. 2–3 und fr. 29 im Sinne sophistischer proagones bzw. prolaliai verstehen will. Bereits H. Usener: Epikureische Schriften auf Stein, 420 hatte vermutet, dass die Physik und Ethik zunächst für den Schulbetrieb verfasst und erst für die Inschrift mit einer Vorrede versehen worden seien. – Eine solche Einschränkung der diogenischen Gesprächigkeit auf die Eingangspartien scheint mir aber nicht gerechtfertigt (vgl. die jetzt über 15 Kolumnen vollständig überblickbare ‘theologische Sequenz’ NF 167 + NF 126 + NF 127 + fr. 20 + NF 182 innerhalb der Physik und die weitschweifige Auseinandersetzung innerhalb der Ethikepitome des Diogenes mit der stoischen Lust­ polemik in fr. 32 col. I–VII, NF 192 col. I–IV, fr. 33 col. I–VIII [mit NF 128] und fr. 34 col. I–II). 24 Vgl. P. Gordon: Epicurus in Lycia, 24: «Diogenes’ inscription is peppered with vocatives». 25 In fr. 154 spricht ein fictus interlocutor, offenbar missverstanden als Teil eines tatsächlichen Dialogs von P. Gordon: Epicurus in Lycia, 24–25. 26 Diog. fr. 3 col. III 5–VI 4, mit kleinerer Modifikation von J. Hammerstaedt: Zum Text der epikureischen Inschrift, 7 Anm. 27: εἰ μὲν | οὖν εἷς μόνον ἢ δύ᾿ ἢ | τρεῖς ἢ τέτταρες ἢ | πέντε ἢ ἓξ ἢ ὅσους, | ἄνθρωπε, βούλει τῶν | τοσούτων εἶναι πλείο|νας, μὴ πάνυ δὲ πολ|λούς, διέκειντο κα|κῶς, κἂν καθ’ ἕ[να - - ]|καλούμενος̣ [πάν]||τα παρ’ ἐμαυ­ τὸν ἔπρατ|τον ε̣ἰ̣ς̣ συμβουλίαν | τὴν ἀ̣ρίστην. ἐπεὶ δέ, | ὡς προεῖπα, οἱ πλεῖστο̣ι | καθάπερ ἐν λοιμῷ | τῇ περὶ τῶν πραγμάτων | ψευδοδοξίᾳ νοσοῦσι | κοινῶς, γείνονται δὲ | καὶ πλείονες (διὰ γὰρ | τὸν ἀλλήλων ζῆλον | ἄλλος ἐξ ἄλλου λαμ|βάνει τὴν νόσον ὡς | [τ]ὰ̣ πρόβατα), δίκαι̣ο̣ν̣ | [δ’ ἐστὶ καὶ] τοῖς μ̣[εθ’ ἡ]||μᾶς ἐσομένοις βοη|θῆσαι (κἀκεῖνοι γάρ | εἰσιν ἡμέτεροι καὶ εἰ | μὴ̣ γεγόνασί πω), πρὸς | δὲ δὴ φιλάνθ̣ρωπον | καὶ τοῖς παραγεινομέ|νοις ἐπικουρεῖν ξέ|νοις – ἐπειδὴ οὖν εἰς | πλείονας διαβέβη|κε τὰ βοηθή­ ματα | τοῦ συνγράμματος, | ἠθέλησα τῇ στοᾷ ταύ|τῃ καταχρησάμενος | ἐ̣ν κοινῷ τὰ τῆς σωτη||ρίας προθεῖ̣ν̣[αι φάρμα]|κα, ὧν δὴ φαρ̣μ[άκων] | πεῖραν ἡμε[ῖ]ς̣ π̣[ - - - ] | εἰλήφαμεν.

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Jürgen Hammerstaedt

auch] den uns folgenden Generationen zu helfen (weil auch diese zu uns gehören, selbst wenn sie noch nicht geboren sind), und da es sich zudem schickt, auch den anreisenden Fremden zu helfen – da also die Hilfeleistung in der Schriftform eine größere Anzahl von Menschen erreicht, habe ich mich dazu entschlossen, diese Stoa zu benutzen, um die Medikamente für das Heil zu veröffentlichen, dieselben Medikamente, die wir erprobt haben.27

Oft ist die Diktion emotional und geradezu pathetisch:28 nicht jene: nicht jene, o Zenon und Kleanthes, und du, Chrysipp, und wer immer dieselbe Sache wie ihr vertritt, nicht jene Lüste, die der gemeinen Menschen, erweisen wir als das Ziel, sondern als das alleinige Ziel diejenigen die wir kürzlich erwähnt haben. Wenn nämlich auch ihr der Ansicht seid, dass der beste und tugendhafte stabile Naturzustand, was auch immer das sein soll, dass dies das Ziel sei entsprechend der mit uns übereinstimmenden Theorie, ihr aber das Wort ‘Lust’ hasst, warum habt ihr uns nicht schon längst erwidert: «Eure Lehre, Männer, trifft zwar zu, aber ihr benutzt das Wort ‘Lust’ nicht richtig», so dass wir euch darauf geantwortet hätten: «Keineswegs als etwas Neues stellen wir diese Theorie hinsichtlich des erwähnten stabilen Zustandes auf, sondern es ist von jeher allgemein gebräuchlich bei allen Griechen»?

Bisweilen sind die Formulierungen der Inschrift gar poetisch29 gefärbt und bedienen sich geradezu biblisch bzw. christlich anmutender Wortbildungen und Wendungen wie beispielsweise λυτρωτής («Erlöser»).30

27

Ungeachtet der langen Sätze und Parenthesen ist nach M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 110 die Ausdrucksklarheit gewahrt (unter Hinweis auf fr. 2–3 und fr. 12 col. II 11–V 14). 28 NF 192 col. III 1–IV 14 (in meiner, teilweise von Martin F. Smith abweichenden Textgestalt): οὐκ ἐ|κείνας, ὦ Ζήνων καὶ Κλε|άνθη, καὶ σὺ Χρύσιππε, καὶ | ὅσοι τὴν αὐτ̣ὴν ὑμεῖν ἄ|[γ]ο[υ]σιν, οὐκ ἐκείνας ἀπο|φ̣α̣ι̣νόμεθα τὰς ἡδονὰς | ὑπάρχειν τ[έ]λος τὰς τῶν | π̣ολ̣λ̣ῶν, ἀλλὰ ταύτας ἃ̣ς̣ | ἀρ̣τίω̣ς̣ εἰρήκ̣αμεν, τέ̣|λ̣ο̣ς̣ μ̣όνας. εἰ γὰρ ἀρέσ­|κε̣[ι χ᾿ ὑ]μεῖν τὸ τῆς φύσεως | ἄρ̣ιστο̣ν̣ κατά̣σ̣τ̣ημά τι καὶ ἐ̣ν̣ά̣ρ̣ε̣τ̣ο̣ν̣ τοῦτ᾿ εἶναι τέ|λος κατὰ τὸν ἡμεῖν σύν||φωνον λόγον, τὸ δὲ τ̣[ῆς ἡ]|δονῆς ὄνομα μεισε[ῖτε], | τί οὐ πάλαι ἡμεῖν ἐλέ̣[ξα]|τε· «τὸ μὲν δόγμα ὑμῶ̣[ν ἀ]|ληθές, ἄνδρες, τῷ δὲ [τῆς] | ἡδονῆς ὀνόματι φα[ύλως] | κέχρησθε», ἵνα πρὸς [τοῦ]|το ὑμεῖν εἴπαμεν· «[και]|νὸν μὲν οὐδαμῶς ν̣[ῦν] | τάττομεν τόνδε τὸν [λό]|γον κατὰ τοῦ προειρη[μέ]|νου καταστήματος, [ἀλ]|λ᾿ ἄνωθεν ὡμειλη­ [μέ]|νον πᾶσιν Ἕλλησιν [ . . ];». 29 Diog. fr. 72 col. II (über Epikurs Schiffbruch); auf die besondere, nicht auf die restliche Inschrift auszuweitende Situation dieser ungewöhnlichen Beschreibung wies allerdings M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 116 hin. 30 NF 146 col. II 8.

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 267

In diesem Zusammenhang drängt sich die bereits in verschiedenen Untersuchungen gestreifte Frage nach dem Verhältnis des auf der Inschrift angebrachten Textes zu selbständig erschienenen Publikationen bzw. zu Lehrvorträgen des Diogenes auf.31 Hierbei muss zwischen den unterschiedlichen Texten der Inschrift, die im Zusammenhang mit der Gesamtdisposition der Inschrift noch zu betrachten sein werden, differenziert werden. Bislang unbeweisbar bleibt die schon früh geäußerte Vermutung, dass die beiden Physik und Ethik gewidmeten Diogenestraktate Adaptionen seiner Lehrvorträge für die Inschrift seien.32 Hingegen hatte Diogenes die in die Inschrift eingebrachten Epikursentenzen und diejenigen Briefe in zehnzeiligen Kolumnen, die mutmaßlich Epikur zuzuweisen sind, mit Sicherheit bereits in schriftlicher Form vorgefunden, bzw. im Falle der Epikursentenzen vielleicht sogar im Rahmen seiner eigenen epikureischen Unterweisung auswendig gelernt.33 Seine eigenen Schriften in 14zeiligen Kolumnen und Briefe in zehnzeiligen Kolumnen müssen ebenfalls bereits vor ihrer inschriftlichen Anbringung verfasst und verwendet worden sein. Es kann sich nämlich hierbei, zumindest soweit Personen bzw. Familien der Zeitgeschichte und seiner Gegenwart darin vorkamen – die wenigstens in einem Fall in Verbindung mit höchsten Kreisen seiner lykischen Heimatprovinz stehen –,34 schlecht um bloße litera­rische Erfindungen ohne tatsächlichen Lebensbezug handeln. Während man sich für die Spezialschrift, die Diogenes Über das Alter verfasste, neben der Anbringung auf der Inschrift eine selbständige Verbreitung als Buchpublikation durchaus vorstellen kann, ist eine solche Diffusion für die dem Auftraggeber der Inschrift selbst zuzuschreibenden Diogenessentenzen35 sehr unwahrscheinlich. Zunächst einmal bildeten 31

M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 83. S.o. Anm. 23. 33 Vgl. die von Epikur auf dem Sterbebett gegebene Anweisung, sich die Lehrsätze einzuprägen (Diog. Laert. X 16): τοῖς δὲ φίλοις παραγγείλαντα τῶν δογμάτων μεμνῆσθαι οὕτω τελευτῆσαι. 34 Mettios Phanias in NF 174, 4–5; vgl. Jürgen Hammerstaedt, Martin F. Smith: Diogenes of Oinoanda. The Discoveries of 2009 (NF 167–181), in: EA 42 (2009) 1–38, hier: 27. 35 Nachdem diese Sentenzen zunächst Epikur bzw. einem Epikurschüler zugeschrieben worden waren, zog zuerst Martin F. Smith: Fifty-Five New Fragments of Diogenes of Oenoanda, in: AS 28 (1978) 39–92 aufgrund der Entdeckung von fr. 116 (dazu nächste Fußnote) die Autorschaft von Diogenes zumindest für einige von ihnen in Erwägung 32

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diese recht kurzen Einzeltexte wahrscheinlich keine genügende Menge, um eine eigene Buchrolle mit einer Spruchsammlung des Diogenes zu füllen. Und ihr Verfasser, der Epikureer Diogenes, hat keine nachweisbare Bekanntheit in der antiken Philosophiegeschichte erlangt, die die Verbreitung einer unter seinem Namen laufenden Spruchsammlung, so wie sie unter anderen, berühmten Philosophennamen erfolgte, plausibel erscheinen lassen könnte. Zudem legt der Umstand, dass die variierende Länge der Diogenessentenzen ausnahmslos auf Einzelblöcken von ebenfalls stark variierender Größe stand,36 die Formulierung und Anbringung der Sprüche an ganz bestimmte Steinblöcke der Diogenesstoawand von passender Größe nahe. Dasselbe gilt natürlich auch für die Textkolumnen, welche die gesamte Inschrift bzw. einzelne ihrer Texte unter Bezugnahme auf die inschrift­ liche Anbringung einleiten,37 sowie zumindest für die Formulierung eines mitten in der Ethik stehenden Rückverweises auf einen vorher auf derselben Inschrift zu lesenden Text.38 Die Umständlichkeit und der mündliche Charakter mancher Formulierungen39 könnte damit erklärt werden, dass Diogenes wenigstens Teile seiner für die Inschrift vorgesehenen Texte diktierte und dann mehr oder weniger unverändert einmeißeln ließ.

und machte in M. Smith: Diogenes of Oinoanda. The Epicurean Inscription, 533–544 sowie in Martin F. Smith: Supplement to Diogenes of Oinoanda. The Epicurean Inscription (Napoli 2003) 117–118 überzeugende Gründe für eine alleinige Autorschaft des Dio­genes geltend. 36 Einzige mögliche Ausnahme fr. 116, das von Angelo Casanova: I frammenti di Diogene d’Enoanda (Firenze 1984) 350–351 und M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 297 und 410 (in seiner englischen Übersetzung) als Fortsetzung eines Textes betrachtet wird, in dem Smith ebd. 534 den Epilog zu den Diogenessentenzen bzw., als weniger wahrscheinlich, eine Einleitung zu diesen wahrnahm. 37 Fr. 2–3, fr. 29/NF 207–fr. 30, fr. 116 (s.o. Anm. 36) und fr. 119 (mit Rückverweis auf vorher gelesene Teile der Inschrift; Text s.u. Anm. 44). 38 Diog. fr. 43 col. I 8–10 (Text unten Anm. 42). 39 S.o. S. 264–265.

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 269

3. Dispositio Einzigartig ist bei der Diogenesinschrift die Zusammenstellung und Anordnung – was dem rhetorischem officium der dispositio entspräche – dieser demselben erklärten Hauptziel der Propagierung epikureischer Lebensweise dienenden Werke bzw. Schriften von sehr verschiedener litera­rischer Form. Zumindest einige von ihnen, wenn vielleicht auch nicht alle, sollten von dem Betrachter in einer vorgegebenen Reihenfolge gelesen werden.

Abb. 1 Rekonstruktion (nach Smith 1993 etc.)

Am Beginn einer wohl in Augenhöhe des Lesers befindlichen und mit relativ kleinen, weniger als 2 cm hohen Buchstaben beschriebenen Mauerschicht40 befanden sich zunächst Textkolumnen, welche, wie ein Rückverweis zeigt, als Eingang der gesamten Erörterung (εἴσοδος τοῦ παντὸς λό­

40

M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 84.

270

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γου)41 zu verstehen sind. Rechts daran schloss sich auf derselben Steinschicht eine Schrift an, in der Diogenes die epikureische Physiologie gegen physikalische Theorien von Vorsokratikern und bis in hellenistische Zeit wirkenden nichtepikureischen Philosophen, vor allem der Stoiker, verteidigte und so auch die Entstehung und den Ablauf der Welt ohne tätiges Einwirken der Götter erklärte. Auf einer weiteren Steinschicht wird die epikureische Ethik dargestellt. Der schon genannte Rückverweis befindet sich in ihren einleitenden Kolumnen und verdeutlicht, dass diese Schrift erst nach der Physik gelesen werden sollte. Dies bestätigt eine weitere Passage aus demselben, im Titel mit der literarischen Form der Epitome in Verbindung gebrachten Traktat.42 Auf dem Unterrand der die Ethikepitome enthaltenden Steinschicht folgten in einer einzigen langen Zeile Epikursentenzen aufeinander, deren meiste auch in den Kyriai Doxai bzw. dem Gnomologium Vaticanum überliefert sind. Auch die wenigen nicht damit zu identifizierenden Sentenzen dieser Zeile sind somit wohl als Epikursprüche aufzufassen. Eine Mauerschicht, die sich durch ihre Steinhöhe mit Sicherheit von den beiden bisher beschriebenen unterscheiden lässt, enthielt in mittelgroßen Buchstaben ausgeführte Briefe in zehnzeiligen Kolumnen. Einige waren von Diogenes selbst verfasst, andere waren Schreiben Epikurs oder wurden von Diogenes und seinen Zeitgenossen jedenfalls als solche betrachtet.43 In einem Abschnitt, der wohl die Einleitung zu dieser Briefsammlung bildet, beruft sich Diogenes auf Inhalte, «die ich in den unterhalb gelegenen Bereichen erläutert habe, gleichermaßen die Physik wie auch die Af41

Diog. fr. 29 col. III/NF 207 col. I 4–13: καὶ τήν|δε μέν//τ̣οι τὴν γρα|φὴν οὐχ // ἑαυτῶν χά|ριν, ἀλλ’ ὑ̣//μῶν, ὦ πο|λεῖται, κ//αταβεβλή|μεθα, σ//ωτήριον οὖ|σαν ὑμε//[ῖ]ν, ὡς ἐν εἰ|σόδῳ τ[ο]ῦ παντὸς λό|γου κατε̣πηνγέλμε|θα. Zur umstrittenen Interpretation J. Hammerstaedt, M. Smith: Discoveries of 2012, 14–15. 42 Diog. fr. 43 col. I 8–10: [τῇ π]ρὸ ταύτης ... [γ]ραφῇ. 43 Diog. fr. 125–126 (Brief Epikurs an seine Mutter; Zusammenfassung der Kontroverse und Abwägung, auch mit sprachlicher Analyse bei G. Hoffman: Diogenes of Oenoanda. A Commentary, II, 438–443; ausführlich P. Gordon: Epicurus in Lycia, 66–99; dazu wiederum M. Smith: Rez. zu Gordon, Epicurus in Lycia, 219) und fr. 128 (Brief an Dositheos; nach Martin F. Smith: Eight New Fragments of Diogenes of Oenoanda, in: AS 29 [1979] 69–89, hier: 79–81, ders.: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 560–561 und ders.: Rez. zu Gordon, Epicurus in Lycia, 219 wahrscheinlich von Epikur; vgl. M. Smith: Supplement to Diogenes of Oinoanda, 128).

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 271

fekte betreffend».44 Wer bei dieser Brieflektüre angekommen war, sollte also zumindest die Physik und Ethik bereits durchgelesen haben. Weitere mit kleinen Buchstaben angebrachte Schriften in 14zeiligen Kolumnen, deren eine im Anschluss an eine Einleitung in Briefform die dialogische Unterredung des Verfassers mit einer ansonsten unbekannten Person über die Vielzahl der Welten zu zitieren beginnt, sowie die Diogenessentenzen45 sind wohl einer gemeinsamen weiteren Steinschicht zuzuweisen. In dem bislang maßgeblichen Rekonstruktionsschema von Martin Ferguson Smith ist diese Schicht aufgrund ihrer hohen Ober- und Unterränder direkt über die Schicht mit der Physik mit ihrem sehr geringen Oberrand und unter die Schicht mit Briefen in zehnzeiligen Kolumnen mit kleinem Unterrand eingeordnet, so dass sich gleichmäßige Proportionen zwischen den übereinanderstehenden Schriftkolumnen und den leeren Zwischenräumen ergeben. Wie die bislang nur in zwei Blöcken erhaltenen quasi-testa­men­ta­ri­ schen Anweisungen an Verwandte und Freunde46 sowie der 2012 gefundene Block eines Briefschlusses47 mit einer noch nicht abschließend interpretierten ungewöhnlichen Kombination von Maßen und Merkmalen diesen Schichten zuzuordnen sind, bleibt derzeit unklar. Seine Schrift über das Alter, die sich der Verteidigung dieses Lebensabschnitts und dem Beweis widmet, dass das Alter die epikureische Lust nicht entscheidend beeinträchtigen kann, ließ Diogenes mit großformatigen Buchstaben vermutlich oberhalb der bereits behandelten Bereiche in hohen Kolumnen anbringen, welche sich vertikal jeweils über drei Steinschichten erstreckten. Die Altersthematik war als monographischer Stoff ein Novum in epikureischer Literatur und ist vermutlich der persönlichen Lebenssituation des greisen Diogenes zu verdanken. Es ist deutlich erkenn-

44

Diog. fr. 119 col. III: τῇ γνώσει τῶν πραγμάτων, ὧν ἐν ταῖς ὑποκάτω χώραις ἐδήλωσα, φυσικῶν τε ἅμα καὶ παθητικῶν. 45 S.o. S. 267–268 (mit Anm. 35). 46 Diog. fr. 117–118. Vgl. M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 85–86. 47 Diog. NF 209.

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bar, dass sich Diogenes bei der Anlage seines Traktates an der Struktur früherer (nichtepikureischer) Spezialschriften über das Alter orientiert hat.48 Hingegen schließen die vorher genannten Schriften in ihrer Form als Briefe, Sentenzen, und ein Testament, aber auch die im Titel der Ethik stehende Bezeichnung derselben als Epitome an bereits von Epikur geprägte Formen philosophischer Propaganda und Wissensvermittlung an.49 Einzigartig bleibt jedoch die Kombination zu einem neuen Ganzen auf der Inschrift. Durch die Zusammenstellung von – gerade für eine Inschrift – äußerst umfangreichen Darlegungen über Physik und Ethik mit kurzen Sentenzen sowie durch die Ergänzung allgemeiner philosophischer Überlegungen in den Traktaten über Physik, Ethik und das Alter durch die eine Lebenswirklichkeit darstellenden Briefe und sogar sein Testament hat Diogenes in dieser dispositio eine der Ermüdung des Lesers durch Eintönigkeit vorbeugende variatio erreicht, die die Betrachter mit verschiedensten Ansätzen und Methoden zu gewinnen sucht. Die Orientierung in diesem Ensemble wird dem Leser nicht nur durch lenkende und strukturierende Hinweise, zunächst in den einleitenden Passagen, die der Funktion von exordia bzw. prooemia von Reden entsprechen, aber auch im weiteren Textverlauf, erleichtert,50 sondern Diogenes nutzt die spezifischen Möglichkeiten der inschriftlichen Anbringung zu einer optischen Gliederung mittels Positionierung der einzelnen Texte zueinander 48

M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 569; Jürgen Hammer­ staedt: Considerazioni epicuree sul tema della vecchiaia, in: Emidio Spinelli, Mauro Tulli (a cura di): Questioni epicuree. Epistemologia, fisica, etica e le loro tradizioni (Sankt Augustin 2015, im Druck). 49 Zur Epikurimitation in den literarischen Formen M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 133–134; Jürgen Hammerstaedt: Philosophie auf Stein, in: Dietrich Boschung, Günter Blamberger (Hg.): Morphomata – Kulturelle Figurationen. Genese, Dynamik und Medialität (Paderborn 2011) 225–262, hier: 232; weitere Aspekte bei Jürgen Hammerstaedt: Strategie di persuasione all’epicureismo nell’iscrizione filosofica di Diogene di Enoanda, in: Marco Beretta, Francesco Citti, Alessandro Iannucci (a cura di): Il culto di Epicuro. Testi, iconografia e paesaggio (Firenze 2014) 139–150, hier: 144-145. 50 Strukturierende Hinweise innerhalb der Physik in fr. 6 col. I 8–10; col. II 12–III 1; fr. 13 col. II 11–III 1; NF 167 col. II 1–4; NF 126 col. V 11–VI 4; fr. 20 col. III/NF 182 col. I 3– 182 col. II 2; fr. 21 col. III 9–14; innerhalb der Ethik in fr. 32 col. I 2–6; NF 128/fr. 33 col. V 2–10; fr. 34 col. VI 2–8; fr. 48, 10–14; innerhalb der Schrift über das Alter in fr. 145 col. I 6–9; fr. 146 col. II 1–4.

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 273

ebenso wie durch die bewusste Wahl von unterschiedlichen Schrift- und Kolumnengrößen und -formaten. Es ist nicht auszuschließen, dass die bautechnische Analyse der im Rahmen der Oinoandasurveys 2007–2012 auch dreidimensional dokumentierten Diogenesblöcke unser derzeitiges Bild von der Disposition der Diogenesinschrift, das bislang auf der Rekonstruktion von Martin Ferguson Smith beruht (Abb. 1), noch modifiziert. Unter Annahme dieser derzeit weiterhin maßgeblichen Rekon­ struktion würde sich immerhin ergeben, dass der Leser zunächst auch optisch zu den einführenden Darlegungen von Physik und Ethik gelenkt wird und ihm durch die in einer unterhalb hiervon verlaufenden Zeile stehenden Epikursentenzen auch symbolisch ersichtlich gemacht wird, worauf die gesamte Inschrift mit ihrem Text fußt. Da bereits festgestellte Unterschiede in der Schrift das Wirken verschiedener Steinschneider nahelegen,51 ist zu fragen – und wurde natürlich bereits überlegt52 –, ob die gesamte Inschrift in einem Akt entworfen wurde oder ob an einen ursprünglichen Kern, der zunächst vielleicht nur aus Physik, Ethik und Epikursentenzen bestand, weitere Schriften nachträglich angefügt wurden. In diesem Zusammenhang könnten auch Wiederholungen und thematische Überschneidungen relevant sein. Allerdings hat Smith für manche von ihnen die plausible Erklärung gegeben, dass Diogenes das Neueinsetzen des Lesers an verschiedenen Stellen der Inschrift erleichtern wollte.53 4. Pronuntiatio und memoria? Ein wichtiges Hilfsmittel der Publikumslenkung durch den Redner ist die pronuntatio, und auch seine memoria darf nicht versagen. Solche rhetorischen officia lassen sich natürlich nicht deckungsgleich auf eine schriftliche Publikation übertragen. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass Diogenes den Kontrollverlust über sein Publikum, der sich durch den Wegfall der pronuntiatio ergibt, durch Anweisungen kompensiert, in 51

M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 100–101, 534. Vgl. M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 97 Anm. 75. 53 M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 113 unter Bezugnahme auf Kritik an den Wiederholungen bei H. Usener: Epikureische Schriften auf Stein, 416, 421 sowie J. William: Diogenis Oenoandensis fragmenta, XXX. 52

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welcher Weise und mit welcher inneren Einstellung die Inschrift zu lesen sei.54 Um eines nur bitte ich euch, wie auch schon eben: dass ihr euch weder nach Art von Passanten, oder gar dann, wenn euch etwas Gleichgültigkeit und Unrast überkommt, mit dem Niedergeschriebenen in unbeständiger Manier befasst, sondern, indem ihr ein jedes hiervon [in euer Gedächtnis] einprägt und ihm anvertraut, […]

Und was die memoria betrifft, muss Diogenes, anders als ein Redner, nicht auf das eigene Gedächtnis achten, sondern um die Erinnerung des Lesers werben, der, durch die Darbietung desselben Stoffes in verschiedenen Formaten und Ansätzen ebenso wie vielleicht durch einen Appell mit Leseanweisungen motiviert, dauerhafte und für den Rest seines Lebens wirkende Einsichten mitnehmen soll.

IV. Rhetorischer Charakter der philosophischen Darlegung des Diogenes Bekanntlich wurde beginnend mit der Sophistik die rhetorische Kunst bewusst als ein Mittel zur Manipulation von Meinungen betrachtet und eingesetzt. Diogenes verwahrt sich in seiner Ethischen Epitome ausdrücklich gegen sophistische Argumentation: Wo nun also, wie ich sage, sowohl das Risiko als auch der Ertrag groß ist, dort muss man diesen sophistischen Argumenten aus dem Weg gehen, da sie heimtückisch sind, (den Gesprächsgegenstand) in den Schmutz ziehen und dazu geschaffen sind, mittels der Mehrdeutigkeit von Begriffen die arme Menschheit in die Irre zu leiten.55

54

55

Diog. fr. 30 col. III 5–14 mit leichten Modifizierungen durch J. Hammer­staedt: Zum Text der epikureischen Inschrift, 34: [ἓν] | μόνον δ’ ἀξιῶ, [ὡς καὶ ἔ]|νανχος, ὑμᾶς μ̣[ήτε πα]|ροδευόντων τ[ρόπον] | μηδ’ ἄν τι ἀκηδ[ίας ἐπῇ] | καὶ ἄλυος [ἐφισ]|τάναι τοῖς γεγρ[αμμέ]|νοις ποικίλως̣, [ἀλλ’ αὐ]|τῶν ἕκαστον ἐ[γγρά]|φοντας καὶ πα[ραδι||δόντας τῇ μνήμῃ]. Diog. fr. 34 col. II 4–III 1: ὅπου, φημί, οὖν | καὶ ὁ κίνδυνος μέγας | καὶ ὁ καρπός, ἐνταῦθα | δὲ ἐκτρέπεσθαι δεῖ τοὺς | σοφιστικοὺς λόγους | τούτους ὡς ἐπιβούλους | καὶ προ­

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 275

Mit solchen Worten wendet Diogenes sich gegen die stoische Verunglimpfung epikureischer Lustlehre. Gleichwohl ist schon herausgestellt worden, und muss im Grunde nicht verwundern, dass auch bei Diogenes rhetorische Verfahren ihren Einsatz finden, die man hinsichtlich der Wahrheitsfindung als bedenklich betrachten könnte. Noch relativ harmlos sind die zahlreichen Fälle von rhetorischem Schwung und Emotionalität bei der Argumentation, wenn beispielsweise dem von den Stoikern geglaubten göttlichen Wirken bei der Erschaffung der Welt mit ihren komplizierten, aber harmonischen Gestirnsbewegungen die Nutzlosigkeit bzw. sogar Schädlichkeit der damit bewirkten Wetter- und Himmelsphänomene entgegengehalten wird:56 Wenn also die Meinung gelten soll, dass die göttliche Natur um ihrer selbst willen die Dinge erschaffen habe, (ergeben sich) all diese Absurditäten; wenn [aber] um der Menschen willen, (ergeben sich) wiederum andere, noch viel absurdere Konsequenzen. Lasst uns die Theorie (sc. der Stoiker) in zwei Teile zerlegen, in den Kosmos und die Menschen selbst, und zuerst über den Kosmos sprechen, ob er alle Dinge den Menschen angemessen bietet und wir an ihnen (d.h. an allen Dingen) nichts auszusetzen hätten, da sie von einem Gott verfertigt worden seien. Zunächst sei auf die Himmelserscheinungen eingegangen. Was ein Wetterschlag dem Leben nützt, sage mal einer (schadet er nicht vielmehr?), was Blitze, was Donnerschläge, was Hagelschauer, was der Einfall von heftigen Winden und Orkanen, was der unregelmäßige Kurs von Sternen und ihre unterschiedlichen Größen, was Eklipsen der Sonne und des Mondes ihre spiπηλακιστὰς καὶ | ἐξ ὀνομάτων κοινό|τητος μεμηχανημέ|νους ἐπὶ τῇ τῶν ταλαι|πώρων ἀνθρώπων || π̣λ̣[άνῃ]. 56 Diog. fr. 20 col. II 11 + NF 182 col. III 14: εἰ μὲν οὖν ἑαυτῆς χά|ριν ἡ θεία φύσις δεδη|μι­ ουργηκέναι δόξει | τὰ πράγματα, ταῦτα || πάντα τὰ ἄτοπα· εἰ [δὲ] | τῶν ἀνθρώπων, ἄλ[λα] | πάλιν ἀτοπώτερα. τ̣έ̣|μωμεν δ’ εἰς δύο τὸν λ̣ό|γον (εἴς τε τὸν κόσμον | καὶ τοὺς ἀνθρώπους αὐ|τούς) καὶ περὶ τοῦ κό[σ]μ̣ου | πρῶτον εἴπωμεν, εἰ | πάντ’ ἔχει τοῖς ἀνθρ̣ώ-| ποις κατάλληλα κα[ὶ] μη|δὲν αὐτοῖς ἐνκαλεῖ ἔ|χο̣μεν ὡς ὑπὸ θ̣ε̣οῦ [κ]α|τεσκευ̣ασμ̣έ­ νοις. ῥ̣[η]|θήτω δὲ̣ πρότερον [τ]ὰ || [ἐν] τ̣ο[ῖ]ς̣ με̣τε̣[ώ]ρ̣οις σ̣υ̣ν̣|πτώματα· τί κεραυνὸς | ὠφελεῖ τὸν βίον, εἰπάτω | τις (πῶς δ᾿ οὐχὶ καὶ βλάπτει;), | τί δ᾿ ἀστραπαί, τί δὲ βρον|ταί, τί δὲ χάλαζαι, τί δ᾿ ἀ|μέτρων πνευμάτων | ἐνβολαὶ καὶ καταιγίδες, | τί δ᾿ ἀνώμαλος ἀστέ­ ρων | φορὰ καὶ διαφέροντα | μεγέθη, τί δ᾿ ἐγλείψεις | ἡλίου καὶ σελένης ἑλι|κοειδεῖς τε καὶ πλάγιοι | δρόμοι, τί δὲ νύξ, δυνα||μένων ἡμῶ̣[ν εὖ δι᾿ ἡμέ]|ρας διαναπ[αύεσθαι,] | τί δ᾿ ἡμερῶ[ν μήκη καὶ νυ]|κτῶν παρα̣[λλάττοντα;] | τούτων γάρ ἐ̣[στι τὰ μὲν] | μάταια τὰ δ[ὲ καὶ βλα]|πτικά. τὰ μ̣[ὲν μετέωρα] | τοιαῦτα, τὰ [δ᾿ ἐπὶ γῆς ποῖα;] | πόσα τῆς Λι[βύης ἐστὶν] | ἀοίκητα, πό̣[σα τῆς ἐπέ]|κεινα Σκυθῶ̣[ν γῆς, πόσα] | τῆς ὑπὲρ Ἀσ̣[ίαν χώρας,] | πόσα τῆς Ἰν[δικῆς; πό]|σα ἄλλα τὰ με[ - - - - - ].

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ralförmigen und schrägen Kurse, was die Nacht, wenn wir uns doch [gut] tags­[über] ausruhen können, was der gegenseitige Wechsel der Länge von Tagen [und] Nächten?

Aber es gibt auch manche Fälle von verzerrter Darstellung, unsach­ licher Polemik, und Wortklauberei. So weist Diogenes die stoische Ansicht, dass Traumbildnisse leer, d.h. unkörperlich seien, zum einen mit der Frage zurück, wie es denn dann möglich wäre, sich das Leere und Nichtige bildlich vorzustellen,57 und zum anderen damit, dass man das, was uns erschrecke oder sexuell errege, ja schwerlich als nichtig bezeichnen könne:58 wenn wir meinen, gleich von einem Dolch getroffen zu werden oder kurz davor zu sein, einen Abgrund hinabzustürzen, schrecken wir aus Furcht (aus dem Schlaf) auf. Und auch beim Geschlechtsverkehr [möchte ich] noch [folgendes hinzufügen]: da wir [im Traum] genauso der Liebe huldigen wie auch im Wachen, ist die Behauptung nichtig, dass wir in nichtiger Weise das Wohlgefallen davon empfänden, weil wir im Schlafe seien. Denn man darf Derartiges nicht als nichtig bezeichnen, dem eine so kräftige Wirkung zukommt.

Besonderen Anstoß und Empörung bei Philologen und Philosophiehistorikern hat die tendenziöse, objektiv unrichtige Darstellung des Protagoras als Gottesleugner hervorgerufen.59 57 58

59

Diog. fr. 10 col. II 4–10. Diog. fr. 10 col. ΙΙΙ 9–IV 10 (Text modifiziert nach J. Hammerstaedt: Zum Text der epikureischen Inschrift, 14): ξ̣ίφ̣ε̣ι̣ | π̣ληγήσε̣σ̣θα̣ι δ̣οκοῦν|[τε]ς̣ ἢ κ̣[ατ]ὰ̣ κ̣ρ̣[η]μ­νοῦ πε|σε̣ῖ̣σ­ θα[ί] τ̣ινος̣ δ̣ιανιστά|με̣θα̣ ἐκ τοῦ φ̣όβου. καὶ | ἐν συνουσια̣σ̣μοῖς δ’ ἔτι || [τοσ]ό̣ν[δε προστίθημι· | ἐπει]δ̣ὴ̣ [ὄναρ] τελο̣ῦ̣μεν | τ̣ὰ̣ ἀ̣φροδείσια, ὡς κ̣αὶ ὕ|παρ, οὐδέν ἐ̣σ̣τι τὸ μ̣ά|την ἀπ’ αὐτῶν εὐφρ̣ο|σύνην λαμβάνε̣ι̣ν̣ | ὅτι καθεύδομεν. οὔ|κουν χ̣ρ̣ὴ κενὰ λέγειν̣ | ταῦτα οἷ̣ς καὶ δύναμις̣ | τοσαύτη πρόσεσ[τ]ιν. Diog. fr. 16 col. II 1–III 12, hier modifizierte Ergänzungen in col. III 7 und 10 kursiv gedruckt: Πρωτα|γόρας δ’ ὁ Ἀβδηρείτης | τῇ μὲν δυνάμει τὴν | αὐτὴν ἤνενκε Διαγόρᾳ | δόξαν, ταῖς λέξεσιν δὲ | ἑτέραις ἐχρήσατο, ὡς | τὸ λείαν ἰταμὸν αὐτῆς | ἐκφευξούμενος. ἔφη|σε γὰρ μὴ εἰδέναι εἰ θε|οί εἰσιν. τοῦτο δ’ ἐστὶν | τὸ αὐτὸ τῷ λέγειν εἰδέ|ναι ὅτι μή εἰσιν. εἰ μὲν | γὰρ ἀντιτεθήκει τῇ | πρώτῃ φωνῇ «οὐ μὴν || ὅτι μή εἰσιν», [ἴσως ἂν] | σχεδὸν εἶχε π[ερίφρα]|σίν τινα πρὸς [τὸ μὴ δο]|κεῖν τελέως ἀ[ναιρεῖν] | τοὺς θεούς. ε[ἶπε δὲ τὸ] | «εἶναι αὐτούς», [ἀλλ’ οὐ τὸ] | «μὴ εἶναι», τὸ ἄ[λλο ῥῆμα] | ποιῶν ἴσον Δ̣[ιαγόρᾳ, ὅς] | εἰπὼν τὸ μὴ̣ [νομίζειν] | ὅτι εἰσὶν ἀύπ̣[νως οὐκ ἐ]|παύσατο. Seine Darstellung wurde von M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 131 und M. Smith: Supplement to Diogenes of Oinoanda, 72–72 verteidigt; in Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 137 räumte Smith gleichwohl einen gewissen Grad von Unfairness bei der Kritik des Diogenes an Protagoras ein.

Strategien der philosophischen Darstellung bei Diogenes von Oinoanda 277 Protagoras von Abdera vertrat potentiell dieselbe Meinung des (Gottesleugners) Diagoras, benutzte aber andere Formulierungen, um ihre allzu große Verwegenheit zu vermeiden. Er sagte nämlich, dass er nicht wisse, ob es Götter gebe. Das ist aber dasselbe wie die Behauptung, zu wissen, dass es sie nicht gibt. Wenn er nämlich der ersten Aussage (sc.: ob es Götter gebe) hinzugefügt hätte, «freilich auch nicht, ob es sie nicht gibt», hätte er vielleicht wohl einen Ausdruck in der Absicht verwendet, die Götter nicht völlig abzuschaffen. Er hat aber gesagt, «ob es sie gebe», nicht aber «ob es sie nicht gebe», wobei er den restlichen Ausspruch dem Diagoras gleich gemacht hat, welcher unermüdlich nicht zu behaupten abließ, dass er nicht glaube, dass sie existieren.

Hier hat der rhetorische Impetus die philosophische Darstellung arg verzerrt. Und von solchem Schwung lässt sich Diogenes bei seiner Abwehr der stoischen Vorwürfe gegen die epikureische Lustlehre und seiner Gegenwehr gegen die Erhebung der Tugenden zum Telos dazu hinreißen, dass er diesem einen, zweifellos wichtigem Thema eine Polemik in mindestens 21 Kolumnen widmet,60 – in einer Schrift, der er im Titel den Charakter einer Epitome zuweist! Doch hier, wie in anderen Passagen, tritt an die Stelle der nüchternen Epitome eine in Verteidigung und Angriff geübte actio, wodurch sich auch der Verfasser und Urheber der epikureischen Inschrift im Grunde als ein philosophus orator erweist.61

60

Diog. fr. 32 col. I–VII; NF 192 col. I–IV; fr. 33 col. I–VIII; fr. 34 col. I–II (mindestens). Cf. M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 135–137 über polemischen Habitus bei Epikur, den Epikureern und eben­so bei Diogenes. 61 Vgl. auch M. Smith: Diogenes of Oenoanda. The Epicurean Inscription, 142: «But throughout the inscription he presents Epicureans views in his own individual manner, which is often vigorous and rhetorical and sometimes ironically humorous».

A Rhetorical Reading of Plato’s Parmenides CARLOS STEEL

In the introduction of his commentary on the Parmenides Proclus surveys the interpretation of this dialogue in the Platonic tradition.1 He distinguishes two types of interpretation, one called logikos, another pragmateiôdês. The latter, which he favours, assumes that the dialogue, and in particular the dialectical discussion on the One, discusses pragmata – realities – whether they be the Forms (as some thought), or the first principles, or the gods. The former type of interpretation is called logikos because it focuses on the literary form and method of the dialogue, rather than on its presumed metaphysical doctrine. In fact, as these interpreters argue, it is not possible to discover a definite doctrine in the Parmenides, since the dialogue ends with a host of contradictions. Within this ‘logical’ genre Proclus distinguishes two distinct approaches to the dialogue which are nevertheless related to one another.2 In the present contribution, I will focus on the first of these approaches, which – in my view – should be understood as a rhetorical interpretation of the dialogue. This rhetorical 1

2

See on this survey Carlos Steel: Une histoire de l’interprétation du Parménide dans l’antiquité, in: Maria Brabanti, Francesco Romano (a cura di): Il Parmenide di Platone e la sua tradizione. Atti del III Colloquio Internazionale del Centro di Ricerca sul Neoplatonismo (Catania 2002) 11–40; Luc Brisson: The Reception of the Parmenides before Proclus, in: ZAC 12 (2008) 99–113. On this logical interpretation see Carlos Steel: Proclus et l’interprétation logique du Parménide, in: Linos G. Benakis (éd.): Néoplatonisme et philosophie médiévale. Actes du Colloque international de Corfou, 6–8 octobre 1995 (Turnhout 1997) 69–92; Luc Brisson: Columns VII–VIII of the Anonymous Commentary on the Parmenides. Vestiges of a Logical Interpretation, in: Kevin Corrigan, John D. Turner (eds.): Plato’s Parmenides and Its Heritage. Volume 2: Its Reception in Neoplatonic, Jewish and Christian Texts (Atlanta 2011) 111–117.

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Carlos Steel

reading of the Parmenides, which was adopted by some Platonists before Plotinus, has not been sufficiently noticed by scholars, since it is easily classified – and dismissed – under the heading ‘logical’. My analysis will be based upon Proclus’ summary of this interpretation in 631, 4–633, 9, a summary that he (or already Syrianus) probably took up from an earlier commentary on the Parmenides.3 There are certain editorial problems affecting the organisation of this text, which I shall discuss in a concluding philological note.

A threefold division of dialogues According to some interpreters, says Proclus, Plato composed the Parmenides, and particularly its second part – the dialectical exercise on the One – as an antigraphê (ἀντιγραφή) against Zeno’s logos, which set out to demonstrate that contradictions follow from the supposition of many things. The term ἀντιγραφή is mostly used in a juridical sense, as when, for example, one citizen brings an indictment against another, as the celebrated antigraphê against Socrates (see Apol. 27c), or one party to a lawsuit makes a counterplea. Here, however, the term is used to designate a particular literary genre, namely, a type of writing that ‘counters’ another written work. This can of course involve refuting a doctrine expressed by some author in a logos. And this is, in fact, the standard meaning of ἀντίρρησις, a term which is here (631, 13) used as an equivalent of ἀντι­ γραφή. However, as we shall see, not all counter-writings are refutations: some are emulations of the rival writing. Moreover, even when they are refutations, they tend to refute by ‘replicating’ a method which is exemplified by the rival writing: thus, for example, Plato uses the Eleatic method against Zeno. In fact, as these interpreters say, among the dialogues that 3

All references are to my edition in the Oxford Classical Text series (Carlos Steel: Procli In Platonis Parmenidem Commentaria. Tomus I libros I–III continens [Oxford 2007]). In my notes I make use of my annotations in the Budé edition (Concetta Luna, AlainPhilippe Segonds: Proclus. Commentaire sur le Parménide de Platon [Paris 2007]), which are not acknowledged by the editors. For my translations and paraphrases of Proclus’ text I freely use the translation of Glenn R. Morrow, John M. Dillon: Proclus’ Commentary on Plato’s Parmenides (Princeton 1987).

A Rhetorical Reading of Plato’s Parmenides

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Plato composed as an antigraphê, three sub-types can be distinguished. Some are written by way of imitation (κατὰ μίμησιν); some by way of opposition (κατ’ ἐναντίωσιν); and some Platonic dialogues combine these rhetorical strategies: they both imitate and oppose the rival speech. (1) Let us first consider a dialogue – or at least, a section of a dialogue – that is written in imitation of a rival speech. In such a dialogue, Plato does not simply set out to imitate but to achieve a greater perfection in his imitation by adding what was lacking in his rival’s original arguments (ἐπὶ τὸ τελειότερον προάγοντα τὴν μίμησιν καὶ τὰ ἐλλείποντα προστιθέντα τοῖς ἐκείνων λόγοις). The obvious example, here, is the Menexenus. Why did Plato write this dialogue, which mainly consists in a funeral discourse in honour of the Athenian soldiers fallen in war (236d4–249d2)? According to the anonymous interpreters, Plato composed this dialogue ‘in rivalry with Thucydides’ (πρὸς Θουκυδίδην ἀγωνιζόμενος), imitating and improving the celebrated epitaphios of Pericles (II 35–46). Dionysius of Halicarnassus made a similar analysis of the Menexenus, but to the detriment of Plato. As he says in his Demosthenes, 23, 10: ‘The most important of all Plato’s political discourses is the Menexenus, in which he gives a complete funeral speech, taking Thucydides as his model in my opinion, but according to himself Archinus and Dio’ (transl. St. Usher). Dionysius offers a literary and rhetorical analysis of Plato’s epitaphios and afterwards compares it, not with Thucydides’ speech, but rather with Demosthenes’ De corona. As he shows in his lengthy analysis, Demosthenes is much superior to Plato in writing (23, 10–32, 4). One might object, as does St. Usher in his Loeb translation,4 that it is unfair to compare on the one hand the finest passage in the whole of Demosthenes’ corpus, on the other hand a passage from the Menexenus, ‘a work which even few of his contempora­ ries can have read as a representative example of Plato’s style, or even as a dialogue of serious content’ (234). ‘It seems not to have occurred to Dionysius that Plato may have composed the Menexenus as a parodic pastiche of existing epitaphioi’ (328–329 n. 1).5 The anonymous commentator quot­ed 4 5

Stephan Usher: Dionysius of Halicarnassus. The Critical Essays, I (Cambridge, London 1974). On the purpose of the Menexenus see Nicole Loraux: Socrate contrepoison de l’oraison funèbre. Enjeu et signification du Ménexène, in: AC 43 (1974) 172–211 and Lucinda Coventry: Philosophy and Rhetoric in the Menexenus, in: JHS 109 (1989) 1–15.

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Carlos Steel

by Proclus defends Plato against the sort of criticism one finds in Dionysius. Plato’s epitaphios, he says, marks a great improvement when it is compared to Thucydides’ speech. Plato does much better than his rival on three points: (1) the arrangement of the subjects (τῇ τάξει τῶν κεφα­ λαί­ων), (2) the invention of the arguments (τῇ εὑρέσει τῶν ἐπιχειρήσεων), and (3) the clarity of the exposition (τῇ σαφηνείᾳ τῆς ἑρμηνείας). The three points on which Plato improves Thucydides’ discourse correspond to the classic division of rhetoric into (1) invention, or the finding of arguments; (2) disposition of arguments, sometimes called οἰκονομία; and (3) exposition (φράσις), where a sub-division can be made between the choice of vocabulary and the syntactic composition.6 Dionysius, for instance, uses these criteria when he compares the style of Dinarchus to Demo­ sthenes. As he argues, Demosthenes is superior to Dinarchus on four points: (1) κατὰ τὴν ἐκλογὴν τῶν ὀνομάτων τῇ δεινότητι, (2) κα­τὰ δὲ τὴν σύνθεσιν τῇ ποικιλίᾳ τῶν σχημάτων καὶ τῇ ἐξαλλαγῇ, (3) κατὰ δὲ τὴν εὕρεσιν τῶν ἐπιχειρημάτων […], (4) κατὰ δὲ τὴν οἰκονομίαν τῇ τάξει (Din. 8, 21). Whether Plato’s Menexenus would ever win the contest against Thucydides is doubtful. It is, however, interesting to see a Platonist defending Plato’s rhetorical art against the critique we find in authors such as Dionysius. In the fourth century, the Platonist Synesius again feels the need to defend the Menexenus. As he says, if one reads ‘with intelligence’ the epitaphios of Thucydides and that composed by Plato, one will see ‘that each of the two is much more beautiful than the other, if e­ valuated by its own standards’ (ὧν ἑκάτερος θατέρου παρὰ πολὺ καλλίων ἐστί, τοῖς οἰκείοις κανόσι κρινόμενος, Dion 1, 37d p. 237, 14–15 Terzaghi). Synesius does not specify what these ‘standards’ were, but he may have thought that it was illegitimate to compare Thucydides and Plato by using merely rhetorical standards (for then, Plato might prove to be inferior). Plato will necessarily prove the better rhetor if one brings in the philosophical con6

See Dion. Hal. Dem. 51, 20–30: ὅτι τοῦ λέγειν εὖ διττὴ ἡ διαίρεσίς ἐστιν, εἴς τε τὸν πραγματικὸν τόπον καὶ εἰς τὸν λεκτικόν, καὶ τούτων πάλιν ἀμφοτέρων εἰς τὰς ἴσας διαιρεθέντων τομάς, τοῦ πραγματικοῦ μὲν εἴς τε τὴν παρασκευήν, ἣν οἱ παλαιοὶ κα­ λοῦσιν εὕρεσιν, καὶ εἰς τὴν χρῆσιν τῶν παρεσκευασμένων, ἣν προσαγορεύουσιν οἰκο­ νομίαν, τοῦ λεκτικοῦ δὲ εἴς τε τὴν ἐκλογὴν τῶν ὀνομάτων καὶ εἰς τὴν σύνθεσιν τῶν ἐκλεγέντων, ἐν ἑκατέρῳ τούτων πλείω μοῖραν ἔχει τὰ δεύτερα τῶν προτέρων· τὸ μὲν οἰκονομικὸν ἐν τῷ πραγματικῷ, τὸ δὲ συνθετικὸν ἐν τῷ λεκτικῷ.

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tent of his speech. That the Menexenus was considered a special case is also clear from a comment Proclus makes in his commentary on Tim. 19c–d, where Socrates confesses that he is incapable of adequately praising Atlantis. According to some interpreters, Socrates avoids encomia because he is not equal to this solemn and grand style of speech, for the Socratic manner of speech is the opposite: ‘lean, precise, and dialectical’. Proclus, however, refuses this interpretation. Socrates, he says, occasionally uses the grand style, as in the Mene­xenus – unless one finds in this a basis to question the authenticity of this dialogue, but then, there is also the grandiloquence of the indubitably Platonic Phaedrus.7 (2) The second form of Platonic counter-writing means to oppose another logos (κατ’ ἐναντίωσιν). The essential difference with the first form is the fact that now the author, although he uses and exploits the method and arguments of his rival and brings them to perfection, argues for a position that is exactly opposed to his rival’s. The example given by the anonymous commentator for this form is the Theaetetus. In this dialogue, he says, Plato writes against (ἀντέγραψε) Protagoras, who claimed that ‘man is the measure of all things’, and he argues against him that, following his reasoning, one may as well conclude that ‘a pig or a dog-faced baboon is the measure of all things’. One may be surprised to find this passage used to determine the purpose of the Theaetetus. After all, this is a rhetorical ad hominem argument, not the most subtle in the whole discussion with Protagoras. However, when one considers the context of this refutation, one may understand why some commentators considered the Theaetetus, or at least some part of it, as an antigraphê against Protagoras’ logos in which he made his homo mensura claim. The refutation of Protagoras’ thesis is found in the midst of Theaetetus’ attempt to define knowledge as perception. As Socrates remarks, what Theaetetus is putting forward in this definition is not different from what Protagoras said in his logos on Truth, namely that ‘man is the measure of all things’, though Pro7

Prokl. In Plat. Tim. I 62, 6–15: ἤδη γὰρ καὶ τῶν πρεσβυτέρων τινὲς εἰρήκασιν, ὅτι τὸ ἐγκωμιαστικὸν εἶδος ἁδρόν ἐστι καὶ γαῦρον καὶ μεγαλοπρεπές, ὁ δὲ Σωκρατικὸς χαρακτὴρ τῶν λόγων ἰσχνὸς καὶ ἀκριβὴς καὶ διαλεκτικός. ἔχει δὴ οὖν ἀπ’ ἐναντίας πρὸς ἐκεῖνον. διὸ καὶ ὁ Σωκράτης ἀποφεύγει τὸ ἐγκωμιάζειν, εἰδὼς τὴν παρ’ ἑαυτῷ δύναμιν πρὸς ἃ πέφυκεν. οἱ δὲ τοῦτο λέγοντες πρὸς τῷ τὸν Μενέξενον ἄντικρυς ἀθετεῖν δοκοῦσί μοι μηδὲ τῆς ἐν Φαίδρῳ τοῦ Σωκράτους ἐπῃσθῆσθαι μεγαλοφωνίας.

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tagoras ‘put the same thing in a different way’ (152a). The definition proposed by Theaetetus thus gives Socrates an opportunity to ‘contradict’ Protagoras. Before starting his critique, Socrates presents Protagoras’ doctrine in all its implications. Protagoras not only openly defends relativism, but also adheres to a ‘secret doctrine’, which maintains that all things are in constant flux (152c–160e). Having first construed Protagoras’ position, Socrates begins criticizing it from 161b on. This refutation of Protagoras begins with a rhetorical reversal of his position: pigs and baboons are just as much ‘measures’ of what appears to them as humans are. This may be a childish argument, as Protagoras protests, but this is why Socrates allows Protagoras to defend himself in a long counter-speech: ‘I certainly do not equate wise people with frogs’ (167b). Socrates is not convinced, and maintains that Protagoras’ relativism undermines his claim that he has superior wisdom, and is therefore self-defeating; we thus return to Socrates’ opening point. To consider the whole of Theaetetus as an antigraphê may be exaggerated. However, it makes sense to interpret the long section 152a–183c in this way: Socrates first presents Protagoras’ position, then offers a counter-argument which is followed by a Protagorean defence, which is again countered by Socrates. The rhetorical construction of this lively discussion, in which Protagoras is given a prominent role, is evident. Moreover, the famous digression opposing the rhetor and the philosopher offers a perspective for a rhetorical analysis of the argumentation. (3) Finally, Plato composed some dialogues both in imitation and in opposition to other writings. The obvious example here is the Phaedrus, which in its first part is a counter-writing by imitation, and in the second part is a counter-writing by opposition. Phaedrus starts by reading a logos of Lysias to the effect that one should rather yield to a non-lover than to a lover. Irritated by Phaedrus’ admiration for Lysias’ speech, Socrates delivers his own speech which argues for the same controversial thesis (εἰς ταὐτὸν ἐπιχειρῶν) as Lysias, but tries to get the better of Lysias – thus emu­lating him and bringing his speech to perfection, as was the case with the epitaphios of Plato’s Menexenus, which competes with Thucydides. According to the anonymous commentator, Socrates’ Phaedrus speech is indeed much better than Lysias’ for the following reasons:

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(1) instead of ‘throwing arguments haphazardly’ (χύδην βεβλημένων ἐν­ θυμημάτων), as Lysias had, Socrates introduces a ‘necessary order’ (τάξιν ἀναγκαίαν) to make ‘the discourse like a living being’. (2) instead of proceeding without a method (ἀμεθόδων), Socrates sets out in a scientific way from definitions and moves in his enquiry ‘from what sort of thing a thing is, to what it is’. (3) instead of ornamenting his discourse with a multitude of verbs and nouns that mean the same thing, Socrates adds variation (ποικιλίαν) and alteration (ἐξαλλαγήν) of thought. All this shows how the sophist, Lysias, should have handled this discourse on behalf of the non-lover (632, 20–26). The two first criteria to praise Socrates’ speech as an improvement of Lysias’ have been taken from Socrates’ own considerations in the second part of the dialogue on what the true art of rhetoric should be, and this is not surprising. After all, ever since the Thrasyllean classification, the Phaedrus had been regarded as the Platonic dialogue on rhetoric. (1) That one should not ‘throw arguments haphazardly’ but rather introduce a coherent, logical order in the argument so as to make the discourse ‘like a living being’ is a rule taken from Phaedrus 264b3 and 264c2–5. A similar critique of Lysias’ speech is made in Hermias’ commentary (which may draw on the same source as Proclus’ commentary): καὶ ὅτι οὐκ ἔχει ἀναγ­ καίαν τάξιν τὰ εἰρημένα οὐδὲ ἕνα εἱρμὸν καὶ ἓν σῶμα, ὡς τόδε μετὰ τόδε κεῖσθαι, ἀλλὰ χύδην βέβληται.8 (2) To make a good speech, one should apply the right method (see Phaidr. 270c4: ἄνευ τῆς μεθόδου ταύτης).9 This means, in particular, the dialectical method which makes it possible to define what the subject is about which one is speaking. For, as Socrates insists, it is not possible to speak well of something if one does not know the truth about the subject one is dealing with. A speech on love should 8

9

See Herm. In Plat. Phaidr. 2 p. 2, 11–13. I do not understand why the editors (Carlo M. Lucarini, Claudio Moreschini: Hermias Alexandrinus. In Platonis Phaedrum scholia [Berlin, New York 2010]) consider the whole passage 2, 8–16 as suspect: ‘haec hic legi stupemus, cum ex 263d–264c sumpta sint, summariumque Phaedri molestissime interrumpant (hic enim de 234–235 agitur)’. However, Hermias applies here the rules that are later formulated to explain why Socrates criticizes Lysias’ speech, as does the anony­ mous commentator quoted by Proclus. Hermias too criticized Lysias for having made a speech without method: ὅτι ἀμεθόδως καὶ ἀνηρτημένως ἔγραψεν (212 p. 222, 4).

