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German Pages 160 [168] Year 1892
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von der
ältesten Zeit bis zur Gegenwart.
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Ferdinand Meyer.
4 Mit Abbildungen. Fest.
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Berlin 1892. Verlag der Buchhandlung der Deutschen Lehrer- Zeitung
(Fr. Zillessen).
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der Stadt Berit
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„Fn vorgeschichtlicher Zeit durchfloß die Dder das heutige Spreethal, bis sie, nach der Annahme unserer Geologen, in-
folge selbstgeshaffener und nicht wieder zu bewältigender Hemmnisse gezwungen wurde, von ihrem ursprünglichen Lauf abzulenken und sich ein neues Bett 'auszugraben.
Hiernach erhebt fich der jezige Stadtteil Moabit auf
einer der alten Oderdünen, und die Jungfernheide auf der
höheren Sandfläche eines abgelaufenen Landsees von ungemessener Ausdehnung, als dessen Ueberreste hier die schönen Havelseen zu betrachten find. Auch unser herrlicher Tiergarten ist dem entsprechend, als eine der jüngsten Bildungen im Spreethale auf einer der mittelhoch gelegenen Sandschichten jenes abgelaufenen Landsees entstanden, nachdem diese Schichten von den anfänglich noch hoce umgestalteten Dan>elmaun'
schen Gebäude), im Zuge der „Kleinen Wall“ (Schadow-) Straße bis hinter die Mauerstraße.
Von dort aus zog es
des. Kurfürstensich, unter Benutzung eines bereits vorhandenen Grabens, fast im rechten Winkel die Behrenstraße entlang bis zur köllnischen
Befestigung.
Beim Entstehen der neuen Stadt hatte es in der Absicht
also auf dem ihm gehörigen Tiergarten - Terrain, die spätere Friedrichstadt “zu erbauen, und so soll denn Dorothea 1679 jene Allee angelegt haben, welche die Seite ihres Stadtteils von derjenigen des fürstlichen Gemahls abgrenzte, bevor die Vereinigung der südlichen Lindenseite mit dex Dorotheenstadt er-
folgte, zu welcher sie noch gehört. Wie Pöllnit berichtet. „hätte Dorothea dort den ersten
Baum zu der vierfachen Lindenreihe. --“
gepflanzt.
1949
--
Es mag dies aber nur eine Nachpflanzung in
der durch den Großen Kurfürsten 1647 von der Hundebrüce aus- bis in den Tiergarten hinein angelegten sechsreihigen
Allee gewesen sein, deren. Länge auf dem Memhardsce nd Schadowstraße. Von Nicolai hat dann dessen Angabe Georg v. Naumer inseiner:4840. anonym erschienenen Schrift über. .den Tiergarten, der wir zum Teil bei unseren Schilde: rungen gefolgt find, auch. zu der seinigen gemacht. Anfänglich also war die Lindenreihe eine sechsfache, 1679 eine vierfache und 1698 wiederum eine sechsfache,
bis nacer und Wiesen über die Panke hinaus bis im die Gegend der Charite. Zm Jahre 1670 fügte der Kurfürst diesem umfangreichen Besiktum noch den Weinberg im Tiergarten hinzu, welcher am „Sandkruge“ unweit des Invalidenhauses lag und später als der Menardiesche bekannt war. Ein zweiter, durch den aus Holstein hierher berufenen Kunstgärtner Michelmann 1659 angelegter Garten, in welchem der Kurfürst die in seiner Jugend in Holland erlernte Gärtner-
kunst ausübte und sich zu diesem Behufe durch seine Gesandten die seltensten Pflanzen und Sämereien einschiken ließ, gehörte ebenfalls zum Territorium des Tiergartens.
Es war dies
das nasse, bis nach Wilmersdorf und Liezow reichende Hopfen-
bruch, von welchem ein aus 26 Morgen und 30 Quadrat-
ruten bestehender Teil mit einem Zaun umgeben wurde.
Zur Arbeitsleistung erhielt Michelmann drei Kossäten aus Schöneberg überwiesen. Damals der „Kurfürstliche Hopfen-
garten“ genannt, kann demselben, bezüglich feiner vielfachen Wandlungen bis zur Umgestaltung in den noc< jekigen „Botanischen Garten“ kein anderes preußisches Institut an
die Seite gestellt werden. Verfolgen wir min die damalige Umhegung des Tier-
gartens, so lief der Plankenzaun vom Unterbaum, woselbst
Bäume durch die Spree gezogen waren, um diese zu verschließen und wohl auch das Entweichen des Wildes zu verhüten, zwischen dem Fluß und der Straße nach Spandau bis gegen „Martinie>e“ hin. Hier, wo der vordere und hintere Tiergarten ebenfalls zusammenstießen, war wiederum eine Pfahlreihe durcer. ihn angesungen hat-. . ? Immerhin bildet die. gauze, aus „unmittelbarer. Anschauung
2%
hervorgegangene Staffage ein Zeitbild aus den Tagen jener
großen Vergangenheit.
