Orthodoxe Selbst- und Fremdbilder: Identitätsdiskurse der rumänischen orthodoxen Theologie im Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche in der Zeit von 1875 bis 1989 [1 ed.] 9783737011907, 9783847111900


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German Pages [327] Year 2020

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Orthodoxe Selbst- und Fremdbilder: Identitätsdiskurse der rumänischen orthodoxen Theologie im Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche in der Zeit von 1875 bis 1989 [1 ed.]
 9783737011907, 9783847111900

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Religion and Transformation in Contemporary European Society

Band 18

Herausgegeben von Kurt Appel, Christian Danz, Jakob Helmut Deibl, Rüdiger Lohlker, Richard Potz und Sieglinde Rosenberger

Die Bände dieser Reihe sind peer-reviewed.

Ioan Moga

Orthodoxe Selbst- und Fremdbilder Identitätsdiskurse der rumänischen orthodoxen Theologie im Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche in der Zeit von 1875 bis 1989

V&R unipress Vienna University Press

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Veröffentlichungen der Vienna University Press erscheinen bei V&R unipress. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Rektorats der Universität Wien. © 2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: RaT-Logo (Gerfried Kabas, Wien). Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2198-5235 ISBN 978-3-7370-1190-7

»Lasset uns alles, was in unserer Kraft steht, tun, um uns gegenseitig wiederzuentdecken, angefangen beim aus der Liebe kommenden Respekt gegenüber der Tradition des Anderen!« (Patriarch Teoctist, Rede anlässlich der von Papst Johannes Paul II. gefeierten Messe in Bukarest, 9. Mai 1999)

Inhalt

Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Allgemeine Forschungsfrage und ihre ökumenische Relevanz . . . 1.1.1. Erste Eingrenzung: Theologiegeschichte des orthodox-katholischen Dialogs . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2. Zweite Eingrenzung: die akademische, rumänischsprachige orthodoxe Theologie von 1875 bis 1989 . . . . . . . . . . . . 1.2. Zum Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1. Zur Theologiegeschichte des orthodox-katholischen Dialogs: Vergangenheitsbewältigung als ständige Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2. Das orthodoxe Antiwestlertum – ein Leitmotiv und seine Forschungsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3. Der Westen als notwendiges Kontrastprogramm orthodoxer Identität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4. Der lange Schatten der »Pseudomorphose«-These Florovskys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5. Eine aktuelle rumänische Geschichte der Dogmatik und ihr antiwestliches Leitmotiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.6. Zusammenfassung und Präzisierung der Forschungsfragen . 1.3. Methode, Quellen und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1. Methodologische Positionierung . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2. Quellenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3. Aufbau und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 15

2. Das apologetische Paradigma (Ende des 19. Jh.) 2.1. Multi- und monokonfessionelle Kontexte . 2.2. Theologische Standorte und Kulturwelten . 2.2.1. Czernowitz . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

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3. Vom kulturellen zum nationalen Paradigma (1900–1945) . . . . . . . 3.1. Die moderne Orthodoxie versus den antimodernen Katholizismus. Die Haltung zum kulturellen Fortschritt als konfessionelle Profilbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1. Nicolae Ba˘lan: Ausstieg aus der Polemik und Bejahung der Moderne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2. Iuliu Scriban: Kritik des katholischen Antimodernismus . . 3.1.3. Moderne als Chance zur Bildung – das Leitmotiv einer Generation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Zwischen Polemik und Konvivenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1. Topoi interkonfessioneller Relationalität . . . . . . . . . . . 3.2.1.a. Schwesterkirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.b. Die »drei großen Kirchen«, wovon nur eine die »wahre Kirche« ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.c. »Fremde Macht« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1.d. »Schismatische« oder »häretische« Kirche . . . . . . 3.2.1.e. Der Begriff des »Papismus« und das Absprechen des Kirchenstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2. Zeichen einer Kultur der Anerkennung . . . . . . . . . . . . 3.2.3. Ioan (Irineu) Miha˘lcescu: Anfänge einer ökumenischen Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2.2.2. Sibiu (Hermannstadt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3. Bukarest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Antikatholische polemische Werke und ihre Übersetzung ins Rumänische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Die Papstdogmen des Ersten Vatikanums und ihre Rezeption in der rumänischen orthodoxen Theologie . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1. Ghenadie Ena˘ceanu: die »päpstliche Dogmatik« mit scholastischen Begriffen bekämpfen . . . . . . . . . . . . . 2.4.2. Melchisedec S,tefa˘nescu: kirchenpolitische Lektüre des Ersten Vatikanums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3. Vasile Mangra: nationale Kirche gegen anti-nationale Subordinierungstendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.4. Gregorie Pletosu: der »Krieg des Papstes gegen Christus« . 2.5. Alexiu Comoros,an: zwischen konfessioneller Standortbestimmung und Bejahung westlicher Wissenschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9

Inhalt

3.3. Dumitru Sta˘niloaes nationaltheologisches Programm . . . . . . . 3.3.1. Die Inkompatibilität zwischen »Rumänentum« und »Katholizismus« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2. Die Nation als theologisches Identitätsmuster und als Front gegen den Katholizismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3. Die Gratwanderung zwischen national- und personzentriertem Christentum . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4. Praktische Konsequenzen: Befreiung von den westlichen (katholischen) Ausbildungsmodellen und Aufforderung zur Rückkehr der Unierten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Politisierung der Interkonfessionalität und das komparatistische Paradigma (1945–1960) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Politische Wende und kirchenpolitisch-theologische Neuorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1. Die Beschlüsse der Moskauer Konferenz 1948 . . . . . . . . 4.1.2. … und ihre Implementierung in der rumänischen Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3. Die ambivalente Gratwanderung der großen Theologen: Ioan G. Coman, Teodor M. Popescu und Dumitru Sta˘niloae 4.1.4. Die »Rückkehr« der Unierten: ein politischer Akt und seine theologische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2. Interkonfessionelle Typologisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1. Die Ambivalenz der doppelten Abgrenzung durch eine national-theologische Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2. Eine andere Typologie: die freie Orthodoxie gegen den autoritären Katholizismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Licht im Dunkel: Die (Wieder)Entdeckung der Sachlichkeit . . . . 4.3.1. Komparatistische Studien als vor-ökumenische Wahrnehmung des Anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2. Teodor Popescus ökumenischer Aufruf im Jahr 1956 . . . . 4.3.3. Eine verdeckte theologische Debatte über den Status der nicht-orthodoxen Christen (Sta˘niloae vs. Dra˘gus,in) . . . . . 4.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das ökumenische Paradigma (1961–1989) . . . . . . . . . . . . 5.1. Enthusiasmus für den Weltkirchenrat – Unterwegs zu einer rumänischen »ökumenischen Theologie« . . . . . . . . . . 5.1.1. Die ökumenische Wende 1961 . . . . . . . . . . . . . 5.1.2. …und ihre theologische Lektüre . . . . . . . . . . .

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10 5.1.3. Nicolae Mladin: gemeinsam unterwegs mit den Schwesterkirchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4. Dumitru Sta˘niloaes Vorstoß einer »offenen Sobornizität« . . 5.1.4.a. »Offene Sobornizität« als ökumenische Methode und Einheitsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.b. Ökumenisches Lernen vom Anderen . . . . . . . . . 5.1.4.c. Die Kirchlichkeit der anderen Kirchen: ein abgestuftes Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4.d. Ökumene und Welt: die kosmische Weite der einen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.5. Ion Bria: ein ökumenisch-theologisches Lebensprojekt . . . 5.2. Die rumänische Orthodoxie und das Zweite Vatikanum . . . . . . 5.2.1. Offizielle Zurückhaltung und theologisches Interesse . . . . 5.2.2. Skepsis und Polemik vor dem Konzil . . . . . . . . . . . . . 5.2.3. Die notwendige Reform des Anderen. Dumitru Sta˘niloaes Auseinandersetzung mit dem Konzil . . . . . . . . . . . . . 5.2.3.a. Kommentare zu den Konzilssitzungen und -dokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3.b. Der »Dialog der Liebe« in der Kritik . . . . . . . . . 5.2.3.c. Die moderne Orthodoxie? . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.3.d. Die Orthodoxie als die ausgleichende Mitte . . . . . 5.2.4. Andere rumänische Theologen zum Konzil . . . . . . . . . 5.2.5. Die ökumenische Vision eines Einzelgängers. André Scrima und das Zweite Vatikanum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3. Das erste Jahrzehnt des theologischen Dialogs (1980–1989): rumänische Teilnahme, Beiträge und Rezeption . . . . . . . . . . 5.3.1. Vom Monolog zum Dialog. Die stille Wende der rumänischen orthodoxen Theologie . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2. Antonie Pla˘ma˘deala˘ : für einen realistischen Dialog, zwischen Kirchendiplomatie und pastoraler Realität . . . . 5.3.2.a. Die »elastischen« Grenzen der Kirche. Pla˘ma˘deala˘s ekklesiologische Vision in seiner Dissertation aus dem Jahr 1972 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2.b. Ein Mitgestalter des orthodox-katholischen Dialogs . 5.3.2.c. Ut omnes unum sint . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3. Zwischen wissenschaftlicher Sachlichkeit und ökumenischer Ambivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Forschungsergebnis und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhalt

208 213 213 216 220 223 226 231 231 236 240 240 246 249 252 254 259 264 264 268

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11

Inhalt

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

291

Bibliographie . . . . . . . . . Kirchliche Dokumente Quellen . . . . . . . . . Sekundärliteratur . . .

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Danksagung

Die vorliegende Arbeit wurde im Jahre 2020 von der Universität Wien als Habilitationsschrift im Fach »Theologie und Geschichte des christlichen Ostens« angenommen. In aller Kürze möchte ich einigen Personen meinen großen Dank aussprechen, die mir den Abschluss dieser Arbeit ermöglicht haben. Prof. Dr. Rudolf Prokschi danke ich für die fruchtbare ökumenische Zusammenarbeit am Fachbereich Theologie und Geschichte des christlichen Ostens. Gedankt sei in vielfacher Hinsicht auch all jenen, die am Habilitationsverfahren beteiligt waren, sowie den drei Gutachtern. Für das Korrekturlesen bedanke ich mich herzlich bei Mag. Elias Haslwanter, Dr. Nikolaus Rappert und Dipl. theol. Arthur Pflanzer. Dank gilt auch der Universität Wien für die Übernahme eines Teils der Drucklegungskosten, sowie dem Forschungszentrum »Religion und Transformation in Contemporary Society« für die Aufnahme dieses Buchs in die RaTReihe und für die Unterstützung auf dem Weg zum Druck. Dank sei ferner auch dem Verlag und dem Redaktionsteam gesagt. Meiner Ehefrau und unseren vier Kindern sowie meinen Eltern und Schwiegereltern gebührt mein tiefster Dank für die geduldige, liebende Unterstützung in all diesen Jahren. Wien, 18. Juni 2020

Ioan Moga

1.

Einführung

1.1. Allgemeine Forschungsfrage und ihre ökumenische Relevanz Eine der Grundfragen ökumenischer Theologie ist die Art und Weise, wie die Identität des Anderen im Verhältnis zum eigenen Glaubens- und Identitätsbewusstsein erkannt und anerkannt wird. Das Thema des komplexen »Spiels der Identitäten«1 bleibt auch in der Neuauflage desselben Faches, d. h. in der sogenannten »Interkulturellen Theologie«2, genauso relevant, wenn auch durch die fehlende Suche nach einer kirchlichen Einheit etwas entschärft. Diese zentrale Frage kann eine genauso große Bedeutung für eine praktisch-theologische Herangehensweise an die Ökumene wie für eine systematisch-theologische haben. Im systematischen Bereich entspricht dies einer ekklesiologischen Hauptfrage, die von den verschiedenen Konfessionen und Konfessionsvertretern ganz unterschiedlich beantwortet wird: Welchen ekklesiologischen Status hat der Andere (d. h. die andere Konfession) und, als Konsequenz, welche Relevanz hat das (Kirche-)Sein des Anderen für das eigene Kirchesein? Es mag überraschen, dass nach Jahrzehnten ökumenischer Reflexion nicht nur die Unvereinbarkeit der verschiedenen Einheitsmodelle für eine Gesamtblockade sorgt3, sondern auch diese weit elementarere Frage immer noch ungelöst im Raum steht.4 Vor allem in der orthodoxen Theologie fehlt es sowohl im praktisch-liturgischen Bereich (die uneinheitliche Praxis der Aufnahme von Mitgliedern anderer

1 Romain Bertrand, Das Spiel der Identitäten in den Begegnungen zwischen Europa und Inselindien (16. bis 17. Jahrhundert), in: Conc(D) 53 (1/2017) 29. 2 Zu der Umwandlung des Faches »Ökumene- und Missionswissenschaften« zum Fach »Interkulturelle Theologie« und zu dessen inhaltlicher Neuausrichtung vgl. Reinhold Bernhardt, Interkulturelle Theologie. Studien- und Lehrbücher, in: ThR 82 (3/2017) 280–302. 3 Vgl. Johanna Rahner, The Day after Tomorrow. Ökumene zwischen De- und Rekonfessionalisierung, in: ThQ 197 (3/2017) 258. 4 Vgl. Ioan Moga, Regina Augustin (Hg.), Wesen und Grenzen der Kirche. Beiträge des Zweiten Ekklesiologischen Kolloquiums, Innsbruck 2015.

16

Einführung

christlicher Konfessionen in die Orthodoxe Kirche5) als auch in der Dogmatik an Konsens bezüglich »der theologischen Quantifizierung der Nicht-Orthodoxen«6. Die Debatte und die virulenten Reaktionen um das Dokument »Die Beziehungen der Orthodoxen Kirche zu der übrigen christlichen Welt«7 des Heiligen und Großen Konzils auf Kreta (2016) hat diese Baustelle mit aller Wucht ans Tageslicht gebracht. Manch westlich-theologischer Beobachter formulierte grundlegende Anfragen an die Orthodoxe Kirche bezüglich ihres Verständnisses der nicht-orthodoxen Kirchen und bezüglich der ausbleibenden Möglichkeiten für den Dialog in der Zukunft.8 Diese Anfragen sind durchaus berechtigt9, gehen jedoch vom klassischen Selbstverständnis ökumenischer Theologie aus, die die Theologiegeschichte des 20. Jh. als eine progressive Öffnung der konfessionellen Kirchen und Theologien zum Dialog und damit zur Ökumene betrachtet. In der ökumenischen Fachdiskussion wird immer noch vorausgesetzt und allgemein akzeptiert, dass die – bereits lange – Geschichte des ökumenischen Dialogs eine grundlegende und unwiederbringliche Änderung in der Wahrnehmung des Anderen mit sich gebracht hat: von polemischer Distanz zu geschwisterlicher Nähe, von Vorurteilen zum gegenseitigen Verstehen, vom Gegeneinander und Nebeneinander zum geschwisterlichen Miteinander, von Fremdheit zur versöhnten Würdigung der Andersheit. Die vergangenen Jahrhunderte (für die in5 Vgl. Alexej Veselov, Konversion zur Orthodoxie: die Aufnahme von westlichen Christen in die Orthodoxe Kirche. Theologie und Geschichte, Berlin 2016. 6 Peter C. Bouteneff, Ecclesiology and Ecumenism, in: Augustine Casiday (Hg.), The Orthodox Christian World, London – New York 2012, 380. 7 Relations of the Orthodox Church with the Rest of the Christian World, in: Alberto Melloni (Hg.), The Great Councils of the Orthodox Churches. Decisions and Synodika. Crete 2016 (Conciliorum Oecumenicorum Generaliumque Decreta. Editio critica, 4, part 3), Turnhout 2016, 1252–1292. Vgl. auch die deutschen Übersetzungen: Die Beziehungen der Orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt, in: Synodos. Die offiziellen Dokumente des Heiligen und Grossen Konzils der Orthodoxen Kirche (Kreta, 18.–26. Juni 2016), hg. von Bartholomaios von Arianz (Bischof) u. a., Bonn 2018, 57–66; Die Beziehungen der Orthodoxen Kirche zu der übrigen christlichen Welt, in: Barbara Hallensleben (Hg.), Einheit in Synodalität. Die offiziellen Dokumente der Orthodoxen Synode auf Kreta. 18. bis 26. Juni 2016, Münster 2017, 78– 86. 8 Vgl. Theresia Hainthaler, Nach der Heiligen und Großen Synode von Kreta 2016. Fragen und Überlegungen zu einem Neuansatz des orthodox-katholischen Dialogs, in: Dietmar Schon (Hg.) Dialog 2.0 – Braucht der orthodox-katholische Dialog neue Impulse?, Regensburg 2016, 118–133. 9 Vgl. Ioan Moga, Future Perspectives on Orthodox-Catholic Dialogue on the Basis of Current Documents of the Great and Holy Synod of Crete, in: JSRI 17 (51/2018) 20–36. Jedoch ist die Aporie nicht neu. Bereits 1974 schrieb der rumänische Ökumeniker Ion Bria: »In fact, Orthodoxy does not have any precise ecclesiological definition of other churches; we prefer to avoid being pressed into a priori answers […]. It is hardly up to us to penetrate into the mystery of the oikonomia of the Holy Spirit in the life of those Christians who are outside the canonical limits of Orthodoxy.« Ion Bria, Living in the One Tradition: an Orthodox Contribution to the Question of Unity, in: ER 26 (2/1974) 226.

Allgemeine Forschungsfrage und ihre ökumenische Relevanz

17

nerwestliche, konfessionelle Polemik: nach der Reformation; für das Ost-WestVerhältnis: die Verhärtung der Fronten nach dem gescheiterten Unionskonzil von Ferrara-Florenz 1438/39) gelten als negative Kontrastflächen für die Errungenschaften, die im Rahmen des multilateralen und bilateralen Dialogs im 20. Jh. erreicht wurden. Um alle diese Errungenschaften zu veranschaulichen, würde man, je nach theologischem Fach, entweder epochale Konsensdokumente, wichtige Ereignisse, historische Begegnungen oder institutionelle, nicht mehr wegzudenkende Kooperationen als Beispiele vorbringen. Diese Sicht muss, für den orthodoxen Bereich, spätestens seit dem Konzil auf Kreta in Frage gestellt werden: Die hermeneutischen Linien im Bereich der Ekklesiologie scheinen viel komplexer zu sein als ein linear-progressiver Schlüssel es nahelegen mag. Das progressive Bild der klassischen ökumenischen Theologie weist einige Widersprüche auf. Zu diesen Widersprüchen gehört nicht einfach nur die innerorthodoxe Diskussion auf und nach Kreta um den ekklesiologischen Status der anderen Kirchen10, sondern einiges mehr. So etwa die Tatsache, dass in den letzten zwei Jahrzehnten ein Stillstand oder sogar Rückschritte im ökumenisch-theologischen Prozess zu verzeichnen sind. Doch um von »Regression« sprechen zu können, müsste man zuerst feststellen, ob die viel gepriesene ökumenische »Progression« tatsächlich alle Ebenen der Theologie und des kirchlichen Lebens umfasst hatte. Fest steht, dass die ökumenische Fragestellung heutzutage von »einer dialektischen Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigkeiten« zwischen »Regression und Progression«11 gekennzeichnet ist. Die Gefahren einer solchen Dialektik sind offenbar: »Diese Dialektik fordert ein immenses Maß an Geduld und Ausdauer ein. Doch menschliche Geschichte ist nicht beliebig wiederholbar. So ist nicht auszuschließen, dass hier ein Kairos für mehr Verständigung im Gemeinsamen auch verspielt werden kann.«12

10 Vgl. dazu exemplarisch: Ioan Moga, Rezeption als Chance zum Aufbruch. Perspektiven der Orthodoxen Kirche nach der Synode auf Kreta, in: OrthFor 31 (1–2/2017) 119–125. Athanasios Vletsis, Das Ende oder der Beginn des synodalen Lebens in der Orthodoxie? Hoffnungen und Sorgen eines orthodoxen Theologen nach dem Panorthodoxen Konzil (Kreta: 19.-26. 06. 2016), in: OrthFor 31 (1–2/2017) 153–177. Rade Kisic´, Die Fundamente stärken: ein Kommentar zum Dokument des Konzils von Kreta über die »Beziehungen der Orthodoxen Kirche zu der übrigen christlichen Welt«, in: Cath(M) 71 (1/2017) 52–59. Evgeny Pilipenko, Zum ÖkumeneDokument der Orthodoxen Synode auf Kreta: Einige Überlegungen in Reaktion auf das Referat von Rade Kisic, in: Cath(M) 71 (1/2017) 60–63. 11 Bernhard Nitsche, Binnendifferenzierung. Die ökumenische Herausforderung des Identitätsdiskurses, in: Bernd Jochen Hilberath, Karl-Josef Kuschel (Hg.), Theologie im Gespräch. Eine Agenda für die Zukunft. Festschrift für Prof. Dr. Urs Baumann, Frankfurt a. M. 2006, 109. 12 Ebd.

18

Einführung

Zu dieser Dialektik gehört auch das Neuaufkommen starker antiökumenischer Strömungen in der Orthodoxen Kirche (aber nicht ausschließlich in ihr), die die als aufgebrochen gedachten stereotypen Bilder13 wieder zum Leben erwecken. Diese massive Infragestellung bis hin zur Dämonisierung des bisherigen ökumenischen Dialogs und jeglicher interkonfessionellen Annäherungsversuche wirft grundlegende Fragen bezüglich des längst geschehenen und scheinbar unwiderrufbaren Wandels christlicher Identitäten von Polemik zum Dialog auf. Die Frage der Zunahme exklusivistischer Tendenzen, fundamentalistischer Vereinnahmungen religiöser Identität oder zumindest einer konfessionellen Reprofillierung ist aktueller denn je zuvor. Im innerchristlichen Kontext betrachtet, hat dies, so Johanna Rahner, mit dem Prozess einer »erneuten Rekonfessionalisierung«14 zu tun: »Eine Hermeneutik des Vertrauens, wie sie in den ökumenischen Dialogen der letzten Jahrzehnte in einem langen Ringen entwickelt worden ist, die das Differente eben gerade auch als Ausfluss einer gemeinsamen Basis beschreiben kann, wird ersetzt durch eine Hermeneutik des Verdachts. Die Grenzziehungen zwischen ›wahr‹ und ›falsch‹ drohen prinzipieller und apodiktischer zu werden.«15

Auch wenn dieser Profilierungskampf sich vor allem in ethischen (familien-16, bio17 und sozialethischen18) Fragestellungen zuspitzt, wird er nach wie vor auf dem Hintergrund grundsätzlicher ekklesiologischer Divergenzen19 geführt, wobei die 13 Zum Aufbrechen »der festgefahrenen Bilder« des Anderen als ständige ökumenische Herausforderung vgl. Ernst Chr. Suttner, Das Bild des Anderen aus religionswissenschaftlicher Sicht, in: Valeria Heuberger, Arnold Suppan, Elisabeth Vyslonzil (Hg.), Das Bild vom Anderen. Identitäten, Mentalitäten, Mythen und Stereotypen in multiethnischen europäischen Regionen, Frankfurt a. M. u. a. 1998, 55–69. 14 J. Rahner, The Day after Tomorrow, 257. 15 Ebd., 265. 16 Kardinal Kurt Koch meint etwa, dass die »Ehe für alle« die Ökumene belaste: A. A., Erzbischof Koch: Uneinigkeit bei »Ehe für alle« belastet Ökumene, in: Die Tagespost (27. 03. 2018), https:// www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/online/Erzbischof-Koch-Uneinigkeit-bei-Ehe-fuer-allebelastet-OEkumene;art4691,187127 (abgerufen am 15. 04. 2019). Auch Metropolit Hilarion Alfeyef sieht den ökumenischen Dialog der Orthodoxie mit den protestantischen Kirchen angesichts derselben Frage für gefährdet: Vgl. Interview of Metropolitan Hilarion of Volokolamsk to Interfax news agency, https://mospat.ru/en/2014/09/17/news108063/ (abgerufen am 15. 04. 2019). Siehe auch Michael Roth, Ehe für alle – Störfall für die Ökumene, in: MdKI 68 (5/2017) 73–77. 17 Vgl. beispielweise Nikolaus Knoepffler, Bioethische Ökumene? Möglichkeiten und Grenzen zukünftiger gemeinsamer Stellnungnahmen zur Bioethik, in: VF 59 (1/2014) 3–11. 18 Hierbei genügt als Beispiel die Debatte um die Erklärung der Russisch-Orthodoxen Kirche zu den Menschenrechten. Vgl. Stefan Tobler, Menschenrechte als kirchentrennender Faktor? Die Debatte um das russisch-orthodoxe Positionspapier von 2008, in: ZThK 107 (3/2010) 325– 347. Kristina Stoeckl, The Russian Orthodox Church and Human Rights, London u. a. 2014. 19 Notger Slenczka wirft sowohl der Orthodoxen als auch der Römisch-Katholischen Kirche vor, dass dieser neue ekklesiologische Dissens der Tatsache zu verdanken wäre, dass diese beiden

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grundlegendste davon immer noch »die Frage nach dem wahren Kirche- und wahren Christsein«20 bleibt. Die »Fragen der ekklesiologischen Grundbestimmungen« erreichen also durch »die zunehmende Relevanz ethischer Fragestellungen«21 neue Vitalität. In diesem Spannungsfeld wäre die umfassende und transdisziplinäre Diskussion um die angemessene Hermeneutik von Identität und Alterität bzw. Differenz anzusiedeln, die in der zeitgenössischen ökumenischen Theologie22 und im interreligiösen Dialog23 immer mehr rezipiert wird. Der Schritt von einer momentanen »Hermeneutik des Verdachts« (die die ökumenische »Hermeneutik der Verständigung« abgelöst haben soll) hin zu einer »Hermeneutik der Differenz« (Bernhard Nitsche24, Philipp Stoelger25) oder einer »Hermeneutik des Einspruchs« (Richard Schenk26) ist theoretisch nachvollziehbar, bedarf aber einer kulturgeschichtlichen und konfessionell-theologischen Überprüfung und Kontextualisierung. Die Einsicht, dass »der fruchtbare Fortgang der Ökumene we-

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Kirchen »aus einem Grundkonsens« ausgetreten wären, »der zwar nie unproblematisch war, der aber die Arbeit im Ökumenischen Rat wie in vielen bilateralen Dialogen trug und zumindest zuweilen von den römisch-katholischen und orthodoxen Theologen, die an den Dialogen beteiligt waren, nicht eindeutig abgelehnt wurde«. Norbert Slenczka, Die trennende Kraft der einen Kirche. Probleme der ekklesiologischen Grundlagen der Ökumene, in: Reinhard Flogaus, Jennifer Wasmuth (Hg.), Orthodoxie im Dialog: Historische und aktuelle Perspektiven, Berlin – Boston 2015, 127. J. Rahner, The Day after Tomorrow, 267. Ebd., 268. Siehe Stefan Höschele, Stephen Lakkis (Hg.), Ökumene der Zukunft: hermeneutische Perspektiven und die Suche nach Identität, Frankfurt a. M. 2008. Für einen Überblick zur ökumenischen Diskussion über Identität und Differenz vgl.: Silke Dangel, Konfessionelle Identität und ökumenische Prozesse. Analysen zum interkonfessionellen Diskurs des Christentums, Berlin u. a. 2014, 7–14. Siehe etwa Katajun Amirpur, Thorsten Knauth, Carola Roloff, Wolfram Weiße (Hg.), Perspektiven dialogischer Theologie. Offenheit in den Religionen und eine Hermeneutik des interreligiösen Dialogs, Münster – New York 2016. Die Herausgeber skizzieren im zweiten Teil der Aufsatzsammlung die Grundelemente einer »dialogisch-interreligiösen Hermeneutik«. Vgl. B. Nitsche, Binnendifferenzierung, 112. Vgl. Philipp Stoelger, Verständigung mit Fremden. Zur Hermeneutik der Differenz ohne Konsens, in: Klaus Sachs-Hombach (Hg.), Verstehen und Verständigung. Intermediale, multimodale und interkulturelle Aspekte von Kommunikation und Ästhetik, Köln 2016, 164– 193. Vgl. Richard Schenk, Eine Ökumene des Einspruchs. Systematische Überlegungen zum heutigen ökumenischen Prozess in einer römisch-katholischen Sicht, in: Hans Otte, Richard Schenk (Hg.), Die Unionsgespräche im Niedersachsen des 17. Jahrhunderts. Rojas y Spinola, Molan, Leibniz, Göttingen 1999, 225–250. Auch weitere Modelle wären möglich. Ram Adhar Mall spricht – allerdings nicht bezogen auf die ökumenische Fragestellung – von einer »Hermeneutik der Überlappung«: Ram Adhar Mall, Hermeneutik der Überlappung jenseits der Identität und Differenz, in: interculture journal. Online-Zeitschrift für interkulturelle Studien 12 (21/2013) 11–32. Die »Hermeneutik der Überlappung jenseits von Identität und Differenz« sei »integrativ« und befürworte »einen ontologischen, methodologischen und logischen Pluralismus« (ebd., 12).

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sentlich von einer starken Identität«27 abhängt, hat auch Silke Dangel dazu geführt, ein kulturwissenschaftliches Beschreibungsmodell zu entwickeln, das die Gleichzeitigkeit des Prozesses der Abgrenzung und des Prozesses der Annäherung in der ökumenischen Arbeit erklären soll. Der Verdienst der Untersuchung Dangels besteht darin, zu zeigen, dass »jeder ökumenische Diskurs« auch »als konfessioneller Identitätsdiskurs zu verstehen ist«28, und dass man, ausgehend von dieser Erkenntnis, bezüglich der »angestrebten ökumenischen Gemeinschaft« von Anfang an »differenzierte Übereinstimmungen«29 vor Augen haben soll. Die Arbeit Dangels steht paradigmatisch für eine ganze Strömung der zeitgenössischen (nicht nur protestantischen) Theologie30, die das alte Ideal einer Einheit im Glauben (und damit auch einer ersehnten Überwindung der konfessionellen Zersplitterung der Christenheit) als Inbegriff der ökumenischen Bewegung mehr oder weniger mit dem Anspruch ersetzt hat, konfessionelle Identität und ökumenische Verständigung in einem Gleichgewicht halten zu müssen. Wird damit das Modell der vollkommenen Glaubensgemeinschaft endgültig zu Grabe getragen? Weiter lässt sich fragen: Bekommen damit die vorökumenischen, interkonfessionellen Kontroversen oder die zeitgenössischen antiökumenischen Bewegungen doch eine Rechtfertigung, nämlich als Ausdruck eines konfessionellen Identitätsdiskurses? Es ist nicht Aufgabe dieser Arbeit, in dieses komplexe und identitätstheoretische Diskussionsfeld einzusteigen, sondern nur auf die unverzichtbare geschichtliche (hier: theologiegeschichtliche) Komponente hinzuweisen. Auch in der Diskussion über eine ökumenische Hermeneutik zeigt sich immer mehr31, dass die geschichtliche Dynamik des Verhältnisses zwischen Identität und Differenz, zwischen Selbst- und Fremdbildkonstruktion und zwischen Polemik und Dialog einer größeren Aufmerksamkeit bedarf. Nur die Geschichte kann uns die Grenzen zeigen, über welche jeder noch so gut gemeinte, konfessionelle oder kulturelle Identitätsdiskurs nicht mehr ökumenisch konstruktiv, sondern destruktiv wirkt. Außerdem lernen wir nur aus der Geschichte, wie leicht hermeneutische Konstruktionen, die die Differenz betonen, zu Mechanismen der Entfremdung und schließlich zu einem Exklusivismus führen können.

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S. Dangel, Konfessionelle Identität, 349. Ebd., 17. Ebd., 18. Vgl. Lothar Ullrich, Konfessionelle Identität. Historischer Überblick und ökumenische Relevanz, in: Bernd J. Hilberath, Dorothea Sattler (Hg.), Vorgeschmack. Ökumenische Bemühungen um die Eucharistie, Mainz 1995, 59–73. 31 Vgl. Gemeinsamer orthodox-katholischer Arbeitskreis St. Irenäus (Hg.), Im Dienst an der Gemeinschaft. Das Verhältnis zwischen Primat und Synodalität neu denken, Paderborn 2018, 29–40.

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Deshalb soll im Rahmen dieser Arbeit das verzerrte, vorurteilsbedingte und stereotype Bild des Anderen (hier konkret: der westlichen Christenheit), welches z. B. in den aktuellen antiökumenischen Strömungen32 zu Tage tritt, als Ausgangsherausforderung genommen werden, um den theologiegeschichtlichen Hintergrund des modernen orthodoxen Identitätsprofils als Abgrenzungsmechanismus vom Westen zu untersuchen. Dazu gehören mindestens drei Forschungsfragen: 1. Welche Bilder des Anderen hat die moderne orthodoxe Theologie im Zusammenhang mit der westlichen Christenheit entwickelt und welche Hermeneutik liegt diesen Bildern zugrunde? 2. Welche Etappen hat die orthodoxe Theologie im 20. Jh. durchgemacht in der Einschätzung der christlichen Identität der anderen Konfessionen? Entsprechen diese Etappen einem progressiven, linearen Schema (von Polemik und Feindschaft zu Toleranz, von Toleranz zum Miteinander, vom Miteinander zur Einheit) oder sind diese Etappen Ausdruck relativer, zeit- und regionalbedingter Annäherungs- und Entfremdungsprozesse? 3. Hat schließlich der ökumenische Dialog (an dem die Orthodoxe Kirche seit den 1920er Jahren beteiligt war) grundlegende Veränderungen im Selbstverständnis der orthodoxen Theologie im Verhältnis zu den anderen Konfessionen veranlasst? Im Rahmen dieses sehr breit angelegten Fragenkomplexes gilt es, einen ergebnisorientierten Forschungsfokus zu setzen bzw. den Blickwinkel einzugrenzen.

1.1.1. Erste Eingrenzung: Theologiegeschichte des orthodox-katholischen Dialogs Von der ganzen Bandbreite der interkonfessionellen Beziehungen (bzw. des ökumenischen Dialogs) soll das Verhältnis zwischen Orthodoxer und RömischKatholischer Kirche bzw. die Hermeneutik der römisch-katholischen Identität seitens der orthodoxen Theologen in den Mittelpunkt gestellt werden. Grund für diese Auswahl ist die Tatsache, dass zwischen Orthodoxer und Römisch-Ka32 Vgl. Paul Ladouceur, On Ecumenoclasm: Anti-Ecumenical Theology in Orthodoxy, in: SVTQ 61 (3/2017) 323–355. Pantelis Kalaitzidis, Theological, Historical, and Cultural Reasons for Anti-Ecumenical Movements in Eastern Orthodoxy, in: Ders. u. a. (Hg.), Orthodox Handbook on Ecumenism. Ressources for Theological Education, Volos u. a. 2014, 134–152. Boris Knorre, Die anti-ökumenische Rhetorik orthodoxer Fundamentalisten, in: RGOW 46 (10/ 2018) 11–13. Vasilios N. Makrides, Pro- und anti-ökumenischee Richtungen in der griechisch-orthodoxen Welt, in: RGOW 46 (10/2018) 14–17. Will Cohen, Politische und theologische Motivationen der (Anti-)Ökumene, in: RGOW 46 (10/2018) 24–27.

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tholischer Kirche trotz starker Gemeinsamkeiten im 18.–19. Jh. eine große Entfremdung stattgefunden hat.33 Während die orthodox-protestantischen Beziehungen nach anfänglichen Annäherungsversuchen im 16. Jh. und nach gescheiterten protestantisierenden Einflüssen im orthodoxen Bereich insgesamt bei einem gewissen, wenn auch von gegenseitigen Beeinflussungen nicht freien, neutralen status quo des Nebeneinanders geblieben sind34, trugen die orthodoxkatholischen Beziehungen nach den gescheiterten Unionskonzilien im Mittelalter eine komplexere und polemischere Dynamik in sich, die man auch als »Hassliebe« bezeichnen könnte. Das Erste Vatikanum schlug aus orthodoxer Sicht den letzten Nagel in den Sarg der verstorbenen Geschwisterlichkeit. Umso überraschender war ab 1960 die Ausrufung eines »Dialogs der Liebe« und ab 1980 der Beginn des »Dialogs der Wahrheit«. Zwischen dem Ersten Vatikanum und dem Jahr 2000 (das von einem Schiffbruch der orthodox-katholischen theologischen Dialogversammlung in Baltimore gekennzeichnet war) erfuhren die orthodox-katholischen Beziehungen verschiedene Tiefen und Höhen. Gerade angesichts dieser kontrastreichen Entwicklungen eignet sich der orthodox-katholische Dialog als Spiegelfläche für die anvisierte Forschungsfrage. Es ist auch für den Bereich des orthodox-katholischen Dialogs dieselbe gängige These in Frage zu stellen und anhand der vorliegenden Untersuchung zu nuancieren, die am Anfang erwähnt wurde, dass nämlich vor dem ökumenischen Aufbruch Anfang der 1960er Jahre die Zeit der Polemik und der dunklen Feindschaft vorherrschte und danach allmählich, aber uneinholbar, die Zeit der Wiederentdeckung als »Schwesterkirchen« begann. So schreiben etwa zwei rumänische Autoren eines Gesamtrückblicks der Geschichte der orthodoxen Theologie im 20. Jh.: 33 Vgl. Ernst Chr. Suttner, Schismen, die von der Kirche trennen, und Schismen, die von ihr nicht trennen, (Ökumenische Wegzeichen 15), Fribourg 2003, 113–124. 34 Diese Einschätzung ist natürlich sehr allgemein formuliert und müsste anhand des jeweiligen sprachlichen und zeitlichen Kontextes nuanciert werden. Für den Kontext Siebenbürgens sprechen einige Autoren von einem »Zusammenleben«, der »zu einem ertragreichen und friedlichen Prozess der gegenseitigen Beeinflussung geführt hat« (vgl. Constantin Pa˘tuleanu, Die Begegnung der rumänischen Orthodoxie mit dem Protestantismus (16. bis 20. Jahrhundert), Hamburg 2000, 113) oder vom »Einfluss des lutherischen siebenbürgischen Humanismus und Reformatoren für die Übersetzung und das Drucken der ersten Bücher in rumänischer Sprache« (so Daniel Benga, Die Reformation Martin Luthers widerspiegelt in der orthodoxen Theologie, in: Review of Ecumenical Studies Sibiu 9 (2017) 355). Für den russisch-orthodoxen Kontext gilt es, auf eine noch komplexere Verhältnisbestimmung hinzuweisen: vgl. Ludolf Müller, Die Kritik des Protestantismus in der russischen Theologie vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Mainz 1951. Ders., Russischer Geist und Evangelisches Christentum: die Kritik des Protestantismus in der russischen religiösen Philosophie und Dichtung im 19. und 20. Jahrhundert, Witten-Ruhr 1951. Jennifer Wasmuth, Der Protestantismus und die russische Theologie. Zur Rezeption und Kritik des Protestantismus in den Zeitschriften der Geistlichen Akademien an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, Göttingen 2007.

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»After their separation caused by the 1054 schism, the relationships between the Orthodox and the Roman-Catholic Church were marked by a spirit of rivalry, competition and proselytism, until the second half of the 20th century, which brought about an ›official warming‹ of the East-West relationships, through four important moments: 1) the Second Vatican Council (1962–1965); 2) The Pan-Orthodox Conferences of Rhodes; 3) the engagement in the so-called ›dialogue of love‹ initiated by the Ecumenical Patriarch Athenagora I and Pope Paul VI, and 4) the mutual lifting of the 1054 anathemas, on the 7th December, 1965.«35

Hinsichtlich der kirchlichen Beziehungen ist diese Beschreibung durchaus berechtigt. Sie entspricht auch der römisch-katholischen Kirchengeschichtsschreibung, die den Durchbruch des bilateralen Dialogs mit dem Anfang der 1960er Jahre ansetzt. Alles andere davor sei eine lange Zeit der gegenseitigen Feindschaft und der ebenfalls gegenseitigen Infragestellung des ekklesialen Status gewesen: »Centuries of mutual isolation and hostility ensued [after Ferrara-Florence; I.M], with each church de facto denying the ecclesial reality of the other. The situation began to improve only in the 1960s […].«36 Doch die Theologiegeschichte der orthodox-katholischen Wechselwirkungen ist viel komplexer und kann nicht mit den großen Stationen des offiziell-kirchlichen Dialogs gleichgesetzt werden. Vor allem für den Zeitraum zwischen dem Ersten Vatikanum und dem Anfang der 1960er Jahre ist eine große Forschungslücke im Bereich der Theologiegeschichte orthodox-katholischer Beziehungen zu vermerken. Diese Forschungslücke zu schließen ist ein Gebot der Stunde, nicht nur aus der Sicht der Theologiegeschichte, sondern auch aus einer ökumenisch-theologischen Perspektive. Denn die letzten drei Dekaden im orthodox-katholischen Dialog haben mehrfach deutlich gemacht, dass es nicht nur einen linearen Weg »von der Kontroverse zum Dialog« gibt, sondern immer wieder die Gefahr droht, »vom Dialog zur Kontroverse«37 zurückzufinden. Wie Johannes Oeldemann zu Recht auf dieses Phänomen hingewiesen hat, schwankt der orthodox-katholische Dialog immer noch »zwischen Bewundern und Befremden«38; damit die zweite Dimension nicht wieder Überhand bekomme, müssten »persönliche Begegnungen zwischen Orthodoxen und Katholiken«39 Priorität bekommen. 35 Alexandru Moraru, Viorel Ionit¸a˘, Bilateral dialogues of the Orthodox Churches with other Christian Churches: Lending Impetus to the Orthodox Theological Thought, in: Viorel Ionit¸a˘ (Hg.), Orthodox Theology in the 20th Century and Early 21st Century. A Romanian Orthodox Perspective, Bukarest 2013, 113. 36 Ronald G. Roberson, Orthodox – Roman Catholic Dialogue, in: DEM, 762. 37 Vgl. Johannes Oeldemann, Von der Kontroverse zum Dialog oder vom Dialog zur Kontroverse? Begegnungs- und Spannungsfelder im ökumenischen Dialog zwischen Orthodoxen und Katholiken, in: OS 62 (1/2013) 114–135. 38 Ebd., 135. 39 Ebd., 130.

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Die vorliegende Arbeit geht von der These aus, dass die immer wieder von neuen Rückschlägen oder neuaufgebauten Vorurteilen bestätigte Befürchtung eines Zurückfallens in Kontroversen und Befremden auch mit der Tatsache zu tun hat, dass vor allem innerhalb der orthodoxen Theologie, die Zeit vor dem ökumenischen Durchbruch (im orthodox-katholischen Dialog: die Zeit vor 1960) nicht genügend theologiegeschichtlich und damit selbstkritisch bearbeitet und bewältigt wurde. Die alten Fremd- und Feindbilder der Vergangenheit leben unterschwellig fort und können – angesichts einer traditionstheoretisch begründeten Hermeneutik der Kontinuität – immer wieder reaktiviert werden. Von dieser These ausgehend stellt sich die Frage, ob alles, was zu dieser vor-ökumenischen Vergangenheit (d. h., pauschal formuliert, vor dem Beginn des sogenannten »Dialogs der Liebe«) gehört, im Bereich der »Fremd- und Feindbilder« einzuordnen wäre und ob – so unsere Hypothese – nicht sogar diese Vergangenheit in all ihrer Komplexität mehr Dialogimpulse beinhalten könnte als die gegenwärtig zwar vermeintlich ökumenische, aber in Aporien festgefahrene Epoche.

1.1.2. Zweite Eingrenzung: die akademische, rumänischsprachige orthodoxe Theologie von 1875 bis 1989 Eine zweite Eingrenzung ist notwendig. Im Rahmen dieser Arbeit werden wir uns der akademischen, rumänischsprachigen orthodoxen Theologie vom Ende des 19. Jh. bis zur politischen Wende (1989) in ihrem Identitätsdiskurs gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche und Theologie als Forschungsobjekt widmen. Die multiethnischen und multikonfessionellen Hintergründe des rumänischsprachigen Kulturraumes (sie sollen später thematisiert werden) stellen aus ökumenisch-theologischer Sicht einen einzigartigen Kontext dar, der in der bisherigen Forschung des orthodox-katholischen Dialogs kaum berücksichtigt wurde. Die rumänische Identität wird bis heute, nicht nur seitens der rumänischorthodoxen oder rumänisch-unierten TheologInnen, aufgrund der lateinischen Sprachwurzel und Kulturaffinität und der gleichzeitigen kirchlichen Zugehörigkeit zur Welt des byzantinischen Ostens immer noch als eine potentielle Brücke zwischen Osten und Westen angesehen: »As the only people speaking a Romance language in the Orthodox oikoumene, the Romanians have looked much toward Western Europe, especially France, in the past one hundred and fifty years.«40

40 Michael Prokurat, Alexander Golitzin, Michael D. Peterson, Historical Dictionary of the Orthodox Church, London 1996, 276.

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Ob dieser Gemeinplatz ökumenischer Gesinnung dem Profil der rumänischen orthodoxen Theologie im 20. Jh. entspricht, soll im Laufe der vorliegenden Untersuchung ersichtlich werden. Unabhängig davon gilt es, die sprachlich-kulturelle Einzigartigkeit der rumänischen Orthodoxie gegenüber der griechischen und der slawischen Orthodoxie festzuhalten. Aus diesen Gründen soll nur dieser Sprachraum einer theologiegeschichtlichen Untersuchung unterzogen werden. Mit »akademisch« ist hier die theologische Produktion gemeint, die von Professoren der orthodoxen Fakultäten und Akademien betrieben wurde. Dadurch werden historische Entwicklungen im pastoralen, kirchenpolitischen, politischen oder kulturellen Bereich ausgeschlossen (die etwa die Interaktionen zwischen Orthodoxen und Katholiken und/oder Unierten betreffen), ebenso wie Veröffentlichungen von namhaften Intellektuellen (wie Nae Ionescu, Nichifor Crainic, Lucian Blaga, Mircea Vulca˘nescu), die zwar für die theologiegeschichtliche Fragestellung »rumänische orthodoxe Identität versus Identität anderer Konfessionen« relevant sind, aber nicht denselben kirchlichen Repräsentativitätscharakter beanspruchen können wie die Produktion von Theologen, die damals an kirchlich anerkannten Ausbildungsstätten unterrichteten. Diese Auslassung mag im kulturgeschichtlichen Kontext der Zwischenkriegszeit künstlich erscheinen41, erleichtert aber den Blick auf die innertheologischen Diskursstränge. Die Implikationen des Denkens von Intellektuellen wie Nae Ionescu oder Nichifor Crainic für das »nationaltheologische« Profil der rumänischen Theologie in der Zwischenkriegszeit wurden bereits mehrfach untersucht, wie z. B. von Keith Hitchins oder neuerdings, in vertiefter Form, von Nicolai Staab.42 Diese Forschungsergebnisse werden vorausgesetzt. Doch die Betonung des Nationalen beginnt in der rumänischen Theologie bereits früher und hat schon lange vor der nationalistischen Zuspitzung in den 1930er Jahren eine interkonfessionelle Abgrenzungskomponente, die es herauszuarbeiten gilt. Die zeitliche Eingrenzung ergibt sich aus zwei Gründen: Erstens kann man von einer rumänischsprachigen Theologie im akademischen Sinne erst ab der zwei41 Dieser Einwand würde vor allem Nichifor Crainic betreffen, der u. a. als Professor an der theologischen Fakultät in Czernowitz (1926–1932) und in Bukarest (1932–1944) wirkte. Vgl. Ioan I. Ica˘ Jr, Nichifor Crainic s,i redescoperirea misticii în Ortodoxie în prima juma˘tate a secolului XX, in: Nichifor Crainic, Cursurile de mistica˘, hg. von Ioan I. Ica˘ Jr, Sibiu 2010, 9– 22. Crainic bleibe, so Ica˘ jr, ein »atypischer Theologe – Schriftsteller-Theologe, zuerst Schriftsteller, dann Theologe – ein Universitätsamateur und ein nicht spezialisierter Theologie-Professor, da er kein Doktorat in Theologie besaß« (ebd., 22). Dennoch gehöre er zu denjenigen, die die »orthodoxe Theologie – nicht nur die rumänische – erneuert haben« (ebd.). 42 Vgl. Keith Hitchins, East or West? Orthodoxism and Nationalism in Romania in the 20th Century, in: Ilina Gregori, Angelika Schaser (Hg.), Rumänien im Umbruch. Chancen und Probleme der europäischen Integration, Bochum, 89–100. Nicolai Staab, Rumänische Kultur, Orthodoxie und der Westen. Der Diskurs um die nationale Identität in Rumänien aus der Zwischenkriegszeit, Frankfurt a. M. u. a. 2011, 116–228.

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ten Hälfte bzw. genauer: ab den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jh. sprechen.43 1875 wurde die orthodox-theologische Fakultät der Universität Czernowitz eröffnet – ein symbolträchtiges Datum44 für den Beginn einer akademischen Reife in der rumänischen Theologie, auch wenn Czernowitz zum Habsburgerreich gehörte und die dortigen Theologen nicht nur auf Rumänisch, sondern hauptsächlich auf Deutsch veröffentlichten und unterrichteten. Zweitens ist das Ende des 19. Jh. auch aus theologiegeschichtlicher Perspektive durch die für den orthodox-katholischen Dialog höchst relevante Frage der Rezeption des Ersten Vatikanums in der orthodoxen Theologie ein wichtiger Referenzpunkt. Die politische Wende in Rumänien (1989/1990) als Endpunkt der vorliegenden Untersuchung ergibt sich aus folgendem Grund: Die Wende hat im ganzen Ostblock eine neue Ära der religiösen Renaissance mit sich gebracht, die die Frage der kirchlich-theologischen Profilbildung in einen völlig neuen Kontext gestellt hat45. Die Untersuchung dieses neuen, bis in unseren Tagen nachwirkenden Kontextes und dessen Relevanz für den orthodox-katholischen Dialog würde den Umfang und die Methodologie dieser Arbeit weit sprengen. Selbst die ausgewählte Zeitspanne ist noch viel zu breit, um einen Anspruch der Vollständigkeit erheben zu können. Wie kann man diesen breiten Zeitraum, angesichts der inhärenten Selektionsentscheidungen, wissenschaftlich begründen? – Die Antwort auf diese berechtige Anfrage betrifft in erster Linie die Forschungslage: Es fehlen sowohl im Bereich der orthodoxen Theologiegeschichte als auch in dem der ökumenischen Studien Arbeiten, die die Kontinuität oder Diskontinuität der orthodoxen Identitätsdiskurse in der Moderne verfolgen. Die Reduzierung des orthodoxen Standpunktes auf einzelne Theologen (für den rumänischen Bereich fast ausschließlich Dumitru Sta˘niloae) oder auf die im 43 Der Beginn einer eigenständigen rumänischsprachigen orthodox-theologischen Kultur geht auf frühere Jahrhunderte zurück: vgl. Mircea Pa˘curariu, Cultura teologica˘ româneasca˘. Scurta˘ prezentare istorica˘, Bukarest 2011. Zur rumänischen orthodoxen theologischen Produktion im 18. Jh. siehe: Ders., Istoria Bisericii Ortodoxe Române. Vol. II, Ias,i 32006, 512–518. Zum theologischen Ausbildungssystem in der ersten Hälfte des 19. Jh. vgl. Ders., Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche, Erlangen 1994, 489–491. 44 Zwar wurde bereits 1860 eine orthodox-theologische Fakultät an der Universität Ias,i eröffnet, doch ihre Existenz war nur von kurzer Dauer (4 Jahre); erst im November 1881 wurde in Rumänien, nämlich durch die Eröffnung einer orthodox-theologischen Fakultät an der Univerisität Bukarest eine universitäre theologische Dauereinrichtung gegründet. Vgl. M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 241–244. 45 Vgl. Lavinia Stan, Lucian Turcescu, The Romanian Orthodox Church and Post-communist Democratisation, in: Europe-Asia Studies 52 (8/2000) 1467–1488. Dies., The Romanian Orthodox Church and democratisation: twenty years later, in: International Journal for the Study of the Christian Church 10 (2–3/2010) 144–159. Zu den interkonfessionellen Herausforderungen in den 1990er Jahren vgl. Constantin Iordachi, Politics and Inter-Confessional Strife in post-1989 Romania: From Competition for Resources to the Redefinition of National Ideology, in: Balkanologie. Revue d′études pluridisciplinaires 3 (1/1999) 147–169.

Zum Stand der Forschung

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Westen bekanntesten Strömungen (z. B. die orthodoxe »Pariser«-Theologie oder die sog. »Neopatristik«) oder wiederum auf theologische Stellungnahmen offiziellen Charakters (ab dem ökumenischen Aufbruch in den 1960er Jahren) macht ein kontingenzbewusstes, historisches Verständnis für die Entwicklung der orthodoxen Theologie im 20. Jh. schwierig. Durch diese zweifache Eingrenzung kann auch die Forschungsfrage konkretisiert werden. Der Forschungsgegenstand liegt an der Schnittstelle zwischen Theologiegeschichte und Ökumenischer Theologie, mit einem thematischen Schwerpunkt auf dem rumänischsprachigen Beitrag der orthodoxen Theologie im orthodox-katholischen Dialog des 20. Jh. Welche wissenschaftliche Relevanz ist jedoch mit einem solchen Forschungsspektrum verbunden und wie kann man das eingangs formulierte Forschungsinteresse zu einer noch konkreteren Forschungsfrage festlegen? Dazu hilft uns ein Blick in den derzeitigen Forschungsstand.

1.2. Zum Stand der Forschung 1.2.1. Zur Theologiegeschichte des orthodox-katholischen Dialogs: Vergangenheitsbewältigung als ständige Herausforderung Es gibt bisher kaum wissenschaftliche Abhandlungen, welche der Theologiegeschichte der orthodox-katholischen Interferenzen im rumänischsprachigen Raum nachgehen. Eine große Ausnahme sind die Veröffentlichungen Ernst Christoph Suttners, deren Forschungsschwerpunkt jedoch im 18.–19. Jh. und weniger im 20. Jh liegt.46 Die Beiträge zur Geschichte der rumänischen orthodoxen Theologie im 20. Jh.47 decken nur einen geringen Teil48 der inhaltlichen und formellen Diskurs46 Vgl. exemplarisch die Monographie: Ernst Chr. Suttner, Kirche und Theologie bei den Rumänen von der Christianisierung bis zum 20. Jahrhundert, Freiburg (CH) 2009. Suttner war der erste, der sich ausführlich nicht nur mit den kirchenpolitischen und kirchlichen, sondern auch mit den theologischen Entwicklungen in der rumänischen orthodoxen Theologie unter dem Kommunismus beschäftigte: vgl. Ders., Beiträge zur Kirchengeschichte der Rumänen, Wien – München 1978, 126–178. 294–303. 47 Siehe Ioan I. Ica˘ jr., Canonul s,i canoanele cres,tinismului apostolic, in: Ders. (Hg.), Canonul ortodoxiei I, Sibiu 2008, 14–25; 32–35; 39–41. Ders., Modern and contemporary orthodox theology: key moments, key figures, developments, assessment, in: V. Ionit,a˘ (Hg.), Orthodox Theology in the 20th Century, 22–94. Cristinel Ioja, O istorie a dogmaticii în teologia ortodoxa˘ româna˘ de la începuturile înva˘t,a˘mântului teologic seminarial în limba româna˘ la instaurarea comunismului, Bd. II, Bukarest 2013. Ders., Dogmatica˘ s,i dogmatis,ti. Prolegomena privind aprofundarea Teologiei Dogmatice Ortodoxe Române în a doua juma˘tate a secolului al XX– lea s,i începutul secolului al XXI–lea, Timis,oara 2008. M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 259– 307.

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arten rumänischer Theologen gegenüber dem Westen oder speziell gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche ab. In Gesamtdarstellungen der Theologiegeschichte der rumänischen orthodoxen Dogmatik werden der historische Kontext und der Diskursstil der jeweiligen systematischen Beiträge meistens gar nicht reflektiert.49 Sowohl in der umfangreicheren Literatur zur Geschichte und Struktur der multikonfessionellen Landschaft in Siebenbürgen, Banat oder Bukowina50, als auch in der Nationalismus-Forschung51 werden theologische Identitätsprofile nur am Rande thematisiert. Zwar bildet die Zwischenkriegzeit mit ihren nationalreligiösen Diskursen und ihrer Zuspitzung im Phänomen der »Eisernen Garde« eine in den Geschichtswissenschaften inzwischen gut bearbeitete Epoche; die theologischen Identitätsdiskurse dieser Zeit werden jedoch meistens auf ihre Extrempositionen reduziert, wie etwa auf die antisemitischen Aussagen Nichifor Crainics. Eine Ausnahme bietet hier die bereits erwähnte Monographie Nicolai Staabs52, der die Frage nach der religiös-ethnischen »Identitätsformel«53 der Rumänen in den Mittelpunkt seiner Arbeit stellt. Er sieht in den nationalen Identitätsdiskursen der Zwischenkriegszeit eine entscheidende Phase für die »Entwicklung 48 Vgl. z. B. Mihai Sa˘sa˘ujan, Romanian Orthodox Theologians as Pioneers of the Ecumenical Dialogue Between East and West: The Relevance and Topicality of Their Position in Uniting Europe, in: Thomas Bremer (Hg.), Religion and Conceptual Boundary in Central and Eastern Europe. Encounters of Faiths, New York 2008, 146–165. 49 Vgl. S,tefan Buchiu, Cristinel Ioja, The Development of Dogmatic Studies, in: V. Ionit,a˘ (Hg.), Orthodox Theology in the 20th Century, 395–463. Die Autoren würdigen zwar »die zweite Hälfte des 20. Jh.« in der rumänischen Dogmatik als eine Zeit der Erneuerung der Theologie (vgl. ebd, 398–399) und der »Öffnung der rumänischen Theologie zu den Problemen der Menschheit« (ebd., 400), doch die markanten Stil- und Ausrichtungsunterschiede im historischen Kontext (wie etwa zwischen den Beiträgen der 1950er und denen der 1970er Jahre) werden nicht thematisiert. Das einzige Kriterium ist jenes der Befreiung von der »abstrakten Sprache des 19. Jh.« (ebd., 398). Die Entwicklung der rumänischen Dogmatik erscheint dadurch als ein ständiger, harmonischer, ganzheitlicher Fortschritt von westlicher, scholastischer Gefangenschaft zu selbständiger Reife einer »Theologie der Erfahrung«, die »Kataphatik und Apophatik, Verstand und Mysterium, Kirche und Welt, Geschichte und Eschatologie« vereine (vgl. ebd., 399). Diese vereinfachte Sicht gilt es in Frage zu stellen. 50 Einige Beiträge aus der Fülle der geschichtlichen Arbeiten in diesem Forschungsbereich: Krista Zach, Konfessionelle Pluralität, Stände und Nation: ausgewählte Abhandlungen zur südosteuropäischen Religions- und Gesellschaftsgeschichte, Münster 2004. Hans-Christian Maner, Multikonfessionalität und neue Staatlichkeit: orthodoxe, griechisch-katholische und römisch-katholische Kirche in Siebenbürgen und Altrumänien zwischen den Weltkriegen (1918–1940), Stuttgart 2007. Mirel Ba˘nica˘, Biserica Ortodoxa˘ Româna˘, stat s,i societate în anii ’30, Ias,i 2007, 56–75. Auf weitere Einzelstudien wird im Laufe der Untersuchung Bezug genommen. 51 Vgl. für unser Thema relevante Aufsatzsammlung: Lucian N. Leustean (Hg.), Orthodox Christianity and Nationalism in Nineteenth-Century Southeastern Europe, New York 2014. 52 N. Staab, Rumänische Kultur, Orthodoxie und der Westen. 53 Ebd., 16.

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des nationalen Selbstbildes der Rumänen«54 und damit der Vorstellung einer tiefen Zusammengehörigkeit zwischen Orthodoxie und Nationalbewusstsein. Im Rahmen seiner Diskursanalyse stellt er heraus, dass das Besondere an der Zwischenkriegszeit »der Bedeutungszuwachs der Orthodoxie«55 im öffentlichen Diskurs gewesen sei, nicht zuletzt durch deren Benutzung durch »orthodoxistische, modernismuskritische und zum Teil antiwestlich eingestellte Intellektuellenkreise«56. Staab untersucht die Beiträge von Intellektuellen wie Nichifor Crainic, Nae Ionescu, Lucian Blaga, Mircea Eliade und Mircea Vulca˘nescu, aber auch des Theologen Dumitru Sta˘niloae und stellt heraus, wie diese die »Sakralisierung der nationalen Selbstbilder«57 vorangetrieben haben. Der große Verdienst der Analyse Staabs besteht u. a. darin, die Merkmale des national-religiösen Identitätsdiskurses dieser Intellektuellen herausgefiltert und die in ihren Beiträgen konstruierten »nationalen Selbst- und Fremdbilder«58 genauer bestimmt zu haben. So findet man bei allen sechs untersuchten Autoren im Bereich der »religiösen Merkmale« die Gegenüberstellung zwischen einer nationalen mit dem »Rumänentum« eng verbundenen Orthodoxie und einem »internationalistischen«59 (Blaga), »universalistischen«60 (Crainic), »amtskirchlichen«, »erstarrten«61 (Eliade), »äußerlichen«62 (Ionescu) und »antinationalen«63 (Sta˘niloae) Katholizismus. Die Merkmale der Orthodoxie konvergieren bei allen sechs Autoren zu einem mystischen, organischen, kontemplativen, mit dem nationalen Ethos vereinten Pol, während die Merkmale »der Anderen« (hier sind der »Katholizismus«, der »Protestantismus«, das »Judentum« bzw. der »Westen« insgesamt gemeint) eine Fülle von negativ besetzten Eigenschaften aufweisen. In den verschiedenen Arbeiten zur Kirchengeschichte der Kontakte, Spannungen oder Dialogsprozesse zwischen Orthodoxer und Griechisch-Katholischer Kirche64 in den Gebieten des gegenwärtigen Rumäniens werden theologi54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64

Ebd., 319. Ebd. Ebd., 320. Ebd., 28. Ebd., 326. Ebd., 328. Ebd., 334. Ebd. Ebd., 336. Ebd., 339. Macarie Dra˘goi, Orthodox and Greek Catholics in Transylvania (1867–1916): convergences and divergences, Yonkers – New York 2015. Hans-Christian Maner, Multikonfessionalität und neue Staatlichkeit. Orthodoxe, griechisch-katholische und römisch-katholische Kirche in Siebenbürgen und Altrumänien (1918–1940), Stuttgart 2007. Sorin Trînca˘, Raporturile interconfesionale (ortodoxo-greco-catolice) în cadrul revenirilor la Ortodoxe în perioada 1918– 1928. Exemplul Transilvaniei, în: Tyragetia. Istorie. Muzeologie, II [XVII] (2/2008) 295–318. Ion Cârja, Dilemele conviet,uirii. Ortodocs,i s,i greco-catolici în Transilvania (a doua juma˘tate

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sche Inhalte nur marginal reflektiert. Diese Beiträge sind für unser Forschungsinteresse zum Verständnis des jeweiligen historischen Kontextes zwar relevant, sie behandeln jedoch kaum inhaltlich-theologische Fragestellungen. Forschungsbeiträge zur Theologie- und Kirchengeschichte der orthodox – römisch-katholischen Beziehungen in Rumänien sind wiederum kaum vorhanden.65 Fazit: Im Bereich der Theologiegeschichte des orthodox-katholischen Dialogs (im rumänischen Sprachraum, aber auch darüber hinaus) haben wir es immer noch mit einer Forschungslücke zu tun. Dieser Tatbestand bezieht sich nicht einfach auf eine bibliographische leere Nische, sondern hat womöglich auch tiefere Gründe. Die Ideengeschichte der Polemik und der gegenseitigen Vorurteile reicht bis ins 20. Jh. hinein. Das setzt von beiden Seiten (dabei wäre als Teil des römisch-katholischen Gegenübers auch die griechisch-katholische Theologie einzubeziehen) voraus, einen selbstkritischen Prozess der Vergangenheitsbewältigung auf sich zu nehmen. Wie Athanasios Vletsis bemerkt, besteht in der Frage der Vergangenheitsbewältigung »noch Nachholbedarf für die orthodoxe Kirche und Theologie«, wobei dieser Prozess »erst dann Früchte tragen kann, wenn er auf Gegenseitigkeit aufbauen kann«66. – Dieser Herausforderung stellt sich diese Untersuchung. Es geht darum, anhand der Verfolgung einer ekklesiologischen Fragestellung (Welchen Status haben die anderen Konfessionen?) herauszufinden, wie das orthodoxe Identitätsprofil im 20. Jh. gegenüber dem römisch-katholischen argumentiert und gebildet wurde.

a secolului al XIX–lea s,i începutul secolului XX, in: Mihai Spa˘riosu, Vasile Boari (Hg.), Armonie s,i conflict intercultural în Banat s,i Transilvania. Perspective cultural-istorice 1650– 1950, Ias,i 2014, 361–371. Willem J. Lamfers, Orthodoxe und Unierte in Siebenbürgen (Rumänien): eine kritische Auseinandersetzung mit einigen Beiträgen aus der neuesten Literatur, in: JEastCS 55 (1–2/2003) 122–135. Zur aktuellen Lage vgl. Ioan Cozma, Relat,iile actuale dintre ortodocs,i s,i greco-catolici în România, Cluj-Napoca 2011. 65 Zur Geschichte des offiziellen theologischen Dialogs vgl. die Monographie von Irimie Marga (În dragoste s,i adeva˘r. Dialogul teologic oficial ortodoxo-catolic, de la Rodos la Balamand, Pites,ti u. a. 2000), der zwar die rumänischen Beiträge zum offiziellen Dialog hervorhebt, jedoch nicht auf die Rezeption oder Beurteilung der römisch-katholischen Theologie und Kirche in der rumänischen orthodoxen Theologie eingeht. Zu dieser Fragestellung vgl. auch: Dan Zamfirescu, Ortodoxie s,i romano-catolicism în specificul existent,ei lor istorice, Bukarest 1992. 66 Athanasios Vletsis, Orthodoxe Theologie zwischen Parusia, Historia und Doxologia. Geschichte als das Sorgenkind in der Orthodoxie? Eine Betrachtung aus der Sicht der Systematischen Theologie, in: Wolfram Kinzig, Volker Leppin, Günther Wartenberg (Hg.), Historiographie und Theologie. Kirchen- und Theologiegeschichte im Spannungsfeld von geschichtswissenschftlicher Methode und theologischem Anspruch, Leipzig 2004, 73.

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1.2.2. Das orthodoxe Antiwestlertum – ein Leitmotiv und seine Forschungsrelevanz Ein breiterer und interdisziplinärer Forschungsgegenstand, mit dem unser Thema Berührungspunkte hat, ist das Phänomen des »Antiwestlertums« in den ost- und südosteuropäischen Gesellschaften der Neuzeit. Zu dem Stichwort »orthodoxes Antiwestlertum«67 sind die Studien von Klaus Buchenau68 und Vasilios Makrides69 repräsentativ, die beide ihren Schwerpunkt auf Serbien legen. Wie Buchenau zu Recht feststellt, »ist der Westen ein, wenn nicht das Hauptproblem der neuzeitlichen Orthodoxie«70. Das Antiwestlertum ist die Gegenbewegung zu einer relativ langen Zeit der starken Anlehnung an westliche Modelle (bis in das 20. Jh.): »Die Zeit zwischen der Mitte des 19. Jh. und dem Zweiten Weltkrieg ist für die Orthodoxie eine Periode der Selbstfindung. Vieles an der Gegenbewegung verdient den Namen Antiwestlertum, da es hier um Identität durch Abgrenzung geht. Dabei legt man das wesentliche Gegenüber, den Westen und die traditionell im Westen beheimateten Konfessionen, essentialistisch auf bestimmte Prinzipien fest. Diese werden dann unter Berufung auf die Orthodoxie mehr oder weniger explizit abgelehnt. Hier wären Stichworte wie Rationalismus, Individualismus, Säkularisierung, Atheismus und Materialismus zu nennen, die bis heute oft als kulturelle Exportgüter des Westens gelten.«71

Das Antiwestlertum ist nach Makrides wiederum, in einem komplexeren Zusammenhang zu analysieren, nämlich im Blick auf das Verhältnis der Orthodoxie zur Moderne. Die Orthodoxie habe mit der Moderne nicht zuletzt deshalb ein massives Problem, weil sie die Moderne vom »dekadenten« Westeuropa ableite: »The Orthodox had many difficulties accepting modernity in the first place because it arose from a specific geographical, cultural and religious conglomerate (Western Europe) which was thought to have derivated from true Christian doctrine and tradition preserved in the East.«72

67 Vgl. Vasilios Makrides, Dirk Uffelmann, Studying Eastern Orthodox Anti-Westernism. The Need for a Comparative Research Agenda, in: Jonathan Sutton, Wil van den Bercken (Hg.), Orthodoxe Christianity and Contemporary Europe, Leuven 2003, 87–120. 68 Klaus Buchenau, Auf russischen Spuren. Orthodoxe Antiwestler in Serbien. 1850–1945, Wiesbaden 2011. Vgl. auch Ders., Orthodoxie und Katholizismus in Jugoslawien 1945–1991. Ein serbisch-kroatischer Vergleich, Wiesbaden 2004. 69 Vasilios Makrides, Orthodoxe Kulturen, der Westen und Europa: Die eigentlichen Schwierigkeiten einer Beziehung am Beispiel der serbischen Orthodoxie, in: Gabriella Schubert (Hg.), Serbien in Europa: Leitbilder der Moderne in der Diskussion, Wiesbaden 2008, 117–137. 70 K. Buchenau, Auf russischen Spuren, 10. 71 Ebd., 11. 72 Vasilios Makrides, Orthodox Christianity, Modernity and Postmodernity: Overview, Analysis and Assessment, in: RSS 40 (3–4/2012) 250.

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Das hieße, dass der antimoderne Diskurs innerhalb der Orthodoxie auf eine antiwestliche Abgrenzungshaltung zurückgehe. Beispielweise schreibt Makrides bezüglich des russischen Kontextes der letzten drei Jahrhunderte: »Yet the question of belonging to Europe has always remained a controversial one throughout modern Russian history, from the tensions between the Slavophiles and the Westernisers in the nineteenth century until today; the Orthodox Church mostly solidarised with the anti-westerncamp and remained critical of many tenets of modernity.«73

Dabei gehe es um eine mehrheitliche Tendenz, die bereits seit der spätbyzantinischen Zeit ansetze; es gebe aber auch eine Orthodoxie, die zum Westen und seinen unterschiedlichen kulturellen Entwicklungen positiv eingestellt sei.74 In einer anderen Studie75 betont Makrides, dass die vergangenen, aber auch aktuellen anti-westlichen Strömungen im christlichen Osten nicht auf eine einfache Agenda reduziert werden können: »[…] both historically and at present, anti-Western mentalities and attitudes are not consistent and uniform, but usually exhibit contradictory facets – sometimes remainig on the level of rhetoric alone, whereas the level of real action is a quite different one.«76

Das konfessionell bedingte Antiwestlertum sei zugleich schwer zu trennen von anti-westlichen Ressentiments, die historisch-kulturelle Hintergründe haben, wie etwa die sozial-politische Lage der osteuropäischen Länder nach der Wende.77 Eine andere Stimme der zeitgenössischen orthodoxen Theologie, die sich diesem Thema widmet, ist Pantelis Kalaitzidis. Während Makrides in seinen Studien mehr die soziologischen und ideengeschichtlichen Hintergründe des ambivalenten Verhältnisses der Orthodoxie zur Moderne untersucht, konzentriert sich Pantelis Kalaitzidis auf eine theologiegeschichtliche Kritik der antimodernen, antiwestlichen und antiökumenischen Denkströmungen in der Orthodoxen Kirche. Der »Anti-Ökumenismus« als vor allem im orthodoxen Mönchtum präsente Strömung im Leben der heutigen Orthodoxie sei nach Kalaitzidis eine »spezifische Form des orthodoxen Fundamentalismus und AntiModernismus«78. Theologisch sei diese Denkströmung z. T. auf die Impulse der neopatristischen Theologie im 20. Jh. zurückzuführen, die ihre »Rückkehr zu den 73 Ebd., 259. Zugleich muss man – zumindest am Rande – auch die Kehrseite beachten: die traditionelle »westliche« (d. h. mediale, aber z. T. auch theologische) Wahrnehmung des christlichen Ostens ging auch von einer grundsätzlichen – zumindest kulturellen und zivilisatorischen – Überlegenheit des Westens über den Osten aus. Vgl. ebd., 258. 74 Vgl. ebd., 259. 75 Ders., Orthodox Anti-Westernism Today: A Hindrance to European Integration?, in: International Journal for the Study of the Christian Church 9 (3/2009) 209–224. 76 Ebd., 218. 77 Vgl. ebd., 221. 78 Pantelis Kalaitzidis, Theological, Historical, and Cultural Reasons, 146.

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Vätern« mit einer »Polarisierung zwischen Ost und West und einer Kultivierung und Konsolidierung eines anti-westlichen und anti-ökumenischen Geistes«79 verknüpft habe. Oft habe diese Haltung mit einem national angehauchten Identitätsdiskurs – in Griechenland etwa mit einer Betonung des hellenischen Erbes80 – zu tun gehabt. Die Gründe dafür würden im Bedürfnis einer Selbstrechtfertigung der orthodoxen Theologie und Kirche für ihr »ekklesiologisches Defizit«81 bestehen. So komme es, dass der theologische Diskurs durch einen national geprägten »identitären Diskurs«82 ersetzt werde, der »zur Emergenz des Hellenismus, des Russischen, des serbischen Geistes oder gar der Latinität (bei den Rumänen) – oder in den meisten Fällen – des Byzantinismus als Kriterien der Orthodoxie«83 führe. Die Alternative zu dieser »defensiven Orthodoxie«84 bzw. zu dem damit verbundenen zeitgenössischen »Revival antimodernistischer metaphysisch-religiöser Ansichten«85, die diese anti-westliche und anti-ökumenische Haltung kennzeichnen, sei das Behaupten einer Orthodoxie, die zugleich traditionstreu und der Moderne gegenüber offen artikuliert ist: »[…] eine Orthodoxie, die […] Gesellschaften, Kulturen oder neue kulturelle Formen (welche auch immer die gerade ›neuen‹ sein mögen, ob wir nun von der Moderne oder von der Postmoderne sprechen) auch nicht ignoriert, ablehnt oder schilt«86. Die Studien von Makrides und Kalaitzidis zeigen, dass es die gegenseitige Bedingung von kulturell konnotierter, antimoderner und konfessionell begründeter antiwestlicher Haltung festzuhalten gilt, auch wenn man das komplexe Phänomen der anti-westlichen Haltung (»anti-westernism«) in den mehrheitlich orthodox geprägten Ländern Osteuropas natürlich nicht auf die religiöse Komponente reduzieren darf. Die vorliegende Arbeit ist mitunter auch ein Beitrag zu diesem Forschungsfeld, sie konzentriert sich jedoch nicht ausschließlich auf anti-westliche Argumentationsmuster, Ideologien und Strömungen, sondern auf die theologischen Komponenten des Bezugs auf den Westen (insbesondere auf die römisch-katho79 Ebd., 148. 80 Vgl. Ders., La découverte de l’hellénicité et l’anti-occidentalisme théologique chez trois théologiens grecs: le père Jean Romanidis, le père Basile Gondikakis et Christos Yannaras, in: Contacts 69 (259–260/2017) 402–442. 81 Ebd., 431. 82 Ebd. 83 Ebd. 84 Ebd. 85 Ders., Ist das Orthodoxe Christentum vor der Moderne stehen geblieben? Die Notwendigkeit einer neuen Inkulturation des Wortes und das eschatologische Verständnis von Tradition und der Beziehung Kirche – Welt, in: Florian Uhl, Sylvia Melchardt, Artur R. Boelderl (Hg.), Die Tradition einer Zukunft: Perspektiven der Religionsphilosophie, Berlin 2011, 174. 86 Ebd.

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lische Identität) im rumänischen orthodoxen Kontext. Durch diese theologische Eingrenzung soll die Arbeit auch einen Beitrag für eine Hermeneutik des ökumenischen Dialogs leisten.

1.2.3. Der Westen als notwendiges Kontrastprogramm orthodoxer Identität? Wenn es eine aktuelle, erwähnenswerte Vorarbeit im beabsichtigten Forschungsgegenstand dieser Arbeit gibt, dann ist diese zweifelsfrei die Aufsatzsammlung »Orthodox Constructions of the West«, herausgegeben von George Demacopoulos und Aristotle Papanikolaou im Jahr 201387. Diese reflektiert und dokumentiert die Art und Weise, wie der christliche byzantinische Osten während des zweiten Jahrtausends den lateinischen Westen als den schlechthin Anderen wahrgenommen, beurteilt, letztendlich aber auch zu einem bestimmten Bild konstruiert und hochstilisiert hat. Die zentrale Einsicht dabei ist, dass der Westen eine zentrale Rolle im Selbstidentifizierungsprozess des Ostens gespielt habe: »[The West] has functioned as an absolute marker of difference from what is considered to be the essence of Orthodoxy, and, thus, ironically, has become a constitutive aspect of the modern Orthodox self.«88 Die Aufsatzsammlung umfasst unterschiedliche historische, theologiegeschichtliche sowie politisch-theologische Beiträge zum Verhältnis der Orthodoxie zum Westen vom Ende des ersten Jahrtausends bis zur heutigen Zeit. Im Folgenden werden nur einige Forschungsergebnisse zusammenfassend referiert. Der gegenseitige Prozess der Konstruktion eines bestimmten Bildes des Anderen als dem genuin Fremden setzte in der Filioque-Debatte des 9. Jh. an, nämlich durch die verhängnisvolle Verwechslung, als die Byzantiner die profilioque-Position der Franken als die genuin westliche und damit »römische« rezipiert und verurteilt haben.89 Weitere Episoden, die zu einer häresiologischen Untersuchung gehören, verstärkten dieses Muster; das betrifft nicht nur die ostwestliche, griechisch-lateinische Entfremdung, sondern auch inneröstliche Entfremdungen, wie etwa zwischen Byzantinern und Armeniern.90 Die Fronten verhärteten sich bekanntlich zwischen Lateinern und Griechen nach dem 11. Jh.: 87 George E. Demacopoulos, Aristotle Papanikolaou (Hg.), Orthodox Constructions of the West, New York 2013. 88 Dies., Orthodox Naming of the Other: A Postcolonial Approach, in: Dies. (Hg.), Orthodox Constructions, 2. 89 Vgl. ebd., 5. Vgl. auch Ioan Moga, Sfânta Treime, între Apus s,i Ra˘sa˘rit. Despre Filioque s,i alte dileme teologice, Cluj-Napoca 2012, 100–112. 90 Vgl. Tia Kolbaba, Byzantines, Armenians, and Latins: Unleavened Bread and Heresy in the Tenth Century, in: G. Demeacopoulos, A. Papanikolau (Hg.), Orthodox Constructions, 45– 57.

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Der vierte Kreuzzug (1204) habe für die byzantinische Mentalität »bestätigt«, dass der »Andere«, der lateinische Westen, »häretisch« sei, während das Eigene immer nur »orthodox« bleiben könne. In Spätbyzanz wurde zum ersten Mal auch die ganze Ambivalenz des Verhältnisses zum Westen virulent; der lateinische Westen wurde, religiös gesehen, als häretisch angesehen; andererseits konnten sich spätbyzantinische Theologen und Philosophen der Anziehungskraft des Denkens von Thomas von Aquin nicht ganz entziehen.91 Kein geringerer als der antiunionistische spätere Patriarch von Konstantinopel Gennadios Scholarios war ein eifriger Leser des Thomas und bedauerte es, dass der große lateinische Denker nicht in Byzanz geboren worden war, damit er von den »Irrlehren der lateinischen Kirche« verschont geblieben wäre.92 Die Scholastik war also, trotz der doktrinären Streitigkeiten, alles andere als unbekannt oder allgemein verpönt in Byzanz.93 Zu dieser Ambivalenz kommt natürlich auch die Tatsache hinzu, dass man im 13.–15. Jh. vom Westen militärisch und wirtschaftlich immer abhängiger wurde.94 Dieses ambivalente Verhältnis setzte sich auch während der über Jahrhunderte andauernden osmanischen Okkupation fort, die zu einer kulturellen Isolation führte: Zum einen wurde die lateinisch-griechische Polemik immer exklusivistischer bis hin zur gegenseitigen Aberkennung jeglicher Formen der Kirchlichkeit. Gestalten wie Patriarch Dositheos II. von Jerusalem (1641–1707), die bis heute als Gewährsmänner einer »echten«, genuin antiwestlichen Orthodoxie gelten, haben – wie Norman Russell in seinem Beitrag herausstellt – die »Fundamente eines intellektuellen Anti-Okzidentalismus«95 geschaffen. Zum anderen wurde der Westen mit seinem kulturellen Aufstieg (Humanismus, Renaissance, Aufklärung) immer mehr zu einem Ort der intellektuellen Zuflucht: Im Westen wurden die liturgischen und spirituellen Bücher der Orthodoxie im 17.–18. Jh. gedruckt, zusehends studierten die sowohl kirchlichen wie auch theologischen Eliten immer mehr im Westen.96 Ab dem 19. Jh. wurde die Situation im Beziehungsgefüge zwischen Ost und West immer komplexer, weil auch die Kontexte in 91 Vgl. Marcus Plested, »Light form the West«. Byzantine Readings of Acquinas, in: G. Demeacopoulos, A. Papanikolau (Hg.), Orthodox Constructions, 61–66. 92 Vgl. ebd., 68. 93 Vgl. auch Ders., Orthodox Readings of Aquinas, Oxford 2012, 9–134. Joost van Rossum, Palamas and Aquinas, in: SVTQ 59 (1/2015) 29–41. 94 Vgl. G. Demeacopoulos, A. Papanikolaou, Orthodox Naming of the Other, 8. 95 Vgl. Norman Russell, From the »Shield of Orthodoxy« to the »Tome of Joy«: The AntiWestern Stance of Dositheos of Jerusalem (1641–1707), in: G. Demeacopoulos, A. Papanikolau (Hg.), Orthodox Constructions, 71. 96 Wie Demeacopoulos und Papanikolaus zu Recht bemerken, wurde in der bisherigen Theologiegeschichte diesem Aspekt viel zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen: »The impact that this situation had upon the Eastern Christian intellectual tradition has not been sufficiently examined.« Vgl. G. Demeacopoulos, A. Papanikolaou, Orthodox Naming of the Other, 10.

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den einzelnen von der Orthodoxen Kirche kulturell geprägten Ländern Ost- und Südosteuropas immer unterschiedlicher wurden. Demeacopoulos und Papanikolaou formulieren – anhand der einzelnen, hier nur flüchtig referierten Aufsätze in ihrem Sammelband – einige Thesen. Zwei davon haben direkt mit der theologiegeschichtlichen Situation in Ländern wie Rumänien zu tun: (1.) Die nationalen Bewegungen, die zur Unabhängigkeit der verschiedenen südosteuropäischen Staaten geführt haben, seien alle ein Produkt der Verwestlichung ihrer politischen Elite gewesen; diese Bewegungen seien »von westeuropäischen kolonialen Gestalten orchestriert gewesen«97. (2.) Die Zersplitterung der ekklesialen Strukturen der Orthodoxen Kirche im 19. und 20. Jh. in viele autokephale, national zentrierte Kirchen sei Produkt derselben »Verwestlichung« Osteuropas: »[…] the idea of nation is itself a Western construct of imagination that was imposed on formerly occupied Ottoman territories so as to better integrate Eastern Europe into Western Europe«98. Beide Thesen wären m. E. aus kirchen- und theologiegeschichtlicher Sicht zu hinterfragen, denn damit verlassen Demeacopoulos und Papanikolau den wissenschaftlichen, ideengeschichtlichen Diskurs und unterstellen selbst »dem Westen« einen politisch orchestrierten Willen, die institutionell einheitliche Orthodoxie in nationale, autokephale Gebilde zu zersplittern. Die These, dass der Osten vom Westen eine Art kirchlichen Nationalismus importiert hätte, wirkt selbst wie ein Konstrukt – denn sie gerät in dieselbe Logik, die die Aufsatzsammlung eigentlich entzaubern will, nämlich, dass alles Negative im christlichen, byzantinischen Osten vom Westen gekommen sei. Hier werden viel zu leichtfertig der jahrhundertelange Befreiungskampf der ost- und südosteuropäischen Völker gegen das »osmanische Joch« und der damit entfachte Nationalgedanke als Anleihen aus der westlichen Ideenwelt gebrandmarkt. Man sieht an dieser Tatsache, dass unter orthodoxen Theologen immer noch und bis heute die Kirchen- und Theologiegeschichte der letzten 150–200 Jahre alles andere als auf einem Konsens beruht, und dass der »Westen« selbst in Abhandlungen, die das in der Orthodoxie wirkende westliche Feindbild wissenschaftlich aufarbeiten und aufklären wollen, noch immer als hermeneutischer Schlüssel für »dekadente« Entwicklungen fungieren kann. Dahinter steht nicht zuletzt ein kirchenpolitisches Programm: Während griechisch-orthodoxe und amerikanisch-orthodoxe Theologen aus der Jurisdiktion des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel den »jungen« autokephalen orthodoxen Kir97 Ebd. 98 Ebd., 11.

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chen (und ihren theologischen Traditionen) offen »Nationalismus« oder »Ethnophyletismus« vorwerfen99, sehen Theologen dieser Kirchen (rumänisch-orthodox, serbisch-orthodox, bulgarisch-orthodox usw.) in der eigenen kirchenund theologiegeschichtlichen Entwicklung seit dem 19. Jh. eine lang ersehnte Selbstfindung, eine »gesunde« Profilierung und einen notwendigen institutionellen Reifeprozess. Der Vorwurf der »Verwestlichung« gilt als eine Art Demarkation der echten, orthodoxen Ekklesiologie von einer dekadenten (weil national gefärbten) Form ostkirchlichen Denkens und als fundamentale Kritik des heutigen Verwaltungssystems der Orthodoxen Kirchen in autokephalen Kirchen. Aus wissenschaftlicher Sicht verliert dadurch das Forschungsvorhaben von Demeacopoulos und Papanikolaou etwas an Glaubwürdigkeit. An der Tatsache, dass sich selbst Forscher im 21. Jh. von diesem innerorthodoxen »Ausrichtungsstreit« nicht befreien können, zeigt sich die bis heute ungebrochene Relevanz, ja das ganze Spannungspotenzial der Thematik. Fest steht: Die hier kurz besprochene Aufsatzsammlung realisiert in der vorliegenden Thematik eine wichtige Bestandsaufnahme. Zu unserem konkreten Forschungsfeld (der rumänischen orthodoxen Theologie) sind darin nur zwei Aufsätze unmittelbar relevant: der eine thematisiert die ambivalente ökumenische Vision Dumitru Sta˘nilaoes100, der andere bezieht sich auf die Wahrnehmung des Westens im postkommunistischen Rumänien und Russland101. Eine Untersuchung über die Entwicklung der unterschiedlichen Diskursmuster gegenüber den westlichen Kirchen in der ganzen rumänischsprachigen Theologie bleibt jedoch aus. Auch weitere themenverwandte Veröffentlichungen102 belegen das neu geweckte Interesse für ein höchst aktuelles und breitangelegtes Forschungsthema, zu dem auch diese Arbeit einen Beitrag leisten will.

99 Vgl. ebd., 11–12. 100 Radu Bordeianu, (In)Voluntary Ecumenism: Dumitru Sta˘niloae’s Interaction with the West as Open Sobornicity, in: G. Demeacopoulos, A. Papanikolaou (Hg.), Orthodox Constructions, 240–253. 101 Lucian Turcescu, Eastern Orthodox Constructions of »the West« in the Post-Communist Political Discourse: The Cases of the Romanian and Russian Orthodox Churches, in: G. Demeacopoulos, A. Papanikolaou (Hg.), Orthodox Constructions, 211–228. 102 Vgl. die Aufsatzsammlung Andrii Krawchuk, Thomas Bremer (Hg.), Eastern Orthodox Encounters of Identity and Otherness. Values, Self-Reflection, Dialogue, New York 2010.

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1.2.4. Der lange Schatten der »Pseudomorphose«-These Florovskys Als ein Meilenstein in der modernen Konstruktion des Westens als theologisches Fremd- oder sogar Feindbild gilt der Vortrag des russisch-orthodoxen Exiltheologen Georges Florovsky auf dem Ersten Kongress für Orthodoxe Theologie im November 1936 in Athen.103 Mit seinem Aufruf, die »westlichen Einflüsse in der russischen Theologie« zu überwinden und »eine geistige Rükkehr zu den väterlichen Quellen und Grundlagen«104 zu schaffen, stand Florovsky nicht allein. Bereits damals war die These, wonach die ganze Entwicklung der russischen Theologie ab dem 17. Jh. eine »gefährliche Entlehnung aus andersgläubigen westlichen Quellen«105 gewesen sei, eine weitverbreitete Überzeugung unter orthodoxen Theologen. Florovsky wollte hingegen mit seiner theologiegeschichtlichen Untersuchung ein größeres Maß an Differenziertheit in diesem pauschalen antiwestlichen Urteil erlangen (»in solchen Stimmungen ist ein Stück Wahrheit«106), indem er unterschiedliche Etappen und Arten der »Pseudomorphose« unterschied. Unter »Pseudomorphose« verstand er im Allgemeinen die Aufnahme von »wesensfremden Kategorien« und von »ungewohnten Begriffen«107 in das orthodoxe Denken, die nichts mit dem genuinen (für Florovsky: patristischbyzantinischen) Lebensprofil der orthodoxen Theologie gemein hätten.108 Florovsky unterschied jedoch zwischen einer »gewaltsamen Pseudomorphose«109 im 17.–18. Jh. (sowohl latinisierend als auch protestantisierend), die er gänzlich als »Gefangenschaft«, als »Theologie auf Pfählen«, als »Schultheologie […] ohne Untergrund«110 verwirft, und der neuen, deutschen Pseudomorphose des 19. Jh., die zwar auch »krankhaft«111, jedoch gleichzeitig ein Schritt nach vorne, der »Beginn eines schöpferischen Aufschwungs«112 gewesen sei. Die »deutsche Gelehrsamkeit«, gepaart mit Pietismus, aber auch mit »Mystizismus«113, die für diese neue Etappe kennzeichnend gewesen seien, hatten nach 103 Vgl. Georges Florovsky, Westliche Einflüsse in der russischen Theologie, in: Hamilcar Alivisatos (Hg.), Procès-Verbaux du Premier Congrès de Théologie Orthodoxe à Athènes (29 November – 6 Décembre 1936), Athen 1939, 212–231. 104 Ebd., 231. 105 Ebd., 212. 106 Ebd. 107 Ebd., 222. 108 Einige Beispiele der »Pseudomorphose« der orthodoxen Theologie im Bereich der Soteriologie und der Sakramentenlehre bespricht Karl Chr. Felmy, Die orthodoxe Theologie in der Begegnung mit westlichen Einflüssen. Zur Auseinandersetzung um die Theorie der westlichen Pseudomorphose der Orthodoxie, in: OS 59 (2010) 10–21. 109 G. Florovsky, Westliche Einflüsse, 222. 110 Ebd., 221. 111 Ebd., 225. 112 Ebd., 224–225. 113 Ebd. 224.

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Florovsky keinen absolut negativen, sondern nur einen zwiespältigen Wert. Florovsky bleibt eine solide Argumentation für diese unterschiedliche Bewertung der »alten« und der »neuen« Pseudomorphose letztlich jedoch schuldig. Das Kriterium scheint hier die Verbindung zwischen Theologie und Frömmigkeit, zwischen Denken und Leben zu sein: »Blieb also die Schule im Innern noch immer westlich, so begann doch wenigstens äußerlich jener Umbruch, der in der Folgezeit die Abgetrenntheit der Schule vom Leben überwand: der Unterricht ging zur russischen Sprache über.«114 Der Beginn der Befreiung wird bei Florovsky an der Gestalt des Metropoliten Filaret von Moskau (1782–1867) festgemacht: Durch das »schöpferische Zurückgreifen auf die heilig-väterlichen Grundlagen« konnten nicht nur »einzelne westliche Einflüsse«, sondern das »Westlertum überhaupt«115 überwunden werden. »Verkirchlichung«, »Lebendigkeit« und »Rückkehr zur Patristik« sind für Florovksy die Stichwörter für die Überwindung der langen »Pseudomorphose« der orthodoxen Theologie. Was bis heute in der orthodoxen Theologiegeschichtsforschung immer noch kaum signalisiert wird, ist also die Tatsache, dass der Beitrag Florovskys auf dem Athener Kongress sich nicht als ultimativer antiwestlicher Kampfaufruf verstand116, sondern als hermeneutischer Vorstoß einer differenzierten Beurteilung der westlichen Einflüsse auf die orthodoxe Theologie. Zwar stand für Florovsky fest, dass die »westlichen Einflüsse« »überwunden werden« müssen (und er meinte damit vor allem »den unorganischen westlichen Stil«117), doch er warnte zugleich vor einer »Entfernung« dem Westen gegenüber118: »Andererseits muss die Unabhängigkeit vom andersglaubenden Westen nicht in eine Entfremdung ihm gegenüber ausarten. Denn der Bruch mit dem Westen gibt noch keine wahre und echte Befreiung«119. Die orthodoxe Theologie müsse sich dessen bewusst sein, dass sie sich den »Schwierigkeiten und Anfechtungen«120, die der Westen durchmachte, auch wird stellen müssen. Trotz dieses Differenzierungsversuchs ging Florovsky mit den Stichworten »Pseudomorphose« und »babylonische Gefangenschaft« in die Theologiegeschichte ein: Die Rückkehr zu dem Denken und dem Geist der Väter könne nur durch das Ablegen der scholastischen und juridischen Denkstrukturen, aber auch der Spekulationen im Geiste des deutschen Idealimus gelingen – so die 114 Ebd. 115 Ebd. 116 Vgl. den Hinweis auf diesen kaum beachteten Aspekt des Athener Vortrags Florovskys auch bei: J. Oeldemann, Pseudomorphose oder Komplementarität?, 59–60. 117 G. Florovsky, Westliche Einflüsse, 231. 118 Vgl. ebd. 119 Ebd. 120 Ebd.

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Wiedergabe des Ansatzes Florovskys in der gegenwärtigen orthodoxen Theologie121. Damit wurde Florovsky von der Nachwelt zum Initiator und Vorsprecher nicht nur der »Neopatristik«, sondern auch einer antiwestlichen Befreiungsoffensive. Seine Warnung, dass »Unabhängigkeit« vom Westen nicht zu einer »Enfremdung« vom Westen führen dürfe, blieb dabei auf der Strecke. Nach wie vor bildet die These der »Pseudomorphose« eine der Hauptperspektiven der orthodoxen Theologie auf die eigene Entwicklung in der Neuzeit und auf die Interferenz mit der westlichen Theologie. Die »Neopatristik« (mit Schwerpunkt auf der Wiederentdeckung der palamitischen Energienlehre als Sonderprofil byzantinischer Theologie) sollte hingegen das Alternativprogramm zu dieser westlichen, scholastischen Selbstunterwerfung der orthodoxen Theologie darstellen. Ein antiwestlicher Zug ist somit ein zwar unterschwelliges, aber dennoch konstitutives Element der neopatristischen Theologie. Forscher wie Andrew Louth122 und Paul L. Gavrilyuk123 haben zu Recht diesen Aspekt des neopatristischen Renaissance-Programms erkannt und problematisiert. Auch wenn von Florovsky selbst nicht intendiert, fungiert(e) sein Aufruf zur Befreiung von jeglichem westlichen Einfluss mitunter als Untermauerung des »unter den Orthodoxen allzu bekannten ekklesialen Triumphalismus«124, der eine Haltung von »spiritueller Überlegenheit gegenüber dem westlichen ›Anderen‹, aber auch eine spirituelle und intellektuelle Isolierung«125 zur Folge hat. Zu den Symptomen dieses Anti-Okzidentalismus, der heutzutage von einer »lautstarken Minderheit von orthodoxen Leadern und Gläubigen«126 vorangetrieben wird, nennt Gavrilyuk noch folgende Elemente: »eine tiefsitzende Phobie allem gegenüber, was nicht orthodox ist«127, eine apokalyptisch gefärbte Mentalität vor allem in mo121 Vgl. I. I. Ica˘ jr., Canonul s,i canoanele, 26. 122 Andrew Louth schreibt als Kommentar zur These Florovskys von der »babylonischen Gefangenschaft« der russischen Theologie unter der lateinischen: »It is curious how endemic anti-Westernism seems to be in Russian thought – as manifest in Florovsky, as in the Slavophils. ›Christian Hellenism‹ is very much a return to the pure source of Christianity in the East from the muddy waters of Western thought.« (Andrew Louth, Modern orthodox thinkers. From the Philokalia to the Present, Downers Grove 2015, 83). 123 Vgl. Paul L. Gavrilyiuk, Florovsky’s Neopatristic Synthesis and the Future Ways of Orthodox Theology, in: G. E. Demacopoulos, A. Papanikolaou (Hg.), Orthodox Constructions, 110–124. Gavrilyuk zieht einen interessanten Vergleich zwischen der Enthellensierungsthese Adolf von Harnacks und der antiwestlichen Hellenisierung-Renaissance Florovskys. Zugleich kritisiert Gavrilyuk die Kurzsichtigkeit der These Florovskys, wonach nur die hellenistische Inkulturation eine universelle Bedeutung hätte, während die – etwa gleichzeitig stattfindende – lateinische Inkulturation nur eine kulturelle, d. h. regional bedingte gewesen wäre. Vgl. ebd., 115. 124 Ebd., 122. 125 Ebd. 126 Ebd. 127 Ebd.

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nastischen Kreisen, den Fokus auf Ethnizität, sowie einen gewissen »patristischen Fundamentalismus«128, der aktuelle theologische Strömungen des Westens automatisch als Häresien brandmarkt und schließlich eine paralysierende Theologie der Wiederholung. Egal ob theologiegeschichtlich argumentiert oder nicht, wirkt das unterschwellige Urteil bei vielen zeitgenössischen Theologen weiter, dass die Erneuerung der orthodoxen Theologie in der Moderne nur als Weg der »Säuberung« der eigenen Theologie »von den neuen Elementen«129 (d. h. den westlichen) stattfinden könne. Das hat u. a. damit zu tun, dass einige namhafte Vertreter der neopatristischen Schule – wie Dumitru Sta˘niloae und Justin Popovic´ – zugleich Fürsprecher einer national betonten Theologie waren.130 Dorothea Wendebourg hat sich mit dieser antiwestlichen Grundtendenz des orthodoxen Selbstbewusstseins auseinandergesetzt und kam zu folgendem Ergebnis: »Was also die Jahrhunderte nach dem Fall von Konstantinopel betrifft, so werden sie nicht nur mit höchst kritischen Urteilen bedacht. Die Charakterisierung als eine Zeit westlicher Überfremdung hat vielmehr dazu geführt, dass sich die orthodoxe Theologie und Theologiegeschichtsschreibung mit ihr überhaupt nicht mehr beschäftigt. […] Es gibt nur noch die patristische Zeit, am Rande noch die byzantinische – und dann die Gegenwart. Nicht anders die wissenschaftliche Literatur. Wenn man etwa die Zeitschriften der letzten dreiunddreißig Jahre durchgeht, so zeigt sich dasselbe Bild: Patristik, einiges Byzantinisches – und dann der große Sprung in die Gegenwart; […] Die damnatio memoriae ist vollkommen.«131

Dass dieses kritische Urteil in Einzelfallprüfung nuanciert werden müsste, ist klar. Es gibt hervorragende Beiträge in den unterschiedlichen »neopatristischen« Ausrichtungen132, die einen solchen antiwestlichen und indirekt auch antimo-

128 Vgl. ebd. 129 »[…] pour épurer notre Théologie des éléments nouveaux et intrus«, so Hamilcar Alivisatos bei der Eröffnungsrede des Ersten Kongresses der Orthodoxen Theologie in Athen 1936: Hamilcar Alivisatos (Hg.), Procès-Verbaux du Premier Congrès de Théologie Orthodoxe a Athènes, Athen 1939, 65. 130 Vgl. Ciprian Iulian Toroczkai, The Orthodox Neo-patristic Movements as Renewal of Contemporary Orthodox Theology: an Overview, in: Review of Ecumenical Studies 7 (1/2015) 112–113. 131 Dorothea Wendebourg, »Pseudomorphosis«. Ein theologisches Urteil als Axiom der kirchen- und theologiegeschichtlichen Forschung, in: Dies., Die eine Christenheit auf Erden. Aufsätze zur Kirchen- und Ökumenegeschichte, Tübingen 2000, 76–77. 132 Ica˘ jr. unterscheidet drei »neopatristische Synthesen« im Laufe des 20. Jh.: 1. eine historischpatristisch-ekklesiologische (vertreten durch G. Florovsky selbst, weitergeführt durch J. Meyendorff); 2. eine mystisch-palamitisch-philokalische, die auf die spirituelle Tradition zentriert sei (vertreten durch V. Lossky, D. Sta˘niloae, I. Romanidis); 3. eine eucharistischliturgisch-ekklesiologische (vertreten durch N. Afanas’ev, A. Schmemann, I. Zizioulas). Vgl. I. I. Ica˘ jr., Canonul s,i canoanele, 27.

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dernen Affekt nicht kennen.133 Inzwischen haben einige Theologen bei einer internationalen Konferenz an der Orthodoxen Akademie in Volos im Jahr 2010 sogar die Notwendigkeit eines »post-patristischen« Paradigmas ausgerufen134, was wiederum eine scharfe Reaktion des neopatristischen »mainstreams« nach sich zog. Dennoch: Nicht nur diese Reaktion auf Volos, sondern auch die theologische Produktion der letzten zwei Jahrzehnte in den orthodox geprägten Ländern zeigt, dass das neopatristische Paradigma die vorherrschende theologische Schule135 und das prägende Kriterium nicht nur in der eigenen Standortbestimmung der orthodoxen Theologie, sondern auch in der – zumindest tendenziell negativ angehauchten – Beurteilung der westlichen Theologie bleibt. Schaut man auch auf die theologische Ausbildungskultur in den orthodoxen Ländern, ist es nach wie vor so, dass an den dortigen Fakultäten orthodoxe Handbücher in Gebrauch sind, die das Stichwort »westliche Theologie« mit Stichwörtern wie »Scholastik«, »Rationalismus«, »Individualismus« oder »Säkularismus« in Verbindung bringen.136 Nach wie vor gehört es zum »bon ton«, das »Eigene« (d. h. das »Authentische«, »Patristische«, »Lebendige«, »Traditionelle« und schließlich »Orthodoxe«) als Abgrenzung gegenüber dekadenten Entwicklungen in der westlichen Theologie zu positionieren. 133 Eine Darstellung der heutigen Landschaft orthodox-theologischer Denkschulen würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Zumindest tendenziell lässt sich vor allem für die Diasporatheologie und die griechischssprachige Theologie eine verstärkte Auseinandersetzung mit der biblisch-theologischen Fundierung der Tradition und mit Fragen der Moderne feststellen. Vgl. etwa Assaad E. Kattan, Fadi A. Georgi (Hg.), Thinking Modernity. Towards a Reconfiguration of the Relationship between Orthodox Theology and Modern Culture, Münster 2010. Stamatios Gerogiorgakis betont dies vor allem bzgl. der amerikanischen orthodoxen Theologie: »St. Vladimir’s Seminary began to produce a new generation of theologians who affirmed the Neopatristic Synthesis but were also sympathetic to modern theology.« Stamatios Gerogiorgakis, Modern and Traditional Tendencies in the Religious Thought of the Russian and Greek Diaspora from the 1920s to the 1960s, in: RSS 40 (3–4/2012) 341. Auch Philip Dorroll attestiert der zeitgenössischen, neopatristischen Theologie in Amerika eine »radikale Wende« hin zu Fragestellungen der modernen Theologie (z. B. John Behr mit einer stärkeren biblischen Ausrichtung, Karidoyanes Fitzgerald mit einer positiven Aufnahme der Gender-Frage). Vgl. Philipp Dorroll, Scripture and Dissent. Engaging with the Neo-Patristic Paradigm of Modern Orthodox Theology, in: International Journal of Orthodox Theology 4 (2/2013) 133–160. 134 »Neopatristic Synthesis or Patristic Theology: Can Orthodox Theology be Contextual?« (3.– 6. Juni 2010, Volos), http://orthodoxie.typepad.com/ficher/synthse_volos.pdf (abgerufen am 10. 09. 2018). 135 Gerogiorgakis spricht nur von zwei wichtigen Denkschulen orthodoxer Theologie im 20. Jh.: die liberal und modern ausgerichtete Pariser Schule (S. Bulgakov und seine Schüler) und die konservative, neopatristische Schule (Florovsky, Romanidis u. a.). Vgl. S. Gerogiorgakis, Modern and Traditional Tendencies, 336–344. 136 Vgl. Vladimir Cvetkovic´, From »Merciful Angel« to »Fortress Europe«: The Perception of Europe and the West in Contemporary Serbian Orthodoxy, (Erfurter Vorträge zur Kulturgeschichte des Orthodoxen Christentums 13/2015), Erfurt 2015, 50–51.

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Das zeugt sicherlich von einer Ignoranz gegenüber der Tatsache, dass die orthodoxe neopatristische Bewegung eine Parallele (wenn nicht sogar eine vorausgehende Entsprechung) in der westlichen Theologie (wie etwa im »ressourcement«-Programm der sogenannten »nouvelle théologie« der 1930er Jahre137) hatte und auch sonst ein Kind ihrer Zeit war138, ganz abgesehen von den bahnbrechenden Entwicklungen der westlichen Theologie nach 1945, die sowohl im evangelischen als auch im römisch-katholischen Bereich eine ganz neue Epoche der Theologiegeschichte einläuteten. Auch die Tatsache, dass fast alle renommierten orthodoxen Theologen des 20. Jh. nicht nur z. T. selbst in der westlichen Diaspora gelebt, sondern von den theologischen, philosophischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Westen geprägt waren, wird gern vergessen. Diese Einsicht würde ein viel differenzierteres Bild von den ideengeschichtlichen, biographischen, theologischen oder sozialpolitischen Zusammenhängen vermitteln, in denen ein theologisches Profil reift; diese komplexen Zusammenhänge übersteigen bei weitem das Schema einer »Befreiung vom westlichen Einfluss«, das wie eine Zauberformel nach wie vor das klassische orthodoxtheologische Ethos prägt. Wendebourg hat also letztendlich Recht. Und ihre Empfehlung an die Adresse der zeitgenössischen orthodoxen Theologie ist durchaus ernstzunehmen: »An die Stelle all der Versuche, die Bedeutung der Kontakte mit westlicher Theologie herunterzuspielen, müsste umgekehrt die Frage treten: Was sagen diese Berührungen über die Orthodoxie, ihre Möglichkeiten und ihre Entwicklung selbst?«139

Die Einsicht einer westlichen »Pseudomorphose« in der neuzeitlichen orthodoxen Theologie bleibt ohne Zweifel der theologiegeschichtliche Verdienst Florovskys, unabhängig davon, wie die Einzelheiten seiner Argumentation bewertet

137 »Ressourcement, then, was a collaborative project between Catholics and Orthodox, though, so far as the actual work of editing was concerned, the lion′s share of this was done by the Catholics.« Andre Louth, French Ressourcement Theology and Orthodoxy: A Living Mutual Relationship?, in: Gabriel Flynn, Paul D. Murray (Hg.), Ressourcement. A Movement for Renewal in Twentieth-Century Catholic Theology, Oxford 2011, 506. Das gibt auch ein zeitgenössischer rumänischer Patrologe zu: »Auch wenn das paradox klingen mag, die [neopatristische] Bewegung zur Erneuerung der Theologie hat nicht in der Orthodoxie angefangen, sondern im römischen Katholizismus.« Daniel Lemeni, Pa˘rintele Dumitru Sta˘niloae s,i sinteza neo-patristica˘ în teologia româneasca˘, in: Analele Universita˘t,ii de Vest din Timis,oara. Seria teologie, nr. 19, Timis,oara 2009, 124. 138 Vgl. auch A. Louth, Modern orthodox thinkers, 83–84: »[…] It should perhaps be noted, too, that in recoiling against German Idealism, and its influence on Russian thought, Florovsky shows himself to be a man of his times, for it was in the period between the wars that philosophical movements, both on the continent and in the English-speaking world, began to turn their back on Idealism.« 139 D. Wendebourg, Pseudomorphosis, 91.

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werden mögen.140 Dennoch, die undifferenzierte innerorthodoxe Interpretation der These Florovskys nicht nur als Selbstverpflichtung zur Patristik, sondern auch als Betonung einer ständigen Frontlinie zum »rationalistischen«, »scholastischen« Westen und dadurch als Diagnose der Ost-West-Identitätsprofile, ist im Kontext des 21. Jh. anachronistisch und deshalb in Frage zu stellen. Deshalb ist es unumgänglich, sich mit dieser auseinanderzusetzen141, damit sichtbar wird, dass es eine »viel größere Offenheit und Breite der orthodoxen Theologie [gibt] als viele Orthodoxe es lieben und als viele nichtorthodoxe Kenner der Orthodoxie unterstellen«142. Als Fazit eröffnet sich also folgende Frage: War der »Westen« als theologische Größe das für die eigene Entwicklung unerläßliche, aber zugleich unerwünschte Gegenüber der orthodoxen Theologie im 20. Jh.? Im Rahmen dieser Arbeit wird – wenn nicht direkt als Dekonstruktion der These Florovskys – zumindest als indirektes Forschungsvorhaben auch dieser Frage nachgegangen werden müssen. Konkreter heißt das für unseren Forschungsbereich: Inwiefern ist dieses Feindbild des »Westens« auch in der rumänischen orthodoxen Theologie des 20. Jh. eine theologie-identifikatorische Konstante gewesen?

1.2.5. Eine aktuelle rumänische Geschichte der Dogmatik und ihr antiwestliches Leitmotiv Zumindest bezüglich aktueller Stimmen aus der rumänischen Theologiegeschichtsschreibung scheint es jedenfalls so, dass dieses Feindbild des »Westens« auch in der rumänischen orthodoxen Theologie des 20. Jh. eine theologie140 Vgl. zur innerwestlichen Rezeption der These Florovskys: K.-C. Felmy, Die orthodoxe Theologie in der Begegnung, 21–27. Johannes Oeldemann, Pseudomorphse oder Komplementarität? Historische Entwicklung und heutige Bewertung gegenseitiger Einflüsse der Theologie in Ost und West, in: OrthFor 19 (1–2/2005) 51–60. Für einen Überblick über die kritische Rezeption der Pseudomorphose-These Florovskys durch die westliche Theologie siehe: Grigore Dinu Mos,, Ortodoxie s,i Occident. Problema influent,elor eterodoxe în teologia ortodoxa˘, Cluj-Napoca 2013, 291–295. 141 Vgl. z. B. P. Kalaitzidis, From the ›Return to the Fathers‹ to the Need for a Modern Orthodox Theology, in: SVTQ 54 (1/2010) 5–36. G. D. Mos,, Ortodoxie s,i Occident, 295–321. 142 K.-C. Felmy, Die orthodoxe Theologie in der Begegnung, 25. Auch Viorel Coman plädiert dafür, dass die neopatristische Ausrichtung der heutigen orthodoxen Theologie sich nicht (mehr) als Gegenprogramm zur westlichen Theologie auffassen sollte: »The mutually enriching interactions between the architects of the Neo-Patristic movement and Western theologians in the past century show that Orthodoxy today cannot self-define itself by simply opposing others but can only do so through establishing a connection with them. Before anything, this task should have priority in Orthodoxy today, especially since in the last decades […] there is a growth in the number of those who adopt and promote antiWestern and anti-ecumenical feelings.« Viorel Coman, Revisiting the Agenda of the Orthodox Neo-Patristic Movement, in: DR 136 (2/2018) 110.