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start from a definition of love (see 265d4, 277b6–8). This is what Socrates had already said at the beginning of his first speech: ‘in every discourse there is one and only one way of beginning if one is to come to a sound conclusion, that is to know what it is that one is discussing; otherwise one is bound entirely to miss the mark’ (237b7–c2; transl. W. Hamilton). This is what the anonymous commentator means when he insists on the necessity of passing from the investigation of the ‘what sort a thing is’ to ‘what it is’ (τὴν τοῦ ποιοῦ ζήτησιν εἰς τὸ τί ἐστιν ἀνάγουσαν). At first this sounds like an Aristotelian phrase.10 However, Hermias’ commentary on lemma 237b7–c2 shows that this passage in the Phaedrus was interpreted in this sense in the Platonic school. What is more, it was used to show how much Aristotle depends on Plato.11 As Hermias says, before investigating what sort of thing it is, one must investigate what it is (πρὸ γὰρ τοῦ ποῖόν τί ἐστι τὸ τί ἐστι ζητητέον). One must therefore first define the subject which one intends to discuss, and then take demonstrations from one’s definition, just as one must consider, before giving a definition, the method of division through which the definition is tracked down.12

(3) The third critique reminds us of Socrates’ ironical comment at Phaedrus 235a2–6: it seems to me that Lysias has said the same things two or three times over, either because he could not find sufficient matter to produce variety on a single topic (ὡς οὐ πάνυ εὐπορῶν τοῦ πολλὰ λέγειν περὶ τοῦ αὐτοῦ), or perhaps from sheer lack of interest in the subject (transl. W. Hamilton).

This comment will become a standard argument against bad rhetoric: some speakers seek a variation in vocabulary and figures to embellish 10

Cf. Aristot. Phys. II 6, 198a16, 32. See Prokl. Prov. 5, 8–10 who connects to this passage the view of ‘the ingenious Aristotle’ who teaches that one must ‘after investigating whether something exists examine next what it is’ (see Aristot. An. post. II 1, 89b24–5 and 89b34). Proclus praises Aristotle for the same reason in In Plat. Alc. 274, 32–275, 7. See also Simpl. In Aristot. Phys. 75, 4; Philop. In Aristot. An. 43, 8–10; Anon. Prol. Plat. Phil. 21, 2–6 (with other parallels in the note of Westerink). See Carlos Steel: Proclus. On Providence (London 2007) 43 n. 24–26. 12 Herm. In Plat. Phaedr. 50 p. 54, 9–12. 11

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their speech, using many words to say the same things, instead of articulating the subject and making a variety of words correspond to a variation in thought (ποικιλίαν νοημάτων), as in philosophical rhetoric. For all of these reasons, Socrates did not merely imitate Lysias’ logos, but rather brought it to greater perfection, though he argued for the same position as Lysias. Still, when Socrates goes over to the defence of the opposite thesis (πρόβλημα),13 arguing that one should only yield to the passionate lover, and enters into competition (ἀγῶνα) with Lysias in his pleading for the lover, he resorts to an abundance of refutations (ὑπερ­ βολὴν τῶν ἐλέγχων), using definitions, divisions, demonstrations, and every sort of means to counter his rival, choosing even a type of exposition (τὸν τῆς ἑρμηνείας τύπον) beyond what is usual, so that by the style of his speech (τῷ χαρακτῆρι τοῦ λόγου), i.e. by its grandeur (τῷ ἁδρῷ), he overthrows the style of the speeches of his rival, their leanness (τὸ ἰσχνὸν), and by attributing the change (ἐξαλλαγὴν 265a10) in style to divine inspiration (εἰς ἔνθεον κατακωχὴν 245a2), he conceals the cause from the ordinary (πολὺς) hearer (633, 3–9). The second part of the Phaedrus is clearly an example of counterwriting by opposition, since it not only refutes the views of Plato’s opponent, but also surpasses the opponent’s writing in the richness of its arguments and its stylistic expression. Instead of using the ‘simple genre’, Socra­tes gives a brilliant performance in the ‘grand style’ while speaking under ‘divine inspiration’. Such praise for the style of the Phaedrus, however, was not shared by literary critics in antiquity. Hermias informs us that some scholars had criticized Plato’s composition. First, they said, to write against (ἀντιγράφειν) Lysias’ speech and to emulate him is rather proper to a slanderous and contentious young person (φιλοτιμουμένον), who wants to make fool of the rhetor and expose his ignorance in the art of rhetoric (9 p. 10, 14–16). Why should a dignified philosopher such as Plato want to show that he could do better than the rhetor Lysias? Further, it is not agreed that Plato succeeded in bettering Lysias. The critics disapprove of Plato’s style ‘which is excessively beautiful (ἀπειροκάλῳ) and puffed up and bombastic and rather poetical’ (17–18). Hermias defends Plato against these objections. To explain why Plato composed a dialogue 13

The term is used in a rhetorical sense for a debated question.

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to counter (ἀντιγράφειν) Lysias, he refers to what Plato says in the Republic about the theoretical philosopher who is forced to come down to bring order in the city, and to become a politician for the benefit of all citizens. For the same reason, Socrates is compelled to come down and enter into a competition with Lysias, when he sees how Phaedrus, a young man with a talent for philosophy, has been deceived by his admiration for Lysias. He thus extricates the young man from the influence of merely apparent beauty, and helps him discover true beauty in the soul and mind (10 p. 10, 29–11, 10). Hermias also rejects the criticism of Plato’s style. Plato, Hermias says, always uses a style that corresponds to his subject. As the style of Lysias’ logos was ‘light and lean’ (λεπτὸς καὶ ἰσχνὸς), ‘Plato wanted to use the opposite style, the more noble, to impress and subdue the young man’. Moreover, as he was dealing with invisible and unknown beings, such as the Forms, Plato had to use a sublime language that denied entry to demagogues and ordinary people (p. 11, 11–20).14 The case of the Parmenides After having explained the three forms of counter-writing using three Platonic examples, let us now examine where Parmenides fits into this formal scheme. That the Parmenides can be interpreted as an antigraphê is evident from its general structure. Socrates comes to see Zeno ‘because he was eager to hear Zeno read his book (γραμμάτων)’ (127c1–3). Zeno argues against the supposition that there are many things. If things are many, then they must be both like and unlike; but this is impossible, and this impossibility refutes the assumption of a multiplicity of beings. ‘If I understand Zeno’s argument correctly’, Socrates says to Parmenides, ‘Zeno has written the same thing as you but by changing it round he tries to fool us into thinking he is saying something different’ (128a6–8, transl. Gill–Ryan). Zeno then agrees that his book has been composed ‘in defence of Parmenides’ logos’. Socrates is not surprised to hear that perceptible things partake in opposite attributes, but what is more difficult is the 14

On this section in Hermias see Irmgard Männlein-Robert: Longin. Philologe und Philo­ soph. Eine Interpretation der erhaltenen Zeugnisse (München, Leipzig 2001) 398–406.

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question of whether the Forms themselves may have opposite attributes. Parmenides agrees to undertake the examination of this question and to apply in a dia­lectical exercise ‘the method that Socrates just heard from Zeno’ – that is to say, Parmenides will start from an hypothesis and then see what follows from it. He makes, however, two improvements to this method. First, as Socrates asked, Parmenides will not ‘only remain among perceptible things’, but will also examine the opposites among intelligible forms; and second, he will not only examine the consequences of an hypothesis, but also of its denial (135d–136c). The subject that Parmenides takes for his examination is not the multiple – which was Zeno’s starting point – but rather his own hypothesis, the One. The foregoing should indicate that the Parmenides is a multifaceted antigraphê: young Zeno writes in indirect defence of Parmenides, Parmenides takes Zeno’s method and improves it. But what kind of a counter-writing is this dialogue – an imitation, or an opposition? In the transmitted text of Proclus’ commentary, the Parmenides is clearly classified under the heading ‘counter-writing by opposition’. The editors of the Budé edition, however, find this classification problematic. In their view the Parmenides must be treated as a counter-writing by imitation. They therefore transposed the section of the text dealing with the Parmenides, and placed it under the same heading as the Menexenus.15 To justify this editorial intervention they refer to what Proclus says in his summary of these interpreters’ position. Plato wrote the Parmenides against (ἀντιγράφειν) Zeno in an attempt to show on a more difficult hypothesis, that of the intelligibles, manifold inventions (ποι­ κίλας εὑρέσεις), which Zeno, they said, had left aside, as he was occupied with sense-objects and showed in them the clash of opposites (631, 8–633, 9).

According to the Budé editors, Plato’s purpose in writing the Parmenides is said to be similar to what he attempts in the Menexenus, namely to imitate a model by improving it and bringing it to perfection.16 However, 15

16

See on this transposition the philological note at the end of this essay. C. Luna, A.-Ph. Segonds: Proclus, 195: ‘En effet, la description du Parménide répond parfaitement aux caractères de l’ἀντιγραφή par imitation: (i) [dans le Parménide] Platon imite son modèle [le discours de Zénon]; (ii) Platon ajoute ce qui manque à son

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even if one must agree that the method of training in the Parmenides is formally the same as the Eleatic method applied by Zeno in his logos (with the two improvements just noted), the purpose of both discourses is quite different. In fact, Zeno takes ‘the many’ as his hypothesis, and shows that all manner of absurdities follow from this hypothesis: the many are similar and dissimilar, etc. (which indirectly confirms the truth of his master’s claim that all is One). Parmenides, however, examines his own hypothesis in the second part of the dialogue, namely that the One is. After his examination of all the implications both of the assertion and the denial of the One, Parmenides comes to the conclusion that ‘whether the One is or is not, both itself and the others, both in relation to themselves and to each other, all in all ways are and are not, and appear and do not appear to be’ (166c). This is an accumulation of opposites, which seems to reduce the hypothesis of the One to an absurdity no less than the hypothe­sis of the multiple, which was examined by Zeno. Both hypotheses, of the One and the multiple, lead to absurdities. When read in this way, the Parmenides is seen to be a counter-writing by opposition, for what distinguishes this type from a counter-writing by imitation is precisely that the purpose of the two logoi is different. And this is exactly what the anonymous commentator says: For while Zeno attempted with multiple arguments (πολλαχῶς ἐγχειρήσαντος) to catch out those who posit that beings are multiple, so that his refutation brought forth no less than forty arguments striking together contradictions, [Plato17], they say, produced this varied show of arguments (τὴν παντοδαπὴν ταύτην τῶν ἐπιχειρημάτων ἐπίδειξιν) with reference to the One, and in rivalry with the man who was struggling with the multitude of beings, he showed in the same way as he did, contradictions about a same subject. As Zeno refuted the many by showing that they are both alike and unlike, the same and not the same, different and not different, so in the same way [Plato] showed that the One is like and unlike, the same and not the same, different and not different and so for all other contradictory attributes, both affirming and denying what is mutually opposed, and not like [Zeno] only affirming. In this way he exhibited a far more varied wealth of arguments (τὸν πλοῦτον τῶν ἐπιχειρήσεων πολλῷ ποικιλώτερον δεῖξαι) than did Zeno, whose [wealth of arguments] had so amazed (ἐκπλήξαντος) modèle [...] (dans le Parménide, Platon ne se contente pas d’affirmer les contraires, comme l’a fait Zénon, mais il ajoute aussi leur négation); (iii) Platon dépasse son modèle.’ 17 In the dramatic structure it is Parmenides, not Plato speaking.

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other people that the sillographer18 called him ‘double-tongued’ (ἀμφοτερό­ γλωσσον) and in admiration of the ability of this man spoke of ‘the great and unwearied force of Zeno’. If he called Zeno double-tongued, what would he have called the man [sc. Plato] who increased many-fold the methods of inventions (τοῦ πολλαπλασιάσαντος τὰς μεθόδους τῶν εὑρέσεων)? (631, 25–632, 17)

It seems as though Plato, in this last part of the Parmenides, let Parmenides himself give a grandiose performance of the Eleatic method so brilliantly displayed by Zeno – but now to demonstrate exactly the opposite thesis as that defended by Zeno, namely to show that the hypothesis of an absolute unity involves as many contradictions as the hypothesis of an absolute multiplicity. Plato’s exploit in this dialogue is so formidable that he would deserve the ironic praises of ‘the sillographer’, Timon of Phlius. It almost seems as if Plato produced a parody, a pastiche of the Eleatic method, showing that he could do much better while arguing in exactly the opposite direction. He may have thus prepared the terrain for a new understanding of the thesis that all is One, as is evident in the doctrine of the Forms discussed in the first part of the dialogue. That the anonymous interpreter considered the Parmenides to be a counter-writing in opposition is also clear from the critique brought forward against this interpretation by later commentators, as Proclus informs us. To put Zeno and Parmenides in contradiction, they say, goes against the whole dramatic setting of the dialogue: It is most incongruous to describe Parmenides and Zeno as lover and beloved, the one the teacher and the other the disciple perfected by him, and then make the lover and the teacher ‘swim through such a sea of arguments’ against his beloved, the person whom he has brought to perfection. And it is also outrageous (as one can truly call it) to say that the one (Zeno) has prepared the book he wrote as an aid to Parmenides’ logos, while the other (Parmenides) is arguing against this aid that the former had given by working out these numerous arguments (ἐπιχειρήσεις) (633, 20–634, 4).

Syrianus, on whom Proclus depends for his historical survey, shares their criticism. He calls the ἀντιγραφή interpretation not only ‘implausible’ but ‘stupid’ (ληρώδης). As Syrianus says, it is Zeno himself who asks his master 18

Timon of Phlius, sceptical philosopher (ca. 325–235 BC) and author of Silloi, satirical verses against dogmatic philosophers.

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Parmenides to practise the dialectical method, and Parmenides would have used this opportunity to attack Zeno’s work: ridiculous! (640, 17–22). Parmenides and Zeno defend the same thesis, that all is One, and even Socrates – though formulating his critical remarks – shares the same view. In the Parmenides, Plato undeniably uses the Eleatic method. To say, however, that Plato wrote this dialogue as a refutation and parody of Zeno’s logos is less plausible. Still, this is not the main point of the anonymous interpretation, whose stress rather falls on the need for a rhetorical reading of the dialogue (this was also evident, as we have seen, in the interpretation of other dialogues). But what could be the special contribution of the Parmenides to rhetoric? After all, this dialogue – and in particular the dialectical exercise in the last part – could not be commended for its stylistic qualities, in contrast to the Menexenus or Phaedrus. We know from Proclus that Platonic commentators had been at great pains to defend the poor style of the Parmenides against criticism.19 But what about its contribution to rhetoric? As is clear from the texts quoted above, the Parmenides is praised above all for its ‘invention of arguments’: ποικί­ λας εὑρέσεις (631,10), τοῦ πολλαπλασιάσαντος τὰς μεθόδους τῶν εὑρέ­ σεων (632,16–17), τὸν πλοῦτον τῶν ἐπιχειρήσεων πολλῷ ποικιλώτε­ρον δεῖξαι (632,11–12).20 See also Theol. Plat. I 9 p. 38, 12–13 Saffrey–Westerink: τὴν τοιαύτην εὕρεσιν τῶν ἐπιχειρημάτων. And in fact, as we have already observed, invention is one of the major parts of rhetoric. Syrianus defines invention in his commentary on Hermogenes as ‘a discourse displaying an abundance of thoughts and arguments’ (λόγος νοημάτων καὶ ἐπιχειρημάτων εὐπορίαν περιέχων 13, 20), which is exactly what is praised in the Parmenides. One should also notice the term ἐπιχείρημα, which is 19

See Carlos Steel: Le jugement de Proclus sur le style du Parménide, in: John M. Dillon, Monique Dixsaut (eds.): Agonistes. Essays in Honour of Denis O’Brien (London 2005) 209–225; Friedrich Walsdorff: Die antiken Urteile über Platons Stil (Bonn 1927); Heinrich Dörrie, Matthias Baltes: Der Platonismus in der Antike, II (Stuttgart 1990) 110–149, 369–400. 20 Interestingly the young Socrates is also praised later for his ‘readiness for the method of invention’ (τὴν προθυμίαν πρὸς τὴν τῆς μεθόδου εὕρεσιν, 712, 18–19). See on this passage, Carlos Steel: De novis libris iudicia: Concetta Luna, Alain-Philippe Segonds (eds.) 2007. Proclus. Commentaire sur le Parménide de Platon, in: Mnemosyne 63 (2010) 120– 142, here: 140.

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often used for ‘attempted’ (ἐπιχειρέω) reasoning, i.e. dialectical argument over against demonstrative syllogisms (see Aristot. Top. I 4, 111b16). This is what is needed in a discourse before a tribunal, where the speaker must search for arguments pro or contra a stated thesis. In his translation of the Topics, Brunschwig interprets the term as ‘instrument d’attaque contre une thèse’.21 The method that Parmenides proposes for his exercise is indeed extraordinarily productive for the ‘invention’ of dialectical arguments, in particular, the hypo­thetical method and the examination of the consequences that follow not only from a given position, but also from the denial of that position. This is exactly what we are doing in a dialectical exercise, as explained in the Topics. As Aristotle states in that work, ‘if we have a method, we shall be able more easily to argue (ἐπι­χειρεῖν) about the subject proposed’ (I 2, 101a29–31). In the philosophical schools, Aristotle’s Topics was regarded as the standard handbook on invention. See Diogenes Laertius’ classification of Aristotle’s works: πρὸς τὴν εὕρεσιν τά τε Τοπικὰ καὶ Μεθοδικὰ παρέδωκε προτάσεων πλῆθος, ἐξ ὧν πρὸς τὰ προβλήματα πιθανῶν ἐπιχειρημάτων οἷόν τε εὐπορεῖν (V 29). Here again we find the vocabulary the anonymous commentator used to praise Plato’s Parmenides. In his commentary on the Topics, Alexander makes a point of saying that Aristotle’s treatise is ‘useful as [rhetorical] training’ (Aristot. Top. I 2,101a26–27). Alexander then explains that when we have a method that helps us discover arguments (μέθοδον τινα εὑρετι­ κὴν τῶν ἐπιχειρημάτων) – which is what we learn in the Topics – we shall be able to argue easily (ῥᾷον ἐπιχειρεῖν), just as those can argue easily who are trained by rhetorical exercises to distinguish the problems (τὰ προβλήματα) and comprehend the order of the chapters (τὴν τάξιν τῶν κεφαλαίων) (In Aristot. Top. 27, 19–23).

Even if we abandon the view that the Parmenides is an antigraphê, since it is not plausible to see Parmenides competing with his beloved disciple, we can still read the second part of the Parmenides as an extraordinary instance of a training in the method of invention of arguments by way of dialectical discussion. In fact, a Platonist can maintain that the Parme21

Jacques Brunschwig: Aristote. Topiques, I: Livres I–IV (Paris 1967).

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nides is much better at this – more ‘useful as [rhetorical] training’ – than Aristotle’s Topics: They say that this dialectic differs from the method of Aristotle in the Topics, in that the latter divides problems into four kinds and devises modes of argumentation (εὐπορίαν ἐπιχειρήσεων) for each kind. […] But the method described here develops for each of the problems a manifold invention of hypotheses, which, when examined, make the truth evident. So that a method of this sort does not fall beyond the compass of philosophy, as does the method of the Topics, but contributes to the quest of the truth itself (635, 1–14).

Whereas Aristotle’s Topics belongs to the ‘organon’ and is not a part of real philosophy, insofar as its only concern is a formal training in argumentation,22 the dialectical discussion in the Parmenides ‘contributes to the quest for the truth’ (cf. Parm. 136c4–5). Therefore, the Parmenides is not simply a counter-writing, and is even less a parody of the Eleatic method. It is rather Plato’s introduction to a philosophical dialectic, and an introduction that in many ways surpasses Aristotle’s topical dialectic. The debate in the dialogue’s second part provides more than formal training: it helps to solve the many aporias surrounding the One and the multiple that are raised in Parmenides’ and Socrates’ discussion of the Forms in the first part of the work. Proclus too easily dismisses this interpretation as being ‘logikos’, and thus, as disinterested in ‘pragmata’. To be sure, the ‘pragmata’ these interpreters are interested in are not the sublime doctrines about the first divine principles, which Proclus believes he finds in this dialogue. Is it possible to identify the two groups of interpretation? The first, focusing on literary genre, comes from Platonists who are reacting against authors like Dionysius of Halicarnassus and Aristides. The second group seems to be defending Plato against Peripatetics, arguing that, even in questions of method – where Aristotle is held up as the master – Plato has important things to say. We find similar views in the handbook of Alcinous (5–6). Altogether, it is plausible to place these interpretations in the

22

On the question whether the organon belongs to philosophy see Ilsetraut Hadot: Simplicius. Commentaire sur les Catégories (Leiden 1990) 161–168.

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second century AD. Syrianus (Proclus) probably knew of their opinions by way of the commentaries of Porphyry and (or) Iamblichus.23

Philological note Both in the Greek manuscripts and in the Latin translation by William of Moerbeke, the text of In Plat. Parm. 630, 26–633, 9 is transmitted in a state of disorder. (A) Εἰσὶ δέ τινες καὶ γεγόνασι τῶν ἔμπροσθεν, οἳ τὸν τοῦ διαλόγου τοῦδε σκοπὸν εἰς λογικὴν ἀνέπεμψαν γυμνασίαν, (B) (καθάπερ ἐν Θεαιτήτῳ πρὸς Πρωταγόραν ἀντέγραψε πάντων λέγοντα χρημάτων μέτρον τὸν ἄνθρωπον, δεικνὺς οὐ μᾶλλον ὄντα τοῦτον μέτρον πάντων χρημάτων ἢ ὗν καὶ κυνοκέφαλον), (C) καὶ χαίρειν ἀφέντες τὴν τῶν πραγμάτων θεωρίαν, ἰδόντες ἐφ’ ἑκάτερα κρουομένους τοὺς λόγους, […] καὶ ταῦτα περὶ τὰ αἰσθητὰ διατρίβοντα, καὶ ἐν τούτοις ἀπο­ φαίνοντα τὴν τῶν ἀντικειμένων συνδρομήν. (D) Καὶ γὰρ εἰωθέναι φασὶν οὗτοι τὸν Πλάτωνα ποιεῖσθαι τὰς ἀντιρρήσεις τὰς πρὸς τοὺς ἄλλους τριχῶς· καὶ τὰς μὲν κατὰ μίμησιν ὧν ἐκεῖνοι γεγράφασιν, ἐπὶ τὸ τελειότερον μέντοι προάγοντα τὴν μίμησιν […] ἀπειργασμένος· τὰς δὲ κατ’ ἐναντίωσιν πρὸς οὓς ἀγωνίζεται· (E) τὴν δὲ ἐπιγραφὴν, καίτοι παμπάλαιον οὖσαν, τὴν Περὶ τῶν ἰδεῶν ἀτιμάσαντες, ὡς εἰς μικρὸν μέρος τοῦ διαλόγου βλέψασαν, καὶ εἰς ἀπορητικὸν, καὶ οὐχ ὑφηγητικόν. Εἰσὶ δ’ οὖν τινες οἳ λογικὸν εἶναι τὸν σκοπὸν εἰρήκασι τοῦδε τοῦ διαλόγου (F) καθάπερ ἐνταῦθα πρὸς τὸν Ζήνωνα· πολλαχῶς γὰρ ἐκείνου καταλαβεῖν ἐγχειρήσαντος τοὺς πολλὰ τὰ ὄντα τιθεμένους, ὡς […] ἀμφοτερό­ γλωσσον προσειπών; (G) τὰς δὲ ἐκ τρίτων, ὁμοῦ μὲν κατὰ μίμησιν, ὁμοῦ δὲ κατ’ ἐναντίωσιν προΐστασθαι τῶν ἀντιγράφων (τοῦτο γὰρ ὑπόλοιπον), ὥσπερ, φασὶν, ἐν τοῖς πρὸς Λυσίαν λόγοις τὸν σοφιστὴν εἰς ταὐτὸν ἐπιχειρῶν […] τὸν πολὺν ἀκροατήν

Cousin² already noticed that section E is not in its rightful place, and transposed it tacitly to follow section A, where it fits very well. There is, however, also a problem with section B, where the Theaetetus is given as an example of ἀντιγραφή, since the discussion of the three types of ἀντι­ γραφή only begins at section D. Therefore, this section cannot be in its rightful place, and should rather occupy the place where we now have section E in the text tradition, as an example illustrating the second type of ἀντιγραφή, namely that by opposition. For some reason, the two sections 23

I thank David Dusenbury (Leuven) for editing my text.

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– B and E – were interchanged in the early tradition of Proclus’ commentary. One might suppose that both sections were added in the margins of the original text and only integrated into the text at the time when a copy was made. The copyist, however, confused the reference signs and inserted one addition in the place of the other. Section E is clearly such an addition. One could easily read and understand the text without this addition. The Theaetetus example in section B is also somehow redundant, because if we transpose it to where it should be placed, we have two examples of Platonic ἀντιγραφή by opposition: the Parmenides and the Theaetetus. It is possible that, in the original threefold division of antigraphic dialogues, the Menexenus, the Theaetetus and the Phaedrus were the only examples given. The addition of the Parmenides and the long development related to it may have displaced the example of the Theaetetus to the margins. The Budé editors, Luna–Segonds, reorganise the text more radically. They transpose the long Parmenides section (F) after ἀπειργασμένος in section D. These editors admit that such a complicated transposition is ‘difficile à expliquer’ (cf. p. 19 n. 2 with reference to p. 193–196 of the ‘notes complémentaires’). The only reason for this further complication is their conviction that the Parmenides cannot be an example of ἀντιγραφή by opposition, but should instead be classed under ἀντιγραφή by imitation. As we have seen above, this may well be Proclus’ own view of the matter, but it is not the view of the early commentators he criticizes.24

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For my arguments against the needless transposition proposed by Luna–Segonds see C. Steel: De novis libris iudicia, 129–131. See also David D. Butorac: ἀντιγραφή in Proclus’ In Parmenidem. A Correction of the Budé edition, in: CQ 65 (2015) 310–320.

Plotinus Orator Literary and Rhetorical Features in the Enneads JOHN DILLON

In ch. 14 of his Life of Plotinus, Porphyry notes of his master that «in style, he is concise, dense with thought, terse, more lavish of ideas than of words, most often expressing himself with a fervid inspiration».1 This, which is in general a very fair categorization of the content of the treatises, seems to leave not much room for literary or rhetorical ­elaboration – except perhaps under the heading of ‘fervid inspiration’ (enthousiôn kai ekpathôs phrazôn). However, as I hope to show in this short paper, dedicated as it is to a scholar deeply attuned to the literary aspects of philo­ sophy, especially that of Plato, even Plotinus is not quite indifferent to literary flourishes or rhetorical strategies in order to advance his positions. The one thing that I think we will not find in Plotinus, as one might in a more consciously literary figure like Plutarch of Chaeroneia, or Maximus of Tyre, or Philo of Alexandria, or even Plato himself, is the employment of literary flourishes for their own sake. In all cases, with Plotinus literary a­ rtistry is strictly subordinated to the purpose of philosophical exposition.2 1

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Ἐν δὲ τῷ γράφειν σύντομος γέγονε καὶ πολύνους βραχύς τε καὶ νοήμασι πλεο­νάζων ἢ λέξεσι, τὰ πολλὰ ἐνθουσιῶν καὶ ἐκπαθῶς φράζων. The translation is that of MacKenna – himself, of course, a master of literary style, who puts Plotinus into rather better English than Plotinus wrote Greek. There are good discussions of Plotinus’ style, and use of imagery and literary sources, in Vincenzo Cilento: Mito e poesia nelle Enneadi di Plotino, in: Les sources de Plotin (Vandœuvres-Genève 1960) 245–323; Rein Ferwerda: La signification des images et des méta­ phors dans la pensée de Plotin (Groningen 1965); Maria Pasquale Barbanti: La metafora in Plotino (Catania 1981); and Frederic M. Schroeder: Plotinus and Language, in: Lloyd Gerson (ed.): The Cambridge Companion to Plotinus (Cambridge 1996) 336–355.

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With that in mind, I would like on this occasion to examine a succession of passages in which Plotinus is attempting to put across to us concepts or intuitions of unusual difficulty or subtlety, and analyze to what extent he employs literary devices to assist him in this. These literary devices may consist of figures of speech (anaphora, assonance, hyperbaton, parisosis, polyptoton, or whatever), use of images, or use of myth – we may distinguish between these, but they may well all occur together. Even such a brief survey as this will, I think, serve to establish my contention that Plotinus can employ literary artistry most effectively when he puts his mind to it – which is not, admittedly, by any means all the time. Let us begin with a passage which attempts to characterize the relation of the higher soul with that lower soul which ‘accretes to’ it when it comes to be in the body. Here, in chapter 14 of Enn. VI 4 [22], ‘On the Omnipresence of True Being’, he is addressing the question of our true nature – What is the true core of our being? Is it our ‘higher’ soul, or is it our ‘accreted’, secondary self? – a matter of basic importance to him: Τὸ δὲ ἐκεῖ τὸ ἔκπαλαι καὶ τὸ ἐξαρχῆς· τὸ δὲ γινόμενον πελάζει καὶ συνάπτεσθαι δοκεῖ καὶ ἐξήρτηται ἐκείνου. ἡμεῖς δέ – τίνες δὲ ἡμεῖς; ἆρα ἐκεῖνο ἢ τὸ πελάζον καὶ τὸ γινόμενον ἐν χρόνῳ; ἢ καὶ πρὸ τοῦ ταύτην τὴν γένεσιν γενέσθαι ἦμεν ἐκεῖ ἄνθρωποι ἄλλοι ὄντες, καί τινες καὶ θεοί, ψυχαὶ καθαραὶ καὶ νοῦς συνημμένος τῇ ἁπάσῃ οὐσίᾳ, μέρη ὄντες τοῦ νοητοῦ οὐκ ἀφωρισμένα οὐδ’ ἀποτετμημένα, ἀλλ’ ὄντες τοῦ ὅλου· οὐδὲ γὰρ οὐδὲ νῦν ἀποτετμήμεθα. Ἀλλὰ γὰρ νῦν ἐκείνῳ τῷ ἀνθρώπῳ προσελήλυθεν ἄνθρωπος ἄλλος εἶναι θέλων καὶ εὑρὼν ἡμᾶς – ἦμεν γὰρ τοῦ παντὸς οὐκ ἔξω – περιέθηκεν ἑαυτὸν ἡμῖν καὶ προσέθηκεν ἑαυτὸν ἐκείνῳ τῷ ἀνθρώπῳ τῷ ὅς ἦν ἕκαστος ἡμῶν τότε·

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But what is there is the primeval, that which was from the beginning; but that which comes to be draws near it and thinks to be joined to it and suspends itself from it. But we, who are we? Are we that one, or that which accretes itself (sc. to the ori­ ginal soul) and comes to be in time? No, even before this coming-to-be came to be we were There (ekei), men of different nature, and some even gods, pure souls and intellect united with the whole of reality; we were parts of the intelligible, not marked off nor cut off, but belonging to the whole. And we are not cut off even now. But now another man, wishing to exist, has approached that man; and when he found us – for we were not outside the All – he wound himself round us and attached himself to that man who was then each one of us … (VI 4, 14, transl. Armstrong, slightly altered).

I have selected this passage primarily for its stylistic qualities – we may note the balanced clausulae, the repetition of key words, the hyperbaton (ἦμεν γὰρ τοῦ παντὸς οὐκ ἔξω) – but in fact imagery is also being employed: we have, first, the image of the other man ‘winding himself around’ the original man, and seeking to blend with him;3 and then, just after the passage quoted, we have the image of the single voice and utterance being heard by this one and that one variously, as they cock their ear to it (οἷον εἰ φωνῆς οὔσης μιᾶς καὶ λόγου ἑνὸς ἄλλος ἄλλοθεν παραθεὶς τὸ οὖς ἀκούσειε καὶ δέξαιτο). In the next chapter (15), this latter image is taken further – becoming, indeed, one of Plotinus’ notable ‘dynamic’ images4 – and we are presented 3

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This portrayal of the ‘lower man’ seeking to graft himself onto the ‘true man’ is curiously reminiscent of the Basilidian Gnostic doctrine of the prosphyês psyche, on which Isidorus, son of Basiides, actually composed a treatise (cf. Clem. Al. Strom. II 20, 113), but presumably in fact refers rather to the Plotinian ‘trace’ (ikhnos) of soul, which for Plotinus is the true seat of the passions, and of ‘raw’ sense-data (cf. e.g. Enn. IV 4, 18–21; 28–29). See commentaries ad loc. of Christian Tornau: Plotin. Enneaden VI 4–5 [22–23]. Ein Kommentar (Stuttgart, Leipzig 1998) and Eyjólfur K. Emilsson, Steven K. Strange: Plotinus. Ennead VI.4 and VI.5. On the Presence of Being, One and the Same, Everywhere as a Whole (Las Vegas, Zurich, Athens 2014). A concept which we owe ultimately to Émile Bréhier: Sur le problème de la philosophie de Plotin, in: Études de philosophie antique, éd. par Georges Davy, Pierre-Maxime Schuhl (Paris 1955) 218–224; and Émile Bréhier: Images plotiniennes et images bergso-

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with the scenario of some auditors hearing the sound (phonê) and comprehending the meaning (logos), while others (in this case representing the souls of irrational animals) hear the sound, but without comprehension. This in turn leads into an image of the body, infused by its own ‘lower’ soul, or trace of soul, which it derives from the World Soul, causing distress and annoyance to the higher soul by reason of its weakness, «flowing away itself and battered by blows from outside», and making an appeal to the ‘commonality’ (to koinon) of the living being, and thus disturbing the higher soul. And so we are led to yet another lively image, this time a political one (15, 23–32): It is like when an assembly of the elders of the people (ἐκκλησία δημογερόντων) sit in quiet consideration (ἐφ’ ἡσύχῳ συννοίᾳ), and the disorderly populace, demanding food and complaining of other sufferings, throws the whole assembly into an ugly tumult. Now if people like this keep quiet and a speech from a sensible man gets through to them, the multitude settles to a decent order, and the worse has not gained the mastery; but if not, the worse is master and the better keeps quiet, because the tumultuous mob could not receive the word from above (τὸν ἄνωθεν λόγον), and this is the vice of city and assembly (transl. Armstrong).

This passage, apart from giving us a nice insight into contemporary social realities and Plotinus’ own political sympathies,5 does serve to present a vivid image of the stresses and strains of psychological conflict. My point in quoting it, however, is not philosophical, but stylistic. It seems to me that no one, considering the contents of these two chapters, could maintain that Plotinus was a man with no concern for style – though it

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niennes, in: Études Bergsoniennes, II (1949) 105–128, where he suggests that Bergson borrowed the technique from Plotinus. Here I am suggesting a slight extension of the meaning of the term to cover a secondary image being adduced to reinforce the first. See on this topic the fine study of Dominic O’Meara: Platonopolis. Platonic Political Philo­sophy in Late Antiquity (Oxford 2003) and now the analysis of this passage by Filip Karfik: Δημογέροντες. L’image de l’assemblée dans les Ennéades VI 4 [22], 15, in: Filip Karfik, Euree Song (eds.): Plato Revived. Essays on Ancient Platonism in Honour of Dominic O’Meara (Berlin 2013) 85–95. Plotinus’ employment of the Homeric term dêmogerontes, however, does also evoke Homeric scenes, such as Il. III 146–160, where the old men are seated at the Scaean Gates, chirping like cicadas, and admiring Helen. The scene here, however, is of a very different nature, so that Plotinus’ use of the word involves a purely literary reminiscence.

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may indeed be the case that, in Porphyry’s words, he is ‘more lavish of ideas than of words’. The words, at least, are not lacking, nor is their orderly arrangement.6 But let us turn to another notable cluster of passages, to reinforce these points. The treatise VI 7 [38], ‘How the Multitude of the Forms Came into Being, and on the Good’, is widely recognised as containing many striking literary passages – all, admittedly, in the service of trying to illuminate difficult concepts, such as the mode of existence of entities in the intelligible realm, or Intellect’s cognisance of the Good. But in his efforts to characterise the intelligible realm, Plotinus is moved to eloquence, and to some notable imagery. Let us consider first VI 7, 12, 24–30, the culmination of an effort to explain how the intelligible realm is an archetype of the sensible, extended world: Ἔστι δ’ αὐτῶν ἡ οἷον ῥοὴ ἐκ μιᾶς πηγῆς, οὐχ οἷον ἑνὸς πνεύματος ἢ θερμότητος μιᾶς, ἀλλὰ οἷον εἴ τις ἦν ποιότης μία πάσας ἐν αὐτῇ ἔχουσα καὶ σῴζουσα τὰς ποιότητας, γλυκύτητος μετὰ εὐωδίας, καὶ ὁμοῦ οἰνώδης ποιότης καὶ χυλῶν ἁπάντων δυνάμεις καὶ χρωμάτων ὄψεις καὶ ὅσα ἁφαὶ γινώσκουσιν· ἔστωσαν δὲ ὅσα ἀκοαὶ ἀκούουσι, πάντα μέλη καὶ ῥυθμὸς πᾶς. They all flow, in a way, from a single spring, not like one particular breath or one warmth, but as if there were one quality which held and kept intact all the qualities in itself, of sweetness along with fragrance, and was at once the quality of wine and the characters of all tastes, the sights of colours and the awareness of touch, and all that hearings hear, all tunes and every rhythm (transl. Armstrong).

A notable feature of this passage is that Plotinus does not just produce a physical comparison for intelligible reality, but enumerates a series of individual qualities, to produce a more concrete and vivid impression (enargeia). His efforts to characterise the complex unity that is Intellect con6

One may consider in particular the repetitions, approximating to anaphora: γινόμενον … γένεσιν … γενέσθαι; ἀποτετμημένα … ἀποτετμήμεθα; περιέθηκεν … προσέθηκεν; ἄνθρωποι ἄλλοι … ἐκείνῳ τῷ ἀνθρώπῳ … ἀνθρωπος ἄλλος … ἐκείνῳ τῷ ἀνθρώπῳ.

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tinue for some while after this, culminating at the end of ch. 15 (25–26), with the remarkable image of the παμπρόσωπόν τι χρῆμα λάμπον ζῷσι προσώποις, ‘a thing all faces, shining with living faces’, conjuring up a vision akin to one of those ingenious contemporary posters, in which a face is portrayed composed of a myriad of little faces. The other purpose of this tractate, of course, is to explore by what means Intellect (and even the individual, employing his intellect) can – to some extent, at least – cognize the One or Good, and in that connection a notable passage of ch. 35 may be adduced (l. 20–28). This passage is well known to all those concerned with Plotinus’ philosophy of the One and its relation to Intellect, but I am concerned here primarily with its stylistic presentation: Καὶ τὸν νοῦν τοίνυν τὴν μὲν ἔχειν δύναμιν εἰς τὸ νοεῖν, ᾖ τὰ ἐν αὑτῷ νοεῖ, τὴν δέ, ᾗ τὰ ἐπεκεῖνα αὑτοῦ ἐπιβολῇ τινι καὶ παραδοχῇ, καθ’ ἣν καὶ πρότερον ἑώρα μόνον καὶ ὁρῶν νοῦν ἔσχε καὶ ἕν ἐστι. Καὶ ἔστιν ἐκείνη μὲν ἡ θέα νοῦ ἔμφρονος, αὕτη δὲ νοῦς ἐρῶν, ὅταν ἄφρων γένηται μεθυσθεὶς τοῦ νέκταρος. τότε ἐρῶν γίνεται ἁπλωθεὶς εἰς εὐπάθειαν τῷ κόρῳ· καὶ ἔστιν αὐτῷ μεθύειν βέλτιον ἢ σεμνοτέρῳ εἶναι τοιαύτης μέθης. Intellect also, then, has one power for thinking, by which it looks at its own contents, and one by which it looks at what transcends it by a direct awareness and reception, by which also before it saw only, and by seeing acquired intellect and is one. And that first is the contemplation of Intellect in its right mind, and the other is Intellect in love, when it goes out of its mind ‘drunk with the nectar’; then it falls in love, simplified into happiness by satiety; and it is better for it to be drunk with a drunkenness like this than to be too sober-sided for such a drunkenness (transl. Armstrong, slightly altered).

We may note here the ingenious contrast between Intellect at its ‘proper’ level of intelligizing its own contents, where it is emphrôn, and its reaching beyond itself to its source, where it becomes aphrôn, an aphrosynê which can then be characterized as ‘drunkenness’, with creative borrow-

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ing from the drunkenness of Poros as portrayed in the Symposium (203b). The motif of love as a form of insanity or intoxication is woven in, quite illegitimately, with the myth of Poros and Penia, since in that story there is no question of Poros being in love; he is simply drunk, having imbibed rather too freely of nectar at Aphrodite’s birthday party. When he staggers out into the garden, he is waylaid and seduced by Penia without knowing what he is doing; love does not come into it. This is not uncharacteristic of Plotinus’ use of myth, Platonic and otherwise, as we shall see shortly. Meanwhile, as a final comment on this passage, I will draw attention to the fine turn of phrase ἁπλωθεὶς εἰς εὐπάθειαν τῷ κόρῳ, ‘simplified7 into happiness by satiety’, as it is a good example of vivid prose in the service of a complex philosophical concept, to wit, that for Intellect the contemplation of its source, the One, results in both complete (and therefore supra-rational) simplification, and consequently complete joy and satisfaction.8 But let us turn now to another passage, this time from V 8 [31], ‘On the Intelligible Beauty’ – in the midst of the so-called ‘Großschrift’, from which many examples of fine writing and vivid imagery may be drawn, where he is once again concerned with the mode of existence of the inhabitants of the intelligible world, in this case the Forms. Here we may note, in particular, the almost incantatory repetition, in the first part of the passage, of the word ouranos (in the sense of the intelligible heaven, rather than the physical heaven), and in the last part of various forms of pas (V 8, 3, 32–4, 8): Πάντα γὰρ ἐκεῖ οὐρανὸς καὶ ἡ γῆ οὐρανὸς, καὶ θάλασσα καὶ ζῷα καὶ φυτὰ καὶ ἄνθρωποι, πᾶν οὐράνιον ἐκείνου τοῦ οὐρανοῦ –

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If that is what ἁπλωθείς really means here. Hadot, in his edition (Plotin. Traité 38 [Paris 1988]), following Ficino (seipsum diffundens), translates it as ‘opened up’ (‘s’épanouis­ sant’), which is equally possible; but my point is not affected: with the former translation, the dominant concept is that of the self-simplification of the supra-intellectual state; in the latter case, the image is rather that of self-dissolution. With an allusion, perhaps, to Plato’s ‘etymology’ (Krat. 396b6–7) of Kronos as koros tou nou, alluded to also by Plotinus at V 1, 4, 7–11 and 7, 33–36.

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οἱ δὲ θεοὶ οἱ ἐν αὐτῷ οὐκ ἀπαξιοῦντες ἀνθρώπους οὐδ’ ἄλλο τι τῶν ἐκεῖ πᾶσαν μὲν διεξίασι τὴν ἐκεῖ χώραν καὶ τὸν τόπον ἀναπαυόμενοι – καὶ γὰρ τὸ ῥεῖα ζωεῖν ἐκεῖ, καὶ ἀλήθεια δὲ αὐτοῖς καὶ γενέτειρα καὶ τρόφος καὶ οὐσία καὶ τροφή – καὶ ὁρῶσι τὰ πάντα, οὐχ οἷς γένεσις πρόσεστιν, ἀλλ’ οἷς οὐσία, καὶ ἑαυτοῦς ἐν ἄλλοις· διαφανῆ γὰρ πάντα καὶ σκοτεινὸν οὐδ’ ἀντίτυπον οὐδέν, ἀλλὰ πᾶς παντὶ φανερὸς εἰς τὸ εἴσω καὶ πάντα· φῶς γὰρ φωτί. Καὶ γὰρ ἔχει πᾶς πάντα ἐν αὑτῷ, καὶ αὖ ὁρᾷ ἐν ἄλλῳ πάντα, ὥστε πανταχοῦ πάντα καὶ πᾶν πᾶν καὶ ἕκαστον πᾶν καὶ ἄπειρος ἡ αἴγλη. For all things There are heaven, and earth and sea and plants and animals and men are heaven, everything which belongs to that higher heaven is heavenly. The gods in it do not reject as unworthy men or anything else that is there; it is worthy because it is there, and they travel, always at rest, through all that higher country and region – for it is ‘the easy life’9 there, and truth is their mother and nurse and being and food – and they see all things, not those to which coming to be, but those to which real being belongs, and they see themselves in other things; for all things there are transparent, and there is nothing dark or opaque; everything and all things are clear to the inmost part to everything; for light is transparent to light. Each thing there has everything in itself and sees all things in every other, so that all are everywhere and each and every one is all, and the glory is unbounded (transl. Armstrong).

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A reference to the Homeric phrase used to characterise the gods on Olympus, θεοὶ ῥεῖα ζώοντες (e.g. Il. VI 138; Od. IV 805).

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All this, once again, is deployed in the service of elucidating a very ­ ifficult philosophical concept – the total interpenetration and mutual d comprehension of all the inhabitants of the intelligible realm. The evocation of the ‘easy living’ of the Olympian gods might seem an almost humorous touch, except that Plotinus is not a man much given to joking; ­instead, it is an indication of how Plotinus would allegorize the feasting and jollity on Olympus depicted by Homer. Once again, Plotinus achieves his effect by the enumeration of individual items (γῆ, θάλασσα, ζῷα, φυτά, ἄνθρω­ποι). We have been focusing so far chiefly on the employment of stylistic devices in the service of philosophical conceptualization, though we have observed a number of striking images also, such as the voice in the wilderness, the unruly assembly, the compound of all sensations, and the ‘face all faces’. It remains, first, to draw attention to some further fine images, and then to look briefly at how Plotinus makes use of myth. As for imagery, Plotinus’ propensity for employing so-called ‘dynamic images’ – images that seem to develop even as he sets them out – is well known, and has been much discussed.10 We may think of such passages as V 1, 2, the great description of soul ‘lighting up’ the physical universe (first all is darkness, then the light pours in, illuminating all the features of the globe); the hand carrying the plank, in VI 4, 7, as an image of the way the immaterial – primarily the soul – infuses material bulk (first think of the hand carrying the plank, its power extending throughout the whole length of the plank; then think away the hand!) – this being followed in turn by the image of the luminous sphere, lit by a small light in the centre (first focus on the central light; then think away the light source: the sphere remains uniformly illuminated!); the procession of the Great King in V 5, 3, 9–17, where the procession begins with the lowest functionaries, and we get the additional detail that some people who do not understand the protocol actually go away before the King himself arises – a dig at those (Platonists and others) who regard intellect rather than the One as the highest principle! 10

Notably by Bréhier: Images, and Ferwerda: La signification; and, particularly on Plotinus’ use of light imagery, Werner Beierwaltes: Die Metaphysik des Lichtes in der Philo­ sophie Plotins, in: ZPhF 15 (1961) 334–362.

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Then there is the net in the water, at IV 3, 9, 36–42: The universe lies in soul which bears it up, and nothing is without a share of soul. It is as if a net immersed in the waters were alive11, but unable to make its own that in which it is. The sea is already spread out and the net spreads with it, as far as it can; for no one of its parts can be anywhere else than where it lies (transl. Armstrong).

– where we have first the vision of the fisherman’s net cast over the water, and then the additional thought that the net is alive, but yet cannot exer­cise any control over its environment. But the image that I wish to focus on in particular is that of the Great Tree, as being an attempt to characterize the nature of human existence, rather than to address the ineffabilities of the intelligible world or even the One. This occurs in III 3, 7, 8–24, at the culmination of his major discussion of providence: For the gathering together of all things into one is the principle, in which all are together (homou panta) and all make a whole. And individual things proceed from this principle while it remains within; they come from it as from a single root which remains static in itself, but they flower out into a divided multiplici­ty, each one bearing an image of that higher reality, but when they reach this lower world one comes to be in one place and one in another, and some are close to the root and others advance farther and split up to the point of becoming, so to speak, branches and twigs and fruits and leaves; and those closer to the root remain for ever, and the others come into being for ever, the fruits and the leaves; and those which come into being for ever have in them the logoi of those above them, as if they wanted to be little trees; and if they produce before they perish, they produce only what is near to them. And what are like the empty spaces between the branches are filled with shoots which also grow from the root – these, too, in a different way; and the twigs on the branches are also affected by these, so that they think the effect on them is only produced by what is close to them; but in 11

The text here (ζῴη) has, admittedly, been challenged. Theiler (Richard Harder, Rudolf Beutler, Willy Theiler: Plotins Schriften, IIa. Text und Übersetzung der Schriften 22–29 [Hamburg 1962], ad loc.) wished to delete it, and Henry–Schwyzer, who are uncomfortable with it (vix recte), make the rather wild suggestion ἐρωῇ, an almost exclusively Homeric verb meaning ‘rush forth’ (Paul Henry, Hans-Rudolf Schwyzer [ed.]: Plotini opera. Enneades IV–V [Oxford 1977], ad loc.); but Plotinus’ point surely is that this net (the body) possesses a degree of life, but yet is not capable of appropriating the medium in which it floats (the soul).

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fact the acting and being acted upon are in the principle, and the principle itself, too, is dependent (transl. Armstrong, slightly altered).

One thinks here of some wild, gnarled old thorn tree, such as I have a fine example of on one of my regular walks, and which I contemplate with this image in mind every time I pass it. There is contained here, of course, a great deal of subtle doctrine concerning the workings of providence which it is not my concern to expound on the present occasion; for the moment, I wish to focus solely on the imagery. But we may pass now, in conclusion, from his use of imagery to his employment, and manipulation, of myth. To illustrate this on the present occasion I will confine myself to a number of instances in his great treatise ‘Problems of the Soul’ (IV 3–4 [27–28]), on which I happen at the moment to be working.12 I note first, in passing, his reference to the Orphic myth of Dionysus being seduced down to earth, to his destruction, by the Titans with a mirror, at the beginning of IV 3, 12,13 in connection with the descent of human souls into embodiment, largely to their detriment. This is an elegant ornamentation of his argument, but I will turn rather, first, to his remarkable interpretation of the myth of Prometheus and Pandora in ch. 14. We have here one of Plotinus’ more remarkable efforts at allegory, in this case of the creation and adornment of Pandora, as recounted in Hesiod’s Works and Days, 60–89.14 The details of what represents what in this chapter are not always clear, but its last sentence shows that Plotinus is not in any case concerned with a precise interpretation; he merely wants Hesi­ od’s story of the equipment of Pandora, and the originally quite unconnected tale of Heracles’ rescue of Prometheus from his imprisonment by Zeus (Theogony 521–528), to represent the ensoulment of the world and the soul’s retention of the power to raise itself back to the intelligible. The derivation of one order from another indicates that the first adornment of 12

See now John M. Dillon, Henry J. Blumenthal: Plotinus. Ennead IV.3–IV.4.29: Problems Concerning the Soul (Las Vegas, Zurich, Athens 2015). 13 Well dealt with by Jean Pépin: Plotin et le miroir de Dionysos (Enn. IV 3 [27], 12, 1–2), in: RIPh 24 (1970) 304–320. 14 On Pandora and Hesiod in Plotinus, see Robert Lamberton: Homer the Theologian (Berkeley, Los Angeles 1986) 103–104. See also ibid. 100–103 on Heracles and his shade below.

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the world is the World Soul, the subsequent one its acquisition of the World Soul’s lower phase, physis or Nature. It is necessary for our purpose to quote the passage at length: In consequence of all this, this ordered universe, which shines already with many lights and is illuminated by souls, receives further forms of order in addition to the previous ones, deriving one from another, both from the gods there and from the other intellects which produce souls. Such, it seems, is the riddling meaning of the myth, which tells how, when Prometheus had fashioned the woman, the other gods too adorned her. It says he ‘mixed earth with water’ and put a human voice in her, and made her like the goddesses in appearance, and Aphrodite gave her something and so did the Graces, and other gods gave her other gifts, and they named her from the gift and from all the givers; for all gave their share to this product fashioned, as it were, by fore-thinking. But what could Epimetheus’ rejection of the gift mean other than that the choice of what is in the intelligible realm is better? And he who fashioned it is himself in bondage because he is somehow still attached to what has come into being through him, and this kind of bond comes from outside. And the liberation by Heracles signifies that he has power within him, such that even so he can free himself (my transl.).

Rather than being concerned with the details of how these myths might apply, Plotinus seems to be treating them with a cavalier disregard for accuracy, and to be playing with words and ideas in an almost Platonic manner. Thus in Hesiod it is not Prometheus who fashions Pandora, but Hephaestus, assisted by Athena, Aphrodite and Hermes, at Zeus’s behest, precisely in order to punish Prometheus, and with him his protégés, the human race, for his theft of fire from Olympus. It is the gods who should be the subjects of the infinitives translated ‘mixed’, ‘put in’, ‘gave’: Plotinus has omitted Athena’s gift of the skill to weave and, more interestingly, Hermes’ insertion of ‘lies and wheedling words and a thieving disposition’, which would not fit his picture of a fundamentally good cosmos. Epimetheus’ choice to refuse the gift is a most daring recasting of the story to suit Plotinus’ own purposes: Hesiod’s Epimetheus accepts the gift, and true to his name – ‘After-thinker’ – realizes his mistake too late. Then, the whole business of ‘he who fashioned it (ho poiêsas)’, sc. Prometheus, ‘being bound’ is borrowed from the alternative story, sketched in Theogony 521– 531, which has Prometheus bound by Zeus’s orders to a rock in the Caucasus, his liver being devoured by an eagle, until he is allowed to be rescued by Zeus’s son Heracles. The consciousness that he is in fact playing fast and

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loose with the details of the myth may explain the rather coy little epilogue with which Plotinus closes the chapter: ‘Now one may interpret this story any way one wishes; the important thing is that it is the circumstances of the gift to the cosmos that is the clear subject of this story, and that is in harmony with my account.’15 A less idiosyncratic, but still creative, use of myth is to be found a little later, in chapters 27 and 32 of IV 3, where he is concerned to pin down at precisely which level or levels of soul we may postulate memory to arise. This involves him in making a distinction, as frequently elsewhere, not between the rational and irrational ‘parts’ of the soul of more traditional Platonism, but rather between the (descended) rational soul, which is for him the soul ‘proper’, and seat of the personality, the ‘we’ (hêmeis), and the irrational, ‘vegetative’ soul deriving directly from the lower aspect of the World Soul, or Nature. His answer is that in fact both of these might be deemed to possess a faculty of memory.16 In that connection, he calls to mind the interesting passage in Odyssey XI 601–604, where Odysseus, on his visit to Hades, is confronted by Heracles, and the poet, conscious that tradition also places Heracles among the gods on Olympus,17 is moved to make a distinction: 15

This remark is indeed a nice instance, I think, of a general strategy of Plotinus, which has been analysed very well by Pierre Hadot (cf. above, n. 7) in the introduction to his translation of VI 7, 18–20 to back up his dialectical arguments by adducing also rhetorical devices, such as imagery and myth, in order to reinforce dialectical necessitation (anagkê) by the ‘sweetening’ of persuasion (peithô), a procedure that he would have seen as thoroughly Platonic (cf. e.g. Leg. X 903b1–2 and Enn. I 2, 1, 51; V 3, 6, 9–11; VI 5, 11, 5–7). Hadot identifies this pattern as running through VI 7 – including the passage VI 7, 12 that I have examined earlier – but it is a quite general pattern throughout Plotinus’ work; consider, for instance, the role of the images of the play and the dance in III 2, 15– 16, or that of the great tree in III 3, 7. 16 I have discussed this question of the two levels of memory (and phantasia) within the embodied soul earlier, in: Plotinus and the Transcendental Imagination, in: James P. Mackey (ed.): Religious Imagination (Edinburgh 1986) 55–64 (repr. in: John Dillon: The Golden Chain. Studies in the Development of Platonism and Christianity [Aldershot 1990] Essay XXIV). See also Elena Gritti: La φαντασία plotiniana tra illuminazione intellettiva e impassibilità dell’anima, in: Riccardo Chiaradonna (a cura di): Studi sull’anima in Plotino (Napoli 2005) 251–274. 17 It is generally agreed, in fact, in modern scholarship that this passage is a ‘rhapsodic’ interpolation, provoked by the reflection that Heracles is elsewhere attested to have as-

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his shade, that is, but he himself among the immortal gods enjoys their festivals, married to sweet-stepping Hebe, child of great Zeus and Hera of the golden sandals.