DenAbschluß zur Rechten des vorderen Stadtbildes macht das langgestreckte Reithaus mit seinem turmartigen Anbau.
Seitwärts ragt am Horizonte, über den Wipfeln des Baumgartens, der schmale Giebelbau des Jägerhauses wie ein still verklingendes Stü> Weidmannssage vor unsern Blicken auf, und in den Rahmen des Bildes schiebt fich von hier aus der Plankenzaun des Tiergartens.
Nur einzelne Einlässe gewährte derselbe in die üppig bestandene Waldung. Den Haupteingang bildete anfänglich
eine Pforte in dem vom Schlosse aus über die Hundebrücke
führenden Wege. Nach Herstellung des Festungswerkes gelangte man auf ihm über die „Neustädtische Brücke“ zum „grünen“ oder „Tiergarten- Thor“ =- ein einfacher, ungewölbter Durchlaß im Wall hinter dem, die neue (Dorotheen-) Stadt vom Tiergarten trennenden Graben. Daher auch der Name
„Tiergartenbrücke“, welche der Große Kurfürst zu passieren
pflegte, wenn "er auf die Jagd in den Tiergarten sich begab.
Ein zweiter Eingang war unweit des Jägerhofes; er
diente lediglich zur Herbeischaffung des Jagdzeugs. Die „weiße Pforte“ endlich lag an der Eke der heutigen Lenneund Tiergartenstraße und bestand aus einem hölzernen Gitterthor, durch welches die in den Grunewald hinausziehende
Jäagdgesellschaft auf den Kurfürstendamm gelangte.
Von den Hauptwegen. im Tiergarten ist bereits des-
jenigen Erwähnung gethan, welcher im Zuge der Linden und
der Charlottenburger Chaussee nach Ließow führte.
Ein zweiter
lief, von der „weißen Pforte“ her jenen durchschneidend, quer durch die Waldung bis zur Spree unweit des Unterbaums. Er verband die zu Anfang des 17. Jahrhunderts von dem
Werder hierher verlegte Meierei der Kurfürstin mit dem Hause des Stackensehers an jener Pforte und bildet die jekige „Kleine Quer-Allee“. Der dritte und leßte Hanptweg zweigte
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sich vom Liezower Wege ab und führte im Zuge der "heutigen „Zelten- Allee“ nach demOrte der erst später angelegten Zelten. Außer diesen Hauptwegen waren nur wenige Prospekte
und Wildgefälle durch die alte Forstung "gehauen; dagegen ließ der Große Kurfürst im Jahre 1659, namentlich bei der nach ihm benannten Allee, jene schönen Eichen pflanzen, die mit ihren markigen Formen und den mächtigen, weitgespannten
Kronen das Auge entzücken. Was nun den Wildstand anbetraf, so hatte der Große Kurfürst, welcher schon vor seinem Regierungsantritt mit besonderer Vorliebe der Auerhahnjagd obgelegen, dies edle Geflügel
in größerer Anzahl aus Preußen herbeischaffen lassen, während die Zossener Umgebung Kapitalhirsche liefern mußte, und auch aus den übrigen kurfürstlichen Forsten eingefangenes Wild
herbeigeschafft wurde. Es kann daher nicht verwundern, wenn nach Vehses
Berichten der Jagd-Etat die damals bedeutende Summe von
jährlich 54,000 Thalern, nach andern Angaben sogar 600,000 Franken erforderte, zumal auch neben der großen Menge von Pferden gegen 3000 Menschen in Anspruch genommen wurden. Die oft wochenlang andauernden Jagden erstreckten fich namentlic< auf die Reviere bei Lehnin, Kaput und den Grunewald;
die niedere Jagd fand bei Potsdam statt.
Als Nicolaus Peucker, der bereits genannte Kammer-
gerichts - Advokat, Stadtrichter und Natskämmerer zu Cölln a. d.
Spree, der begeisterte Sänger des Großen Kurfürsten, einer Jagd im Grunewald beigewohnt hatte, richtete er an den Fürsten,
dessen besonderen Wohlwollens er sich erfreute, ein gereimtes Bittgesuch um Zuwendung eines wilden Sckenturm,
in welchem mittags um 12 und abends 6 Uhr zur Fütterung
der Jagdhunde geläutet wurde.