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identifikatorische Konstante gewesen ist. Das repräsentative Hauptwerk diesbezüglich ist die Arbeit des Systematikers Cristinel Ioja von der Theologischen Fakultät in Arad zur Geschichte der rumänischen Dogmatik.143 Seine Hauptthese ist, dass die rumänische Theologie im 19. Jh. (und zum Teil in der ersten Hälfte des 20. Jh.) die große Chance einer »experimentell-geistlichen«, »mystischen«, »philokalischen« Re-Dimensionierung144 (die von der »paisianischen Renaissance«145 der monastischen Spiritualität ausgelöst wurde) verpasst habe und dagegen unter starkem westlich-aufklärerischen Einfluss »den Rationalismus und die Spekulation der Vernunft«, »die Diskrepanz zwischen akademischer, scholastisch geprägter Theologie und dem Leben des Volkes«, den »abstrakten Diskurs« und die »westlichen und aufklärerischen Werte«146 bevorzugt habe. Die rumänischen, orthodox-theologischen Institute im 19. bis zum Anfang des 20. Jh. hätten durch eine Übernahme »der trockenen Methodologien des Westens«147 den starken Zuwachs des »Indifferentismus, Formalismus, Rationalismus und Sektarismus«148 im Kirchenvolk zu verantworten. Ioja meint, dass die rumänische orthodoxe Theologie im 19. Jh. »eine Akzentverschiebung von der liturgischen und geistlichen Tradition der Kirche […] zum Rationalismus und zur Spekulation der Vernunft im Rahmen der theologischen Schulen«149 vollzogen habe. Der Westen bzw. die Universitäten Westeuropas seien in dieser Zeit von einem »philosophisch-theologischen Intellektualismus«150 geprägt gewesen; die Übernahme westlicher Modelle in der Theologie hätte zu einer »Kluft zwischen den Werten der europäischen Aufklärung […] und dem Kultus und der Frömmigkeit der Kirche«151 geführt. Das wichtigste Verdienst der rumänischen Dogmatik im 20. Jh. habe, so Ioja am Ende seiner Ausführungen, darin bestanden, sich von diesen westlichen 143 C. Ioja, O istorie a dogmaticii. 144 Vgl. ebd., 16–17. 145 Mit »paisianischer Renaissance« meint Ioja die geistig-kulturelle Erneuerungsbewegung der orthodoxen Spiritualität, die vom Starez Paisij Velicˇkovskij (1722–1794) im orthodoxen Osten initiiert wurde: »Paisij Velicˇkovskij stellt gleichsam eine Brücke zwischen den asketischen Vätern der Ostkirche vom 4. bis 15. Jh. einerseits und der orthodoxen Neuzeit des 18.–19. Jh. andererseits dar: Er brachte die ägyptische Wüste, die alte Sinai-Tradition, das byzantinische kleinasiatische Mönchtum, aber auch die spätere hesychastische Lehre eines Gregorios Sinaites zum Wiederbeleben in der Epoche der Aufklärung. […] Das paisianische Werk hat das Antlitz der Orthodoxie nachhaltig verändert.« so Anna Briskina-Müller, Auf der Suche nach der »Hesychia«: Paisij Velicˇkovskij (1722–1794) und sein Leben für die »Philokalie« (Erfurter Vorträge zur Kulturgeschichte des Orthodoxen Christentums 12/ 2014), Erfurt 2014, 27. 146 C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 45. 147 Vgl. ebd., 53. 148 Ebd., 55. 149 Ebd., 45. 150 Ebd., 46. 151 Ebd., 47.

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– aber auch von einigen »Ungenauigkeiten des Denkens russischer und griechischer Theologen«152 – zu befreien. Zumindest bis in die Mitte des 20. Jh. habe diese »Befreiung« nur partiell stattgefunden, weshalb Ioja »zwei Tendenzen« erkennt, nämlich »eine konservative, abstrakte, vom Juridismus und Rationalismus der westlichen Theologie beeinflußte«153 und eine erneuernde, auf »das patristische Denken und die patristische Methode« zentrierte Tendenz. Jeglicher »westliche, katholische oder protestantische Einfluss«154 sei aus der Sicht Iojas der negative Ballast, von dem sich die rumänische Dogmatik nur mühsam – dank einiger providentieller Theologen wie Dumitru Sta˘niloae, Nichifor Crainic, Nicolae Chit,escu usw. – befreien konnte. Diese moralisierende, antiwestliche und apologetische Befreiungsthese prägt die ganze Studie Iojas und lässt am Ende keinen Zweifel offen, dass die »westliche Theologie« auch im 20. Jh. der orthodoxen Theologie nichts Gutes gebracht habe. Der einzige Gewinn daraus wäre, so Ioja, dass die »rumänischen Dogmatiker« im 20. Jh. eine »enge Verbindung zwischen Dogmatik und Apologetik«155 herausgestellt hätten: »Diese Einheit in Verschiedenheit zwischen Dogmatik und Apologetik bleibt einzigartig in der rumänischen orthodoxen Theologie«156 – zumindest was die erste Hälfte des 20. Jh. angeht. Wenn es »Ungenauigkeiten« in den Werken der rumänischen Dogmatiker in dieser Epoche gegeben habe, dann wären diese ausschließlich – so Ioja – mit »der Trägheit einer Methode«157 (d. h. der westlichen) zu erklären, die das orthodoxe Denken »seit dem Fall Konstantinopels« fest im Griff gehabt hätte. Das daraus resultierende Ergebnis, dass die orthodoxe Theologie je westlicher, desto rationalistischer, geistloser, lebensfremder und schließlich un-orthodox sei, bzw. umgekehrt, je patristischer, desto authentischer, lebensrelevanter, »asketisch-mystischer«, »experimentell-ekklesialer«158, zeigt, mit welchen Stereotypen das – leider aktuelle – Selbstbild der rumänischen Dogmatik entworfen wird.159 152 153 154 155 156 157 158 159

Ebd., 551. Ebd. Ebd. Ebd., 552. Ebd., 553. Vgl. ebd., 554. Vgl. ebd., 552 und 554. Es gibt jedoch auch Gegen-Entwürfe zu dieser simplifizierenden Betrachtungsweise der theologischen Ost-West-Problematik. Einen differenzierten Identitätsdiskurs verfolgt z. B. G. D. Mos,, Ortodoxie s,i Occident. Sein Hauptanliegen ist es zwar auch, »die Lösung des Problems der heterodoxen Einflüsse auf die orthodoxe Theologie« (ebd., 419) zu suchen; er verortet aber, im Gegensatz zu Ioja, die Einflüsse der westlichen Theologie nur im Bereich der Form, nicht jedoch im Inhalt. Die orthodoxe Theologie habe (und hatte auch in der Vergangenheit) die Freiheit, ihre Glaubensbotschaft auch in vermeintlich fremden Formen zu vermitteln (vgl. ebd., 422). Im Vergleich mit Ioja lässt Grigore Dinu Mos, den »Rationa-

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Die theologiegeschichtlichen Thesen Iojas aus dem Jahr 2013 illustrieren die ganze theologische, ökumenische, aber schließlich auch gesellschaftliche Relevanz unseres Forschungsgegenstandes auf. Dass man nach Jahrzehnten ökumenischen Dialogs und mitten im europäischen Zeitalter das »anti-westliche« Paradigma als identifikatorisches Kriterium einer konfessionellen Theologie und, noch problematischer, als Arbeitsinstrument in einer entsprechenden Theologiegeschichte noch immer in einem solchen Ausmaß bemühen kann, muss aufhorchen lassen.

1.2.6. Zusammenfassung und Präzisierung der Forschungsfragen Fassen wir die Forschungslage noch einmal zusammen: In der aktuellen orthodoxen Theologie (z. B. Gavrilyuk) wächst das Bewusstsein für eine notwendige Revision der bis heute dominierenden These Florovskys, wonach das »Spezifikum« der orthodoxen Theologie nur durch Befreiung von westlichen Einflüssen entdeckt werden könne. Theologen wie Papanikolau und Demacopoulos haben bereits die konstitutive Rolle des Spannungsverhältnisses zum Westen für den Identitätsdiskurs und für den Identitätsaufbau der Orthodoxie in den letzten Jahrhunderten herausgestellt: Der lateinische Westen (vor allem Rom) ist das, angesichts dessen man sich als Gegenpol definieren will; zugleich ist derselbe Westen der Magnet und treibende Motor für die Erneuerung in der orthodoxen Theologie der Neuzeit. Eine »Hassliebe« ohne Gleichen. Diese Einsicht wird von den soziologischen und kirchengeschichtlichen Untersuchungen zum modernen Phänomen des Anti-Westlertums (Makrides, Kalaitzidis) bestätigt. Diese Einsichten stammen jedoch alle von im Westen lebenden (oder – im Falle von Kalaitzidis – mit der westlichen Theologie im ökumenischen Miteinander stark verbundenen) Theologen. Blickt man auf die zeitgenössischen theologiegeschichtlichen Diskurse in Osteuropa (Beispiel: Cristinel Ioja aus Rumänien), dann wird deutlich, dass der Westen immer noch als Inbegriff aller negativen Beeinflussungen gilt, wovon die (rumänisch-)orthodoxe Theologie sich zu befreien habe. Die Ent-Westlichung wird bei Ioja zum Kriterium einer in der Theologiegeschichte des 20. Jh. gelungenen Selbstfindung der orthodoxen Theologie. Hier möchte diese Arbeit andocken und einen Beitrag zur Historisierung der orthodoxen Theologie und deren Identitätsdiskurse leisten. Damit konkretisie-

lismus«-Vorwurf gegenüber der westlichen Theologie nicht allgemein gelten und betont die Notwendigkeit, dass »die Modernität und ihre Werte (wie die Behauptung der menschlichen Vernunft und Freiheit) nicht dämonisiert werden dürfen« (ebd., 368).

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Einführung

ren sich folgende drei Forschungsfragen, die im Rahmen dieser Arbeit zu untersuchen sein werden: 1. Fungierte die Römisch-Katholische Kirche Ende des 19. Jh. und im 20. Jh. als notwendiges Fremd- oder sogar Feindbild, an dem die rumänische orthodoxe Dogmatik ihre konfessionelle Identität ausfeilte? 2. Welche waren in der Geschichte der rumänischen orthodoxen Theologie des 20. Jh. die Differenz- bzw. die Einheitsparadigmen und die Etappen, welche das orthodox-katholische Verhältnis bzw. den orthodox-katholischen Dialog prägten? Waren sich die orthodoxen Theologen der Kontingenzhaftigkeit dieser Paradigmen bewusst? 3. Welche Auswirkung hatte die ökumenische Öffnung, die auf internationaler Ebene im »Dialog der Liebe« und danach im »Dialog der Wahrheit« zum Ausdruck kam, auf die rumänischsprachige orthodoxe Theologie?

1.3. Methode, Quellen und Aufbau 1.3.1. Methodologische Positionierung Die Arbeit verfolgt methodologisch einen theologiegeschichtlichen Ansatz bzw. – wenn man die Unterscheidungen Falk Wagners160 von unterschiedlichen Typen der Theologiegeschichtsforschung übernimmt – einen problemorientierten Ansatz. Der Vorteil eines hauptsächlich problemorientierten Ansatzes ist in der Formulierung Friederike Nüssels, die dabei Pannenbergs »Problemgeschichte der neueren evangelischen Theologie in Deutschland«161 referiert, »die Erfassung der Gesamtlage der Theologie und der daraus erkennbaren Problemlage«, wobei daraus die »systematische Theologie ihre Strategie für die Bearbeitung ihrer Aufgabe«162 entnehmen kann. Zwar kann die orthodoxe Theologie nicht auf eine so stark ausgeprägte Theologiegeschichtsschreibung zurückblicken wie die protestantische oder römisch-katholische Theologie. Dennoch gilt auch für sie, gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen ökumenischen Aporien, dass die Problemfelder der systematischen Theologie nicht ohne eine theologiegeschichtliche Hermeneutik erkannt werden können. Oder, mit Nüssel gesprochen:

160 Falk Wagner, Zur Theologiegeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, in: ThR 53 (1988) 137. 161 Wolfhart Pannenberg, Problemgeschichte der neueren evangelischen Theologie in Deutschland: von Schleiermacher bis zu Barth und Tillich, Göttigen 1997. 162 Friederike Nüssel, Theologiegeschichte. Die geschichtliche Realisierung des Themas der Theologie, in: Wolfram Kinzig, Volker Leppin, Günther Wartenberg (Hg.), Historiographie und Theologie. Kirchen- und Theologiegeschichte im Spannungsfeld von geschichtswissenschaftlicher Methode und theologischem Anspruch, Leipzig 2004, 217.

Methode, Quellen und Aufbau

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»Im Medium der Theologiegeschichte realisiert die systematische Theologie ihre Begründungs- und Auslegungsaufgabe und gewinnt so zugleich ihr Thema.«163 Für die vorliegende Untersuchtung bedeutet dies konkret, dass die theologiegeschichtlich rekonstruierten Denkansätze der rumänischsprachigen orthodoxen Theologie im 20. Jh. zur Klärung einer gegenwärtigen Problemlage beitragen können, nämlich im Blick auf die ökumenische Grundfrage nach der gegenseitigen Anerkennung des Kirchenstatus. Die bereits anfangs angesprochene Problemlage des zeitgenössischen ökumenischen Dialogs (und speziell des orthodox-katholischen), dass der vermeintliche Fortschritt auf der Ebene der Dialogkommissionen, offiziellen Verlautbarungen und Begegnungen die jüngste Entfaltung antiökumenischer Bewegungen, exklusivistischer Kirchenverständnisbekundungen oder zumindest ökumenischer Sättigungsphänomene nicht verhindern konnte, dient hier als Ausgangsposition.164 Entgegen der weitverbreiteten Meinung, wonach die Gründe dieses postökumenischen Paradigmas in nicht-theologischen Faktoren zu suchen seien, soll hier die These vertreten werden, dass das Problem – zumindest für den erforschten, orthodox-theologischen Bereich – im theologischen Diskurs selbst liegt und in der Art und Weise, ob und wie Theologie ihre historisch-kulturelle Bedingtheit begreift. Diese Hypothese kann nur theologiegeschichtlich eruiert werden. Außer diesem problemorientierten Ansatz greift die Methodologie der vorliegenden Arbeit auch positionsgenetische und entwicklungsgeschichtliche Elemente auf, wenn es zum Beispiel darum geht, zu eruieren, seit wann das nationaltheologische Argument eine Rolle im orthodox-katholischen Kontroversdiskurs spielt. Die theologiegeschichtliche Rekonstruktion der ambivalenten, oft exklusivistischen Verhältnisbestimmung orthodox-theologischer Identität zur römischkatholischen Identität könnte leicht in eine historisch-kritische Dekonstruktion derjenigen konfessionellen Selbstbehauptungen entarten, die vermeintlich nicht in das klassische Ökumene-Paradigma passen. Demnach wäre jede Kritik des Anderen bereits ein In-Frage-Stellen des axiomatischen ökumenischen Verständigungs- und Dialogmodells und damit als vor-ökumenisches Fossil abzutun. Um dieser Gefahr eines ökumenischen Purismus zu entgehen, steht nicht die »Ökumenizität« oder »Nicht-Ökumenizität« eines Ansatzes als methodologisches Kriterium im Vordergrund, sondern die identitätsgeschichtliche Relevanz. Dabei trägt Identitätsgeschichte als theologische Methode nach Jürgen Werbick, wesentlich zu einer christlichen Erinnerungsarbeit bei: »Methodisch-kritische 163 F. Nüssel, Theologiegeschichte, 220. 164 Siehe eine nüchterne Analyse dieser Antinomie bei Anastasios Kallis, »Bereitet dem Herrn den Weg«. Die Ökumene in der Perspektive des Konzils, in: Ders., Das Jerusalemer Konzil von 2054, Münster 2012, 56–82.

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Einführung

Erinnerungsarbeit kann zur Heilung der Erinnerung beitragen – und zur Versöhnung durch Erinnerung.«165

1.3.2. Quellenauswahl Als Hauptquellen der vorliegenden Untersuchung dienen die theologischen Zeitschriften, die im Untersuchungszeitrahmen (1875–1989) von offiziellen Stellen der Rumänischen Orthodoxen Kirche herausgegeben worden sind. Für das Ende des 19. Jh. und die zweite Hälfte des 20. Jh. sind es vor allem die Zeitschriften »Biserica Ortodoxa˘ Româna˘« (Bukarest, ab 1874), »Revista teologica˘« (Sibiu, 1907–1947, 1991 ff), »Candela« (Czernowitz, 1882–1946) und »Telegraful român« (Sibiu, ab 1853). Für die zweite Hälfte des 20. Jh. kommen neben der Zeitschrift »Biserica Ortodoxa˘ Româna˘«, die den Charakter des offiziellen Bulletins des Rumänischen Patriarchats trägt, die Patriarchatszeitschriften »Studii teologice« (Bukarest, 1929–1940, neue Serie ab 1949) und »Ortodoxia« (Bukarest, ab 1949), die sich vor allem mit interkonfessionellen, später ökumenischen Themen beschäftigt, hinzu, sowie die fünf Metropolitanzeitschriften »Glasul Bisericii« (für die Metropolie der Ungro-Walachei, Bukarest, ab 1945), »Mitropolia Moldovei s,i Sucevei« (1948–1989), »Mitropolia Ardealului« (die in der Zeit 1956–1990 die »Revista teologica˘« abgelöst hat), »Mitropolia Olteniei« (ab 1950) und »Mitropolia Banatului« (1951–1990, zwischen 1944–1947 und ab 1990 mit dem Titel »Altarul Banatului«).166 Sie alle bilden eine echte, bisher kaum untersuchte Fundgrube, um die Theologiegeschichte nachzuzeichnen, zumal für die untersuchte Problematik kaum monographische Arbeiten vorliegen, sondern die überwiegende Mehrheit aller relevanten Beiträge in diesen Zeitschriften verstreut ist. Der akademisch-theologische Anspruch dieser Zeitschriften167 sowie ihr ekklesialer Charakter schaffen die besten Voraussetzungen, um die Identitätsdiskurse der rumänischen orthodoxen Theologie in diesem Zeitrahmen zu verfolgen. 165 Jürgen Werbick, Theologische Methodenlehre, Freiburg u. a. 2015, 369. 166 Vgl. M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 294–296. 167 Neben diesen Zeitschriften gab es im 19. und vor allem im 20. Jh. eine Reihe von weiteren diözesanen Zeitschriften oder Chroniken pastoral-missionarischen Charakters sowie verschiedene lokale oder regionale kirchliche Blätter, auf die in dieser Arbeit nicht eingegangen wird. Vgl. M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 249–252. 280–282. 294–296. Für eine Übersicht zu den kirchlichen Zeitschriften in der Zeit 1945–1989 vgl. Silviu-Constantin Nedelcu, Presa bisericeasca˘ ortodoxa˘ între anii 1945–1989: un mijloc de rezistent,a˘ a Bisericii Ortodoxe Române împotriva regimului totalitar comunist, in: Annals of the University of Craiova 3 (1– 2/2013) 193–213.

Methode, Quellen und Aufbau

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1.3.3. Aufbau und Überblick Die Arbeit ist in vier großen Abschnitten angelegt. Da am Anfang jedes dieser Teile die thematischen Arbeitsschritte erörtert werden und am Ende (im Rahmen eines Fazits) die jeweiligen Forschungsergebnisse zusammengefasst werden, soll hier der Aufbau in aller Kürze dargelegt werden. Im konfessionellen Identitätsdiskurs der rumänischen orthodoxen Theologie haben wir es im Rahmen des untersuchten Zeitraumes von Ende des 19. Jh. bis zur politischen Wende im Jahre 1989 mit mehreren Paradigmen zu tun. Diese werden im Verlauf dieser Arbeit theologiegeschichtlich, d. h. chronologisch festgemacht und unter ein bestimmtes tragendes Leitmotiv, wofür der Begriff »Paradigma« steht, gestellt. Damit stellt die Arbeit die Forschungsthese auf, dass im Laufe des 20. Jh. in der Identitätsbildung der rumänischen orthodoxen Theologie und im damit verbunden Identitätsdiskurs tatsächlich eine Entwicklung stattgefunden hat. Die Unterscheidung von vier Paradigmen (Kap. 2: »das apologetische Paradigma« – für die Zeit gegen Ende des 19. Jh.; Kap. 3: »das kulturell-nationale Paradigma« – für die erste Hälfte des 20. Jh.; Kap. 4: das »komparatistische Paradigma« – für die 1950er Jahre sowie schließlich Kap. 5: das »ökumenische Paradigma« – für die 1960er bis 1980er Jahre) hat gewiss ihre Schwächen. Vor allem für die erste Hälfte des 20. Jh. könnte man zwischen der Zeit vor 1918 und der Zeit danach differenzierter unterscheiden. Doch die Zäsur anhand dieser politisch markanten Jahreszahl wäre für unseren theologischen Forschungsgegenstand willkürlich; Wissenschaftsgeschichtsschreibung (und damit auch Theologiegeschichtsschreibung) muss nicht nach politischen Zäsuren strukturiert werden. Vielmehr hat die zeitliche Zusammenschau der ersten Hälfte des 20. Jh. und damit das Zusammenhalten der zwei Motive »Kultur« und »Nation« einen Grund: es möchte auf den Tatbestand hinweisen, dass einerseits die nationaltheologische Argumentation keine Erfindung der 1930er Jahre war, und dass andererseits das kulturbetonte und modernitätsoffene Erneuerungsprogramm der Siebenbürgischen orthodoxen Theologie auch nach 1918 Früchte getragen hat. Beide Dimensionen bedingen sich gegenseitig. Die Unterscheidung dieser vier Paradigmen wird zwar mit bestimmten Zeitperioden in Verbindung gebracht, ist aber zugleich eine Charakterisierung der Profile, die sich die rumänische orthodoxe Theologie zu gewissen Zeiten angeeignet hat, ohne bewusst – aufgrund einer bisher noch ausständigen kritischen Theologiegeschichte – darauf zu verzichten oder sich davon zu distanzieren. Das »apologetische Paradigma« ist also ein Element, das zwar im 19. Jh. den Ton angab, jedoch bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. andauerte. Das gleiche gilt für das »nationale Element«.

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Einführung

Der erste Teil der Untersuchung (»Das apologetische Paradigma« – Kapitel 2 in der Gliederung der Arbeit) beschäftigt sich mit den identifikatorischen Diskursen der rumänischen orthodoxen Theologie am Ende des 19. Jh. Der Schwerpunkt liegt hier einerseits auf den theologischen Publikationen in der Zeitschrift »Biserica Ortodoxa˘ Româna˘« (Bukarest), andererseits auf dem Beitrag der Czernowitzer Theologie (vor allem Alexiu Comoros,ans). Thematisch wird die Frage der Rezeption des Ersten Vatikanums untersucht und die Art und Weise, wie die rumänische orthodoxe Theologie ihr eigenes Profil gegenüber der römisch-katholischen Identität in polemischer Weise argumentierte, indem sie sich zugleich methodisch und formell an den Modellen der römisch-katholischen Schultheologie orientierte. Der zweite Teil der Arbeit (»Vom kulturellen zum nationalen Paradigma« – Kapitel 3 in der Gliederung der Arbeit) stellt in der bisherigen Forschung ein kaum beachtetes Spezifikum des identifikatorischen Diskurses orthodoxer Theologie im 20. Jh. dar, nämlich die Betonung der Modernität der Orthodoxie gegenüber dem anti-modernistischen Programm Roms. Hierfür werden vor allem die Beiträge Nicolae Ba˘lans (Sibiu/Hermannstadt) und Iuliu Scribans (Bukarest) aus der Zeitschrift »Revista teologica˘« unter die Lupe genommen. Ein anderer Schwerpunkt dieses Kapitels fokussiert auf das nationaltheologische Programm Dumitru Sta˘niloaes in den 1930er Jahren; dabei soll es nicht darum gehen, dieses in der Forschung immer wieder angesprochene Thema in allen seinen Facetten zu behandeln, sondern dessen Bezug zur antikatholischen, typologisch konstruierten Positionierung als Instrument zur Identitätsbildung aufzuzeigen. Die Bildung und Verteidigung einer nationalen Theologie prägten die rumänische Theologie in dieser Zeit, auch wenn die Idee bereits auf das 19. Jh. zurückgeht. Der dritte Teil (»Die Politisierung der Interkonfessionalität und das komparatistische Paradigma« – Kapitel 4 in der Gliederung der Arbeit) bringt bisher unbeachtete Beiträge der rumänischen Theologie aus einer Zeit ans Licht, die, sowohl politisch als auch kulturell, als die dunkelste Zeit der rumänischen Geschichte gilt, nämlich aus den 1950er Jahren. Hier werden zunächst zwei Aspekte analysiert, deren Relevanz für den selbstidentifikatorischen Prozess der rumänischen orthodoxen Theologie nicht abzustreiten ist: Zum einen die Politisierung des kirchlichen und theologischen Diskurses, dessen Ausdruck die antikatholische Polemik im Kontext der »Moskauer Konferenz« im Jahre 1948 ist, und zum anderen die komplexe und schwierige Frage der »Rückkehr« (d. h. Zwangseingliederung) der Mitglieder der mit Rom Unierten Kirche in die Orthodoxe Kirche. Nicht die kirchengeschichtlichen oder kirchenpolitischen Dimensionen dieser Elemente stehen im Mittelpunkt, sondern die theologischen »Begleiterscheinungen«. – Dasselbe Kapitel widmet sich über diese zwei Fragen hinaus auch einer Analyse der theologischen Beiträge aus dieser Zeit bezüglich der

Methode, Quellen und Aufbau

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konfessionellen Frage. Neben der Fortdauer apologetischer oder typologischer Diskursmechanismen entwickelt sich in dieser Zeit in paradoxaler Art ein sachlicher, oft sogar wissenschaftlich fundierter, komparatistischer Diskurs, der die drei großen Konfessionen thematisch-theologisch einzuordnen versucht. Im Rahmen dieses komparatistischen Diskurses formulieren Theologen wie Dumitru Sta˘niloae und Teodor Popescu ökumenisch-theologische Gedanken und Vorschläge, die nicht nur im Kontext der rumänischen orthodoxen Theologie, sondern auch im panorthodoxen Vergleich einzigartig waren. Der vierte und umfangreichste Teil der Untersuchung (»Das ökumenische Paradigma« – Kapitel 5 in der Gliederung der Arbeit) widmet sich den Identitätsdiskursen rumänisch-orthodoxer Theologen im Zeitraum 1961–1989. Die ökumenische Öffnung der Rumänischen Orthodoxen Kirche gegenüber der multilateralen Ökumene (ÖRK-Beitritt 1961) wird anhand verschiedener ökumenisch-theologischer Ansätze (Mladin, Bria, Sta˘niloae) exemplifiziert. In einem zweiten Schritt wird der schwierige Einstieg der Rumänischen Orthodoxen Kirche in den Dialog mit Rom thematisiert und die kritische Begleitung und Rezeption des Zweiten Vatikanums in der rumänischen orthodoxen Theologie dokumentiert. Auch hier spielen die Beiträge Dumitru Sta˘niloaes, nicht zuletzt aufgrund ihrer Quantität und Originalität, eine wichtige Rolle. Aber auch andere Gestalten der damaligen Schultheologie sowie rumänische Pioniere in der multilateralen Ökumene sollen zu Wort kommen. Als Alternativprogramm zu einer skeptischen Haltung dem Konzil gegenüber werden die Gestalt des Priestermönchs André Scrima und seine Beiträge zum orthodox-katholischen Dialog untersucht. Der dritte Schritt betrifft die letzte Dekade dieses Zeitraumes und damit den offiziellen orthodox-katholischen Dialog. Auch hier geht es darum, den konfessionellen Diskurs der rumänischen Theologen in der Spannung von Identität und Alterität nachzuzeichnen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt – in der Gestalt des Metropoliten Antonie Pla˘ma˘deala˘ – können wir von einer echten ökumenischen Wende im Diskurs der rumänischen Theologie sprechen. Am Ende der Untersuchung (Kapitel 6 in der Gliederung der Arbeit) sollen die Forschungsergebnisse zusammengefasst und ihre heutige Relevanz im Rahmen eines Ausblicks thematisiert werden.

2.

Das apologetische Paradigma (Ende des 19. Jh.)

Als Einführung gilt es in aller Kürze, die Kontextualität und Komplexität der rumänischen Theologiegeschichte in der Moderne in ihrer Wechselwirkung mit dem Westen oder mit anderen Konfessionen zu thematisieren. Es geht zunächst um die Differenzierung der jeweiligen regionalen, multi- oder eher monokonfessionellen Kontexte, in denen die rumänische Orthodoxie im ausgehenden 19. und im 20. Jh. zu einer einzigen, institutionellen Identität finden musste (Kapitel 2.1). Zweitens sollen auch die unterschiedlichen Kulturwelten der jeweiligen akademisch-theologischen Standorte in demselben Zeitraum in Betracht gezogen werden, sowie auch die unterschiedlichen Einflüsse, die die anfängliche rumänischsprachige Theologie im Zuge ihrer Akademisierung übernahm (Kapitel 2.2). Um die interkonfessionelle Ausrichtung der rumänischen orthodoxen Theologie am Anfang des 20. Jh. zu verstehen, wird es ebenso wichtig und unerlässlich sein, zumindest hinsichtlich des Verhältnisses zur römisch-katholischen Theologie zwei theologische Hauptfaktoren zu berücksichtigen: (1.) Die Nachwirkungen der vom Ersten Vatikanum verabschiedeten Papstdogmen und (2.) den Selbstfindungsprozess, der für die letzten Jahrzehnte des 19. Jh. für die rumänische orthodoxe Theologie bestimmend war (Kapitel 2.3 bis 2.5). Zu diesem Selbstfindungsprozess gehörte es nicht nur, das nationale Bewusstsein einer jungen autokephalen Kirche zu untermauern, sondern auch, Schritt mit dem wissenschaftlichen Zeitalter zu halten, und sich daher unvermeidlich an vorhandenen theologischen Denk- und Formmustern zu orientieren, ja sie in erster Linie nachzuahmen. Diese theologischen Muster kamen entweder aus Russland oder aus dem Westen; beide Inspirationsquellen waren aber von der Denkform her stark schultheologisch geprägt. Vergleicht man den Aufbau der ersten rumänischsprachigen Dogmatik-Handbücher mit römisch-katholischen, zumeist deutschsprachigen Handbüchern des 19. Jh., so ergibt sich eine frappierende Ähnlichkeit.168 Diese formale Abhängigkeit mit der römisch-katholi168 Vgl. etwa den Aufbau der »Katholischen Dogmatik« Heinrich Klees (Heinrich Klee, Ka-

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Das apologetische Paradigma (Ende des 19. Jh.)

schen Schultheologie hatte u. a. damit zu tun, dass die ersten orthodoxen akademischen Theologen im westeuropäischen Ausland studiert hatten. Die theologische Bildung oder Fortbildung in den großen theologischen Zentren Westeuropas blieb bis zum Zweiten Weltkrieg eine Konstante vieler Biographien namhafter rumänisch-orthodoxer Theologen. Dennoch ist die berühmte These Florovskys bezüglich einer »babylonischen Gefangenschaft« der orthodoxen Theologie in dieser Zeit – zumindest für den Bereich der rumänischsprachigen orthodoxen Theologie – zu hinterfragen. War die Übernahme von Denkformen und –strukturen tatsächlich eine dekadente Form der Selbstentfremdung oder vielmehr eine zumeist bewusst getroffene Entscheidung, an den wissenschaftlichen Diskurs der westeuropäischen Theologie anzuknüpfen und so in der modernen Zeit anzukommen? Wie wurde die konfessionelle Identität im Rahmen der Spannung zu einer notwendigen wissenschaftlichen Orientierung am westlichen Modell artikuliert? – Das soll im vorliegenden Kapitel untersucht werden.

2.1. Multi- und monokonfessionelle Kontexte Die Geschichte der rumänischsprachigen Orthodoxie im ausgehenden 19. und im 20. Jh. ist eng mit der Geschichte und der konfessionellen Dynamik in der jeweiligen rumänischen Provinz verbunden. Jeder Versuch einer vorschnellen Vereinheitlichung dieser kirchlichen Identitätsprozesse wäre fehl am Platz. Bis 1918 lebten die orthodoxen Rumänen in unterschiedlichen politisch getrennten Gebieten: 1. als starke konfessionelle Mehrheit169 in dem 1859 aus der Vereinigung der beiden Fürstentümer Moldau und Walachei entstandenen Fürstentum (ab 1881: Königreich) Rumänien170;

tholische Dogmatik. Spezielle Dogmatik. Erster Band, Mainz 1840) und den der »Orthodoxen Dogmatik« Alexiu Comoros,ans (Alexiu Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, hg. von Emilian Voiut,chi, Czernowitz 1889). 169 Bei der Volkszählung im Jahr 1899 lebten im sogenannten »alten« Königreich Rumänien 91,52 % Orthodoxe, danach kam die jüdische Glaubensgemeinschaft mit 4,5 % und am dritten Platz die römisch-katholischen Gläubigen mit 2,5 %. Vgl. Sorin Negrut,i, Evolut,ia structurii confesionale din România de la 1859 pâna˘ în prezent, in: Revista de statistica, Supplem. 6 (2014) 32–33. http://www.revistadestatistica.ro/supliment/wp-content/uploads/ 2014/09/RRRS06_2014_A2_ro.pdf (abgerufen am 15. 04. 2019). 170 Zu den national-politischen Entwicklungen in Moldau und Walachei vor und nach ihrer Vereinigung im Jahre 1859 (Entstehung des Fürstentums Rumänien), sowie zu der kirchlichen Komponente des für diese Epoche bestimmenden Nationalgedankens vgl. Lucian N. Leustean, The Romanian Orthodox Church, in: Ders. (Hg.), Orthodox Christianity and Nationalism, 103–131.

Multi- und monokonfessionelle Kontexte

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2. als große Minderheit in den multiethnisch und multikonfessionell171 geprägten Provinzen Siebenbürgen und Banat, die zur Habsburgischen Monarchie gehörten172; 3. ebenfalls als prägende Minderheit in der multireligiösen Bukowina, welche seit 1775 zum Habsburgerreich173 gehörte; 4. als »moldauische« Mehrheit174 in der seit 1812 von Russland annektierten Region Bessarabien. Den vier unterschiedlichen politischen Realitäten entsprechend war auch die rumänische Orthodoxie »in vier Kirchenprovinzen« unterteilt: »In Siebenbürgen konnte der Metropolit Andrei Freiherr von S,aguna durch das Organische Statut eine autonome Volkskirche entwickeln. In der Bukowina befand sich das orthodoxe Bistum unter dem hohen Patronat des Kaisers […].«175 Die orthodoxen Rumänen in Bessarabien gehörten in der Zeit 1812–1918 jurisdiktionell zur 171 Zu den geschichtlichen Hintergründen der Multikonfessionalität in Transsylvanien und der kollektiven Frustration, die sich auf Seiten vieler Rumänen bis in das 19. Jh. (aufgrund eines untergeordneten Status) angesammelt hatte, vgl. Ioan-Aurel Pop, Nat,iuni s,i confesiuni în principatul Transilvaniei – între acceptare s,i excludere, in: M. Spa˘riosu, V. Boari (Hg.), Armonie s,i conflict, 273–284. 172 Zur rumänisch-orthodoxen Metropolie von Siebenbürgen (seit 1864 autonom) vgl. L. N. Leustean, The Romanian Orthodox Church, 131–140. Paul Brusanowski, Autonomia s,i constitut,ionalismul în dezbaterile privind unificarea Bisericii Ortodoxe Române (1919– 1925), Cluj-Napoca 2007, 19–26. Zu den Beziehungen dieser autonomen Metropolie zum ungarischen Staat vgl. Ders., Die Rumänisch-Orthodoxe Volkskirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und ihre Beziehung zum ungarischen Staat (bis 1918), in: OS 63 (2014) 35–64. Zu den Verdiensten des Metropoliten Andrei S,aguna für die Reorganisation der orthodoxen Metropolie und der orthodox-konfessionellen Unterrichtswesens in Siebenbürgen siehe Ders., Înva˘t,a˘mântul confesional ortodox român din Transilvania între anii 1848–1918. Între exigent,ele statului centralist s,i principiil autonomiei biserices,ti, Cluj-Napoca 22010, 83–166. Einen Überblick über die gesamte orthodoxe Präsenz in der Habsburgermonarchie gibt Thomas M. Németh, Die Orthodoxe Kirche in der Habsburgermonarchie. Geschichte und Strukturen, in: OS 63 (2014) 6–20. 173 Vgl. E. C. Suttner, Kirche und Theologie bei den Rumänen, 188; P. Brusanowski, Autonomia s,i constitut,ionalismul, 31–45. L. N. Leustean, The Romanian Orthodox Church, 140– 144. 174 Vgl. Lidia Prisac, Autohtoni s,i alogeni în Basarabia (1812–1940). Între identitate s,i alteritate, in: Transilvania 3 (2008) 58–64. https://revistatransilvania.ro/wp-content/uploads/ 2016/08/09-Lidia-Prisac-The-autochthons-and-strangers-in-Bessarabia-1812-1940-betweenidentity-and-alterity.pdf (abgerufen am 15. 04. 2019). Der Bevölkerungsanteil der Moldauer ging im Laufe des 19. Jh. immer mehr zurück: im Jahre 1817 betrug er 78,2 %, im Jahre 1897 nur noch 52,1 % (so die russischen Statistiken). Vgl. Mariana Hausleitner, Bessarabien als historische Region, in: T. Kahl, M. Metzeltin, M.-R. Ungureanu (Hg.), Rumänien, 828. Zum Russifizierungsprozess der moldauischen Kirche im 19. Jh. vgl. auch: L. N. Leustean, The Romanian Orthodox Church, 144–149. 175 Paul Brusanowski, Rumänisch-Orthodoxe Kirchenordnungen (1786–2000). Siebenbürgen – Bukowina – Rumänien (Schriften zur Landeskunde Siebenbürgens. Ergänzungsreihe zum Siebenbürgischen Archiv. Bd. 33), Köln u. a. 2011, IX.

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Russisch-Orthodoxen Kirche: »Abgesehen von der Sprache waren […] die russische Kirchenordnung und das russische theologische Denken die Norm«176. Schließlich waren die Orthodoxen im Königreich Rumänien in der seit 1885 vom Ökumenischen Patriarchat als autokephal anerkannten Rumänischen Orthodoxen Kirche organisiert.177 Die unterschiedliche politische Zugehörigkeit mit ihrer jeweiligen gesellschaftlich-kulturellen Prägung (westeuropäisch orientiert und multiethnisch geprägt für Siebenbürgen und Bukowina, russisch geprägt in Bessarabien und von der osmanischen Isolation gerade befreit und um eine Synchronisierung mit dem westlichen Europa bemüht im Fürstentum bzw. dem späteren Königreich Rumänien), die unterschiedliche multikonfessionelle Einbettung, aber auch der ebenfalls unterschiedliche administrative Kontext178 haben natürlich auch das Selbstverständnis der Orthodoxen in diesen Regionen während dieser Zeit geprägt. Die orthodoxen Rumänen in Siebenbürgen mit seiner jahrhundertealten, nicht immer konfliktfreien Tradition einer Konvivenz zwischen Rumänen (Orthodoxe oder Unierte), Magyaren (Kalvinisten, Katholiken oder Unitarier), Deutschen (Lutheraner), Armeniern und Juden179 hatten ein anderes Identitätsprofil als beispielweise die orthodoxen Rumänen in der Walachei, wo sie sowohl ethnisch als auch religiös eine stabile und deutliche Mehrheit bildeten. Von einer geschichtlich gewordenen Multikonfessionalität und Multireligiösität waren auch die Gebiete der Bukowina und des Banats geprägt. Die jeweiligen orthodoxen Kirchen in Siebenbürgen und der Bukowina, die bis nach dem ersten Weltkrieg als Metropolien eine »de facto Autokephalie« genossen180, blickten also auf eine reiche interkonfessionelle Erfahrung181 zurück im Vergleich zu der 176 E. C. Suttner, Kirche und Theologie, 198. 177 Zum Prozess der Erlangung der Autokephalie vgl. Ioan Vasile Leb, Die Rumänische Orthodoxe Kirche im Wandel der Zeiten, Cluj-Napoca 1998, 84–87. 178 Über die Unterschiede in der administraiven Kultur und im Verhältnis zwischen Staat und Kirche, die zwischen den vier rumänischen Provinzkirchen bis 1918 bestand, vgl. P. Brusanowski, Autonomia s,i constitut,ionalismul, 13–72. 179 Siehe eine Statistik für den Zeitram 18.–20. Jh. bei K. Zach, Konfessionelle Pluralität, 163. Als Beispiel eines gewissen gelebten Miteinanders siehe Ioan Ovidiu Abrudan, The Building of Bell-Towers Added to Romanian Churches: A Pattern of Intercommunity Cooperation in the Religious Life of the Romanians and the Saxons from Sibiu County, in the Eighteenth and the Nineteenth Century, in: Review of Ecumenical Studies 8 (1/2016) 9–26. 180 Vgl. P. Brusanowski, Rumänisch-Orthodoxe Kirchenordnungen (1786–2000), IX. 181 Diese Erfahrung bezieht sich nicht nur auf die institutionelle Ebene, sondern – was mindestens ebenso wichtig ist – auch auf die Ebene des Zusammenlebens. Die Frage der Mischehen ist dafür repräsentativ. Vgl. Mircea Brie, Alteritatea confesionala˘ prin ca˘sa˘torie la românii din zona Cris,anei (a doua juma˘tate a secolului XIX – începutul secolului XX), in: Ioan Bolovan, Diana Covaci, Daniela Detes¸an, Marius Eppel, Elena Crina Holom (Hg.), În ca˘utarea fericirii. Viat¸a familiala˘ în spat¸iul românesc în sec. XVIII–XX, [Romanian Journal of Population Studies (Suppl.)], Cluj-Napoca 2010, 147–166. Etwa 30 % der in

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Rumänischen Orthodoxen Kirche mit Sitz in Bukarest oder zum ebenfalls rumänischsprachigen Erzbistum von Chis,ina˘u, das zwischen 1812–1918 zur Russisch-Orthodoxen Kirche gehörte. Selbst der nationale Gedanke spielte in der rumänischen Theologie vor 1918 unterschiedliche Rollen, je nach dem Standort des jeweiligen Theologen.182 Auch nach 1918, als alle mehrheitlich von Rumänen bewohnten Pronvinzen (Banat, Siebenbürgen, Bukowina, Bessarabien) mit dem Königreich Rumänien vereinigt wurden, blieben mentale und kulturelle Spuren dieses unterschiedlichen geschichtlichen Hintergrundes bestehen. Zwar können wir ab 1925 (mit der Ausrufung des Patriarchats183) von einer einzigen Institution der Rumänischen Orthodoxen Kirche sprechen184 und einer – gesamt-staatlich gesehen – komfortablen Mehrheit der Orthodoxen im Großstaat Rumänien.185 Doch die institutionelle Einheit hat in der Frage des interkonfessionellen Miteinanders keine Uniformität gebracht: Auch im 20. Jh. blieb die Orthodoxie in Transsylvanien und im Banat von den interkonfessionellen Interferenzen viel stärker geprägt als

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Siebenbürgen geschlossenen Mischehen Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jh. wurden zwischen Orthodoxen und Griechisch-Katholischen geschlossen. Es gab aber auch Ehen zwischen Orthodoxen und Römisch-Katholischen. Man muss präzisieren, dass die meisten Mischehen mit orthodoxer Beteiligung in Ortschaften stattfanden, wo die Orthodoxen eine Minderheit waren. In Pfarrgemeindegebieten mit orthodoxer Mehrheitsbevölkerung gab es nur nur 8,77 % interkonfessionelle Ehen. Deshalb schlussfolgert der Historiker Brie: »Die orthodoxe Gemeinschaft kann als eine der konservativsten christlichen Konfessionen hinsichtlich der Öffnung zu Mischehen gelten. Trotzdem, […] dort wo die Moderne sich durchgesetzt hat (hauptsächlich in den Städten) war die konfessionelle Alterität durch Eheschließung ziemlich hoch.« (ebd., 166). Vgl. auch Cornelia Pa˘durean, Ca˘sa˘toriile mixte – forma˘ de conviet,uire etnica˘ s,i confesionala˘ în Transilvania s,i Banat, în a doua juma˘tate a secolului al XIX–lea, in: M. Spa˘riosu, V. Boari (Hg.), Armonie s,i conflict, 435–455. Dass die Existenz von Mischehen alles andere als spannungsfrei für die jeweiligen Kirchenführungen war, zeigt eine weitere historische Studie für Siebenbürgen, die einen größeren Zeitrahmen abdeckt (18.–20. Jh), dabei aber nur die katholisch-protestantischen Beziehungen untersucht: Korinna Zamfir, An Overview of the Tensions Related to Mixed Marriages in Transylvania during the 18–20th Century, in: Studia Universitatis Babes-Bolyai – Theologia Catholica Latina 2 (2005) 71–83. Paul Brusanowski hat diesen oft übersehenen Aspekt herausgestellt: Die orthodoxen Geistlichen in Siebenbürgen waren »in der nationalistischen antiungarischen Bewegung nicht allzusehr beteiligt«, denn sie genossen dank des Organischen Statuts von S,aguna eine starke Autonomie: »[…] sie wussten, dass sie dieses Statut in Großrumänien verlieren würden (was nach 1920 teilweise auch geschah)«, so Paul Brusanowski, Über die Rumänisch-Orthodoxe Kirche Siebenbürgens während des Ersten Weltkriegs, in: OS 67 (2018) 272. Vgl. I. V. Leb, Die Rumänische Orthodoxe Kirche, 88–95. Siehe auch den irenischen Brief der Hl. Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche »an die anderen orthodoxen Schwesterkirchen über die Erhebung der Rumänischen Orthodoxen Kirche zum Rang des Patriarchats« (12. März 1925), in: P. Brusanowski, RumänischOrthodoxe Kirchenordnungen, 289. Im Jahre 1930 waren 72,59 % der Bewohner Rumäniens orthodox, 7,90 % griechisch-katholisch, 6,83 % römisch-katholisch, 4,19 % jüdisch, 3,94 % reformiert usw. Vgl. S. Negrut,i, Evolut,ia structurii confesionale, 35.

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die anderen rumänischen Bistümer. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jh., durch die starke demographische Entwicklung und durch die restriktive Religionspolitik, der die mit Rom Unierte Kirche völlig zum Opfer fiel, bekam die rumänischsprachige Theologie einen regional immer unabhängigeren und damit einen immer uniformeren Charakter.186 Diese hier nur kurz umrissene Problemlage spiegelt sich in der Geschichtsund Kirchengeschichtsforschung wider. Wenn es um interkonfessionelle Verhältnisbestimmungen im Rumänien des 20. Jh. geht, dann wird vor allem Transsylvanien (Siebenbürgen) als multikulturelles und multikonfessionelles Beispiel angeführt. Wir haben es mit vergleichsweise vielen historischen oder kirchengeschichtlichen Beiträgen zu tun, die die Beziehungen zwischen Orthodoxen und Unierten in Transsylvanien im ausgehenden 19. und 20. Jh. untersuchen.187 Diese Untersuchungen gehen jedoch kaum auf die theologischen Inhalte der jeweiligen Persönlichkeiten oder Zeitschriften ein, sondern bleiben bei der Beschreibung der kirchengeschichtlichen und -politischen Debatten und Fakten. Auch für unseren theologiegeschichtlichen, auf die inhaltlichen Denkmuster des orthodox-katholischen Dialogs konzentrierten Forschungsblickwinkel wird es natürlich immer zu berücksichtigen sein, ob der jeweilige Theologe aus einer biographisch oder regional motivierten Kontroverserfahrung zwischen Orthodoxen und Unierten her argumentiert, oder eher theoretisch, gleichsam aus der Mehrheitsposition heraus, an die Sache herangeht. Die Topologie des unterschiedlichen multi- oder monokonfessionellen bzw. multi- oder monokulturellen Hintergrunds hat eine wichtige Bedeutung, ja sie prägt zum Teil auch das – mehr oder weniger bewusst formulierte – Selbstbestimmungsprofil der jeweiligen Theologie.

2.2. Theologische Standorte und Kulturwelten Das gilt nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für das Profil der jeweiligen theologischen Ausbildungsstätten. Der Prozess der Akademisierung der orthodoxen Theologie in den südosteuropäischen Ländern im Laufe des 19. Jh. hat 186 Dies hatte auch nicht zuletzt mit der Staatspolitik des kommunistischen Regimes zu tun, das im Zuge des Industrialisierungsprozesses große Bevölkerungsgruppen aus anderen Regionen Rumäniens (z. B. Ost-Rumänien) nach Transsylvanien umsiedeln ließ. Hinzu kommt auch die Tatsache, dass die multiethnische und multikonfessionelle Landschaft in Transsylvanien ab den 1950er Jahren von den Kommunisten als eine Bedrohung angesehen wurde. Vgl. Stefano Bottoni, Transilvania ros,ie. Comunismul român s,i problema nat,ionala˘ 1944–1965, Cluj-Napoca 2010, 291–304. 187 Vgl. Anm. 64.

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dabei eine Konstante, nämlich die Orientierung an westeuropäischen und russischen Vorbilder. Dieses Phänomen ist kein allein rumänisches Spezifikum: »Der Kontakt der orthodoxen südosteuropäischen Völker mit dem Bildungsleben Westeuropas und Rußlands erzwang eine Adaption an die dort gültigen Normen wissenschaftlicher Methodik – eine weitgreifende Morphose. Es erwies sich auch für die orthodoxen Kirchen, dass die Emanzipationsbewegung zugleich eine Bildungsbewegung war. Im Blick darauf, dass die Orthodoxie den südosteuropäischen Völkern dank ihrer Ehrfurcht vor der Tradition erhalten geblieben war, bedeutete die Entstehung einer akademischen Theologie in der Form von Anleihen beim westeuropäischen und russischen Wissenschaftsbetrieb eine Innovation, die auch innerorthodoxe Konflikte in den südosteuropäischen Kirchen auslösen musste.«188

Nicht nur zukünftige rumänische Theologieprofessoren studierten in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jh. in Westeuropa oder Russland, sondern auch griechische und serbische. Die Gründung und Profilierung der ersten orthodoxen theologischen Fakultäten in Rumänien in der zweiten Hälfte des 19. Jh. ist im Rahmen dieser Entwicklung zu sehen. Vor der Gründung dieser theologischen Fakultäten haben wir es in den rumänischsprechenden Provinzen mit theologischen Seminaren (in der Walachei und Moldau)189 oder mit theologischen Instituten und Akademien (in Siebenbürgen und dem Banat)190 zu tun. Während erstere ausschließlich als Priesterausbildungsstätten fungierten und einen rein katechetisch-apologetischen Diskurs verfolgten191, versuchte man in den rumänischsprachigen orthodox-theologischen Hochschulen in Siebenbürgen und dem Banat Anschluss an die akademisch-theologischen Entwicklungen und Standards Westeuropas zu finden. Das geschah nicht nur durch die administrative Zugehörigkeit zum Habsburgerreich, sondern auch dadurch, dass von Anfang an die hier Lehrenden in Wien, Jena, Leipzig, Berlin usw. studiert hatten.192 188 Friedrich Heyer, Die Orientalische Frage im kirchlichen Lebenskreis. Das Einwirken der Kirchen des Auslands auf die Emanzipation der orthodoxen Nationen Südosteuropas 1804– 1912, Wiesbaden 1991, 209. 189 Socola (1803), Bukarest (1836), Arges, (1836), Râmnicu Vâlcea (1837), Hus,i (1852), Neamt, (1855), Roman (1858). Ab 1860 wurden diese kirchlichen Priesterseminare dem staatlichen Kultusministerium unterstellt. Vgl. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 59. 190 Sibiu (Hermannstadt): ab 1786 Kurse für zukünftige Priester, zwischen 1811–1846 Priesterausbildungsstätte, ab 1846 Theologisch-Pädagogisches Institut; Arad: ab 1822 Theologisches Institut; Caransebes,: ab 1865 Theologisches Institut. Vgl. Viorel Ionit,a˘, Orthodox Institutions of Theological Education: Key Factors in Promoting Orthodox Theology, in: Ders. (Hg.), Orthodox Theology in the 20th Century, 161–164. 191 Vgl. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 59–65. 192 Einige Beispiele aus der Anfangszeit dieser Hochschulen: Gheorghe Laza˘r (1779–1823) studierte an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Wien; er unterrichte als erster am Theologischen Institut von Sibiu, geriet aber danach in Konflikt mit dem orthodoxen Bischof von Siebenbürgen Vasile Moga und musste letztendlich in die Walachei auswandern.

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In ihren Vorlesungsskripten oder Veröffentlichungen versuchten diese ersten, z. T. an westlichen Fakultäten ausgebildeten rumänischen orthodoxen Theologen eine Art Synthese zwischen schultheologischem, westlich geprägtem »knowhow« (die bis in die Denk- und Formstrukturen ging) und östlicher Tradition zu schaffen.193 Oft dienten ihnen, neben patristisch-byzantinischen Standardwerken, zeitgenössische russische Handbücher in Fächern wie Dogmatik oder Katechetik als Vorbilder, die wiederum selbst von der westlich-theologischen Schultradition stark geprägt waren.194 Auch der Einfluss der griechischen Ausbildungsstätten und Literatur ist nicht zu ignorieren195, er war jedoch bei weitem nicht so groß wie der russische. Die Gründung der orthodox-theologischen Fakultät an der Universität in Czernowitz (1875) und der zwei, ebenfalls an staatlichen Universitäten angegliederten Fakultäten in Rumänien (Ias,i 1860, Bukarest 1881) öffnete zwar eine neue Ära in der Entwicklung der wissenschaftlichen Theologie in rumänischer Sprache; die hier gelehrte, gelernte und auch produzierte systematisch-theologische Literatur blieb aber zumindest am Anfang in starker Abhängigkeit von den russischen Modellen: »All Orthodox dogmatic handbooks in this period [late 19th century; I.M.] were based on translations into Romanian of academic lectures written by Russian theologians like Makary Bulgakov, Silvester of Canev and Peter Svetlov. Their lectures followed similar Western models. During this period of transition, Romanian Dogmatic Theology de-

Aber auch seine Nachfolger, Ioan Moga (1794–1859) und Moise Fulea (1787–1863) waren frühere Stipendiaten der Wiener Fakultät. Ihnen folgte Simion Popescu (1848–1919) mit Studien in Leipzig. Vgl. F. Heyer, Die Orientalische Frage, 228. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 92–95. Auch der erste Dogmatik-Professor in Arad studierte in Wien: Gavril Rat, (1793–1850). Vgl. ebd., 117. Dasselbe gilt für den später eröffneten Standort Caransebes,. Der erste hier lehrende Systematiker, Petru Barbu (1864–1941), hatte in Graz und Berlin studiert, Iosif Iuliu Olariu (1885–1920) in Leipzig und Erlangen. Vgl. ebd., 123. 193 Beispiel: Ein Vorlesungsmanuskript des Hermannstädter Professors Ioan Moga aus dem Jahr 1826 (»Înva˘t,a˘tura theologhiceasca˘ sau dogma credint,ei pravoslavnice neunita˘ din Ardeal«) umfasst als Kapitel auch typisch westliche Themen: Gnadenlehre (»haritologia«) und die Rechtfertigungslehre (»despre îndreptare«), woran man den Einfluss der gegenreformatorischen Theologie des 17.–18. Jh. wiedererkennt. Der rumänische Kirchenhistoriker Pa˘curariu vermutet zurecht, dass der Text »eine Bearbeitung irgendeines katholischen Handbuchs der Epoche war, den er [Ioan Moga; I.M.] zu seiner Studienzeit an der Theologischen Fakultät der Universität Wien gelesen hat, wahrscheinlich das Buch des Benediktiners Augustinus Braig.« Mircea Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani de înva˘t,a˘mânt teologic la Sibiu. 1786–1986, Sibiu 1987, 51. 194 Vgl. F. Heyer, Die Orientalische Frage, 222–223. 195 Vgl. ebd., 224: »Nach dem durch den Krimkrieg bedingten Prestigeverlust Rußlands war eine Umorientierung auf die griechischen Bildungsstätten spürbar. 1856 entsandte Filaret Scriban gleich fünf rumänische Theologen dorthin.«

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pended generally on translations. This explains the Western schoalstic influences, which came through either Russian or Greek channels.«196

Trotz dieses allgemeinen Trends sollten auch notwendige Differenzierungen getroffen werden, die auf die Existenz unterschiedlicher theologischer Kulturwelten und Identitätsprofile schließen lassen. Die rumänische Theologie an der Wende zwischen dem 19. und 20. Jh. wurde vor allem von drei theologischen Zentren geprägt: Czernowitz (mit einer klaren akademischen, interdisziplinären, westlich geprägten Ausrichtung), Sibiu/Hermannstadt (mit einer Betonung des konfessionellen und z. T. nationalen Profils im multikonfessionellen und -ethnischen Spannungsfeld Siebenbürgens, aber mit Professoren, die ebenfalls an westlichen Universitäten ausgebildet waren) und Bukarest (mit einer eher binnenkirchlichen Ausrichtung, stärker geprägt von russischen und griechischen Standardwerken der Epoche).197

2.2.1. Czernowitz Die 1875 gegründete deutsche Universität in Czernowitz198 beinhaltete von Anfang an eine »griechisch-orientalische« (d. h. orthodoxe) theologische Fakultät mit acht Lehrkanzeln und war damit die einzige Universität in Österreich-Ungarn, die eine orthodox-theologische Ausbildungseinrichtung hatte.199 Die allgemeine Unterrichtssprache war Deutsch, wobei man in praktischen Fächern Rumänisch bzw. Ruthenisch verwendete. Das Profil der Fakultät ist vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Entwicklungen zu sehen: die seit 1827 vorhandene »griechisch-orientalische theologische Lehranstalt« mit einer 1842 begründeten und gut dotierten Bibliothek; die lange Tradition, rumänische orthodoxe Stu196 S,. Buchiu, C. Ioja, The Development of Dogmatic Studies, 396. 197 C. Ioja beschreibt das jeweilige »Profil« dieser Standorte eher negativ: während in Siebenbürgen »Akzente eines protestantischen Rationalismus« zu finden wären, sei die »theologische Schule in der Bukowina« »akademischer«, dafür aber von einem »liturgischen Formalismus und einem pastoralen Pharisäismus« geprägt. Czernowitz stünde nach der Meinung Iojas für ein »abstraktes« Studium, Hermannstadt dafür für ein Studium, wo »nationale Begeisterung« dominierend gewesen sei. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 46. 198 Zur Universität Czernowitz siehe Franz Hieronymus Riedl, Die Universität Czernowitz als völkerverbindende Institution. 1875–1919, in: Der Donauraum. Zeitschrift des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa 15 (3–4/1970) 216–228; Emanuel Turczynski, Die Universität Czernowitz und die Hermannstädter Rechtsakademie, in: Friedhelm B. Kaiser, Bernhard Stasiewski (Hg.), Deutscher Einfluss auf Bildung und Wissenschaft im östlichen Europa, Köln – Wien 1984, 161–177. 199 Vgl. Ra˘zvan Mihai Neagu, Formarea elitei ortodoxe din Transilvania, Banat s,i Cris,ana la sfârs,itul secolului al XIX–lea s,i începutul secolului al XX–lea. Student,i români din Transilvania, Banat s,i Cris,ana la Facultatea de teologie a Universita˘t,ii din Cerna˘ut,i (1875–1918), Cluj-Napoca 2018, 23–28.

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denten in Wien aus- oder fortbilden zu lassen; die Bemühungen des Bukowiner Bischofs Eugen Hacman (1835–1873) zur Erhöhung des Bildungsstandards der Priesteramtskandidaten und nicht zuletzt eine zunehmende, die Orthodoxen im Habsburgerreich nicht mehr benachteiligende Kulturpolitik, die das Vertrauen zwischen dem orthodoxen Klerus der Bukowina und den staatlichen Behörden stärkte,200 sind wesentliche Wegmarken dieser Entwicklungen. Obwohl auch in Czernowitz die nationalen (d. h. rumänische und ruthenische) Elemente eine wichtige Rolle spielten201, war das Verhältnis der rumänischen orthodoxen Theologen und Kleriker – durch das Fehlen einer unierten »Konkurrenz« innerhalb der rumänischen Bevölkerung der Bukowina und durch die bessere soziale Stellung202 – zur römisch-katholischen Theologie und Kirche österreichischer (wohl aber nicht polnischer) Färbung entspannter.203 Man benutzte bis zur Gründung der Fakultät verständlicherweise römisch-katholische oder sogar protestantische Lehrbücher, solange die orthodoxe Dogmatik unangetastet blieb.204 Dieser auch von der Aufklärung geprägte wissenschaftliche Zugang zur Theologie und der höhere Bildungsstandard (vierjährige Ausbildung) prägten den orthodox-theologischen Standort Czernowitz schon vor dem Jahr 1875. Man kann also durchaus die Meinung Ra˘zvan Neagus teilen, der die Tatsache unterstreicht, dass die Czernowitzer Fakultät »von Anfang an eine ökumenische und multikulturelle Berufung hatte, indem sie sowohl christliche (Rumänen, Ruthenen, Deutsche, Polen, Bosnier, Bulgaren, Serben) als auch nicht-christliche (Juden) Studierende anzog«205. Ein großer Verdienst für den kulturtheologisch reifen Start der Fakultät kam dem Wiener Ostkirchenrechtler Josef (Ritter von) Zhishman (1820–1894)206 zu, 200 Für die Vorgeschichte und den kulturell-politischen Kontext der theologischen Fakultät von Czernowitz siehe Emanuel Turczynski, Die Bedeutung von Czernowitz für die orthodoxe Theologie in Südosteuropa, in: Franz Zagiba (Hg.), Geschichte der Ost- und Westkirche in ihren wechselseitigen Beziehungen. Acta Congressus historiae Slavicae Salisburgensis in memoriam SS. Cyrilli et Methodii anno 1963 celebrati, Wiesbaden 1967, 166–195. 201 Turczynski spricht von einem »konfliktökonomischen Miteinander« zwischen den verschiedenen ethnischen und religiösen Gruppen der Bukowina in der zweiten Hälfte des 19. Jh. Vgl. Emanuel Turczynski, Die kirchlichen Verhältnisse in der Bukowina als Modell einer konfliktökonomischen Integration, in: Alfred Stirnemann, Gerhard Wilflinger (Hg.), Religion und Kirchen im alten Österreich. Internationales Symposion in Salzburg, 13.15. 11. 1992, Innsbruck – Wien 1996, 104. 202 Vgl. E. Turczynski, Die Universität Czernowitz, 161–162. 203 Vgl. ebd., 173: »Zur antipolnischen Haltung, die auch die Abwehr der Lemberger Unionstendenzen einbegriff, trat eine proösterreichische Einstellung«. 204 Vgl. E. Turczynski, Die Bedeutung von Czernowitz, 175. 205 R. M. Neagu, Formarea elitei ortodoxe, 36. 206 Zur Rolle Zhismans bei der Errichtung der orthodoxen Fakultät in Czernowitz vgl. Thomas Mark Németh, Josef von Zhisman (1820–1894) und die Orthodoxie in der Donaumonarchie, Freistadt 2012, 101–133. Zhisman war durch Gutachten auch in die Erstellung des Lehrplans und die Aufteilung der Lehrstühle involviert.

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mit dessen Hilfe bereits vor der Errichtung der Fakultät rumänische Stipendiaten und zukünftige Universitätsprofessoren wie Alexiu Comoros,an (1842–1881), Eusebiu Popovici (1832–1922), Vasile Repta (1842–1926, zwischen 1902–1924 Erzbischof von Czernowitz und Metropolit der Bukowina) und Emilian Wojutzki (1850–1920) in Wien und anderen westlichen Universitäten studieren konnten.207 Die Gründung der Fakultät brachte nicht nur die Chance auf eine zweisprachige universitäre Ausbildung mit sich, eine einzigartige Möglichkeit zur Promotion in orthodoxer Theologie208, sondern auch jene eines größeren innerorthodoxen Wirkungsradius. Die Fakultät von Czernowitz konnte in ihrer relativ kurzen Existenzgeschichte (1875–1944, 1944–1948 mit Standort in Suceava) zu einem wichtigen theologischen Zentrum aufsteigen, wobei ihre wissenschaftliche Blüte in die ersten vier Jahrzehnte ihres Bestehens (d. h. auf die Zeit im Habsburger Reich) fällt.209 Die Fakultät war in der Zeit von 1875 bis 1918 eine bedeutende Ausbildungsstätte »nicht nur für die Rumänen und Ukrainer griechisch-orientalischer Konfession in der Bukowina, sondern auch der Serben in Dalmatien und den Reichslanden«210; darüber hinaus wurden Studenten aus Rumänien, Bulgarien, Serbien und sogar Griechenland für das Studium nach Czernowitz geschickt. Nicht wenige davon wurden namhafte Theologieprofessoren und Bischöfe und prägten nachhaltig die theologische und kirchliche Entwicklung in Rumänien, Serbien und Bulgarien.211 Persönlichkeiten wie Nicolae Ba˘lan (von 1920–1955 Metropoilt von Siebenbürgen), Grigore Pis,culescu (oder Gala Galaction, Theologieprofessor in von 1927–1947), Nectarie Cotlarciuc (von 1924–1935 Metropolit der Bukowina), Pimen (Petre) Georgescu (von 1909– 1934 Metropolit von Moldawien) und viele weitere bedeutende rumänische Bischöfe oder Theologieprofessoren promovierten in der Zeit von 1881–1916 in Czernowitz.212

207 Vgl. ebd., 103–114. 208 In der Zeit 1875–1916 promovierten nicht weniger als 80 Theologen an der Fakultät. Vgl. Vasile Baltag, Die Doktorschule für Theologie bei der Universität aus Czernowitz (1877– 1918), in: Codrul Cosminului XX (2/2014) 321–344. 209 Nach der Integration Bukowinas in das Königreich Rumänien (28. 11. 1918), wurde in der Theologischen Fakultät in Czernowitz nur noch auf Rumänisch unterrichtet und die Professoren, die nicht imstande waren dies zu tun, mussten die Universität verlassen. Dies führte zum schlagartigen Verlust des internationalen Charakters. S,tefan Barbu, The Czernowitz Orthodox Faculty of Theology and the Question of Laity, in: SVTQ 61 (2/2017) 180. 210 F. H. Riedl, Die Universität Czernowitz, 224. 211 Vgl. E. Turczynski, Die Bedeutung von Czernowitz, 189–193. Zum Profil der rumänischen Theologiestudenten in Czernowitz und zum Beitrag jedes einzelnen von ihnen für die spätere kirchliche und sozialpolitische Entwicklung in Rumänien vgl. R. M. Neagu, Formarea elitei ortodoxe, 119–562. 212 Vgl. V. Baltag, Die Doktorschule, 335–344.

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Nicht nur durch die Provenienz und die spätere theologische bzw. kirchliche Karriere der Absolventen, sondern auch durch die Eigenständigkeit der hier produzierten Theologie steht Czernowitz – zumindest was die rumänische Theologie betrifft – für die Geburt einer wissenschaftlich reifen und ideenreichen Theologie in der Moderne. Im Bereich der systematischen Theologie waren Persönlichkeiten wie der Fundamentaltheologe Vasile Ga˘ina (1868/1909), der Dogmatiker S,tefan Saghin (1860–1920) sowie der bereits erwähnte Alexiu Comoros,an Pioniere und zugleich Autoren, die durch ihre deutschsprachigen Publikationen ohne jeglichen Minderheitskomplex auf dem Diskursniveau ihrer Zeit standen. Um den einzigartigen Stellenwert des Standortes Czernowitz zu verstehen, müsste man jedoch auch den theologischen Inhalt dieser Autoren vertiefen – was im Rahmen dieser Arbeit nur ansatzweise möglich sein wird. Hilfreich ist dabei auch ein Blick auf das Selbstverständnis dieser Generation von rumänischen Theologen, die im Habsburgerreich studiert hatten und nun auf universitärer Ebene unterrichten und forschen konnten. Im Jahr 1880 hielt der Kirchenhistoriker Eusebiu Popovici und damalige Rektor der 1875 gegründeten Universität von Czernowitz eine programmatische Rede über die Rolle der hiesigen theologischen Fakultät.213 Aus seiner Rede lassen sich zugleich die Unterschiede zu den anderen damals existierenden orthodox-theologischen Hochschulen in Osteuropa feststellen. Als erstes erwähnte er die interdisziplinäre Perspektive und universitäre Verpflichtung der Theologie: Die »organische Verbindung der theologischen Fakultät mit der philosophischen und der juristisch-politischen Fakultät«214 bedeute einen großen wissenschaftlich-kulturellen Anspruch215 für den zukünftigen Klerus. Die Theologie »brauche einen ununterbrochenen Kontakt und eine lebendige Kommunikation mit den anderen Wissenschaften, nicht damit sie von ihnen unsichere Hypothesen oder flüchtige Meinungen abkopiere, sondern damit sie die sicheren und wahren wissenschaftlichen Ergebnisse kenne und benütze […].«216

Der Unterschied der neuen Czernowitzer Fakultät zu der seit 1837 bestehenden Athener Fakultät sah Popovici gerade in dieser breiten Wirkung einer wissenschaftlich-theologischen Kultur im Pfarrklerus. Während die Athener Fakultät in 43 Jahren (1837–1880) nur 232 Studenten gehabt habe und davon nur 10 die Fakultät absolvierten, der normale Klerus aber keinen Hochschulabschluss habe, sei der Czernowitzer Standort für alle zukünftigen Geistlichen in der österrei213 Eusebiu Popovici, Facultatea teologica˘ din Cerna˘ut,i s,i celelalte s,coli teologice ortodoxera˘sa˘ritene, in: C III (9/1884) 537–540; (10/1885) 603–609; (11/1884) 668–672. 214 Ebd., 538. 215 Popovici spricht von »wissenschaftlicher Kultur« (ebd., 538). 216 Ebd.

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chisch-ungarischen Bukowina eine Voraussetzung für die Weihe.217 Das Selbstbewusstsein des Czernowitzer Theologen ist offensichtlich: Die bessere finanzielle Lage der Priester in Österreich-Ungarn fordere eine stärkere Motivation der Kleriker, ein universitäres Studium abzuschließen. Bezüglich der vier russischen theologischen Akademien (Moskau, St. Petersburg, Kazan, Kiew) lobte Popovici sowohl deren hohen wissenschaftlichen Standard als auch die gute personelle und materielle Ausstattung und sah den Schwerpunkt dieser Zentren in der Ausbildung theologischer Spezialisten (d. h. Professoren). Er vermisste jedoch den universitären Kontext, wodurch die Gefahr bestehe, dass die Theologie bzw. der Klerus sich »von der gebildeten Gesellschaft« absondere: Diese »traurige Trennung und Isolation«218 seien vielleicht auch die Erklärung dafür, dass nur wenige Absolventen der theologischen mittleren Schulen (Gymnasien) die Ausbildung im Rahmen dieser Akademien aufnehmen würden.219 Die anderen Hochschulen im griechischsprachigen Raum (Chalki und Jerusalem) seien hingegen, trotz sehr gut ausgebildeter Professoren (»sie haben europäische universitäre Kultur und zum Teil an deutschen Universitäten studiert«220), im Blick auf das Ausbildungsniveau ein Mittelstadium zwischen den russischen Priesterseminaren und einer »echten« universitären Ausbildung. Die Lage bei den orthodoxen Schwestern in anderen Teilen der österreichischungarischen Monarchie (Serbien und Siebenbürgen) bewertete Popovici auch nur als befriedigend: Die rumänischsprachigen theologischen Institute in Sibiu, Arad und Caransebes, wie auch das Institut in Zara (Dalmatien) böten nur eine dreijährige Ausbildung und nur das Institut in Karlowitz habe eine vierjährige theologische Ausbildung, ohne die Möglichkeit eines Doktorats. Das führe dazu, dass »die wichtigsten Theologieprofessoren der orthodoxen Rumänen in Siebenbürgen und Ungarn an der Universität Wien oder den deutschen Universitäten ausgebildet wurden, die serbischen Professoren hingegen entweder in Serbien, Österreich-Ungarn oder an den russischen Akademien […]«.221 Die Schlussfolgerung von Popovici fiel, wie erwartet, zugunsten der Einzigartigkeit des Standortes Czernowitz aus: »Den großen Vorteil, die eigene Priesterschaft im Rahmen einer Universität auszubilden, hat also in der ganzen östlich-orthodoxen Kirche nur die Erzdiözese Bukowina.«222 Mit diesem Urteil stand Popovici nicht allein: Auch römisch-katholische Wissenschaftler der Zeit, wie der Ostkirchenrechtler Zhisman, bewerteten die Theologische Fakulät in Czernowitz im 217 218 219 220 221 222

Vgl. ebd., 540. Ebd., 609. Vgl. ebd. Ebd., 667. Ebd., 670. Ebd.

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Vergleich mit den anderen orthodoxen Standorten in Russland, Griechenland und Rumänien als einzigartig und klar überlegen.223 Auch die heutige rumänische Kirchengeschichtsschreibung billigt dem Standort Czernowitz eine einzigartige Rolle in der Entwicklung der wissenschaftlichen Theologie zu: »Its high academic standards, its connection to the Western academic world as well as the high degree of academic independence enjoyed by its professors have been instrumental in the creation of a modern and highly respected academic establishment. The School of Czernowitz represented, for the Orthodox students from the AustroHungarian Monarchy, the perfect combination between Western academia and Orthodox tradition.«224

Zugleich wird – wie etwa seitens von Mircea Pa˘curariu – der Czernowitzer Theologie unterstellt, sie sei »von den pastoralen Realitäten vor Ort abgehoben gewesen«225, weil die meisten theologischen Arbeiten »auf Deutsch verfasst« worden seien. Dennoch würdigt er die Czernowitzer Theologen dafür, dass sie »theologische Schriften von großem Wert«226 verfasst hätten. Auch Ioan I. Ica˘ jr. erwähnt die Arbeiten verschiedener Czernowitzer Theologen als Beispiel für die »Synchronisierung des orthodoxen Diskurses mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen westlichen Theologie«227, wobei diese Art von Synchronisierung einer »unkritischen Übernahme von theologischen Trends und Modellen, die außerhalb der Orthodoxie ihren Ursprung hatten«228, gleichkäme.

2.2.2. Sibiu (Hermannstadt) Das Theologisch-Pädagogische Institut von Sibiu (Hermannstadt) begann im Jahr 1786 zunächst als einzige rumänischsprachige Ausbildungsstätte für Schullehrer, wobei von Anfang an auch Priesteramtskandidaten zu den Studierenden zählten229; zwischen 1811–1845 wurde daraus ein institutionalisiertes sechsmonatiges Kursangebot für künftige nicht-unierte (d. h. orthodoxe) Priester in Siebenbürgen. Erst im Jahre 1852 wurde durch die Bemühungen des neuen orthodoxen Bischofs Andrei S,aguna daraus offiziell ein Theologisch-Pädagogisches Institut, an dem die Ausbildung zwei Jahre dauerte.230 Sowohl der lang223 224 225 226 227 228 229 230

Vgl. T. Nemeth, Josef von Zhisman, 121. S,. Barbu, The Czernowitz Orthodox Faculty, 159. M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 258. M. Pa˘curariu, Geschichte der Rumänischen Orthodoxen Kirche, 503. I. I. Ica˘ Jr, Modern and Contemporary Orthodox Theology, 67. Ebd., 59. Vgl. M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 20–21. Vgl. ebd., 63.

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verdiente Professor der Priesterausbildungskurse Ioan Moga als auch die zwei neuen Professoren des Instituts, beide Kleriker, Ioan Hannia (1818–1897, ab 1848 Professor) und Grigore Pantazi (ab 1849 Professor, mit 29 Jahren bereits verstorben), hatten in Wien Theologie bzw. Philosophie studiert.231 Auch die späteren Generationen von Professoren waren, dank großzügiger Stipendien der orthodoxen Diözese von Hermannstadt, an österreichischen oder deutschen Universitäten ausgebildet worden232 und übten ihren theologisch-akademischen oder pädagogisch-akademischen Auftrag als Fortführung dessen aus, was sie sich während ihrer Studienzeit angeeignet hatten.233 Von einem konfessionellen »Gewissenskonflikt« zwischen der Ausbildung an einer westlichen (oder sogar Katholisch-Theologischen) Fakultät und der Bewahrung der eigenen konfessionellen Identität ist hier nichts zu spüren. Die Kirchengeschichte der Orthodoxen Kirche in Siebenbürgen im 19. Jh. weist jedoch sehr viele Facetten auf, die mitzuberücksichtigen sind, wenn das Profil der orthodoxen siebenbürgischen Theologie skizziert werden soll. Die Konkurrenz und der konfessionelle Konflikt mit der mit Rom unierten Kirche darf nicht marginalisiert werden: Nach der Amtszeit des Bischofs Vasile Moga (1805–1846), in der knapp 200 weitere orthodoxe Pfarrgemeinden in die Union mit Rom eingetreten waren234, startete Metropolit Andrei S,aguna eine Bildungsoffensive der Priesterschaft und des Kirchenvolkes. Hinzu kommt die Tatsache, dass bis zur Mitte des 19. Jh. die Orthodoxen in Siebenbürgen immer noch den niedrigsten Anerkennungsstatus im Vergleich zu den anderen Konfessionen hatten, obwohl sie 32 % der Bevölkerung (1850) ausmachten. Der Historiker Mircea Abrudan schildert die dramatische Situation der Orthodoxie in Siebenbürgen im Jahre 1846 folgendermaßen: »[…] die orthodoxe Diözese machte gerade eine tiefe Krise durch. Die Orthodoxie war eine ›tolerierte‹ Konfession, sie musste einem ständigen uniatistischen Proselytismus standhalten, der langsam aber sicher ihren ekklesialen Leib zerkleinerte. Ihre juridische und demographische Situation wird sich nach den politischen Reformen des Jahres 1848 verbessern, aber auch mit der Übernahme des Bischofsamtes durch den geschickten Hierarchen Andreas S,aguna […]«235

231 Vgl. ebd., 65. 232 Pa˘curariu spricht von mindestens 15 Stipendiaten, die auf direkte Initiative des orthodoxen Metropoliten Andreas S,aguna während seiner Amtszeit in Wien oder Leipzig studieren konnten, jedoch nicht alle Theologie. Vgl. ebd., 73. 233 Beispiel: Der in Leipzig studierte spätere Dogmatik-Professor Ioan Popescu (1832–1892) war zugleich ein Fürsprecher der Implementierung der pädagogischen Impulse Johann Friedrich Herbarts (1775–1841) in Siebenbürgen. Vgl. ebd., 68. 234 Zu den unterschiedlichen Zahlenangaben bezüglich der zu den Unierten übergetretenen Gemeinden und Gläbigen vgl. M. Abrudan, Ortodoxie s,i Luteranism, 142–144. 235 Ebd., 144.

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Das apologetische Paradigma (Ende des 19. Jh.)

Ohne auf die Details der Wirkung S,agunas einzugehen, muss dieser Kontext für die angemessene Beurteilung des konfessionellen Profils der siebenbürgischen orthodoxen Theologie berücksichtigt werden: Aus einer bloß tolerierten und missachteten Kirche der einfachen Bauern entwickelte sich die Orthodoxe Kirche in der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jh. immer mehr zu einer national und konfessionell selbstbewussten, gebildeten und bald auch mehrheitlichen Kirche. Mircea Pa˘curariu unterscheidet diesbezüglich zwischen der theologischen Persönlichkeit des Metropoliten Andrei S,aguna als solcher (er sei der »›Vater‹ der modernen theologischen Kultur durch seine orginellen Arbeiten in der Kirchengeschichte, im kanonischem Recht und in der Pastoraltheologie«236) und den »Professoren« in Sibiu, Arad und Caransebes,, die sich auf das Erstellen von Handbüchern in Pädagogik und Geschichte beschränkt hätten. Ihre Beiträge sowie die »kirchliche Presse« in Siebenbürgen und im Banat in der zweiten Hälfte des 19. Jh. hätten einen »militanten, national-politischen und viel zu wenig theologischen Charakter«237 gehabt. Eine vertiefte Analyse der theologischen Selbstreflexion dieser Professoren und ihres interkonfessionellen Verständnisses ist im sensiblen, uns hier interessierenden Bereich der Dogmatik kaum möglich, da die sich im Hermannstädter Institut in Gebrauch befindlichen Handbücher der Dogmatik zwei bearbeitete Übersetzungen waren: Das katechetische Buch des in Kiew ausgebildeten serbischen Mönchs Jovan Rajic (1726–1801) und der alte Katechismus des Kiewer Metropoliten Petr Moghila von 1640.238 Die geringe theologische Produktivität dieser Jahrzehnte (2. Hälfte des 19. Jh.) hat auch mit der Tatsache zu tun, dass von den Professoren des Hermannstädter Instituts in den Jahrzehnten 1850–1880 nur drei Theologie studiert hatten; die übrigen hatten im Westen Philosophie, Pädagogik oder Geschichte studiert. An diesem Beispiel erkennt man am besten das Profil der Wirkung S,agunas, das zugleich auch ein Profil der theologischen Schule von Sibiu bis ins 20. Jh. hinein wurde: Das theologische Studium sollte neben dem Glaubensaspekt eine starke Dimension der Allgemeinbildung haben, damit die zukünftigen Priester nicht nur einen pastoralkatechetischen, sondern auch einen Bildungsauftrag wahrnehmen könnten. Nicht nur die systematische Theologie, sondern auch die akademische Theologie im Allgemeinen waren Teil eines national-konfessionellen Bildungs- und zugleich Überlebensprojekts für die Rumänen in Siebenbürgen.

236 M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 257. 237 Ebd. 238 Vgl. M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 75–76.

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Erst gegen Ende des 19. Jh. traten Theologen wie Simeon Popescu (1848– 1919)239 auf, die eigenständige Werke verfassen, welche eine akademische Reflexion interkonfessioneller Fragestellungen beinhalteten.240 Von einem eigenständigen Profil der Hermannstädter orthodoxen Theologie im 19. Jh. kann man nur in Verbindung mit der prägenden Persönlichkeit des Metropoliten Andreas S,aguna, nicht jedoch im Sinne einer theologischen Schule sprechen. Später, mit der Generation von Theologen, die in Czernowitz studiert hatten (u. a. Nicolae Ba˘lan)241, gewann Sibiu am Anfang des 20. Jh. eine markantere akademische Positionierung und Profilierung.

2.2.3. Bukarest Die zwei theologischen Fakultäten im rumänischen Königreich, Ias,i (gegründet 1860, geschlossen aufgrund fehlender Finanzmittel, aber auch wegen Professoren- und Studentenmangels im Jahr 1864242) und Bukarest (gegründet 1881, ab 1884 ohne Unterbrechung bis heute) waren wie in Czernowitz Teil der Universität.243 Dennoch entwickelten in den ersten zwei Jahrzehnten die dort lehrenden Theologen keine besondere eigenständige Profilierung. Wie Ioan I. Ica˘ jr. feststellt, begnügten sich die Bukarester Professoren bis zum Ende des 19. Jh. damit, »die scholastischen Synthesen der russischen Theologen zu übersetzen und als Lehrbücher zu verwenden«244. Der Blick auf die Abschlüsse zeigt, dass sich in Bukarest Vertreter unterschiedlicher theologischer Zentren wiederfanden: Absolventen westlicher Universitäten (der Kirchenhistoriker Barbu Constantinescu245 und der Alttestamentler Nicolae Nitzulescu246, beide mit Doktoraten aus Leipzig), Absolventen 239 Studium der Philosophie und Theologie in Leipzig (Doktorat im Jahre 1877), zuerst Professor am Theologischen Institut in Sibiu (1878–1883), danach an der Theologischen Fakultät (1888–1890) und an weiteren pädagogischen Ausbildungsstätten in Bukarest. Autor mehrerer Katechismen für schulischen Gebrauch und eines Handbuchs für Katechetik. Vgl. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia Ortodoxiei românes,ti, Bukarest 2010, 502. 240 Vgl. Simeon Popescu, Dezvoltarea primatului papal s,i influent,a lui asupra cres,tina˘ta˘t,ii. Cerceta˘ri istorice, Sibiu 1882. 241 Vgl. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 100. 242 Vgl. Paul Brusanowski, Stat s,i Biserica˘ în Vechea Românie între 1821–1925, Cluj-Napoca 2010, 81. 243 Vgl. M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 241–242. 244 I. I. Ica˘ Jr, Modern and Contemporary Orthodox Theology, 67. 245 1839–1891, Doktorat in Leipzig (1866), seit 1881 Professor an der Theologischen Fakultät in Bukarest. Vgl. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 205. 246 1837–1904, Doktor der Philosophie in Leipzig (1865), Professor für Alte Sprachen, Dogmengeschichte und Patrologie an der Theologischen Fakultät in Bukarest (1881–1894), später Professor für Altes Testament. Vgl. ebd., 440.

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der Fakultät in Czernowitz (wie etwa der Alttestamentler Gherasim Timus,247, der Neutestamentler Ioan Cornoiu248, der Dogmatiker Pimen Georgescu249 oder Constantin Chiricescu250), aber auch solche, die in Kiew (wie etwa Silvestru Ba˘la˘nescu251 und Constantin Nazarie252) oder in Athen (Dragomir Demetrescu253) studiert hatten. Es ist kaum möglich, den theologischen Beitrag dieser Theologen oder weiterer Bukarester Professoren auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Ein Merkmal ihres Wirkens, zumindest derjenigen, die auch im 20. Jh. agiert haben, war das Schaffen einer soliden Grundlage an eigenständiger Fachliteratur für die theologische Ausbildung (Lehr- und Handbücher). Trotz der unterschiedlichen Prägung ihres Ausbildungshintergrunds ist zu bemerken, dass bei den meisten von ihnen die interkonfessionelle Frage weder eine existentielle (wie bei den Hermannstädter Theologen) noch eine akademische (wie bei den Czernowitzer Theologen) Priorität einnahm. Erst mit den bekanntesten Gestalten der Bukarester Theologie zu Beginn des 20. Jh. – wie dem Dogmatiker Ioan (Irineu) Miha˘lcescu254 und dem Pastoraltheologen Iuliu Scriban255 – nahmen religionsvergleichende Studien (bei Miha˘lcescu) oder ökumenisches Engagement (Scriban) eine wichtige Rolle ein.

247 1849–1911, Doktorat in Czernowitz (1884), Professor für Altes Testament und Alte Sprachen in Bukarest (1884–1893), später Bischof von Arges,. Vgl. ebd., 647. 248 1861–1913, Doktorat in Czernowitz (1885), Professor für theologische Methodologie und für Neues Testament an der Fakultät in Bukarest (1895–1913). Vgl. ebd., 215. 249 1853–1934, Doktorat in Czernowitz (1885), Professor für Dogmatik in Bukarest (1895–1902), später Bischof von Duna˘rea de Jos (1902–1909) und Metropolit von Moldau (1909–1934). Vgl. ebd., 294. 250 1863–1929, Doktorat in Czernowitz (1889), Professor für Patrologie und Dogmengeschichte in Bukarest (1894–1928). Vgl. ebd., 177–178. 251 1838–1900, Studium an der Geistlichen Akademie in Kiew (1868–1873), einer der ersten Professoren an der Theologischen Fakultät in Bukarest, später Bischof von Hus,i (1886– 1900). Er übersetzte einige Lehrbücher ins Rumänische.Vgl. ebd., 74. 252 1865–1926, Studium an der Geistlichen Akademie in Kiew (1888–1893), MoraltheologieProfessor in Bukarest (1901–1926). Vgl. ebd., 427. 253 1852–1926, Studium in Athen (1874–1878), aber auch in Leipzig, München, Halle und Berlin (1887–1890). Kirchengeschichte-Professor in Bukarest (1895–1926). Vgl. ebd., 243. 254 1874–1948, Studium in Bukarest, Berlin und Leipzig, Doktorat in Leipzig (1903), von 1904 bis 1939 Dogmatik-Professor in Bukarest. Später (1939–1947) Metropolit der Moldau. Vgl. ebd., 397. Gheorghe Dra˘gulin, Teologi români de seama˘ în prima juma˘tate a veacului al XX–Iea, in: ST 43 (4/1991) 64–83. 255 1878–1949, Studium und Doktorat in Bukarest, Aufbaustudien in Strasbourg und Heidelberg. Professor für Homiletik und Pastoral in Chisinau (1928–1941), danach in Bukarest (1941–1943); er hat die Rumänische Orthodoxe Kirche bei vielen ökumensichen Konferenzen der 1920er-1930er Jahre vertreten. Vgl. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 570. Ioan Constantinescu, Arhimandritul Iuliu Scriban (1878–1949), in: ST 28 (7–10/1976) 735–743.

Antikatholische polemische Werke und ihre Übersetzung ins Rumänische

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2.3. Antikatholische polemische Werke und ihre Übersetzung ins Rumänische Repräsentativ und auch für die rumänischsprachige orthodoxe Theologie von großem Einfluss waren Ende des 19. Jh. bzw. Anfang des 20. Jh. das apologetische Werk des in Ias,i geborenen orthodoxen Intellektuellen und Diplomaten Alexandre de Stourdza (1791–1854) »Le double parallèle ou, Lʹéglise en présence de la papauté et de la réforme du XVIe siècle«256 (1849), sowie die Werke des zur (russischen) Orthodoxie als Wladimir konvertierten Franzosen René François Guetée (1816–1892) über das »schismatische Papsttum« (1863)257 bzw. das »häretische Papsttum« (1874)258. Stourdza259 konzipierte sein Büchlein als einen – in seiner eigenen Beurteilung nüchternen – Parallelvergleich der Lehre der Orthodoxen mit jener der RömischKatholischen Kirche (1. Teil) bzw. des Protestantismus (2. Teil), wobei nur die theologischen Streitfragen thematisiert werden. Für den Bereich der römischkatholischen Theologie legte er die Unterschiede auf sechs Themen fest: 1. Hervorgang des Hl. Geistes; 2. Existenz des Fegefeuers; 3. die Kommunion unter beiderlei Gestalten; 4. die dreifache Immersion bei der Taufe; 5. Verwendung vom gesäuertem Brot bzw. von Azymen in der Liturgie, sowie schließlich 6. das Verständnis über den Primat des römischen Stuhls. Stourdza war, trotz des inhärenten Schematismus, bemüht, die klassische konfessionelle Polemik hinter sich zu lassen und »die gemeinsame Basis« zwischen »uns und den Lateinern«260 zu betonen. Schließlich seien die zwei Kirchen wie »zwei Schwestern, wobei die eine das Vermächtnis des Vaters unversehrt bewahrt hat, während die andere es ge-

256 Alexandre de Stourdza, Le double parallèle ou, L’église en présence de la papauté et de la réforme du XVI siècle, Athen 1849. Vgl. F. Heyer, Die Orientalische Frage, 231–239. 257 René François Guettée, La Papauté schismatique, ou Rome dans ses rapports avec l’Eglise orientale (Orthodoxe), Paris 1863. 258 Wladimir Guettée, La Papauté hérétique, exposé des hérésies, erreurs et innovations de l’Église romaine depuis la séparation de l’Église catholique au ixe siècle, Paris 1874. 259 Zum biographischen Profil des Intellektuellen Alexandre de Stourdza vgl. Stella Ghervas, Alexandre Stourdza (1791–1854). Un intellectuel orthodoxe face à l’Occident, Paris 2005. Mircea Pa˘curariu nennt Stourdza einen »rumänischen Vertreter der Aufklärung« und würdigt ihn als »einen guten Theologen und christlichen Denker […], einen der renommiertesten rumänischen Kulturschaffenden, die in Russland tätig waren…« (M. Pa˘curariu, Cultura teologica˘, 200–201). Aus einer moldawischen Fürstenfamilie mit griechischen Wurzeln stammend, betrachtete Stourdza Russland als seine Heimat und wurde vor allem aufgrund seiner Tätigkeit im Dienste der russischen Diplomatie (Theoretiker der »Heiligen Allianz«) bekannt. Zur Frage der nationalen Identität Stourdzas vgl. Stella Ghervas, Alexandre Stourdza (1791–1854): une vision géopolitique de l’espace orthodoxe, in: Paul H. Stahl (Hg.), Omagiu. Virgil Cândea la 75 de ani, Bukarest 2002, 317–318. 260 A. de Stourdza, Le double parallèle, 23.

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wagt hat, dieses Vermächtnis zu interpretieren und zu verändern«; sie blieben aber »nichtsdestoweniger vereint durch dasselbe Blut«261. Kann man hier, zaghaft formuliert, die Anfänge des späteren ökumenischen Bilderwortes von den »Schwesterkirchen« festmachen? Zumindest auf terminologischer Ebene (die zwei Kirchen als »Schwestern«) ist der Ansatz Stourdzas im polemischen Kontext seiner Zeit ungewöhnlich. Die viel ausführlicheren Werke Wladimir Guettées sparen hingegen nichts an antikatholischer Polemik aus. Das Werk »Das schismatische Papsttum« will anhand einer ausführlichen theologiegeschichtlichen Untersuchung beweisen, »(1.) dass das Papsttum, das als solches erst im 9. Jh. zu datieren ist, die universelle Kirche [den Orientalen, I.M.] aufdrücken wollte, und dies im Namen Gottes – ein Joch, das in den ersten acht Jahrhunderten unbekannt war; (2.) dass dieser Ehrgeiz einen legitimen Widerstand seitens der Ostkirche verursacht hat; (3.) dass das Papsttum die Erstursache für die Spaltung war; (4.) dass das Papsttum diese Spaltung durch seine Neuerungen vertieft und wachgehalten hat […] und (5.) dass das Papsttum aus dieser Spaltung ein echtes Schisma gemacht hat, durch die Aufstellung einer päpstlichen Kirche selbst im Schoß der katholischen Kirche des Ostens, indem es einen illegitimen Episkopat gegen einen apostolischen Episkopat aufgestellt hat.«262

Es kann an dieser Stelle keine umfassende Darstellung des theologischen Lebensweges und der Argumentation Guettées unternommen werden.263 Sicherlich klingt in diesem Werk vieles vom gallikanischen Anliegen264 des früheren katholischen Kirchenhistorikers und Priesters nach. Seine schroffe Kritik des Papsttums hängt jedoch nicht nur mit seinen kirchenhistorischen Studien, sondern auch mit den biographisch belasteten Implikationen seines Konflikts mit Rom (Indexierung seiner siebenbändigen »Histoire de l’Eglise de France« im Jahr 1852 aufgrund seiner jansenistischen Tendenzen) zusammen.265 Die Schlussfolgerungen seiner papsttumskritischen Ausführungen lassen kaum Raum für Dialog offen: Indem er zwischen »katholischer Tradition« und »papistischer« Lehre unterschied, stellte er den römisch-katholischen Christen in Aussicht, dass sie nicht im wahren Sinne des Wortes »katholisch« sein könnten,

261 Ebd., 20. 262 W. Guettée, La Papauté schismatique, 388. 263 Vgl. diesbezüglich: Peter Huber, Der west-östliche Weg des Wladimir René-François Guettée, in: OrthFor 27 (2/2013) 169–208. 264 Vgl. Jean-Paul Besse, Wladimir Guettée: un précurseur du Gallicanisme à l’Orthodoxie, Lavardac 1992. 265 Vgl. Sylvio Hermann de Franceschi, Antiromanisme historiographique et gallicanisme jansénisant. René-François Guettée et la mise à l’Index de son Histoire de l’Église de France (1852), in: Sylvio Hermann de Franceschi (Hg.), Histoires antiromaines. Antiromanisme et critique dans l’historiographie catholique (XVIe–XXe siècles). Actes de la journée d’études de Lyon (24 septembre 2010), Lyon 2011, 115–149.

Antikatholische polemische Werke und ihre Übersetzung ins Rumänische

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solange sie das »papistische System« akzeptierten.266 Die Schlussworte seiner Abhandlung sind exemplarisch für sein Vorhaben: »Wollen Sie katholisch sein? Dann seien Sie nicht mehr papistisch. Es ist keine Verhandlung diesbezüglich möglich: Katholisch und papistisch sind zwei Worte, die sich gegenseitig ausschließen«.267 Das Werk »Das schismatische Papsttum« wurde 1880 vom Bischof Iosif Gheorghian268 ins Rumänische übersetzt269 und 1906 neu aufgelegt, als der Übersetzer als Metropolit-Primas die höchste hierarchische Stelle in der autokephalen Rumänischen Orthodoxen Kirche innehatte. Allein diese Tatsache gibt einen gewissen Eindruck vom großen Einfluss, den die Bücher Guettées auf die rumänische Wahrnehmung der römisch-katholischen Theologie an der Jahrhundertwende ausübten.270 Vieles von der Argumentationslinie und vom Wortgebrauch Guettées (selbst der polemische Begriff »papistisch«) fand in die orthodoxe Literatur dieser Zeit Eingang. Das Werk Wladimir Guettées diente in dieser Periode für viele rumänischsprachige Aufsätze oder Werke zum Papsttum oder zur Römisch-Katholischen Kirche als wichtigste Inspirationsquelle; zugleich wurden immer wieder Auszüge des Buches in den theologischen Zeitschriften veröffentlicht. Repräsentativ für die Stimmung der Beziehungen zwischen orthodoxer und römischkatholischer Theologie am Anfang des 20. Jh. erscheint gerade das Vorwort des Metropoliten Iosif für die zweite Auflage der Übersetzung des Buches Guettées: Das Werk über das »schismatische Papsttum« mache klar, »wer die Schuld für die Spaltung der Kirche Christi trage« und es solle dazu beflügeln, dass »Rom seine Schuld anerkennen und wieder in den Schoß der Orthodoxen Kirche zurückkehren soll, die ohne Unterbrechung und ohne Neuerungen das apostolische Erbe bewahrt hat«271. Schließlich sei das Werk und die dort behandelten Fragen solange aktuell, wie diese »unglückliche Spaltung«272 andauern würde.273 266 Vgl. W. Guetté, La Papauté schismatique, 389. 267 Ebd. 268 1829–1909, Studien u. a. an der Sorbonne, Bischof von Hus,i (1865–1879), dann Bischof von Duna˘rea de Jos (1879–1886), Metropolit-Primas von Rumänien (1886–1893, 1896–1909). Vgl. Vgl. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 297–298. 269 Wladimir Guettée, Papalitatea schismatica˘ sau Roma în raporturile sale cu Biserica Orientala˘, traduct,iune de Iosif, Episcopul Duna˘rei de Jos, Bukarest 1880; Bukarest 21906. 270 Zwischen Guettée und Gheorghian kam es auch zu einer persönlichen Begegnung (1874 in Paris) und danach zu einem intensiven Briefwechsel, wobei die Briefe Guettées vom rumänischen Adressaten »in den Sitzungen der rumänischen Heiligen Synode« vorgelesen wurden. Vgl. C. Pa˘tuleanu, Die Begegnung der rumänischen Orthodoxie, 151. 271 Iosif Gheorghian, Prefat,a traduca˘torului la edit,ia II, in: Wladimir Guettée, Papalitatea schismatica˘, Bukarest 1906, 7. 272 Ebd., 7. 273 Das Buch »Das schismatische Papsttum« wurde in einer dritten rumänischen Edition im Jahre 2001 (!) neu aufgelegt: Wladimir Guetée, Papalitatea schismatica˘, Alexandria 32001.

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Nach dem Ersten Vatikanum veröffentlichte Guettée ein neues Buch über das Papsttum, welches in vielerlei Hinsicht eine Radikalisierung seines Urteils über die Römisch-Katholische Kirche darstellte: Das Papsttum sei jetzt nicht mehr einfach »schismatisch«, sondern schlechthin »häretisch«.274 Die Arbeit ist nicht mehr theologie- bzw. kirchengeschichtlich strukturiert, sondern eher systematisch und versucht, eine Serie von »Häresien des Papsttums« zu entlarven: (1.) Häresien bezüglich der Verfassung der Kirche und der Glaubensnorm (die Unfehlbarkeit und der universelle Primat des Papstes); (2.) Häresien bezüglich der Trinitätslehre (die Filioque-Lehre); (3.) Häresien bezüglich der Menschwerdung (»Nestorianismus«, veranschaulicht durch die Lehre »des heiligen Herzens Jesu«); (4.) Häresien im Bereich der Soteriologie (Satisfaktionslehre, aber auch »Pelagianismus«, »Unbefleckte Empfängnis«, »Ablaß« und »Fegefeuer«); (5.) Häresien in der Sakramentenlehre und –praxis (wie etwa: Taufe nicht durch Immersion, Azymen, private Messen, Kommunion nur unter einer Gestalt); (6.) Häresien, die das zukünftige Leben betreffen (Fegefeuer-Lehre). All diese und weitere Missstände, die von Rom propagiert würden, seien in den Augen des Autors ein Beweis dafür, dass das Papsttum – die »große Häresie des Westens«275 – heidnisch und antichristlich sei. Zwar sei nicht das Papsttum an sich für die Entstehung all dieser Häresien direkt verantwortlich, aber das Papsttum »hat diesen den institutionellen oder den dogmatischen Charakter verliehen, indem es sie gelehrt, genehmigt, propagiert oder den anderen Kirchen sogar auferlegt hat, die guten Willens waren, die Orthodoxie zu bewahren oder zu verteidigen«276. Der antikatholische Diskurs des Konvertiten Guettée stellt in gewisser Weise einen systematischen Höhepunkt in der orthodoxen Polemikliteratur der Neuzeit dar. Auch dieses Werk wurde bereits ein Jahrzehnt nach seinem Erscheinen in das Rumänische übersetzt (von Gherasim Saffirin), und zwar mit dem Segen desselben Bischofs, der das frühere Werk Guettées übersetzt hatte.277 Man kann die einzelnen Schritte der Rezeption dieser zwei Werke Guettées nur schwer nachverfolgen. Fest steht – und das wird sich in den nachfolgenden Ausführungen zeigen –, dass sie für die nächsten Jahrzehnte eine Primärquelle 274 Wladimir Guettée, La papauté hérétique. Exposé des hérésies, erreurs et innovations de l’Église romaine, depuis sa séparation de l’Église catholique au IXe siècle, Paris 1874. 275 Ebd, XII und 265. 276 Ebd., 265. 277 Vladimir Guettée, Papalitatea eretica˘. Ara˘tare a ereziilor, ra˘ta˘cirilor ¸si înnoirilor Bisericii Romane, de la despa˘rt¸irea ei de Biserica Catolica˘ (Soborniceasca˘), în veacul al IX–lea, übers. von Gherasim SAFFIRIN, Râmnicu Vâlcea 1885. Das Buch »Das häretische Papsttum« wurde in derselben Übersetzung im Jahr 2010 auf Rumänisch neu aufgelegt.

Die Papstdogmen des Ersten Vatikanums und ihre Rezeption

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für die dogmatische und theologiegeschichtliche Bekämpfung der Lehre des Primats und der »römisch-katholischen Irrlehren« insgesamt geworden sind.278 Erwähnenswert ist auch die Sicht der heutigen rumänisch-theologischen Forschung über die Rolle der Werke Guettées: Es wird ihr scholastisches Profil bemängelt, nicht aber – was nach jahrzehntelanger ökumenischer Bemühung erstaunlich ist – ihr polemischer und reduktionistischer Charakter. So lautet etwa das Urteil des Hermannstädter Theologen Ioan I. Ica˘ jr. über die Relevanz der Schriften von Guettée und Stourdza für die Identitätsfindung der orthodoxen Theologie am Ende des 19. Jh.: »Although schematic and scholastic, their works helped considerably the Orthodox people in the Balkans to recover its [sic] dignity before the missionary assaults they had to cope with, following their political and national emancipation. They become impervious to Rome’s attempts to convert them individually or to take up again Uniatism or unionism.«279

2.4. Die Papstdogmen des Ersten Vatikanums und ihre Rezeption in der rumänischen orthodoxen Theologie 2.4.1. Ghenadie Ena˘ceanu: die »päpstliche Dogmatik« mit scholastischen Begriffen bekämpfen Eine der ersten rumänischen orthodoxen Rezeptionsstimmen bezüglich des Ersten Vatikanums, die in den ersten zwei Nummern der Zeitschrift »Biserica Ortodoxa˘ Româna˘« erscheint, stammt aus dem Jahr 1874: Ghenadie Ena˘ceanu (1835–1898)280, Profesor am Priesterseminar in Bukarest und späterer Bischof 278 Vgl. etwa die »Dogmengeschichte« Boroianus aus dem Jahre 1893, die die Unterschiede zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche nicht nur an den traditionellen Streitthemen ausmacht (Filioque, universeller Jurisdiktionsprimat und Unfehlbarkeitslehre, Azymen, Fegefeuer), sondern auch die anderen von Guettée herausgearbeiteten Elemente thematisiert: Taufe durch Übergießen und nicht durch Untertauchen (vgl. Dimitrie Boroianu, Istoria Dogmelor Bisericii cres,tine ortodoxe de ra˘sa˘rit, Bukarest 1893, 365), Sakrament der Krankensalbung als »letzte Ölung« (vgl. ebd., 333 u. 372), »Trennung der Myronsalbung von der Taufe« (ebd., 365), der Kult des Herzens Jesus (der vom altkirchlichen, »synodalen Prinzip abweicht, wonach der Kult nur an die göttliche Person gerichtet werden darf«; vgl. ebd., 357–358), die Satisfaktionslehre (vgl. ebd., 352) und die Lehre über die »Unauflöslichkeit der Ehe« (die nicht der apostolischen-altkirchlichen Lehre entspreche, so Boroianu: vgl. ebd., 331). Im Unterschied zu Guettée nennt Boroianu diese Unterschiede jedoch nicht »Häresien«, sondern Elemente, wodurch sich die Römisch-Katholische Kirche von der gemeinsamen Praxis und Lehre der Alten Kirche entfernt haben soll. 279 I. I. Ica˘ jr., Modern Orthodox Theology, 66. 280 Ghenadie Ena˘ceanu (1837–1898): Studium an der griechischen Hochschule von Chalki und an der Theologischen Akademie in Kiew. Professor und Direktor am Priesterseminar in

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von Râmnic (1886–1898), berichtete im Rahmen der »kirchlichen Chronik« von den unterschiedlichen Reaktionen, die die Entscheidung des Ersten Vatikanums unter den römisch-katholischen Bischöfen der verschiedenen europäischen Ländern hervorgebracht hat.281 Sein Bericht hat eher den Charakter einer zeitgeschichtlichen Reportage als einer theologischen Kritik; seine Aufmerksamkeit richtete sich weniger auf die dogmatischen Aussagen als auf die kirchenpolitischen Entwicklungen. In den Jahren 1874–1875 veröffentlichte er in mehreren Nummern derselben Zeitschrift eine längere ekklesiologische Studie.282 Darin zeigt sich die ganze Ambivalenz der Beziehung der jungen rumänischsprachigen akademischen Theologie zum Westen: in Form und Terminologie von der westlichen Schultheologie geprägt, versuchte sie inhaltlich die Streitpunkte mit dem Westen apologetisch zu lösen. Ena˘ceanu definierte die Kirche als »Gesellschaft [societate], die als ihr Haupt Jesus Christus hat und als ihren Führer den Heiligen Geist«283; als solche sei sie »eine lebendige Gesellschaft, die den Menschen retten kann, weil sie die dazu notwendigen Elemente sowie ein bestimmtes Ziel besitzt«284. An anderer Stelle bezeichnete er die Kirche als »Institution zur Vollendung des Menschen«, wobei diese Kirche aus zwei Elementen bestehe, die »kämpfende Kirche« (auf Erden) und die »triumphierende Kirche« (im Himmel)285. In römisch-katholischer Begriffstradition sprach Ena˘ceanu von einem »Dogma« bezüglich der »Intervention der Heiligen in die kämpfende Kirche auf Erden«286 und beweist den biblischen und patristischen Charakter dieser »Doktrin«287 durch eine Reihe von Zitaten. Die Verteidigung dieses »Dogmas« führte bei Ena˘ceanu zu einer Polemik gegen

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Bukarest; Dekan der neu gegründeten Theologischen Fakultät in Bukarest (1884–1886); seit 1886 bis zu seinem Tod Bischof von Râmnic. Vgl. Mircea Pa˘curariu, Dict,ionarul teologilor români, Bukarest 22002, 171–172. Ghenadie Ena˘ceanu, Chronica eclesiastica, in: BOR 1 (1/1874) 61–80; Ders., Chronica eclesiastica, in: BOR 1 (2/1874) 151–158. Ghenadie Ena˘ceanu, Despre Biserica˘. Biserica din punctul de privire dogmatic, in: BOR 1 (1/ 1874) 11–22; BOR 1 (3/1874) 173–188; BOR 1 (5/1875) 332–340; BOR 1 (7/1875) 479–484; BOR 1 (11/1875) 799–812; BOR 1 (12/1875) 879–886. Ebd., 885. Ebd. Vgl. ebd., 879. Die Struktur seines ekklesiologischen Entwurfs ist genauso scholastisch wie die Terminologie selbst: Zuerst wird die »Kirche in sich selbst« behandelt (und darunter Fragen wie die »Idee der Kirche«, die »Wesensmerkmale der Kirche Jesu Christi«, »die Universalität der Kirche mit Bezug auf Ort und Zeit« usw.), dann die »Kirche als Institution zur Vollendung des Menschen«. Ebd., 881. Ebd., 884.

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die »reformierte Kirche«288, die diese Lehre ablehne; dabei übernahm er das ganze argumentative Register der gegenreformatorischen Theologie. Inhaltlich sind die ekklesiologischen Ausführungen von Ghenadie Ena˘ceanu stark biblisch verankert; patristische Hinweise werden kaum oder nur gelegentlich gemacht. Bei den traditionellen Streitfragen spielte die dogmatische Abgrenzung zur römisch-katholischen Lehre (aber auch gegenüber der lutherischen Theologie) in den meisten Themen eine wichtige Rolle. So wurde etwa im Kapitel über das »Verwaltungsrecht in der Kirche«289 betont, dass nur »in Mitarbeit mit dem Hl. Geist« und nur »gemeinsam, d. h. in einer Synode«290, durch die Apostelnachfolger (d. h. die Bischöfe) das legislative Recht in der Kirche ausgeübt werden könne. Hinsichtlich des administrativen Rechtes sei jedoch zwischen den Aposteln selbst – als »universelle Prediger«, ausgestattet mit einem vollen »administrativen und juridischen Recht, wo auch immer sie tätig waren«291 – und ihren Nachfolgern, d. h. den Bischöfen zu unterscheiden: Keiner von diesen habe »dieses Recht in uneingeschränkter Form empfangen«, sondern, wie in den »apostolischen Dispositionen festgelegt«, war »die Verwaltungsmacht im Allgemeinen und die juridische Macht im Besonderen auf die jeweilige Ortskirche beschränkt«292. Die Bischöfe als Apostelnachfolger seien also in dieser Hinsicht »beschränkt, einerseits durch die Kirche, zu der sie gehören, andererseits durch den Staat, mit dem die Kirche in engem Verhältnis steht«293. Es folgt dann die eigentliche Auseinandersetzung mit der römischen Primatslehre, wobei das Erste Vatikanum nicht namentlich genannt wird! Der Autor setzte sich vor allem mit dem Titel »Stellvertreter Christi« und mit weiteren Inhalten der Primatslehre (höchster Verwalter der Kirche, Unfehlbarkeit) auseinander, wobei die Gegenargumentation vor allem biblisch und patristisch verläuft. Demnach sei der Papst nach dem biblischen Befund und der altkirchlichen Praxis jedem anderen Bischof gleichgestellt294; die höchste Gewalt in der Kirche käme nur den Bischofssynoden (lokale Synoden auf Regionalebene, ökumenische Synode auf Universalebene) zu.295 Sein Fazit fällt dementsprechend sehr papstkritisch aus:

288 289 290 291 292 293 294

Ebd. Ebd., 802–812. Ebd., 803. Ebd., 807. Ebd. Ebd. »Gemäß der kirchlichen Lehre ist der Bischof von Rom auf derselben Stufe wie jeder andere Bischof irgendeiner anderen Diözese; der Apostel Petrus hat nicht nur die Kirche von Rom gegründet, sondern, wie wir aus der Geschichte kennen, auch die Kirchen von Jerusalem, Cäsarea und Antiochien.« ebd., 809. 295 »Die Suprematie über alle Bischöfe haben nur die Synoden, die von Vertretern aller Kirchen gebildet werden…« ebd., 810.