The shade (eidôlon) of Heracles stands for the lower soul, or aisthêti­ kon, which remembers all the details of our mortal existence, while the memory possessed by the higher soul, represented by Heracles himself (autos), has a much more problematical relationship to the details of any given human embodiment, such as will be explored in what follows.18 Once again, we need to quote the passage at some length (27, 1–20): But which soul, the one we call the more divine, by virtue of which we are who we are, or the other which we have from the world as a whole? The answer is that we must say that there are memories proper to each of the two, some peculiar to each and some common to both. And when the two souls are together, the memo­ ries are all together, but when they become separate, if both were to exist and remain, each would have its own memories for a longer time, but also, for a short period, those of the other. In any case, the shade of Heracles in Hades – I think we must consider this shade also to be us – remembers all the things that were done in his life, because his life belonged predominantly to the shade. But the other souls which became identified with the compound nevertheless had no more to say: it is merely what belonged to this life that these souls too knew about, other than perhaps something to do with justice. But what Heracles himself, the one separate from the shade, had to say is not mentioned. What then would that other soul say when it has been freed from the body and is on its own? The one which drags along with it anything at all would speak about all the things that the human being did or suffered, but with the progress of time after death, memories of other things would appear from its former lives, and so it would hold some of the memories of the latest life of little value, and dismiss them. When it has been purified of body to a greater extent, it will pass in review even some things which it did not hold in its memory here (my transl.).

cended into heaven, so that he cannot really be here in Hades; but Plotinus would have no inkling of this. 18 Jean Pépin has a good discussion of this passage also, in: Héracles et son reflet dans le Néoplatonisme, in: Le Néoplatonisme. Colloques internationaux du CNRS (Royaumont, 9–13 Juin, 1969) (Paris 1971) 167–192.

Plotinus Orator

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So here the poet’s (or two different poets’) solution to a contradiction in the mythological record provides Plotinus with a proof-text to support a rather sophisticated psychological theory – but since Homer, from the perspective of later Platonism, is regarded as a divinely-inspired poet, there is no difficulty, in Plotinus’ mind, about his having recognised this distinction himself. The myth is reintroduced a little later, at the end of ch. 32 – and, rather bizarrely, continues on, by virtue of Porphyry’s editorial arrangements, into the beginning of IV 4: So that anyone saying that the good soul is forgetful would be right in this sort of way. For it flees from multiplicity, and brings multiplicity together into one, thus getting rid of indefiniteness. In this way it is not involved with many concerns, but travels light and is focused upon itself; since even in this realm, whenever it wants to be in the other realm, it gets rid of everything that is other than it while it is still here; and when it is in the heavens it will get rid of more. For example, the Heracles we spoke of above would talk about his past brave deeds, but the other Heracles would think these things unimportant, and when he has been transferred to a holier place, and has come to be in the intelligible realm, and to a degree surpassing the other Heracles prevails in the contests in which the wise contends [IV 4, 1], what will he say then? And in general of what things will the soul retain memory when it is in the intelligible and comes to be in that Being? It would be logical to say that it contemplates the things there and is active in relation to things there among which it is, and that otherwise it would not be there (IV 3, 32, 17– IV 4, 1, 4, my transl.).

Once again, we are not here concerned primarily with Plotinus’ psychological theories, interesting though they are, but rather with his literary use of myth. We can see him here, not so much distorting the myth concerned, as drawing out of it levels of meaning not dreamt of by the poet himself. We could indeed pursue this enquiry much further. I have not, for one thing, turned to examine Plotinus’ extensive use of Platonic myth, in Enn. III 5, ‘On Love’, for example, even as I have left aside many striking images from other treatises. But this does not aspire to being a comprehensive survey. I simply wish to recall to our minds an aspect of Plotinus’ oeuvre that is not generally accorded much attention, and that is his considerable literary skill. He himself would not have placed much emphasis on this – he would not have wished to be regarded, as he himself is said

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John Dillon

by Porphyry (Vita Plot. 14, 18–20) to have characterised his contempor­ ary Platonist Longinus, the dominant contemporary Platonist in Athens,19 as a mere philologos, rather than a philosophos – but in the interest of clarifying or illuminating a knotty point of philosophy, he is certainly prepared to pull out all the stops, and I think that we have some nice examples of that set out here.20

19

Probably, but not certainly, the Platonic ‘Successor’ (diadochos) – that is to say, the holder of the Chair of Platonism established by Marcus Aurelius back in 176 A.D., and Porphyry’s own earlier teacher. 20 I am much indebted to Christian Tornau for suggesting many improvements to this paper. Its surviving inadequacies are to be imputed to my obstinacy.

Die Sehnsucht des Logos Seelenlehre und Psychagogie bei Plotin C H R I S T IA N T O R NAU

Ist Plotin ein philosophus orator, ein mit rhetorischen Mitteln arbeitender Philosoph? Es ist nicht leicht, auf diese Frage eine rasche und bündige Antwort zu finden. Einerseits scheinen seine von Porphyrios in der Enneaden-Ausgabe gesammelten Schriften einen dezidiert unliterarischen Charakter zu haben. Als ursprünglich nur einem inneren Schülerkreis zugänglich gemachte Schulschriften sind sie knapp und voraussetzungsreich und wirken oft notizenartig;1 für die Interpretation ihres Argumenta­ tionsgangs ist mit den Kategorien der schulmäßigen antiken Rhetorik nur selten etwas auszurichten.2 An diesem Befund ändern auch einige unzweifelhaft vorhandene stilistische Glanzlichter und die eindrucksvollen, zum Teil an Mythen und Gleichnisse Platons erinnernden dynamischen Bilder3 grundsätzlich nichts. 1

2

3

Nach Angaben des Porphyrios pflegte Plotin seine Texte nach dem Schreiben nicht noch einmal durchzusehen (Vita Plot. 8, 1–4; zur Gedrängtheit des plotinischen Stils ebd. 14, 1–2). Vgl. meinen Versuch einer argumentationstechnischen Analyse von II 4, 1–5 in Christian Tornau: Die Enthüllung der intelligiblen Materie. Ein Versuch über die Argumentationstechnik Plotins (Enn. 2, 4 [12] 1–5), in: Michael Erler, Jan Erik Heßler (Hg.): Argu­ment und literarische Form in antiker Philosophie. Akten des 3. Kongresses der Gesellschaft für antike Philosophie 2010 (Berlin, Boston 2013) 517–540. Vgl. den Beitrag von John Dillon in diesem Band. Zur Metaphorik Plotins vgl. Rein Ferwerda: La signification des images et des métaphores dans la pensée de Plotin (Groningen 1965). Zum Begriff der ‘bewegten’ oder ‘dynamischen’ Bilder vgl. Émile Bréhier: La philosophie de Plotin (Paris 1928) 20–22. Einen unübertroffenen Überblick über Mythen und Dichterzitate bei Plotin bietet Vincenzo Cilento: Mito e poesia nelle Enneadi di Plotino, in: Les Sources de Plotin (Vandœuvres-Genève 1960) 245–323. Grundlegend

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Christian Tornau

Andererseits: Sofern wir uns nicht zu rasch auf den Rhetorikbegriff der antiken Handbücher festlegen, hindert uns prima facie nichts daran, bei Plotin rhetorische Techniken zu suchen, die in einer eigenen, näher zu bestimmenden Art im Dienst des philosophischen Anliegens stehen. Wichtiger als alle von den Handbüchern im Detail ausgebreiteten Überzeugungsmittel ist der antiken Rhetorik immer das Ziel des Überredens oder Überzeugens (πιθανόν, πείθειν; persuadere) selbst gewesen, also eine bestimmte Wirkung auf den Adressaten, um derentwillen jede Schulregel bedenkenlos gebrochen werden durfte.4 Ziel der Philosophie wiederum ist in der Antike bekanntlich nicht in erster Linie die theoretische Belehrung. Nach einer im Hellenismus, etwa von Cicero, gern wiederholten Formel ist sie «Medizin für die Seele»,5 und Ciceros Lehrer Philon von Larissa entwarf eine philosophische Therapeutik, deren Verfahren in nach dem seelischen Zustand des Adressaten – des philosophischen Schülers oder Patienten – differenzierten Logoi bestand.6 Man könnte also mit nur leichter Übertreibung von einer natürlichen Konvergenz von Rhetorik und Philosophie sprechen. für die sprachlichen und stilistischen Eigenheiten Plotins bleibt Hans-Rudolf Schwyzer: s.v. Plotinos, in: RE 21.1 (1951) 471–592, hier: 512–530; RE Suppl. 15 (1978) 310–328, hier: 321–323. Siehe außerdem John F. Phillips: The Prose Style of Plotinus. Rhetoric and Philosophy in the Enneads (Diss. Madison 1980) 31–199. Manche neuere Arbeiten zu Plotin sind trotz des Titels nicht einschlägig, z.B. Michel Fattal: Logos et image chez Plotin (Paris 1998); hier geht es um die metaphysischen Begriffe λόγος und εἰκών, nicht um sprachlich-literarische Erscheinungen. In der Regel anders gelagert ist auch das Erkenntnisinteresse der Studien zu Plotins Sprachphilosophie – z.B. John H. Heiser: Logos and Language in the Philosophy of Plotinus (Lewiston 1991) –, obwohl man durchaus fragen könnte, wie sich das neuplatonische ‘Sagen des Unsagbaren’ in stilistisch-literarischer Hinsicht realisiert; vgl. den Beitrag von Michele Abbate in diesem Band. 4 Quint. Inst. II 13, 6–8: neque enim rogationibus plebisve scitis sancta sunt ista praecepta, sed hoc quidquid est utilitas excogitavit […] si eadem illa nobis aliud suadebit utilitas, hanc relictis magistrorum auctoritatibus sequemur; Tobias Reinhardt, Michael Winterbottom (eds.): Quintilian. Institutio oratoria Book 2 (Oxford 2006) 199–201. 5 Cic. Tusc. III 6. Grundlegend hierzu Pierre Hadot: Exercices spirituels et philosophie antique (Paris 31993, 11981); außerdem mehrere Arbeiten von Michael Erler zur philosophia medicans. Zu Plotins Schriften als «exercices spirituels» im Sinne Hadots vgl. Bertrand Ham: Plotin. Traité 49 (V 3) (Paris 2000) 27–32 («Lire un traité de Plotin»). 6 Test. XXXII Brittain = Stob. II 7, 2, II p. 39–41 W.–H. und dazu Charles Brittain: Philo of Larissa. The Last of the Academic Sceptics (Oxford 2001) 255–295.

Seelenlehre und Psychagogie bei Plotin

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Gerade mit Blick auf Plotin erheben sich hier jedoch einige Einwände. Erstens: Während der rhetorische Überzeugungsprozess notwendigerweise durch das gesprochene oder allenfalls geschriebene Wort erfolgt, ist dies bei philosophischer Therapeutik nicht unbedingt der Fall. Bei Plotin ist das Endziel allen philosophischen Bemühens die Einswerdung mit dem ersten und höchsten Prinzip, dem Einen oder Guten, das sprach­ licher Erfassung per se nicht zugänglich ist. Kann Rhetorik unter diesen Umständen in Plotins Denken überhaupt eine systematische Rolle spielen? Zweitens: Wie verhält es sich mit dem Kontrast von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit? Der alte Streit zwischen Rhetorik und Philosophie ist ja nicht zuletzt dadurch verursacht, dass die Philosophie sich mit dem πιθανόν, auf welches die Rhetorik allein zielt, nicht zufriedengeben kann und will.7 Plotin seinerseits steht nicht nur für den traditionellen Anspruch des Platonismus auf Wahrheitserkenntnis, sondern verteidigt diesen auch gegen neuere skeptische Attacken8 – wozu da Rhetorik? Drittens: Selbst wenn die Texte Plotins die Absicht einer therapeutischen Wirkung auf die Seele mit sprachlichen Mitteln erkennen lassen (was sicher der Fall ist), sind wir darum noch nicht berechtigt, hier von Rhetorik zu sprechen – oder allenfalls in einem allgemeinen und verdünnten Sinne, der wenig aussagekräftig und womöglich unplotinisch ist. Dem letzten Einwand ist relativ leicht zu begegnen. Plotin kannte natürlich Platons Bestimmung von Rhetorik als Psychagogie im Phaidros:9

7

8

9

Vgl. mit Blick auf Platon Markus Janka: s.v. Rhetorik, in: Christian Schäfer (Hg.): Platon-Lexikon. Begriffswörterbuch zu Platon und zur platonischen Tradition (Darmstadt 2007) 238–241 (Gegensatz von sokratischer «Wahrheitsrhetorik» und sophis­ tischer «Erfolgsrhetorik»). Differenziert zu Platons Theorie und Praxis der Rhetorik: Michael Erler: Grundriß der Geschichte der Philosophie, begründet von Friedrich Ueberweg. Völlig neu bearbeitete Ausgabe. Die Philosophie der Antike, II 2: Platon (Basel 2007) 498–506. Vgl. z.B. Dominic O’Meara: Scepticisme et ineffabilité chez Plotin, in: ders.: Sur les traces de l’absolu. Études de philosophie antique (Paris 2013) 79–95 (zuerst in: Monique Dixsaut [éd.]: La connaissance de soi. Études sur le traité 49 de Plotin [Paris 2002] 91– 103); Wilfried Kühn: Quel savoir après le scepticisme? Plotin et ses prédécesseurs sur la connaissance de soi (Paris 2009). Die Übersetzung folgt mit wenigen Modifikationen Ernst Heitsch (Hg.): Platon. Phaidros. Übersetzung und Kommentar (Göttingen 21997).

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T 1 Da es nun zutrifft, dass die Bedeutung der Rede in der Seelenführung (ψυχαγωγία) liegt, muss der angehende rhetorische Experte wissen, wie viele Typen der Seele es gibt. Es gibt also so und so viele und von der und der Beschaffenheit, weshalb die einen Menschen so, die anderen anders werden. Sind die Typen der Seele nun so unterschieden, dann gibt es ferner so und so viele Typen von Reden, jeweils von bestimmter Beschaffenheit. Bestimmte Menschen nun sind von bestimmten Reden aus einem bestimmten Grund10 zu bestimmten Dingen leicht zu überreden (εὐπειθεῖς), bestimmte Menschen aber sind aus einem bestimmten Grund nur schwer zu überreden (δυσπειθεῖς) etc. (Plat. Phaidr. 271c–d).11

Sokrates bestimmt den rhetorischen Experten hier zunächst als einen Experten für Seelen, der die verschiedenen Typen der Seele und in der Folge davon die verschiedenen Typen von Menschen kennt und daher weiß, welche Rede auf welchen Menschen überzeugend wirkt (hier klingt der rhetorische Zentralbegriff πειθώ, ‘Überredung’, an). Zwar spricht Sokrates, wie es scheint, primär von individuellen Seelen und Menschen; es ist jedoch durchaus möglich – etwa wenn man die Seelen und Seelen­ typen des Textes mit den Erzählungen von Seelenreigen und Seelensturz im Phaidros-Mythos in Verbindung bringt –, die Stelle im Sinne einer allgemeinen Seelenlehre oder philosophischen Psychologie zu verstehen.12 Wie ich wahrscheinlich zu machen hoffe, hat Plotin genau das getan. Plotin verfügt – so soll im Folgenden gezeigt werden – über einen an der pla10

Den Ausdruck διὰ τήνδε τὴν αἰτίαν übersetzt Heitsch «mit einer bestimmten Begründung». Das halte ich für sprachlich schwierig; in jedem Fall dürfte Plotin – sofern er die Stelle im Horizont der Seelenlehre gelesen hat – eher an den (metaphysischen) Grund als an die (rhetorische) Begründung gedacht haben. 11 Ἐπειδὴ λόγου δύναμις τυγχάνει ψυχαγωγία οὖσα, τὸν μέλλοντα ῥητορικὸν ἔσεσθαι ἀνάγκη εἰδέναι ψυχὴ ὅσα εἴδη ἔχει. ἔστιν οὖν τόσα καὶ τόσα, καὶ τοῖα καὶ τοῖα, ὅθεν οἱ μὲν τοιοίδε, οἱ δὲ τοιοίδε γίγνονται· τούτων δὲ δὴ οὕτω διῃρημένων, λόγων αὖ τόσα καὶ τόσα ἔστιν εἴδη, τοιόνδε ἕκαστον. οἱ μὲν οὖν τοιοίδε ὑπὸ τῶν τοιῶνδε λόγων διὰ τήνδε τὴν αἰτίαν ἐς τὰ τοιάδε εὐπειθεῖς, οἱ δὲ τοιοίδε διὰ τάδε δυσπειθεῖς κτλ. Ein Anklang an diese Stelle in Plot. IV 4, 31, 20: ῥητορείαν δὲ καὶ μουσικὴν καὶ πᾶσαν ψυχαγωγίαν (Rhetorik, Musik etc. als neutrale, gut oder schlecht nutzbare Künste; neben V 9, 11, 21 und II 3, 2, 11 der einzige Beleg für ῥητορεία und ῥήτωρ bei Plotin). 12 Eine solche Leseweise deutet sich in der knappen Anmerkung des Hermeias von Alexandrien zur Stelle an: ὀφείλει εἰδέναι τὴν φύσιν τῆς ψυχῆς καὶ τὰ μόρια τῆς ψυχῆς, ὅτι τριμερής ἐστι, καὶ ὡς εἰς μεγάλα διελόντι τοιαῦτά ἐστι, λογικὸν, θυμικὸν, ἐπιθυμητικόν (Herm. in Plat. Phaedr. 260, 2–4 Lucarini–Moreschini, 247 Couvreur).

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tonischen Psychagogie orientierten Begriff philosophischer Rhetorik, deren Adressatin die Seele ist und deren Anwendungsfeld und Legitimation sich aus dem Begriff und der Position der Seele im Ganzen der plotinischen Metaphysik ergeben. Wir wenden uns zunächst einigen methodischen Bemerkungen Plotins zu, die eine für unsere Fragen aufschlussreiche Begrifflichkeit und Bildlichkeit enthalten (Teil 1), und werfen dann in Form einer Fallstudie zu der Schrift V 3 Über die erkennenden Hypostasen einen Blick auf Plotins – im Sinne dieser Bemerkungen – rhetorische Praxis (Teil 2).

I. Überredung, Zwang und die Sehnsucht des Logos Beginnen wir mit der bei Plotin wiederholt vorkommenden, aus der philo­sophischen Tradition und wohl auch aus der Gemeinsprache übernommenen Antithese von ‘Überredung’ (πειθώ) und ‘Zwang’ (ἀνάγκη, auch βία).13 Sie ist für unsere Zwecke deswegen interessant, weil sie stets in methodischen oder genauer selbstkommentierenden Bemerkungen Plotins vorkommt, in denen er sich über die Wirksamkeit der unmittelbar zuvor vorgetragenen Argumentation auf den Adressaten äußert – etwa folgendermaßen: T 2 Das bisher Gesagte hat zwar vielleicht zwingende Notwendigkeit (ἀνάγ­ κην), aber keine Überzeugungskraft (πειθώ), weil die Seele es für unglaubwürdig (ἀπίθανον) hält, dass eins in der beschriebenen Weise überall dasselbe ist (VI 4, 4, 4–6).14 13

I 2, 1, 52–53; V 3, 6, 8–18; VI 4, 4, 5–6; VI 5, 11, 4–7 (implizit); VI 7, 40, 1–5. Vgl. Christian Tornau: Plotin. Enneaden VI 4–5 [22–23]. Ein Kommentar (Stuttgart, Leipzig 1998) 90–93; Werner Beierwaltes: Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit. Plotins Enneade V 3 (Frankfurt a.M. 1991) 202–205 (jeweils mit Belegen aus Platon, Aristoteles und älterer griechischen Literatur); Pierre Hadot: Plotin. Traité 38 (VI 7) (Paris 1988) 15–20; J. F. Phillips: The Prose Style, 3–26. 14 Τὰ εἰρημένα, εἴ τινα ἀνάγκην, ἀλλ’ οὐ πειθώ γε ἔχει ἀπίθανον νομιζούσης τῆς ψυχῆς τὸ ἓν οὕτω πανταχοῦ ταὐτὸν εἶναι. Vgl. VI 8, 12, 2–3: πάλιν γὰρ ἡ ψυχὴ οὐδέν τι πεισθεῖσα τοῖς εἰρημένοις ἄπορός ἐστι. – Plotin wird zitiert nach Paul Henry, Hans-Rudolf Schwyzer (ed.): Plotini Opera. Enneades I–III (Oxford 1964); Enneades IV–V (Oxford 1977); Enneas VI (Oxford 1982). Übersetzungen aus dem Griechischen stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, von mir.

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Plotin kommentiert damit die ersten drei Kapitel der Schrift VI 4, in denen er für das Teilhabe-Paradoxon des Parmenides und für die ungeteilte Allgegenwart des geistig Seienden argumentiert hat; er relativiert den Erfolg dieser Ausführungen und scheint für die Folgekapitel ein anderes Verfahren anzukündigen. Die rhetorischen Zentralbegriffe πειθώ und ἀπίθανον fallen; außerdem erscheint die Seele als der Adressat, auf den der Text wirken soll. Zu fragen ist freilich, worin die unterschiedliche Wirkung von ‘Zwang’ und ‘Überredung’ genau besteht und wodurch sich ‘zwingende’ und ‘überredende’ Texte formal und inhaltlich voneinander unterscheiden. In der hellenistischen Philosophie scheint man Zwang und Überredung den Argumentationsformen Dialektik und Rhetorik zugeordnet zu haben. Cicero lässt im ersten Buch der Tusculanen seine Schüler-Figur darüber klagen, dass das das Buch eröffnende dialektische Gespräch ihm zwar das Zugeständnis «abgezwungen» habe (extorsisti), dass der Tod kein Übel sei; Überzeugung (adsensio) sei bei ihm jedoch noch nicht eingetreten. Cicero reagiert darauf mit einer explizit rhetorischen längeren Darlegung, die in der Inszenierung des Dialogs das Überzeugungsziel besser erreicht.15 Es liegt nun scheinbar nahe, dieses hellenistische Schema auch auf Plotin anzuwenden, und man hat das auch getan: ‘Zwingend’ wären dann die knappen und schmucklosen, an ein dia­lektisches Frage-Antwort-Spiel erinnernden Passagen, während ‘überredend’ die zusammenhängenden Ausführungen mit ihrer gelegentlich geradezu poetische Qualität entfaltenden Bildlichkeit wären.16 Fraglos gibt es bei Plotin derartige Differenzen in Präsentation und Stilniveau. Betrachtet man jedoch die Texte, auf die sich Selbstkommentierungen wie T 2 ausdrücklich beziehen, so sucht man sie vergeblich: In formaler Hinsicht unterscheiden sich die selbstkritisch kommentierten Kapitel VI 4, 1–3 nicht von den auf den Selbstkommentar folgenden Partien;17 die einzige Konsequenz, die Plotin aus seiner Zwischenbemerkung zieht, ist die 15

16 17

Cic. Tusc. I 14 (extorsisti); 16 (haec enim spinosiora prius ut confitear me cogunt quam ut adsentiar. […] continentem orationem audire malo). Durch Ciceros Rede erreichter Überzeugungszustand: I 77 (me nemo de inmortalitate depellet). So z.B. P. Hadot: Traité 38, 15–20; 360 (zu VI 7, 40, 3–5). Kritisch B. Ham: Traité 49, 144. VI 4, 2, 34–43 enthält sogar ein recht eindrucksvolles Bild: Die körperliche Welt versucht vergeblich, das geistige All zu umkreisen, und gibt sich schließlich mit der Drehbewegung zufrieden.

Seelenlehre und Psychagogie bei Plotin

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Hinzufügung weiterer Argumente, deren Addition dann offensichtlich die vermisste πειθώ herbeiführen soll. Das bedeutet freilich nicht, dass die traditionelle Antithese von Zwang und Überredung (Dialektik und Rhetorik) bei Plotin einfach verblasst ist. Mir scheint vielmehr, dass er über das hellenistische Schema hinweg auf seine klassischen Gewährsleute und in erster Linie auf die Dialoge Platons zurückgreift.18 Nicht lange nach der soeben erwähnten Stelle in Ciceros Tusculanen berichtet der Schüler von einer Leseerfahrung mit Platons Phaidon: Während des Lesens stimme er allen Argumenten zu, doch lege er das Buch aus der Hand, so löse sich die Zustimmung in Luft auf (adsensio omnis illa elabitur).19 Der Phaidon scheint hier also für den dialektischen Zwang zu stehen, den Cicero mit seiner anschließenden Rede20 rhetorisch-persuasiv ergänzt. Diese Deutung des Phaidon ignoriert jedoch einige im Dialog selbst gegebene Hinweise auf den argumentativen Status der Beweisgänge, auf die Michael Erler wiederholt aufmerksam gemacht hat.21 Sokrates und seine Gesprächspartner verwenden nämlich für die dialektischen Beweise für die Unsterblichkeit der Seele und generell für die philosophische Tätigkeit die Metapher des überredenden «Zuspruchs» (παραμυθεῖσθαι), wobei es sich, wie Sokrates am Ende des Dialogs (115d) bemerkt, durch18

Plotin spricht nur in der Schrift I 3 ausdrücklich über die Dialektik, und das Wenige, was er dort sagt, lässt keine klare Verbindung mit dem ἀνάγκη-Motiv erkennen. Lediglich die Aussage, dass die Dialektik ihre Prinzipien vom Geist erhält (I 3, 5, 2: νοῦς δίδωσιν ἐναρ­ γεῖς ἀρχάς, εἴ τις λαβεῖν δύναιτο ψυχῇ), erinnert an die ‘zwingende’ Argumentationsmethode «aufgrund der angemessenen Prinzipien» (siehe unten bei Anm. 35). 19 Cic. Tusc. I 24; vgl. M. Erler: Platon, 179 («spiegelt die Haltung der Personen im Dialog gut wider»). 20 Ab I 26. 21 Michael Erler: «Socrates in the Cave». Argumentations as Therapy for Passions in Gorgias and Phaedo, in: Maurizio Migliori, Linda M. Napolitano Valditara (eds.): Plato Ethicus – Philosophy is Life. Proceedings of the International Colloquium Piacenza (Italy) 2003 (Sankt Augustin 2004) 107–120, hier: 114–119 (deutsche Fassung: ‘Sokrates in der Höhle’. Argumente als Affekttherapie im Gorgias und im Phaidon, in: Marcel van Ackeren [Hg.]: Platon verstehen. Themen und Perspektiven [Darmstadt 2004] 57–68); Michael Erler: «Besinge das Kind im Menschen». Ein Element platonischer Ethik als Hintergrund von Clemens’ Paedagogus, in: Hanns Christof Brennecke, Johannes van Oort (Hg.): Ethik im antiken Christentum (Leuven 2011) 13–29, hier: 25–27; Michael Erler: Die Rahmenhandlung des Dialoges, in: Jörn Müller (Hg.): Platon. Phaidon (Berlin 2011) 19–32, hier: 23–24.

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aus auch um Selbstüberredung und Selbsttröstung handeln kann. In jedem Fall aber ist der Adressat dieser Praxis die Seele: T 3 Die Philosophie redet ihrer Seele, wenn sie sie in diesem Zustand antrifft, sanft zu und versucht sie zu lösen […] (Plat. Phaid. 83a).22

Von der Rhetorikdefinition des Phaidros her gesehen, wird man sagen, dass die Argumentationsgänge des Sokrates im Phaidon deswegen gute und effektive Rhetorik sind, weil die Seelen der Hörer und des Sokrates selbst so disponiert sind, dass sie durch dialektische Beweisgänge zu überzeugen sind. Gegenbild sind etwa die sophistisch beeinflussten Gesprächspartner im Gorgias, die, wie sie offen zugeben, weder willens noch fähig sind, sich von Sokrates’ Argumenten überzeugen zu lassen23 – nicht umsonst wird in keinem anderen Dialog Platons so sehr auf dem logisch zwingenden Charakter der Argumente insistiert.24 Freilich gelingt auch die Überzeugung der Dialogpartner im Phaidon nur durch eine längere Reihe von Beweisen, da die Lösung der Seele vom Körper durch Überre-

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Οὕτω παραλαβοῦσα ἡ φιλοσοφία ἔχουσαν αὐτῶν τὴν ψυχὴν ἠρέμα παραμυθεῖται καὶ λύειν ἐπιχειρεῖ. Vgl. Phaid. 70b (οὐκ ὀλίγης παραμυθίας δεῖται καὶ πίστεως); Rep. V 476d–e (Τί οὖν ἐὰν ἡμῖν χαλεπαίνῃ οὗτος, ὅν φαμεν δοξάζειν ἀλλ’ οὐ γιγνώσκειν, καὶ ἀμφισβητῇ ὡς οὐκ ἀληθῆ λέγομεν; ἕξο­μέν τι παραμυθεῖσθαι αὐτὸν καὶ πείθειν ἠρέμα). Es ist nicht unwahrscheinlich, dass für Platon hierin die konkrete Anwendung der Rhetorik des Phaidros bestand (sokratische Rhetorik und Dialektik fielen also in eins; zur Forschungsdiskussion: M. Janka: Rhetorik, 241); hierfür spricht auch die Häufigkeit des Zuspruch-Topos in den Gesetzen (vgl. bes. Leg. X 903a–b). Eine weitere von Platon in ähnlichem Sinne gebrauchte Metapher ist die der «Beschwörung» (ἐπῳδή); vgl. unten Anm. 52. 23 Z.B. Gorg. 494a (Kallikles). 24 Hierfür wird neben dem Verb ἀναγκάζω (Gorg. 503c) die bekannte Metapher der «stählernen Fesseln» gebraucht (509a). Die Seele eines Kallikles ist so fest in der Körperwelt verhaftet, dass die philosophische Überredung auf taube Ohren stößt und eine Lösung nur durch Zwang bzw. die Beschämung und Verunsicherung des sokratischen Elenchos versucht werden kann. So ist auch für die Gefangenen in der Höhle die Befreiung zunächst schmerzhaft (Rep. VII 515e; im Kontext drei Belege für ἀναγκάζω!). Vgl. Michael Erler: Paideia, Peitho und Bia, in: Cornelius Mayer, Guntram Förster (Hg.): Augustinus – Recht und Gewalt. Beiträge des V. Würzburger Augustinus-Studientages am 15./16. Juni 2007 (Würzburg 2010) 13–28, hier: 15–22. Zum differenzierten, adressatenabhängigen Einsatz von Zwang und Überredung vgl. auch Aristot. Metaph. III 5, 1009a16–18.

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dung offenbar ein langwieriger Prozess ist.25 Für diese rhetorische Seite des Phaidon hat Plotin im Gegensatz zu Cicero ein waches Auge gehabt: T 4 Nun ist zwar bereits auf vielfache Weise bewiesen worden (ἀποδέδεικται), dass es sich so verhält, es ist aber darüber hinaus noch etwas gutes Zureden (παραμυθίων) nötig (VI 5, 11, 4–6; vgl. VI 7, 40, 1–5; V 3, 17, 15–20 = T 8).26

‘Beweis’ und ‘gutes Zureden’ sind die Pendants zu ‘Zwang’ und ‘Überre­ dung’. Plotin übernimmt also die Strategie der Argumenthäufung aus dem Phaidon und hält sie wie Platon für ein geeignetes Mittel platonischer philo­sophischer Therapie. Wie aber wird der in den Dialogen Platons praktizierte Einsatz von Überredung und Zwang in den methodischen Überlegungen Plotins reflektiert und metaphysisch begründet? Aufschluss gibt ein ausführlicher Text, in dem Plotin die Überredung mit der Seele, den Zwang aber mit der höheren Seinsstufe des Geistes (νοῦς) assoziiert: T 5 Hat also die Argumentation (λόγος) einen solchen Beweis erbracht, dass er auch überzeugende Wirkung entfaltet? Nun: Zwingende Notwendigkeit hat sie auf diese Weise zwar, aber keine Überzeugungskraft; denn die Notwendigkeit ist im Geist, die Überzeugung dagegen in der Seele. Wir suchen also, wie es scheint, eher selbst überredet zu werden als mit dem reinen Geist27 die Wahrheit zu schauen. Solange wir oben in der Natur des Geistes waren, hatten wir genug und erkannten geistig und sahen, indem wir alles in eins zusammenführten; denn es war der Geist, der erkannte und der über sich selbst sprach, während die Seele sich ruhig verhielt und der Aktivität des Geistes Raum gab. Nachdem wir aber wieder hierher gelangt sind und in die Seele, verlangen wir, dass Überredung stattfindet, weil wir das Original sozusagen in seinem Abbild betrachten wollen (V 3, 6, 8–18).28 25

Vgl. M. Erler: «Socrates in the Cave», 109–118. Ἀποδέδεικται μὲν οὖν ἤδη πολλαχῇ, ὅτι οὕτως· δεῖ δέ τινων καὶ παραμυθίων. 27 Anaxag. VS 59 B 12. Vgl. V 3, 3, 21–22: Der reine Geist kann auch in der Seele sein. 28 Ἆρ’ οὖν τοιοῦτον ὁ λόγος ἔδειξεν, οἷον καὶ ἐνέργειαν πιστικὴν ἔχειν; Ἢ ἀνάγκην μὲν οὕ­ τως, πειθὼ δὲ οὐκ ἔχει· καὶ γὰρ ἡ μὲν ἀνάγκη ἐν νῷ, ἡ δὲ πειθὼ ἐν ψυχῇ. Ζητοῦμεν δή, ὡς ἔοικεν, ἡμεῖς πεισθῆναι μᾶλλον ἢ νῷ καθαρῷ θεᾶσθαι τὸ ἀληθές. Καὶ γὰρ καὶ ἕως ἦμεν ἄνω ἐν νοῦ φύσει, ἠρκούμεθα καὶ ἐνοοῦμεν καὶ εἰς ἓν πάντα συνάγοντες ἑωρῶμεν· νοῦς γὰρ ἦν ὁ νοῶν καὶ περὶ αὐτοῦ λέγων, ἡ δὲ ψυχὴ ἡσυχίαν ἦγε συγχωροῦσα τῷ ἐν­ εργήματι τοῦ νοῦ. ψυχὴ ἡσυχίαν ἦγε συγχωροῦσα τῷ ἐνεργήματι τοῦ νοῦ. Ἐπεὶ δὲ ἐν­ ταῦθα γεγενήμεθα πάλιν αὖ καὶ ἐν ψυχῇ, πειθώ τινα γενέσθαι ζητοῦμεν, οἷον ἐν εἰκόνι τὸ ἀρχέτυπον θεωρεῖν ἐθέλοντες. Zu diesem Text: W. Beierwaltes: Selbsterkenntnis, 26

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Wiederum handelt es sich um eine kritische Selbstkommentierung der unmittelbar vorhergehenden Kapitel. Plotin macht die uns schon vertraute Beobachtung, dass argumentativer Zwang nicht notwendigerweise Überzeugung generiert; an die angeführten Platon-Stellen erinnert der Gedanke, dass der eigentliche Adressat der Überredung – d.h. der philosophischen Rhetorik – die für sie empfängliche Seele ist und dass diese Überredung nicht zuletzt Selbstüberredung ist: «Wir» wollen mit Worten überzeugt werden, statt einfach intuitiv die Wahrheit zu schauen. «Wir», das ist in diesem Fall die ‘gefallene’ Seele, die sich von ihrer ursprüng­ lichen Einheit mit dem transzendenten Geist geschieden hat und die für diesen immer schon gegebene Einheit von Erkennen und Sein erst wiedergewinnen muss. Hierbei versucht der Logos, die mit sprachlichen Mitteln vorgehende philosophische Argumentation, ihr behilflich zu sein, und da die für die Seele konstitutive Erkenntnisform das sprachlich strukturierte diskursive Denken ist, gibt es für sie auch keinen anderen Weg – auch dann nicht, wenn sie die Stufe des noetischen Erkennens bereits einmal erreicht hat und nun sich erinnernd darüber reflektieren und sprechen will.29 Auf der Geist-Stufe dagegen braucht es keine Rhetorik – hier ist wegen der Einheit des Erkennenden mit dem Erkannten jede Erkenntnis zugleich ‘zwingend’ und ‘überzeugend’, weil sie unmittelbar gewiss ist.30 So betrachtet, wäre für Plotin alles philosophische Argumen­tieren aufgrund seiner Sprachlichkeit rhetorisch und ebenso unentbehrlich wie defizitär. Doch dies ist nicht alles. Offenkundig gibt es für Plotin auch ‘Zwang’ auf der Ebene des diskursiven Denkens, d.h. ein nichtrhetorisches Sprechen im ἀνάγκη-Modus, dessen Merkmal die logisch zwingende Notwendigkeit ist; und es lohnt sich zu fragen, warum das so ist. Zu einer Ant113–117; B. Ham: Traité 49, 145–147; Francesco Fronterotta: Traité 49 (V, 3). Sur les hypostases qui connaissent et sur ce qui est au-delà. Présentation, traduction et notes, in: Luc Brisson, Jean-François Pradeau (éd.): Plotin. Traités 45–50 (Paris 2009) 301–405, hier: 371–372. 29 Vgl. IV 4, 3, 1–6; IV 8, 1, 1–11; V 3, 17, 27–28: ὕστερον δὲ περὶ αὐτοῦ συλλογίζεσθαι. Zur Frage der Erinnerung bei Plotin vgl. zuletzt etwa Riccardo Chiaradonna: Plotin, la mémoire et la connaissance des intelligibles, in: Phi­losAnt 9 (2009) 5–33. 30 Vgl. V 5, 2, 13–17 zur Überflüssigkeit von Beweis (ἀπόδειξις) und Überzeugungsmitteln (πίστις) beim mit sich selbst identischen Geist.

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wort verhilft, so denke ich, der letzte Satz von Plotins obiger Diagnose, die Feststellung, dass «wir» – unser Selbst auf der Ebene der körpergebundenen Seele – «das Original sozusagen in seinem Abbild betrachten wollen».31 Mit dem Original (ἀρχέτυπον) ist natürlich das absolute Sein des Geistes gemeint. Das Abbild (εἰκών) ist die von diesem verursachte und es in mehr oder weniger adäquater Weise abbildende Erfahrungswelt. Abbild des Geistes ist außerdem die Seele selbst, und ihr Bildcharakter tritt vor allem dann hervor, wenn sie sich in der körperlich-abbildhaften Welt befindet und sich als ihr wesentlich zugehörig erfährt – nämlich dann, wenn sie sich Teil des empirischen ‘Wir’, des psychophysischen Lebewesens, begreift.32 Es ist eine von Plotin oft hervorgehobene Folge der Bindung der Seele an die Körperwelt, dass sie in charakteristischer Verkehrung der Perspektive das Bild für wirklicher hält als seine reale Ur­sache und ihm die Maßstäbe ihres Denkens entnimmt – und da sich das transzendente Sein diesem Maßstab nicht fügt, scheint es irreal, paradox oder (rhetorisch gesprochen) unglaubwürdig.33 Es gibt aus Plotins Sicht nun zwei Möglichkeiten, mit dieser Situation umzugehen. Entweder kommt man der Neigung der Seele, die Wirklichkeit im Bild zu betrachten, entgegen und macht sie (anagogisch) auf diejenigen Züge der Erfahrungswelt aufmerksam, die das geistige Sein adäquat abbilden34 – das ist die von Plotin mit dem Stichwort πειθώ bezeichnete philosophische Rhetorik. Oder man denkt über das geistige Sein, mit einer von Aristoteles übernommenen Formel, «gemäß den ihm angemessenen Prinzipien» nach, also lediglich aufgrund der ihm aus seinem Begriff heraus zukommenden Eigenschaften und unter Vermeidung jedes offenen oder verdeckten Imports sinn­ licher Maßstäbe.35 Diese Methode ist möglich, weil die Seele auch als ge31

Hierzu B. Ham: Traité 49, 145, mit dem das Folgende in vielen Punkten übereinstimmt. Seele als Bild des Geistes (εἰκὼν νοῦ): V 1, 3, 7; V 3, 4, 22. Hat sie sich aus der körper­ lichen Welt befreit und ist zum Geist aufgestiegen, so ist ihr Bildcharakter praktisch aufgehoben: ὅτι τότε ἐστὶν ὄντως μόνον ψυχή (I 6, 6, 18). 33 Vgl. V 8, 11, 36–40; VI 4, 2, 25–30; 4, 27–34 und schon Alkin. Didask. 10 p. 164, 13–17; C. Tornau: Enneaden VI 4–5, 52–53. 34 Vgl. V 3, 14, 7–8; zur Assoziation dieses Verfahrens mit der Überredung: V 3, 16, 3 (ἐκ τῶν ἄλλων ἁπάντων πιστωτέον). 35 Der Grundtext ist VI 5, 2, eine Kombination der aristotelischen Forderung nach den richtigen Ausgangspunkten (ἀρχαί) einer syllogistischen Überlegung (Aristot. An. Post. I 2, 71b9–23; 72a5–7) mit den Aussagen des Timaios zu dem unterschiedlichen onto­ 32

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fallene oder Bild-Seele untrennbar mit dem Geist verbunden ist, seine Gehalte in sich eingeschrieben trägt und sie faktisch bei jedem Urteilsakt zur Anwendung bringt.36 Da auch dies wohlgemerkt ein diskursives Verfahren (V 3, 6, 1: λόγος) und nicht identisch mit der intuitiven GeistSchau der sich selbst transzendierenden Seele ist, sind seine Ergebnisse nicht selten kontraintuitiv und können von der in der Bildwelt befangenen Seele – wie von manchen Gesprächspartnern des Sokrates bei Platon und von Ciceros Schüler in den Tusculanen – als qualvoll, eben als Zwang erfahren werden. Weil aber für Plotin jeder von uns zunächst eine in der Bildwelt befangene Seele ist, liegt es nahe, dass diese Erfahrung am Anfang einer philosophischen Auseinandersetzung intensiver ist als später, wenn der Prozeß der Loslösung durch längeres Nachdenken weiter fortgeschritten ist. Es sind daher oft gerade die eröffnenden Argumenta­ tionsgänge einer Schrift, die Plotin mit dem Etikett ἀνάγκη versieht37 – für die Zuordnung eines Textes zu ‘Überredung’ oder ‘Zwang’ scheint sein Platz in der Argumentationsreihe wesentlicher als seine äußere dialek­ tische oder rhetorische Form. Zugleich deutet sich hier eine Antwort an auf die eingangs gestellte Frage, ob der Gebrauch von Rhetorik für einen Platoniker wie Plotin legitim ist, wenn es sich bei dieser um ein wahrheitsindifferentes, nur der Wahrscheinlichkeit oder Plausibilität verpflichtetes Instrument handelt. Nach T 5 kann Plotin diese Frage bejahen, ohne dafür die Bindung der Rhetorik an die Wahrscheinlichkeit leugnen und auf einem sokratischen Begriff strikter Wahrheitsrhetorik insistieren zu müssen. Entsprechend der charakteristischen Ambivalenz des Bildes im Platonismus ist dieses zwar einerseits ein vom Vorbild stammendes und dieses bestmöglich abbildendes Phänomen, das Ansatz zu einem Aufstieg per viam eminentiae logischen Status der Erkenntnisgegenstände (Plat. Tim. 27d–28a) und der methodischen Konsequenz des εἰκὼς λόγος (29c). Vgl. hierzu Riccardo Chiaradonna: Plotino e la scienza dell’essere, in: Thomas Bénatouïl, Emanuele Maffi, Franco Trabattoni (eds.): Plato, Aristotle, or Both? Dialogues between Platonism and Aristotelianism in Antiquity (Hildesheim 2011) 117–137, hier: 117–125; Riccardo Chiaradonna: Plotino (Roma 2009) 33–38. 36 V 3, 3, 8–10; 4, 2–3 (τοῖς οἷον γράμμασιν ὥσπερ νόμοις ἐν ἡμῖν γραφεῖσιν); 21–22 (εἰκὼν νοῦ, ἔχον ἐν ἑαυτῷ τὰ πάντα οἷον γεγραμμένα, ὡς ἐκεῖ ὁ γράφων καὶ ὁ γράψας). 37 I 2, 1, 52–53; VI 4, 4, 5–6.

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sein kann. Andererseits ist es aber notwendigerweise nicht das Vorbild selbst und infolgedessen immer ein Schein- oder gar Trugbild, über welches ohnehin nicht im Vollsinne Wahres gesprochen werden kann. Eine auf Überredung ausgerichtete Rhetorik des Wahrscheinlichen ist in diesem Sinne die adäquate Art und Weise, über eine Welt aus Bildern zu sprechen. Wie in anderen Teilen der philosophischen Tradition ist die Rhetorik bei Plotin also die natürliche Begleiterin eines Skeptizismus bezüglich der Erfahrungswelt.38 Gleiches gilt sogar für die Selbsterkenntnis der Seele, solange sie Bild ist: Auch dann, wenn sie über sich selbst reflektiert und dabei wahre Aussagen macht, besitzt sie lediglich Objekt­ erkenntnis; eine echte Selbsterkenntnis wie die des Geistes bleibt ihr verwehrt und damit auch die absolut gewisse Wahrheitserkennntis, die Plotin mit der Selbsterkenntnis identifiziert und dem Geist vorbehält.39 An dieser Stelle sollten wir die Fundierung von Plotins philosophischer Rhetorik durch seine Seelenlehre komplettieren und uns endlich der bemerkenswerten Metapher von der «Sehnsucht des Logos» zuwenden. Wie alle antiken Philosophen markiert Plotin gern aporetische Situationen im Zuge seines Gedankengangs; das tut er etwa in folgender Weise: T 6 Aber trotzdem sehnt sich unsere Überlegung (ποθεῖ ὁ λόγος) noch zu wissen, wodurch es [= das Schöne, hier gleichgesetzt mit dem Einen-Guten] eigentlich die Seele liebenswert (ἐράσμιον) macht (I 6, 5, 20–21).40 Aber unser Denken sehnt sich immer noch zu erfahren (ποθεῖ ὁ λόγος), im Hinblick worauf das Gute an ihnen [= Sein, Leben, Denken, die Grundcharaktere des geistigen Seins] zu verstehen ist (VI 7, 18, 50–51).41 38

Vgl. V 5, 1, 12–19 und dazu D. O’Meara: Scepticisme, 84–87; Eyjólfur K. Emilsson: Plotinus on Intellect (Oxford 2007) 129–133; Markus Gabriel: Skeptizismus und Idealismus in der Antike (Frankfurt a.M. 2009) 191–203 («Plotins skeptische Begründung des Idealismus»). Die Affinität von Rhetorik und akademischer Skepsis manifestiert sich in der Person Ciceros; manche Indizien sprechen für eine ähnliche Tendenz schon bei seinem Lehrer Philon von Larissa (C. Brittain: Philo of Larissa, 296–343). 39 V 3, 13, 13–14: ὅταν αὐτό τι ἑαυτὸ νοῇ, ὃ δὴ καὶ κυρίως ἐστὶ νοεῖν. Zur Differenz zwischen der diskursiv-objektorientierten Selbstreflexion der Seele und der aktualen Selbsterkenntnis des Geistes vgl. V 3, 4, bes. 4–13; W. Kühn: Quel savoir après le scepticisme?, 109–199. 40 Ἀλλ’ ἔτι ποθεῖ ὁ λόγος, τί ὄντα πεποίηκε τὴν ψυχὴν εἶναι ἐράσμιον. 41 Ἀλλὰ ποθεῖ ὁ λόγος λαβεῖν, κατὰ τί τὸ ἀγαθὸν αὐτῶν. Vgl. noch III 2, 18, 6–7.

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Die Formulierung lehnt sich wieder an die Dialoge Platons an, wo das Verb ποθεῖν ebenfalls für das nicht restlos Befriedigende einer Argumentation gebraucht wird.42 Es handelt sich bei Plotin jedoch nicht um eine ‘bloß’ literarische Reverenz oder eine verblasste Metapher – ganz im Gegenteil. Es ist kein Zufall, dass die Sehnsucht des Logos in T 6 im Zusammenhang mit dem Fragen nach dem überseienden Einen oder Guten auftritt. Dieses ist bekanntlich mit sprachlichen Mitteln nicht zu fassen, so dass es kein Wunder ist, dass keine sprachlich-rationale Argumentation das Nachdenken darüber wirklich ans Ziel führt. Diese Tatsache ist eine getreue Spiegelung der in der Seinsordnung vorgegebenen Relation der Seele zum Einen-Guten selbst, die eben die eines unentwegten, durch kein Seiendes (auch nicht durch das höchste, den Geist und die intelligible Schönheit) zu befriedigenden Strebens ist.43 Plotins Metapher der Sehnsucht (ποθεῖ) ist insofern von großer ontologischer Präzision, ja sie ist kaum eine Metapher zu nennen. Das Streben, das die Seele in sich selbst wahrnimmt – sei es als erotisches Begehren nach einer alles sinnlich oder geistig Erfahrbare übersteigenden Schönheit oder als Sehnsucht nach einer das rational Denk- und Formulierbare hinter sich lassenden Erkenntnis –, verweist sie auf das Gute, weckt sie aus ihrer Selbstvergessenheit und Befangenheit im Diesseitigen und wirkt dadurch anagogisch: T 7 Man muss aber bedenken, dass sie vergessen haben, wonach sie sich schon von Anfang an bis heute sehnen (ποθοῦσι) und wonach sie streben. Nach diesem verlangt nämlich alles und strebt nach ihm aus natürlicher Notwendigkeit, als ob es eine Ahnung hätte, dass es ohne das nicht sein kann (V 5, 12, 5–9; vgl. Plat. Rep. VI 505e).44

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Platon gebraucht das Verb ποθέω im dialektischen Kontext allerdings meist in der 1. Person (‘noch eine Erklärung verlangen’, ‘vermissen’; vgl. z.B. Rep. IX 571a) und nie mit λόγος als Subjekt. Der einzige Beleg vor Plotin ist Gal. Thrasyb. V 833, 12–13 Kühn: Ἀλλὰ τί τὸ πρώτως ἐστὶν ὑπὸ τοῦ τεχνίτου γιγνόμενον, ὁ λόγος ἐπόθει θηρᾶσαι (die Jagdmetapher legt nahe, dass Galen – wie Plotin – von Platon inspiriert ist). Spätere Belege: Prokl. In Plat. Tim. II 13, 5; Ps.-Dionys. De div. nom. 5, 2 p. 181, 7 Suchla; Eus. Vita Const. I 1, 2. 43 Vgl. bes. VI 7, 22. 44 Χρὴ δὲ ἐννοεῖν, ὥς εἰσιν ἐπιλελησμένοι, οὗ καὶ ἐξ ἀρχῆς εἰς νῦν ποθοῦσι καὶ ἐφίενται αὐτοῦ. Πάντα γὰρ ὀρέγεται ἐκείνου καὶ ἐφίεται αὐτοῦ φύσεως ἀνάγκῃ, ὥσπερ ἀπο­ μεμαντευμένα, ὡς ἄνευ αὐτοῦ οὐ δύναται εἶναι.

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Die Rede vom divinatorischen Erahntwerden des Guten durch alles Seiende ist vom 6. Buch der Politeia angeregt; sie entspricht Plotins erotischanagogischer Deutung des alten eudaimonistischen Grundsatzes, wonach alles nach dem Guten strebt.45 Die Motive des «Vergessens» und «Ahnens» sind ein Anklang an die Anamnesislehre; mit ihnen gibt Plotin dem Grundgedanken des universalen, alles Sein durchwirkenden Strebens auch eine dialektische Seite.46 Diese Verwobenheit von platonischer Erotik und Dialektik, deren Grund die gemeinsame Fundierung beider in der dynamischen Struktur des Seienden ist, ist in der Formel von der «Sehnsucht des Logos» kondensiert. Die Kehrseite der Sehnsuchtsmetapher ist die von den Geburtswehen (ὠδίς, ὠδίνειν) der Seele. Sie beschreibt ebenfalls das Verhältnis der Seele zum Guten47 und kann für die Aporie stehen, in welche die Seele bei dem Versuch, Unsagbares zu sagen, gerät.48 Plotin entnimmt sie dem Symposion, wo von der seelischen Schwangerschaft der Menschen, von ihren Wehen und von ihrer Erlösung und Entbindung durch den Kontakt mit dem Schönen die Rede ist.49 An der ausführlichsten einschlägigen Stelle bringt Plotin diese Bildlichkeit mit der Hebammenkunst des Theaitetos zusammen.50 Der Text entstammt der Schrift V 3, der wir bereits einige Informationen über die Antithese von Zwang und Überredung entnehmen konnten: T 8 Ist es nun ausreichend, dies zu sagen und es damit gut sein zu lassen? Nun – die Seele liegt immer noch in Wehen (ὠδίνει), und sogar noch mehr. Womöglich hätte sie längst gebären (γεννῆσαι) müssen, nachdem sie sich zu ihm aufgeschwungen hatte und dadurch mit Wehen erfüllt wurde. Trotzdem muss man 45

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Vgl. dazu Christian Tornau: Der Eros und das Gute bei Plotin und Proklos, in: Matthias Perkams, Rosa Maria Piccione (Hg.): Proklos. Methode, Seelenlehre, Metaphysik. Akten der Konferenz in Jena am 18.–20. September 2003 (Leiden 2006) 201–229. Vgl. auch V 3, 10, 49: Καὶ γὰρ αὖ πόθος τις καὶ ἡ γνῶσίς ἐστι. VI 7, 26, 6–7: Καὶ ἡ ἔφεσις δ’ αὐτοῦ ἑκάστου καὶ ἡ ὠδὶς μαρτυρεῖ, ὅτι ἔστι τι ἀγαθὸν ἑκάστου. V 5, 6, 23–24: Ἀλλὰ ἡμεῖς ταῖς ἡμετέραις ὠδῖσιν ἀποροῦμεν ὅ τι χρὴ λέγειν, καὶ λέγομεν περὶ οὐ ῥητοῦ. Plat. Symp. 206d–e, vgl. Phaidr. 251e; vgl. Plot. V 9, 2, 1–10. Ansonsten steht die Metapher bei Plotin häufig für die schöpferische Schau: V 8, 12, 3–5 (über den Gott = Geist); vgl. VI 6, 9, 27; IV 7, 13, 7 (nach unten gerichtetes Schaffensbedürfnis der Seele); III 8, 5, 4; 7, 19; IV 3, 13, 31; V 5, 5, 27. ὠδίς oder ὠδίνειν: Plat. Tht. 148e; 149d; 151a–b; 210b.