Das neue Jägerhaus hatte eine aus 7 Fenstern bestehende Front, und dann im Jahre 1765, als die „Königliche Banco“ hierher verlegt wurde, eine solche von 15 Fenstern erhalten.
Nac< Nicolais Angabe befanden sich im Erdgeschoß die
Bank-Kontore, in den oberen Stockwerken aber das Bau-
Departement und die Haupt-Nut- und Brennholz-Administration. Dannerfolgte 1833 ein abermaliger Um- und Vergrößerungsbau,
welcher dem jekigen, imposanteren der „Deutschen Reichsbank“ gewichen ist. Zu- der vorerwähnten Umgestaliung des Tiergartens mag hauptsächlich die Anlegung der „Liezenburg“ durch die Gemahlin des Kurfürsten bestimmend gewesen sein. Auf einer Spazierfahrt durch den Tiergarten hatte Sophie Charlotte
an dem Landgut und Schloß „Ruheleben,“. welches ihr Oberhofmeister Baron v. Dobrzius?ky sich eingerichtet, Gefallen gefunden, und dasselbe für 25 000 Thaler angekauft. Bald
aber lenfte sich ihr Augenmerk auf das lieblich an der Spree gelegene Liezen, und es reifte bei ihr der Plan, dort nach
dem Muster des glänzenden Hofes Ludwigs XIV., woselbst fie im fünfzehnten Lebensjahre verweilte, fich ihr Versailles in
der neuen märkischen Heimat zu schaffen.
Der ursprünglichen Kolonie Lußen geschieht in dem
Landbuche Kaiser Karls IV. vom Jahre 1375 schon Er-
wähnung.
„Das ganze Dorf,“ heißt es dort, „ist mit allen
Gerechtsamen dem (im Jahre 1239 gestifteten) Jungfrauen-
I8
kloster zu Spandow. vereignet, und ehemals ist es der Hof
gewesen.“
Dieser alte Hof =- später in Lüze, Lüßzen, Lietze, Ließzen
und zuletzt in Lüßow. umgewandelt :-- war mit Cölln an der
Spree
die älteste Ansiedelung . in. der von Sümpfen und
Brüchen durchzogenen Waldung, die von Spandau bis gen
Köpenic> sich erstreckte.
Bei Aufhebung des Klosters, 1540, „fiel Luße an den
LandesSherrn zurü&.
Jm Jahre 1671 hatte der Ort 8 Kossäten-
höfe, und außerdem nahmen 6 Bauern an den aus 13 Hufen
bestehenden Ländereien teil.
- Dem Wunsche seiner Gemahlin entsprechend, ließ Friedrich II. durch Ordre vom 9. Mai 1695 derselben das Dorf mit den dazu gehörigen Ländereien übereignen, und
durch Andreas Schlüter den Hauptteil des heutigen Schlosses erbauen. Zugleich wandelte der berühmte Lenötre die dortige Waldung, unter deren altehrwürdigen Bäumen man zahlreiche, an den heidnischen Waldkultus erinnernde Totenurnen aushob, nach dem Versailler Muster zu einem weiten
Park mit Teichen und -Drangerien um, den außerdem zahlreiche Statuen schmückten. Obwohl das Schloß noch nicht vollendet war, erfolgte
doch bereits am 1. Zuli 1699, dem dreiundvierzigsten Ge-
burtstage des Kurfürsten, die prunkvolle Einweihung.
Ueber
dem Schloßportal prangte in goldenen Lettern die von dem
englischen Gesandten Mr. Stepney verfaßte, lateinische Inschrift, zu deutsch: „Dies Haus, von Dir erbaut, doch das soll mir gehören, Will Dein Geburtsfest heut, als seines Stifters ehren, Sei gütig und laß' zu, daß wir Dir dankbar sein! Dies bittet Dein Gemahl, die Liebe stimmt mit ein.“
An. beiden Seiten der nunmehr verbreiterten Tiergarten-
Allee, zu der .man von „der-
Dorotheenstadt aus. auf einem
Rasengange zwischen Ballustraden inmitten der Linden durch das Tiergartenthor gelangte, waren für die Wagenfahrten des Hofes Pfähle mit Laternen aufgestellt. Ferner hatte der Hofjäger Hemmerich an der langen sandigen Wegstre>e einen ringsum mit Eichen bepflanzten Plat, den heutigen „Großen Stern,“ als Ruhepunkt angelegt. Von ihm aus zogen sechs Alleen strahlenförmig als bequeme Wege für die Spaziergänger
fich hin.