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»Dieser Anspruch der päpstlichen Dogmatik gründet allein auf dem einzigen Wunsch der Päpste, in ihren Händen die Summe aller Gewalt zu konzentrieren und somit aus dem päpstlichen Rom ein heidnisches Rom, aus dem christlichen Papst einen römischen Kaiser zu machen […].«296

2.4.2. Melchisedec S,tefa˘nescu: kirchenpolitische Lektüre des Ersten Vatikanums Die Zeitschrift »Biserica Ortodoxa˘ Româna˘« berichtete in den ersten Jahren nach dem Ersten Vatikanum auch über den Entstehungsprozess der Altkatholischen Kirche und dokumentierte die ersten Kontakte zwischen den Vertretern der Rumänischen Orthodoxen Kirche und den Altkatholiken.297 Auch spätere Stellungnahmen verschiedener Autoren in dieser Zeitschrift konzentrieren sich eher auf den kirchenpolitischen Aspekt der Konzilsentscheidung und die darauffolgenden Entwicklungen als auf den theologischen. Melchisedec Stefa˘nescu (1822– 1892)298, einer der ersten rumänischen Kirchenhistoriker und damals bereits Bischof von Roman, berichtete in einem Artikel299 aus dem Jahre 1883 über die Entscheidung von 1870 folgendermaßen: »[…] im Jahr 1870 wurden die Dogmen der Unfehlbarkeit des Papstes proklamiert. Der Skandal in der zivilisierten Welt war groß. Selbst einige Bischöfe haben rebelliert. Berühmte Theologen aus Deutschland haben sich von Rom getrennt, mit der Hilfe des großen Staatsmenschen Deutschlands Bismarck, und eine unabhängige Kirche gebildet, unter dem Namen ›alte Katholiken‹.«300

Der Autor fokussierte jedoch seine »Papismus«-Kritik nicht auf das Erste Vatikanische Konzil als solches, sondern auf die konkreten kirchenpolitischen Aktionen Roms in Osteuropa, worin er die Bestätigung einer römisch-katholischen Expansionspolitik sah; konkret war die Gründung neuer Bistümer und die Finanzierung von Schulen und Bildungsinstituten in Rumänien gemeint. Diese »katholische Propaganda«301 sei höchst gefährlich: »Der orthodoxe Osten ist durch die Erziehungsinstitutionen der Jesuiten vermint«302. Das Negative bestehe 296 Ebd., 807. 297 Vgl. Melchisedec S,tefa˘nescu (Bischof), Genadie T,eposu (Bischof), Raport ca˘tre Sfântul Sinod al Sfintei Biserici Autocefale Ortodoxe Române, din partea membrilor sa˘i, care au fost însa˘rcinat,i a lua parte la conferint,a religioasa˘ de la Bonn, in: BOR 2 (4/1876) 298–304. 298 Vgl. Alexandru M. Ionit,a˘, Episcopul Melchisedec al Romanului. Viat,a s,i activitatea (1822– 1892), Constant,a 1999. 299 Melchisedec S,tefa˘nescu, Papismul ¸si starea actuala˘ a Bisericii ortodoxe în Regatul României, in: BOR 7 (7/1883) 401–430. 300 Ebd., 402. 301 Ebd., 401. 302 Ebd., 402.

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darin, dass die orthodoxen Schüler in diesen katholischen Bildungseinrichtungen »weder nationale Gefühle noch die Liebe zur Religion ihrer Eltern«303 vermittelt bekämen. Im Gegenteil, die meisten Absolventen dieser katholischen Schulen (sowohl im Inland als auch im westeuropäischen Ausland) hätten trotz ihrer orthodoxen Herkunft eine abschätzige Haltung allem gegenüber, was zur orthodoxen Tradition gehört. Auch die Tatsache, dass diese orthodoxen SchülerInnen bei der täglichen katholischen Messe die Kommunion empfangen, aber bei den orthodoxen Priestern in den Heimatgemeinden dies kaum noch tun würden, wird eingehend thematisiert. Schließlich warf der Autor der RömischKatholischen Kirche (»päpstliche Kirche«304) vor, als »kosmopolitische Kirche […] über alle Nationen regieren zu wollen«, sie sei schließlich durch ihren weltlichen Universalitätsanspruch »eine Feindin der Nationen«305. Der Autor nahm diese römisch-katholische »Offensive« in Rumänien zum Anlass, die Orthodoxen selbstkritisch zu ermahnen, viel mehr in die Bildung der Priesterschaft, der Mönche und der Gläubigen insgesamt zu investieren. Man könne nach der Meinung S,tefa˘nescus die »katholische Propaganda« nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn man auch in der Orthodoxen Kirche Lösungen für die »Bildungsarmut des orthodoxen Klerus, den religiösen Indifferentismus der gebildeten Schicht, die antichristlichen Ideen, die in Schule und Gesellschaft hoffähig sind, die Unterentwicklung des nationalen Gefühls und Bewusstseins im Volk, die Armut der Nationalkirche […]«306 bieten könne. Angesichts dieser internen Zerfallserscheinungen wirke die katholische Glaubenspropaganda fast berechtigt: »[…] Rom glaubt, dass die orthodoxe Religion und Kirche der Rumänen tot sind«307. Es gelte also, sich nicht einfach nur auf eine antirömische Polemik zu beschränken, sondern die binnenkirchlichen Gründe zu erkennen und zu bekämpfen: »Man muss zugeben, dass die Kirche Roms ihre Sache gut macht; sie versucht nämlich, die ganze Welt zu regieren.«308 Die Antwort auf den »vorrückenden Papismus« in Rumänien sei vor allem die Entfaltung des kirchlichen Bildungssystems (Reform der Priesterseminare, Gründung von theologischen Fakultäten)309 und die Stärkung des nationalen und orthodoxen Bewusstseins. Für den Autor gilt als Grundprinzip, dass die Weiterexistenz als »würdige, respektierte, rumänische Nation« von der Verteidigung »unserer Nationalkir-

303 304 305 306 307 308 309

Ebd., 403. Ebd., 401. Ebd., 409. Ebd., 404. Ebd. Ebd., 405–406. Vgl. ebd., 438.

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che«310 abhänge, die »wir aus der Vergangenheit von unseren Vor- und Erzvätern geerbt haben«311. Die kirchlich-orthodoxe Identität und die rumänisch-nationale Identität werden als unverzichtbare Teile derselben Realität angesehen. Der Begriff »nationale Kirche«312 wird als Spezifikum der orthodoxen Tradition verstanden: Die Kirche sei deshalb national, weil sie die »religiöse und ethnische Kultur der Nation«313 pflege und sichere. Der Autor sieht die Stärke der Orthodoxie darin, dass sie überall als »nationale Kirche(n)« agiere. Als solche habe die Orthodoxie eine starke moralische und spirituelle Verbundenheit mit der jeweiligen Nation.314 Die gesamte Argumentationslinie ist also weniger eine genuin theologische als eine national-theologische: Die römische Kirche verfolge durch ihren Universalismus eine Auslöschung der nationalen Eigenständigkeit, weswegen man »eine nationale Kirche« brauche, die – wie es jahrhundertelang der Fall gewesen sei – die nationale Kultur pflege und verteidige: »Der große Vorteil der orthodoxen Kirche ist, dass sie eine nationale Kirche ist, in und für die Nation lebt, während die Kirche Roms hingegen eine kosmopolitische und nationslose ist und sich deshalb mit allen Nationen im Kampf befindet.«315

Was es bezüglich des ganzen Artikels, der als Rede vor der Hl. Synode gehalten wurde316 und eine Art kirchliches Reformprogramm darstellen sollte, zu bemerken gilt, ist, dass seine Auseinandersetzung mit dem Ersten Vatikanum weniger theologischer als kirchenpolitischer und pastoraler Natur war. Das Unfehlbarkeitsdogma wurde nicht in seiner dogmatischen Größe diskutiert, sondern in seinen Nachwirkungen auf lokaler Ebene (Verhältnis Universalkirche – »nationale Kirche«) veranschaulicht.

310 311 312 313 314

Ebd., 407. Ebd. Ebd. Ebd. Als Negativbeispiel dieser katholischen Missachtung nationaler Werte bringt der Autor Frankreich bzw. den Gallikanismus ins Gespräch. An dem »Haß der Frazosen gegenüber der Kirche« sei letztlich die Kirche selbst schuldig, die es nicht verstanden habe, die Eigenständigkeit jeder Lokalkirche zu akzeptieren. Vgl. ebd., 410. 315 Ebd., 412. Der Autor unterstreicht beiläufig, dass trotz der kanonischen Verbindung mit dem Patriarchat von Konstantinopel (»Zentrum der östlichen Orthodoxie«, ebd., 419), die »rumänische Orthodoxie [im Laufe der Jahrhunderte; I.M.] nicht durch das ökumenische Patriarchat erhalten, aufbewahrt und verteidigt wurde, sondern von der Nation und den rumänischen Metropoliten und Bischöfen« (ebd.). 316 Die Rede wurde auch als Broschüre veröffentlicht: Melchisedec (Episcopul), Papismul s,i starea actuala˘ a Bisericii Ortodoxe (s-a citit în sesiunea de prima˘vara˘ a Sf. Sinod în anul 1883), Bukarest 1883.

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Das Interessanteste im Blick auf die oben präsentierte Rede ist jedoch, dass der Autor trotz aller Polemik gegen die »katholische Propaganda« sehr stark auf Toleranz poche und die Interkommunion in pastoralen Notfällen für selbstverständlich hielt. Die Orthodoxe Kirche sei in diesen Fällen viel kulanter als die Römisch-Katholische. Hier sei das ganze Zitat in voller Länge wiedergegeben: »Sie [die Römisch-Katholische Kirche; I.M.] akzeptiert nicht einmal, dass unsere Verstorbenen auf ihren Friedhöfen begraben werden. Wir aber tun so etwas nicht; im Bedarfsfall begraben wir die Katholiken auf unseren Friedhöfen, und sogar mit der ganzen christlichen Gottesdienstordnung unserer Kirche; wir entfernen sie auch nicht von den anderen Mysterien [Sakramenten; I.M.] der Kirche in Notfällen, wenn ihre eigenen Priester nicht anwesend sind. Und dies tun wir, weil wir tolerant sind, und unsere Kirche tolerant im eigentlichen Sinne des Wortes ist; sie ist es nicht gewohnt, das religiöse Gewissen der Menschen zu missbrauchen, selbst wenn diese nicht Christen sind. Wir, auch wenn wir imstande wären, würden nicht Bischöfe oder Metropoliten in christliche Länder schicken, die ihre eigenen Bischöfe und Metropoliten haben, egal welcher Konfession. Denn dies wird nicht erlaubt von den Kanones unserer Kirche, die wir mit der lateinischen Kirche gemeinsam haben. Warum nun will das christliche Rom unser Gewissen missbrauchen und die Heiligen Kanones brechen, indem es einen Metropoliten in Rumänien mit dem Titel »von Bukarest« oder »Bucarestensis« ernennen will, wenn in Bukarest die Hauptstadt der Rumänischen Orthodoxen Kirche ist und zugleich Sitz des Erst-Metropoliten von Rumänien? […] All dies zeigt die große Abscheu Roms gegenüber der rumänischen nationalen Kirche und beweist zugleich, dass Rom unsere Kirche behandelt, als existiere diese überhaupt nicht, und dass es uns erst jetzt zur Kirche machen und uns den ersten christlichen Erzbischof schicken möchte.«317

Diese Sätze sind ein hervorragendes Zeugnis für das ekklesiologische Verständnis der Rumänischen Orthodoxen Kirche im Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jh.: Die Anerkennung der römisch-katholischen Sakramente stand außer Frage, ebenso die Anerkennung der rechtmäßigen kanonischen Jurisdiktion Roms über die Westkirche (trotz des Schismas und der Papstdogmen). Es war eine Haltung, die man angesichts der exklusivistischen Haltung der Römisch-Katholischen Kirche jener Zeit durchaus als dialogisch bezeichnen könnte, trotz der sie begleitenden kirchenpolitischen Polemik.

317 M. S,tefa˘nescu, Papismul, 417.

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2.4.3. Vasile Mangra: nationale Kirche gegen anti-nationale Subordinierungstendenzen Die Behauptung der »nationalen Kirchlichkeit« gegenüber der kirchenpolitischen Expansionspolitik wird zum Leitmotiv des anti-katholischen Diskurses dieser Zeit, unabhängig vom Wirkungsort des jeweiligen Theologen. So veröffentlichte die oben genannte Bukarester kirchliche Zeitschrift im Jahr 1883 einen dreiteiligen Artikel318 des im österreich-ungarischen Arad wirkenden rumänischen orthodoxen Theologie-Professors Vasile Mangra319, der die These aufstellte, dass »das Rom der Päpste sich nicht um das Schicksal der Nationen gekümmert hat […]; den Päpsten ging es nicht um die Rumänen, sondern um Katholiken«320. Rom wird eine jahrhundertelange Politik des Proselytismus vorgeworfen und eine feindliche Einstellung gegenüber den Interessen des rumänischen Volkes. Die ganze Geschichte des rumänischen Volkes wird untersucht anhand der wiederholten Versuche der »Römischen Kurie, die orthodoxen Christen bzw. die Rumänen zum Katholizismus zu konvertieren, sowohl durch die Kraft des Wortes als auch durch Waffengewalt«321. Sowohl für den Bereich des Königreichs Rumänien als auch für den Bereich der rumänischen Bevölkerung in Österreich-Ungarn sah Mangra die große Ge318 Vasile Mangra, Roma s,i Biserica Românilor, in: BOR 7 (5/1883) 290–294; BOR 7 (8/1883) 516–527; BOR 7 (9/1883) 564–573. 319 Vasile Mangra (1850–1918, geboren Vincent,iu Mangra) ist eine der ambivalentesten Gestalten der rumänischen Kirchengeschichte der Neuzeit: Er war ein exzellenter Autodidakt, der 1882 Professor am Theologischen Institut in Arad wurde und mit Studien zur Geschichte der Region Bihor in Siebenbürgen auf sich aufmerksam machte; 1900 wurde er Vizeleiter des kirchlichen Konsistoriums im Bistum Oradea und wirkte in diesem Amt bis 1916. Während dieser Zeit kämpfte er für die sozial-politischen Rechte der Rumänen in Siebenbürgen und litt daraufhin auch unter Repressalien. 1910 wurde er zum Abgeordneten als Vertreter der Regierungspartei im Budapester Parlament gewählt; ab diesem Zeitpunkt änderten sich allmählich seine politischen Ansichten. In der schwierigen Zeit des Ersten Weltkrieges, während dessen die rumänische Minderheit, entgegen der nationalen Bestrebungen, den Krieg und die Politik Österreich-Ungarns mittragen musste, wurde er im Juli 1916 zum Metropoliten von Sibiu und Transsylvanien gewählt. Seine Wirkung als Metropolit wurde seitens der rumänischen Kirchengeschichtsschreibung im 20. Jh. als politischer »Verrat« angesehen, weil er zu stark die ungarischen Interessen vertreten haben soll – im scheinbar großen Widerspruch zu seinem nationalen Einsatz von früher. Er starb unter ungeklärten Umständen im Jahr 1918 in Budapest und wurde später von der Liste der Metropoliten von Siebenbürgen gestrichen. Ab den 1980er Jahren begann ein vorsichtiger Rehabilitierungsprozess im Bereich der orthodoxen Kirchengeschichtsschreibung. Vgl. Marius Eppel, Un mitropolit ¸si epoca sa: Vasile Mangra (1850–1918), Cluj-Napoca 2006. Florin Ardelean, Destin ¸si provocare. Vasile Lucaciu ¸si Vasile Mangra sau sarcasmul istoriei, in: Crisia 47 (2017) 141–154. Paul Brusanowski, Über die Rumänisch-Orthodoxe Kirche Siebenbürgens, 239–270. 320 V. Mangra, Roma ¸si Biserica Românilor, 294. 321 Ebd., 293.

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fahr einer »päpstlichen Einmischung« ins Schicksal des rumänischen Volkes: »In Rumänien manifestiert sich diese Einmischung durch fremde Agenten, bei uns [in Siebenbürgen; I.M.] durch den Klerus der unierten Kirche.«322 Die Warnung vor einer neuen Welle des Uniatismus wird gepaart mit einer politisch-theologischen Argumentation bezüglich des Verhältnisses von Kirche und Nation: Die römische Kirche habe in Siebenbürgen nach der Union »die Interessen der rumänischen Nationalität« nicht verteidigt, sondern verraten.323 Der »wichtigste« Aspekt des Verhältnisses der »Kirche der Rumänen« zur »Kirche Roms« sei ein »politisch-sozialer«324: Rom habe bewiesen, dass es ihm nicht um die Verbesserung des »politischen Schicksals der Rumänen«325 gegangen sei; im Gegenteil, die »unierte Hierarchie« sei in einer »anti-nationalen Richtung«326 am Werk. Die nationale Argumentation gegen Rom und gegen die uniatistische Gefahr wird erst am Ende des Artikels mit den Prinzipien orthodoxer Ekklesiologie in Verbindung gebracht. Auch hier gewinnt die national-politische Begrifflichkeit die Oberhand: »Die Kirche der Rumänen darf nicht aus politischen Gründen ihre Stütze in ihrer kirchlichen Subordinierung dem Papst gegenüber suchen, sondern in der Konföderation der nationalen Kirchen des Ostens. Die Ostkirche, […] die als föderative Gesellschaft konstituiert ist, gewährt allen Nationen das Recht, ihre eigenen nationalen Kirchen zu haben […]«327.

Die Definion der Gemeinschaft der autokephalen Kirchen als »föderative Gesellschaft« von mehreren »nationalen Kirchen« zeigt das starke Bedürfnis der rumänischen Theologen, das nationale Prinzip ekklesiologisch zu verankern: »Die Orthodoxe Kirche ist eine Nationalkirche, sie ist unabhängig, sowohl in Rumänien als auch in Österreich-Ungarn.«328 Das damit aufgebaute polemische Schema ist eindeutig: Das Papsttum verfolge eine universalistische Kirchengewalt, die Orthodoxie kenne jedoch nur das Modell der Lokalkirchen, die mit der jeweiligen nationalen Kultur verbunden und von jeglichem fremden Einfluss unabhängig seien. In der Divergenz mit Rom stehe somit die national-kulturelle Einheitlichkeit der Orthodoxie den anti-nationalen Interessen der »Feinde«329 (d. h. Roms) diametral gegenüber.330

322 323 324 325 326 327 328 329 330

Ebd., 564. Vgl. ebd., 565. Vgl. ebd., 568. Vgl. ebd., 571. Vgl. ebd. Ebd., 572. Ebd., 573. Ebd., 572. Vgl. ebd., 293.

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Sowohl der Ansatz Melchisedec S,tefa˘nescus als auch der Vasile Mangras zeigen, dass die erste Reaktion der rumänischen Theologie auf das Erste Vatikanum keine dogmatisch-theologiegeschichtliche Gegenargumentation war, sondern eine lokale Lektüre, die im Kontext der Autokephaliebestrebungen der damaligen Rumänischen Orthodoxen Kirche zu situieren ist. Das Erste Vatikanum bestätigt in den Augen beider Autoren die dringende Notwendigkeit einer starken und nationalen orthodoxen kirchlichen Identität, die allein gegen jurisdiktionelle und universell-primatiale Ansprüche Roms wirklich helfen könne. Bei den meisten rumänischsprachigen orthodoxen Aufsätzen zum Thema Papsttum in dieser Zeit ist darüber hinaus zu beobachten, dass die Papstdogmen des Ersten Vatikanums nicht als theologische Überraschung empfunden wurden. Die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit wurde vielmehr als unmittelbares Echo des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis wahrgenommen bzw. als erwarteter Höhepunkt einer jahrhundertelangen Geschichte der primatialen Ansprüche Roms.331

2.4.4. Gregorie Pletosu: der »Krieg des Papstes gegen Christus« So etwa veröffentlichte dieselbe offizielle Zeitschrift der Rumänischen Orthodoxen Kirche im Jahr 1884 eine Studie von Grigorie Pletosu, einem Theologen aus Siebenbürgen, der unter anderem in Leipzig und Budapest Philosophie studiert hatte332, der die These aufstellte, dass das »Dogma über den Hervorgang des Heiligen Geistes«333 (d. h. die Filioque-Frage) nicht der eigentliche Grund für die Spaltung gewesen sei334. Die eigentliche Ursache – neben vielen religiösen und nicht-religiösen Faktoren – sei der »Primat des Bischofs von Rom und die Un331 Vgl. die kirchengeschichtliche Artikelserie eines anonymen »M. P.«, der den Entfremdungszprozess zwischen Ost und West seit dem 4./5. Jh. bis zu den Kreuzzügen verfolgt. M. P., Cauzele dezbina˘rilor între Biserica Orientala˘ s,i cea Occidentala˘, in: BOR 19 (12/1896) 769–784; BOR 20 (1/1896) 34–44; BOR 20 (2/1896) 199–217; BOR 20 (4/1896) 241–251. Die Hauptthese der Untersuchung ist, dass die »orientalische Kirche« – im Unterschied zur »westlichen Kirche« – nie eine »Innovation« im Bereich des »Dogmas und der alten Institutionen« erlaubt habe. Vgl. ebd., 769. 332 Vgl. Iuliu-Marius Morariu, Restitutio Grigore Pletosu, Cluj-Napoca 2014, 35–36. 333 Gregorie Pletosu, Dogma despre purcederea Duhului Sfânt, fosta cauza˘ la dezbinarea Bisericii? S¸i daca˘ nu, care e adeva˘rata cauza˘?, in: BOR 8 (12/1884) 925–941. 334 Die Filioque-Frage sieht der rumänische Autor so gut wie gelöst und weist auf die Bonner Unionskonferenzen hin. Sein Lösungsansatz ist folgender: Man sollte in der Trinitätslehre zwischen »immanenter und offenbarter Trinität« unterscheiden; der Hervorgang des Hl. Geistes »nur vom Vater« ist ältestes Dogma der Kirche; die »Idee, dass der Hl. Geist auch vom Sohne hervorgeht war immer als doktrinäre Sondereigenschaft, als subjektive theologische Anschauung betrachtet worden, und wurde von der universellen Kirche nicht angenommen« (G. Pletosu, Dogma, 885).

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fehlbarkeit des Papstes«335, wobei unter Primat der Jurisdiktionsprimat gemeint ist. Der Autor sah vor allem in den machtpolitischen Verhältnissen des 4.–5. Jh. die Ursache für die Entstehung des Jurisdiktionsprimatsgedankens. Während sich bis Gregor VII. vor allem die Primatslehre ausbildete, spiele seit Gregor VII. die Unfehlbarkeitsidee eine immer größere Rolle und gipfle in der Dogmatisierung der Unbefleckten Empfängnis (1854). Erst dann folgt die eigentliche »originelle« Interpretation des Ersten Vatikanums: »[…] weil niemand sich jedoch für dieses Dogma [der Unbefleckten Empfängnis; I.M.] interessierte, wurde im Jahre 1869 die Synode im Vatikan einberufen und im Jahre 1870, an dem Tag, als Napoleon Deutschland den Krieg erklärt und verloren hat, hat auch Pius IX., zwischen Donner und Blitzen […] dem Herrn Gott Jesus Christus den Krieg erklärt und Ihn entthront vom Ehrenthron als Haupt Seiner Kirche. […] und so, indem er Gott ersetzen wollte, hat der Vatikan das Christentum ermordet, so wie die Juden Christus ermordet haben.«336

Auch wenn der Autor dieser Zeilen kein hohes kirchliches Amt bekleidete, führt die Veröffentlichung seiner Studie in der einzigen offiziellen Zeitschrift der Kirche deutlich vor Augen, dass dies der gängigen Interpretation des Ersten Vatikanums entsprach. Nicht zu übersehen ist auch der antisemitische Unterton bezüglich der Interpretation des Todes Christi. Interessant zu bemerken ist weiters die Tatsache, dass Pletosu seine These, dass der universelle Jurisdiktionsprimat und das Unfehlbarkeitsdogma die einzigen wahren Hindernisse der Vereinigung zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche darstellen würden, von einem zeitgenössischen katholischen Kirchengeschichtler übernahm, den er in seinem Aufsatz auch reichlich zitierte: Aloys Pichler, dem Autor einer umfassenden »Geschichte der kirchlichen Trennung zwischen dem Orient und Occident« (1864)337. Leider verpasste der rumänische Autor die Chance, in der Arbeit Aloys Pichlers eine bahnbrechende, neue und dialogische Sicht der Trennungsgeschichte zu erkennen und instrumentalisierte nur dessen Aussagen für sein eigenes stark polemisches antipäpstliches Programm. Dabei hatte Pichler durch seine Kritik an der römisch-katholischen historiographischen »Leidenschaft der Polemik«338 eine Einladung ausgesprochen, auch seitens der orthodoxen Kirchengeschichtsschreibung dieselbe Nüchternheit zurückzugewinnen. 335 Ebd., 931. 336 Ebd., 939. 337 Aloys Pichler, Geschichte der kirchlichen Trennung zwischen Orient und Okzident von den ersten Anfängen bis zur jüngsten Gegenwart. I. Band: Byzantinische Kirche, München 1864. 338 Ebd., 548. Aloys Pichler versuchte in seinem wissenschaftlichen Werk der langen polemischen antigriechischen Interpretation der Trennungsgeschichte ein Ende zu setzen und ein größeres Maß an Objektivität, aber auch an Wertschätzung für den Anderen (d. h. für die orthodoxe Kirche) zu vermitteln. Am Ende seines Werkes setzte er sich mit zeitgenössischen

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2.5. Alexiu Comoros,an: zwischen konfessioneller Standortbestimmung und Bejahung westlicher Wissenschaftlichkeit Die rumänische Theologie begann, wie bereits erwähnt, erst nach der Gründung und mit der allmählichen Entfaltung der theologischen Fakultäten339, eigenständige Publikationen auf akademischer Ebene zu produzieren, konkreter ab den 1880er Jahren. Frühere dogmatische Abhandlungen, die in der Priesterausbildung verwendet wurden, waren entweder alte patristische Werke (wie die »Genaue Darlegung des orthodoxen Glaubens« des Johannes von Damaskus), die alten Bekenntnisschriften, wie die des Metropoliten von Kiew Petr Mogila (1642, auf Rumänisch erstmals 1691 erschienen)340, Katechismen griechischer Provenienz, die u. a. von Metropolit Grigorie Dasca˘lu übersetzt wurden, wie die

römisch-katholischen Kirchenvertretern und Theologen auseinander, die die Trennung auf den Hochmut der Griechen (»Hochmutstheorie«) oder allein auf die Politik zurückführten. Seine These lautet: »Wir glauben gezeigt zu haben, dass diese Frage über den Ursprung und die Fortdauer der Trennung nur aus der Geschichte des Papsttums, der Entwicklung der Rechte desselben, vor allem der theologischen Doktrinen hierüber und aus manchen anderen mitwirkenden Faktoren richtig beantwortet werden könnte, und dass jedenfalls auch der abendländischen Kirche ein Teil der Schuld an dem Ursprung und der Fortdauer der Spaltung und damit ein Teil der Pflicht, an deren Beilegung zu arbeiten, zugewiesen werden müsse.« (ebd., 55) Er widerlegte die in seiner Zeit noch gängige Meinung, dass das Schicksal des griechischen Volkes nach dem Fall Konstantinopels als »Strafe« für die Trennung zu sehen sei. Ebenso widerlegte er diejenigen, welche die dogmatischen Differenzen (Primatsfrage, Filioque und Unbefleckte Empfängnis) relativieren. Diese Differenzen seien vorhanden und die Römisch-Katholische Kirche müsse hier umdenken und zur »Einsicht gelangen, dass wirkliche große Schwierigkeiten, und zwar gerade auf unserer Seite, dieselbe [die Vereinigung; I.M.] verhindern und bis wir zur Abstellung derselben mit vereinten Kräften Hand anlegen.« (ebd., 550). Wäre es nicht bis zur Trennung gekommen, dann wäre es gar nicht zur Theorie der Unfehlbarkeit und der universellen Jurisdiktionsgewalt gekommen, so Pichler (vgl. ebd., 547). Pichler plädierte deshalb nicht für das klassische »Rückkehr«-Modell, sondern für das Modell der Wiedervereinigung der zwei Schwesterkirchen: »Die Vorsehung scheint hiefür auf beiden Seiten alles vorzubereiten. Auf dass diese Vereinigung der beiden Schwesterkirchen recht bald erfolge, wollen wir mit bussfertigen Herzen mit der ganzen orientalischen Kirche ›um den Frieden der ganzen Welt, um die Wohlfahrt der heiligen Kirchen Gottes und um die Einigung aller‹ beten« (ebd., 551–552). Mit seinen Ausführungen nahm Pichler eine ökumenische Kirchengeschichtsschreibung vorweg, die sich erst ab den 1960er Jahren durchgesetzt hat. Gerade die Einsicht, dass es bei der Trennung um einen allmählichen Entfremdungsprozess ging (»Die Einen wollten mit den Anderen nichts mehr zu tun haben«, ebd., 546) ist im Kontext des 19. Jh. spektakulär. Zwar stand später Pichler, durch seine Unterstützung für Ignaz von Dollinger, auch zeitweise am Rande der Exkommunikation, doch diese Gedanken stammen aus dem Jahr 1864. 339 Die ersten drei: Czernowitz (1875), Ias,i (1860–1864), Bukarest (1881). 340 Vgl. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 200–201.

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»Epitome« des Athanasios von Paros (erschienen in Neamt, 1816)341 oder die Dogmatikhandbücher Makarij Bulgakovs und Silvesters von Kanev.342 Das Studium der wenigen – aber dafür ausführlichen – eigenständigen rumänischen orthodoxen Dogmatikbücher gegen Ende des 19. Jh.343 vermittelt in vielerlei Hinsicht einen ambivalenten Eindruck, der bereits in der ekklesiologischen Studie Ghenadie Ena˘ceanus deutlich wurde: Einerseits versuchten die Autoren bei den meisten Themen die konfessionellen Unterschiede (vor allem zur römisch-katholischen Lehre) apologetisch darzustellen und die Unversehrtheit des altkirchlichen Glaubens in der Lehre der Orthodoxen Kirche zu demonstrieren, andererseits sind die theologische Sprache und selbst die Struktur dieser Bücher sehr stark von den westlichen Vorlagen geprägt.344 Ein gutes Beispiel für diese Ambivalenz der (rumänischen) orthodoxen Handbücher ist vor allem die »Orthodoxe Dogmatik« des Czernowitzer Theologen Alexiu Comoros,an345, die zumindest vom Umfang und vom akademischen Anspruch her eine Pionierarbeit darstellt. Dass seine Vorlesungen zum allgemeinen Teil der Dogmatik im selben Jahr veröffentlicht wurden wie die rumänische Übersetzung des zweiten Bandes des Dogmatikhandbuches von Makarij Bulgakov von Moskau346, ist sicherlich ein Zufall; 1886 war Comoros,an bereits 341 Atanasie din Paros, Adunare sau ara˘tare pre scurt a dumnezeies,tilor Dogme ale credint,ii, Neamt, 1816. Vgl. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 205. 342 Zu den russischen Dogmatik-Handbüchern, die in der zweiten Hälfte des 19. Jh. in den rumänischen theologischen Ausbildungseinrichtungen einen großen Einfluss hatten vgl. ebd., 206–251. 343 Dogmatikhandbücher für die Priesterseminare: Melchisedec S,tefa˘nescu, Teologia Dogmatica˘ a Bisericii Ortodoxe Catolice de Ra˘sa˘rit, Ias,i 1855. Calistrat Coca, Înva˘t,a˘tura dogmatica˘ a Bisericii Ortodoxe. Partea generala˘ s,i speciala˘, Czernowitz 1898. S,tefan Ca˘linescu, Lect,iuni de Teologie Dogmatica˘, Bukarest 1896 (neu bearbeitet als: Manual de Teologie Dogmatica˘, Ploies,ti 1903). Dogmatikhandbücher für das Hochschulsstudium: Alexiu Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea generala˘, hg. von Emilian Voiut,chi, Czernowitz 1887. Ders., Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, hg. von Emilian Voiut,chi, Czernowitz 1889. Gregoriu Pletosu, Dogmatica Ortodoxa˘, Na˘sa˘ud 1893. Dimitrie Boroianu, Istoria Dogmelor Bisericii cres,tine ortodoxe de ra˘sa˘rit, Bukarest 1893. Iosif Olariu, Manual de Teologie Dogmatica˘ Ortodoxa˘, Caransebes, 1907. Zum Inhalt und zur Rezeption dieser Werke vgl. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 271–325. 344 Beispiele für den westlichen Einfluss dieser Handbücher siehe bei: ebd., 274. 276. 293–295. 345 Alexiu Comoros,an (1842–1881), Studium der Theologie in Czernowitz (1860–1864), Studienaufenthalt in Wien (1867–1868); Gymnasiallehrer, dann Lehrender am Theologischen Institut von Czernowitz; nach der Gründung der Universität von Czernowitz (1875) Professor für Dogmatik und Dekan bis zu seinem frühen Tod. Vgl. M. Pa˘curariu, Dict,ionarul, 118–119. 346 Das berühmte Werk des russischen Dogmatikers (erschienen in sechs Bänden 1847–1853, rumänische Übersetzung: Macarie Bulgakov, Teologia ortodoxa˘ dogmatica˘, ins Rumänische übersetzt von Gherasim Timus,, Bd. 1: Bukarest, 1886, Bd. 2: Bukarest, 1887) war in der zweiten Hälfte des 19. Jh. der Exponent und die Quelle des systematisch-theologischen Denkens orthodoxer Prägung. Dabei war sie sowohl vom Aufbau als auch von der Begriff-

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seit fünf Jahren verstorben, und seine Dogmatik-Vorlesungen wurden von seinem Fakultätskollegen Emilian Voiut,chi347 herausgegeben. Dennoch war die Dogmatik Makarijs das große Vorbild für Comoros,an. Der Herausgeber Voiut,chi sah sich bereits im Vorwort genötigt, gegen den mutmaßlichen Vorwurf einer zu starken Anlehnung an das russische Modell zu erklären, dass »die Vorlesungen weder eine einfache Übersetzung noch eine verkürzte Version«348 der Dogmatik Makarijs seien. Sie würden »ihren spezifischen Wert«349 haben, auch wenn sie »aus wissenschaftlicher Sicht« dem großen Opus des russischen Dogmatikers folgen würden. Die Inspirationsquellen der Dogmatik Comoros,ans sind jedoch nicht nur die russisch-orthodoxen Handbücher, sondern auch deutschsprachige römisch-katholische Dogmatiktraktate des 19. Jh., zu denen die Czernowitzer Theologen sprachlich unmittelbaren Zugang hatten. Comoros,an selbst erwähnt als repräsentative Darstellungen der systematischen Theologie in der Neuzeit einige russische350 und rumänische351 Autoren, aber vor allem auch römisch-katholische Dogmatiker. Der wissenschaftliche Ansatz ist schon hier deutlich: Zwischen den systematisch-theologischen Quellen des Ostens und des Westens wird nicht nach konfesssionellen Kriterien unterschieden. Beide gehören zu einer »Geschichte der dogmatischen Theologie«352. Es überrascht jedoch das Fehlen protestantischer Beiträge. Bezüglich der westlichen (d. h. römisch-katholischen) Theologie betont Comoros,an, dass diese ab der zweiten Hälfte des 18. Jh. »im Allgemeinen die scholastische Methode verlassen hat und sich immer mehr auf ihr eigenes Fundament besinnt, nämlich auf die Heilige Schrift und die göttliche Überlieferung«353. Die römisch-katholischen dogmatischen Darstellungen seien ab diesem Zeitpunkt »der von den Hl. Kirchenvätern und kirchlichen Schriftstellern

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lichkeit her stark beeinflusst von der römisch-katholischen Terminologie. Vgl. Karl Christian Felmy, Einführung in die orthodoxe Theologie der Gegenwart, Berlin 2011, 48. Vgl. Ioan Moga, Emilian Voiutschi (Voiut,chi, Wojucki, Wojutzki), in: Österreichisches Biographisches Lexikon (1815–1950), 69. Lieferung, 2018, 334–335. Emilian Voiut,chi, Precuvântare, in: A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, III. Ebd., IV. Es werden u. a. als Vorlagen einer orthodoxen Dogmatik folgende russisch-orthodoxe Autoren erwähnt: Petrus Ternovskij (1838), Archim. Antonij (Kiew, 1848, 1856), Makarij von Moskau, Filaret von Moskau, Silvester von Kiew. Vgl. A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, 32. Als rumänische Vorreiter im Bereich der Dogmatik-Handbücher werden erwähnt die »Theologische Dogmatik« von Melchisedec (1855), späterer Bischof von Roman und das Lehrbuch von Samuil Andrieevici (Morariu) von 1862 (späterer Bischof Silvestru von der Bukowina). Vgl. ebd., 32. Ebd., 19. Ebd., 33.

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praktizierten Methode in der alten ökumenischen Kirche«354 gefolgt, sie hätten zugleich auch die »neuere Philosophie« in ihrer dogmatischen Vertiefung berücksichtigt. Comoros,an referiert den allmählichen Verzicht der westlichen Theologie auf die »künstliche«355 scholastische Methode.356 Als Beispiele für solche Dogmatiker, die sowohl das biblische und patristische Erbe aufnehmen, aber auch die zeitgenössische Philosophie rezipieren, nennt Comoros,an Benedikt Stattler (Theologia christiana theoretica, 1776–1779), Engelbert Klüpfel (Institutiones theologiae dogmaticae in usum auditorum, 1789), Stephan Wiest (Institutiones theologiae dogmaticae, 1788), Patritius B. Zimmer (Theologia christiana theoretica, 1802–1806), Franz Leopold Liebermann (Institutiones theologiae dogmaticae, 1819), Heinrich Klee (Katholische Dogmatik, 1835), Franz Anton Staudenmaier (Christliche Dogmatik, 1844–1848), Giovanni Perrone (Praelectiones Theologicae, 1842), Johann Baptist Schwetz (Theologia dogmatica catholica, 1851–1854), Franz Xaver Dieringer (Lehrbuch der katholischen Dogmatik, 1847), Johann Baptist Heinrich (Dogmatische Theologie, 1873), Matthias Joseph Scheeben (Handbuch der katholischen Dogmatik, 1873) und schießlich Hugo Hurter (Theologiae dogmaticae compendium, 1878).357 Der konkrete Hinweis auf Autoren wie Klüpfel oder Wiest zeigt, dass Comoros,an die theologiegeschichtliche Positionierung der römisch-katholischen Aufklärungstheologie durchaus verstand. Die Bereitschaft zur Selbstkritik jener Theologen gegenüber der eigenen Überlieferung358 und der Versuch, ein Gespräch mit den Fragestellungen der Zeit zu fördern (»die Vertiefung der Dogmen unter dem Einfluss der neueren Philosophie«359), mag orthodoxen Theologen wie Comoros,an imponiert und sie inspiriert haben. Dass er dabei mehr oder weniger stillschweigend Schemata und terminologische Unterscheidungen der römischkatholischen Schultheologie übernahm – vor allem um »die Protestanten«360 zu kritisieren –, soll nicht übersehen werden.

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Ebd. Ebd. Vgl. ebd. Vgl. ebd., 34. »Die neue Haltung gegenüber der eigenen Geschichte und die damit zusammenhängende Einsicht in die Notwendigkeit historischer Kritik sind es, die der Traditionslehre der Aufklärungstheologie ihre eigentümliche Prägung verliehen. […] So stellt beispielweise Klüpfel die unbefleckte Empfängnis als eine offene Frage hin und die Unfehlbarkeit des Papsttums wir von den meisten bestritten.« (Richard Boeckler, Der moderne römisch-katholische Traditionsbegriff, Göttingen 1967, 45). 359 Vgl. A. Comorosan, Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, 33. 360 A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea generala˘, 336. Beim Thema der »äußerlichen Organisation der Kirche Christi« übernahm Comoros,an katholische Argumentationsmuster für die kirchliche Hierarchie, um »gegen die Protestanten« Position zu beziehen. Vgl. ebd., 336–351.

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Gerade im Bereich der Ekklesiologie betonte er die scholastische Unterteilung der Kirche in »die lehrende Kirche« einerseits und die »hörende Kirche« andererseits: Erstere sei die Hierarchie, zweitere das Kirchenvolk.361 Ioja bewertet Comoros,ans Dogmatik gerade aufgrund dieser vielen westlichen Einflüsse (vor allem im Bereich der Ekklesiologie) als eine »juridische, äußerliche Vision, der jegliche geistlichen Elemente fehlen, die für die Ekklesiologie der Väter spezifisch sind«362, und kritisiert dessen Tendenz, »die Sichtbarkeit der Kirche«363 nach katholischem Muster viel zu stark zu akzentuieren. Die Gegenüberstellung von »katholischer Konzeption« und »patristischer Vision«, die Ioja zum Urteil verleitet, Comoros,an als einen scholastischen Theologen abzustempeln, ist künstlich und ignoriert den wissenschaftlichen Diskurs der Epoche. Die Übernahmen Comoros,ans aus der römisch-katholischen Schultheologie jener Zeit sind erstens ein Phänomen aller orthodoxen Dogmatiken im 19. Jh. Zweitens müssen diese nicht vorschnell als blinde Nachahmung bewertet werden, denn gerade im Fall Comoros,ans ist die Bemühung zu sehen, die biblisch-theologischen und patristischen Quellen bzw. Argumente der Theologie zu betonen. Die Kriteriologie ist bei ihm durchaus eine biblisch-patristische; die Übernahme römisch-katholischer Modelle oder Forschungsergebnisse erfolgt reflektiert: Er versucht, mit den Mitteln der wissenschaftlich etablierten westlichen Theologie konfessionelle Theologie zu betreiben364. Dieses Selbstverständnis Comoros,ans gilt es festzuhalten, denn es nuanciert die bis heute in der orthodoxen Theologiegeschichtsschreibung weit verbreitete Meinung einer blinden Anpassung an westliche Modelle. Die Orientierung an scholastische Begrifflichkeit und Strukturdenken koexistiert bei Comoros,an mit der Behauptung orthodox-theologischer Dissenspunkte gegenüber dem römisch-katholischen Westen. Er versucht, bei den zwei klassischen kontroverstheologischen Themen zwischen Katholizismus und Orthodoxie – Filioque und Papstprimat – die traditionelle Linie der östlichen Theologie zu verteidigen und die Argumentation der »westlichen Theologen« oder der »westlichen römischen Kirche«365 anhand biblischer und patristischer Beweise zu entkräften. Er steht zum »Wahrheitsanspruch« der Orthodoxen Kirche als der Kirche, die »einzig unter allen der alten ökumenischen Kirche treu 361 362 363 364

Vgl. ebd., 346. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 293. Ebd., 293. Auch Comoros,an betreibt interkonfessionelle Apologetik und betont immer wieder, dass »die rechtgläubige Kirche des Ostens die erste und älteste Kirche von allen christlichen Gemeinschaften und Konfessionen« darstelle. Sie sei »die wahre Kirche Christi« und die einzige die »das Depositum des Glaubens unversehrt bewahrt« habe. A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, 444. 365 A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea generala˘, 367.

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geblieben ist«366. Die anderen »christlichen Kirchen oder Gemeinschaften« seien »mehr oder weniger vom Glauben der alten ökumenischen Kirche abgewichen, was auch in deren symbolischen Büchern nachgelesen werden kann.«367 Diese exklusivistische kirchliche Standortbestimmung darf im Kontext der Zeit nicht überraschen. Bemerkenswert ist die Bemühung um Sachlichkeit, die nur durch den multikonfessionellen Charakter des Standortes Czernowitz zu erklären ist: Die Auseinandersetzung bleibt, bei aller klaren Positionierung gegen das Filioque368 und den römischen Primatsanspruch369, sachlich und argumentorientiert. Es fehlen polemische oder sogar herablassende Redewendungen, der Versuch einer – soweit wie möglich – differenzierten Urteilsbestimmung ist evident. So gibt Comoros,an zu, dass in der Patristik eine unterschiedliche Interpretation von Mt 16,13–18 zu vermerken ist: Der Felsen, worauf die Kirche gebaut werden soll, wird von einigen Kirchenvätern als »Jesus Christus«, von anderen als »das Bekenntnis«, von wieder anderen als »Petrus« verstanden. So kommt er zu folgender Schlussfolgerung: »Diese unterschiedliche Erklärung der Stelle in Mt. 16,18 seitens der alten kirchlichen Lehrer zeigt ziemlich deutlich, dass in dieser biblischen Stelle kein Versprechen enthalten ist, ein Primat der geistlichen Macht in der Person Petri instituieren zu wollen.«370

Die Macht »zu binden und zu lösen« sei nicht nur Petrus verliehen, sondern allen Aposteln: »So wie Petrus im Namen aller Apostel gesprochen hat, so richtet auch Jesus Christus sein Versprechen an Petrus, aber durch ihn an alle anderen Apostel.«371 Comoros,an betont, dass die Vorsteherrolle Petri einem »Ehrentitel« gleichkomme als dem »Ältesten« und dem »Erstberufenen« unter den Aposteln.372 Petrus habe gegenüber den anderen Aposteln den Primat »der apostolischen Erstberufung«, nicht aber auch den »Primat der Macht«373. In diesem Zusamenhang erwähnt er auch das Erste Vatikanum und kritisiert das Unfehlbarkeitsdogma aufs Schärfste: »Diese Theorie steht völlig im Widerspruch zum Glauben der ökumenischen Kirche […]«374 Das klassische Urteil der neopatristischen orthodoxen Theologie (prominent bei Georges Florovsky) bezüglich einer »babylonischen Gefangenschaft« der orthodoxen Theologie im 17.–19. Jh. sollte hier in Frage gestellt werden. Zu366 367 368 369 370 371 372 373 374

Ebd., 447. Ebd. Vgl. A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea speciala˘, 178–214. Vgl. A. Comoros,an, Dogmatica ortodoxa˘. Partea generala˘, 367–401. Ebd., 376. Ebd., 379. Ebd., 389. Ebd., 394. Ebd., 439.

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mindest für Theologen wie Alexie Comoros,an, die im Westen studiert hatten und an einer westlichen Universität im Osten lehrten, war die formelle Anlehnung an eine theologiegeschichtliche Entwicklung im Westen eine bewusste Entscheidung, sich – trotz der konfessionellen Unterschiede – den wissenschaftlichen Standards der Zeit anzuschließen. Es ging nicht um Anpassung aus Alternativlosigkeit, sondern um die reflektierte Einsicht einer Kongruenz der Standorte östlicher und westlicher Theologie im neuen wissenschaftlichen Zeitalter. Die »babylonische Gefangenschaft« ist also, umgekehrt gelesen, nichts anderes als ein Versuch, anhand der Vorerfahrungen der westlichen Theologie die orthodoxe Theologie voranzubringen und gewissermaßen aus der Enge eines zeitlosen Diskurses zu »befreien«. Das Beispiel Comoros,ans – hier nur in Kürze umrissen – zeigt, dass die spätere neopatristische Theologie vorschnell die wissenschaftlichen Anliegen der orthodoxen Theologie im 19. Jh. übersehen haben könnte. Ohne diese Annäherung an westliche wissenschaftliche Muster und Standards (auch wenn manchmal rein mimetisch) wäre die heutige Existenz der meisten orthodox-theologischen Fakultäten innerhalb der staatlichen Universitäten nicht vorstellbar gewesen.375

2.6. Fazit Das konfessionelle Profil der rumänischen orthodoxen Theologie am Ende des 19. Jh. kann am besten anhand der Veröffentlichungen im einzigen offiziellen kirchlich-theologischen Organ Rumäniens (»Biserica Ortodoxa˘ Româna˘«) skizziert werden. Die im Rahmen dieser Zeitschrift artikulierte Standortbestimmung ist von einem apologetischen Duktus geprägt, dessen Grundtenor folgender ist: Die Orthodoxe Kirche sei die »wahre Kirche, die die Heiligen Väter als die eine, heilige, überall verbreitete, d. h. katholische oder universelle und apostolische bezeichnet haben«376 und »alle anderen Kirchen, die sich auch christliche Kirchen nennen«377, können nicht denselben Anspruch erheben, weil sie nicht mit ihr »die Einheit der Glaubenslehre, des Kultus, der Disziplin, der kirchlichen Organisation, des Lebens und der Sitten«378 teilen. Diese apologetische Ausrichtung, die in der Epoche im interkonfessionellen Vergleich gewissermaßen zum bon ton gehörte, bekam in der rumänischspra375 Zu den heutigen Dilemmata dieser Präsenz im staatlichen Universitätssystem vgl. Athanasios Vletsis, Charismatische oder akademische Theologie? Das Ringen der orthodoxen Theologie um ihren Platz an einer staatlichen Univeristät am Beispiel der griechisch-orthodoxen Kirche, in: US 66 (2/2011) 123–132. 376 Dragomir Demetrescu, Unitatea Bisericii, in: BOR 22 (7/1898) 646. 377 Ebd. 378 Ebd.

Fazit

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chigen Theologie eine besondere Note: Die politisch-nationale Unabhängigkeitserklärung (1877) und die kirchliche Anerkennung der Autokephalie (1885) haben als Pendant die Artikulierung einer national bewussten Theologie. Die Sorge um die jeweilige (regionale, d. h. nationale) Kultur wurde somit als wichtigstes apologetisches Argument gegen das Missionswerk der universalistischen römischen Kirche herausgestellt. Neben diesem nationalen Aspekt wurden in der interkonfessionellen Apologetik die alten Trennungsgründe bemüht, wobei das Dogma des Ersten Vatikanums als zu erwarten gewesene Krönung der jahrhundertelangen römischen Ansprüche verstanden wurde. Die inhaltliche Betonung der ununterbrochenen Kontinuität mit der Alten Kirche stand allerdings in Widerspruch mit der Verwendung einer scholastischen Begrifflichkeit und Methodologie in den dogmatischen Handbüchern. Dies wiederum ist nicht einfach als Teil einer »babylonischen Gefangenschaft« einer »unreifen« orthodoxen Theologie in westlichen Denkkategorien abzutun, sondern muss im Gesamtkontext der Synchronisierung der rumänischen Gesellschaft mit den wissenschaftlichen Standards, an denen man institutionell Anschluss finden will, als Theologie an einer Universität, verstanden werden. Diese »Synchronisierung der rumänischen mit den europäischen Institutionen und die Überwindung der Unterschiede, die Rumänien vom westlichen Europa trennten«379, stellten einen komplexen Prozess dar, auf »den sich die Rumänen einstellten, auch wenn sie auf diesem Weg Rückschläge oder Misserfolge erlitten«380. Die theologischen Entwicklungen (wie auch die späteren Rückschläge zum Nationalismus und zu einem dorfidyllischen Traditionalismus) müssen auch vor dem Hintergrund dieser gesellschaftlichen Dynamik381 beurteilt werden. Ein anderer Aspekt ist, dass trotz dieser polemischen Apologetik im dogmatischen Bereich die rumänische orthodoxe Theologie ein großes und offenes Interesse am kirchlichen und theologischen Geschehen in den westlichen Kirchen zeigte. Auf der Ebene des theologischen Diskurses kann, bei aller Polemik, keine exklusivistische Linie festgestellt werden: Die Kirchlichkeit der Römisch-Katholischen Kirche wird sowohl auf begrifflicher als auch auf theologisch-inhaltlicher Ebene vorausgesetzt.382 Denn trotz der Polemik gegen das römisch379 Mihai-Ra˘zvan Ungureanu, Die Modernisierung der rumänischen Gesellschaft, in: T. Kahl, M. Metzeltin, M.-R. Ungureanu (Hg.), Rumänien, 265. 380 Ebd., 265. 381 Vgl. auch Gabriel Lataianu, Coming Late to the Party: Romania’s Accelerated Modernization between 1859 and 1916, in: Antonello Biagini, Giovanna Motta (Hg.), Empires and Nations from the Eighteenth to the Twentieth Century. Vol 2, Cambridge 2014, 266–275. 382 Von einem Einheitsmodell kann in diesem zeitlichen Kontext noch nicht die Rede sein; erst am 9. Mai 1903 veröffentlichte – als Antwort auf die Patriarchal- und Synodalenzyklika des Ökumenischen Patriarchats von 1902 – die Hl. Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche eine offizielle Stellungnahme, die ein Rückkehr-Modell vertrat: Die »Römisch-Katholische

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katholische Papsttum und gegen die Fehlentwicklungen in der Römisch-Katholischen Kirche, die in den erwähnten Aufsätzen ans Licht kam, war die Ausrichtung der Zeitschrift »Biserica Ortodoxa Româna˘« keine ideologische im Sinne eines antikatholischen Programms. Die gut dokumentierte »kirchliche Chronik« im letzten Teil der Zeitschrift zeigt das große Interesse der rumänischen Theologie nicht nur am kirchlichen und theologischen Geschehen in den orthodoxen Schwesterkirchen, sondern auch in den westlichen Kirchen. Berichte über anfängliche Dialogtreffen mit den verschiedenen Kirchen wurden ausführlich referiert383. Ebenso wurden Ereignisse begrüßt, bei denen eine pastorale Assistenz zwischen den Kirchen dokumentiert war.384 Aber auch Ereignisse im Leben der westlichen Kirchen (wie die Feierlichkeiten zum 30-jährigen Amtsjubiläums des Papstes Pius IX.385) oder die Pastoralbriefe verschiedener römischkatholischer Bischöfe in der Großen Fastenzeit386 wurden ausführlich dokumentiert. Solche Notizen zeigen ein unterschwelliges Grundverständnis der Zusammengehörigkeit zwischen den getrennten Kirchen. Am beeindruckendsten bleibt dabei das Zeugnis des Bischofs Melchisedec S,tefa˘nescu über die sakramentale Toleranz, welche die Orthodoxe Kirche gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche praktiziere (Interkommunion in Notfällen) und über die Anerkennung der Bischofsrechte römisch-katholischer Bischöfe im Westen. Zwar sollte die spätere orthodoxe Diaspora des 20. Jh. die Worte des rumänischen Bischofs aus dem Jahr 1883 praktisch widerrufen; dennoch bleiben sie als Zeugnis jener Zeit einzigartig für die Ambivalenz einer Haltung, die einerseits höchst polemisch-apologetisch ist, andererseits jedoch die ekklesiologisch-sakramentale Realität der Römisch-Katholsichen Kirche voll

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Kirche« und die »Protestantische Kirche« gelten hier als »heterodox«, der einzige Weg zur Einheit sei, »dass alle Heterodoxen in den Schoß der Orthodoxen Kirche Christi kommen, der einzigen, die ihnen das Heil geben kann«. Petru Gîrboviceanu, Patriarhul Ecumenic de Constantinopol s,i Sfântul Sinod al Sfintei Biserici Autocefale Ortodoxe Române, in: BOR 27 (2/1903) 187–188. Vgl. auch Anastasios Kallis (Hg.), Auf dem Weg zu einem Heiligen und Großen Konzil. Ein Quellen- und Arbeitsbuch zur orthodoxen Ekklesiologie, Münster 2013, 69–74. Zum Kontext siehe Ioan Moga, Das ekklesiologische Selbstverständnis der orthodoxen Kirche. Eine Schatzsuche in den offiziellen Dokumenten des 20. Jahrhunderts, in: I. Moga, R. Augustin (Hg.), Wesen und Grenzen, 223–226. Vgl. BOR 1 (1/1974) 947, bzw. 952. So zum Beispiel im Fall eines ehemaligen österreichischen Konsuls in Konstantinopel, der aufgrund seiner Unterstützung für die neuentstandene Altkatholische Kirche bei seinem Tod vom römisch-katholischen Klerus nicht beerdigt wurde, weshalb die Beerdigung von einem griechischen Erzbischof und 30 Priestern mit großem Pomp vollzogen wurde. Die Zeitschrift sah darin ein Zeichen der »religiösen Toleranz« seitens des griechisch-orthodoxen Klerus, die es zu begrüßen gelte: vgl. A. A., O dovada˘ de tolerant,a˘ religioasa˘ în Biserica ortodoxa˘, in: BOR 1 (12/1875) 958. Vgl. A. A., Serbarea de 30 de ani a suirii pe tron a Papei Pius IX–lea, in: BOR 2 (10/1876) 658. Vgl. A. A., Epistolele pastorale ale episcopilor catolici din marele post, in: BOR 2 (10/1876) 662.

Fazit

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und ganz bejaht: »Wir, auch wenn wir dazu imstande wären, würden nicht Bischöfe oder Metropoliten in christliche Länder schicken, die ihre eigenen Bischöfe und Metropoliten haben, egal welcher Konfession.«387

387 M. S,tefa˘nescu, Papismul, 417.

3.

Vom kulturellen zum nationalen Paradigma (1900–1945)

In den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jh. ist Sibiu (Hermannstadt) das aus publizistischer Sicht aktivste Zentrum der rumänischen Theologie. Nach einem langen Reifeprozess im ganzen 19. Jh. wird spätestens mit der Gründung der Zeitschrift »Revista teologica˘« das Heranwachsen eines eigenen öffentlichtheologischen Profils deutlich.388 Wenn man nach einem Grundtenor sucht, in welcher Art und Weise die rumänische Theologie dieser Zeit die römisch-katholische Theologie und Kirche wahrnahm und beurteilte, dann werden vor allem zwei Elemente sichtbar. Der erste Aspekt betrifft das ganze Spektrum der interkonfessionellen Literatur und ist nicht allein für das Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche spezifisch: Er betrifft den polemischen Diskurs, der sich gegen alle Arten von Schismen und Häresien wendete und den absoluten Wahrheitsanspruch der Orthodoxie in den Vordergrund stellte. Dieser Diskurs setzte die schon im 19. Jahrhundert eingeübte apologetische Ausrichtung der Theologie fort, wobei im Kontext Siebenbürgens der Ton angesichts der »Konkurrenz« mit der griechisch-katholischen Kirche zum Teil härter wurde. Doch diese Polemik kann die Realität eines praktizierten Miteinanders in der Pastoral und im gesellschaftlichen Alltag nicht verbergen. Theologische Polemik und pastorale Konvivenz erweisen sich letztendlich, vor allem in Siebenbürgen, als zwei Seiten derselben Medaille. Dieser Aspekt, der im zweiten Kapitel dieses Teils unserer Untersuchung thematisiert werden soll, ist nicht auf die zwei ersten Jahrzehnte des 20. Jh. 388 »Die neue Zeitschrift fügte sich zu den damaligen wenigen kirchlichen Periodika, nämlich der ›Biserica Ortodoxa˘ Româna˘‹ (die seit 1874 bis heute erscheint), der ›Candela‹ von Czernowitz (1882–1946) und der Zeitschrift ›Viitorul‹ von Ias,i und Bukarest (1882–1916) hinzu. Die Erzdiözese von Sibiu besaß bisher nur die offizielle Zeitung ›Telegraful român‹, die von Andrei Saguna gegründet wurde und seit dem 3. Jannuar 1853 ununterbrochen erschien. Professor Nicolae Ba˘lan hielt es deshalb für notwendig, eine Zeitschrift herauszugeben, die ausschließlich für Priester gedacht war, damit ihnen in ihrem pastoral-homiletischen und kulturellen Wirken im damaligen politisch-sozialen Kontext geholfen werden könnte […]« Mircea Pa˘curariu, Istoricul revistei, https://www.revistateologica.ro/history/ (abgerufen am 15. 04. 2019).

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zu reduzieren, sondern blieb auch in den folgenden Jahrzehnten (d. h. in der Zwischenkriegszeit) eine wichtige Konstante. Deshalb wurde die – in den kirchen- und theologiegeschichtlichen Abhandlungen klassische – Zäsur in eine Zeit vor und eine Zeit nach 1918 hier bewusst ausgelassen, um die starke Kontinuität im Bereich der Argumentation veranschaulichen zu können. Der zweite Aspekt betrifft die spezifisch theologische Argumentation in der Abgrenzung zur Römisch-Katholischen Kirche: Rumänische Theologen sahen den großen »Mehrwert« der eigenen Konfession vor allem in der Offenheit zur Moderne und zur Kultur und betonten das antimodernistische Programm Roms. Aus diesem Grund kann dieses Argumentationsmuster als das kulturelle Paradigma des Identitätsdiskurses rumänisch-orthodoxer Theologie bezeichnet werden. Dieses Argument überrascht aus der Perspektive der späteren theologiegeschichtlichen Entwicklung, als ab dem Zweiten Vatikanum die RömischKatholische Kirche das aggiornamento vollzogen hat, die Orthodoxe Kirche aber bis in die heutige Zeit389, die Moderne immer skeptischer betrachtet.390 Deshalb gilt es zu untersuchen, inwiefern dieses Bekenntnis zur Kultur und zur Moderne ein binnenkirchliches Erneuerungsprogramm darstellte oder nur als antikatholisches Argumentationsinstrument fungierte. – Diesem Aspekt widmet sich das erste Kapitel dieses Teils der Untersuchung. Trotz der Kontinuität des theologischen Profils vor und nach 1918 hatte die Vereinigung Rumäniens mit den anderen rumänischen Provinzen (Siebenbürgen, Banat, Bukowina, Bessarabien) und die Entstehung des Großkönigreichs Rumänien erhebliche Folgen für die Art und Weise, wie rumänische orthodoxe Theologen ihre Identität gegenüber den anderen Konfessionen im Land391 bzw. gegenüber der westlichen Theologie argumentierten. Das »kulturelle Paradigma« blieb zwar auch in der Generation der 1920–1930er Jahre ein Leitmotiv, doch es erfuhr immer mehr eine Wandlung zu einem betont »nationalen« oder »ethnotheologischen« Paradigma. Die »national-theologische« Argumentation ist nicht etwas Neues; sie konnte bereits Ende des 19. Jh. als ein konfessionelles Leitmotiv herausgestellt werden. Auch die Gegenreaktion seitens der unierten Theologie

389 Vgl. beispielweise die Aussagen der »Heiligen und Großen Synode« auf Kreta 2016: Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der heutigen Welt, in: Synodos, 90–101. 390 Vgl. Vasilios Makrides, Das Panorthodoxe Konzil 2016 und die moderne Welt, in: Karlies Abmeier (Hg.), Monitor Religion und Politik. Ausgewählte Beiträge 2016, Sankt Augustin/ Berlin: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., 2016, 141–157. Makrides meint in Bezug auf das Konzilsdokument »Der Auftrag der Orthodoxen Kirche in der modernen Welt«: »Die meisten Errungenschaften der Moderne, von Pluralismus über Säkularität und Individualität bis hin zur kontextuellen Hermeneutik, bleiben der Orthodoxie fremd« (ebd., 141). 391 Zum Verhältnis der Rumänischen Orthodoxen Kirche zu den anderen Konfessionen und Religionen im Land in der Zwischenkriegszeit siehe: Ioan-Vasile Leb, The Orthodox Church and the Minority Cults in Inter-War Romania (1918–1940), in: JSRI 1 (3/2002) 131–141.

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erfolgte bereits Anfang des 20. Jh.392 und kritisierte alle Arten von verhängnisvollen Einflüssen, die eine »höchst sterile, von einem seelentötenden Byzantinismus infizierte«393 Orthodoxe Kirche auf die nationale Entwicklung des rumänischen Volkes gehabt habe. Trotz dieser Vorgeschichte wurde das national-theologische Paradigma erst in den 1930er Jahren zum Leitprinzip erhoben. Von einer kulturell-zentrierten Identität (das große Plus gegenüber dem universalistischen und antimodernistischen »Katholizismus« wurde in der orthodoxen Nähe zur regionalen Kultur und zu den Entwicklungen der modernen Gesellschaft ausgemacht) wanderte der Akzent immer mehr auf das »rumänische« Profil der Orthodoxie. Das »Rumänentum« avancierte zu einer spirituell-theologischen Kategorie, welche die Einzigartigkeit, die Authentizität und den Absolutheitsanspruch der Orthodoxie im rumänischen Volk gegenüber anderen Konfessionen begründen sollte. Die rumänische »Ethnotheologie«, die in der Zwischenkriegszeit ihre Blüte erfuhr, ist allerdings Teil einer sehr komplexen sozio-politischen und kulturellen Entwicklung, die in den Geschichtswissenschaften nach wie vor ein aktuelles und sehr breites Forschungsfeld darstellt. Da gerade diese Epoche in den interkonfessionellen historischen Studien die am meisten behandelte ist, wird hier paradigmatisch nur ein Autor aus dieser Zeit analysiert, nämlich Dumitru Sta˘niloae und sein nationaltheologisches Programm. Diese Beschränkung gründet nicht nur darin, dass er in quantitativer Hinsicht, aufgrund der Anzahl seiner diesbezüglichen Aufsätze, das repräsentativste Beispiel in der rumänischen Theologie für die Verhältnisbestimmung zwischen »Nation« und »orthodoxer Identität« ist, sondern weil anhand seiner Theologie auch die späteren Paradigmenwechsel des theologischen Identitätsbewusstseins am besten verfolgt werden können. Das Werk Dumitru Sta˘niloaes – als das des größten rumänischen Theologen des 20. Jh. – ist, trotz seiner Besonderheiten, auch eine Art Barometer für die verschiedenen Etappen der rumänischen Theologiegeschichte. – Deshalb 392 Vgl. etwa die polemische Studie des unierten Historikers und Theologen Zenovie Pâclis,anu, Biserica s,i Românismul, Cluj 1910. Das Buch ist Teil einer innerrumänischen Debatte, in der als Akteure und Kontrahenten u. a. folgende Persönlichkeiten auftraten: Der orthodoxe Kirchenhistoriker Nicolae Dobrescu, der die providentielle Rolle der orthodoxen Kirche für die Kultur des rumänischen Volkes betonte, der Kirchenkritiker und ehemalige Theologiestudent Constantin Cerna˘ianu, der alle Arten von Dekadenzphänomenen in der Rumänischen Orthodoxen Kirche anprangerte und jeglichen positiven Einfluss der Orthodoxie auf die rumänische Kultur verneinte (vgl. Constantin Cerna˘ianu, Biserica s,i Românismul, Bukarest 1909) und schließlich Zenovie Pâclis,anu, der in der Debatte den Anspruch des sachlichen Historikers einnehmen wollte. Er selber verneinte nicht die Bedeutung der Kirche für die nationale Identität, vertrat aber die These, dass die »rumänische Kirche« diese ehrenvolle Aufgabe nur dann gebührend wahrnehmen könne, wenn sie »einen Stützpunkt außerhalb von Staat und Nation« habe – gemeint ist die Verbindung mit Rom. Vgl. Z. Pâclis,anu, Biserica s,i Românismul, 58. 393 Ebd., 57.

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widmet sich das dritte Kapitel dem »nationaltheologischen Programm« Sta˘niloaes.

3.1. Die moderne Orthodoxie versus den antimodernen Katholizismus. Die Haltung zum kulturellen Fortschritt als konfessionelle Profilbildung 3.1.1. Nicolae Ba˘lan: Ausstieg aus der Polemik und Bejahung der Moderne Einer der produktivsten und auf interkonfessionelle Fragen spezialisierten Theologen war Nicolae Ba˘lan (1882–1955)394, ein Absolvent der Theologischen Fakultät in Czernowitz (1904, mit Dokorat im Jahr 1905), mit einem Studienaufenthalt in Breslau (1904–1905). Ab 1905 übernahm er die Dogmatikprofessur am Theologischen Institut in Sibiu, wo er als Laientheologe bis 1919 (Priesterweihe) agierte, als er in einem fulminanten Aufstieg zum orthodoxen Metropoliten von Siebenbürgen gewählt und geweiht wurde (im Jahr 1920). Sowohl als Theologe als auch als Metropolit prägte Nicolae Ba˘lan das Profil der orthodoxen Kirche in Siebenbürgen bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Sein kirchenpolitischer Hauptverdienst bestand darin, die bis 1919 autonome orthodoxe Metropolie von Siebenbürgen in die Rumänische Orthodoxe Kirche (Patriarchat seit 1925) integriert zu haben und dabei die Errungenschaften der transsylvanischen Orthodoxie395, die seit der Zeit des Metropoliten Andrei S,aguna durch eine stärkere Beteiligung der Laien in den Leitungsorganen der Kirche396 und die Betonung des Bildungsaspektes gekennzeichnet war, im neuen Status der Rumänischen Kirche von 1925 durchgesetzt zu haben.397 Was in diesem Zusammenhang von Interesse ist, ist weniger die spätere ökumenische398 oder gar kirchenpolitische Tätigkeit 394 Vgl. Pavel Cherescu, Mitropolitul Nicolae Ba˘lan al Ardealului (1920–1955) – teolog, ierarh, patriot, Oradea 2001. M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 296–298. 395 Vgl. Johann Schneider, Der Hermannstädter Metropolit Andrei von S,aguna. Reform und Erneuerung der Orthodoxen Kirche in Siebenbürgen und Ungarn nach 1848, Köln 2005, 188– 210. 396 Zur Nachwirkung dieses Aspekts in der transylvanischen Orthodoxie der Zwischenkriegszeit vgl. Ionut, Biliut,a˘, Rejuvenating Orthodox Missionarism among the Laymen: the Romanian Orthodox Fellowship in Interwar Transylvania, in: Studia Universitatis Babes,-Bolyai. Theologia orthodoxa 62 (2/2017) 21–38. 397 Vgl. Paul Brusanowski, Mitropolitul Nicolae Ba˘lan, in: Florin Dobrei (Hg.), Pa˘stori s,i pa˘storire în trecutul Bisericii noastre, Cluj-Napoca 2015, 187–212. 398 Z. B. seine Teilnahme an der Weltkonferenz für Praktisches Christentum in Stockholm (1925) und, ein Jahr später, am Treffen des Fortsetzungsausschusses für Praktisches Christentum in Bern (1926). Vgl. S,tefan Argatu, Activitatea ecumenica˘ a mitropolitului Nicolae Ba˘lan al Ardealului, in: RT 93 (2/2011) 82–100. Mihai Sa˘sa˘ujan, Romanian Orthodox Theologians as Pioneers, 152–155.

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Ba˘lans in seinem Amt als Metropolit, als vielmehr seine Beiträge als Laientheologe in der von ihm am 1. Januar 1907 gegründeten theologischen Zeitschrift »Revista teologica˘«, weil anhand dieser der binnenkirchliche Diskurs im Blick auf die anderen Konfessionen veranschaulicht werden kann. Bereits in den ersten Ausgabennummern dieser Zeitschrift nahm die theologische Frage des Verhältnisses zu den anderen christlichen Kirchen eine Sonderrolle ein. Nicolae Ba˘lan publizierte im Jahr 1909 einen längeren FeuilletonAufsatz unter dem Titel »Zur Frage der Einheit der Kirchen. Antwort auf eine Broschüre«399. Ba˘lan beschrieb den Trennungszustand der Christenheit in eine »Vielzahl an Kirchen, die jede für sich den Anspruch erhebt, die wahre Kirche Christi darzustellen«400, als zutiefst bedauernswert. Vor allem angesichts der modernen Herausforderungen (»unterschiedliche Formen des modernen Unglaubens«401 und des »kulturellen Fortschritts«402) sollte es eine gemeinsame Anstrengung aller Kirchen sein, die Einheit zu suchen. Ba˘lan sah also die »Versöhnung und Einigung der Kirchen«403 als ein missionarisches Desiderat zur »Förderung der christlichen Sache in der Welt«404. Anzumerken ist die Tatsache, dass Ba˘lan den Status der Kirchlichkeit der anderen christlichen Kirchen nicht infragestellte. Seine ökumenische Vision ist durchaus positiv: »Zweifelsfrei werden sich die Kirchen vereinen! Das hoffnungsvolle christliche Bewusstsein kann keine andere Antwort auf diese Frage haben. […] Wir vermuten, dass es irgendwann innere und äußere Faktoren der Kirchengeschichte geben wird, die zu einer immer größeren Annäherung der Kirchen zueinander und den Lauf der Dinge Richtung Einheit führen werden.«405

Unter Einheit verstand Nicolae Ba˘lan die Einheit in der »vollen und unverfälschten Offenbarungswahrheit« des Christentums, so wie diese »in der einheitlichen Stimme der ökumenischen Alten Kirche«406, d. h. in den Entscheidungen der sieben ökumenischen Konzilien, zum Ausdruck komme. Diese Glaubenswahrheit der ungetrennten Alten Kirche sei in einer der heute existie399 Nicolae Ba˘lan, Chestia unirii Bisericilor. Ra˘spuns la o bros,ura˘, in: RT 3 (5/1909) 268–273; (6/ 1909) 314–333; (4/1909) 365–372; (11–12/1909) 469–481. Die im Untertitel erwähnte »Broschüre« war eine Publikation des rumänischen römisch-katholischen Priesters Virgil Pop (Chestia unirii bisericilor, Timis,oara 1908), die nichts Anderes als einen Appell an die orthodoxen Gläubigen darstellte, die photianische Lehre über den Hervorgang des Hl. Geistes aus dem Vater allein als irreführend einzusehen und die Union mit dem Nachfolger Petri anzustreben. 400 N. Ba˘lan, Chestia unirii Bisericilor, 269. 401 Ebd., 270. 402 Ebd., 269. 403 Ebd., 270. 404 Ebd. 405 Ebd. 406 Ebd., 271.

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renden Kirchen voll und ganz bewahrt worden, nämlich in der Orthodoxen Kirche – so Nicolae Ba˘lan. Ihm ging es jedoch nicht darum, der Orthodoxen Kirche allein die »wahre Kirchlichkeit« zuzusprechen, sondern in ihr die unversehrte Glaubenskontinuität mit der »alten ökumenischen Kirche« der ersten Jahrhunderte festzustellen.407 Aus dieser Sicht bewertete Ba˘lan die Papstdogmen des Ersten Vatikanums sehr kritisch, nämlich als Höhepunkt der Entfremdung Roms von der gemeinsamen altkirchlichen Tradition: »[…] seit 1870 gilt als größtes Hindernis der Vereinigung zwischen der Orthodoxen Kirche und der Westkirche der Primat und die Unfehlbarkeit des Papstes. Und zu Recht – denn die Dogmatisierung der päpstlichen Unfehlbarkeit hat nicht nur die Hauptursache der Trennung der Kirchen sanktioniert, nämlich den päpstlichen Primat, sondern hat das Verhältnis zwischen den getrennten Kirchen wesentlich geändert und jeglichen Punkt des gegenseitigen Verständnisses abgebrochen.«408

Nicolae Ba˘lan war der Meinung, dass nach 1870 die Hierarchie der Trennungsgründe zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche geändert werden müsste: Während bisher die Filioque-Problematik das größte Hindernis gewesen sei, sei ab dem Ersten Vatikanum das Dogma des Jurisdiktionsprimats und der Unfehlbarkeit des Papstes das größere Problem! Dieses Dogma habe »die regula fidei der Alten Kirche wesentlich verfälscht«, weil sie »das Prinzip des konstanten Zeugnisses der Kirche von immer und überall mit der Willkür eines einzigen Menschen ersetzt hat«409. Der Ernst der Lage beschrieb Ba˘lan mit einem sehr prägnanten Bild: »Das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit, die – hoffentlich letzte – Station der Entwicklung des Papsttums, steht ab nun zwischen den zwei Kirchen wie eine chinesische Mauer, an welcher der Zahn der Zeit sehr lange nagen wird, damit sie irgendwann verschwindet […]«410

Wer oder was sind für Nicolae Ba˘lan die anderen Kirchen? Die Antwort fällt ernüchternd, aber für den damaligen Kontext offener aus, als man erwarten würde: »[…] alle anderen sind ihre Schwestern, die sich vom Weg der Orthodoxie – manche mehr, andere weniger – abgewandt haben«411. Einige dieser Kirchen würden trotz dieses Zustands »eine höhere Kultur« aufweisen, und man sollte als Orthodoxer »mit Freude die Verdienste der anderen Kirchen anerkennen, die sie mithilfe der in ihnen bewahrten genuin christlichen Elemente erwerben konnten […]«412. 407 408 409 410 411 412

Vgl. ebd. Ebd., 319. Ebd. Ebd., 320. Ebd., 272. Ebd.

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Nicolae Ba˘lan vertrat also nicht ein klassisches Rückkehr-Modell: Neben der traditionellen Forderung, dass alle Kirche ihr existentes Glaubensgut »mit der Lehre der ökumenischen Alten Kirche in Einklang bringen und dabei Fremdelemente entfernen sollten«413 und neben dem Anspruch, dass die Orthodoxe Kirche eine ununterbrochene Glaubenskontinuität mit dieser »ökumenischen Alten Kirche« bewahrt habe, finden wir bei Nicolae Ba˘lan auch ökumenische Akzente, die die späteren Einsichten im Rahmen des praktisch orientierten Zweigs der ökumenischen Bewegung vorwegnahmen: Die Notwendigkeit der Wiederentdeckung der altkirchlichen Glaubenseinheit sei nicht mit einer »theoretischen Adhärenz an ein dogmatisches Programm«414 zu verwechseln. Damit die zukünftige Einheit der Kirchen Wirklichkeit werden könne, seien vielmehr ein praktisch orientierter »Wachstumsprozess« und ein »fortwährender Fortschritt der christlichen Gesinnung und des christlichen Lebens«415 notwendig. Das Plädoyer für eine allmähliche Annäherung der Kirchen untereinander signalisiert den Willen, aus einem Mechanismus der Polemik auszusteigen: »Ich bin der Meinung, dass konfessionelle Gespräche mit allem Ernst und mit aller Liebe zur Wahrheit geführt werden sollen. Die ständige gegenseitige Bedrohung aus der Ferne fördert nicht das Werk der Einheit; man müsste vielmehr miteinander reden, die Divergenzpunkte klären. Darüber hinaus dürfen die Konfessionen ihren Glauben nicht als ein totes Kapital behandeln, das man nur noch absichern will, um ihn im eigenen Sanktuar zu bewahren […]«416

Dabei wird deutlich, dass es Nicolae Ba˘lan nicht bloß um ein friedliches Nebeneinander ging, sondern um einen echten und sachlichen Dialog, im Rahmen dessen jede Konfession bereit wäre, ihre eigene Position in Frage zu stellen. Dieser Appell aus dem Jahre 1909 zeigt, dass orthodoxe Theologen wie Ba˘lan alles andere als geblendet von den üblichen polemischen Parolen ihrer Zeit waren. Die Konkretisierung und zugleich das Kriterium dieser interkonfessionellen Annäherung war für Ba˘lan die notwendige gemeinsame Auseinandersetzung der Konfessionen mit der modernen Kultur. Er skizzierte bereits im Jahr 1907 ein sehr positives Bild vom Zueinander zwischen Religion und Kultur: »Religion ist ein wesentlicher Bestandteil des seelischen Lebens des Menschen und als Konsequenz davon ist sie auch ein ergänzender Teil der menschlichen Kultur, ein Faktor und eine Kraft der Kultur. […]. Die Kultur ist also nicht gegen die Religion, sondern – im Gegenteil – setzt sie diese als einen sie ergänzenden Teil notwendig voraus. Die Religion wiederum kann nicht gegen die Kultur sein, weil es zwischen Religion und

413 414 415 416

Ebd. Ebd., 273. Ebd. Ebd., 316.

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den anderen spirituell-moralischen Gütern, die das Wesen der wahren Kultur ausmachen, die innigste freundschaftliche Verbindung geben muss.«417

Das optimistische Bild von der inneren Verflechtung zwischen moderner Kultur und Christentum war für Ba˘lan nicht einfach Teil eines apologetischen Diskurses und als solcher ein Versuch, die rumänischen Intellektuellen auf die christlichen (vor allem moralischen) Komponenten der modernen Kultur zurückzuführen (»Die moderne Kultur hat ihren Ursprung im Christentum […]«418), sondern zielte vor allem darauf hin, die Offenheit der Orthodoxie gegenüber den kulturellen Entwicklungen im jeweiligen Volk zu unterstreichen. Das Argumentationsmuster der kulturellen (auch nationalen) Nähe der Orthodoxie zu der jeweiligen Lokaltradition begegnete uns bereits am Ende des 19. Jh. und wurde auch im späteren 20. Jh. immer wieder bemüht. Mit dem Satz »Die moderne Kultur hat das Christentum als Fundament und Grundpfeiler ihres Wesens«419 fällte Ba˘lan eine fundamentaltheologische Grundsatzentscheidung, welcher eine utopische Harmonie zwischen Kultur, Wissenschaft und Theologie vorschwebt. Damit verbunden ist eine exklusiv christliche Interpretation der Zivilisation und der Moderne: Das entscheidende Kriterium der Zivilisation und der Entwicklung sei die Zugehörigkeit »der Völker, die heute die Erde beherrschen«420, zum Christentum. Eine moderne Kultur ohne christliche Prägung ist für den späteren Siebenbürgener Metropoliten unvorstellbar. Das Plädoyer für eine »christliche Moderne« bekam bei Ba˘lan eine nationale Konkretisierung: Für den rumänischen Kontext sah er die christliche Identität mit der rumänischen Seele untrennbar verbunden. Zwischen »unserem rumänischen Gesetz« (mit »Gesetz« ist der nationale Habitus gemeint) und »unserer vorväterlichen Kirche« bestehe eine enge Verknüpfung, »eine perfekte Identifikation unseres rumänischen Charakters mit unserer heiligen christlichen Tradition«421. Die rumänische Kultur sei also genuin christlich: »[…] mit diesem Fundament steht oder fällt das ganze Gebäude unserer Nationalkultur«422. Diese national-christliche Vision fordere zugleich Kulturschaffende als auch Kirchenverantwortliche heraus. Die nationale Dimension des kirchlichen Identitätsprogramms Ba˘lans ist nicht zu unterschätzen; dabei stellt der »kulturelle Nationalismus«423 der or-

417 418 419 420 421 422 423

Ders., Religiune s,i cultura˘, in: RT 1 (1907) 343–344. Ebd., 345. Ebd., 346. Ebd. Ebd., 347. Ebd. Vgl. Valeria Soros,tineanu, Nat,ionalismul cultural între necesitate nat,ionala˘ s,i discurs oficial. Studiu de caz: preot,ii s,i înva˘t,a˘torii din mediul ortodox (1900–1918), in: Liviu Maior,

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thodoxen Theologen und Kirchenvertreter in Siebenbürgen in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jh. ein sehr komplexes Phänomen dar. Dennoch hatte das Pro-Moderne-Programm Ba˘lans über dieses nationale Leitmotiv hinaus eine besondere Ausrichtung, da es in erster Linie als theoretische Untermauerung einer dringenden pastoral-missionarischen Bildungsoffensive für die orthodoxe Priesterschaft in Siebenbürgen gedacht war.424 Der rumänische Theologe konstatierte eine »furchtbare Kluft«425 zwischen dem beschriebenen Ideal und der Realität; er klagte über den »Indifferentismus der Priesterschaft gegenüber der eigenen Kultur«426, mahnte die Verantwortlichen zur kulturellen Erziehung der Priester als unabdingbare Voraussetzung für eine geistige Erneuerung im Volk427 und kritisierte zugleich jene Intellektuellen, die einen vermeintlichen Naturkonflikt zwischen Naturwissenschaft und Religion heraufbeschwören.428 Eine weitere Ausrichtung des Diskurses Ba˘lans war, neben dieser bildungsorientierten Perspektive, eine interkonfessionelle Standortbestimmung. Die Römisch-Katholische Kirche befand sich im ersten Jahrzehnt des 20. Jh. in der sogenannten »Modernismuskrise«429: Komplexe Aufbruchbewegungen im europäischen Katholizismus (wie die philosophische Wende zum Subjekt, die historisch-kritische Methode, die Dogmenkritik, die demokratische Kritik der hierarchischen Auffassung der Kirche usw.) stießen auf ein starres und monologisches Lehramt. Inbegriff und Höhepunkt der »modernistischen« Bewegungen, die nicht einfach auf eine These oder eine Denkrichtung zu reduzieren sind, war ohne Zweifel das Werk des französischen Exegeten Alfred Loisy »L’Evangile et l’Eglise«. Obwohl Loisy sein Buch als Antwort auf die antikatholische Polemik Adolf von Harnacks verstand, stimmte er zu, dass Jesus nicht eine institutionelle Entwicklung und Gestaltwerdung der Kirche intendiert hätte. Die Reaktion Roms auf das Buch von Loisy und auf alle modernistischen Tendenzen insgesamt kam am 8. September 1907 mit der Enzyklika »Pascendi dominici gregis«, die als

424 425 426 427 428 429

Ioan-Aurel Pop, Ioan Bolovan (Hg.), Asociat,ionism s,i nat,ionalism cultural în secolele XIX– XX, Cluj-Napoca 2011, 241–263. Vgl. diesbezüglich auch Nicolae Ba˘lan, Biserica s,i catehizarea, in: RT 3 (5/1909) 241–249. Ders., Religiune s,i cultura˘, 349. Ders., Mergem înainte, in: RT 5 (1/1911) 1. Ebd., 2. Vgl. Ders., Armonia dintre religiune ¸si ¸stiint¸a˘, în: RT 5 (6/1911) 161–171. Vgl. dazu Louis-Pierre Sardella, Regards sur la crise moderniste en France. Une Église intangible dans un monde en mouvement, Paris 2018. Peter Neuner, 100 Jahre nach der Modernismusenzyklika: das Problem der Dogmengeschichte, in: StZ 225 (2007) 579–592. Ders., Eine neue Modernismuskontroverse? Theologiegeschichtliche Überlegungen zum Streit um die Piusbruderschaft, in: MThZ 60 (2009) 258–270.

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Antimodernismus-Enzyklika in die Geschichte einging.430 Darin wurde der Modernismus als Zusammenfassung aller Häresien und als Übergangsschritt vom Protestantismus zum Atheismus skizziert. Die Enzyklika begnügte sich nicht mit einer theoretischen Auseinandersetzung und einer Verurteilung des Modernismus, sondern beinhaltete eine Reihe von praktischen Konsequenzen, die »einem schrankenlosen Denunziantenwesen Tür und Tor öffneten« und »das Misstrauen gegen alle Errungenschaften der Moderne«431 verbreiteten. Die ganze Debatte um den Modernismusstreit fiel zeitlich zusammen mit den ersten Erscheinungsjahren der Zeitschrift »Revista teologica˘«. Nicolae Ba˘lan und Iuliu Scriban nahmen diese Debatte zum Anlass, um das Unterscheidungsmerkmal der kultur- und wissenschaftsoffenen Orthodoxie zum »antimodernen« Katholizismus zu schärfen.

3.1.2. Iuliu Scriban: Kritik des katholischen Antimodernismus Vor allem Iuliu Scriban (1878–1949) arbeitete diese These in mehreren Artikeln der Jahre 1908–1911 aus. Obwohl er mit den Aufsätzen in der Hermannstädter Zeitschrift »Revista teologica˘« bekannt wurde, war Scriban Vertreter der Bukarester theologischen Schule (Studienabschluss im Jahr 1903 an der Fakultät in Bukarest), studierte in der Zeit von 1904–1909 katholische und protestantische Theologie in Strasbourg und Philosophie in Heidelberg und lehrte ab 1909 am Zentralen Priesterseminar in Bukarest. Das Studium an einer katholischen Fakultät brachte in seinem Fall keine Sympathie für den römisch-katholischen Standpunkt mit sich, wohl aber eine fundierte Kenntnis der zeitgenössischen Literatur und der innerkatholischen Debatten im französisch-, deutsch- und italienischsprachigen Raum. Im Vergleich zu Nicolae Ba˘lan äußerte er sich in seinen Artikeln, in welchen Ereignisse und Entwicklungen in der Römisch-Katholischen Kirche behandelt werden, viel pessimistischer und polemischer. In einer Sonderrubrik der Zeitschrift »Revista teologica˘« mit der Überschrift »Aktuelle Ereignisse aus der Katholischen Kirche«, die er jahrelang regelmäßig mit Kurzartikeln versorgte432, 430 Die Übersetzung der Enzyklika findet sich in: Ders., Der Streit um den katholischen Modernismus, Frankfurt – Leipzig 2009, 294–354. Für die heutige Lektüre dieses Moments vgl. Arnold Claus, Modernismus als Kampfbegriff ? Das »Jubiläum« der Antimodernismus-Enzyklika von Papst Pius X., in: HerKorr 61 (12/2007) 629–633. Mario Fischer, 100 Jahre Antimodernisten-Enzyklika »Pascendi dominici gregis«, in: MdKI 58 (3/2007) 43–46. 431 P. Neuner, Eine neue Modernismuskontroverse?, 263. 432 Vgl. etwa Iuliu Scriban, Ultimele agitat,iuni din sânul catolicismului, in: RT 1 (7–8/1907) 403– 410, wo er auf die »Prozesse doktrinärer Segregation« und die Lagerkämpfe innerhalb der Römisch-Katholischen Kirche hinwies. Vgl. auch Ders., Al XV–lea centenar dela moartea Sf. Ioan Gura˘ de Aur în Roma, in: RT 2 (2/1908) 79–85, (3/1908) 119–127.

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verlor der rumänische Priestermönch und Theologe Scriban keine Gelegenheit, um gegen die römisch-katholische »Propaganda«433 und die »Fehler« des Vatikans zu polemisieren. Er profilierte sich als Experte für Entwicklungen im römisch-katholischen Raum und entwickelte daraufhin mit seiner Hermeneutik eine erstaunlich gut dokumentierte, aber skeptische Perspektive. Natürlich konnte sich auch Scriban der Frage der Wiederherstellung der kirchlichen Einheit nicht entziehen. Durch die genauere Verfolgung unterschiedlicher Debatten im deutsch- oder französischsprachigen Katholizismus blieb er aber im Vergleich mit Ba˘lan viel stärker der Tagespolitik der Kirchen verhaftet; dabei sah er die Verpflichtung zu einer fundamentalen Änderung nur auf katholischer Seite. Dafür versuchte er geschickt, den Gegner mit den eigenen Waffen zu schlagen. Beispielweise übersetzte und veröffentlichte Scriban einen Aufsatz434 des katholischen Ostkirchenkundlers und »Ökumene-Pioniers«435 Prinz Maximilian von Sachsen, in welchem dieser den Uniatismus als Einheitsmodell stark kritisiert.436 Iuliu Scriban sah im Vorschlag des Prinzen Max von Sachsen, die Ansprüche des Papsttums gegenüber den Ostkirchen massiv zu reduzieren, ein gangbares Modell der Versöhnung zwischen Ost und West. Gerade die Idee, dass eine Kircheneinheit nicht als Unterordnung einer Kirche unter die andere zu verstehen sei, sondern als »Koexistenz in vollkommenem Frieden, Harmonie und Zusammenarbeit«437, lobte er als revolutionären Vorschlag; eine solche Einheit sei jedoch das Gegenteil dessen, was Rom beabsichtige, so Scriban. Als schlagfertigen Beweis dafür übersetzte Scriban auch das apostolische Schreiben von Papst Pius X. an die orientalischen mit Rom unierten Bischöfe vom Dezember 1910, in welchem Max von Sachsen und seine Ideen verurteilt werden.438 Seine Hauptaufmerskamkeit richtete der rumänische Theologe jedoch auf den innerkatholischen Konflikt zwischen Traditionalisten und Modernisten. In einem umfangreichen Feuilleton-Aufsatz mit dem Titel »Der Modernismus und

433 Vgl. Ders., Sint na˘dejdi pentru realizarea unirii?, in: RT 6 (2/1912) 55–58. 434 Max von Sachsen, Pensées sur l’union des Eglises, in: Roma e l’Oriente 1 (1910) 13–29; deutsche Übersetzung: Gedanken des Prinzen Max, Königliche Hoheit, Herzogs von Sachsen, über die Vereinigung der Kirchen, in: Natalie Baronin von Uxkull [Uexküll], Rom und der Orient [1.] Jesuiten und Melchiten, Berlin 1912, 67–90. 435 Nicolas Egender, Le Prince Max des Saxe: précurseur de l’oecuménisme et »fou pour le Christ«, in: Irénikon 88 (3/2015) 323–347. 436 Vgl. Iuliu Scriban, Evenimente actuale din Biserica Catolica˘. Articolul Prinicipelui Max de Saxonia, in: RT 5 (9/1911) 274–279; (10–11/1911) 307–313; (12–13/1911) 343–346. 437 Ebd., 346. 438 Ex quo vom 26. Dezember 1910, in: AAS III, 1911, 117ff; deutsche Übersetzung: N. von Uxkull, Rom und der Orient [1.], 99–103. Vgl. die rumänische Übersetzung Iuliu Scribans und seinen ausführlichen Kommentar dazu, in: RT (12–13/1911) 349–351 bzw. (14–19) 423– 437.

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die Enzyklika Pascendi«439 dokumentierte Scriban die Vorgeschichte der Enzyklika, den Text selbst und ebenso die daraufhin entstandene Debatte, wobei er sichtlich um ein differenziertes Urteil bemüht war. Scriban war weit davon entfernt, alle Arten von modernistischen Tendenzen in der Theologie zu begrüßen und war sogar bereit, die Notwendigkeit eines päpstlichen Schreibens zur Klarstellung einiger gefährdeter Grundprinzipien der christlichen Theologie einzusehen. Dennoch kritisierte er die Enzyklika für die weite Überholung ihrer Kernaufgabe, für das Aufhalten der theologischen Forschung und für die Schroffheit, womit sie die unterschiedlichen modernistischen Tendenzen in der Theologie zu einem System mache und dieses wiederum als häretisch brandmarke: »[…] es wird nicht nur das abgelehnt, was [aus der Sicht der christlichen Doktrin; I.M.] bekämpft werden sollte, sondern auch dasjenige, was die Dinge in einer zeitgemäßen Art darstellt.«440 Als Beispiel nannte er das »Dogma« der Inspiration; hier stellte sich Scriban gegen die klassische Verbalinspiration, weil die neue Interpretation der Inspiration »konformer ist mit dem wissenschaftlichen Kontext, in dem wir leben«441: »Vielleicht wird aber auch diese Interpretation nicht die letzte sein, und die Theologen werden irgendwann zur Meinung gelangen, dass man die Inspiration auf die Glaubenspunkte reduzieren soll, denn das Werk Gottes ist ein Heilswerk und hat keine Relevanz für die Fragen profaner Natur, die das Schrifttum der heiligen Autoren mitbegleitet haben […].«442

Durch diese liberale Sicht auf die Frage der Inspiration offenbarte der rumänische Theologe eine deutliche Sympathie für die Erneuerungsströmungen innerhalb der deutschsprachigen Theologie. Seine tiefe Kenntnis der Modernismus-Debatte nach der Enzyklika »Pascendi« zeigt sich auch darin, dass er bereits im November 1908 einen Artikel des Münchener Dogmenhistorikers Joseph Schnitzer ins Rumänische übersetzte, in dem dieser nicht nur den »römischen Absolutismus« verurteilte, sondern auch die wissenschaftliche Selbstverpflichtung der theologischen Fakultäten zu einer freien Forschung verteidigte.443 439 Iuliu Scriban, Modernismul s,i enciclica »Pascendi«, in: RT 2 (6/1908) 253–262; RT 2 (7–8/ 1908) 284–296; RT 2 (9–10/1908) 349–364; RT 2 (11/1908) 426–434; RT 2 (12/1908) 466–475; RT 3 (2/1909) 94–100; RT 3 (3/1909) 146–150. 440 I. Scriban, Modernismul s,i enciclica »Pascendi«, RT 2 (12/1908) 467. 441 Ebd. 442 Ebd. 443 Vgl. Joseph Schnitzer, Die Enzyklika Pascendi und die katholische Theologie, in: Internationale Wochenschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik 2 (1908) 129–140. Daraufhin – aber auch als Reaktion auf seine Bemerkungen zu den »Legendenstudien« Heinrich Günters – erteilte Rom Schnitzer ein generelles Vorlesungs- und Publikationsverbot und drohte ihm mit der Exkommunikation. Zu den Hintergründen der damaligen Debatte und der Suspension Schnitzers vgl. Gregor Klapczynki, Katholischer Historismus? Zum Historischen Denken in der deutschsprachigen Kirchengeschichte um 1900: Heinrich Schrörs –

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Scriban kommentierte den Artikel mit den Worten: »[…] selten findet man einen solchen Artikel, der so stark vom Geist der Freiheit erfüllt wäre und der eine solche schmerzhafte Autopsie des Leitungsstils der theologischen Kultur in der eigenen Kirche machen würde«444. Scriban zeigte sich als Vertreter einer kirchlich verpflichteten, aber wissenschaftlich verantworteten und dadurch in der Forschung freien Theologie: »Man sollte den Menschen forschen lassen, man sollte ihn auch irren lassen, denn, auch wenn daraus etwas Schlechtes entsteht, wird zugleich ohne Zweifel auch sehr viel Gutes entfaltet werden. Es werden neue Elemente zur Unterstützung der Kirche entstehen können.«445

Scriban zog als Argument für sein Plädoyer für die theologische Forschungsfreiheit die Alte Kirche heran, in der »die Meinungen frei ausgetauscht wurden und nur zu gegebener Zeit die Kirche die Siegel der Bestätigung auf das Beste legte; hätte es diese Freiheit nicht gegeben, dann hätte sich nichts entfalten können«446. Scriban versäumte es allerdings, die Problematik der theologischen Forschungsfreiheit auf den Bereich der eigenen Orthodoxen Kirche anzuwenden. Er formulierte jedoch am Ende seiner Dokumentation des katholischen Modernismusstreites offen seine »Sympathie«447 für die Modernisten und hegte die Hoffnung, dass »der Modernismus nicht erstickt werden wird«448: »Auch wenn wir nicht immer mit ihnen [den Modernisten; I.M.] einverstanden sein werden, sollten wir ihre Begeisterung respektieren, denn der Irrtum begleitet jeden Versuch des Menschen, neue Welten zu beschreiten.«449 Scriban hat auch in anderen Artikeln450 die innerkatholischen Debatten mitverfolgt und dokumentiert; immer ging es ihm darum zu zeigen, dass theologische, aber auch soziale Erneuerungsbewegungen (wie etwa die »Sillon-Bewegung« in Frankreich451) von Rom bekämpft wurden. Der Papst (in diesem Fall

444 445 446 447 448 449 450 451

Albert Erhard – Joseph Schnitzer, Stuttgart 2013, 345–359. Manfred Weitlauff, Der »Fall« des Augsburger Diözesanpriesters und Münchener Theologieprofessors Joseph Schnitzer (1859–1939). In Erinnerung an die antimodernistischen Erlasse Papst Pius’ X. vor hundert Jahren. Mit Quellen und Dokumentenanhängen, Lindenberg 2011. I. Scriban, Modernismul, RT 2 (11/1908) 434. Ders., Modernismul, RT 2 (12/1908) 469. Ebd., 472. Ders., Modernismul, RT 3 (3/1909) 150. Ebd. Ebd. Ders., Evenimente actuale din Biserica Catolica˘, în: RT 5 (1/1911) 12–16; (2/1911) 48–54; (3/ 1911) 78–84; (5/1911) 145–147; (6/1911) 177–182; (7/1911) 213–217; (8/1911) 236–239. Zur »Sillon-Bewegung« um Marc Sangnier vgl. Hugues Petit, L’Eglise, le Sillon et l’Action Française, Paris 1998. Scriban sah darin eine kluge christliche Bewegung, die den Sozialisten den Wind aus den Segeln nahm, indem sie die Idee der sozialen Gerechtigkeit aus christlicher Sicht neu interpretierte und damit eine Alternative zum Sozialismus bot.

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Pius X.) bzw. der Vatikan (aber auch der starke Klerikalismus452) seien schuld daran, dass sie die Römisch-Katholische Kirche »noch mehr von der modernen Welt trennen wollen«453. Aus seiner Sicht sollte das Christentum im Glauben durchaus konservativ sein, zugleich aber mit den Entwicklungen der Welt Schritt halten: »[…] das Christentum ist zugleich ewig modern, da es immer mit den Entwicklungen der Gesellschaft Schritt halten muss und dadurch seine Art und Weise, in dieser Welt christlich zu agieren, immer wieder revidieren muss. Dadurch blüht das Christentum immer wieder auf und verliert nie an Aktualität.«454

Scribans Plädoyer für die Öffnung der Theologie und Kirche zu den Fragen der Moderne dürfte nicht bei allen theologischen Kollegen auf Zustimmung gestoßen sein; gerade die historisch-kritische Methode, aber auch das Prinzip der theologischen Forschungsfreiheit waren in der auf Tradition pochenden Orthodoxen Kirche alles andere als akzeptiert. Doch gerade durch die starke Kritik an der antimodernistischen Haltung Roms wollte Scriban zeigen, dass eine Festlegung auf die gleiche antimodernistische Position als Sympathie gegenüber dem starren Lehr- und Institutionssystem der Römisch-Katholischen Kirche gelten würde. Mit dieser mehr oder weniger bewussten Strategie gelang es Iuliu Scriban (aber auch Nicolae Ba˘lan, der dessen Aufsätze in der Zeitschrift »Revista teologica˘« veröffentlichen ließ), einen Pro-Moderne-Vorstoß in der rumänischen orthodoxen Theologie zu fördern.455 Ohne die innerkatholische Einbettung seiner modernistischen Ansichten hätte Scriban vermutlich als verdeckter Protestant marginalisiert werden können. Doch in seinem Plädoyer für Wissenschaft und Kultur ging es Scriban nicht einfach nur darum, einen neuen polemischen Unterschied zu Rom festzumachen; er bemüht sich immer um eine gewisse Objektivität und blieb meistens in der detailgetreuen Beschreibung der innerkatholischen Debatten im Genrediskurs einer Reportage.456 Vielmehr war dieses Leitmotiv Teil eines volkspädago452 »In der Katholischen Kirche gibt es nicht nur Christentum, sondern auch viel Klerikalismus, und dieser Klerikalismus erstickt oft das Christentum […]«, so I. Scriban, Evenimente actuale, 236. 453 Ebd., 182. 454 Ebd., 238. 455 Auch weitere Stimmen in dieser Zeit unterstützen diese Linie. Ilie Beleut,a˘ kompilierte etwa im Jahr 1911 eine Thesensammlung mit Paraphrasen von Wladimir Guettée. Auch in diesem Text ragt als eine der Hauptthesen die Notwendigkeit einer innerkirchlichen Bildungsoffensive heraus: Die Orthodoxie müsse den Bildungsstand ihrer Kleriker heben; »der orthodoxe Klerus hat keine Angst vor der Wissenschaft und das ist gut so; er weiß, dass der Mangel an Wissen den Menschen vom Christentum entfernt […]« Ilie Beleut,a˘, Misiunea Bisericii Ortodoxe în lume (nach Dr. Wladimir Guettée), in: RT 5 (5/1911) 132. 456 Das Interesse Scribans am zeitgenössischen Geschehen in der Römisch-Katholischen Kirche blieb auch nach dem Ersten Weltkrieg aufrecht. In der Zeitschrift »Biserica Ortodoxa˘

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gischen Erneuerungsprogramms, das er für absolut notwendig erachtete: Die Orthodoxe Kirche könne und müsse durch eine Bildungsoffensive eine Vorreiterrolle in der Modernisierung der rumänischen Gesellschaft übernehmen. Auch in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Scriban zu den stärksten Befürwortern einer ökumenischen Öffnung der Rumänischen Orthodoxen Kirche und veröffentlichte diesbezüglich eine Serie von Artikeln über die verschiedenen ökumenischen Entwicklungen der 1920er Jahre sowie über die Teilnahme der rumänischen Delegationen bei den ersten ökumenischen Konferenzen.457 Durch die Nachzeichnung der unterschiedlichen sozial-theologischen Entwicklungen im Westen versuchte Scriban, Fragestellungen für den rumänischen und orthodoxen Raum zu eröffnen und zugleich – in Distanz zu den offiziellen Antworten des römisch-katholischen Lehramts – die orthodoxe Perspektive als eine offene und dialogische zu präsentieren.

3.1.3. Moderne als Chance zur Bildung – das Leitmotiv einer Generation Das Interesse der Hermannstädter orthodoxen Theologen für tagesaktuelle Entwicklungen in der Römisch-Katholischen Kirche (und insbesondere für das Verhältnis zwischen Kirche und Gesellschaft in Westeuropa) wurde auch nach dem Ersten Weltkrieg ununterbrochen aufrechterhalten. In den Jahren 1931– 1932 veröffentlichte der junge Theologieprofessor Dumitru Sta˘niloae (1903– 1993)458 in derselben »Revista teologica˘« eine Feuilleton-Studie mit dem Titel Româna˘« veröffentlichte er im Zeitraum 1922–1929 eine ganze Reihe von solchen Artikeln. Das Interesse richtete sich auf die Verbindung zwischen dem Vatikan und der europäischen Politik, auf die Beziehung zwischen der Römisch-Katholischen und der Anglikanischen Kirche, aber auch auf die ökumenischen Annäherungsprozesse der 1920er Jahre. An antikatholischer Polemik fehlte es hier nicht: vgl. exemplarisch Iuliu Scriban, Uneltirile catolicilor în Ra˘sa˘rit, 41 (3/1922) 230–231; Ders., Desfiint,area ambasadei franceze de la Vatican, in: BOR 42 (10/1924) 628–629; BOR 43 (3/1925) 178–179; Ders., Vaticanul s,i intrarea în Liga Nat,iunilor, in: BOR 44 (5/1926) 295; Ders., Papa s,i Liga Nat,iunilor, in: BOR 45 (2/1927) 125; Ders., Papa s,i fascis,tii, in: BOR 46 (9/1928) 841–842. 457 Vgl. u. a. folgende Artikel: Iuliu Scriban, Munca pentru unirea Bisericilor, in: BOR 41 (7/ 1923) 543–544. Ders., Apropierea Bisericilor, in: BOR 41 (9/1923) 647–654. Ders., Chemarea Bisericii Ortodoxe în opera de concetrare a cres,tinismului 42 (4/1924) 222–228. Ders., Preot,i de confesiuni felurite slujind la un loc, in: BOR 43 (3/1925) 188. Ders., Ideea ecumenicita˘t,ii în vremea de fat,a˘, in: BOR 43 (10/1925) 583–602. Ders., Românii la congresul cres,tinesc de la Lausanne, in: BOR 45 (8/1927) 497. 458 Zum Leben und Gesatmwerk Sta˘niloaes und zur bis 2013 erschienenen Sta˘niloae-Sekundärliteratur vgl. Virginia Popa (Hg.), Pa˘rintele Dumitru Sta˘niloae. Biobibliografie, Bukarest 2 2013. Jürgen Henkel, Dumitru Sta˘niloae. Leben – Werk – Theologie, Freiburg i. Br., 2017, 33–63. Eine Einführung siehe auch bei: Ioan Vasile Leb, Valer Bel, Dumitru Sta˘niloae. Geisterfahrung und Spiritualität, in: Peter Neuner, Gunter Wenz (Hg.), Theologen des 20. Jahrhunderts. Eine Einführung, Darmstadt 2002, 145–156.

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»Katholizismus und die moderne Kultur«459, in welcher er den grundlegenden Unterschied zwischen Orthodoxie und Katholizismus anhand deren jeweiligen Verhältnisses zur profanen Kultur und Moderne festzumachen versuchte. Während die Orthodoxie die Autonomie der profanen Kultur anerkenne und dadurch die Entwicklungen der modernen Gesellschaft bejahe und mitvollziehe, lehne der Katholizismus eine Kultur ab, »die eigene Gesetzmäßigkeiten kennt«: »Der Katholizismus ist in Konflikt mit der Zeit geraten, er muss sich immer wieder reformieren, aber tut das nur oberflächlich und unter Druck.«460 Er polemisierte etwa gegen den philosophisch-theologischen Ansatz Przywaras461 als Beispiel der Unfähigkeit der katholischen Theologie, die neuen philosophischen Strömungen aufzunehmen (hier: der Phänomenologie). In der kirchlichen Kunst, Architektur und Musik sah er denselben Konservatismus als Grundtendenz bestehen, begrüßte zugleich aber eine nach dem Ersten Weltkrieg immer stärker werdende Bewegung zur »Erneuerung, zum Erwachen aus der Lethargie, zu einem intensiveren Leben«462, wodurch letztendlich der Wunsch der Gläubigen deutlich werde, »aktiver am Leben der Kirche teilzunehmen«463. Er veranschaulichte diese innerkatholische Erneuerungsbewegung im deutschsprachigen Raum mit dem sozialtheologischen Ansatz von Ernst Michel und mit der katholischen Jugendbewegung »Quickborn«464 und bedauerte, dass die Quickborn-Bewegung von der Kirche »erstickt«465 worden sei. Sta˘niloae warf dem römischen Katholizismus folgende Fehlentwicklungen vor: einen übertriebenen Zentralismus, neuscholastische Starrheit (im Widerspruch zum fortschrittlichen Denken der Zeit), extremen Klerikalismus, der die Laien ignoriere466, Autoritarismus der römischen Kurie (welche die Freiheit der theologischen Wissenschaft behindere) und schließlich Kontrollwahn des pastoralen Lebens seitens der römischen Organe.467 Im Kern übernahm hier Sta˘niloae eine Argumentationslinie, die bereits Anfang des 20. Jh. bei Nicoale Ba˘lan und Iuliu Scriban zu finden war und die darin bestand, dem monokulturellen Zentralismus der Römisch-Katholischen Kirche das Kultur und Mo459 Dumitru Sta˘niloae, Catolicismul s,i cultura moderna˘, in : RT 21 (1931) 224–243; 316–326; 358–367; 411–418; RT 22 (1932) 7–15; 78–84; 133–140; 177–184; 224–229; 295–303; 346–352; 446–451; RT 23 (1933) 7–16; 93–106. 460 Ders., Catolicismul s,i cultura moderna˘, in: RT 21 (1931) 224. 461 Vgl. ebd., 318–326. 462 Vgl. ebd., 411. 463 Ebd. 464 Vgl. ebd., 412–418. Zu Quickborn siehe Johannes Binkowski, Jugend als Wegbereiter: Der Quickborn von 1909 bis 1945, Stuttgart u. a. 1981. 465 D. Sta˘niloae, Catolicismul s,i cultura moderna˘, in: RT 21 (1931) 418. 466 Zur Bedeutung der Laienfrage für die Hermannstädter Theologie vgl. u. a.: I. Biliut,a˘, Rejuvenating Orthodox Missionarism, 31–34. 467 Vgl. D. Sta˘niloae, Catolicismul s,i cultura moderna˘, in: RT 22 (1/1932) 7.

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derne bejahende und die nationale Diversität jeder Region berücksichtigende Profil der Orthodoxen Kirche gegenüberzustellen. Die theologische Schule von Hermannstadt setzte sich in der ersten Hälfte des 20. Jh. – zumindest durch einige ihrer Vertreter – systematisch für eine missionarische und kulturelle Erneuerung der Kirche und vor allem des Klerus ein.468 Die dialogische Auseinandersetzung mit theologischen Strömungen Westeuropas, das kritische Mitverfolgen der Geschehnisse in der Römisch-Katholischen und der Evangelischen Kirche und die anfänglichen Schritte für einen interkonfessionellen Dialog sind also Teil eines komplexeren Programms der kritischen Öffnung zur Moderne, die der Metropolit Nicolae Ba˘lan durch einige der von ihm geförderten Theologen im Sinn hatte. Der Gesamtduktus dieses Programms war ein ausgeprägtes Fortschrittsdenken und eine Bildungsoffensive in der Begegnung mit der Moderne (übersetzt in eine offene Kritik gegenüber den pastoralen Anachronismen der Orthodoxen Kirche) bei gleichzeitigem Bewahren der Glaubenskontinuität mit der Alten Kirche. Als paradigmatisch können folgende Zeilen des zukünftigen Metropoliten Nicolae Colan (1893–1967)469 zitiert werden: »Wohin? Zurück zu den einfachen Mitteln, die den patriarchalen Bedürfnissen unserer Väter angemessen waren, oder nach vorne, zu einem immer tieferen Verständnis der neuen Lebenskontexte und der Pastoralmittel, die diese neuen Kontexte fordern? […] So gestellt, in Form einer kategorischen Alternative, kann die Antwort nur eine einzige und deutliche sein: nach vorne! […] Die Kirche hat sehr oft ihr Prestige eingebüßt, weil sie in bestimmten Momenten ihrer Entwicklung nicht im Stande war, die Wirklichkeit zu sehen, so wie sie war.«470

Die Offenheit gegenüber der Moderne – verstanden vor allem als Notwendigkeit zur kirchlich-pastoralen Erneuerung durch mehr Bildung – begegnet uns als Leitmotiv bei vielen rumänischen orthodoxen Theologen in der Zeit von 1920– 1940; Dumitru Sta˘niloae, Nicolae Colan, Ilarion Felea und Ioan Gheorghe Savin sind nur einige wenige Beispiele. Der interkonfessionelle Vergleichsaspekt spielte dabei keine zentrale Rolle mehr wie noch bei Scriban. So wie Sta˘niloae sah auch der bibelzentrierte Missionar Ilarion Felea in der neueren modernen Epoche die positive Herausforderung, das Volk auf ein höheres – religiöses wie profanes – Bildungsniveau zu heben. Felea sprach sich für eine Synthese zwischen Chris-

468 Vgl. Ioan Moga, Dumitru Sta˘niloae als Pastoraltheologe. Frühe Ansätze zu einer Erneuerung der orthodoxen Pastoral im 20. Jahrhundert, in: ST 9 (3. Serie) (2/April-Juni 2013) 241–261. 469 Bio- und bibliographische Daten bei: M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 312–314. 470 Nicolae Colan, Molitvelnicul sau Evanghelia? Prega˘tirea clerului nostru în lumina trebuint,elor de azi, in: RT 12 (7/1922) 150.

