Nachgelassene Schriften und Wissenschaftlicher Briefwechsel. Erster Band: Nachgelassene Schriften. Erweitert um einen Anhang: Nachschrift einer ... und wissenschaftlicher Briefwechsel) 3787304908, 9783787304905

Gottlob Frege hinterließ eine große Anzahl wissenschaftlich bedeutsamer Papiere, darunter größere unveröffentlichte Manu

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German Pages 431 [430] Year 1983

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Table of contents :
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Inhaltsverzeichnis
Verwendete Abkürzungen
Vorwort zur zweiten Auflage
Einleitung
I. Zur Begriffsschrift und zur Begründung der Arithmetik (H. Hermes)
II. Zur Formalismuskritik und zum Logikbegriff Freges (F. Kambartel)
III. Der neue Ansatz und die geometrische Erkenntnisquelle (F. Kaulbach)
Geschichte des Frege-Nachlasses und Grundsätze für seine Edition
Gottlob Frege. Nachgelassene Schriften
Logik
Booles rechnende Logik und die Begriffsschrift
Booles logische Formelsprache und meine Begriffsschrift
[Dialog mit Pünjer über Existenz]
[Entwurf zu einer Besprechung von Cantars Gesammelten Abhandlungen zur Lehre vom Transfiniten]
Über den Begriff der Zahl
[1. Eine kritische Auseinandersetzung mit Biermann]
[2. Eine kritische Auseinandersetzung mit Kerry]
[Ausführungen über Sinn und Bedeutung]
Logik
Begründung meiner strengeren Grundsätze des Definierens
Logische Mängel in der Mathematik
Über Euklidische Geometrie
[Notizen Freges zu Hilberts "Grundlagen der Geometrie"]
[17 Kernsätze zur Logik]
Über Schoenflies: Die logischen Paradoxien der Mengenlehre
Was kann ich als Ergebnis meiner Arbeit ansehen?
Einleitung in die Logik
Kurze Übersicht meiner logischen Lehren
Logik in der Mathematik
Meine grundlegenden logischen Einsichten
[Aufzeichnungen für Ludwig Darmstaedter]
Logische Allgemeinheit
[Tagebucheintragungen über den Begriff der Zahl]
Zahl
Erkenntnisquellen der Mathematik und der mathematischen Naturwissenschaften
Zahlen und Arithmetik
Neuer Versuch der Grundlegung der Arithmetik
Bibliographie der Werke Freges
Sach- und Personenregister
Anhang: Nachschrift einer Vorlesung und Protokolle mathematischer Vorträge Freges
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Nachgelassene Schriften und Wissenschaftlicher Briefwechsel. Erster Band: Nachgelassene Schriften. Erweitert um einen Anhang: Nachschrift einer ... und wissenschaftlicher Briefwechsel)
 3787304908, 9783787304905

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GOT T LOB F R EGE NACHGE L A SSEN E SCH R I F T EN

GOT T LO B FRE G E

Nachgelassene Schriften und

Wissenschaftlicher Briefwechsel llerausgegeben von IIA�S II E R M E S F R I E D R I CII K A M B A RT E L F R I E D R I CII K AU L B A CII

ERSTER BAND

Nachgelassene Schriften

F E LI X M EI N E R VE R LAG HAMBU R G

GOT T LOB FRE GE

Nachgelassene Schriften

Unter Mitwirkung von GoTTFRIED GABRIEL und WALBURGA RönDING bearbeitet, eingeleitet und mit Anmerkungen versehen von HAN S H E RM E S F RI E D R I C H KAM B A RT E L F R I E DR I C H KAU L B A C H

Zweite, revidierte Auflage, erweitert um einen Anhang Nachschrift einer Vorlesun g und Protokolle mathematischer Vorträge Freges

eingeleitet von

LoTHAR KREISER

unter Mitwirkung von

GüNTER GRoseHE

F E L IX M E I N E R V E R LAG HA M B UR G

Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprüng lichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliogra­phi­­sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. ISBN 978-3-7873-0490-5 ISBN eBook: 978-3-7873-3159-8 Zweite, erweiterte Auflage 1983 © Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1983. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 UrhG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruck­papier, hergestellt aus 100 % chlor­frei gebleich­tem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de