Bezüglich jener Laternen muß hier noch des nicht recht
definierbaren Zerstörungstriebes in den unteren Schichten der
Berliner Bevölkerung gedacht werden, denn der König erließ
ein nach damaligem Brauche von den Kanzeln herab verfündetes Cdikt, daß niemand an diesen Laternen sich
vergreifen sollte.
So hatte Sophie Charlotte in der „Seßenburg“ ihren eigenen Hof gebildet, an welchem im Kreise geistreicher Männer
und Frauen zwanglose Gesellschaften mit heiteren Festen (den
sogenannten „Wirtschaften“) abwechselten.
Nocern umgeschaffen.
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In dieselbe Zeit fällt auch die erste Bebauung der Tiergartenstraße durc< eingewanderte französische Gärtner. Auf dem Teil des hinteren Tiergartens legten ebenfalls französische Kolonisten längs der alten Spandauer Allee Gärten und. Maulbeerplantagen an.
Sie
nannten
diese Kolonie
„Pays de Moab“ -- das Moabiterland, auch
„terre
manudite,“ wie Nicolai anführt, und weil nach v. Raumers Meinung das Land der Moabiter in der Bibel als ein steriles
vorkommt.
Den diesseits der Spree gelegenen Teil des
vorderen Tiergartens -- das heutige „Bellevue“ --- erhielten
Refugies »zu gleichem Zwe überwiesen.
Wenden wir uns nun dem Tiergarten - Vorwerk beim
Unterbaum zu, so war demselben durch die Anlegung des Treckschuyten- Dammes, des Schönhausener Grabens und der Brücke am Unterbaum ein beträchtlicher Wiesenwachs entzogen worden. Auf dem andern, vom Spandauer Thore bis in die
Gegend der Charite sich erstre>enden Vorwerk der Königin
erfolgte dagegen die Bebauung der Oranienburger- und der
„Damm“ (heutigen Friedrich-) Straße bis zum Oranienburger Thor, während auf dem Territorium der jekigen FriedrichWilhelmsstadt größere Privatgärten entstanden, von denen namentlich der Gräflich Reußsche eine Berühmtheit erlangte. Seit dem Jahre 1790 waren auch seine Tage gezählt, als hier die Ecole veterinaire -- die fönigliche Tierarzneischule,
erstand.
Und schließlich noch kennzeichnete ein öder Sandhügel
die Stätte, wo vordem der in Berlin zu hoher Kultur gelangte
Weinbau auch auf dem bereits genannten Menardieschen Weinberge bei der Charite gepflegt wurde. Das übrig gebliebene Gartenterrain dieses Vorwerks veräußerte der König 1706 an den Reichsgrafen v. Wartenberg für 676 Thaler. Dieser ließ hier einen Lustgarten nach da-
mals englischem Gesc für seine Gemahlin anlegen und darin ein Lustschloß durch Eosander' erbauen. Doch nicht lange Zeit sollte die Gräfin dieses schönen Besiztums sich 2
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erfreuen; denn nachdem in Folge ihres Hochmuts der Rück-
tritt des Reichsgrafen erfolgt war, erwarb es der König zurück.
Das stille „Sommerschloß im Spreegarten“ hatte sich dann Zar Peter der Große zum Aufenthalt während seiner vier-
tägigen Anwesenheit in Berlin, vom 19. bis 22. September
1717, ausersehen.
Jett erhebt sich dasselbe, nach mehrfachem
Bestimmungswechsel, als „Hohenzollern-Museum“ inmitten eines nur noch kleinen Ueberrestes jener Garten- Anlage.
König Friedrich Wilhelm I., der haushälterische Monarch, welcher das. einfache patriachalisch deutsche Haus-
wesen, gegenüber der frivolen französischen Richtung an den damaligen Höfen, in seiner nächsten Umgebung wie in der Staatsverwaltung durchzuführen sich bestrebte, war von einer
tiefgewurzelten Mißachtung gegen das Gepränge erfüllt, das der glänzenden Hofhaltung seines Vaters ungeheure Summen gefostet hatte. Aus seiner Jugendzeit auch schrieb sich der Widerwille gegen das Charlottenburger Schloß her, woselbst die Schäferspiele und Maskeraden jenes empfindsamen Zeitalter8, die heiteren, oft ausgelassenen Feste oder „Wirtschaften“ stattgefunden, bei denen selbst der ernste Philosoph Leibniz seine würdige Allongenperrücke für ein Maskenkostüm ablegen, und der jugendliche Kronprinz als zierlicher Taschen-
spieler seinen Hokuspokus treiben mußte.