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tentum, moderner Kultur und Wissenschaft aus471: Das Christentum solle »in den wissenschaftlichen Entdeckungen eine moralische Anwendung, keine vernichtende«472 sehen. Selbst die materialistische Weltanschauung der Naturwissenschaften stelle kein Problem in diesem Dialog dar, solange sie ihre Grenzen erkennt: »Die Wissenschaft ist an sich materialistisch und so muss sie sein. Sie hat als Objekt die Materie und durch die Materie vermittelt sie uns die Instrumente der Moral oder der Unmoral. Was die Wissenschaft aber auch respektieren soll, sind ihre Grenzen.«473 Die Offenheit gegenüber der Moderne, welche die orthodoxen Hermannstädter Theologen bis zum Zweiten Weltkrieg zeigten, ist ein kaum beachtetes Phänomen in der orthodoxen Theologiegeschichtsschreibung. Zwar war die Hauptmotivation ein Bildungserwachen in den eigenen Reihen, doch diese fundamentaltheologische Option – die zweifelsfrei ein Verdienst des langjährigen Metropoliten Nicolae Ba˘lan war – führte auch zur Entwicklung einer kritischen und zum Teil selbstkritischen Theologie, die in vielen innerkirchlichen und sozialpolitischen Grundsatzdebatten der 1930er Jahre zum Zug kam. Die offene, kritische, theologische, aber auch kirchenpolitische Diskussionskultur, die u. a. in der Zeitschrift »Telegraful român« (nicht zuletzt unter der federführenden Leitung des Hauptredakteurs Dumitru Sta˘niloae474) entfaltet wurde, ist spätestens

471 Vgl. auch Adrian Lemeni, Ma˘rturisitori s,i deschideri ca˘tre Apologetica eclesiala˘ în cadrul teologiei academice românes,ti, in: Ders., (Hg.), Apologetica ortodoxa˘. Vol. II: Dialogul cu s,tiint,ele contemporane, Bukarest 2014, 71–74. 472 Ilarion Felea, Cres,tinismul în fat,a s,tiint,ei s,i a viet,ii moderne, in: RT 22 (2–3/1932) 76. 473 Ebd., 66. 474 Hier einige Beispiele: Sta˘niloae betonte im Jahre 1932 die Notwendigkeit einer offenen und kritischen Debattenkultur in der Theologie: »Nur derjenige ist Theologe, der die ganze Freiheit des Geistes benützt zum Verständnis des Lebens […]. Das kirchliche Leben gewinnt nichts durch eine schöne Selbstgenügsamkeit, die sich keine Fragen stellt; sie verdient ebenfalls nichts an der Indifferenz desjenigen, der nichts liest, der nicht zweifelt, der in die kirchliche öffentliche Debatte keine Meinung, keine neue Erfahrung, keine eigene Einsicht, keinen eigenen persönlichen Versuch zum Verständnis des Dogmas hineinwirft.« D. Sta˘niloae, Ca˘tre tinerii de la ra˘scruce, in: TR 80 (58/27. 08. 1932) 2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie. Articole publicate în »Telegraful român«, Vol. I (1930–1936), Bukarest 2012 [ab hier: Cultura˘ s,i duhovnicie I], 255. Mit kritischer Debattenkultur ist auch Kirchenkritik gemeint: Derselbe Sta˘niloae äußerte sich zum Beispiel im Jahr 1933 kritisch gegenüber dem Versuch der Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche, einen zu gründenden missionarischen Verein der orthodoxen Intellektuellen unter ihre Kontrolle zu bringen: »Nicht die Hl. Synode muss diesen Verein gründen, sondern die Laien, aus eigener Initiative!« Ders., Congresul misionar de la Chis,ina˘u, in: TR 81 (72/11. 11. 1933) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 357. Dahinter liegt der Anspruch der Siebenbürgischen Orthodoxie, die eine stärkere Beteiligung der Laien an der Leitung der Kirche kannte. Deshalb fuhr Sta˘niloae mit seiner an die Bukarester Synode gerichteten Kritik fort: »[…] viele Kleriker aus dem Alten Königreich sabotieren das Kirchenstatut von 1925, weil sie die Mitarbeit der Laien an der Leitung der kirchlichen Strukturen nicht mögen« (ebd., 357).

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1947 lahmgelegt und auch nach dem Fall des Kommunismus nicht mehr erreicht worden. Die antikatholische (vor allem anti-unierte) Polemik der 1920er-1930er Jahre ist also – zumindest was die pointierte Diskursart betrifft – im Kontext der ebenso heiß geführten binnenkirchlichen Debatten zu bewerten. Zugleich zeigen aber diese Polemik und das darin ausgedrückte starke Bedürfnis, eigene konfessionelle Identität durch Abgrenzung und Verdrängung zu konstruieren, dass dieselben Theologen, die im Verhältnis zu der Kultur und den Naturwissenschaften eine moderne Linie einschlugen, im Bereich der interkonfessionellen Beziehung noch vor-modern dachten und argumentierten.475

3.2. Zwischen Polemik und Konvivenz 3.2.1. Topoi interkonfessioneller Relationalität Das ganze begriffliche und thematische Register der anti-katholischen oder antiunierten Polemik in den ersten vier Jahrzehnten des 20. Jh. zu analysieren, wäre eine Untersuchung für sich, die auch stärker den jeweiligen historischen, lokalen oder sogar biographischen Kontext berücksichtigen könnte. Eine Konstante, die bei fast allen Autoren dieser Epoche zumindest unterschwellig präsent war, ist der – zumindest formelle – Versuch, dem Anderen mit Respekt zu begegnen. Die Ausbildungsaufenthalte im Westen, die Kontakte zu theologischen Zentren oder Persönlichkeiten Westeuropas, die akademische Selbstverpflichtung, aber auch – für Siebenbürgen – das multikonfessionelle Miteinander machte die Verbreitung grober Vorurteile unmöglich. So war die Kontroverstheologie – wie etwa im Rahmen der theologischen Zeitschrift »Revista teologica˘« – von der Bemühung um eine theologische Argumentation geprägt und mit Dokumentationen von Ereignissen oder Entwicklungen im westlichen Christentum verbunden. Das häufigste polemische Muster ist dasjenige der Schuldzuweisung gegenüber dem Anderen (vor allem der Römisch-Katholischen Kirche) für eine gescheiterte oder unmögliche Annäherung: Die feindliche oder zwiespältige Position der Römisch-Katholischen Kirche gegenüber dem Osten war ein häufiges Motiv in den polemischen Aufsätzen dieser Epoche. So dokumentierte etwa Nicolae Ba˘lan im Jahr 1912 – im Rahmen einer Kontroverse mit dem Unierten A. Nicolescu – die Thesen des Jesuiten Alexis-Henri-Marie Lépiciers über das 475 Vgl. Nicolai Staab, Anti-Modern without being Non-Modern? Attitudes to Modernity in the Writings of Nichifor Crainic and Dumitru Sta˘niloae in the Interwar Period, in: RSS 40 (3–4/ 2012) 326–328.

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theoretisch noch geltende Recht der Tötung der Häretiker.476 Durch das Herausstellen einer solchen extremen Position im römisch-katholischen Bereich versuchte der Autor, das vermeintliche Doppelspiel des Katholizismus offenbar zu machen, nämlich einerseits die Offenheit zum kirchlichen Osten und andererseits die Betrachtung der Orthodoxen als Häretiker mit allen damit verbundenen Konsequenzen. Dasselbe Misstrauen gegenüber Rom zeigte auch Iuliu Scriban in einem Aufsatz, der die 1500jährige Jubiläumsfeier in Rom anlässlich des Todes von Johannes Chrysostomos dokumentiert.477 Er kam zu folgendem Fazit: »Wenn Rom uns wirklich liebt und respektiert, warum weiht sie Bischöfe für die Regionen, in welchen bereits orthodoxe Bischöfe residieren? Ist vielleicht die orthodoxe Weihe nicht gültig in der katholischen Kirche?«478 Für misstrauensbildende Maßnahmen sorgten dabei auch die Schatten des 19. Jh.: Immer wieder wurden in den ersten Erscheinungsjahren von »Revista teologica˘« übersetzte oder zusammengestellte Beiträge von W. Guettée, die alle eine starke anti-katholische Orientierung hatten, veröffentlicht479. Das Leitmotiv ist dabei immer dasselbe: Das Papsttum habe durch seine zentralistischen Machtstrukturen und seinen jurisdiktionellen Universalanspruch die christliche Botschaft verfälscht. Der »orientalischen Kirche« gehöre dafür die Zukunft, weil sie das Christentum rein bewahrt habe; wäre sie auch selbst äußerlich stark gewesen, »wäre sie auch korrupt geworden; sie war jedoch eine Märtyrerkirche und hat dadurch ihren Glauben, ihre Moral und ihre Disziplin rein bewahrt«480. Eine Besonderheit der orthodoxen Theologen in Siebenbürgen war in der gesamten ersten Hälfte des 20. Jh. die andauernde Polemik gegenüber der unierten Presse.481 Die Themen waren weniger theologischer als kirchlicher und 476 Vgl. Nicolae Ba˘lan, Biserica papista˘ s,i doctrina despre uciderea ereticilor, in: RT 6 (10–11/ 1912) 309–319. Vgl. auch Ders., Da˘m la˘muriri!, in: RT 6 (2/1912) 66–68. Zu Lépiciers Aussagen vgl. Alexius Henricus Maria Lépicier, De stabilitate et progressu dogmatis, Rom 2 1910, 194–210. 477 Iuliu Scriban, Al XV–lea centenar de la moartea Sf. Ioan Gura de Aur in Roma, in: RT 2 (2/ 1908) 79–85. 478 Ebd., 84. 479 Vgl. W.G., Papalitatea s,i bisericile cres,tine, übers. von I. Beleut,a˘, in: RT 6 (10–11/1912) 281–285. 480 Vgl. ebd., 284–285. 481 Siehe z. B. Nicolae Dobrescu, O propaganda˘ religioasa˘, in: RT 3 (1909) 485–488. Auch nach dem Ersten Weltkrieg blieb dies eine Konstante. Vgl. z. B. die polemischen Artikel Sta˘niloaes aus den 1930er Jahren vor allem gegen Autoren der unierten Zeitschrift »Unirea« aus Blaj: Dumitru Sta˘niloae, Uniat,ia »nat,ionala˘«, in: TR 82 (48–49/18. 11. 1934) 2–3, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 551–564. Ders., Sentint,e care nu rezista˘, in: TR 82 (50/25. 11. 1934) 1–3, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 570–581. Ders., Metoda uniata˘: minciuna s,i injuria pastorala˘, in: TR 82 (53/16. 12. 1934) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 592–602. Ders., Iezuit,ii, dasca˘lii Uniat,iei, in: TR 83 (6/03. 02. 1935) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 626–639. Ders., Papagalii iezuit,ilor, in: TR 83 (11/

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kirchenpolitischer Natur, weswegen auf diese kirchenhistorisch relevante Frage hier nicht besonders eingegangen werden soll. Dennoch drückte sich auch in diesen zahlreichen polemischen Artikeln sehr viel davon aus, wie man die konfessionelle Andersheit theologisch zur Sprache brachte. So postulierte ein unter dem patristischen Pseudonym »Theodor Studites« tätiger Theologe im Jahr 1913, dass »für die Rumänische Orthodoxe Kirche die griechisch-katholische Konfession gefährlicher als jede andere Konfession ist«482. Grund sei vor allem der unierte Proselytismus unter den Orthodoxen in Transsylvanien – ein Thema, das auch bei anderen Autoren sehr oft angesprochen wurde.483 Für unser Thema von größerer Relevanz sind aber vor allem jene Elemente aus der Fülle der Artikel zwischen 1900–1945, die eine Wandlung – sowohl auf der Ebene der Begrifflichkeit, als auch im Inhaltlichen – von der klassischen Polemik zu einem Dialog dokumentieren. Auch wenn man chronologisch nicht von einem aszendenten Wandlungsprozess wird sprechen können, der für eine bestimmte Generation von Theologen charakteristisch wäre, so ist es doch unbestreitbar, dass die rumänische orthodoxe theologische Literatur in der ersten Hälfte des 20. Jh. alles andere als einheitlich polemisch oder antikatholisch eingestellt war.484 Das kann am besten an den verwendeten Termini veranschaulicht werden. Die interkonfessionelle Begrifflichkeit ist auf keinen Fall einheitlich exklusivistisch, und man kann in dieser Zeit eine große Flexibilität in der Art und Weise erkennen, wie der eine oder andere orthodoxe Autor die Römisch-Katholische Kirche oder im Allgemeinen die nicht-orthodoxen Kirchen bezeichnete. 10. 03. 1935) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 663–673. Einen kurzen Überblick über einige solche Debatten (Nicolae Ba˘lan, Teodor Botis, und Dumitru Sta˘niloae) siehe bei: C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 518–529. Delia Despina Dumitrica nennt die Zeit von 1918–1945 eine Epoche, in welcher der Konflikt zwischen Orthodoxen und Unierten in Siebenbürgen »neu-gestaltet wurde« (»reshaping the conflict«). Obwohl eine Minderheit im neuen rumänischen Staat, behielt die Unierte Kirche (aufgrund einer starken intellektuellen Schicht in ihren Reihen) einen starken Einfluss auf das sozio-politische Leben, was die Rivalität mit der Orthodoxen Kirche noch mehr steigerte. Vgl. Delia Despina Dumitrica, Uniate vs. Orthodox: What Lays behind the Conflict? A Conflict Analysis, in: JSRI 1 (3/2002) 101. 482 Teodor Studitul [Pseudonym], Constata˘ri dureroase, in: RT 7 (3/1913) 75. 483 Vgl. Ioan cav. de Pus,cariu, Propaganda unat,iei, in: RT 7 (9–11/1913) 300–310; (12–13/1913) 344–356; (14–16) 398–412; (17–19/1913) 461–470. 484 Eine andere Meinung vertritt der griechisch-katholische Theologe Ciprian Ghis,a. Vgl. Ciprian Ghis,a, The Image of the Roman Catholic Church in the Orthodox Press of Romania, 1918–1940, in: Andrii Krawchuk, Thomas Bremer (Hg.), Eastern Orthodox Encounters of Identity and Otherness. Values, Self-Reflection, Dialogue, New York 2010, 109–123. Er malt ein ausschließliches negatives Stimmungsbild von der Verhältnisbestimmung der rumänischen orthodoxen kirchlichen Presse zum Katholizismus (in der Zwischenweltkriegszeit): »The discourse was accusatory, aggressive, unequivocal, and aimed at an opponent rather than a dialogue partner. It centered on a set of oppositions and contrasts: the Catholic Church was all that the Orthodox Church was not and vice versa.« (ebd., 117).

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3.2.1.a. Schwesterkirchen Der Begriff »Schwesterkirche« war – mit Bezug auf die unierte Kirche – überraschenderweise bereits in der ersten Hälfte des 20. Jh. geläufig485. Darin zeigt sich eine andere Dimension einer national akzentuierten Theologie: Die Bezeichnung als »Schwesterkirchen« bezog sich hier vor allem auf das gemeinsame »Rumänische« beider Kirchen. Die Griechisch-Katholische Kirche wurde selbst in polemischen Aufsätzen als »Schwesterkirche« bezeichnet.486 Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1946, unmittelbar vor dem Beginn der dunklen kommunistischen Periode der Zensur und Verfolgung, äußerte der junge Hermannstädter Kirchenhistoriker Teodor Bodogae die Hoffnung, dass sich Orthodoxe und Katholiken »wie Brüder« umarmen könnten – vorausgesetzt, das Dogma des Ersten Vatikanums würde zurückgenommen.487 3.2.1.b. Die »drei großen Kirchen«, wovon nur eine die »wahre Kirche« ist Das vielleicht am meisten verbreitete terminologische Repertoire war jenes, dass man einerseits alle großen christlichen Konfessionen als »Kirchen« bezeichnet, andererseits aber betonte, dass nur die Orthodoxe Kirche die wahre Kirche Jesu Christi sei. Exemplarisch sei hier auf das Buch (Lizentiatsarbeit) des Priesters Ioan Popescu-Ba˘rbulet, hingewiesen, das im Jahr 1904 in Bukarest erschien und folgenden Titel wählte: »Die Christliche Orthodoxe Kirche des Ostens ist die wahre Kirche Jesu Christi«488. Auch wenn Aufbau und Argumentation rein apologetisch sind, so blieb die Beurteilung der anderen Kirchen dennoch eine neutrale – was im Kontext der Epoche zumindest auf das Vorhandensein einer Kultur des gegenseitigen Respekts hinweist. Popescu-Ba˘rbulet, bezeichnete die drei Konfessionen (orthodox, römisch-katholisch, protestantisch) als die »drei großen Kirchen«489, negierte aber auch den Kirchenstatus der Orientalen (»Monophysiten und Nestorianer«) nicht. Zwar sei nur eine davon, nämlich die Orthodoxe, die wahre Kirche (weil die anderen zwei durch verschiedene »Irrtümer« und »Innovationen«490 von der ursprünglichen Lehre der Alten Kirche 485 Vgl. Ioan Mateiu, Lupta pentru unitatea legii stra˘mos,es,ti, in: RT 30 (5–8/1940) 290. 486 Vgl. Dimitrie Cunt,anu, Ra˘spuns »Unirii«, in: RT 1 (12/1907) 468. 487 »Wenn die Kirchenhistoriker auch noch die Tatsache anerkennen werden, dass das 1870 vollendete Papstprimat mit der zweitausendjährigen Tradition der Kirche nicht konform ist und dass dies fast das einzige Hindernis für die Einheit war und ist, dann wird uns nichts mehr hindern uns als wahre Brüder zu umarmen, ohne dass sie uns noch Schismatiker nennen«, so Teodor Bodogae, Doi teologi romano-catolici despre schisma cea mare, in: RT 36 (1946) 128. 488 Ioan Popescu-Ba˘rbulet,, Biserica Cres,tina˘ Ortodoxa˘ de Ra˘sa˘rit este adeva˘rata biserica˘ a lui Iisus Christos, Bukarest 1904. 489 Ebd., 17. 490 Vgl. ebd., 18–43. Popescu-Ba˘rbulet, orientierte sich hier hauptsächlich an Wladimir Guettée.

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abgewichen seien); diese Erkenntnis dürfe aber nicht dazu führen, den anderen ihren Kirchenstatus abzusprechen. Am Ende seiner Ausführungen äußerte Popescu-Ba˘rbulet, sogar die Gewissheit, dass »jedes christliche Herz die Einheit der drei großen Kirchen«491 wünsche: Dies sei zwar nur innerhalb der orthodoxen (d. h. altkirchlichen) Glaubenslehre möglich, ohne jedoch dass irgendeine dieser Kirchen »gedemütigt wird« oder »ihre eigenen Interessen opfert«492.

3.2.1.c. »Fremde Macht« Die Römisch- wie auch die Griechisch-Katholische Kirche werden zudem auch mit dem Begriff des »Fremden« in Verbindung gebracht (und als solche als eine »Bedrohung«493) und im Rahmen einer kirchengeschichtlichen oder kirchenpolitischen Argumentation für ihre ständige Einmischung in die innere rumänische (und damit genuin orthodoxe) Welt verurteilt. Dem »Fremden« wird auch Heuchelei unterstellt, da die vordergründigen Elemente (etwa zum Bau von Kirchen oder Erziehungsanstalten) zwar gut gemeint seien, in der Tat aber eine konfessionelle Vereinnahmung als letztes Ziel hätten. Paradigmatisch für diese allgemein verbreitete Sicht der Dinge ist ein Artikel des Kirchenhistorikers Romulus Cândea (1886–1973)494 aus dem Jahr 1909, der die Lage der Rumänen in der Bukowina behandelt. Er unterstellte den Katholiken in Galizien, alles zu unternehmen, um die »Griechisch-Orthodoxe Kirche vor Ort zu schwächen«. Die »Intentionen der Katholischen Kirche« seien scheinheilig, indem sie zwar das »Kleid der evangelischen Liebe tragen«, dahinter verstecke sich jedoch bloß »Egoismus«495. Dies führe dazu, dass die Rumänen sich »gegen alles, was katholisch und fremd ist«496, wenden würden. »Katholisch« und »fremd« werden hier gleichgesetzt, wobei der Fremdheitsbegriff in diesem Zusammenhang eine deutliche Feindschaftskonnotation trägt. Auch von anderen Autoren dieser Epoche wurde die Römisch-Katholische Kirche (oder die »päpstliche Macht«) als fremde Macht präsentiert, die sich in die Geschicke des Volkes und der einheimischen Kirche einmischen wolle: »Wir werden nicht mehr wie bis jetzt selber die kirchlichen Angelegenheit selbst regeln können […]«497 – mahnte etwa der in Wien ausgebildete Kirchenhistoriker Nicolae Dobrescu und malte damit ein quasi-apokalyptisches Bild der interkonfessionellen Situation im Königreich Rumänien. Darüber hinaus stellte die Rede 491 492 493 494 495 496 497

Ebd., 69. Ebd. Vgl. Mihai Bulacu, Ortodoxia iara˘s,i amenint,ata˘ de Roma, in: BOR 46 (11/1928) 1027–1028. Vgl. M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 308–309. Vgl. Romulus Cândea, Românii s,i ruthenii în Biserica gr.-or. din Bucovina, RT 3 (2/1909) 93. Ebd., 94. N. Dobrescu, O propaganda˘ religioasa˘, 488.

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von einer »papistischen Propaganda« eine Art begriffliches Leitmotiv in dieser Zeit dar.498

3.2.1.d. »Schismatische« oder »häretische« Kirche Die klassische Begrifflichkeit der interkonfessionellen Polemik fehlt auch in der rumänischsprachigen Theologie nicht; dabei wird der Römisch-Katholischen Kirche das Attribut »schismatisch« beigemessen. Auf dieser begrifflichen Ebene sprach man damals auf beiden Seiten dieselbe Sprache. Dennoch bleibt es eine unangefochtene Tatsache, dass in den allermeisten Aufsätzen in der ersten Hälfte des 20. Jh. das »Kirchesein« der Römisch-Katholischen Kirche nicht zur Debatte stand – trotz aller Unterschiede, die man betonen wollte.499 Es gibt aber auch Überhöhungen dieser begrifflichen Bestimmung: Der Hermannstädter Professor für »Sektologie« und Missionswissenschaft Corneliu Sârbu unterschied in einem Artikel aus dem Jahr 1945 zwischen »Schisma«, »Häresie« und »Sekte«. Für ihn würden der »römische Katholizismus und der Protestantismus […] in ihrem Wesen sowohl das häretische als auch das schismatische Moment«500 in sich tragen; man könne sie deshalb »in einem gewissen Maß auch Sekte in einem weiteren Sinn nennen«, aber man würde dies nicht tun aufgrund des »Imperativs der kirchlichen Toleranz im interkonfessionellen Leben«501.

3.2.1.e. Der Begriff des »Papismus« und das Absprechen des Kirchenstatus Eine gewisse begriffliche Verhärtung der Fronten ist Ende der 1930er Jahre zu konstatieren: Der in Cluj-Napoca lehrende Dogmatiker Orest Bucevschi schrieb in einem Aufsatz aus dem Jahr 1936, dass die richtige Selbstbezeichnung der Orthodoxen Kirche folgende wäre: »Die Orthodoxe Kirche des Ostens«. Bezüglich der zwei großen Konfessionen des Abendlandes verwendete er leicht abwertend die Bezeichnungen »Papismus« und »Protestantismus«. Er gab selber zu, dass Namen wie »Papismus« oder »papistische Kirche« nur von den Nicht-Ka498 Vgl. etwa: Ders., Ma˘surile luate de Biserica Ortodoxa˘ din Rusia în contra propagandei papiste, in: BOR 33 (9/1909) 1072–1075. Noch in den 1930er Jahren warnte Dumitru Sta˘niloae immer wieder vor den »Agenten des Papismus«, die durch »Schattenmachenschaften« versuchten, die orthodoxen Gläubigen zum Uniatismus zu bekehren. Vgl. Dumitru Sta˘niloae, Unificare religioasa˘, in: TR 84 (4/19. 01. 1936) 3, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 792. Vgl. auch Ders., Uniat,ia »nat,ionala˘«, 564. 499 Vgl. Dragomir Demetrescu, Deosebiri de credint,a˘ între diferitele biserici cres,tine, in: BOR 26 (2–3/1902) 269–280. 500 Corneliu Sârbu, Erezie si secta˘, in: RT 35 (1–2/1945) 40. 501 Ebd., 40–41.

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tholiken verwendet werden. Aber auch bezüglich der richtigen Selbstbezeichnung »Römisch-Katholische Kirche« hatte er nur abwertende Töne: »Im Papismus ist die Katholizität unter dem quantitativen und räumlich-geographischen Aspekt gefasst. Die äußerliche Verbreitung ist die Hauptsache, nicht die Art des verkündigten Glaubens. Nicht der wahre Glaube ist hier von Bedeutung, sondern die Tendenz zur Dominanz. […] Heute ist der Name ›katholisch‹, den sich die päpstliche Konfession selbst gibt, nur noch ein schwacher Schatten der Katholizität der Urkirche, womit sich aber die Orthodoxe Kirche identifiziert.«502

In eine ähnliche Richtung ging auch der Kirchenhistoriker Milan S¸esan von der Fakultät Czernowitz in einem Artikel aus dem Jahr 1944, in welchem der Römisch-Katholischen Kirche das Kirchesein schlichtweg abgesprochen wurde (auch wenn die Bezeichnung »Römisch-Katholische Kirche« verwendet wurde): »[…] da die Position der Römisch-Katholischen Kirche durch alle möglichen weltlichen und menschlichen Mittel verteidigt wird, zeigt sich, dass wir vor uns eine Institution haben mit viel mehr menschlichen als göttlichen Aspekten. Vor uns steht eine Konfession und nicht eine Kirche.«503

Diese Einzelstimmen könnten durch viele andere ergänzt werden. Sie veranschaulichen die große Diversität des interkonfessionellen Diskurses in der Epoche.504 Doch die verstreuten Meinungen einzelner Theologen können nicht als Barometer für das ekklesiale Ethos des Kirchenvolkes (vor allem in Siebenbürgen) gegenüber den Brüdern und Schwestern der anderen Kirchen – vor allem der ebenfalls rumänischen unierten Kirche – gelten. Deshalb gilt es, diese Stimmen durch weitere Elemente zu ergänzen: Trotz der konfessionellen Polemik (vor allem gegenüber der Griechisch-Katholischen Kirche), vermitteln die fortlaufenden Notizen aus der Chronik oder dem Rezensionsteil der orthodoxtheologischen Zeitschriften dieser Zeit die Existenz einer gewissen Kultur der Konvivenz und der Anerkennung.

502 Orest Bucevschi, Despre numele confesiunilor cres,tine, in: RT 26 (1–2/1936) 14–15. 503 Milan S,esan, Ves,nicia Ortodoxiei, in: RT 30 (1944) 26. 504 Ein Systematisierungsversuch des »negativen Bildes des Katholizismus« in der rumänischen orthodoxen Presse der Zwischenweltkriegszeit findet man bei C. Ghis,a, The Image of the Roman Catholic Church, 111–116. Ghis,a nennt folgende Stichwörter, die das damalige Meinungsbild über den Katholizismus wiedergeben würden: »1. The Catholic Church as papist […] 2. Centralized Catholic authority […]. 3. Aggressive Catholic proselytism […]. 4. The RCC [Roman Catholic Church; I.M.] as deceptive […]. 5. The RCC as heretical […]. 6. Pagan theatrics and spiritual death […]. 7. Intolerance, exclusivism, and antiecumenism […]. 8. Unscrupulous opportunism […]. 9. The RCC as persecutor […]. 10. The RCC as antinational.« Ebd., 112–116.

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3.2.2. Zeichen einer Kultur der Anerkennung So kritisierte etwa die Redaktion der Zeitschrift »Revista teologica˘« das lehramtliche Dekret der Konzilskongregation »Ne temere« vom 2. August 1907, nach welchem die Mischehen zwischen Katholiken und Nicht-Katholiken nur dann gültig seien, wenn diese vor einem römisch-katholischen Pfarrer oder Ortsordinarius geschlossen (d. h. gültig assistiert) würden (Formzwang). Auch wenn zwei Jahre später diese Richtlinie durch eine regionale Ausnahmeregelung505 (die für Ungarn und damit auch für Siebenbürgen galt)aufgehoben wurde, betonte die Redaktion den Widerspruch einer solchen Initiative gegenüber der pastoralen Realität; indirekt plädierte sie hier für die gegenseitige Anerkennung der Mischehen, die in einer der beiden Kirchen geschlossen wurden.506 Nicolae Ba˘lan hatte bereits 1909 in einer kurzen Rezension einer orthodoxen Broschüre über die »Kirchliche Toleranz bei der Beerdigung der Heterodoxen«507 folgendes Prinzip betont: »Je strenger die dogmatische Intoleranz sein sollte, desto brüderlicher und liebender sollte die kirchliche oder christliche Toleranz zwischen den Gläubigen unterschiedlicher Konfessionen sein. […] Auch wenn die Beerdigung der Heterotodoxen eine communicatio in sacris bedeutet, hat die neuere Gesetzgebung der einzelnen orthodoxen Kirchen die Strenge der alten Kanones in dieser Frage gemildert.«508

Die sakramentale Toleranz und Assistenz in Notfällen galt also für Ba˘lan als ungeschriebene Regel: Die dogmatische Stringenz darf nicht auf Kosten einer offenen, menschlich-pastoralen Konvivenz gehen. Aus dem Jahr 1913 stammt wiederum eine interessante Initiative des Intellektuellen Ioan Cavaler de Puscariu, der seine Studie über die Geschichte des Uniatismus mit einem Appell zu gegenseitigem Respekt angesichts der vorhandenen Realität und zum Verzicht jeder Inkriminierung der Vergangenheit beschloß: »Wir haben zwei Metropolien – eine unierte mit fast einer Million Seelen und eine orthodoxe mit eineinhalb Millionen Seelen. Sie werden geleitet von gebildeten Bischöfen, die nicht nur gegenüber ihrer Kirche sehr hingebungsvoll sind, sondern auch der rumänischen Nation – was auch auf die traurige Vergangenheit versöhnend wirkt. 505 Vgl. Ladislas Örsy, Marriage in Canon Law. Texts and Comments. Reflections and Questions, Dublin 1988, 159. Diese Ausnahmeregelung (die in der Konstitution »Provida« formuliert war und zuerst nur für Deutschland, dann aber, ab 1909, auch für Ungarn galt) blieb bis 1918 in Kraft. Vgl. Joseph Wenner, Die Ehe der religionslos aufgewachsenen Katholiken, in: Ernst Wolff (Hg.), Beiträge zur Rechtsforschung, Berlin – Tübingen 1950, 93–96. 506 A. A., Informat,iuni, RT 3 (2/1909) 127. 507 Vgl. Nicolae Ba˘lan (N.B.), Rezension zu: S,tefan Pop, Tolerant,a bisericeasca˘ la îngroparea eterodocs,ilor (1907), in: RT 2 (1/1908) 46. 508 Ebd., 46.

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[…] Die religiöse Einheit ist in den heutigen Gegebenheiten nicht mehr möglich; deshalb muss jeder Versuch der Wiedervereinigung eine Chimäre bleiben. […] Jede der beiden rumänischen Konfessionen soll sich um ihre internen Angelegenheiten kümmern, ohne die andere zu beleidigen […].«509

Vor allem im persönlichen Bereich zeigten orthodoxe Theologen in Siebenbürgen zu Beginn des 20. Jh. großen Respekt gegenüber der unierten Hierarchie. So etwa werden Kondolenzbeiträge beim Tod unierter Bischöfe oder ausführliche Präsentationen bei der Amtseinführung neuer unierter Bischöfe veröffentlicht. Der Ton war dabei freundlich und lässt wiederum auf ein gewisses ökumenisches Bewusstsein der kirchlichen Anerkennung des Anderen schließen.510 So etwa schrieb die Redaktion der »Revista teologica˘« im Jahr 1916 anlässlich des unerwarteten Todes des unierten Bischofs Vasile Hossu: »Wir müssen uns auf unerwartete Weise von solch erleuchteten Männern trennen […]. Mit ihm verliert die griechisch-katholische Kirche einen würdigen Bischof […], einen guten und sanften Hirten […]. Wir teilen die Trauer der griechisch-katholischen Kirche […]. Wir wünschen, dass auf dem Stuhl der verwaisten Diözese ein anderer wahrer Apostel des Gesetzes des Herrn und ein ähnlicher Lichtpfeil unserer Nation kommen möge.«511

Auch nach dem Krieg und der Vereinigung Transsylvaniens mit dem Königreich Rumänien, wodurch die Unierten zu einer Minderheit in »Großrumänien« wurden, blieb der Ton der orthodoxen Siebenbürgener Theologen zumeist respektvoll. So begrüßte etwa die Redaktion der orthodoxen Zeitschrift »Revista teologica˘« im Jahr 1922 die Weihe eines neuen griechisch-katholischen Bischofs und wünschte diesem eine »lange und friedliche Amtszeit«512. Nicht nur die polemischen Bücher wurden rezensiert (und hart kritisiert), sondern auch die sachlichen rezipiert und gewürdigt. So etwa würdigte die Redaktion derselben Zeitschrift den Vorschlag des unierten Professors Ioan Georgescu aus dem Jahr 1921513, die Divergenzen der zwei Kirchen durch eine engere Kooperation auf der Ebene der Forschung zu klären (konkret durch die Annäherung der zwei theologischen Fakultäten in Klausenburg). Die orthodoxe Zeitschrift fügte hinzu: »Die Überwindung der Divergenzen sollte von den Vertretern der theologischen 509 Ioan Cavaler de Pus,cariu, Propaganda unat,iei, 469–470. 510 Das entsprach in der Epoche auch auf kirchlicher Ebene (vor allem zwischen den Bischöfen der orthodoxen und der griechisch-katholischen Kirche) einer allgemein verbreiteten Kultur des Austausches. In einigen Fällen sprechen heutige Forscher sogar vom Vorhandensein »herzlicher und brüderlicher Beziehungen« zwischen bestimmten Bischöfen. Vgl. M. Dra˘goi, Orthodox and Greek-Catholics, 50. 511 Vgl. Nicolae Ba˘lan (N.B.), Cronica˘. Episcopul Vasile Hossu, in: RT 10 (1–3/1916) 63–64. 512 Vgl. A. A., Noii episcopi greco catolici, in: RT 12 (4–6/1922) 139. 513 Ioan Georgescu, Istoria Bisericii cres,tine universale cu deosebita˘ privire la istoria Bisericii românes,ti unite cu Roma, Blaj 1921.

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Forschung und von den Kirchenführern vorangetrieben werden«, denn »die konfessionelle Scheidung existiert nur zwischen kirchlichen Vertretern und in einem kleinen Maß unter den Intellektuellen, aber das Volk steht einheitlich im gemeinsamen Glauben der Vorväter […]«514. Die orthodoxen Aufsätze, die in den theologischen Zeitschriften Siebenbürgens über das Verhältnis zur Griechisch-Katholischen Kirche referierten, wollten eine defensive Haltung vermitteln: Die negativen Initiativen der Unierten (»unversöhnlicher Hass gegenüber der Orthodoxen Kirche«515, »Propaganda« usw.) würden eine Verteidigung des orthodoxen Standpunktes erforderlich machen. Man wird die persönlichen, kirchenpolitischen und historischen Faktoren, Hintergründe und Beweggründe der einzelnen Polemiken wissenschaftlich nur durch Einzelstudien eruieren können; das ist nicht Aufgabe der vorliegenden Untersuchung. Wichtiger als eine historische oder kirchengeschichtliche Fallstudie ist es jedoch, anhand der Begrifflichkeit und der Argumentationsstruktur das Bleibende hinter der Polemik herauszugreifen. Als gemeinsamer Nenner können zwei Elemente ausfindig gemacht werden, die sich in fast allen Aufsätzen orthodoxer Theologen dieser Epoche wiederfinden: 1. der »Kirchen«-Titel und die ekklesiologische Natur der anderen Kirche(n) – in unserem Fall die Römisch-Katholische bzw. die Griechisch-Katholische Kirche – wird fast nie in Abrede gestellt; 2. unabhängig von der Schuldzuweisung gilt das Ideal der Einheit der Kirchen in der ganzen ersten Hälfte des 20. Jh. als eine Selbstverständlichkeit, wobei jede konfessionelle Kampfstimmung als Problem erkannt wird516.

3.2.3. Ioan (Irineu) Miha˘lcescu: Anfänge einer ökumenischen Theologie Doch nicht nur die Theologen in Siebenbürgen befassten sich mit den anderen Konfessionen. Einen für den interkonfessionellen Dialog vergleichsweise offenen Ansatz finden wir beim Theologiehistoriker Ioan (ab 1936, als Mönch: Irineu) Miha˘lcescu (1874–1948). Mit Doktoratsstudien in Berlin und Leipzig (wo er in Philosophie promoviert hat), als Lehrstuhlinhaber für Dogmatik in Bukarest (1908–1939) und gegen Ende seines Lebens als Metropolit der Moldau (1939– 1947) bleibt Miha˘lcescu in der rumänischen Theologiegeschichte bekannt für seine Pionierarbeiten im Bereich der systematischen Theologie517, der Funda514 A. A., Mis,carea literara˘, in: RT 12 (7/1922) 178. 515 A. A., Zizanie unita˘ – s,i o tendint,a˘ politica˘, in: RT 12 (1–3/1922) 23. 516 Vgl. ebd., 23: »Nichts auf dieser Welt würde der Konsolidierung unseres heutigen Staates mehr schaden als ein konfessioneller Krieg.« 517 Ioan Michalcescu, The¯sauros te¯s orthodoxias. Die Bekenntnisse und die wichtigsten Glaubenszeugnisse der Griechisch-Orientalischen Kirche im Originaltext, nebst einleitenden

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mentaltheologie (Apologetik)518 und der Religionswissenschaft519. Er gilt insgesamt als eine der prägendsten Gestalten der rumänischen Theologie in der ersten Hälfte des 20. Jh.520 Im Jahr 1932 veröffentlichte er eine Studie, die seine – im Kontext der Epoche – fortschrittliche Vision im Blick auf die Annäherung zwischen den christlichen Kirchen offenbart: »Alle Kirche leiden an einer ganz großen Krankheit: Sie sind getrennt voneinander durch eine chinesische Mauer, sie leben, ohne geschwisterliche Beziehungen untereinander zu haben oder sie hassen sich sogar gegenseitig.«521 – Diese Beschreibung des Getrennt-Seins beansprucht nicht die alleinige Kirchlichkeit für die Orthodoxe Kirche und sieht die Schuld der Trennung bei allen Kirchen: »Sie [die Kirchen; I.M.] haben den Rock Christi zerfetzt […]«522. Die Krankheit der Trennung betreffe alle christlichen Kirchen gleichermaßen, einschließlich die Orthodoxen. Angesichts dieses »skandalösen« Zustands sei die »Frage der Einheit der Kirchen von zentraler Bedeutung und ganz und gar dringend«523. Miha˘lcescu referiert in demselben Artikel die Errungenschaften der jungen ökumenischen Bewegung, an der sich damals die protestantische Welt und die Orthodoxen Kirchen beteiligten. Er bedauert und kritisiert das Verharren der Römisch-Katholischen Kirche in einem autoritären Rückkehr-Ökumene-Modell.524 Der Bukarester Theologe sah die dringende Notwendigkeit der Annäherung, ja der Einheit der Kirchen aus einer sozialethischen Perspektive: Durch eine engere Kooperation könnten die christlichen Kirchen den Frieden unter den Völkern fördern und sich gemeinsam für die Gerechtigkeit in der Welt einsetzen. In der Beschreibung des orthodoxen Kirchenprofils bediente sich Miha˘lcescu einer bereits bei anderen rumänischen Theologen vor ihm signalisierten Typologie, wonach die Orthodoxie als Kirche der »goldenen Mitte« konstruiert wird:

518 519 520 521 522 523 524

Bemerkungen, Leipzig 1904; Ders., Teologia Dogmatica˘ speciala˘, Bukarest 1907; Ders., La theologie symbolique au point de vue de l’Eglise Orthodoxe Orientale, Bukarest – Paris 1932. Z. B.: Ders., Curs de teologie fundamentala˘ sau Apologetica˘, Bd. 1, Bukarest 1932. Ders., Teologia lupta˘toare, Bukarest 1941. Ders., Istoria religiunilor lumii, Bukarest 1946. Vgl. Ion Vicovan, Ioan Irineu Miha˘lcescu. Bd. 1– »Apostol al teologiei românes,ti«; Bd. 2: Un ierarh lupta˘tor, Ias,i 2004. Der Kirchenhistoriker Mircea Pa˘curariu nennt ihn »den größten rumänischen Theologen seiner Zeit«: M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 397. Jon Michalcescu, L’Eglise Orthodoxe Orientale et la vie spirituelle interieure, in: ST 3 (1/ 1932) 116. Ebd., 116. Ebd. Zur »Rückkehr-Ökumene« in der Sicht der Römisch-Katholischen Kirche in der ersten Hälfte des 20. Jh. vgl. Tom Stransky, Roman Catholic Church and Pre-Vatican II Ecumenism, in: DEM, 882–883.

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»Bezüglich ihrer Verfassung oder ihrer Organisation befindet sich die Orthodoxe Kirche in der Mitte zwischen der Römischen Kirche, die monarchisch ist, und der demokratisch bestimmten protestantischen Kirche. Ihre Verfassung ist oligarchisch, aristokratisch – oder wie Montesquieu sagen würde – republikanisch, d. h. sie ist geleitet von der Versammlung der Bischöfe oder der Hl. Synode, die die oberste Instanz in Glaubenssachen darstellt. Die Orthodoxe Kirche hat immer das Dogma eines sichtbaren Leiters der Kirche abgelehnt, wie es der Papst der katholischen Kirche ist.«525

Demgegenüber werden die anderen zwei großen Konfessionen – immer als »Kirchen« bezeichnet – mit unterschiedlichen Attributen versehen, die ihre jeweilige Einseitigkeit dokumentieren sollten. So sei die »römische Kirche« für Ioan Miha˘lcescu von einem »sehr starken Dogmatismus« geprägt, während in der protestantischen Kirche eine »große doktrinäre Freiheit«526 herrsche. Die Orthodoxe Kirche teile nicht die Überfülle von lehramtlichen Entscheidungen, die in der Römisch-Katholischen Kirche zu finden seien: »[…] ihr dogmatisches Gebäude, ihre Riten und ihre Praktiken sind viel einfacher und nüchterner«527. Zugleich falle sie auch nicht in das andere Extrem einer Reduktion und »Vereinfachung der Dogmen, der Riten und des Kultus wie bei den Protestanten.«528 Gegenüber dem Aufsatz von 1932 fiel die interkonfessionelle Selbstbestimmung Miha˘lcescus im Rahmen seines Apologetik-Handbuchs aus dem Jahr 1941 (unter dem vielsagenden Titel: »Die kämpfende Theologie«529) viel exklusivistischer aus. Ob dafür der volkswissenschaftliche Charakter seines Werkes, seine Funktion als Metropolit in schwierigen Zeiten oder gar eine Verhärtung seiner konfessionellen Einstellung eine Rolle spielten, kann nicht eruiert werden. Fest steht, dass die Beschreibung der Römisch-Katholischen Kirche dieses Mal an das alte Register Guettées stark erinnert, mit einer Liste von Elementen, die zeigen sollen, dass »sie sich aus dogmatischer und moralischer Sicht vom echten Geist des Evangeliums entfernt hat«530: die Irrlehre des Filioque, die Lehre vom Fegefeuer, der Vollzug der Myronsalbung nur durch die Bischöfe und die vegetarische Fastenpraxis (statt vegan!) werden als »Häresien und unchristliche Praktiken«531 bezeichnet. Ihnen folgen weitere Abweichungen: die Azymenpraxis, die Kommunion der Laien nur unter einer Gestalt (nur mit dem Leib Christi), die Taufe durch Übergießen, die Ablass-Praxis, die Lehre von der unbefleckten Empfängnis u.v.m. Sogar die Instrumentalmusik im Kultus gilt hier als »Innovation,

525 526 527 528 529 530 531

J. Michalcescu, L’Eglise Orthodoxe Orientale, 124–125. Ebd., 114. Ebd. Ebd. Ders., Teologia lupta˘toare, Bukarest 1941, zitiert nach Baca˘u 32008. Ebd., 230. Ebd.

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die sie [die Römisch-Katholische Kirche; I.M.] von der Kirche der ersten Jahrhunderte weiter entfernt«532. Natürlich steht die Frage der päpstlichen Unfehlbarkeit an oberster Stelle der Vorwürfe: Der weltliche Machtanspruch mache aus der »päpstlichen Kirche einen gut gebildeten Mechanismus, der automatisch, aber nicht auf christliche Weise funktioniert«533. Aufgrund dieser und weiterer Phänomene, die die Entfremdung der römischen Kirche vom Glauben und der Praxis der Alten Kirche aufzeigen würden, sprach Miha˘lcescu sogar von »berechtigten Fragezeichen bezüglich der Heiligkeit dieser Kirche«534. – Demgegenüber sei die Orthodoxe Kirche nicht nur die einzige Kirche, in der die Lehre der Apostel unversehrt geblieben wäre, sondern auch eine Kirche, die die nationale Kultur bewahre: »Die Orthodoxe Kirche ist eine nationale Kirche, d. h. jede Nation […] hat ihre eigene Kirche mit nationalem Klerus, mit einer nationalen Sprache als Kultsprache […]«535 während die Römisch-Katholische Kirche das Gegenteil davon sei: »[…] eine internationale oder übernationale Kirche«, in deren Organisation »die nationale Farbe nicht existiere«536. – Von einer ökumenischen Sehnsucht – wie dies noch im Aufsatz aus dem Jahr 1932 spürbar war – ist in den Zeilen des Apologetik-Handbuchs von 1941 nichts mehr zu lesen. Der Ansatz Miha˘lcescu zeigt, dass selbst versierte Theologen und ökumenische Vorreiter in jener Epoche die Frage der konfessionellen Identität nur anhand von Typologien konstruieren konnten. Die stärkste Typologie aber, die in der Zwischenkriegszeit das selbstentworfene Profil der rumänischen Theologie prägte, war die nationale. Dieser Problematik gilt es, am Beispiel der frühen Theologie Dumitru Sta˘niloaes besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

3.3. Dumitru Sta˘niloaes nationaltheologisches Programm Die Themen der Nationalität und des Nationalismus durchqueren in unterschiedlichen Wertigkeiten alle Register des rumänischen politischen, sozialen, kulturellen und religiösen Lebens der Zwischenkriegszeit. Der religiöse Charakter der nationalsozialistischen Bewegung »Legion Erzengel Michael« unter der Führung Corneliu Zelea Codreanus537 und insgesamt die religiöse Dimension 532 533 534 535 536 537

Ebd., 231. Ebd., 230. Ebd., 232. Ebd., 244. Ebd. Zu Corneliu Zelea Codreanu und der von ihm gegründeten »Legion Erzengel Michael« (einschließlich der dazu gehörenden Eliteeinheit »Die Eiserne Garde«) vgl. Oliver Hans Schmitt, Ca˘pitan Codreanu – Aufstieg und Fall des rumänischen Faschistenführers, Wien

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des rumänischen Nationalismus der 1930er Jahre führten in der historischen Forschung zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen bezüglich der Rolle der Rumänischen Orthodoxen Kirche in der Verstärkung der nationalistischen Tendenzen in der rumänischen Gesellschaft jener Epoche. Auch bleibt kontrovers, was in diesem Zusammenhang mit »Kirche« gemeint sein soll: eine bestimmte kirchliche Frömmigkeit, einzelne Kleriker, die rumänisch-orthodoxe Synode als solche, kirchliche Zeitschriften oder Laienbewegungen.538 Wenn man diese ganze, höchst komplexe Fragestellung auf den Bereich der damaligen akademischen Theologie reduziert, ist vor allem die Frage nach den Spezifika und den Grenzen einer genuin orthodoxen »politischen Theologie«539 relevant. Neben führenden Intellektuellen, die in der Konstruktion der rumänischen Identität eine ontologische Verhältnisbestimmung zwischen »Orthodoxie« und »Rumänentum« herausgestellt haben (u. a. Nae Ionescu, Nichifor Crainic, Mircea Vulca˘nescu) – oft mit verhängnisvollen, antisemitischen Schlussfolgerungen – spielte die »Ethno-Theologie« des jungen Theologie-Professors Dumitru Sta˘niloaes eine wichtige Rolle.

2016. Radu Harald Dinu, Faschismus, Religion und Gewalt in Südosteuropa. Die Legion Erzengel Michael und Die Ustasˇa im historischen Vergleich, Wiesbaden 2013. Mihai Chioveanu, Religious Politics and Politics of Religion in 1930s Romania: The Redemptive hypernationalism of the Legion ›Archangel Michael‹, in : Studia Hebraica 6 (2006) 163–175. 538 Vgl. dazu: R. H. Dinu, Faschismus, 226–231. Dinu betont die Spannung zwischen der orthodoxen Hierarchie und dem religiösen Selbstanspruch der Legion: »Die Kirchenführung sah dem Anspruch der Legion, eine Vorkämpferin des christlich-orthodoxen Glaubens zu sein, mit Besorgnis entgegen, da sie dadurch in die Nähe heterodoxer Bewegungen rückte.« (ebd., 230). Oliver Hans Schmitt bewertet die ambivalente Rolle der Kirche kritischer: »Die Kirche äußerte sich punktuell und unter dem Druck der Umstände, zum Duca-Mord, zu den Arbeitslagern, die die Regierung beschränken wollte. Zurückhaltend gab sie sich aber, wenn die legionäre Doktrin betroffen war – der Kampf gegen Demokratie, gegen Freimaurer und Juden –, kaum Anstoß nehmen konnte sie an vielen religiösen Praktiken der Legionäre, auch nicht an ihrem Mystizismus. Wie auch, wenn die Metropoliten von Bessarabien und Siebenbürgen, tausende Priester, Kantoren, Theologen und Theologiestudenten, Mönche und Nonnen die Legion unterstützten?« (O. Schmitt, Ca˘pitan Codreanu, 215). Cecilie Enderson spricht wiederum von einer »Unterstützung« der Legion »durch die Rumänische Orthodoxe Kirche«. Cecilie Endresen Romania’s Saving Angels: »New Men«, Orthodoxy and Blood Mysticism in the Legionary Movement, in: BStRel 41 (2/2012) 16: »The original Legion […] was both a mass movement with a conspicuously mystical slant with support from the Romanian-Orthodox Church and a terror organization.« Dabei ginge es nicht nur um die Unterstützung der Bewegung durch einzelne Kleriker, sondern auch um den politisierten, orthodoxen Inhalt der Ideologie der Legionäre: »As such, the religious aspect of Legionary ideology go way beyond Gott mit Uns and may be considered an ultra-politicized offshoot of Romanian-Orthodox Christianity« (ebd., 21). 539 Vgl. M. Ba˘nica˘, Biserica Ortodoxa˘ Româna˘, 136–142, 158–163.

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3.3.1. Die Inkompatibilität zwischen »Rumänentum« und »Katholizismus« Selbst ein flüchtiger Blick auf die chronologische Bibliographie Dumitru Sta˘niloaes540 führt vor Augen, dass für ihn das Thema des »Rumänentums« mit dem Thema der interkonfessionellen Auseinandersetzung (besonders mit seiner antikatholischen Polemik) eng verflochten war. Paradigmatisch in diesem Zusammenhang ist etwa, dass zu den ersten bedeutenden theologischen Aufsätzen, die er veröffentlichte, zwei polemische Artikel aus dem Jahr 1930 mit den Titeln »Zwischen Rumänentum und Katholizismus« und »Zwischen Orthodoxie und Katholizismus«541 zählen. Im Rahmen dieser beiden Aufsätze entfaltete der junge Professor sein eigenes Verständnis von Nation und betonte als deren Hauptkomponente »eine spezifische seelische Struktur«542, die geschichtlich gewachsen sei und zu der nicht nur Sprache, Brauchtümer, der geographische Kontext usw., sondern auch die religiöse Identität gehören würden: »Es ist offensichtlich, dass auch die Orthodoxie ein Hauptelement in der Architektur der rumänischen Seele darstellt.«543 Aus dem Axiom, dass »das ganze Leben einer Nation auch die Siegel seiner Religion trägt«544 zog Sta˘niloae den Schluss, dass der Katholizismus ein dem Rumänentum fremdes Element sei: »Die rumänische Seele kann durch nichts anderes mehr entstellt [rumänisch: s,tirbit] werden als durch die reale Ersetzung der Orthodoxie mit dem Katholizismus; nicht einmal durch ihren Orts- oder Sprachwechsel [würde die rumänische Seele so entstellt werden, I.M.].«545 Indem er die monokonfessionelle, orthodoxe Identität sogar vor die sprachliche Identität und die geographische Bestimmung stellte, traf Sta˘niloae bereits am Anfang seines theologischen Schrifttums eine Grundsatzentscheidung, die er – trotz weiterer Nuancierungen – auch in den späteren Schrifttumsphasen nicht revidierte: Das Rumänische sei wesentlich nicht einfach mit dem Christentum verbunden, sondern mit der Orthodoxie, wodurch eine fundamentale Inkompatibilität zwischen orthodoxer, rumänischer Nation einerseits und dem Katholizismus andererseits postuliert wird. Dieses Postulat versuchte Sta˘niloae im zweiten Aufsatz argumentativ zu untermauern, indem er – über die klassischen, dogmatischen Unterschiede hinaus – eine grundsätzliche unvereinbare Polarisierung zwischen »dem lebendigen Geist 540 Vgl. V. Popa (Hg.), Pa˘rintele Dumitru Sta˘niloae, 175–332. 541 Dumitru Sta˘niloae, Între românism s,i catolicism, in: TR 78 (86/1930) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 94–101; Ders., Între Ortodoxie s,i catolicism 78 (88/1930) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 102–109. 542 Ders., Între românism s,i catolicism, 99. 543 Ebd., 100. 544 Ebd. 545 Ebd., 101.

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der Orthodoxie« und dem »lebendigen Geist des Katholizismus«546 aufstellte. Die Unterschiede, die Sta˘niloae herausarbeitete, haben also nur insofern mit den dogmatischen Divergenzpunkten zu tun, als dass sie deren »Konsequenzen […] in Religiösität und Leben«547 der Gläubigen darstellen. Dennoch seien sie in Sta˘niloaes Sicht entscheidend, um die Inkompatibilität zwischen Orthodoxie und Katholizismus zu demonstrieren. Damit sprach Sta˘niloae das aus, was unterschwellig in vielen Aufsätzen seiner Zeit (aber auch im späteren 20. Jh.) rumänischen orthodoxen Autoren als das gravierendste Trennungsmerkmal zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche galt: Nicht so sehr die Frage des Filioque oder des Papstprimats, sondern das gesamte religiöse »Profil« der anderen Konfession stelle ein Hindernis dar. Was ist bei Sta˘niloae damit gemeint? Als Hauptmerkmale des Katholizismus nannte Sta˘niloae folgende: Rationalismus, Immanentismus und Dualismus.548 Eine Folge des Filioque sei eine fehlende Unmittelbarkeit zwischen Gott und den Menschen, daraus resultiere die Anschauung, dass »Gott der menschlichen Seele unzugänglich« bleibe und dass man »über Gott nur Ideen haben kann«549, was wiederum zu einem Rationalismus führe. Die Kirche sei – als Folge dieses Dualismus – »ein sozialer Organismus neben anderen, der mit anderen bestehenden sozialen Organismen kämpft«550 und nicht ein »göttlich-menschlicher Leib, der die anderen sozialen Organismen durchdringt«551. Daraus resultiere im Katholizismus ein besonderer Akzent auf »Diszipilin, Organisation und Recht«. In der Soteriologie würde das Heil durch dieselbe fehlende Zugänglichkeit zwischen Mensch und Gott »zu einer negativen Tatsache, einer Art Verbesserung im Rahmen von juridischen Verhältnissen«552 entarten; das angebotene Heil sei nichts mehr als ein »Rettungsring für den in den Wellen des Bösen ertrinkenden Menschen«553. – Demgegenüber sei die Orthodoxie »mystisch und transzendental«554, »der Übergang von Immanenz zur Transzendenz ist in ihr möglich und leicht, selbst wenn man noch im Körper verweilt«, d. h. »man kann die Transzendenz erfahren«555; in der orthodoxen Ekklesiologie gebe es keine Trennung zwischen »sichtbarem und unsichtbarem 546 Ders., Între Ortodoxie s,i catolicism, 102. 547 Ebd. 548 »Der Katholizismus ist rationalistisch und immanentistisch, die Orthodoxie ist mystisch und transzendental.« (ebd.). »Der Dualismus und der Rationalismus der Katholiken entstellen den Begriff der Kirche« (ebd., 104). 549 Ebd., 102. 550 Ebd. 551 Ebd. 552 Ebd., 105. 553 Ebd. 554 Ebd., 102. 555 Ebd., 105.

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Teil der Kirche«556 und anstatt der Suprematie der Vernunft herrsche in der Orthodoxie der Vorrang des »Lebens, das den Glauben zu Gott führt«557. Die recht schroffe Einteilung der Eigenschaften des orthodoxen bzw. des katholischen »Geistes« gipfelt erwartungsgemäß in der Feststellung ihres »grundlegenden Unterschieds«558 und ihrer Inkompatibilität: »Vergleicht man den orthodoxen und den katholischen Geist, dann müssen wir feststellen, ohne dass wir auf weitere Details eingehen, dass sie voneinander grundlegend unterschieden sind. Daraus ergibt sich die Unmöglichkeit, sie untereinander wirklich auszutauschen, ohne dass der betreffende Mensch dadurch sein eigenes geistiges Wesen entstellen würde.«559

Diese Inkompatibilität sei alles andere als neutral, denn die Eigenschaften des Katholizismus würden von einer »Abweichung«560 vom ursprünglichen Geist des Christentums zeugen: »Der Katholizismus ist vor allem durch die Scholastik vom Weg abgekommen«561. Die rationalistische Einseitigkeit »verdunkelt alle anderen«562 Dimensionen des Christlichen. Der Katholizismus sei nichts als eine »rationale Religion« (die nur als »Methode der Naturerkenntnis« von allen angenommen werden könnte, nicht aber als christliche Religion): »Eine rationale Religion tötet die erlebte Religion, sie ist schließlich keine Religion. […] Wenn ein Volk den Theorie-Katholizismus annimmt, verdirbt es sein eigenes ethnisches Wesen.«563 Die Entstellung des Wesens eines Volkes durch den rationalistischen Katholizismus beziehe sich nicht nur auf die rumänische Nation, sondern auf alle Völker: »Mit der Ausnahme von zwei, drei Völkern, die mit dem Katholizismus mitentstanden sind, fand in den anderen Völkern keine echte Konversion statt.«564 Sta˘niloae sprach deshalb dem Katholizismus die Fähigkeit ab, universell zu sein, weil er einen »abstrakten Universalismus«565 vertrete, dem die Mannigfaltigkeit der Kulturen zum Opfer falle. Demgegenüber vertrete die Orthodoxie

556 Ebd., 106. 557 Ebd. 558 Ebd., 107. Die These bezüglich eines »maßgeblichen« Unterschiedes zwischen »Katholizismus« und der »Orthodoxie« ist in den 1930er Jahren ein Leitmotiv bei Sta˘niloae. Vgl. Ders., Catolicism ori nat,ionalism, in: TR 80 (27–28/2. 04. 1932) 2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 226. 559 Ders., Între Ortodoxie s,i catolicism, 107. 560 Ebd. 561 Ebd. 562 Ebd., 108. 563 Ebd. 564 Ebd., 107. 565 Ebd., 108.

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einen »variablen Universalismus, eine Einheit in Diversität«566, wodurch das Genuin-Christliche erst die jeweilige »Farbe«567 bekomme. Sta˘niloaes destruktive Generalabrechnung mit dem »Katholizismus« aus dem Jahr 1930 könnte sicherlich mit dem Pathos der Jugend erklärt werden. Man kann aber genauso gut diese radikale, nationaltheologisch zentrierte Infragestellung des Katholizismus als Schlüssel für die spätere, wenn auch nicht mehr so polemische, theologische Zurückhaltung Sta˘niloaes gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche auffassen. Bis ins hohe Alter568 stellte für Dumitru Sta˘niloae die Verknüpfung zwischen Nation und konfessioneller Identität ein Leitmotiv dar569; diese, bereits in den 1930er Jahren formulierte enge Verflechtung zwischen Orthodoxie und Nation, führte – direkt oder indirekt – dazu, dass der RömischKatholischen Kirche ein ontologischer Fremdheitscharakter zugesprochen wird. Deshalb gilt es, diesen Aspekt besonders zu vertiefen.

3.3.2. Die Nation als theologisches Identitätsmuster und als Front gegen den Katholizismus Die Betonung des nationalen Charakters der Orthodoxie war keine Erfindung der Zwischenkriegszeit. Die Herausbildung des Nationalbewusstseins, die mühsame und opferreiche Befreiung vom osmanischen Joch im Laufe des 19. Jh. und die Entstehung der Nationalstaaten führten in allen Völkern Südosteuropas 566 Ebd. 567 Ebd., 109. 568 Vgl. Ders., Reflect,ii despre spiritualitatea poporului român, Craiova 1992. Siehe auch die kritische Interpretation dieses Spätwerkes bei Jürgen Henkel, Eros und Ethos. Mensch, gottesdienstliche Gemeinschaft und Nation als Adressaten theologischer Ethik bei Dumitru Sta˘niloae, Münster u. a. 2003, 303–313. 569 In einem Interview aus dem Jahr 1992, ein Jahr vor seinem Tod, wiederholte Sta˘niloae die These, dass die Orthodoxie – im Vergleich mit dem Westen – eine besondere Beziehung zum jeweiligen Volk hätte. Dabei präferierte Sta˘niloae den Begriff »neam« dem moderneren Konzept »nat,iune« (Nation): »Die Orthodoxie hat die Diversität des Ethnischen akzentuiert. Das Ethnische der Rumänen ist anders als das der Bulgaren oder der Russen; und dennoch gibt es Einheit. Im Westen hat man hingegen eine äußere Diversität betont. In Byzanz hat man eine Einheit bewahrt, die den Akzent auf Innerlichkeit legte, aber die Völker blieben unterschiedlich; Byzanz hat die Nationen nicht aufgelöst, auch wenn es ein einziges Imperium war. […] Im christlichen Westen hat man eine übetriebene Einheit vorangetrieben, die vom Willen des Papstes ausging, alle Völker unter seiner Herrschaft zu halten, allen dieselbe Liturgie aufzudrücken, auf Latein. Die Sprachen der westlichen Völker haben nicht einen emotiven, sentimentalen, mystischen Inhalt entwickelt, weil sie in ihrem Leben die liturgische Sprache nicht hatten.« Sorin Dumitrescu (Hg.), 7 diminet,i cu Pa˘rintele Sta˘niloae. Convorbiri realizate de Sorin Dumitrescu, Bukarest 1992, 170–173. Die Tatsache, dass die Orthodoxie »die Schönheit der Völker« gefördert hätte (ebd., 173) spiegle sich in der Sprache und den Bräuchen wider.

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zu einer kirchlichen, national argumentierten »Unabhängigkeitsbewegung« gegenüber dem Ökumenischen Patriarchat. Die damit herausgebildete Argumentation einer national begründeten Autokephalie570 wird innerhalb der Orthodoxen Kirchen bis in unsere Tage unterschiedlich bewertet: Während das Ökumenische Patriarchat an der Entscheidung von 1872571 festhält, wonach jeder kirchliche Nationalismus (Ethnophyletismus) eine »dem Evangelium und den Heiligen Kanones entgegengesetzte Lehre«572 sei, die es demgemäß zu verurteilen gelte, betonen autokephale Kirchen wie die Serbische Orthodoxe, die Rumänische Orthodoxe oder die Bulgarische Orthodoxe ihren »nationalen« Charakter selbst in den Kirchenstatuten.573 Die Tatsache, dass das Panorthodoxe Konzil von Kreta in seiner Enzyklika die Synode von 1872 und damit expressis verbis die Verurteilung des Ethnophyletismus als »ekklesiologische Häresie«574 als verbindlich rezipiert hat, bedeutet noch nicht, dass die jeweiligen Kirchen ihr nationales Ethos aufgegeben hätten. Die kirchenrechtliche Diskussion um die Interpretation des ethnos-Begriffs beschäftigt gegenwärtig immer noch orthodoxe Theologen.575 Diese ist bei weitem keine innerorthodoxe, auf das Kirchenrecht reduzierte Fragestellung: Gerade für die sozialethischen Implikationen wird eine (mitunter auch) national argumentierte kirchliche Identität – auch für den konkreten Fall der Rumänischen Orthodoxen Kirche der Gegenwart – immer wieder kritisiert.576 Der Beginn einer »nationalbewussten« Theologie ist zumindest für die im Königreich Rumänien lebenden orthodoxen Theologen im 19. Jh. anzusiedeln:

570 Vgl. etwa: Ernst Chr. Suttner, Zur ekklesiologischen Bewertung der Autokephalie in der Rumänischen Orthodoxie, in: OS 30 (3–4/1981) 255–282. 571 Vgl. Amphiloque Miltos, Le Concile de Constantinople de 1872 d’après ses Actes conciliaires: vers une nouvelle réception de sa théologie, in: Contacts 67 (249/2015) 40–58. Daniel Lossky, La condamnation du phylétisme par l’Eglise orthodoxe au Concile de Constantinople de 1872: actualité pastorale, in: Contacts 67 (249/2015) 59–78. 572 Vgl. die Entscheidung der Synode vom 16. 09. 1872, zitiert nach: A. Miltos, Le Concile de Constantinople, 53. 573 Vgl. »Die Rumänische Orthodoxe Kirche ist Nationalkirche. […] Die Rumänische Orthodoxe Kirche ist die Kirche des rumänischen Volkes.« Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (Hg.), Organisations- und Funktionsstatut der Rumänischen Orthodoxen Kirche (2011), Hermannstadt – Bonn 2012, 44. 574 Vgl. Enzyklika des Heiligen und Großen Konzils der Orthodoxen Kirche, in: Synodos, 23. 575 Eine Zusammmenfassung dieser Debatte siehe bei: Anargyros Anapliotis, Einführung in das rumänische Statut und in die Strukturen des rumänischen Patriarchats, in: Rumänische Orthodoxe Metropolie für Deutschland, Zentral- und Nordeuropa (Hg.), Organisations- und Funktionsstatut, 21–26. 576 Vgl. Corneliu Simut,, Johan Buitendag, Promoting Ancestry as Ecodomy in Romanian Eastern Orthodox Christianity. The Role of Ancestors in Contemporary Romanian Orthodox Rhetoric, in: The Expository Times 126 (10/2015) 475–487.

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zuerst als Narrativ im öffentlichen oder schulischen Diskurs577, später als theologisches Leitmotiv in akademischen Artikeln (wie bereits gesehen bei Melchisedec S,tefa˘nescu). Im habsburgischen Siebenbürgen war hingegen das »Rumänentum« von zwei Konfessionen getragen, nämlich sowohl von der Orthodoxen als auch von der Griechisch-Katholischen Kirche und eignete sich nicht besonders als Lanze einer national-konfessionellen Profilbildung. Erst nach 1919, durch die Entstehung »Großrumäniens«, bekam das Motiv der »Nation«578 eine flächendeckende Priorität in allen theologischen rumänischen orthodoxen Zentren.579 Ab den 1930er Jahren – nicht zuletzt beflügelt von einem nationalen Pathos in der gesamten intellektuellen Elite Rumäniens und den Sympathien zu den politischen Konstellationen in ganz Europa – entwickelten einige Theologen ein regelrechtes nationaltheologisches Programm. Die Art und Weise, wie Theologen wie Dumitru Sta˘niloae oder Nichifor Crainic das Nationale als theologisches Prinzip überhöht haben, aber auch die bewussten oder unbewussten politischen Implikationen dieses Programms, gehören zu den seit 1990 am meisten diskutierten Themen der rumänischen Ideenund Theologiegeschichte. Deshalb soll dieser Aspekt hier nicht zur Gänze neu aufgerollt werden, sondern auf die Gestalt Dumitru Sta˘niloaes eingegrenzt werden. In der bisherigen Forschung zu diesem Thema können mindestens drei Stränge unterschieden werden: (1.) Eine unkritische Linie sieht in diesem nationaltheologischen Programm kein Problem an sich und ist (noch) nicht bereit, eine historisch kontextualisierte Lektüre der »politischen Theologie« Sta˘niloaes aus den 1930er Jahren zu unternehmen.580 577 Vgl. Mirela-Luminit,a Murgescu, Vom »guten Christen« zum »tapferen Rumänen«: die Rolle der Primarschule bei der Herausbildung des rumänischen Nationalbewusstsein 1831–1878, Berlin 2012, 224–225. 578 Staab unterscheidet im europäischen Identitätsdiskurs der Neuzeit zwei Definitionen des Begriffs »Nation«: einerseits die »Willensnation«, die sich »auf den Willen der Mitglieder einer Gesellschaft beruft, sich zusammenzuschließen und bestimmten Werten […] zuzustimmen« (N. Staab, Rumänische Kultur, 38), andererseits die Nation als Merkmal der Abstammung (»Herder-Modell«). Die rumänischen Intellektuellen und die rumänischen orthodoxen Theologen der Zwischenkriegszeit verstanden unter Nation dieses zweite, herdersche Modell: die gemeinsamen Werte und Normen (darunter Orthodoxie), aber auch geographische und soziale Gegebenheiten (Landschaft, dörfliches, traditionelles Leben) gehören zur »Nation« einfach dazu. Vgl. ebd., 40. 579 Vgl. Hans-Christian Maner, Multikonfessionalität und neue Staatlichkeit: orthodoxe, griechisch-katholische und römisch-katholische Kirche in Siebenbürgen und Altrumänien zwischen den Weltkriegen (1918–1940), Stuttgart 2007, 69–77, 102–165. 580 Als Beweis dafür dient die Neuauflage des Buches »Ortodoxie s,i românism« im Jahre 2014 im Verlag des rumänischen Patriarchats ohne irgendeinen begleitenden kritischen Kommentar: Dumitru Sta˘niloae, Ortodoxie s,i românism, Bucures,ti 2014. Vgl. zu dieser apologetischen Linie das Herausstellen des »spirituellen Porträts der Rumänen« im Werk

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(2.) Eine andere Linie wird von Theologen und kirchennahen Historikern vertreten, die bei aller Sympathie für den theologischen Verdienst Sta˘niloaes um eine sachliche Kritik dieses Aspekts bemüht sind und in »seinen frühen nationalistischen Versuchungen«581 die Achillesferse des Gesamtwerks sehen. Sta˘niloae habe, so etwa Lucian Turcescu, nicht »das notwendige begriffliche Instrumentarium gehabt, um die Existenz einer Diversität von Sprachen und ethnischen Gruppen«582 theologisch zu erklären. Costion Nicolescu räumt zwar ein, dass Sta˘niloae sich in der Beurteilung von politischen »Ereignisssen und Persönlichkeiten« seiner Zeit »getäuscht haben mag« und »Fehler gemacht hat«583, mahnt aber zu einem historisch-kontextuellen Sachverstand. (3.) Eine dritte Interpretationslinie kommt von profanen Geschichts- oder Politikwissenschaftlern, die zwischen dem ethnotheologischen Programm Sta˘niloaes oder Crainics und der ebenso christlich angehauchten, rechtsextremen Ideologie der »Legionäre« eine direkte (bei Nichifor Crainic, der mitunter auch unübersehbare antisemitische Aussagen traf 584) oder indirekte (bei Sta˘niloae585) Verbindung herstellen.

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Sta˘niloaes bei Carmen-Maria Bolocan, The Spiritual Portrait of the Romanian as seen by Father Dumitru Sta˘niloae and by Constantin Noica, in: Analele S,tiint,ifice ale Universita˘t,ii »Alexandru Ioan Cuza« din Ias,i. Teologie Ortodoxa˘ (1/2011) 115–130. Mihail Neamt,u, Between the Gospel and the Nation. An Introduction to Dumitru Sta˘niloae′s Ethno-Theology, in: New Europe College Yearbook (2005/2006) 266. Vgl. auch: Costion Nicolescu, Teologul în cetate. Pa˘rintele Sta˘niloae în aria politicii, Bucures,ti 2003. Lucian Turcescu, Dumitru Sta˘niloae (1903–1993), in: John Witte Jr., Frank S. Alexander (Hg.), The Teachings of Modern Christianity: On Law, Politics, and Human Nature, Bd. 1, New York 2006, 705. C. Nicolescu, Teologul în cetate, 16. Nicolescu dokumentiert u. a. die ganze Ambivalenz der Äußerungen Sta˘niloaes zu der »Legionären Bewegung«: vgl. ebd., 71–77. Vgl. Roland Clark, Nationalism and Orthodoxy: Nichifor Crainic and the Political Culture of the Extreme Right in the 1930s Romania, in: Nationalities Papers 40 (1/2012) 107–126. Zum breiteren Kontext antisemitischer Tendenzen in der rumänischen Theologie der Zwischenkriegszeit (Nichifor Crainic, Nae Ionescu, Liviu Stan) vgl. Ionut, Florin Biliut,a˘, Sowing the Seeds of Hate. The Antisemitism of the Orthodox Church in the Interwar Period, in: S:I.M.O.N Shoah: Intervention, Methods, Documentation 3 (1/2016) 20–34. »Romanian nationalism becomes a pervasive element of Sta˘niloae’s theology and explains his negative view of the laws of modern states. […] From this perspective, Sta˘niloae’s theology informed his ethnic nationalism, which could account for the other reflexes denoted during the interwar period, namely his ethnocratic tendencies and involvement with Gândirism, his opposition to Lucian Blaga’s immanentism, which he perceived as a danger to Romanianness, and his criticism of Roman and Greek Catholicism, to name only a few.« (Cristian Romocea, Church and State. Religious Nationalism and State Identification in Post-Communist Romania, London – New York 2011, 202). Vgl. auch Olivier Gillet, Orthodoxie et extrêmes droites en Roumanie. Du fascisme des années 1930 à l’ultramontanisme contemporain, in: Traverse. Zeitschrift für Geschichte – Revue d’histoire (3/2000) 44–55. Roland Clark, Nationalist and Trinitarian Visions of the Church in the Theology of Dumitru Sta˘niloae, in: ST 9 (2/2013) 210: »Sta˘niloae himself always kept his distance from

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Eine ausführliche Darstellung und Auseinandersetzung mit diesen drei Interpretationslinien würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Mit dem besonderen Interesse für das Thema der Nation in seinem Schrifttum bis 1947 war Sta˘niloae sicherlich ein Kind seiner Zeit. Eine Analyse seiner Thesen zur Verbindung zwischen Christentum und Nation (bzw. Nationalismus) aus der Zeit 1930–1945 lässt zumindest zeigen, dass der rumänische Theologe eine Instrumentalisierung des Christlichen durch ein nationalistisches Programm ablehnte und zwischen Orthodoxie und Nation der Orthodoxie (als universelles Prinzip) eine klare Priorität einräumte. Paradigmatisch in diesem Zusammenhang ist ein Artikel (»Nationalismus aus moralischer Sicht«586) aus dem Jahr 1937 in der Zeitschrift »Gândirea«, der 1939 in dem Buch »Orthodoxie und Rumänentum« (»Ortodoxie s,i românism«587) aufgenommen wurde. Ein ideologischer Nationalismus sei aus seiner Sicht »eine ganz schwere Sünde«588; es gebe jedoch auch einen Nationalismus, der vom christlichen Glauben durchdrungen wird. Sta˘niloae verstand darunter eine Art aktiven, christlich inspirierten Patriotismus, fern von jeglicher Ideologie. Diese Art von Nationalismus sei an sich »heilsneutral« (»weder führt dies zum Verlust des Heils noch zum Erlangen des Heils«589), gehöre aber als Bestandteil zu einer inkarnatorisch begründeten Bejahung des Lebens hinzu. Der entscheidende Satz kommt ganz am Ende des Artikels und zeigt den Versuch Sta˘niloaes, sich vom radikalen christlich-nationalistischen Programm Nae Ionescus zu distanzieren: »Nicht die Nation/das Volk [rumänisch: neamul] deckt den Bereich der Orthodoxie als etwas Spezifisches ab, sondern die universelle Orthodoxie deckt jede Nation ab, die sich zu ihr bekennt.«590 Die Kritik an Nae Ionescu, dessen nationalistische Vereinnahmung der Orthodoxie er als »Fatalismus« und »absoluten Pessimismus« und schließlich als »gänzlich unchristlich«591 charakterisierte, glich im Kontext jener Zeit einem Mutakt angesichts der großen Beliebtheit, die Nae Ionescu in den Reihen der rumänischen Intellektuellen und Studentenschaft genoss. Andererseits war

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fascism, but was far from hostile to it.« Vgl. auch N. Staab, Anti-Modern without being NonModern?, 325: »direct anti-Semitic or anti-Jewish polemics are absent from Sta˘niloae’s writings«. Eine radikalere Meinung vertritt der Menschenrechtler Gabriel Andreescu, der Sta˘niloae und der von ihm herausgegeben Zeitschrift »Telegraful român« systematischen Antisemitismus vorwirft: Gabriel Andreescu, Anti-Semitic Issues in Orthodox Publications, Years 1920–1944, in: Erika Törzsök (Hg.), Churches – Holocaust. Christian Churches in three countries of Central and Eastern Europe and the Holocaust, Budapest 2016, 149–173. Dumitru Sta˘niloae, Nat,ionalismul sub aspect moral, in: Gândirea 16 (9/1937) 417–425. Ders., Ortodoxie s,i românism, Sibiu 1939, zitiert nach der Ausgabe: Bukarest 42014. Ders., Nat,ionalismul sub aspect moral, 425. Ebd. Ebd. Ebd., 424.

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Sta˘niloae auch gegen eine strikte Trennung zwischen Christentum und Nation, wie dies damals vom Literaturwissenschaftler Radu Dragnea (1893–1955) vertreten wurde.592 Im Vergleich zu den zwei bereits zitierten Artikeln des Jahres 1930, in denen Sta˘niloae ausdrücklich Nae Ionescus Vision über das Rumänentum verteidigte, kann sieben Jahre später ein klarer Akzentwechsel festgestellt werden. Hatten die nationalen und internationalen politischen Ereignisse ihn zu einer größeren Vorsicht verpflichtet? Das lässt sich nicht belegen, denn noch im Jahr 1941 fand er wertschätzende Worte für die »kommende«, nationalsozialistisch geprägte und mit dem Christentum scheinbar zu vereinbarende Ordnung.593 Diese starke Ambivalenz findet sich in vielen Aufsätzen Sta˘niloaes aus dieser Zeit wieder. Zwar warnte der rumänische Theologe bereits im Jahr 1934 vor der »Gefahr der hitleristischen Anschauung«594, doch er meinte damit in erster Linie die Gefahr der Eroberung Rumäniens durch die Deutschen. Andererseits äußerte er sich in späteren Jahren zwiespältig zum politisierten christlich-nationalen Pathos der damaligen Denk- und Sozialströmungen.595 Es ist deshalb anzuneh592 Vgl. J. Henkel, Dumitru Sta˘niloae, 412–414. 593 Vgl. Dumitru Sta˘niloae, Omenirea de mâine, in: TR 89 (39/21. 09. 1941) 1, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie. Articole publicate în »Telegraful român«, Vol. II (1937–1941), Bukarest 2012 [ab hier: Cultura˘ s,i duhovnicie II], 825. Vgl. auch die wohlwollende Rezeption im Sinne einer national-theologischen Rezeption der Thesen Wilhelm Stapels (Die Kirche Christi und der Staat Hitlers, Hamburg 1933), der den Nationalsozialismus theologisch untermauerte: Dumitru Sta˘niloae, Biserica Româneasca˘ (II), in: TR 90 (11/15. 03. 1942) 1, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie. Articole publicate în »Telegraful român«, Vol. III (1942–1993), Bukarest 2012 [ab hier: Cultura˘ s,i duhovnicie III], 69–72. 594 D. Sta˘niloae, Români, sas,i s,i nemt,i, in: TR 82 (17/22. 04. 1934) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 468. 595 Bereits 1936 zeigte Sta˘niloae Sympathie für einen politischen Nationalismus, der sich in »allen Ländern gegen eine feindliche Linke erhebt« und »vom Glauben ans spirituelle Schicksal der Nation« beseelt sei. Vgl. Dumitru Sta˘niloae, Nat,ionalismul în cadrul spiritualita˘t,ii cres,tine, in: TR 84 (36/30. 08. 1936) 1 (zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, Bukarest 2012, 864). Die Kirche könne sich nur freuen über das »aktuelle Wiedererwachen des Geistes und der spirituellen Ideale in der Politik«, wobei damit »der heutige Nationalismus« gemeint ist (ebd., 865). An anderer Stelle warnte er vor der großen Gefahr, die »von der jüdisch-kommunistischen Aktion« stamme und beschwörte als Gegenmaßnahme »die starke Waffe des christlichen Nationalismus.« Dumitru Sta˘niloae, În fat,a ofensivei comuniste, in: TR 84 (35/23. 08. 1936) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 860. Eine andere Dimension der Mitläuferschaft Sta˘niloaes in der damaligen vom Antisemitismus geprägten Epoche ist seine bleibende Wertschätzung für Nichifor Crainic, wobei hier Sta˘niloae zwischen dessen mystischer Theologie und dessen politischem Engagement ausdrücklich nicht unterscheiden will: Die »politischen Ideen Nichifor Crainics« seien »nichts anderes als Anwendungen im politischen Bereich seiner nationalistischen und christlichen Anschauung, Ideen, die im besprochenen Buch auf hervorragende Weise entfaltet wurden […]«. Ders., Puncte cardinale în haos, in: TR 84 (10/1. 03. 1936) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, Bukarest 2012, 823). Im Buch »Puncte cardinale în haos« (Bukarest 1936) »kombinierte Crainic seine traditionalistischen Artikel mit neueren

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men, dass er – wie viele Intellektuelle seiner Generation – das dunkle Wesen des Nationalsozialismus nicht richtig erkannt hat. – Im Folgenden soll die theologische Argumentation Sta˘niloaes für die enge Verbindung zwischen »Nation«/ »Rumänentum« und »Orthodoxie« untersucht werden.

3.3.3. Die Gratwanderung zwischen national- und personzentriertem Christentum »Das Christentum richtet sich an die Person. Es ist nicht an die Nation adressiert, weil es kein eigenes, selbständiges, hypostatisches Bewusstsein der Nation gibt.«596 Der Versuch, das Bekenntnis zur Personzentriertheit des Christentums (das Sta˘niloae vor allem vom berdjajewischen Denken übernimmt) mit einem nationaltheologischen597 Schwerpunkt zu versehen, zeigt die ganze Ambivalenz seines Ansatzes zu diesem Thema. Die nationale Zugehörigkeit gehöre in seiner Sicht zu den Grundcharakteristika, derer sich keine Person entledigen könne: »Die nationale Qualität des menschlischen Ichs ist nicht etwas Akzidentelles, Oberflächliches, aposteriori Dazukommendes, sondern gehört zu seinem wesentlichen Schicksal.«598 Mit der Betonung der »Nation« und des »Nationalen« intendierte Sta˘niloae jedoch keinen »Nationalismus« im ideologischen Sinne, sondern eine Grundgegebenheit des Menschlichen: »Die nationale Qualität ist das Humanum selbst in einer bestimmten Gestalt.«599 Mit anderen Worten: Je mehr ein Mensch seine Menschlichkeit vertiefe, desto mehr werde er seiner nationalen Prägung bewusst600: »Es gibt zwischen Nationalem und Humanem keinen Antagonismus. […] Das Menschliche liegt in der Tiefe deines nationalen Wesens. […] Die Liebe zu allen Menschen, egal welcher Nation sie angehören, kann keine a-nationale Liebe sein. Es gibt kein a-nationales Gefühl […].«601

596 597

598 599 600 601

Arbeiten über biologischen Rassismus, Nationalsozialismus und Mystik« – so das heutige Urteil des amerikanischen Historikers Roland Clark. Vgl. R. Clark, Nationalism and Orthodoxy, 114. D. Sta˘niloae, Ortodoxie s,i românism, 15. Der Begriff einer »theologischen Interpretation der Nation« wird von Sta˘niloae selbst verwendet. Deshalb ist die Rede von einem »nationaltheologischen« Programm oder Diskurs durchaus berechtigt. Vgl. Ders., Scurta˘ interpretare teologica˘ a nat,iunii, in: TR 82 (15/8. 04. 1934) 2–3, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 449–455. Ders., Ortodoxie s,i românism, 19. Ebd. Vgl. ebd., 20. Ebd. Siehe auch weitere Äußerungen: »Das Menschliche gibt es nur in nationaler Form, national gefärbt, national bestimmt, so wie es es auch nur in individueller Bestimmtheit gibt. […] Das Nationale oder das Individuelle sind das Menschliche selbst, das notwendigerweise eine Qualität tragen muss.« (ebd., 42).

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Die axiomatischen Ausführungen zur anthropologischen Verankerung des nationalen Prinzips wurden von Sta˘niloae auch als Schlüsselargument gegen den »Katholizismus« verwendet, der durch den »ontologischen Dualismus«602 zwischen »Natur« und »Über-Natur« »die Klarheit dieser Frage enorm trüben«603 würde. Da nach patristischer und orthodoxer Lehre das geistige Leben (d. h. die Teilnahme am göttlichen Leben) eine notwendige Fortsetzung und Vollendung des natürlichen Lebens sei604, kann es in seiner Vision keine ontologische Trennung zwischen Natur und vergöttlichter Natur geben: »Diese Teilnahme am göttlichen Leben, die Vergöttlichung, gehört zur Natur [des Menschen; I.M.], es wird von ihr gefordert und in ihr manifestiert.«605 Während im Osten das »Übernatürliche in einer organischen Folge zum Natürlichen«606 vestanden werde, gebe es in der westlichen (vor allem römisch-katholischen) Tradition eine klare Trennung zwischen den zwei Ebenen. Die Folge dieses alten soteriologischen Akzentunterschieds zwischen lateinischer und griechischer Patristik liegt für den rumänischen Theologen auf der Hand: Da zur Individualisierung der Natur des Menschen auch die nationale Eigenschaft der jeweiligen Person gehört, folge daraus, dass auch »das geistige Leben den nationalen Charakter dessen trägt, der es lebt«607. Zwar steht es nicht zur Debatte, dass das Heil ein Gnadenwirken Gottes voraussetzt, doch Sta˘niloae interpretierte das östliche soteriologische Prinzip der Synergie dahingehend, dass im Heilsprozess »die Eigenschaften des Menschen nicht in der Gnade zerschmelzen«608. Daraus folge, dass auch die »nationale Qualität, die nichts anderes ist als eine allgemeine Form der Seele, sich in der Gnade nicht auflöst, sondern die Gnade lässt sich in die Prägung der nationalen Seele gießen, indem sie diese seelische Qualität erhöht.«609 Jedes Volk trage also eine unterschiedliche Prägung göttlich-menschlicher Synergie, weil die Gnade in der jeweiligen kulturell-nationalen Farbe zum Ausdruck komme: »Es ist offensichtlich, dass jedes Volk das in anderer Form realisierte Christentum darstellt.«610 Hingegen könne im »Katholizismus«, »die nationale Qualität nicht zu einer übernatürlichen Qualität werden«611, weil in ihm die Gnade die Natur nicht wirklich verwandle. Während im Katholizismus die Rede

602 603 604 605 606 607 608 609 610 611

Ebd., 22. Ebd., 21. Ebd., 23–24. Ebd., 25. Ebd., 26. Ebd. Ebd., 31. Ebd. Ebd., 33. Ebd., 27.

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von einer »Nationalisierung des Christentums eine Blasphemie«612 wäre, glaube die Orthodoxie an einen »edlen, christlichen, moralischen Nationalismus«613. Durch die Kopplung der »Nation« mit dem theologischen Begriff der »menschlichen Natur« (in der Form des Postulats ihrer unzertrennlichen Einheit614) sowie durch die soteriologische Durchdeklinierung des östlichen Synergie-Prinzips erhob Sta˘niloae das »Nationale« zu einer anthropologisch-soteriologischen Größe und damit zu einem theologischen Prinzip. Nicht einfach nur die inkarnatorische Bejahung der Geschichte macht aus Sta˘niloaes Sicht eine theologische Berücksichtigung der verschiedenen nationalen Kulturen notwendig, sondern – und darin liegt die Fragwürdigkeit seines Unterfangens – auch die soteriologisch-eschatologische Perspektive. Es ging ihm nicht nur um eine Berücksichtigung der jeweiligen Inkulturation des Christentums, sondern um eine theologische Aufwertung des Nation-Begriffs als solchen – über die Geschichte hinaus. Als Qualitäten des Menschlichen seien die Nationen »[…] ewig in Gott; Gott will sie alle; in jeder von ihnen liegt eine Nuance aus seiner ewigen Spiritualität«615. Die Auseinandersetzung mit dem römisch-katholischen Standpunkt nimmt im nationaltheologischen Programm Sta˘niloaes eine zentrale Stellung ein. Die zwischen 1934–1939 einzeln veröffentlichten und 1939 als Buch (»Orthodoxie und Rumänentum«) publizierten Aufsätze haben nicht alle die Nation zum Hauptthema, sondern befassen sich auch mit fundamentaltheologischen Themen (das Böse, Verhältnis Wort -Tat, Verhältnis Staat-Kirche), mit innerkichlichen Debatten (die Frage der Visionen bei Petrache Lupu) oder mit geistlichen Impulsen. Dennoch sind die meisten von ihnen durchdrungen von einer offenen oder zumindest unterschwelligen Auseinandersetzung mit dem »Katholizismus« und nur in Einzelfällen mit dem Protestantismus (wobei hier die Auseinandersetzung mit einzelnen Theologen wie Brunner, Barth und Gogarten Vorrang hat616). Sta˘niloae entfaltete die Theologie und die spirituellen Konstanten des Rumänentums im Kontrast mit dem »Fremden«, wobei darunter der »Katholizismus«, die »Römisch-Katholische Kirche«617, aber auch »die westlichen Völker«618 oder der »Westen«619 schlechthin gemeint sind. Vor allem der Katholizismus diente 612 Ebd., 35. 613 Ebd., 36. 614 »Das Humanum und das Nationale […] sind unzertrennlich geeeint, auf tiefste und geheimnisvollste Art« (ebd., 43). 615 Ebd. 616 Vgl. ebd., 241–259; 261–272. 617 Vgl. etwa ebd., 198–201. 618 Vgl. ebd., 69. 619 Vgl. ebd., 72.

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dem rumänischen Theologen als Kontrastfolie für die (alle exklusiv positiven) Eigenschaften der Orthodoxie bzw. des orthodoxen Rumänentums. Man könnte – anhand der Aufsätze im Band »Orthodoxie und Rumänentum« – ein tabellarisches »Phantombild« des »Katholizismus« im frühen Denken Dumitru Sta˘niloaes entwerfen. »Katholizismus« Trennung Natur-Übernatur; das Heil bejaht nicht die Natur des Menschen621

»Orthodoxes Rumänentum« bzw. »Orthodoxie«620 Einheit Natur-Übernatur; das Heil bejaht das (nationale) Spezifikum jedes Menschen;

Trennung zwischen nationaler Konkretisierung und soteriologischer Perspektive des Menschen622 Nationalismus als Blasphemie624

das Menschliche und das Nationale sind unzertrennlich geeint; die Nationen sind »ewig in Gott«623; moralischer, edler Nationalismus ist eine logische Konsequenz des ostkirchlichen Denkens625; die Orthodoxie ist »Hüterin der Nationalität jedes Volkes«626

uniformistische Ökumenizität (Christentum als Ideensystem)627 Kirche als abstrakte, monotone Einheit629

symphonische Ökumenizität (Christentum als Leben)628 Kirche ist die harmonische Einheit von verschiedenen Kulturen und Nationen; Christentum ist »supranational und national zugleich«630

620 Manche Eigenschaften träfen speziell auf das rumänische Volk zu, andere auf die Orthodoxie als ganze. Sta˘niloae ist jedoch vom represäntativen Charakter der rumänischen Nation in Sachen Orthodoxie tief überzeugt: »Das am meisten von der orthodoxen Spiritualität geprägte Volk ist das rumänische Volk. Es ist christlich geboren worden. Es hat keine andere religiöse Struktur an seinem Fundament, als die christliche […]« (ebd., 76). 621 Vgl. ebd., 35. 622 Vgl. ebd. 623 Vgl. ebd., 43, 61. 624 Vgl., ebd., 35. 625 Vgl. ebd., 36. 626 Ders., Ortodoxia, pava˘za˘ a nat,ionalita˘t,ii noastre, in: TR 89 (45/2. 11. 1941) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie II, 844. 627 Vgl. Ders., Ortodoxie s,i românism, 33. Noch im Jahre 1941 stellte Sta˘niloae dem »uniformistischen« System des Katholizismus (das u. a. nicht nur eine einheitliche, zentralistische Administration, sondern auch »einen übernationalen und übernatürlichen Lebensstil« prägen wolle) die Orthodoxie gegenüber, die die »schöpferische Freiheit des ethnischen Geistes« bewahre. Vgl. Ders., Ortodoxia, pava˘za˘ a nat,ionalita˘t,ii, 842–843. 628 Vgl. Ders., Ortodoxie s,i românism, 34. 629 Vgl. ebd., 53. 630 Vgl. ebd., 34.

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(Fortsetzung) »Katholizismus«

»Orthodoxes Rumänentum« bzw. »Orthodoxie«620 personal634 und gemeinschaftlich635

individualistisch631 und kollektivistisch632 (das Desinteresse gegenüber der Person ist Folge der Filioque-Lehre633) juridischer Zugang636 (vgl. auch Satisfakti- geistlicher und ganzheitlicher Zugang onslehre637) zentralistisch und autoritär638 Überdogmatisierung

diversitätsbejahend, freilassend weniger dogmatisch, erlaubt ständige Modernisierung639, ist kultur- und philosophieoffen

anthropozentrisch, Natur wird missbraucht640 optimistisch, utopisch, abenteuerlustig642

naturverbunden641 demütig, defensiv, realistisch643

Staat-Kirche-Verhältnis: Kirche will weltli- Kirche respektiert den Staat, da der Staat cher »Über-Staat« sein oder ein »Staat in »Teil der Natur« ist und als solcher von der allen Staaten«644 Kirche nicht ersetzt werden kann645; Kirche und Staat befinden sich auf unterschiedlichen Ebenen, beide sind aber »selbstständige Wirkungsweisen Gottes gegenüber dem Bösen«646; Staat und seine Vertreter brauchen »Vergebung« durch die Kirche647

Auch wenn die Gefahr einer solchen tabellarischen Gegenüberstellung darin besteht, eine aus dem Kontext gerissene Hermeneutik zu entwerfen, führt sie dennoch vor Augen, dass für den frühen Sta˘niloae der »Katholizismus« die Rolle einer Kontrastfläche einnimmt, die die positiven Attribute der (rumänischen) Orthodoxie illustrieren soll. Dass er dafür Äußerungen einzelner römisch-ka631 632 633 634 635 636 637 638 639 640 641 642 643 644 645 646 647

Vgl. ebd., 70. Vlg. ebd., 61. Vgl. ebd., 72. Vgl. ebd., 70. Vgl. ebd., 71. Vgl. ebd., 61, 67. Vgl. ebd., 281. Vgl. ebd., 61, 73. Vgl. ebd., 59, 65. Vgl. ebd., 69. Vgl. ebd. Vgl. ebd., 74. Vgl. ebd., 77–81. Vgl. ebd., 201. Vgl. ebd., 208. Vlg. ebd., 199. Vgl. ebd., 209.

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tholischer Theologen (wie etwa die Kolonialgedanken Wilhelm Moocks) übernahm und auf die Gesamtheit der Römisch-Katholischen Kirche übertrug, wurde bereits in der Sta˘niloae-Forschung von Michael Weber herausgearbeitet.648 Auch wenn Sta˘niloae im Vergleich mit den vom Nationalismus und rechtsextremen Gedankengut noch viel deutlicher geprägten Intellektuellen oder Theologen der 1930er Jahre (wie Nichifor Crainic) meistens um eine Entpolitisierung und Desideologisierung der Theologie bemüht war649, blieb er im interkonfessionellen Denken einer starken, dichotomischen Typologie der Überlegenheit gegenüber den westlichen Kirchen verhaftet.650

3.3.4. Praktische Konsequenzen: Befreiung von den westlichen (katholischen) Ausbildungsmodellen und Aufforderung zur Rückkehr der Unierten Dieses dichotome Vergleichsdenken prägt nicht nur die Artikel in »Gândirea«, sondern auch Sta˘niloaes zahlreiche Aufsätze in der Zeitschrift »Telegraful român«, deren Hauptredakteur er in der Zeit von 1934–1945 war651. Sta˘niloae blieb nicht bei einer theoretischen und interkonfessionellen Polemik, sondern versuchte in einigen Aufsätzen, auch praktische Konsequenzen für eine Befrei648 Vgl. Michael Weber, Der geistig-geistliche Mensch im Konzept der Gnade bei Dumitru Sta˘niloae. Eine theologische Untersuchung unter der Berücksichtigung des soziokulturellen Hintergrunds, Berlin 2012, 93–97. 649 »Sta˘niloae was much more open towards internationalism than many of his elders and colleagues, but was still not ready to support it wholeheartedly. » R. Clark, Nationalist and Trinitarian Visions, 214. 650 Am besten zeigt sich das auch bei der Verwendung des Begriffs »Ökumene« (rumänisch: ecumenism). Auch wenn in der Epoche das Konzept erst anfing, sich als Inbegriff der Bemühung für die Einheit der Christen durchzusetzen, ist bemerkenswert, wie Sta˘niloae »Ökumene« mit »Nation« verband. Die Orthodoxe Kirche ist in seiner Sicht nicht einfach »ökumenisch«, sondern »ethnisch-ökumenisch«, weil in ihrer Einheit »die Vereinbarung von nationalen autokephalen Kirchen« zum Ausdruck komme. Vgl. Dumitru Sta˘niloae, Actualitatea Ortodoxiei, in: TR 90 (36/30. 08. 1942) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 264. An anderer Stelle lobt Sta˘niloae die Orthodoxie dafür, dass sie »national« wäre, »ohne zugleich aufzuhören, supranational und ökumenisch zu sein« und kritisiert den »Katholizismus«, weil er »nicht an der ökumenischen Bewegung des Christentums teilnimmt, sondern im Gegenteil die anderen Zweige des Christentums mit seinem Proselytismus stört […]« Ders., Sentint,e care nu rezista˘, 580–581. Vgl. die Kritik dieses frühen, »ökumenischen« Ansatzes Sta˘niloaes bei Andreea Nanu, Nae Ionescu, Nichifor Crainic, Dumitru Sta˘niloae: un ecumenism interbelic? Repere pentru o definit,ie a ortodoxiei românes,ti, in: Studia Politica: Romanian Political Science Review 7 (3/2007) 629–630. 651 Siehe (außer den bereits zitierten): Dumitru Sta˘niloae, Desfiint,area Centrului catolic, in: TR 81 (59/12. 08. 1933) 1, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 323–326] – wo Sta˘niloae für die Entpolitisierung des Katholizismus plädiert; Ders., Cres,tinism s,i nat,iune – raportul lor în catolicism, in: TR 82 (16/15. 04. 1934) 1, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 456– 464].

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ung von jeglichem weiteren katholischen Einfluss zu ziehen. So formulierte er im Jahr 1933 einen Appell zur »Reorganisierung der theologischen Fakultäten«652, dessen Hauptbotschaft nicht nur die stärkere Betonung der Theologie als erfahrungsbasierte, ekklesiale »Reflexion über das religiöse christliche Leben«653 sei, sondern auch die damit verbundene Befreiung vom Ansatz einer Theologie als »Wissenschaft, die nichts mit dem religiösen Leben«654 gemeinsam habe. Gemeint ist dabei eine philologische Ausrichtung des theologischen Studiums (wie z. B. das Erlernen der alten Sprachen), die typisch für die westlich-theologischen Fakultäten sei. Er rief dazu auf, weniger Philologie und orientalische Studien und mehr Dogmatik (zum Verständnis dessen, dass »der Geist der anderen Konfessionen und Sekten in Widerspruch zum Geist der Orthodoxie«655 stehe), Pastoral und Katechetik zu betreiben. Sta˘niloae wurde im Rahmen dieses Diskurses sehr polemisch und offenbarte – wie drei Jahre später Georges Florovsky in Athen – das tiefe Bedürfnis nach einer Befreiung von den westlichen Modellen: »Wir sollten nicht mehr die Affen [der Fakultäten; I.M.] von Paris und Berlin sein, sondern müssen anfangen, auf eigenen Beinen zu stehen. […] Den Kampf mit der zukünftigen katholischen Fakultät wird man nicht auf dem Feld der orientalischen Studien führen können. Lass die Katholiken orientalische Studien machen! Wenn der Studierende von einer Veranstaltung, bei der er seine Zunge mit der Aussprache eines aramäischen Verbs gebrochen hat, zu einer Veranstaltung gehen wird, wo er die bezauberne orthodoxe Anschauung vermittelt bekommt, in der orthodoxen Fakultät, werden wir sicher sein, dass er definitiv unser bleiben wird.«656

Dennoch war Sta˘niloae bei dieser antiwestlichen Erneuerungsstrategie nicht konsequent. Ein Jahr später wiederholte er denselben Aufruf für eine Implementierung der Theologie als »Wissenschaft der geistigen Neuerfahrung der kirchlichen Wahrheiten«657, sah dafür aber auch die Stärkung der biblischen Studien als notwendig. Hierfür gab er als Vorbild die anglikanische Ausbildung an: »In unseren theologischen Schulen wird die Bibel nicht so viel unterrichtet wie in England […]; man müsste auch bei uns mehr [biblische Studien; I.M.] unterrichten, denn unsere Priester kennen kaum den Inhalt der Bibel so gut, wie ihn die Sektierer kennen.«658 Dieselbe Ambivalenz findet man auch in seinen 652 Ders., Reorganizarea faculta˘t,ilor de teologie, in: TR 81 (53/1. 08. 1933) 1–2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 313–319. 653 Ebd., 315. 654 Ebd. 655 Ebd., 316. 656 Ebd. 657 Ders., Înva˘t,a˘mântul teologic în alte t,a˘ri, in: TR 82 (40/30. 09. 1934) 2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 496. 658 Ebd., 495–496.

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sozial-theologischen Plädoyers zu einer Ausweitung des kirchlichen Wirkungsbereichs im Sinne der Bildung von sozial-karitativen Institutionen; auch hier folgt Sta˘niloae westkirchlichen Modellen, auch wenn er das nicht direkt zugibt.659 Die Ambivalenz dieses Diskurses ist dabei hausgemacht, denn Sta˘niloae wusste um die »lateinische« Prägung der rumänischen Orthodoxie und betonte mehrfach dessen einzigartigen Charakter unter den orthodoxen Völkern.660 Die »Synthese zwischen Latinität und Orthodoxie« sei ein einzigartiges »Privileg«661 des rumänischen Volkes. Das »Lateinische« stehe in diesem Zusammenhang für den »positivistischen, praktischen, rationalistischen Pol«662, während die Orthodoxie von sich aus das »Mystische« hereinbringe. Beides finde sich in der rumänischen Orthodoxie in einer einzigartigen, spirituell-theologischen Harmonie ausgeprägt, in der sowohl die Wachsamkeit der ratio als auch die Kontemplativität zum Zuge kommen. Das antiwestliche, antikatholische Programm kann demgemäß kein absolutes sein, sonst würde auch die lateinische Identität der rumänischen Orthodoxie zur Debatte stehen. Diese Aporie versuchte Sta˘niloae aufzulösen, indem er vor »zu viel Latinität« warnte: »Wir haben in uns so viel Latinität, dass wir uns in der großen Gefahr befinden, jegliche ethnische Originalität zu verlieren, indem wir ständig versucht werden, Wörter und Lebensformen von einem der großen lateinischen Völker zu übernehmen […]«663.

Sein Lösungsansatz bleibt letztendlich vage: Die Latinität sei Segen und Fluch zugleich, und darin zeige sich die ganze innere Spannung der ständigen Auseinandersetzung mit der unierten Theologie, die auf derselben Diskursebene die Erfüllung der lateinischen Identität der Rumänen in der Einheit mit dem lateinischen Rom sah. Diese innere Spannung zwischen orthodoxen und unierten Rumänen wurde von Sta˘niloae meistens auf einer praktischen Ebene thematisiert, als ein Bruch in der spirituellen Einheit des rumänischen Volkes, deren Identität nur orthodox sein könne. Ohne die Orthodoxie wäre die rumänische Latinität die »seelenleerste von allen«664. Dieser Aspekt erklärt auch, warum in der Sicht des frühen Sta˘niloae die praktische Dimension der konfessionellen Probleme letzendlich wichtiger war als die dogmatische. Während »man in München und Athen die dogmatischen Unterschiede zwischen Orthodoxen und Katholiken akademisch 659 Vgl. Ders., Organizarea carita˘t,ii publice, in: TR 82 (37/09. 09. 1934) 1–2, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 481–485. 660 Ders., Latinitate s,i Ortodoxie (I), in: TR 87 (4/22. 01. 1939) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie II, 368–374. Ders., Latinitate s,i Ortodoxie (II), in: TR 87 (6/5. 02. 1939) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie II, 375–381. 661 Vgl. Ders., Latinitate s,i Ortodoxie (II), 378. 662 Ebd., 379. 663 Ebd., 375. 664 Ebd., 380.

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mit intellektuellen Finessen« diskutieren könne, spüre man in Siebenbürgen all die »kleinen Unterschiede im Dogma, im Kultus, in der Disziplin usw.«, die »die Bediensteten des Vatikans in das Bewusstsein der unierten Bevölkerung einzuschleichen versuchen«, als eine tiefe und schmerzhafte Erfahrung »im Fleisch unseres Herzens«665. Der rumänische Theologe plädierte daraufhin für eine Entschärfung der praktischen Konflikte, damit auch die dogmatischen Unterschiede überwunden werden könnten: »Wenn wir den praktischen Konflikt beseitigen, dann stellen die dogmatischen Unterschiede kein Hindernis mehr dar für gegenseitige Toleranz oder sogar Freundschaft.«666 Mit der »Beseitigung des praktischen Konflikts« meinte Sta˘niloae nichts anderes als den Verzicht der Römisch-Katholischen Kirche auf das Modell des Uniatismus – des »Zankapfels«667 zwischen Ost und West. Würden die »unierten rumänischen Geschwister«668 »nach Hause zurückkehren«669, dann hätten die Orthodoxen »andere, bessere und geschwisterlichere Gefühle für die römisch-katholische Konfession«670. Den Aufruf zur Rückkehr der Unierten in den Schoß der rumänischen Orthodoxie hat Sta˘niloae in den Aufsätzen der 1930er Jahre mehrfach wiederholt671 – im Kontext der Epoche sicherlich nichts Ungewöhnliches für beide Seiten.

3.4. Fazit Man könnte die Ergebnisse dieses Teils unserer Untersuchung zugespitzt folgendermaßen auf den Punkt bringen: Während es am Anfang des 20. Jh. der rumänischsprachigen orthodoxen Theologie vor allem um eine Öffnung zur Welt und um eine Bildungserneuerung im Dienste der Pastoral ging (Nicolae Ba˘lan), entwickelte sie vor allem nach dem Ersten Weltkrieg immer mehr ihr konfessionelles Profil im Sinne einer »Ethnotheologie«, d. h. eines national argumentierten Selbstwusstseins. Die vermeintliche Diskrepanz zwischen der Offenheit zur modernen Kultur einerseits und dem Einsatz für ein national-kirchliches Modell andererseits relativiert sich, wenn man berücksichtigt, dass der Natio-

665 Ders., Condit,ia principala˘ a apropierii dintre Biserica Ortodoxa˘ s,i cea Catolica˘ (I), in: TR 84 (13/22. 03. 1936) 1, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 827. 666 Ebd. 667 Ders., Condit,ia principala˘ a apropierii dintre Biserica Ortodoxa˘ s,i cea Catolica˘ (II), in: TR 84 (15/5. 04. 1936) 1, zitiert nach Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 830. 668 Ebd., 831. 669 Ebd. 670 Ebd. 671 Vgl. Ders., Unificare religioasa˘, 792. Ders., Latinitate s,i Ortodoxie (I), 373.

Fazit

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nalismus im 19. Jh. als modernes Phänomen wahrgenommen und die Bildung u. a. als Mittel für die Stärkung der nationalen Identität verstanden wurde: »Orthodox churches adapted to the modern character of nationalism through innovatory changes, the most significant of which was education, a prime factor in fostering national cohesion. The establishment of primary schools, seminaries, and faculties of theology in the region ensured both the training of the clergy and provided a unified view of the nation. From this perspective, education within the church milieu promoted both the process of ‚invention‹ and ‚imagination‹ of the nation.«672

Auf jedem Fall war in beiden Etappen – die wir hier »kulturelles« und »nationales Paradigma« genannt haben – die Gegenüberstellung der westlichen, insbesondere der römisch-katholischen Identität und der (rumänisch-)orthodoxen von großer Bedeutung. Zwar spielte bei Nicolae Ba˘lan und Iuliu Scriban der pro-modernistische Kurs nicht einfach nur die Rolle eines antikatholischen Zauberarguments – deshalb ist die am Anfang formulierte Frage, inwiefern das Bekenntnis zur modernen Kultur ein binnenkirchliches Erneuerungsprogramm oder nur ein antikatholisches Argumentationsinstrument darstellte, mit der ersten Variante zu beantworten. Dennoch hatte die interkonfessionelle Profilierung ein tragendes Gewicht. Dies zeigt einen gewissen latenten Widerspruch der rumänischsprachigen Theologie: Einerseits wurde das Lokale, Regionale, Kulturelle betont, andererseits spürten Theologen wie Scriban, Ba˘lan, aber auch Sta˘niloae ständig die innere Notwendigkeit, über Entwicklungen in den westlichen Kirchen zu informieren, sich dazu zu positionieren usw. Die rumänische Theologie lebte also in einem ständigen Kontakt zum Westen, sie wollte und konnte das Leben vor allem der römischkatholischen Theologie und Kirche nicht ignorieren. Das gilt insbesondere für die Theologen in Siebenbürgen, sowohl in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jh. als auch nach der Vereinigung mit dem Königreich Rumänien. Hinter dieser Faszination, die der Westen auf die orthodoxe Theologie ausübte, könnte nicht einfach das Bewusstsein einer hohen wissenschaftlichen Überlegenheit des Westens gegenüber dem Osten, sondern vor allem der »Druck von unten« vermutet werden: Die multikonfessionelle Realität einer inzwischen stabilen Konvivenz in Siebenbürgen führte zu einer ständigen Berücksichtigung des Anderen im eigenen Profil. Diese Berücksichtigung ist nicht auf Polemik zu reduzieren – genau darin liegt eine der größten Überraschungen dieser Untersuchung. Neben den klassischen Vorwürfen, neben den typischen exklusivistischen Begriffen und Haltungen einzelner Theologen, gilt es, eine Kultur der Konvivenz zu erkennen, die die ekklesiale Realität des Anderen voll und ganz bejaht, ja sogar schätzt. Im Unterschied zu Forschern wie Ciprian Ghis,a, die dem 672 Lucian N. Leustean, Orthodox Christianity and Nationalism: An Introduction, in: Ders. (Hg.), Orthodox Christianity and Nationalism, 8.

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Vom kulturellen zum nationalen Paradigma (1900–1945)

orthodoxen Diskurs dieser Zeit über den Katholizismus nichts Positives abgewinnen können, wurden hierbei einige dialogische Ansätze erkannt und gewürdigt. Vor allem gilt es die Ambivalenz zwischen theologischer Polemik auf der Ebene der Schultheologie und der ekklesialen Konvivenz im Alltag zu unterstreichen. Das äußerst sensible und komplexe Kapitel der Verbindung zwischen Nationalismus und Theologie konnte im Rahmen dieser Arbeit nur anhand der Aufsätze Dumitru Sta˘niloaes aus den 1930er Jahren untersucht werden. Die rumänische Theologie hat es bis heute nicht geschafft, die »ethnotheologischen« Visionen Sta˘niloaes zu entzaubern; dieses Thema wird meistens vermieden. Westliche Theologen wie Jürgen Henkel und Michael Weber haben hier einen Weg der empathischen und zugleich kritischen Interpretation gesucht: Weber weist einerseits auf die »entscheidenden Fehler«673 in der Argumentation Sta˘niloaes zur Idealisierung des »Rumänen« hin, er würdigt aber auch die »hinter der nationalistischen Sprache« verborgene »ernsthafte Bemühung um einen sinnvollen kollektiven Moralkodex«674. Seine Schlussfolgerung fällt wohlwollend aus: »[…] es wäre unbegründet, ihn voreilig als nationalistisch argumentierenden Theologen abzustempeln, nur weil er für die Erneuerung des Rumänentums im Sinne des orthodox geprägten Nationsgedankens eintritt«675. Auch Henkel kritisiert, dass das »Konzept eines rumänischen orthodoxen Nationalethos« stark »apodiktisch und romantisch«676 konstruiert sei, was letzendlich an »der Wirklichkeit scheitern« würde. Andererseits beinhalte gerade diese patriotische und »politische Utopie«677 Sta˘niloaes die Chance, »aufgezeigt zu haben, wie neben dem Einzelnen und der christlichen Gemeinde auch das Volk unter dem Anspruch Gottes und in der Heilswirklichkeit der Erlösung durch Jesus Christus steht«678. Mit dem Anspruch, den Begriff neam (Nation, Volk) zu einer theologisch – soteriologisch und sogar eschatologisch – relevanten Größe zu konstruieren, wagte Sta˘niloae einen Spagat, der nicht nur aus systematischer Sicht Fragen aufwirft, sondern auch hinsichtlich der interkonfessionellen Überlegenheitstypologie, auf die er als Instrument seiner Argumentation zurückgriff. Die fehlende Auseinandersetzung mit den inhärenten Schwächen der Orthodoxie in der Ge673 674 675 676

M. Weber, Der geistig-geistliche Mensch, 111. Ebd., 116. Ebd., 114. J. Henkel, Eros und Ethos, 310. Henkel betont auch, dass die theologische Begründung des Nationalismus durch Sta˘niloae »für westliches Denken heute schwar nachvollziehbar« sei und dass daran »die Eigenart der Orthodoxie, ihre enge Amalgamierung mit dem Nationalen« sichtbar würde (ebd., 301–302). 677 Ebd., 311. 678 Ebd., 315.