Frege 1848-1925

Gottlob

INHALTSVERZEICHNIS VI Verwendete Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort zur zweiten Auflage IX Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Zur Begriffsschrift und zur Begründung der Arithmetik IX (H. Hermes) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I I . Zur Formalismuskritik und zum Logikbegriff Freges XVI I (F. Kambartel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I I I . Der neue Ansatz und d i e geometrische Erkenntnisquelle (F. Kaulbach) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV Geschichte des Frege- �achlasses und Grundsätze für seine Edition XXXI V

Gottlob Frege, Nachgelassene Schriften*) Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Booles rechnende Logik und die Begriffsschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Booles logische Formelsprache und meine Begriffsschrift . . . . . . . . . . . . . [Dialog mit Pünjer über Existenz] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Entwurf zu einer Besprechung von Cantars Gesammelten Abhandlungen zur Lehre vom Transfiniten] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Über den Begriff der Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [ 1 Eine kritische Auseinandersetzung mit Biermann] ............... [2 Eine kritische Auseinandersetzung mit Kerry] .................. [Ausführungen über Sinn und Bedeutung] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Logik Begründung meiner strengeren Grundsätze des Definierens . . . . . . . . . . . Logische Mängel in der Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Über Euklidische Geometrie [No tizen Freges zu Hilberts "Grundlagen der Geometrie"] . . . . . . . . . . [ 1 7 Kernsätze zur Logik] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Über Schoenflies : Die logischen Paradoxien der Mengenlehre . . . . . . . . Was kann ich als Ergebnis meiner Arbeit ansehen? . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung in die Logik . Kurze Ü bersicht meiner logischen Lehren ....................... Logik i n der Mathematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Meine grundlegenden logischen Einsichten .

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Überschriften i n eckigen Klammern sind von den Herausgebern gebildet.

l 9 53 60 76 81 81 96 1 28 1 37 1 64 l 71 1 82 1 85 1 89 191 200 20 1 213 219 271

VI

Inhaltsverzeichnis

[Aufzeichnungen für Ludwig Darmstaedter] . Logische Allgemeinheit . [Tagebucheintragungen über den Begriff der Zahl] . . . . . . . . . . . Zahl Erkenntnisquellen der Mathematik und der mathematischen wissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zahlen und Arithmetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neuer Versuch der Grundlegung der Arithmetik . . . . . . . . . . . . . . .

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273 278 . . . . . . 282 284 Natur. . . . . . 286 . . . . . . 295 . . . . . . 298

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Bibliographie der Werke Freges .. . . 303 Sach- und Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1 5 .

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Anhang: Nachschrift einer Vorlesung und Protokolle mathematischer Vorträge Freges ... . ... . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . 325 .

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VER WEND ETE ABK Ü RZU NGE N Seitenangaben ohne weiteren Hinweis bez iehen sich au f diesen Band , Zif­ fern in Winkelklammern () auf Nummern der Bibliographie.

Briefwechsel

BS BuG

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Wissenschaftlicher Briefwechsel (I 04) Begriffsschrift (4) Ueber Begriff und Gegenstand ( 1 7)

FB

Function und Begriff ( 1 4)

GGA lfll

Grundgesetze der Arithmetik I ( 1 9)/11 (26)

GLA

SB

=

Die Grundlagen der Arithmetik (9)

= Ü ber Sinn und Bedeutung ( 1 6)

VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE Text und Herausgeberapparat wurden für die zweite Auflage auf Druck­ fehler und notwendige Änderungen durchgesehen. Die Bibliographie der Werke Freges wurde auf den neuesten Stand gebracht. Eine Reihe von Berichti­ gungen und Ergänzungen gehen auf aufmerksame Leser und Rezensenten zurück. Ihnen, die nicht im einzelnen genannt werden können, sind die Herausgeber sehr zu Dank verpflichtet. Der besondere Dank der Herausgeber gilt ferner Wolfgang Mayer und Andrea Birk für die Vervollständigung der Bibliographie und Prof. Dr. Gottfried Gabriel für die Durchsicht und Kor­ rektur des Textes. Neu aufgenommen sind eine Nachschrift einer Vorlesung Freges über ana­ lytische Geometrie und Protokolle mathematischer Vorträge Freges. Diese Materialien wurden von L. Kreiser in der Universitätsbibliothek Jena aufge­ funden (vgl. dazu die Übersicht von I. Kratzsch, Material zu Leben und Wirken Freges aus dem Besitz der Universitätsbibliothek Jena; in: "Begriffsschrift " . Jenaer Frege-Konferenz, 7.-11. Mai 1979. Friedrich-Schiller-Universität Jena 1 979, pp. 534-546) . Die Herausgeber danken Prof. Dr. Lotbar Kreiser für die Einwilli­ gung, seine Bearbeitung der Texte dem vorliegenden Band als Anhang einzu­ gliedern, sowie Prof. Dr. Christian Thiel für vorbereitende Bemühungen. Der Anhang wird vom Register, das der ersten Auflage entnommen ist, nicht erfaßt. Juni 1 982

Hans Hermes Friedrich Kambartel Friedrich Kaulbach

E I N L E ITU N G Im Folgenden geben die Herausgeber in drei Abschnitten eine kurze Charakteristik der Gedankenwel t Freges. Dabei wird der Nachlaß besonders berücksichtigt Der erste Abschnitt enthält eine gedrängte Darstellung der von Frege eingeführten Formel­ sprache auf der Basis der Fregeschen Ontologie. Ferner wird auf den Fregeschen Versuch eingegangen, die Arithmetik als Zweig der Logik zu begründen. - Der zweite Abschnitt beschäftigt sich vor allem mit den sprach- und definitionstheoretischen Überlegungen Freges. Besonderes Augenmerk wird hier weiter der Auseinandersetzung Freges mit Hilbert, sowie Freges Logikbegriff gewidmet. - Der dritte Abschnitt er­ örtert im wesentlichen die philosophischen Motive, die den späten Frege dazu führen, angesichts der bekannten Antinomie die Arithmetik nicht mehr aus der Logik, sondern aus der "geometrischen Erkenntnisquelle" entspringen zu lassen. .

I. Zur Begriffsschrift und zur Begründung der

Arithmetik

Die Wissenschaft verdankt Frege die erste formalisierte Sprache (Schrift) , die sich- wie die meisten heute aufgebauten formalen Sprachen- verhältnismäßig eng an die in der Mathematik gebräuchliche "Umgangssprache" anschließt. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Fregesche Sprache von der Booteschen Algebra der Logik. In beiden Fällen handelt es sich um den Versuch, das Leibnizische Projekt einer characteristica universalis zu realisieren.1) Diese Sprache sieht Frege auf dem Hintergrund einer Ontologie, welche er in einem präzisen System mit scharfen Unterscheidungen entwickelt. Im Zusam­ menhang mit Problemen der Symbolisierung, d. h. der Übertragung umgangs­ sprachlicher Aussagen in die formale Spra che, hat er sich auch um die Auf­ klärung von logisch relevanten Sprachphänomenen verdient gemacht. Die Haupttriebfeder zur Entwicklung einer formalen Sprache war für Frege die Absicht, die Arithmetik in einwandfreier Weise aufzubauen. Diese Bemühungen gipfeln in seinem zweibändigen Hauptwerk Grundgesetze der Ar:ithmetik. Leider hat es sich gleichzeitig mit dem Erscheinen des zweiten Bandes herausgestellt, daß die Grundlagen seiner Logik nicht widerspruchsfrei waren. Es ist Frege in den letzten zwanzig Jahren seines Lebens nicht gelungen, diesen Widerspruch in zufriedenstellender Weise zu beseitigen. In den folgenden Zeilen soll zum leichteren Verständnis des Nachlasses das von Frege eingeführte formale System auf der Grundlage seiner Ontologie in