So konnte denn auch der Tiergarten in seinem geringen
praktischen Nuten, als solcher keinen besonderen Wert haben für den ökonomisch rechnenden Monarchen. Freilich möchten
damit die bedeutenden Summen nicht in Einklang zu bringen sein, welche die von Friedrich Wilhelm mit Leidenschaft
betriebene Jagd alljährlich erforderte; aber auch hierbei zeigte
sich derselbe von der praktischen Seite, denn der Verkauf des zahlreich erlegten Wildes mußte jene Summen zum Teil wieder
de>en.
Machenow, Jagdschloß „Stern“ und Wusterhausen
wären die Reviere, in denen der König den Parforce - Jagden öble - 0-
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Bei der minderen Wertschäzung des Tiergartens ließ
gleichwohl der wirtschaftliche Sinn Friedrich Wilhelms eine Vernachlässigung der schönen Waldung nicht zu, Er sorgte im wesentlichen für die Erhaltung des Gehölzes und auch des, den Park noch immer gegen die freiere Umgebung abschließenden Plankenzaunes. Dagegen wurde dem „kleinen“ Tiergarten durch die im Jahre 1717 vön den Holländern Braun und
Zee zwischen dem Spandauer Wege und der Spree neu
angelegte Pulvermühle ein nicht unerheblicher Besißteil entzogen, ebenso durch die Errichtung der Charits (1726). Es war am 12. Juni des Jahres 1728, als am Saume
dieser. Waldung, unfern der Pulvermühle, ein lebhaftes Bild sich entwickelte. Zu der Jungfernheide hatte tags zuvor ein „Sroßes Jagen“ zu Ehren des Königs August Il. (des Starken)
von Polen stattgefunden, und es waren binnen wenigen Stunden 400 Stü> „Tannenwildpräth“, Dammwild, 38 wilde
Säuen und 2 Füchse „gefället“ worden. Unfern der Pulvermühle nun verabschiedeten sich der Polenkönig und dessen Sohn nach einem vierzehntägigen Gegenbesuch am Hofe Friedrich Wilhelms von demselben, und sie tranken, wie eine hölzerne Gedenktafel noc< zu Ende des Jahrhunderts verkündete, „an dieser Stelle einen Becher Weins auf das Wohl des Königs von Preußen und auf beständige Freundschaft mit Preußen“. . .
Eine lebhaftere Bebauung der Friedrichs- und Dorotheen-
stadt war bereits eingetreten, als der König im Jahre 1734 die Stadtmauer vom Potsdamer Thor -aus in gerader Linie
nordwärts, mit geringer Abweichung nach Osten, fortführen
und da, wo die Allee nach Charlottenburg diese Mauer durch-
sci in einer prächtigen Radierung uns zur
Verauschaulichung gebracht hat.
Der Festungsgraben nebst
Wall wurden beseitigt, und in dem bis zur neuen Stadtmauer gelegenen Raum -=- dem sogenannten Tiergartenviertel
-=- erfolgte die Beseitigung sämmtlicher Bäume, während die 22
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Lindenprometnade eine Verlängerung bis zum heutigen Pariser Plaz erfuhr. Dieser erhielt gleichfalls, wie die Pläze am Halleschen und Potsdamer Thor, von seiner Gestalt die Benennung „das Viere>“ oder „Quarree.“ Zugleich gingen das Vogelhaus und das Gebäude für den Seildreher der Jagdnee ein, welche am Charlottenburger Wege auf diesem zur Stadt gezogenen Teile lagen. Das Thor selbst, ein einfaches Pfeilerpaar, war' in seiner
Anlage dem Potsdamer Thor sehr ähnlich, und unterschied sich
von diesem nur durch eine einfachere Ausstattung. Dadurch wurde von dem königlichen Bauherrn offenbar dem Wege nach Chärlottenburg eine viel geringere Bedeutung beigelegt, und es war wohl eine genügende Concession für den Verkehr des
Hofes mit dem still gewordenen Charlottenburger Schlosse, daß der König auch hier, wie beim Potsdamer Thor, den Thorplaß nicht für die CExercitien seiner Soldaten benutte,
sondern = so sehr es ihm auch leid gewesen sein mag, einen so prächtigen Raum unbenußt zu lassen == außerhalb desselben einen „Exerzierplatz“ anlegte. Es war dies die weitgespannte Sandfläche, auf der ein Stück Berliner Kultur-
geschichte sich abspielen sollte, bevor auf ihm die prächtigen Gartenanlagen des heutigen „Königsplates“ entstanden. Eine absonderliche Verwendung fanden die Acerstücke zu
beiden Seiten der jezigen Bellevuestraße, damals die „Allee
nach Charlottenburg“ genannt, obwohl fie vom Potsdamer
Thor aus nur nach dem „Kleinen Stern“ führte, dann aber um das Jahr 1790 bis zum Sclosse Bellevue verlängert
wurde. Jene Ackerstücke hatte -die Ließower Kirche als Entschädigung für einige an den Tiergarten abgetretene Ländereien erhalten, und hier wurden zur Zeit Friedrich Wilhelms I. die Leichen eingescharrt, welche zu den Obductionen im
„Theatrum anatomicum“ gedient hatten. Später entstand hier der „Realschulgarten.“ In jene Zeit fällt auch die erste Anlage des „Hofjäger-
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Etablissement3;“ und zwar war es ein Ackermann Namens
Gauert, welcher das umfangreiche, im Winkel des Landwehrgrabens und Tiergartens liegende Aerstü>k 1716 von den Süßbierschen Erben für 150 Thaler erwarb und ein Wohnhaus, nebst Stall und Scheune darauf errichten ließ. Und
endlih noch fällt in den Niedergang der Regierungszeit Friedrich Wilhelms 1l. die Anlegung der „Jägerbrüce“ über den Festungsgraben, wodurch die Verbindung des Jägerhofes bezw. des Werders mit der Friedrichstadt hergestellt
wurde.