Fazit

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schichte und in der Gegenwart sowie die ständige Verlagerung aller negativen Attribute auf die Schale des westlichen Christentums (meistens des »Katholizismus«) zeigen u. a. die Grenzen seiner Typologie. Dass er dabei stilistisch und methodologisch ins Karikaturhafte679 abdriftet, indem er Thesen einzelner römisch-katholischer Theologen zum Inbegriff des »Katholizismus« hochstilisiert, zeigt, wie leidenschaftlich die orthodox-unierte Debatte in den 1930er Jahren geführt wurde. Die Ambivalenz dieses Programms zeigt sich gerade dort, wo Sta˘niloae aus der Praxis des westlichen Christentums inspirierte, pastorale und sozial-ethische Erneuerungsimpulse (wie Bibelvertiefung, sozial-karitative Tätigkeit) formuliert, oder wenn er die »lateinische« Prägung der rumänischen Orthodoxie als Brücke definieren muss und damit die kulturelle Verwandtschaft mit dem westlichen Christentum (Rationalismus) nicht verschweigen kann. Auf jeden Fall gilt es, aus diesem konfessionellen Selbstporträt nicht nur die anti-westliche oder anti-katholische Dimension abzulesen, sondern auch die Bemühung, Desiderate der Moderne mit der Orthodoxie in Verbindung zu bringen. In den Augen Sta˘niloaes ist die Orthodoxie personbezogen, diversitätsbejahend, freilassend, naturverbunden, undogmatisch, kultur- und philosophieoffen. Mit solchen Attributen könnte eine Kirche auch im 21. Jahrhundert gut vorankommen. Der Verdienst des – damals jungen – rumänischen Theologen besteht also durchaus auch darin, die Impulse der Moderne rechtzeitig erkannt und, wenn auch durch eine fragwürdige typologische Methodologie, sie als mit der Orthodoxie kongruent behauptet zu haben.

679 »[…] especially in the first part of his academic career, Sta˘niloae used caricatures, unfair generalizations, and his sources are sometimes hard to trace.« Radu Bordeianu, Dumitru Sta˘niloae: An Ecumenical Ecclesiology, London – New York 2011, 21.

4.

Die Politisierung der Interkonfessionalität und das komparatistische Paradigma (1945–1960)

4.1. Politische Wende und kirchenpolitisch-theologische Neuorientierung Am 23. August 1944 kündigte König Michael von Rumänien das Bündnis mit Hitler und stellte Rumänien auf die Seite der Allierten. Dieser bedeutende Staatsakt, der bis heute für Kontroversen in der rumänischen Geschichtsschreibung und Gesellschaft sorgt, hatte die Instaurierung der sowjetischen Armee in Rumänien zur Folge, die weniger als Alliierte als vielmehr als Besatzungsmacht agierte. Bereits im Oktober 1944 sicherte Churchill der Sowjetmacht den Einfluss in Rumänien zu680 – mit verheerenden Folgen für die Menschen, die noch auf eine bürgerlich-demokratische Wiederaufbauregierung hofften. Von einer insignifikanten Minderheit avancierte die kommunistische Partei daraufhin in kürzester Zeit zur Regierungspartei und stellte bereits am 5. März 1945 Petru Groza als Ministerpräsidenten. Nach drei Jahren vergeblichen Widerstands musste auch König Michael unter dem Druck der Kommunisten am 30. Dezember 1947 abdanken und ins Exil gehen. Die militärpolitische Wende führte also bald zu einem totalitären, kommunistischen Regime681, das, nach russischem Modell, die Religion entweder ganz ausrotten oder im besten Fall instrumentalisieren wollte: »In Romania, the traditional churches and the cults were forced to take over the Soviet subordination system imposed by the Communist Party. […] The anti-religious re-

680 Helmut Altrichter, Walther L. Bernecker, Geschichte Europas im 20. Jahrhundert, Stuttgart 2004, 258. 681 Zum historischen Hintergrund der kommunistischen Herrschaft in Rumänien vgl. Petra Schaser, Gerald Volkmer, Rumänien unter kommunistischer Herrschaft, in: Thede Kahl, Michael Metzeltin, Mihai-Ra˘zvan Ungureanu (Hg.), Rumänien. Raum und Bevölkerung. Geschichte und Geschichtsbilder. Kultur. Gesellschaft und Politik heute. Wirtschaft. Recht und Verfassung. Historische Regionen, Wien – Münster 2006, 297–312.

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Die Politisierung der Interkonfessionalität

pression model applied in Romania, between 1944 and 1989, basically reproduced the ideology and policy of the Communist Party of the Soviet Union and of the NKVD.«682

Die Art und Weise, wie die Rumänische Orthodoxe Kirche die harten Jahrzehnte des Kommunismus (1945–1989) durchgemacht hat, ist eines der schwierigsten und komplexesten Themen der zeitgenössischen (Kirchen-)Geschichtsschreibung Rumäniens,683 und die Aufarbeitung dieser Geschichte mit all ihren Schatten ist noch nicht abgeschlossen.684 Fest steht, dass die Kirche in den ersten Jahren ihr Wirken im öffentlichen Raum aufgeben (Abschaffung des Religionsunterrichts, der Krankenhaus- und Militärseelsorge) oder massiv einschränken (Abschaffung der meisten theologischen Fakuläten, Hochschulakademien und Priesterseminare, Abschaffung der Diözesanblätter) und für ihr Überleben eine eigene »Überlebenspolitik«685 entwickeln musste.686 682 Paul Caravia, Introductory Study, in: Ders., Virgiliu Constantinescu, Florin Sta˘nescu, The Imprisoned Church. Romania, 1944–1989, hg. von The Romanian Academy. The National Institute for the Study of Totalitarism, Bucharest 1999, 13. 683 Einige Beiträge, die von orthodoxen Kirchenhistorikern publiziert worden sind: GeorgeEugen Enache, Adrian-Nicolae Petcu, Ionut,-Alexandru Tudorie, Paul Brusanowski, Biserica Ortodoxa˘ Româna˘ în anii regimului comunist. Observat,ii pe marginea capitolului dedicat cultelor din raportul final al Comisiei Prezident,iale pentru analiza dictaturii comuniste din România, in: ST 5 (2/2009) 7–104. Ion Vicovan, Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche während des Kommunismus (1945–1989), in: International Journal of Orthodox Theology 4 (1/2013) 167–188. Adrian Gabor, Adrian Nicolae Petcu, Biserica Ortodoxa˘ Româna˘ ¸si puterea comunista˘ în timpul Patriarhului Justinian Marina, in: Anuarul Faculta˘¸tii de Teologie Ortodoxa˘ »Patriarhul Justinian«, Bukarest 2002, 93–154; Adrian Nicolae Petcu (Hg.), Partidul, Securitatea s,i Cultele (1945–1989), Bukarest 2005; I. V. Leb, Die Rumänische Orthodoxe Kirche, 99–112. Akzentunterschiede in der historischen Evaluierung der Beziehung zwischen Kirchenführung und kommunistischem Staat sind bei Werken profaner Historiker zu finden: vgl. etwa Lucian Leus,tean, Orthodoxy and the Cold War. Religion and Political Power in Romania. 1947–1965, Basingstoke 2009. Erwähnenswert ist die jüngste Initiative des Rumänischen Patriarchats, das Jahr 2017 als »Gedenkjahr des Patriarchen Justinian und der Bekenner der Orthodoxie während des Kommunismus« zu proklamieren. Im Zuge dessen wurden mehrere wissenschaftliche Tagungen abgehalten; die bevorstehende Veröffentlichung der jeweiligen Beiträge könnte etwas mehr Bewegung in die Kirchengeschichtsschreibung und selbstkritische Bereitschaft für die Aufarbeitung dieser Zeit bringen. Eine Enzyklopädie aller inhaftierten orthodoxen Laien und Priester im Kommunismus ist anlässlich dieses Gedenkjahres erschienen: Adrian Nicolae Petcu (Hg.), Dict,ionarul clericilor s,i mirenilor ortodocs,i români ma˘rturisitori în detent,ia comunista˘ (1945–1989), Bukarest 2017. 684 Zu den bleibenden Herausforderungen der Aufarbeitung und Bewertung sowohl der Zwischenkriegszeit als auch der kommunistischen Zeit durch die zeitgenössische Rumänische Orthodoxe Kirche und Theologie vgl. Iuliana Conovici, Re-weaving Memory. Representations of the Interwar and Communist Periods in the Romanian Orthodox Church after 1989, in: JSRI 12 (35/2013) 109–131. 685 Mihai Sa˘sa˘ujan, Academia de Teologie Ortodoxa˘ din Arad în perioada interbelica˘, Contribut,ii la istoria înva˘t,a˘mântului teologic românesc, Arad 2004, 264. 686 Eine sachliche Dokumentation über die Beziehung zwischen kommunistischem Staat und Rumänischer Orthodoxer Kirche in den ersten Jahren des Kommunismus mit einem

Politische Wende und kirchenpolitisch-theologische Neuorientierung

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Damit verbunden war aber eine »Diskreditierung der alten theologischen Ausbildung«687: Man verpflichtete die zwei noch gebliebenen theologischen Institute (Bukarest und Sibiu), in der theologischen Ausbildung die neuen »missionarischen« Anforderungen der Zeit (beispielweise den Beitrag der Priesterschaft zur Kollektivisierung) zu berücksichtigen: »[…] die Argumente für die Kollektivisierung wurden gemeinsam mit denen der Spiritualität, des Fastens und des Gebetes vorgetragen«688, so der Kirchenhistoriker Sa˘sa˘ujan. Getragen von der Angst, das Schicksal der Orthodoxen Kirche in der Sowjetunion zu teilen, bemühte sich die Kirche sowohl in der Übergangszeit (1944– 1948) als auch nach der Instaurierung des totalitären Staates um Kooperation mit den neuen Machthabern. Regimekritische Bischöfe mussten abtreten, wurden pensioniert oder starben »unter rätselhaften Gegebenheiten«689, wie beispielweise Patriarch Nikodim im Jahre 1947. Nach der dadurch erwirkten personellen Neuaufstellung der Hierarchie suchte die Regierung einen Weg, die Mehrheitskirche zu kontrollieren, wohl aber nicht in ihrem liturgisch-pastoralen Dienst zu hindern. Dazu schreibt der orthodoxe Kirchenhistoriker Brusanowksi: »Das Verhältnis zwischen den orthodoxen Bischöfen und der neuen Regierung aus Bukarest war reziprok. Die rumänischen Kommunisten […] konnten die historische Rolle der Rumänischen Orthodoxen Kirche und deren Popularität innerhalb des Volkes nicht unberücksichtigt lassen […].«690

Zum Spezifikum des rumänischen orthodoxen »modus vivendi«691 während des Kommunismus gehört auch die Tatsache, dass die Rumänische Orthodoxe Kirche, verglichen mit den Mehrheitskirchen in anderen Ostblockstaaten, eine relativ gute Position beibehalten konnte. Dies zeigte sich beispielweise in staatlichen Subventionen für den Klerus, in der Ermöglichung zahlreicher Veröffentlichungen theologischer und liturgischer Bücher oder in einer relativen Sichtbarkeit (des

687 688 689 690

691

Schwerpunkt auf der Gesetzgebung siehe bei P. Brusanowski, Rumänisch-orthodoxe Kirchenordnungen (1786–2008), 384–407. Ein Beispiel (Erzbistum Arad) für die verheerenden Konsequenzen auf die Ausbildungskultur und die theologische Freiheit, die der Regimewechsel mit sich brachte, siehe bei Mihai Sa˘sa˘ujan, Academia de Teologie Ortodoxa˘ din Arad, 264–280. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 537. Ebd., 538. Vgl. I. V. Leb, Die Rumänische Orthodoxe Kirche, 100. Paul Brusanowski, Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche während und nach der kommunistischen Diktatur. Historische und juristische Perspektiven, in: I. Gabriel, C. Bystricky (Hg.), Kommunismus im Rückblick. Ökumenische Perspektiven aus Ost und West (1989– 2009), Stuttgart 2010, 279–280. Ebd., 282. Zur gesetzlichen Lage und zum 1949 staatlich approbierten neuen Kirchenstatut der Rumänischen Orthodoxen Kirche vgl. I. V. Leb, Die Rumänische Orthodoxe Kirche, 101– 106.

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Die Politisierung der Interkonfessionalität

Patriarchen) im öffentlichen Raum.692 Die zentrale Rolle in dieser (für einige aufgrund ihrer Widerstandsdimension geniale, für andere aufgrund ihres Kompromisscharakters höchst ambivalente) Überlebenspolitik nahm Patriarch Justinian (1948–1977)693 ein. Der orthodoxe Kirchenhistoriker Ion Vicovan schreibt dazu: »Anstelle der in den Ruhestand geschickten Bischöfe oder zum Rücktritt gezwungenen oder sogar zu Tode gefolterten wollten die neuen Führungskräfte ,demokratische Elemente‹ bringen, die der ,neuen Orientierung‹ gutgesinnt waren und zum Schaffen des ,neuen Menschen‹ helfen sollten. Unter denen, der wichtigste war sicherlich der neue Patriarch Justinian Marina, der in der Geschichte wegen seiner besonderen Beziehung zu dem bedeutenden kommunistischen Leader Gheorghe Gheorghiu-Dej von einigen ,der rote Patriarch‹ genannt wurde. Kurz nachdem er zum Patriarchen der Rumänischen Orthodoxen Kirche befördert wurde, verteidigte er wie keiner die Kirche, ihre Hierarchie, den Klerus und die Mönche.«694

Während die Kirchenführung die Errungenschaften der neuen Regierung zumindest formal begrüßte und an bestimmten Stellen Modi des Widerstands und des Bojkottierens entwickelte695, gingen tausende orthodoxe Kleriker und Theologen und abertausende Gläubige wegen politischen Widerstands ins Gefängnis. Genauso schlimm oder noch schlimmer gestaltete sich die Situation in den anderen christlichen Kirchen.696 Aus all den Aspekten, die das Wirken der Rumänischen Orthodoxen Kirche in den ersten Jahren des kommunistischen Regimes kennzeichneten, seien hier nur zwei erwähnt, die für unser Thema besonders relevant sind: 1. Die kirchenpolitische Anbindung der Rumänischen Orthodoxen Kirche und Theologie an die Russische Orthodoxe Kirche in der Sowjetunion. Gleich nach dem Frontwechsel wird seitens der Rumänischen Orthodoxen Kirche eine engere Kooperation mit der Russischen Orthodoxen Kirche initiiert. Im Januar 1945 reiste eine rumänische Delegation nach Moskau, im Mai desselben Jahres folgte der Gegenbesuch der russischen Delegation. Im Jahr 1946 besuchte der rumänische Patriarch die Sowjetunion, ein Jahr später der russische Patriarch Alexej Rumänien.697 Die kirchenpolitische Relevanz der 692 Vgl. Lucian N. Leus,tean, Between Moscow and London: Romanian Orthodoxy and National Communism, 1960–1965, in: The Slavonic and East European Review 85 (3/2007) 491–492. 693 Vgl. dazu Lucian Turcescu, Lavinia Stan, Church Collaboration and Resistance unter Communism Revisited: The Case of Patriarch Justinian Marina (1949–1977), in: Eurostudia – Revue transatlantique de recherche sur l’Europe 10 (1/2015) 75–103. Eine sachliche Würdigung des Patriarchen Justinian siehe bei E. C. Suttner, Kirche und Theologie, 217– 220. 694 I. Vicovan, Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche, 172. 695 Vgl. P. Brusanowski, Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche, 288–289. 696 Vgl. einen Überblick bei P. Caravia, Introductory Study, 14–19. 697 Vgl. P. Brusanowski, Rumänisch-orthodoxe Kirchenordnungen, 308.

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schnellen, durchaus ambivalenten Wiederfindung dieser Wahlverwandtschaft wird spätestens im Kontext der sogenannten panorthodoxen Moskauer Konferenz vom Juli 1948 sichtbar. Das soll näher thematisiert werden. 2. Die politisch motivierte und durchgeführte Eingliederung der Unierten in die Rumänische Orthodoxe Kirche. Was nach wie vor bis heute in den meisten orthodoxen Quellen und offiziellen Äußerungen als »kirchliche Wiedervereinigung« (rumänisch: reîntregirea bisericeasca˘)698 oder zumindest als »Rückkehr«699 der Unierten (rumänisch: întoarcerea unit,ilor) benannt wird, kam in Wirklichkeit einer »Zwangseingliederung«700 gleich, die bis heute die interkonfessionellen Beziehungen belastet. Auch auf diesen Sachverhalt soll kurz eingegangen werden. Eine umfassende Analyse dieser zwei entscheidenden Elemente kann hier nicht unternommen werden. Was in der Kirchengeschichtsschreibung in diesem Zusammenhang weniger oder gar nicht untersucht wurde, aber zum Radius unseres Themas gehört, ist die Tatsache, dass – unbhängig davon, wie man die kirchenpolitische Adaption der Rumänischen Orthodoxen Kirche an das kommunistische Regime beurteilt (als kluge Überlebensstrategie oder als ambivalenten Kollaborationismus) – diese Wende von Anfang an auch eine theologische Dimension beinhaltet hat. Gerade für die Theologiegeschichte sollte es von Interesse sein, über die politischen, kirchenpolitischen, staats- und kirchenrechtlichen Belange hinaus das Augenmerk auf die theologischen Inhalte und Argumente zu richten, die im Zusammenhang mit dieser Wende Gestalt angenommen haben. Welche inneren Konflikte die jeweiligen Theologen bei diesem Kniefall vor den neuen Machthabern erlebt haben, ist schwer eruierbar; von den einzelnen Biografien ausgehend, kann der Kirchenhistoriker jedoch rekonstruieren, dass es sowohl Bekenner und Verfolgte (die jahrelang inhaftiert wurden oder in Haft verstorben sind) 701 als auch farblose Mitläufer oder aber auch Opportunisten gegeben hat. 698 Interview mit Erzbischof Irineu Pop (Erzdiözese von Alba Iulia) am 04. 06. 2011, http://basili ca.ro/am-datoria-morala-sa-dau-marturie-perceptibila-despre-hristos-vechiul-balgrad-isiprimeste-noul-arhipastor/ (abgerufen am 20. 03. 2018). Vgl. auch Mircea Pa˘curariu, O tribuna˘ de lupta˘ româneasca˘ s,i ortodoxa˘. Telegraful român la 160 de ani, http://telegrafulro man.blogspot.co.at/2013/03/o-tribuna-de-lupta-romaneasca-si.html (abgerufen am 20. 03. 2018).« 699 »1948 kamen unter staatlichem Druck die meisten zur Union mit Rom beigetretenen Rumänen zurück zur Orthodoxen Kirche.« Ioan Vasile Leb, Ilie Ursa, Einführung in die Geschichte der Orthodoxen Kirche, in: I. Vasile Leb, Konstantin Nikolakopoulos, Ilie Ursa (Hg.), Die Orthodoxe Kirche in der Selbstdarstellung. Ein Kompendium, Berlin 2016, 37. 700 Vgl. K. Zach, Konfessionelle Pluralität, 168. 701 Eine Auswahl von 251 namhaften orthodoxen Bekennern – Klerikern und Laien – in den kommunistischen Gefängnissen siehe bei: A. N. Petcu, Dict,ionarul clericilor. Vgl. auch

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Natürlich muss die folgende Untersuchung unter den Vorbehalt gestellt werden, dass wir es bei all den in den kirchlichen Zeitschriften veröffentlichten Aufsätzen der Theologen mit einer zensierten und dem Regime passenden Meinung zu tun haben. Parallel zu den offiziellen Verlautbarungen, Pastoralbriefen oder Reden der rumänischen Hierarchie und zu den theologischen Aufsätzen in den kirchlichen Zeitschriften gab es eine genauso kirchliche, wenn auch nicht offizielle Theologie in der Gefangenschaft, in der Isolation, in der Verfolgung. Man darf also die rumänische Theologie in dieser Zeit nicht auf die offiziellen Stimmen reduzieren. Gerade nach 1989, im Zuge der Veröffentlichung der Gefangenschaftsliteratur und -memoiren, hat man erkennen müssen, dass es für viele Kleriker, Theologen, Gläubige und Intellektuelle, die in den dutzenden rumänischen Gefängnissen ausharrten (in welchen auch viele gestorben sind), eine rege theologische und spirituelle Aktivität gab, bei der die konfessionellen Grenzen überwunden wurden. Diese Art theologischer Literatur wartet noch darauf, in den theologiegeschichtlichen Abhandlungen berücksichtigt zu werden. – Auch wenn im Folgenden die offizielle, publizierte (und damit zensierte) Theologie unter die Lupe genommen wird, darf diese wichtige Tatsache nicht unerwähnt bleiben. Anhand der offiziell-kirchlichen oder theologischen Zeitschriften (viele von ihnen wurden auf Initiative des Patriarchen Justinian Ende der 1940er Jahre ins Leben gerufen702) kann man die Neuorientierung festmachen. Bereits am Ende des Jahres 1944 schrieb der neue Direktor der Hermannstädter Zeitschrift »Revista teologica˘«, Grigorie T. Marcu (1911–1987) 703, über einen »Wiederaufbau im Geiste«704 – gemeint ist euphemistisch die Begrüßung einer neuen Epoche, die mitunter die »Reorganisierung der Produktion«705 mit sich bringen wird; dafür

702

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Maria-Angela Ureche, The Oppressive Justice System and Priests Imprisoned in the Penitentiary of Aiud (1949–1952), in: International Journal of Orthodox Theology 5 (4/2014) 113–132. Folgende offizielle kirchliche und theologische Zeitschriften sind in der Zeit 1947–1989 vom Rumänischen Patriarchat herausgegeben worden: »Biserica Ortodoxa˘ Româna˘« (seit 1881; seit 1949 neue Serie mit dem Untertitel: »Offizielles Bulletin des Rumänischen Patriarchats«), »Studii Teologice« (seit 1929; zweite Serie ab 1949 mit dem Untertitel: »Zeitschrift der theologischen Institute«) und »Ortodoxia« (seit 1949). Jede dieser Zeitschriften hatte eine Auflagezahl von 10.000 Exemplaren und wurde 4–6 Mal pro Jahr veröffentlicht. Jede der fünf Metropolien hatte darüber hinaus ihre eigene Zeitschrift, mit 4–6 Ausgabennummern pro Jahr: »Glasul Bisericii« (seit 1945), »Mitropolia Moldovei s,i Sucevei« (seit 1924), »Mitropolia Ardealului« (unter diesem Namen zwischen 1956–1990, früher »Revista teologica˘«), »Mitropolia Olteniei« (seit 1950) und »Mitropolia Banatului« (seit 1949). Hinzu kam noch die seit 1853 in Sibiu herausgegebene Zeitschrift »Telegraful român« (2 Ausgaben pro Monat). Eine bio- und bibliographische Übersicht siehe bei M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 326– 329. Grigorie T. Marcu, Refacere în duh, in: RT 34 (11–12/1944) 465–467. Ebd., 465.

Politische Wende und kirchenpolitisch-theologische Neuorientierung

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sei aber eine »Revision des Baustelleninventars«706, mit anderen Worten die Reinigung der Gesellschaft von den Schatten des »gestrigen Menschen«, notwendig. Die zweideutige Begrifflichkeit wurde von Marcu zwar auf den Bereich des Geistigen beschränkt, sie kam aber den neuen Parolen der anbrechenden, »revolutionären« Zeit sehr nah. Im Frühjahr 1945 unternahm Marcu sogar den Versuch, den Kommunismus apologetisch zu untermauern.707 Noch einige Monate zuvor (in der Augustausgabe 1944 derselben Zeitschrift) hatte Nicolae Mladin naiverweise noch den bevorstehenden »Zusammenbruch des Kommunismus«708 ausgerufen. In derselben Nummer hatte die Redaktion nur am Rande über den Tod des russischen Patriarchen Sergij berichtet, der »vom atheistischen politischen Regime«709 bedrängt gewesen sei. Knapp ein halbes Jahr danach war die Berichterstattung der Redaktion über dasselbe Ereignis eine ganz andere.710 Die ganze politische Befangenheit der Theologie im neuen historischen Kontext zeigt sich am besten in den Aufsätzen Dumitru Sta˘niloaes: Während er noch 1936 den »unüberwindbaren Antagonismus«711 zwischen Christentum und Kommunismus heraufbeschwört und 1941 den Beginn der militärischen Offensive der rumänischen Armee an der Seite der deutschen Armee »gegen den Bolschwesimus« als einen »Verteidigungskampf der christlichen Ordnung«712 begrüßt hatte, so vollzog er nach August 1944 eine radikale Wende seiner politisch-theologischen Ansichten. Die Artikel, die er zwischen September 1944 und Juni 1945 im »Telegraful român« veröffentlichte, waren alle bemüht, die Vereinbarkeit der Orthodoxie mit dem »demokratischen«, »revolutionären« Geist713 706 707 708 709 710

Ebd., 467. Vgl. Ders., Partidul comunist s,i Biserica, in: RT 35 (5/1945) 252–254. Nicolae Mladin, Duh comunitar, in: RT 34 (7–8/1944) 326. A. A., Note si informatii, in: RT 34 (7–8/1944) 384. Ioan Circov, Din viat,a s,i s,tiint,a Bisericii Ortodoxe a URSS. Cuvânt de la˘murire, in: RT 35 (5/ 1945) 171–173. 711 Dumitru Sta˘niloae, Biserica împotriva comunismului, in: TR 84 (42/11. 10. 1936) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 882. Vgl. auch Ders., Atent,ie, comunismul!, in: TR 84 (38/13. 09. 1936) 2–3, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie I, 873–874. 712 Ders., A început lupta împotriva bols,evismului, in: TR 89 (27/29. 06. 1941) 2, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie II, 794. Im Februar 1944 warnte Sta˘niloae davor, die vermeintlich wohlwollende Haltung des stalinistischen Regimes gegenüber der Russischen Orthodoxen Kirche als einen echten Wandel in der Religionspolitik des Kommunismus zu beurteilen: »Dem kommunistischen Regime, das die schlimmste Verfolgung gegen die Kirche organisiert hat, […] darf man jetzt kein Vertrauen schenken in der neuen Propaganda, die es verbreitet […].« Ders., Rusia s,i problema religioasa˘, in: TR 92 (9/27. 02. 1944) 4, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 534. 713 Vgl. Ders., Biserica în noul orizont social, in: TR 92 (19. 11. 1944) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 636–639, wo er für die »maximale Minderung der sozialen Ungleichheit« (ebd., 637) plädierte. In einem anderen Artikel vertrat er die These, dass das Christentum keine eigene Sozialdoktrin hätte und deshalb nicht an alten »sozialen Ordnungen« festhalten sollte, wenn der »kulturelle Fortschritt der Menschheit« eine andere

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aufzuweisen, den die neue Allianz mit dem kommunistischen Russland mit sich brachte. So lobte er schon im September 1944 die »weisen Männer«714, die nun das Schicksal des rumänischen Volkes leiten, begrüßte etwas später die Agrarreform der Regierung Groza715 und wurde sogar zur Aussage verleitet, der sowjetische Staat habe von Anfang an (er spricht von »den letzten 27 Jahren«), »die Vitalität des religiösen Glaubens und dessen positiven Beitrag für das große Werk des sozialen Fortschrittes«716 erfahren und geschätzt. Als »ein realistisches Regime« habe das kommunistische Regime in Russland die »harmonischen Beziehungen mit der Kirche«717 entfaltet und vertieft. – Diese Wende in der Haltung Sta˘niloaes zum Kommunismus hat ihn jedoch nicht vor der Rache und dem Verfolgunswahn der neuen Machthaber bewahrt. Der eben zitierte Artikel vom 17. 6. 1945 war auch der letzte, den Sta˘niloae im »Telegraful român« – bis in die 1980er Jahre – veröffentlichen konnte. Die »neue Orientierung eines Teils der kirchlichen Theologie für die Rechtfertigung der neuen Ideologie«718 avancierte zum tristen Symptom dieser neuen Periode. Im Zuge dieser Politisierung des theologischen Diskurses gewann auch die Polemik gegen die Konfessionen des Westens, vor allem aber gegen den Vatikan, eine neue Dimension. Es wäre jedoch eine sehr verkürzte Sicht der Dinge, wenn man die unzähligen theologischen oder historischen Aufsätze und Studien, die in diesen Zeitschriften veröffentlicht wurden, nur auf die politische Komponente der Grußworte an die Parteiführung oder auf die regimelobenden Artikel reduzieren würde. Die kirchlichen Zeitschriften waren während der kommunistischen Zeit zugleich auch Zufluchtsort für Intellektuelle und Wissenschaftler, die nirgendwo sonst publizieren durften.719 Selbst im Rückblick betonten antikommunistische Dissidenten im Exil, dass in den 1950er Jahren die kirchlichen Zeitschriften die einzigen waren, wo noch ernstzunehmende Studien etwa zur Geschichte der

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»Form der Lösung der sozialen Probleme« (d. h. den Kommunismus) hervorgebracht hat. Vgl. Ders., Cres,tinismul s,i viat,a sociala˘, in: TR 92 (102/26. 11. 1944) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 647. Ders., T,ara˘ noua˘, in: TR 92 (36/3. 09. 1944) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 601. Ders., Reforma agrara˘, in: TR 93 (14/ 1. 04. 1945) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 715–718. Ders., Biserica în Uniunea Sovietica˘ – dupa˘ ma˘rturiile din Biserica Ruseasca˘, in: TR 93 (24– 25/17. 06. 1945) 1, zitiert nach: Ders., Cultura˘ s,i duhovnicie III, 741. Ebd. C. Ioja, O istorie a dogmaticii, 544. Vgl. S,tefan Andreescu, Revistele biserices,ti – loc de refugiu al istoricilor români în perioada stalinista˘, în: Memoria. Revista gândirii arestate 31 (2/2000) 28–30. Silviu-Constantin Nedelcu, Presa bisericeasca˘ ortodoxa˘ între anii 1945–1989: un mijloc de rezistent,a˘ a Bisericii Ortodoxe Române împotriva regimului totalitar comunist, in: Annals of the University of Craiova 3 (1–2/2013) 193–213.

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rumänischen Kultur erscheinen konnten.720 Diese ambivalente Dimension gilt es zu berücksichtigen.721

4.1.1. Die Beschlüsse der Moskauer Konferenz 1948 Ausschlaggebend für das radikalisierte Niveau der Polemik, die zwischen etwa 1948 und 1952 den Grundtenor der kirchlich-theologischen Periodika ausmachte, war die Panorthodoxe Konferenz in Moskau vom 1.–18. Juli 1948, die in Verbindung mit der 500-Jahresfeier der russischen Autokephalie organisiert wurde. Panorthodox war dieses kirchliche Treffen nur teilweise, denn nicht alle Autokephalen Orthodoxen Kirchen waren offiziell vertreten. Das Ökumenische Patrarchat lehnte eine Teilnahme ab, weil es darin einen direkten Angriff auf den Ehrenprimat des Ökumenischen Patriarchen sah, der bisher das alleinige Recht besaß, Panorthodoxe Konferenzen einzuberufen. Auch die Kirche Griechenlands hat nur als Beobachterin teilgenommen. Die Beurteilung dieser Konferenz als eine politisch motivierte und instrumentalisierte722 gilt inzwischen als communis opinio in der Kirchengeschichtsschreibung. Die Konferenz verabschiedete drei Resolutionen: »Der Vatikan und die Orthodoxe Kirche«, »Die Ökumenische Bewegung und die Orthodoxe Kirche« und »Über die anglikanische Hierarchie«, sowie eine »Botschaft an die Christen in aller Welt.«723 Die Erklärung über den Vatikan ist eine harsche Verurteilung des Papsttums aufgrund der »antichristlichen Neuerungen«724, die er seit dem Mittelalter vor720 Vgl. das Zeugnis des Intellektuellen Adrian Marino im Jahre 1982: Adrian Marino, Politica˘ s,i cultura˘, Ias,i 1996, 61–62. Vgl. dazu auch Mircea Gelu Buta, Revista »Ortodoxia« în anii ’50, in: Tabor. Revista˘ de cultura˘ s,i spiritualitate româneasca˘ (1/2016) 59–61. 721 Silviu-Constantin Nedelcu hat diese Ambivalenz am Beispiel der Zeitschrift »Glasul Bisericii« gut herausgearbeitet. Er stellt klar, wie die Zensur und die Selbstzensur funktionierte, aber auch, dass über die politisch-ideologischen Beiträge hinaus dieselbe Zeitschrift auch als eine »Oase der Freiheit« für die vom Regime verbotenen Autoren fungierte. Vgl. SilviuConstantin Nedelcu, Presa bisericeasca˘ ortodoxa˘ în timpul regimului comunist. Studiu de caz: revista »Glasul bisericii« (1945–1989), in: Ioana David, Viviana Milivoievici (Hg.) Tradit,ii ale presei s,tiint,ifice, Bukarest 2017, 279–294. Ders., Revista »Glasul Bisericii«: studiu critic ¸si indice bibliografic (rezumatul tezei de doctorat), https://biblacad.ro/philo bibliographica/2018/Rezumat%20teza.doc%20SNedelcu.pdf (abgerufen am: 31. 03. 2019). 722 Anastasios Kallis schätzte die Konferenz als »Bestandteil der sowjetischen Außenpolitik« ein. Vgl. A. Kallis (Hg.), Auf dem Weg zu einem Heiligen und Großen Konzil, 147. Vgl. auch Rudolf Prokschi, Ökumene im Wandel. Zum Verhältnis der Russischen Orthodoxen Kirche zur Katholischen Kirche seit dem 2. Weltkrieg, in: R. Flogaus, J. Wasmuth (Hg.), Orthodoxie im Dialog, 109–110. 723 Vgl. die Texte bei: Athanasios Basdekis (Hg.), Orthodoxe Kirche und Ökumenische Bewegung. Dokumente – Erklärung – Berichte. 1900–2006, Frankfurt a. M. – Paderborn 2006, 34– 44. 724 Ebd., 34.

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angetrieben habe. Genannt werden das Filioque, die unbefleckte Empfängnis der Gottesmutter und die Lehre vom Papst als dem Haupt der Kirche und von seiner Unfehlbarkeit. Durch diese Neuerungen sei die Reinheit der rechtgläubigen Lehre der Alten Kirche »verdorben« und mit dem »schädlichen, antichristlichen, päpstlichen Prinzip«725 ersetzt worden. Das Dokument kritisiert darüber hinaus die Verweltlichung der päpstlichen Institution ab dem 19. Jh. und macht das Papsttum für die Teilnahme »an der Schürung von brudermörderischen Kriegen, am Kampf mit der Demokratie und an der Verteidigung des Faschismus«726 verantwortlich. Die Politik des Vatikan sei in der Schlussfolgerung »antichristlich, antidemokratisch und antinational«727. – Trotz dieser Generalabrechnung mit dem Papsttum und dem Vatikan stellt das Dokument die Kirchlichkeit der Römisch-Katholischen Kirche nicht infrage. An mehreren Stellen – wie auch im Schlussabsatz – spricht der Text über die »Westliche Kirche« und über die »katholische Hierarchie«.728 Die zweite Kritik (im Dokument »Die Ökumenische Bewegung und die Orthodoxe Kirche«) richtet sich an den Protestantismus und an die von ihm vorangetriebene »ökumenische Bewegung« wegen derselben Intention einer politischen Vereinnahmung der Orthodoxen Kirchen. Während das Papsttum seinen weltlichen Einfluss für die kirchliche Einverleibung der Orthodoxen Kirchen ausnütze, würde die protestantisch geprägte ökumenische Bewegung (die Gründung des Weltkirchenrats sollte einen Monat später stattfinden, am 23. August 1948) die »Organisation einer ökumenischen Kirche als einer international einflussreichen Macht«729 verfolgen, was nichts anderes sei als »ein abstrakter Unionismus auf sozial-ökonomischem und sogar politischem Boden«730. Durch diese zweite Resolution bezweckte das Moskauer Patriarchat, alle unter dem Einfluss der Sowjetunion stehenden Orthodoxen Kirchen von einer Teilnahme an der Gründung des Weltkirchenrats fernzuhalten, auch wenn einzelne dieser Kirchen (wie die Rumänische Orthodoxe) in den zwei Jahrzehnten zuvor aktiv an der ökumenischen Bewegung teilgenommen hatten. Im Vergleich mit der Kritik des Papstums fällt die Kritik der ökumenischen Bewegung jedoch vorsichtiger aus: An der Bewegung wird sogar »eine positive Seite« anerkannt, soweit sie den »Wunsch einer kirchlichen Einheit« verfolgt.731 725 726 727 728 729 730 731

Vgl. ebd., 35. Ebd., 37. Ebd. Ebd. Ebd., 38. Ebd., 39. Ebd., 43. Weiter heißt es: »Anfangs befand sich die ökumenische Bewegung auf dem richtigen Wege, indem sie zur organisatorischen Einheit auf den Grundlagen der Lehre der alten

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Die einzige Alternative zum »häretischen« Vatikan und zur »sozio-ökonomisch« instrumentalisierten ökumenischen Bewegung wird in der Botschaft der Moskauer Konferenz dargelegt: Der Weg zur Wiederherstellung der wahren kirchlichen Einheit könne nur durch die »Rückkehr zur Lehre der alten ungeteilten Kirche«732 geschehen. Trotz der polemischen Diskursart wird der »Römischen Kirche« und der »Anglikanischen Kirche« auch im Rahmen dieses Dokuments die Kirchlichkeit nicht abgesprochen. Zwar wird das Einheitsmodell der Römisch-Katholischen Kirche als »fehlerhaft« bezeichnet, dennoch versteht das Dokument die »Rückkehr« nicht im Sinne einer institutionellen Einverleibung in die einzig wahre Orthodoxe Kirche, sondern als Wiederanpassung der »westlichen Bekenntnisse«733 an die Lehre der ungeteilten Kirche: Die Einheit wird nicht »in« der Orthodoxen Kirche stattfinden, sondern die »wahre Einheit wird mit ihr wiederherzustellen«734 sein. – Diese ekklesiologischen Feinunterschiede nehmen zwar den Dokumenten der Moskauer Konferenz nichts von ihrem politisch instrumentalisierten Charakter; sie zeigen jedoch, dass selbst in einem Moment der tiefsten Polemik und Entfremdung der ekklesiologische Diskurs nicht in einen radikalen Exklusivismus entartete.

4.1.2. … und ihre Implementierung in der rumänischen Theologie Die Rumänische Orthodoxe Kirche nahm an der Moskauer Konferenz mit einer großen Delegation teil, geleitet vom neu installierten Patriarchen Justinian. Die »Vorgaben« der Moskauer Konferenz wurden unmittelbar danach von den kirchlichen Zeitschriften in Rumänien übernommen und theologisch »untermauert«. Die markanteste Wende musste die rumänische Orthodoxie hinsichtlich ihrer Beziehung zum Weltkirchenrat vollziehen, denn in den Vorbereitungsjahren vor der offiziellen Gründung hatte die Rumänische Orthodoxe Kirche immer wieder ihre Sympathie für die ökumenische Bewegung bekundet. Sowohl vor als auch nach dem Krieg hatten die Patriarchen Miron und Nicodim sich wiederholt für die Teilnahme ihrer Kirche an der ökumenischen Bewegung augesprochen.735 Selbst auf der Moskauer Konferenz hielt der rumänische Patrologe Ioan G. Coman ein langes Referat über das Verhältnis der Orthodoxie zur

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ungeteilten Kirche strebte, dann aber, besonders seit 1937, seit der Edinburgher Konferenz, ist sie von diesem Wege abgewichen.« Ebd., 44. Ebd. Ebd. Vgl. Mihai Sa˘sa˘ujan, Pozit¸ia Bisericii Ortodoxe Române fat¸a˘ de mis¸carea ecumenica˘ în perioada anilor 1902–1948, in: Nicolae Mos¸oiu (Hg.), Elemente de istorie, doctrina˘ ¸si practica˘ misionara˘: o perspectiva˘ ecumenica˘, Sibiu 2006, 71–72.

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ökumenischen Bewegung, das in Kontrast stand zur Warnung des russischen Patriarchen am Anfang der Konferenz hinsichtlich der durchgehend negativen Aspekte dieser Bewegung.736 Coman beteuerte im Rahmen seines gut argumentierten Referats, dass »die Teilnahme von orthodoxen Delegierten an Bewegungen, die die Einheit der Kirche anvisieren, in vollkommenem Konsens mit der authentischen Tradition der Orthodoxen Kirche«737 stünde. Auch wenn er an Kritikäußerungen nicht sparte, war sein Plädoyer für die notwendige und willkommene Gründung des Weltkirchenrats und damit auch für die Teilnahme der Orthodoxen Kirchen daran eindeutig. – Bei der Rückkehr nach Rumänien erschien – wie der Kirchenhistoriker Mihai Sa˘sa˘ujan in einem Beitrag dokumentiert hat738 – das Referat Comans in einer verkürzten und gänzlich umgedeuteten Fassung739, nämlich als »Referat der Delegation der Rumänischen Orthodoxen Kirche bei der Panorthodoxen Konferenz in Moskau«740. Das ursprüngliche Plädoyer für die Ökumenische Bewegung (»das einzige Referat mit positiver Tonalität, das damals in Moskau vorgetragen wurde«741) wurde in der rumänischen Version als Warnung vor der imperialistischen Gefahr des Weltkirchenrats umgedeutet. Dieser Vorfall zeigt nicht nur die Wucht der herrschenden kommunistischen Zensur742, sondern auch die triste Widersprüchlichkeit einer während der Zwischenkriegszeit ökumenisch immer aufgeschlosseneren Theologie, die sich nunmehr fast gewaltsam unter politischem Druck in die entgegengesetzte Richtung verbiegen musste. Dies führte bei vielen in den 1920er-1930er Jahren im Westen ausgebildeten oder sogar an ökumenischen Konferenzen teilnehmenden Theologen zu überraschenden »Bekehrungen« – die wohl durch die Sorge um das berufliche und existentielle Überleben zu erklären sind. Hier kann nur eine Auswahl einiger polemischer Studien präsentiert werden. So schrieb im Jahre 1949743 der Kirchenhistoriker Alexandru Ciurea (der 1936 bis 1939 u. a. an der römisch-katholischen Fakultät in Strasbourg studiert hatte), dass das Papsttum seit dem 14. Jh. systematisch und ununterbrochen die »Ka736 Ioan G. Coman, L̉’Èglise Orthodoxe et le Mouvement Oecumenique, in: Actes de la Conférence des chefs et des représentants des Èglises orthodoxes autocéphales réunis à Moscou à l’occasion de la celebration solennelle des fêtes du 500ème anniversaire de l’autocéphalie de l’Èglise orthodoxe russe, 8–18 juillet 1948, Moskau 1952, II. Bd., 5–85. 737 Ebd., 71. 738 Vgl. M. Sa˘sa˘ujan, Pozit¸ia Bisericii Ortodoxe Române, 79–80. 739 Vgl. A. A., Biserica Ortodoxa˘ ¸si Mis¸carea Ecumenica˘, in: O 1 (2–3/1949) 199–208. 740 Ebd., 199. 741 M. Sa˘sa˘ujan, Pozit¸ia Bisericii Ortodoxe Române, 79. 742 Vgl. ebd., 80. 743 Alexandru I. Ciurea, Rezistent¸a Bisericii românes¸ti fat¸a˘ de prozelitismul catolic, in: ST 1 (3– 4/1949) 205–225. Vgl. dieselbe Thematik und Argumentation auch bei Mihai S¸esan, Falsul în sprijinirea primatului papal, in: BOR 66 (9–10/1948) 501–507.

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tholizisierung« des rumänischen Volkes verfolgt habe, die Gründe dafür seien vor allem politischer Natur gewesen. Der Höhepunkt dieses »proselytistischen« Programms sei das Konkordat mit dem rumänischen Staat (1927) gewesen, obwohl die Orthodoxe Kirche die Mehrheitskirche war. An sich wiederholte der Autor Argumente, die auch frühere Autoren immer wieder als Leitmotiv einbrachten. Neu war der historische Kontext in unmittelbarer Nähe der Konferenz von Moskau. Vor allem neu war aber der harsche polemische Ton: Der Autor übernahm dabei die Moskauer Hauptanklagepunkte gegen den Vatikan und bezeichnete die römisch-katholische Kirchenpolitik als »antichristlich, antidemokratisch und antinational«744 und erklärte als Ergänzung zum Moskauer Dokument, warum jedes dieser Attribute stimme. Die Schlussfolgerung fällt dementsprechend sehr düster aus: »Wir sind aufgrund unserer jahrtausendelanger Erfahrung gewiss, dass der Vatikan nie etwas Anderes verfolgt hat als die Vernichtung unserer Rumänischen Kirche.«745 Ein Jahr später meldete sich der in Rom und München ausgebildete Kirchenrechtler Liviu Stan746 mit einem bissigen Aufsatz zu Wort, in dem er den Vatikan als »Feind des Friedens«747 und die Diplomaten des Heiligen Stuhls als »Provokateure, Agenten und Alliierte der imperialistischen Kräfte«748 zu entlarven trachtete. Der Hauptvorwurf ist nicht theologischer Natur (Papstprimat, Unfehlbarkeit), sondern politischer Art, da er auf die antikommunistischen und antisowjetischen Angriffe in den Enzykliken des Papstes Pius XI. abzielt. Die »Lügen und Beleidigungen an die Adresse des Kommunismus«749 würden nach Liviu Stan beweisen, dass die Papstmacht nicht nur »die Interessen des imperialistischen Lagers«750 verteidige, sondern sich auch »gegen den Fortschritt« im sozialen Bereich ausspreche. Der Vatikan sei also nichts anderes als »ein deklarierter Feind des Fortschritts und des Friedens«751. In derselben Tonart schrieb zwei Jahre später auch der Missionswissenschaftler und spätere Fundamentaltheologe Corneliu Sârbu (1913–1979) 752 über die Expansionspolitik des Vatikans.753 Das Einheitsmodell des Vatikans sei nichts 744 Al. I. Ciurea, Rezistent¸a Bisericii românes¸ti, 223–224. 745 Ebd., 224. 746 Zu Bio- und Bibliographie Liviu Stans siehe S,tefan Barbu, Liviu Stan and The Question of Laity in the Orthodox Church, in: OrthFor 30 (2/2016) 195–197. M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 331–333. 747 Liviu Stan, Vaticanul, un dus¸man al pa˘cii, in: O 2 (3/1950) 354–359. 748 Ebd., 355–356. 749 Ebd., 359. 750 Ebd. 751 Ebd. 752 Bio- und bibliographische Daten: M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 336–338. 753 Corneliu Sârbu, Spiritul misionar al Vaticanului ¸si concept¸ia papista˘ despre unirea Bisericilor, in: O 3 (4/1951) 539–585. Derselbe Corneliu Sârbu avancierte ab den 1960er Jahren zu

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anderes als die »Tendenz zur universellen Expansion und zur totalen Dominanz, sowohl auf religiös-christlicher als auch auf politischer Ebene«754. Die Annäherungsversuche der Römisch-Katholischen Kirche an die Orthodoxe seien nichts anderes als »missionarische Propaganda«755; die Unionspolitik des Vatikans nach dem Ersten Weltkrieg sei die »frechste und aggressivste proselytische Propaganda, die die Geschichte bisher kennt«756, um die Orthodoxen Kirchen unter die Autorität des römischen Papstes zu bringen. Interessanterweise formulierte Sârbu in demselben Aufsatz von 1951 einige »Maßnahmen« und eine »Gegenaktion«. Darunter zählte er »die Stärkung der einheitlichen Front der Orthodoxie« (wobei hier die Moskauer Konferenz von 1948 erwähnt wird), aber auch »die Auslöschung [rumän. eliminarea] des sogenannten missionarischen Apparats des Vatikans aus den orthodoxen Ländern – soweit es diesen noch gibt […]«757. Gerade durch diesen letzten Vorschlag verließ der Theologe Sârbu jede theologische – wenn auch polemische – Perspektive und erklärte indirekt den interkonfessionellen Dissens zur Grundlage für die politische Verfolgung der Mitglieder der Römisch-Katholischen Kirche. Es geht hier nicht mehr um Polemik, sondern um Kriegsstimmung: Die »Waffen des Feindes« sollten erkannt werden, damit »eine ernste Gegenaktion«758 gestartet werden könne. Unter dem Vorwand der »Verteidigung der Orthodoxie«759 wird begrifflich eine rote Linie überschritten. Diese Position kann exemplarisch für die Politisierung des theologischen Diskurses zu Beginn der 1950er Jahre stehen und stellt die große politische Befangenheit vieler der damals noch publizierenden rumänischen orthodoxen Theologen unter Beweis.760

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einem starken Verfechter einer ökumenischen Theologie. Vgl. Ders., Ecumenismul ¸si problemele lumii contemporane, in: MO XVI (1–2/1964) 3–17; Ders., Ideea de unitate bisericeasca˘ în cadrul ecumenismului actual, in: MB 20 (1–3/1970) 7–19; Ders., Orizontul ecumenic al Ortodoxiei, in: MMS 46 (9–10/1970) 521–531. Ders., Spiritul misionar al Vaticanului, 581. Ebd., 581. Ebd. Ebd., 585. Ebd. Ebd. Weitere Studien in diese Richtung: Petru Rezus¸, Antiprogresismul Vaticanului, in: O 1 (2–3/ 1949) 63–71. Ders., Romano-catolicismul în lumina teologiei fundamentale, in: O 2 (3/1950) 363–382. Milan S¸esan, Papalitatea ¸si Ortodoxia, in: O 1 (2–3/1949) 91–96. Haralambie Cojocaru, Problema catolica˘ în Republica Populara˘ Româna˘, in: O 1 (2–3/1949) 97–119. Petru Deheleanu, Erezia primatului papal. Ce invat¸a˘ catolicii ¸si ce spune Biblia, in: O 1 (2– 3/1949) 165–170.

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4.1.3. Die ambivalente Gratwanderung der großen Theologen: Ioan G. Coman, Teodor M. Popescu und Dumitru Sta˘niloae Auch namhaftere Theologen, die einige Jahre später eine ausgeglichenere, sachliche oder sogar offene Haltung zum interkonfessionellen Dialog einnehmen sollten, konnten dem totalitären Sog dieser Jahre nicht entkommen. Dazu zählen etwa der bereits erwähnte Patrologe Ioan G. Coman (1902–1987761), der Dogmatiker Dumitru Sta˘niloae (1903–1993) und der Kirchenhistoriker Teodor M. Popescu (1893–1973762). Auch wenn sie eine ähnlich polemische Sprache verwendeten, so versuchten sie zumindest parallel dazu ein Mindestmaß an theologischer Argumentation zu entwickeln und – zwischen den Zeilen – dem blinden Exklusivitätsanspruch zu entkommen. So beeindruckt etwa die Tatsache, wie Ioan G. Coman im Jahr 1950763 den Begriff »Kirche« nicht ausschließlich auf die Orthodoxen Kirchen anwandte: »Die Organisationsform oder –formen des Christentums heißen Kirche oder Kirchen, die auf der Basis eines sozio-spirituellen Systems oder Systeme arbeiten, damit ihre Mission in der Welt – das Heil – erfüllt wird.764

Coman griff hier zwar auf eine neuscholastisch angehauchte Definition der Kirche zurück, die aber in diesem Zusammenhang eine neutrale Rede von mehreren Kirchen mit unterschiedlichen Struktur- und Organisationserfahrungen möglich macht. Ein ekklesiologischer Absolutheitsanspruch der Orthodoxen Kirche als einzige Kirche wird nicht erhoben; erst der Vergleich und die Beurteilung der Organisationsstrukturen führt zur Behauptung einer qualitativen Überlegenheit der Orthodoxen Kirche (synodales System gegenüber einem zentralistischen und absolutistischen System): »Wie präsentiert sich die Römisch-Katholische Kirche gegenüber dem Sobornost-Geist der Orthodoxen Kirche? Die Synodalität wird ersetzt durch das Papsttum, die Sobor761 Bio- und bibliografische Daten: M. Pa˘curariu, Dict,ionarul, 113–117. Der hochgebildete Patrologe, Philologe und Religionswissenschaftler (u. a. Studien in Straßburg, Montpellier und Paris) war ab den 1960er Jahren einer der aktivsten Theologen im ökumenischen Betrieb (Delegierter in der offiziellen Dialogskommission mit der Altkatholischen Kirche, Delegierter bei der Konferenz Europäischer Kirchen usw.) 762 Bio- und bibliografische Daten: ebd., 382–384. Ion Vicovan, Teodor M. Popescu: Great Scholar of Church History, Victim of the Communist Regime, in: International Journal of Orthodox Theology 5 (2/2014) 41–58. Teodor M. Popescu hatte u. a. in Athen, Leipzig und Paris studiert und vertrat das Fach Kirchengeschichte an den Fakultäten in Czernowitz (1926–1927) und Bukarest (1927–1959, hier u. a. auch das Fach Theologiegeschichte). Er wurde 1959 wegen »Aktivität gegen die Arbeiterklasse« zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt und bei der Generalamnestie 1963 entlassen. 763 Ioan G. Coman, Organizarea sinodala˘ a Bisericii Ortodoxe în paralela˘ cu cezaro-papismul catolic, in: ST 2 (1–2/1950) 40–64. 764 Ebd., 40.

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nost wird beseitigt zugunsten der Alleinherrschaft, die spirituelle Demokratie wird ersetzt durch spirituelle Diktatur, die Liebe in der Leitung durch Cäsaropapismus oder, noch richtiger, durch Papo-Cäsarismus.«765

Doch auch Coman konnte dem von der Moskauer Konferenz geprägten Diskurs nicht entkommen: Als höchste und gravierendste Entwicklungsstufe der »spirituellen Diktatur« durch die Päpste gilt für Coman das Unfehlbarkeitsdogma des Ersten Vatikanums: »Das ist eine treue Parallele, oder noch genauer gesagt, eine treue Fortsetzung der Apotheose der Kaiser im alten Rom.«766 Die Papsttumskritik übernimmt alte Muster: »der Papst setzt sich zwischen Christus und die Kirche und vertreibt Christus aus der Kirche«767; weitere Vorwürfe sind die Papolatrie und der Imperialismus. Der polemische Ton kann kaum überboten werden: das Unfehlbarkeitsdogma und die damit verbundene Papolatrie seien nichts anderes als eine »Blasphemie, die man nie vergeben wird können«768. Dieselbe Ambivalenz begegnet uns auch bei Dumitru Sta˘niloae, der von den Kommunisten bereits kaltgestellt und vom aktiven akademischen Leben entfernt worden war und in einer Art mystisch-theologischer Resistenz lebte, indem er sich der weiteren Übersetzung der Philokalia-Schriften widmete.769 1950 veröffentlichte Sta˘niloae in derselben Zeitschrift einen Aufsatz mit genau demselben Titel wie Ioan G. Coman einige Monaten zuvor: »Die synodale Organisation der Orthodoxen Kirche im Vergleich mit dem katholischen Cäsaropapismus«.770 Es geht hier nicht um ein Titelplagiat, sondern scheinbar um eine identische Vorgabe, die es zu erfüllen galt. Die inhaltliche Botschaft ist so gut wie dieselbe: Die Differenzen zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche betreffen nicht nur die Theologie, sondern auch die Organisationsstruktur. Das Synodalitätsprinzip setzte die »Rechte und Freiheiten«771 der Lokalebene (Bischöfe, lokale Synoden) gegenüber der Universalebene voraus: Diese gegenseitige Angewiesenheit von Hierarchie und Kirchenvolk, die dem Synodalsystem zugrundeliegt, garantiere, dass die »Leitungs- und Lehrtätigkeit in der Kirche unter dem Zeichen der Demut und der Liebe stehen«772. Das bedeute wiederum, dass die Hierarchie von der Kirche bedingt sei und nicht über der Kirche stehe. Sta˘niloae malte ein Idealbild der Orthodoxen Kirche, in der die »Bischöfe sich von den

765 766 767 768 769 770

Ebd., 53. Ebd., 58. Ebd., 59. Ebd., 64. Vgl. J. Henkel, Dumitru Sta˘niloae, 46–47. Dumitru Sta˘niloae, Organizarea sinodala˘ a Bisericii Ortodoxe în paralela˘ cu cezaro-papismul catolic, in: ST 2 (9–10/1950) 541–555. 771 Ebd., 541. 772 Ebd., 546.

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Ideen, die die Gläubigen bewegen, anregen lassen«773 und zwischen Hierarchie und Laien eine perfekte Harmonie und ein ständiger Dialog bestehen. Demgegenüber sei das papstzentrierte Leitungs- und Organisationssystem der Römisch-Katholischen Kirche machtzentriert, lebens- und menschenfremd sowie auf die immanente (d. h. weltliche, politische) Dimension der Kirche reduziert. Sta˘niloae wiederholte dieselben Kritikpunkte, die bereits sein Kollege Coman vorgebracht hatte: Die Römisch-Katholische Kirche sei von einem mittelalterlichen Cäsaropapismus geprägt774 und greife auf rein politische Mittel zur Durchsetzung ihrer Interessen zurück. Diese pauschalen Urteile durchziehen alle theologischen Themen; die ganze zeitgenössische römisch-katholische Theologie sei nach Sta˘niloae an einem dekadenten Punkt angelangt. Die Hauptkritik richtete sich gegen das Papsttum, das durch die Dogmen des Ersten Vatikanums den letzten Schritt zur »Verweltlichung«775 der Kirche vollzogen hätte: »Der Papst ist auf der schwindelerregenden Höhe der weltlichen Macht emporgestiegen, wohin ihn die Versuchung des Bösen geleitet hat. Die Versuchung des Bösen hat bei ihm Erfolg gehabt.«776

Aussagen einzelner katholischer Theologen (oft Autoren des 19. Jh., wie etwa der französische Bischof Èmile Bougaud) werden zum Inbegriff der ganzen RömischKatholischen Kirche hochstilisiert. Das führt zu Entstellungen, wie beispielweise in der folgenden Aussage: »[…] die katholische Theologie betrachtet den Papst als gleichwertig mit der Eucharistie, ja sogar etwas über die Eucharistie. Wenn der Papst der Stellvertreter Christi ist, wenn nur er die Wahrheit kennt, wenn er die ganze Macht besitzt, dann bedeutet das, dass die Kirche nicht mehr Christus in sich trägt.«777

Sicher stellt die Kritik an den Papstdogmen und am Machtgefüge des Vatikans keinen neuen Punkt im Kontext der traditionellen orthodox-katholischen Polemik dar; was jedoch auch bei Sta˘niloae – im Vergleich mit seinen Studien aus den 1930er Jahren – im Rahmen des Jahres 1950 neu erscheint, ist die polemische Wucht seines Diskurses. Teodor M. Popescu, der einige Jahre später dasselbe tragische Schicksal wie Sta˘niloae teilen sollte und eine Zeit lang in politischer Gefangenschaft verbrachte, unternahm in einem Artikel im Jahr 1951 dieselbe Offensive gegen den römisch-katholischen Cäsaropapismus.778 Er kritisierte scharf das römisch-ka773 774 775 776 777 778

Ebd. Vgl. Ebd., 550. Vgl. Ebd., 549. Ebd., 551. Ebd., 554. Teodor M. Popescu, Cezaropapismul romano-catolic de ieri ¸si de azi, in: O 3 (4/1951) 495– 537.

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tholische Modell des Cäsaropapismus als »Konzentration der politischen und religiösen Macht in einer Hand«779 und verteidigte die traditionelle Linie der Orthodoxen Kirche als authentisch und dem Christentum eigen, wonach die Kirche »die Autorität der Kaiser anerkennt und gestärkt hat, indem sie ihnen unabdingbaren Gehorsam gezollt und Respekt gewährt hat«780: »Seit Konstantin dem Großen waren diese Beziehungen [zwischen Kirche und Staat; I.M.] von friedlicher Kooperation und gegenseitiger Hilfe gekennzeichnet. In der Orthodoxen Kirche waren diese zwei Mächte immer als unterschiedlich und unabhängig voneinander angesehen worden; sie sind einander weder unter- noch übergeordnet.«781

Im Kontext des Jahres 1951, in dem zehntausende Rumänen, darunter auch orthodoxe Kleriker, aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Ansichten in den kommunistischen Gefängnissen gefoltert und zu Tode misshandelt wurden, klingen diese Worte realitätsfremd, wenn nicht sogar zynisch. Man kann in ihnen entweder eine theologische Überhöhung des vermeintlichen Prinzips der Trennung zwischen Kirche und Staat sehen, welches als Vorwand für viele antikirchliche Maßnahmen wie der Entfernung des Religionsunterrichts aus den öffentlichen Schulen usw. durch den kommunistischen Staat herhalten musste, oder aber, im Gegenteil, darin eine verdeckte Botschaft an die kommunistischen Machthaber erkennen, die Unabhängigkeit der Kirche ernster zu nehmen. Beide Lesarten sind möglich. Um das Modell der »gegenseitigen Unabhängigkeit« von Kirche und Staat stark zu machen, musste der Autor auch den byzantinischen »Cäsaropapismus« kritisieren. Dieser sei nur aufgrund des Machtmissbrauchs der byzantinischen Kaiser zu erklären und seitens der Kirche zu keiner Zeit theologisch untermauert worden.782 Der »römisch-katholische Cäsaropapismus« hingegen sei nichts anderes als »der kirchliche und politische Imperialismus der römischen Bischöfe«783. Wenn man vom polemischen Duktus absieht, bietet der Aufsatz von Teodor Popescu eine Fundgrube für die wichtigsten historischen und theologischen Argumente, welche die orthodoxe Theologie gegen den Jurisdiktionsprimat vorgebracht hat. Die verwendete Literatur sind sowohl evangelische784 wie alt-

779 780 781 782 783 784

Ebd., 495. Ebd., 497. Ebd., 500. Vgl. ebd., 500–501. Ebd., 500. Z. B. Hans von Schubert, Roms Kampf um die Weltherrschaft. Eine kirchengeschichtliche Studie, Halle 1888; Karl Mirbt, Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus, Tübingen 1934; Friedrich Heiler, Altkirchliche Autonomie und päpstlicher Zentralismus, München 1941.

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katholische785 papsttumskritische Kirchengeschichtsbeiträge aus der ersten Hälfte des 20. Jh.; orthodoxe Quellen sind kaum zu finden. Die Grundthese des Autors ist, dass das Papsttum im 20. Jh. – nach dem Verlust der weltlichen und militärischen Macht, über die es im Mittelalter und noch in der Neuzeit verfügte – »über diplomatische Agenten«786 (d. h. durch alle römisch-katholischen Kleriker und Ordensleute), aber auch durch die Konkordate und weitere »ideologisch-politische Mittel«787 nach wie vor einen großen politischen Einfluss auf der Weltbühne ausübe. Der Autor kommt schließlich zu folgender Schlussfolgerung: »Mit einer solchen Organisation […] ist die römisch-katholische Kirche in Wirklichkeit ein imperialistischer Staat, der die Bewunderung anderer Imperialisten auf sich zieht.«788 Selbst der Papst sei in diesem System »ein Produkt und ein Gefangener der römischen Kurie«, die wiederum »ein riesiger, geschlossener, bedrückender und tyrannischer Apparat«789 sei. Aus ekklesiologischer Sicht sei dieses System eine »Entstellung der Kirchenlehre, eine in der alten ungeteilten Kirche unbekannte Ekklesiologie, ein Kirchenstaat, ein Kirchenimperium«790. Die rumänische Theologie in den Jahren 1949–1951 wurde also bestimmt von einer einheitlichen antikatholischen Polemik, die zwar auf die Argumente der vorherigen Jahrzehnte zurückgriff, jedoch durch einen weit radikaleren Ton und eine stark politische Kampagne gegen den Vatikan gekennzeichnet war. Die Moskauer Konferenz war der Auslöser dieser Welle; die Hauptvorwürfe an den Vatikan betrafen die starke Politisierung, den universellen Machtanspruch und die Unterstützung der »imperialistischen« Mächte. Theologische Themen – wie etwa die Proklamation des Dogmas der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel im Jahr 1950791 – zogen auch kritische Artikel792 nach sich, diese stellten 785 Die Werke des Ignaz von Döllinger spielen in der orthodoxen Kritik des Jurisdiktionsprimats eine zentrale Rolle. Teodor M. Popescu zitiert die französische Ausgabe: Ignace Döllinger, La Papauté. Son origine au moyen age et son développement jusqu′au 1870, Paris 1940. 786 T. M. Popescu, Cezaropapismul romano-catolic, 533. 787 Ebd., 534. 788 Ebd., 535. 789 Ebd. 790 Ebd., 536. 791 Die Proklamation des marianischen Dogmas hatte eine Erklärung der Rumänisch-Orthodoxen Synode zur Folge. Die Erklärung verurteilt das Dogma nicht aus inhaltlichen, sondern aus formalen Gründen, weil dadurch zum ersten Mal der Papst seinen Unfehlbarkeitsanspruch umgesetzt habe: »[…]obwohl die leibliche Himmelfahrt Mariens ein geliebtes und weitverbreitetes Glaubensgut in der Orthodoxen Kirche und in der Frömmigkeit des Volkes darstellt, glaubt die Rumänische Orthodoxe Kirche dennoch, dass nichts ihre Definition als Dogma begründet hätte […]«. Kommuniqué der Heiligen Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche, in: O II (4/1950) 499. Die mariologische Frage löste eine Debatte unter den rumänischen Theologen aus, die die Interpretation der spätbyzantinischen Beiträge zur Mariologie betraf. Vgl. diesbezüglich: Ioan I. Ica˘ Jr, Dispute mariologice s,i revolut,ii politice

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jedoch eine kleine Minderheit im Vergleich zu den antikatholischen »Generalabrechungen« dieser Zeitspanne dar. Dieses Phänomen nahm jedoch bereits ab 1952 ab, und die kirchlichen Zeitschriften widmeten sich verstärkt theologischen Themen.

4.1.4. Die »Rückkehr« der Unierten: ein politischer Akt und seine theologische Interpretation Das einschneidende Ereignis im inzwischen eingespielten interkonfesionellen Miteinander war die bereits erwähnte, unter dem Druck der neuen kommunistischen Machthaber vollzogene Auflösung der mit Rom unierten Kirche und die Eingliederung ihrer Gläubigen, Priester und Kirchengebäuden in die Rumänische Orthodoxe Kirche.793 Der Giessener Historiker Albert Weber schreibt diesbezüglich: »Auf Anordnung Stalins wurde in jenem Jahr [1948, I.M.] die unierte Kirche vom kommunistischen Regime Rumäniens verboten. Zuvor war ihre Vereinigung mit der rumänischen orthodoxen Kirche inszeniert worden. Zur formellen Legitimierung dieser

pe fundalul secolului XX, in: Ders. (Hg.), Maica Domnului în teologia secolului XX s,i în spiritualitatea isihasta˘ a secolului XIV: Grigorie Palama, Nicolae Cabasila, Teofan al Niceei, Sibiu 2008, 5–149. 792 Vgl. Liviu Stan, O noua˘ ra˘ta˘cire a papalita˘¸tii, in: O 2 (4/1950) 610–619. 793 Zu den Fakten: Am 12. Juli 1948 löste der rumänische Staat das Konkordat mit dem Vatikan auf (Dekret Nr. 151). Am 1. Oktober 1948 fand in Cluj eine Versammlung statt, bei der 37 griechisch-katholische Priester (Delegierte) in der Anwesenheit des orthodoxen Metropoliten Nicolae Ba˘lan entschieden, zur Orthodoxie überzutreten. Am 3. Oktober 1948 überreichten die (inzwischen) 36 Delegierten die »Proklamation« dem Rumänischen Patriarchen in Bukarest. Am 21. Oktober 1948 feierte die Hl. Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche, 250 Jahre nach der Union mit Rom, den »Wiedergutmachungsakt«: Über 20.000 Gläubige nahmen an einer »Großen Kirchlichen Versammlung« teil und verabschiedeten eine Erklärung, die die Zugehörigkeit aller unierten Gläubigen in Rumänien zur orthodoxen Kirche festlegte. Ende Oktober 1948 wurden die unierten Bischöfe verhaftet. Am 1. Dezember 1948 (Dekret Nr. 358) wurde staatlicherseits der griechisch-katholische Kultus aufgelöst und am 27. Dezember 1948 (Regierungsentscheidung Nr. 1719) wurden die Eigentümer zwischen dem rumänischen Staat und der Rumänischen Orthodoxen Kirche aufgeteilt. Vgl. E. C. Suttner, Kirche und Theologie, 228–234. André Kom, Unificarea Bisericii Unite cu Biserica Ortodoxa˘ Româna˘ în 1948, in: Ovidiu Bozgan (Hg.), Studii de istoria Bisericii, Bukarest 2000, 88–124; Cristian Vasile, Între Vatican s,i Kremlin. Biserica Greco-Catolica˘ în timpul regimului comunist, Bukarest 2003; Marius Oprea, Problema 132: Biserica Româna˘ Unita˘ în atent¸ia Securita˘¸tii, în: Cristian Vasile, Istoria Bisericii GrecoCatolice sub regimul comunist 1945–1989. Documente ¸si ma˘rturii, Ias,i 2003, 5–22.

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Maßnahme bediente sich das Regime des Vereinigungsmythos von Alba Iulia, indem es die Auflösung als spirituelle Wiedervereinigung der Rumänen darstellte.«794

Dieses Ereignis wurde orthodoxerseits als epochaler Wiedergutmachungsakt (250 Jahre nach der sog. »Union von Siebenbürgen«) hochstilisiert, der auf Initiative von unierten Priestern und Gläubigen selbst geschehen sei.795 Es ist nicht leicht, selbst in der aktuellen kirchengeschichtlichen Literatur eine sachliche Darstellung dieses Ereignisses zu finden. Bis heute bleibt die Interpretation dieses Aktes zwischen den beiden Kirchen eine spannungsbeladene Herausforderung. Die Rumänische Orthodoxe Kirche vermeidet eine offizielle Interpretation jenes Aktes aus heutiger Perspektive. Eines der wenigen diesbezüglichen Dokumente stammt aus dem Jahre 2006 und wurde von der rumänischen orthodoxen Metropolie von Klausenburg, Alba, Cris,ana und Maramures, veröffentlicht796, findet sich aber als Dokument auch auf der Webseite des Rumänischen Patriarchats.797 Die Ereignisse im Oktober 1948 werden als Aktion des kommunistischen Staates interpretiert, die Teilnahme der Rumänischen Orthodoxen Kirche dabei sei letztendlich eine Möglichkeit gewesen, die griechischkatholischen Priester vor der Inhaftierung zu schützen. Indirekt werden in dem Dokument auch die unierten Hierarchen kritisiert, die die unierten Delegierten von Cluj am 1. Oktober 1948 exkommuniziert hatten; hingegen habe das Rumänische Patriarchat alle unierten Priester nur aufgrund eines Bekenntnisses akzeptiert und deren Weihen voll und ganz anerkannt. – Dieses Dokument aus dem Jahr 2006798 zeigt, dass die Interpretation dieses Ereignisses immer noch für große Divergenzen zwischen den zwei Kirchen sorgt.

794 Albert Weber, Die griechisch-katholische Kirchenunion in Alba-Iulia, in: J. Bahlcke, S. Rohdewald, T. Wünsch (Hg.), Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff, 2013, 949. 795 Vgl. Das Themenheft »Întregirea Ortodoxiei românes¸ti. Întoarcerea frat¸ilor greco-catolici la Biserica Ortodoxa˘«, in: GB 7 (10/1948). 796 Mitropolia Clujului, Albei, Cris,anei s,i Maramures,ului (Hg.), Relat,ia actuala˘ dintre ortodocs,i s,i greco-catolici în România, Cluj-Napoca 2006. Englische Ausgabe: Mitropolia Clujului, Albei, Cris,anei s,i Maramures,ului (Hg.), Present relationship between the or thodox and the greek-catholics in Romania, Cluj-Napoca 2006. 797 Vgl. Relat,ia actuala˘ dintre ortodocs,i s,i greco-catolici în România. Sinteza˘ alca˘tuita˘ de Mitropolia Clujului, Albei, Cris,anei s,i Maramures,ului, Cluj-Napoca 2006, http://patriarhia. deveu.com/_upload/relatii_externe/relatiile_greco_catolice_cu_ort_romaneste.pdf http://patriarhia.deveu.com/_upload/relatii_externe/relatiile_greco_catolice_cu_ort_romaneste.pdf (abgerufen am 15. 04. 2019). 798 Im Jahr 2011 hat die gemeinsame Synode der zwei orthodoxen Metropolien in Siebenbürgen (Transylvanien) entschieden, dieses Dokument neu aufzulegen (vgl. http://basilica.ro/sino ade-mitropolitane-reunite-la-manastirea-ramet/) (abgerufen am 15. 04. 2019), worauf die Synode der Griechisch-Katholischen Kirche am 7. Juli 2011 kritisch reagierte: http://www. bru.ro/documente/scrisoarea-sinodului-episcopilor-bru-catre-conducerea-bor/ (abgerufen am 15. 04. 2019).

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Diesen Dissens führt auch eine weitere Episode aus dem Jahr 2017 vor Augen, als das Fernsehen des Rumänischen Patriarchats einen Dokumentarfilm präsentierte, in welchem dieser Akt als »Heilung« bezeichnet wurde. Daraufhin publizierte die Griechisch-Katholische Kirche ein Kommuniqué, in dem es u. a. heißt: »Die sogenannte ›Wiedervervollkommnung‹ der Rumänischen Orthodoxen Kirche im Jahr 1948 war die Folge der Auflösung der Rumänischen Unierten Kirche, die von der neu installierten stalinistischen Macht durchgeführt wurde.«799 Da es sich hier nicht um eine kirchengeschichtliche Forschungsarbeit handelt, muss dieser Dissens als solcher einfach festgestellt werden.800 Als ökumenischer Vermittlungsversuch kann die Annäherung des Wiener Ostkirchenkundlers Ernst Christoph Suttner gelten, der feststellt: »Den Auftakt zu diesen Begebenheiten setzten die Staatsbehörden; er darf nicht der orthodoxen Kirchenleitung Rumäniens zugeschrieben werden.«801 Was hier von Interesse ist, ist die Art und Weise, wie die zeitgenössische Theologie auf dieses Ereignis reagierte. Aus Sicht der damaligen rumänischen orthodoxen Theologen wurde es als ein historischer Gerechtigskeitsakt interpretiert. Kein geringerer als Dumitru Sta˘niloae begrüßte das Ereignis als Ende einer 250 Jahre lang währenden »Lüge«802 und einer »politischen Episode«803, die nie die religiöse Struktur des Volkes tangiert hätte, als Befreiung von der Fremdbestimmung durch den Vatikan. Er glorifizierte dabei die Standhaftigkeit der Rumänen, die »die Dogmen des Katholizismus nie akzeptiert und bekannt haben, abgesehen von einigen individuellen Fällen«804. Die bisherigen »griechisch-katholischen Brüder« werden dafür gelobt, weil sie »zwar dem fremden Katholizismus gedient, aber ihre Seelen in dieser Zeit unverdorben bewahrt haben«805. Auch die »unierten Priester« werden zu Helden der Orthodoxie hochstilisiert, da sie trotz des massiven theologischen Drucks »die ersten waren, 799 Vgl. »Die Reaktion der Griechisch-Katholischen Kirche zu dem Film über die Wiedervereinigung der Rumänischen Orthodoxen Kirche« (Kommuniqué am 4. 11. 2017), http://www.ca tholica.ro/2017/11/04/reactia-bisericii-greco-catolice-la-episodul-despre-reunificarea-bor-co municat/ (21. 03.2018). 800 Es gibt allerdings orthodoxe Autoren, die bereit sind, die »Rückkehr« der Unierten im Jahr 1948 als einen vergifteten Apfel zu sehen, den die kommunistische Führung der Rumänischen Orthodoxen Kirche reichte: »Die rumänische Hierarchie hat dieses Geschenk nicht ohne Widerstand (wie z. B. seitens des Metropoliten Nicolae Ba˘lan) angenommen, denn sie erkannte darin eine Zwangsmaßnahme«. Adrian Nicolae Petcu, Ortodoxie s,i greco-catolicism în anul 1948, in: Ziarul Lumina (22. 10. 2012), http://ziarullumina.ro/ortodoxie-sigreco-catolicism-in-anul-1948-76902.html (abgerufen am 15. 04. 2019). 801 E. C. Suttner, Kirche und Theologie, 228. 802 Dumitru Sta˘niloae, Întoarcerea frat¸ilor, in: GB 7 (10/1948) 65. 803 Ebd., 66. 804 Ebd., 65. 805 Ebd., 68.

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die sich von den Fesseln des Katholizismus befreit haben«806. Sta˘niloae deutete das Ereignis nicht nur als Erreichen einer vollkommeneren nationalen Einheit (»jetzt ist unser Volk eins in allem«807), sondern auch als möglichen ökumenischen (!) Aufbruch, der sich auch von internationaler Relevanz erweisen könnte: »Es liegt in unserem jetzt anbrechenden Zeitgeist, dass die Glaubenseinheit zwischen den Menschen wiederhergestellt wird. Momentan hat dies unter den einsamen Völkern des Ostens stattgefunden. Ist das nicht ein Zeichen, dass wir in der Zukunft etwas Größeres erwarten dürfen?«808

Ein anderer Dogmatiker, Nicolae Chit¸escu (1904–1991)809, sah in der »Rückkehr der unierten Kirche von Siebenbürgen in die väterlichen Arme« der Orthodoxen Kirche ein Zeichen für die Anerkennung der »Überlegenheit der göttlichen Lehre«810 der Orthodoxen Kirche gegenüber den anderen christlichen Kirchen. Er verstand darunter die Bestätigung der Moskauer Konferenz und des darin ausgedrückten Prinzips, wonach jede Einheitsbestrebung »kein anderes Fundament haben kann als die Anerkennung der Lehre der Orthodoxen Kirchen«811. Neben systematisch-theologischen Aufsätzen wurden in den darauffolgenden Jahren eine Reihe von kirchengeschichtlichen Studien veröffentlicht, die sowohl die Union von Siebenbürgen im Jahr 1700 als auch die »Rückkehr der Unierten« im Jahr 1948 aus orthodoxem Blickwinkel dokumentierten und interpretierten.812 Hinzu kommen verschiedene Reden der Kirchenleitung anlässlich des jährlich gefeierten Gedenktags des Ereignisses von 1948.813 Noch im Jahr 1968, in einer Festschrift zum groß gefeierten 20-jährigen Jubiläum der Amtsübernahme des Patriarchen Justinian, schrieb der Bukarester Weihbischof Visarion, dass die »Wiederzusammenführung der Kirche in Rumänien […] das größte Ereignis darstellt, das das rumänische Volk im kirchlichreligiösen Bereich in unserer Epoche erlebt hat814. Der Moment von 1948 sei 806 807 808 809 810 811 812

813 814

Ebd. Ebd. Ebd. Bio- und bibliographische Daten: M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 181. Nicolae Chit¸escu, Esent¸a doctrinala˘ a celor trei mari confesiuni cres¸tine, in: ST 1 (9–10/ 1949) 780. Ebd. Vgl. Teodor M. Popescu, Uniat¸ia în lumina adeva˘rului istoric, in: O 1 (4/1949) 19–46; Leon Pa˘dureanu (Pseudonym für Liviu Stan), Adeva˘rul asupra »Unirii« religioase din 1700, in: O 1 (4/1949) 47–103. Die Studie Popescus wurde im Jahr 2013 als Buch im Verlag der Erzdiözese von Suceava neu aufgelegt: Teodor M. Popescu, Cum s-au fa˘cut unirile cu Roma. Uniat¸ia în lumina adeva˘rului istoric, Suceava 2013. Vgl. z. B. Nicolae Mladin, Pe drumul unita˘¸tii. Opt ani de la reîntregirea bisericeasca˘, in: O 8 (4/1956) 644–646. Visarion (Ploies,teanu) As,tileanu, Reîntregirea Bisericii Ortodoxe Române din Transilvania, in: Doua˘zeci de ani din viat,a Bisericii Ortodoxe Române 1948–1968. La a XX-a aniversare a însca˘una˘rii Prea Fericitului Patriarh Justinian, Bukarest 1968, 156.

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sowohl ein »religiöser als auch ein patriotischer, nationaler Akt gewesen« – wobei der Autor es sich nicht nehmen ließ, als viertes Attribut einen »aktuellen« Begriff der 1960er Jahre zu ergänzen – »[…] und, warum nicht, ein ökumenischer Akt«815. Die ganze Ambivalenz dieser Aussagen offenbart sich vor allem anhand der persönlichen Geschichte des Autors, eines ehemaligen griechisch-katholischen Priesters.816 Sein ganzer Aufsatz liest sich dennoch wie ein unterschwelliger Versuch, die Ehre der Unierten Kirche zu retten. Obwohl er – wie die anderen orthodoxen Hierarchen und Theologen – von »reîntregire« (Wiedervereinigung) sprach, interpretierte er die 250-jährige Geschichte der Unierten Kirche in Siebenbürgen als eine Geschichte im Dienste der wahren christlichen Tradition. As,tileanu bezeichnete die Griechisch-Katholische Kirche als »Schwesterkirche«817 und betonte die ehrlichen Bemühungen beider Kirchen im Laufe dieser zweieinhalb Jahrhunderte, »das rumänische Gesetz«818 und »den orthodoxen Glauben der Vorväter«819 zu bewahren. Immer wieder hob er hervor, dass die mit Rom Unierte Kirche stets einen Kampf gegen die Latinisierungsversuche geführt habe. Dabei erwähnte er die Selbstverständlichkeit der Interzelebrationen zwischen orthodoxen und unierten Geistlichen (anlässlich von Kasualien) und kritisierte retrospektiv den Vatikan für die Strenge, womit diese Interzelebrationen noch in den 1930er Jahren verboten wurden820. Die Betonung der Rechtgläubigkeit der Unierten Kirche bei Visarion As,tileanu weist auf eine latente Spannung in der Hermeneutik der Zeit vor 1948 innerhalb der Rumänischen Orthodoxen Kirche hin: Während die »genuin« orthodoxen Autoren die »Wiedervervollständigung« als Akt der historischen Gerechtigkeit und der Heilung zelebrierten, versuchten die in die Orthodoxe Kirche aufgenommenen, ehemaligen unierten Kleriker wie As,tileanu, die Kontinuität ihres Credos mit dem rumänischen, antilatinisierenden (deshalb: orthodoxen)

815 Ebd. 816 Der Autor dieser Zeilen Visarion (weltl. Name: Vasile) As,tileanu war selbst griechischkatholischer Priester gewesen und fungierte bis 1948 als Diözesansekretär in Cluj-Napoca. Persönlich hatte er den Übertritt zur Orthodoxen Kirche erst zehn Jahre später vollzogen (1958), nachdem er 1952–1955 in politischer Gefangenschaft war und danach einige Jahre sogar als römisch-katholischer Pfarrer aktiv war; nach 1958 erlebte er einen schnellen Aufstieg in der hierarchischen Struktur der Rumänischen Orthodoxen Kirche. Sein später Übertritt wurde von der politischen Führung als Beweis dafür gesehen, dass der letzte griechisch-katholische »Widerstand« gebrochen war. Vgl. Gheorghe Petraru, Episcopul Visarion As,tileanu, in: MMS 60 (7–9/1984) 594–596. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 45. 817 V. As,tileanu, Reîntregirea Bisericii Ortodoxe Române, 163. 818 Vgl. ebd., 157. Zur besonderen Relevanz des Begriffs »legea stra˘mos,easca˘« im Kontext der Union von Siebenbürgen siehe Ernst Chr. Suttner, »Legea stra˘mos,easca˘«: Glaubensordnung und Garantie des sozialen Zusammenhalts, in: OS 56 (1/2007) 138–154. 819 V. As,tileanu, Reîntregirea Bisericii Ortodoxe Române, 165. 820 Vgl. ebd., 163.

Interkonfessionelle Typologisierung

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Credo der vergangenen griechisch-katholischen Generationen in den letzten 250 Jahren zu unterstreichen.

4.2. Interkonfessionelle Typologisierung 4.2.1. Die Ambivalenz der doppelten Abgrenzung durch eine national-theologische Typologie Die blinde Orientierung an der stalinistischen, anti-imperialistischen Terminologie und an ihrer kirchenpolitischen Äquivalenz im Sinne einer harten antikatholischen Polemik nahm in den theologischen Aufsätzen der kirchlichen Zeitschriften ab den Jahren 1952–1953 immer mehr ab. Auch wenn der Rückzug der Sowjetarmee aus Rumänien erst 1958 stattfand und die nationale Politik eines »eigenen Weges« im kommunistischen Lager seitens Ceaus¸escu noch viel später einsetzte, kann bereits ab Mitte der 1950er Jahren eine gewisse thematische Auflockerung festgestellt werden, die über den ideologischen Zeitgeist hinausreicht. Die rumänische Theologie knüpfte – wenig überraschend – neu an das national-theologische Paradigma an, das bis zum Zweiten Weltkrieg bestimmend war. Die Ambivalenz dieser Position wird anhand eines Aufsatzes von Nicolae Chit¸escu aus dem Jahr 1955 sichtbar.821 Er verteidigte darin das Glaubensbekenntnis von 1642 des rumänischstämmigen Kiewer Metropoliten Petr Mogila (rumänisch: Petru Movila˘), das für orthodoxe Theologen wie Georges Florovsky den Inbegriff der latinisierenden Entfremdung des orthodoxen Ostens darstellte. Während für Florovsky Mogila die »babylonische Gefangenschaft« der orthodoxen Theologie in den Diensten des westlichen Denkens am stärksten vorangetrieben habe, war der Kiewer Metropolit aus der Sicht Chit¸escus ein genuin orthodoxer und sogar providentieller Denker.822 Der rumänische Theologe unterschied dabei zwischen »göttlicher« und »kirchlicher Tradition« und meinte, dass die Bekenntnisschrift Petr Mogilas durch die sehr gute und breite Rezeption im Kirchenvolk in der »kirchlichen Tradition« aufgenommen worden sei. Zwar würde sie erst im Zuge einer Bestätigung durch eine panorthodoxe oder ökumenische Synode zum unverzichtbaren Teil der Heiligen Tradition werden können; dass die Bekenntnisschrift 821 Nicolae Chit¸escu, Însemna˘tatea ma˘rturisirilor de credint,a˘ în cele trei mari confesiuni cres,tine, in: O 7 (4/1955) 483–512. 822 Bis in die heutige Zeit wird die Persönlichkeit des Kiewer (inzwischen heiliggesprochenen) Metropoliten Petr Mogila von der rumänischen Theologie als eine providentielle eingeschätzt. Constantin Pa˘tuleanu bezeichnet ihn sogar als einen »Brückenbauer und Ökumeniker«. C. Pa˘tuleanu, Die Begegnung der rumänischen Orthodoxie, 93.

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Mogilas jedoch »genuin orthodoxe Lehre« vermittelt habe, steht für Chit¸escu – trotz des »scholastischen, westlichen Stils«823 – außer Zweifel. Die offene Kritik des rumänischen Theologen an den Thesen Florovskys zeigt, dass die rumänische orthodoxe Theologie selbst in den stark antikatholisch geprägten 1950er Jahren nicht bereit war, ihre Verwandtschaft mit der lateinischen Tradition aufzugeben. Denn in der Verteidigung der Bekenntnisschrift Petr Mogilas steckt nicht einfach nur das Bemühen, die Wichtigkeit des Werkes einer für die rumänische Kirchengeschichte wichtigen Persönlichkeit zu behaupten, sondern auch die latinisierenden Formen und Tendenzen (wie etwa das dogmatische Genre der Bekenntnisschriften) zu verteidigen. Die Kritik Florovskys richtete sich gegen den Inhalt und die Form der Bekenntnisschriften; Chi¸tescu hingegen war ein starker Verteidiger gerade dieser Form von Identitätsbekundung: »Kein anderes religiöses Buch kann sich auf der Ebene der Verbreitung mit den orthodoxen Bekenntnisschriften vergleichen […]«; diese seien »echte, mit Autorität ausgestattete Leitfäden und Begleiter« der Gläubigen, »das wichtigste Kapitel der kirchlichen Tradition«824. Dieselbe Bewunderung für den latinisierenden Petr Mogila hatte Jahre zuvor der Patrologe Ioan G. Coman an den Tag gelegt825. Er sah in ihm den Ausdruck eines orthodoxen Humanismus, wonach Glaube und Kultur einander bedürfen. Die römisch-katholische Begrifflichkeit sei für den Kiewer Metropoliten nur eine Waffe gewesen, um dem kulturell überlegenen Katholizismus standhalten zu können: »Nur durch die Einführung des westlichen Humanismus in die Orthodoxe Kirche konnte – so die Meinung Movilas – die Gleichstellung der Orthodoxen Kirche mit den anderen Kirchen sichergestellt werden.«826 Ioan G. Coman bejahte diese Entwicklung voll und ganz: Mogila habe durch sein vom Westen übernommenes akademisches Programm die »Bildung des Klerus« vorangetrieben. Die Offenheit zur westlichen Kultur sei ein Charakteristikum des »rumänischen orthodoxen Humanismus«, der im 17.–18. Jh. eine fruchtbare, wenn auch »unsystematische« Synthese zwischen klassischem Humanismus und Christentum hergestellt habe827. Coman fand noch weitere Beispiele in der rumänischen Kirchen- und Kulturgeschichte, wie die Fürsten Matei Basarab und Constantin Brâncoveanu. Er versuchte durch diese kulturgeschichtliche Schau eine Sonderstellung der rumänischen Orthodoxie zwischen Osten und Westen zu konstruieren, die theologisch sauber (»Bewahrung der Orthodoxie«), kulturell fortgeschritten (»Offenheit zu den kulturellen Errungenschaften des Westens«), aber auch im Kontext der 1948er Jahre politisch korrekt war (»rumänischer 823 824 825 826 827

Vgl. N. Chit¸escu, Însemna˘tatea ma˘rturisirilor de credint,a˘, 500. Vgl. ebd., 511. Ioan G. Coman, Umanismul Ortodoxiei românes¸ti, in: BOR 66 (1–2/1948) 33–77. Vgl. ebd., 57. Ebd., 65.

Interkonfessionelle Typologisierung

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orthodoxer Humanismus ist demokratisch, nicht aristokratisch«828). Der gemeinsame Nenner für alle diese Aspekte sei der religiöse Volkscharakter des Humanismus gewesen, dessen Eigenschaften folgende gewesen seien: religiös, menschlich, barmherzig, diskret, bescheiden, kulturschaffend. Wie andere Theologen seiner Generation, sah Coman im »populären« Charakter der Theologie und der Kultur das Bindeglied zwischen vermeintlichen Gegensätzen. Damit unterscheide sich die rumänische Theologie aus kultureller Sicht von der griechischen und der slawischen Orthodoxie, aus theologischer Sicht vom christlichen Westen: »Unser orthodoxer Humanismus ist national und ökumenisch zugleich. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf unsere dako-romanischen Ursprünge und bemüht sich um das Schaffen einer rumänischen Kultur. Aber er ist zugleich ökumenisch durch den universellen Charakter der Kirche selbst, durch das Bestreben nach dem Vollzug eines menschlichen Idealtyps: der griechisch-christliche Mensch im Rahmen des Rumänentums.«829

Das Beispiel der Beurteilung Mogilas830 und der national-theologischen Hermeneutik, die daraus entfaltet wird, zeigt, dass die rumänische Theologie das Leitmotiv eines besonderen nationalen Profils innerhalb der Orthodoxie selbst in den Zeiten der starken Anlehnung an die sowjetische Kirchenpolitik behauptet hat. Die Ambivalenz dieses national-theologischen Paradigmas besteht darin, dass es einen doppelten Diskurs bedienen musste: Einerseits nimmt es am antikatholischen Miteinander der orthodoxen Schwesterkirchen im kommunistischen Ostblock teil, andererseits distanzierte es sich zugleich von einer orthodoxen Uniformität und musste gerade diese lateinische Prägung (nicht nur ihrer Sprache) als Profil einer ganz besonderen »rumänischen Kultur« verteidigen.

4.2.2. Eine andere Typologie: die freie Orthodoxie gegen den autoritären Katholizismus Eine weitere Typologie, die aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg in die 1950er Jahre geholt und entfaltet wurde, ist die Gegenüberstellung einer modernen, offenen und gemeinschaftlichen Orthodoxie einerseits und eines autoritären und zentralistischen Katholizismus andererseits. Für den Dogmatiker Teodor M. 828 Ebd., 67. 829 Ebd., 71. 830 Die Hochschätzung Petr Mogilas in der Rumänischen Orthodoxen Kirche ist nicht nur hagiographischer Natur: der 1952 als bearbeitete und stark erweiterte Form der »Orthodoxen Bekenntnisschrift« (1643) Mogilas erschienene orthodoxe Katechismus (»Înva˘t,a˘tura˘ de credint,a˘ ortodoxa˘«) wurde nach der Wende immer wieder neu aufgelegt. Vgl. Credint,a ortodoxa˘, mit dem Segen des Metropoliten Daniel der Moldova und der Bukowina, Ias,i 1996.

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Die Politisierung der Interkonfessionalität

Popescu831 bewahrte die Orthodoxe Kirche »den gemeinschaftlichen Geist des alten Christentums viel besser als alle anderen kirchlichen Organisationen aus dem Osten und dem Westen«832. Gemeint ist die Organisationsstruktur der Orthodoxen Kirche in autokephalen »Landeskirchen«: »Die innerkirchlichen Beziehungen in der Orthodoxie sind nicht von Dominanz und Gehorsam, sondern von Verständigung und Hilfe zwischen den autokephalen Kirchen geprägt, die alle gleichberechtigt sind im Schoße der Einen Kirche, die ihre organische Ganzheit ausmacht.«833

Die Herstellung einer universellen Gemeinschaft sei in der Römisch-Katholischen Kirche durch die Leitung und den Jurisdiktionsprimat des Papstes zwar effizienter, aber diese Art von autoritärer Einheit entspreche nicht dem normativen Charakter der Kircheneinheit in der Alten Kirche834: diese sei »keine geographische, sondern eine dogmatische Einheit« gewesen, sie habe nicht die »die physische Quantität, sondern die doktrinäre Qualität«835 ausgedrückt. Wie auch in anderen Aufsätzen fokussierte Popescu seine Kritik an der römischkatholischen Theologie und Kirche auf das Papstamt. Dieses sei »[…] eine späte Anschauung und Macht, willkürlich und missbräuchlich, basiert auf falschen Interpretationen, auf fragwürdigen Dokumenten, auf historischen Erfindungen, auf der Schwäche der Hierarchie und der Ortskirchen, die ihre Autonomie und Rechte nicht verteidigt haben.«836

Die von Popescu skizzierte paradigmatische Gegenüberstellung sieht die Freiheit, die Autonomie, die Selbstbestimmung, die lokale Diversität und die Liebe als Einheitsprinzipien der Orthodoxie, während der Gehorsam, der Zentralismus, die willkürliche Autorität, die Uniformität und die Machtgier als Einheitsaspekte des Katholizismus gelten. Auch bei der Konkretisierung des kirchlichen Lebens pochte Popescu auf Elemente, die die Orthodoxie sehr modern erscheinen lassen, nämlich die aktive Beteiligung der Laien an allen kirchlichen Entscheidungsebenen, die kollektive Leitung der Kirche (das Synodalsystem), die Verwendung der Volkssprache, die gemeinschaftliche Voraussetzung jeder Liturgie (keine Privatmessen), das verheiratete Priestertum und die daraus resultierende Weltoffenheit der Kirche, die Kommunion unter beiderlei Gestalten, die persönliche Begegnung von Angesicht zu Angesicht bei der Beichte, die Kinderkommunion, die Abwesenheit jeglicher Verbotslisten, der menschliche Charak-

831 832 833 834 835 836

Teodor M. Popescu, Duhul comunitar al Ortodoxiei, in: O 8 (1/1956), 144–159. Ebd., 146. Ebd., 147. Vgl. ebd., 148. Ebd. Ebd.

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ter der Frömmigkeit und schließlich das einheitliche Mönchtum (keine Orden und damit keine Zerteilung in hunderte monastische Gemeinschaften).837 Die Aufzählung der gemeinschaftlichen »Attribute« und indirekt auch der Vorteile der Orthodoxen Kirche gegenüber der Römisch-Katholischen sind sicherlich Teil eines sehr einfachen und auf Pauschalurteilen aufbauenden Selbstdarstellungsprogramms. Das Interessante dabei ist die Kriteriologie: nicht das Altehrwürdige, Konservative, Traditionelle der Orthodoxie wird herausgestellt, sondern das Moderne schlechthin, nämlich Freiheit, Diversität, Selbstbestimmung, Kollegialität und Gleichheit. Selbst der ekklesiologische Selbstanspruch der Römisch-Katholischen Kirche, sich als die »eine und einzig wahre Kirche darzustellen, wodurch allen anderen der Name und der Titel des Kircheseins abgesprochen wird«838, wird als »Ungerechtigkeit«, »Beleidigung« und »Missachtung«839 notiert. Mutatis mutandis gibt der Autor zu, dass die Orthodoxe Kirche kein ekklesiologisches Problem damit habe, das Kirchesein der anderen christlichen Konfessionen anzuerkennen. Dieses romantische Paradigma einer modernen, freien Orthodoxie gegenüber einem »totalitären«, »juridischen«, »autoritären« und auf Äußeres zentrierten Katholizismus840 blieb in der rumänischen Theologie bis in die 1970er Jahre sehr präsent.841 Die langsame Rezeption der Entscheidungen des Zweiten Vatikanums und der postkonziliaren Entwicklungen verdrängte diese Sicht allmählich. In eine ähnliche typologisierende Richtung ging auch Nicolae Chit¸escu in einem bereits 1949 veröffentlichten Aufsatz842: »Es gibt drei große Zweige des Christentums, und jeder für sich stellt den Anspruch des Besitzes der ganzen Wahrheit«843 – so leitete er seine Analyse ein. Jeder der drei großen Konfessionen werden bestimmte Attribute zugewiesen: die Römisch-Katholische Kirche sei vom »päpstlichen Absolutismus«844 und von einem starken juridischen Geist845, 837 838 839 840 841

842 843 844 845

Vgl. ebd., 150–157. Vgl. ebd., 158. Ebd. Vgl. ebd. Eine ähnliche Gegenüberstellung bezüglich des unterschiedlichen Ökumene-Verständnisses in der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirche finden wir auch bei Nicolae Chit¸escu, Mis¸carea ecumenica˘, in: O 14 (1–2/1962) 9: Während sich die Römisch-Katholische Kirche nur das Modell der Rückkehr in die Gemeinschaft mit Petrus vorstelle und damit einen »extensiven Ökumenismus« vor Augen habe, sei der »Ökumenismus der Orthodoxie […] intensiv, als lebendige Erfahrung der Wahrheit, die sich der Liebe öffnet« (ebd., 9). Nicolae Chit¸escu, Esent¸a doctrinala˘ a celor trei mari confesiuni cres¸tine, in: ST 1 (9–10/ 1949) 763–780. Ebd., 764. Ebd. Vom »juridischen« Geist des Katholizismus sprach Chit¸escu auch 10 Jahre später in einem ähnlich angelegten Aufsatz: N. Chis¸escu, Sinteza˘ asupra dogmei soteriologice privita˘ in-

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die protestantischen Kirchen hingegen vom »Relativismus«846 geprägt. Demgegenüber würden in der Orthodoxie als Kriterium der Wahrheit der Glaube und die Erfahrung der ungeteilten »ökumenischen Kirche« des Altertums leben. Der Apostel Johannes gilt dem petrinischen bzw. dem paulinischen Geist gegenüber als »geistlicher Protektor der Orthodoxie«847; damit wird die Liebe als Fundament des orthodoxen Christentums hervorgehoben. Auch Corneliu Sîrbu trug mit einem Aufsatz aus dem Jahre 1955848 zu dieser interkonfessionellen Typologie bei, die, wie bei seinen Kollegen, darauf abzielte, die Überlegenheit der Orthodoxie gegenüber den anderen zwei großen Konfessionen aufzuzeigen. Er unterschied drei unterschiedlich geprägte »doktrinärdogmatische Geister in den drei großen Zweigen des Christentums«849, die jeweils eine eigene Art und Weise bestimmen, »die geoffenbarte Wahrheit zu interpretieren, zu vertiefen und dogmatisch zu kristallisieren«850. Die Orthodoxie besitze dem Westen gegenüber »einen höheren doktrinär-dogmatischen Geist«, weil der Westen durch den »Missbrauch des Gleichgewichts zwischen Glauben und Vernunft das Dogma ständig zermalmt hat, bis hin zum hoffnungslosen Relativismus«851. Sirbu bot keine theologiegeschichtlichen Details an, um seine Bewertung zu begründen, schien jedoch der Meinung zu sein, dass seine typologische Zuteilung der unterschiedlichen konfessionellen Schwerpunkte »ohne konfessionelle Eitelkeit oder Verachtung, ohne jegliche Vorurteile […], mit wissenschaftlicher Sachlichkeit und vor allem mit christlicher Liebe«852 formuliert sei. Das dogmatische Leitprinzip der Orthodoxie sei von einem Theozentrismus und Christozentrismus geprägt; das »Wesensmerkmal des orthodoxen dogmatischen Geistes ist nicht ein spekulativ-scholasticher, sondern ein hautpsächlich positiver, darstellender, erklärender und konservativer, ohne aber in Starrheit zu verfallen […]«853. Die Orthodoxie sei getragen von einer »vernünftig-mystischen Vision der christlichen Wahrheit«854, die versuche, gemäß dem biblisch-patristischen Erbe das Gleichgewicht zu bewahren zwischen dem Mysterium Gottes und dem Licht der Erkenntnis. Deshalb, so schlussfolgert Sîrbu, gebe sich die Orthodoxie mit »einem Minimum an unverzichtbaren Dogmen, mit einigen

846 847 848 849 850 851 852 853 854

terconfesional, in: O 11 (2/1959) 214: »[…] dieser juridische, äußerliche, dürre, kalte, dem authentischen Christentum fremde Geist […]«. N. Chit¸escu, Esent¸a doctrinala˘, 764. Ebd., 765. Corneliu Sîrbu, Spiritul doctrinar-dogmatic ortodox, catolic s,i protestant, in: O 7 (4/1955) 593–607. Ebd., 601. Ebd. Ebd. Ebd., 602. Ebd. Ebd.

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schematischen Grundideen zufrieden, die die wesentlichen Gesichter der christlichen Realität zum Ausdruck bringen.«855 Der dogmatische Geist des Katholizismus sei davon hingegen grundsätzlich unterschieden: die Grundthemen seien nicht mehr Gott oder Christus, sondern der Mensch und der Papst. »Aufgrund des Anthropozentrismus überbewertet der Katholizismus die Rolle der Vernunft«856 und der »Papozentrismus« drücke sich im Papstdogma aus, welche letztendlich »eine Quasi-Gleichstellung des Papstes mit Christus und eine Bemühung, einen quasi-göttlichen Papstkult zu entfalten«857 mit sich bringe. Mit dem Leitsatz »im Zentrum der Katholischen Dogmatik steht nicht Christus, sondern der Papst«858 begann Sîrbu eine Reihe von Vorwürfen an die römisch-katholische Theologie, voll von Schlagwörtern wie Dekadenz, Engstirnigkeit, Entfernung vom wahren christlichen Geist, Abstraktionismus, Unterordnung der Theologie unter eine nicht-christliche Philosophie, Überdogmatisierung des Glaubens oder die Aufopferung jeglicher Glaubensfreiheit.859 Der Geist des Protestantismus sei am anderen Extrem anzusiedeln: Ein »extremer Anthropozentrismus«, eine »Reduktion der Dogmatik auf individuellsubjektive Spekulation«860 und eine Infragestellung des altkirchlichen Dogmas seien für diesen charakteristisch. Nicht nur im Bereich der Dogmatik war diese Art von typologischer Polemik bestimmend; sie griff auch auf andere Fächer über. Paradigmatisch ist etwa ein Aufsatz des Bibelwissenschaftlers Ioan Gladjar aus dem Jahr 1957, der die Frage der biblischen Inspiration behandelte.861 Er bediente dasselbe Profilierungsschema durch die pauschale Abwertung der Identität des Anderen: »Was im Katholizismus und im Protestantismus geschehen ist, wird in der Orthodoxie nicht stattfinden. Die rationalistische Eitelkeit des Katholizismus, der Unglaube des liberalen Protestantismus und die Krise der dialektischen Theologie sind mit dem Geist der Orthodoxie inkompatibel und ihm fremd. Deshalb kennt die Orthodoxe Kirche keine der Anomalien, denen man im Katholizismus und Protestantismus begegnet.«862

855 856 857 858 859 860 861 862

Ebd., 603. Ebd. Ebd. Ebd., 604. Vgl. ebd., 604–605. Ebd., 606. Ioan Glajdar, Problema interconfesionala˘ a inspirat,iei biblice, in: O 9 (2/1957) 216–238. Ebd., 238.

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4.3. Licht im Dunkel: Die (Wieder)Entdeckung der Sachlichkeit 4.3.1. Komparatistische Studien als vor-ökumenische Wahrnehmung des Anderen Neben der Fortdauer der national-theologischen Linie und der typologischen Selbstbehauptung als fortschrittlicher und modernerer Teil der Christenheit zeigten einige rumänische Theologen in den 1950er Jahren ein unerwartetes Interesse für vergleichende Studien, in denen verschiedene Themen der Theologie aus der Sicht der drei großen Konfessionen dokumentiert werden.863 Selbstverständlich ist all diesen mehr oder weniger wissenschaftlich geglückten Studien die Strategie einer Demonstration der eigenen Überlegenheit gemeinsam. Dennoch weisen einige Studien dieses Genres, im Kontext des damaligen Diskurses betrachtet, auch das Bemühen um eine gewisse interkonfessionelle Sachlichkeit auf.864 Sie zeugen in erster Linie vom Interesse, die Entwicklung des jeweiligen Faches in der westlichen Theologie mitzuverfolgen. Dieses Interesse zeigt erneut, dass der exemplifizierte antiwestliche Diskurs für viele Theologen eine Formalität war, denn man war sich zugleich bewusst, dass die westliche Theologie nicht ignoriert werden konnte. Die Berichte über die Entwicklung der theologischen Literatur im Westen sind ein Spezifikum der rumänischen theologischen Zeitschriften in der Zeit 1950– 1989 und haben nach der Wende keine vergleichbare Fortsetzung gefunden. Die fehlende aktualisierte orthodoxe Literatur und der beschränkte Zugang zu den rumänischen Veröffentlichungen vor 1945, die in den theologischen Bibliotheken 863 Siehe einige davon: Nicolae Chit¸escu, Însemna˘tatea ma˘rturisirilor de credint,a˘ în cele trei mari confesiuni cres,tine, in: O 7 (4/1955) 483–512; Ders., Întrupare ¸si ra˘scumpa˘rare în Biserica ortodoxa˘ ¸si în cea romano-catolica˘, in: O 8 (4/1956) 538–576; Ders., Sinteza˘ asupra dogmei soteriologice privita˘ interconfesional, in: O 11 (2/1959) 196–217. Ioan Gh. Chirvasie Slujitorul tainei nunt,ii în cele trei confesiuni cres,tine, in: O 11 (2/1959) 218–233; Petru Rezus¸, Atitudinea marilor confesiuni cres¸tine fat¸a˘ de cultura˘, in: O 8 (3/1956) 432–437; Dumitru Sta˘niloae, Dumnezeiasca Euharistie în cele trei confesiuni, in: O (1/1953) 46–115; Ders., Starea primordiala˘ a omului în cele trei confesiuni, in: O 8 (3/1956) 323–357. Isidor Todoran, Starea paradisiaca˘ a omului s,i cea de dupa˘ ca˘dere în concept,ia ortodoxa˘, romanocatolica˘ s,i protestanta˘, in: O 7 (1/1955) 29–45. Als Paradebeispiel für eine komparatistische Annäherung in der systematischen Theologie gilt auch ein Dogmatikhandbuch aus dem Jahre 1958: Nicolae Chit,escu, Ioan Petreut,a˘, Isidor Todoran, Dumitru Sta˘niloae (Hg.), Teologia Dogmatica˘ s,i Simbolica˘. Vol. I, Bukarest 1958. Über diese komparatistische Methode des Handbuchs schreiben zwei heutige rumänische Dogmatiker Folgendes: »Even though the authors of this textbook used a comparative method in presenting the dogmas, they consider that the weaker points of the heterodox teachings should neither be stressed excessively nor should they be overlooked. In this context the critical evaluation must be carried out in a moderate manner and with arguments from commonly acknowledged authorities.« S. Buchiu, C. Ioja, The Development of Dogmatic Studies, 420. 864 Vgl. Dumitru Sta˘niloae, Dumnezeiasca Euharistie, 46–115.

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nur mit Sondergenehmigung zugänglich waren, machten einen ständigen Blick auf die Entwicklung des theologischen Denkens im Westen (zumeist des deutschoder französischsprachigen Raumes) zum lebensnotwendigen Instrumentarium. Natürlich war auch der Zugang zu der westlichen zeitgenössischen Literatur ein Privileg derjenigen, die mit Stipendien oder auf ökumenische Tagungen ab den 1960er Jahren in den Westen reisen konnten. Erwähnenswert sind die positiven Wortmeldungen aus den 1950er Jahren zu Entwicklungen in der westlichen Theologie. So konstatierte im Jahr 1957865 der Moraltheologe Constantin Pavel, der in Paris und Strasbourg studiert hatte, dass die katholische Moraltheologie »große Fortschritte« gemacht und »hohe intellektuelle und ethische Ansprüche«866 habe. Gemeint ist die Befreiung von der neuscholastischen Struktur und Diskursart, die Kritik des früheren »juridischen Geistes in den älteren Handbüchern für Moraltheologie«867 sowie die Abstandnahme von einer negativen Aufassung der biblischen Gebote (Furcht vor der göttlichen Bestrafung). Ein anderer Theologe, Dan Zamfirescu, begrüßte im selben Jahr 1957 in einer ausführlichen Studie über das Buch von Yves Congar »Neuf cent ans aprés« (Chevetogne 1954) den theologisch-ökumenischen Aufbruch in der römischkatholischen Theologie. In einer Zeit, in der Congar aufgrund seiner Veröffentlichungen Lehrverbot erhalten hatte (1954) und zum Stillschweigen seitens des römischen Offiziums verpflichtet wurde, begrüßte hinter dem Eisernen Vorhang die rumänische Theologie die Ansätze des zukünftigen Konzilstheologen als »irenisch« und sah in ihm einen »Vorreiter im Prozess der Transformation der katholischen Mentalität, die bisher der Orthodoxie so feindlich und ablehnend gegenüber stand«868. Das Buch Congars über das Schisma von 1054 wurde positiv als »Ausdruck des größten katholischen Wohlwollens und guten Willens in der Beurteilung des traurigen Ereignisses«869 vor 900 Jahren evaluiert. Die Wertschätzung der Erneuerungsströmungen in der römisch-katholischen Theologie vor dem Zweiten Vatikanum wurde auch von anderen Theologen zum Ausdruck gebracht. Nicolae Chit¸escu schrieb im Jahr 1962, dass Vertreter wie Congar, de Lubac, Daniélou, Guillou und von Balthasar durch ihre Werke zwar einen großen Dienst an der Bewegung zur gegenseitigen Annäherung, Kenntnis und Wertschätzung zwischen den beiden Kirchen leisten würden, dieser Weg aber nur »von einem kleinen Kreis von Pionieren im heutigen römischen Ka865 Constantin Pavel, Literatura teologiei morale catolice din ultima vreme, in: O 9 (2/1957) 317–328. 866 Vgl. ebd., 327. 867 Ebd. 868 Dan Zamfirescu, O contribut,ie de seama˘ la cauza refacerii unita˘t,ii cres,tine, in: O 9 (2/1957) 344. 869 Ebd., 344.