1 Zum Unterschied zwischen der Begriffsschrift und der Algebra der Logik vgl . die Ausführungen pp. 13 ff.

X

Einleitung (H. Hermes)

den wesentlichen Zügen kurz dargestellt und auf die Fregesche Theorie der ' A rithmetik eingegangen werden. Dabei findet sich wiederholt Gelegenheit, auf relevante Stellen des Nachlasses zu verweisen. 1. Der Aufbau der Fregeschen Sprache. Frege hat in einem 1879 erschienenen Büchlein mit dem Titel Begriffsschrift, eine der arithmetischen nachgebildete Formel­ sprache des reinen Denkens eine formale Sprache entworfen und diese Sprache in vervollkommneter Form in Band 1 der Grundgesetze der Arithmetik 1 893 dargelegt. Die Notwendigkeit zum Aufbau einer solchen formalen Sprache sieht Frege in der fehlenden Genauigkeit der Umgangssprache. In der Umgangssprache kann man vieles ausdrücken, was für das logische Schließen ohne Belang ist. Nur das, was hierfür relevant ist, der "begriffliche I nhalt" , soll in der Formelsprache nachgebildet werden. So erklärt sich die Bezeichnung "Begriffsschrift". Nach Frege darf man sich bei dem Aufbau einer derartigen Schrift nicht zu sehr (wie es die traditionelle Logik tut) von der Umgangssprache und einer hierzu ge­ schaffenen Grammatik beeinflussen lassen. Die Begriffsschrift muß zu der Ontologie passen. Frege hat eine spezielle Ontologie ersonnen, die im folgenden skiz ziert werden soll. Alles, was es gibt, ist Funktion oder Gegenstand. Die Gegenstände sind gesättigt, die Funktionen un­ gesättigt, ergänzungsbedürftig. Eine Funktion hat eine Argumentstelle oder mehrere Argumentstellen. Eine einstellige Funktion wird durch ein Argument, eine mehrsteilige Funktion durch entsprechend viele Argumente (welche den einzelnen Argumentstellen zugeordnet sind) ergänzt, gesättigt, und zwar zu ihrem Wert, der immer ein Gegenstand ist. Frege unterscheidet verschiedene Sorten von Funktionen im Hinblick auf die Zahl ihrer Argumente und mit Rücksicht darauf, welche Art von Gegenständen bzw. Funktionen für die ein­ zelnen Argumente zugelassen ist. Im einfachsten Fall hat man Funktionen erster Stufe mit einer Argumentstelle erster Art, welche durch Gegenstände (und nur durch Gegenstände) ergänzt werden können. (Frege verlangt, daß jeder Gegenstand zur Ergänzung einer solchen Funktion dienen kann.) Dann hat man Funktionen ;;.weiter Stufe mit einer Argumentstelle ;;.weiter Art, welche durch Funktionen der soeben betrachteten Art ergänzt werden können. Eine kompliziertere Klasse bilden dann etwa zweistellige Funktionen, deren erste Argumentstelle durch Gegenstände und deren zweite Argumentstelle durch die vorhin betrachteten einfachsten Funktionen ergänzt werden können. Spezielle Gegenstände sind die Wahrheitswerte. Es gibt deren zwei : das Wahre und das Falsche. Eine einstellige Funktion heißt ein Begriff, wenn sie nur Wahr­ heitswerte als Werte hat. Eine mehrsteilige Funktion mit dieser Eigenschaft heißt eine Beziehung. Jeder Funktion wird ein Gegenstand zugeordnet, welcher ihr Wertverlauf heißt. Der Wertverlauf eines Begriffs heißt der Umfang des Begriffs; der Wertver­ lauf einer Beziehung der Umfang dieser Beziehung. Zwei Funktionen haben genau dann denselben Wertverlauf, wenn sie für dieselben Argumente dieselben Werte haben.