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noch einmal eine Beschwörung aufsagen, wenn wir eine für diese Wehen passende Beschwörung (ἐπῳδή) finden. Vielleicht kommt eine solche aber auch schon aus dem bereits Gesagten, wenn man dieses oft beschwörend aufsagt (V 3, 17, 15–20).51

«Gebären» korrespondiert hier mit «in Wehen liegen»; an dieser Stelle muss damit also die Erfüllung des Strebens der Seele durch ihre Vereinigung mit dem Einen-Guten gemeint sein. «Beschwörung» ist im Theaitetos Sokrates’ Bezeichnung für seine eigene dialektisch-maieutische Tätigkeit (Tht. 149d; 157c), und analog dazu bezieht Plotin es in seinem Selbstkommentar auf die in der zweiten Hälfte der Schrift über die Erkenntnis des Einen vorgetragenen Argumente. Die Metapher gehört mit der des Zuspruchs (παραμυθία) und generell mit der ‘Überredung’ (πειθώ) zusammen52 – die Strategie der Wiederholung und Argumenthäufung, die hier geradezu konstitutiv für eine philosophische Beschwörung zu sein scheint, ist uns ja aus diesem Kontext vertraut. Plotins Beurteilung seiner beschwörenden Argumente ist freilich ambivalent: Einer­seits sind sie – natürlich wegen ihres sprachlich-diskursiven Charakters – nicht in der Lage, die Seele zu dem angestrebten Ziel, der Einheit mit dem Einen, zu bringen. Andererseits hat sich die Seele mit ihrer Hilfe bis zu einem gewissen Grade zum Einen «aufgeschwungen» und dabei die Erfahrung einer Verstärkung ihrer Wehen und ihres Sehnens gemacht. Unsere am Anfang gestellte Frage, ob eine mit sprachlichen Mitteln vorgehende philosophische Rhetorik mit Blick auf das unsagbare Eine überhaupt möglich ist und wie sie wirken kann, erhält hier also eine vorläufige Antwort: indem sie die Seele auf ihre Sehnsucht aufmerksam macht und ihre Aporien verstärkt. 51

Ἀρκεῖ οὖν ταῦτα λέγοντας ἀπαλλαχθῆναι; Ἢ ἔτι ἡ ψυχὴ ὠδίνει καὶ μᾶλλον. Ἴσως οὖν χρὴ αὐτὴν ἤδη γεννῆσαι ἀίξασαν πρὸς αὐτὸ πληρωθεῖσαν ὠδίνων. Οὐ μὴν ἀλλὰ πάλιν ἐπᾳστέον, εἴ ποθέν τινα πρὸς τὴν ὠδῖνα ἐπῳδὴν εὕροιμεν. Τάχα δὲ καὶ ἐκ τῶν ἤδη λεχθέντων, εἰ πολλάκις τις ἐπᾴδοι, γένοιτο. Zu dieser Stelle und ihren Beziehungen zu Theaitetos und Symposion: W. Beierwaltes: Selbsterkenntnis, 247–248; B. Ham: Traité 49, 268–270. 52 Assoziation von παραμυθία und ἐπῳδή: Plat. Leg. XII 944b, vgl. Phaid. 77e–78a; öfters in kaiserzeitlicher Literatur: Plut. Pyth. Or. 3, 395f; Porph. Vita Pyth. 33; Joh. Chrys. Adv. Iud., in: PG XXXVIII 937, 43 u.ö.; Lib. Epist. 1474, 2. Zu ἐπῳδή und πειθώ/πείθειν: Plat. Leg. VI 773d; VIII 837e; X 903a–b. Bei Plotin erscheint ἐπῳδή/ἐπᾴδειν als Metapher für philosophische Rhetorik nur hier.

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Wir finden in der Schrift V 3 also an zwei Schaltstellen methodische Bemerkungen über das Wesen, den Einsatz und auch die Grenzen philosophischer Rhetorik. Sehen wir nun, ob diese Überlegungen auch als hermeneutischer Schlüssel zu Plotins literarisch-argumentativer Praxis in derselben Schrift dienen können.

II. Rhetorische Praxis in der Enneade V 3 Die Schrift V 3 Über die erkennenden Hypostasen gehört zu den meistdiskutierten und -kommentierten Schriften Plotins – nicht zuletzt wegen des auch die moderne Philosophie interessierenden Themas der Selbsterkenntnis.53 Die Schrift setzt an bei dem skeptischen, in ähnlicher Form bei Sextus Empiricus54 belegten Dilemma, dass Selbsterkenntnis nicht möglich sei, weil sie weder als Teil-Ganzes- noch als Teil-Teil-Verhältnis denkbar sei. Dem begegnet Plotin mit seiner Konzeption vom Geist (νοῦς) als (dynamischer) Identität des Erkennenden und Erkannten, der das eigentliche und einzige Subjekt der Selbsterkenntnis ist (V 3, 1–9). Der zweite Teil der Schrift verteidigt dann Plotins bekanntes Paradoxon, dass das höchste Prinzip, das Eine/Gute, nicht denkt, dass es also gegen Aristoteles ein die Selbsterkenntnis noch übersteigendes Prinzip gibt (V 53

Es gibt nicht weniger als drei Kommentare: W. Beierwaltes: Selbsterkenntnis; B. Ham: Traité 49; Henri Oosthout: Modes of Knowledge and the Transcendental. An Introduction to Plotinus Ennead 5.3 [49] with a Commentary and Translation (Amsterdam 1991); außerdem die ausführliche Annotation in F. Fronterotta: Traité 49. Vgl. außerdem die Beiträge in M. Dixsaut: La connaissance de soi; Jens Halfwassen: Geist und Selbstbewußtsein. Studien zu Plotin und Numenios (Stuttgart 1994) (zu V 3, 1–5); Werner Beierwaltes: Das wahre Selbst. Retractatio einiger Gedankengänge in Plotins Enneade V 3 und Reflexionen zur philosophischen Bedeutung dieses Traktats als ganzen, in: ders.: Das wahre Selbst. Studien zu Plotins Begriff des Geistes und des Einen (Frankfurt a.M. 2004) 84–122; Gwenaëlle Aubry: Conscience, pensée et connaissance de soi selon Plotin. Le double héritage de l’Alcibiade et du Charmide, in: EPlaton 4 (2007) 163–181, hier: 171– 177; Riccardo Chiaradonna: Plotino: Il ‘noi’ e il νοῦς (Enn. V 3 [49], 8, 37–57), in: Gwenaëlle Aubry, Frédérique Ildefonse (éd.): Le moi et l’intériorité (Paris 2008) 2­ 77–293; Matthias Perkams: Selbstbewusstsein in der Spätantike. Die neuplatonischen Kommentare zu Aristoteles’ De anima (Berlin 2008) 305–320. 54 Sext. Emp. Math. VII 284–286; 310–312.

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3, 10–17).55 Ihre besondere Dynamik erhält die Schrift dadurch, dass Plotin­s Ausführungen stets von der Frage begleitet sind, in welchem Verhältnis ‘wir’ – also das Subjekt des philosophischen Logos, die diskursiv denkende Seele56 – metaphysisch zu diesem Selbst- und Nichterkennen stehen und wie wir es auch aktual erreichen können.57 Wie wir sehen werden, sind Partien, die Plotin selbst der Strategie der ‘Überredung’ (πειθώ) oder ‘Beschwörung’ (ἐπῳδή) zuordnet und dadurch als rhetorisch kennzeichnet, vor allem der letzten Frage – der nach der aktualen Einswerdung der Seele mit dem Geist bzw. dem Guten – gewidmet. Betrachten wir zunächst die Umgebung der schon besprochenen Überlegung zu dem Paar ‘Zwang’ und ‘Überredung’ (T 5). Diese steht im 6. Kapitel der Schrift. Die vorhergehenden fünf Kapitel gehen die verschiedenen Formen der Erkenntnis von der Sinneswahrnehmung bis zum Geist durch und bestreiten nicht nur der ja per se auf äußere Gegenstände gerichteten Sinneswahrnehmung, sondern auch dem dianoetischen Denken der Seele Selbsterkenntnis im Vollsinne; diese wird ganz auf den transzendenten Geist beschränkt. Den Abschnitt krönt ein mit Recht berühmtes Kapitel (V 3, 5), das sich noch einmal dem skeptischen Dilemma zuwendet und es unter Heranziehung der aristotelischen Konzeption des Selbstdenkens (Metaph. XI 7–9, An. III 5) zu überwinden sucht. Ausgehend von dem aristotelischen Satz, dass der Geist «seinem Sein nach Aktivität» ist, zeigt Plotin, dass das Denkende (νοῦς), das Gedachte (νοητόν) und das beides verbindende Denken (νόησις) eins sind. Weder das absolute Sein noch das absolute Denken ist anders zu denken denn als Energeia, und Denk-Aktivität und Seins-Aktivität sind eins.58 Unmittelbar nach diesem Kapitel folgt dann auf eine kurze Zusammenfassung die zi55

Zur Struktur von V 3 vgl. Laurent Lavaud: Structure et thèmes du Traité 49, in: M. Dixsaut: La connaissance de soi, 179–207. 56 Vgl. V 3, 3, 28. 57 Vgl. L. Lavaud: Structure et thèmes, 181: «Le souci constant de Plotin est de s’interroger sur les consequences pour l’âme, c’est-à-dire pour nous, de la montée reflexive vers l’intelligence, puis vers l’Un»; ebd. 187. 58 Vgl. bes. V 3, 5, 41–44 mit Anspielung auf Aristot. Metaph. XI 6, 1071b20; An. III 5, 430a18 (Rückbezug darauf in V 3, 12, 6). Natürlich verkürze ich hier extrem. Wilfried Kühn hat dem Kapitel allein eine ganze Monographie gewidmet (W. Kühn: Quel savoir après le scepticisme?).

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tierte selbstkommentierende und selbstkritische Bemerkung über ἀνάγκη und πειθώ (V 3, 6, 8–11). Der Grund hierfür ist nach dem Gesagten nicht mehr schwer zu sehen: Das 5. Kapitel argumentiert allein aus den Begriffen des Seins und des Denkens heraus, ohne Kategorien oder Analogien der sinnlich wahrnehmbaren Welt heranzuziehen; es ist eine Argumentation «aufgrund der» dem Geist «eigenen Prinzipien» (ἐξ ἀρχῶν τῶν οἰ­ κείων: VI 5, 2, 5–6). Nichtsdestoweniger ist auch dieses Kapitel ein Text und gehört als solcher der sprachlichen, diskursiven Ebene an; es ist nicht identisch mit der kurz danach in T 5 (V 3, 6, 11–14) geforderten unmittelbaren, intuitiven Schau des Geistes selbst, auch wenn es sich seinem Gegenstand nach ganz auf der Geist-Ebene aufhält. Diese Inkongruenz zwischen Thema (Geist) und Darstellungsform (diskursiv) führt dann auf der Seite des Adressaten (der Seele) zur Erfahrung des argumentativen ‘Zwangs’ und zu der Antithese von Zwang und Überredung, die bei tatsächlicher Einswerdung von Seele und Geist obsolet wäre. Wie ändert sich Plotins Darstellungsweise nun, nachdem er angekündigt hat, den Zwang durch Überredung zu ersetzen? Erwartungsgemäß wendet sich der Text jetzt direkt der Seele zu. Plotin beginnt mit einer methodisch-pädagogischen Reflexion darüber, wie der Seele die Einheit von Denken und Sein im Geist zu vermitteln sei, und lässt diese dann in eine Art Anweisung an die Seele selbst übergehen, wie sie sich auf meditativem Wege als Bild des Geistes begreifen und so eine wenigstens mittelbare Einsicht in dessen Seinsweise gewinnen kann:59 T 9 Womöglich müssen wir also unsere Seele lehren, wie sich der Geist selbst schaut – und zwar den [Teil] der Seele lehren, der in gewisser Weise geistig erkennend ist […]. Diesem60 also kommt es zu zu erkennen, dass er durch sich selbst erkennt, was er sieht, und weiß, was er sagt. Und wenn er das, was er sagt, 59

Solche direkten Anweisungen an ‘die Seele’, d.h. an den ja auf dem Niveau der eingekörperten Seele befindlichen Leser, finden sich häufig bei Plotin und verwenden nicht selten auch Anreden in der zweiten Person (vgl. I 6, 9; VI 5, 12, 7–29; als Anweisung in der dritten Person: V 8, 11). Ein ähnliches pädagogisches Analogie-Argument – dort auch mit direkter Anrede – findet sich in V 3, 8, 25–28: Οἷον οὖν ἐστι τὸ ἴχνος τὸ ἐγγενόμενον τοῦ φωτὸς ἐν ψυχῇ, τοιοῦτον καὶ ἔτι κάλλιον καὶ μεῖζον αὐτὸ νομίζων καὶ ἐναργέστερον ἐγγὺς ἂν γένοιο φύσεως νοῦ καὶ νοητοῦ (angelehnt an das Sonnengleichnis). 60 Τούτῳ als Dativ zu προσήκει aufgefasst (vgl. I 8, 2, 2; IV 7, 5, 9); entsprechend W. Beierwaltes: Selbsterkenntnis; B. Ham: Traité 49; F. Fronterotta: Traité 49.

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selbst wäre, dann würde er damit sich selbst erkennen. Da [seine Gegenstände] aber von dort her sind oder von oben zu ihm gelangen, woher er selbst ist, dürfte auch ihm – da er rationale Struktur ist und Verwandtes erfasst und mit den Spuren in sich in Deckung bringt – in diesem Sinne Selbsterkenntnis zukommen. Jetzt übertrage er [= der denkende Teil der Seele, das diskursive Denken] das Bild auf den wahren Geist […] (V 3, 6, 18–29).61

Plotin macht hier im Sinne seiner vorhergehenden methodischen Bemerkung eine Konzession an den herabgestiegenen Status der Seele, indem er nicht mehr von dem reinen Geist spricht, sondern von der Seele selbst, die diesen abbildet, insofern sie denkende Seele ist: Er hebt reflexive Züge des Denkens hervor, wie das dieses immer schon begleitende Bewusstsein, die Isomorphie des Denkens und seiner Gehalte (d.h. den rationalen oder Logos-Charakter von beiden) und die gemeinsame Herkunft aus dem Geist. Zugleich ist der zitierte Text aber auch reflexive Praxis: Das Bild, in dem die Seele die Selbsterkenntnis des Geistes erkennen und nachvollziehen soll, ist kein beliebiges, sondern eben die Seele selbst; falls die im letzten Satz erwähnte Übertragung des Bildes auf das Original im Vollsinne gelänge, wäre das nichts anderes als die Einswerdung der Seele mit dem Geist,62 die mit rein diskursiven Mitteln und auch mit dem argumentativen Zwang eines Textes wie V 3,5 nicht erreichbare unmittelbare Schau. Zu der hierauf gerichteten praktisch-meditativen Aktivität möchte Plotins πειθώ oder philosophische Rhetorik die Seele bewegen. Sie ist demnach im Sinne einer geistigen Übung in hohem Maße hand­ lungs(an)leitend – und sie möchte das Sprachliche und damit auch sich selbst überwinden helfen. Die zweite, dem Einen gewidmete Hälfte des Traktats setzt zwar an bei dem Paradoxon, dass das neuplatonische erste Prinzip nicht denkt, weitet die Perspektive aber bald auf die typischerweise mit Plotins Konzept des Einen verbundenen Fragen aus: Wie lässt sich die Vielheit aus dem Einen 61 Ἴσως οὖν χρὴ τὴν ψυχὴν ἡμῶν διδάξαι, πῶς ποτε ὁ νοῦς θεωρεῖ ἑαυτόν, διδάξαι δὲ τοῦτο

τῆς ψυχῆς, ὃ νοερόν πως […]. Τούτῳ τοίνυν γιγνώσκειν προσήκει, ὡς καὶ αὑτῷ ὅσα ὁρᾷ γινώσκει καὶ οἶδεν ἃ λέγει. Καὶ εἰ αὐτὸ εἴη ἃ λέγει, γινώσκοι ἂν ἑαυτὸ οὕτω. Ὄντων δὲ ἢ ἄνωθεν αὐτῷ γινομένων ἐκεῖθεν, ὅθεν περ καὶ αὐτό, συμβαίνοι ἂν καὶ τούτῳ λόγῳ ὄντι καὶ συγγενῆ λαμβάνοντι καὶ τοῖς ἐν αὑτῷ ἴχνεσιν ἐφαρμόττοντι οὕτω τοι γινώσκειν ἑαυτό. Μεταθέτω τοίνυν καὶ ἐπὶ τὸν ἀληθῆ νοῦν τὴν εἰκόνα. 62 Vgl. V 3, 8, 45–49 zu den Details.

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ableiten?63 Wie kann das überseiende, formlose, unbestimmte Eine die Ursache von Sein und formaler Bestimmtheit sein?64 Warum ist überhaupt etwas außer dem Einen?65 Charakteristisch für die Schrift V 3 ist der aporetische Umgang mit diesen Fragen: Kaum ist für eine von ihnen eine Argumentation vorgetragen worden, formuliert Plotin die Problematik von neuem (oder lässt sie einen imaginären Interlokutor formulieren), worauf eine neue argumentative Behandlung folgt usw.66 Er artikuliert also – in der vorhin besprochenen Metaphorik – die mit diskursiven Mitteln nicht zu befriedigende ‘Sehnsucht des Logos’ (oder, wenn man so will, die ‘Schübe’ der ‘Geburtswehen’ der Seele) und lässt ihr immer neue ‘Beschwörungen’ (ἐπῳδαί) angedeihen, wobei nach der oben besprochenen Aussage des Schlusskapitels (T 8) bereits die Häufung der Argumente rhetorisch-therapeutischen Charakter hat. Doch erschöpft sich Plotins rhetorische Strategie hierin nicht. Es scheint vielmehr, dass aufeinander folgende Argumentationsgänge des Öfteren zueinander in demselben Verhältnis stehen wie die vorhin besprochenen Kapitel V 3, 5 und V 3, 6 des ersten Teils, dass also auf eine Behandlung der Problematik «aufgrund der angemessenen Prinzipien» eine Darlegung aufgrund des Bildes folgt – wobei der Bildbegriff freilich zu modifizieren ist, da es ja von dem absolut formlosen Einen kein Bild im eigentlichen Sinne geben kann. Auf diese Weise sind etwa die Kapitel 13 und 1467 sowie 15 und 16 einander paarweise zugeordnet. Sehen wir uns das letztgenannte Paar exemplarisch etwa­s näher an.

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V 3, 15, 1–7. V 3, 16, 16–17. 65 V 3, 15, 43–44. 66 Formulierung von Aporien: V 3, 10, 3–5; 12, 1–3; 14, 1; 15, 1–7; 41–44; 16, 5–8; 16–22; und noch im Schlusskapitel, 17, 1–4. 67 Verbindendes Thema dieser zwei Kapitel ist das Sprechen über das Eine. Kapitel 13 weist die Unsagbarkeit des Einen «aufgrund der ihm angemessenen Prinzipien», d.h. seiner absoluten Einheit und Nicht-Vielheit nach; Kapitel 14 legt dar, warum und wie «wir» trotzdem über das Eine reden. Die Kapitel sind wegen ihres sprachphilosophischen Interesses viel diskutiert; vgl. z.B. Frederick M. Schroeder: Form and Transformation. A Study in the Philosophy of Plotinus (Montreal 1992) 66–69. 64

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Das 15. Kapitel formuliert eingangs die Frage, wie das Eine das Prinzip des Vielen sein und somit «geben kann, was es nicht hat» (V 3, 15, 1–7).68 Die anschließende Argumentation entwickelt sich dann gänzlich aus den Grundsätzen, dass das Prinzipiat des Einen nur Nicht-Eines sein kann und dass eine Projektion der Vielheit des Prinzipiierten in das Eine zum Widerspruch führt. Bezeichnend für Tonfall und Argumentationsform dieser Sequenz ist die Zusammenfassung: T 10 Gesagt worden ist also Folgendes: Wenn etwas aus dem Einen kommt, muss (δεῖ) es etwas anderes als dieses sein; und wenn es etwas anderes ist, dann nicht Eines; das nämlich war jenes. Ist es aber nicht eines, sondern zwei, so ist es damit notwendigerweise (ἀνάγκη) schon Vielheit [...]. Kurz: Dass das von jenem [Kommende] nicht eines ist, dürfte bewiesen (δεδειγμένον) sein; dass es aber Vielheit ist und eine solche Vielheit, wie sie sich in dem nach ihm Kommenden beobachten lässt, darf als Problem angesehen werden (V 3, 15, 37–43).69

Das Vokabular des Textes macht es hinreichend deutlich, dass wir es mit einer Partie im ἀνάγκη-Modus zu tun haben. Wie zuvor in Kapitel 6 signalisiert Plotin dann aber – obgleich er in T 10 seinen Beweisgang ausdrücklich als erfolgreich tituliert – das Fortbestehen einer Aporie, der er zu begegnen sucht, indem er den Blick vom Prinzip selbst auf das aus dem Prinzip Abgeleitete lenkt. Die sich daraus ergebende Veränderung des argumentativen Duktus lässt sich an der folgenden Passage des 16. Kapitels schön studieren, die, so denke ich, zum πειθώ- oder ἐπῳδή-Modus überleitet: T 11 Aber wie ist es möglich, dass das aus ihm Entstandene eine vielheitliche und totale rationale Struktur (λόγος) ist, während jenes ja doch keine rationale Struktur war? Und wenn es das nicht war, wie kommt dann eine rationale Struktur aus etwas, das keine solche ist? – Und wie kommt das, was von der Art und Form des Guten ist, aus dem Guten? Was nämlich hat es in sich, aufgrund von dem es von der Art und Form des Guten genannt wird? (V 3, 16, 16–19)70

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Vgl. die klassische Formulierung in VI 7, 17, 1–6. Zu V 3, 15 vgl. den Kommentar von Cristina D’Ancona Costa: Le chapitre 15, in: M. Dixsaut: La connaissance de soi, 279–306. 69 Εἴρηται μὲν οὖν, ὅτι, εἴ τι ἐκ τοῦ ἑνός, ἄλλο δεῖ παρ’ αὐτό· ἄλλο δὲ ὂν οὐχ ἕν· τοῦτο γὰρ ἦν ἐκεῖνο. Εἰ δὲ μὴ ἕν, δύο δέ, ἀνάγκη ἤδη καὶ πλῆθος εἶναι […]. Καὶ ὅτι μὲν δὴ μὴ ἓν τὸ ἐκείνου, δεδειγμένον ἂν εἴη· ὅτι δὲ πλῆθος καὶ πλῆθος τοιοῦτον, οἷον ἐν τῷ μετ’ αὐτὸ θεωρεῖται, ἀπορῆσαι ἄξιον. 70 Ἀλλὰ πῶς τὸ γενόμενον ἐξ αὐτοῦ λόγος πολὺς καὶ πᾶς, τὸ δὲ ἦν δηλονότι οὐ λόγος; Εἰ δὲ μὴ τοῦτο ἦν, πῶς οὖν οὐκ ἐκ λόγου λόγος; Καὶ πῶς τὸ ἀγαθοειδὲς ἐξ ἀγαθοῦ; Τί γὰρ

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Die von Plotins innerem oder äußeren Interlokutor – letztlich der suchenden Seele – formulierte Frage wiederholt lediglich die Problematik des vorigen Kapitels: Es ist für jeden Logos konstitutiv, dass er eine strukturierte Vielheit ist (eben eine «rationale Struktur»); das Eine ist infolgedessen kein Logos, womit sich wieder das Problem stellt, dass es ‘gibt, was es nicht hat’. Plotin beantwortet die Frage – eigentlich ganz unphilosophisch! – mit einer Gegenfrage, mit der er die Perspektive von der offenbar unlösbaren Problematik des Einen auf das Gute (ἀγαθόν) und sein Verhältnis zum «gut-gestaltigen» (ἀγαθοειδές) Seienden verschiebt (exegetisch gesprochen: auf das Sonnengleichnis der Politeia). Mit diesem Perspektivenwechsel ist von vornherein das über das Sein hinausreichende Streben der Seele nach dem Guten thematisiert, das uns vorhin als der systematischmetaphysische Hintergrund der Metapher von der «Sehnsucht des Logos» begegnet ist.71 Natürlich ist das keine Darlegung «im Bilde» (V 3, 6, 17), das es beim Einen oder Guten ja nicht geben kann.72 Es ist jedoch ein Zugang zum Höchsten, der die Aufmerksamkeit nicht mehr auf den Begriff des Einen, sondern auf die Erfahrung der Seele lenkt und insofern dem Wechsel der Perspektive vom Geist zur Seele in T 9 (V 3, 6, 18–29) analog ist. Die Gegenbewegung zu diesem Streben ist jedoch der Widerstand, ja die Angst des Logos, den Schritt über das ihm strukturell Verwandte, das Seiende, hinaus zu tun.73 Aufzulösen ist dieser Widerstreit, wie schon ἔχον ἑαυτοῦ ἀγαθοειδὲς λέγεται; Zum Wechsel der Perspektive vom Einen zum Guten in dieser Passage vgl. auch L. Lavaud: Structure et thèmes, 186. 71 Der weitere Gedankengang in V 3, 16 ist recht dunkel geraten. Seine Zentralbegriffe sind jedoch ‘Leben’ (ζωή) und ‘Geist’ (νοῦς), die in ihrer Eigenschaft als begehrenswerte Güter betrachtet werden (V 3, 16, 24; 27); im weitesten Sinne dürfte die Überlegung also mit VI 7, 18–22 verwandt sein, wo das Gute als etwas den Grundcharakteren des Seienden, Sein, Leben und Geist, Transzendentes herauspräpariert wird, das diese erst erstrebens- und begehrenswert macht. Vgl. W. Beierwaltes: Selbsterkenntnis, 164–165; B. Ham: Traité 49, 258–264. 72 Doch dürfte man berechtigt sein, die berühmte Argumentation für die Freiheit des Einen mittels analoger Übertragung (οἷον-Vorbehalt) von Aussagen über die Einheitsform des Geistes auf das Eine in VI 8, 13–21 als eine ‘überredende’ Darlegung ‘im Bilde’ zu lesen; vgl. VI 8, 13, 2–5: τὰ μὲν ὀρθῶς εἴρηται, ὅτι οὐ ποιητέον οὐδ’ ὡς εἰς ἐπίνοιαν δύο, τὰ δὲ νῦν τῆς πειθοῦς χάριν καί τι παρανοητέον ἐν τοῖς λόγοις. 73 V 3, 17, 4–5: Καί (codd.; κἂν Kirchhoff), μὴ φανῇ τι κρεῖττον, οὐκ ἄπεισιν ὁ λογισμὸς ἐπ’ ἄλλο, ἀλλὰ στήσεται αὐτοῦ (schön übersetzt von B. Ham: Traité 49: «Et, de peur que n’apparaisse quelque chose de meilleur, le raisonnement ne se déplacera pas sur autre

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mehrfach angedeutet, auf diskursivem Wege nicht. Plotin schließt den Traktat daher mit einer Mahnung an den Logos, sich seiner Sehnsucht nach dem Guten zu überlassen und das theoretisch Unerreichbare praktisch zu erreichen. Die Bedingung hierfür ist das allgegenwärtige, allem Seienden Glanz verleihende, das Sehnen des Logos auslösende und ihm doch nicht fassbare Licht des Guten.74 Wenn ich recht sehe, nennt Plotin dieses Phänomen hier mit einer singulären Metapher eine «Beschwörung» (ἐπῳδή) im platonischen Sinne. Der folgende Text schließt sich unmittelbar an den schon zitierten (T 8) über die notwendige Wiederholung der argumentativen Beschwörungen an: T 12 Was gibt es denn sonst noch, das wie eine neue Beschwörung wäre? – Sie läuft ja über alles Wahre und alle Wahrheiten, an denen wir teilhaben, hin und entzieht sich dennoch, wenn man sie aussprechen und denken möchte; denn das Denken muss, um etwas auszusprechen, eins nach dem anderen erfassen; in diesem Sinne ist es ja ein Durchgang; in dem ganz Einfachen aber, was gäbe es da für einen Durchgang? Es genügt jedoch, es geistig zu berühren (V 3, 17, 20–25).75

Als Subjekt von ἐπιθέουσα nimmt man üblicherweise die Seele an (W.  Beierwaltes: Selbsterkenntnis: «Die Seele geht zwar auf alles Wahre zu»; B. Ham: Traité 49: «elle [l’âme] qui court sur toutes les vraies réalités»). ἐπιθέω bezeichnet bei Plotin sonst jedoch fast immer die besondere Gegenwart des Glanzes des Guten beim Seienden, der uns das Gute ahnen und ersehnen lässt;76 und das «Entfliehen» oder «Sichentziehen» (ἐκφεύγει nach Creuzers glänzender Konjektur) passt wesentlich besser chose, mais s’arrêtera là»; W. Beierwaltes: Selbsterkenntnis, übersetzt den von Kirchhoff emendierten Text, was die Pointe kostet; entsprechend F. Fronterotta: Traité 49). Man darf hier durchaus wieder an das ‘Kind im Manne’ denken, das im Phaidon (77e) bevorzugter Adressat des ἐπᾴδειν ist; vgl. oben Anm. 21. 74 V 3, 17, 28–29: Τότε δὲ χρὴ ἑωρακέναι πιστεύειν, ὅταν ἡ ψυχὴ ἐξαίφνης φῶς λάβῃ. Vgl. VI 7, 22, 27 (φέγγος). 75 Τίς οὖν ὥσπερ καινὴ ἐπῳδὴ ἄλλη; Ἐπιθέουσα γὰρ πᾶσι τοῖς ἀληθέσι καὶ ὧν μετέχομεν ἀληθῶν ὅμως ἐκφεύγει (Creuzer, Henry/Schwyzer, Beierwaltes, Ham; εἰσφεύγει codd.), εἴ τις βούλοιτο εἰπεῖν καὶ διανοηθῆναι, ἐπείπερ δεῖ τὴν διάνοιαν, ἵνα τι εἴπῃ, ἄλλο καὶ ἄλλο λαβεῖν· οὕτω γὰρ καὶ διέξοδος· ἐν δὲ πάντη ἁπλῷ διέξοδος τίς ἐστιν; Ἀλλ᾽ ἀρκεῖ κἂν νοερῶς ἐφάψασθαι. 76 III 8, 11, 21; VI 7, 16, 5; 22, 2; 24 (χάρις ἐπιθέουσα τῷ κάλλει); 30, 19; vgl. I 6, 5, 15. Gelegentlich auch von der Form gebraucht (IV 3, 10, 8; V 8, 10, 17; vgl. IV 4, 27, 12), aber

Seelenlehre und Psychagogie bei Plotin

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zum alles Denken und jede Erkenntnis übersteigenden Einen-Guten als zu der denkenden Seele selbst.77 Wenn man also, wie es der natürliche Gang des Textes nahelegt, ἐπῳδή als Subjekt zu ἐπιθέουσα versteht, dann sagt Plotin Folgendes: Die einzige ‘Beschwörung’, das einzige Argument, das gegenüber den in V 3 schon mehrfach wiederholten Argumenten etwa­s Neues und die Wehen der Seele wirklich Stillendes bringen kann, ist überhaupt kein Argument mehr – es ist das Eine oder Gute selbst und der Zugang, den es durch seine ebenso evidente wie unbegreifliche Allgegenwart zu sich gewährt. Dieser Zugang freilich ist nicht mehr sprach­ licher oder gar textlicher, sondern praktischer Natur; darum endet die Schrift V 3 – nach der unvergesslichen Aufforderung «Laß ab von allem» (ἄφελε πάντα) – mit Schweigen.

nirgends in gnoseologischer Bedeutung von der Seele. Zum ahnenden Sehnen vgl. T 7 = V 5, 12, 5–9. 77 Vgl. vor allem V 5, 7, 11–12 (im Kontext eines Sonnengleichnisses, zur Unerkennbarkeit des Guten per se): Ἐπεὶ καὶ τοῦ ἡλίου τὸ φῶς τὸ ἐν αὐτῷ τάχ’ ἂν τὴν αἴσθησιν ἐξέφυγεν, εἰ μὴ ὄγκος ἐπέκειτο αὐτῷ στερεώτερος. Außerdem IV 2, 2, 36–37: πάντη πλήθους καὶ μερισμοῦ ἐκφεύγοι φύσιν; IV 4, 18, 23–25 (die Seele «entzieht sich» der körperlichen Teilung); IV 4, 23, 14–15: ἐκφυγόντος τοῦ αἰσθητοῦ αὐτήν («das Sinnliche entzieht sich ihrer Kenntnis»), οὐκ ἐχούσης ὅτῳ αὐτοῦ λάβοιτο. εἰσφεύγω ist bei Plotin überhaupt nicht und auch sonst nur sehr selten belegt.

Epistolographic Philosophy The Many Functions of Iamblichus’ Correspondence D O M I N I C J. O ’ M E A R A

A considerable number of extracts from various letters by Iamblichus is preserved in the anthology compiled by John of Stobi towards the beginn­ing of the 5th century A.D.1 The study of these extracts from Iamblichus’ correspondence has advanced in recent years and they have been edited, translated and discussed in some detail.2 The extracts from Iamblichus’ letters in Stobaeus’ anthology raise a series of questions: For what purpose, or purposes, did Iamblichus write these letters? Do they represent a sort of ‘popularizing’ philosophy? How do they relate to his philosophy and to his teaching? How did these letters come to form a collection? Who produced this collection and why? How did the letters end up in the form of the extracts preserved (and preserved only) in Stobaeus’ anthology?

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Kurt Wachsmuth, Otto Hense (eds.): Stobaeus. Anthologium, 4 voll. (Berlin 1884–1912). It is a privilege to be able to offer this small token of appreciation to Michael Erler, an excellent colleague and friend, who has done and does so much for the study of ancient Greek philosophy. I discuss some of the extracts in Platonopolis. Platonic Political Philosophy in Late Antiquity (Oxford 2003); a selection of extracts is printed and translated into French in Dominic J. O’Meara, Jacques Schamp (éd.): Miroirs de prince de l’empire romain au IVe siècle (Fribourg, Paris 2006); the complete extracts are printed and translated into English, with notes, by John Dillon, Wolfgang Polleichtner (eds.): Iamblichus of Chalcis. The Letters (Atlanta 2009) and printed with Italian translation and extensive commentary by Daniela Patrizia Taormina, Rosa Maria Piccione (a cura di): Giamblico. I frammenti dalle epistole (Napoli 2010).

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Although progress has been made with regard to some of these questions,3 many of them still remain open. In this paper, I would like to offer some suggestions in this regard, using the following approach and addressing the following questions. I begin (I.) with the Iamblichean extracts, as they appear in, and form part of, Stobaeus’ anthology, asking: What is their place and function in the anthology? Working backwards, I then discuss (II.) the collection of Iamblichean letters which was probably the ultimate source of the extracts in Stobaeus: Who made this collection, and why? Then, going back further (III.), I come to Iamblichus himself and ask: On what occasions and with what purposes did Iamblichus first write the particular letters from which derive the extracts in Stobaeus? The advantage of this approach, going backwards through the successive stages of the transmission of Iamblichus’ letters, is that it will allow us to discern better the different contexts and functions assumed by Iamblichus’ correspondence, over a period going from the early 4th to the early 5th century A.D., thus avoiding an approach which confuses these contexts and functions.

I. We begin then with Stobaeus’ anthology. The latest author cited by Stobaeus is Themistius (died c. 388). Stobaeus seems to have very good access to works by Porphyry, by Iamblichus and Iamblichus’ school (he preserves extracts from a letter by Sopatros II, son of Iamblichus’ pupil Sopatros I4), but he cites none of the later Neoplatonists of the later 5th and 6th centuries, such as Syrianus and Proclus, and he cites no Christian authors. Working then, it seems, towards the end of the 4th or in the early 5th century, Stobaeus conceived of his anthology as a sort of encyclopedia of philosophy, for the edification of his son Septimius (and probably also 3

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In particular, the detailed commentary published by Taormina and Piccione shows, for example, that some of the more technical and advanced concepts in Iamblichus’ phi­ losophy can be traced in the excerpts (see, for example, 249–266). The letters cannot then be regarded simply as a sort of ‘Neoplatonism for Dummies’. Printed and translated in D. J. O’Meara, J. Schamp: Miroirs de prince, ch. 2.

The Many Functions of Iamblichus’ Correspondance

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for other young people).5 The anthology covers physics, logic, ethics and poli­tics (corresponding thus to a division of philosophy, common since the Hellenistic period, into three parts: physics, logic, ethics), and was prefaced originally by a praise of philosophy and some material on mathe­ matics.6 The major part of the anthology (Book II 7, up to and including Book IV) is devoted to ethics, conceived broadly as practical philosophy: ethics, politics (IV 1–13) and ‘economics’ (IV 18–31).7 Not only does Stobaeus seem to have a special access to works deriving from Porphyry, from Iamblichus and the Iamblichean schools. He also seems to be inspired, to some extent at least, in the organization of his anthology, by the curricular programme adopted by these schools.8 An example of this is provided by his chapter ‘On Virtue’ (III 1). In this chapter Stobaeus compiles sayings and quotations taken from a series of poets, sages, philosophers, including Pythagoras, Pythagoreans (for example, the Pythagorean Golden Verses, Archytas), Epictetus, Isocrates (Ad Demonicum, Nicocles), Plato (Alcibiades I and II, Republic, Gorgias, and other dialogues), Iamblichus (Letter to Sopatros, and other texts), Porphyry (Sentences, ch. 32), and others. This choice of authors and texts is not haphazard: it corresponds in many respects to the programme of reading used in the later Neoplatonic schools in the teaching of ethical and poli­ tical virtue, a programme which included Pythagorean texts, Epictetus and the works of Isocrates and of Plato excerpted by Stobaeus.9 It thus looks as if the readings used in the Neoplatonic schools for the teaching of ethical and political virtue, on a preparatory and on a more advanced

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See Rosa Maria Piccione: Encyclopédisme et enkyklios paideia? À propos de Jean Stobée et de l’Anthologium, in: PhilosAnt 2 (2002) 169–197. This information is provided in Photius’ report (Bibl. cod. 167); the opening sections of the anthology no longer survive, as indeed other parts of the anthology. Photius’ report allows us to see what is missing in the version of the anthology which has survived. See the list of chapters of the four books in Wachsmuth–Hense’s edition (I 3–10), taken from Photius’ report. Photius also indicates that the four books of the anthology were contained in two volumes or codices (τεύχεσι). I intend to discuss this theme in more detail in: A Neoplatonic Background to the Collection of Heraclitus Fragments in Stobaeus’ Anthology III, 1 (forthcoming). D. J. O’Meara: Platonopolis, 65–68.

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level,10 are also used by Stobaeus, who adds pertinent extracts from Porphyry and Iamblichus, as would have be done also, we can assume, in the Neoplatonic schools. The extracts from Iamblichus’ letters in Stobaeus’ anthology are to be found mostly in the part covering practical philosophy, in the chapters dealing with ‘What depends on us’ (II 8), education (II 31), friendship (II 33), ungratefulness (II 46), virtue (III 1), each of the four cardinal virtues (III 3; 5; 7; 9), truth (III 11), shame (III 31), goodness (III 37), rulership (IV 5; we are here in the section covering politics), marriage (IV 23, in the section on ‘economics’), happiness (IV 39). Earlier in the ­anthology, we find extracts from Iamblichus’ letters in chapters on providence and fate (I 1 and 5, in the part covering physics) and on dialectic (II 2, in the part covering logic). Stobaeus can use the same letter of Iamblichus several times, in the same chapter, or in different chapters, as in the case of the Letter to Sopatros ‘On Virtue’ (III 1; III 31; III 37; IV 39). Sometimes, the source of the extract is named together with a thematic title different from that of the chapter in which it appears. For example the Letter to Eustathios is named with the thematic title ‘On Music’ in the chapter on education (II 31), and the Letter to Sopatros ‘On Virtue’ (used, as we have seen, in several different chapters) is excerpted in the chapter on shame (III 31). It thus seems that Stobaeus is using, directly or through intermediary texts, a collection of Iamblichus’ letters in which the letters had already been organized, or marked, as relating to different themes, some of which are preserved in part in Stobaeus’ anthology. We cannot reasonably hope to reconstruct the anthology or anthologies from which Stobaeus collected his materials, but we can suppose that he, or his anthological source, depends, in the long run, as regards Iamblichus’ letters, on a collection of these letters in which the letters were probably complete, more numerous and bore thematic designations of some sort. Can we go further in describing this collection?

10

The reading of the Pythagorean Golden Verses, of Isocrates and of Epictetus was preparatory to the reading of Plato, which began in the second, major cycle of the curriculum (O’Meara, loc. cit.).

The Many Functions of Iamblichus’ Correspondance

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II. A very interesting piece of information in this regard is provided by Olympiodorus in his Commentary on Plato’s Gorgias. Olympiodorus is commenting on the eschatological myth of the Gorgias and refers, in this connection, to a letter of Iamblichus: Since these things are well said, it is worth enquiring why, if indeed, as has been said, there are three [myths about the fate] of souls after death, Iamblichus seems, in a letter of his, to recall only two of these, those in the Phaedo and in the Republic, but not this one [in the Gorgias]. We therefore say that it was perhaps the person to whom he [Iamblichus] wrote the letter who asked him to say something about these two [myths] of souls after death, and for this reason he mentioned only these two. For such a great philosopher was not ignorant of this one [in the Gorgias].11

Olympiodorus, who taught in the Neoplatonic school of Alexandria in the 6th century, may be simply referring to a problem which had been raised long before in the history of teaching Plato’s Gorgias in the schools: the Alexandrian commentators often discuss exegetical issues which they had inherited from a tradition going back to Proclus and earlier. Whether this is so or not, it seems that Olympiodorus’ students, or students of a predecessor, could (or would) have been expected to know the letter of Iamblichus in question. The letter could have been read in the context of the study of Plato’s Gorgias, i.e. in the context of the study of political virtue, at the beginning of the curriculum of Platonic philosophy followed in the schools. The letter to which Olympiodorus refers has nothing corresponding to it in the extracts from Iamblichus’ letters preserved in Stobaeus’ anthology. Could it have been part of a collection of Iamblichus’ letters which circulated in the Neoplatonic schools, which was also the ultimate source of Stobaeus’ extracts? Damascius, in about the same period as that of Olympiodorus, also refers to Iamblichus’ letters on the question

11

Leendert G. Westerink (ed.): Olympiodorus. In Platonis Gorgiam commentaria (Leipzig 1970) 242, 1–9 (my translation), printed, translated and discussed by J. Dillon, W. Polleichtner: Iamblichus, 54–55, 94–98 and by D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 531–537.

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of the fate of souls in his Commentary on the Phaedo.12 This strengthens the impression that a collection of Iamblichus’ letters circulated in the Neoplatonic schools and was used in connection with the study of Plato’s dialogues.13 It may be useful in this connection to take note of the presence and use of collections of letters of the philosophers in the curriculum of the Neoplatonic schools. Collections of philosophers’ letters were very popular in Late Antiquity (for example, the letters of the ‘Pythagoreans’, or of Heraclitus [!]; even Socrates was put to letter-writing)14 and we find that they are also used in the Neoplatonic schools. In the first cycle of the curriculum of these schools, devoted to the reading of Aristotle, the teachers introduced the students to Aristotle by listing and classifying Aristotle’s works, among which they included his letters.15 In the second cycle, where Plato’s works were read, Plato’s letters are listed in connection with Plato’s Republic and Laws as concerning political reform:16 they relate thus to the same level as that which the Gorgias served to teach, that of political virtue. To these collections of letters could have been added the collection of Iamblichus’ letters, which would then have found its way eventually, in the form of extracts, into Stobaeus’ anthology. On the basis of these comparisons, we can suppose that at some point, in the history of the Iamblichean schools, a collection of Iamblichus’ letters was assembled which contained both the letters to which Olympiodorus and Damascius refer and those excerpted in Stobaeus. This collection would have provided preliminary instruction in the domain of ethics, in particular as regards ethical and political virtue, but it seems also to have covered, to some extent, themes in physics and logic, to judge from 12

Dam. Comm. Plat. Phaed. I 548 (ed. Leendert G. Westerink: The Greek Commentators on Plato’s Phaedo, I. Damascius [Amsterdam 1977]); printed, translated, discussed by J. Dillon, W. Polleichtner: Iamblichus, and by D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico (loc. cit.). 13 This is suggested by D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 75. 14 See J. Dillon, W. Potteichtner: Iamblichus, XV–XVI. 15 See Ilsetraut Hadot (éd.): Simplicius. Commentaire sur les Catégories, fascicule I (Leiden 1990) 64–67. Aristotle’s letters to Alexander are named. 16 Leendert G. Westerink, Jean Trouillard, Alain-Philippe Segonds (éd.): Prolégomènes à la philosophie de Platon (Paris 2003) 26, 57.

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Stobaeus’ anthology. The letters may have been arranged under thematic rubrics (e.g., ‘On Music’), to facilitate their use by students. Who would have made this collection? Iamblichus himself? Or perhaps one of Iamblichus’ students who himself taught philosophy?17 The latter option seems to me to be more likely, but I think that we are far from being able to ­decide.

III. Let us go a step further back, to Iamblichus himself and to the circumstances in which he originally would have written his letters: On what occasion, for what purpose were they written? I would like to show in the following that the letters were written for a variety of purposes and with different functions. These purposes and functions are not to be confused, I will argue, with the purpose and function the letters would later receive, as part of a reading curriculum (the collection discussed above in part II) and as part of Stobaeus’ anthology (part I). I would like to distinguish between three kinds of letters. (i) Iamblichus’ Letter to Sopatros ‘On Dialectic’ (Stob. II 2, 6–7) belongs, I suggest, to a specific genre of writing: the protreptic to the study of a science. Such protreptics, often known as ‘Prolegomena’, are common in Late Antiquity:18 they encourage students to undertake the study of a science (for example, rhetoric, mathematics, or philosophy) by showing the value of the science to be studied, why it is advantageous to study it. Such protreptics are thus praises of the science to be studied, encomia, and as such belong to the ‘epideictic’ branch of rhetoric.19 Following the pattern of encomia, these protreptics praise the science by presenting its origins (divine or human), its practice, and the benefits which it brings.

17

D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 80 suggest Sopatros (with a question mark). See Jaap Mansfeld’s important works, Prolegomena. Questions to be Settled before the Study of an Author, or a Text (Leiden 1994); Prolegomena Mathematica. From Apollonius of Perga to Late Neoplatonism (Leiden 1998). 19 Stobaeus’ ‘Praise of Philosophy’, at the beginning of his anthology, was probably just such a protreptic. 18

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The encomia can be given the form of a letter, addressed to an individual, but intended to be read in public, in the absence of the author.20 Iamblichus himself wrote several such protreptics to the study of a science, in particular in the second and third books of his work On Pythagoreanism: a protreptic to the study of Pythagorean philosophy (the Protrepticus), and a protreptic to the study of Pythagorean mathematics (the De communi mathematica scientia). I would like to take the latter work and compare some of its features with what we find in Iamblichus’ Letter to Sopatros ‘On Dialectic’. The chapters headings of the De communi mathematica scientia refer to chapters 21, 22 and 23 as dealing with the ‘leaders’ or founders (ἀρχηγέται) of Pythagorean mathematics, the practice (μελέτη) of this science, and its usefulness (χρήσιμα, χρῆσις).21 In chapter 30 Iamblichus elaborates on the usefulness of mathematics: it brings much benefit to all of philosophy and all of its parts (μέρη). Thus it is of service to the knowledge of being and of the divine (θεολογία). It is useful also with regard to logical accuracy and reasoning (logic) and attains knowledge relevant to the study of nature (physics), extending its benefits down to ethics and politics. I quote here some lines from this chapter: Ὅτι δὲ καὶ πρὸς πᾶσαν φιλοσοφίαν καὶ τὰ ὅλα μέρη αὐτῆς πολλὰς καὶ μεγάλας χρείας ἡ μαθηματικὴ συμβάλλεται, ὑπουργοῦσα τῇ θέᾳ τῶν ὄντων […] ἀπὸ δὴ τῆς τοιαύτης ἀφορμῆς ὁρμωμένη διαστέλλει παρ’ ἑαυτῇ καλῶς, τίνες μὲν θεωρίαι τῶν παρ’ ἑαυτὴν πρὸς θεολογίαν εἰσὶν ἁρμόζουσαι, τάξεώς τε καὶ μέτρων θείων δυνάμεναι μετέχειν […] οὐ διαλανθάνει δὲ αὐτὴν οὐδ’ εἴ τινες πρὸς τὴν τοῦ λό­ γου ἀκρίβειαν ἐπιστημονικῶς συναίρονται, εἴς τε τὸ συλλογίζεσθαι καὶ ἀποδεικ­ νύναι καὶ ὁρίζεσθαι καλῶς ὁδηγοῦσαι […] οὐ μὴν ἀγνοεῖ οὐδὲ τῆς περὶ φύσιν ἱστορίας τὴν ἐπιβάλλουσαν ἁρμονίαν, πῶς τε συνίσταται.22

If we turn now to the extracts from Iamblichus’ Letter to Sopatros ‘On Dialectic’, we find that dialectic is described there (II 2, 6) as a gift of the gods which is most useful to all of life. No part (μόριον) of philosophy is 20

See Laurent Pernot: La Rhétorique de l’éloge dans le monde gréco-romain (Paris 1993) 435–436. 21 Nicola Festa (ed.): Iamblichus. De Communi Mathematica Scientia (Leipzig 1975) 6, 12–24. 22 Iamb. De comm. math. sc. 90, 28–92, 15.

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deprived of its benefits; these parts are physics, the knowledge of the gods and logic. Τὸ δὴ τῶν θεῶν δῶρον οὐδένα τρόπον δεῖ προΐεσθαι […] ὅρα γὰρ ὅτι καὶ παρ’ ὅλον τὸν βίον διατελεῖ χρησιμώτατον ὂν διαφερόντως […] εἰ δὲ δεῖ καὶ τὰ πρὸ τούτων ἐννοεῖν, οὐκ ἔστιν οὐδὲν μόριον φιλοσοφίας ἄνευ τοῦ κατὰ διαλεκτικὴν λόγου παραγιγνόμενον· ἀλλὰ καὶ εἴ τι φυσικὸν δόγμα ἀνευρίσκομεν, λογικῶς αὐτὸ βεβαιούμεθα, καὶ ὅσα περὶ θεῶν σκεπτόμεθα, λόγος διαλεκτικός ἐστιν ὁ συγκατασκευάσας· ὅλως δὲ οὐδὲν οὔτε εἰπεῖν οὔτε ἀκοῦσαι δυνατὸν ἀπ­ αλλαγέντας τῆς μεθόδου ταύτης […] εἴτε οὖν ἐπιτηδευτέον, εἴτε μή, δια­ λεκτικὴν ἀσκεῖν· καὶ γάρ ἐστιν ἄτοπον, εἰ τὰ μὲν ἅπαντα λόγῳ κρίνομεν, αὐτὴν ἀφήσομεν τὴν ἀκριβεστάτην τοῦ λόγου θεωρίαν.23

From this comparison we can see that Iamblichus’ Letter to Sopatros ‘On Dialectic’ is a protreptic to the study of dialectic. Written in the form of a letter, this protreptic was probably sent to Sopatros, to be read in public to his students as an encouragement to study dialectic. The letter, of course, could also have been circulated among the schools founded by Iamblichus’ various disciples and used there at the beginning of the study of dialectic. An earlier example of a protreptic to dialectic can be found in Plotinus, Ennead I 3 (‘On Dialectic’), where, in the last chapter, the benefits of dialectic for the other parts of philosophy are described. A second case of such a protreptic to dialectic in the form of the letter may be provided by the extract in Stobaeus from Iamblichus’ Letter to Dexippus ‘On Dialectic’ (II 2, 5), which deals with the divine origin of dia­lectic, i.e. with the first of the group of themes to be covered by protreptics. Dexippus was another pupil of Iamblichus, who himself taught philo­sophy. (ii) Another type of letter which I believe can be discerned fairly clearly among the extracts in Stobaeus is that of the ‘Mirror of Princes’ (‘Fürstenspiegel’). The ‘Mirror of Princes’ sketches the portrait of the good ruler, which the ruler who is the addressee is invited to contemplate and emulate. Addressed to particular rulers, these texts were also intended to be read in public, in the presence of the ruler and his entourage. We find 23

I print the text given by D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 288, who also note (361) the use made, at the end of the passage, of a famous argument deriving from Aris­ totle’s (lost) Protreptikos.

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many examples of such texts in Late Antiquity, of course: Eusebius’ Praise of Constantine, Synesius’ De regno, various orations of Themistius, to mention but a few.24 These ‘Mirrors of Princes’ could also take the form of a letter and could be addressed, not just to emperors, but also to lowerranking authorities, an example of this being Sopatros II’s Letter to Himerios.25 Here also, we can suppose that the letter would be read in public, in the absence of the author, but in the presence of the ruler to whom it is addressed and his court. The letter could also have, of course, a wider circulation. Iamblichus’ Letter to Dyscolius belongs, I suggest, to this type. Two extracts from this letter (without thematic title) are found in Stobaeus’ chapter on rulership (IV 5, 74–75). Dyscolius may be the Pretorian Prefect of the East (317–324), or a Governor of Syria of that name.26 In his letter, Iamblichus describes the good ruler as seeking the good of his subjects, their happiness, cultivating the common good, in which each finds advantage, the ruler manifesting unstinting philanthropy and beneficence, virtues standardly praised in ‘Mirrors of Princes’.27 These extracts are followed in Stobaeus’ chapter by two extracts from Iamblichus’ Letter to Agrip­pa (IV 5, 76–77), also without thematic title. Here too, I believe, we find a ‘Mirror of Princes’ in the form of a letter. The extracts extol goodness and philanthropy in a ruler, and emphasize the primacy of law, which the ruler should seek to respect and preserve. It is possible that further cases of ‘Mirrors of Princes’ may be found among the letters of Iamblichus excerpted in Stobaeus. However, the con24

For texts of Eusebius and Themistius, see D. J. O’Meara, J. Schamp: Miroirs de prince, chs. 3 and 4. 25 See Sopatros II’s Letter to Himerios, in D. J. O’Meara, J. Schamp: Miroirs de prince, ch. 2. Important examples of ‘Mirror of princes’ in the form of letters addressed to a ruler are, of course, the letters to Alexander attributed to Aristotle and included in the reading list of the Neoplatonic schools (see above n. 15 and the survey of the evidence in Josef Bielawski, Marian Plezia: Lettre d’Aristote à Alexandre sur la politique envers les cites [Wroclaw 1970] 10–14), as was Isocrates’ Ad Nicoclem, which is also advice on rulership given in the form of a letter, and was on the reading list of the schools (D. J. O’Meara: Platonopolis, 66). 26 See D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 499–500. 27 Compare the Letter of Sopatros II to Himerios (in D. J. O’Meara, J. Schamp: Miroirs de prince, ch. 2).

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text in Stobaeus and the content of these extracts do not, perhaps, provide indications as strong as those we find for the letters to Dyscolius and to Agrippa. One possible case would be the Letter to Asphalius, excerpted by Stobaeus in his chapter on the virtue of wisdom (φρόνησις, III 3, 26). In this excerpt, Iamblichus praises the virtue of wisdom as a ruling virtue, inspired by Intellect (νοῦς), governing man, cities and households in the manner of Plato’s philosopher-kings. γενομένη δ᾿ οὕτως εἰς αὐτὸν τὸν νοῦν ἀποβλέπει καὶ τελειοῦται ἀπ’ αὐτοῦ μέτ­ ρον τε καὶ παράδειγμα αὐτὸν ἔχων28 κάλλιστον τῶν ἐν αὐτῇ πασῶν ἐνεργειῶν […] εἰς παράδειγμα τὸ θεῖον ἀναφέρουσα διαζωγραφεῖ κατὰ τὴν ἀρίστην ὁμοιό­ τητα, τὸ μὲν ἐξαλείφουσα, τὸ δὲ ἐναπομοργνυμένη, τὰ δὲ ἀμφότερα συμμέτρως ἀπεικάζουσα. εἰκότως ἄρα καὶ θεοειδεῖς ἀπεργάζεται τοὺς ἔχοντας αὐτὴν ἡ φρόνησις.

So also in the Republic (VI 501b–c) do Plato’s philosopher-kings paint the canvas of the city after the model provided by the Forms: Ἔπειτα οἶμαι ἀπεργαζόμενοι πυκνὰ ἂν ἑκατέρωσ᾿ ἀποβλέποιεν, πρός τε τὸ φύσει δίκαιον καὶ καλὸν καὶ σῶφρον καὶ πάντα τὰ τοιαῦτα, καὶ πρὸς ἐκεῖν᾿ αὖ τὸ ἐν τοῖς ἀνθρώποις ἐμποιοῖεν, συμμειγνύντες τε καὶ κεραννύντες ἐκ τῶν ἐπιτηδευ­ μάτων τὸ ἀνδρείκελον, ἀπ᾿ ἐκείνου τεκμαιρόμενοι, ὃ δὴ καὶ Ὅμηρος ἐκάλεσεν ἐν τοῖς ἀνθρώποις ἐγγιγνόμενον θεοειδές τε καὶ θεοείκελον […] καὶ τὸ μὲν ἂν οἶμαι ἐξαλείφοιεν, τὸ δὲ πάλιν ἐγγράφοιεν, ἕως ὅτι μάλιστα ἀνθρώπεια ἤθη εἰς ὅσον ἐνδέχεται θεοφιλῆ ποιήσειαν.

Finally, another possible case may be Iamblichus’ Letter to Anatolius ‘On Justice’, of which Stobaeus provides two extracts in his chapter on justice (III 9, 35–36) in which justice is praised and its benefits emphasized. However, this last case seems to me to be less convincing as a possible example of a ‘Mirror of Princes’ in letter form. (iii) Finally, a third type of letter can be discerned in the case of Iamblichus’ Letter to Macedonius ‘On Fate’, of which Stobaeus gives extracts in his chapters on fate (I 5, 17) and on ‘What depends on us’ (II 8, 43–48). The rather extensive extracts of the letter given by Stobaeus allow us to see that the letter provided a fairly technical, systematic discussion of fate as it relates to human freedom.29 One might compare this letter to ­Proclus’ 28 29

Dillon’s correction of ἔχει. See D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 187–225.