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tholizismus gegangen wird«, wobei dieser Kreis jederzeit wieder auf den Index gesetzt werden könnte.870 Nicht alle theologischen Vergleichsstudien dieser Zeit bemühten sich um ein Mindestmaß an Sachlichkeit: Während einige Theologen der älteren Generation (wie die oben erwähnten) den Mut fanden, positive Entwicklungen im Westen festzustellen, blieben Theologen der jüngeren Generation einer konsequenten antikatholischen Schwarzmalerei treu. So veröffentlichte im Jahr 1955 Vasile Igna˘tescu einen Aufsatz zur Herz-Jesu-Verehrung871, der er allerdings wenig Positives abgewinnen konnte: Die Herz-Jesu-Spiritualität trenne zwischen menschlicher und göttlicher Natur Jesu Christi, indem sie sich auf das »leibliche Herz Jesu konzentriert und somit noch weiter geht als selbst die Häresie des Nestorius«872. Ein ähnlicher Häresie-Vorwurf begegnet auch im Rahmen der Liturgik: Ioan Chirvasie zweifelte aufgrund des Unterschieds in der Frage der Spendung des Ehesakraments, da nach römisch-katholischem Verständnis nicht der Priester das Sakrament spendet, an der Gültigkeit der römisch-katholischen Eheschließung: »Das führt zum Verlust eines Sakraments aus dem Patrimonium der Kirche, weil der Zelebrierende zum hilflosen Assistenten eines mutmaßlichen Sakraments degradiert wird; er ist somit nur Zeuge einer Irrlehre, die seine Kirche aus weltlichen, vergänglichen Gründen gegen die Wahrheit weiter behält, indem sie die Trauung aus einem Sakrament zu einer Sakramentalie macht.«873

Als Fazit kann daher zusammengefasst werden: Der Kontrast zwischen dem Häresie-Vorwurf einerseits und der Wertschätzung theologischer Neuentwicklungen andererseits zeigt, wie heterogen die rumänische Theologielandschaft in den 1950er Jahren war. Von einer gesamten und konsequent beibehaltenen antiwestlichen Einstellung – wie dies auf politischer Ebene im stalinistischen Rumänien der Fall war – kann nicht die Rede sein. Dies belegen nicht nur die unterschwellig formulierten Ansätze eines Zamfirescu oder Chit,escu, sondern auch die systematischen Beiträge zweier Theologen, nämlich Teodor Popescu und Dumitru Sta˘niloae.

870 871 872 873

Vgl. N. Chit,escu, Mis¸carea ecumenica˘, 10. Vasile Igna˘tescu, Cultul inimii lui Iisus la Catolici, in: O 7 (3/1955) 401–412. Ebd., 411. I. Chirvasie, Slujitorul tainei nunt,ii, 233.

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4.3.2. Teodor Popescus ökumenischer Aufruf im Jahr 1956 Ein beachtenswerter Aufsatz, der die Offenheit für den Dialog von einigen rumänischen Theologen den westlichen Kirchen gegenüber dokumentiert – inmitten der dunklen 1950er Jahre! –, stammt vom bereits mehrfach zitierten Teodor M. Popescu aus dem Jahr 1956 und thematisiert die Einheit der Christen.874 Popescu formulierte eine These, die für den damaligen Kontext der rumänischen Theologie sehr ökumenisch klingt: »Man darf nicht vergessen, dass jede Kirche – nicht nur die eigene – ihre Qualitäten hat und unter ihren Gläubigen eine christliche Mission vollzieht; jede Kirche hat etwas von den anderen zu lernen.«875 Diese Mahnung für die Anerkennung der Verdienste der Anderen führt vor Augen, dass Theologen wie Popescu zwar zu Beginn der 1950er Jahre als »Mitläufer« einige obödiente Aufsätze publiziert hatten, später jedoch den Mut für einen neuen Diskurs fanden. Im Rahmen dieses Artikels aus dem Jahr 1957 plädierte er offen für »gegenseitige Aufmerksamkeit und Respekt«876 zwischen den Kirchenvorstehern, für Begegnungen auf offizieller und inoffzieller Ebene, damit »die feindlichen Meinungen und Gefühle, die die konfessionelle Konfliktstimmung immer noch prägen, geändert werden und der Weg zur späteren Einheit leichter gemacht wird«877. Die Christen sollten sich als »Brüder im Glauben und in der Mission«878 ansehen: Popescu skizzierte das Bild einer – wenn zwar noch nicht geeinten – so zumindest »geschwisterlich verbundenen Christenheit«, welche der Menschheit »ethisch und humanitär«879 zur Seite steht. Damit es zur wirklichen Kircheneinheit kommen könne, müssten alle Kirchen durch »einen Prozess der Transformation gehen, wodurch die einzelnen, heute existierenden Systeme zu einem einzigen System werden«880. Damit riss Popescu ein bis heute in der ökumenischen Diskussion zentral gebliebenes Thema an, nämlich die Frage nach den unterschiedlichen Einheitsmodellen, und plädierte für die gemeinsame Bildung »eines einzigen Systems«, d. h. eines einzigen ekklesiologischen Modells, in dem die Einheit konkretisiert werden könnte. Das Einheitsmodell, welches Teodor Popescu vorschwebte, ist eine »Versöhnung in einem ähnlichen Glauben, einer ähnlichen Verfassung und einem ähnlichen religiösen Leben«, konkretisiert in einem »gemeinsamen Glaubensbe874 Teodor M. Popescu, Unirea Bisericilor ca problema˘ cres¸tina˘ actuala˘, in: O 8 (4/1956) 499– 537. 875 Ebd., 535. 876 Ebd. 877 Ebd. 878 Ebd. 879 Vgl. ebd. 880 Ebd.

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kenntnis« und einer »gemeinsamen ethischen Mission«881. Nach dem bereits klassisch gewordenen Paradigma dieser Zeit, dass die Orthodoxie die goldene Mitte zwischen zwei extremen Wegen (Protestantismus und Katholizismus) bilde, sprach Popescu von einer Kircheneinheit, die weder zentralistisch-päpstlich882 noch föderalistisch (d. h. protestantisch) strukturiert ist. Die Orthodoxen Kirchen sind gerufen, ihr innerorthodoxes Einheitsmodell eines Gleichgewichts zwischen Lokalem und Universellem, zwischen Diversität und Einheit stärker und effektiver werden zu lassen. An dieser Stelle findet sich eine in dieser Zeit nur selten ausgesprochene Selbstkritik an der Orthodoxen Kirche, die mit einem Korrekturvorschlag an die vorhandene Realität einherging. Es geht um einen Appell für mehr innerorthodoxe Einheit: »In ihrem jetzigen Zustand ist ihre Einheit [der autokephalen orthodoxen Kirchen; I.M.] nicht genügend manifestiert, ihre Kooperation ist nicht gut realisiert. Gründe politischer Natur oder anderer Art behindern eine stärkere Kohäsion und errichten Barrieren und Schwierigkeiten auf dem Weg dieser Kooperation. Die Idee der orthodoxen Einheit muss gestärkt und aufgebaut werden durch alle möglichen Austauschmittel und Annäherungen. Man wird die Abhaltung von Kongressen der orthodoxen Theologie wiederaufnehmen und das Programm des ersten Kongresses von Athen (1936) in die Praxis umsetzen, man wird panorthodoxe Synoden vorbereiten und abhalten müssen. Diese Kongresse und Synoden werden aus orthodoxer und christlicher Sicht die Probleme der orthodoxen und der panchristlichen Einheit studieren und klarstellen müssen.«883

Für den politisch, aber auch theologisch sehr klaustrierten und antiwestlich geprägten Kontext Rumäniens in den 1950er Jahren klingen die Ausführungen des Dogmatikers Popescu wie eine kleine Revolution. Außer den üblichen Pauschalurteilen gegenüber den anderen beiden Konfessionen begegnet uns in diesem Artikel nicht nur eine seltene selbstkritische Note, sondern auch eine sehr offene ökumenische Haltung, nämlich die Aussage, dass die erstrebte Gestalt der zukünftigen Kircheneinheit weder nach katholischem noch nach protestantischem, aber auch nicht einfach nach orthodoxem Modell realisierbar wäre: »Die geeinte Christenheit wird weder eine Herde und ein Hirt nach römischer Vorstellung sein, d. h. eine päpstliche Monarchie, die auf dem ganzen Erdkreis verbreitet ist,

881 Ebd., 536. 882 In seiner Kritik am Papsttum blieb Popescu meistens auf einer sachlichen kirchen- und theologiegeschichtlichen Ebene, wie etwa in einer Studie aus dem Jahr 1955, die die Anfänge des Primatsanspruchs dokumentiert: Teodor M. Popescu, Premisele primatului papal, in: O 7 (1/1955) 3–28. Eine ähnliche, gleichfalls wenig polemische Studie zu demselben Thema stammt von Lucian Gafton, Teoria papala˘ a celor trei scaune episcopale ale Sfântului Apostol Petru, in: O 7 (3/1955) 378–389. 883 T. Popescu, Unirea Bisericilor, 537.

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noch eine protestantisierte Kirche, aber vermutlich auch nicht eine zur Orthodoxie konvertierte christliche Welt. Es wird vielmehr aber die Annäherung und die Harmonisierung der christlichen Konfessionen untereinander in einem Geist sein […]; die praktischen Bedingungen dieses glücklichen Zustands werden wie ein neues Pfingsten der Kirche gedacht und erfahren werden.«884

Ein Jahr später beteuerte Popescu seine sachliche und ökumenisch weittragende Sicht auf die konfessionellen Streitigkeiten und nahm alle Kirchen in die Pflicht, mehr für die Überwindung der Trennung zu unternehmen: »Alle Christen sind mehr oder weniger selbst schuld an der traurigen konfessionellen Situation von heute. Deshalb sind alle Christen verpflichtet, ihre Wiedergutmachung und die Wiederherstellung der kirchlichen Einheit zu fördern […]; während die Schuld des Schismas von den Urahnen getragen wird, trägt jede Generation von Christen bis heute die Schuld für die Fortsetzung des Schismas.«885

Jeglicher Exklusivismus wird hier vermieden, der Begriff »Kirchen« kommt für alle in Betracht. Die Teilung der Christenheit in »getrennte und gegensätzliche Kirchen« sei angesichts der urprünglichen einen Kirche »der Kirchenväter und der Ökumenischen Konzilien« ein Skandal: »Aus dem einheitlichen Corpus der ökumenischen Ecclesia ist ein Komplex von einzelnen, getrennten Gestalten entstanden. Der kirchliche Organismus hat sich aufgelöst in Sektionen, seine Glieder haben sich entsolidarisiert […].«886

Popescu plädierte für die »Schließung des langen und traurigen Kapitels des Streites und der Feindseligkeiten«887 und forderte als ersten Schritt für die Annäherung eine »Öffnung der Herzen« und einen »Heroismus der Liebe«, damit die »vererbten Antipathien aufgegeben werden«888 können. Auch wenn Popescu selbst im Rahmen dieses irenischen Aufsatzes nicht umhinkam, der RömischKatholischen Kirche en passant »organisierten Proselytismus«889 vorzuwerfen, so stellt dieser Text eine Pionierleistung in der Vorbereitung des ökumenischen Aufbruchs in der rumänischen Theologie dar. Hintergrund dieser vergleichsweise offenen Haltung gegenüber dem Dialog mit den anderen Konfessionen ist eine konsequent gedachte kosmische Ekklesiologie. Auf diese kam Popescu in einem anderen Aufsatz des Jahres 1955 zu sprechen. Darin entfaltet er ein weites, kosmisches Kirchenverständnis, das 884 Ebd. 885 Ders., Considerat,iuni istorice asupra problemei unirii Bisericilor Ortodoxa˘ s,i RomanoCatolica˘, in: O 9 (3/1957) 371. 886 Ebd., 372. 887 Ebd. 888 Ebd., 374. 889 Vgl. ebd., 404. Die Orthodoxe Kirche habe ihre »eigenen Fehler und Mängel«, doch sie kenne keinen Proselytismus gegenüber anderen Christen.

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jegliche heilspartikularistische oder institutionelle Vereinnahmung in Frage stellt: »Die Kirche gehört nicht einem Priester, einem Bischof, einem Patriarchen oder einem Papst, einem Dorf, einer Stadt, einem Menschen, einem Ort oder einem bestimmten Zeitpunkt. Sie ist die ganzheitliche und ungetrennte Stätte der ganzen Welt und aller Zeiten, von ihrem Beginn an bis zu ihrem irdischen Ende. Die Kirche gehört immer und überall allen Christen, die in ihr waren oder in ihr sein werden, sie gehört den Heiligen, den großen Missionaren und Deutern der Heiligen Schrift, all jenen, die sich für die christliche Wahrheit und das christliche Gute eingesetzt haben, all jenen, die innerlich vorangeschritten sind in jeder Epoche und überall: das ist die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.«890

Durch die Betonung der institutionell nicht reduzierbaren Universalität der Kirche wandte sich Popescu nicht nur gegen jede exklusivistische Haltung im interkonfessionellen Zusammenhang, sondern äußerte auch eine leise Kritik am totalitären Regime, das glaubte, die Kirche als solche kontrollieren zu können. Popescus Ansatz aus den Jahren 1955–1957 zeigt auf, dass die spätere ökumenische Öffnung der Rumänischen Orthodoxen Kirche (1961: Eintritt in den ÖRK) zwar eine bestimmende politische Komponente hatte – wie bei allen orthodoxen Kirchen im kommunistischen Ostblock –, aber dennoch nicht auf diese politische Instrumentalisierung der Ökumene reduziert werden kann. In einer Zeit, in der die rumänische Politik alles andere als an eine Öffnung zum Westen und zu den Westkirchen dachte, mahnten Theologen wie Popescu zur christlichen Einheit und zur Anerkennung der eigenen Fehler in der gegenseitigen Entfremdung zwischen Ost und West.

4.3.3. Eine verdeckte theologische Debatte über den Status der nicht-orthodoxen Christen (Sta˘niloae vs. Dra˘gus,in) Teodor Popescu war in seinem ökumenischen Vorstoß nicht allein. Neben ihm bemühte sich vor allem Dumitru Sta˘niloae bereits in den Jahren 1955–1956 im Rahmen mehrerer Aufsätze um eine systematische Differenzierung in einer der bis heute schwierigsten Fragen der Ökumene, nämlich in der Frage des ekklesiologischen bzw. sakramententheologischen Status der nicht-orthodoxen christlichen Kirchen. Zwar reihte sich Sta˘niloae in die Linie seiner Generation ein, indem auch er auf typologische Weise Identitätsmerkmale des Eigenen durch einen schematischen Vergleich mit den Anderen (d. h. mit der römisch-katholischen und der protestantischen Theologie) festzulegen versuchte. Dennoch traf 890 Ebd., 433–434.

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er systematische Differenzierungen, die die Basis für seine spätere ökumenische Theologie legten. In einer ekklesiologischen Studie aus dem Jahr 1955891, die die Ansätze Bulgakovs und Congars kritisch rezipiert, behandelte Sta˘niloae auch die Frage der Kirchlichkeit der nicht-orthodoxen Kirchen. Zwar bestehe kein Zweifel daran, dass die einzige Kirche, in der die offenbarte Wahrheit unverändert erhalten wurde, die Orthodoxe Kirche sei (»nur die Orthodoxe Kirche ist die Fortführung der Universellen Kirche«892), dennoch könne man den anderen Kirchen einen gewissen ekklesiologischen Status nicht absprechen: »Die anderen christlichen Konfessionen, die auch jeweils den Anspruch erheben, die wahre Kirche zu sein, stellen nicht die Fülle der Kirche dar, sie haben aber etwas vom Wesen der Kirche erhalten, insofern sie in einem realen Kontakt mit den Tiefen der einen Kirche, mit der offenbarten Wahrheit geblieben sind.«893

Diese bei Sta˘niloae erstmalige Formulierung einer zumindest partiellen Anerkennung der Kirchlichkeit der anderen Kirchen ist angesichts des polemischen Kontextes der 1950er Jahre durchaus bemerkenswert. Zwar wies er dabei auf Sergej Bulgakovs Ausführungen in dessen Buch »Die Orthodoxie« hin, aber dennoch ist es eindeutig, dass Sta˘niloae in dieser These eine differenziertere Sicht zu skizzieren versuchte. In einem anderen Artikel (»Das Wesen der Sakramente in den drei Konfessionen«894) untersuchte er die Grundfrage des Sakramentenverständnisses in den drei christlichen Konfessionen. Um »den christologischen Charakter der Sakramente« zu erläutern, bediente er sich (fast ausschließlich) römisch-katholischer Literatur: Odo Casel895 und Matthias J. Scheeben896 werden mit ausführlichen Zitaten angeführt, um Christus als »höchstes Mysterium (Sakrament) des Christentums«897 darzustellen. Der überaus geschickte Übergang des Argumentationsaufbaus von Nikolaos Kabasilas über Matthias Scheeben zu Odo Casel zeigt, dass der rumänische Dogmatiker bereit ist, die konfessionelle Brille abzulegen. Indirekt gestand er dadurch zu, dass eine seiner Hauptaussagen in diesem Aufsatz, nämlich dass die Sakramente der Kirche Verlängerungen des

Dumitru Sta˘niloae, Sinteza˘ ecleziologica˘, in: ST 7 (5–6/1955) 262–284. Vgl. ebd., 283. Ebd., 281. Vgl. Ders., Fiint,a tainelor în cele trei confesiuni, in: O 8 (1/1956) 3–27. Odo Casel, Das christliche Kulturmysterium, Regensburg 1935; Ders., Glaube, Gnosis und Mysterium, in: Jahrbuch für Liturgiewissenschaft 15 (1941) 155–305. 896 Obwohl Sta˘niloae des Deutschen mächtig war, zitiert er Scheeben nach der französischen Übersetzung: Matthias J. Scheeben, Le Mystère de l’Eglise et des ses sacrements, übersetzt von Dom Augustin Kerkvoorde, Paris 1946. 897 Vgl. D. Sta˘niloae, Fiint,a tainelor, 4–9.

891 892 893 894 895

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Sakraments- oder Mysteriumsseins Jesu Christi seien898, von der römisch-katholischen Theologie bereits formuliert worden ist! Er skizzierte weiters eine hierarchische Verbindung zwischen Christus (dem Hauptsakrament), der Kirche (dem »zweiten Hauptsakrament«899) und den Sakramenten der Kirche. Dieses Schema übernahm er von Scheeben, der von Christus als dem »großen Sakrament« und von der Kirche als einem großen Sakrament »im weiteren Sinne«900 sprach. Es fehlt jegliche polemische oder diskreditierende Distanz zu den zitierten römisch-katholischen Theologen; sie gelten ihm – zumindest im ersten Teil seines Aufsatzes – als Gewährsleute für ein christozentrisches Sakramentenverständnis. Der ganze Aufsatz aus dem Jahr 1956 ist praktisch ein Weiterdenken des sakramentstheologischen Ansatzes Odo Casels durch Heranziehen byzantinischer Quellen (Nikolaos Kabasilas) und zeitgenössischer orthodoxer Literatur (Myrrha Lot-Borodine). Diese deutliche Anlehnung seiner Sakramententheologie an Scheeben und Casel mag im Kontext der 1950er Jahre einem stillen Widerstandsakt gleichkommen. Odo Casel wird sogar gelobt für den »Verdienst in der katholischen Theologie […] einen echten Kampf für die Idee der Väter entfaltet zu haben, wonach wir im Sakrament Christus selbst empfangen, und nicht nur eine geschaffene Gnade.«901 Selbst wenn es darum geht, die Differenzen zwischen dem orthodoxen und dem römisch-katholischen Sakramentenver-

898 Sta˘niloae sprach von Christus als »höchstem Mysterium des Christentums« (dafür verwendet er die rumänischen Begriffe mister und taina˘) aber auch als »Sakrament« (rumänisch: sacrament). Auch bezüglich der Sakramente der Kirche verwendete er sowohl das liturgisch geläufige Wort »taine« als auch den lateinisch-westlich geprägten Begriff »sacramente«. Schon in dieser begrifflichen Flexibilität sieht man, dass Sta˘niloae nicht darauf bedacht war, die klassische terminologisch-inhaltliche Unterscheidung zwischen dem westlichen »Sakrament«-Begriff und dem östlichen »Mysterium«-Begriff mitzutragen. Er verwendete beide Begriffe abwechselnd, sowohl auf Christus hin als auch auf die Sakramente (Mysterien, rumänisch: tainele) der Kirche hin: »Die Wirkung der Kirche besteht darin, Christus, das Haupt- und Urmysterium, durch diese Brücken, die die Mysterien im engeren Sinne sind, zu jedem von uns, auf personale Weise, gelangen zu lassen.« (ebd., 8). 899 Vgl. ebd., 7. 900 Vgl. Matthias Joseph Scheeben, Handbuch der katholischen Dogmatik, 4. Band, Freiburg i. Br. 1903, 462: »Insofern die Kirche Braut Christi ist, angegliedert an ihren himmlischen, auf Erden jetzt unsichtbaren Bräutigam, und Christi Leib, durchwohnt und durchlebt von dem Geiste ihres unsichtbaren Hauptes, ist sie auch ein großes Sakrament (im weitern Sinne, vergl. Eph. 5,32), ja nächst Christus (bezw. mit Christus) das Sakrament des Christentums.« Vgl. auch D. Sta˘niloae, Fiint,a tainelor, 7. Zum Verhältnis Christus-Kirche im sakramententheologischen Zusammenhang bei Scheeben vgl. Jean-Marie Pasquier, L’Église comme sacrement. Le développement de l’idée sacramentelle de l’Église de Moehler à Vatican II, Fribourg 2008, 33–39. 901 D. Sta˘niloae, Fiint,a tainelor, 13.

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ständnis klarzustellen, bemängelte Sta˘niloae nur die »fehlende Konsequenz«902 seitens der römisch-katholischen Theologie. Der Unterschied zum protestantischen Ansatz fiel hingegen viel deutlicher aus: Sta˘niloae sah »die Orthodoxen und die Katholiken« auf ein und derselben Position, dass die Verkündigung des Wortes Gottes nicht sakramentalen Status annehmen könne. Das protestantische Sakramentenverständnis sei von einem »Distanzverhältnis«903 zwischen Mensch und Gott bestimmt, einer Distanz, die sich auf eine »Kommunikation durch das Wort«904 reduziere: »[…] wenn das Sakrament auf dieselbe Ebene mit dem Wort gesetzt wird oder ihm sogar dient, kann es nur ein Zeichen sein; dieses Zeichen kann nicht Gott selbst mitteilen lassen, es ist ein Gott-leeres Zeichen.«905 Es kann hier nicht die ganze sakramententheologische Diskussion (und deren theologiegeschichtlicher Kontext) untersucht werden, die Sta˘niloae in seinem Aufsatz von 1956 entfaltete. Für unseren Forschungsgegenstand ist von Relevanz, dass wir es mit einem – im rumänischen orthodoxen Kontext der Zeit vergleichsweise – sachlichen Versuch zu tun haben, theologische Positionen der drei Konfessionen systematisch darzustellen. Ebenso erstaunlich ist die offen zugegebene Inspiration aus westlich-theologischen Quellen. Dieses Sich-InspirierenLassen von namhaften zeitgenössischen westlichen Theologen bei gleichzeitiger Auseinandersetzung mit diesen ist für viele Aufsätze Sta˘niloaes in den 1950er1960er Jahren charakteristisch.906

902 Vgl. ebd. Sta˘niloae kritisierte in diesem Zusammenhang die zeitgenössische römisch-katholische Theologie dafür, die Sakramententheologie Scheebens (in der er scheinbar die orthodoxe Theologie wiederfand) nicht zu Ende gedacht zu haben. Der Haken bestehe seiner Meinung nach in der Lehre von der geschaffenen Gnade: Eine konsequent christozentrische Sakramententheologie müsse betonen, dass wir in den Sakramenten Christus selbst und nicht einfach nur eine geschaffene Gnade oder die von Christus verdiente Gnade empfangen: »Wenn der Mensch einen Nutzen hat aus dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi, dann bedeutet das, dass ihm aus diesen selbst die Heilsenergie strömt; wozu braucht es noch eine geschaffene Gnade, d. h. einen Vermittler zwischen Christus und dem Menschen? […] Diesen Dualismus gibt es nicht in der orthodoxen Lehre.« (ebd. 13–14). 903 Ebd., 24. 904 Ebd. 905 Ebd., 25. 906 Im selben Jahr 1956 veröffentlichte Sta˘niloae einen schöpfungstheologischen Artikel über den »Urzustand des Menschen in den drei Konfessionen«. Eine Inspirationsquelle für die Entfaltung einer relationalen, existentialistischen Anthropologie ist Emil Brunner, den er nach derselben Methode in einer »interlinearen«, gemeinsamen Lektüre mit den östlichen Kirchenvätern ausführlich zitierte. Das personalistische Denken Brunners erlaubte es ihm, eine durchaus positive Bewertung des zeitgenössischen protestantischen Denkens zu formulieren: »Wir merken hier, dass ein Teil der heutigen protestantischen Theologie beginnt, den Urzustand des Menschen aus einem anderen Gesichtspunkt zu betrachten, der ihr erlaubt, sich der orthodoxen Anschauung anzunähern.« Ders., Starea primordiala˘ a omului în cele trei confesiuni, in: O 8 (3/1956) 355.

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Natürlich blieb auch Sta˘niloae gefangen im Bastionendenken seiner Zeit. Am Ende seines Aufsatzes skizzierte er eine Hierarchie der sakramententheologischen Positionen: In der Orthodoxie »empfängt der Mensch in den Sakramenten Christus selbst, um mit Ihm zu sterben und aufzuerstehen«907, im Katholizismus »empfängt der Mensch nur eine geschaffene Gnade, die sich von Christus unterscheidet, wobei jeder Mensch eine andere Art von geschaffener Gnade bekommt, wodurch keine Einheit untereinander, sondern nur eine Ähnlichkeit des Zustands entsteht«908, während schließlich im Protestantismus die »Einheit zwischen Gläubigen und Gott völlig aufgelöst« werde, denn dort »empfängt der Mensch [in den Sakramenten; I.M.] nur noch ein Versprechen des zukünftigen Heils«909. In einem anderen im Frühjahr desselben Jahres erschienenen Aufsatz910 beschäftigte sich Sta˘niloae mit derselben Thematik, diesmal aber aus einer genuin ökumenischen Fragestellung heraus, nämlich mit dem Problem der Anerkennung von Sakramenten der Nicht-Orthodoxen. Überraschenderweise plädierte Sta˘niloae hier für ein Stufenmodell, wie dieses einige Jahre später vom Zweiten Vatikanum vertreten werden sollte. Der rumänische Theologe versuchte, für sich die Mitte zwischen zwei gegensätzlichen Positionen zu finden. Auf der einen Seite steht die Position, wonach »alle Sakramente außerhalb der Kirche inhaltsleer sind, die Kirche könne jedoch nachträglich, wenn sie wolle, einige dieser Formen mit Substanz füllen«911; die andere glaubt an die volle Gültigkeit aller Sakramente, die außerhalb der Kirche vollzogen werden. Für Sta˘niloae müsse die dogmatische Lösung in der Mitte gesucht werden: »[…] irgendwo in der Mitte, zwischen diesen zwei Theorien, zwischen der Anerkennung des Sakramentencharakters und der Ablehnung jeglichen objektiven Inhalts«912. Um diese »Mitte« zu finden, entwickelte Sta˘niloae ein relationales Sakramentenverständnis: Die 907 908 909 910

Ders., Fiint,a tainelor, 28. Ebd. Ebd. Ders., Numa˘rul tainelor, raporturile dintre ele s,i problema tainelor din afara Bisericii, in: O 8 (2/1956) 191–215. 911 Ders., Numa˘rul tainelor, 211. Diese – damals wie heute – gängige Meinung unter den orthodoxen Theologen wird mit dem sogenannten Oikonomia-Prinzip gerechtfertigt: zwar sei z. B. die Taufe außerhalb der Grenzen der Orthodoxen Kirche nicht gültig, durch die Anwendung der Oikonomia wird sie jedoch – nur im Falle des Übertritts – für gültig erklärt. – Ein solches Verständnis wird von Sta˘niloae entschieden zurückgewiesen: Eine solche Theorie führe zu einem »abstrakten Spiritualismus«, nämlich zur Idee, dass die »Gnade durch die Kirche auch ohne die Vermittlung von materiellen Handlungen vermittelt werden könnte« (ebd., 211). Zum theologiegeschichtlichen Hintergrund und zur ökumenischen Relevanz dieser Frage vgl. Dorothea Wendebourg, Taufe und Oikonomia. Zur Frage der Wiedertaufe in der Orthodoxen Kirche, in: Dies., Die eine Christenheit auf Erden. Aufsätze zur Kirchen- und Ökumenegeschichte, Tübingen 2000, 23–46. 912 D. Sta˘niloae, Numa˘rul tainelor, 211.

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Mysterien (Sakramente) seien »Mittel, wodurch der Mensch mit Christus in eine vollkommene und normale Beziehung tritt«913. Der Vollkommenheitsgrad dieser relationalen Fülle hänge von der jeweiligen Sakramententheologie ab, getragen von dem Prinzip, dass »der Mensch Christus oder von Christus nur soviel empfangen kann, wieviel er davon hält«914. Die Sakramente in den nichtorthodoxen Kirchen vermitteln also auch eine gnadenhafte Beziehung zu Christus; der einzige Unterschied, den man machen könnte, sei zwischen »vollkommen« und »weniger vollkommen« in der Bestimmung dieser Beziehung. Im Bereich der römisch-katholischen Sakramentenlehre sah Sta˘niloae vor allem in der Lehre von der geschaffenen Gnade den wichtigsten Grund, warum man hier nur von einer »unvollkommenen« sakramentalen Beziehung sprechen könne.915 Die Argumentation geht also nicht von der kanonischen Frage der »wahren Kirchlichkeit« aus, sondern vom Sakramentenverständnis, das die jeweiligen Gläubigen haben, wenn sie ein bestimmtes Sakrament empfangen. Schlussendlich vermied Sta˘niloae – und das macht seinen Ansatz eigentlich in einer gewissen Weise ökumenisch – jegliche Beurteilung der Anderen und ihrer sakramentalen Realität in dieser Frage: »Wir können nicht genau sagen, was diejenigen außerhalb der Kirche in ihren sogenannten Sakramenten empfangen […] Die geeignete Formel oder das geeignete Bild für diese objektive Realität in ihren Sakramenten fehlt uns noch.«916 Auch wenn der rumänische Theologe hier eine systematisch ausformulierte Antwort auf die Frage des sakramentalen Lebens außerhalb der kanonischen Grenzen der Orthodoxen Kirche zu vermeiden suchte, ist sein Vorstoß für eine abgestufte Differenzierung anhand des sakramententheologischen Ansatzes der jeweiligen Konfession von zentraler Bedeutung. Die ökumenisch relevanten sakramententheologischen Ausführungen Sta˘niloaes aus dem Jahr 1956 zogen eine konservative Reaktion seitens eines seiner jüngeren Kollegen, des später bekannt gewordenen Kirchenchordirigenten Constantin Dra˘gus¸in nach sich.917 Dra˘gus¸in ging in der Frage der »Aufnahme von Heterodoxen in die Kirche« von einem kanonischen Standpunkt aus: die Heterodoxen seien diejenigen

913 Ebd., 212. 914 Ebd. 915 Auch im späteren Werk (ab den 1960er Jahren) bringt Sta˘niloae diesen Vorwurf zur Sprache. Peter Galadza sieht darin »one of his more egregious misreadings of Roman Catholic theology«. Peter Galadza, Twentieth-Century and Contemporary Orthodox Sacramental Theology, in: Hans Boersma, Matthew Levering (Hg.), The Oxford Handbook of Sacramental Theology, Oxford 2015, 445. 916 D. Sta˘niloae, Numa˘rul tainelor, 212. 917 Constantin Dra˘gus,in, Primirea eterodocs,ilor în Biserica˘, in: O 9 (2/1957) 280–295.

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»Christen, die irgendwann Söhne der Kirche waren, diese aber verlassen haben und […] in ihrer Entwicklung eine falsche Richtung genommen haben. Ihre eindeutige Täuschung lässt sie den Anspruch erheben, das zu sein, was sie in Wirklichkeit nicht mehr sind; zumindest besteht noch die Möglichkeit, dass sie das wieder werden, was sie einmal waren, d. h. Söhne der einzigen wahren Kirche Christi«918.

Als »hetorodox« bezeichnete Dra˘gus,in drei unterschiedliche Gruppierungen: 1. die römischen Katholiken, die Altkatholiken und die griechisch-katholischen Gläubigen; 2. die Nachfolger des Nestorianismus und des Monophysitismus; 3. die Lutheraner, Calvinisten und Anglikaner. Für den jungen Kanonisten ist die Sache klar: Nur die Orthodoxen sind Mitglieder der wahren Kirche, die anderen müssten »orthodox« werden (d. h. konvertieren), damit sie auch »Mitglieder der wahren Kirche werden können«919. Die ganze komplexe und in der Kirchengeschichte unterschiedlich gehandhabte Frage der Aufnahme von Heterodoxen in die Orthodoxe Kirche (nur aufgrund eines Bekenntnisses, mit einer Myronsalbung oder sogar mit der Taufe) wird vom Autor mit dem Oikonomia-Prinzip erklärt: Die Anerkennung der außerhalb der Orthodoxen Kirche vollzogenen Sakramente beim Übertritt »betrifft nicht die dogmatischen Wahrheiten«, sondern sei nur eine »Ausnahmeregelung«920. Dra˘gus¸in gab jedoch zu, dass zwischen dieser Theorie und der Praxis der einzelnen Orthodoxen Kirchen eine »Inkonsequenz«921 bestehe und dass die Frage der Aufnahme von Heterodoxen in der Kirche »ein ungelöstes Problem«922 bleibe, das einer panorthodoxen Regelung bedürfe. Dra˘gus¸in bekräftigte mit seinem Aufsatz gerade diejenige Position, die Sta˘niloae ein Jahr zuvor in die Schranken weisen wollte. – Die Reaktion der Kanonisten (vertreten von Dra˘gus¸in) ist auch ein paradigmatisches Beispiel für die Art und Weise, wie theologische Debatten im kommunistischen Rumänien geführt wurden. Dra˘gus¸in wollte mit seinem Aufsatz den Ansatz des ohnehin marginalisierten Dogmatikers Dumitru Sta˘niloae angreifen, nannte ihn jedoch an keiner Stelle seines Aufsatzes beim Namen. Der Vorschlag einer abgestuften Zugehörigkeit zum Mysterium der Kirche wurde von Dra˘gus¸in (einem Schüler von Liviu Stan, der wiederum zu jenen Theologen gehörte, die mithilfe der kommunistischen Regierung Sta˘niloae Ende der 1940er Jahre in die Isolation gedrängt haben) abgelehnt, ohne jedoch Sta˘niloae zu erwähnen. »Die Evaluierung von Heterodoxen, dass einige ›näher‹ und andere ›weiter von der Kirche entfernt‹ seien, hat keinen Wert an sich, solange diese ihre Irrtümer behalten und

918 919 920 921 922

Ebd., 282. Ebd., 285. Ebd., 291. Ebd. Ebd., 293.

Fazit

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die wahre Kirche nicht anerkennen. Es gibt aus dem Gesichtspunkt der Kirche zwischen ihnen gar keine Unterschiede, auch wenn die einen weniger, die anderen mehr Irrtümer haben. Alle gehören zu derselben Kategorie von Christen, die zentrifugale Tendenzen von der wahren Kirche zeigen, die das geistliche Zentrum der christlichen Welt ist. […] Die Anerkennung einiger Sakramente der Heterodoxen im Moment und im Falle ihres Übertritts bedeutet nicht die Reglementierung des Wertes dieser Sakramente, die außerhalb der Kirche vollzogen worden sind […].«923

Der Kern der stillen Debatte ist klar: Während Sta˘niloae vorsichtig die Idee einer wirkenden Gnade außerhalb der kanonischen Grenzen der Kirche zum Ausdruck brachte, lehnte Dra˘gus¸in »die falsche Schlussfolgerung einer wirkenden Gnade außerhalb der Kirche«924 entschieden ab.

4.4. Fazit Während bis zum Zweiten Weltkrieg in den meisten theologischen Studien mit interkonfessioneller Relevanz thematische Einzeluntersuchungen und Analysen vorherrschten, bedeutete der große politische Umbruch ab 1945 für die orthodoxe theologische Literatur in Rumänien nicht nur die erwartete Änderung des Diskursstils (stärkere bis kämpferische Polemik, Vermischung der politischen Ebene mit der theologischen, Zensur und Selbstzensur), sondern auch eine inhaltliche Neuorientierung. Ein Charakteristikum, das den ganzen Zeitraum von 1945 bis 1989 prägte, ist die Allgegenwart komparatistischer und – später: ab 1961 – ökumenischer Studien. Fast jede Ausgabe der theologischen Zeitschriften »Ortodoxia« und »Studii teologice« brachte (meistens in vorderster Reihe) umfangreiche interkonfessionelle Studien, die sich auf alle Fächer verteilten. In den 1950er Jahren trugen diese Studien eine klare Selbstdarstellungsdynamik im negativen Vergleich mit den anderen beiden »Konfessionen«. Ab den 1960er Jahren spielten die Begriffe »ökumenisch« und »Ökumenismus« die vornehmliche Rolle. Die Ambivalenz dieser Studien (in den 1950er Jahren) wurde evident: Einerseits zeigen die Beiträge in dieser Zeit das starke Bedürfnis, den Anderen wahrzunehmen und sich im Vergleich mit dem Anderen (wenn auch polemisch) zu positionieren. Das setzt auch eine ständige Auseinandersetzung mit den Entwicklungen in den zwei westlichen Konfessionen voraus; bei einigen der Theologen bedeutete diese Auseinandersetzung eine echte wissenschaftliche Vertiefung der westlichen Literatur, bei anderen basierte dieses Vergleichsdenken auf pauschalen Urteilen. Aber der Andere ist – auch wenn als Negativfläche – immer Teil der eigenen Identitätsbekundung. 923 Ebd., 295. 924 Ebd.

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Andererseits wird diese Entwicklung auch zum Anlass genommen, jede innerorthodoxe Kritik oder Sachlichkeit hintanzustellen. Im Vergleich zu den Aufsätzen eines Nicolae Ba˘lan aus den 1910er Jahren vermitteln die theologischen Aufsätze dieser Zeit eine triumphalistische oder zumindest romantische Sicht der Orthodoxie. Kritisiert werden immer die Anderen: vordergründig die anderen Konfessionen (mit oder ohne Argumente), oder, wenn überhaupt, die anderen orthodoxen Traditionen. Eine innerrumänische, innerorthodoxe Debatte zwischen Theologen schien kaum vorstellbar zu sein. Trotzdem sind – und das ist das erstaunlichste Ergebnis der Untersuchung der 1950er Jahre – die Ansätze der einzelnen Theologen sowohl zur eigenen Tradition als auch in der Verhältnisbestimmung zu den anderen Konfessionen alles andere als monolithisch. Die Rede von einem »dunklen Jahrzehnt« sollte revidiert werden, denn einige Theologen zeigten, obwohl auf offizieller kirchlicher Ebene »in der Zeit von 1944 bis 1961 alle Kontakte mit der ökumenischen Bewegung unterbrochen wurden«925, eine ökumenische Offenheit, die in diesem schwierigen politischen Kontext offensichtlich einem intellektuellen Widerstandsakt gleichgekommen ist. Gerade die ekklesiologischen Ansätze Dumitru Sta˘niloaes und Teodor Popescus können hier als Pionierleistungen der Ökumene im Bereich der rumänischsprachigen Dogmatik gewürdigt werden. Wenn man diese – heute völlig in Vergessenheit geratenen – Ansätze Sta˘niloaes und Popescus aus dieser Zeit berücksichtigt, wird deutlich, dass man die orthodoxe Theologiegeschichte dieses Kapitels neu schreiben muss.

925 Mircea Pa˘curariu, The Romanian Orthodox Church in the Twentieth Century, in: Christine Chaillot (Hg.), The Orthodox Church in Eastern Europe in the Twentieth Century, Oxford u. a. 2011, 167.

5.

Das ökumenische Paradigma (1961–1989)

5.1. Enthusiasmus für den Weltkirchenrat – Unterwegs zu einer rumänischen »ökumenischen Theologie« 5.1.1. Die ökumenische Wende 1961 Der Antrag zur Aufnahme als Mitglied im Weltkirchenrat (15. 9. 1961), gefolgt vom Aufnahmebeschluss am 20. 11. 1961 im Rahmen der Dritten Vollversammlung von Neu-Delhi, stellt eine kirchenpolitische und theologische Wende in der Haltung der Rumänischen Orthodoxen Kirche den Westkirchen gegenüber dar.926 Diese Wende war u. a. von Moskau eingeleitet worden: Bereits am 30. 3. 1961 entschied die Russische Orthodoxe Kirche, dem Weltkirchenrat beizutreten. Dem Beispiel Moskaus folgten im Jahr 1961 die Rumänische, die Bulgarische und die Polnische Orthodoxe Kirche, 1965 auch die Serbische Orthodoxe Kirche. Die ökumenische Öffnung der orthodoxen »Ostblock-Kirchen« gilt selbst in der orthodoxen Rezeptionsgeschichte als ein politisch motivierter Schritt im Sinne der kommunistischen Führung. So kommentiert beispielsweise der Münsteraner Theologe Anastasios Kallis, dass »nach dem Willen Chrustschows und seiner Mitstreiter« »die orthodoxen Kirchen des ehemaligen Ostblocks bei der III.

926 Vgl. Ioan G. Coman, Ortodoxia s,i Mis,carea Ecumenica˘, in: O 14 (1–2/1962) 81–82. An der Vollversammlung in Neu-Delhi haben seitens der Rumänischen Orthodoxen Kirche der Metropolit der Moldau Justin Moisescu und der Vikar der Erzdiözese Bukarest, Priester Alexandru Ionescu, teilgenommen. In ihrer Sitzung am 16. 12. 1961 hat die Hl. Synode der ROK das Referat der rumänischen Delegation zur Kenntnis genommen und die Tatsache begrüßt, dass »man mit Erfolg erreicht hat, dass die Rumänische Orthodoxe Kirche als Mitglied des Weltkirchenrates akzeptiert wurde«. Sitzungsprotokoll der Hl. Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche (vom 16. 12. 1961), Aktenzeichen 14.455/1961, in: BOR 80 (1– 2/1962) 176.

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Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi« als Mitglieder aufgenommen wurden.927 Diese politische Komponente kann nicht verschwiegen werden.928 Es wäre jedoch eine sehr einseitige kirchenhistorische Lektüre, würde man diese Öffnung nur auf eine von Moskau oktroyierte internationale Diplomatie-Offensive reduzieren. Die vorherige Analyse der Beiträge rumänischer Theologen wie Teodor Popescu und Dumitru Sta˘niloae aus den 1950er Jahren hat bereits gezeigt, dass die Theologie schon ab 1955 trotz Zensur und Isolation den Dialog mit den westlichen Konfessionen suchte und die theologischen Entwicklungen dort nicht nur mitverfolgte, sondern auch wertschätzte. Darüber hinaus berichtete die rumänische Theologie im selben Jahrzehnt von den Entwicklungen im Weltkirchenrat.929 Die meisten dieser Beiträge waren

927 Anastasios Kallis, Trennung von Arbeitstisch und Gebet. Bemerkungen zur interorthodoxen Thessaloniki-Erklärung »Bewertung neuer Fakten in den Beziehungen zwischen der Orthodoxie und der ökumenischen Bewegung«, in: ÖR 4 (1998) 499–504. 928 Ökumene war von Anfang an im kommunistischen Rumänien Komponente einer vom Staat koordinierten Strategie. Bereits in den 1950er Jahren fanden auf lokaler Ebene regelmäßige »interkonfessionelle Beratungen« statt, die vom staatlichen »Komitee für den Kampf für den Frieden« organisiert und worin u. a. Fragen der atomaren Abrüstung diskutiert wurden. Vgl. Asistent, Consfa˘tuirea interconfesionala˘ de la Ploies,ti, in: GB 17 (3/1958) 230–232. In diesem Zusammenhang ist in den 1950er Jahren in den theologischen Zeitschriften die Rede von einer »Verbrüderung der Kulte« geläufig: Ghermano Dineat,a˘, Înfra˘t,irea cultelor în Republica Populara˘ Româna˘, in: MO 6 (7–8/1954) 341–346. Seit 1962 wurden Interkonfessionelle Theologische Konferenzen als »Foren des lokalen Ökumenismus« von den staatlichen Behörden (Kultusamt) organisiert und als Erfolg des interreligiösen Friedens bzw. als Beweis der Religionsfreiheit hochstilisiert. Vgl. Dumitru Radu, Evaluarea rezultatelor s,i perspectivele activita˘t,ii ecumenice a Cultelor, cu prilejul împlinirii a 25 de ani de la prima Conferint,a˘t Teologica˘ Interconfesionala˘, in: ST 40 (1/1988) 76–89. Nicht nur internationale, sondern auch lokale Ökumene war somit politisches Programm. Dies führte dazu, dass der »Ökumenismus« in der Bevölkerung mit dem Beigeschmack einer vom Staat organisierten Angelegenheit wahrgenommen wurde. Andererseits führte diese Öffnung, wie der Historiker Brusanowski herausgestellt hat, dazu, dass der rumänische Staat der Kirche »größere Freiheiten« (wie der Einführung von Weihbischöfen und der damit einhergehenden Verdopplung des Episkopats usw.) zubilligte, zumal die ökumenische Arbeit der Kirche »für die gesamte rumänische Politik« von Bedeutung war. Vgl. P. Brusanowski, Die RumänischOrthodoxe Kirche, 292–293. 929 Vgl. z. B. Antonie Pla˘ma˘deala˘, Reuniunea anuala˘ a C.C. al Consiliului Ecumenic al Bisericilor din 1956, Ungaria, in: MMS 33 (3–4/1957) 344–346. Liviu Stan, Pacea, unitatea ecumenica˘ s,i problemele practice ale mis,ca˘rii ecumenice, in: MO 8 (1–3/1956) 5–14. Liviu Stan (unter dem Pseudonym Leon Pa˘dureanu), Mis,carea ecumenica˘, in: MO 10 (5–6/1958) 444–448. Teodor M. Popescu, Mis,carea ecumenica˘. Raporturi cu caracter irenic, ecumenist, in: MO 9 (9–10/1957) 695–697. Gheorghe I. Moisescu, Foaia Patriarhiei de Constantinopol despre Consiliul Mondial al Bisericilor. Trebuie sa˘ participe clericii ortodocs,i la Conferint,a Consiliului Mondial al Bisericilor? Un ierarh al Bisericii din Grecia despre participarea ortodoxa˘ la Mis,carea ecumenica˘, in: MO 11 (3–4/1959) 191–195. Olimp N. Ca˘ciula˘, Contribut¸ii la cunoas¸terea ¸si apropierea dintre Biserici. Din documentele sesiunii Comisiei

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dokumentarischer Art, entscheidend ist jedoch der Unterton: Einige Autoren wollten das Fernbleiben der Rumänischen Orthodoxen Kirche vom Weltkirchenrat begründen, andere sympathisierten (allein schon durch die neutrale Art der Berichterstattung) mit der ökumenischen Bewegung, andere wiederum sprachen sich offen für den Weltkirchenrat aus. Zwei kontrastierende Beispiele: Vintila˘ Popescu veröffentlichte im Jahr 1957 eine ausführliche Rezension zu »A History of the Ecumenical Movement. 1517–1948«930. Der Autor der Rezension leistet sich Unterlassungen, die die Geschichte des Weltkirchenrates völlig entstellen. So heißt es beispielweise, dass an der »konstituierenden Sitzung des Weltkirchenrates« im August 1948 »die Orthodoxe Kirche und die RömischKatholische Kirche von keinem offiziellen Delegierten vertreten wurden«931. Die entgegengesetzte Haltung zeigte Teodor Popescu im Jahre 1958 (kurz vor seiner Inhaftierung): In zwei Aufsätzen sprach er sich sehr deutlich für den Einstieg der Rumänischen Orthodoxen Kirche in die ökumenische Bewegung aus.932 Trotz dieser unterschiedlichen Hermeneutik, die hinter den vor 1960 veröffentlichten unterschiedlichen dokumentarischen Beiträgen über den Weltkirchen stecken mag, ist Folgendes festzustellen: Von einem ökumenischen »black out« in den 1950er Jahren kann – zumindest für den Bereich der rumänischen orthodoxen Theologie – nicht die Rede sein. Das historische Klischee einer blinden antiökumenischen Kirchenpolitik, die 1961 plötzlich, auf Befehl Moskaus, die Richtung wechselte, ist also in Frage zu stellen. Centrale a Consiliului Mondial al Bisericilor (Rhodos 1959), in: GB 20 (11–12/1961), 992– 1014. 930 Vgl. Ruth House, Stephan Charles Neill (Hg.), A History of the Ecumenical Movement. 1517–1948, London u. a. 1954. 931 Vintila˘ Popescu, O istorie a mis,ca˘rii ecumenice, in: O 9 (3/1957) 486. 932 Teodor Popescu veröffentlichte im Jahr 1958 einen Bericht über das damals im Weltkirchenrat debattierte Dokument zu »Christlichem Zeugnis, Proselytismus und religiöse Freiheit« und erwähnte dabei auch den Beitrag der orthodoxen Vertreter derjenigen autokephalen Kirchen, die Mitglieder im Weltkirchenrat waren. Er begründete die Beschäftigung mit der Thematik folgendermaßen: »Obwohl unsere Kirche zur Zeit an der Ökumenischen Bewegung nicht teilnimmt, interessieren uns die Prinzipien und die Aktion dieser Bewegung und es ist gut, dass diese auch bekannt gemacht werden.« Teodor M. Popescu, Din lucra˘rile Mis,ca˘rii Ecumenice, in: O 10 (1/1958) 143. Im selben Jahr sprach Teodor M. Popescu offen die Hoffnung aus, dass die orthodoxen Kirchen, die noch nicht Mitglieder des Weltkirchenrates waren, ihre Haltung überdenken würden. Vgl. Ders., Atitudini ortodoxe fat,a˘ de Mis,carea ecumenica˘, in: O 10 (3/1958) 476–483. Die Pedanterie, mit welcher der rumänische Theologe alle Stellungnahmen der griechisch-orthodoxen Theologen (u. a. Hamilcar Alivizatos) für die ökumenische Bewegung referiert, ist auch ein klares Zeichen für seine eigene Einstellung in dieser Sache. Die paraphrasierte Meinung Alivizatos wird letztendlich, ohne Anführungszeichen, als seine eigene weitergetragen: »Diejenigen, die sich aus irgendwelchen Gründen gegen die Herstellung ordentlicher Beziehungen der Orthodoxen Kirche mit der Ökumenischen Bewegung aussprechen, vergessen, dass die Orthodoxe Kirche nur einen kleinen Teil der ganzen Christenheit ausmacht. […] Die Orthodoxe Kirche hat viel gewonnen aus dem Kontakt mit den anderen Kirchen.« (ebd., 479).

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Auch auf offizieller Ebene hatte das Rumänische Patriarchat bereits vor dem namhaften Durchbruch der orthodox-katholischen Beziehungen Ende 1958/ Anfang 1959 (veranlasst durch die neuen Kontakte und Botschaften zwischen Rom und Konstantinopel933) bzw. vor dem Eintritt in den Weltkirchenrat (1961) seine Bereitschaft für den Dialog signalisiert. Bereits 1954 warf der Metropolit von Siebenbürgen Nicolae Ba˘lan in der Hl. Synode die Frage nach der Wiederherstellung von aktiven Beziehungen mit dem Weltkirchenrat auf und machte dabei folgende Vorschläge: a. Die Wiederaufnahme der Beziehungen mit den anderen christlichen Gemeinschaften (Altkatholiken, römische Katholiken, Protestanten, Neo-Protestanten); b. für das Erreichen dieses Zieles: Gründung von orthodoxen und interkonfessionellen Kommissionen; c. Erscheinen einer Zeitschrift, die der gegenseitigen Kenntnis und der Wiederherstellung der christlichen Einheit dienen soll; d. Etablierung einer Woche für gemeinsames Gebet; e. Besuche zwischen Hierarchen; f. Austausch von Büchern, Zeitschriften, Professoren und Studenten.934

Die Vorschläge an sich waren nicht neu. Der Kontext, in denen sie formuliert wurden, zeigt, dass zumindest ein Teil der rumänischen Hierarchie auch in den 1950er Jahren die künstliche Abgeschnittenheit von den ökumenischen Entwicklungen im Westen für temporär hielt und darauf bedacht war, an der ökumenischen Tradition der Rumänischen Orthodoxen Kirche bis 1945 wieder anzuknüpfen. Das zeigt auch, dass Hierarchen wie Metropolit Nicolae Ba˘lan die Reduzierung der interkonfessionellen Beziehungen auf die von Moskau unterstützten, politisch gefärbten Friedenskonferenzen935 für ungenügend hielten. 933 Vgl. die berühmten Schreiben des Patriarchen Athenagoras anlässlich der Krankheit von Papst Pius XII. (7. 10. 1961), anlässlich dessen Todes (10. 10. 1961) und der Wahl von Papst Johannes XXIII. (30. 10. 1961), sowie der Weihnachtsbotschaft des Papstes über die Einheit und den Frieden (Weihnachten 1958): Pro Oriente (Hg.), Tomos Agapis. Dokumentation zum Dialog der Liebe zwischen dem Hl. Stuhl und dem Ökumenischen Patriarchat 1958– 1976, Inssbruck – Wien – München 1978, 10–12. 934 Archiv der Metropolitanbibliothek Sibiu – Fond Ba˘lan, Nr. 1704, zitiert nach: S,tefan Argatu, Activitatea ecumenica˘, 86. 935 Die Relevanz der interkonfessionellen Beziehungen wurde in den 1950er Jahren vor allem unter das Motto des Kampfes für den Weltfrieden gestellt. Darin folgte die Rumänische Orthodoxe Kirche den Leitlinien der Russischen Orthodoxen Kirche, die den Ökumenischen Weltkirchenrat in die Dienste des »Weltfriedensrats« (1950 gegründet) stellen wollte, aber auch den Vorgaben der rumänischen Regierung. Ein Beispiel: im Jahre 1955 verabschiedete die Hl. Synode eine Botschaft über den »Beitrag der Rumänischen Orthodoxen Kirche zum Kampf für die Verteidigung des Friedens«: Sitzungsprotokoll der Heiligen Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche], 13.-14. 04. 1955, in: BOR 73 (3–4/1955) 216. Zur interkonfessionellen Komponente des sog. »Friedenskampfs« vgl. Ernst Chr. Suttner, Ökumenismus in der Rumänischen Orthodoxen Kirche unter Patriarch Justinian, in: OCP 61 (1975) 407–417. Zur theologischen Argumentation des »Einsatzes der Rumänischen Orthodoxen

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Ein anderes Beispiel für diese ökumenischen Lebenszeichen ist ein Interview des Patriarchen Justinian für die Athener Zeitung »Akropolis« im Jahre 1959936. Darin ist ein klares Statement zu finden, dass die Einheit der Kirche »nicht nur möglich, sondern auch notwendig« sei und dass man verpflichtet sei, »mit ganzer Kraft dafür zu arbeiten«937. Der Patriarch betonte die Bereitschaft der Orthodoxen, »überall und jederzeit, aufrichtig und entschlossen in das große Unternehmen der Vereinigung der Kirchen einzutreten«938: »Wir dürfen die Einheit der Kirche nicht von Kongressen oder Synoden erwarten, obwohl ihre Behandlung bei solchen Begegnungen nützlich ist. Aber die einzige Bedingung, damit die Einheit der Kirchen wirklich und dauerhaft realisiert werden kann, ist es, den ganzen Weg, der zur Trennung geführt hat, zurückzugehen, uns füreinander zu opfern und uns alle Christus-Gott hinzugeben […].«939

Die spirituelle Voraussetzung des Dialogs und der Einheitsfindung (»uns füreinander zu opfern«) sowie die Warnung vor einer Ökumene der Kongresse zeigten, dass der rumänische Patriarch um die mögliche politisch-diplomatische Instrumentalisierung des ökumenischen Impulses seitens des kommunistischen Regimes wusste und als Gegenpol eine spirituelle Ökumene der gegenseitigen Hingabe betonen wollte. Dieses Interview stellt das erste offizielle Signal für die »neue Periode«940 dar, in welche die Rumänische Orthodoxe Kirche eintreten sollte, nämlich eine »Periode der Kontaktaufnahme, in der das ökumenische Anliegen in der rumänischen Orthodoxie breiten Boden gewann«941. Fest steht, dass bei der Antragstellung für die Mitgliedschaft, aber auch in allen späteren offiziellen oder theologischen Stellungnahmen, die Vertreter der Rumänischen Orthodoxen Kirche diese Entscheidung mit der langen ökumenischen Tradition ihrer Kirche (bereits ab den 1920er Jahren) begründeten und die antiökumenische Polemik um die Moskauer Konferenz (1948) als gleichsam nichtexistent übergingen. So interpretierte im Jahr 1962 kein anderer als Ioan Coman, dessen proökumenisches Referat nach der Rückkehr aus Moskau völlig entstellt publiziert worden war, den Nicht-Eintritt im Weltkirchenrat im Jahr

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Kirche für den Kampf zur Verteidigung des Friedens« vgl. den Beitrag des späteren rumänischen Patriarchen Iustin: Iustin Moisescu, Biserica Ortodoxa˘ Româna˘ s,i lupta pentru apa˘rarea pa˘cii, in: ST 5 (7–8/1953) 554–576. Unirea Bisericilor este posibila˘ s,i necesara˘. Ra˘spunsurile Prea Fericitului Patriarh Justininan la întreba˘rile directorului ziarului Akripolis din Atena, in: O 11 (3/1959) 485–487. Ebd., 487. Ebd. Ebd. E. C. Suttner, Ökumenismus, 418. Ebd.

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1948 als eine »Enthaltung« und »keineswegs als Unterbrechung der Beziehungen zwischen den Orthodoxen Kirchen und dem Weltkirchenrat«942. In der Folge spielte ab 1962 in den rumänischen Zeitschriften die Moskauer Konferenz kaum noch eine Rolle; dafür wurden wieder die proökumenischen Stellungnahmen der 1930er Jahre hervorgehoben.943 In einem anderen Aufsatz betonte Coman, dass die Beziehungen zwischen der Rumänischen Orthodoxen Kirche und dem Weltkirchenrat in den letzten 20 Jahren (!) ununterbrochen gewesen seien, sich positiv entwickelt hätten und immer stärker würden.944 Der Eintritt des Bukarester Patriarchats in den Weltkirchenrat wurde auch von anderen Theologen als »Rückkehr der Rumänischen Orthodoxen Kirche in den Schoß der Ökumenischen Bewegung«945 bezeichnet, nicht als Neubeginn. Die ökumenische Wende führte somit zu einer theologiegeschichtlichen Neulektüre der Moskauer Konferenz von 1948.

5.1.2. …und ihre theologische Lektüre Die Redaktion der Zeitschrift »Ortodoxia« bezeichnete in der ersten Ausgabennummer des Jahres 1962 die Aufnahme in den Weltkirchenrat als »ein kaum zu überschätzendes Ereignis«, das den Klerus und die Gläubigen der Kirche »mit großer geistlicher Freude und Genugtuung erfüllt«946. Die Rumänische Orthodoxe Kirche habe nie aufgehört, »im ökumenischen Geist«947 zu leben und sie sei gemeinsam mit den anderen Mitgliedskirchen von einem »starken Elan zur Einheit«948 beseelt. Der einzige kritische Punkt, den sich die Zeitschriftsredaktion bei diesem enthusiatischen Leitartikel erlaubte, ist ein Hinweis auf die Ein942 I. G. Coman, Ortodoxia s,i Mis,carea Ecumenica˘, 78. 943 Immer wieder wurde sogar der Anspruch erhoben, die »lokale Ökumene« im kommunistischen Rumänien habe vieles von den späteren Prinzipien und Idealen des Weltkirchenrats vorweggenommen. Als Beispiel für diese einseitige und realitätsfremde Lektüre vgl. Spiridon Cândea, Ecumenismul s,i viat,a cultelor în Republica Socialista˘ Romînia, in: MA 11 (4–6/ 1966) 258–266: Aufgrund der »Freiheiten« und »rechtlichen Gleichheiten«, die die »Kulte« in der »Sozialistischen Republik Rumänien« genossen hätten, hätten diese Kulte »alleine, noch bevor sie Mitglieder des Weltkirchenrats wurden, die besten und gesundesten Wege der gegenseitigen Verständigung und Zusammenarbeit gefunden«. Das »harmonische Miteinander der religiösen Kulte« sei nach 1962 auch von westeuropäischen Gästen als vorbildhaft bezeichnet worden. Vgl. ebd., 265–266. 944 Vgl. Ioan G. Coman, Relat,iile Bisericii Ortodoxe Române cu organizat,iile ecumenice, in: Doua˘zeci de ani din viat,a Bisericii Ortodoxe Române 1948–1968, 447 und 459. 945 Nicolae S,erba˘nescu, Biserica Ortodoxa Româna˘ s,i Mis,carea Ecumenica˘, in: O 14 (1–2/ 1962) 148. 946 Redact,ia, Intrarea Bisericii Ortodoxe Romîne în Consiliul Ecumenic al Bisericilor, in: O 14 (1–2/1962) 250. 947 Ebd., 253. 948 Ebd., 254.

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heitsmethoden: Während die Orthodoxe Kirche, aber nun auch der Weltkirchenrat, die »schwierigste, aber sicherste« Methode bevorzugen würden, nämlich die Methode der Einheit im Glauben, die wiederum von der »Methode der Liebe« unterstützt werde, sei die Römisch-Katholische Kirche Anhängerin der »Methode durch Absorption« – aus orthodoxer Sicht »ein unzulässiger Weg«949. Der programmatische Artikel hatte Signalwirkung: Während gegenüber der Weltkirchenrat-Ökumene alle Vorurteile auf einmal fielen, blieb die rumänische Theologie gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche weiterhin sehr reserviert. Dies gilt es auch in den nächsten Ausführungen zu dokumentieren. Es ist in der Verhältnisbestimmung bemerkenswert, wie orthodoxe Theologen ab 1962 versuchten, ihren – ehrlichen oder vorgegebenen – Enthusiasmus für die Ökumenische Bewegung950 immer mehr als Alternative zu einem orthodox-katholischen Dialog darzustellen; dieser galt aufgrund des päpstlichen Jurisdiktionsanspruchs für so gut wie chancenlos. Der Dogmatiker Nicolae Chit,escu brachte es folgendermaßen auf den Punkt: »Die Römisch-Katholische Kirche steht der Orthodoxen aus dogmatischer und liturgischer Sicht am nächsten, aber am weitesten entfernt aus der Sicht der Organisation und des Leitungsprinzips im Allgemeinen.«951 Währenddessen sei »der Protestantismus viel weiter als der römische Katholizismus von der Orthodoxie entfernt, zumindest aus dogmatischer und liturgischer Sicht; aber er steht der Orthodoxie viel näher aus der Sicht der allgemeinen religiösen Haltung. Er setzt den Wunsch des Christen nach Heil über alles andere, in einer lebendigen, inbrünstigen Beziehung der Seele zu Gott«952.

Die Art und Weise, wie die rumänische Theologie die ökumenische Öffnung ab 1962 »zelebrierte«, ist einzigartig. Sie führte zu einer wahrhaften Explosion an ökumenisch gesinnten Aufsätzen aller fachlichen Richtungen.953 Den Ton gab Patriarch Justinian an, der die Bedeutung des Weltkirchenrats sowohl im Ausland (wie z. B. anlässlich seines Besuchs in Genf im Juni 1966954) als auch im pastoralen Zusammenhang (wie z. B. bei Fortbildungskursen für die

949 Ebd. 950 »Der Weltkirchenrat kann als das wichtigste Ereignis des christlichen Geistes in unserer Epoche angesehen werden.« (N. Chit¸escu, Mis¸carea ecumenica˘, 55). 951 Ebd., 11. 952 Ebd. 953 Bis heute gilt in der rumänischen Kirchengeschichtsschreibug jener ökumenisch-theologische Aufbruch in den 1960er-1970er Jahren als Höhepunkt des kirchlichen Wirkens in widrigen Zeiten: »Während der größte Teil des kirchlichen Bereichs unter Kommunismus eine schwere Zeit durchmachte […], gab es religiöse Bereiche, für welche diese Zeit einigermaßen ein Erblühen bedeuteten (der Ökumenismus, die interkonfessionellen Beziehungen).« I. Vicovan, Die Rumänisch-Orthodoxe Kirche während des Kommunismus, 187. 954 Vgl. Patriarch Justinian (Marina), Erklärung beim Weltkirchenrat, 29. Juni 1966, in: BOR 84 (7–8/1966) 743–746.

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Priester955) nicht zu betonen aufhörte. Die Ökumene (rumänisch: ecumenism) wurde somit schlagartig zum Kirchen- und Theologieprogramm. Das beste Beispiel für die überragende Rolle, welche die Ökumene im Selbstporträt des Patriarchats ab den 1960er Jahren spielte, sind die Feierlichkeiten anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Amtsantritts des Patriarchen Justinian im Juni 1968. Neben hochrangigen Vertretern oder sogar Oberhäuptern der orthodoxen Schwesterkirchen spielten bei diesen Feierlichkeiten die ökumenischen Gäste eine große Rolle (Vertreter des Weltkirchenrates, der Anglikanischen Kirche, Vertreter der nicht-orthodoxen Kirchen und religiösen Gemeinschaften in Rumänien).956 Auch die Jubiläumsredner betonten bei diesem Anlass, dass das Patriarchat »im Zeichen des Dienstes unserer Kirche, der Orthodoxie, des Ökumenismus und des Friedens«957 stehe. Die im Jahre 1948 kritisierte (weil instrumentalisierte) soziale Dimension der Ökumene (Stichwort: Ökumene im Dienste des Weltfriedens) wurde dabei als wichtigster Beitrag der ökumenischen Bewegung hervorgehoben: »[…] im Kampf gegen den Krieg, für die atomare Abrüstung, gegen die koloniale Sklaverei, zur Etablierung des Weltfriedens«958, gegen Rassismus usw. Dieselben Theologen, die noch vor gut einem Jahrzehnt Tiraden gegen die Westkirchen und die Ökumene entfalteten, betonten nun, dass die jüngsten Begegnungen zwischen den Würdenträgern unterschiedlicher Konfessionen zu »echten Offenbarungen« und zu einer »besonderen seelischen Genugtuung auf beiden Seiten«959 geführt hätten – so etwa Ioan G. Coman im Hinblick auf den Besuch des Generalsekretärs Visser′t Hooft in Rumänien im Jahr 1962. Doch die Begeisterung blieb nicht bei einer bloßen Rhetorik, sie brachte zugleich einen theologischen Reflexionsprozess in Gang, der das Profil einer ökumenischen Theologie aus (rumänisch-)orthodoxer Sicht bereiten sollte. Ioan G. Coman kündigte am Ende seines Artikels die Notwendigkeit eines radikalen Umdenkens in der Haltung der orthodoxen Theologie gegenüber den anderen Konfessionen an: »Es ist notwendig, dass die Orthodoxie ihre defensive, konfessionell-apologetische Haltung aufgibt. Wie in der patristischen Epoche kann die Kirche neue Wege gehen zur 955 Ders., Rede bei der Eröffnung der pastoralen Fortbildungskurse für den 46. Priesterjahrgang, in: BOR 82 (9–10/1964) 846–851. 956 Vgl. Doua˘zeci de ani din viat,a Bisericii Ortodoxe Române 1948–1968. La a XX-a aniversare a însca˘una˘rii Prea Fericitului Patriarh Justinian, Bukarest 1968, 32–132. 957 Vgl. Nicolae Mladin (Metropolit von Trannssylvanien), Rede am 6. Juni 1968, in: ebd., 43. Siehe vergleichbare Formulierungen auch in der Rede des Metropoliten Iustin Moisescu, ebd., 74–79. 958 Patriarch Justinian (Marina), Rede bei der Eröffnung der pastoralen Fortbildungskurse, 848. 959 Ioan G. Coman, Folosul contactelor dintre conduca˘torii s,i reprezentant,ii diferitelor Biserici, in: O 14 (4/1962) 591.

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Schaffung einer dynamischen Form der Einheit, einem größeren Schatz von Kultusformen, einer echten ökumenischen Theologie, die die christliche Welt durch eine authentische Interpretation der Mission der Kirche regenerieren kann. Die Orthodoxie darf nicht in einen falschen westlichen Konservatismus fallen, mit Nostalgie angesichts der ersten Jahrhunderte, und sie soll nicht die anderen Ökumeniker zu einer Rückkehr zurück in die Vergangenheit rufen. […] Der Weg zum Leben, d. h. zur Einheit, kann eine Art Sterben unsererseits bedeuten, damit wir das neue Leben des Heiligen Geistes empfangen können, der in unterschiedlichen Formen des christlichen Lebens herabsteigt. Die Einheit muss die Mannigfaltigkeit implizieren. Es geht um eine charismatische und eucharistische Einheit […].«960

Derselbe Gedanke, dass die ökumenische Öffnung auch ein Umdenken bzw. eine innere Erneuerung der Orthodoxen Kirche nach sich ziehen müsse, begegnet uns auch in einem Aufsatz Teodor Popescus aus dem Jahr 1963. »Die Orthodoxie befindet sich heute in Bewegung […]. Sie bleibt nicht in sich selbst eingeschlossen, kalt und unerreichbar. Im Gegenteil, auf dem Weg zu einer lang erwarteten inneren Erneuerung klärt, entfaltet und stärkt sie die Basis ihres Lebens; sie überdenkt ihre bisherige Haltung und konsolidiert diese, indem sie viel aktiver und nützlicher auf ökumenischem Gebiet wird.«961

Die inhaltliche Komplexität, die Sachkompetenz und die argumentative Reife der programmatischen Artikel, die in den ersten Jahren nach der offiziellen ökumenischen Öffnung von 1961 zu Tage traten, lassen keinen Zweifel offen, dass für die meisten rumänischen Theologen dieser Moment nicht als eine politische Vorgabe, sondern als eine theologische Befreiung erlebt wurde. Im selben Aufsatz von 1963 stellte Teodor Popescu nicht nur die Geschichte und die Struktur der ökumenischen Bewegung vor, sondern auch die Grundlinien einer orthodoxen Mitarbeit in ihr fest: Er referierte die Toronto-Erklärung, wonach der Weltkirchenrat keine »Über-Kirche« sein dürfe und auch die »eine, heilige Kirche« als ekklesiologische Realität nicht ersetzen könne962, betonte aber zugleich etwas, was bis heute vor allem innerorthodox höchst umstritten ist, nämlich, dass »[…]

960 Ders., Ortodoxia si mis,carea ecumenica˘, in: O 14 (1–2/1962) 106. Ähnliche Worte findet man ein Jahr später bei Dumitru Sta˘niloae. Auch er mahnte die Orthodoxie zur Aufgabe ihrer »apologetischen, konfessionellen, defensiven Haltung« [Dumitru Sta˘niloae, Mis,carea ecumenica˘ s,i unitatea cres,tina˘ în stadiul actual, in: O 15 (2/1963) 588] und zum Start einer ökumenischen Offensive: Die Orthodoxie sollte »[…] ein Lebensstrom werden, der alle Gräber füllt, der die Gegensätze als Komplementaritäten auffasst, der die Feindschaften überwindet und alle zur Einheit führt« (ebd, 588). Die Haltung der Orthodoxie zum Weltkirchenrat sollte die Mitte zwischen blindem Enthusiasmus (»der allem zustimmt, was dort gemacht wird«, ebd. 588) und generellem Widerstand sein. Fest stand auch für Sta˘niloae, dass in der ökumenischen Bewegung »Gott seinen Willen kundtut« und »das unmittelbare Wirken des Heiligen Geistes« erkennbar sei (ebd., 589). 961 Teodor M. Popescu, Pozit,ia ortodoxa˘ în ecumenism, in: O 15 (2/1963) 215. 962 Vgl. ebd., 193.

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die Mitgliedskirchen des Weltkirchenrats in jeder der anderen Mitgliedskirchen Elemente der wahren Kirche anerkennen müssen«963. Die Offenheit, welche in der Anerkennung des Kircheseins der anderen Mitgliedskirchen zu Tage tritt, mag mit der Aufbruchsstimmung jener Zeit erklärbar sein, ist aber bei Teodor Popescu eine theologisch argumentierte. Er wusste um die Herausforderungen in der Annäherung zwischen den Konfessionen, mahnte aber, dass das Ziel nicht einfach gute bis sehr gute Zusammenarbeit unter den Konfessionen sein könne964, sondern echte Glaubens- und Kirchengemeinschaft im Sinne einer echten »christlichen Familie«965 sein müsse. Interessant ist auch der im innerorthodoxen Kontext von damals und auch heute noch ungewöhnliche Hinweis, dass die angestrebte Einheit nicht »die Wiedererrichtung der Kirche in ihrer Form von vor 1000 oder 1500 Jahren oder noch weniger in ihrer Form aus der apostolischen Zeit«966 bedeuten könne, sondern in einer neuen Form geschehen müsse, die den jetzigen Realitäten entspricht. Grundlagen für diese neue Form wären die Prinzipien der Autonomie (oder Autokephalie, d. h. der Freiheit der Ortskirchen) und der Autorität (d. h. »einer kollektiven und repräsentativen Autorität«967). Wir können aus der Fülle von Aufsätzen und Studien, die vor allem in den 1960er Jahren diesen ganzen Themenkomplex behandeln, nur diejenigen berücksichtigen, welche die primäre Forschungsfrage betreffen, nämlich die (ekklesiologische) Beurteilung der anderen Kirchen. Paradigmatisch in dieser Hinsicht sind die Ansätze dreier führender Theologen: Nicolae Mladin (zwischen 1967–1981 Metropolit von Transsylvanien), der bereits mehrfach behandelte Dumitru Sta˘niloae und Ion Bria.

5.1.3. Nicolae Mladin: gemeinsam unterwegs mit den Schwesterkirchen Unter den letzten rumänischen Theologen vor der Instaurierung des kommunistischen Regimes, die noch die Chance eines längeren Studienaufenthalts im westeuropäischen Ausland hatten, befand sich Nicolae Mladin (1914–1986). Er hatte als Doktorand während des Zweiten Weltkriegs (zwischen 1941–1943) an der römisch-katholischen und auch an der evangelischen Fakultät in Wien studiert und promovierte 1946 in Bukarest mit einer Arbeit über die »paulinische Askese und Mystik«968. 1947 trat Mladin, als Professor für Moraltheologie und 963 964 965 966 967 968

Ebd., 194. Vgl. ebd., 202. Ebd., 209. Ebd. Ebd., 210. Vgl. Nicolae Mladin, Hristos – viat,a noastra˘. Asceza s,i mistica paulina˘, Sibiu 1996.

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Mystische Theologie, die Lehrstuhl-Nachfolge des renommierten Dumitru Sta˘niloae an, der aus politischen Gründen vom Lehrstuhl entfernt worden war.969 1967 wurde er zum Erzbischof von Sibiu und Metropolit von Siebenbürgen, der Maramuresch und dem Kreischgebiet gewählt und geweiht, musste aber 1981 aus Krankheitsgründen zurücktreten und starb im Jahr 1986 im Kloster Sâmba˘ta de Sus.970 Mladin schaffte es Ende der 1940er bzw. Anfang der 1950er Jahre, sich von der Welle der antikatholischen Polemik gewissermaßen971 fernzuhalten und widmete sich in seinen Veröffentlichungen fast ausschließlich moraltheologischen und spirituellen Themen.972 Zwar hat er selber in einigen moraltheologischen Studien eine Gleichstellung zwischen der christlichen Soziallehre und den Prinzipien der kommunistischen Gesellschaft vertreten973, sein Schrifttum blieb dennoch vom Interesse an spirituellen Themen geprägt. In interkonfessionellen Fragestellungen blieb er vergleichsweise sachlich974 und warnte bereits 1954 davor, die Kritik an bestimmten »legalistischen, kasuistischen und probabilistischen«975 Tendenzen im Rahmen der römisch-katholischen Moraltheologie pauschal auf die gesamte römisch-katholische Theologie anzuwenden. Denn auch in der RömischKatholischen Kirche, so Mladin, »pulsiert das Leben der einfachen Gläubigen 969 Sehr bekannt wurde seine Vorlesung über orthodoxe Mystik aus dem Studienjahr 1947– 1948: Nicolae Mladin, Prelegeri de mistica˘ ortodoxa˘: notate de studentul în teologie Nicolae Streza în anul universitar 1947–1948, Târgu Mures, 1996. Die Kommunisten verboten daraufhin das Fach »orthodoxe Mystik« im Curriculum der theologischen Fakultäten. Zur Relevanz seines Ansatzes im Bereich der Theologie der Spiritualität vgl. J. Henkel, Eros und Ethos, 35–38. 970 Vgl. M. Pa˘curariu, Dict,ionarul, 301–302. Ders., Doua˘ sute de ani, 342–344. 971 Mladin verfasste im Jahr 1951, wie so gut wie alle seine Kollegen in dieser Zeit, einen begeisterten Aufsatz über die »Wiedervervollständigung« (rumänisch: reîntregirea) der rumänischen Orthodoxie nach der »Aufnahme der Unierten«: Er lobte Patriarch Justinian für die »Verwirklichung der Wiedervervollständigung unserer Kirche«, worin ein vielversprechendes Zeichen für den Beitrag der rumänischen Orthodoxie für die »Einheit aller Christen in der Wahrheit der Orthodoxie« zu sehen sei. Nicolae Mladin, Reîntregirea Ortodoxiei românes,ti, in: BOR 69 (3–6/1951) 234. 972 Vgl. Ders., Iisus Hristos în viat,a morala˘ a credincios,ilor, in: ST 5 (9–10/1953) 605–625. 973 Vgl. Ciprian Iulian Toroczkai, Pacea s,i Teologia Sociala˘ în gândirea mitropolitului Nicolae Mladin al Ardealului, in: RT 20 (4/2010) 131–141. Den Ton für eine solche soziaelthische »Synthese« gab der rumänische Patriarch Justinian selbst mit seinem bekannten Plädoyer für ein »soziales Apostolat«. Vgl. Ernst Chr. Suttner, Das »soziale Apostolat« in der rumänischen Orthodoxie der Nachkriegszeit bis zu den Kirchenverfolgungen der Entstalinisierungskampagne, in: Raphael Schulte (Hg.), Leiturgia – Koinonia – Diakonia. Festschrift für Kardinal Franz König zum 75. Geburtstag, Wien 1980, 461–496. 974 In diesem Zusammenhang erstaunt eine Ausnahme aus dem Jahr 1960, als Mladin die verhängnisvolle vermeintliche Verbindung zwischen (Neo)Kolonialismus, Imperialismus und der Römisch-Katholischen Kirche untersucht und verurteilt. Nicolae Mladin, Catolicismul s,i colonialismul, in: O 12 (2/1960) 318–324. 975 Ders., Despre unele caracteristici ale morale catolice, in: ST 6 (5–6/1954) 293.

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und der frommen Priester – samt einigen Bischöfen und vielen Theologen; diese bewahren das echte christliche moralische Leben unversehrt […]«976. Die Wende des Jahres 1961 fand Nicolae Mladin also, zumindest was die interkonfessionelle Polemik angeht, ohne große Vorbelastungen. Er veröffentlichte in den darauffolgenden Jahren zwei Artikel,977 in welchen er eine ganz frische und offene ökumenische Haltung unter Beweis stellt. Mladin sieht in der Zentrierung der modernen theologischen Fragestellungen ab dem 19. Jh. auf die Ekklesiologie eine göttliche Fügung, welche damit auch die ökumenische Bewegung von Anfang an geprägt habe. Die »Wiederentdeckung der Kirche« in allen drei Konfessionen sei nicht nur ein Reflexionsprozess über das eigene Kirchesein, sondern auch eine »Sehnsucht nach der ökumenischen Kirche, die alle Christen umfassen sollte«978. In allen drei Kirchen – Mladin verwendet konsequent den Begriff Kirchen für die »Orthodoxe«, »RömischKatholische« und »Protestantische« Kirche – seien nach dem Ersten Weltkrieg zwei komplementäre theologische Strömungen lebendig geworden: »Die eine zur Vertiefung des eigenen Wesens, des eigenen Spezifikums und der eigenen Werte; die andere zur Entdeckung und Anerkennung der Werte der anderen Kirchen sowie zur Verbrüderung, beseelt von der Sehnsucht, gemeinsam zu der einen Kirche Christi zu gelangen.«979

Mladin untersuchte daraufhin die unterschiedlichen Kirchenbilder und unternahm eine sachliche Kritik der protestantischen Unterscheidung zwischen den »sichtbaren Kirchen« und der »unsichtbaren Kirche«: »[…] die Zuflucht in eine unsichtbare Kirche, die nur Gott kennt, und die Relativierung aller aktuellen Kirchen« könne nur »den Ist-Stand« beschreiben, nicht jedoch bei der Bemühung um das Wiedererreichen der »sichtbaren Einheit« weiterhelfen.980 Mladin stellte diesem Modell die »katholische und orthodoxe Theologie«981 gegegenüber, welche beide eine gemeinsame Linie vertreten würden, nämlich, dass nur die Kirche als die »eine« (sowohl auf sichtbarer als auch auf unsichtbarer Ebene) die Mittel zum Heil beinhalte. Mladin nannte auch die Elemente, die grundlegend zum Kirchesein gehören (die Glaubenslehre, die Sakramente, die Hierarchie und damit die apostolische Sukzession) und folgerte daraus: »wo diese Elemente existieren, können wir mit Sicherheit sagen, dass dort die Kirche Christi ist, so wie sie von Christus gewollt und eingesetzt wurde«982. Andere Elemente – wie die 976 Ebd. 977 Ders., Adeva˘rata cale spre refacerea unita˘t,ii Bisericii lui Hristos, in: O 14 (3/1962) 334–352; Pe calea unita˘t,ii Bisericii lui Hristos, in: O 15 (3–4/1963) 456–472. 978 Ebd., 337. 979 Ebd. 980 Ebd., 340. 981 Ebd. 982 Ebd., 341.

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rituellen Unterschiede – gehören zu den Spezifika jeder regionalen Tradition. Mit dieser ekklesiologischen Kriteriologie ergibt sich für Mladin eine große Nähe zur Römisch-Katholischen Kirche, die dasselbe Prinzip einer »Glaubenseinheit bei gleichzeitiger Toleranz gegenüber kultischer Diversität«983 vertrete. Kritische Töne schlug Mladin an, wenn es darum geht, die Einheitsmodelle zu präsentieren. Er unterschied dabei (1.) das römisch-katholische »Subordinationsmodell aller Christen unter einem unfehlbaren Monarchen«, (2.) das protestantische Modell einer »Einheit durch Liebe und Aktion« und (3.) das orthodoxe Modell »der Einheit in der göttlichen Wahrheit«984. Das erste Modell habe sich wegen der starken Latinisierung der unierten Ostkirchen als »unwirksam«985 erwiesen; dem protestantischen Modell fehle die gemeinsame doktrinäre Basis und entarte in Föderalismus. Nur das orthodoxe Modell könne in der Ökumene Früchte bringen, wenn man es als »Einheit in Freiheit und Freiheit in Einheit«986 verstehe, d. h. als Mitte zwischen einer zu starken Einheitlichkeit und einer zu starken föderativen Zersplitterung. Bei der Beschreibung des orthodoxen Kirchenmodells ging es Mladin allerdings nicht um eine Rückkehr-Ökumene, sondern um die Suche nach einem sowohl realistischen als auch der altkirchlichen Tradition entsprechenden Einheitsweg. Hierbei sah er alle drei Kirchen in der Pflicht, diejenigen Elemente aus ihrem konfessionellen Spezifikum unterscheiden zu lernen, die »historische Traditionen« sind und damit den anderen Kirchen nicht auferlegt werden können: »Keine der Kirchen kann beanspruchen, dass diese Traditionen im Falle einer Kircheneinheit voll und ganz von den anderen Kirchen akzeptiert werden müssen.«987 Vielmehr sollten die Kirchen im Sinne einer Annäherung »gegenseitige Anleihen«988 vom Schatz der anderen machen. Zugleich müssten alle drei Kirchen einsehen, dass die »Rückkehr zur Ökumenischen Kirche der Hl. Väter« keineswegs »Starrheit« oder »Archaismus« bedeuten könne.989 Aus formaler Sicht kann also die ungeteilte Kirche kein Rezept liefern! Im Gegenteil: »wir müssen in die Zukunft schauen, nicht in die Vergangenheit«, die »Kirche schreitet voran und muss gegenüber neuen Herausforderungen eine Antwort geben«990. Mladin formuliert hier unterschwellig ein kleines Aggiornamento-Programm, das die Basis für eine tragfähige Ökumene liefern soll. Auf einer solchen Basis sei aus seiner Sicht »die Wiederher983 984 985 986 987 988 989 990

Ebd., 343. Vgl. ebd., 344. Ebd. Ebd., 347. Ebd., 348. Ebd., 349. Vgl. ebd. Ebd.

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stellung der Einheit der Kirche Christi möglich«, zwar »nicht leicht realisierbar, aber durchaus machbar«991. Vor allem das Kirchenvolk sei viel leichter davon zu überzeugen als die Kirchenleitungen. Die Einheit sei viel leichter »von unten« her als »von oben« zu realisieren, weil die »Gläubigen und der Klerus vom Geist der ökumenischen Brüderlichkeit stark geprägt sind«992. Der Höhepunkt der Ausführungen Mladins ist eine einzigartige Formulierung gegen Ende seines Aufsatzes, wo er die nicht-orthodoxen Kirchen als »Schwesterkirchen« in spe bezeichnet: »Der Geist der Einheit weht voller Kraft in den Seelen aller. Das sind Zeichen, dass die Kirchen beginnen, auf dem wahren Weg zu schreiten, der zur Wiederherstellung der Einheit der Kirche Christi führt: eine einzige Kirche, grundgelegt auf der Offenbarungswahrheit, organisiert in autokephalen Kirchen, im Rahmen derer nicht nur das Einigende respektiert wird, sondern auch das, was jeder Tradition spezifisch ist. Innerhalb dieser Kirche wird sich die Orthodoxe Kirche freuen, neben den anderen Schwesterkirchen zu sein; das wird eine echte patristische Kirche sein, ständig lebendig und schöpferisch.«993

Ein Jahr später versuchte Mladin, diese Gedanken weiter zu entfalten und ein Stück weit zu systematisieren. So nannte er die Mittel für eine ökumenische Annäherung und für die Förderung der christlichen Einheit: Neben der Liebe betonte er die Rolle des gemeinsamen ökumenischen Gebetes994 (ein einzigartiges Zeugnis in der rumänischen Theologie der 1960er Jahre!) und der verschiedenen ökumenischen Studien, Beratungen und Projekte. Es überrascht, mit welcher Offenheit Mladin in seinem Aufsatz von 1962 das ökumenische Zeitalter als eine vom Hl. Geist inspirierte und heilsgeschichtlich relevante Epoche verstand: »Der neue Geist, der in allen Kirchen weht, und in dem wir das Wirken der Heiligen Geistes erkennen, ist ein Geist der Erneuerung der Kirche, der Annäherung untereinander, der Verbrüderung, mit dem heißen Wunsch nach der einen Kirche.«995

991 992 993 994

Ebd., 350. Ebd., 351. Ebd. Die ökumenischen Gebete »können gemeinsam gestaltet werden, sei dies bei Kongressen, im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit, beim Pfingstfest oder anlässlich der Teilnahme an den Gottesdiensten anderer Kirchen […]« (Ders., Pe calea unita˘t,ii Bisericii lui Hristos, 469). 995 Ebd., 465. Den Aufruf zur »gegenseitigen Wertschätzung« zwischen den christlichen Kirchen bzw. zur »christlichen Verbrüderung« zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche wiederholte Mladin im Jahre 1969 in Wien, diesmal in seiner Funktion als Metropolit von Transylvanien: Ders., Die ostkirchliche Ethik und die Probleme von heute, in: Theodor Piffl-Percˇevic´, Alfred Stirnemann (Hg.), Ökumenische Hoffnungen. Neun Pro-OrienteSymposien 1965–1970, Insbruck-Wien 1965, 177 und 166.

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5.1.4. Dumitru Sta˘niloaes Vorstoß einer »offenen Sobornizität« 5.1.4.a. »Offene Sobornizität« als ökumenische Methode und Einheitsmodell Der in der heutigen Literatur am meisten hervorgehobene Beitrag der Theologie Dumitru Sta˘niloaes zum ökumenischen Dialog996 bzw. zur Frage des darin diskutierten Einheitsmodells der Kirche geht auf einen Aufsatz aus dem Jahr 1971 mit dem Titel »Sobornicitate deschisa˘«997 (übersetzt: »offene Sobornizität«998 oder »offene Katholizität«) zurück. Das Konzept muss im Rahmen der ekklesiologischen Vision Sta˘niloaes betrachtet werden, die in zahlreichen Aufsätzen der 1960–1970er Jahre aufgebaut wurde und dann im dritten Band seiner »Orthodoxen Dogmatik« eine systematische Ausformung erfahren hat. Entscheidend für den locus dieses ekklesiologischen Entwurfs – und indirekt auch für das ökumenische Einheitsmodell der »offenen Sobornizität« – ist die Auseinandersetzung Sta˘niloaes mit der von Nikolaj Afanas’ev entfalteten »eucharistischen Ekklesiologie«999. Neben anderen Kritikpunkten sah Sta˘niloae im Ansatz Afanas’evs die Gefahr, »die Eucharistie vom Kontext des Glaubens abzusondern«1000 und damit, gleichsam durch die Hintertür, eine Möglichkeit für die Interkommunion mit der Römisch-Katholischen Kirche vor dem Erreichen der Glaubenseinheit zu schaffen. Deshalb beurteilte Sta˘niloae die Theologie Afanas’evs als »Ausdruck eines gefährlichen Relativismus, der konträr zur ganzen apostolischen Tradition der Kirche steht«1001. Eine solche scharfe Kritik am Modell der »eucharistischen Ekklesiologie« blieb in der orthodoxen Welt einzigartig.1002 996 Vgl. R. Bordeianu, Dumitru Sta˘niloae, 13–40; Cristian Sebastian Sonea, The »Open Sobornicity« – an Ecumenical Theme in the Theology of Fr. Dumitru Sta˘niloae, in: RocT 63 (7/2016) 133–147; Lucian Turcescu, Eucharistic Ecclesiology or Open Sobornicity?, in: Ders. (Hg.), Dumitru Sta˘niloae. Tradition and Modernity in Theology, Ias,i u. a. 2002, 83– 103; Ioan Moga, Kirche als Braut Christi zwischen Kreuz und Parusie. Die Ekklesiologie Hans Urs von Balthasars aus orthodoxer Sicht, Berlin – Münster 2010, 327–332; Nicolae Mos,oiu, Sobornicitatea deschisa˘, paradigma˘ pentru ethos-ul ecumenic, in: Review of Ecumenical Studies Sibiu 4 (1/2012) 11–39. Ders., Taina prezent,ei lui Dumnezeu în viat,a umana˘. Viziunea creatoare a Pa˘rintelui Profesor Dumitru Sta˘niloae, Pites,ti u. a. 22002, 243– 287. 997 Dumitru Sta˘niloae, Sobornicitate deschisa˘, in: O 23 (2/1971) 165–180. 998 Anstatt des im Deutschen mehr beheimateten Begriffs »Sobornost« wird hier, auch um die Unterscheidung von der slawophilen Sobornost-Interpretation zu verdeutlichen, der Begriff »Sobornizität« (engl. sobornicity) vorgezogen. 999 Die Kritik an Afanas’ev wird von Sta˘niloae im Jahre 1966 im Rahmen eines eigenständigen Aufsatzes entfaltet: Ders., Biserica universala˘ ¸si soborniceasca˘, O 18 (2/1966) 167–198. Vgl. I. Moga, Kirche als Braut, 324–327. 1000 Dumitru Sta˘niloae, Biserica universala˘ ¸si soborniceasca˘, O 18 (2/1966) 195. 1001 Ebd., 198. 1002 Vgl. I. Moga, Kirche als Braut Christi, 324–326.

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Als Gegenentwurf zu dieser verhängnisvollen »neue Theorie«1003 Afanas’evs entfaltete Sta˘niloae in den folgenden Jahren seine eigene Ekklesiologie, die von dem Grundprinzip ausgeht, dass die Eucharistiegemeinschaft vom »Kontext des Glaubens«1004, d. h. von der Voraussetzung einer Glaubensgemeinschaft, nicht losgelöst werden kann. Dieses Grundprinzip, das schließlich zu den Standbeinen sowohl der orthodoxen, als auch der römisch-katholischen Einheitsvorstellung zählt, wurde in vielen Aufsätzen Sta˘niloaes aus dieser Zeit sowohl gegenüber einem unreflektierten und sentimentalen »Dialog der Liebe«1005 als auch gegenüber einem vorschnellen Wunsch nach Interkommunion1006 als entscheidender Vorbehalt verteidigt. Dennoch war sich Sta˘niloae bewusst, dass allein das Axiom der dogmatischen Integrität bzw. der Glaubenseinheit als Voraussetzung für die sakramentale Gemeinschaft noch kein Einheitsmodell für die gegenwärtigen ökumenischen Fragestellungen bieten könne. So kam er zur Entfaltung einer – begrifflich von den Slawophilen des 19. Jh. übernommenen1007 – Sobornost-Ekklesiologie, die aber eine grundlegend neue Charakteristik erhält, nämlich das Offen-Sein (»sobornicitate deschisa˘«, dt.: »offene Sobornizität«). Was meint Sta˘niloae damit? Bereits in einem Aufsatz aus dem Jahr 1967, in welchem er (mit Hinweis auf Nikos Nissiotis) die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums wegen seiner fehlenden pneumatologischen Dimension kritisiert, definierte er die »Sobornizität« als »Einheit als Gemeinschaft«1008 und damit als eine »kirchliche Ordnung, gehalten vom Heiligen Geist, nicht eine Ordnung der Uniformität, sondern eine symphonische Ordnung, in Freiheit und Liebe, eine Sobornost-Ordnung, Ordnung der Brüderlichkeit, die die originellen Manifestationen nicht erstickt, weil sie ihren Ursprung im Geist haben.«1009

In den nachfolgenden Jahren begegnet der Begriff »sobornicitate« an zentraler Stelle in mehreren Aufsätzen Sta˘niloaes. Je nach Kontext wird der Begriff aus unterschiedlichen Perspektiven definiert und vertieft. Mit »Sobornizität« (»sobornicitate«) – begrifflich immer wieder auch mit dem Wort »Katholizität« (»catolicitate«) gleichgesetzt1010 – meint Sta˘niloae nicht nur ein ekklesiologisches Prinzip der Alten Kirche, das nach wie vor heute Gültigkeit D. Sta˘niloae, Biserica universala˘, 196. Ebd., 195. Ders., Coordonatele ecumenismului, 494–540. Ders., În problema intercomuniunii, in: O 23 (4/1971) 561–584. Sta˘niloae thematisierte den Begriff »sobornicitate« zum ersten Mal ausführlich im Jahr 1955 und verwies dabei auf den russisch-orthodoxen Theologen Sergej Bulgakov und auf den Bulgaren Stefan Zankov. Vgl. Ders., Sinteza˘ ecleziologica˘, 283–284. 1008 Ders., Sfântul Duh s,i sobornicitatea Bisericii, 39. 1009 Ebd., 48. 1010 Vgl. Ders., Coordonatele ecumenismului, 516. 1003 1004 1005 1006 1007

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behalte, sondern eine »Methode«1011, die für die Gestaltung und Bewahrung der Einheit der Kirche unverzichtbar sei. Diese vom »Geist Christi, dem Geist der Liebe«1012 erhaltene Einheit wird als ein »ständiges, gemeinsames Sich-Bereichern«1013 am Geheimnis des Anderen, als eine »ständige gegenseitige Kommunikation im nie ruhenden Spannungsfeld zwischen Diversität und Einheit«1014 verstanden. Trotz dieser Dynamik und der prozessualen Offenheit hat die »Sobornizität« eine unerschütterliche Basis: die dogmatische Einheit der Kirche. Ist diese Glaubenseinheit gegeben, kann der Diversität der Traditionen und Ansätze praktisch kaum Grenzen gesetzt werden. Ja, die »nationale kirchliche Unabhängigkeit«1015 sei sogar – selbst in der Alten Kirche (sic!) – eine Bedingung dafür gewesen, dass damals »unterschiedliche Riten«1016 entstanden seien. Die orthodoxen »Nationalkirchen« würden diese »von den Aposteln geerbte Unabhängigkeit«1017 als Teil des Sobornizität-Prinzips bewahren. – Über die kirchenhistorische Fragwürdigkeit einer Rede von »Nationalkirchen« im altkirchlichen Kontext hinaus gilt es, die ökumenische Komponente des Ansatzes Sta˘niloaes zu unterstreichen: Ihm geht es darum, anhand des orthodoxen Sobornost-Autokephalie-Modells die Eigenständigkeit der unterschiedlichen Traditionen in einer ersehnten Einheit der Kirche zu betonen: »Eine Kirche wie die Anglikanische könnte ihre eigene Liturgie beibehalten, mit ihren eigenen Gebeten, als Ergebnis der eigenen Tradition, mit der einzigen Bedingung, dass darin der ganze Sinn der christlichen Liturgie im Allgemeinen klar zum Ausdruck kommt, nämlich ein Gottesdienst zur Opferdarbringung an Christus und zur Kommunion damit.«1018

Eine so verstandene »Sobornost-Ökumene« würde die jeweiligen lokalen »Spiritualitäten« (Sta˘niloae akzentuiert dabei wieder den nationalen Aspekt: »nationale Spiritualitäten«1019) in einem Dialog und Gabenaustausch untereinander öffnen. Diese spirituelle Komponente des Aufeinanderbezogenseins aller Gläu1011 1012 1013 1014 1015 1016 1017 1018

Ebd., 519. Ebd. Ebd. Ebd., 518. Ebd., 523. Ebd. Ebd. Ebd., 524. Zur Aktualität genau dieser Fragestellung bei der römisch-katholischen Integration der anglikanischen Tradition in den römischen Ritus vgl. Hans-Jürgen Feulner, »Divine Worship« (oder »Anglican Use«). Ein neuer Usus des Römischen Ritus für ehemalige Anglikaner, in: Kim de Wildt, Benedikt Kranemann, Andreas Odenthal (Hgg.), Zwischen-Raum Gottesdienst. Beiträge zu einer multiperspektivischen Liturgiewissenschaft, Stuttgart 2016, 181–196. 1019 D. Sta˘niloae, Coordonatele ecumenismului, 527.

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bigen (unterschiedlicher Traditionen) als Grundsubstanz der Kirche spielt für Sta˘niloae eine zentrale Rolle in seiner ökumenischen Vision. Die »Sobornizität« betreffe nicht einfach nur den gemeinschaftlichen Charakter des kirchlichen Glaubens, der Liturgie oder der kirchlichen Organisation, sondern auch den Ausdruck der »ununterbrochenen Liebe, die die Kirche ausmacht« und die als »interpersonelle Kommunikation«, aber auch als »gegenseitiges Gebet«1020 erfahrbar werde. Die Kirche sei ein ständiges Dialoggeschehen zwischen Gott und Mensch, zwischen Verstorbenen und Lebendigen, zwischen Schwachen und Starken. Die Quelle dieses Geschehens sei allerdings nicht einfach der gute Wille der Kirchenmitglieder für und zur Gemeinschaft, sondern der sich opfernde Christus selbst: Er ist »die Quelle der Sobornizität der Kirche«, weil Er alle Getauften »in Einheit mit Ihm selbst und im Dialog ihrer Darbringung zum Vater«1021 hält.

5.1.4.b. Ökumenisches Lernen vom Anderen In einem Aufsatz aus dem Jahr 1971 führte Sta˘niloae diese Gedanken fort und prägte das Konzept der »offenen Sobornizität«1022 als Inbegriff für eine bereits in der Alten Kirche bewährte Grundqualität des kirchlichen Seins. Dazu gehören die Vermeidung von Extremen (Häresie als einseitige, verarmte Reduzierung des Glaubensinhalts1023) und die Bewahrung der komplexen Ganzheit der christlichen Identität. Nach der Trennung habe der Westen diese ganzheitliche Eigenschaft immer mehr verloren und, vor allem in der Auseinandersetzung zwischen Reform und Gegenreform, die »ausgeglichene Komplexität« zugunsten von gegensätzlichen »einseitigen Alternativen«1024 preisgegeben. Die Orthodoxie habe diesen Geist der altkirchlichen Komplexität bewahrt, in ihr blieben zugleich die »Fülle und der Ausgleich der echten Spiritualität«1025 bestehen. Doch damit sie sich dies bewahrheiten könne (Sta˘niloae spricht vom »Aktualisieren« dieser Komplexität), müsste sie auf die anderen zugehen, so wie auch die römischkatholische und protestantische Tradition »ohne die Orthodoxie zwischen einem und dem anderen Extrem hin- und hergerissen sind«1026. Die Sobornizität als zukünftiges (aber in der Alten Kirche bereits realisiertes) Modell bedeute eine Glaubensgemeinschaft zwischen Ortskirchen und -tradi1020 Vgl. Ders., Ruga˘ciunile pentru alt,ii s,i sobornicitatea Bisericii, in: ST (1–2/1970) 29. 1021 Ebd., 38. 1022 Sta˘niloae spricht abwechselnd von »offener Sobornizität« oder »offener Universalität«. Vgl. Ders., Sobornicitate deschisa˘, 179. 1023 Vgl. ebd., 167. 1024 Ebd., 170. 1025 Ebd., 171. 1026 Ebd.

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tionen, die ihre jeweilige Prägung haben und beibehalten.1027 Mit »Prägung« meint Sta˘niloae – und das macht seinen Ansatz eigentlich interessant – nicht einfach nur die jeweiligen kulturellen oder kultischen Traditionen, sondern auch das jeweilige, im zweiten Jahrtausend erlangte konfessionelle Spezifikum – verstanden als Manifestations- und Ausdrucksform bestimmter Aspekte der einen und selben christlichen Offenbarungswahrheit. Sta˘niloae verwendete in diesem Zusammenhang den Begriff »Pluralismus« im positiven Sinne, was in Kontext seiner sonst oft pauschalen Urteilsfindung gegenüber den anderen zwei Konfessionen einer Wende gleichkommt: »Die offene, transparente und ständig sich selbst überholende Sobornizität impliziert auch einen gewissen Pluralismus der Theologie […]«1028. Diesen Pluralismus versteht Sta˘niloae nicht als ein Nebeneinander verschiedener theologischer Strömungen, sondern als eine gegenseitige Dynamik der (nicht nur konfessionell, sondern auch interpersonell) unterschiedlichen Annäherungsweisen an das Mysterium Gottes. Sta˘niloaes Aufsatz aus dem Jahr 1971 unterscheidet sich von vielen seiner vorigen, aber auch späteren Texten durch seine ausgeglichene Art, indem er auf Schuldzuweisungen über die entstandenen Differenzen verzichtete und eine Komplementarität der Gaben zwischen den drei christlichen Konfessionen einsichtig machte: »Sicher, wir dürfen uns auch nicht loben mit einer zufriedenstellenden Aktualisierung der Orthodoxie im Bereich der Spiritualität und der Effizienz im Leben der Gläubigen. Darüber hinaus muss sich die orthodoxe Sobornizität unserer Zeit von den spirituellen Werten, die von den westlichen Christen aktualisiert worden sind, bereichern lassen. Vielleicht hat ihnen gerade die Tatsache, dass sie [d. h. die westlichen Christen; I.M.] besondere Elemente aus der christlichen Lehre beibehalten haben, geholfen, diese mehr zu vertiefen.«1029

Die Orthodoxie habe irgendwann im Laufe der Geschichte den Blick für die universelle, sichtbare Einheit zwischen den Ortskirchen verloren; dafür sei diese Dimension im Katholizismus überstark betont worden. Die Entfaltung des römischen Zentralismus habe wiederum im Osten zu einer zu starken Betonung der Unabhängigkeit der Lokalkirchen geführt.1030 Die Lösung sei erwartungsmäß das Zueinanderfinden der Stärken aller in einer »Glaubenseinheit«, die keine Uniformität sein solle, sondern eine »Gemeinschaft aller Aspekte der göttlichen Offenbarung, so wie diese von der Totalität der menschlichen Perspektiven aufgefasst werden […]«1031. 1027 Die Sobornizität muss »eine Erfahrung des Glaubens in einer lebendigen Gemeinschaft sein; sie ist die christliche Universalität in Form der Gemeinschaft« (ebd., 171–172). 1028 Ebd., 178. 1029 Ebd., 171. 1030 Vgl. ebd. 1031 Ebd., 172.

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Damit das jeweilige Spezifikum sein Trennungspotenzial verliert, schlug ˘ Staniloae eine geistliche Lektüre der jeweiligen Tradition im Sinne der patristischen Schrifthermeneutik vor, die den notwendigen Aufstieg vom Buchstaben zum Geist der Schrift vorsieht. Die Orthodoxie sei am wenigsten von dieser Absolutisierung des Buchstabens, d. h. der äußeren Spezifika ihrer Tradition (Kult, kirchliche Institutionen, Formen, usw.) geprägt – auch wenn ihre Gläubigen dieses Prinzip nicht realisieren würden.1032 Mit dieser Unterscheidung zwischen »Orthodoxie« und der gelebten Realität (die »Gläubigen«) idealisierte Sta˘niloae eine zeitlose Orthodoxie, frei von »der Absolutisierung einer Idee oder einer Form«1033. Trotz dieser axiomatisch festgestellten, vorhandenen Vorteilhaftigkeit der Orthodoxie sah Sta˘niloae die traditionellen Kritikpunkte des Katholizismus an seiner Kirche (»Schwächung der innerorthodoxen Einheit«1034) und des Protestantismus (orthodoxes »Hängen an äußeren Formen«1035) als berechtigt und nützlich: »Die Kritik des römischen Katholizismus kann uns helfen, unsere Einheit zu stärken, nicht aber durch die Abhängigkeit von einem äußeren Zentrum, sondern durch eine tiefere Verankerung aller in Gott, der über allen Offenbarungsmodi und Lobpreisformen steht. Die Kritik des Protestantismus kann uns anregen, dass wir, indem wir den Wert aller Offenbarungs- und Anbetungsmodi bejahen (angesichts der Tatsache, dass alle Aspekte der Welt und alle in der Offenbarung und im Kultus verwendeten menschlichen Möglichkeiten von Gott stammen), sie dennoch nur als transparente Mittel zu Gott hin verstehen, der sie transzendiert.«1036

Dieser Passus im relativ kurzen Aufsatz Sta˘niloaes hat – aus theologiegeschichtlicher Sicht – durchaus eine besondere Relevanz. Zum ersten Mal erreichte ein rumänisch-orthodoxer Theologe nach dem Zweiten Weltkrieg im Rahmen eines systematischen Aufsatzes jene Sachlichkeit und ökumenische Offenheit, um positiv auf die Kritikpunkte der anderen Konfessionen gegenüber der Orthodoxie einzugehen. Nicht nur dieser Aspekt, sondern vor allem die offenbarungstheologische Einbettung seiner ökumenischen Argumentation machen den Aufsatz »Sobornicitate deschisa˘« zu einem Meilenstein ökumenischer Theologie aus rumänisch-orthodoxer Sicht. Der Kern der anvisierten Sobornizität ist bei Sta˘niloae nicht einfach die Notwendigkeit der interkonfessionellen Versöhnung, sondern die offenbarungstheologische Einsicht, dass eine tiefere Erkenntnis Gottes zur Anerkennung des theologischen Weges des An-

1032 1033 1034 1035 1036

Vgl. ebd., 175. Ebd. Ebd., 176. Ebd. Ebd.

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deren führen muss: Die Sobornizität ist »nicht nur ein gemeinsames Umarmen aller Offenbarungs- und Ausdrucksmodi Gottes durch die Welt und durch das Leben«, sondern zugleich auch »eine immer verständnisvollere und umfassendere Öffnung zu Gott, der all diese Modi transzendiert, ein ständiges Fortschreiten in Seinem unendlichen spirituellen Reichtum«1037. Die »offene Sobornizität« ist somit das integrierende und dynamische Prinzip aller theologischen und spirituellen Manifestationen, womit die Menschen die göttliche Wahrheit zum Ausdruck bringen und erfahren. Mit diesem Ansatz brach Sta˘niloae das enge ekklesiologische Korsett des ökumenischen Diskurses auf und stellte die Frage der Manifestationen Gottes in den verschiedenen Kirchen in eine kosmisch-theologische Perspektive: Nicht nur »die Modi und die Formen in der Kirche und in der ganzen christlichen Welt« haben einen Offenbarungswert, sondern auch »alles in der Welt«: »Die Worte, die Taten und die Bilder, die in der Offenbarung verwendet werden, heben den Sinn aller Modalitäten, Formen, Gedanken und Worte heraus, womit die göttliche Realität vermittelt werden kann.«1038 In der bisherigen Forschung wurde der ökumenische Vorstoß Sta˘niloaes mit seinem Begriff der »sobornicitate deschisa˘« (»offene Sobornizität«) bereits gut rezipiert. Lucian Turcescu sieht darin ein auch für die aktuelle ökumenische Debatte weittragendes Konzept, das viel produktiver sei als die »eucharistische Ekklesiologie«1039. S,tefa˘nit,a˘ Barbu würdigt das Konzept als »wertvolles Instrument«1040 im ökumenischen Gespräch, während Radu Bordeianu es als »Modell für einen kreativen Dialog mit dem Westen«1041 lobt. Die Tatsache jedoch, dass die Aufsätze, in denen Sta˘niloae seine ökumenisch-theologische Vision entfaltete, immer noch nur auf Rumänisch zugänglich sind, hat dazu geführt, dass das Konzept der »offenen Sobornizität« bei weitem nicht dieselbe Rezeption erfahren hat wie das in derselben Zeit von orthodoxen Theologen vertretene »Koinonia«Modell. Die Vision einer »offenen Sobornizität« als alles integrierendes theologisches Grundprinzip zieht mindestens zwei wichtige ekklesiologische Konsequenzen nach sich: 1. die Anerkennung der Kirchlichkeit der anderen Konfessionen und 2. in einem erweiterten Sinn, die fundamentale Offenheit und Bezogenheit der Kirche gegenüber der Welt als Ort (gott)menschlicher Erfahrung.

1037 1038 1039 1040

Ebd., 178. Ebd., 179. Vgl. L. Turcescu, Eucharistic Ecclesiology or Open Sobornicity?, 103. S,tefa˘nit,a˘ Barbu, Fr. Dumitru Sta˘niloae, in: Pantelis Kalaitzidis u. a. (Hg.), Orthodox Handbook on Ecumenism. Ressources for Theological Education, Volos u. a. 2014, 251. 1041 R. Bordeianu, Dumitru Sta˘niloae, 5.

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5.1.4.c. Die Kirchlichkeit der anderen Kirchen: ein abgestuftes Modell Bereits im Jahr 1931 hatte Sta˘niloae im Rahmen eines kurzen Artikels1042 in der Zeitschrift »Revista teologica˘« die uneinheitliche Regelung bei der Aufnahme anderer Christen in die Orthodoxe Kirche und die damit verbundene Frage der Taufanerkennung thematisiert.1043 Dabei plädierte er für eine differenzierte Herangehensweise, sowohl im pastoralen Bereich (im Falle einer Konversion) als auch in der daran anknüpfenden sakramententheologischen und ekklesiologischen Fragestellung (Anerkennung der außerhalb der Orthodoxen Kirche vollzogenen Sakramente). Sein Vorstoß war deshalb bahnbrechend, weil er im Fall der römisch-katholischen, griechisch-katholischen und altorientalischen Christen (»diejenigen, die die trinitarische Taufe, das Sakrament der Firmung und das Priestertum als Sakrament haben«1044) keine Wiederholung der Myronsalbung vorsah (wie es bis heute in fast allen Orthodoxen Kirchen der Fall ist), sondern – nach der Praxis des Moskauer Patriarchats – nur das Vorlegen eines Glaubensbekenntnisses fordert (libellus). Nicht nur für den Kontext der 1930er Jahre, sondern auch für den heutigen uneinheitlichen und ambivalenten Umgang der Orthodoxen Kirchen in dieser Fragestellung1045 ist dieser Ansatz ein fortschrittlicher. Sta˘niloae nahm in den 1950er Jahren, wie bereits ausgeführt, das Thema wieder auf und lieferte die theologische Untermauerung für seine differenzierte Sicht. Nach der Ausarbeitung des Prinzips der »offenen Sobornizität« widmete sich der rumänische Theologe diesem Thema erneut und lieferte in einigen Aufsätzen der 1970– 1980er Jahre sowie im zweiten Band seiner »Dogmatik« den systematischen Rahmen für ein dem Zweiten Vatikanum ähnliches Modell1046 der gestuften Kirchenzugehörigkeit.