-
So überkam Friedrich der Große den eingeschränkten Tiergarten, dessen Umgestaltung zu einem der schönsten Lustparke dem schöpferischen Genie des Königs vorbehalten bleiben
sollte. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt ließ derselbe,
angeblich um seiner Mißachtung gegen das Weidwerk offenfundig Ausdru> zu geben, den noch vorhandenen Plankenzaun beseitigen, damit der Tiergarten zu einer für alle zugänglichen Erholungsstätte würde. Und doch hatte Friedrich der Große, wie
aus seinen eigenen Schriften hervorgeht, schon in frühester Jugend der Jagd obgelegen.
Freilich, wenn man die Aufzeichnungen
seines Kammerhusaren Neumann nicht bezweifeln will, hätte Friedrich damit nur bezweckt, fich „im Reiten zu exerzieren“, feineSwegs aber eine „gewöhnliche Freude darin gesucht,
die dergleichen Liebhabern fast zu einer Leidenschaft gereicht“. Während seiner langen Regierungszeit findet fich deun auch
nirgends ein Hinweis vor, daß Friedrich der Große an einer Jagd persönlich teilgenommen, weil er. (nach Preuß
Angabe) das Jagen für ebenso vergnüglich wie das Schorn-
steinfegen hielt.
Genug, die Jagdschlösser und -Reviere seines Vaters verödeten, und auch die Pflege des Wildes begann aufzuhören. Dagegen wurde eine Kommission eingesetzt, bestehend
aus dem Landjägermeister v. Schwerin, dem Oberstlieutenant v. Keith und dem Sur-Jntendanten v. Knobelsdorff, :um
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Vorschläge zur Umwandlung des Tiergartens in einen geschmackvollen Lustwald zu machen, nach denen Knobels-
dorff die Anlagen entwerfen sollte. Zu diesem Zweck fand im Jahre 1742 eine Vermessung des gesamten Waldterrains
statt, dessen Umfang auf 820 Morgen festgestellt wurde.
Gleichzeitig lag es in der Absicht Friedrichs, in der
nächsten Umgebung Berlins auch eine Fasanerie herzurichten,
um die Hoftafel mit diesem zarten Geflügel zu versorgen, denn die Folgen der vernachlässigten Jagdanstalten traten alsbald zu Tage. Erhielt doch der Oberjägermeister Graf v. Schlieben die Ordre: „Es soll zwei Meilen um Berlin und Potsdam kein Rebhuhn mehr geschossen, sondern vor Mic in seinen völligen Besit
überging.
Schon vorher war das Beersche Haus, in welchem die geistvolle, vortreffliche Gattin Amalie (eine Tochter des vorgenannten Bankiers Wulff) waltete, zu einem Sammelpunkt der Berliner wissenschaftlichen und Kunst-Koryphäen geworden. Als enthusiastischer Theaterfreund gehörte Beer zu den sieben Direktion8mitgliedern des am 24. August 1824 eröffneten
„Königsstädtischen Theaters“, für welches Friedrich Cerf im Jahre 1822 die Konzession erhalten hatte.
-
A. €9
.