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monograph on the same subject, On providence and fate and what depends on us. A reply to Theodore the engineer.30 Taking the form of a letter responding to a query sent by Theodore, Proclus’ work is a systematic discussion of the concepts of providence and fate and their relation to human freedom. Theodore, Proclus’ addressee, is a professional who possesses a solid scientific and philosophical background, and Proclus’ answer to his query is of a corresponding level.31 Iamblichus’ Letter to Macedonius seems to be a similar systematic discussion (perhaps not quite as extensive) of a difficult philosophical issue, addressed perhaps to a former pupil, or at least to someone who already has some philosophical training and who desires a systematic analysis of the issue. As an open letter, this text could also be used by other more advanced or former students, responding to the need for a systematic treatment of certain themes.

IV. The enquiry proposed in the preceding section could probably be pushed further, covering more of the extracts from Iamblichus’ letters in Stobaeus. However, I believe that I have shown that at least three different types of works are represented in Iamblichus’ letters. One type, the protreptic to a science, would have answered the need to encourage students to undertake the study of a science. This protreptic could be sent, in the form of a letter, to Iamblichus’ former pupils who taught philosophy or to other teachers, and could be read in public to the students. The second type of letter, the ‘Mirror of Princes’, pictured the traits of ideal rulership and could be addressed to people in power, such as Dyscolius, to be read in public before the ruler and his entourage. Finally, Iamblichus’ teaching as philosopher would have to go beyond the study of the works of Aris­ totle and Plato, leading to the composition of systematic treatises including monographs on specific themes. These monographs could be composed in the form of letters addressed to senior pupils or professionals who, in Iamblichus’ absence, would request analysis of such questions as 30 31

See D. P. Taormina, R. M. Piccione: Giamblico, 79. See the Introduction in Carlos Steel: Proclus on Providence (London 2007).

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that of the relation between fate and freedom. Depending on the type of letter, Iamblichus could write on a fairly rhetorical level, revisiting the clichés of the ‘Mirror of Princes’ literature, or he could supply some elementary encouragements to students beginning a course of study, or examine systematically fairly difficult philosophical issues. The conclusion which can be drawn is that Iamblichus’ letters, at first, did not constitute a homogenous body of work, but reflect a variety of circumstances and occasions, fulfilling different purposes and functions. At first Iamblichus wrote his letters for different sorts of people, for different reasons and, presumably, at different times. The three types of letters which I have described can all be characterized as ‘didactic’ (‘Lehrbrief’). They should not be confused with the ‘personal’ letter – itself sometimes highly rheto­ rical, formalized and destined for a wider public – supposedly exchanged between friends and acquaintances, separated from each other, testifying to their attachment to each other. Such personal letters were, of course, very popular in Late Antiquity.32 But I see no trace of such a letter in Stobaeus’ extracts. At some point, if the suggestions made above in section II are correct, Iamblichus’ letters were brought together to form a collection which was studied in the Iamblichean schools. It is probable that this collection was formed by a pupil of Iamblichus, himself a teacher of philosophy. This collection may have marked the letters in some way, as relating to different themes, thus facilitating the use of them by students. The collection would have been used as preliminary reading, towards the beginning of the curriculum, intended to convey some instruction in physics, logic and especially ethics. Other collections of letters, those of Aristotle and of Plato, could also be used. The collection of Iamblichus’ letters circulated in the Neoplatonic schools, such that echoes of it can still be found in the teaching of Damascius and of Olympiodorus in the 6th century. The collection of Iamblichus’ letters would in turn provide materials for the compiling of anthologies such as those used by Stobaeus when he put together his own anthology, for the instruction of his son. Stobaeus, 32

An example, among very many others, is the correspondence supposedly addressed to Iamblichus and falsely attributed to the Emperor Julian, discussed by Joseph Bidez: L’Empereur Julien. Oeuvres complètes, vol. I 2. Lettres et fragments (Paris 1924) 233–244.

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or his source, chose excerpts from the collection, sometimes following the rubrics suggested by the collection, sometimes using the same letter to provide excerpts for different thematic chapters. Stobaeus’ anthology was not part of the curriculum of a Iamblichean school. But his work shows the influence of the curricular programme of such a school and makes use of materials read in the school. His anthology provides a young person with a survey of the three parts of philosophy, with particular emphasis on ethics, in anticipation of, or perhaps as a substitute for, attendance at a philosophical school.

Die rhetorischen Strategien der Sprache des Unsagbaren im Neuplatonismus M I C H E L E A B BAT E

Die neuplatonische Auffassung von der gänzlich transzendenten Natur des allerersten Prinzips aller Dinge, welches auch als der erste Gott (ὁ πρῶτος θεός) aufgefasst wird, bringt nicht nur das Problem der Erkennbarkeit mit sich, sondern auch das der sprachlichen Ausdrückbarkeit dessen, was jenseits aller Dinge ist. Können wir hinsichtlich des Problems der an sich oxymorischen Ausdrückbarkeit des Unsagbaren im Bereich der neuplatonischen Überlieferung eigentlich von rhetorischen Strategien sprechen? Wenn wir die Rhetorik entsprechend einer allgemeinen Auffassung als Überzeugungskunst verstehen, wer ist dann derjenige, der in der neuplatonischen Perspektive von den rhetorischen Strategien einer Sprache des Unsagbaren überzeugt werden muss? Im Folgenden möchte ich versuchen, auf diese Fragen zu antworten.

I. Schon bei Plotin impliziert die wahre und absolute Ursprünglichkeit der ἀρχὴ (τῶν) πάντων,1 bzw. des Einen-an-sich (αὐτοέν) notwendigerweise, *

1

Es ist mir eine besondere Freude, zu dieser Festschrift für Michael Erler beitragen zu dürfen. Als Humboldt-Stipendiat hatte ich die Möglichkeit, mit ihm von 2005 bis 2007 zusammenzuarbeiten, und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Des Weiteren möchte ich mich insbesondere bei Werner Beierwaltes, Theo Kobusch und Mauro Tulli für die anregende Diskussion bedanken. Zur Natur des Prinzips als ἀρχὴ (τῶν) πάντων vgl. z.B. Enn. II 9, 1, 21; III 8, 9, 39; V 2, 1, 1; V 3, 12, 8; ebd. 15, 27; VI 8, 9, 9; VI 9, 3, 15; ebd. 5, 24; 6, 35 (= ἡ ἁπάντων ἀρχή).

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Michele Abbate

dass das Prinzip auch jenseits des Seins und des Denkens selbst liegt, weil es sich in Anbetracht seiner ursprünglichen Einfachheit als nichts von Allem (οὐδὲν τῶν πάντων) und vor Allem (πρὸ πάντων) ergibt.2 Eben wegen seiner Ursprünglichkeit wird das Prinzip als das Einfachste (τὸ ἁ‑ πλούστατον) betrachtet3 und diese Auffassung bringt mit sich, dass es vor jeder möglichen Bestimmung kommt. Also liegt es auch jenseits jeder Art von Prädikation, angesichts der Tatsache, dass die Prädikation auf jeden Fall in einer Bestimmung besteht. Eine Prädikation würde nämlich eine Art von Differenz implizieren, zumindest jene zwischen dem Subjekt, dem das Prädikat zugeschrieben wird, und dem Prädikat an sich. Aber das Prinzip, das vor allem kommt, liegt jenseits jeder bestimmten Differenz angesichts seiner ursprünglichen Einfachheit. Eine beliebige Bestimmung, wie auch die Prädikation, würde gegen diese Einfachheit verstoßen. In diesem Sinne behauptet Plotin in Enn. V 3 klar und deutlich, dass das Eine «in Wahrheit unsagbar» ist:4 Was man auch immer sagt, man sagt auf jeden Fall etwas Bestimmtes.5 Als keines aller Dinge hat das Prinzip keinen Namen, weil man nichts von ihm sagen kann.6 Das bedeutet, dass ihm kein authentisches Prädikat zuschreibbar ist. Aber Plotin fügt auch hinzu, dass wir versuchen, soweit es möglich ist, es uns selbst anzudeuten.7 Eben um zu versuchen, dieses Ziel zu erreichen, d.h. das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen, arbeiteten die Neuplatoniker schon seit

2

3

4 5 6 7

Zur Auffassung des Prinzips als nichts von Allem oder keines aller Dinge vgl. z.B. Plot. Enn. III 8, 10, 28–31; V 1, 7, 19; V 3, 11, 18–22; V 5, 13, 28–29; VI 9, 3, 39–40: γεννητικὴ γὰρ ἡ τοῦ ἑνὸς φύσις οὖσα τῶν πάντων οὐδέν ἐστιν αὐτῶν, d.h. «die Natur des Einen, indem sie alle Dinge hervorbringt, ist keines von diesen». Zur Transzendenz des Einen zugleich in Bezug auf das Sein und das Denken vgl. Enn. VI 9, 3, 36–38: oὐδὲ νοῦς τοίνυν, ἀλλὰ πρὸ νοῦ· τὶ γὰρ τῶν ὄντων ἐστὶν ὁ νοῦς· ἐκεῖνο δὲ οὔ τι, ἀλλὰ πρὸ ἑκάστου, οὐδὲ ὄν. Vgl. auch Enn. V 3, 11, 27–28: […] δεῖ τὸ πάντη ἁπλοῦν καὶ πρῶτον ἁπάντων ἐπ­ έκεινα νοῦ εἶναι. Zum Ausdruck τὸ ἁπλούστατον in Bezug auf die gänzlich transzendente Natur des allerersten Prinzips vgl. z.B. Enn. VI 8, 14, 15 und II 9, 1, 8: καὶ τὸ πρῶτον δὲ οὕτως, ὅτι ἁπλούστατον κ.τ.λ. Vgl. Enn. V 3, 13, 1: διὸ καὶ ἄρρητον τῇ ἀληθείᾳ. Vgl. ebd. 1–2: ὅ τι γὰρ ἂν εἴπῃς, τὶ ἐρεῖς. Vgl. ebd. 3–5. Vgl. ebd. 5–6: ἀλλ᾿ ὡς ἐνδέχεται, ἡμῖν αὐτοῖς σημαίνειν ἐπιχειροῦμεν περὶ αὐτοῦ.

Zur Sprache des Unsagbaren im Neuplatonismus

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Plotin8 eine Art von ‘Sprache des Unsagbaren’ aus, mittels welcher das Unausdrückbare auf eine paradoxe Weise zum Ausdruck gebracht wird. Um dessentwillen wurden besondere rhetorische Strategien von diesen Autoren entwickelt.9 Aber um die Natur dieser rhetorischen Strategien zu untersuchen, sollten wir uns zuerst fragen, ob ihr tatsächlicher und endgültiger Zweck derjenige ist, das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen. Denn eine Strategie impliziert in jedem Bereich die Betrachtung des Ziels, das erreicht werden soll.

II. In der neuplatonischen Überlieferung ist, wie erwähnt, die Unsagbarkeit des Prinzips verbunden mit seiner absoluten Ursprünglichkeit und Einfachheit. Schon bei Plotin lassen sich die theoretischen und begrifflichen Grundzüge der Unsagbarkeit des authentischen Ursprungs aller Dinge feststellen. Die metaontologische Natur des Prinzips wird von Plotin in Enn. VI 8, 14 deutlich mit seiner Ursprünglichkeit verbunden: An dieser Stelle werden zwei Adverbien, πρώτως und ὑπερόντως, mit einer prädikativen Funktion benutzt, um auf die Ursprünglichkeit beziehungsweise auf die Überwesenheit des Prinzips hinzuweisen.10 Denn das allererste Prinzip ist auch die wahre Grundlage und zugleich die authentisch ur8

Zur Sprache des Unsagbaren und zur Natur der Unsagbarkeit bei Plotin vgl. Dominic J. O’Meara: Le problème du discours sur l’indicible chez Plotin, in: ders.: Sur les traces de l’Absolu. Études de philosophie antique (Fribourg, Paris 2013) 63–78; in demselben Band vgl. auch: Scepticisme et ineffabilité chez Plotin, 79–95. 9 Zu den Formen und Gattungen der Rede über das Unsagbare bei den Neuplatonikern vgl. Dominic J. O’Meara: The Rhetoric of the Ineffable in Late Ancient Philosophy, in: Michael Erler, Jan Erik Heßler (Hg.): Argument und literarische Form in antiker Philosophie. Akten des 3. Kongresses der Gesellschaft für antike Philosophie 2010 (Berlin, New York 2013) 457–468. 10 Dazu vgl. Enn. VI 8, 14, 42: καὶ γὰρ πρώτως αὐτὸς καὶ ὑπερόντως αὐτός. Vor Nikolaos von Methone, einem Autor aus byzantinischer Zeit (12. Jh.), kann das Wort ὑπερόντως als ein hapax legomenon betrachtet werden. Dazu vgl. Athanasios D. Angelou (Hg.): Nikolaos von Methone. Refutatio institutionis theologicae Procli (Leiden 1984), z.B. 22, 18, wo Plotin anzuklingen scheint: μόνος ὁ πατὴρ ὁ πρώτως καὶ ἀρχικῶς, αὐτός τε ὑπερ­ όντως ὢν κ.τ.λ.

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sprüngliche Voraussetzung des Seins selbst und seiner Einheit und Identität.11 Aber wenn es wirklich als jenseits des Seins gedacht werden muss, wie könnte es dann tatsächlich zum Ausdruck gebracht werden? Kann ihm ein beliebiges Prädikat zugeschrieben werden, wenn seine Natur jede Art von Sein und Bestimmung transzendiert? Ist es in der Perspektive der neuplatonischen Autoren wie Plotin, Proklos und Damaskios wirklich möglich, das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen? Bevor wir auf diese Fragen antworten, müssen wir richtig verstehen, was der Ausdruck ἀρχὴ (τῶν) πάντων bedeutet: Als wahre ἀρχή kommt das Prinzip vor jeder Art von Bestimmung und folglich vor jeder Art von Prädikation. Um die Terminologie der husserlianischen Phänomenologie zu benutzen, welche sich in diesem Kontext als besonders effektiv erweisen kann, zeigt sich das Prinzip gemäß der neuplatonischen Perspektive zuerst als vorprädikativ und vorkategorial. In der Tat ist es unmöglich, das Prinzip eben in Anbetracht seiner absoluten Ursprünglichkeit und Transzendenz durch Prädikate und Kategorien zu bestimmen. Schon im Didaskalikos des Alkinoos scheint das Adjektiv ἄρρητον12 in einer ähnlichen Bedeutung verwendet zu werden: Obwohl Alkinoos gemäß seiner mittelplatonischen Auffassung den ersten Gott (= das erste Prinzip) nicht als jenseits des Seins erfasst, schreibt er ihm qua Ursache des Ganzen (αἴτιος πάντων)13 das Merkmal der Unsagbarkeit zu, in dem Sinne, dass er/es auf keine kategoriale Weise bestimmt werden kann.14 Wenn jedoch das Eine/Prinzip als «wirklich unsagbar» (ἄρρητον τῇ ἀληθείᾳ) benannt wird, um den Ausdruck Plotins zu benutzen, wie kann es dann zum Ausdruck gebracht werden? Ich bin der Meinung, dass sowohl bei Plotin als auch bei den anderen neuplatonischen Autoren die Sprache des Unsagbaren ein anderes Ziel hat, als das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen. Wie wir sehen werden, kann man sagen, dass die grundlegende und wesentliche Finalität der rhetorischen Strategien dieser Sprache im Prinzip 11

Dazu verweise ich auf meinen Band: Parmenide e i neoplatonici. Dall’Essere all’Uno e al di là dell’Uno (Alessandria 2010) 261–265. 12 Vgl. Alkin. Didask. 10, 164, 31 und 165, 5. 13 Vgl. ebd. 164, 40. 14 Dazu vgl. Michele Abbate: Non-dicibilità del ‘Primo Dio’ e via remotionis nel cap. X del Didaskalikos, in: Francesca Calbi (a cura di): Arrhetos Theos. L’inconoscibilità del principio nel medio platonismo (Pisa 2002) 55–75.

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die Überwindung des logisch-propositionalen Denkens ist. Nur durch diese Überwindung kann die Vereinigung (ἕνωσις) mit dem, was sich als vorprädikativ und vorkategorial zeigt, erreicht werden. Diese Henosis hat in der Tat in der neuplatonischen Perspektive nicht mit einer Art von Denken zu tun, sondern mit einer Art von Erfahrung.

III. Angefangen mit Plotin kann der Weg der Aphairesis, d.h. die Abstraktions­ bewegung,15 als die unumgängliche Vorstufe der Henosis betrachtet werden.16 Genau am Ende der Enneade V 3, wo es heißt, dass wir, soweit es möglich ist, es uns selbst anzudeuten versuchen, behauptet Plotin, dass man, um das Prinzip betrachten zu können, alles, was anders als das Prinzip ist, wegnehmen muss. Es geht um den bekannten Ausdruck ἄφελε πάντα, d.h. «nimm alles weg» oder «lass von Allem ab».17 Aber was bedeutet eigentlich das Wort πάντα in diesem Kontext? Jede Art von Prädikation und Bestimmung hinsichtlich des Einen/Prinzips impliziert an sich selbst eine Abwendung von seiner Natur, eben weil es als Prinzip aller Dinge jede mögliche logische, ontologische und prädikative Bestimmung transzendiert. Jedes dem Prinzip zugeschriebene positive Prädikat muss immer in einem metaphorischen Horizont und in übertragenem Sinne verstanden werden. Wenn Plotin ihm kataphatische/affirmative Bestimmungen zuteilt, begrenzt er die semantische Tragweite dieser Aussagen insbesondere mittels des Adverbialausdrucks οἷον, d.h. «gleichsam»,18 weil das Prinzip als solches wirklich unsagbar ist: Jede Affirmation wäre ungeeignet, seine absolute Transzendenz zum Ausdruck zu bringen. Besondere rhetorische Mittel wie Metapher und Analogie (z.B. der Licht15

Zu diesem Begriff bei Plotin vgl. Werner Beierwaltes: Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit: Plotins Enneade V 3. Text, Übersetzung, Interpretation, Erläuterungen (Frankfurt a.M. 1991) 250–251; Jens Halfwassen: Plotin und der Neuplatonismus (München 2004) 42. 16 Dazu vgl. Werner Beierwaltes: Denken des Einen. Studien zur neuplatonischen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte (Frankfurt a.M. 1985) 134–137. 17 Vgl. Enn. V 3, 17, 38. 18 Dazu vgl. z.B. W. Beierwaltes: Denken des Einen, 105–106.

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punkt und das Kreiszentrum), Hyperbel (z.B. die Vorsilbe ὑπερ- in Ausdrücken wie ὑπερόντως, ὑπέρκαλος, ὑπερπλῆρες, ὑπεράγαθον) und auch rhetorische Fragen werden von Plotin in großem Umfang verwendet. Ähnliche rhetorische Figuren werden auch von anderen späteren neuplatonischen Autoren wie Proklos und Damaskios benutzt. Aber wird das Unsagbare kraft dieser rhetorischen Mittel laut Plotin und anderen neuplatonischen Autoren wirklich sagbar? Die Natur der Sprache selbst bringt, wie gesagt, eine Art von Relation und Differenz mit sich, mindestens jene zwischen Subjekt und Prädikat: Aber das Prinzip, eben in Anbetracht seiner Ursprünglichkeit, liegt jenseits jeder möglichen Relation und bestimmten Differenz, auch wenn es als absolute Differenz aufgefasst wird. Deswegen erweist sich schon bei Plotin die Sprache als nicht imstande, die Transzendenz des allerersten Ursprungs authentisch darzustellen. Die Aphairesis mittels der Apophaseis – d.h. der Negationen oder der negativen Prädikate, die Plotin und die anderen neuplatonischen Autoren der ersten Hypothesis von Platons Parmenides entnahmen – wird als der einzige mögliche Weg betrachtet, um die Natur dieser Transzendenz zu erfassen. Am Ende dieses aphairetischen Verfahrens wird die Sprache zusammen mit dem propositionalen Denken selbst aufgehoben. In diese Richtung geht eine interessante Stelle der Enn. VI 8. Fast am Ende dieses Textes betont Plotin, dass man, auch nachdem man alles weggenommen hat (ἀφελὼν πάντα) und das Eine/Prinzip allein übrig gelassen hat (καταλιπὼν δὲ μόνον αὐτόν), betrachten und untersuchen muss, ob es noch etwas wegzunehmen gibt; denn über das Prinzip lässt sich nichts anderes mehr sagen und annehmen (περὶ οὗ οὐκέτι ἄλλο ἐνδέχεται οὔτε λέγειν οὔτε λαβεῖν).19 Das bedeutet, dass wir uns ihm nur durch die Aphairesis gewissermaßen nähern können. Demzufolge ergibt sich die Aufhebung der Sprache und des Denkens, welche nur aus der Aphairesis entstehen kann, als notwendig, um die Ekstasis zu erreichen. Damit werden selbstverständlich auch die rhetorischen Strategien der paradoxalen ‘Sprache des Unsagbaren’ zusammen mit allem Übrigen auf endgültige Weise weggenommen. Was bleibt, ist, so könnten wir sagen, das Schwei-

19

Vgl. Enn. VI 8, 21, 26–30.

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gen des propositionalen Denkens, des Logos. Nur in diesem Schweigen werden die Erfahrung der Henosis und die Ekstasis möglich.20

IV. Mit Proklos erwirbt die Sprache des Unsagbaren eine bestimmte Gestalt und eine systematische Struktur. Insbesondere im Kommentar zum Parmenides und in der Theologia Platonica können wir tatsächlich das Ziel jener Sprache begreifen, welche die Unsagbarkeit des Prinzips zum Ausdruck bringen sollte. Auch Proklos greift wie Plotin zu den Apophaseis jeder positiven Eigenschaft in Bezug auf die Natur des Prinzips gemäß der neuplatonischen Auffassung der ersten Hypothesis des Parmenides, die Proklos als eine theologische Hymne, die dem Einen gewidmet ist, bezeichnet.21 Auch die systematische und wiederholte Negation jeder Eigenschaft kann in gewisser Weise als ein rhetorisches Mittel der Sprache des Unsagbaren betrachtet werden, oder besser gesagt, die Negation ist ihr angemessenstes Mittel in Anbetracht der absoluten Ursprünglichkeit der allerersten ἀρχή. Denn auch die Metapher, die Analogie und die Hyperbel selbst sind als rhetorische Tropen an sich nicht fähig, die unbeschränkte Transzendenz des Ursprungs tatsächlich darzustellen. Durch die Apophaseis wird gesagt, was das Prinzip, das unsagbar ist, nicht ist. Die Negationen können aus dieser Sicht gleichsam als eine systematische sprach­ liche Bestätigung der innerlichen Unsagbarkeit des Prinzips betrachtet werden. Aber in der proklischen negativ-dialektischen Perspektive impliziert die paradoxale Sprache des Unsagbaren22 ursprünglich auch ihre 20

Zum Begriff der Henosis – z.B. Enn. VI 1, 26, 27 – und zur Mystik bei Plotin vgl. W. Beierwaltes: Denken des Einen, 123–147. Zur Ekstasis bei Plotin vgl. Franco Ferrari: «Un altro modo di vedere». Motivi e paradossi dell’estasi in Plotino, in: Maria Di Pasquale Barbanti, Daniele Iozzia (a cura di): Anima e libertà in Plotino. Atti del Convegno na­ zionale, Catania, 29–30 gennaio 2009 (Catania 2009) 113–135. 21 Prokl. In Plat. Parm. VI 1191, 34–35 (ed. Steel): (…) ὕμνον διὰ τῶν ἀπο­φά­σε­ων τούτων ἕνα θεολογικὸν ἀναπέμπων [scil. Plato] εἰς τὸ ἕν. 22 Zur Sprache des Unsagbaren bei Proklos vgl. Michele Abbate: Il ‘linguaggio dell’ineffabile’ nella concezione procliana dell’Uno-in-sé, in: Elenchos 22 (2001) 305–327.

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Selbstaufhebung und Überwindung: Die Negationen selbst müssen systematisch weggenommen werden, eben weil das Prinzip kraft seiner absoluten Einfachheit sogar jenseits jeder negativ-apophatischen Bestimmung und jeder Art von Prädikat liegt. Wie Proklos an einer Stelle des siebten Buchs seines Kommentars zum Parmenides behauptet, welche wir nur in der lateinischen Übersetzung Wilhelm von Moerbekes besitzen, transzendiert das Prinzip wegen seiner Einfachheit jede Art von Gegensatz und jede Art von Negation.23 Beim Unsagbaren, so fährt Proklos nun fort, sind sogar einander kontradiktorisch entgegengesetzte Sätze zugleich (simul) falsch.24 Also transzendiert das Prinzip, indem es jenseits jeder Art von Opposition liegt, sogar jene zwischen dem Sein und dem Nicht-Sein, wie Proklos im Kommentar zur Politeia hinsichtlich der Natur des Guten/ Eine­n deutlich erklärt.25 Die innere Paradoxalität der Sprache des Unsagbaren wird ebenfalls im siebten Buch des Kommentars zum Parmenides in einer rhetorischen Frage zusammengefasst: Wenn das Prinzip/Eine nicht sagbar ist (si enim non est dicibile) und es keine Rede von ihm geben kann (et nullus est illius sermo), wie ist es dann möglich, dass es in ihm wirklich Negationen geben kann (quomodo utique abnegationes erunt uere in ipso)?26 Deswegen müssen auch die Negationen schließlich aus dem Prinzip/Einen entfernt werden.27 Es geht hier um die sogenannte negatio negationis, wonach nur Schweigen möglich ist. Wir können hierzu die Worte zitieren, mit denen die Übersetzung Wilhelm von Moerbekes ende­t: silen-

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Vgl. Prokl. In Plat. Parm. VII 518, 18–19 (ed. Steel): sed exaltatum est propter sim­pli­ci­ ta­tem ab omni oppositione et omni negatione. In der griechischen Retroversion von Carlos Steel lautet dieser Satz: ἀλλ᾿ ἐξῄρηται διὰ τὴν ἁπλότητα πάσης ἀντιθέσεως καὶ πάσης ἀποφάσεως. Eine ähnliche Auffassung kann man auch im sechsten Buch des Kommentars zum Parmenides finden: Das Eine transzendiert jede Art von Opposition. Dazu vgl. In Plat. Parm. VI 1076, 35–36: πάσης γὰρ ἐξῄρηται τὸ ἓν ἀντιθέσεως. 24 Vgl. In Plat. Parm. VII 519, 27–28: contradictionem in indicibili quidem simul falsam esse dicendum. Die Retroversion von Steel lautet: τὴν ἀντίφασιν ἐπὶ μὲν τοῦ ἀρρήτου ψευδῆ ἅμα εἶναι ῥητέον. 25 Dazu vgl. Prokl. In Plat. Rem. I 282, 24–25 (ed. Kroll): ἄμφω τοίνυν λεκτέον, ὡς [scil. τὸ ἀγαθόν] οὔτε ὄν ἐστιν οὔτε μὴ ὄν. 26 Dazu vgl. In Plat. Parm. VII 518, 92–94. 27 Dazu vgl. ebd. 519, 0–1: Merito ergo ultimo et ipsas abnegationes remouit [scil. Plato] ab uno, impossibile dicens has esse circa unum indicibile et incognoscibile existens.

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tio conclusit [scil. Plato] eam que de ipso theoriam.28 Das Schweigen stellt also das Ende und zugleich das wahre und endgültige Ziel der Sprache des Unsagbaren dar: Damit werden auch die Grenzen des propositionalen Denkens bestimmt. Noch deutlicher ist, was Proklos im zweiten Buch der Theologia Platonica behauptet, um zu zeigen, dass der authentische Zweck dieser paradoxalen Sprache in ihrer Selbstaufhebung besteht. Im zehnten Kapitel wird das folgende Argument vorgebracht: Wenn es von dem Einen keine Rede gibt, ist es klar, dass es von ihm auch keine Negation gibt (εἰ δὲ μηδείς ἐστιν ἐκείνου λόγος, δῆλον ὡς οὐδὲ ἀπόφασις).29 Deswegen, so fährt Proklos fort, verwundert es nicht, wenn wir, indem wir das Unsagbare durch die Rede erkennen wollen, die Rede zur Unmöglichkeit (εἰς τὸ ἀδύνατον) führen.30 Wir könnten sagen, dass die Unmöglichkeit der Sprache des Unsagbaren die Unmöglichkeit des propositionalen Denkens hinsichtlich der Natur des Unsagbaren impliziert. Auch wenn es folglich, so schließt Proklos, eine Rede des Unsagbaren gäbe, würde sie ohne Unterbrechung sich selbst widerlegen und mit sich selbst in Konflikt geraten.31 Also ist das wahre Ziel der rhetorischen Strategien der Sprache des Unsagbaren auch bei Proklos nicht, das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen, sondern durch die Evidenz ihrer inneren Unmöglichkeit die Transzendenz des Prinzips in Bezug auf die Denkbarkeit des Einen mittels prädikativer, kategorialer, sprachlicher und schließlich auch logischer Strukturen zu zeigen. Denn das Eine ist jenseits des Denkens selbst. Die Einstellung des propositionalen Denkens ist die Vorstufe einer Erfahrung, welche den Logos und die denkende/intellektive Erkenntnis transzendiert. Deswegen wird das Schweigen der Sprache zum Schweigen des propositionalen Denkens. Aber Proklos radikalisiert die Tragweite dieses Schlusses noch mehr. Sowohl in der Theologia Platonica als auch im Kommentar zum Parmenides behauptet er, dass das Eine auch das Schweigen selbst (σιγή) transzendiert: Es ist unsagbarer als jede Art von Schweigen (πάσης σιγῆς 28

Vgl. ebd. 521, 69. Theol. Plat. II 10 p. 63, 23–24 (ed. Saffrey–Westerink). 30 Vgl. Theol. Plat. II 10 p. 64, 2–3: καὶ θαυμαστὸν οὐδὲν τὸ ἄρρητον τῷ λόγῳ γνωρίζειν ἐθέλοντας εἰς τὸ ἀδύνατον περιάγειν τὸν λόγον. 31 Vgl. ebd. 8–9: ὥστε καὶ εἰ λόγος εἴη τοῦ ἀρρήτου, περὶ ἑαυτῷ καταβαλλόμενος οὐδὲν παύεται καὶ πρὸς ἑαυτὸν διαμάχεται. 29

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ἀρρητότερον).32 Die Transzendierung des Schweigens selbst stellt keine rhetorische Hyperbel dar, sondern bringt den leeren Begriff der absoluten Differenz mit sich: Hinsichtlich dieser absoluten Differenz ist Selbstaufhebung die einzige Möglichkeit für das Denken als intellektive Tätigkeit. Sie ist die Vorstufe der Henosis.33 Nun könnten wir vielleicht auch auf die ursprüngliche Frage antworten: Wer wird von den rhetorischen Strategien der Sprache des Unsagbaren überzeugt? Wir sollten gemäß der neuplatonischen, proklischen Per­ spektive antworten: das propositionale und intellektive Denken selbst. Mittels der negatio negationis und des folgenden Schweigens muss es von seiner Machtlosigkeit in Bezug auf die Denkbarkeit des unsagbaren Prinzips überzeugt werden.

V. Bei Damaskios, dem letzten großen Vertreter des heidnischen Neuplatonismus, wird das Problem der Unsagbarkeit des Prinzips sehr eng mit eine­r besonderen philosophischen Methode verbunden, welche wir als ‘aporetisch’ bestimmen und benennen könnten.34 In dem Hauptwerk des Damaskios, Ἀπορίαι καὶ λύσεις περὶ τῶν πρώτων ἀρχῶν, wird der Begriff des Prinzips aller Dinge (ἀρχὴ τῶν πάντων) selbst in Frage gestellt. Jene Ausdrucksweise, die wir ‘Sprache des Unsagbaren’ genannt haben, scheint bei Damaskios zum Mittel der systematischen Darstellung und Theoretisierung der dem Begriff des Prinzips innewohnenden aporetischen und paradoxen Natur zu werden.35 Was aber bedeutet eigentlich ‘Prinzip aller 32

Vgl. Theol. Plat. II 11 p. 65, 13. Zu einem ähnlichen Ausdruck vgl. z.B. In Plat. Parm. VII 1171, 7–8: ἐπέκεινα σιγῆς. 33 Zur Henosis bei Proklos vgl. Michael Erler: Proklos. Metaphysik als Übung der Einswerdung, in: Michael Erler, Andreas Graeser (Hg.): Philosophen des Altertums. Eine Einführung, Bd. II: Vom Hellenismus bis zur Spätantike (Darmstadt 2000) 190–207. 34 Dazu vgl. Carolle Metry-Tresson: L’aporie ou l’expérience des limites de la pensée dans le Peri Archôn de Damaskios (Leiden 2012) 27–54; M. Abbate: Parmenide e i neoplatonici, 240–243; Valerio Napoli: Ἐπέκεινα τοῦ ἑνός. Il principio totalmente ineffabile tra dialettica ed esegesi in Damascio (Catania 2008) 172–199. 35 Zur aporetischen und paradoxen Natur des ersten Prinzips im Neuplatonismus vgl. Michele Abbate: Tra esegesi e teologia. Studi sul Neoplatonismo (Milano, Udine 2012) 91–

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Dinge’? Laut Damaskios könnten wir, wenn wir diesen Begriff in angemessener Weise betrachten, seine in sich problematische und aporetische Natur begreifen. In seinem Hauptwerk hebt er hervor, dass dieses Prinzip des Ganzen, indem es jenseits des Ganzen (πάντων […] ἀρχὴν ἐπέκεινα πάντων) liegt, beziehungslos zum Ganzen sein muss (ἀσύντακτον πρὸς πάντα). Aber eben deswegen kann man es nicht als Prinzip (οὐδὲ ἄρα ἀρχήν), nicht als Ursache (οὐδὲ αἴτιον), nicht als das Erste (οὐδὲ πρῶτον) und auch nicht als vor dem Ganzen (οὐδέ γε πρὸ πάντων) oder als jenseits des Ganzen (οὐδ᾿ ἐπέκεινα πάντων) bezeichnen.36 Denn alle diese Begriffe sind ungeeignet, die absolute und unermessliche Transzendenz des allerersten Ursprungs darzustellen. Auch bei Damaskios ist deutlich, dass man von einer Sprache des Unsagbaren sprechen kann und sie dieselben theoretisch-metaphysischen Voraus­set­zungen wie bei den anderen neuplatonischen Autoren zeigt. Aber die Apophasis scheint bei Damaskios unmittelbar die Unmöglichkeit und damit die Negation der Sprache des Unsagbaren zu implizieren. Selbst der Begriff von ἀρχή als Nichts von Allem ist unvereinbar mit der absoluten Ursprünglichkeit dessen, was nur als πάντῃ ἄρρητον benannt werden kann. Gegenüber dieser abyssalen Transzendenz scheint das Denken gleichsam dem Schwindel der Selbstaufhebung zu erliegen. Wie könnten wir uns dann laut Damaskios die absolute Transzendenz des durchaus Unsagbaren vorstellen? Nur als Nichts, das vor dem Ganzen und dem Einen selbst kommt. Ebenfalls in seinem Hauptwerk behauptet Damaskios deutlich, dass wir eben in Anbetracht seiner absoluten Transzendenz keine echte Berührung mit dem Prinzip erreichen können, weil es οὐδέν ist, aber nicht als Negation des Seins (τοῦ ὄντος ἀπόφασις), sondern als Negation des Einen selbst (τὸ δὲ καὶ τοῦ ἑνός),37 welches auf jeden Fall für die anderen Neuplatoniker (abgesehen von Iamblich und Damaskios selbst) den angemessensten Namen für die ἀρχὴ τῶν πάντων darstellt. Im Vergleich zu Plotin und Proklos wird der Begriff von Unsagbarkeit bei Damaskios offensichtlich noch mehr radika101; vgl. auch Dominic J. O’Meara: Les apories de l’Un dans la philosophie néoplatonicienne, in: ders.: Sur les traces de l’Absolu. Études de philosophie antique (Fribourg, Paris 2013) 187–201. 36 Dam. De princ. I 4, 15–16 (ed. Westerink–Combès): οὐδὲ ἄρα ἀρχήν, οὐδὲ αἴτιον ἐκείνην κλητέον, οὐδὲ πρῶτον, οὐδέ γε πρὸ πάντων, οὐδ᾿ ἐπέκεινα πάντων. 37 Vgl. Dam. De princ. I 18, 12–13.

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lisiert: Die Sprache des Unsagbaren kann kraft ihrer rhetorischen und auch sprachlichen Mittel die Transzendenz des πάντῃ ἄρρητον nicht auf apophatische, sondern nur auf aporetische Weise andeuten; das Prinzip kann nur als Nichts dargestellt werden, weil es nicht einmal eins ist. Dadurch zeigt sich das gänzlich Unsagbare dem Denken als das absolut ursprüng­liche Nichts oder auch als das Nichts des Ursprungs vor dem Ganzen. Bei Damaskios ist die Aporie als Endpunkt der Sprache des Unsagbaren also die Grenze der Denkbarkeit selbst:38 Das, was jenseits des Seins und des Ganzen liegt, ist in der Tat auch ἐπέκεινα τοῦ νοῦ oder πρὸ τοῦ νοῦ, d.h. jenseits des Denkens selbst oder auch vor ihm.39 Aber Damaskios’ Auffassung von der ἀρχὴ τῶν πάντων ist für das Denken nicht nur eine Aporie, sondern ein an sich antinomischer Begriff, weil diese ἀρχή wegen ihrer authentischen Ursprünglichkeit nicht einmal als ἀρχή betrachtet werden kann: Denn der Begriff der ἀρχή und auch die Bedeutung dieses Wortes implizieren notwendigerweise eine Beziehung; das gänzlich Unsagbare ist dagegen gänzlich beziehungslos zu dem Ganzen. Das πάντῃ ἄρρητον transzendiert sogar den Begriff des allerersten Ursprungs. Gegenüber dieser aporetischen und antinomischen Natur kapituliert auch die negative Theologie, genau wie die Sprache des Unsag­ baren,40 welche das wesentliche Mittel der negativen Theologie ist. In Damaskios’ Perspektive zeigt sich die ἀρχὴ τῶν πάντων nur dann als ‘vor dem Ganzen’, wenn sie authentisch als unvorstellbar und undenkbar für jede Art von Sprache und Denken aufgefasst wird. Es ist, als ob eine implizite Aporie im Begriff der ἀρχὴ τῶν πάντων selbst anwesend wäre, 38

Dazu vgl. C. Metry-Tresson: L’aporie ou l’expérience, 23–26. Bei Damaskios ist das absolut Unsagbare bekanntermaßen sogar jenseits des Einen (ἐπέκεινα τοῦ ἑνός) und kommt notwendigerweise vor dem Denken selbst, vgl. z.B. De princ. I 48, 23: πρὸ νοῦ. Dieselbe Auffassung kann man sowohl bei Plotin als auch bei Proklos finden. Vgl. z.B. Plot. Enn. V 4, 2, 42–43; V 8, 1, 3–4; V 6, 6, 30: τοῦ νοεῖν ἐπέκεινα. Vgl. z.B. Proklos In Plat. Parm. VI 1212, 40–41: τοῦ μὲν δὴ νοῦ κρεῖττον καὶ ἐπέκεινα, und Theol. Plat. II 4 p. 31, 25–26; ebd. 11: τὸ παντὸς νοῦ […] ἐπέκεινα. 40 Dazu vgl. Dam. De princ. I 21, 15–22: auch die Negation ist eine Art von Rede (καὶ ἡ ἀπόφασις λόγος τις), während das gänzlich Unsagbare nichts (οὐδέν) ist; demzufolge ist es nicht nur unsagbar, sondern auch nicht verneinbar (οὐδὲ ἄρα ἀποφατόν). In Anbetracht dessen zeigt sich auch die Negation als durchaus unangemessen bezüglich der unermesslichen Transzendenz des Prinzips aller Dinge: Die Grenze der Sagbarkeit kann nur in einem unüberwindlichen und ausweglosen Schweigen (ἀμήχανος σιγή) bestehen. 39

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eine Aporie, welche man auch als die Antinomie des Begriffs vom Ursprung betrachten kann, weil das Prinzip, um wirklich allererst zu sein, notwendigerweise beziehungslos sein muss. Also wird das Prinzip mit der Aporie an sich selbst identifiziert. In dieser Perspektive gibt es nicht einmal mehr Raum für eine paradoxale Sprache des Unsagbaren und für ihre rhetorischen Mittel.

VI. Anders als bei Damaskios ergeben sich die rhetorisch-philosophischen Strategien der Sprache des Unsagbaren als durchaus wesentlich und zen­ tral in der negativ-theologischen Perspektive des Ps.-Dionysios ­Areopagita. Wie allbekannt ist, stellen viele grundlegende Elemente der theologischen Überlegung im Corpus Areopagiticum eine Überarbeitung des neuplatonischen metaphysisch-theologischen Denkens aus christlicher Per­spektive dar.41 Die wesentliche Voraussetzung dieser theologischen Perspektive ist wie bei den heidnischen Neuplatonikern die absolute Transzendenz des Prinzips bzw. Gottes. Im Werk De divinis nominibus findet sich insbesondere die Hyperbel, die als Hauptmittel der Sprache des Unsagbaren systematisch verwendet wird. In der Tat wird dieser Tropus von Ps.-Dionysios in verschiedenen und ungewöhnlichen Arten und Weisen benutzt, um die Natur der absoluten Transzendenz Gottes darzustellen. Die Hyperbel der Apophasis selbst wird bei ihm wesentlich und zusammen mit ihr auch andere besondere Arten der Hyperbel, die oxymorische Hyperbel oder hyperbolisches Oxymoron genannt werden könnten. Um die Unermeßlichkeit Gottes für die Fähigkeiten des menschlichen Verstandes auf bündige Weise anzudeuten, verwendet er oft und systematisch Adjektive wie ὑπεράρρητος (überunsagbar) und ὑπεράγνωστος (überunerkennbar),42 welche auf eine Dimension verweisen, in der auch die Apophasis tran­ szendiert wird. Ein weiteres in diesem Kontext besonders bedeutsames 41

Dazu vgl. insbesondere Werner Beierwaltes: Dionysios Areopagita – Ein christlicher Proklos?, in: Werner Beierwaltes: Platonismus im Christentum (Frankfurt a.M. 22001) 44–84; vgl. auch Michele Abbate: Der Begriff der ‘pistis’ bei Proklos und bei Pseudo-­ Dionysios Areopagita, in: FZPhTh 54 (2007) 207–214. 42 Dazu vgl. z.B. Ps.-Dionys. Areop. De div. nom. 2, 4, 640d = 126 Suchla.

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Michele Abbate

Beispiel für eine Hyperbel ist das Adjektiv ὑπέρθεος, das verwendet wird, um die Transzendenz Gottes in bezug auf seine Göttlichkeit selbst auszudrücken.43 Von oxymorischer Hyperbel oder hyperbolischem Oxymoron kann man insbesondere in Anbetracht eines sehr bekannten und bedeutungsvollen Ausdrucks im Werk De mystica theologia sprechen. In diesem Text benutzt Ps.-Dionysios zweimal das Syntagma ὑπέρφωτος γνόφος,44 d.h. über-leuchtende Finsternis-Dunkelheit (lat. caligo), um die absolute Unvorstellbarkeit und Unfassbarkeit Gottes anzudeuten. Eben der Begriff, auf den der Ausdruck ὑπέρφωτος γνόφος verweist, gestattet uns, auch bei Ps.-Dionysios zu verstehen, welches das wesentliche Ziel der Sprache des Unsagbaren ist. Denn es besteht auch bei ihm nicht darin, das Unsagbare zum Ausdruck zu bringen. Die Aufgabe der rhetorischen Mittel der Sprache des Unsagbaren ist, dem Denken seine eigenen Grenzen zu zeigen: Wegen der absoluten Dunkelheit, zu der das Denken mittels der Sprache des Unsagbaren kommt, muss es seine Tätigkeit unterbrechen und sich selbst aufheben. Anhand dieser Auffassung, welche die Werke De divinis nominibus und De mystica theologia durchdringt, wird die Henosis nur mittels der Einstellung jeder intellektiven oder denkenden Tätigkeit (νοερὰ ἐνέργεια)45 möglich, eben weil Gott sie völlig tran­ szendiert. In dieser Perspektive wird die allererste Ursache/Gott sogar als ἀκαλλής (nicht-schön) bezeichnet, in Anbetracht dessen, dass Gott jenseits jeder möglichen Bestimmung liegt, die das Denken ihm zuschreiben könnte.46 Wenn das Denken durch die Sprache des Unsagbaren zum Bewusstsein der Unfassbarkeit des Prinzips/Gottes gelangt, wird auch das oberste Ziel dieser Sprache erreicht. Auch für Ps.-Dionysios stellen das Schweigen des Denkens und damit die Einstellung der denkenden Tätigkeit die condiciones sine quibus non der Henosis mit Gott dar. Nur in der über-leuchtenden Dunkelheit des Schweigens, wie es am Anfang von De 43

Dazu vgl. z.B. De div. nom. 2, 4, 640d = 126, 15–16 Suchla: ἡ ὑπέρθεος θεότης. Vgl. Ps.-Dionys. Areop. De myst. theol. 1, 1, 997b = 142, 1–2 Heil–Ritter; 2, 3, 1025a = 145, 1 Heil–Ritter. Zum Begriff des γνόφος bei Ps.-Dionysios vgl. Martina Autuori: La caligo e l’esperienza del trascendente nella tradizione cristina (dalle origini al secolo IX), in: Schola Salernitana – Annali 17–18 (2012–2013) 41–117, hier: 99–103. 45 Dazu vgl. z.B. De div. nom. 1, 4, 592c = 115, 9 Suchla; 1, 5, 593c = 116, 15 Suchla: κατὰ πάσης νοερᾶς ἐνεργείας ἀπόπαυσιν. 46 Dazu vgl. De div. nom. 5, 8, 824a–b = 187, 6–16 Suchla. 44

Zur Sprache des Unsagbaren im Neuplatonismus

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mystica theologia heißt, kann das, was in allerhöchstem Grade über­ glänzend ist (τὸ ὑπερφανέστατον), strahlen.47 Die absolute Dunkelheit, zu der das Denken kommt, ist in dieser Perspektive die Voraussetzung und zugleich das Präludium der mystischen Berührung mit Gott. Dadurch färbt sich die Theologie bei Ps.-Dionysios mystisch und wird zur Mystik. Der λόγος wird am Ende seines Aufstiegs zu Gott völlig sprachlos (ὅλως ἄφωνος) sein, und nur auf diese Weise wird die Henosis möglich sein.48 Indem wir in die Dunkelheit eindringen, die über dem Denken liegt, werden wir nicht die βραχυλογία finden, sondern die völlige ἀλογία und ἀνοησία.49 Am Ende der ersten Epistel des Corpus Areopagiticum wird die absolute Unwissenheit (παντελὴς ἀγνωσία), und zwar jene Unwissenheit, die von dem Bewusstsein der Unfassbarkeit Gottes herkommt, auf paradoxe Weise als Kenntnis (γνώσις) dessen, was alles Erkennbare transzendiert (τοῦ ὑπὲρ πάντα τὰ γινωσκόμενα), betrachtet.50 Denn Gott, wie in der fünften Epistel behauptet wird, steht über jeder Art von νόησις und γνῶσις.51 Aufgrund der neuplatonischen Auffassung von der absoluten Unsagbarkeit des Prinzips kann man zu dem Schluss kommen, dass in dieser Perspektive nur die Aufhebung der intellektiven Tätigkeit (νοερὰ ἐν­ έργεια) gegenüber der Unfassbarkeit des allerersten Ursprungs zur mystischen Erfahrung des Prinzips führen kann. An dieser Stelle sollten wir uns dann vielleicht auch fragen, ob die mystischen Schlüsse, zu denen die Sprache des Unsagbaren gelangen muss, in gewisser Weise in einigen ursprünglichen und grundlegenden theore­ tischen Voraussetzungen der neuplatonischen Auffassung des Prinzips implizit sind.

47

Dazu vgl. De myst. theol. 1, 1, 997b = 142, 1–3 Heil–Ritter. Dazu vgl. ebd. 3, 3, 1033c = 147, 13–15 Heil–Ritter. 49 Vgl. ebd. 9–10. 50 Vgl. epist. I 1065b = 1, 10–11 Heil–Ritter. 51 Dazu vgl. epist. V 1073b = 5, 10 Heil–Ritter. 48

Pflege der Humanität Zum Verhältnis von Rhetorik und Philosophie T H E O KO B U S C H

I. Rhetorik im Dienst wahren Wissens Nachdem Platon im Dialog Gorgias das Verhältnis zwischen Rhetorik und Philosophie festgelegt hatte, ist diese Sicht der Dinge über Jahrhunderte weitertradiert worden, und zwar durch verschiedene Multiplikatoren. Platon hat im ersten Gespräch dieses Dialogs mit Gorgias selbst deutlich gemacht, dass die Frage nach der rechten Weise zu reden der Frage nach der Lebensweise unterzuordnen ist, ja dass die Redeweise selbst schon eine Lebensweise darstellt. Die Rhetorik steht insofern in den Diensten der Philosophie. Die recht verstandene Rhetorik ist nichts anderes als die platonische Philosophie selbst.1 Ein erster Multiplikator dieser klassischen Festlegung ist Cicero. Ein berühmter Satz aus seiner frühen Schrift De inventione, der später unzählige Male aufgenommen wird, besagt, dass die Weisheit, d.h. die Philo­sophie, ohne Beredsamkeit – die im Lateinischen von da an vielfach für den Begriff der Rhetorik steht – den Staaten wenig nützt, dass aber Beredsamkeit ohne Weisheit in den meisten Fällen schadet, jedenfalls niemals nützt.2 1

2

Vgl. Theo Kobusch: Nachwort, in: Plato: Gorgias, übers. und hg. von Michael Erler, kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Theo Kobusch (Stuttgart 2011) 307–341. Cic. Inv. I 1 (Eduard Stroebel [ed.]: M. Tulli Ciceronis Scripta quae manserunt omnia, fasc. 2 [Leipzig 1915]): ac me quidem diu cogitantem ratio ipsa in hanc potissimum sententiam ducit, ut existimem sapientiam sine eloquentia parum prodesse civitatibus, eloquentiam vero sine sapientia nimium obesse plerumque, prodesse numquam. Zum Fortleben der ciceronischen Schrift De inventione im Mittelalter vgl. Harry Caplan: A Me-

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Auch die späteren Schriften De oratore und Orator, die das Ideal eines philo­sophisch gebildeten Redners entwerfen, beruhen auf diesem Grundgedanken. Wenn Cicero darüber hinaus in der Vorrede zum zweiten Buch von De divinatione – mit Berufung auf Aristoteles und Theophrast – auch seine rhetorischen Schriften zu den philosophischen rechnet, so ist auch da der gemeinsame platonische Hintergrund unübersehbar.3 Selbst da, wo Platons Kritik der zeitgenössischen Rhetorik ihrerseits der schärfsten Kritik ausgesetzt war, nämlich in Aelius Aristides’ Rede Über die Rhetorik, die einen Verriss des platonischen Gorgias darstellt, ist das platonische Grundschema noch erkennbar. Aristides sagt dort, dass es die Aufgabe einer recht verstandenen Rhetorik ist, sowohl das Unrechtleiden als auch das Unrechttun nicht zuzulassen. Wenn dieselbe Bestimmung auch auf die Philosophie zutrifft, dann «scheint die Rhetorik eine Philosophie zu sein». Wenn es aber der Philosophie genügt, allein das Unrechttun zu vermeiden, dann ist «die Rhetorik etwas Vollkommeneres».4 In der Zeit der christlichen Philosophie, d.h. bis zum 11. Jahrhundert, bleibt es bei der grundsätzlichen Unterordnung der Rhetorik oder Beredsamkeit unter das Gebot der Sachwissenschaft, d.h. der Philosophie, obwohl das Verhältnis der christlichen Philosophie zur Rhetorik ambivalenter Natur ist. Denn einerseits wird die Rhetorik nicht nur als ein Fach der mundanen Philosophie anerkannt, in der sich berühmte Männer von Demosthenes bis Theophrast ausgezeichnet haben, sondern auch als legitimer Gesichtspunkt bei der Interpretation der Heiligen Schrift selbst angesehen. Andererseits wird die Rhetorik von den sog. Antidialektikern,

3 4

dieval Commentary on the Rhetorica ad Herennium, in: Harry Caplan, Anne King, Helen F. North (eds.): Of Eloquence. Studies in Ancient and Medieval Rhetoric (Ithaca, NY 1970) 247–270, hier: 248–249. Cic. Div. II 4 (ed. Arthur S. Pease: Cicero. De divinatione, II [Urbana, Ill. 1924; ND Darmstadt 1963] 352–353). Aristeid. Orat. 45, 73, 27–74, 3 (ed. Wilhelm Dindorf: Aristides. Opera Omnia, II [Leipzig 1829, ND Hildesheim 1964]): οὐκοῦν ὅτ’ ἀδικεῖν μὲν οὐκ ἐπηνάγκαζεν, ἀδικεῖσθαι δ’ οὐκ ἐᾷ, ὡς δ’ ἐκ τοῦ λόγου συνέβαινεν, οὐδέτερον τούτων ἐᾷ, οὔτ’ ἀδικεῖν οὔτ’ ἀδικεῖσ­ θαι, εἰ μὲν καὶ τῆς φιλοσοφίας ὁ αὐτός ἐστιν ὅρος, φιλοσοφία τις οὖσα ἡ ῥητορικὴ φαίνε­ ται. εἰ δ’ ἐξαρκεῖ τῇ φιλοσοφίᾳ μὴ ἀδικεῖν, ἡ ῥητορικὴ τελεώτερον. Zu Aristides’ Lobpreis der Rhetorik und Kritik an Platon vgl. Wilfried Stroh: Philosophie und Rhetorik in der antiken Bildungsgeschichte, in: Rolf Kussl (Hg.): Antike im Dialog (Speyer 2011) 11–105, hier: 45–48.

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einer Gruppe christlicher Denker zu Zeiten der dark ages, meist im Verbund mit der Dialektik schroff abgelehnt. Was nun die Rezeption der Rhetorik für das eigentliche Anliegen der christlichen Philosophie, das rechte Schriftverständnis, angeht, so hat z.B. Augustinus zwischen der Kunst der Rhetorik, deren Vorschriften erlernbar sind, und jener rhetorischen Gestaltung, die einen philosophischen Text begleiten kann, unterschieden. Der Apostel ist in diesem Sinne bei der Abfassung des heiligen Textes nicht den Geboten der Kunst der Beredsamkeit gefolgt, aber man kann nicht leugnen, dass in diesen Texten die göttliche Weisheit eng mit der Beredsamkeit verbunden ist.5 Später, etwa bei Isidor von Sevilla, wird die erlernbare Kunst der Rhetorik, d.h. die Fähigkeit des Redners, die eloquentia artificiosa genannt, die aus fünf Teilen besteht (inventio, dispositio, elocutio, memoria, pronuntiatio). Davon zu unterscheiden ist das naturgegebene rhetorische Gebrauchswissen, das jedem Menschen zukommt, insofern er etwas verbal hervorbringt.6 Isidor ist es auch, der noch einmal an den platonischen bzw. ciceronischen Kontext erinnert: Beredsamkeit und Philosophie sind zu unterscheiden. Jene ist ein Wissen von Worten, diese das Wissen der Dinge und ihrer Ursachen. Philosophie ohne Beredsamkeit ist nützlich, Beredsamkeit ohne Philosophie nicht.7

5

6

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Aug. Doctr. Christ. IV 7 (11) p. 123–125, l. 25–35 (ed. Joseph Martin: Augustinus. De doctrina christiana [CCSL 32, Turnhout 1952]): Sicut ergo apostolum praecepta eloquentiae secutum fuisse non dicimus, ita quod eius sapientiam secuta sit eloquentia, non negamus. […] sed comes sapientiae, dux eloquentiae illam sequens, istam praecedens et sequentem non respuens: Iterum dico, inquit, ne quis me existimet insipientem esse; alioquin uelut insipientem suscipite me, ut et ego modicum quid glorier. Isid. Orig. II 3, 1–2 (ed. Wallace M. Lindsay: Isidorus Hispalensis. Etymologiarum sive Originum libri XX, I [Oxford 1911]): Dicendi peritus consistit artificiosa eloquentia, quae constat partibus quinque: inuentione, dispositione, elocutione, memoria, pronuntiatione, et fine officii, quod est aliquid persuadere. Ipsa autem peritia dicendi in tribus rebus consistit: natura, doctrina, usu. Natura ingenio, doctrina scientia, usus adsiduitate. Haec sunt enim quae non solum in oratore, sed in unoquoque homine artifice expectantur, ut aliquid efficiat. Isid. Diff. II 148 p. 93c–d (ed. MPL 83 [Paris 1850]): Inter sapientiam et eloquentiam ita distinguunt: quod eloquentia constat ex verbis. Sapientiam sine eloquentia prodesse non est dubium. Eloquentia sine sapientia valere non potest […] Eloquentia enim, ut diximus, scientia est verborum; sapientia autem, cognitio rerum et intellectus causarum.