1042 Dumitru Sta˘niloae, Care dintre eretici ¸si schismatici vor putea fi primit¸i în sânul Bisericii Ortodoxe: a. Prin botez, b. Prin mirungere, c. Prin libelos pisteos?, în: RT 21 (11–12/1931) 444–447. 1043 Zur ökumenischen Aktualität dieser Fragestellung vgl. Ioan Moga, Recunoas¸terea reciproca˘ a Botezului (Magdeburg 2007) – un ecou târziu ¸si controversat al declarat¸iei de la Lima. Considerat¸ii despre granit¸ele Bisericii, in: Adrian Niculcea, Tudor Cosmin Ciocan, Sebastian Voicu (Hg.), Constitut,ia sacramentala˘ a Bisericii. 30 de ani de la lansarea documentului »Botez, Euharistie, Minister« la Lima 1982–2012, (Constant,a 4–6 sept. 2012, Al patrulea colocviu nat,ional de teologie dogmatica˘), Ias,i 2014, 282–283. 1044 D. Sta˘niloae, Care dintre eretici, 447. 1045 Vgl. A. Veselov, Konversion zur Orthodoxie, 35–77. John Klentos, Rebaptizing Converts into the Orthodox Church: Old Perspectives on a New Problem, in: StLi 29 (2/1999) 216–234. Alkiviadis Calivas, Receiving Converts into the Orthodox Church: Lessons from the Canonical and Liturgical Tradition, in: GOTR 54 (1–4/2009) 1–76. 1046 »Mit dem Modell der gestuften Kirchenzugehörigkeit lässt das Konzil die Denkfigur der Exklusion hinter sich und beschreibt das Verhältnis zu den anderen in konzentrischen Kreisen.« Jan-Heiner Tück, Extra ecclesiam nulla salus, Das Modell der gestuften Kir-

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Dass der rumänische Theologe in dieser Frage einen Entwicklungsweg durchgemacht hat, ist nicht zu verschweigen. Im Jahre 1963 vertrat er noch ein ekklesiologisches Modell, das die Anerkennung der Kirchlichkeit der Anderen nicht zu reflektieren vermochte: »Für die Orthodoxie ist das Schisma das ökumenische Problem schlechthin. Die Orthodoxie kann nicht für sich selbst die Situation einer ›Parität‹ zwischen den Denominationen akzeptieren. […] Die Orthodoxe Kirche ist nicht eine der vielen Konfessionen, sondern die eine Kirche. Sie ist sich der Identität ihrer inneren Struktur und ihrer Lehre mit dem apostolischen Kerygma und mit der Tradition der alten, ungeteilten Kirche bewusst.«1047

Ein paar Jahre später, nach der Formulierung der These der »offenen Sobornizität«, wird diese Fragestellung differenzierter betrachtet: Zwar könne aufgrund der unbestreitbaren Treue zum Erbe der Alten Kirche nur die Orthodoxe Kirche den Anspruch erheben, die Fülle der einen und einzigen Kirche darzustellen, dennoch solle aber auch die Kirchlichkeit der anderen Konfessionen anerkannt werden. Sta˘niloae unterschied dabei zwischen der Orthodoxie als »vollkommener Kirche« und den anderen Kirchen als »unvollkommenen Kirchen«1048 und argumentiert dies folgendermaßen: »Entgegen der Ausführungen des Metropoliten Platon, der glaubte, dass alle Konfessionen gleichberechtigte Teile derselben einen Kirche seien, zwingt uns der Geist der orthodoxen Lehre und Tradition zu glauben, dass die nicht-orthodoxen Konfessionen Teile darstellen, die sich in einer gewissen Verbindung zur vollkommenen Kirche gebildet haben und in einer gewissen Verbindung mit ihr weiterhin existieren, nicht aber vollkommen am Licht und der Kraft der Sonne Christi teilhaben. In einer gewissen Art und Weise umfasst die Kirche alle Konfessionen, die sich von ihr getrennt haben, weil diese sich nicht vollkommen von der in der Kirche lebenden Tradition trennen konnten. In einer anderen Sicht jedoch ist nur die Orthodoxe Kirche im eigentlichen Sinne des Wortes die Kirche. […] Objektiv und subjektiv gesehen kennt die ganze Menschheit – unabhängig von der Religionszugehörigkeit – den vorinkarnierten Logos. Genauso, objektiv und subjektiv gesehen, kennen die anderen christlichen Konfessionen Christus – aber auf eine nicht vollkommene Art. Diese Konfessionen haben also teilweise die Qualität als Kirchen Christi, sind aber aufgerufen, dies als Kirche Christi zur Vollkommenheit zu bringen.«1049

Obwohl Sta˘niloae nicht auf die postkonziliare römisch-katholische Ekklesiologie hinwies, ist das Modell der abgestuften Kirchenzugehörigkeit, das er hier vertritt, dem römisch-katholischen sehr ähnlich. Die konzentrischen Kreise der Kirchchenzugehörigkeit und seine dialogischen Potentiale, in: Ders. (Hg.), Erinnerung an die Zukunft. Das Zweite Vatikanische Konzil, Freiburg u. a. 2013. 1047 D. Sta˘niloae, Mis,carea ecumenica˘, 586. 1048 Ders., Teologia dogmatica˘ ortodoxa˘. Pentru institutele teologice, Bd. 2, Bukarest 1978, 267. 1049 Ebd., 267–268.

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lichkeit beginnen im weitesten Sinne »außerhalb des Christentums«, wo, aufgrund der »ontologischen Beziehungen«1050 der Menschen mit dem göttlichen Logos auch »eine Art Kirche subsistiert (rumänisch: subzista˘)«1051. Umso mehr »existiert [rumänisch: exista˘] diese Kirche in den anderen christlichen Gemeinschaften [rumänisch: format,iuni cres,tine] aufgrund ihrer Glaubensverbindung mit Christus, dem menschgewordenen Logos, aber auch aufgrund eines gemeinsamen – wenn auch partiellen – Glaubens in Christus mit der Orthodoxen, d. h. der vollkommenen Kirche«1052.

Angesichts dieses Stufenmodells kann auch die soteriologische Frage, ob »Heil außerhalb der Kirche« geschehen kann, »keine simplifizierte Antwort«1053 bekommen. Sta˘niloae betont hier die starke Verbundenheit der anderen Konfessionen (insbesondere des Katholizismus) mit der Tradition der einen, ungeteilten Kirche: »die alte christliche Tradition war stärker als die verschiedenen Lehrinnovationen«1054. Als entscheidendes Kriterium gilt für den rumänischen Theologen »eine unmittelbare und innige Beziehung zu Christus und in Ihm mit den anderen Gläubigen«, weil dort, wo diese Einstellung existiere, »auch die Heiligkeit existiert«1055. Angesichts der pneumatologischen Zentriertheit seiner Kirchenlehre1056, dem dynamisch-relationalen Charakters seiner Soteriologie1057 und der eschatologischen Perspektive, aus der er alle zentralen Elemente des kirchlichen Vollzugs (allen voran die Heiligkeit) betrachtet, kann Sta˘niloae den Christen aus den anderen Konfessionen die Heilsperspektive auf keinen Fall in Frage stellen. Auch wenn er vom pleroma-Charakter der Orthodoxen Kirche ausgehen muss (die Orthodoxe Kirche ist »die Kirche der Fülle«1058, sie hat die »ganze Vollendung als Potenz in sich«1059), steht diese ekklesiologische Gewissheit unter dem eschatologischen Vorbehalt, dass jedes Kirchenmitglied in unterschiedlichen Graden diese Fülle auslebt1060 bzw. dass Mitglieder anderer Kirchen, obwohl sie nicht in

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Ebd., 268. Ebd. Ebd. Ebd., 269. Ebd. Ebd., 270. Vgl. Ders., Sfântul duh s,i sobornicitatea Bisericii, 46–48. Ders., Teologia dogmatica˘ ortodoxa˘, Bd. 2, 302–330. Vgl. auch Daniel Munteanu, Der tröstende Geist der Liebe. Zu einer ökumenischen Lehre vom Heiligen Geist über die trinitarischen Theologien Jürgen Moltmanns und Dumitru Sta˘niloaes, Neukirchen-Vluyn 2003, 55–58. Vgl. D. Sta˘niloae, Teologia dogmatica˘ ortodoxa˘, Bd. 2, 349–377. Ebd., 290. Ebd., 291. Ebd., 288.

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der »Kirche der Fülle« gelebt haben, auf diesem Weg der Heiligkeit weitergekommen sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Sta˘niloae im Zuge der Profilierung seiner ökumenischen Vision von der »offenen Sobornizität« die Frage der Kirchlichkeit der anderen Konfessionen positiv, im Sinne eines abgestuften Modells, beantwortete. Dass er diese Sicht nicht systematisch ausbaute, hat weniger mit einer ökumenischen Verlegenheit über die Konsequenzen einer solchen Theorie zu tun, sondern vielmehr mit der Grundüberzeugung, dass der Mysteriencharakter der Kirche zentral für die Ekklesiologie sei1061. In diesem Sinne ist für Sta˘niloae weniger der Ausbau einer dogmatischen Lehre von der Kirche prioritär, sondern vielmehr die Betonung der spirituellen Dimension und Relevanz jeder ekklesiologischen Fragestellung. Von der Definition von der Kirche1062 bis hin zu amtstheologischen Fragen – jedes ekklesiologische Thema wird bei Sta˘niloae in erster Linie von seiner spirituell-theologischen Relevanz her betrachtet, nämlich inwiefern die Kirche als ganze oder die einzelnen Kirchenmitglieder als Personen für Christus »transparent«1063 werden und damit die »wiederhergestellte, vergöttlichte Menschheit«1064 zum Ausdruck bringen. 5.1.4.d. Ökumene und Welt: die kosmische Weite der einen Kirche Neben dieser spirituell-theologischen Komponente, die die ekklesiologische Sicht Sta˘niloaes zu einer ökumenischen Haltung verpflichtet, ist auch eine schöpfungstheologische Komponente zu berücksichtigen. Obwohl streng in der Frage der dogmatischen Glaubenseinheit, beweist Sta˘niloae Weitsicht in der Aufassung des Verhältnisses zwischen Kirche und Welt; dabei spielen in seiner Argumentation sowohl Maximos der Bekenner (mit seiner Theologie von den göttlichen Logoi in der Schöpfung) als auch Gregor Palamas (mit seiner sog. »Energien-Lehre«) als Gewährsmänner eine wichtige Rolle. Aus dieser Sicht habe die Kirche eine grundlegende anthropologische Bedeutung, sie sei als Leib Christi »Realisierung des Humanen«1065. Als solche könne sie sich von den Menschen und von der Welt als solche nie trennen, das Humane und das Kirchliche be1061 Vgl. etwa Vasile Ciobanu, Dynamik der Mysterien. Sakramentenverständnis in der orthodoxen Theologie am Beispiel des rumänisch-orthodoxen Theologen Dumitru Sta˘niloae (1903–1993), Bukarest 2007, 136–143. 1062 »The Church ist the laboratory in which God prepares us for and makes us advance towards the resurrection and the life everlasting.« D. Sta˘niloae, The Mystery of the Church, in: Gennadios Limouris (Hg.), Church, Kingdom, World. The Church as Mystery and Prophetic Sign, Faith and Order Paper Nr. 130, Geneva 1986, 53. 1063 »Die Schönheit der Kirche besteht in ihrer Transparenz für Christus.« Dumitru Sta˘niloae, Transparent,a Bisericii în viat,a sacramentala˘, in: O 22 (4/1970) 512. 1064 Ebd., 508. 1065 Ebd., 514.

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dingen einander gegenseitig, es gebe sogar eine »Interdependenz zwischen Kirche und Welt«1066. Die Kirche müsse sich, wenn sie dies ernstnehmen wolle, den »Werten der zeitgenössischen Menschheit öffnen«1067; durch diese Öffnung könnten sich auch die Konfessionen in theologischen Fragen (wie etwa der Anthropologie und der Fundamentaltheologie1068) näher kommen. Sta˘niloae entwarf hier eine Art Ökumene der Menschlichkeit, die nicht einfach eine Reduktion des Christseins auf die allgemeine conditio humana ist, sondern auf die enorme soteriologische, aber auch soziale Verpflichtung der Kirche(n) gegenüber der Menscheit und der Welt hinweist. Es könne nicht sein, dass die Kirche, die die »Realisierung des Humanen« sein soll, faktisch hinter den Errungenschaften der Menschheit mühsam und verkrampft hinterherläuft. Auch die Orthodoxie müsse in diesem Bereich aus sich heraustreten, so Sta˘niloae. Mit Blick auf die patristische Lehre der ungeschaffenen Energien könne sich die Orthodoxie dem naturwissenschaftlichen Fortschritt angstfrei öffnen: »Diese Lehre [der ungeschaffenen Energien Gottes; I.M.] hilft der Orthodoxie, sich leichter und ohne doktrinäre Unsicherheiten gegenüber den Fortschrittstendenzen der Menschheit zu öffnen.«1069 In allen Konfessionen sah Sta˘niloae den Bedarf, das Konzept einer »geschlossenen Kirche«1070 durch die neue Anschauung einer »offenen Kirche« zu ersetzen: »Ohne strenge Grenzen und ohne Kampfansagen an die Welt […]; die Kirche muss gegenüber der Welt und ihrer Bewegung immer offen sein, damit sie das Wirken Gottes in ihr verstehen kann.«1071 Der wissenschaftliche und soziale Fortschrittsoptimismus, den Sta˘niloae hier vertrat, gipfelt in der These, dass »der Fortschritt der Welt auch ein Fortschritt der Kirche ist und ein Fortschritt des Christentums in die Richtung der einen und universellen Kirche«1072. Eine solche Sicht führt unweigerlich dazu, auch die Frage der Zugehörigkeit zur Kirche in einem anderen Licht zu sehen. Es gebe, so Sta˘niloae, »viele, die den 1066 Ebd., 515. 1067 Sta˘niloae erkannte – mit Hinweis auf Teilhard de Chardin – drei wertvolle Tendenzen in der heutigen Menschheit: »die Tendenz zur Erkenntnis des Universums, die Tendenz zur Beherrschung des Universums und die Tendenz zur Vervollkommnung der sozialen Beziehungen.« Ders., Coordonatele ecumenismului, 528. 1068 Sta˘niloae nannte als Beispiele einer solchen interkonfessionellen, theologischen Annäherung dank der gemeinsamen Öffnung zur Welt: positivere Beurteilung der geschaffenen Natur seitens der römisch-katholischen Theologie; die zunehmende protestantische Anerkennung des positiven Wertes der Materie; die Betonung der sozialen Solidarität und Gemeinschaft in der gesamten westlichen Theologie. Vgl. Ders., Coordonatele ecumenismului, 536. 1069 Ebd., 530. 1070 Ebd. 1071 Ebd., 531. 1072 Ebd., 540.

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Willen Gottes erfüllen und sich außerhalb der kirchlichen Organisation befinden.«1073 Durch ihr Tun tragen diese Menschen »zur Erfüllung der Ziele Gottes in der Welt [bei] und ergänzen dadurch das Wirken Christi in der Kirche«1074. Auch wenn ursprünglich in der Orthodoxie beheimatet, sei dieser inklusivistische Geist immer mehr auch in den westlichen Kirchen spürbar: »Die westlichen Kirchen, die in ihrer Vergangenheit einen exklusivistischen Geist manifestiert haben, indem sie die Inquisition und den religiösen Krieg gegen die Menschen außerhalb der eigenen Kirche praktiziert haben, beginnen nun, einen anderen Geist kundzutun.«1075

Für Sta˘niloae gilt also der »Inklusivismus« als unhinterfragbare Haltung des Christentums in der Moderne, sowohl aus ekklesiologischer (Anerkennung der anderen Christen außerhalb der Grenzen der eigenen Kirche) als auch aus fundamentaltheologischer Sicht (die Öffnung zur Welt). Die Selbstverständlichkeit, mit welcher er im Bereich der Orthodoxie diesen Inklusivismus als traditionell beheimatet sah, kann unterschiedlich interpretiert werden. Handelt es es sich hier um Naivität oder eher um ein kluges Mittel, die Menschen in den eigenen Reihen vom »traditionellen« und damit unhinterfragbaren Charakter der ökumenischen Öffnung zu überzeugen? Oder um das Bewusstsein einer konfessionellen Überlegenheit, die selbst in der Frage des ekklesiologischen Inklusivismus keinen Lernfortschritt im Zuge des ökumenischen Zeitalters sehen will, sondern eine Entdeckung seitens der westlichen Kirchen einer im Osten längst vorhandenen Haltung? – Wie dem auch sei, die Schlussfolgerungen lassen an der ökumenischen Ausrichtung1076 des Denkens Sta˘niloaes keinen Zweifel: »Diese Erfahrung finden wir oft auch bei Menschen außerhalb der sichtbaren Kirche. Wir können auch mit diesen in Beziehungen absoluter Verantwortung eintreten. Das ist ein Beleg dafür, dass auch unter ihnen Christus wirkt, oder dass wir anerkennen können, dass auch unsere Beziehungen mit ihnen unter dem Zeichen Christi stehen, obwohl sie nicht zur sichtbaren Kirche gehören.«1077

1073 1074 1075 1076

Ebd., 531. Ebd. Ebd., 532. Der römisch-katholische Theologe Vasile Ciobanu sieht die »ökumenische Offenheit« als eine der »Charakteristika des theologischen Denkens« Sta˘niloaes: vgl. V. Ciobanu, Dynamik der Mysterien, 38. 1077 D. Sta˘niloae, Coordonatele ecumenismului, 534.

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5.1.5. Ion Bria: ein ökumenisch-theologisches Lebensprojekt Die herausragendste Gestalt des rumänisch-orthodoxen Engagements in der multilateralen Ökumene in den 1970er-1980er Jahren war Ion Bria (1929–2002), einer der produktivsten rumänischen Theologen im Bereich der ökumenischen Theologie und außerdem langjähriger und führender Mitarbeiter im Wektkirchenrat in Genf (1973–1994)1078. Er war einer der ersten rumänischen Theologen nach dem Zweiten Weltkrieg, der dank der ökumenischen Öffnung der Rumänischen Orthodoxen Kirche im Jahr 1961 und mithilfe von Stipendien des Weltkirchenrates Studienaufenthalte an westlichen Universitätszentren absolvieren konnte.1079 Die Chance eines lebendigen Kontakts mit der westlichen (zuerst anglikanischen) Theologie im Rahmen zweier Studienaufenthalte in Canterbury (1962–1963) und in Durham (1966), aber auch im Rahmen der ökumenischen Kommissionsarbeit prägte seine theologische Anschauung von Anfang an.1080 Zugleich trägt sein Schrifttum den großen Einfluss seines Mentors Dumitru Sta˘niloae, als dessen Schüler er sich sein ganzes Leben lang verstanden hat.1081 Auch Sta˘niloae selbst soll Ion Bria als Fortsetzer seiner dogmatischen Vision in der neueren Generation von Theologen verstanden und geschätzt haben.1082 Bereits in seiner 1968 verteidigten und veröffentlichten Dissertation mit dem Titel »Dogmatische Aspekte der Einheit der christlichen Kirchen«1083 betrat Bria sowohl methodologisch als auch inhaltlich neue Wege. Die methodologische und terminologische Innovation sowie der umfangreiche bibliographische Apparat aus westlicher Sekundärliteratur wurden von den Bukarester Hütern der Schultheologie bei seiner Promotionsprüfung – es war die erste theologische 1078 Zu seiner Bibliographie und zur Rezeption des Werkes Ion Brias in der heutigen rumänischen Theologie siehe: Nicolae Mos,oiu (Hg.), The Relevance of Reverend Professor Ion Bria′s Work for Contemporary Society and for the Life of the Church. New Directions in the Research of Church Doctrine, Mission and Unity, Sibiu 2010. Vgl. auch seine posthum erschienene Autobiographie: Ion Bria, Al Doilea Botez. Itinerarele unei credint,e s,i teologii de deschidere (Autobiografie), Alba Iulia 2005. 1079 Nach dem Besuch Visser′t Hoofts in Rumänien, hat der Weltkirchenrat der Rumänischen Orthodoxen Kirche drei Auslandsstipendien für die Vertiefung von ökumenischen Studien angeboten. Die drei direkt vom Patriarchen ausgewählten Theologen waren Ilie Georgescu (nach Paris), Constantin Dra˘gus,in (nach Bossey bei Genf) und Ion Bria (nach London). Vgl. Ion Bria, Al Doilea Botez, 96. 1080 Vgl. diesbezüglich sein autobiographisches Zeugnis: Ders., My Pilgrimage in Mission, in: IBMR 26 (2/2002) 74–77. 1081 Vgl. Ra˘zvan Emanuel Fibis,an, Reflectarea teologiei pa˘rintelui Sta˘niloae în gândirea teologica˘, misionara˘ s,i ecumenica˘ a pa˘rintelui Ion Bria, in: Analele Universita˘t,ii de Vest din Timis,oara. Seria teologie 19, Timis,oara 2009, 49–64. 1082 Vgl. die Korrespondenz zwischen Dumitru Sta˘niloae und Ion Bria aus dem Jahre 1980: I. Bria, Al doilea Botez, 347–351. 1083 Ders., Aspecte dogmatice ale unirii Bisericilor cres,tine, in: ST 20 (1–2/1968) 3–170.

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Dissertation seit 1948 überhaupt – als Schwäche und westlicher Einfluss kritisiert.1084 Bria ging in seiner Untersuchung von der »zeitgenössischen Ekklesiologie«1085 aus und betonte dadurch, dass die moderne Theologie – unabhängig von ihrer konfessionellen Färbung – in den Fragen nach dem Wesen und der Einheit der Kirche neue Wege geöffnet hat. Damit die Frage der Kircheneinheit aus dogmatischer Sicht zufriedenstellend behandelt werden könne, müsse eine »ökumenische Methodik«1086 gewählt werden, die »weder die theologische Terminologie der christlichen Lehre relativiert, noch die historische Natur und damit die Flexibilität der Ausdrucksformen negiert«1087. Durch diesen Ansatz, der auch eine kritische Hermeneutik der Tradition miteinschließt, verließ Bria die apologetische Methodik der bisherigen interkonfessionellen Studien. Ekklesiologisch übertragen bedeutet dieser Ansatz die Verabschiedung einer strikt exklusivistischen Perspektive und das Vertreten eines »ganzheitlichen ekklesiologischen Realismus«1088, der nicht nur alle christlichen Kirchen ernstnimmt, sondern auch alle Kontexte berücksichtigt, in denen die Kirche agiert und agieren muss: »[…] die christlichen Kirchen sind nicht als separate Zentren anzusehen, in ihrem jetzigen getrennten Zustand, sondern aus der Sicht ihrer Annäherungtendenz zueinander und zur Wahrheit, d. h. aus einer ökumenischen Perspektive«.1089 Zwar wiederholte Bria dieselbe Kritik an der römisch-katholischen Ekklesiologie, die auch seine Lehrer Chit,escu und Sta˘niloae immer wieder formulierten, nämlich dass diese auf die Institution zentriert sei und dass es durch die Papstdogmen zu einer »Autonomie der Kirche gegenüber Christus«, aber auch zu einer »Minimalisierung der Rolle des Hl. Geistes in der Kirche«1090 gekommen sei. Dennoch gab er zugleich zu, dass es in der römisch-katholischen Theologie »einige progressistischen Tendenzen gibt, die fordern, dass man der Kirche ihre spirituelle und sakramentale Basis wiedergibt«1091. Zwei wichtige Ansätze sind aus Brias Dissertation festzuhalten, die in seinen weiteren Studien der 1960–1970er Jahre weiter entfaltet werden.1092 Erstens ist er in der Frage der Einheitsmodelle einer der ersten orthodoxen Theologen überhaupt, der das Modell der koinonia in seiner ganzen ökumeni1084 1085 1086 1087 1088 1089 1090 1091 1092

Ders., Al Doilea Botez, 122–125. Ders., Aspecte dogmatice, 159. Ebd., 14 und 159. Ebd., 14. Ebd., 159. Ebd. Ebd., 161. Ebd. Ders., Despre refacerea unita˘t,ii cres,tine, in: GB 23 (3–4/1964) 20–213. Ders., Perspective ale reexamina˘rii vechilor diferende interconfesionale, in: O 19 (3/1967) 477–481. Ders., »Ecleziologia comuniunii«, in: ST 20 (9–10/1968) 669–681.

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schen Tragweite ausbaute. Darunter verstand er einen »in der eucharistischen Gemeinschaft erfahrenen Glaubenskonsens«1093, der jedoch keine »theologische Uniformität«1094 der lokalen oder regionalen Traditionen nach sich ziehe, sondern nur eine »Einheit in den fundamentalen Strukturen der Kirche«1095. – Bria übernahm, wie er selber in einem Aufsatz desselben Jahres 1968 bestätigte, den Koinonia-Ansatz von Dumitru Sta˘niloae und Olivier Clément1096, entfaltete ihn aber viel stärker als diese in eine ökumenische Richtung, von einem innerorthodoxen, trinitarisch begründeten Kirchenbild hin zu einem Ökumene- und Einheitsmodell: »Die Ökumene der Gemeinschaft (koinonia) möchte dieses Netzwerk an christlichen Energien, Charismen und Werten zwischen allen Ortskirchen wiederherstellen, damit man nicht nur zu einer spirituellen Einheit kommt, sondern auch zu einer ontologischen Fülle und einem gemeinsamen Dienst. […] Die aus dem Prinzip der Gemeinschaft herausströmende Ökumene bedeutet Einheit in Diversität, eine spezifische Sobornizität, in der jeder Gläubige, ja jede Lokalkirche ein Zentrum bildet, das die Energien des Ganzen auf eine ihm spezifische Weise lebt, ohne sich dabei von der Gesamtheit der universellen Gemeinschaft trennen zu können. Dieser Aspekt einer ontologischen, existentiellen Fülle der innerkirchlichen Gemeinschaft manifestiert sich auf der Ebene des Glaubens, des sakramentalen und des spirituellen Lebens.«1097

Zweitens plädierte Bria bezüglich der entscheidenden Frage der Anerkennung der anderen Konfessionen als Kirche(n) und der damit verbundenen Anerkennung ihrer Sakramente für eine ökumenische Öffnung der orthodoxen Ekklesiologie. Er bediente sich dabei der Prinzipien der eucharistischen Ekklesiologie: Wenn das Sakrament, in erster Linie die Eucharistie, die Ortskirche in ihrer ekklesialen Realität schafft, dann sollte man »einen gewissen ekklesialen Charakter dieser Gemeinschaft als Nachwirkung der Sakramente«1098 anerkennen. Deshalb »können die nicht-orthodoxen Sakramente nicht als ungültig angesehen werden, solange diese Sakramente diese bestimmte Gemeinschaft als ›Kirche‹ konstituieren«1099. Zwar würden die Sakramente der »Heterodoxen« die »universelle Kirche nicht aktualisieren oder zum Ausdruck bringen«, doch aus der Sicht ihrer »kirchlichen Beziehungshaftigkeit« hätten sie eine »kirchliche Wirkung«1100.

1093 1094 1095 1096 1097 1098 1099 1100

Ders., Aspecte dogmatice, 128. Ebd., 126. Ebd., 162. Ders., »Ecleziologia comuniunii«, 670–674. Ebd., 680. Ders., Aspecte dogmatice, 163. Ebd. Ebd.

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Nicht nur aus eucharistisch-ekklesiologischer Sicht sei eine Anerkennung der Kirchlichkeit der nicht-orthodoxen Gemeinschaften gegeben, sondern auch aus der Sicht ihrer theologischen Tradition: »[…] auch wenn sie nicht den ganzheitlichen Ausdruck der gemeinsamen orthodoxen Tradition darstellen, haben die konfessionellen Traditionen und die konfessionelle Treue auch einen dogmatischen Wert und eine gewisse lokale orthodoxe Bedeutung.«1101

Den anderen Konfessionen das Kirchesein zuzusprechen, kommt im dogmatischen Kontext der damaligen orthodoxen Theologie einer Revolution gleich: »Also nehmen die Kirchen außerhalb der Orthodoxie auf die eine oder andere Art und Weise, in einem kleineren oder größeren Grad an der realen Natur der Kirche teil. Diese Teilnahme ist nicht überall gleich, sie kennt unterschiedliche Aspekte und Grade, oft befindet sie sich auf einem subjektiven, relativen und lokalen Niveau.« Dennoch, so Bria weiter, »können diese Konfessionen in einem bestimmten Sinn als ›Kirchen‹ betrachtet werden, weil in ihnen einige der ›vestigia ecclesiae‹ erhalten geblieben sind […].«1102

Bria folgerte daraus, dass man auch außerhalb der kanonischen Grenzen der Orthodoxen Kirche »Strukturen, apostolische Institutionen, sakramentale Wirklichkeiten, charismatische Präsenzen« anerkennen müsse, die »zur göttlichen Verfassung der Kirche«1103 gehörten. Auch wenn er es versäumte, die Kriteriologie einer solchen inklusiven Sicht zu präzisieren (er bezieht sich namentlich auf die Römisch-Katholische, die Altorientalischen und die Anglikanische Kirche), zeigt diese These, dass die rumänische Theologie – zumindest durch einzelne Vertreter – bereits in den 1960er Jahren eine durchdachte ökumenische Theologie formulierte. Es ist deshalb nicht zufällig, dass Bria in einem späteren Aufsatz den »ökumenischen Faktor« zu den grundlegenden Komponenten der Orthodoxie zählte, d. h. zu jenen Elementen, die »den Geist der orthodoxen Theologie« ausmachen würden, so der Titel eines Beitrags aus dem Jahre 1972.1104 Zum Selbstverständnis dieses »orthodoxen Ökumenismus«1105, den Bria und die meisten rumänischen orthodoxen Theologen ab den 1960er Jahren vertraten, gehört zweierlei: Einerseits der bleibende ekklesiologische Anspruch auf die vollständige Kirchlichkeit der Orthodoxen Kirche und auf ihre ununterbrochene 1101 1102 1103 1104

Ebd., 122. Ebd. Vgl. ebd., 164. Ders., Spiritul teologiei ortodoxe, in: O 24 (2/1972) 177–194. Der »ökumenische Faktor« zwinge die Kirchen, inklusive die Orthodoxe, sich neuen Herausforderungen zu stellen, wie dem »theologischen Pluralismus« und dem Herauskommen aus einem »konfessionellen Provinzialismus« (ebd., 194). 1105 Ders., Aspecte dogmatice, 123.

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Kontinuität mit der ungeteilten Kirche1106, andererseits aber auch die Einsicht eines »inklusiven Charakters der Orthodoxie«1107, einer notwendigen Befreiung aus der apologetischen Isolation und einer Anerkennung der kirchlichen Tradition des Anderen. Durch seine langjährige Tätigkeit im Weltkirchenrat weitete Bria im Laufe der Zeit seine ökumenische Ekklesiologie immer mehr aus und formulierte auch selbstkritische Töne seiner eigenen Tradition gegenüber. Im Jahr 1980 etwa veröffentlichte er einen programmatischen Artikel über die »Rolle und Verantwortung der Orthodoxie im ökumenischen Dialog«1108. Bereits in der Terminologie wird ersichtlich, dass er jeglichem Exklusivismus fernstand. So nannte er die Kirchen (inklusive die Orthodoxe) »Ortskirchen unterschiedlicher konfessioneller, liturgischer und kultureller Tradition«1109 und warnte vor den »Grenzen des Konfessionalismus« und vor der »Ungenügsamkeit des Lokalismus«1110. Die Ökumene habe ein neues »kirchliches Gewissen«1111 hervorgerufen, das alle Kirchen in die Verantwortung für die »Wiederherstellung der sichtbaren Einheit« ziehe, die auch ein »gemeinsames Zeugnis und einen solidaren Dienst«1112 für die Welt darstelle. Bria sprach nicht mehr aus einer konfessionellen Sicht über die Ökumene heraus, sondern aus ökumenischer Sicht über die eigene, konfessionelle Tradition und mahnte, dass die »ökumenische Praxis eine unanfechtbare Realität in der Erfahrung der Orthodoxie«1113 bleiben solle, trotz »der Erstarkung von Gruppen mit antiökumenischen Tendenzen«1114. Er kritisierte auch weitere Phänomene in der weltweiten Ökumene, wie etwa die übertriebene »Sorge für die konfessionelle Identität«, das Verwenden einer »doppelten Ekklesiologie« oder auch die funktionelle Fragmentierung der Ökumene in entweder eine institutionelle oder spirituelle Ökumene, in eine lokal-gemeinschaftliche oder akademische usw.1115 Als wichtigsten Beitrag der Orthodoxie in der Ökumene sah er die Notwendigkeit, die Frage der Glaubenseinheit ins Zentrum zu stellen – gegen jegliche Tendenz eines theologischen Pluralismus: »Wenn die Orthodoxie einen originellen Beitrag im ökumenischen Dialog zu leisten hat, dann im Bereich der 1106 Ebd., 167. 1107 Ebd., 126. 1108 Ders., Rolul s,i responsabilitatea Ortodoxoxiei în dialogul ecumenic, in: O 32 (2/1980) 366– 377. 1109 Ebd., 366. 1110 Ebd., 367. 1111 Ebd. 1112 Ebd., 368. 1113 Ebd. 1114 Ebd., 366. 1115 Vgl. ebd., 11–12.

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großen gemeinsamen Lehrinhalte des Christentums.«1116 Die Bemühung um die Glaubenseinheit könne nur gelingen, wenn die ökumenische Ekklesiologie ihre bisherige zu starke Betonung der Eigenschaften der sichtbaren Kirche reduziere und sich stattdessen auf »die transzendentale Natur der Kirche«1117 besinne. Die ganze ökumenische Theologie Brias zu untersuchen wäre ein eigenständiges Forschungsunterfangen.1118 Für unsere Untersuchung ist festzuhalten, dass er zum Vertreter einer neuen theologischen Generation geworden ist, für die die Ökumene zu den Grundthemen ihres theologischen Schaffens gehörte. Charakteristisch für diese Generation – und auch für die erste Periode des Schrifttums Brias – war es, dass ihr ökumenisches Engagement in den 1960er Jahren von den Erfahrungen, Begegnungen und Konferenzteilnahmen im Bereich des Weltkirchenrats geprägt war. Dagegen blieben diese Theologen – und Bria war diesbezüglich keine Ausnahme1119 – skeptisch gegenüber den ökumenischen Zeichen, die vonseiten der Römisch-Katholischen Kirche im Zuge des Zweiten Vatikanums gesetzt wurden.

5.2. Die rumänische Orthodoxie und das Zweite Vatikanum 5.2.1. Offizielle Zurückhaltung und theologisches Interesse Das Verhältnis der Rumänischen Orthodoxen zur Römisch-Katholischen Kirche während des Zweiten Vatikanums und in den ersten Jahren danach war – im innerorthodoxen Vergleich – von einer deutlichen Distanz gekennzeichnet.1120 Obwohl die Zeitschrift »Ortodoxia« anlässlich des 60-jährigen Jubiläums von Patriarch Justinian die besondere Nähe zwischen Orthodoxer und RömischKatholischer Kirche hervorhob und die »irenischen Intentionen« des Patriarchen 1116 Ebd., 375. 1117 Ebd., 376. 1118 Bria blieb seinen ökumenischen Prinzipien bis an sein Lebensende treu. Vgl. den posthum veröffentlichten Aufsatz: Ders., Widening the Ecclesiological Basis of the Ecumenical Fellowship?, in: ER 56 (2/2004) 199–210. Darin warnt er die Orthodoxen Kirchen, ihr ökumenisches Engagement in Frage zu stellen: »The Orthodox, however, have to recognize that the ecumenical movement had undeniably affected their church, her life, mission and ecclesiology. Given the present cultural and political context, the Orthodox theological faculties and centres have a new ministry: to provide ecumenical formation for all local communities […]« (ebd., 210). 1119 Vgl. Ders., Sinodul al doilea de la Vatican, in: O 14 (1–2/1962) 269–280; Ders., Problema revendica˘rilor fundamentale ale Ortodoxiei fat,a˘ de catolicism, in: O 20 (3/1968) 499–502. 1120 Teilergebnisse des hier behandelten Themas wurden von mir bereits publiziert: Ioan Moga, Ökumene auf Rumänisch. Zur Rezeption des orthodox-katholischen Dialogs in der rumänisch-orthodoxen Theologie (1960–1989), in: OrthFor 25 (1–2/2011) 85–104.

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in Richtung Rom begrüßte1121, waren die Kontakte in der Zeit von 1962–1966 spärlich. Die Einladung des Einheitsrates, Beobachter zum Konzil zu entsenden, wurde von der Hl. Synode zunächst vertagt, später abgelehnt. Die politische Grundkomponente1122 dieser Weigerung wurde in der Forschung anhand von Archivmaterial bereits herausgestellt: Staat und Kirche verband die gemeinsame »Sorge« um eine Wiedergeburt der Griechisch-Katholischen Kirche in Rumänien.1123 Die Kirche blieb daraufhin »a victim of the imposed control and of decisions taken by the political and administrative bodies of the time, first of all by the Department of Cults«1124; andererseits sei diese Situation, so Gabriel Stelian Manea, der Kirche auch gar nicht so ungelegen gekommen: »[…] the Romanian Patriarchate has felt comfortable behind these imperatives of the regime«1125. Diese kirchliche Zurückhaltung wurde auch im innerorthodoxen Kontext sichtbar. Bei der Dritten Panorthodoxen Konferenz von Rhodos (November 1964) machte der Leiter der rumänischen Delegation, Metropolit Iustin Moisescu, auf sich aufmerksam, indem er sich im Namen der Hl. Synode (Entscheidung vom 29. Oktober 1964) gegen den Beginn eines Dialogs vor der Lösung des Uniatismus-Problems aussprach: »Es ist besser, dass die Orthodoxe Kirche auf das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils wartet, bevor sie sich über die Frage des Dialogs mit den römischen Katholiken äußert. Die Rumänische Orthodoxe Kirche erachtet es als notwendig, dass zuerst die Bedingungen für einen theologischen Dialog zwischen den zwei Kirchen auf Gleichheitsebene geschaffen werden. Dazu gehört auch die Instaurierung einer neuen Art von Beziehung, die jede beleidigende und schädliche Aktion gegenüber der anderen Kirche unterlässt. Es ist notwendig, dass zuerst die Römisch-Katholische Kirche auf den Uniatismus als Weg zur Wiederherstellung der Einheit zwischen den beiden Kirchen 1121 »Von allen nicht-orthodoxen Kirchen ist die Römisch-Katholische der Orthodoxen Kirche am nächsten. Deshalb hat sich Seine Seligkeit mit seinen irenischen Intentionen vor allem in die Richtung dieser Kirche gewandt.« A. A., »Lega˘tura credint,ei, dragostei s,i a pa˘cii…«, in: O 13 (1/1961) 15. 1122 Vgl. Gabriel Stelian Manea, A Missed Opportunity: the Romanian Orthodox Church and the Second Vatican Council, in: Historical Yearbook XIII (2016) 125–140. Ceuca Nicolae Dorel, Relat¸iile dintre România ¸si Vatican în anii ′60 ai secolului XX, Chis,ina˘u 2005; Ovidiu Bozgan, The Romanian Orthodox Church and the Roman Catholic Church at the Time of the Second Vatican Council, in: Totalitarianism Archives 10 (34–35/2002) 194–214. Ders., Aborda˘ri frontale s,i »gesturi de curtoazie« în politica româno-vaticana˘ din primii ani ai regimului Ceaus,escu, in: Studii s,i materiale de istorie contemporana˘ 1 (2012) 143– 159. 1123 Patriarch Justinian erklärte im Jahr 1967 die Nicht-Entsendung von Delegierten zum Konzil als Reaktion auf die Ernennung und Weihe eines griechisch-katholischen Bischofs (Vasile Cristea) im September 1960 in Vatikan für die Rumänen in der Diaspora. Vgl. C. Vasile, Istoria Bisericii Greco-Catolice, 41. 1124 G. M. Manea, A Missed Opportunity, 140. 1125 Ebd.

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verzichtet, aber auch auf den Anspruch, die Unio dort wiederherzustellen, wo diese auseinandergebrochen ist. Die Wege des Uniatismus und des Dialogs können nicht gleichzeitig gegangen werden.«1126

Bis zur Erfüllung dieser Bedingungen erachtete die Rumänische Orthodoxe Kirche auf panorthodoxer Ebene nur eine praktische Zusammenarbeit zwischen den beiden Kirchen als möglich; den jeweiligen autokephalen Kirchen sei es aus rumänischer Sicht jedoch ungenommen, Beziehungen zur Römisch-Katholischen Kirche zu entfalten, solange diese nicht die ganze Orthodoxie betreffen würden. Auch drei Jahre nach der Dritten Panorthodoxen Konferenz von Rhodos, bei einem Besuch des Patriarchen Athenagoras in Rumänien (Oktober 1967), betonte Patriarch Justinian im Rahmen einer Beratung zwischen der Hl. Synode und der Delegation aus Konstantinopel, dass sich an dieser Haltung seiner Kirche nichts geändert habe. Der rumänische Patriarch legte dem Ökumenischen Patriarchen die Bedingungen dar, die aus der Sicht seiner autokephalen Kirche für den Beginn eines theologischen Dialogs von römisch-katholischer Seite erfüllt werden sollten: Die Anerkennung der Orthodoxen Kirche als gleichwertigen Dialogpartner, der Verzicht auf das Rückkehr-Einheitsmodell und damit auch auf den Uniatismus als Einheitsmethode sowie der Aufbau einer gegenseitigen Atmosphäre des Vertrauens.1127 Diese Bedingungen waren aber nicht nur allgemeiner Art, sondern konkretisierten sich als eine Reihe von Forderungen an die Römisch-Katholische Kirche: »Damit die Römisch-Katholische Kirche Einheitsverhandlungen mit der Orthodoxen Kirche im Rahmen eines theologischen Dialogs beginnen kann, muss sie zuerst die Konstitution ›De Ecclesia‹, und die Enzyklika ›Ecclesiam Suam‹, in der Papst Paul VI. die Bedingungen des Dialogs fixiert hat, anullieren, und sie muss zugleich das Dekret ›De Oecumenismo‹ und die Konstitution ›Über die Orientalischen Kirchen‹ zurücknehmen, weil darin der Dialog mit den anderen Kirchen als ein Mittel zur Aufklärung der ›getrennten Brüder‹ über die Wahrheiten der Römisch-Katholischen Kirchen betrachtet wird. Ein theologischer Dialog bezüglich der Einheit kann also nicht initiiert werden, solange diese Dokumente noch in Kraft sind.«1128

De facto verlangte die Rumänische Orthodoxe Kirche, so auch die Interpretation Ernst Christoph Suttners, »von den Katholiken als Vorleistung für die Aufnahme 1126 Cezar Vasiliu, Contactele ecumenice dintre Biserica Ortodoxa˘ Româna˘ s,i Biserica Romano-Catolica˘ între anii 1966–1981, in: GB 41 (1–3/1982) 50. Vgl. auch F. Popan, Das Zweite Vatikanische Konzil, 115–116. 1127 Vgl. Patriarch Justinian (Marina), Rede am 19. 10. 1967 (Teil des Berichts: Sanctitatea sa Patriarhul Ecumenic Atenagora I al Constantinopolului a vizitat Biserica Ortodoxa˘ Româna˘ s,i pe Întâista˘ta˘torul ei Prea Fericitul Patriarh Justinian), in: BOR 85 (9–10/1967) 891–894. 1128 Ebd., 894.

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eines Dialogs die Übernahme des rumänischen Standpunktes«1129. Bis zur Erfüllung dieser Bedingung war aus der Sicht des Patriarchen nur »ein Dialog des Dienstes«1130 im Rahmen des Weltkirchenrates im Sinne der Unterstützung des Weltfriedens und eine rein praktische Zusammenarbeit möglich. – Patriarch Athenagoras konnte kein Umdenken der Rumänischen Orthodoxen Kirche erreichen: »Die Gäste aus Konstantinopel verließen die Sitzung wenig erfreuten Gemüts […]«1131. Ein gewissermaßen überraschender Durchbruch sollte dennoch einen Monat später mit dem Besuch des Wiener Erzbischofs und Kardinals Franz König in Bukarest (19.–24. November 1967) gelingen. Dieser Durchbruch führte – zumindest auf verbaler Ebene – zu einer Wiederentdeckung der Geschwisterlichkeit: Patriarch Justinian würdigte in einem Grußwort an Kardinal König die »verehrungswürdige Schwesterkirche, mit der wir tausend Jahre – und größtenteils auch jetzt – den gleichen christlichen Glauben, das gleiche theologische Denken, die gleiche hierarchische und kanonische Konstitution, die gleiche Spiritualität, dieselbe Disziplin und dieselbe heilige Mission in verschiedenen Teilen der Welt und unter verschiedenen Bedingungen – die eine im Osten, die andere im Westen – teilen.«1132

Herzlichste Worte und symbolträchtige Gesten standen auch beim zehntägigen, intensiven Besuch des Patriarchen Justinian in Österreich (20.–29. Juni 1968) im Vordergrund1133: Das rumänische Kirchenoberhaupt wiederholte seine Hoffnung, dass »die zwei Schwestern ihre Rivalität beiseitelassen und das Feuer der christlichen Liebe untereinander wieder entfachen werden«1134. Bei allem Wohlwollen und gegenseitiger Wertschätzung zwischen dem Patriarchen und dem Kardinal waren die Vorstellungen des Patriarchen Justinian zum orthodox-katholischen Dialog dennoch klar umrissen. Einige Monate vor seinem Österreichbesuch präzisierte er am 1. Januar 1968 vor der Bukarester Priesterschaft die Leitlinien seiner Kirche zu diesem Thema.1135 Er unterschied drei 1129 1130 1131 1132

E. C. Suttner, Ökumenismus, 437. Patriarch Justinian, Rede am 19. 10. 1967, 895. E. C. Suttner, Ökumenismus, 441. Vizita Eminent,ei Sale Cardinalul Francisc König, Arhiepiscop al Vienei s,i Primat al Bisericii Romano-Catolice din Austria, in: BOR 85 (11–12/1967) 1137–1138. Vgl. auch die deutschsprachige Version dieser Ansprache in: Theodor Piffl-Percˇevic´, Alfred Stirnemann (Hg.), Veritati in caritate. Der Beitrag des Kardinals König zum Ökumenismus, Innsbruck – Wien – München 1981, 50–52. 1133 Vgl. eine Dokumentation des Besuchs aus der Sicht der rumänischen Patriarchatszeitschrift bei: Vizita Prea Fericitului Patriarh Justinian în Austria, in: BOR 86 (7–8/1968) 811– 855. Vgl. die Dokumentation der Ansprachen in deutscher Sprache in: T. Piffl-Percˇevic´, A. Stirnemann (Hg.), Veritati in caritate, 55–75. 1134 Patriarch Justinian (Marina), Rede am 23. Juni 1968 in der rumänischen orthodoxen Kapelle in Wien, in: BOR 86 (7–8/1968) 827. 1135 Ders., La început de an, in: GB 27 (1–2/1968) 6–15.

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Ebenen des Dialogs (Dialog des Dienstes, Dialog der Liebe und theologischer Dialog), wobei es die Sicht der Rumänischen Orthodoxen Kirche sei, dass ein »Dialog der Liebe« nicht als Vorstufe für einen »theologischen Dialog« stattfinden könne (womit er sich klar vom Ansatz des Patriarchen Athenagoras distanzierte) und dass, bis zur Erfüllung der Bedingungen für das Zustandekommen eines theologischen Dialogs, nur eine Zusammenarbeit im praktischen Bereich, ein »Dialog des Dienstes« im Rahmen des Weltkirchenrates möglich sei.1136 Bezüglich der Begrifflichkeit sparte der Patriarch nicht an starken Vorwürfen dem Papsttum gegenüber: Die »diktatorische Macht des Papstes« und sein Anspruch, diese Macht auf »alle Christen« auszudehnen, seien die größten Hindernisse für die Etablierung von Kontakten und Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Rumänischen Patriarchat.1137 Dass auch nach den gegenseitigen Besuchen zwischen Kardinal König und Patriarch Justinian die Situation alles andere als euphorisch oder entspannt war, zeigt ein Aufsatz Dumitru Sta˘niloaes aus demselben Jahr 1968. Er sah hinsichtlich der unterschiedlichen ökumenischen Beziehungen seiner Kirche den Dialog mit Rom als den am wenigsten versprechenden: »Die Rumänische Orthodoxe Kirche wartet darauf, dass die Römisch-Katholische Kirche noch wesentliche Schritte macht, damit ihre Beziehungen mit dieser großen Kirche einen mehr versprechenden, wirklich ökumenischen Kurs nehmen können.«1138

Im Vergleich mit den anderen Orthodoxen Kirchen war also der offizielle Einstieg der Rumänischen Orthodoxen Kirche in den orthodox-katholischen Dialog eine Spätzündung. Dennoch blieb in dieser ganzen Zeit der diplomatischen Zurückhaltung die Theologie nicht untätig. Maria Brun stellte heraus, dass unter den Periodika, die bis in den 1980er Jahren Aufsätze orthodoxer Autoren zum Zweiten Vatikanum veröffentlichten »[…] die rumänische ›Ortodoxia‹ mit Abstand an erster Stelle«1139 hinsichtlich der Quantität steht. Obwohl die Rumänische Orthodoxe Kirche während des Konzils offiziell Abstand hielt, waren die rumänischen Theologen sehr aktiv, den Konzilsverlauf, die unterschiedlichen Textversionen und die verabschiedeten Dokumente zu dokumentieren und zu kommentieren. Die intensive Beschäftigung der rumänischen Theologen mit dem Konzil (auch wenn meistens kontroverstheologisch formuliert) blieb einzigartig. 1136 Vgl. ebd., 14. 1137 Vgl. ebd., 13. 1138 Dumitru Sta˘niloae, Relat,iile Bisericii Ortodoxe Române cu Bisericile Vechi Orientale, cu Biserica Romano-Catolica˘ s,i cu Protestantismul, in: Doua˘zeci de ani din viat,a Bisericii Ortodoxe Române 1948–1968. La a XX-a aniversare a însca˘una˘rii Prea Fericitului Patriarh Justinian, Bukarest 1968, 435. 1139 Maria Brun, Orthodoxe Stimmen zum II. Vatikanum. Ein Beitrag zur Überwindung der Trennung, Freiburg (CH) 1998, XXXIX.

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5.2.2. Skepsis und Polemik vor dem Konzil Im Vorfeld (1959–1962) des Zweiten Vatikanums beschäftigten die orthodoxe Theologie in Rumänien hauptsächlich zwei Fragen, nämlich zum einen die selbstproklamierte »Ökumenizität« des Konzils und zum anderen die Relevanz des angekündigten römisch-katholischen Konzils für die Annäherung zwischen den Kirchen.1140 Beide Punkte lösten Kritik aus. Bezüglich des ersten Aspekts war die orthodoxe Position – nicht nur im Bereich der rumänischen orthodoxen Theologie1141 – deutlich: Das Konzil sei eine interne Angelegenheit der katholischen Kirche und dürfe deshalb a priori nicht den Titel »ökumenisch« für sich beanspruchen.1142 Die rumänische Kritik richtete sich vor allem gegen den Anspruch, eine ökumenische Synode unter päpstlicher Leitung zu halten: Eine solche Synode könne nur »ein lokales, strikt internes Problem der Römisch-Katholischen Kirche«1143 darstellen – so etwa der Bukarester Theologe Gheorghe Dra˘gulin (geb. 1929). Eine Teilnahme der Orthodoxen Kirchen an der Synode – bei gleichzeitiger Beibehaltung des Dogmas des Jurisdiktionsprimats – würde aus der bevorstehenden Synode ein »zweites FerraraFlorenz«1144 machen. Bezüglich des zweiten Punkts (ökumenische Relevanz) waren rumänische Theologen am Vorabend des Konzils der Meinung, dass das römisch-katholische Konzil nur dann zur kirchlichen Wiedervereinigung beitragen könne, wenn man dabei wirklich auf das Rückkehr- bzw. Unionsmodell und damit auch auf den universellen Jurisdiktionprimat des Papstes verzichten würde.1145 Es gab jedoch auch Hoffnungsbekundungen: Das angekündigte Zweite Vatikanum, so der Hermannstädter Kirchenhistoriker Milan S,esan (1910–1981)1146, sollte ein Anlass sein »zur gegenseitigen christlichen Klärung, zur Bejahung der ursprünglichen

1140 Vgl. auch F. Popan, Das Zweite Vatikanische Konzil und die Rumänische Orthodoxe Kirche, in: OS 17 (1968) 114–121. 1141 Vgl. diesbezüglich die einstimmigen Stellungnahmen namhafter orthodoxer Theologen jener Zeit bei: M. Brun, Orthodoxe Stimmen, 21–33. 1142 Vgl. Ioan Ra˘mureanu, Pretinsul »sinod ecumenic« anunt¸at de actualul Papa˘ Ioan XXIII– lea, in: O 12 (3/1960) 471–493. Ion Bria, În lega˘tura˘ cu Sinodul al II–lea de la Vatican, in: O 12 (1–2/1960) 269–280. 1143 Gheorghe Dra˘gulin, O replica˘ ortodoxa˘ din veacul trecut la infailibilitatea papala˘, in: O 13 (1/1961) 112. 1144 Ebd., 112. 1145 Einige Autoren griffen dabei auf polemische Argumentationsmuster zurück: Es sei keine ökumenische Öffnung durch das Konzil zu erwarten, die Thematisierung der Einheitsfrage sei ein reines Ablenkungsmanöver, um die öffentliche Meinung zu manipulieren. Vgl. dazu (L. Pa˘dureanu), Cauzele es¸ua˘rii unei init,iative papale, in: O 12 (1/1960) 172–175. 1146 Bio- und bibliographische Daten: M. Pa˘curariu, Doua˘ sute de ani, 351–354.

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Orthodoxie und Katholizität und zugleich zur Herstellung eines realen Friedens zwischen Christen auf konfessionellem Gebiet«1147. Obwohl es an Polemik nicht fehlte, bemühten sich die Verfasser um eine solide Berichterstattung. Im Jahr 1962 veröffentlichte der Kirchenhistoriker Ioan Ra˘mureanu (1910–1988)1148 einen gut dokumentierten Aufsatz über die Haltung der Römisch-Katholischen Kirche gegenüber der ökumenischen Bewegung1149. Dabei stellte er die verschiedenen Etappen der römisch-katholischen Beurteilung der ökumenischen Bewegung dar: Vor und nach der Gründung des Weltkirchenrates und am Vorabend des Zweiten Vatikanums. Neben dem Informationscharakter trat auch ein polemischer Diskurs in Erscheinung: Die orthodoxen und protestantischen Kirchen (als Mitglieder der ÖRK) dürften sich von den Versprechungen des Papstes hinsichtlich einer ökumenischen Öffnung nicht verleiten lassen, denn das stattzufindende Konzil habe »unionistische Ziele«1150: »Keine der nicht-katholischen Kirchen, seien diese orthodox oder protestantisch, darf sich der Illusion hingeben, dass der Papst, die römische Kurie oder das katholische Konzil auf den Herrschaftsanspruch und die päpstlichen Vorrechte verzichten würden […], nur der Wiederherstellung der Einheit des Christentums zuliebe.«1151

Für die Katholiken sei Ökumene nach wie vor nur als Rückkehr der nicht-katholischen Christen zu Rom vorstellbar, auch wenn die Terminologie und die Methode sich geändert hätten.1152 Hier wird auch zwischen der offenen und vielversprechenden Haltung einzelner Theologen (Yves Congar wird beispielweise positiv rezipiert1153) und der römisch-katholischen Kirchenpolitik unterschieden. Anhand dieses Aufsatzes wird deutlich, wie skeptisch das orthodox-katholische Verhältnis in der rumänischen orthodoxen Theologie noch vor Beginn des Konzils wahrgenommen wurde.1154 Rom habe nur die Methode, nicht aber das 1147 Milan Sesan, Despre ortodoxie s,i catolicitate. Cerceta˘ri istorice, in: O 13 (2/1961) 167. 1148 Bio- und bibliographische Daten: M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 526. 1149 Ioan Ra˘mureanu, Atitudinea Bisericii Romano-Catolice fat¸a˘ de mis¸carea ecumenica˘, in: O 14 (1–2/1962) 153–197. 1150 Ebd., 175. 1151 Ebd., 176. 1152 Vgl. ebd., 178. 1153 Vgl. ebd., 154. 1154 Hinter diesem Misstrauen liegt wohl nicht nur kirchenpolitisches Kalkül, sondern auch ein kirchlich-kollektives Gedächntis, das die Schuldfrage beim Anderen angesiedelt sieht. So etwa veröffentlichte der Dogmatik-Professors Isidor Todoran (1906–1985) im selben Jahr 1962 einen Aufsatz, der der Frage nachging, warum die Wiedervereinigungsversuche zwischen Ost und West gescheitert sind. Die Antwort zentriert sich auf den weltlichen Machtwillen der Päpste, die sich vom »Geist des ökumenischen Christentums« entfernt hätten. Der Osten habe hingegen (wie etwa bei der Plünderung Konstantinopels im Jahre 1204) immer die Opferrolle einnehmen müssen, denn das Papsttum habe »der Orthodoxie so viel Böses getan, wie es nur konnte«, so Isidor Todoran, De ce au es¸uat încerca˘rile de

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Ziel (Rückkehr-Ökumene) geändert; deshalb sei das römisch-katholische Ökumenemodell nur mit großer Vorsicht zu genießen. Zugleich versuchte Ra˘mureanu, den latenten Vorwurf einer »Protestantisierung«1155 der Orthodoxie durch die ÖRK-Mitgliedschaft oder einer orthodox-protestantischen Allianz gegen Rom abzuwehren: Die Teilnahme der Orthodoxen sei dadurch zu rechtfertigen, dass damit die anderen ÖRK-Mitgliedskirchen »den reichen Lehr- und Traditionsschatz der Ostkirche kennenlernen«1156 und gemeinsam den Weg zur Einheit finden könnten. Weniger polemisch zeigte sich Ra˘mureanu in einem anderen Aufsatz desselben Jahres, in welchem er die einzelnen Schritte in der Vorbereitung des Zweiten Vatikanums verfolgte und die unterschiedlichen Positionen der Orthodoxen, Anglikanischen und Lutherischen Kirche dem Konzil gegenüber dokumentierte. Die These des Autors ist es, das Konzil werde nur ein »allgemeines Konzil der Katholischen Kirche« sein1157, bei dem kein Verzicht auf das Unfehlbarkeitsdogma zu erwarten sei. Die Wiedererlangung der echten kirchlichen Einheit sei nicht »durch Gehorsam und Unterordnung gegenüber dem Bischof von Rom, sondern durch Gehorsam und Liebe zu Christus und durch den Vollzug seiner heilsbringenden Gebote möglich«1158. Im Vergleich zu dem ein paar Monate zuvor veröffentlichen Artikel war Ra˘mureanu in diesem Aufsatz bemüht, auch die positiven Aspekte der ökumenischen Öffnung der Römisch-Katholischen Kirche und Theologie aufzuzeigen: Aus den Aussagen und Texten des Papstes, einiger führender Bischöfe und Theologen sei eine »Haltungsveränderung gegenüber der Orthodoxen Kirche« bemerkbar, die darin bestehe, dass man »mit viel mehr Verständnis und Sympathie als in der Vergangenheit über die orthodoxen Christen im Osten«1159 spreche. Bezüglich der innerorthodoxen Beurteilung des kommenden Konzils zitierte Ra˘mureanu positive Theologenstimmen (John Meyendorff, Hamilcar Alivizatos, Vassilios Moustakis) und verzichtete auf seine noch im Frühjahr vertretene

1155 1156 1157 1158 1159

reunire a Bisericilor dupa˘ 1054, in: O 14 (3/1962) 332. Eine Änderung müsse also bei den Menschen beginnen: »Das größte Hindernis auf dem Weg zur Wiedererlangung der kirchlichen Einheit war und existiert immer noch vor allem in den Seelen, in den Haltungen, und nicht in den Lehr- oder Kultdifferenzen, die in gewisser Weise auch lange vor dem Schisma existiert hatten.« Die Orthodoxe Kirche sei sich in ihrem Gewissen mit allem im Klaren: Sie »lässt sich nicht von irdischen Leidenschaften, oder von menschlichen Machenschaften, fern ihrer Mission leiten« und deshalb sei sie »sehr traurig wegen der Entfernung des Katholizmus vom Geiste der christlichen Ökumene« (ebd., 333). I. Ra˘mureanu, Atitudinea Bisericii Romano-Catolice, 180. Ebd. Vgl. Ders., Ce este ¸si ce urma˘res¸te as¸a zisul »Sinod ecumenic« proiectat de papa Ioan al XXIII–lea, in: O 14 (3/1962) 365. Ebd., 383. Ebd., 366.

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These, die römisch-katholischen Ökumene-Bekundungen seien nur eine Falle. Diese Versachlichung des Diskurses stand vermutlich im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des allmählichen Umdenkens unter den führenden griechischorthodoxen Theologen und unter den orthodoxen Theologen der Diaspora. Erwähnenswert ist die positive Schlussfolgerung des damaligen Bukarester Professors: Die Einberufung des Zweiten Vatikanums stelle sicherlich »ein wichtiges Ereignis im Leben des Katholizismus und in der Geschichte der Entfaltung des Christentums im Allgemeinen dar. Wenn es den katholischen Synodenteilnehmern unter der Leitung des Papstes Johannes XXIII. gelingen wird, einen Schritt zurück zu machen auf dem Weg zur ökumenischen universellen Kirche Christi, dann haben die Orthodoxen Kirchen allen Grund zur Freude«1160.

Deshalb sollten »die Gläubigen und die Kleriker der Orthodoxen Kirchen«1161 den Verlauf des Konzils mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Die zwei Aufsätze Ra˘mureanus aus dem Jahre 1962 exemplifizieren am besten die enorme Misstrauenslast der rumänischen orthodoxen Theologie gegenüber Rom zu Beginn des Konzils, aber auch die Bereitschaft, diese Vorurteile abzubauen. Im innerorthodoxen Vergleich verharrte die rumänische orthodoxe Theologie jedoch weiterhin in einer abwartenden Haltung. Von einer hoffnungsvollen, gar begeisterten Begrüßung des Konzils – wie dies bei einigen orthodoxen Theologen und Beobachtern der Fall war1162 – konnte in der rumänischen orthodoxen Theologie (mit Ausnahme André Scrimas, über den noch zu sprechen sein wird) keine Rede sein. Grund für diese relativ langsame Umstellung von einer allgemeinen Haltung des Verdachts zur vertrauensvollen Wertschätzung des Anderen war auch die bibliographische Isolation, in der die rumänischen Theologen seit dem Ende der 1940er Jahren lebten. Ion Bria beschrieb den bibliographischen Schock, den er 1963 erlebte, als er in London bei der Fülle an ökumenischer Literatur, der er begegnete, auch mit dem theologischen Paradigmenwechsel, der in der römischkatholischen Kirche bereits in Gang war, konfrontiert wurde.1163 Davon hatte die rumänische Theologie wenig mitbekommen, da die Zensur kaum westliche theologische Literatur ins Land ließ. Das erklärt – zumindest teilweise – auch die Zurückhaltung Dumitru Sta˘niloaes gegenüber dem Konzil, weil er sich stark an den ihm zugänglichen Zeitschriften oder Zeitungen orientierte, jedoch keinen uneingeschränkten Zugang zu den theologischen Werken der Konzilstheologen hatte. Die bibliographische Lücke zwang eine ganze Generation (die früher durch ihre Studien und Kontakte in der westlichen Theologie relativ gut bis sehr gut 1160 1161 1162 1163

Ebd., 383. Ebd. Vgl. M. Brun, Orthodoxe Stimmen, 26–33. I. Bria, Al Doilea Botez, 99.

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bewandert war) in einen theologischen Monolog, was für große »Frustration«1164 sorgte. – Diesen Aspekt gilt es in vielen Etappen der rumänischen Theologie zwischen 1950–1970 zu berücksichtigen.

5.2.3. Die notwendige Reform des Anderen. Dumitru Sta˘niloaes Auseinandersetzung mit dem Konzil 5.2.3.a. Kommentare zu den Konzilssitzungen und -dokumenten Im Laufe des Konzils und in den Jahren danach wurden auf Rumänisch viele Aufsätze veröffentlicht, die die Konzilstexte kommentierten.1165 Der Ton blieb dabei sachlich-kritisch; man bemühte sich sichtlich um eine sehr detaillierte Dokumentation der Stellungnahmen, Ansprachen und Textentwurfsphasen rund um das Konzil. Dumitru Sta˘niloae war diesbezüglich eine Hauptstimme. In der Zeit von 1958– 1963 war er als politischer Gefangener inhaftiert und somit von der gesamten kirchlichen und theologischen Entwicklung, sowohl des Westens, als auch in der eigenen Kirche, völlig abgeschnitten. Ab dem Herbst 1963 bekam er eine Stelle an der Bibliothek der Hl. Synode und durfte ab 1964 an der Bukarester Fakultät als Betreuer von Doktoranden wirken und die publizistische Tätigkeit wiederaufnehmen. – Trotz dieser schwierigen Situation holte Sta˘niloae rasant die verpassten Entwicklungen in der Theologie und in der Ökumene nach und begann, Aufsätze im systematischen und ökumenischen Bereich zu veröffentlichen. Bereits in der Frühjahr-Ausgabe 1964 der Zeitschrift »Ortodoxia« meldete er sich – unter dem Pseudonym »Barbu Gr. Ionescu« mit einem Aufsatz zu den »Debatten und Entscheidungen der ersten Konzilsperiode«1166 zu Wort. Darin verfolgte er minutiös die Entwicklung der Gespräche um die einzelnen Themen 1164 Vgl. ebd., 107. 1165 Eine sehr kleine Titelauswahl (in chronologischer Reihenfolge): Ion Bria, Sinodul al doilea de la Vatican, in: O 14 (1–2/1962) 269–280. Dumitru Sta˘niloae (Barbu G. Ionescu), Conciliul II de la Vatican, Dezbaterile ¸si hota˘rârile primei sesiuni, in: O 16 (1/1964) 3–46. Ders., Dezbaterile ¸si hota˘rârile sesiunii a doua a Conciliului al doilea de la Vatican, in: O (2/1964) 187–219. Ioan Ra˘mureanu, Primatul papal ¸si colegialitatea episcopala˘ în dezbaterile Conciliului al II–lea de la Vatican, in: O 17 (2/1965) 139–166. Ion V. Georgescu, Rolul Conciliului al II–lea de la Vatican în purtarea dialogului ecumenic între Bisericile cres,tine, in: MO 17 (5–6/1965) 467–485. Nicolae Nicolaescu, Decretul romano-catolic asupra ecumenismului ¸si problema unita˘t,ii cres,tine, in: O 19 (2/1967) 293–301. Mihai Constandache, Tendint,e înnoitoare în catolicismul francez contemporan, in: O 19 (4/ 1967) 620–523. Liviu Stan, Expunere ¸si analiza˘ canonica˘ a unor ma˘suri de reorganizare a Bisericii catolice luate de Conciliul II Vatican, in : O 20 (3/1968) 486–495. 1166 Dumitru Sta˘niloae (Barbu Gr. Ionescu), Conciliul II Vatican – Dezbaterile ¸si hota˘rârile primei sesiuni, in: O 16 (1/1964) 3–46.

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des Konzils und rezipierte am Ende die Stellungnahmen wichtiger orthodoxer und ökumenischer Vertreter (Erzb. Chrysostomos von Myra, Bischof Wassily Kriwoschein, N. Afanas’ev, Visser′t Hofft, Oscar Cullmann) über die erste Sitzungsperiode. Sta˘niloae unterschied zwischen einer »traditionalistischen« und einer »progressistischen« Meinungsströmung auf dem Konzil und stellte sich, zumindest in der Frage der Ekklesiologie (stärkere Betonung der Kollegialität der Bischöfe mit dem Bischof von Rom, ökumenische Öffnung der Römisch-Katholischen Kirche, patristische Ekklesiologie) auf die Seiten der letzteren. Die rumänische Theologie sah die Römisch-Katholische Kirche vor dem Konzil als eine der »Institutionen, die am stärksten der historischen Evolution der heutigen Menschheit widerstanden haben«1167: anti-modern, anachronistisch, gegen die »Freiheit des Denkens« und den demokratischen Geist. Eine Reform der Römisch-Katholischen Kirche wäre somit aus der Sicht der rumänischen Theologen überfällig. Beispielweise schrieb Sta˘niloae in seinem Beitrag: »Es wird sich in den nächsten Sitzungsperioden zeigen, ob der neue Papst den Forderungen der Mehrheit der Bischöfe nach wesentlichen Reformen in der Kirche nachkommen, oder sich eine moderate Linie durchsetzen wird.«1168 Dieses Urteil ermöglicht umgekehrt Rückschlüsse auf die Selbstwahrnehmung der Orthodoxen Kirche in ihrem Verhältnis zur Moderne: Durch die Nähe zu den jeweiligen Kulturen, Nationen und Sprachen habe sie nach Meinung der rumänischen Theologen mit der Zeit Schritt gehalten. Die Selbstverständlichkeit, mit welcher die orthodoxen Theologen hinter dem Eisernen Vorhang zu Anwälten »der heutigen Desiderate der Menschheit nach Freiheit«1169 und zu Mahnenden einer kirchlichen Erneuerung in der RömischKatholischen Kirche wurden, zeigt, wie tief und unhinterfragt das entstellte Moderneverständnis der kommunistischen Ideologie von den meisten Autoren der Zeitschrift »Ortodoxia« verinnerlicht wurde. Es wird schwer zu unterscheiden sein, wo bei diesem Lob des »neuen, modernen Menschen« die Grenze liegt zwischen trauriger, oktroyierter Anpassung an den politisch-öffentlichen Diskurs und eigener theologischer Reflexion.1170 Trotzdem zeigte Sta˘niloae die Bereitschaft, eine fundamentale und ehrliche Erneuerung der Römisch-Katholischen Kirche im Bereich des Möglichen zu verorten:

1167 1168 1169 1170

Vgl. ebd., 3. Ebd., 5. Ebd. Zur Ambivalenz der theologischen Anpassungsstrategie(n) gegenüber dem ideologischen Diktat der kommunistischen Ära vgl. M. Weber, Der geistig-geistliche Mensch, 404–407.

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»Die erste Sitzungsperiode hat es geschafft, ein neues Klima in der Römisch-Katholischen Kirche zu verbreiten, sie hat jene lebendigen Kräfte in der Kirche erweckt, die imstande sind, die Veränderungen und Realitäten der zeitgenössischen Welt sowie die Entwicklung der ganzen Menschheit zu verstehen.«1171

Mit Blick auf die sich ankündigende ökumenische Wende schrieb er: »Die Debatten während der ersten Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils haben eine neue Orientierung im ökumenischen Geiste offenbart und sie wurden dominiert vom Wunsch der Erneuerung und der Anpassung der Römisch-Katholischen Kirche, damit sie auf die großen Probleme der heutigen Zeit antworten kann.«1172

In der darauffolgenden Nummer der Zeitschrift »Ortodoxia« folgte die Besprechung der zweiten Sitzungsperiode. Sta˘niloae betonte von Anfang an, dass es das große Verdienst von Papst Johannes XXIII. gewesen war, »die Erneuerungskräfte im Rahmen des Katholizismus ermutigt zu haben«, damit die Römisch-Katholische Kirche »sich für die zeitgenössischen Bestrebungen der Menschheit öffnet« und »engere Beziehungen im Geiste der christlichen Liebe mit den anderen christlichen Kirchen« herstelle.1173 – Sta˘niloae berichtete in extenso über die verschiedenen Stellungnahmen und Debatten zum Schema über den Ökumenismus und zeigte sich am Ende enttäuscht, dass, angesichts der positiven Beiträge seitens vieler Kardinäle und Theologen, Papst Paul VI. in der Rede zum Abschluss der zweiten Konzilssitzung immer noch vom »Zurückrufen der getrennten Brüdern in die heilige und eine Kirche«1174 sprach. Der rumänische Theologe sah hier die Tendenz, die »aggiornamento«-Impulse des Papstes Johannes XXIII. wieder zu begraben. Persönlich glaubte Sta˘niloae jedoch, dass gerade der »Druck von unten« nach Erneuerung im Sinne der »grundlegenden christlichen Glaubensprinzipien« so stark sei, dass »sie [die Römisch-Katholische Kirche; I.M.] in der Zukunft dynamischere Manifestationsformen unweigerlich annehmen muss«1175. Der »Reformprozess, der die Römisch-Katholische Kirche aus ihrem jahrhundertelangen Anachronismus befreien soll, ist unvermeidlich«1176, schlussfolgerte Sta˘niloae in seinem Bericht über die Zweite Sitzungsperiode. Was auch im Rahmen dieses Aufsatzes die Einstellung Sta˘niloaes kennzeichnet, ist nicht nur ein hohes Erwartungspotenzial und eine gewisse Empathie 1171 D. Sta˘niloae, Conciliul II Vatican – Dezbaterile ¸si hota˘rârile primei sesiuni, 46. 1172 Ebd., 32. 1173 Dumitru Sta˘niloae (Barbu Gr. Ionescu), Conciliul II de la Vatican – Dezbaterile s,i hota˘rârile sesiunii a doua, in: O 16 (2/1964) 187. 1174 Papst Paul VI, Ansprache zur Abschlussfeier der Zweiten Konzilssitzung, 4. 12.1963, https:// w2.vatican.va/content/paul-vi/la/speeches/1963/documents/hf_p-vi_spe_19631204_chiusu ra-concilio.html (abgerufen am 15. 04. 2019). 1175 D. Sta˘niloae, Conciliul II de la Vatican – Dezbaterile s,i hota˘rârile sesiunii a doua, 218. 1176 Ebd., 219.

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für die schwierigen Klärungs- und Entscheidungsprozesse während des Konzils, sondern ein klares Votum für die Notwendigkeit einer Reform im Sinne eines Ankommens der (Römisch-Katholischen) Kirche in der Moderne. Im Jahre darauf (1965), d. h. nach der Verabschiedung des ÖkumenismusDekrets, änderte Sta˘niloae seine positive, hoffnungsvolle Haltung und zeigte sich pessimistischer bezüglich einer echten ökumenischen Öffnung der RömischKatholischen Kirche: »Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass die Römisch-Katholische Kirche zumindest bis jetzt nur den Wortschatz geändert hat, denn hinter der übernommenen ökumenischen Terminologie führt sie ihre eigene, alte Vorstellung über die christliche Einheit fort, die in ihrer Sicht nur dadurch zu realisieren sei, dass die Anderen in ihren Schoß zurückkehren.«1177

Für die Dokumentation seiner Zurückhaltung zitierte Sta˘niloae ausführlich aus der Rede Papst Pauls VI. zur Eröffnung der Zweiten Sitzung des Konzils, aber auch aus dessen Rede in der Geburtskirche von Bethlehem am 6. Januar 1964, in der er vom Warten auf das ehrenvolle und freudige Empfangen der Zurückkehrenden sprach.1178 Ebenso thematisierte Sta˘niloae die Enzyklika Ecclesiam Suam (6. August 1964) von Papst Paul VI., in welcher die zentrale Bedeutung des »obersten, wirksamen und entscheidenden«1179 Primats des Papstes (»den Christus dem Apostel Petrus übertragen hat«1180) für die Einheit der Kirche verteidigt wurde. Die ständige Wiederholung der traditionellen römisch-katholischen Begrifflichkeit des universellen Primatsanspruchs1181 war für Sta˘niloae der klarste Beweis, dass die Römisch-Katholische Kirche, trotz ihrer Öffnung, nichts an ihrer dogmatischen Grundeinstellung zum Papstamt ändern werde. Auch das Ökumenismus-Dekret wird in den verschiedenen Arbeitsversionen zitiert, wobei die Kritik mit Hilfe des protestantischen Theologen Edmund

1177 Dumitru Sta˘niloae, Concept¸ia Bisericii Romano-Catolice despre celelalte Biserici ¸si atitudinea ei fat¸a˘ de ele, în condit¸iile ecumenismului actual, in: O 17 (2/1965) 267. 1178 »La porte du bercail est ouverte. L’attente de tous est loyale et cordiale. Le désir est fort et patient. La place disponible est large et commode. Le pas à franchir est attendu avec toute Notre affection et peut être accompli avec honneur et dans la joie mutuelle.« Paul VI., Discours en la Solennité de l‹Epiphanie à la grotte de Behthléem, http://w2.vatican.va/content/ paul-vi/fr/speeches/1964/documents/hf_p-vi_spe_19640106_epiphanie.html (abgerufen am 15. 04.2019) 1179 Papst Paul VI., Enzyklika Ecclesiam Suam, § 114, http://w2.vatican.va/content/paul-vi/de/en cyclicals/documents/hf_p-vi_enc_06081964_ecclesiam.html (abgerufen am 15.04. 2019). 1180 Ebd. § 114. 1181 Ebd. § 9: »[…] wenn Wir das so hohe Amt bedenken, das die Vorsehung, ganz gegen Unsere Wünsche und Unsere Verdienste, Uns anvertrauen wollte, nämlich die Kirche Christi zu leiten in Unserer Stellung als Bischof von Rom und damit Nachfolger des heiligen Petrus, Träger der obersten Schlüsselgewalt im Reiche Gottes und Stellvertreter Christi, der aus ihm den ersten Hirten seiner gesamten Herde machte.«

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Schlink1182 formuliert wird. Bezüglich der Zielvorstellung, die im verabschiedeten Ökumenismus-Dekret skizziert wird, kritisierte Sta˘niloae die Tatsache, dass trotz der dem ostkirchlichen Erbe entgegengebrachten Wertschätzung das Modell des Uniatismus unterschwellig immer noch den Grundton angebe.1183 Der rumänische Theologe nannte zwei negative Hauptergebnisse des Zweiten Vatikanums, nämlich zum einen die Betonung in extremis der päpstlichen Unfehlbarkeit und zum anderen die Tatsache, dass die Konzilsentscheidungen »den Willen und die Offensive des Katholizismus zur Eroberung der Welt zum Ausdruck bringen«1184. Woher könnte diese bittere und doch einseitige Beurteilung des Zweiten Vatikanums stammen? Der rumänische Theologe beurteilte das Konzil vor allem im Hinblick auf die Ausformulierung der Amtsfrage. Die Konzilsdebatten sowie die verabschiedeten Aussagen in Lumen Gentium über das Verhältnis zwischen Papstamt und Bischofskollegium wurden von Sta˘niloae intensiv mitverfolgt und kommentiert. Er bedauerte dabei, dass sich die zahlreichen Unterstützer der Kollegialität am Ende nicht durchsetzen konnten, und dass demzufolge die Unfehlbarkeit der Kirche als Ausgleich zur päpstlichen Unfehlbarkeit nicht stärker berücksichtigt bzw. die sakramentale Autorität des Bischofskollegiums eng an das jurisdiktionelle Papstamt gebunden wurde (vgl. Lumen Gentium 25). Die Überhandnahme des »Jurisdiktionellen« über das »Sakramentale«1185 führe dazu, dass »das Jurisdiktionelle nicht etwas aktualisiert, was vom Sakrament empfangen wurde, sondern an sich schon als Quelle dessen verstanden wird, was nicht im Sakrament gegeben ist, also eine Art einzigartiges Übersakrament darstellt«1186. Die Autorität des Bischofskollegiums wirke schließlich doch als eine »dekorative Null«1187. Der rumänische Theologe beurteilte die »absurde Situation« der römisch-katholischen Ekklesiologie nicht nur aus orthodoxer Sicht, sondern auch aus der Sicht des »ökumenischen Geistes der heutigen Christenheit, der zeitgenössischen Anthropologie und des Selbstbe-

1182 Edmund Schlink, Zum Abschluss der 2. Sitzungsperiode des 2. Vatikanischen Konzils, in: ÖR (2/1964) 151. 1183 Vgl. D. Sta˘niloae, Concept¸ia Bisericii Romano-Catolice, 270. 1184 Ebd., 270. Diese starke These wird von Sta˘niloae folgendermaßen argumentiert: Die Übernahme einer gewissen Dezentralisierung im Kirchenapparat oder anderer »protestantischer Werte« (Landessprache im Kultus, Betonung der Rolle der Laien usw.) durch das Zweite Vatikanum sei nichts als ein kirchenpolitischer Schachzug, damit »der Katholizismus leichter in seinem Schoß diejenigen integriert, die sich jetzt außerhalb befinden.« (ebd., 273). Diesen Gedanken übernimmt Sta˘niloae, belegt durch ausführliche Zitate, von Vittorio Subilia, einem evangelischen Konzilsbeobachter. 1185 Vgl. Ders., Doctrina catolica˘ a infailibilita˘¸tii la I-ul ¸si al II-lea Conciliu de la Vatican, in: O 17 (4/1965) 480–482. 1186 Ebd., 482. 1187 Ebd., 480.

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wusstseins des gläubigen Volkes«1188, wobei er die Hoffnung hegte, dass sich die Römisch-Katholische Kirche in naher Zukunft dennoch öffnen wird: »Der Katholizismus hat in der Frage der Ekklesiologie nicht das letzte Wort gesprochen. Wir denken, dass er nach nicht so langer Zeit die in der christlichen Ekklesiologie verborgenen Möglichkeiten positiv entfalten wird. […] Das Zweite Vatikanum konnte sich von der mittelalterlichen Anschauung nicht befreien, die die Beziehungen in der Kirche als weltliche Herrschafts- und Machtverhältnisse betrachtet.«1189

Die Schlussfolgerungen Sta˘niloaes zum Zweiten Vatikanum sind also nüchtern: Er wunderte sich, wie die Mehrheit der protestantischen Welt (einschließlich des ÖRK) sich von der sog. »ökumenischen Öffnung« durch das Zweite Vatikanum so beeindrucken lassen konnte und vom »seidenen, ökumenischen Fangnetz, das vom in seiner Struktur nicht geänderten, sondern sogar verstärkten Katholizismus ausgeworfen wurde«1190, getäuscht werden konnte. Dem Beginn eines Dialogs zwischen dem ÖRK und Rom (Statement im nigerianischen Enugu, Januar 19651191) stand Sta˘niloae kritisch gegenüber, weil dadurch der ÖRK seine Aufgaben übersteige und den Eindruck erwecke, er wolle »wie eine Über-Kirche«1192 agieren, die sich in die Unabhängigkeit seiner Mitgliedskirchen einmischt. Die Sympathie Sta˘niloaes für den Dialog der Orthodoxie mit dem Protestantismus ist dabei an einigen Stellen offenbar. Es ist aber keine doktrinäre Sympathie, sondern bezieht sich allein auf die Methodik des Dialogs, auf die Möglichkeit eines Dialogs auf Augenhöhe. Er selbst äußerte sich dazu wie folgt: »Die Orthodoxie versteht sich leichter mit dem Protestantismus als mit dem Katholizismus. Denn ihre wahrhaftig christliche Demut [der Orthodoxie; I.M.] hindert sie an der Manifestation eines Überlegenheits- und Exklusivismusanspruchs. […] Aber die Orthodoxie hat genau so sehr wie die Kirche Roms das Bewusstsein, dass sie die absolute Wahrheit besitzt und sogar mit mehr historischen Fundamenten. Aber sie glaubt zugleich, dass den Menschen geholfen werden sollte, zur Wahrheit zu gelangen durch einen brüderlichen Dialog und in einer wahrlich gegenseitigen Atmosphäre der Liebe;

1188 1189 1190 1191

Ebd., 492. Ebd., 492. Ebd., 274. Vgl. Central Committee of the World Council of Churches, Relationships between the World Council of Churches and the Roman Catholic Church, Enugu 1965, in: ER 17 (2/ 1965) 171–173. 1192 D. Sta˘niloae, Doctrina catolica˘, 276. Sta˘niloaes Ausführungen zu diesem Thema sollten auch im Kontext der Zeit (Anfang 1965) beurteilt werden, wo Stimmen sowohl seitens des ÖRK als auch seitens der Römisch-Katholischen Kirche einen theologischen Dialog zwischen den beiden in Erwägung gezogen hatten. Das nährte bei orthodoxen Theologen die Befürchtung einer ekklesiologischen Aufwertung des ÖRK als solches, als sei der ÖRK eine eigene »ekklesiologische Einheit« (ebd., 277).

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und ihre Wahrheit hat, wenn sie vertieft wird, eine Größe, in der sich die Wahrheit aller wiederfinden kann.«1193

Sta˘niloae wies aber zugleich protestantische Tendenzen strikt zurück, wonach sich Orthodoxie und Protestantismus gemeinsam als einheitlicher Block gegen den römischen Katholizismus behaupten sollten.

5.2.3.b. Der »Dialog der Liebe« in der Kritik Die Rumänische Orthodoxe Kirche blieb in den 1960er Jahren eine der stärksten orthodoxen Stimmen gegen einen überhasteten Beginn des orthodox-katholischen Dialogs. So wird verständlich, warum sich rumänische Theologen, allen voran aber Dumitru Sta˘niloae, in dieser Zeit immer wieder gegen den Beginn eines offiziellen theologischen orthodox-katholischen Dialogs äußerten und die vielversprechenden Aussagen des Patriarchen Athenagoras und vor allem des Metropoliten Meliton von Heliopolis1194 im Jahr 1965 als »Missdeutungen« der Entscheidungen der Dritten Panorthodoxen Konferenz kritisierten. Sta˘niloae betonte, unter Hinweis auf die Synodalentscheidung der Rumänischen Orthodoxen Kirche vom 21. April 1965, dass der bilaterale Dialog zwischen Konstantinopel und Rom nicht die ganze Orthodoxie betreffe, bis es zu einer – noch ausstehenden – panorthodoxen Entscheidung bezüglich des Beginns eines theologischen Dialogs komme.1195 Die zurückhaltende Haltung des großen rumänischen Theologen setzte sich im Jahr 1967 fort. Im Rahmen eines langen Aufsatzes über die »Koordinaten der Ökumene aus orthodoxer Sicht«1196 setzte sich Sta˘niloae mit dem Konzept des »Dialogs der Liebe« auseinander, der seitens des Papstes Paul VI. und des Ökumenischen Patriarchen Athenagoras initiiert wurde und in den gegenseitigen Besuchen im Jahre 1967 Ausdruck gefunden hatte. Die wiederholt formulierte Sorge Sta˘niloae war es, dass der Ökumenische Patriarch im Zuge dieses »sentimentalen«1197 Aufbruchs im Alleingang die »Frage der Interkommunion mit Rom« nach einer »kurzen theologischen Debatte«1198 für lösbar und unumgänglich deklarieren könnte. Dabei teilte Sta˘niloae die Position der Russischen und der Rumänischen Orthodoxen Kirche, die, bei starker Betonung ihrer 1193 Ebd. 1194 Vgl. Meliton Hatzis (Metropolit von Heliopolis und Theira), Ansprache an Papst Paul VI. während seines Besuches bei ihm, 16. Februar 1965, in: Pro Oriente (Hg.), Tomos Agapis, 56: »[…] so schnell wie möglich zum theologischen Dialog zu gelangen […].« 1195 Vgl. D. Sta˘niloae, Concept,ia Bisericii romano-catolice, 279–280. 1196 Ders., Coordonatele ecumenismului din punct de vedere ortodox, in: O 19 (4/1967) 494– 540. 1197 Ebd., 497. 1198 Ebd., 498.

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Autokephalie-Rechte, den Zeitpunkt eines theologischen Dialogs mit Rom als noch nicht reif ansahen. Für Sta˘niloae stellte die zu starke Betonung der emotionalen Liebe in den Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel der 1960er Jahre ein Hindernis für einen sachlichen theologischen Dialog dar. Daraus zog er Konsequenzen für die Beurteilung der damaligen Ökumene: »Der zeitgenössische ökumenische Impuls ist ohne Zweifel ein weitherziger, und niemand kann demgegenüber gleichgültig bleiben. Aber gerade weil dieser Impuls so weitherzig ist, fördert er oft sentimentale Wortwellen, die manchmal wichtige Glaubenswahrheiten vernachlässigen, ohne welche das Christentum nicht lange durchhalten kann. Solche emotionale Wortwellen und sensationelle Gesten haben sich auch in den Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem Patriarchat von Konstantinopel ereignet.«1199

Sta˘niloae warnte indirekt vor der »Athenagoras-Doktrin«1200, die die wachsende Liebeserfahrung zwischen den Getrennten an erster Stelle sehen würde (wobei diese Erfahrung auch die Interkommunion einschließen könnte), und erst an zweiter Stelle die theologische Bearbeitung der Trennungsgründe. In der Tat jedoch habe der »bisherige Dialog der Liebe ungenügend Früchte gebracht«, er sei bisher nichts anderes als ein »Austausch von verbalen Höflichkeiten, eine Reihenfolge von spektakulären Gesten, die keine wesentliche Wirkung auf irgendeine der Lehrpositionen der beiden Kirchen gehabt hat«1201. Die Hauptschuld für diese Ambivalenz des Dialogs der Liebe sah Sta˘niloae beim Papst selbst, der einen doppelten Diskurs betreibe: einerseits offen zum Ökumenischen Patriarchen hin, andererseits mit Akzenten einer Rückkehr-Ökumene in seinen anderen Stellungnahmen.1202 Die Kritik Sta˘niloaes an den Initiativen des Patriarchen Athenagoras, dem die »Tendenz eines dogmatischen Indifferentismus«1203 unterstellt wurde, ist nicht nur vor dem Hintergrund der kirchenpolitischen Haltung des Bukarester Patriarchats zu deuten. Vielmehr ist es der Dogmatiker in Sta˘niloae, der sich gegen eine Minimalisierung in der Frage der Lehrunterschiede massiv zur Wehr setzte. Er schloss mit einer mahnenden Schlussfolgerung bezüglich der realen Intentionen des Papstes: »Wir geben zu, dass wir Angst haben vor diesem Menschen, der sich selbst als der einzige Repräsentant Christi versteht, wodurch er der Kirche die Möglichkeit einer direkten Kommunikation mit Ihm [Christus; I.M] raubt. Wir geben zu, dass wir nicht an seine vermeintliche ›Demut‹ glauben. […] Der aktuelle Papst betont immer wieder den

1199 1200 1201 1202 1203

Ebd. Ebd. Ebd., 501. Vgl. ebd., 502. Ebd., 509.

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Primat als einen Primat in der Liebe. […] Aber diese Liebe fordert einen Vorrang […], es ist eine Liebe, die sich als bedingungslose Autorität durchsetzt, die sich also nicht mit dem Prinzip einer Gleichheit in der Liebe zu den Anderen versöhnen kann. […] Der jursidiktionelle Primat kann nicht als persönliche Liebe praktiziert werden, weil er einen riesigen Apparat von zentralistischen Kongregationen, Büros und allgemeinen Entscheidungen voraussetzt, die die persönliche Liebe des Papstes überwältigen und die Freiheit der autokephalen Kirchen und damit auch die religiöse Freiheit der Völker anullieren.«1204

Darüber hinaus warnte Sta˘niloae auch vor denjenigen orthodoxen Kirchenträgern und Theologen (zitiert wird etwa Metropolit Meliton von Heliopolis), die vor dem Hintergrund eines »inhaltslosen Sentimentalismus«1205 die Lehre der Orthodoxen Kirche nicht mehr genügend behaupten, ein »Misstrauen gegenüber der Theologie«1206 propagieren und eine Polarisierung zwischen Liebe und Theologie, zwischen Vergebung und Kirchenlehre vorantreiben würden. Man kann schließlich die Haltung Sta˘niloaes in folgenden Thesen zusammenfassen: 1. Der theologielose Dialog der Liebe führe zu einem »dogmatischen Indifferentismus«1207 unter den Orthodoxen. Diese These blieb bis in die 1970er Jahre in vielen weiteren Beiträgen Dumitru Sta˘niloaes präsent. Noch im Jahr 1972 sah er im »Dialog der Liebe« eine »neuerfundene Taktik des Vatikans«1208: Durch diese Vorgehensweise sollten die Orthodoxen überredet werden, eine Sakramentengemeinschaft trotz bleibender dogmatischer Unterschiede anzunehmen, damit dann allmählich auch der Jurisdiktionsprimat des Papstes vom orthodoxen Kirchenvolk akzeptiert würde.1209 2. Der zukünftige orthodox-katholische Dialog könne nur dann ertragreich sein, wenn er mit »wesentlichen Verzichten auf beiden Seiten«1210 verbunden sei. Die Orthodoxen sollten sich dabei »an den päpstlichen Primat erinnern«, die Katholiken hingegen sollten »eine reale Versöhnungsmodalität zwischen dem päpstlichen Primat und der orthodoxen Synodalität finden.«1211 – Zu beach1204 1205 1206 1207 1208 1209

Ebd., 503–504. Ebd., 506. Ebd., 507. Ebd., 509. Ders., Tendint¸a Vaticanului dupa˘ comuniunea euharistica˘ cu ortodocs¸ii, O 24 (3/1972) 493. Vgl. ebd. Dieselbe kritische Haltung nahm Sta˘niloae auch gegenüber dem Dialog mit den Protestanten ein: Während im Dialog mit der Römisch-Katholischen Kirche nur manche Aspekte des Glaubens vor einer Relativierung gefährdet seien, sei die »protestantische Ökumene« von einer »Gleichgültigkeit gegenüber den grundlegenden christlichen Glaubenslehren« geprägt, indem man »eine kirchliche Einheit anstrebt, in der die traditionelle Lehre fast keinen Wert mehr hat, oder mindestens keine unabdingbare Voraussetzung mehr darstellt«. (Ders., Coordonatele ecumenismului, 511). 1210 Ebd., 508. 1211 Ebd.

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ten wäre hier die Tatsache, dass Sta˘niloae auch Rückfragen an die eigene Tradition zuließ und die Notwendigkeit eines stärkeren Primats auf universaler Ebene ins Gespräch brachte.1212 3. Das Schisma zwischen Ost und West beruhe nicht auf »formellen, kleinen, für die Lehre irrelevanten Streitigkeiten, sondern auf gravierenden Unterschieden in der Auffassung der Lehre Christi«1213. Es gelte deshalb auch heute, die Lehrunterschiede nicht zu verharmlosen, sondern sich mit ihnen »im Geist der Liebe«1214, theologisch auseinanderzusetzen. Interessant in diesem Zusammenhang ist nicht nur die Betonung des theologischen Dialogs, sondern auch die damit formulierte Begründung, der sensus fidelium müsse mitberücksichtigt werden. Nur wenn die ganze Lehrtradition, mit der sich das Kirchenvolk identifiziert, in den Dialog miteinbezogen wird, könne der Dialog auch von allen Gläubigen mitgetragen werden, sonst würden nur Frustrationen und antiökumenische Bewegungen genährt werden. Sta˘niloae warnte somit vor der Gefahr einer nicht-transparenten Gipfelökumene, die die gegenseitigen Vorurteile oder die traditionellen Differenzen nicht direkt anspricht.

5.2.3.c. Die moderne Orthodoxie? Ein grundlegender Kritikpunkt der rumänischen Theologie an den westlichen Kirchen und insbesondere an der Römisch-Katholische Kirche war bereits seit Anfang des 20. Jh. das mangelhafte oder fehlende Schritthalten mit den Entwicklungen der Gesellschaft, der Wissenschaft, der jeweiligen Kultur (hier spielte auch der nationale Aspekt eine Rolle) und insgesamt mit der modernen Welt. Nach dem aggiornamento-Konzil trat diese Kritik etwas zurück, blieb aber in verschiedenen Variationen aufrecht: So etwa wurden die Erneuerungsmaßnahmen (wie etwa die Einführung der Volkssprachen als liturgische Spra1212 Damit erweist sich Sta˘niloae als Vorreiter einer ökumenischen Ansicht, die erst im Jahre 2006 im orthodox-katholischen Ravenna-Dokument gemeinsam formuliert wurde und seitdem als Schlüssel für eine Verständigung in dieser Frage angesehen wird. Der Arbeitskreis St. Irenäus formulierte im Jahr 2018 diese Vision folgendermaßen: »Vor allem müssen die Kirchen danach streben, ein besseres Gleichgewicht zwischen Synodalität und Primat auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens zu erreichen, und zwar durch eine Stärkung synodaler Strukturen in der katholischen Kirche und durch die Akzeptanz eines gewissen Primats innerhalb der weltweiten Gemeinschaft der Kirchen in der orthodoxen Kirche.« Gemeinsamer orthodox-katholischer Arbeitskreis St. Irenäus (Hg.), Im Dienst an der Gemeinschaft. Das Verhältnis von Primat und Synodalität neu denken. Eine Studie des Gemeinsamen orthodox-katholischen Arbeitskreises St. Irenäus, Paderborn 2018, 94. 1213 D. Sta˘niloae, Coordonatele ecumenismului, 508. 1214 Ebd.

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che) als spätes Nachholen einer in der (rumänischen) Orthodoxie längst vollzogenen Entwicklung interpretiert. Es ist bemerkenswert, dass sich die Rumänische Orthodoxe Kirche sowohl in kirchlichen Stellungnahmen als auch in theologischen Studien nach wie vor – in den 1960er-1970er Jahren – zur Anwältin des Dialogs mit der modernen Welt machte. Im interkonfessionellen Vergleich wusste sich die orthodoxe Theologie auf der »modernen« Seite zu situieren. Die von der Moderne ausgelöste Krise des Christentums sei eine Krise des institutionalisierten (römisch-katholischen) oder individualisierten, theoretischen (protestantischen) Westens und eine Bestätigung der volks- und menschennahen, kulturbejahenden Orthodoxie. Ein Aufsatz Dumitru Sta˘niloaes aus dem Jahr 1972 gibt Einblick in diese orthodoxe Selbstdiagnose gegenüber der modernen Welt: »In erster Linie können wir beobachten, dass der christliche Osten von der Krise, die in den Westkirchen spürbar geworden ist, nichts abbekommen hat – oder zumindest bei weitem nicht in einem ähnlichen Maß. […] Eine Erklärung der religiösen Krise im Westen hat in erster Linie damit zu tun, dass sich das westliche Christentum in der Vergangenheit (und es tut das leider auch in seinen Vorstellungen über die Zukunft) auf zwei Aspekte beschränkt hat, wobei diese nicht die wesentlichen sein sollten. Das Christentum wurde auf eine sozio-ökonomisch-politische Organisationsfrage (vor allem im Katholizismus) bzw. auf ein rationales ideologisch-philosophisches System (Katholizismus und Protestantismus) beschränkt.«1215

Durch diese Beschränkungen habe das westliche Christentum die »reichen Schichten« bevorzugt und die Kritik seitens der Intellektuellen auf sich gezogen. Demgegenüber habe das östliche Christentum aus »seinen Dogmen keine politisch-ökonomisch-sozialen Schlussfolgerungen gezogen, die gegen die Gleichheit und Brüderlichkeit«1216 gewesen wären. Die fehlende Überdogmatisierung, die Nähe zu den alltäglichen Sorgen der Menschen, die Betonung der Gemeinschaft (im lokalen und regionalen Sinne) und die bleibende gegenseitige Bezogenheit zwischen Klerus und Gläubigen (d. h. keine Klerikalisierung): All das habe das östliche Christentum vor einer Krise bewahrt. Die »Änderung der Mentalität«, die mit der jungen, vom wissenschaftlichen Fortschritt geprägten Generation im Westen eine Reihe von moralisierenden Vorstellungen in Frage stellte, sah deshalb Sta˘niloae als eine Chance für die Erneuerung der Westkirchen: Weg vom »moralischen Pharisäertum«, weg vom »Zentralismus«, vom »Institutionalismus«1217 hin zu einer »Dezentralisierung, zu einer Elastizität der institutionellen Strukturen, zu einer Modernisierung des 1215 Ders., Spiritualizarea structurilor biserices,ti în epoca actuala˘ s,i cauzele ei, in: O 24 (4/1972) 521. 1216 Ebd., 521. 1217 Ebd., 513.

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Wortschatzes, zu einem Versuch, das Gemeinschaftsleben in kleineren Gruppen zu realisieren«1218. Sta˘niloae bezog sich in seiner Analyse der verschiedenen Erneuerungsbewegungen im Rahmen der Römisch-Katholischen Kirche u. a. auf Hans Küng, auf die Theologen der »Communio«-Gruppe und auf den »Weltkongress der Theologie« (organisiert von der Zeitschrift »Concilium« im September 1970), der eine Reihe von Reformentwürfen für die »Zukunft der Kirche«1219 (so das Thema des Kongresses) präsentiert hatte. Der rumänische Theologe betonte, dass die von diesen Reformgruppen vorgeschlagenen Thesen zu einer »größeren Elastizität der kirchlichen Strukturen und zur Förderung eines Geistes von echter Gemeinschaft« für die Annäherung an die Orthodoxe Kirche – die diese Prinzipien immer bewahrt habe – von wesentlicher Bedeutung seien. Der einzige Problempunkt, den Sta˘niloae anmerkte, sei das weitere Festhalten an einem starken Papstprimat: »Alle katholischen Theologen und Bischöfe, egal wie progressiv sie sind, glauben, dass die Römisch-Katholische Kirche sich weiterhin als eine universelle Einheit behaupten müsse, unter der Leitung des römischen Papstes. Deshalb ist alles, was sie über die Versöhnung zwischen Einheit und Pluralismus in der Katholischen Kirche sagen, ziemlich unklar. […] Ganz mehrdeutig sind ihre Empfehlungen, wenn sie die Notwendigkeit des Festhaltens am Papstprimat und an dessen Unfehlbarkeit untermauern. Denn die Vereinbarkeit zwischen Meinungs- und Organisationsfreiheit und dem Primat eines unfehlbaren Papstes ist eine unmögliche Sache.«1220

Die »Gläubigen«, die »Menschen«, die »Forderungen des heutigen Christen«1221, die »Jugend«, »das neue Bewusstsein für den Wert des Menschen und der zwischenmenschlichen Beziehungen«1222, die »Anfragen der modernen Gesellschaft«1223 – sie alle stehen also bei Sta˘niloae für tragende Kriterien in einer Neuausrichtung des kirchlichen Lebens, natürlich nur solange diese Instanzen nicht die Glaubenslehre in Frage stellen. Während im Protestantismus diese relativistische Gefahr schon am Werk sei (»totaler Relativismus in Glaubensfragen«1224), sei der Katholizismus von ambivalenten Kräften verzerrt, nämlich durch den Erneuerungswillen auf der einen Seite und das Festhalten an einer zentralistischen Kirchenstruktur auf der anderen Seite. Indem er verschiedene Erneuerungsströmungen der zeitgenössischen römisch-katholischen 1218 Ebd., 514. 1219 Vgl. Gustave Thils, Le »Congrès mondial de théologie« de Bruxelles, in: RTL (1–4/1970) 482–485. 1220 D. Sta˘niloae, Spiritualizarea structurilor, 516. 1221 Ebd., 519–520. 1222 Ebd., 513. 1223 Ebd., 514. 1224 Ebd., 520.

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Theologie verfolgte (wie etwa die Theologengruppe um die Zeitschrift »Concilium«1225), blieb Sta˘niloae einem möglichen echten Wandel in der Römisch-Katholischen Kirche gegenüber immer sehr skeptisch: Die dortigen institutionellen Strukturen müssten von einem »Geist der Freiheit«1226 durchdrungen werden, unterstrich Sta˘niloae mit Hinweis auf ein Referat von Johann Baptist Metz in Brüssel 1970. Er ergänzte aber zugleich: »Dies scheint uns für die RömischKatholische Kirche eine sehr schwierige Sache zu sein«1227. Im Gegenzug habe die Orthodoxie durch ihre synodale Struktur immer »auf paradoxe Art und Weise den institutionellen Aspekt mit jenem der brüderlichen Freiheit, ähnlich wie in einer Familie«1228, bewahrt. – Auch wenn er die Erneuerungsstimmen und -impulse innerhalb der römisch-katholischen Theologie wahrnahm und wertschätzte, blieb Sta˘niloae in seinen Berichten darüber sehr pessimistisch, weil er der Ansicht war, dass eine echte Erneuerung nur durch die Infragestellung des zentralistischen Papstprimats möglich sei. Die Orthodoxie habe demgegenüber »das breiteste, ja man könnte sagen, ein unendliches Verständnis für den Menschen«1229. – Die Offenheit für das reale Leben der (modernen) Menschen sei also nach Sta˘niloae auch nach dem Zweiten Vatikanum ein Unterscheidungsmerkmal der Orthodoxie dem Katholizismus gegenüber geblieben.1230 5.2.3.d. Die Orthodoxie als die ausgleichende Mitte Ein anderes Leitmotiv rumänisch-theologischen Identitätsbewusstseins, das bereits bei den Autoren in der ersten Hälfte des 20. Jh. präsent und bei den rumänischen Theologen in den 1960er-1970er Jahren in Hochkonjunktur war (vor allem bei Sta˘niloae), ist die These von der mittleren und damit richtigen Position der Orthodoxie zwischen der römisch-katholischen und der protestantischen Tradition. Die Orthodoxie schaffe den Ausgleich zwischen den zwei ekklesiologischen »Extremen« oder »Einseitigkeiten«1231, die von den zwei »Formen des westlichen Christentums« eingenommen würden.

1225 Vgl. Ders., Chipul de mâine al Bisericii romano-catolice în viziunea teologilor catolici inovatori, in: O 23 (2/1971) 266–283. 1226 Ebd., 271. 1227 Ebd. 1228 Ebd., 272. 1229 Ebd., 282. 1230 Auch andere rumänische Theologen verfolgten diese Linie, auch wenn sie stärker dazu bereit waren, den »Erneuerungsgeist« zu begrüßen, den die Römisch-Katholische Kirche angesichts der neuen Haltung »zur zeitgenössischen Welt, zum Dialog mit dem modernen Menschen« eingenommen habe. Ioan Ciutacu, Biserica Romano-Catolica˘ s,i societatea contemporana˘ dupa˘ documentele Conciliului al II–lea de la Vatican, in: O 20 (3/1968) 421. 1231 Dumitru Sta˘niloae, Natura sinodicita˘t,ii, in: ST (9–10/1977) 610.

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Die Attribute, mit welchen die jeweilige Einseitigkeit beschrieben wurde, waren meistens Variationen desselben Themas: der Katholizismus sei von einem zentralistischen Einheitswillen, der Protestantismus von einem individualistischen Freiheitsdenken dominiert.1232 Die Orthodoxie biete mit ihrem Synodaldenken und -system »den gesunden Ausgleich zwischen Einheit und Diversität«1233. An anderer Stelle wurde dem Katholizismus »Institutionalismus« (wegen seiner ausschließlichen Betonung des christologischen Ansatzes in der Ekklesiologie), dem Protestantismus »Psychologismus« und »Individualismus« (wegen seiner exklusiven Präsenz des Geistes) vorgeworfen1234, die Orthodoxie dagegen berücksichtige Christus und den Heiligen Geist in gleichem Maße in der Entfaltung ihrer Kirchenlehre. Diese Typologie der zwei Extreme wurde in vielen weiteren Themen durchdekliniert, wie etwa in der Frage der Amtstheologie (Priesterbild)1235, der Sakramententheologie1236 oder der Tradition.1237 Die Orthodoxie erscheint dabei immer als die Bewahrende und Versöhnende zwischen zwei Grundtendenzen, als die organische und verbindende Mitte, und zugleich als die einzige ekklesiale Realität, die die ganze Komplexität – ohne irgendwelchen Reduktionismus – der Alten Kirche bewahrt habe: »Diese sind die ewigen Werte der Orthodoxie. Die Orthodoxie hat nie Lehren entwickelt, die die evangelische Botschaft auf einen moralisch und sozial begrenzten Horizont eigeengt hätten. Sie öffnet sich den mutigsten und großzügigsten Träumen der gegenwärtigen Menschheit, ohne das Chaos zu unterstützen, das von manchen dieser Träume generiert wurde. Sie engt nicht den Fortschritt durch Autorität ein und ermutigt auch nicht die individualistische Anarchie, sondern fördert den Fortschritt in der unendlichen Vervollkommnung der Menschheit.«1238

Diese utopische Sicht von der Perfektion der Orthodoxie im Kontext der modernen Fragestellungen, aber auch im Kontext der interkonfessionellen Annäherung zeigt, dass die These Sta˘niloaes von der »offenen Sobornizität« und damit von einer notwendigen Komplementarität der Gaben in der Fülle der Kirche nicht bis zu ihrer letzten Konsequenz durchdacht wurde.

1232 »Der Katholizismus hat die Einheit mit dem Verlust der Freiheit der gläubigen Personen gewählt, der Protestantismus hat die Freiheit oder die Diversität der Personen gewählt, unter dem Verlust der kirchlichen Einheit.« Ders., Natura sinodicita˘t,ii, 610. 1233 Ebd., 607. 1234 Ders., Criteriile prezent,ei Sfântului Duh, in: ST 19 (3–4/1967) 105. 1235 Ders., Câteva tra˘sa˘turi caracteristice ale Ortodoxiei, in: MO (7–8/1970) 736. 1236 Ders., Din aspectul sacramental al Bisericii, in: ST 18 (9–10/1966) 547–549. 1237 »Die orthodoxe Lehre zeigt sich als der mittlere Punkt, zu welchem die Katholiken und die Protestanten in ihrem Wunsch nach gegenseitiger Annäherung voranschreiten« Ders., Sfânta Tradit¸ie. Definirea not¸iunii ¸si întinderii ei, in: O 16 (1/1964) 47. 1238 Ders., Câteva tra˘sa˘turi caracteristice, 742.

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5.2.4. Andere rumänische Theologen zum Konzil Dieselbe Ambivalenz in der Beurteilung der Konzilsdokumente, aber auch gegenüber den Perspektiven des von Patriarch Athenagoras vorangetriebenen orthodox-katholischen Dialogs, findet man auch bei anderen rumänischen orthodoxen Theologen: Einerseits begrüßte man die Öffnung, die das Konzil zu verschiedenen Themen gewagt hat, andererseits wurde gerade im starken Festhalten am Jurisdiktionsprimat und an der päpstlichen Unfehlbarkeit, in der Weigerung des Beitritts zum Weltkirchenrat und im weiteren Verwenden eines an die Rückkehr-Ökumene erinnernden Sprachstils das katholische Verständnis von Ökumene (»römischer Ökumenismus«1239) kritisiert. Der Bukarester Neutestamentler Nicolae Nicolaescu (1910–19771240) zog eine eher negative orthodoxe Bilanz hinsichtlich des Ökumenismus-Dekrets: Das Dokument biete keine echte ökumenische Vision, sondern sei, nicht zuletzt durch seinen »paternalistischen Ton«, aus orthodoxer Sicht eine »an die NichtKatholiken gerichtete Einladung, unter die Jurisdiktion des Papsttums einzutreten«1241. Nicolaescu machte etliche positive und negative Aspekte des Dekrets aus. Zu den ersten zählte er die Betonung einer praktischen Zusammenarbeit unter den Christen als unabdingbare Voraussetzung zum tieferen Kennenlernen und zum Abbau von Vorurteilen. Er vertrat hier eine Hauptthese der Rumänischen Orthodoxen Kirche in den 1960er-1970er Jahren gegenüber dem orthodoxkatholischen Dialog: Der theologische Dialog könne nur dann beginnen, wenn die »Zusammenarbeit im Bereich des praktischen Christentums« erfolgreich war.1242 – Dieser Einwand zeigt erneut die kirchenpolitisch motivierte Änderung der Prioritäten zwischen 1948 (Ablehnung der Mitarbeit im ÖRK wegen des fehlenden dogmatischen Dialogs und der stark praktisch-sozialen Zentrierung) und 1964 (Ablehnung eines Beginns des orthodox-katholischen theologischen Dialogs wegen ungenügender praktischer Zusammenarbeit). Nicolaescu selbst sah jedenfalls nur die Römisch-Katholische Kirche in der Pflicht, etwas für den erwünschten Beginn des theologischen Dialogs zu tun. Der zwischen Rom und Konstantinopel betriebene »Dialog der Liebe« erfülle nicht diese Voraussetzung sondern sei in dasselbe Ablenkungsregister einzuordnen: »Der Vatikan versucht ständig – vor allem nach der Dritten Panorthodoxen Konferenz, die den Beginn des Dialogs zwischen Orthodoxie und Römisch-Katholischer Kirche am Verzicht auf den Uniatismus und auf jegliche proselytistische Aktion unter den Or-

1239 Nicolae Nicolaescu, Decretul romano-catolic asupra ecumenismului ¸si problema unita˘t,ii cres,tine, in: O 19 (2/1967) 299. 1240 Bio- und bibliographische Daten: M. Pa˘curariu, Dict,ionarul, 338. 1241 N. Nicolaescu, Decretul romano-catolic, 301. 1242 Vgl. ebd., 298.