I. Zur Begriffsschrift und zur Begründung der Arithmetik

XI

Besonders wichtig sind insbesondere die folgenden Funktionen : (a) die zweistellige Identitätsbe;:.iehung, deren Wert genau dann das Wahre ist, wenn beide Argumente gleich sind. (b) Der Inhaltsbegrijf, dessen Wert genau dann das Wahre ist, wenn das Argu­ ment das Wahre ist. ( c) Der Verneinungsbegrijf, dessen Wert genau dann das Wahre ist, wenn das Ar­ gument nicht das Wahre ist. (d) Der zweistellige Bedingungsbegrijf, dessen Wert immer das Wahre ist, abge­ sehen von dem Fall, daß das erste Argument das Falsche und das zweite Argument das Wahre ist. (e) Die Allgemeinheitsbegriffe . Im einfachsten Fall handelt es sich um einen Be­ griff, dessen Argumente Funktionen erster Stufe mit einer Argumentstelle erster Art sind. Der Wert dieses Begriffs ist genau dann das Wahre, wenn das Argument ein Begriff ist, der für jedes Argument das Wahre als Wert hat. (f) Die einstellige Wertverlaufsfunktion. Es handelt sich um eine Funktion zweiter Stufe mit einer Argumentstelle zweiter Art. Der Wert für ein beliebiges Argument, also für eine Funktion erster Stufe mit einer Argumentstelle erster Art, ist deren Wertverlauf. (g) Die einstellige Kenn;:.eichnungsfunktion. Dies ist eine Funktion erster Stufe mit einer Argumentstelle erster Art, deren Wert für ein vorgegebenes Argument wie folgt festgelegt ist : ( 1 ) Wenn es einen Gegenstand gibt, derart, daß das Argument der Kennzeichnungsfunktion der Wertver­ lauf der einstelligen Funktion ist, welche man aus der Identitätsbe­ ziehung dadurch erhält, daß man das erste Argument durch diesen Ge­ genstand ergänzt, so ist der Wert der Kennzeichnungsfunktion für das betrachtete Argument dieser Gegenstand. (2) In jedem anderen Falle ist der Wert der Kennzeichnungsfunktion gleich ihrem Argument. Frege verwendet folgende Zeichen : für die Identitätsbeziehung, - für den Inhaltsbegriff, für den Verneinungsbegriff, für den Bedingungsbegriff, v für die Allgemeinheitsbegriffe, ' für die Wertverlaufsfunktion, \ für die Kennzeichnungsfunktion.1) =

Bei dem Symbol für den Bedingungsbegriff wird das erste Argument rechts oben, das zweite Argument rechts unten angegeben. Frege wählt seine Sprache passend zu seiner Ontologie. Wir sind es heute gewohnt, die Ausdrucksbestimmungen für eine Sprache rein formal zu geben. Bei Frege ist dagegen der Sprachaufbau fortlaufend mit ontologischen Betrach­ tungen durchsetzt, so daß es nicht immer leicht ist, beides voneinander zu 1

Nich t alle diese Bezeichnungen kommen wörtlich bei Frege vor.

XII

Einleitung (H. Hermes)