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Ein zweiter Multiplikator der platonischen Bestimmung des Verhältnisses von Rhetorik bzw. Beredsamkeit und Philosophie bzw. Weisheit sind das im 5. Jahrhundert entstandene Werk Über die Hochzeit Merkurs und der Philologie des Martianus Capella und seine zahlreichen Kommentare, unter denen diejenigen des Johannes Scotus Eriugena, des Remigius von Auxerre und des Bernhard Silvestris hervorragen. In dieser Tradition geht es um die Verbindung von Rede und Wissen. G. Nuchelmans hat dar­auf hingewiesen, dass dabei besonders auch das von Marius Victorinus ins Rampenlicht gestellte Thema einer Mixtur von Beredsamkeit und Weisheit auf Martianus Capella eingewirkt habe.8 Was jedoch trotz aller neuen Bilder und Vorstellungen in dieser Kommentartradition beim Alten bleibt und nicht in Frage gestellt wird, ist die nach wie vor untergeordnete Stellung der Beredsamkeit gegenüber der Weisheit. Das ist schon aus der Tatsache ersichtlich, dass auch hier die ciceronische Vorgabe, die von dem unbedingten Nutzen der Weisheit und dem möglichen Schaden der Beredsamkeit spricht, überall präsent ist.9 Es ist die allgemeine Einstellung des frühen Christentums, dass das Wissen der Rhetorik und mit ihm das Wissen aller sieben freien Künste hilfreich ist zum Verständnis der Heiligen Schrift, eben weil diese Wissens­ arten in ihr verborgen sind.10 8

Gabriel Nuchelmans: Philologia et son mariage avec Mercure jusqu’à la fin du XIIe siècle, in: Latomus 16 (1957) 84–107. Vgl. Mar. Victorin. Rhet. praef., l. 25–26 (ed. Antonella Ippolito: Marius Victorinus. Explanationes in Ciceronis Rhetoricam [CCSL 132, Turnhout 2006]): Quarta thesis: studendum esse eloquentiae, sed tamen quae sit mixta sapientiae. Ebd. II 2, l. 270–271: Ergo supra omnes uires eloquentia est, sed quae sit mixta sapientiae. 9 Vgl. Herbert Backes: Die Hochzeit Merkurs und der Philologie. Studien zu Notkers Martian­-Übersetzung (Sigmaringen 1982) 155–157 und die hervorragende ‘Introduction’ von Hajo Jan Westra: The Commentary on Martianus Capella’s De Nuptiis Philologiae et Mercurii attributed to Bernardus Silvestris (Toronto 1986) 15. 10 Vgl. Cassiod. Inst. I 27, 1, l. 1–19 (ed. Roger A. B. Mynors: Cassiodorus. Institutiones Divinarum et Saecularium Litterarum [Oxford 21963]): Illud quoque commonendum esse credidimus, quoniam tam litteris sacris quam in expositoribus doctissimis multa per schemata, multa per definitiones, multa per artem grammaticam, multa per artem rhetoricam, multa per dialecticam, multa per disciplinam arithmeticam, multa per musicam, multa per disciplinam geometricam, multa per astronomicam intelligere possumus; non ab re est instituta saecularium magistrorum, artes scilicet ac disciplinas cum suis divisionibus in sequenti libro paucis attingere; quatenus et qui talia didicerunt, breviter admoneantur; et qui latius fortasse legere minime potuerunt, aliquid exinde compendiosa bre-

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Schon früh kann die platonische Rhetorik jedoch auch für Pomp und Aufgeblasenheit stehen, die der christlichen Einfachheit widersprechen. Hieronymus hat es in einem berühmten Satz ausgedrückt: «Wir wollen nicht die platonische Beredsamkeit, sondern wir wollen die apostolische Einfachheit der Fischer.»11 Hintergrund dieser Bemerkung ist die allgemein patristische, gegen den platonischen Elitarismus gerichtete Ansicht von der Einfachheit der christlichen Philosophie, die von einfachen Leuten, von Banausen, für alle, für Sklaven und Freie, für Männer und Frauen, für alle Stände, für alle Nationen, für alle Kulturen formuliert worden ist.12 Dieser patristische Grundgedanke ist aufgenommen worden bei den sogenannten Antidialektikern, die gegen die Dialektik zu argumentieren scheinen, in Wirklichkeit jedoch das Gesamtsystem des mundanen Wissens, also die sieben freien Künste insgesamt, ablehnen. Einer, der das am deutlichsten sagt, ist Petrus Damiani. Hier stehen sich die mundane Beredsamkeit mit ihrer Süßlichkeit der «rhetorischen Farbe», die den Gelehrten dieser Welt eigen ist, und die nichts beschönigenden Worte des Apostels unversöhnlich gegenüber.13 Doch die Rhetorik wird nicht allein abgelehnt, sondern im Verbund mit anderen Formen des mundanen Wissens: Petrus Damiani weist neben der Beredsamkeit Ciceros die platonische Naturphilosophie, die pythagoreische Kosmologie, die euklidische Geometrie zurück. Auch nicht die Poesie in ihrer vielfachen Gestalt, weder die Komödien noch die Tragödien können etwas beitragen zum eivitate cognoscant. est enim rerum istarum procul dubio sicut et Patribus nostris visum est, utilis et non refugienda cognitio, quando eam in litteris sacris, tanquam in origine generalis perfectaeque sapientiae, ubique reperis esse diffusam. nam cum ibi reddita fuerint atque monstrata, sensus vester ad intelligendum modis omnibus adiuvatur. 11 Hier. In psalm. CXLIII, l. 252–254 (ed. German Morin: Hieronymus. Tractatus LIX in Psalmos [CCSL 78, Turnhout 1958]): Ceterum nobis simplicitas xpistiana: nolumus eloquentiam Platonicam, sed uolumus simplicitatem apostolicam piscatorum. 12 Vgl. Theo Kobusch: Christliche Philosophie. Die Entdeckung der Subjektivität (Darmstadt 2006) 41–50. 13 Petr. Dam. Serm. 32, l. 210–216 (ed. Giovanni Lucchesi: Petrus Damiani. Sermones [CCCM 57, Turnhout 1983]): Solent mundana eloquentia eruditi locutionem suam rhetorici coloris suauitate componere, et quaeque difficilia cum uolunt blandis et exquisitis uerbis leuia demonstrare, ut, si quando graue aliquid imperant, auditorem ad sua uota conuertant. Beatus vero apostolus non blanda verba composuit, non rei euentum prosperum repromisit, sed rem difficilem simpliciter imperauit.

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gentlichen Erkennen. Gegenüber dem urbanen Glanz der Reden Ciceros und den gewandten Argumenten der demosthenischen Rede führt Petrus Damiani die Einfachheit Christi an, durch die er sich belehren lassen will, sowie die wahre Ungebildetheit der Weisen, die ihn von der Fessel seiner Zweideutigkeit befreien.14 Und an anderer Stelle heißt es: Weil Christus, der Gekreuzigte, «unsere Philosophie» ist und wir als Lehrer nicht gewandte und eloquente Redner, sondern milde und einfache Fischer haben, wollen wir die Weisheit verachten, die blind macht, und jene Torheit suchen, die erleuchtet.15 Diese Ablehnung der Rhetorik und Dialektik ist in die Zeit des 10. und 11. Jahrhunderts eingebettet in eine allgemein kritische Haltung gegenüber der nichtchristlichen Antike. Bereits im 9. Jahrhundert schrieb Ermenrich von Ellwangen: «Wie der Mist den Acker vorbereitet, Korn zu tragen, so helfen die Wörter heidnischer Dichter, mögen sie auch scheußlich sein in ihrer Unwahrheit, kräftig, das Wort Gottes aufzunehmen.»16 Von Wilgard von Ravenna wird erzählt, dass ihm in einer Nacht drei böse Geister in den Gestalten von Vergil, Horaz und Juvenal erschienen, die ihm unsterblichen Ruhm verhießen, wenn er dafür sorge, dass ihre Namen bei den Menschen in Erinnerung blieben. Er folgte dieser nächtlichen Weisung, woraufhin seine Schülerzahl erheblich wuchs. Dass er aber dann erklärte, der Inhalt der heidnischen Dichtungen sei durchgehend wahr, war zu viel des Guten. Er wurde als Häretiker verurteilt. Der Abt von Cluny wurde in Visionen von dem verderbenbringenden Studium Vergils und der römischen Dichter sonst abgehalten. Otloh von St. Emmeram konnte nur durch die Vergegenwärtigung der schrecklichsten Höllenqualen davon abgehalten werden, den satanischen Umschmeiche-

14

Petr. Dam. Ep. 28 p. 251 (ed. Kurt Reindel: Petrus Damiani. Epistulae CLXXX [MGH 4, 1, Die Briefe der deutschen Kaiserzeit, München 1983]). 15 Petr. Dam. Collect. in Vet. Test. In Libr. Josue, cap. 6 p. 1074a (ed. MPL 145 [Paris 1853]): Nos autem, fratres charissimi, quia philosophia nostra Christus est et hic crucifixus, atque ideo magistros habemus non oratores, sed piscatores, non versutos et eloquentes, sed mites ac simplices, despiciamus sapientiam quae caecat, appetamus stultitiam quae discentes illuminat. 16 Ermenicus Elwangensis, Epist. ad Grimaldum Abbatem, 25, p. 563,40–42 (ed. Ernst Dümmler, in: Epistolae Karolini aevi, III [MGH Epp. 5, Berlin 1899]).

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lungen der heid­nischen Dichter nachzugeben.17 Richard Newald bemerkt dazu: Majolus von Cluny erklärte, daß sich die Jugend nicht mit dem gleißenden Wort Vergils zu beflecken brauche […]. Arnold von St. Emmeram verdammte seine Beschäftigung mit den Werken des heidnischen Altertums als Jugendsünde. Manegold von Lautenbach warnte vor den Gefahren, die die Beschäftigung mit der antiken Philosophie den Christen bringe.18

Diese Kritik am weltlichen Wissen der sieben freien Künste, der Poesie und der mundanen Beredsamkeit insbesondere ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Ja, es handelt sich dabei gar nicht um eine Kritik am weltlichen Wissen als solchem. Vielmehr sagt etwa Rupert von Deutz, dass die christliche Lehre nicht die Studien der freien Künste als solche verurteilt, sondern nur dies an ihnen, dass sie nicht als Frucht ihrer Weisheit, d.h. ihrer Wissenschaft, die Verehrung Gottes gesucht haben.19 Die andere Seite der Medaille besteht in der Überzeugung, dass die Heilige Schrift die wahre Verwirklichung der alten Idee von dem zusammenhängenden Verbund allen Wissens ist. Ein repräsentatives Beispiel dafür ist Rupert von Deutz, der in seinem Werk De trinitate et operibus eius am Anfang programmatisch sagt, dass die Heilige Schrift das beste Beispiel für die Grammatik und ihre Teile darstellt, dass sie die Dialektik mit ihren Vorstellungen von den Prädikabilien und dem Syllogismus enthält, ebenso die Arithmetik, die Geometrie, die Musik und die Astronomie und nicht zuletzt eben auch die Rhetorik. Von ihr heißt es da: De rhetorica uel partibus rhetoricae principio siue insinuatione narratione diui­ sione defensione conclusione quod istis omnibus bene utatur sancta Scriptura pro re et tempore et illa quam plurimum ualere arbitrantur quinque partium argu­

17

Hans Liebeschütz: Fulgentius metaforalis. Ein Beitrag zur Geschichte der antiken Mythologie im Mittelalter (Leipzig 1926) 12–13. 18 Richard Newald: Nachleben des antiken Geistes im Abendland bis zum Beginn des Humanismus (Tübingen 1960) 208. 19 Rup. Tuit. De Sanct. Trin. et oper. eius. De operib. spir. sanct. VII p. 2042, l. 124–128 (ed. Rhaban Haacke: Rupertus Tuitiensis. De Sancta Trinitate et operibus eius. Libros XXXIV–XLII. De operibus Spiritus Sancti [CCCM 24, Turnhout 1972]).

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mentatione causarum quoque generibus generumque constitutionibus earumque partibus.20

Deswegen kann Rupert von Deutz auch behaupten, dass das Studium der Beredsamkeit in der Kirche viel besser betrieben werden kann als im säkularen Bereich. In diesem Sinne ist auch das augustinische Wort zu verstehen, das besagt, dass die Beredsamkeit die Begleiterin und Magd der Weisheit sei.21 Wir beobachten somit, dass auch in diesem antidialektischen Schrifttum, das zugleich ein antirhetorisches ist, noch immer das platonische Schema im Hintergrund steht: Wie Platon die zeitgenössischen Formen der Rhetorik kritisierte und die eigene Philosophie für die wahre Rhetorik hielt, so begreifen die Vertreter der christlichen Philosophie, wie man diese Autoren des 11. Jahrhunderts mit dem aus der Patristik stammenden Begriff bezeichnen könnte, die Rhetorik der mundanen Philosophie als Blendwerk und äußere Verführung, der die wahre Rhetorik der Heiligen Schrift gegenübergestellt wird.

II. Die Verselbständigung der Rhetorik Das ändert sich im 12. Jahrhundert. In der Schule von Chartres wird die Rhetorik von der Philosophie getrennt.22 Beredsamkeit und Weisheit, die ein anderer Name für Philosophie ist, stehen sich zwar weiterhin gegenüber, aber nicht mehr als bloß unterscheidbare Teile der mundanen Philo­ sophie, in der die Beredsamkeit die untergeordnete Rolle spielt, sondern 20

Rup. Tuit. De Sanct. Trin. et oper. eius. De operib. spir. sanct. Capitula p. 114, l. 4097– 4112 (ed. Rhaban Haacke: Rupertus Tuitiensis. De Sancta Trinitate et operibus eius [CCCM 21, Turnhout 1971]). 21 Rup. Tuit. De off. I 36, l. 895–898 (ed. Rhaban Haacke: Rupertus Tuitiensis. Liber de divinis officiis [CCCM 7, Turnhout 1967]): Hoc autem dicimus non quod maiestas euan­ gelii dignata sit umquam regulis oratorum subici sed quia quod in hominibus saeculi facere nititur studium eloquentiae hoc in ecclesia sua melius perficit summae natura sa­ pientiae. 22 Zum Folgenden vgl. auch Theo Kobusch: Die Philosophie des Hoch- und Spätmittel­ alters (München 2011) 98–154.

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als voneinander getrennte, gleichrangige Formen des Wissens. Hier vollzieht sich die Trennung der Rhetorik von der Philosophie. Es ist zugleich auch eine Aufwertung der Rhetorik gegenüber anderen Fächern und Disziplinen.23 Denn die Beredsamkeit ist der Sammelbegriff für das Trivium, aber die Rhetorik, nicht die Dialektik, ist die Vollendung der Beredsamkeit. Wilhelm von Conches, einer der Hauptvertreter der Schule von Chartres, bemerkt ausdrücklich, dass die Beredsamkeit kein Teil der Philosophie ist.24 Die Philosophie wird in diesem Zusammenhang verstanden als das wahre Begreifen des Sichtbaren und des Unsichtbaren und umfasst sowohl die theoretischen Disziplinen, also Theologie, Physik und Mathematik, darin einbegriffen das Quadrivium, als auch die praktischen, also die monastische Ethik, die Ökonomie und die Politik. In einer späteren Fassung der Philosophia, wohl vom Ende der dreißiger Jahre des 12. Jahrhunderts, wird ein Grundgedanke des berühmten Didascalicon des Hugo von St. Viktor aufgenommen, aber auch hier wird die Unterscheidung zwischen Beredsamkeit und Philosophie beibehalten, die als zwei Formen des Wissens gemeinsam das Heilmittel gegen das Nichtwissen darstellen.25 Im späten Dragmaticon stellt dann Wilhelm von Conches folgerichtig das Trivium und die Philosophie auf eine Stufe, indem er sagt: Der Dia­lektiker, der etwas hinsichtlich seiner Singularität oder Universalität bedenkt, der Sophist, der beweist, dass das, was ist, nicht ist, und das, was 23

24

25

Die Aufwertung der Rhetorik im 12. Jh. und besonders auch im 13. Jh. bei Brunetto Latini als praktische Wissenschaft verfolgt in einem sehr lesenswerten Artikel Peter von Moos: Rhetorik, Dialektik und ‘civilis scientia’ im Hochmittelalter, in: ders.: Gesammelte Studien zum Mittelalter, II. Rhetorik, Kommunikation und Medialität (Berlin 2006) 239–264. Guillelmus de Conchis Glosae super Boet. In consol. I, prosa 1 p. 29, l. 276–282 (ed. Lodi Nauta: Guillelmus de Conchis. Glosae super Boetium [CCCM 158, Turnhout 1999]): Scien­tiae sunt duae species: sapientia et eloquentia. Et est sapientia uera cognitio rerum. Eloquentia est scientia proferendi cognita ornatu uerborum et sententiarum. Et dicuntur species scientiae, quia in istis duobus est scientia omnis: in cognoscendo res et ornate proferendo cognita. Eloquentiae tres sunt partes: grammatica, dialectica, rhetorica. Sapientia et philosophia idem sunt. Vnde potest dici quod eloquentia nec aliqua pars eius de philosophia est. Ebd. p. 34, l. 357: […] deinde rhetorica quasi perfectio, scilicet scientia persua­ dendi vel dissuadendi. Guillelmus de Conchis. Philosophia, in: Carmelo Ottaviano (a cura di): Un brano inedito della Philosophia di Guglielmo di Conches (Napoli 1935) 21–24.

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nicht ist, ist, der Rhetoriker, der beweist, dass etwas des Lohnes oder der Strafe würdig ist, und der Philosoph, der die Natur der Dinge, ihre Sitten und Funktionen erörtert, diese vier also, «der Dialektiker, der Sophist, der Redner und der Philosoph betrachten dieselbe Sache in verschiedener Weise und können über sie mit verschiedenen Absichten Erörterungen anstellen».26 In ähnlicher Weise hat auch Thierry von Chartres das Verhältnis von Beredsamkeit und Philosophie bestimmt. Dass die Rhetorik bei ihm eine­n anderen Stellenwert hat als in der antirhetorischen Tradition, zeigt allein die Tatsache, dass er in frühen Jahren Cicero-Kommentare geschrieben hat, und zwar zu De inventione und zur pseudo­-cice­ro­ni­schen Schrift Ad Herennium.27 Die unbestritten glänzendste und erfolgreichste Figur der Schule von Chartres war Thierry, der, in der Bretagne geboren, in den Vierzigerjahren des 12. Jahrhunderts Kanzler der Kathedralschule in Chartres war. Die Schüler haben ihm in durchaus zitablen Worten das Andenken bewahrt. Clarembaldus von Arras nennt ihn den berühmtesten Philosophen in ganz Europa, für Johannes von Salisbury ist er der gelehrteste Erklärer der sieben freien Künste. Offenbar entsprach er ganz dem neuplatonischen Ideal der Philosophie, die platonisches und aristotelisches Denken harmonisch in sich vereinigt; denn Hermann von Carinthia, ein weiterer Schüler Thierrys, beschreibt ihn einerseits in einer Widmung als die vom Himmel den Sterblichen geschenkte, wiederinkorporierte Seele Platons, andererseits lautet der Eingangsvers des berühmten Epitaphs: «­Aristoteles’ würdiger Nachfolger, Theodoricus, liegt hier.»28 Obwohl keine Werke über die beiden großen antiken Philosophen aus der Hand Thierrys erhalten sind, wissen wir doch, dass er – wie Boethius – die logischen Schriften des Aristoteles in seinen Vorlesungen behandelt und das platonische Denken 26

27 28

Guillelmus de Conchis Dragm. Philos. I 1, 6 p. 6, l. 59–65 (ed. Italo Ronca: Guillelmus de Conchis. Dragmaticon Philosophiae [CCCM 152, Turnhout 1997]), Zitat: ebd. l. 63– 64: Dialecticus ergo, sophista, orator, philosophus de eadem re diversa considerantes et intendentes disputare possunt. Vgl. Karin M. Fredborg (ed.): Theodoricus Carnotensis. The Latin Rhetorical Commentaries by Thierry of Chartres (Toronto 1988). André Vernet: Une épitaphe inédite de Thierry de Chartres, in: Recueil de travaux offert à M. Clovis Brunel, II (Paris 1955) 660–670.

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besonders in seinem Genesis-Kommentar und in den Glossen zu Martianus Capella berücksichtigt hat.29 Vor allem aber ist Thierry der überall bekannte Lehrer und Erklärer der freien Künste und der theologischen Schriften des Boethius, aber auch des Buches Genesis. Wie die neuere Forschung herausgestellt hat, war wahrscheinlich Chartres nicht die einzige, vielleicht auch nicht die hauptsächliche Wirkungsstätte Thierrys.30 Seine Schule, zu der so berühmte und unterschiedliche Denker gehören wie Adalbert von Mainz, Petrus Helias, Bernhard Brito, Ivo von Chartres, Clarembaldus von Arras und Johannes von Salisbury, hatte ihre Blütezeit in den dreißiger- und vierziger Jahren des 12. Jahrhunderts, angesiedelt allem Anschein nach eher in Paris als in Chartres, wo Thierry freilich auch lehrte. Thierrys Denken repräsentiert in vielem den philosophischen Stand der Schule von Chartres. Dazu gehört auch das Verständnis der Philo­ sophie selbst, nach dem sie vor allem von der Beredsamkeit bzw. der Rhetorik unterschieden ist. Dass die «Rhetorik kein Teil der Philo­sophie» ist, das verbindet Thierrys Philosophiebegriff aufs engste mit Wilhelm von Conches. Freilich hat Thierry gerade am Anfang seiner RhetorikKommentare auf den Segen einer möglichen Verbindung zwischen Philo­sophie und Rhetorik oder Beredsamkeit eindringlich hingewiesen. Während Philosophie im engeren Sinne so aus einem praktischen, logischen und spekulativen Teil besteht, wobei letzterer wiederum durch die Physik, Mathematik und Theologie repräsentiert wird, sind die sieben freien Künste als besondere Instrumente des Philosophierens zu begreifen, so dass der Verstand inhaltlich durch das Quadrivium erleuchtet wird und durch das Trivium eine angemessene Darstellung des Erkannten gewährleistet wird. Künste und Philosophie aber sind zusammen zur «Pflege der Humanität» eingerichtet.31

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Näheres siehe bei K. M. Fredborg: The Latin Rhetorical Commentaries, 2–3. Richard W. Southern: Humanism and the School of Chartres, in: ders.: Medieval Humanism and Other Studies (Oxford 1970) 61–85; Jean Chatillon: Les écoles de Char­tres et Saint-Victor, in: La scuola nell’occidente latino dell’alto medioevo (Spoleto 1972) 795–857. 31 Theodoricus Carnotensis. Prologus in Heptateuchon, in: Édouard Jeauneau (éd.): Lectio Philosophorum. Recherches sur l’École de Chartres (Amsterdam 1973) 90. 30

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III. Der Begriff der Person – rhetorisch und philosophisch Die Verselbständigung der Rhetorik bzw. des ganzen Triviums gegen­über der Philosophie, die wir hier in der Theorie der freien Künste innerhalb der Schule von Chartres beobachten, ist aber auch – sozusagen – in der philosophischen Praxis erkennbar. Denn die Philosophie hebt ihre eigene Sichtweise von der des Triviums ausdrücklich ab, z.B. in der für die philo­ sophische Theologie so wichtigen Frage nach der Bedeutung des Personbegriffs. Abaelard hat in allen drei großen Entwürfen seiner ‘Theologie’ – die keine Offenbarungstheologie ist, sondern philosophische Theologie –, d.h. in der Theologia ‘Summi Boni’, in der Theologia Christiana und in der Theologia ‘Scholarium’, eine grammatische, rhetorische und theologische Bedeutung des Begriffs der Person unterschieden. Die grammatische Bedeutung des Begriffs ‘Person’ lernen wir alle schon sehr früh, indem wir die Personalpronomina zu unterscheiden lernen. Der Mensch ist in diesem Sinne drei Personen, nämlich der, der spricht, dann auch der, an den man das Wort richtet und schließlich der, von dem ein anderer zu einem anderen spricht. Diese drei Personen in einem Menschen sind freilich nur durch die entsprechenden Propria, das Sprechen des Sprechenden, das Hören des Zuhörenden und das Gegenstandsein für zwei, die sich unterreden, unterscheidbar. Die grammatische Bedeutung des Begriffs Person kann in gewissem Sinne auf den theologischen Bereich übertragen werden. Die rhetorische Bedeutung des Begriffs kann dagegen keine Hilfe sein zum Verständnis der göttlichen Trinität. Denn die Rhetorik betrachtet die Person als ein eigenes Subjekt zusammen mit dem, was es als Subjekt getan hat.32 Genauer gesagt verstehen die Rhetoren im Unterschied zu den Grammatikern die Person als eine Substanz, deren Tätigkeit die Vernunfttätigkeit ist, so dass – in der Terminologie der Rhetorik-Tradition – immer persona und negotium und dementsprechend auch die Attribute der Person

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Das Folgende ist so auch enthalten in meinem Beitrag: Person und Handlung. Von der Rhetorik zur Metaphysik der Freiheit, in: Rolf Gröschner, Stephan Kirste, Olilver W. Lembcke (Hg.): Person und Rechtsperson (Tübingen 2015) 1–29, in dem der rhetorische Personbegriff in die historische Entwicklung des Personbegriffs überhaupt eingeordnet wird.

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und die Attribute des Getanen unterschieden werden müssen.33 Abaelard bezieht sich für diese rhetorische Bedeutung des Personbegriffs u.a. auf Boe­thius’ Topik-Kommentar, wo es heißt: «Person ist das, was vor Gericht gerufen wird, deren Gesagtes oder Getanes Gegenstand der Anklage ist», aber auch auf Boethius’ berühmte Persondefinition, nach der sie «die individuelle Substanz einer vernunftbegabten Natur» ist.34 Diese Definition aber kann theologisch gar nicht angewendet werden, da sonst ein Tritheismus gedacht werden müsste.35 Da aber Boethius an derselben Stelle – so argumentiert Abaelard – Bezug nimmt auf die antike Erklärung des Begriffs persona, nach der sie die Masken meint, die in Komödien und Tragödien die Menschen, um die es geht, vorstellen, ist auch mit der Persondefinition eben dieser rhetorische Sinn gemeint. Und deswegen nennen wir – sagt Abaelard – die Personen der Komödien jene Menschen, die durch ihre gestus das von uns Gesagte oder Getane darstellen.36 Im Hintergrund dieser wenigen Bemerkungen Abaelards steht eine eigenständige lange Tradition der Erklärung des Personbegriffs, die dem heutigen Bewusstsein noch weithin unbekannt zu sein scheint. Mit Blick auf die große rhetorische Tradition, die von Hermagoras von Temnos begründet, von Hermogenes, Syrian u.a. im griechischen und von Cicero und seinen großen Kommentatoren Marius Victorinus und später Thierry

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Petr. Ab. Theol. Christ. III 178, l. 2207–2210 (ed. Eligius M. Buytaert: Petrus Abaelardus. Theologia Christiana [CCCM 12, Turnhout 1969]): Rhetores quoque alio modo quam theologi siue grammatici personam accipiunt, pro substantia scilicet rationali, ubi uidelicet de persona et negotio agunt et locos rhetoricos per attributa personae et attributa negotio distinguunt. Petr. Ab. Theol. Christ. III 179, l. 2214–2218: Qui etiam hanc acceptionem personae, Contra Eutychen et Nestorium disputans de unitate personae Dei et hominis in Christo, tali prosecutus est definitione: ‘Persona est’, inquit, ‘naturae rationabilis indiuidua substantia’. Petr. Ab. Theol. Christ. III 179, l. 2218–2221: Quae quidem nequaquam definitio dicen­da est trium personarum in diuinitate superius a nobis distinctarum, hoc est Patris et Filii et Spiritus Sancti. Alioquin cum sint tres personae, essent tres indiuiduae rationales substantiae. Petr. Ab. Theol. Christ. III 180, l. 2222–2227: Personas etiam comoediarum dicimus, ipsos uidelicet homines qui per gestus suos aliqua nobis facta uel dicta repraesentant. Quas et ipse Boethius ibidem distinxit dicens: ‘Nomen personae uidetur aliunde tractum, ex his scilicet personis quae in comoediis tragoediis que eos quorum interest homines repraesentabant’.

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von Chartres im lateinischen Bereich fortgesetzt wurde,37 muss man sogar sagen, dass die Person und was sie tut, der eigentliche Gegenstand der Rhetorik sind. Bei Abaelard, der dabei auf Marius Victorinus zurückzugreifen scheint, wird in diesem Sinne terminologisch persona und negotium und dazu die Attribute der Person und die Attribute des negotium unterschieden. Schaut man sich in dieser Tradition etwas um, so erfährt man, was damit gemeint ist: Die Person ist das Wer eines Menschen, das negotium das Was, nämlich was er getan hat.38 Zuletzt steckt dahinter der Unterschied zwischen Person und Sache, der wohl erstmals in dieser Rhetoriktradition von Hermagoras von Temnos zur Geltung gebracht worden ist, ehe er auch im römischen Recht aufgenommen wurde.39 Die Attribute der Person sind jene Bestimmungen, die ihr als solcher und unmittelbar zukommen. Die rhetorische Tradition kennt im Allgemeinen elf an der Zahl.40 Dazu gehört der Name. Jede Person hat einen Namen, Vornamen, Zunamen usw. Weiterhin der zufällige Status, den jede Person hat. Die eine ist glücklich, die andere unglücklich, die eine reich, die andere arm. Eine weitere Bestimmung ist die Natur. Die Rhetorik muss ein Wissen um die Natur des Menschen, insofern er Mensch ist, haben.41 Ein weiteres Attribut der Person ist ihre Lebensweise. Jede Person hat eine bestimmte Erziehung genossen. Nicht wo sie geboren ist, ist entscheidend für das Werden der Person, sondern in welcher Kultur, in welchem Land, in welcher Familie sie aufgewachsen ist.42 Auch der Habitus kennzeichnet eine 37

Merkwürdig ist, dass Wilfried Stroh in seiner genannten ziemlich lückenlosen Geschichte der Rhetorik auf diese Tradition, die vermittelt durch Marius Victorinus ins Mittelalter reicht, auch in seinem «Ausblick» nicht hinweist. Vgl. aber Dietmar Till: Rhetorik, in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik, VII (Tübingen 2005) 1578–1583. 38 Mar. Victorin. Rhet. I 26, l. 7–9: Atque haec ipsa Cicero propriis et apertioribus et ad rem uicinioribus nominibus appellauit: ‘quis’ enim personam dixit, ‘quid’ negotium vocavit. 39 Vgl. dazu meinen in Anm. 31 angegebenen Beitrag. 40 Mar. Victorin. Rhet. I 24, l. 45–47: Personis autem adtributa sunt undecim: nomen, natura, uictus, fortuna, habitus, adfectio, studium, consilia, facta, casus, orationes. 41 Mar. Victorin. Rhet. I 24, l. 144–146: Etenim ille, qui rhetoricam scribit, praeceptis suis personam debet includere: persona autem homo; huius itaque naturae indigemus, in qua homo. 42 Mar. Victorin. Rhet. I 25, l. 1–5: Victus hominis est omne illud tempus a pueritia usque ad id [quo agit uel] quo de agitur. Itaque considerare debemus, non apud quos natus sit, quod naturae est, sed apud quos educatus, unde incipit uictus.

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Person als solche. Er ist das Anwendungswissen, das sich die Person durch große Anstrengung erworben hat.43 Was der Habitus an Beständigkeit zeigt, kann durch den «Affekt» verloren gehen. Personen haben Affekte, d.h. sie können – seelisch oder körperlich bedingt – plötzlich ihr Gemüt verändern.44 Es sind Gefühle, die sie bestimmen: Ärger, Zorn, Liebe.45 Nur eine Person kann sich, wie der Habitus-Begriff voraussetzt, Mühe geben. Deswegen ist auch das so verstandene Studium ein Attribut der Person. Es ist der Person ferner eigen, dass sie hin- und herüberlegt und sich schließlich entscheidet, etwas zu tun oder nicht zu tun. Auch die Gesetze, die einer solchen Beratung zugrunde liegen, enthalten immer diese beiden Möglichkeiten: das Gebot, dass etwas geschieht, oder das Verbot.46 Schließlich gehören aus rhetorischer Sicht auch die normalen Handlungen, Widerfahrnisse und Reden zu dem, was eine Person bestimmt. Normal sind solche Handlungen, die die Person gewohnheitsgemäß vollzieht. Zu den Widerfahrnissen, die einer Person normalerweise passieren oder passieren können, gehören der Schaden, die Krankheit, Kinderlosigkeit u.a. Die Rede ist das, was einer zu sagen pflegt.47 Von den Attributen der Person sind die Attribute der Tat zu unterscheiden, um die es in dem konkreten Fall geht, den der Redner vor Gericht zu beurteilen hat. Wir müssen also das factum im Sinne einer gewohnheits43

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Theodoric. Carnot. Comm. super De inv. I 25, 36 p. 134 (ed. K. M. Fredborg: The Latin Rhetorical Commentaries by Thierry of Chartres [Toronto 1988]): Habitus enim ex studio et applicatione, non ex natura. Mar. Victorin. Rhet. I 27, l. 47–50: Adiungitur ad inprudentiae modos etiam adfectio, quam paulo ante personae diximus attributam: quam adfectionem esse diximus animi aut corporis repentina de causa permutationem. Mar. Victorin. Rhet. I 27, l. 50–52: Verum hic, quoniam in modo animus attendendus est animi solas circa adfectionem posuit commutationes, id est molestiam, iracundiam, amorem. Mar. Victorin. Rhet. I 25, l. 134–138: Duo semper sunt, unde dubitamus et unde consilium est: aut enim ut faciamus aliquid quaerimus, aut ut non faciamus. Ita et leges, quae consilio scribuntur, duo semper haec continent; aut fieri iubent aut fieri prohibent. Theodoric. Carnot. Comm. super De inv. I 25, 36 p. 135: Consilium est ratio id est discretio, vere excogitata id est veraciter inventa ad faciendum aliquid vel non faciendum. Mar. Victorin. Rhet. I 25, l. 142–145: Ex his quoque non minima colligimus argumenta, ut de factis personae argumenta capiamus, de dictis, de his, quae ei acciderunt, ut damnum, ut morbus, ut orbitas et reliqua similia. Ebd. I 26, l. 24–25: Hoc tertium factum in adtributis personae accipimus, facta, casus et orationes.

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mäßigen Handlung, die ein Attribut der Person ist, von jenem factum unter­scheiden, das den konkreten Fall vor Gericht ausmacht und selbst aus einer äußeren Tat, aus einem Wort, d.h. einer Rede, oder aus einem Gedanken bestehen kann.48 Von den Attributen der Tat gibt es nach dieser rhetorischen Tradition vier Arten: Erstens jene Bestimmungen, die der Tat immanent sind und nicht von ihr getrennt werden können. Da ist zunächst sozusagen die Zusammenfassung der Tat (summa negotii), also z.B. ein Vatermord, dann die causa, der Fall, weswegen es die Kontroverse vor Gericht überhaupt gibt, z.B. «er hat getötet, weil es sein Feind war», schließlich das, was der Mörder vor der Tat, bei der Tat und nach der Tat getan hat. Es sind Elemente, die als das ‘Vorher der Tat’, als das ‘Bei der Tat’ und das ‘Nachher der Tat’ zur Tat selbst gehören bzw. ihr immanent sind. Und Marius Victorinus bemerkt dazu: Diese fünf müssen also in einer Tat, die vor Gericht anhängig ist, enthalten sein. Vergeblich nämlich halten wir eine Tat jemandem vor, ja, es ist gar keine Tat, wenn wir nicht ihren Inhalt nennen, wenn wir nicht über den Fall unterrichten, wenn wir nicht aufzeigen, was vor der Tat, während derselben und nachher gemacht wurde.49

Die zweite Art der Attribute der Tat umfasst jene Elemente, ohne die die Ausführung der Tat nicht möglich gewesen wäre. Die Explikation dieser Attribute orientiert sich an den Fragen «Wo, Wann, Wie und mit welchen Hilfsmitteln».50 Es sind der Ort, die Zeit, die Gelegenheit, die Art und Weise und die Fähigkeit. Es ist dabei nicht an eine theoretische Betrachtung des Ortes und der Zeit gedacht. Marius Victorinus spricht in dieser Hinsicht von den «anderen Örtern», die in der Philosophie, z.B. bei Lukrez, in dessen Theorie vom Leeren, rein theoretisch und im Hinblick auf die materielle Dingwelt behandelt wurden. Es geht vielmehr, so könnte man sagen, um die lebensweltliche Bestimmung des Ortes. Marius Victorinus bemerkt: «Es ist nämlich notwendig, dass wir irgendwo, wo auch 48

Mar. Victorin. Rhet. I 26, l. 12–14: Negotium est factum de quo quaestio est; uerum hoc factum nunc in facto est, nunc in dicto, nunc in cogitatu. 49 Mar. Victorin. Rhet. I 26, l. 79–84. 50 Mar. Victorin. Rhet. I 26, l. 105.

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immer, sind, aber jenes, wo wir sind, müssen wir daraufhin betrachten, wie es ist.»51 So spielt für die richtige Einschätzung der Tat eine Rolle, von welcher Art der Ort des Geschehens ist, ob er groß ist und eine Menge Menschen zu fassen vermag, ob er ein verschwiegener Ort ist oder menschenüberlaufen, ob er hügelig, abschüssig oder eben, ob er felsig oder sumpfig oder waldreich ist. Daneben spielt die Entfernung zu anderen Orten eine Rolle, d.h. die weite Entfernung, aber auch die Nähe. Und Thierry von Chartres fügt hinzu: Nicht nur die Natur des Ortes der Tat ist zu betrachten, sondern auch der umgebenden Gegend. Was diese rhetorische Tradition also sagen will, ist: Nur für eine Person gibt es all dies, nämlich die jeweilige Qualität eines Ortes, die Entfernung, die Nähe. Nur eine Person kann so etwas wie die Gegend wahrnehmen.52 Ähnlich steht es mit der Zeit. Es geht eher um die gelebte Zeit als um die physikalisch begründbare Zeit. Deswegen muss unterschieden werden zwischen dem, was lange vergangen und gewissermaßen obsolet und deswegen auch unglaubwürdig ist, und dem zwar auch Vergangenen und der Erinnerung Entzogenen, aber von der Geschichtsschreibung Bewahrten und dies schließlich noch einmal von dem, was gewissermaßen ‘neulich’ passiert ist. Präsent kann etwas sein, was angefangen hat; davon zu unterscheiden ist das mehr Präsente, das sich der Vollkommenheit nähert. Was das mehr Präsente sein soll, ist schwer zu sagen. Ein anonymer DonatKommentator gesteht denn zunächst auch frank und frei: «Ich weiß es nicht.»53 Das mehr Präsente ist dann, was hier ist und nicht etwa draußen.54 Später haben einige Vertreter der Grammatica speculativa, wie Thomas von Erfurt oder Martinus Dacus, die Personalpronomina als die Anzeige einer gestuften Präsenz gedeutet. In diesem Sinne ist das ‘Ich’ das im 51

Mar. Victorin. Rhet. I 26, l. 143–145. Theodoric. Carnot. Comm. super De inv. I 26, 38 p. 140: Cuius distantiae species sunt longinquitas et propinquitas. […] Et non tantum natura loci consideranda est, sed etiam regionis circumstantis. 53 Comment. anon. in Donati partes maiores. De pronom. p. 83, l. 249–250 (ed. Bengt Löfstedt: Ars Ambrosiana. Commentum anonymum in Donati partes maiores [CCSL 133C, Turnhout 1982]): Omnis res aut praesens est aut non praesens est; ‘magis praesens’ quid est, nescio. 54 Comment. anon. in Donati partes maiores. De pronom. p. 83, l. 250–252: Sed fac hic hominem esse in foro, sed foris, et alterum hic esse praesentem, ut sit praesens ille, qui foris est, et sit magis praesens ille, qui hic est. 52

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höchsten Maße Präsente, da der Sprecher über eine ständige Selbst­ erkenntnis, d.h. Selbstpräsenz verfügt. Demgegenüber deuten das ‘Du’ und andere Pronomina eine geringere Präsenz an, da sie sich indifferent auf Abwesendes wie Anwesendes beziehen können.55 Auch die Zukunft ist nach der rhetorischen Tradition zweigeteilt: Es gibt das, was bald zukünftig ist, und das, was später zukünftig ist. Wie für den Ort, so ist auch für die lebensweltliche Zeit der Abstand wichtig, d.h. die zeitliche Spanne, in der die Tat mit all ihren Umständen geschehen sein soll. Die Zeit der Tat und damit auch der Person ist somit die Weile (mora), die von der Gelegenheit als einer anderen Bestimmung für die Ausführung der Tat unterschieden werden muss. Die Gelegenheit meint die geeignete Opportunität zum Handeln oder Nichthandeln. Sie kann öffentlicher Natur sein, so dass sie die ganze Bürgerschaft betrifft, wie im Falle des Krieges oder eines öffentlichen Spieles oder eines Festes, die Gelegenheiten zum Handeln oder Nichthandeln bieten. Oder diese Gelegenheit kann allgemeiner Natur sein, wenn etwa die Erntezeit oder die Weinlese oder Hitze oder Kälte solche Gelegenheiten bieten. Schließlich gibt es Gelegenheiten mit rein privatem Charakter, wie z.B. eine Hochzeit oder ein Gelage oder ein Opfer. Die Art und Weise der Ausführung der Tat meint die innere Gesinnung bei der Ausführung. Ist sie heimlich oder öffentlich vollzogen worden, mit Gewalt oder mit Überredung, in Unwissenheit, mit innerem Zwang oder sonstwie? Schließlich ist da noch die Fähigkeit zur Tat, die freilich eng zusammenhängt mit der Fähigkeit als subjektivem Attribut der Person selbst, welches zum zufälligen Status derselben gehört. Die dritte Art der Attribute der Tat umfasst jene Bestimmungen, die der Tat selbst äußerlich sind, aber in einem bestimmten Verhältnis zu ihr stehen. Zum Beispiel im Verhältnis der Ähnlichkeit und unter dem Ähnlichen besonders in der Form des Beispiels. Das Beispiel, das schon im-

55

Vgl. Thomas de Erford. Gramm. spec. 22 p. 200–204 (ed. Geoffrey L. Bursill-Hall: Thomas de Erfordia. Grammatica speculativa [London 1972]); Martinus Dacus Mod. Sign. 46, 8–9; 48, 11–12 (ed. Heinrich Roos: Martinus Dacus. Opera [Corpus Philosophorum Danicorum Medii Aevi 2, Kopenhagen 1961]). Vgl. Theo Kobusch: Grammatica speculativa (12.–14. Jahrhundert), in: Tilman Borsche (Hg.): Klassiker der Sprachphilosophie. Von Platon bis Noam Chomsky (München 1996) 77–93, hier: 87, 91.

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mer ein besonderer Gegenstand der Rhetorik war, hat hier, unter den der Tat äußerlichen Attributen, seinen eigentlichen Platz.56 Die vierte Art der Attribute der Tat meint das der Tat Folgende. Und das ist das Urteil über sie. Dieses aber nimmt Bezug auf das Zeugnis von Zeugen. Und so kommt hier, im Zusammenhang mit der rhetorischen Tradition, das Zeugnis als ein Attribut der Person in den Blick, daneben auch die Glaubwürdigkeit einer Person – das credibile ist Terminus technicus in den Cicero-Kommentaren –, was die Philosophie nie bei der Erörterung dessen, was eine Person ausmacht, thematisiert hat. Das sind die Grundzüge einer Lehre von der Person, die sich als Alternative zur philosophischen und theologischen Bedeutung des Begriffs, wie sie etwa von Richard von St. Viktor und den großen Theo­logen des 13. und 14. Jahrhunderts im Rahmen einer Theorie des ens morale entwickelt wurde, in der Rhetoriktradition etabliert hat.57 Wie gezeigt werden sollte, hat die Rhetorik einen neuen, von der Philosophie und Theologie unabhängigen Personbegriff kreiert und ist auf diese Weise, auch wenn das erst im 12. Jahrhundert zu Bewusstsein kommt, zu einer selbständigen Disziplin neben der Philosophie geworden. Die Wirkungsgeschichte scheint das zu bestätigen: Denn aus der Gegenüberstellung von Beredsamkeit und Philosophie ist im 13. Jahrhundert der Gegensatz von scientia sermocinalis und scientia realis geworden. Sprachwissenschaft und Realwissenschaft treten auseinander und bereiten vor, was in den folgenden Jahrhunderten im sogenannten Wegestreit an verschiedenen Universitäten Europas zwischen den Terministen und den Realisten ausgetragen wird.

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Vgl. Mar. Victorin. Rhet. I 26, l. 46–47: Itaque omnia exempla adtributa negotio sunt, sed quoniam extrinsecus ueniunt, adiuncta negotio nominantur. Zum exemplum-Begriff vgl. die Arbeiten von Peter von Moos: Geschichte als Topik. Das rhetorische Exemplum von der Antike zur Neuzeit und die historiae im ‘Policraticus’ Johanns von Salisbury (Hildesheim, Zürich, New York ²1997); ders.: L’exemplum et les exempla des prêcheurs, in: Jacques Berlioz, Marie-Anne Polo de Beaulieu (éd.): Les exempla mediévaux. Nouvelles perspectives (Paris 1998) 67–82. 57 Sie ist z.B. auch bei Brunetto Latini zu finden; vgl. Gian Carlo Alessio: Brunetto Latini e Cicerone (e i dettatori), in: Italia medioevale e umanistica 22 (1979) 123–169, hier: 152.

Rhetorik und Philosophie bei Hegel Zur Funktion der Antigone in der Phänomenologie des Geistes WO L F G A N G R O T H E R

I. Dass philosophisches Denken per definitionem ein Denken in Begriffen ist, dass philosophische Texte (ausschließlich) begrifflich argumentieren, frei von jeglichem Rekurs auf den Mythos, frei von Rhetorik und rhetorischen Stilmitteln, frei von Bildern und Metaphern, einzig begrifflicher Klarheit verpflichtet, ist ein Ideal, vielleicht eine Illusion, der sich der junge Wittgenstein hingegeben hat, wenn er – mit unüberhörbaren Anklängen an das cartesische Evidenzpostulat – geltend macht: «Alles was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles, was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen.»1 Das in diesen Sätzen zum Ausdruck gebrachte Selbstverständnis der Philosophie verweist zurück auf ein Thema, das – historisch und systematisch – am Anfang der Philosophie steht. Platon und Aristoteles setzten den Anfang der Philo­sophie in das Staunen.2 Das Staunen ist ein prärationaler, vorbegrifflicher Habitus. Er führt hin zur Philosophie, ist selbst aber nicht philosophisch. Der Anfang der Philosophie ist also nicht-philosophischer, nicht-begrifflicher Natur. Mit Blick auf ihren Anfang bleibt deshalb in der Philosophie immer ein Rest dieses Nicht-Philosophischen. Das Ideal begrifflichen und klaren Argumentierens ist daher möglicherweise ein nie vollständig einzulösender Anspruch. 1 2

Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische Abhandlung [1921] (Frankfurt am Main 81971) 4.116. Plat. Tht. 155d2–3; Aristot. Metaph. I 1, 982b11–12.

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Aristoteles dürfte sich dessen bewusst gewesen sein. Denn unmittelbar nach dem Satz von der Verwunderung als Anfang des Philosophierens macht er die enge Verwandtschaft zwischen dem «Freund des Mythos», φιλόμυθος, und dem «Freund der Weisheit», φιλόσοφος, geltend.3 Die Bewegung des Werdens der Philosophie lässt sich ­– wie es der Titel des bekannten Werkes von Wilhelm Nestle tut – als Bewegung Vom Mythos zum Logos beschreiben.4 Dieser Titel umreißt eine Entwicklung, in der sich das Bewusstsein im Ausgang von vorbegrifflichen Anschauungs- und Darstellungsformen auf die Höhe philosophischer Rationalität und Begrifflichkeit emporschwingt. Kennzeichnend für diese Entwicklung ist das Heraustreten aus der Sphäre bildlicher, metaphorischer oder personifizierender Darstellungen und Narrationen. Entbild­lichung, Entmetaphorisierung, Entpersonalisierung und Überwindung anthropomorpher Rede – kurz: der Verzicht auf die rhetorischen Stilmittel des Mythos und auf Rhetorik überhaupt – sind idealtypische Si­gnaturen bereits der werdenden Philosophie. Der Weg vom Mythos zum Logos lässt sich als Heraustreten aus der Sphäre des Besonderen und Einzelnen in die Sphäre des Allgemeinen fassen. Dieser Weg ist bereits im Mythos selbst angelegt, der auf diese Weise in Philosophie, in begriffliches Argumentieren überführt wird. Das heißt, Philosophie ist wesentlich durch die Entmythologisierung des Diskurses und damit durch den Verzicht auf rhetorische Stilmittel gekennzeichnet. Diesen Anspruch eines rhetorikfreien Philosophierens bringt Husserl in seiner Maxime «Wir wollen auf die ‘Sachen selbst’ zurückgehen» zum Ausdruck.5 Aber lässt sich dieser Anspruch einlösen? Wenn die Bewegung vom Mythos zum Logos als ra­tionale Selbstentfaltung des Mythos gedacht wird, bringt sich im Sagen, im λέγειν des Mythos ein logisches und damit genuin philosophisches Element zur Geltung. So ist im Mythos, der zur Sprache gebracht wird, bereits ein Moment, ein Keim des Logos 3

4 5

Aristot. Metaph. I 1, 982b18–19: διὸ καὶ ὁ φιλόμυθος φιλόσοφός πώς ἐστιν· ὁ γὰρ μῦθος σύγκειται ἐκ θαυμασίων; deshalb ist der Mythenfreund [philomythos] auch ein Weisheitsfreund [philosophos], denn der Mythos besteht aus Staunenswertem [Wunderbarem]. Wilhelm Nestle: Vom Mythos zum Logos. Die Selbstentfaltung des griechischen Denkens von Homer bis auf die Sophistik und Sokrates (Stuttgart 1940). Edmund Husserl: Logische Untersuchungen, II/1: Untersuchungen zur Phänomeno­ logie und Theorie der Erkenntnis [1901] (Tübingen 51968 [= 21913]) 6.

Rhetorik und Philosophie bei Hegel

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enthalten. Hegel hat die Mytho­logie als «Werk der phantasierenden Vernunft» bezeichnet.6 Der Mythos hat also etwas Vernünftiges an sich. «Die Mythologie» – schreibt Hegel – «kann studiert werden für die Kunst usw.; der denkende Geist muss aber den substantiellen Inhalt, den Gedanken, das Philosophem, das implizit darin enthalten ist, aufsuchen.»7 Das Philosophische ist also implizit im Mythos enthalten und muss explizit gemacht werden – explicare im Sinne von ‘erklären’ oder auch ‘(sich) entfalten’. Philosophie ist ein Aufsuchen des Logos im Mythos und ein Explizitmachen des im Mythos verborgenen Logos. Hegel rechnet also für die Genese der Philosophie mit mythologischen Darstellungsformen und rhetorischen Stilmitteln – als zu explizierenden, zu entfaltenden und schließlich auch aufzuhebenden, als welche sie aber immer noch vorhanden sind. Bild, Metapher und generell rhetorische Stilmittel gehören den präphilosophischen Sphären der Kunst und Religion an, deren Inhalte die Philosophie ins Wissen hebt.8 Philosophie ist für Hegel das «absolute Wissen» – so der Titel des letzten Kapitels der Phänomenologie des Geistes –, das Denken, das sich seiner selbst bewusst ist. Die Philosophie durchdringt denkend und erkennt als Wissen, was die Kunst (nur) produziert und anschaut und was die Religion (nur) glaubt, weil es ihr offenbart wurde. Die Philosophie oder das absolute Wissen weiß das Angeschaute und Offenbarte. Das absolute Wissen – so Hegel am Schluss der Phänomenologie des Geistes – ist «der sich als Geist wissende Geist», die letzte und höchste Gestalt der Phänomenologie des Geistes. Der Weg, auf dem das Wissen sein Ziel erreicht, ist «die Erinnerung der 6 7

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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie [= VGP], I, TWA XVIII 102–103. VGP I, XVIII 103. «Diese Wissenschaft [nämlich die Philosophie] ist insofern die Einheit der Kunst und Religion, als die der Form nach äußerliche Anschauungsweise der ersteren, deren subjektives Produzieren und Zersplittern des substantiellen Inhalts in viele selbständige Gestal­ten, in der Totalität der zweiten, deren in der Vorstellung sich entfaltendes Auseinandergehen und Vermitteln des Entfalteten, nicht nur zu einem Ganzen zusammengehalten, sondern auch in die einfache geistige Anschauung vereint und dann zum selbstbewussten Denken erhoben ist. Dies Wissen ist damit der denkend erkannte Begriff der Kunst und Religion, in welchem das in dem Inhalte Verschiedene als notwendig und dies Notwendige als frei erkannt ist.» (G. W. F. Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse [1830], III, § 572, TWA X 378)

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Geister» im Sinne einer «begriffene(n) Geschichte».9 Für das Verhältnis von Philosophie und Rhetorik bedeutet dies: Das Rhetorische wird aufgehoben, aber es wird nicht abgelegt, wie man sich eines nicht mehr passenden Kleides ent­ledigt, sondern es ist in der Philosophie, die immer auch eine Kultur der Erinnerung ist, aufgehoben. Vor diesem Hintergrund zielt meine Frage generell auf die Funktion nichtoder vorphilosophischer Elemente, nicht- oder vorbegrifflicher Rede in Hegels Philosophie beziehungsweise – um das Thema einzugrenzen – exem­ plarisch auf die Funktion der Antigone in der Phänomenologie des Geistes, auf diese – so George Steiner – «bemerkenswerte Einverleibung eines Kunstwerks in einen philosophischen Diskurs».10 Ist die Antigone eine rhetorische Figur, ein rhetorisches Stilmittel? Ist sie daher ein nicht-philosophischer oder vorbegrifflicher Rest im Argumenta­tionsgang der Phänomenologie? Oder ist sie – wie Judith Butler schreibt – ein «Urbild»11 der Sache, und wenn ja, welcher Sache? Oder ist sie – dies ist meine These – eine Chiffre der Sache selbst (und nicht: für die Sache selbst), das heißt, Antigone steht bei Hegel nicht für etwas, sondern ist die Sache selbst. Hegels Philosophie würde damit – dies in Weiterführung meiner These – für die Überwindung und dialektische Aufhebung des Gegensatzes von Rhetorik und Philosophie stehen, den die Geschichte der Philo­sophie von Anfang an begleitet hat. Paradigmatisch und einflussreich ist in dieser Hinsicht die platonische Sophistik-Kritik. Der σοφιστής – so bezeichnete man den Lehrer der Rhetorik bis in die Kaiserzeit – erscheint hier als Inbegriff des Anti-Philosophen. Der Philosoph sucht die Wahrheit, der Rhetor-Sophist den Erfolg (vor Gericht) und den Applaus (in der Volksversammlung), denn er will vor allem überreden oder überzeugen (πεί­θειν bedeutet beides) – unter Verzicht auf den Wahrheitsanspruch, der die philosophische Rede und Argumentation kennzeichnet.12 Die anti­ke Tradition 9

G. W. F. Hegel: Phänomenologie des Geistes [= PhG], TWA III 591. George Steiner: Die Antigonen. Geschichte und Gegenwart eines Mythos [1984]. Aus dem Englischen von Martin Pfeiffer (München, Wien 1988) 44. 11 Judith Butler: Antigones Verlangen: Verwandtschaft zwischen Leben und Tod [2001]. Aus dem Amerikanischen von Reiner Ansén. Mit einem Nachwort von Bettine Menke (Frankfurt am Main 2001) 56. 12 Vgl. Manfred Fuhrmann: Die antike Rhetorik. Eine Einführung [11984] (Mannheim 6 2011) 12–14. 10

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der Sophistik-Kritik und Rhetorik-Skepsis kulminiert in der Renaissance – exemplarisch und mit nachhaltigem Einfluss auf die Philosophie der Neuzeit bei Pe­trus Ramus – in der Herauslösung der Lehren über den Stil und die Darstellungsweise aus der Logik und damit in der strikten Trennung zwischen Logik und einer der Philosophie äußerlich bleibenden Rhetorik.13 Kant schließlich hat mit seiner Unterscheidung zwischen ästhetischer und instrumentalisierender Funktion der Rhetorik einen Versuch ihrer Rehabilitierung unternommen. «Beredtheit und Wohl­redenheit (zusammen Rhetorik) gehören zur schönen Kunst; aber Rednerkunst (ars oratoria) ist, als Kunst sich der Schwächen der Menschen zu seinen Absichten zu bedienen (diese mögen immer so gut gemeint, oder auch wirklich gut sein, als sie wollen), gar keiner Achtung würdig.»14 Während Kant also die ars oratoria als «Kunst zu überreden» als geradezu unmoralisch beurteilt – sie werde eingesetzt, um «durch den schönen Schein zu hin­ter­ gehen»,15 «zur Beschönigung oder Verdeckung des Lasters und Irrtums»16 –, weiß er der Rhetorik im Sinne einer adäquaten Darstellung («Wohlanständigkeit des Ausdrucks für Ideen der Ver­nunft»)17 durchaus positive Seiten abzugewinnen. Diese Differenzierung steht im Kontext einer Charakterisierung der «Dichtkunst», die – so meine These – den Schlüssel für das Verständnis der Antigone bei Hegel darstellt. Die Dichtkunst – so Kant – «erweitert das Gemüt dadurch, dass sie die Einbildungskraft in Freiheit setzt und innerhalb den Schranken eine­s gegebenen Begriffs unter der unbegrenzten Mannigfaltigkeit mög­licher damit zusammenstimmender Formen diejenige darbietet, welche die Dar­stellung desselben mit einer Gedankenfülle verknüpft, der kein Sprachausdruck völlig adäquat ist, und sich also ästhetisch zu Ideen erhebt».18 Wenden wir uns nun also Hegels 13

14 15 16 17 18

William Kneale, Martha Kneale: The Development of Logic [11962] (Oxford 1975) 302. Vgl. generell Alfons Weische: Rhetorik, Redekunst, in: Joachim Ritter, Karlfried Gründer (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, VIII (Basel 1992) 1014–1025, hier: 1020–1021. Zum Einfluss von Ramus vgl. Mordechai Feingold, Joseph S. Freedman, Wolfgang Rother (eds.): The Influence of Petrus Ramus. Studies in Sixteenth and Seventeenth Century Philosophy and Sciences (Basel 2001). Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, § 53, B 217–218, Akademie-Ausgabe, V 328. Ebd., B 216, A 213, AA V 327. Ebd., B 217, A 214–215, AA V 327. Ebd., B 217, A 214, AA V 327. Ebd., B 215, A 212–213, AA V 326.