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thodoxen festgemacht hat –, den theologischen Dialog zu vermeiden und ihn durch einen »Dialog der Liebe« zu ersetzen […].«1243

Zu den negativen Aspekten »der neuen, römisch-katholischen Orientierung«1244 in der Frage der Ökumene zählte Nicolaescu die Weigerung der Römisch-Katholischen Kirche, dem Weltkirchenrat als Mitglied beizutreten, die fehlende Bereitschaft, offiziell auf den Uniatismus als Einheitsmodell zu verzichten und das Festhalten am Dogma des Jurisdiktionsprimats. Seine ernüchternde Schlussfolgerung ist, dass das Ökumenismus-Dekret nichts Anderes sei als eine »neue Propaganda- und Proselytismus-Methode unter den nicht-römischen Christen […], ein entstellter, falscher, tendenziöser Ökumenismus, und als solcher für die Orthodoxen inakzeptabel«1245. – Im innerorthodoxen Kontext blieb die rumänische Rezeption des Ökumenismus-Dekrets eine der pessimistischsten, obgleich die Ambivalenz der Aussagen in Unitatis Redintegratio auch von den meisten anderen orthodoxen Autoren immer noch bis heute hervorgehoben wird.1246 Eine ähnliche Kritik an den Entscheidungen des Zweiten Vatikanums formulierte auch der bereits erwähnte Ioan Ra˘mureanu in einem Aufsatz, der sich ausschließlich mit dem Verhältnis zwischen Primat und bischöflicher Kollegialität im Schema, dann im finalen Text der Kirchenkonstitution beschäftigt. Die vermeintlichen Fortschritte in der Verstärkung des Bischofskollegiums sowohl auf regionaler (Bischofskonferenzen) als auch auf universeller Ebene (Verhältnis Papst – Synode bzw. Konzil) bewertete Ra˘mureanu als eine Täuschung. In seiner Interpretation sei die »Macht, die die Bischöfe kraft ihrer Weihe von Christus haben, an der obersten Leitung der Kirche teilzunehmen, in der Römisch-Katholischen Kirche inexistent, denn sie wird von der Autorität des Papstes annulliert«1247. Damit habe die Kirchenkonstitution das I. Vatikanum nur gestärkt und die Möglichkeit einer realen orthodox-katholischen Annäherung zunichte gemacht. Nur ein »Wunder« kann der Römisch-Katholischen Kirche noch helfen, »sich mit Gottes Hilfe, von den dogmatischen, kultischen und kanonischen Innovationen, insbesondere von der Last des Papstprimats und der päpstlichen Unfehlbarkeit zu befreien«1248, worauf die Orthodoxe Kirche immer noch hoffe. In derselben Frage des Verhältnisses zwischen Primat und Kollegialität in den Texten des Zweiten Vatikanums fand allerdings der junge Theologe Cezar Vasiliu 1243 1244 1245 1246

Ebd., 299. Ebd., 298. Ebd., 299. Vgl. Ioan Moga, Verhaltene Öffnung, verhaltene Freude? Zur orthodoxen Rezeption des Ökumenismusdekrets, in: Jan-Heiner Tück (Hg.), Erinnerung an die Zukunft. Das Zweite Vatikanische Konzil, Freiburg i. Br. u. a. 2012, 383–395. 1247 I. Ra˘mureanu, Primatul papal ¸si colegialitatea episcopala˘, 162. 1248 Ebd., 165.

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(1939–20181249), der zwischen 1967–1971 am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom studiert und promoviert hatte, viel positivere Töne. Aus der Distanz des Jahres 1982 auf das Konzil rückblickend, billigte er dem Zweiten Vatikanum und der nachkonziliaren Theologie eine echte Wende zu: »Nach dem Zweiten Vatikanum ist in der Katholischen Kirche die Tendenz der Eingrenzung der absolutistischen päpstlichen Macht durch das Bischofskollegium immer stärker geworden. Der kollegiale Geist hat, in einem gewissen Maß, durch die Einführung des Begriffes der Kirche als Communio Eingang in den Katholizismus gefunden. Dies führt zu einer Eingrenzung der absolutistischen Papstmacht durch die Macht der Bischöfe, ähnlich wie in der orthodoxen Sobornost-Lehre – auch wenn das Zweite Vatikanum selbst keine zufriedendstellende Formulierung bezüglich der Verhältnisse zwischen Papst und Bischofskollegium finden konnte und die Abhängigkeit der Bischöfe dem Papst gegenüber beibehalten hat.«1250

Eine andere geläufige Kritikmethode war das Hervorheben der innerkatholischen Kritikstimmen gegenüber dem Konzil. Ion Bria forderte etwa im Jahre 1964 das Zu-Ende-Führen des angekündigten »aggiornamento«; dabei griff er als Kriterium für eine echte Reform auf den deutschen katholischen Theologen Hans Küng zurück: Dieser »vertritt eine Meinung, die im Katholizismus immer größere Repräsentanz findet, wobei er richtig die Reform eingesehen und interpretiert hat, die die Römisch-Katholische Kirche heutzutage auf sich nehmen sollte.«1251 Bria sah – nach dem Beispiel Küngs – die Notwendigkeit einer römisch-katholischen Reform darin bestehen, dass die Kirche nicht nur eine göttliche, sondern auch eine menschliche Institution ist, deren Mitglieder auch Sünder sind und eine »Entstellung der Kirche« bewirkt haben.1252 Eine solche Reform bedeute keinen Bruch mit der Vergangenheit oder eine Revolution, sondern eine »kreative Erneuerung der Struktur der Kirche, die die Gegenwart fordert«1253. Die unterschiedliche Bewertung des Konzils unter den rumänischen Theologen zeigt, dass die rumänische Theologie ab Beginn der 1970er Jahre, parallel zur Intensivierung der zwischenkirchlichen Kontakte, zu immer differenzierteren und damit auch positiveren Beurteilungen der Konzilsentscheidungen gefunden hat, indem sie das Konzil vor dem Hintergrund der späteren theologischen Entwicklungen interpretierte.

1249 1250 1251 1252 1253

Bio- und bibliografische Daten: M. Pa˘curariu, Dict,ionarul, 515. C. Vasiliu, Contactele ecumenice, 52. Ion Bria, Teologia romano-catolica˘ ¸si conciliul II de la Vatican, in: O 16 (1/1964) 140. Vgl. ebd., 129. Ebd. Auch Antonie Pla˘ma˘deala˘ verwendete den Fall »Hans Küng« als Beispiel für die Ambivalenz der postkonziliaren Haltung des römisch-katholischen Lehramtes. Vgl. Antonie Pla˘ma˘deala˘, Hans Küng s,i declarat,ia »Mysterium Ecclesiae«, Bukarest 1974.

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Eine Zwischenstation zu dieser positiveren Lektüre des Zweiten Vatikanums, die von einer neueren Theologen-Generation vorangetrieben wurde, stellt die Dissertation des späteren Bukarester Dogmatikers Dumitru Popescu (1929– 20101254) über die Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums dar.1255 Das Werk ist in vier Kapitel strukturiert: »Die Hl. Trinität und die Kirche«, »Die Kirche ad intra«, »Die Kirche ad extra« und »Echos der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums in der zeitgenössischen Theologie«. Ohne hier den Inhalt dieser wissenschaftlich durchaus wertvollen Arbeit präsentieren und kommentieren zu können, sind die Schlussfolgerungen des Autors zur Kenntnis zu nehmen. Er sprach von einer »Dialektik« der konziliaren Ekklesiologie: »Das Konzil hat das Mysterium der Kirche behandelt, hat es aber im Bischofsamt verwurzelt. Es hat die bischöfliche Kollegialität behandelt, hat aber das Bischofskollegium zu einem Komplement des Nachfolgers Petri gemacht. Es hat sich für das Volk Gottes interessiert, hat es aber zu einem Komplement der vom Papsttum dominierten Hierarchie gemacht. Das Konzil ist gegenüber der Ökumene rezeptiver geworden, die römisch-katholische Ökumene versucht aber, die nicht-katholische Christenheit in die auf das Papsttum gebaute Römische Kirche einzuverleiben. […] Das Defizit des Zweiten Vatikanums besteht darin, dass es die wahre Bedeutung des Mysteriums der Kirche, der bischöflichen Kollegialität, der Laien, der Ökumene und der Welt gemindert hat, um sie in ebenso viele Vervollständigungsmittel des Papsttums zu verwandeln.«1256

Dumitru Popescu wollte damit die Ambivalenz der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanums aus orthodoxer Sicht hervorheben. Die Unterschiede zwischen Ost und West beginnen für ihn jedoch nicht beim Papsttum selbst, sondern bei der Formulierung des Verhältnisses zwischen Kirche und Trinität, die das ganze Leben und Wirken der Kirche prägen. Dabei vermisste der orthodoxe Theologe eine stärkere Präsenz der Pneumatologie in der Ekklesiologie, die er nur in den Theologien Herbert Mühlens und Hans Urs von Balthasars angesiedelt sah. Er sah somit zwei ekklesiologische Wege für die Römisch-Katholische Kirche nach dem Zweiten Vatikanum offen stehen: einen Weg der kompletten Säkularisation und einen Weg der Wiederzentrierung der Kirche auf das Mysterium der Hl. Trinität, was zugleich auch die »Rückholung des Papsttums in die Kirche«1257 bedeuten würde.

1254 Bio- und bibliografische Daten: M. Pa˘curariu, Dict,ionarul, 375–376. Dumitru Popescu profilierte sich in den 1980er Jahren als ökumenischer Theologe, vor allem im multilateralen Dialog (Konferenz Europäischer Kirchen), war aber auch Mitglied der orthodoxkatholischen und der orthodox-lutherischen Dialogkommission. Nach der Wende (1989), war er Visiting Professor am »Istituto di Teologia ecumenico-patristica« Bari. 1255 Dumitru Popescu, Ecleziologia romano-catolica˘ dupa˘ documentele celui de-al doilea Conciliu de la Vatican ¸si ecourile ei în teologia contemporana˘, in : O 24 (3/1972) 325–458. 1256 Ebd., 447. 1257 Ebd., 450.

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Dumitru Popescu ist sich am Ende seiner Arbeit gewiss, dass die »RömischKatholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanum nicht das letzte Wort im Bereich der Ekklesiologie gesprochen hat«1258, und er hegte damit die Hoffnung auf eine Überwindung der konziliaren Dialektik in Richtung der orthodoxen Ekklesiologie, die er mit folgenden Charakteristika umschrieb: theistische Gotteslehre (Gott teilt sich der Kirche real mit), wobei er der lateinischen Ekklesiologie Deismus unterstellt, eine charismatische Kirchenlehre (Gnade steht über Jurisdiktion), Sobornost (Einheit wird mit Vielfalt harmonisch versöhnt) und Diakonie in der Welt.1259 Als Fazit für die Gesamthaltung der rumänischen orthodoxen Theologie in den 1960er Jahren gegenüber dem konziliaren Aufbruch in der Römisch-Katholischen Kirche kann eine kollektive Studie aus dem Jahr 1971 (verfasst von den Dogmatikern Dumitru Sta˘niloae, Nicolae Chit¸escu, Isidor Todoran, Ioan Ica˘ und Ioan Bria) gelten. Das Ziel des kollektiven Berichts bestand darin zu zeigen, dass »in den letzten 25 Jahren die Fundamente für eine rumänische orthodoxe dogmatische Schule mit eigenem, originellem Profil«1260 gelegt worden waren. Zu den drei Hauptrichtungen der in dieser Zeit verfassten dogmatischen Studien zählten die Verfasser neben der »Herstellung einer organischen Beziehung zwischen Lehre, Kultus, Spiritualität und Mission« und der »Öffnung der Kirche zur Welt« auch die »Fragen des ökumenischen Dialogs«1261, wobei bei diesem dritten Thema betont wird, dass »das Stadium der rein komparativen oder polemischen Darstellungen«1262 überholt sei. Die ökumenischen Studien der rumänischen Theologie hätten den »komplementären Charakter«1263 der unterschiedlichen christlichen Traditionen akzentuiert. In der Beurteilung des orthodox-katholischen Dialogs und der Chancen einer echten Annäherung zeigten die rumänischen Dogmatiker eine deutliche Zurückhaltung. Zum Zweiten Vatikanum betonten sie einerseits die »Bedeutung des auf diesem Konzil Erreichten«, andererseits aber auch »die Verwirrung, die in der Römisch-Katholischen Kirche durch den Widerspruch zwischen Versprechungen und Realität entstanden ist«1264.

1258 Ebd. 1259 Vgl. ebd., 447–448. In den 1990er Jahren zeichnete Dumitru Popescu ein viel positiveres Bild der postkonziliaren katholischen Theologie bzw. der orthodox-katholischen Beziehungen: Dumitru Popescu, Ortodoxie ¸si Catolicism. Dialog ¸si reconcliere, Bukarest 1999. 1260 D. Sta˘niloae, N. Chit¸escu, I. Todoran, I. Ica˘, I. Bria, Teologia dogmatica˘ în Biserica Ortodoxa˘ Româna˘, in: O 23 (3/1971) 349. 1261 Ebd., 348. 1262 Ebd., 349. 1263 Ebd. 1264 Ebd., 359.

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5.2.5. Die ökumenische Vision eines Einzelgängers. André Scrima und das Zweite Vatikanum Der Blick auf die Rezeption des Zweiten Vatikanums in der rumänischen orthodoxen Theologie wäre nicht vollständig, würde man eine herausragende Gestalt ignorieren, nämlich die des Priestermönchs, Theologen, Religionswissenschaftlers und ökumenischen Visionärs André Scrima (1925–2000)1265. Die Bedeutung seiner Persönlichkeit und seiner meistens auf Französisch erschienenen Aufsätze oder Aufzeichnungen für das orthodoxe Verständnis des ökumenischen Dialogs bzw. für eine andere Art »rumänischer« Ökumene wurde erst nach seinem Tod langsam entdeckt und in den kirchlich-theologischen Kreisen als solche anerkannt. Scrima war ein Einzelgänger par excellence und wurde als solcher von seiner Kirche – zumindest bis zu seiner Rückkehr nach Rumänien nach der Wende – auch dementsprechend behandelt, d. h. ignoriert. Mit einigen Theologen (Dumitru Sta˘niloae) und zukünftigen Bischöfen (Antonie Pla˘ma˘deala˘), die später auch im ökumenischen Dialog aktiv sein sollten, hatte er die Erfahrung einer spirituellen und hesychastischen Erneuerung Ende der 1940er Jahre gemeinsam (im Rahmen der sogenannten Gruppe »Der brennende Dornbusch« am Bukarester Kloster Antim1266). Sonst aber ist sein biographischer Weg und sein Zugang zu den kirchlichen Ereignissen und theologischen Fragestellungen der 1960er bis 1980er Jahre ein einzigartiger: Er verließ Rumänien im Jahre 1956 (mit einem Stipendium nach Indien), promovierte über hinduistische Metaphysik (Paris) und wurde Anfang der 1960er Jahre zum Vertrauten des Patriarchen Athenagoras. Er nahm am Zweiten Vatikanum ab der zweiten Sitzung als persönlicher Vertreter des Ökumenischen Patriarchen teil, später als Teil der Delegation des Ökumenischen Patriarchats.1267 Die theologische und religionswissenschaftliche Lehrtätigkeit (in Paris, Beirut, Chicago) verband er mit einem starken monastischen, wenn auch unkonventionellen Engagement (Wiederbelebung des orthodoxen Klosters Deir-el-Harf bei Beirut1268).

1265 Zu den Lebensdaten sowie zur ökumenischen Vision André Scrimas vgl. meine Studie: Ioan Moga, Das orthodoxe Mönchtum und die Ökumene – eine unmögliche Freundschaft, in: OS 59 (1/2010) 86–94. 1266 Vgl. André Scrima, Timpul rugului aprins. Maestrul spiritual în tradit,ia ra˘sa˘riteana˘, Bukarest 1996. Vgl. auch Marco Toti, Religious Morphology, Hermeneutics and Initiation in Andrei Scrima‹s »Il padre spirituale« (The Spiritual Father), in: Aries. Journal for the Study of Western Esotericism 11 (1/2011) 77–97. 1267 Vgl. Radu Bordeianu, Orthodox Observers at the Second Vatican Council and IntraOrthodox Dynamics, in: TS 79 (2018) 97. 1268 Vgl. Nicu Dumitras,cu, André Scrima and the Power of Spiritual Ecumenism, in: ER 68 (2– 3/2016) 272–281.

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Das ökumenische Paradigma (1961–1989)

Obwohl er 1956 mit dem Segen und der Unterstützung des Patriarchen Justinian Rumänien verlassen hatte, wurde Scrima von den offiziellen kirchlichen Zeitschriften während der ganzen kommunistischen Zeit völlig ignoriert.1269 Dabei war er, wenn auch als Vertreter des Ökumenischen Patriarchen, der einzige orthodoxe »Rumäne«, der den Aufbruch der orthodox-katholischen Beziehungen mit Leib und Seele erfuhr und z. T. auch mitprägte. Durch seine Freundschaft mit einigen Konzilstheologen, aber auch durch seine spirituelle Offenheit, blieb er in der Erinnerung einiger Konzilsteilnehmer als der orthodoxe Vertreter schlechthin, der trotz seines »marginalen Status eine entscheidende Rolle hatte«1270. Radu Bordeianu fasst diese Zeugnisse zusammen: »Cardinal Suenens even suggested that the pope consult Scrima before his final intervention before the last round of discussions on Dei Verbum. […] Moreover, during the third session, when the role of Virgin Mary as ›Mediatrix‹ was discussed, Scrima was asked to write a short paper which ended up enjoying wide circulation. […] As a result of his intervention, the Council added several pastoral and spiritual designations for the Virgin Mary.«1271

Scrima erlebte also das Konzil nicht einfach als Beobachter, sondern nahm – am Rande der Sitzungen – rege an den Debatten teil, schloss lebenslange Freundschaften (wie etwa mit Pierre Duprey) und konnte in vielen Fragestellungen die orthodoxe Position vermitteln. Seine ökumenische und pneumatologisch zentrierte Vision lässt sich anhand der Notizen während des Konzils oder anhand zertreuter Aufsätze1272 nur schwer rekonstruieren. Im Rahmen dieser Arbeit werden nur seine Reflexionen über die Anerkennung der anderen Kirchen bzw. über die erstrebte Einheit behandelt; 1269 Der Kirchenhistoriker George Enache erklärt dies mit einem Vorfall kurz nach der Ausreise Scrimas aus Rumänien. In Frankreich, bevor er nach Indien fuhr, hatte er dem orthodoxen Theologen Olivier Clément über die Bukarester hesychastische Gruppe »Rugul aprins« (»Der brennende Dornbusch«) erzählt und von der Unterstützung, die die Mitglieder des Kreises von Patriarch Justinian erfahren hätten. Clément publizierte diese Informationen in einem Artikel über die philokalische Wiederbelebung in Rumänien. Der Artikel hat negative Folgen für viele Intellektuelle und Geistliche in Rumänien gehabt, die damit »entlarvt« und daraufhin gefangen genommen wurden; auch Patriarch Justinian wurde in den Jahren danach vom Regime isoliert. Die indirekte Verwicklung Scrimas in dieser unglücklichen Entwicklung zog es nach sich, dass Scrima von seinem Land und seiner Kirche isoliert blieb. Vgl. George Enache, Fiul pierdut, târziu rega˘sit: Andrei Scrima, in: Ziarul Lumina, 7. 12. 2009, http://ziarullumina.ro/fiul-pierdut-tarziu-regasit-andrei-scr ima-36384.html (abgerufen am: 15. 04. 2019). 1270 Alberto Melloni, Federico Ruozzi, Enrico Galavotti, Vatican II: The Complete History, New York 2015, 10. 1271 R. Bordeianu, Orthodox Observers, 100. 1272 Diese wurden als Aufsatzsammlung herausgegeben: André Scrima, Duhul Sfânt s,i unitatea Bisericii. Jurnal de conciliu, hg. von Bogdan Ta˘taru-Cazaban, Bukarest 2004. Weitere Aufsätze mit ökumenischer oder interreligiöser Relevanz: André Scrima, Teme ecumenice, hg. von Anca Manolescu, Bukarest 2004.

Die rumänische Orthodoxie und das Zweite Vatikanum

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Beiträge zu theologischen Einzelthemen oder einzelnen Konzilsdokumenten werden ausgespart.1273 Scrima unterschied sich von seinen rumänischen Kollegen oder Professoren (er hatte 1956 sein Theologiestudium in Bukarest absolviert), die auch um dieselbe Zeit die konziliaren Ereignisse und Dokumente mit Kommentaren hinter dem Eisernen Vorhang begleiteten, in der grundlegenden Ansatzweise. Er ging nicht von der konfessionellen, polemisch gesicherten Gewissheit der Trennung zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche aus, sondern stipulierte ihre noch vorhandene Einheit: »Wenn man über das Schisma spricht, dann ist dieses Schisma kein juridisches oder kanonisches, sondern ein Schisma der Mentalitäten und der konkreten Kontakte. Die Einheit wurde bereits auf dem Konzil von Florenz (1438) wiederhergestellt, und diese Einheit dauert, de jure, noch an. Nur wurde diese Einheit seitens mehrerer Orthodoxer Kirchen ›suspendiert‹ oder anulliert.«1274

Mit dieser These1275, mit der kaum ein orthodoxer Kirchenhistoriker damals und heute einverstanden wäre, wechselte Scrima den Blickwinkel von der klassischen Diskussion über Trennungsgründe und theologische Unterschiede (Papstprimat usw.) hin zur Frage nach der inneren Haltung, die das »Getrenntsein« ausmache, nämlich eine »stufenweise Entfremdung«, veranlasst von einem »In-sich-geschlossen-Sein« in Byzanz und einem »Über-sich-ausgedehnt-Sein« im Westen.1276 Die »Selbstgenügsamkeit« beider Teile der Christenheit habe dazu geführt, dass »jeder geglaubt hat, ohne den Anderen leben zu können, eine Situation die nicht nur unnatürlich ist, sondern einfach falsch«1277. Auch wenn er um seine orthodoxe Identität wusste und diese auch behaupten konnte, hatte Scrima keine Probleme damit, sowohl in der Historiographie als auch in der Hermeneutik des aktuellen Zeitgeschehens (ökumenische Öffnung der Römisch-Katholischen Kirche unter Papst Johannes XXIII.) die gängigen orthodoxen Interpretationen in Frage zu stellen. Dahinter steht die Einsicht einer 1273 Zu Scrimas Beurteilung der Konstitution Dei Verbum vgl. Ioan Moga, Die Offenbarungstheologie der Konstitution »Dei Verbum« aus orthodoxer Sicht, in: Michaela C. Hastetter, Ioan Moga, Christoph Ohly (Hg.), Symphonie des Wortes. Beiträge zur Offenbarungskonstitution »Dei Verbum« im katholisch-orthodoxen Dialog. Festgabe des Neuen Schülerkreises zum 85. Geburtstag von Joseph Ratzinger / Papst Benedikt XVI., St. Ottilien 2012, 210–212. 1274 A. Scrima, Duhul Sfânt, 34. 1275 Sie wird von Scrima auch in anderen Aufsätzen wiederholt, u. a. auch mit Hinweis auf römisch-katholische Literatur (Yves Congar): »Die [in Ferrrara-Florenz] realisierte Wiedervereinigung wurde nie offiziell anulliert.« Ders., Ortodoxia s,i încercarea comunismului, Bukarest, 2008, 214. Scrima scheint die Synode von Konstantinopel aus dem Jahr 1484, bei der die Unionsentscheidung von Florenz auch formell aufgelöst wurde, zu ignorieren. 1276 Vgl. Ders., Duhul Sfânt, 34. 1277 Ebd., 34.

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Das ökumenische Paradigma (1961–1989)

grundsätzlichen Komplementarität zwischen Ost und West, die es zu entdecken gelte – »im Lichte des Heiligen Geistes«1278. Ohne diese pneumatologische Perspektive würden Ost und West in ihrer jeweiligen theologischen, spirituellen, kirchengeschichtlichen und strukturellen Färbung gefangen bleiben, in einem gemütlichen Nebeneinander oder einem polemischen Gegeneinander. Damit die Ökumene wirklich auch in ihrer eschatologischen Dimension Früchte tragen könne1279 und nicht zu einer Versöhnungsstrategie zweier oder mehrerer Institutionen degradiert würde, müssten die Orthodoxe und Römisch-Katholische Kirche (1.) »ihre grundlegende Einheit« als »Fülle des geheimnisvollen Leibes«1280 der Kirche leben; (2.) »die komplementären Akzente anerkennen und sie als gegenseitige Bereicherung wahrnehmen«1281, zumal diese Akzentunterschiede da seien, um »uns begegnen zu lassen, uns zusammenzubringen«; (3.) die einzige Divergenz (unterschiedliche Auffassung des Papstprimats) durch »Reflexion, Arbeit und Gebet« überwinden, indem der Primat durch das »kollegiale Prinzip«1282 ergänzt wird. Man könnte diese spirituelle, aber auch ekklesiologische Vision Scrimas über die Begegnung und Einheit zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche unter das folgende Motto stellen: »Man soll sich selber in der Gegenwart des Anderen neuentdecken, […] man sollte zum Anderen werden.«1283 Die eigene Identität sei fundamental an die Begegnung und den Gabenaustausch mit dem Anderen gebunden – sowohl aus der Perspektive des ekklesiologischen Seins der jeweiligen Kirche als auch aus der Perspektive der einzelnen Kirchenmitglieder. Am Anfang seiner persönlichen Aufzeichnungen während des Konzils schrieb er: »Die Aufgabe aller besteht darin, die Notwendigkeit des Bruders als eine innere Anforderung unseres eigenen Weges zu entdecken, uns davon zu überzeugen, dass wir unvollendet sind, solange der Bruder uns als Partner im Verständnis und in der Aussprache derselben einen Wahrheit fehlt. […] Es gibt natürlich Unterschiede; der radikalste bleibt vermutlich die quasi-instinktive Einheitlichkeit des Ostens gegenüber dem analytischen, dramatischen, imanentistischen (›analogischen‹) Geist des Westens. Aber der Osten muss sehen, ob der Westen nicht einfach eine unvermeidbare, im ursprünglichen christlichen Sein bereits vorhandene Dimension erfüllt, die einfach nicht Teil des Ostens ist. Daraus ergibt sich die ethische und spirituelle Unmöglichkeit, den Westen von der Gemeinschaft derselben Wahrheit auszuschließen oder ihm einen 1278 Vgl. ebd., 58. 1279 »Ökumenismus bedeutet eigentlich, den zukünftigen Tempel des himmlischen Jerusalem aufzubauen. Damit eröffnet sich eine ökumenische Perspektive.« Ebd., 62. 1280 Ebd., 35. 1281 Ebd. 1282 Ebd., 36. 1283 Ebd., 35. Ähnliche Aussagen: »Die Askese des Dialogs, der Begegnung ist das: für den Anderen sterben, um mit ihm wiedergeboren zu werden; der Andere werden, keine Angst mehr vor ihm haben, kein Misstrauen mehr.« (ebd., 214).

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großen Irrtum vorzuwerfen; diese Wahrheit kann ja nicht das exklusive, geschlossene Monopol des östlichen Christentums sein.«1284

Die Integration des Anderen (d. h. der anderen ekklesialen Realitäten) im Prozess der Selbsterkenntnis oder zumindest im eigenen ekklesialen Selbstverständnis setze also voraus, die Pluralität der Existenzformen der einen christlichen Wahrheit zu akzeptieren.1285 Diese Akzeptanz hat für Scrima nichts mit einem dogmatischen Relativismus zu tun, sondern ist in erster Linie eine zutiefst geistige Haltung: »Ökumene ist eine Frage des spirituellen Lebens: wir müssen den Anderen – im Schmerz und in der Freude – als unsere andere Hälfte entdecken.«1286 Diese »inklusive«1287 Geisteshaltung kann in der Sicht Scrimas nur gedeihen, wenn man auf »Taktiken« oder »menschliches Wohlwollen«1288 verzichtet und die Kirche nicht mehr »von ihren rigiden Grenzen her«1289 denkt, sondern sich vom Mysterium der Kirche selbst überwältigen lässt: »Dieses Mysterium trägt einen Namen: Kirche, sie ist die Braut Christi und der geheimnisvolle Leib der Menschheit. Wir und die Katholiken sind nicht zwei Kirchen, sondern eine einzige, als Fülle des Mysteriums. Was uns trennt, befindet sich auf dem oberflächlichen Niveau der Komplexe und der historischen Rückstände. […] Wir müssen damit aufhören, uns gegenseitig zu konvertieren, wir müssen uns vielmehr einander zur Einheit konvertieren.«1290

Die These, wonach die Orthodoxe und die Römisch-Katholische Kirche in Wirklichkeit »die eine Kirche« sei, die »in sich selbst die Teilung« spüre, wurde nicht nur im privaten Bereich der Notizen formuliert, sondern auch in veröffentlichten Aufsätzen1291 und zeigt den Mut Scrimas, die sakrosankten, kanonischen und ekklesiologischen Formeln beider Theologien zu brechen. Als solche muss die vorhandene und nie gebrochene Einheit nicht erst »erarbeitet«, sondern nur »aktualisiert«1292 werden, indem beide Kirchen die Einsicht ihrer Komplementarität wiedergewinnen.

1284 Ebd., 211. 1285 Scrima spricht vom »Pluralismus der theologischen Formulierungen, dem jeder uniformistische Reduktionismus fremd ist« (ebd., 92). 1286 Ebd., 216. 1287 Ebd., 217. 1288 Ebd., 229. 1289 Ebd., 219. 1290 Ebd., 229–230. 1291 Ders., Orthodoxe und Katholiken. Ihre besondere Situation im Gespräch der christlichen Ökumene, in: WuW 22 (1/1967) 89: »Mit anderen Worten und als Paradox ausgedrückt: die eine und unteilbare Kirche spürt in sich selbst die Teilung.« 1292 Vgl. ebd., 92.

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»Da die wesentlichen kirchlichen Werte auf beiden Seiten bereits vorhanden sind und es daher nicht nötig ist, sie als neue Werte durchzusetzen, liegt die unmittelbare und dringendste Aufgabe darin, die Elemente einer potentiellen Einheit in genügendem Ausmaß zu aktualisieren, um damit in der Folge – und auf dem Weg über die in der Zwischenzeit neu aufgetretenen Formen – die volle Wiederherstellung der Einheit zu ermöglichen.«1293

Insgesamt zeichnet sich der ökumenische Ansatz Scrimas über die innige Zusammengehörigkeit zwischen Orthodoxer und Römisch-Katholischer Kirche durch eine visionäre, pneumatologisch und eschatologisch durchflutete Andersheit aus, die ihn stark in die Nähe des Charismas des Ökumenischen Patriarchen Athenagoras bringt. Zugleich kann Scrimas Vision als Inbegriff eines auch in Unitatis Redintegratio hervorgehobenen »geistigen Ökumenismus« gelten, den er immer von seinen monastischen Wurzeln und Erfahrungen her mit Authentizität erfüllte. Zwar hat in jener Zeit die rumänische Orthodoxie seine Ansätze kaum wahrgenommen; Scrima umgekehrt hat seinen rumänischen Hintergrund und seine rumänische orthodoxe Tradition nie verschwiegen.

5.3. Das erste Jahrzehnt des theologischen Dialogs (1980–1989): rumänische Teilnahme, Beiträge und Rezeption 5.3.1. Vom Monolog zum Dialog. Die stille Wende der rumänischen orthodoxen Theologie In den 1970er Jahren intensivierten sich die offiziellen und theologischen Kontakte zwischen der Rumänischen Orthodoxen Kirche und dem Einheitsrat bzw. den verschiedenen akademischen Zentren römisch-katholischer Theologie (Wien, Freiburg i. Br., Regensburg, Lyon)1294: Gegenseitige kirchliche Besuche fanden statt, Konferenzteilnahmen im Westen wurden zur akademischen Normalität, orthodoxe Theologen studierten als Doktoratsstipendiaten an römisch-katholischen Fakultäten; auch auf geistlicher Ebene fanden in den 1970er Jahren erste und gute Kontakte zwischen Zentren wie Chevetogne und Niederaltaich und rumänischen orthodoxen Klöstern statt.1295

1293 Ebd. 1294 Für eine kurze Darstellung der kirchlichen und theologischen Kontakte zwischen der Rumänischen Orthodoxen Kirche und der Römisch-Katholischen Kirche in der postkonziliaren Zeit (bis 1981) vgl. C. Vasiliu, Contactele ecumenice, 52–63. Ders., Relat¸iile dintre Biserica Romano-Catolica˘ ¸si Biserica Ortodoxa˘ de la anunt¸area Conciliului Vatican II (ianuarie 1959) pâna˘ în decembrie 1970, in: O 28 (1/1976) 89–143. 1295 Vgl. C. Vasiliu, Contactele ecumenice, 65.

Das erste Jahrzehnt des theologischen Dialogs

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Daraus lässt sich schließen, dass, auch wenn die Hl. Synode ihre reservierte Haltung aus dem Jahre 1964 (als sie den Beginn eines Dialogs an ganz bestimmte Bedingungen knüpfte) offiziell nicht revidierte, die Rumänische Orthodoxe Kirche in dieser Zeitspanne überraschenderweise zu einem aktiven, offenen und verlässlichen Partner im orthodox-katholischen Dialog wurde. Welche Gründe könnten dafür eine Rolle gespielt haben? Der rumänische Theologe Cezar Vasiliu schrieb im Jahr 1982, dass »die Haltungsänderung der Römisch-Katholischen Kirche gegenüber der Orthodoxie« der »neuen ökumenischen Orientierung des Patriarchen Demetrius I.«1296 zu verdanken wäre. Die sachlichen Klarstellungen des neuen Ökumenischen Patriarchen gegenüber Rom (anlässlich des Besuchs von Jan Kardinal Willebrands am 30. November 1973 in Konstantinopel) hätten das ermöglicht, nämlich die Erfüllung der Grundbedingung, dass ein theologischer Dialog nur auf Augenhöhe (par cum pari) stattfinden könne.1297 Das Ende der Zurückhaltung gegenüber dem Beginn des theologischen Dialogs hatte also nach rumänischer Interpretation in erster Linie mit dem Amtsantritt des neuen Ökumenischen Patriarchen Demetrios I. zu tun. Auch aus der Sicht der heutigen Forschung waren die ekklesiologischen »Präzisierungen«, die Patriarch Demetrius am 30. 11. 1973 machte, der Auslöser für eine »neue Phase des Dialogs zwischen den zwei Kirchen«1298: vom gleichsam bedingungslosen »Dialog der Liebe« des Patriarchen Athenagoras hin zu einem »Dialog der Wahrheit«, der die Differenzen nicht verschweigt. Damit waren auch die Sorgen der rumänischen Kirchenführung, dass der charismatische Patriarch Athenagoras in seinem »Dialog der Liebe« mit den Konzessionen gegenüber Rom zu weit gehen könnte, vorüber. – Hinzu kommt die Tatsache, dass auch der neue rumänisch-orthodoxe Patriarch Iustin Moisescu, der 1977 nach dem Tod des Patriarchen Justinian das Amt übernahm, ein überzeugter Ökumeniker1299 war. Fest steht, dass mit der Bildung der Interorthodoxen Kommission für die Vorbereitung des theologischen Dialogs (mit ihren drei Sitzungen in den Jahren 1977–1978) und der Ausrufung des Dialogbeginns am 30. November 1979 durch den Ökumenischen Patriarchen Demetrios I. und Papst Johannes Paul II.1300 auch die rumänisch-orthodoxe Beurteilung der orthodox-katholischen Beziehungen in eine neue Phase eintrat. Die Rumänische Orthodoxe Kirche ernannte in der 1296 1297 1298 1299 1300

Vgl. ebd., 67. Vgl. auch S,. Alexe, Relat,iile actuale als Bisericii Ortodoxe, 18. Patrice Mahieu, Paul VI et les Orthodoxes, Paris 2012, 220. Vgl. Iustin Moisescu, Opera integrala˘. Vol. 7: Discursuri ecumenice, Bukarest 2004. Vgl. Theodor Piffl-Percˇevic´, Alfred Stirnemann (Hg.), Im Dialog der Wahrheit. Dokumentation des römisch-katholisch/orthodoxen Theologischen Dialogs. XLI. Ökumenisches Symposion. Ökumenische Gastfreundschaft 1982–1989. Pro Oriente und die Orthodoxie, Innsbruck-Wien 1990, 46–52.

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Das ökumenische Paradigma (1961–1989)

Vorbereitungskommission nur Theologen zu Delegierten, später, in der offiziellen Kommission war (fast) immer auch ein Bischof als Vertreter dabei. Die Selbstverständlichkeit und die Seriosität (die Rumänische Orthodoxe Kirche fehlte bei keiner dieser Vorbereitungssitzungen, aber auch bei keinem der späteren Treffen der offiziellen Kommission), welche die rumänische Orthodoxie an den Tag legte, erstaunt angesichts der Vorbehalte, die Bukarest noch einige Jahre zuvor anmeldete.1301 Kritikpunkte wurden zwar thematisiert, aber nur noch in unbestimmter Form vortragen. S,tefan Alexe benannte die bleibenden Vorbehalte, die in der orthodoxen Welt anlässlich des Beginns des theologischen Dialogs in Umlauf waren, folgendermaßen: »Diese Vorbehalte waren genährt worden von der westlichen Presse, die den theologischen Dialog hinsichtlich des Erreichens der Kircheneinheit als einen von der päpstlichen Autorität bestimmten Vorgang präsentiert haben. […] Nicht zuletzt war die Ernennung von unierten Delegierten durch die römisch-katholische Seite in der Dialogkommission […] nichts anderes als eine Anmaßung.«1302

Die Rumänische Orthodoxe Kirche kannte in der Annäherung zur RömischKatholischen Kirche keine euphorische Phase (wie die des »Dialogs der Liebe« im Ökumenischen Patriarchat), weder auf kirchlicher noch auf theologischer Ebene. Dennoch vollzog sie in den 1970er Jahren eine allmähliche Wende von einem von seiner eigenen Position überzeugten Bremsfaktor (wie bei der Dritten Panorthodoxen Konferenz 1964), der in monologischer Form und als Außenseiter über die Entwicklungen in der Römisch-Katholischen Kirche urteilte, zu einem immer zuverlässigeren und aktiven Dialogpartner. Diese Wende vom Monolog zum Dialog hat sicher indirekt auch mit den politischen Entwicklungen in Rumänien zu tun (Emanzipation gegenüber der Sowjetunion, gewisse Öffnung zum Westen)1303; sie verdankte sich aber vor allem einer Intensivierung der offiziellen und inoffiziellen Kontakte auf kirchlicher, akademischer und geistlicher Ebene. Die 1970er Jahre (und verstärkt die 1980er Jahre) stellen damit in der Geschichte der rumänischen orthodoxen Theologie

1301 Zur Bewertung des Beginns des theologischen Dialogs seitens der damaligen Theologen vgl. Cezar Vasiliu, Prega˘tirea, începerea ¸si perspectivele dialogului teologic dintre Biserica Ortodoxa˘ ¸si Biserica Romano-Catolica˘, in: ST 33 (5–6/1981) 377–397. S¸tefan Alexe, Începutul dialogului teologic oficial dintre Biserica Ortodoxa˘ ¸si Biserica Romano-Catolica˘, in: O 33 (1/1981) 106–111. 1302 S,. Alexe, Relat,iile actuale als Bisericii Ortodoxe, 18. 1303 »During 1965–1977, there was a relative thaw in church-state relations. […] Ceaus,escu used the Orthodox Church to gain independence from Moscow in order to ingratiate himself with the West, whose financial support he badly needed for his megalomaniac industrialization projects. […] In 1968, Ceaus,escu aknowledged the role of the Orthodox Church in the development of modern Romania […]«, so Lavina Stan, Lucian Turcescu, Religion and Politics in Post-Communist Romania, Oxford 2007, 24.

Das erste Jahrzehnt des theologischen Dialogs

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und Kirche eine ganz neue Etappe im Verhältnis zur westlichen Theologie, vor allem zur römisch-katholischen, dar. Die Konsequenz, mit welcher die rumänische Kirchenführung den ökumenischen Dialog vorantrieb, zeigt sich auch anhand der Frage, wie der Dialog synodal begleitet und rezipiert wurde. Die Teilnehmer am theologischen Dialog (das gilt für alle Dialoge, an welchen die Rumänische Orthodoxe Kirche teilnahm) waren immer von der Hl. Synode beauftragt. Nach jedem Treffen legten sie der Synode einen Teilnahmebericht vor, die diesen »zur Kenntnis nahm«1304 und die weitere Teilnahme absegnete. Ebenso machte die Synode inhaltliche Vorschläge zur weiteren Fortsetzung des Dialogs (so etwa im Jahr 1990 bezüglich der kontroversen Frage des Uniatismus1305) und beauftragte die Kommissionsmitglieder, zusammen mit Theologieprofessoren der zwei theologischen Akademien (Sibiu und Bukarest) Stellungnahmen vorzubereiten, wie etwa im Jahre 1988 eben zur Frage des Uniatismus.1306 Die Teilnahme am theologischen Dialog wurde von der Hl. Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche nicht nur getragen, sondern auch inhaltlich rezipiert. In jeder Synodensitzung standen die Beziehungen zur Römisch-Katholischen Kirche, zu den anderen christlichen Konfessionen, wie der Altkatholischen Kirche, den Anglikanern usw., sowie zum ÖRK und zur KEK auf der Tagesordnung, meistens an erster Stelle. Es bleibt aus kirchenrechtlicher Sicht zu klären, inwiefern durch die synodale »Kenntnisnahme« der Berichte und die synodale Beauftragung der Delegierten auch das »Akzeptieren« der Ergebnisse (d. h. der Dialogdokumente) intendiert war. In den Synodenprotokollen bis 1990 wurde die Frage der offiziellen Annahme der einzelnen Dokumente nicht gestellt; der Dialog wurde vielmehr als Prozess verstanden, der weitergeführt werden soll. Die Protokolle erwähnen immer wieder folgende Prinzipien der (weiteren) Teilnahme am Dialog: die Glaubenslehre soll »strikt bewahrt«, die Entscheidungen der panorthodoxen Konferenzen beachtet und die »panorthodoxe Einstimmigkeit« betont werden.1307 1304 Vgl. etwa: Sitzungsprotokoll der Hl. Synode vom 7. Juli 1988, nr. 2738/1988 bezüglich der 5. Vollversammlung der offiziellen orthodox-katholischen Dialogskommission von Neu Valamo (Juni 1988), in: BOR 106 (7–8/1988) 167–168. 1305 In diesem Fall bekräftigte die Synode, dass »der Dialog das beste Mittel ist, um die Probleme (inklusive die Uniatismusfrage) anzugehen« und legte fest, dass die Haltung der rumänischen Delegation »immer im Konsens mit allen anderen Delegationen der Orthodoxen Kirche bezüglich der Fortsetzung oder des Abbruchs des Dialogs sein soll, als Zeichen der Einheit der Ökumenischen Orthodoxie.« Sitzungsprotokoll der Hl. Synode der Rumänischen Orthodoxen Kirche vom 24.–25. August 1990, Nr. 5151/1990, in: BOR 108 (11– 12/1990) 179. 1306 Vgl. Sitzungsprotokoll der Hl. Synode vom 7. Juli 1988, nr. 2738/1988, in: BOR 106 (7–8/1988) 168. 1307 Vgl. ebd., 168. Nur im Falle des Balamand-Dokuments (1993) sprechen die Protokolle der Hl. Synode nicht mehr nur von einer »Kenntnisnahme«, sondern auch von einer Würdigung des Dokuments durch die Synode als »großen Schritt nach vorne«, sowie von der

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Das ökumenische Paradigma (1961–1989)

Diese Öffnung spiegelt sich auch in der theologischen Literatur wider. Hier gilt es zwischen der einfachen Berichterstattung, die die jeweiligen Entwicklungen einfach nur dokumentiert,1308 und umfassenden Studien, die dieselben Theologen zur Frage des Entwicklung des Dialogs und zu ekklesiologischen Themen verfassten, zu unterscheiden.1309 Im Großen und Ganzen ist diese Etappe von einer wissenschaftlichen Versachlichung der theologischen Annäherung an den Anderen gekennzeichnet.

5.3.2. Antonie Pla˘ma˘deala˘ : für einen realistischen Dialog, zwischen Kirchendiplomatie und pastoraler Realität Ein einfacher Blick auf die Namen und die Aufsätze der jeweiligen Dialogteilnehmer1310 in den 1980er Jahren zeigt, dass mit der Gestalt des Metropoliten von Transsylvanien Antonie Pla˘ma˘deala˘ (1926–2005)1311 eine kirchliche und theologische Autorität für den orthodox-katholischen Dialog in Erscheinung trat. Dieser hatte schon in den 1950er Jahren als junger Theologe ein mutiges Interesse für die ökumenische Bewegung1312, aber auch für neue Entwicklungen innerhalb

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ausdrücklichen Empfehlung seiner Veröffentlichung in der kirchlichen Presse. Vgl. Sitzungsprotokoll der Hl. Synode vom 6.–8. Juli 1993, nr. 2851/1993, in: BOR 111 (7–9/1993) 218. Vgl. etwa S¸. Alexe, Începutul dialogului teologic oficial, 107–111. Petre David, Cronica evenimentelor ecumeniste als Bisericii Ortodoxe Române pe anul 1982, in: GB 42 (4–5/1983) 216–217. Gheorghe Badea, Dialogul teologic dintre Biserica Ortodoxa˘ s,i Romano-Catolica˘, in: MMS 66 (6–8/1980) 656–659. Zum offiziellen theologischen Dialog aus der Perspektive der heutigen rumänischen orthodoxen Theologie vgl. Irimie Marga, În dragoste ¸si în adeva˘r. Dialogul teologic oficial ortodoxo-catolic, de la Rodos la Balamand, Sibiu 2000; Gheorghe Petraru, Les theologiens orthodoxes roumains sur le dialogue de la comission mixte avec Rome, in: Analele s¸tiint¸ifice ale Universita˘¸tii Al. I. Cuza, Ias¸i. Teologie Ortodoxa˘, 2007, 299–309. Zur orthodoxen Vorbereitungskommission des theologischen Dialogs gehörten zu Beginn Dumitru Sta˘niloae und Dumitru Popescu, beide Dogmatiker. Schon ab dem zweiten Treffen im Juni 1977 wurde Sta˘niloae durch den jüngeren Genfer Ökumeniker Ion Bria ersetzt. Auf Patmos und Rhodos (1980) waren Metropolit Nicolae Corneanu und Prof. Stefan Alexe als rumänische Vertreter anwesend. Ab der zweiten Vollversammlung (München 1982) übernahm der neue Siebenbürger Metropolit Antonie Pla˘ma˘deala˘ die Leitung der Delegation von rumänischer Seite, begleitet in München 1982 von Dumitru Sta˘niloae und danach von Dumitru Radu (bis einschließlich 1993, mit Ausnahme des Treffens in Freising 1990, an welchem Metropolit Antonie durch den Münchener Pfarrer Mircea Basarab vertreten wurde). M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 490–491; Paul Brusanowski, Coordonate biografice ale Mitropolitului Antonie al Ardealului. Bibliografie selectiva˘, in: Mircea Pa˘curariu, Aurel Jivi (Hg.), Teologie, slujire, ecumenism, (FS Antonie Pla˘ma˘deala˘ zum 70. Geburtstag), Sibiu 1996, 7–60. Siehe etwa seine Berichte über verschiedene ökumenische Ereignisse: Antonie Pla˘ma˘deala˘, Reuniunea anuala˘, 344–346. Ders., Tunis. Consfa˘tuire interconfesionala˘, in: MMS

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der römisch-katholischen Theologie1313 gezeigt; später, ab den 1970er Jahren, als Bukarester Weihbischof, dann als Diözesanbischof von Buza˘u, spielte er eine wichtige Rolle im ökumenischen Engagement der Rumänischen Orthodoxen Kirche (ÖRK und KEK). Als Vertreter des rumänischen Patriarchats in den Leitungsgremien des Weltkirchenrates hat er eine Reihe von Entwicklungen mitgeprägt.1314 Vor allem in den Kontakten zwischen Bukarest und Rom spielte der versierte Kirchendiplomat und Theologe eine aktive Rolle: 1972 besuchte er als Leiter einer Delegation des rumänischen Patriarchats Papst Paul VI. – es war der erste offizielle Besuch einer rumänisch-orthodoxen Delegation in Rom überhaupt. Während dieses Besuchs plädierte er für einen Dialog in zwei Schritten: Der erste sollte ein »Dialog der Zusammenarbeit, auf Gleichheitsebene und in gegenseitigem Respekt, in einem brüderlichen Geist und von gemeinsamer Verantwortung getragen«1315 sein, der zweite wäre der eigentliche »theologische Dialog«. Diesem Vorschlag sollte jedoch keine Zukunft beschieden sein, da die Vorbereitungen für den theologischen Dialog ein Jahr später bereits Gestalt annahmen. Im Jahr 1979 folgte eine Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. 5.3.2.a. Die »elastischen« Grenzen der Kirche. Pla˘ma˘deala˘s ekklesiologische Vision in seiner Dissertation aus dem Jahr 1972 Hinter dem Kirchenpolitiker steckte in Pla˘ma˘deala˘ nicht nur ein hochgeschätzter Literat (1970 hatte er einen Roman veröffentlicht1316), sondern auch ein hochgebildeter, mit der neuesten westlichen Literatur gut vertrauter Theologe. Als Zeugnis für seine auch theologisch erprobte Brückenbauer-Funktion steht die am Heythrop College im Jahre 1970 als Dissertation angenommene Arbeit mit dem Titel: »The Servant Church in Western Thought. An Orthodox Assessement«, die zwei Jahre später auf Rumänisch erschien.1317

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33 (3–4/1957) 350. Oder die sehr pedante, an sich sachliche Verfolgung verschiedener dogmatischer und dogmengeschichtlicher Veröffentlichungen in der westlichen Theologie der 1950er Jahre (deutsch-, englisch-, französisch- und italienischsprachig): Ders., Preocupa˘ri dogmatice-simbolice în literatura teologica˘ contemporana˘. Indicat,ii bibliografice, in: O 9 (2/1957) 296–317. Ders., Ideea de sacru la Rudolf Otto din punct de vedere catolic s,i ortodox, in: ST 10 (3/1958) 430–440. Zur kirchendiplomatischen Aktivität von Antonie Pla˘ma˘deala˘ im ökumenischen Kontext vgl. Alexandru Briciu, Mitropolitul Antonie Pla˘ma˘deala˘, diplomat cres,tin. Contribut,ii la dezvoltarea dialogului teologic internat,ional, Sibiu 2017. Zitiert nach: C. Vasiliu, Contactele ecumenice, 52. Antonie Pla˘ma˘deala˘, Trei ceasuri în iad, Bukarest 1970. Ders., Biserica slujitoare în Sfânta Scriptura˘, în Sfânta Tradit,ie s,i în teologia contemporana˘, in: ST 24 (5–8/1972) 325–651. Vgl. auch die etwas gekürzte Buchausgabe der Dissertation: Ders., Biserica slujitoare. Text prescurtat, Sibiu 1986.

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Die Arbeit stellt einen systematischen Versuch dar, die diakonische Dimension der Kirche als eine in allen drei großen Konfessionen als höchst aktuell erkannte Neuausrichtung der Theologie in der Moderne zu präsentieren. Die Hauptthese ist, dass die Kirchen nur anhand einer praktisch orientierten, weltzugewandten »Theologie des Dienstes« das christliche Zeugnis authentisch vermitteln können. Dafür untersuchte Pla˘ma˘deala˘ die Hauptansätze des Verhältnisses zwischen Kirche und Welt bzw. die Frage der »dienenden Kirche« in der protestantischen Theologie (Dietrich Bonhoeffer, J.A.T. Robinson, Harvey Cox), in den Dokumenten des Weltkirchenrates, in den lehramtlichen Texten der Römisch-Katholischen Kirche und schließlich in der orthodoxen Theologie der Gegenwart. Insgesamt sah er eine Tendenz darin bestehen, dass die christliche Theologie – vor dem Hintergrund der Herausforderungen seitens der modernen Welt – eine »neue Orientierung zum Dienst«1318 vollzogen habe. Anstelle der »konfessionellen Selbstgenügsamkeit«1319, die mit dem cyprianischen Prinzip »extra ecclesiam nulla salus« begründet wurde, trat ein neues Verständnis zu Tage: »Die konfessionellen oder geographischen Grenzen, die uns früher als Kirche definiert hatten, sind heute elastischer geworden. Man kann die Kirche nicht von der Liebe Gottes trennen und auf diese Weise von jenen, die sich in der ontologischen Einheit befinden, die Gott in Jesus Christus wiederhergestellt hat. […] Die Kirche des Dienstes ist die Kirche der Liebe, der Tat und der Gemeinschaft. Der Dienst aus Liebe wird zum einigenden Prinzip der Kirchen, über die dogmatischen Differenzen hinaus, die diese noch getrennt halten. Im Dienst treffen sich alle Kirchen […]«1320.

Das Prinzip der »Theologie des Dienstes« bzw. der »dienenden Kirche« habe in der »Ekklesiologie der Konfessionen«1321 neue und ökumenisch relevante Akzentverschiebungen veranlasst. Hierbei bezog sich Pla˘ma˘deala˘ nicht nur auf die protestantische und römisch-katholische Theologie, sondern auch auf die orthodoxe: Auch wenn nur latent im orthodoxen Denken präsent, fordere das stärkere Bewusstsein für den dienenden Charakter der Kirche eine »Neuevaluierung der Welt als ekklesiologische Komponente«1322. Die Öffnung der Kirche zur Welt ist somit keine Option unter vielen, sondern eine Grundausrichtung der Ekklesiologie. Zwar habe sich die Orthodoxe Kirche mit einem »Antagonismus gegenüber der Welt«1323 identifiziert, diese Haltung sei aber überwunden; dabei fehle in der orthodoxen Theologie noch eine ausformulierte »Theologie der

1318 1319 1320 1321 1322 1323

Ders., Biserica slujitoare în Sfânta Scriptura˘, 611. Ebd. Ebd., 612. Ebd. Ebd., 615. Ebd., 617.

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Welt«1324. Auch wenn die spirituelle Dimension der Kirche (und damit die verklärende Dimension des kirchlichen Lebens gegenüber der Welt) entscheidend sei, könne die soziale Dimension nicht vernachlässigt werden. Spiritualität und Diakonie, Liturgie und sozialethische Implikation dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden: »Weil sie auch menschliche Gemeinschaft ist, kann die Kirche gegenüber dem Leben in der Gesellschaft nicht fremd bleiben. Die Orthodoxie kann nicht gegen die Welt sein, weil sie auch nicht ein von der Welt abgeschottetes Leben führt.«1325 Als Folge davon müssen sich alle Kirchen – als ökumenisches Desiderat gegenüber einer Welt in ständiger Veränderung – »anpassen und erneuern«, »die institutionelle Rigidität« und den »engen Konfessionalismus«1326 ablegen und dabei immer »eine authentische spirituelle Gestalt«1327 bewahren. Die diakonische, horizontale Dimension der Kirche gegenüber der Welt ist ökumenisch genau so entscheidend wie die theologischen Bemühungen, die doktrinären Unterschiede zu überbrücken. Unabhängig davon, wie man diese Behauptungen in der Verhältnisbestimmung mit dem historischen bzw. sozial-politischen, ja ideologisch-kommunistischen Kontext der damaligen Rumänischen Orthodoxen Kirche situiert1328, ist ihre Neuheit angesichts der damit entworfenen ökumenischen Perspektive nicht in Frage zu stellen. Sowohl die sachliche und unpolemische Art, mit welcher er das theologische Motiv des »Dienstes« in allen drei Konfessionen untersuchte, als auch die Bereitschaft, eine gemeinsame, ökumenische Lernbedürftigkeit im Bereich des Diakonischen einzugestehen, zeigt, dass Pla˘ma˘deala˘ bereits Anfang der 1970er Jahre weit über dem ambivalenten Diskurs seiner älteren theologischen Kollegen stand und eine, den westlichen Fragestellungen seiner Zeit gewachsene, solide ökumenische Vision vorwies. – Vor dem Hintergrund seiner Dissertation ist somit sein aktiver Beitrag in der orthodox-katholischen Dialogkommission der 1980er Jahre besser zu verstehen.

5.3.2.b. Ein Mitgestalter des orthodox-katholischen Dialogs Der größte Unterschied im ökumenischen Ansatz des Metropoliten Antonie Pla˘ma˘deala˘1329 gegenüber den genauso proökumenischen Beiträgen der anderen rumänischen Theologen der 1970er und 1980er Jahre liegt nicht nur im Inhalt, sondern auch im Stil seiner ökumenischen Theologie. Er schrieb über Ökumene 1324 1325 1326 1327 1328

Ebd. Ebd. Ebd., 619. Ebd. Eine politisch-theologische Kritik seines Plädoyers für eine sozial gerichtete, dienende Kirche siehe bei C. Romocea, Church and State, 165–166. 1329 Vgl. Antonie Pla˘ma˘deala˘, Ca tot,i sa˘ fie una. Ut omnes unum sint, Bukarest 1979.

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mit einem Pathos, einem ansteckenden Interesse und einer Leichtigkeit, die von einer dialogischen Begabung und einer echten Offenheit Zeugnis ablegen. In einem sehr frischen, präzisen und oft (selbst)ironischen Sprachstil beschrieb Metropolit Antonie in einer Reihe von Aufsätzen der 1980er Jahre die Gespräche in der offiziellen Dialogkommission, deren Mitglied er war. Und er war dabei sichtlich bemüht, die kirchliche Relevanz dieses ökumenischen Prozesses dem breiten Leserkreis der kirchlichen Zeitschriften zu vermitteln. So berichtete er im Jahr 1988 bezüglich der Fünften Vollversammlung der Dialogkommission in Neu-Valamo, dass, entgegen aller orthodoxen Befürchtungen, dass die römischkatholische Seite den Orthodoxen »eine der alten Tradition fremde Terminologie aufzwingen würde«1330, die Gespräche sehr gut verlaufen sind. Pla˘ma˘deala˘ bewertete das aus der Vollversammlung hervorgegangene Dokument als »das Überwinden eines weiteren Hindernisses auf dem Weg der zwei Kirchen zur Einheit«1331: »Der Text ist dicht, von einer tiefen Theologie geprägt, und in vielerlei Hinsicht professionell, was ihn vor allem für die Hierarchie und die Theologen zugänglich macht […]; für die Experten sagt der Text alles, er impliziert eine kohärente Theologie und beinhaltet alle doktrinären Prämissen sowie alle Elemente aus der kirchlichen Tradition vor der Trennung.«1332

Der Metropolit verpasste bei der Darstellung der Debatten nie die Gelegenheit, auch die orthodoxe Seite in die Pflicht zu nehmen: »Die römisch-katholische Seite ist in den terminologischen Fragen konzilianter. Die orthodoxe Seite ist diesbezüglich übermäßig streng, selbst in Details.«1333 Er kritisierte die übertriebene Fixierung mancher orthodoxer Kommissionsmitglieder auf die Terminologie1334 oder die Inkonsequenz, mit welcher manche orthodoxe Vertreter immer wieder »die Änderung der Arbeitsmethode«1335 forderten. Als Mahnung an die orthodoxen Kollegen in der Kommission schrieb er: »Wichtig ist, dass wir

1330 Ders., A 5-a sesiune plenara a comisiei international mixte de dialog teologic dintre Biserica Ortodoxa˘ ¸si cea Romano-Catolica˘, in : BOR 56 (7–8/1988) 27. 1331 Ebd., 30. 1332 Ebd. 1333 Ebd., 28. 1334 Dieselbe Kritik wiederholte er auch nach den zwei Sitzungen in Bari (1986 und 1987): »Man darf die Genauigkeit nicht so weit treiben, dass man diese Begriffe für etwas verdächtigt, was sie gar nicht intendieren […].« Er mahnte daraufhin die orthodoxen Mitglieder zu mehr Vertrauen gegenüber den römisch-katholischen Dialogpartnern: »Wir müssen den Worten den Wert geben, den der Redner ihnen gibt […]. Der Dialog setzt Offenheit, Ehrlichkeit, gegenseitiges Vertrauen voraus […]« Ders., Bari 1987: un document de dialog, 69–70. 1335 Ders., A 5-a sesiune plenara˘, 32.

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Orthodoxen unsere Hausaufgaben gut machen, in allen drei Subkommissionen, dass wir also unsere Arbeit verbessern und nicht die Methode ändern.«1336 Der Ton bezüglich der Chancen und des Fortschritts im Dialog blieb insgesamt ein positiver, manchmal sogar ein enthusiastischer: »Die Trennmauern sind hoch, aber nicht unendlich!«1337 Auch nach der schwierigen Vierten Vollversammlung der Dialogkommission in Bari (1986), die von Debatten um die unterschiedliche Praxis in der Spendung der Initiationssakramente geprägt war, schrieb er voller Zuversicht: »Was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei Gott möglich!«1338 und meint, dass der Text »mit Sicherheit« bei der nächsten Vollversammlung verabschiedet werden wird. Der rumänische Metropolit hob dabei immer wieder (nicht ohne Genugtuung) auch die moderate, vermittelnde Rolle der von ihm geleiteten rumänischen Delegation im Laufe der Gespräche hervor, vor allem bei den bewegten Sitzungen in Bari (1986 und 1987). In Bari 1987 habe sein Vorschlag einen Durchbruch erzielt, den kontrovers diskutierten Abschlusstext als »Dialogdokument« zu betrachten, das auch divergente Meinungen beinhalten könne1339, und sich dieses Mal nicht, wie bisher, um ein »Konsensdokument«1340 zu bemühen. Nur anhand dieser Unterscheidung hätten die orthodoxen Delegierten am Ende akzeptiert, das Abschlussdokument doch noch zu unterzeichnen. Im Ganzen sind die Berichte und die Kommentare des Metropoliten Antonie von einem starken Engagement für das Vorantreiben des orthodox-katholischen Dialogs geprägt. Seine theologische Haltung ist von Sachlichkeit, Ehrlichkeit, aber auch Begeisterung geprägt. Im Jahre 1982 schrieb er: »Wir kennen uns viel zu gut, um nicht Bedenken zu haben. Aber wir dürfen mit diesen Bedenken nicht so weit gehen, dass wir im Voraus jedes Hoffnungsfenster blockieren.«1341 Seine wiederholte Kritik an der terminologischen Akribie ist nicht Ausdruck eines kirchendiplomatisch süffisanten Relativismus in dogmatischen Fragen, sondern der Einsicht, dass der Dialog nur durch eine heilende Zugangsweise (auch im begrifflichen Bereich) gedeihen kann: »[…] die viel zu stark betonten Differen1336 Ebd. 1337 Ebd. 1338 Ders., Lucra˘rile celei de a IV-a sesiuni a Comisiei Internat,ionale Mixte de Dialog între Bisericile Ortodoxe s,i Biserica Romano-Catolica˘, in: BOR 54 (5–6/1986) 83. 1339 Gemeint ist der Hinweis im Abschlussdokument von Bari 1987 auf »Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Kirchen bezüglich der Taufe«. Vgl. Glaube, Sakrament und Einheit der Kirche, Dokument der Gemischten Internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirche, verabschiedet in Cassano delle Murge (Bari) am 16. Juni 1987, in: Harding Mayer u. a. (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung, Bd. 2 (1982–1990), Paderborn – Frankfurt a. M. 1992, 551. 1340 A. Pla˘ma˘deala˘, Bari 1987: un document de dialog, 71–72. 1341 Ders., Dialogul teologic dintre Biserica Ortodoxa Româna˘ ¸si Biserica Romano-Catolica˘, in: MA 27 (10–12/1982) 695.

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zen haben zum Schisma geführt. Die Communio wird nicht durch das Bewahren dieser Differenzen wiederhergestellt werden, sondern durch ihre Heilung und Berichtigung«1342. Hinter diesem realistischen, aber stets optimistischen Ansatz steht eine ökumenische Weitsicht, die der Hermannstädter Metropolit nicht nur im kleinen Kreis der Ökumeniker an den Tag legte, sondern auch vor seinen Gläubigen. Als einzigartiges Beispiel für die pastoral-kerygmatische Vermittlung einer ökumenischen Identität bleiben seine Predigten in der Kathedrale in Sibiu, wo er nach fast jedem Auslandsaufenthalt anlässlich von ökumenischen Symposien oder Kommissionsarbeiten den Menschen von der Kanzel aus narrativ und spannungsreich vermittelte, was er dort gemacht, gehört und gesprochen hatte.1343 Dieses Mitnehmen des kirchlichen Pleroma in den ökumenischen Prozess zeigt, dass sich Bischofstheologen wie Antonie Pla˘ma˘deala˘, trotz kommunistischer Zensur und diplomatischer Instrumentalisierung der ökumenischen Beziehungen, zugleich um die pastorale Verantwortung und Tragweite dieser ökumenischen Prozesse bemühten.

5.3.2.c. Ut omnes unum sint Durch diese pastoral verantwortete, sprachlich um Klarheit und Verständlichkeit bemühte Dimension hatten seine ökumenischen Ansätze und Aussagen in den 1970–1980er Jahren eine starke Ausstrahlungskraft. Auch inhaltlich ging Antonie Pla˘ma˘deala˘ in der ökumenischen Reflexion neue Wege. Hierfür sind ein umfangreicher Aufsatz mit dem Titel »Dilemmata des Trennungszustandes und die Perspektiven der Ökumene« (die erweiterte Version eines Vortrags von 1970, gehalten am »Colegio Mayor Oriental« der Päpstlichen Universität von Salamanca)1344 und ein Aufsatz aus dem Jahr 19841345 zwei Beispiele. Pla˘ma˘deala˘ plädierte für die »Entmythisierung«1346 der konfessionellen Trennungsgründe, die im Laufe der Jahrhunderte gemeinsam mit den dazugehörigen jeweiligen konfessionellen Erfahrungen »verabsolutiert«1347 worden 1342 Ders., Bari 1987: un document de dialog, 74. 1343 Ders., Ce s-a petrecut la Vancouver în 1983, (Ansprache in der Kathedale von Sibiu bei der Rückkehr von der Vollversammlung des Weltkirchenrates in Vancouver), in: Ders., Vocat,ie s,i misiune cres,tina˘ în vremea noastra˘, Sibiu 1984, 397–401; Ders., Dialog ecumenic în Cipru, (Ansprache in der Kathedrale von Sibiu am 26. 06. 1983, nach der Rückkehr vom Treffen des orthodox-katholischen Koordinationskommitees auf Zypern), in: Ders., Vocat,ie s,i misiune cres,tina˘, 419–420. 1344 Ders., Dilemele sta˘rii de despa˘rt,ire s,i perspectivele ecumenismului, in: Ders., Ca tot,i sa˘ fie una, 13–79. 1345 Ders., Ortodoxie s,i ecumenism, in: Ders., Vocat,ie s,i misiune, 325–334. 1346 Ders., Dilemele sta˘rii de despa˘rt,ire, 15. 1347 Ebd.

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seien. Entmythisierung bedeute nicht deren Relativierung, sondern die Befreiung von der Angst vor dem Erlernen einer neuen theologischen Perspektive und die Befreiung von der Selbstgewissheit, dass der ökumenische Dialog diese Divergenzen sowieso nicht lösen könne. Als Grundausrichtung des Dialogs benannte Pla˘ma˘deala˘ – im Einklang mit Dumitru Sta˘niloae – die wechselseitige Beziehung zwischen Liebe und Wahrheit: die Liebe sei »das beste Klima für die Wahrheit«, wobei auch die Wahrheit »zum Gedeihen einer authentischen Liebe«1348 führe. Neben solchen allgemeinen Einsichten sprach Pla˘ma˘deala˘ – kritisch und selbstkritisch – auch die Dilemmata des ökumenischen Dialogs offen an. Ein solches Dilemma betreffe beispielweise das Gebet für die Einheit (konkret die »Gebetswoche für die Einheit der Christen«). Dieses wird von den verschiedenen Konfessionen ganz unterschiedlich gedeutet, weil jede unterschwellig ihr eigenes Einheitsmodell für das geeignete hält: »[…] indem wir für die Einheit beten, beten wir eigentlich für die Fortdauer der Trennung«1349, weil jeder mehr oder weniger darum betet, dass »alle wie wir sein sollen«1350. Deshalb betonte Pla˘ma˘deala˘ unter Hinweis auf Yves Congar, dass wir immer für »die Einheit beten sollen, die Gott will«1351 und, dass unser Gebet nicht von der jeweiligen konfessionellen Gewissheit ausgehen solle, sondern von der Ökumene, d. h. von einer Haltung, die »die jeweiligen ekklesiologischen Überzeugungen intakt hält und dennoch offen [für den Anderen; I.M.] ist«1352. Pla˘ma˘deala˘ stellte das Selbstverständnis der jeweiligen Konfession, die einzige wahre Kirche zu sein, offen in Frage. Damit Ökumene überhaupt existieren könne, müsse eine solche Überzeugung die Gestalt einer »offenen Sicherheit«1353 annehmen: offen dafür, dass sie sich durch den Dialog, im Lichte der Wahrheit, ändern könnte. Mit Dialog meint Pla˘ma˘deala˘ sowohl die horizontale, soziale und weltzugewandte Dimension, als auch die vertikale, theologische Dimension. Die typisch orthodoxe Infragestellung der horizontalen, säkularen Ebene wird von Pla˘ma˘deala˘ nicht geteilt: »Beide – die horizontale und die vertikale [Dimension; I.M.] – haben gleiche Chancen. Denn eine bestimmte Einheit realisiert sich auch durch den gemeinsamen Dienst an der Welt und an den Menschen. Die Reduzierung auf eine der beiden Dimensionen wäre jedoch gefährlich: Die erste würde die Theologie zur Soziologie machen, die andere würde sie ins andere Extrem führen, in Isolierung, in die Ghettoisierung, in reine Askese und Mystik, bei völliger Ignorierung des sozialen Menschen.«1354 1348 1349 1350 1351 1352 1353 1354

Ebd., 22. Ebd., 25. Ebd. Ebd., 26. Ebd. Ebd., 28. Ebd., 34.

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Auch bezüglich des Einheitsmodells stellte Pla˘ma˘deala˘ die fertigen, in der zeitgenössischen ökumenischen Theologie diskutierten Einheitsmodelle verschiedener konfessioneller Provenienz in Frage. Er machte dabei den Vorschlag, den Ist-Stand des konfessionellen Miteinanders positiver aufzuwerten und gab zu bedenken, dass auch in einer zukünftigen Einheit der Christen ein Miteinander von verschiedenen Identitäten Platz haben müsse1355: »Koexistenz ist zwar noch keine Einheit, ist aber auch kein Kampfzustand. […] Denn durch Koexistenz können auch die Konvergenzen wachsen.«1356 Bereits in der jetzigen Situation könnten und sollten, obwohl die Glaubenseinheit noch nicht wieder erlangt worden ist, die Christen unterschiedlicher Konfessionen vom Bewusstsein getragen werden, dass ihre konfessionelle Identität nicht »absolut unterschiedliche Einheiten«1357 darstellen: »Wir sind Geschwister, die sich voneinander entfremdet haben, aber wir bleiben Geschwister.«1358 Am Ende seines Aufsatzes von 1970 skizzierte Pla˘ma˘deala˘ einige »Grundregeln der Ökumene als Arbeitsmethode«1359, die im Sinne eines ungeschriebenen »gentleman’s agreement« von jeder im Dialog aktiven christlichen Konfession respektiert werden sollten. Darunter nennt er neben klassischen Vorsätzen wie dem »Abstandnehmen vom Proselytismus«1360, der »Vermeidung von Polemik«1361 und dem Dialog auf Augenhöhe1362 auch die inhärente Notwendigkeit der Einsicht, dass es bereits »eine innere Einheit mit der Einen Kirche«1363 gebe. Aus dieser Sicht sei die Frage der Grenzen der Kirche nicht mehr strikt kanonisch zu beantworten: »[…] die alten, restriktiven Begriffe dehnen sich aus und öffen sich dem Dialog, ohne dass damit das Gefühl des Unwohlseins eines Paradoxons entsteht«1364. Demselben Plädoyer für eine ökumenische Ekklesiologie begegnet man in einem späteren Aufsatz aus dem Jahr 1984. Nicht ohne Ironie ließ Metropolit Antonie die Schritte der orthodox-katholischen Annäherung seit dem Zweiten Vatikanum Revue passieren und betonte dabei, dass es »Hoffnungen« gebe, wobei »die Elemente dieser Hoffnung« »auf beiden Seiten noch recht konfus«1365 seien:

1355 1356 1357 1358 1359 1360 1361 1362 1363 1364 1365

Vgl. ebd., 55–58. Ebd., 55. Ebd., 56. Ebd. Ebd., 60–77. Ebd., 61. Ebd., 63. Vgl. ebd., 65–66. Ebd., 68. Ebd., 69. Ders., Ortodoxie s,i ecumenism, 328.

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»Wir wissen nicht, was Rom sich von diesem Dialog erhofft. Vielleicht weiß Rom selbst nicht, ob es über das von ihm Gesagte hinaus nicht zugleich hofft, was es immer gehofft hat: dass es uns überredet, Katholiken zu sein! Aber auch wir selber wissen nicht genau, ob wir uns wirklich etwas anderes erhoffen, als dass wir die Katholiken zu Orthodoxen machen!«1366

Am Fehlen eines gemeinsamen Einheitsmodells machte Pla˘ma˘deala˘ die nach wie vor vorhandenen Aporien der Ökumene offenkundig. Er bleibt allerdings nicht bei einer resignierten Haltung stehen, sondern vertrat die Meinung, dass durch Begegnung und Erfahrung der Andersheit, der Blick von den Divergenzen auf eine erlebte Gemeinsamkeit gelenkt werde, die vorher nicht in dieser existentiellen Tiefe bekannt war.1367 Hier spiele die praktische Ökumene eine wesentliche Rolle, die viel leichter zu Gemeinsamkeitserfahrung führe und damit eine wichtige Vorstufe für das Anpacken der theologischen Probleme sei: »Die Unterschiede zwischen den Konfessionen sind dadurch kleiner geworden, haben ihr Gewicht verloren. Aus der Nähe betrachtet erscheinen sie überbrückbar.«1368 Er sprach sich für einen weiteren Weg in der Ökumene aus, der dem Grundsatz folgt, dass es »dort, wo es Probleme gibt, auch Lösungen gibt«1369. Die Lösung im orthodox-katholischen Dialog könne nur gefunden werden, wenn die Demut wiederentdeckt würde. Die ökumenische Vision des Metropoliten Antonie zeugt insgesamt von einer theologischen Weitsicht und der Bereitschaft, über den eigenen ekklesiologischen Tellerrand hinaus zu schauen.1370 Das drückt sich nicht zuletzt in der Art und Weise aus, wie er die zukünftige Gestalt der wiederhergestellten christlichen Einheit beschreibt: Die Gestalt der einen Kirche aller Christen wird eine »postkonfessionelle« und »postdenominationelle« sein; sie wird aber zugleich »der Zivilisation, Kultur, Technik und Mentalität unserer Epoche entsprechen müssen«: »In diesem post-denominationellen und post-konfessionellen Zustand angelangt, aber mit dem Schatz des gemeinsamen Glaubens, wird sie [die Kirche; I.M.] orthodox sein, sie wird aber zugleich auch katholisch, protestantisch und anglikanisch sein, weil alle sich in dieser einzigen Familie wiederfinden werden, ohne den Eindruck zu haben, dass

1366 1367 1368 1369 1370

Ebd., 328. Vgl. ebd., 331. Ebd., 334. Ebd., 333. Zur Rezeption dieses ökumenischen Ansatzes des Metropoliten Antonie seitens der heutigen Rumänischen Orthodoxen Kirche vgl. Justin Hodea (Sigheteanul, Bischof), Activitatea ecumenica˘ a Mitropolitului Antonie Pla˘ma˘deala˘, in: Ortodoxia maramures,ana˘ 11 (2006) 265–281. Bischof Justin Hodea würdigt den Metropoliten Antonie als »die kompetenteste Stimme in Sachen Ökumene, die die rumänische Orthodoxie im 20. Jahrhundert« gehabt habe (ebd., 273).

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sie von irgendetwas abgefallen sind, sondern nur mit dem Gefühl des Wiederfindens, der Rückkehr zu sich selbst, zum Ich des Leibes Christi.«1371

5.3.3. Zwischen wissenschaftlicher Sachlichkeit und ökumenischer Ambivalenz Pla˘ma˘deala˘ blieb nicht der einzige, der in den 1980er Jahren den orthodoxkatholischen theologischen Dialog thematisierte. Die Studien anderer Theologen erreichten jedoch nicht die ökumenische Weite und das kritische Selbstreflektionspotenzial des Hermannstädter Metropoliten. Die meisten Beiträge, die über die ökumenische Berichterstattung hinausgingen, sahen vor allem die römischkatholische Seite in der Pflicht, mehr für den Dialog zu tun. So etwa der Patrologe Stefan Alexe (1928–2007)1372, zeitweiliges Mitglied der orthodox-katholischen Dialogkommission. Er merkte kritisch an, dass der Auftakt des theologischen Dialogs (Mai 1980, Patmos und Rhodos) von der »römisch-katholischen Presse« kaum beachtet und von den meisten katholischen »Klerikern, Gemeindepfarrern und sogar Dekanatsleitern«1373 gar nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Diese Bemerkung lässt zweierlei erkennen: Einerseits sah er die orthodoxe Seite implizit in einer besseren Situation im Rezeptionsprozess, eine Feststellung, die zu hinterfragen wäre. Andererseits ist es durchaus bemerkenswert, dass die Frage nach der Teilnahme der gesamten Kirche am Dialogprozess von Anfang an thematisiert wurde: »Eines muss klar sein: Dieser Dialog wird nur dann Kraft und Wirkung haben, wenn an ihm auf konstruktive Weise […] beide Kirchen in ihrer Ganzheit teilnehmen werden.«1374 Das Problem der ekklesialen Teilnahme am Dialog und das der Rezeption seien so alt wie der theologische Dialog selbst. Festzuhalten bei S¸tefan Alexe ist jedoch die ökumenische Zuversicht, mit der er den Dialog kommentierte. Im Jahr 1988, nach der bewegten Sitzung in NeuValamo, wo die Frage des Uniatismus bereits für Unruhen gesorgt hatte, fand er Worte der Hoffnung für das Gelingen des Dialogs: »Was uns Hoffnung gibt, ist, dass der theologische Dialog zwischen den zwei Kirchen fortgesetzt wird. Lasset ihn uns mit Aufmerksamkeit verfolgen und für sein Gelingen beten!«1375

1371 A. Pla˘ma˘deala˘, Ortodoxie s,i ecumenism, 334. 1372 S,tefan Alexe gehörte neben Ion Bria zu der theologischen Generation, die in den 1960er Jahren wieder (durch Auslandsstipendien) einen direkten Kontakt mit der westlichen Theologie haben konnte; er machte Fortbildungsstudien im Ökumenischen Institut in Bossey (Schweiz) und in Lausanne (1965–1966), aber auch in Thessaloniki (1969–1970). Vgl. Vgl. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 21. 1373 S¸. Alexe, Începutul dialogului teologic oficial, 111. 1374 Ebd. 1375 Ders., Relat¸iile actuale ale Bisericii Ortodoxe cu Biserica Romano-Catolica˘. Dialogul teologic, in: O 40 (3/1988) 28.

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Ein größerer Vorbehalt gegenüber der ökumenischen Haltung der Römischen Kirche blieb hingegen bei anderen rumänischen Autoren bis in die 1980er Jahre bestehen. Der Kirchenrechtler Nicolae Dura˘ (geb. 19451376) vermisste eine »totale und ehrliche Öffnung [seitens der Römisch-Katholischen Kirche, I.M.] gegenüber den Prinzipien der aktuellen Ökumene«1377. Rom bliebe in der Formulierung der Primatslehre nach wie vor »rigide und exklusivistisch«1378. Als Kanonist äußerte er sich kritisch zum inhaltlichen Verlauf des offiziellen Dialogs: Nicht die »sakramental-dogmatische Sphäre«1379 sollte in Mittelpunkt stehen, sondern die zentrale Streitfrage des petrinischen Primats und der päpstlichen Unfehlbarkeit. Er kritisierte damit offen den sogenannten »Rhodos-Plan«, der vorsah, zuerst diejenigen theologischen Themen zu bearbeiten, wo eine klare Gemeinsamkeit formuliert werden kann. Dura˘ sah darin eine »willentliche Aufschiebung der Behandlung und Lösung der Probleme« (gemeint sind Papstprimat und Uniatismus), welche nur als »Vermeidung der Wahrheitsfrage« und als »Realitätsflucht« bezeichnet werden könne: »Bei der protokollarischen, ökumenischen Sprache zu bleiben, ohne zu einer praktischen, konstruktiven Aktion überzugehen, cui prodest?«1380 Diese Vorbehalte würden auch die »Aufhebung der Anathematismen« im Jahre 1965 betreffen; 20 Jahre später äußerte Dura˘ die Meinung, die Aufhebung vonseiten der Orthodoxie sei nur durch eine Panorthodoxe Synode rechtskräftig.1381 Die offene Kritik Dura˘s an der Methodologie des offiziellen Dialogs widersprach den offiziellen Stellungnahmen der eigenen Kirche in derselben Epoche und auch dem Ansatz des Metropoliten Antonie, dem Leiter der rumänischen Delegation im orthodox-katholischen Dialog. Sein Votum zeigt nicht nur die akribische Frustration des Kanonisten, dem die ökumenische Annäherung zwischen den zwei Kirchen zu schnell geht, sondern auch den Beginn einer »Pluralisierung« der rumänischen Theologie gegen Ende der kommunistischen Ära. Neben der Frage bezüglich des offiziellen theologischen Dialogs gab es auch Stimmen, die die inneren Entwicklungen im Leben der Römisch-Katholischen Kirche dokumentierten. So unternahm Dumitru Colotelo eine umfassende Un-

1376 Vgl. Vgl. M. Pa˘curariu (Hg.), Enciclopedia, 263–264. 1377 Nicolae V. Dura˘, Relat¸iile ecumenice actuale dintre Biserica Ortodoxa˘ ¸si Biserica RomanoCatolica˘ ¸si bazele lor ecleziologice, in: GB 42 (9–12/1983) 625. 1378 Ebd., 626. 1379 Ebd., 629. 1380 Ebd., 633. 1381 Vgl. Ders., Considerat¸ii asupra dialogurilor teologice ale Bisericii Ortodoxe cu Bisericile: Romano-Catolica˘, Anglicana˘, Veche-Catolica˘, Orientala˘ (necalcedoniana˘) ¸si Luterana˘, in: O 37 (3/1985) 393.

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Das ökumenische Paradigma (1961–1989)

tersuchung1382 der liturgischen Erneuerungsbewegung in der Römisch-Katholischen und in der Evangelischen Kirche in Deutschland und kam zu einem positiven Urteil aus orthodoxer Sicht: »Trotz dieser Schwächen bleibt die liturgische Bewegung eine positive Realität, die das westliche liturgische Leben entscheidend geprägt hat, indem sie dieses aus Apathie, Ignoranz und Effizienzlosigkeit geholt hat.«1383 Selbst manche Elemente der römisch-katholischen Liturgiereform, die von orthodoxen Liturgikern als Bruch mit der Tradition der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends verstanden wurden, wie beispielweise die Orientierung versus populum, werden vom rumänischen Autor neutral oder sogar positiv bewertet. Im Blick auf die innerkatholischen, konservativen Gegenstimmen schrieb er: »Diese verstehen nicht den Wert einiger der Reformen und haben den Eindruck, dass alles Heilige ersetzt worden sei.«1384 Die Kritik richtete sich ausschließlich gegen den sogenannten »tridentinischen Ritus«, d. h. gegen die alte Form der Liturgie. Er sah die orthodoxe Liturgie (in der rumänischen Tradition) als einen Beweis, dass die Liturgie nur dann verstanden werden könne, wenn auch ihre Sprache verstanden wird.1385 In der Art und Weise, wie Colotelo die Liturgiereform beurteilte, zeigen sich zwei Aspekte: Einerseits die selbstgenügsame Haltung einer Identität, die jeglichen Reformbedarf nur bei den Anderen sieht und in deren Reformentwicklungen längst geschehene Errungenschaften des Eigenen wiederentdecken will; andererseits eröffnet sich auch eine andere mögliche Interpretation, dass nämlich durch die positive Würdigung der Reformentwicklungen in den anderen Kirchen1386 die rumänische orthodoxe Theologie auch indirekt die Möglichkeit von Erneuerungen im eigenen Bereich stillschweigend offenließ.

1382 Dumitru Colotelo, Mis,carea liturgica˘ în cres,tinismul apusean, 1. Teil, in: ST 37 (1–2/1985) 9–111; ebd., 2. Teil, in: ST 37 (3–4/1985) 165–244. 1383 Ebd., 233. Die positiven Aspekte, die Colotelo – vor allem als Annäherung zur liturgischen Praxis der Rumänischen Orthodoxen Kirche – herausstellte, sind die Verwendung der Landessprache in der Liturgie, der nationale Charakter (!) der liturgischen Bewegung, die Inspiration aus der liturgischen Tradition der Alten Kirche sowie die ökumenische Orientierung. 1384 Ebd., 200. 1385 Vgl. ebd., 201. 1386 Colotelo ist nicht der einzige Autor in dieser Zeit, der sich mit der Liturgiereform in der Römisch-Katholischen Kirchen beschäftigte. Antonie Pla˘ma˘deala˘ unterstrich aber viel stärker die Ambivalenz des aggiornamento, wenn es darum ging die Symbolik und den Aufbau des Ritus und des kultischen Raumes zu ändern. Er bezog sich hierbei vor allem auf die neue Architektur der römisch-katholischen Kirchen nach dem Zweiten Vatikanum, die er »chiese aggiornate« nennt. Vgl. A. Pla˘ma˘deala˘, Ca tot,i sa˘ fie una, 344–362.

Fazit

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5.4. Fazit Die hier untersuchten drei Jahrzehnte (1960–1989) der rumänischen Theologiegeschichte in ihrem Identitätsdiskurs zu den anderen Konfessionen, insbesondere zur Römisch-Katholischen Kirche, können ohne weiteres als eine Zeit der Ausbildung einer eigenständigen ökumenischen Theologie bezeichnet werden. Die Untersuchung hat gezeigt, dass trotz vorhandener politischer Motivationen die ökumenische Wende in der rumänischen orthodoxen Theologie von Anfang an eine theologische Grundkomponente hatte, die bei den führenden behandelten Theologen (D. Sta˘niloae, N. Mladin, T. Popescu, I. Bria) einen echten Perspektivenwechsel bedeutete. Dieser Perspektivenwechsel führte in der grundlegenden Frage vom Verhältnis zwischen orthodoxer Identität und heterodoxer kirchlicher Realität zu einer ekklesiologischen Öffnung: Bei Sta˘niloae ist dies im Modell der abgestuften Kirchenzugehörigkeit und im ökumenischen Einheitsmodell der »offenen Sobornizität« festzumachen, bei den anderen Theologen in einer Fülle von Ansätzen, in denen als klare Konsequenz die Anerkennung der konfessionellen Andersheit als kirchliche Realität und damit eine Komplementarität der Identitäten zum Ausdruck kommt. Die allmähliche, im innerorthodoxen Vergleich langsame Öffnung zum Dialog mit der Römisch-Katholischen Kirche trug ihre vorurteilsbedingten Schatten bis in die 1970er Jahre hinein. Doch spätestens mit dem Beginn des offiziellen orthodox-katholischen Dialogs verschwanden in der rumänischen orthodoxen Theologie die unterschwelligen, vorurteilsvollen oder misstrauenserfüllten Töne gegenüber der Römisch-Katholischen Kirche. Das Aussteigen aus dem polemischen Modus ist am besten anhand des nationalen Diskurses in der rumänischen Theologie zu zeigen: Während bis in die 1950er Jahre der nationale Charakter der rumänischen Orthodoxie als wichtiges Unterscheidungsmerkmal zum supranationalen, universalistischen, die einzelnen Kulturen ignorierenden »Katholizismus« hervorgestrichen wurde, wurde ab den 1960er Jahren die Betonung der eigenen, national geprägten Kirchlichkeit von der ökumenischen bzw. interkonfessionellen Fragestellung abgekoppelt. Zwar betonten rumänische Theologen und Kirchenvertreter nach wie vor, wie zentral die »Selbst-Identifizierung der Rumänischen Orthodoxen Kirche mit den Lebenszielen des rumänischen Volkes«1387 sei, doch diese nationale Komponente des Identitätsdiskurses wurde 1387 Nicolae Corneanu (Metropolit vom Banat), Aspekte und Tendenzen der rumänisch-orthodoxen Kirche. Aus der Geschichte und dem Leben des rumänischen Volkes und der rumänischen orthodoxen Kirche, in: Theodor Piffl-Percˇevic´, Alfred Stirnemann (Hg.), Im Dialog der Liebe. Neunzehn Pro-Oriente-Symposien 1971–1981, Innsbruck – Wien 1986, 73. Dieser Diskurs blieb bis 1989 nicht nur im innerkirchlichen Bereich, sondern auch in von staatlichen Stellen veröffentlichten Berichten über die Lage der Religionsgemeinschaften im sozialistischen Rumänien geläufig. Vgl. Consiliul Consultativ al Cul-

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nicht mehr anti-katholisch referiert. Im Gegenteil, Theologen wie Antonie Pla˘ma˘deala˘ versuchten, die alte Spannung zu entpolemisieren und zu entkonfessionalisieren, indem sie statt des Begriffs der »Nation« jenen der »Ethnizität« (rumänisch: etnicitate) verwendeten und dessen Komplementarität zum klassischen ekklesiologischen Begriff der »Katholizität« betonten1388. Zwar fehlt in der rumänischen orthodoxen Theologie (mit der Ausnahme André Scrimas) eine grenzenlose, beinahe ungeduldige Aufbruchsstimmung für die »Schwesterkirche«, dennoch sind die gewonnene ökumenische Sachlichkeit und die Einsicht der Unumkehrbarkeit des Dialogs zur Einheit offensichtlich. Vergleicht man die den orthodox-katholischen Dialog thematisierenden theologischen Aufsätze der 1980er Jahre mit jenen der 1960er Jahre, dann ist nicht nur ein Zuwachs an wissenschaftlicher Dokumentation, sondern auch an Sachlichkeit zu vermerken. Der Grundton blieb ein nüchterner, vor allem hinsichtlich ekklesiologischer Grundfragen wie dem Jurisdiktionsprimat und dem Unfehlbarkeitsdogma oder der konkreten Herausforderung des Uniatismus. Die Begeisterung der meisten rumänischen Theologen für die Sache des Weltkirchenrates wird uns im Bereich der Beurteilung des orthodox-katholischen Dialogs nicht begegnen; der universelle Jurisdiktionsprimat (inklusive der Infallibilität) und der Uniatismus werden immer wieder als problematisch angesprochen. Zugleich ist die jeweilige Prägung auch personenbedingt, sodass unterschiedliche Akzente abzulesen sind: Der große Theologe Dumitru Sta˘niloae blieb von einem gewissen Misstrauen dem Vatikan gegenüber geprägt; er warnte vor einem Vorrang der Diplomatie vor der Theologie, war aber zugleich derjenige, der auch wichtige ökumenische Vorstöße formulieren konnte wie etwa in der Filioque-Frage.1389 Sein »ökumenisches Denken«1390 weist eine so hohe Komtelor din Republica Socialista˘ România (Hg.), Viat,a religioasa˘ în România, Bukarest 1987, 12: »Diese [die Rumänische Orthodoxe Kirche, I.M.] war und ist die Kirche des rumänischen Volkes. In vielen entscheidenden Ereignissen im Leben der Rumänen hat die Orthodoxe Kirche eine wichtige Rolle gespielt, vor allem in der Bewahrung und Behauptung der nationalen Identität, in der Entwicklung der rumänischen Sprache und Kultur.« 1388 »In der Tat gibt es keine Spannung zwischen Katholizität und Ethnizität. Nur jene schaffen daraus eine falsche Spannung, die andere Interessen als die ekklesiologischen haben.« Antonie Pla˘ma˘deala˘, Zece teze despre catolicitate s,i etnicitate, in: ST 31 (1–4/1979) 309. 1389 Vgl. Dumitru Sta˘niloae, Der Ausgang des Heiligen Geistes vom Vater und seine Beziehung zum Sohn als Grundlage unserer Vergöttlichung und Kindschaft, in: Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Frankfurt am. M. 1981, 153–163. Vgl. die ökumenische Würdigung dieses Ansatzes u. a. Bei: Jürgen Moltmann, Dumitru Sta˘niloae im ökumenischen Kontext, in: International Journal of Orthodox Theology 5 (2/2014) 29–40. I. Moga, Sfânta Treime, între Apus s,i Ra˘sa˘rit, 325–341. Viorel Coman, Dumitru Sta˘niloae on the Filioque: The Trinitarian Relationship between the Son and the Spirit and Its Relevance for the Ecclesiological Synthesis between Christology and Pneumatology, in: JES 49 (4/2014) 553– 576. 1390 Aurel Pavel, Ciprian Iulian Toroczkai, Adeva˘ratul s,i falsul ecumenism. Perspective ortodoxe asupra dialogului dintre cres,tini, Sibiu 2010, 195.

Fazit

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plexität auf, dass man es nur kontextbezogen gebührend einordnen kann.1391 Jüngere Theologen wie Dumitru Popescu trugen dazu bei, dass die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Zweiten Vatikanum an Sachlichkeit gewann und auch auf der Ebene der Universitätslehre ankam. Schließlich prägte die diplomatische und ökumenisch profilierte Gestalt des Metropoliten Antonie (Pla˘ma˘deala˘) von Transsylvanien in den 1980er Jahren die rumänische Präsenz im offiziellen Dialog. Seine Kommentare zum Verlauf des orthodox-katholischen Dialogs lassen die rumänischen Leser nicht nur hinter die Arbeitskulissen der Ökumene und in den Entstehungsprozess der Abschlussdokumente blicken, sondern vermitteln auch ein Stück Freude für die Sache des Dialogs.

1391 Vgl. ebd., 193–197.

6.

Forschungsergebnis und Ausblick

Die vorliegende Untersuchung hatte als Ziel, einige »Wege der rumänischen Theologie« – um den Titel eines epochalen Werkes Georges Florovskys zu paraphrasieren1392 – im 20. Jh. zu kartographieren, vor allem hinsichtlich der Identitätsbildungsdiskurse, die im Verhältnis zum »Katholizismus« (d. h. zur Römisch-Katholischen Theologie und Kirche) entwickelt wurden. Der Schwerpunkt lag – durch die Auswahl einer großen Zeitspanne (1875–1989) – auf der Erarbeitung jener Motive, Argumentationsmuster und Paradigmen, die für die rumänische orthodoxe Theologie in ihrem Selbstverständnis prägend waren. Es hat sich gezeigt, dass die westlichen Kirchen (und insbesondere die Römisch-Katholische und die Griechisch-Katholische Kirche) für den gesamten untersuchten Zeitrahmen ein ständiges Gegenüber darstellten; gerade im Bezug auf dieses Gegenüber schärften die rumänischen orthodoxen Theologen das Profil ihrer Tradition. Dennoch ist das in der Geschichte der Ökumene klassische Schema »vom Feind zum Dialogpartner«, »von der Polemik zum ökumenischen Dialog« viel zu einfach, um die Dynamik der komplexen Identitätsdiskurse der (rumänischen) orthodoxen Theologie im 20. Jh. zu beschreiben. Vielmehr ergibt sich ein sehr nuanciertes Bild von der Entwicklung und vom Profil der akademischen Identitätsdiskurse im Rahmen der rumänischen orthodoxen Theologie. Die verschiedenen theologischen Standorte sowie deren unterschiedliche kulturelle und interkonfessionelle Hintergründe haben die Anfänge der akademischen rumänischen orthodoxen Theologie geprägt. Eine Vorreiterrolle nahm am Ende des 19. Jh. die Fakultät von Czernowitz ein, deren Absolventen die theologischen und kirchlichen Entwicklungen in der ersten Hälfte des 20. Jh. in der ganzen Rumänischen Orthodoxen Kirche maßgeblich prägten. Dem Standort Czernowitz ist die Bejahung einer bewussten Synthese zwischen westlicher Wissenschaftlichkeit und orthodoxer Tradition zu verdanken, die die klassische 1392 Georges Florovsky, Ways of Russian theology 1, (Collected Works 5), hg. von Richard S. Haugh, Belmont 1979; Ders. Ways of Russian theology 2 (Collected Works 6), hg. von Richard S. Haugh, Belmont 1987.

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Forschungsergebnis und Ausblick

»Pseudomorphose«-These Georges Florovskys relativiert: Die Übernahme westlicher Denkformen erlaubte den Theologen in einem multikonfessionellen und multiethnischen Kontext, ihre eigene Identität in der Sprache der Zeit kundzugeben. Zwar geschah dies meistens in einem rein apologetischen Muster, sie verpflichtete aber die rumänische orthodoxe Theologie von Anfang ihrer akademischen Existenz an, sich mit dem Diskurs und den Entwicklungen in der westlichen Theologie zu beschäftigen und somit dem kulturellen und theologischen Provinzialismus zu entfliehen. Auch in den anderen theologischen und kirchlichen Zentren (vor allem Bukarest und Sibiu/Hermannstadt) stand am Ende des 19. Jh. das Herausbilden einer eigenen, für die pastoraltheologische Ausbildung geeigneten LehrbuchLiteratur im Vordergrund. Das große Ereignis im Leben der Römisch-Katholischen Kirche jener Zeit – das Erste Vatikanum – wurde nur in groben Zügen kritisch rezipiert (es fehlt eine systematische Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der Papstdogmen) und vor allem als Bestätigung einer längst initiierten theologiegeschichtlichen und kirchenpolitischen Entwicklung Roms angesehen. Trotz aller Polemik gegen den »Katholizismus«, der als Feindbild sowohl im theologischen als auch im kirchenpolitischen Bereich fungiert, wird die ekklesiologische Realität der Römisch-Katholischen Kirche nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil betonen Autoren wie Bischof Melchisedec S,tefa˘nescu die Anerkennung der kirchlichen Jurisdiktion der Römisch-Katholischen Kirche im Westen und der in dieser Kirche vollzogenen Sakramente. Als Folge des in der rumänischen Gesellschaft an der Jahrhundertwende vorangetriebenen Modernisierungsprozesses (das gilt für die theologischen Standorte Bukarest und Ias,i) bzw. als Folge einer Orientierung am westlichen Wissenschaftsdiskurs (das gilt vor allem für die bis 1918 habsburgischen Standorte Czernowitz und Sibiu) zeigt die rumänische orthodoxe Theologie am Anfang des 20. Jh. eine grundsätzliche Offenheit für die unterschiedlichen kulturellen und wissenschaftlichen Erscheinungsformen der Moderne. Diese Haltung (vertreten durch Theologen wie Nicolae Ba˘lan und Iuliu Scriban) wird zwar in Demarkation zur damaligen antimodernistischen Position Roms konstruiert, hat aber vor allem interne Gründe: die Hoffnung auf eine pastorale und kulturelle Erneuerung der Orthodoxen Kirche mit Hilfe der modernen Bildung. Die theologische Akademie in Hermannstadt wird sowohl vor als auch nach 1918 zum Zentrum dieser der Moderne gegenüber offenen (d. h. kritischen und selbstkritischen) Theologie (siehe beispielweise die Betonung der Laien im Leben der Kirche). Diese Entwicklung falsifiziert die immer noch in der theologischen Forschung geläufige Meinung, wonach die Orthodoxie aufgrund einer fehlenden Auseinandersetzung mit der Aufklärung von sich aus moderneresistent wäre. Dieses theologiegeschichtliche Beispiel zeigt vielmehr, dass die orthodoxen Theologen in einem bestimmten kulturellen Kontext und der konkreten ge-

Forschungsergebnis und Ausblick

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schichtlichen Situation der ersten Hälfte des 20. Jh. die Herausforderungen der Moderne als notwendigen Erneuerungsimpuls rezipierten. Parallel zu diesen fundamentaltheologisch relevanten Entwicklungen betonte die rumänische orthodoxe Theologie bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jh. das eigene nationale Spezifikum als wichtiges theologisches und kirchliches Profilbildungselement gegenüber dem universellen, übernationalen Katholizismus. Dieses »nationaltheologische« Paradigma durchzieht – in verschiedenen Variationen – die ganze Geschichte der rumänischen Theologie im untersuchten Zeitrahmen und zeigt die Ambivalenz des oben betonten moderneoffenen Erneuerungsprogramms. Das »ethnotheologische« Ethos – das vor allem im frühen Werk Dumitru Sta˘niloaes einen argumentativen Höhepunkt erreicht – wird zur Konstante des konfessionellen Diskurses mit dem römisch-katholischen Gegenüber. Das »Nationale« (d. h. das »Rumänentum«) als wesentliches Element der rumänischen Orthodoxie wird zum Kristallisationspunkt einer ganzen Serie von spirituellen und theologischen Eigenschaften (natur- und volksnah, personalistisch, gemeinschaftlich, realistisch, demütig, ökumenisch, kulturoffen, undogmatisch usw.), die sich die rumänische orthodoxe Theologie selbst zuspricht in Gegenüberstellung zum »rationalistischen«, »uniformistischen«, »immanentistischen«, »überdogmatisierten«, »monolitischen« und »dualistischen« Katholizismus. Diese Typologie relativierte sich in der Ära des ökumenischen Dialogs nur zum Teil, d. h. nur insofern man bereit war, in den verschiedenen innerkatholischen Entwicklungen nach dem Zweiten Vatikanum eine Entdeckung von Werten zu begrüßen, die in der Orthodoxie von Anfang an eine Konstante gebildet hätten. Trotz dieses Selbstgerechtigkeitsdiskurses, der je nach Theologen und Kontext leiser oder lauter im Hintergrund mitspielt, weist die rumänische orthodoxe Theologie ab den 1950er Jahren vor allem auf dem Gebiet der Ekklesiologie dialogische Perspektiven auf, die in der bisherigen Forschung unbeachtet geblieben sind. Vor allem die Ansätze Theodor Popescus und Dumitru Sta˘niloaes aus der Mitte der 1950er Jahre machen es notwendig, das Kapitel des ökumenischen Profils orthodoxer Theologie in den Ostblockländern vor 1961 neu zu schreiben. In einer der dunkelsten Epoche der rumänischen Geschichte, in der Kirche und Gesellschaft vom totalitären Regime fast gänzlich unter Kontrolle gebracht wurden, finden diese zwei Theologen (kurz vor ihrer Inhaftierung und einer jahrelangen politischen Gefangenschaft) den Mut, sich für eine notwendige ökumenische Öffnung der orthodoxen Ekklesiologie einzusetzen. Die ökumenische Öffnung der Rumänischen Orthodoxen Kirche im Jahr 1961 (Beitritt zum ÖRK) kann nicht ausschließlich – wie überwiegend in der Kirchengeschichtsschreibung geschehen – in einer rein politisch motivierten (aufgrund der Treue zu Moskau) Begründung verstanden werden. Vielmehr zeigt die ganze damalige Generation rumänischer Theologen das Bedürfnis, die alte

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Forschungsergebnis und Ausblick

Kultur der Polemik zu überwinden. Der Enthusiasmus für den Wiedereintritt in die Ökumenische Bewegung offenbart ein breitangelegtes Interesse für den ökumenischen Dialog. Theologen wie Nicolae Mladin, Ion Bria und Dumitru Sta˘niloae werden bereits in den 1960er Jahren die Grundlagen einer ökumenischen Theologie aus rumänischer orthodoxer Perspektive schaffen. Diese Ansätze legen eine erstaunliche Wandlungskapazität nahe, wobei die Wurzeln dieses »ökumenischen Paradigmas« sowohl in der aktiven Beteiligung rumänischer orthodoxer Theologen an den ökumenischen Bewegungen der 1920er und 1930er Jahre als auch in einer langjährig gelebten Erfahrung des interkonfessionellen Miteinanders (in Siebenbürgen, im Banat und der Bukowina) zu suchen sind. Im bilateralen Dialog mit der Römisch-Katholischen Kirche zeigen sich die Rumänische Orthodoxe Kirche und Theologie dagegen viel vorsichtiger. Kirchenpolitische Gründe (Uniatismus-Problem) und die theologische Isolation verlängern im rumänischen orthodoxen Bereich die Hermeneutik des Misstrauens bis in die 1970er Jahre hinein. Der »Dialog der Liebe« bleibt für die rumänische Theologie dieser Zeit ein verdächtiger Begriff. Auch die Rezeption des Zweiten Vatikanums ist höchst ambivalent. Gerade angesichts des Verschwindens der Grundlage für die alten Vorwürfe (beispielweise der Antimodernismus-Vorwurf) muss sich der Identitätsdiskurs der rumänischen orthodoxen Theologie gegenüber Rom neu finden. Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang die visionäre Gestalt des 1956 aus Rumänien ausgereisten Priestermönchs André Scrima; er zeigt in seinen Notizen und Aufsätzen als Konzilsbeobachter eine ganz andere Möglichkeit, die (rumänische) orthodoxe Identität gegenüber der römisch-katholischen Identität zu artikulieren: im Bewusstsein der kirchlichen Zusammengehörigkeit und der nie wirklich zerstörten Einheit. Auch die rumänische Theologie in der Heimat schafft ab der Mitte der 1970er Jahre – dank einer neuen Generation von Theologen (wie dem späteren Metropoliten Antonie Pla˘ma˘deala˘, aber auch Dumitru Popescu und Cezar Vasiliu) – den Paradigmenwechsel hinsichtlich der Beurteilung der Römisch-Katholischen Kirche. Die alten Vorurteile und Feindbilder geraten in Vergessenheit oder begegnen uns nur noch als marginales Phänomen; dagegen wächst das Bewusstsein einer dialogischen Erfahrung. Durch die konsequente Teilnahme am Vorbereitungsprozess für den Beginn des offiziellen theologischen Dialogs und danach am Dialog selbst, ändert sich der Identitätsdiskurs entscheidend. Von einem mehr oder weniger dokumentierten, stereotypischen Reden »über« den Anderen steigt die rumänische orthodoxe Theologie in den Dialog »mit« dem Anderen ein. Der ökumenische Blick auf die Römisch-Katholische Kirche wird in den 1980er Jahren zu einem Grundtenor der theologischen Studien und trägt das Bewusstsein einer wiederentdeckten Geschwisterlichkeit.

Forschungsergebnis und Ausblick

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Was sich in diesem knappen Überblick als eine theologiegeschichtliche happyend-story lesen ließe, beinhaltet jedoch auch kritische, offen gebliebene Fragestellungen, von denen an dieser Stelle nur eine einzige thematisiert werden soll. Die hier unterschiedenen, identitätsbezogenen Paradigmen haben zwar eine Entwicklung in der Schwerpunktsetzung erfahren (von apologetischer Polemik zur ökumenischen dialogischen Besonnenheit), sie wurden jedoch in ihrer jeweiligen Diskurskonstruktion innertheologisch und -kirchlich nie wirklich kritisiert und damit auch niemals als endgültig überholt erkannt und verabschiedet. Es gibt in der Theologiegeschichte der rumänischen orthodoxen Theologie nicht das Moment, bei dem die Kontingenzhaftigkeit der eigenen Identitätsdiskurse als solche erkannt und im Rahmen eines selbstreflexiven Prozesses kritisch beleuchtet worden wäre. Ein Requiem etwa für den nationaltheologischen Diskurs wurde noch nicht gespielt. Natürlich war der kommunistische Kontext auch in keiner Weise der geeignete Rahmen für einen solchen kritischen, selbstreflektiven Prozess. Dennoch bleibt als Einsicht und zugleich als offene Fragestellung für die heutige ökumenische Arbeit die Tatsache, dass neue, dialogische Identitätsdiskurse nicht (immer) das Verabschieden von alten, apologetischen, komparatistischen und stereotypen Identitätsdiskursen bedeuten müssen. Die Koexistenz von Feindschaft, Fremdheit und Alterität in Bezug auf dieselbe kirchliche Entität (hier die Römisch-Katholische Kirche) erklärt u. a. die Diversität der heutigen orthodoxen Positionen im Bereich der Ökumene. Diese Diversität tritt zwar als größeres Phänomen vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten (wie etwa in den antiökumenischen Bewegungen) in den Vordergrund, sie geht aber auf den Tatbestand zurück, dass die Theologiegeschichte des 19. und 20. Jh. als ein großes, ungebrochenes Kontinuum erlebt und wahrgenommen wird – höchstens mit Ausnahme der formellen Kritik an der als »scholastisch«, »rationalistisch« und damit »westlich« gebrandmarkten Schultheologie des 19. Jh. Gerade angesichts dieses ungestörten, ja sogar selbstverpflichteten Kontinuitätsbewusstseins gilt es, das Überleben von alten Fremd- und Feindbildern nüchtern festzustellen. Dennoch hat dieses Kontinuitätsethos umgekehrt auch Vorteile, denn es zeigt, dass der sogenannte »ökumenische Aufbruch« keine absolute Neuheit für das orthodox-theologische Bewusstsein darstellte, sondern dass es in vielen Elementen eine »Ökumene vor der Ökumene«, eine Kultur der Anerkennung innerhalb einer Zeit der Polemik gegeben hat. Es gibt also nicht nur eine nicht überwundene, unterschwellige Kontinuität der konfessionellen Vorurteilsmentalität, sondern auch eine noch nicht genügend gewürdigte Kontinuität einer kirchlichen Anerkennungskultur. Diese zweite gilt es heute wiederzuentdecken, vor allem angesichts antiökumenischer Diskurse, die die Ökumene als diplomatische Späterfindung der kirchlichen Hierarchie oder sogar als »Häresie des 20. Jh.« abstempeln. Zu den »logoi spermatikoi« einer »Ökumene vor der Ökumene« gehört etwa die im ganzen untersuchten Rahmen von der

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Forschungsergebnis und Ausblick

überwältigenden Mehrheit der behandelten Theologen vertretene, selbstverständliche Einsicht, dass der ekklesiologische Status der Römisch-Katholischen Kirche nicht in Frage gestellt werden darf und kann. Umgekehrt kann die Debatte im Umfeld des Konzils auf Kreta (2016) über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die heterodoxen Kirchen als Kirchen zu bezeichnen, als ein Armutszeugnis bewertet werden, dass die eigene, festverankerte theologische Tradition in dieser Frage völlig in Vergessenheit geraten ist. Die nicht ausreichende Reflexion über das Koexistieren von verschiedenen, an sich gegensätzlichen Identitätsdiskursen stellt zugleich die Verbindlichkeit des im Rahmen des ökumenischen Dialogs gemeinsam Erreichten in Frage. Der einzige Ausweg aus dieser Sackgasse ist in einer stärkeren, selbstkritischen, kontingenzbewussten Hermeneutik der eigenen (Theologie)Geschichte zu finden. Diese Einsicht ist nicht neu, bleibt aber nach wie vor aktuell. Deshalb soll als Zusammenfassung und zugleich als Ausblick am Ende dieser Untersuchung aus einem 1989 veröffentlichten Thesenpapier eines rumänischen orthodoxen Theologen zitiert werden. Der Text wurde von Daniel Ciobotea, dem heutigen Patriarchen der Rumänischen Orthodoxen Kirche, verfasst und formuliert sechs Aufgabenstellungen für die zeitgenössische orthodoxe Theologie: »1. To become less defensive and more self-critical […]; 2. To become more biblical and mystagogical […]; 3. To pay more attention to the concrete historical context and to modern culture […]; 4. To become more pastoral […]; 4. To rediscover the ecclesial dimension of the social involvement of Christians in the world […]; 6. To become more ecumenical […]. All the tasks of Orthodox theology presented above find their convergence in the one concern: How can theology enable the Church to renew herself and grow more in the agape of Christ today?«1393

Mit der vorliegenden Studie hofft der Verfasser, einen bescheidenen Baustein zu diesem Grundanliegen beitragen zu können.

1393 Daniel Ciobotea, The Tasks of Orthodox Theology Today, in: SVTQ 33 (2/1989) 117–126.

Abkürzungsverzeichnis

Die Abkürzungen folgen dem Abkürzungsverzeichnis der Theologischen Realenzyklopädie: Siegrief M. Schwertner, IATG3 – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin 2014. Alle Übersetzungen aus den zitierten rumänischen, englischen und französischen Werken wurden – wenn nicht anders angegeben – vom Verfasser angefertigt, weswegen auf eine besondere Erwähnung im Fußnotenapparat verzichtet wurde. Die zitierten rumänischen Titel wurden entsprechend der aktuellen rumänischen Schreibweise vereinheitlicht. Für weitere Anmerkungen im Text seitens des Verfassers gilt das Kürzel »I. M.« (Ioan Moga). Im Folgenden werden nur die verwendeten eigenen Abkürzungen aufgeführt: AB BOR GB C MA MB MMS MO O RT ST TR

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