trennen. Im folgenden soll, um das Wesentliche des Fregeschen Sprachaufbaus hervorzuheben und dem Leser das Verständnis der im Nachlaß vorkommenden Formeln zu erleichtern, ein Teilstück der Fregeschen Sprache (eigentlich Schrift ) aufgebaut werden. Dabei sollen zunächst, wie es heute allgemein üblich ist, (unter Verwendung der Fregeschen Symbole gebildete) nur lineare Zeichen­ reihen betrachtet werden. Der Ü bergang zur zweidimensionalen Fregeschen Schreibweise wird später vollzogen. Auf die Angabe der Fregeschen Klammer­ Ersparungsregeln wird verzichtet. Um die Darlegungen technisch so einfach wie möglich zu machen, werden die Verknüpfungssymbole autonym bezeich­ net; ferner soll kein Unterschied gemacht werden zwischen Variablen und Variablen für Variablen. Beim Aufbau der hier sog. Quasiformeln können die sog. gebundenen Variablen noch frei auftreten. Bei den eigentlichen Formeln ist dies nicht mehr der Fall. Nicht eingegangen wird auf folgende Eigentümlich­ keiten : Frege läßt nicht zu, daß eine gebundene Variable im Wirkungsbereich des sie bindenden Operators nicht auftritt ; er verbietet ferner, daß im Wir­ kungsbereich eines mit einer gebundenen Variablen auftretenden Operators dieser Operator mit derselben gebundenen Variablen wieder vorkommt. Frege verwendet die soeben angegebenen Funktionszeichen, Klammern, sowie verschiedene Sorten von Variablen, wobei er im einzelnen noch zwischen freien und gebundenen Variablen unterscheidet. Insbesondere verwendet er als freie Gegenstandsvariablen : a, b, . . . , gebundene Gegenstandsvariablen im Zusammenhang mit der Darstellung des Allgemeinheitsbegriffes : a, b, ... , gebundene Gegenstandsvariablen im Zusammenhang mit der Darstellung der Wertverlaufsfunktion : cx, e, . . . , freie Variablen für Funktionen erster Stufe mit einem Argument erster Art : j,g, . . . , gebundene Variablen für derartige Funktionen : f, g, .... Die Quasiformeln werden induktiv durch folgende Festsetzungen erklärt : a ist eine QuasiformeL a ist eine QuasiformeL cx ist eine QuasiformeL (2) Ist ) . 2 Frege bezieht sich i m Folgenden auf die Besprechung von Schröders Vorlesungen über die Algebra der Logik ( Exakte Logik) I (Leipzig 1 890) , die Husserl in den Göttingisehen Gelehrten Anzeigen (Jg. 1 89 1 , Heft vom 1 . April, pp. 243-2 78) gegeben hatte. a Sehröder legt an den von Frege angegebenen Stellen die auf "deutig" endenden Adjektive auf quantitative Angaben zu Begriffsumfängen fest: Sehröder spricht allge­ mein von Namen und nennt Eigennamen "eindeutig", Gattungsnamen wie 'meine Hand' "zweideutig", Gattungsnamen allgemein "mehrdeutig" oder "vieldeutig" und Namen wie 'Nichts' oder 'rundes Quadrat' "undeutig". Die entsprechenden Bildungen mit "sinnig" dienen bei Sehröder der Unterscheidung von Termini mit einem genau fixierten Sprachgebrauch {"einsinnig" oder "univok") , mehrfacher Bedeutung {"doppelsinnig", "mehrsinnig" oder "äquivok" ) und von sinnlosen Sprachgebilden ("unsinnig" ; Beispiel nach Schröder : 'rundes Quadrat') . - Frege kritisiert mit Husserl unten vor allem, daß ein Name wie 'rundes Quadrat' von Sehröder "undeutig" ge­ nannt wird, für diese Kennzeichnung allerdings bereits als überhaupt sinnvoll voraus­ gesetzt wird und also nicht zugleich als "unsinnig" bezeichnet werden darf.