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Antigone zu – der Antigone als Paradigma für die Integration der Rhetorik und des Mythos in die Philosophie und für die Aufhebung des Gegen­ satzes zwischen ihnen.

II. Hegel, der offenbar schon als Schüler von Sophokles begeistert war und dessen Antigone erstmals in einem Text von 1795 erwähnt19 und der – wie Hartmut Böhme geltend macht – der Interpretation dieser Tragödie «das Schema vorgegeben» habe,20 thematisiert die Antigone nicht nur in der Phänomenologie des Geistes (1807), sondern auch in den Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821), in den Vorlesungen über die Ästhetik (Winter 1820/21, Sommer 1823 und 1826, Winter 1828/29) sowie in den Vorlesungen über die Philosophie der Religion (1821, 1824, 1827 und 1831).21 Im Sinne einer Vorbereitung der Frage nach der Funktion der Antigone in der Phänomenologie des Geistes sollen zunächst diese (späteren) Gedanken Hegels zu diese­r Figur betrachtet werden. In den Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie preist Hegel «die himmlische Antigone, die herrlichste Gestalt, die je auf Erden erschienen»,22 in den Vorlesungen über die Ästhetik bezeichnet er die Antigone als eines «der allererhabensten, in jeder Rücksicht vortrefflichsten Kunstwerke aller Zeiten»: «Alles in dieser Tragödie ist konsequent.»23 Sie thematisiert jenen 19

Vgl. G. Steiner: Die Antigonen, 37–38; Otto Pöggeler: Schicksal und Geschichte. Antigone im Spiegel der Deutungen und Gestaltungen seit Hegel und Hölderlin (Paderborn 2004) 28–29. 20 Hartmut Böhme: Götter, Gräber und Menschen in der «Antigone» des Sophokles, in: Gisela Greve (Hg.): Sophokles. Antigone (Tübingen 2002) 93. 21 Hinzu kommen Erwähnungen der Antigone in den Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie (ab Winter 1805/06) [I, TWA XVIII 509] und in den Vorlesungen über die Philo­sophie der Geschichte (ab Winter 1822/23) [TWA XII 56] – zu diesen Stellen unten Anm. 22, 39 u. 42. 22 VGP I, XVIII 509. 23 G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Ästhetik [= Ästh], II, TWA XIV 60. – Vgl. auch Ästh III, XV 550: «das vortrefflichste, befriedigendste Kunstwerk». Außer an den nachfolgend diskutierten Stellen erwähnt Hegel Antigone ebenfalls in Ästh I, XIII 287, 301 u. 354; II, XIV 69, 184, 189 u. 190; III, XV 549–550.

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«dritten Kreis der alten Götter» – nicht mehr jene «personifizierte(n) Naturmächte» «ohne geistigen und sitt­lichen Inhalt»24 und auch nicht mehr die Mächte «über die vereinzelten Naturelemente», sondern die Götter, in denen sich – so Hegel – das «Ideelle, Allgemeine und Geistige» zum Ausdruck bringt.25 So erscheint der in der Antigone ausgetragene Konflikt nicht einfach als ein Normenkonflikt zwischen öffentlichem Gesetz (das die Bestattung des Staatsfeindes unter Androhung der Todesstrafe verbietet) und religiösem Gesetz (das umgekehrt die Bestattung des geliebten Bruders gebietet), nicht als Konflikt zwischen den Interessen und Rechtsansprüchen des Staates und denen der Familie, oder auch zwischen Politik und Moral, sondern – dies mit Blick auf den Gang der Phänomenologie des Geistes – als ein geistig-kultureller Konflikt, der im griechischen Mythos auf der Ebene der Götter ausgetragen wird. «Antigone ehrt die Bande des Bluts, die unterirdischen Götter, Kreon allein den Zeus, die waltende Macht des öffentlichen Lebens und Gemeinwohls.»26 Anti­gone legitimiert ihr konsequentes Handeln durch die Berufung – so Hegel – «auf das Gesetz der Götter; die Götter aber, die sie verehrt, sind die unteren Götter des Hades (Sophokles, Antigone, v.  451, ἡ ξύνοικος τῶν κάτω θεῶν Δίκη), die inneren der Empfindung, der Liebe, des Blutes, nicht die Tagesgötter des freien, selbstbewussten Volks- und Staatslebens».27 Thematisch wird in der Antigone also jenes geistes- und kulturgeschichtliche Phänomen des Heraustritts aus dem Dunkel in das Licht oder – in psychoanalytischer Sprache – der ‘Übersetzung’ des Unbewussten in das Bewusste oder vielleicht auch des Religiös-Mythischen ins Philosophische.28 In dieser Hegel’schen Sicht der Antigone als Scharnier­figur zwischen alten und neuen Göttern erscheint sie als eine Chiffre, die es zu dekodieren gilt und die eine Vielheit von Lesarten zulässt, als Chiffre einer (vielleicht perennischen) Gestalt 24

Ästh II, XIV 57 u. 53. Ästh II, XIV 57. 26 Ästh III, XV 544. 27 Ästh II, XIV 60. 28 Vgl. dazu Luce Irigaray: Die ewige Ironie des Gemeinwesens …, in: dies.: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts [1974]. Aus dem Französischen übersetzt von Xenia Rajewsky, Gabriele Ricke, Gerburg Treusch-Dieter und Regine Othmer (Frankfurt am Main 1980) 266–281, hier: 277–278, allerdings mit der Fokussierung auf die Differenz von Weiblichkeit und Männlichkeit. 25

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des Geistes – ein Verständnis, das Hegel selbst in den Vorlesungen über die Philosophie der Religion nahelegt, wenn er die Tragödien des Sophokles als «die unsterblichen Geisteswerke des sittlichen Verstehens und Begreifens, die ewigen Muster des sittlichen Begriffs» bezeichnet.29 In diesen Vorlesungen insistiert Hegel weniger auf der Differenz der alten und neuen Götter, die Antigone als Gestalt vergangener Zeiten und eines überwundenen Denkens erscheinen lässt, sondern auf der «Kollision der beiden höchsten sittlichen Mächte». Antigone steht für «die Familienliebe, das Heilige, Innere, der Empfindung Angehörige». Aber: «Kreon ist nicht ein Tyrann, sondern ebenso eine sittliche Macht. Kreon hat nicht Unrecht; er behauptet, dass das Gesetz des Staats, die Autorität der Regierung geachtet werde[n muss] und Strafe aus der Verletzung folgt». Für Hegel verwirklichen Antigone und Kreon «nur die eine der sittlichen Mächte», «und der Sinn der ewigen Gerechtigkeit ist, dass beide Unrecht erlangen, weil sie einseitig sind, aber damit auch beide Recht».30 Mit der Gerechtigkeit, die gegen die Einseitigkeit der sitt­lichen Standpunkte von Familie und Staat auftritt, gelangt die Notwendigkeit im Unterschied zum Schicksal in den Blick. Bei Sophokles – so Hegel – ist «das Schicksal der Individuen […] als etwas Unbegreifliches dargestellt, aber die Notwendigkeit ist nicht eine blinde, sondern sie ist erkannt als die wahrhafte Gerechtigkeit».31 In den Grundlinien der Philosophie des Rechts schließlich wird Antigone im Abschnitt über die Familie auf das weibliche Element der Ehe redu­ziert – eine Reduktion, die angreifbar ist und sich der Kritik eines gendertheoretischen Ansatzes aussetzt. Der Mann wird als das «Geis­tige», als «persönliche Selbständigkeit» und «freie[n] Allgemeinheit» beschrieben, die Frau als «das in der Einigkeit sich erhaltende Geistige als Wissen und Wollen des Substantiellen in Form der konkreten Einzelheit und der Empfindung», als «das Passive und Subjektive». Es wird das Familienideal des 19. Jahrhunderts beschrieben, in dem der Mann «sein wirkliches substantielles Leben im Staate, der Wissenschaft und dergleichen, und sonst 29

G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Religion [= VPR], II, TWA XVII 132–133. 30 VPR II, XVII 133. 31 VPR II, XVII 132.

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im Kampfe und der Arbeit mit der Außenwelt und mit sich selbst», die Frau hingegen ihre «substantielle Bestimmung» in der Familie hat. Und in der nachfolgenden Erklärung wird Antigone als Inbegriff der sittlichen Gesinnung der Frau präsentiert, «als das Gesetz des Weibes […] und als das Gesetz der empfindenden subjektiven Substantialität, der Innerlich­ keit».32

III. In der Phänomenologie des Geistes wird Antigone nur an zwei Stellen genannt: im Schlussabschnitt des Vernunft-Kapitels sowie im zweiten Abschnitt des Geist-Kapitels. Das Vernunft-Kapitel schließt in den Abschnitten «b. Die gesetzgebende Vernunft» und «c. Gesetzprüfende Vernunft» mit einer Destruktion moderner – in Blick steht Kant – Konzepte einer durch die Autonomie der Vernunft begründeten Moral. Das Tun der gesetzgebenden Vernunft ist für Hegel ein «ungültiges Aufstellen» von Gesetzen, ein «tyrannischer Frevel, der die Willkür zum Gesetze macht»; das Tun der gesetzprüfenden Vernunft ist «eine ebenso ungültige Befreiung von denselben», ein «Frevel des Wissens».33 Hegel kehrt das Verhältnis von Gesetz und Vernunft um, indem er das Gesetz als Faktum zugrunde legt: «ein ewiges Gesetz, welches nicht in dem Willen dieses Individuums seinen Grund hat, sondern es ist an und für sich, der absolute reine Willen Aller, der die Form des unmittelbaren Seins hat».34 Dieses Verständnis der Gesetze – «Sie sind, und weiter nichts» – findet Hegel bei Antigone: «So gelten sie der Antigone des Sophokles als der Götter ungeschriebenes und untrügliches Recht: nicht etwa jetzt und gestern, sondern immerdar lebt es, und keiner weiß, von wannen es erschien.»35 32

G. W. F. Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts [= GPR], § 166, TWA VII 318– 319. – Weitere Erwähnung der Antigone: GPR [zu § 118 Anm.] VII 221. 33 PhG III 320. 34 PhG III 321. 35 PhG III 321–322. – Soph. Ant. 456–457. In der Erstausgabe der Phänomenologie – System der Wissenschaft. Erster Theil, die Phänomenologie des Geistes (Bamberg und Würzburg 1807) 373 – fehlt ein genauer Hinweis auf die Antigone-Verse.

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Antigones Rede von der Ewigkeit der Gesetze steht hier als Antithese zur Hybris neuzeitlicher Selbstgesetzgebung und Vernunftautonomie: «Sie [die Gesetze] sind. Wenn ich nach ihrer Entstehung frage und sie auf den Punkt ihres Ursprungs einenge, so bin ich darüber hinausgegangen; denn ich bin nunmehr das Allgemeine, sie aber das Bedingte und Be­schränkte.»36 Nicht die gesetzprüfende Vernunft führt zur Sittlichkeit ­– im Gegenteil: ich «bin, indem ich zu prüfen anfange, schon auf unsittlichem Wege»37 –, sondern die von Antigone zum Ausdruck gebrachte antike Sittlichkeit, die nicht einer willkürlichen und autonomen Individualvernunft vertraut, sondern der Vernünftigkeit des Wirklichen und der ihr entsprechenden Rechtsordnung. Antigone steht hier für den später in der Vorrede zu den Grundlinien der Philosophie des Rechts entwickelten Gedanken «Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig.»38 In den Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte paraphrasiert Hegel die AntigoneVerse 456–457 («Antigone bei Sophokles sagt: die göttlichen Gebote sind nicht von gestern, noch von heute, nein, sie leben ohne Ende, und niemand wüsste zu sagen, von wannen sie kamen»), um dann fortzufahren: «Die Gesetze der Sittlichkeit sind nicht zufällig, sondern das Vernünftige.»39 Damit repräsentiert Antigone – was durchaus als ahistorisch gelten mag, aber die Phänomenologie des Geistes ist keine Geschichte des Geistes oder des philosophischen Denkens – für Hegel einen ‘höheren’ Stand in der Entwicklung des menschlichen Geistes als die kantische Selbstgesetzgebung und Vernunftautonomie. Antigone bildet gewissermaßen eine Scharnierstelle im Gang der Phänomenologie des Geistes. Sie steht am Ende des Vernunft-Kapitels und ist sodann in den ersten beiden Abschnitten des Geist-Kapitels thematisch, wo sie allerdings nur ein einziges Mal explizit genannt wird. Mit den Titeln der beiden Abschnitte, nämlich «a. Die sittliche Welt. Das mensch­ liche und göttliche Gesetz, der Mann und das Weib» und «b. Die sittliche Handlung. Das menschliche und göttliche Wissen, die Schuld und das Schicksal», ist bereits umrissen, was in der weitgehend verschwundenen 36

PhG III 322. PhG III 323. 38 GPR VII 24 (Vorrede). 39 G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, TWA XII 56. 37

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(oder abwesend anwesenden) Gestalt der Antigone zur Sprache kommt.40 Das Geist-Kapitel der Phänomenologie vollzieht – dramatisch vorbereitet durch den Schluss des Vernunft-Kapitels – den Schritt in die Wirklichkeit als des wahrhaft Vernünftigen. Ging es in den vorangehenden Kapiteln um die Konstitution des vernünftigen Selbstbewusstseins, tritt dieses nun als Geist in die Welt. Die «realen Geister» sind – so Hegel – «eigentliche Wirklichkeiten, und statt Gestalten nur des Bewusstseins, Gestalten einer Welt», und zwar einer «lebendige(n) sittliche(n) Welt», die «der Geist in seiner Wahrheit» ist.41 Antigone ist die Chiffre für die Konstitution dieser sittlichen Welt im Konflikt zwischen unterschiedlichen Gesetzen (dem ‘göttlichen’ und dem ‘menschlichen’) und im Konflikt der Geschlechter (‘Mann’ und ‘Weib’). Und sie ist auch die Chiffre für die Konstitution der sittlichen Handlung im Spannungsfeld von ‘Schuld’ und ‘Schicksal’ – hier nämlich erscheint sie explizit erstens in einer analogischen Referenz («wie Anti­gone») und zweitens im Zitat von Vers 926 der Sophokles-Tragödie («weil wir leiden, anerkennen wir, dass wir gefehlt»).42 Schauen wir uns den ganzen Abschnitt an: Es kann sein, dass das Recht, welches sich im Hinterhalte hielt, nicht in seiner eigentümlichen Gestalt für das handelnde Bewusstsein, sondern nur an sich, in der inneren Schuld des Entschlusses und des Handelns vorhanden ist. Aber das sittliche Bewusstsein ist vollständiger, seine Schuld reiner, wenn es das Gesetz und die Macht vorher kennt, der es gegenübertritt, sie für Gewalt und Unrecht, für eine sittliche Zufälligkeit nimmt und wissentlich, wie Antigone, das Verbrechen begeht. Die vollbrachte Tat verkehrt seine Ansicht; die Vollbringung spricht es selbst aus, dass, was sittlich ist, wirklich sein müsse; denn die Wirklichkeit des Zwecks ist der Zweck des Handelns. Das Handeln spricht gerade die Einheit der 40

Vgl. zu diesen Abschnitten G. Steiner: Die Antigonen, 44–53; Ludwig Siep: Der Weg der «Phänomenologie des Geistes». Ein einführender Kommentar zu Hegels «Differenzschrift» und zur «Phänomenologie des Geistes» (Frankfurt am Main 2000) 181–186; ZhiHue Wang: Freiheit und Sittlichkeit (Würzburg 2004) 89–107, 118–124. 41 PhG III 326. – Vgl. Elisabeth Weisser-Lohmann: Gestalten nicht des Bewußtseins, sondern einer Welt ­– Überlegungen zum Geist-Kapitel der Phänomenologie des Geistes, in: Dietmar Köhler, Otto Pöggeler (Hg.): G. W. F. Hegel, Phänomenologie des Geistes (Berlin 2 2006) 185–209. 42 Diesen Vers zitiert Hegel (zusammen mit dem vorhergehenden, v. 925) ebenfalls im Sokrates-Abschnitt der Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, allerdings in etwas anderer Übersetzung: «Wenn dies den Göttern so gefällt, / Gestehen wir, dass, da wir leiden, wir gefehlt.» (VGP I, XVIII 509)

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Wirklichkeit und der Substanz aus, es spricht aus, dass die Wirklichkeit dem Wesen nicht zufällig ist, sondern mit ihm im Bunde keinem gegeben wird, das nicht wahres Recht ist. Das sittliche Bewusstsein muss sein Entgegengesetztes um dieser Wirklichkeit willen und um seines Tuns willen als die seinige, es muss seine Schuld anerkennen; weil wir leiden, anerkennen wir, dass wir gefehlt.43 Dies Anerkennen drückt den aufgehobenen Zwiespalt des sittlichen Zweckes und der Wirklichkeit, es drückt die Rückkehr zur sittlichen Gesinnung aus, die weiß, dass nichts gilt als das Rechte. Damit aber gibt das Handelnde seinen Charakter und die Wirklichkeit seines Selbsts auf und ist zugrunde gegangen.44

Der Name «Antigone» erscheint auf dem Kulminationspunkt der Argumentation Hegels, der zeigen will, dass das Begehen des Verbrechens ein ausgebildetes sittliches Bewusstsein voraussetzt, das heißt die Kenntnis des herrschenden Gesetzes, nämlich des ‘menschlichen’ Gesetzes der Polis, wie auch der realen politischen Machtverhältnisse, die dafür Gewähr bieten, dass das geltende Recht auch durchgesetzt wird. Die Bedingung der Möglichkeit von Schuld ist das Wissen um Recht und Unrecht, um Gesetz und Macht. Die Schuld des «handelnden Bewusstseins» ist «reiner, wenn es das Gesetz und die Macht vorher kennt». Das Handeln ist ein bewusstes Negieren von Gesetz und Macht, denen durch die Tat ihr sitt­ licher Charakter abgesprochen wird: Gesetz und Macht sind für Antigone bloß «Gewalt und Unrecht», bloß «eine sittliche Zufälligkeit», die nur durch das «wissentlich» und willentlich begangene Verbrechen aufgehoben werden kann. Aber diese Aufhebung besteht nicht in der Wiedereinsetzung des göttlichen Gesetzes der Familie (nicht darin, dem toten Bruder die Ehre einer würdigen Bestattung zu erweisen), sondern im wirklichen Scheitern des wissentlichen Verbrechens. Das Wissen um das Verbrechen weiß sich erst wirklich in diesem und durch dieses Begehen des Verbrechens. Der Handelnde muss schuldig werden und – so Hegel – «muss seine Schuld anerkennen», und dann folgt das Sophokles-Zitat: «weil wir leiden, anerkennen wir, dass wir gefehlt». Das Leiden ist also kein schicksalhaftes Leiden, das uns aus heiterem Himmel trifft, sondern ein verschuldetes Leiden, das mit dem Eingeständnis der Schuld anerkannt wird. 43

Soph. Ant. 926. In der Erstausgabe der Phänomenologie (1807) 412 fehlt ein genauer Hinweis auf den Antigone-Vers. 44 PhG III 348.

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Mit dieser Anerkennung der Schuld, so das Fazit der Hegel’schen Antigone, «gibt das Handelnde seinen Charakter und die Wirklichkeit seines Selbsts auf und ist zugrunde gegangen». An dieser Stelle kann man fragen, welche Funktion Hegels Rekurs auf Antigone hat. Hätte sich der Gedanke nicht ebenso gut zum Ausdruck bringen lassen, wenn Hegel den kleinen Einschub «wie Anti­gone» weggelassen hätte? Und ist das Sophokles-Zitat wirklich unverzichtbar für den Ausdruck des Gedankens, dass sittliche Gesinnung die im Leiden vollzogene Anerkennung von Schuld voraussetzt? Vielleicht hätte sich die Genese der Sittlichkeit aus Gesetzeskollision und Anerkennung von Schuld auch ohne Rekurs auf Antigone darstellen lassen – allerdings nur um den hohen Preis des Wirklichkeitsverlusts. Denn Antigone ist für Hegel keine literarische Figur, kein rhetorisches Exempel, das für einen komplexen Sachverhalt steht und diesen verständlich machen soll, sondern ein wirkliches, ein konkretes Phänomen des Geistes: Antigone ist die ‘Gestalt eine­r Welt’. Und zwar die Gestalt einer Welt, die sich nicht im Sinne des jungen Wittgenstein «klar aussprechen» lässt,45 einer Welt, die sich nicht auf das reduzieren lässt, «was der Fall ist».46 Sondern einer Welt, die der Geist erschafft und immer wieder neu erschafft, ohne dass das Alte dabei verloren geht. Hegels Antigone ist die Gestalt der Welt der entstehenden Sittlichkeit als eines Allgemeinen, das die partikulären Normen der Fami­ lien­sittlichkeit im dialektischen Sinne aufhebt. Schon Marx und Engels bezeichnen die einschlägigen Abschnitte des Geist-Kapitels einfach als «Antigone»: Hegel gehe «in der ‘Phänomenologie’ von der Antigone usw. allgemach auf das Römertum» über47 – in dem auf die Antigone folgenden Abschnitt «c. Der Rechtszustand» wird das römische Personenrecht thematisch. In der Redeweise von Marx und Engels wird die Antigone gewissermaßen zu einer Chiffre, hinter der sich die Gestalt einer Welt verbirgt. Diese Welt lässt sich nicht adäquat in Begriffe übersetzen. Als nicht adäquat sagbar ist sie letztlich unsagbar. Antigone ist eine Chiffre, mit der das Unsagbare gesagt werden soll. Hegel rekurriert auf die Dichtkunst – insofern ist er in der Tat ein philosophus orator –, um die Grenzen 45

L. Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus, 4.116. Ebd., 1. 47 Karl Marx, Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie, in: MEW III 120–121. 46

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der Sprache, die die Welt nicht zu fassen vermag, zu überschreiten. Das Denken, das zur Darstellung gebracht werden soll, ist auf die Dichtkunst angewiesen, die – wie Kant geltend gemacht hat – «die Einbildungskraft in Freiheit setzt», um die Fülle des Begriffs, «der kein Sprachausdruck völlig adäquat ist», zu fassen.48 Antigone ist eine Chiffre, in der die Fülle eines komplexen Begriffs zum Ausdruck gebracht wird. Aber sie ist keine rhetorische Figur, sie ist kein Stilmittel, das der Sache äußerlich ist – in den Abschnitten der Phänomenologie ist sie vielmehr die Sache selbst. Die Rhetorik ist bei Hegel gewissermaßen wieder in die Philosophie hineingeholt, die Differenz von (philosophischem) Inhalt und (rhetorischer) Form aufgehoben. Die Frage, ob Hegel den Einschub «wie Antigone» und das SophoklesZitat hätte weglassen können, muss vor diesem Hintergrund mit Nein beantwortet werden: Erstens, weil Antigone nicht eine rhetorische Figur oder ein Exempel für etwas anderes, sondern selbst Thema ist, und zweitens blieben ohne die Erwähnung des Namens der Antigone die entsprechenden Abschnitte in der Phänomenologie unverständlich. Dass der Name auf dem Kulminationspunkt der Darstellung erscheint, spricht für Hegels Sinn für philosophische Dramatik, dass er nur ein einziges Mal erscheint, deutet auf sein Bemühen hin, das Rhetorisch-Literarische in der Darstellung der Sache verschwinden zu lassen, mithin auf die Aufhebung der Differenz von Inhalt und Form. Ohne Zweifel ließe sich die Differenz von göttlichem und mensch­lichem Gesetz, von privaten Ansprüchen der Familie und öffentlichen Ansprüchen des Staates irgendwie auch ohne Bezug auf Antigone explizieren. Aber ohne Antigone würde der Darstellung die Fülle der Konkretion fehlen: Das Motiv der ‘letzten Pflicht’ der Totenbestattung, die nicht nur aus Liebe erfüllt wird und die Handlung gerade deshalb als sittlich erscheinen lässt,49 ist ohne die Gestalt der Antigone nicht plausibel – der Antigone, die als Schwester handelt. Die Geschwisterbeziehung ist für Hegel unter den drei Verhältnissen in der Familie die wahrhaft sittliche – im Unterschied zum Verhältnis zwischen Mann und Frau, das als «natürliche(s) Sich-Erkennen[,] nicht das sittliche ist», weil es «mit Empfindung vermischt» ist wie das 48 49

I. Kant: Kritik der Urteilskraft, § 53, B 215, A 212–213, AA V 326. PhG III 334.

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Eltern-Kind-Verhältnis von «Rührung affiziert»: «Das unvermischte Verhältnis aber findet zwischen Bruder und Schwester statt. Sie sind dasselbe Blut, das aber in ihnen in seine Ruhe und Gleichgewicht gekommen ist. Sie begehren daher einander nicht, […] sondern sie sind freie Individualität gegeneinander. Das Weibliche hat daher als Schwester die höchste Ahnung des sittlichen Wesens.»50 All das bliebe ohne Antigone unklar. Der von Hegel anschließend entwickelte Genderdiskurs, den Luce Irigaray und Judith Butler kritisch und luzid interpretieren (Antigone als «Prinzip des weiblichen Widerstandes», als Repräsentantin einer «vorpolitische(n) Opposition zur Politik» oder des Übergangs vom Ma­triarchat zum Patri­ archat),51 ist zwar nicht mehr zwingend auf die Gestalt der Antigone angewiesen, aber ihm fehlte neben der Konkretion der nicht unwesentliche Aspekt begierdeloser Geschwisterlichkeit als sittliches Verhältnis der Geschlechter, das – nachdem Antigone tragisch scheitert – auf die Möglichkeit der Koexistenz konfligierender Ansprüche von Familie und Staat verweist, indem «die beiden Geschlechter ihr natürliches Wesen» «überwinden» 50

PhG III 336. – Anders in den Vorlesungen über die Ästhetik, wo Hegel den Unterschied zwischen ehelicher Liebe und Empfindung auf der einen und der «Naturempfindung der Liebe» auf der anderen Seite geltend macht: Auch wenn die eheliche Liebe «erstorben» ist, «anerkennt» die Ehe als «Bündnis des Ehegatten und der Ehefrau» gleichwohl «bestimmt gewusste Verpflichtungen» und stellt auf diese Weise «den Beginn des Staats als der Realisation des freien, vernünftigen Wollens» dar (Ästh II, XIV 59). – Kritisch gegenüber der Darstellung in der Phänomenologie Marion Schmaus: «Die Wunden des Geistes heilen». Zur Autobiographie des melancholischen Geistes oder der ‘Fall Hölderlin’ in Hegels Phänomenologie, in: Athenäum. Jahrbuch für Romantik 9 (1999) 67–99: Hegel entwerfe «ein recht morbides Szenario der bürgerlichen Kleinfamilie» (85), die Geschwisterliebe sei «in mehrfacher Hinsicht» ein «Skandalon» (88). 51 L. Irigaray: Die ewige Ironie des Gemeinwesens …; J. Butler: Antigones Verlangen, 11, 14, 12 u. 16. – Für eine Kritik an Butlers Hegel-Lektüre vgl. Pawel Dybel: Antigone und das göttliche Gesetz, in: Wolfram Hogrebe (Hg.): Phänomen und Analyse. Grundbegriffe der Philosophie des 20. Jahrhunderts in Erinnerung an Hegels Phänomenologie des Geistes (1807) (Würzburg 2008) 176–184. – Vgl. auch den anregenden Versuch von Erzsébet Rózsa, Hegels Antigone mit Blick auf das «Verständnis der Rolle der Frau in der Moderne» – Antigone als eine «Schattenfigur in der Rolle der modernen Frau» – und generell auf die Individualitätsproblematik der Moderne zu lesen: Hegels AntigoneDeutung. Zum Status der praktischen Individualität in der Phänomenologie des Geistes, in: Klaus Vieweg, Wolfgang Welsch (Hg.): Hegels Phänomenologie des Geistes. Ein kooperativer Kommentar zu einem Schlüsselwerk der Moderne (Frankfurt am Main 2008) 455–473, zit. 463 u. 466.

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und «in ihrer sitt­lichen Bedeutung» auftreten.52 Die Geschichte endet, wie wir es von Hegel kennen, versöhnlich. In der «Vereinigung des Mannes und des Weibes» werden göttliches und menschliches Gesetz zugleich entzweit und unmittelbar vereinigt, das «unterirdische[n] Gesetz[es]» der Götter Antigones schwingt sich dadurch «herauf zur Wirklichkeit des Tages und zum bewussten Dasein».53 Als Selbstbewusstsein wird Antigone schuldig, und zwar «durch die Tat», die angesichts der Gesetzeskollision notwendig zum «Verbrechen» wird: «denn als einfaches sittliches Bewusstsein hat es sich dem einen Gesetze zugewandt, dem anderen aber abgesagt und verletzt dieses durch seine Tat»54 – auch ein Gedanke, der sich in dieser Klarheit und Schärfe nicht ohne die Figur der Antigone adäquat zum Ausdruck bringen ließe. Antigone ist nämlich keine dem Gang der Phänomenologie des Geistes äußer­liche, keine exemplarische oder gar austauschbare Figur, kein literarisches oder rhetorisches Mittel, sondern sie ist die Sache selbst. Voraussetzung für diese Sicht ist Hegels Verständnis geistiger und kultureller Phänomene als Gestalten der wirklichen Welt.55 Antigone ist eine solche Gestalt, sie ist eine archetypische Chiffre. Archetypisch im Sinne einer Verdichtung mensch­licher Urerfahrungen in der konfliktreichen Genese von Sittlichkeit und Chiffre im Sinne der Jaspers’schen Chiffern der Transzendenz – «Chiffern» sind für Jaspers «nicht Zeichen, die deutbar sind, indem man sagt, was sie bezeichnen, sondern in ihnen selber ist gegenwärtig, was auf keine andere Weise gegenwärtig werden kann»56 –, eine Chiffre, in der das in seiner Ganzheit Unsagbare sagbar, mitteilbar und erfahrbar gemacht wird.57 Im kulturellen Gedächtnis zugleich aufgehoben und wirksam ist sie präsent 52

53 54 55

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PhG III 338. ­– Kritisch gegenüber dieser ‘Koexistenz’ von «Matriarchat» und «Patriarchat» L. Irigaray: Die ewige Ironie des Gemeinwesens …, 269: «Der Krieg der Geschlechter findet hier nicht statt.» PhG III 343–344. PhG III 346. Vgl. PhG III 326. Karl Jaspers: Die Chiffern der Transzendenz [1961]. Mit zwei Nachworten herausge­ geben von Anton Hügli und Hans Saner (Basel 2011) 30. Eine vergleichbare archetypische Chiffre ist die Gestalt des Faust im Abschnitt «Die Lust und die Notwendigkeit» (PhG III 270–275); vgl. dazu Wolfgang Ro­ther: Lust im deutschen Idealismus: Kant, Reinhold, Hegel, in: Michael Erler, Wolfgang Rother (Hg.): Die Philo­sophie der Lust. Studien zum Hedonismus (Basel 2012) 317–337, hier: 332–337.

Rhetorik und Philosophie bei Hegel

405

im Sinne jener «unsterblichen Geisteswerke des sittlichen Verstehens und Begreifens», jener «ewigen Muster des sittlichen Begriffs», als welche Hegel die Tragödien des Sophokles bezeichnet hat.58 Hegel aktualisiert, vergegenwärtigt die Antigone durch die ‘rhetorische’ «Einverleibung»59 in die Phänomenologie. Dadurch erhält die archetypische Chiffre Antigone eine über den philosophischen Begriff hinausgehende Qualität, indem sie adäquat die Fülle des Gedankens zum Ausdruck bringt, was dem bloßen philosophischen Begriff, so klar er auch sein mag, versagt bleibt. Philo­ sophie ist nicht auf eine ihr äußerliche Rhetorik angewiesen, wohl aber auf die unterschiedlichsten Gestalten, die menschliches Denken und Dichten hervorgebracht hat.

58 59

VPR II, XVII 132–133. G. Steiner: Die Antigonen, 44.

Namenregister Abaelard  382 Achilleus  91–193, 260 A. 34, 348 A. 43 Adalbert v. Mainz  379 Aelius Aristides  294 Amalthea  213–214 Antigone  389, 392, 394–405 Antisthenes  74–75 Aphrodite  133, 308 Apollonios Rhodios  219 Aristophanes  47, 50, 56–57 Aristoteles  21, 127–143, 178, 344, 350–351, 370, 378, 389–390 Arnold v. St. Emmeran  375 Athene  188, 209, 308 Augustinus  15, 376

Dionysios v. Halikarnassos  294 Dionysos  307 Dyskolios  348

Bernhard Brito  379 Bernhard Silvestris  372 Boethius  378–379, 381

Galen  141 A. 46 Gilgamesch  211 Gorgias  56, 233, 237

Caesar  234 Christus  374 Chrysippos  266 Cicero  9, 13, 24, 221–243, 373–374, 378, 387 Clarembaldus v. Arras  43–44, 379

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich  28, 389, 391–405 Hephaistos  308 Hera  133, 310 Herakles  308–311 Heraklit  71, 75, 140, 344 Hermagoras v. Temnos  381–382 Hermann v. Carinthia  378 Hermes  188, 308 Hermogenes  381 Homer  219 Horaz  374 Hugo v. St. Viktor  377 Husserl, Edmund  390

Damaskios  351, 356, 358, 362–365 Deinarchos  282 Demetrios Lakon  204 Demosthenes  281–282 Diogenes v. Oinoanda  25, 146 A. 9, 259–277 [Dionysios Areopagita]  365–367

Engels, Friedrich  401 Eos  216 Epicharm  215 Epiktet  205, 341, 342 A. 10 Epikur  9, 22–23, 145–205, 214, 217–220, 259–277 Epimetheus  308 Euklid  373 Euripides  51 Eusebios  348 Faust  404 A. 57

408

Namenregister

Idomeneus  218 Isokrates  12, 21–22, 109–126, 341, 342 A. 10 Ivo v. Chartres  379 Jamblichos  27, 295, 339–352 Jaspers, Karl  404 Johannes Scotus Eriugena  372 Johannes v. Salisbury  378–379 Julian (Kaiser)  351 A. 32 Juvenal  374 Kallimachos  219 Kant, Immanuel  393, 397, 402 Karneiskos  204 Kleanthes  266 Kolotes  204 Kreon  395–396 Kronos  213 Leontion  219 Longinos  312 Lukrez  183 A. 6, 224–225 Majolus v. Cluny  375 Manegold v. Lautenbach  375 Marcus Aurelius  205, 312 A.19 Marius Victorinus  381 Martianus Capella  379 Martinus Dacus  385 Marx, Karl  401 Maximos v. Tyros  297 Metastasio, Pietro  210 Metrodoros  186–187 Mettios Phanias  267 A. 34 Mithres  219 Nausiphanes  172, 174 A. 41 Olympiodoros (Philosoph)  50, 128, 351 Otloh v. St. Emeran  374

Pandora  307–308 Parmenides  12, 19, 31–46, 77 Penelope  213 Petrus Helias  379 Philodem  23–24, 181–220 Philon v. Alexandria  297 Pindar  219 Platon  9, 12, 19–21, 47–108, 190–191, 193, 297, 341–344, 350–351, 369–370, 376, 378, 389 Plotin  14, 26–27, 280, 297–337, 353–359, 363 Plutarch  17–18, 297 Polykrates  218 Polystratos  204 Porphyrios  295, 340–342 Proklos  26, 279–296, 340, 343, 349–350, 356, 358–363 Prometheus  307–308 Protagoras  70–71, 75 Pythagoras  341, 342 A. 10, 344, 373 Pythia  218 Pythokles  219 Ramus, Petrus  393 Remigius v. Auxerre  372 Rhea  213 Richard v. St. Viktor  387 Schiller, Friedrich  420 A. 34 Seneca  14, 24, 239–258 Septimios (Sohn des Sto­bai­os)  340 Servius Sulpicius Rufus  242–243 Simplikios  128 Sokrates  239, 399 A. 42 Sopatros I (Schüler Jamblichs)  340, 345 A. 17 Sopatros II (Sohn von Sopatros I)  340, 348 Sophokles  394–398, 400–401, 405 Sophron  48 Stobaios  339–352

Namenregister

Synesios  348 Syrianos  295, 340, 381 Tantalos  219 Thales  134–136, 141 Themistia  219–220 Themistios  340, 348 Theodoros (Ingenieur)  350 Theophrast  179, 370 Thierry v. Chartres  378, 381–382 Thomas v. Erfurt  385 Timon v. Phleius  291 Tithonos  216

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Vergil  219, 374 Wilgard v. Ravenna  374 Wilhelm v. Conches  379 Wilhelm v. Moerbeke  295, 360 Wittgenstein, Ludwig  389, 401 Zenon v. Kition  266 Zenon v. Sidon  183 A. 6, 191 A. 24, 206 Zeus  133, 213, 216, 307–308, 310, 395

Stellenregister Abaelard (CCCM 12) Theol. Christ. – III 178, l. 2207–2210:  381 A. 33 – III 179, l. 2214–2218:  381 A. 34 – III 179, l. 2218–2221:  381 A. 35 – III 180, l. 2222–2227:  381 A. 36 Aelian Nat. II 7  210 A.  47 Aelius Aristeides Orat. 45, 73, 27–74, 3:  370 A. 4 Aischylos Pers. 155–158:  39 A. 17 Albinos Prol. 148, 35:  70 A. 14 Alexander v. Aphrodisias In Aristot. Metaph. I (α) 1 p. 140 (Hayduck):  213 A. 68 In Aristot. Top. p. 27, 19–23 Wallies):  293 Alkidamas Soph. – 3–4:  113 – 27–28:  121 A. 42 Alkinoos (Whittaker/Louis) Didask. – 5–6:  294 – 10 p. 164, 13–17:  323 A. 33 – 10 p. 164, 31:  356 A. 12 – 10 p. 164, 40:  356 A. 13 – 10 p. 165, 5:  356 A. 12 Ameipsias (Kassel/Austin) Konnos: 51 – Fr. 9:  52 A. 14–15 Ammianus Marcellinus XXX 4, 3:  178 A. 55, 190–191

Anakreon (Gentili) Fr. 34:  219 A. 123 Anaxagoras (Diels/Kranz 59) B 12:  321 A. 27 Anonymus (Bastianini/Sedley) In Plat. Tht., PBerol. 9782 – col. II 33–39:  78 A. 28 – col. XVII 42–XVIII 1:  211–212 – col. XLVII 35–45:  69 A. 14 – col. LV 42–45:  72 A. 19 Anonymus (Löfstedt) Comment. in Donat. De pronom. – p. 83, l. 249–250:  385 A. 53 – p. 83, l. 250–252:  385 A. 54 Anthologia Palatina VI 307, 7:  212 A. 60 Antigonos v. Karystos (Dorandi) Fr. 3:  54 A. 65 Antiphanes (Kassel/Austin) Fr. 108:  214 A. 74 Apostolios Paroem. – I 57b:  219 A. 122 – II 53:  213 A. 70 – IV 12:  209 A. 41 – V 30c:  217 A. 111 – V 88:  207 A. 16 – V 98:  207 A. 14 – VI 27:  208 A. 24 – VI 67e:  219 A. 126 – VIII 71b:  217 A. 111 – XII 82:  212 A. 65 – XIII 39r:  217 A. 111 – XV 9:  218 A. 114 – XVI 16:  219 A. 122

412 – XVI 57:  216 A. 95 – XVI 66:  213 A. 69 – XVI 97:  213 A. 70 – XVII 73:  209 A. 37 Appendix proverbiorum II 78:  216 A. 102 IV 68:  208 A. 24 Aristainetos Epist. 1, 17, 18:  212 A. 63 Aristophanes Ach. – 263–280:  59–60 – 500:  58 A. 34 – 688:  216 A. 99 Av.: 60 – 227–282:  57 – 904–955:  57 – 992–1000:  52 – 1009:  136 A. 38 – 1372–1409:  52, 57 Equ.: 60 Nub.: 51, 55, 60 – 133–219:  61 – 180:  136 A. 38 – 331–334:  53 – 362:  61 – 529:  51 A. 13 – 1352–1451:  56 – 1416–1417:  208 A. 25 Plut. 290:  57 Ran. – 209–268:  57 – 1060–1088:  56 – 1084–1085:  56 – 1285–1295:  57 Thesm.: 52, 60 – 130–133:  56 Vesp.: 60 Fragmente (Kassel/Austin) – Fr. 205:  51 A. 13 – Fr. 221:  51 A. 13 – Fr. 225:  51 A. 13

Stellenregister

– Fr. 226:  51 A. 13 – Fr. 228:  51 A. 13 – Fr. 232–233:  51 A. 13 – Fr. 235–238:  51 A. 13 – Fr. 707:  214 A. 73 – Fr. 963:  219 A. 125 Aristoteles An. – III 5, 430a18:  330 A. 58 – III 7, 431a14–17:  248 An. post. – I 2, 71b9–23:  323 A. 35 – I 2, 72a5–7:  323 A. 35 – II 1, 89b24–25:  286 A. 11 – II 1, 89b34:  286 A. 11 Cael. I 10:  139 A. 43 Eth. Nic. – VII 7, 1149b1–2:  136 – VII 7, 1149b4–8:  136 – VII 7, 1149b8–13:  136–137 – VII 7, 1149b13–18:  133 Gen. an. I 17, 722b3–6:  139 M. mor. – I 10, 1191a23:  252 A. 37 – I 13, 1194a27–30:  252 Metaph. – I 1, 982b11–12:  389 A. 2 – I 1, 982b18–19:  390 A. 3 – I 8, 988b34–989a2:  192 A. 28 – I (α) 1, 993b5:  213 A. 67 – III 5, 1009a16–18:  320 A. 24 – IV 3, 1014a26–27:  192 A. 28 – XI 6, 1071b20:  330 A. 58 – XI 7–9:  330 Part. an. I 5, 645a5–22:  139–140 Phys. – II 6, 198a16:  286 A. 10 – II 6, 198a32:  286 A. 10 – VIII 8, 199a15–18:  189 A. 18 Poet. – 1, 1447b11:  48 – 4, 1448b–1449a:  48–49

Stellenregister

– 6, 1450b:  59 A. 36 – 26, 1462a:  59 A. 36 Pol. – I 2, 1253a1–7:  131 – I 11, 1259a3–8:  134 – I 11, 1259a18–21:  134–135 – III 13, 1284b19:  207 A. 20 Protr.: 167–168 Rhet. – I 1, 1355a24–26:  142 – III 2, 1404b18–19:  258 – III 4, 1407a13–14:  131 A. 27 – III 8, 1409a3–21:  164 A. 14 – III 10–11:  131 – III 14, 1415a22–24:  166 A. 17 – III 19, 1419b10–32:  166 A. 18 – III 19, 1420a3–4:  166 A. 19 Top. – I 2, 101a26–27:  293 – I 2, 101a29–31:  293 – I 4, 111b16:  293 Arrian Epikt. III 23, 34:  167 A. 23 Arsenios Paroem. – VII 72a:  216 A. 102 – XIV 67:  217 A. 111 – XVIII 48:  207 A. 14 – XXII 34:  219 A. 126 – XXIX 8:  217 A. 111 – XLI 19:  217 A. 111 – XLIV 9:  218 A. 114 – XLIX 56:  216 A. 95 – XLIX 67:  213 A. 69 Asklepios (Hayduck) In Aristot. Metaph. I (α) 1 p. 116– 117:  213 A. 68 Athenaios V 187c:  163 V 198a:  214 A. 77 V 218c:  52 A. 15 XI 503b:  214 A. 77

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XI 783c:  214 A. 77 XII 542a:  214 A. 77 XII 544b:  215 A. 91 XIII 588a:  172 A. 33 XIV 643a:  214 A. 77 Augustinus Civ. XIX 4:  245 Doctr. Christ. (CCSL 32) – IV 7 (11) p. 123–125, l. 25–35: 371 A. 5 Cassiodor Inst. I 27:  372 A. 10 Cassius Dio LXI 10, 2:  249 Cicero Ac. – I 18:  209 A. 39 – II 38:  233 A. 34 Att. – XII 14, 3:  241 – XII 16:  243 – XII 20:  243 A. 7 – XIII 24:  217 A. 109 Brut. – 40:  232 A. 32 – 139:  222 A. 2 De orat.:  229–237, 234–238 – I 5:  222 A. 4 – I 30:  231 A. 27 – I 31:  231 A. 30 – I 47:  12 A. 11 – I 69:  19 A. 41 – I 94:  235 A. 37 – I 124:  244 – I 258:  236 A. 39 – II 47:  236 – II 73:  232 A. 33 – II 86:  236 – II 215:  236 – II 233:  209 A. 39 – III 60–61:  239 A. 1

414 – III 72:  240 – III 173:  237 A. 40 Div. II 4:  370 A. 3 Fam. – IV 5, 5:  242–243 – IX 18, 3:  209 A. 39 Fin. – I 14–15:  162 – I 15:  176 A. 50 – II 15:  176 A. 50 – II 18:  162 – II 27:  162 – III 32:  255 – IV 7:  22 A. 44 Hortens.: 168 Inv.: 222–230, 234–237 – I 1:  369 A. 2 – I 2:  226 A. 14 – I 3:  226 A. 15, 227 A. 20 – I 4:  230 A. 25 – I 49:  248 A. 22 – I 54:  224 A. 8 – I 83:  224 A. 8 – II 3:  224 A. 9 Off. – I 12:  225 A. 12 – I 26:  234 A. 36 Rep.: 246–247 – VI 26:  247 A. 18 Sest. 23:  231 A. 28 Tusc. – I 7:  13 A. 17 – I 9:  13 A. 18 – I 14:  318 A. 15 – I 16:  318 A. 15 – I 24:  319 A. 19 – I 26:  319 A. 20 – I 38:  245 – I 77:  245, 250, 318 A. 15 – III 6:  314 A. 5 – III 64:  242 A. 5

Stellenregister

– III 76:  242 A. 5, 243 – III 79:  244 Clemens von Alexandria Strom. – I 1, 2:  212 A. 61 – II 20, 113:  299 A. 3 Damaskios Comm. Plat. Phaed. (Westerink) – I 548:  344 A. 12 De princ. (Westerink/Combès) – I 4, 15–16:  363 A. 36 – I 18, 12–13:  363 A. 37 – I 21, 15–22:  364 A. 40 – I 48, 23:  364 A. 39 Demades (De Falco) Fr. 54:  209 A. 38 Demetrios Lakon (Puglia) [Epic.] col. 38:  145 A. 3 Demokrit (Diels/Kranz 68) A 33:  214 A. 83 B 119:  147 A. 12 Diogenes Laertios I 77:  215 A. 92 III 51:  70 A. 14 III 58:  70 A. 14 V 29:  293 IX 46:  214 A. 83 X 5:  219–220 X 6:  172 A. 33 X 13:  174 A. 42 X 16:  267 A. 33 X 25:  219 A. 127 X 27:  174 A. 42 X 28:  145 X 28–29:  171 A. 32 X 33:  195 X 118:  193 A. 30 X 118–121b:  173 A. 40 X 119:  174 A. 41 X 121b:  260 A. 3 X 138:  145, 160

Stellenregister

Diogenes v. Oinoanda (Smith/ Hammerstaedt) Fr. 2–3:  265 A. 23, 266 A. 27, 268 A. 37 Fr. 3 col. I 3–13:  173 A. 41 Fr. 3 col. I 4–5:  261 A. 9 Fr. 3 col. III 5–VI 4:  265–266 Fr. 3 col. III 13–IV 3:  262 A. 14 Fr. 3 col. IV 13–V 8:  263 A. 15 Fr. 3 col. V 4–8:  261 A. 8 Fr. 6 col. I 8–10:  272 A. 50 Fr. 6 col. II 12–III 1:  272 A. 50 Fr. 10 col. II 4–10:  276 A. 57 Fr. 10 col. III 9–IV 10:  276 Fr. 12 col. II 4–III 6:  187–188 Fr. 12 col. II 11–V 14:  266 A. 27 Fr. 13 col. II 11–III 1:  272 A. 50 Fr. 16 col. II 1–III 12:  276–277 Fr. 20:  265 A. 23 Fr. 20 col. II 11 + NF 182 col. III 14:  275–276 Fr. 20 col. III/NF 182 col. I 3– 182 col. II 2:  272 A. 50 Fr. 21 col. III 9–14:  272 A. 50 Fr. 29/NF 207–Fr. 30: 268 A. 37 Fr. 29 col. III/NF 207 col. I 3: 261 A. 6 Fr. 29 col. III/NF 207 col. I 4–13: 270 A. 41 Fr. 29 col. III/NF 207 col. I 7–8: 261 A. 7 Fr. 29 col. III/NF 207 col. I 11–12: 261 A. 6 Fr. 30 col. I 12–II 11:  261 A. 8, 263 A. 15 Fr. 30 col. III 5–14:  274 Fr. 32 col. I–VII:  265 A. 23, 277 A. 60 Fr. 32 col. I 2–6:  272 A. 50 Fr. 33 col. I–VIII/NF 128: 265 A. 23, 277 A. 60



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Fr. 34 col. I–II:  265 A. 23, 277 A. 60 Fr. 34 col. II 4–III 1:  274–275 Fr. 34 col. VI 2–8:  272 A. 50 Fr. 43 col. I 8–10:  268 A. 38, 270 A. 42 Fr. 48, 10–14:  272 A. 50 Fr. 72 col. II:  266 A. 29 Fr. 116:  267 A. 35, 268 A. 36–37 Fr. 117–118:  271 A. 46 Fr. 119:  268 A. 37
 Fr. 119 col. III:  271 A. 44 Fr. 122, 5–8:  260 A. 2 Fr. 125–126:  270 A. 43 Fr. 127/NF 174 col. I 3–II 1: 260 A. 1 Fr. 145 col. I 6–9:  272 A. 50 Fr. 146 col. II 1–4:  272 A. 50 Fr. 154:  265 A. 25 NF 126:  265 A. 23 NF 126 col. V 11–VI 4:  272 A. 50 NF 127:  265 A. 23 NF 128/Fr. 33 col. V 2–10: 272 A. 50 NF 146 col. II 8:  266 A. 30 NF 167:  265 A. 23 NF 167 col. II 1–4:  272 A. 50 NF 174, 4–5:  267 A. 34 NF 182:  265 A. 23 NF 192 col. I–IV:  265 A. 23, 277 A. 60 NF 192 col. III 1–IV 14:  266 NF 209:  271 A. 47 NF 211 + Fr. 151:  264 A. 18 Diogenianos
 Paroem. – I 646a:  213 A. 70 – II 66:  209 A. 41 – IV 18:  208 A. 24 – VII 33:  212 A. 65 – VIII 23:  219 A. 122 – VIII 35:  218 A. 114 – VIII 37:  216 A. 95

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Paroem. Vind. – II 31:  208 A. 24 – II 45:  207 A. 15 [Dionysios Areopagita] De div. nom. (Suchla) – 1, 4 p. 592c = 115, 9:  366 A. 45 – 1, 5 p. 593c = 116, 15:  366 A. 45 – 2, 4 p. 640d = 126:  365 A. 42, 366 A. 43 – 5, 2 p. 181, 7:  326 A. 42 – 5, 8 p. 824a–b = 187, 6–16: 366 A. 46 De myst. theol. (Heil/Ritter) – 1, 1 p. 997b = 142, 1–2: 366 A. 44, 367 A. 47 – 2, 3 p. 1025a = 145, 1:  366 A. 44 – 3, 3 p. 1033c = 147, 9–10: 367 A. 49 – 3, 3 p. 1033c = 147, 13–15: 367 A. 48 Epist. (Heil/Ritter) – 1, 1065b = 1, 10–11:  367 A. 50 – 5, 1073b = 5, 10:  367 A. 51 Dionysios v. Halikarnassos Dem. – 23, 10:  281 – 23, 10–32, 4:  281 – 51, 20–30:  282 A. 6 Din. 8, 21:  282 Epikur Ep. Hdt.:  171, 175, 179 A. 61 – 35:  165, 175 A. 46 – 36:  159 – 37–38:  174 A. 43 – 47:  193 – 63:  154 A. 34 – 68:  154 A. 34 – 76:  198 Ep. Men.:  161–179 – 122:  164

– 123:  193 – 127:  198 A. 43 – 127–128:  190 – 130:  198 A. 43 – 135:  165 Ep. Pyth.:  171, 179 A. 61 – 84–85:  165 – 84–86:  42 – 86:  193 – 93:  189 – 116:  42 GV: 270 – 1:  146 A. 9, 149 A. 17 – 2:  146 A. 9, 149 A. 17 – 3:  146 A. 9, 149 A. 17 – 5:  146 A. 9, 149 A. 17, 153 – 6:  146 A. 9, 149 A. 17, 153 – 8:  146 A. 9, 149 A. 17 – 9:  147 A. 13 – 10:  146 A. 9 – 12:  146 A. 9, 147 A. 13, 149 A. 17 – 13:  146 A. 9, 149 A. 17 – 20:  146 A. 9, 149 A. 17 – 22:  146 A. 9, 149 A. 17 – 49:  146 A. 9, 149 A. 17 – 50:  146 A. 9, 149 A. 17 – 72:  146 A. 9, 149 A. 17 KD: 145–160, 179 A. 61, 270 – 1:  146 A. 9, 149 A. 17, 150 A. 22 – 1–4:  147, 154, 170 – 1–21:  148 – 1–40:  156–157 – 2:  146 A. 9, 149 A. 17, 150 A. 22 – 3:  147, 150 A. 22, 153, 156 A. 42, 157 A. 46 – 4:  146 A. 9, 149 A. 17, 155 A. 40, 157 A. 47 – 5:  146 A. 9, 149 A. 17, 153, 154 A. 36 – 5–13:  154 – 6:  150 A. 23, 153, 155 A. 40, 157 A. 47

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– 6–7:  153 A. 31, 155 – 7:  150 A. 23, 151 A. 26, 153, 155 A. 40, 157 A. 47 – 8:  146 A. 9, 149 A. 17 – 8–10:  156 A. 44 – 9–11:  151 – 10:  150 A. 22, 153 – 11:  153 – 11–12:  153 A. 31 – 12:  146 A. 9, 149 A. 17, 153 – 13:  146 A. 9, 149 A. 17, 154 A. 34 – 14:  153, 155 A. 40, 157 A. 47 – 14–17:  155 – 14–21:  155 – 15:  146 A. 9, 149 A. 17, 150 A. 22, 156 A. 45, 157 A. 46 – 16:  147 A. 12 – 17:  146 A. 9, 147 A. 12–13, 149 A. 17, 157 A. 50 – 18:  150 A. 22, 153, 156 A. 42 – 18–21:  153, 156 A. 44 – 19:  146 A. 9, 149 A. 17, 154 A. 34 – 20:  150 A. 22, 153–154, 155 A. 38–39 – 21:  150 A. 21–22, 154, 155 A. 37 – 22:  154 A. 34, 155 A. 37, 159–160 – 22–25:  148, 151, 155, 158 – 23:  160 – 26:  149 A. 20, 150 A. 22, 157 A. 48 – 26–30:  148, 151, 155 – 27:  146 A. 9, 149 A. 17 – 27–28:  155 – 28:  155 A. 28 – 29:  146 A. 9, 149 A. 17, 155 A. 40, 157 A. 49, 198 A. 43 – 30:  149 A. 20, 150 A. 22 – 31:  150 A. 22, 152