=
Carl v. Holtei, der damalige Dramaturg und Sekretär
des Theaters, giebt in einer „Charpie“ betitelten Samlung
vermischter Aufsätße folgende interessante Schilderung:
„Das Königsstädter Theater, neu erbaut, kürzlich ge-
gründet, von einer aus Aktionären erwählten siebenköpfigen Direktion geleitet (als deren Sekretär ich fungierte), war
Vater Beer's Puppe. Dort wirksam und nüßlich, dafür eifrig, hieß zugleich bei Herz Beer heimisch, hieß ein Kind
seines Hauses sein.
„Wenn ich draußen bei ihm getafelt hatte =- denn das
war ein süßes onus des Theaterdichters und Sekretärs, der
troß aller Le>erbissen manchmal gern in seinem stillen Stübchen
bei Hausmannskost geblieben wäre, =- und wenn danndie
Theaterstunde schlug, dann litt es den dicken Herrn nicht länger im Tiergarten, mochte der Abend noc< so lieblich,
mochte die Gesellschaft noch so auserlesen sein. Zur bestimmten
Stunde hielt Kutscher Lindner vor dem Eingangsportal und hinein ging es in die staubige Stadt. Lindner war ein
guter Kutscher, aber ein Pfiffikus daneben, der es verstand,
auf seine Weise fich anzuschmeicheln.
In der Königstraße
mußte.
„Was giebts denn,
wußte er es gewöhnlich so geschit einzurichten, daß er mit anderen Wagen in Konflikt geriet und ein Weilchen stillhalten
Erscholl die Frage heraus:
Lindner?“ so kam regelmäßig die Antwort zurück: „Ac auf das damalige Moabit, aus dessen niedrigem Häuserkranz ein zierlicher Turmbau aufragt. Es ist die
Villa des Prinzen, welche noc< jezt hinter den Baulichkeiten an der Straße Alt-Moabit Nr.
117 und 118 vor-
handen ist, und zur Dienstwohnung des Oberbefehl5habers in
den Marken und Gouverneurs von Berlin, General-Oberst
v. Pape, gehört.
Der „Moabiter Berg“ mit seinen Birken und Laubnischen erhob sich hinter dem heutigen Borsigschen Besihtum, hart am Spree-Ufer, auf einer von der „Wulwe-Lanke“ gebildeten Landzunge. Das dazu gehörige Terrain reichte bis an die Straße Alt-Moabit Nr. 108, E>e der Kirchstraße, und bildete das von der vornehmeren Gesellschaft frequentierte Ber-
gnügungs-Etablissement „Auf dem Berge.“ Jeht ist das „Helgoländer Ufer“ auf diesem Teil
des planierten Berges angelegt, von welchem unsere Altvorderen den Blick schweifen ließen über die nunmehr zumgroßen Teil entschwundenen landschaftlichen Reize. Die Wulwe-Lanke wurde bei Anlegung der Calvin-Straße teilweise zugeschüttet, und auch die von den beiden Westfalen angelegte PumpernickelBäckerei, welche einst die Berliner hinaus3og, ist unter dem Nachkommen des Kolonisten Reichard im Jahre 1872 ein-
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gegangen. Sie befand sich an der E>e der heutigen Jagowund der Straße Alt-Moabit. Ein neues Leben ist erblüht im alten „Moabiterlande“,
welches von den Pulvermühlen in einer Länge von 328 Ruten
sich herzog, und mit den dazu gehörigen Gärten und Wiesen eine Breite von 32 Ruten einnahm.
Hier, neben dem Hause
Beusselstraße 22, stand beim „hinteren“ Tiergarten das alte Stakensezerhaus, später auch der „Rhabarberhof“ genannt, weil dort König Friedrich Wilhelm 1. kranke Pferde mit Nhabarber kurieren ließ. Demnächst gelangte dieser Hof an einen Franzosen namens Martin, welcher hier bei der Beusselstraße Nr. 66 eine Schankwirtschaft anlegte, die ge-
meinhin „beim Martinicken“ genannt wurde.
Nach ihm führt
auch das an der „Kaiserin Augusta-Allee“ auf Charlotten-
burger Gebiet gelegene „Martinickenfelde“ seinen Namen.
- War not war. Letterer brachie einigen armen Gassenbuben, durch derenfortgesezte Herstellung schmaler Steige für die Promenierenden, einige Groschen ein, die man ihnen auf freundliches Bitten für ihre Mühe gern zuwarf. An dem Wege längs der Stadtmauer hielt linker Hand eine Anzahl kleiner, mit zwei oder drei Pferden bespannter Korbwagen, welche je 6 bis 8 Personen zur Beförderung nach
Charlottenburg aufnahmen.