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– 31–35:  153 – 31–38:  155 – 31–40:  148 – 32:  148 A. 16, 152 – 33:  150 A. 22, 152–153 – 33–35:  151 – 34:  152–153, 156 A. 43, 157 A. 50 – 35:  146 A. 9, 149 A. 17, 152–153 – 36:  152–153 – 36–40:  148 A. 16 – 37:  151 A. 26, 157 A. 52 – 38:  157 A. 52 – 39:  155 A. 38, 155 A. 40 – 39–40:  155 – 40:  150 A. 22, 155 A. 38–39 Nat.: 175, 176 A. 49, 193, 204 Nat., PHerc. 697 (Laursen): 198 A. 43 Nat., PHerc. 1056 6 col. III 1–4 (Laursen):  198 A. 43 Nat., PHerc. 1148 col. XLI–XLII (Leone):  177 A. 52 Fragmente (Arrighetti) – Fr. 10, 4:  178 A. 54 – Fr. 20, 2:  172 A. 36 – Fr. 20, 3:  178 A. 55 – Fr. 20, 5:  173 A. 38 – Fr. 26, 38–39:  189 – Fr. 53:  219 A. 126 – Fr. 201:  217 A. 111 – Fr. 231:  178 A. 56, 187 – Fr. 249:  217 A. 111 Fragmente (Usener) – Fr. 8:  174 A. 41 – Fr. 51:  190–191 – Fr. 54:  174 A. 42 – Fr. 117:  172 A. 33 – Fr. 135:  219 A. 126 – Fr. 136:  218 A. 118 – Fr. 163:  172 A. 33

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– Fr. 164:  172 A. 33 – Fr. 227–230:  172 A. 33 – Fr. 227b:  187 – Fr. 488:  217 A. 111 – Fr. 537:  217 A. 111 – Fr. 564:  260 A. 3 – Fr. 565:  193 A. 30 – Fr. 565–566:  173 A. 40 – Fr. 565–567:  22 A. 43 – Fr. 576:  22 A. 43, 173 A. 40 Ermenrich v. Ellwangen (MGH Epp. 5) Epist. ad Grimaldum Abbatem 25 p. 563, 40–42:  374 A. 16 Eupolis Autolykos: 51 Kolakes: 51–52 Euripides Suppl. 409–410:  132 Fragmente (Kannicht) – Fr. 1044:  210 A. 49 Eusebios Vita Const. I 1, 2:  326 A. 42 Eustathios ad Hom. Od. – I 304:  211 A. 57 – V 276:  209 A. 43 Festus (Müller) p. 310:  209 A. 39 Fronto De orat. III 3:  256 Galen (Kühn) Thrasyb. V 833, 12–13:  326 A. 42 Gellius II 9, 4:  176 A. 50 XII 2, 1:  256 Gnomologium Parisinum 1168 Fol. 115r/v:  217 A. 111 Gorgias Hel.: 56 – 8:  61

Gregorios Paroem. – II 21:  207 A. 14 – III 73:  219 A. 122 Paroem. Leid. – I 8:  213 A. 70 – I 89:  208 A. 24 – III 13, 1284b19:  216 A. 95 Paroem. Mosq. – I 16:  213 A. 70 – II 88:  208 A. 24 – IV 66:  212 A. 64 Paroem. Vat. – II 70:  212 A. 65 – II 89:  216 A. 95 Hegel Ästh. I (TWA [Suhrk.]) – XIII 287:  394 A. 23 – XIII 301:  394 A. 23 – XIII 354:  394 A. 23 Ästh. II (TWA [Suhrk.]) – XIV 53:  395 A. 24 – XIV 57:  395 A. 24–25 – XIV 59:  403 A. 50 – XIV 60:  394 A. 23, 395 A. 27 – XIV 69:  394 A. 23 – XIV 184:  394 A. 23 – XIV 189:  394 A. 23 – XIV 190:  394 A. 23 Ästh. III (TWA [Suhrk.]) – XV 544:  395 A. 26 – XV 549–550:  394 A. 23 – XV 550:  394 A. 23 Enz. III (TWA [Suhrk.]) – X 378 (§ 572):  391 A. 8 Gesch. d. Ph. I (TWA [Suhrk.]) – XVIII 102–103:  391 A. 6 – XVIII 103:  391 A. 7 – XVIII 509:  394 A. 21–22, 399 A. 42

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Phän. (1807) – 373:  397 A. 35 – 412:  400 A. 43 Phän. (TWA [Suhrk.]) – III 270–275:  404 A. 57 – III 320:  397 A. 33 – III 321:  397 A. 34 – III 321–322:  397 A. 35 – III 322:  398 A. 36 – III 323:  398 A. 37 – III 326:  399 A. 41, 404 A. 55 – III 334:  402 A. 49 – III 336:  403 A. 50 – III 338:  404 A. 52 – III 343–344:  404 A. 53 – III 346:  404 A. 54 – III 348:  400 A. 44 – III 591:  392 A. 9 Ph. d. Gesch. (TWA [Suhrk.]) – XII 56:  394 A. 21, 398 A. 39 Ph. d. Rechts (TWA [Suhrk.]) – VII 24 (Vorrede):  398 A. 38 – VII 221 (zu § 118 Anm.): 397 A. 32 – VII 318–319 (§ 166):  397 A. 32 Ph. d. Rel. II (TWA [Suhrk.]) – XVII 132:  396 A. 31 – XVII 132–133:  396 A. 29, 405 A. 58 – XVII 133:  396 A. 30 Heraklit (Diels/Kranz 22) B 12:  44 A. 28 B 49a:  44 A. 28 B 51:  44 A. 28 Hermarchos (Krohn) Fr. 28:  148 A. 16 Hermeias (Lucarini/Moreschini) In Plat. Phaedr. – 2 p. 2, 8–16: 285 A. 8 – 9 p. 10, 14–18:  287 – 10 p. 10, 29–11, 20:  288 – 50 p. 54, 9–12:  286 A. 12

– 212 p. 222, 4:  285 A. 9 – 247 p. 260, 2–4:  316 A. 12 Hermippos v. Smyrna (FGrHist 1026) T 14:  125 A. 53 T 15:  125 A. 53 F 42–44:  125 A. 53 F 45–54:  125 A. 53 Hesiod Op. – 60–89:  307 – 213–273:  40 – 213–292:  42 – 293–297:  45 Theog. – 1–34:  33, 35–36, 39, 42 A. 22 – 94–97:  41 A. 21 – 521–528:  307 – 521–531:  308 – 901–906:  41 Fragmente (Merkelbach/West) – Fr. 204, 84–87:  37 A. 13 Hesych α 3410:  214 A. 79 α 7911:  209 A. 45 Hieronymus (CCSL 78) In psalm. CXLIII, l. 252–254: 373 A. 11 Hippokrates Epid. – III 3:  159 A. 57 – III 12:  159 A. 57 Homer h. Apoll. 1–13:  33 h. Bacch. 58–59:  39 h. Diosc. 1–17:  33 A. 4 h. Sel.:  39 h. Ven. 1–44:  33 A. 4 Il. – I 1–10:  35 – I 121–123:  39 A. 17

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420 – III 259–260:  38 A. 13 – IV 308–309:  36 A. 12 – V 733–763:  38 – VI 138:  304 A. 9 – VIII 381–408:  38 – IX 63–64:  131 – XIV 217:  133 A. 32 – XXIV 747–750:  39 A. 17 Od. – I 1–10:  32 A. 2, 35 – I 44–47:  39 A. 17 – I 345–349:  36 – IV 805:  304 A. 9 – VIII 40–45:  36 – XI 601–604:  309–310 – XIV 55–61:  40 A. 19 – XIV 490–494:  36 A. 12 – XV 287–288:  38 A. 13 – XVII 57:  37 A. 13 – XVIII 274–280:  40 A. 19 – XIX 29–30:  37 A. 13 – XIX 106–114:  41 A. 21 – XXI 386–387:  37 A. 13 – XXII 344–353:  36 – XXII 398–400:  37 A. 13 – XXIV 473–474:  39 A. 17 Horaz Ars 390:  210 Epist. – 1, 1, 59:  211 A. 57 – 1, 18, 71:  210 A. 51 – 1, 20, 6:  210 A. 51 Husserl (1913) Log. Unters. II/1, 6:  390 A. 5 Idomeneus (Angeli) Fr. 22:  218 A. 118 Isidor v. Sevilla Diff. (PL 83) – II 148 p. 93c–d:  371 A. 7 Orig. – II 3, 1–2:  371 A. 6

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Isokrates Epist. – 1, 1–4:  120 – 1, 2–3:  121 – 1, 3:  113 Orat. – 1:  168 – 1, 3–4:  122 A. 42 – 2, 1–8:  123 – 2, 50–54:  123 – 4, 1–14:  122 – 4, 187–189:  122 – 5, 2–9:  114 – 5, 4–5:  118 – 5, 17–23:  114, 118–119 – 5, 18:  119 – 5, 18–21:  119 – 5, 22:  120 – 7, 56–57:  115 – 7, 56–59:  114 – 9, 1–11:  124 – 9, 7:  122 A. 42 – 9, 73–81:  124 – 10, 1–15:  123 – 10, 67–69:  123 – 11, 1–9:  123 – 12, 18–19:  112 A. 15 – 12, 200:  112 – 12, 200–203:  114 – 12, 200–272:  111 – 12, 204–217:  114 – 12, 219–263:  114 – 12, 240:  114 – 12, 262:  113 – 12, 266–272:  114 – 13, 12:  123–124 – 15, 8:  118 – 15, 41:  117 A. 29 – 15, 47:  124 A. 49 – 15, 93–97:  117 A. 29 – 15, 140:  116 A. 27, 118 – 15, 140–153:  114, 116

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– 15, 141–142:  116–117 – 15, 142–149:  117 Jamblichos De comm. math. sc. (Festa) – 21–23 p. 6, 12–24:  346 A. 21 – 30 p. 90, 28–92, 15:  346 A. 22 Ep. ad Agrip. apud Stob. IV 5, 76–77:  348 Ep. ad Anatol. apud Stob. III 9, 35–36:  349 Ep. ad Asphal. apud Stob. III 3, 26:  349 Ep. ad Dex. apud Stob. II 2, 5: 347 Ep. ad Dyscol. apud Stob. IV 5, 74–75:  348 Ep. ad Maced. apud Stob. – I 5, 17: 349 – II 8, 43–48:  349–350 Ep. ad Sop. apud Stob. – II 2, 6:  347 – II 2, 6–7:  345 Jaspers, Karl (Hügli/Saner) Chiffern 30:  404 A. 56 Johannes Chrysostomos (PG 38) Adv. Iud. 937, 43:  328 A. 52 Johannes v. Damaskos Vita Barl. 490, 19:  212 A. 64 Kallimachos (Pfeiffer) Fr. 194, 53:  216 A. 99 Kant (Akad.-Ausg.) KdU – V 326:  393 A. 18, 402 A. 48 – V 327:  393 A. 15–17 – V 328:  393 A. 14 Kratinos Pytine: 51 Fragmente (Kassel/Austin) – Fr. 28:  208 A. 26 – Fr. 247:  211 A. 56

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Laktanz Inst. III 28, 9:  245 Libanios Decl. XII 11:  210 A. 47 Epist. – 490, 4:  216 A. 105 – 1474, 2:  328 A. 52 Progymn. III 3, 24:  216 A. 105 Lukian Merc. cond. 13:  214 A. 76 Rhet. praec. 6:  214 A. 76 Sat. 9:  208 A. 29 Lukrez II 1–13:  34 IV: 243 V 1430:  190 V 1432–1433:  190 Machon (Gow) Fr. 140:  211 A. 57 Makarios Paroem. – I 99:  213 A. 70 – II 50:  209 A. 41 – III 20:  207 A. 14 – III 31:  208 A. 24 – VI 38:  212 A. 65 – VIII 1:  219 A. 122 – VIII 36, 6:  216 A. 95 Mantissa proverbiorum II 93:  219 A. 122 Marius Victorinus (CCSL 132) Rhet. – I praef., l. 25–26:  372 A. 8 – I 24, l. 45–47:  381 A. 40 – I 24, l. 144–146:  381 A. 41 – I 25, l. 1–5:  381 A. 42 – I 25, l. 134–138:  383 A. 46 – I 25, l. 142–145:  383 A. 47 – I 26, l. 7–9:  381 A. 38 – I 26, l. 12–14:  384 A. 48 – I 26, l. 24–25:  383 A. 47

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– I 26, l. 46–47:  387 A. 56 – I 26, l. 79–84:  384 – I 26, l. 105:  384 A. 50 – I 26, l. 143–145:  385 A. 51 – I 27, l. 47–50:  383 A. 44 – I 27, l. 50–52:  383 A. 45 – II 2, l. 270–271:  372 A. 8 Martinus Dacus (Roos) Sign. – 46, 8–9:  386 A. 55 – 48, 11–12:  386 A. 55 Marx/Engels (MEW) Dt. Ideol. III 120–121:  401 A. 47 Menander Misoumenos (Arnott) – 696:  212 A. 59 Sent. 4, 4:  159 A. 57 Fragmente (Kassel/Austin) – Fr. 218:  219 A. 124 – Fr. 296:  216 A. 103 – Fr. 418:  212 A. 59 Nikolaos v. Methone (Angelou) Ref. Inst. Procl. 22, 18:  355 A. 10 Olympiodoros (Kom., Kassel/Austin) Test. 53a:  47 Test. 130:  47 Olympiodoros (Phil.) In Plat. Gorg. (Westerink) – p. 167, 22–29:  215 A. 87 – p. 242, 1–9:  343 Proleg. log. (CAG XII 1) – p. 11, 14–15:  127 A. 1 Ovid Ars I 99:  258 Parmenides (Diels/Kranz 28) B 1, 1–5:  31 B 1, 6–10:  34 B 1, 11–21:  37 B 1, 22–32:  38

B 2, 1–8:  41 B 6, 1–9:  43 Pausanias (Lex., Erbse) ο 19:  212 A. 59, 212 A. 62 π 40:  218 A. 115 τ 30:  216 A. 96 τ 38:  215 A. 85 Pausanias (Perieg.) IV 30, 6:  214 A. 75 Petrus Damiani Collect. in Vet. Test. In libr. Josue (PL 145) – cap. 6 p. 1074a:  374 A. 15 Epist. (MGH 4, 1) – 28 p. 251:  374 A. 14 Serm. (CCCM 57) – 32, l. 210–216:  373 A. 13 Philochoros (FGrHist 328) Fr. 34:  143 A. 54 Philodem Ad […] (Angeli) – col. V 8–13:  145 – col. XVI:  199 De avar., PHerc. 465 (Capasso) – Fr. 12, 18–21:  215–216 De bono rege (Dorandi):  199– 200 – col. XLIII 15–20:  200 De ira (Indelli) – col. XI 21–23:  210 – col. XVIII 31–33:  208 – col. XX 31–32:  209–210 – col. XXXVI 24–26:  208 – col. XLIII 18–19:  145 A. 4 De lib. dic. (Konstan u.a.) – col. XVb:  206–207 – col. XXIVb 5–11:  207–208 De morte (Henry):  167 – col. XIX 34–35:  216 – col. XXII 13–14:  216 De mus.:  204–205

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[El. et fug.] (Schmid) – col. XV 17–18:  145 A. 4 Epigr.: 203–204 Oec. (Jensen) – col. XII 5ff.:  188 A. 17 – col. XIII 11ff.:  188 A. 17 – col. XVII 2ff.:  188 A. 17 – col. XXV 7:  214–215 Poet. V (Mangoni) – col. XXV 24–30:  194–195 – col. XXX 6–12:  195 – col. XXX 25–33:  195 – col. XXXII 28–35:  194 A. 33 – col. XXXIV 34–XXXV 5: 194 A. 33 Pragm. (Militello) – col. XXV 12–13:  219 A. 121 – col. XXX 4–5:  218–219 Rhet.: 181–201 Rhet., PHerc. 380 (Sudhaus) – Fr. V 1–8:  193, 196–198 Rhet., PHerc. 832 (Sudhaus) – col. IV 10–14:  174 A. 41 Rhet., PHerc. 1015 (Longo Auricchio) – Fr. XXV:  212 Rhet., PHerc. 1015 (Sudhaus) – col. XLIV 5–21:  170 A. 31 – col. L 12–18:  214 – col. LIV 43, 10–17:  178 A. 54 Rhet., PHerc. 1423 (Sudhaus) – col. VII 6–14:  193, 196–198 Rhet., PHerc. 1426 (Hammerstaedt) – col. III 5–17:  173 – col. IV 14–V 2:  176 Rhet., PHerc. 1506 (Hammerstaedt) – col. L 20–32:  173 A. 39 Rhet., PHerc. 1669 (Dorandi): 183 A. 6 Rhet., PHerc. 1672 (Longo Auricchio) – col. XVIII 8–14:  182 A. 3



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– col. XXI 24–36:  173 A. 38 – col. XXII 36–39:  194, 197 – col. XXIV:  185 A. 12 Rhet., PHerc. 1673/1007 (Sudhaus) – col. XXVIIIa 1:  210 A. 54 Rhet., PHerc. 1674 (Blank) – col. XXXVII 2–18:  186, 191 – col. XXXVIII 2–18:  185–186, 188, 190–193, 195, 197–198 – col. LIV 15–32:  186–187, 191 A. 26 – col. LIV 32–LV 11:  187, 191 A. 26, 201 Rhet., PHerc. 1674 (Longo Auricchio) – col. XXXVII 28–31:  191 A. 26 – col. XXXVIII 24–XXXIX 16: 186 A. 13 – col. XLIII 32–35:  191 A. 26 – col. XLIV 2–19:  172 A. 36 Philon v. Larissa Testimonien (Brittain) – Test. XXXII:  314 A. 6 Fragmente (Mette) – Fr. 2:  168–171 Philoponos In Aristot. An. 43, 8–10: 286 A. 11 Philoxenos (Page) Fr. 836e:  214 A. 72 Photios Bibl. – cod. 167:  341 A. 6 – cod. 187, 143b36:  214 A. 80 Lex. (Theodoridis) – α 1105:  214 A. 80 – α 3019:  209 A. 45 – ο 355:  212 A. 59, 212 A. 62 – π 1515:  218 A. 116 – τ 73:  219 A. 125 – τ 294:  216 A. 97 – τ 595:  215 A. 88

424 Pindar Nem. 7, 23–30:  45 Pae. (Maehler) – 7b 1–20 = Fr. 52h:  45 Platon Apol. – 18b–e:  50 – 18d:  54 – 27c:  280 – 38a:  87 A. 7 [Ax.] 367b:  208 A. 28 Euthyd.: 167 Gorg. – 463d:  190 A. 23 – 494a:  320 A. 23 – 499c:  215 A. 90 – 503c:  320 A. 24 – 509a:  320 A. 24 Hipp. Mai.:  95–96 Ion: 56 Krat. 396b:  303 A. 8 Lach. 183c–184a:  53 Leg. – I 646a:  208 A. 28 – III 700a–701b:  49 – III 700d–e:  48 A. 4 – VI 773d:  328 A. 52 – VIII 837e:  328 A. 52 – X 903a–b:  320 A. 22, 328 A. 52 – X 903b:  309 A. 15 – XII 944b:  328 A. 52 – XII 959c:  215 A. 90 Men.: 79–80, 82 – 97d:  81 – 97e–98a:  80 A. 32 – 98b:  80–81 A. 33 Menex. 236d–249d:  281 Parm. – 127c:  288 – 128a:  288 – 135d–136c:  289

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– 136c:  294 – 166c:  290 Phaid. – 70b:  320 A. 22 – 77e–78a:  328 A. 52 – 83a:  320 – 99c–d:  207 A. 19 – 115d:  319 Phaidr. – 230a:  85 A. 2 – 235a:  286 – 237b–c:  286 – 251e:  327 A. 49 – 263d–264c:  285 A. 8 – 264b:  285 – 264c:  285 – 265a:  287 – 265d:  286 – 270c:  285 – 271c–d:  315–316 – 275d–e:  86 A. 5, 121 A. 42 – 277b:  286 – 277b–c:  86 A. 5 – 277c:  85 A. 1 – 278e–279b:  122 A. 43 Phil. – 19c:  207 A. 17 – 48b:  54 – 49a:  54 Pol. – 293a–c:  89 A. 12 – 300c:  207 A. 18 Prot. – 314d:  52 A. 15 – 315b:  52 A. 15 Rep.: 41 A. 21 – II 372d:  104 A. 52 – III:  56 – III 337c–381e:  62 – III 387a:  58 A. 33 – III 387c:  59 – III 388d:  58 A. 33

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– III 397a:  57 – III 398a–b:  57 – V:  88–91, 105 – V 419a:  104 A. 52 – V 473c–d:  89 A. 11 – V 473e–474a:  92–93 A. 19 – V 474b–c:  92 – V 474c–475c:  92 – V 474d–175b:  98 A. 38 – V 475b:  98 A. 38 – V 475d:  88 A. 9, 93 A. 20 – V 475d–e:  92, 98 A. 37 – V 475e–476a:  93 A. 22, 94 A. 26, 96 – V 475e–476b:  92 – V 476a:  95 A. 30 – V 476b:  94, 95 A. 28, 96 – V 476c:  95 A. 29, 96 – V 476c–479e:  103 A. 51 – V 476d:  92 – V 476d–e:  93, 320 A. 22 – V 476e:  94 A. 25 – V 477a:  96 A. 33 – V 477b–d:  97 A. 35 – V 477c:  93 A. 21, 95 A. 27 – V 477e:  79 A. 29, 98 A. 39 – V 478a–b:  91 A. 17, 99 A. 40–41 – V 479d:  93 A. 23, 98 – V 480a:  89 A. 12, 94 A. 24 – VI 484b:  96 A. 32–33 – VI 487b:  104 A. 52 – VI 501b–c:  349 – VI 504e:  104 A. 52 – VI 505e:  326 – VI 506c:  91 A. 18 – VII 515e:  320 A. 24 – VII 523a–c:  101 A. 48 – VII 523c–d:  101 A. 50 – VII 523d:  101 A. 49 – VII 524d–e:  105 A. 55 – IX 571a:  326 A. 42

– X 595b:  58 A. 35, 59 – X 602b:  58 – X 606e–607a:  58 – X 607b–c:  48 A. 3 – X 608d:  104 A. 52 Soph.: 75–78 – 216a:  77 – 253b–d:  77 Symp.: 59 – 173b:  60 – 173d:  60 – 189c–193d:  55 – 203b:  303 – 206d–e:  327 A. 49 – 219e:  60 – 220a:  61 – 220c:  61 – 220c–d:  61 – 221c:  60 – 222d:  59 – 223b:  59 Tht.: 91 – 146a:  211 – 148e:  327 A. 50 – 149a:  70 A. 15 – 149a–151d:  68 – 149d:  327 A. 50, 328 – 150b:  68 – 150c:  68, 75 – 150d:  72 – 151a–b:  327 A. 50 – 151b:  69 – 151c:  70, 72 – 151e:  70 – 151e–152a:  70 – 152a:  284 – 152a–183c:  284 – 152c:  71 – 152c–160e:  284 – 152d:  71 – 155d:  389 A. 2 – 157c:  328

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– 157c–d:  69 – 160e–161b:  69 – 161b:  284 – 163b–165e:  66 A. 9 – 164e–165a:  66 A. 9 – 165e–166a:  66 A. 9 – 166a–e:  66 A. 9 – 167b:  284 – 169d–171e:  72 – 176a:  25 A. 45 – 176b:  235 A. 38 – 177c–179b:  72 – 179d:  71 A. 18 – 179e–163c:  72 – 181a:  71 A. 18 – 183c–d:  76 – 184a–b:  69, 76 – 184b–186e:  72 – 185b–e:  107 A. 61 – 185e:  105 A. 54 – 186a–b:  107 – 186b:  106 – 186b–d:  106 A. 56 – 186c:  106 A. 56 – 187b:  73 – 187d–200c:  73 – 191c–e:  73 – 197c–198d:  73 – 201c–d:  73 – 201d–202c:  73–74 – 203c–204b:  74 A. 23 – 204b–205a:  74 A. 23 – 206c–210b:  74 – 210b:  327 A. 50 – 210b–c:  69 – 210d:  77 Tim. – 19c–d:  283 – 27d–28a:  81 A. 34, 324 A. 35 – 28b–c:  100 – 29c:  324 A. 35 – 51:  99, 102–103, 105

– 51d–52a:  81 A. 34, 99 A. 42 – 51e:  100 A. 44 Plautus Pseud. 123–124:  217 A. 108 Plinius Epist. 4, 29, 1:  217 A. 110 Plotin I 2, 1, 51:  309 A. 15 I 2, 1, 52–53:  317 A. 13, 324 A. 37 I 3:  347 I 3, 5, 2:  319 A. 18 I 6, 5, 15:  336 A. 76 I 6, 5, 20–21:  325 I 6, 6, 18:  323 A. 32 I 6, 9:  331 A. 59 I 8, 2, 2:  331 A. 60 II 3, 2, 11:  316 A. 11 II 4, 1–5:  313 A. 2 II 9, 1, 8:  354 A. 3 II 9, 1, 21:  353 A. 1 III 2, 15–16:  309 A. 15 III 2, 18, 6–7:  325 A. 41 III 3, 7, 8–24:  306–307, 309 A. 15 III 5:  311 III 8, 5, 4:  327 A. 49 III 8, 7, 19:  327 A. 49 III 8, 9, 39:  353 A. 1 III 8, 10, 28–31:  354 A. 2 III 8, 11, 21:  336 A. 76 IV 2, 2, 36–37:  337 A. 77 IV 3, 9, 36–42:  306 IV 3, 10, 8:  336 A. 76 IV 3, 12:  307 IV 3, 13, 31:  327 A. 49 IV 3, 14:  307–308 IV 3, 27, 1–20:  309–311 IV 3, 32, 17–4, 1, 4:  309, 311 IV 4, 3, 1–6:  322 A. 28 IV 4, 18–21:  299 A. 3 IV 4, 18, 23–25:  337 A. 77 IV 4, 23, 14–15:  337 A. 77

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IV 4, 27, 12:  336 A. 76 IV 4, 28–29:  299 A. 3 IV 4, 31, 20:  316 A. 11 IV 7, 5, 9:  331 A. 60 IV 7, 13, 7:  327 A. 49 IV 8, 1, 1–11:  322 A. 28 V 1, 2:  305 V 1, 3, 7:  323 A. 32 V 1, 4, 7–11:  303 A. 8 V 1, 7, 19:  354 A. 2 V 1, 7, 33–36:  303 A. 8 V 2, 1, 1:  353 A. 1 V 3, 1–5:  329 A. 53 V 3, 1–9:  329 V 3, 3, 8–10:  324 A. 36 V 3, 3, 21–22:  321 A. 27 V 3, 3, 28:  330 A. 56 V 3, 4, 2–3:  324 A. 36 V 3, 4, 4–13:  325 A. 39 V 3, 4, 21–22:  324 A. 36 V 3, 4, 22:  323 A. 32 V 3, 5:  330, 332–333 V 3, 5, 41–44:  330 A. 58 V 3, 6:  333 V 3, 6, 1:  324 V 3, 6, 8–11:  331 V 3, 6, 8–18:  317 A. 13, 321 V 3, 6, 9–11:  309 A. 15 V 3, 6, 11–14:  331 V 3, 6, 17:  335 V 3, 6, 18–29:  331–332, 335 V 3, 8, 25–28:  331 A. 59 V 3, 8, 45–49:  332 A. 62 V 3, 10–17:  329–330 V 3, 10, 3–5:  333 A. 66 V 3, 10, 49:  327 A. 46 V 3, 11, 18–22:  354 A. 2 V 3, 11, 27–28:  354 A. 2 V 3, 12, 1–3:  333 A. 66 V 3, 12, 6:  330 A. 58 V 3, 12, 8:  353 A. 1 V 3, 13–16:  333



V 3, 13, 1–6:  354 A. 4–7 V 3, 13, 13–14:  325 A. 39 V 3, 14, 1:  333 A. 66 V 3, 14, 7–8:  323 A. 34 V 3, 15, 1–7:  333 A. 63, 333 A. 66, 334 V 3, 15, 27:  353 A. 1 V 3, 15, 37–43:  334 V 3, 15, 41–44:  333 A. 66 V 3, 15, 43–44:  333 A. 65 V 3, 16, 3:  323 A. 34 V 3, 16, 5–8:  333 A. 66 V 3, 16, 16–17:  333 A. 64 V 3, 16, 16–19:  334 V 3, 16, 16–22:  333 A. 66 V 3, 16, 24:  335 A. 71 V 3, 16, 27:  335 A. 71 V 3, 17, 1–4:  333 A. 66 V 3, 17, 4–5:  335 A. 73 V 3, 17, 15–20:  321, 327–328 V 3, 17, 20–25:  336 V 3, 17, 27–28:  322 A. 28 V 3, 17, 28–29:  336 A. 74 V 3, 17, 38:  357 A. 17 V 4, 2, 42–43:  364 A. 39 V 5, 1, 12–19:  325 A. 38 V 5, 2, 13–17:  322 A. 30 V 5, 3, 9–17:  305 V 5, 5, 27:  327 A. 49 V 5, 6, 23–24:  327 A. 48 V 5, 7, 11–12:  337 A. 77 V 5, 12, 5–9:  326, 337 A. 76 V 5, 13, 28–29:  354 A. 2 V 6, 6, 30:  364 A. 39 V 8, 1, 3–4:  364 A. 39 V 8, 3, 32–4, 8:  303–304 V 8, 10, 17:  336 A. 76 V 8, 11:  331 A. 59 V 8, 11, 36–40:  323 A. 33 V 8, 12, 3–5:  327 A. 49 V 9, 2, 1–10:  327 A. 49 V 9, 11, 21:  316 A. 11

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Stellenregister

VI 1, 26, 27:  359 A. 20 VI 4, 1–3:  318 VI 4, 2, 25–30:  323 A. 35 VI 4, 2, 34–43:  318 A. 17 VI 4, 4, 4–6:  317 VI 4, 4, 5–6:  317 A. 13, 324 A. 37 VI 4, 4, 27–34:  323 A. 33 VI 4, 7:  305 VI 4, 14:  298–299 VI 4, 15, 23–32:  300 VI 5, 2:  323 A. 35 VI 5, 2, 5–6:  331 VI 5, 11, 4–6:  321 VI 5, 11, 5–7:  309 A. 15, 317 A. 13 VI 5, 12, 7–29:  331 A. 59 VI 6, 9, 27:  327 A. 49 VI 7, 12, 24–30:  301, 309 A. 15 VI 7, 15, 25–26:  302 VI 7, 16, 5:  336 A. 76 VI 7, 17, 1–6:  334 A. 68 VI 7, 18–20:  309 A. 15 VI 7, 18–22:  335 A. 71 VI 7, 18, 50–51:  325 VI 7, 22:  326 A. 43 VI 7, 22, 2:  336 A. 76 VI 7, 22, 24:  336 A. 76 VI 7, 22, 27:  336 A. 74 VI 7, 26, 6–7:  327 A. 47 VI 7, 30, 19:  336 A. 76 VI 7, 35, 20–28:  302 VI 7, 40, 1–5:  317 A. 13, 321 VI 8, 9, 9:  353 A. 1 VI 8, 12, 2–3:  317 A. 14 VI 8, 13–21:  335 A. 72 VI 8, 13, 2–5:  335 A. 72 VI 8, 14, 15:  354 A. 3 VI 8, 14, 42:  355 A. 10 VI 8, 21, 26–30:  358 A. 19 VI 9, 3, 15:  353 A. 1 VI 9, 3, 36–38:  354 A. 2 VI 9, 3, 39–40:  354 A. 2

VI 9, 5, 24:  353 A. 1 VI 9, 6, 35:  353 A. 1 Plutarch Demos. 11, 5:  209 A. 38 Garr. 10, 507a:  210 A. 50 Non posse 12, 1094d:  172 A. 33 [Paroem.] – I 68:  216 A. 95 – II 27:  213 A. 70 Praec. ger. reip. 7, 803d:  209 A. 38 Pyth. Or. – 3, 395f:  328 A. 52 – 11, 399e:  145–146 [Vita Isocr.] 837c:  117 A. 29 Pollux IX 112:  211 A. 57 Polybios VIII 36, 6:  207 A. 21 XXXVIII 12, 1:  159 A. 57 Porphyrios Abst. I 7–12:  148 A. 16 Vita Plot. – 8:  26 A. 47 – 8, 1–4:  313 A. 1 – 14:  297 – 14, 1–2:  313 A. 1 – 14, 18–20:  312 Vita Pyth. 33:  328 A. 52 Proklos In Plat. Alc. 274, 32–275, 7: 286 A. 11 In Plat. Parm. (Steel) – I 630, 26–633, 9:  295–296 – I 631, 4–633, 9:  280 – I 631, 8–633, 9:  289 – I 631, 10:  292 – I 631, 13:  280 – I 631, 25–632, 17:  290–291 – I 632, 11–12:  292 – I 632, 16–17:  292 – I 632, 20–26:  285

Stellenregister

– I 633, 3–9:  287 – I 633, 20–634, 4:  291 – I 635, 1–14:  294 – I 640, 17–22:  292 – I 712, 18–19:  292 A. 20 – VI 1076, 35–36:  360 A. 23 – VI 1191, 34–35:  359 A. 21 – VI 1212, 40–41:  364 A. 39 – VII 518, 18–19:  360 A. 23 – VII 518, 92–94:  360 A. 26 – VII 519, 0–1:  360 A. 27 – VII 519, 27–28:  360 A. 24 – VII 521, 69:  361 A. 28 – VII 1171, 7–8:  362 A. 32 In Plat. Rem. I 282, 24–25: 360 A. 25 In Plat. Tim. – I 62, 6–15:  283 A. 7 – II 13, 5:  326 A. 42 Prov. 5, 8–10:  286 A. 11 Theol. Plat. (Saffrey/Westerink) – I 9 p. 38, 12–13:  292 – II 4 p. 31, 11:  364 A. 39 – II 4 p. 31, 25–26:  364 A. 39 – II 10 p. 63, 23–24:  361 A. 29 – II 10 p. 64, 2–3:  361 A. 30 – II 10 p. 64, 8–9:  361 A. 31 – II 11 p. 65, 13:  362 A. 32 Prolegomena in Platonis philo sophiam (Westerink) 10, 23–26:  64 A. 3 Quintilian Inst. – II 13, 6–8:  314 A. 4 – II 17, 8:  19 A. 42 – II 17, 15:  172 A. 33 – IV 1, 58–60:  166 A. 17 – V 11, 22–24:  248 A. 22 – VI 1, 1–2, 18:  166 A. 18 – VI 2, 29:  248 A. 20 – VIII prooem. 15:  245

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Rhetorica ad Herennium I 3:  223 A. 6 I 11:  166 A. 17 III 28–29:  223 A. 7 IV 62–63:  248 A. 22 Rupert v. Deutz De off. (CCCM 7) – I 36, l. 895–898:  376 De Sanct. Trin. et oper. (CCCM 21) – p. 114, l. 4097–4112:  375–376 De Sanct. Trin. et oper. (CCCM 24) – VII p. 2042, l. 124–128: 376 A. 19 Sappho (Diehl2) Fr. 156:  133 A. 31 Scholia in Dionysium Thracem (Hilgard) 108, 27:  178 A. 56, 187 Scholia in Lucianum (Rabe) 31, 4 p. 151, 30:  212 A. 61 Scholia in Platonem (rec.) Tht. 146a:  211 A. 57 Scholia in Synesium (Boissonade) p. 238:  209 A. 41 Seneca Maior Contr. XI praef. 1:  257 Seneca Minor Clem.: 250 A. 29 Cons. Helv.:  251 De ira II 2, 1–2:  253 A. 40 Dial. – VI:  246–247 – VI 24, 5–25, 3:  247 – VI 25, 1:  247 – X 1:  247 – XI:  249–250 – XI 12, 4:  250 Epist. – 16, 1:  253 – 16, 6:  253 – 37, 4–5:  254 A. 44

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– 49, 11:  251 – 49, 51:  252 A. 33 – 70, 22:  248 A. 19 – 81, 13:  252 A. 36 – 89, 14–15:  252 – 90, 4–5:  226 A. 13 – 90, 44:  251 A. 32 – 90, 46:  251 A. 32 – 99:  251 – 100:  258 – 114, 1:  257 – 114, 3:  257 – 114, 13:  257 A. 51 Sextus Empiricus Math. – VII 284–286:  329 A. 54 – VII 310–312:  329 A. 54 Simplikios In Aristot. Phys. 75, 4:  286 A. 11 Solon (West) Fr. 12:  147 A. 12 Fr. 13:  147 A. 13 Sophokles Ant. – 451:  395 – 456–457:  397 A. 35, 398 – 925:  399 A. 42 – 926:  399, 400 A. 43 Fragmente (Radt) – Fr. 487, 3:  208 Sophron (Kassel/Austin) Fr. 172a–d:  48 A. 3 Stobaios I p. 3–10:  341 A. 7 I 1:  342 I 5:  342 I 5, 17:  349 II 2:  342 II 2, 5:  347 II 2, 6:  347 II 2, 6–7:  345

II 7:  341 II 7, 2 p. 39–41:  168 A. 27, 314 II 8:  342 II 8, 43–48:  349–350 II 31:  342 II 33:  342 II 46:  342 III 1:  341–342 III 3:  342 III 3, 26:  349 III 5:  342 III 7:  342 III 9:  342 III 9, 35–36:  349 III 11:  342 III 16, 28:  217 A. 111 III 17, 24:  219 A. 126 III 31:  342 III 37:  342 IV 1–13:  341 IV 5:  342 IV 5, 74–75:  348 IV 5, 76–77:  348 IV 15a, 16:  214 A. 78 IV 18–31:  341 IV 23:  342 IV 39:  342 IV 39, 26:  214 A. 78 Suda δ 1267:  208 A. 24 κ 497:  208 A. 24 ο 391:  212 A. 59, 212 A. 62 π 3128:  218 A. 117 σ 122:  208 A. 24 τ 81:  219 A. 125 τ 175:  218 A. 117 τ 578:  216 A. 98 τ 778:  215 A. 89 Sueton De lus. Graec. 2, 10:  211 A. 57 Susarion (West) Fr. 1:  147 A. 13

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Synesios (Terzaghi) Dion 1, 37d p. 237, 14–15:  282 Syrianos (Rabe) In Hermog. Stat. 13, 20:  292 Terenz Haut. 341:  217 A. 107 Theokrit 5, 23:  209 Theopompos (Kassel/Austin) Fr. 70:  208 A. 27 Thierry v. Chartres (Fredborg) Comm. super De inv. – I 25, 36 p. 134:  383 A. 43 – I 25, 36 p. 135:  383 A. 46 – I 26, 38 p. 140:  385 A. 52 Thomas v. Erfurt (Bursill/Hall) Gramm. spec. 22 p. 200–204: 386 A. 55 Thukydides II 35–46:  281 Timaios Lex. Plat. τ 1004b27:  215 A. 86 Wilhelm v. Conches Dragm. philos. (CCCM 152) – I 1, 6 p. 6, l. 59–65:  378 A. 26 Glosae super Boet. (CCCM 158) – In consol. I, prosa 1 p. 29, l. 276–282:  377 A. 24

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– In consol. I, prosa 1 p. 34, l. 357: 377 A. 24 Philosophia (Ottaviano) – p. 21–24:  377 A. 25 Wittgenstein Tract. log.-philos. – 1:  401 A. 46 – 4.116:  389 A. 1, 401 A. 45 Xenophon Hell. VII 5, 27:  159 Mem. – II 19:  34 – III 4:  32 A. 3 Zenobios Paroem. – I 26:  213 A. 70 – II 48:  213 A. 70 – VI 4:  219 A. 122 – VI 15:  218 A. 114 – VI 18:  216 A. 95 Zenon v. Kition (SVF) I 322:  251 A. 30 Zenon v. Sidon (Angeli/Colaizzo) Fr. 12:  200 Fr. 20:  199 A. 46

Autorinnen und Autoren Michele Abbate, Dr. phil., Ricercatore di Storia della Filosofia Antica, Università di Salerno, DISPAC, Via Giovanni Paolo II, 132, I-84084 Fisciano (SA), [email protected]. Graziano Arrighetti, Professore Emerito di Letteratura Greca, Università degli studi di Pisa, Dipartimento di Filologia, Letteratura e Linguistica, Via Collegio Ricci, 10, I-56126 Pisa, [email protected]. Thomas Baier, Prof. Dr. phil., Lehrstuhl für Klassische Philologie / Latinistik, Universität Würzburg, Institut für Klassische Philologie, Residenzplatz 2, D-97070 Würzburg, [email protected]. John Dillon, Regius Professor of Greek, Emeritus, Trinity College, B 6004 Arts Building, Trinity College, Dublin 2, Ireland, [email protected]. Holger Essler, Dr. phil., Akademischer Rat, Universität Würzburg, Institut für Klassische Philologie, Residenzplatz 2, D-97070 Würzburg, holger. [email protected]. Franco Ferrari, Prof. Dr., Professore ordinario di filosofia antica, Università di Salerno, Dipartimento del Patrimonio Culturale, Via Giovanni Paolo II, I-84084 Fisciano (SA), [email protected]. Sabine Föllinger, Prof. Dr., Universitätsprofessorin für Klassische Philologie/ Gräzistik, Philipps-Universität Marburg, Fachbereich 10, Institut für Klassische Sprachen und Literaturen, Klassische Philologie, Wilhelm-RöpkeStraße 6 D, D-35032 Marburg, [email protected]. Jürgen Hammerstaedt, Prof. Dr. phil., Lehrstuhl für Klassische Philologie und Papyrologie, Universität zu Köln, Institut für Altertumskunde, AlbertusMagnus-Platz, D-50931 Köln, [email protected].

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Autorinnen und Autoren

Jan Erik Heßler, Dr. phil., Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Klassische Philologie, Universität Würzburg, Institut für Klassische Philologie, Lehrstuhl I (Schwerpunkt Gräzistik), Residenzplatz 2, D-97070 Würzburg, jan. [email protected]. Theo Kobusch, Prof. Dr. phil., Universitätsprofessor für Philosophie, Universität Bonn, Institut für Philosophie, Am Hof 1, D-53113 Bonn, theo. [email protected]. Carlos Lévy, Prof. Dr., Professeur émérite de philosophie et littérature romaines à l’Université de Paris-Sorbonne, 7 rue de Fontenay, F-92340 Bourgla-Reine, [email protected]. Francesca Longo Auricchio, Professore Emerito, Università degli Studi di Napoli Federico II, Dipartimento di Studi Umanistici, Via Porta di Massa 1, I-80133 Napoli, [email protected]. Irmgard Männlein-Robert, Prof. Dr. phil., ordentliche Professorin, Lehrstuhl für Griechische Philologie, Philologisches Seminar der Universität Tübingen, Wilhelmstrasse 36, D-72074 Tübingen, irmgard.maennlein-robert@ uni-tuebingen.de. Dominic O’Meara, Prof. Dr. phil., Professeur émérite de philosophie, Université de Fribourg, Département de Philosophie, Avenue de l’Europe 20, CH-1700 Fribourg, [email protected]. Wolfgang Rother, Prof. Dr. phil., Titularprofessor für Philosophie unter besonderer Berücksichtigung der Geschichte der Philosophie, Universität Zürich, Philosophisches Seminar, Zürichbergstrasse 43, CH-8044 Zürich, [email protected]. Christopher Rowe, Emeritus Professor of Greek, Durham University, Department of Classics & Ancient History, 38 North Bailey, Durham DH1 1QN, United Kingdom, [email protected].

Autorinnen und Autoren

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Stefan Schorn, Prof. Dr. phil., Professor für Alte Geschichte, KU Leuven, OG Geschiedenis: Oudheid, Blijde Inkomststraat 21, bus 3307, B-3000 Leuven, [email protected]. Carlos Steel, Prof. Dr. phil., Emeritus Professor of Ancient and Medieval Philosophy, KU Leuven, Hoger Instituut voor Wijsbegeerte, Kardinaal Mercier plein 2, B-3000 Leuven, [email protected]. Christian Tornau, Prof. Dr. phil., Professor für Klassische Philologie, Universität Würzburg, Residenzplatz 2, D-97070 Würzburg, christian.tornau@ uni-wuerzburg.de. Mauro Tulli, Prof. Dr., Ordinario di Letteratura Greca, Università di Pisa, Dipartimento di Filologia, Letteratura e Linguistica, Sezione di Filologia Classica, Via Luigi Galvani 1, I-56126 Pisa, [email protected]. Maddalena Vallozza, Prof. Dr., Professore Associato di Letteratura Greca, Università della Tuscia, Dipartimento di Scienze umanistiche, della comunicazione e del turismo, Largo dell’Università, I-01100 Viterbo, m.vallozza@ unitus.it. Bernhard Zimmermann, Professor für Klassische Philologie, Albert-LudwigsUniversität Freiburg, Seminar für Griechische und Lateinische Philologie, Platz der Universität 3, D-79085 Freiburg, bernhard.zimmermann@altphil. uni-freiburg.de.

SCHWABE INTERDISZIPLINÄR HERAUSGEGEBEN VON WOLFGANG ROTHER Bd. 1 Josette Baer, Wolfgang Rother (Hrsg.): Körper. Aspekte der Körperlichkeit in Medizin und Kulturwissenschaften. 2012. 198 Seiten. ISBN 978-3-7965-2826-2 Bd. 2 Josette Baer, Wolfgang Rother (Hrsg.): Geld. Philosophische, l­iteraturwissenschaftliche und ökonomische Perspektiven. 2013. 250 Seiten. ISBN 978-3-7965-2913-9 Bd. 3 Hermann Lübbe: Zivilisationsdynamik. Ernüchterter Fortschritt politisch und kulturell. 2014. 607 Seiten. ISBN 978-3-7965-3251-1 Bd. 4 Josette Baer, Wolfgang Rother (Hrsg.): Arbeit. Philosophische, juristische und kulturwissenschaftliche Studien. 2014. 212 Seiten. ISBN 978-3-7965-3336-5 Bd. 5 Tatjana Hofmann: Literarische Ethnografien der Ukraine. Prosa nach 1991. 2014. 520 Seiten. ISBN 978-3-7965-3330-3 Bd. 6 Reinhard Schulze: Der Koran und die Genealogie einer Religion. 2015. 677 Seiten. ISBN 978-3-7965-3365-5 Bd. 7 Josette Baer, Wolfgang Rother (Hrsg.): Vertrauen. 2015. 231 ­Seiten. ISBN 978-3-7965-3451-5 Bd. 8 Martino Stierli (Hg.): Kunst und Architektur an der Epochenschwelle. Das Hauptgebäude der Universität Zürich von 1914. 2016. 233 Seiten. ISBN 978-3-7965-3446-1 Bd. 9 Alfred Schmid: Die Geburt des Historischen aus dem Geist der Politik. Zur Bedeutung frühgriechischer Geschichtsschreibung, mit einem Seitenblick auf Altchina. 2016. Ca. 600 Seiten. ISBN 978-3-7965-3459-1 Bd. 10

Irmgard Männlein-Robert, Wolfgang Rother, Stefan Schorn, ­Christian Tornau (Hg.): Philosophus orator. Rhetorische ­Strategien und Strukturen in philosophischer Literatur. 2016. 434 Seiten. ISBN 978-3-7865-3337-2



SCHWABE PHILOSOPHICA



HERAUSGEGEBEN VON



HELMUT HOLZHEY UND WOLFGANG ROTHER

Vol. I Mordechai Feingold, Joseph S. Freedman, Wolfgang Rother (eds.): The Influence of Petrus Ramus. Studies in Sixteenth and Seven- teenth Century Philosophy and Sciences. 2001. 285 pages. ISBN 978-3-7965-1560-6 Vol. II Martin Bondeli: Kantianismus und Fichteanismus in Bern. Zur philosophischen Geistesgeschichte der Helvetik sowie zur Entstehung des nachkantischen Idealismus. 2001. 419 Seiten. ISBN 978-3-7965-1724-2 Vol. III Arend Kulenkampff: Esse est percipi. Untersuchungen zur Philosophie George Berkeleys. 2001. 147 Seiten. ISBN 978-3-7965-1731-0 Vol. IV Francis Cheneval: Philosophie in weltbürgerlicher Bedeutung. Über die Entstehung und die philosophischen Grundlagen des supranationalen und kosmopolitischen Denkens der Moderne. 2002. 687 Seiten. ISBN 978-3-7965-1946-8 Vol. V Martin Bondeli, Alessandro Lazzari (Hrsg.): Philosophie ohne Beynamen. System, Freiheit und Geschichte im Denken Karl Leonhard Reinholds. 2004. 431 Seiten. ISBN 978-3-7965-2012-9 Vol. VI Wolfgang Rother: La maggiore felicità possibile. Untersuchungen zur Philosophie der Aufklärung in Nord- und Mittel­italien. 2005. 445 Seiten. ISBN 978-3-7965-2106-5 Vol. VII Stefan Rissi: Descartes und das Problem der Philosophie. 2005. 294 Seiten. ISBN 978-3-7965-2183-6 Vol. VIII Andreas Urs Sommer: Sinnstiftung durch Geschichte? Zur Entstehung spekulativ-universalistischer Geschichts­philosophie zwischen Bayle und Kant. 2006. 582 Seiten. ISBN 978-3-7965-2214-7 Vol. IX Béla Kapossy: Iselin contra Rousseau. Sociable Patriotism and the History of Mankind. 2006. 348 pages. ISBN 978-3-7965-2215-4

Vol. X Martin Bondeli: Apperzeption und Erfahrung. Kants transzendentale Deduktion im Spannungsfeld der frühen Rezeption und Kritik. 2006. 361 Seiten. ISBN 978-3-7965-2216-1 Vol. XI

Ives Radrizzani (éd.): Fichte lecteur de Machiavel. Un nouveau Prince contre l’ occupation napoléonienne. 2006. 158 pages. ISBN 978-3-7965-2169-0

Vol. XII Christian Graf: Ursprung und Krisis. Heinrich Barths existentialgnoseologischer Grundansatz in seiner Herausbildung und im Kontext neuerer Debatten. 2008. 349 Seiten. ISBN 978-3-7965-2413-4 Vol. XIII Riccardo Pozzo: Adversus Ramistas. Kontroversen über die Natur der Logik am Ende der Renaissance. 2012. 259 Seiten. ISBN 978-3-7965-2818-7 Vol. XIV Hermann Lübbe: Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse. Analytik und Pragmatik der Historie. 2., um eine neue Ein­leitung erweiterte Auflage. 2012. 368 Seiten. ISBN 978-3-7965-2714-2 Vol. XV Silvan Imhof: Der Grund der Subjektivität. Motive und P ­ otenzial von Fichtes Ansatz. 2014. 264 Seiten. ISBN 978-3-7965-2844-6 Vol. XVI L  aurent Cesalli, Janette Friedrich (eds.): Anton Marty & Karl Bühler. Between Mind and Language – Zwischen Denken und Sprache – Entre pensée et langage. 2014. 460 Seiten. ISBN 978-3-7965-3214-6

Das Signet des 1488 gegründeten Druck- und Verlagshauses Schwabe reicht zurück in die Anfänge der Buchdrucker­kunst und stammt aus dem Umkreis von Hans Holbein. Es ist die Druckermarke der Petri; sie illustriert die Bibelstelle Jeremia 23,29: «Ist nicht mein Wort wie Feuer, spricht der Herr, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmet­tert?»

eeV V tt ee ss u u ee D D -- n n ii rr p p rr ee p p aa ii o o ss p p ii m mu u tt cc u u ll tt aa rr ss ii rr b b ee -- n no o cc n no o sPhilo­ ss ii m o m o Irmgard Männlein­Robert, geb. 1970, ist Professorin für Klassische s Irmgard Männlein­Robert, geb. 1970, ist Professorin für Klassische Philo­ logie/Gräzistik an der Universität Tübingen. Ihre Arbeitsschwerpunkte eesind n n aa h logie/Gräzistik an derinUniversität Ihre Arbeitsschwerpunkte sind n n h Platon, Platonismus KaiserzeitTübingen. und Spätantike, hellenistische Ästhetik Platon, Platonismus in Kaiserzeit und Spätantike, hellenistische Ästhetik und Poetik sowie kulturwissenschaftliche Fragestellungen. ss eett tt u und Poetik sowie kulturwissenschaftliche Fragestellungen. u Wolfgang Rother, geb. 1955, ist Professor für Philosophie an der Universität

Philosophus orator – der Philosoph und der Redner, der Philosoph als Philosophus oratorund – der Philosophstehen und der der Philosoph als Redner. Rhetorik Philosophie seit Redner, den Anfängen des abend­ IV Rhetorik und Philosophie stehen Inhalt seit den Anfängen des abend­ Redner. ländischen Denkens in einem komplexen Verhältnis zueinander, das von ländischen Denkens in einem komplexen Verhältnis das von Konkurrenz und gegenseitiger Ablehnung ebenso wiezueinander, von wechselseitiger Konkurrenz undInterdependenz gegenseitiger Ablehnung wie von wechselseitiger Adaptation und geprägt ist. ebenso Es hat seinen guten Grund, dass Adaptation und Interdependenz geprägt ist. Es hat seinen guten Grund, dieser Band Michael Erler gewidmet ist, der neben seinen Studien zu dass Epi­ dieser Band Erler gewidmet neben seinen Studien zu Epi­ kur  und zumMichael Epikureismus vor allemist,alsder Platon­Forscher und Autor des kur  und zum Epikureismus vor allem als Platon­Forscher und Autor des wohl wichtigsten neueren Buchs über Platon bekannt ist. Zwar hat Epikur wohl wichtigsten neueren Buchs über Platon bekannt ist. Zwar hat der Rhetorik bekanntlich keine große Bedeutung zugemessen, undEpikur auch der Rhetorik bekanntlich keine große Bedeutung zugemessen, und auch Platon hatte sich in seiner antisophistischen Polemik gegen die Trennung Platon hatte Fertigkeiten sich in seinervon antisophistischen die Trennung rhetorischer der PhilosophiePolemik und dergegen Wahrheit gewandt. rhetorischer Fertigkeiten von der Philosophie und der Wahrheit Aber bei wohl keinem anderen Philosophen greifen das Literarischegewandt. und das Aber bei wohl keinem Philosophen greifen Literarische undvon das Philosophische so eng anderen ineinander, wie Michael Erlerdas selbst in einer Fülle Philosophische so eng ineinander, wie Michael Erler selbst in einer Fülle von Beiträgen gezeigt hat. Beiträgen gezeigt hat. Im vorliegenden Band wird die Allgegenwart rhetorischer Elemente und Im vorliegenden Band wird die Allgegenwart rhetorischerZugriff Elemente Strategien in philosophischen Texten in einem diachronen von und den Strategien in philosophischen Texten in die einem diachronen voneines den Anfängen bei den Vorsokratikern bis in Spätantike und Zugriff – in Form Anfängen bei den Vorsokratikern bis in die Spätantike und – in Form eines Ausblicks – bis ins Mittelalter und bis zu Hegel untersucht. Ausblicks – bis ins Mittelalter und bis zu Hegel untersucht.

Wolfgang Rother, geb. 1955, ist Professor für Philosophie an der Universität Zürich. Seine Arbeitsgebiete sind Philosophie­ und Ideengeschichte, Philo­ Zürich. Seine Arbeitsgebiete sind Philosophie­ und Ideengeschichte, Philo­ sophie der Aufklärung, Existenzphilosophie, Hedonismus, Strafrechtsphilo­ sophie Hedonismus, Strafrechtsphilo­ sophie der undAufklärung, PhilosophieExistenzphilosophie, der Geschichte. sophie und Philosophie der Geschichte. Christian Tornau, geb. 1967, ist Professor für Klassische Philologie an der Christian geb. Seine 1967,Forschungsschwerpunkte ist Professor für Klassische Philologie an der UniversitätTornau, Würzburg. sind die Philosophie Universität Würzburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Philosophie des Neuplatonismus und die lateinische Patristik, insbesondere Augustinus. des Neuplatonismus und die lateinische Patristik, insbesondere Augustinus. Stefan Schorn, geb. 1971, ist Professor für Alte Geschichte an der KU Leuven. Stefan Schorn,sich geb. mit 1971, ist Professor für Alte Geschichte an der KU Leuven. Er beschäftigt griechischer Historiographie, Biographie, politischer Er beschäftigt sich mit griechischer Historiographie, Biographie, politischer Theorie und Religionsgeschichte. Theorie und Religionsgeschichte.

Schwabe Verlag Basel Schwabe Verlag Basel www.schwabeverlag.ch www.schwabeverlag.ch

I S B N 978-3-7965-3337-2 I S B N 978-3-7965-3337-2

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