Diese Wagen brachte der
Berliner mit der Quadriga auf dem Thore in Verbindung. Er wißelte: der „kupperne“ Wagen mit dem weiblichen Kutscher
und seinen vier Pferden sei das Symbol, durch welches jene
Korbwagen angedeutet würden, die für 2 Groschen zu jeder-
manns Gebrauc< bereit ständen. Jm Uebrigen vermochte Charlottenburg die an schönen Sommertagen dorthin wallfahrtenden
Berliner kaum zu fassen. Zahllose Tische standen an beiden Seiten der Straße; an ihnen saßen die Hauptstädter in „un-
absehbaren“ Gruppen auf Stühlen, Bänken und selbst auf altem Bauholz, mit sichtlichem Behagen ihren Kaffee oder ein
Glas Bier trinkend =- denn zu Wein oder Punsch verstieg
sich hier ihre Dekonomie nur selten. Kehren wir zum Tiergarten zurük, so bot der Cingang in denselben ein echt kleinstädtisches Bild dar. Sogenannte „liegende“ Viktualienhändler hatten im Schatten der vordersten Bäume kleine Tische mit Würsten und Pfennigsemmeln, kleinen Pfefferkuchen und großen Branntweinflaschen etabliert. Daneben fand fich auch wohl ein Jnvalide mit seinem Guckkasten oder Bergwerk en miniature ein, um einige Kupferpfennige zu verdienen.
Wie anders entfaltete sich das vornehme Leben auf den schattigen Gängen des Lustwaldes, vor den Landhäusern „reicher Partikulier8“, welche in der Tiergartenstraße fich angesiedelt hatten, oder auch in den eleganten Kaffeegärten daselbst! Wer es nur einigermaßen bewerkstelligen konnte, hielt sich hier
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einige Wochen während des Frühlings auf, um die Mode des
„Brunnentrinkens“ mitzumachen.
Kaum daß die rosenfingerige Eos heraufgezogen war, mit zauberischem Glanze die noc< halbverschlafenen Bäume und
Gebüsche umstrahlend, als auch schon junge Mädchen und Frauen mit einem Glase Pyrmonter auf den Waldpfaden
promenierten, oder an den aufgestellten Tischen bei einer Tasse Chofolade den Morgen verplauderten. Wieder Andere vertieften fich einsam unter einem Baum in ihre Lektüre; Liebes-
paare „schäferten ungeniert umher“, suchten auch wohl, Hand
in Hand, die dichteren Laubgänge auf, in deren Blätterdach
die gefiederten Sänger ihren Morgenhymnus anstimmten. . .
Das war ein Lauschen, ein Lispeln und Kosen!
Auch eine Frühpromenade nach dem „Hofjäger“ gehörte
zu den Lieblingsgewohnheiten der Berliner. Man gruppierte fich dort in den verschiedenen Lauben zu einem Frühstück, trank was einem schmeckte, und lauschte einer „nicht unangenehmen“
Musik.
Um die elfte Vormittagsstunde begann es lebendiger zu werden: häusliche Gruppen, Mütter mit „großen und kleinen“ Kindern, sie alle schwärmten umher und suchten ein anziehendes Plätzchen auf, zu denen insbesondere die Nousseau-Jnsel gehörte. Auf den breiteren Wegen tummelten sich Offiziere und bürger-
liche Elegants auf mutigen Rossen umher; seltener dagegen erblickte man eine Karosse in der schattigen Parkregion. So gewährte denn, als das Jahrhundert zur Rüste ging,
dieser Teil des Tiergartens den feineren und vornehmeren
Gesellschaftsfreisen die „erwünschtesten Gemüthsveränderungen“,
war er nach dem Ausspruch eines Zeitgenossen „dem Weisen ein Paradies.“-=-
König Friedrich Wilhelm II]. ließ die noch unter
seinem Vorgänger begonnene Chaussierung der Fahrstraße nach
Charlottenburg vollenden, womit in Folge der über das Vater-
land hereingebrochenen schweren Zeiten das Verschönerungswerk
EWT
en = beides giebt ihm ein finsteres Aus-
sehen.
Das bräunliche Auge ist zwar nicht feurig zu nennen,
doch ist sein Blik durchdringend; erforschende Anmut mangelt
diesem Blicke zwar, aber nicht Haltung und Auge ist in ewiger Bewegung und spricht glühende Thätigkeit seines eigenen Jen legen, und ver-
smiebene gärtnerische Anlagen entstanden. dem gti ichen Ausgang der Besreiungskriege setzte Nach eine starke Baus tätigkeit an ven Rändern des Tiergarten3 ein, Aehnlich sorgte
er dann für kunstvolle gärtnerische Auss