Ausführungc-n über Sinn und Bedeutung

1 35

unter den zugehörigen Begri ff mehrere Gegenstände fallen. * ) Danach würde ein Gemeinname auch ohne Fehler undeutig sein können, wie "Rundes Quadrat" . Sehröder nennt ihn aber auch unsinnig und wird damit seiner eigenen Redeweise untreu ; denn danach würde "Rundes Quadrat" einsinnig genannt werden müssen, und Husserl hat recht, wenn er ihn univoken Gemeinnamen nennt ; denn "univok" und "äquivok" entsprechen dem Sehrödersehen "einsinnig" und "mehrsinnig" . Husserl sagt (S. 250) : "Offen­ bar vermengt er hier zwei sehr verschiedene Fragen, nämlich 1 ) ob einem Namen eine Bedeutung (ein "Sinn") zukomme ; und 2) ob einem Kamen ent­ sprechend ein Gegenstand existiere oder nicht". Diese Unterscheidung genügt nicht. Das \\'ort "Gemeinname" verleitet zu der Annahme, dass der Gemein­ name sich im wesentlichen ebenso auf Gegenstände beziehe wie der Eigen­ name, nur dass dieser nur einen einzigen benennt, während jener im allge­ meinen auf mehrere anwendbar ist. Aber das ist falsch ; und darum sage ich statt "Gemeinname" lieber "Begri ffswort " . Der Eigenname muss wenigstens einen Sinn haben (wie ich das Wort gebrauche) ; sonst wäre er eine leere Folge von Schällen und mit Unrecht Name zu nennen . Für den wissenschaft­ lichen Gebrauch muss aber von ihm verlangt werden, dass er auch eine Be­ deutung habe; dass er einen Gegenstand bezeichne oder benenne . So bezieht sich der Eigenname durch Vermittlung des Sinnes und nur durch diese auf den G egenstan d . Auch das Begriffswort muss einen Sinn und für den wissenschaftlichen Gebrauch eine Bedeutung haben ; aber diese besteht weder aus einem Gegen­ stande noch aus mehreren, sondern ist ein Begriff. Beim Begriffe kann nun freilich wieder gefragt werden, ob ein Gegenstand unter ihn falle oder mehrere oder keiner. Aber dies geht unmittelbar nur den Begriff an. So kann ein Begriffswort logisch durchaus unanfechtbar sein, ohne dass es einen Gegenstand gibt, auf den es sich durch seinen Sinn und seine Bedeutung (den Begriff selbst) hindurch beziehe. Diese Beziehung auf einen Gegenstand ist, wie man sieht, eine mehr vermittelte und unwesentliche, sodass es wenig passend scheint, die Begriffswörter danach einzuteilen, ob unter den entsprechenden Begri ff kein oder ein oder mehrere Gegenstände fallen. Die Logik muss sowohl vorn Eigennamen als auch vorn Begriffsworte fordern, dass der Schritt vorn * Wenn, wie Husserl in der Anrn.1) auf S. 252 sagt, ein distributiver Name ein solcher ist, "dessen Bedeutung es ausmacht, irgendeines aus seiner Vielheit zu bezeichnen", so ist ein Begriffswort (Gerneinnarne) jedenfalls kein distri­ butiver Name,2) 1

Im Manuskript steht: "in den Ann. " Aus einer Bemerkung d e r früheren Bearbeiter auf d e n d e r Edition zugrunde gelegten Abschriften ist es vom Originalmanuskript her offenbar nicht ganz klar ge­ wesen, auf welche Stelle seiner Ü berlegungen Frege den hier als Anmerkung gedruckten Zusatz beziehen wollte. Die Herausgeber sind einem Vorschlag der früheren Bearbeiter gefolgt. 2

1 36

Ausführungen über Sinn und Bedeutung

\'\rorte zum Sinne und der vom Sinne zur Bedeutung unzweifelhaft bestimmt sei. Sonst würde man gar nicht von einer Bedeutung sprechen dürfen. Das gilt n atürlich von allen Zeichen und Zeichenverbindungen, die denselben Zweck wie Eigennamen oder Begriffswörter haben.

Logik.1) [ 1 897] (Kurze Inhaltsangabe der einzelnen Seiten. Frege hat diese nur bis p. 1 53 durchgeführt .]

[ 1 39] Das Wort "wahr" gibt das Ziel an. Die Logik beschäftigt sich in be­ sonderer Weise mit dem Prädikate "wahr" . Das Wort "wahr" kenn­ zeichnet die Logik. Wahr lässt sich nicht definieren; man kann nicht sagen : wahr ist eine Vorstellung, wenn sie mit der Wirklichkeit über­ einstimmt. [ 1 40] Wahr ursprünglich und einfach. Durch Vergleichung ist dies Eigen­ tümliche unseres Prädikates ins Licht zu setzen. Es wird immer mit aus­ gesagt, wenn irgend etwas ausgesagt wird. Gebiet aufsuchen, wo das Prädikat "wahr" anwendbar ist. Nicht in der Körperlichkeit. Man legt es am häufigsten Sätzen bei ; doch nur Behauptungssätzen. Doch kommt es nicht der Folge von Lauten zu. [ 1 4 1 ] Ü bersetzung. [ 1 4 l f.] [Scheinaussagen braucht man in der Logik nicht zu betrachten.]2) [ 142] Der Sinn eines Satzes wird Gedanke genannt. Das Prädikat "wahr" ist auf Gedanken anwendbar. Ist es auch auf Vorstellungen anwend­ bar? Auch dann, wenn eine Vorstellung wahr genannt wird, ist es eigentlich ein Gedanke, dem dies Prädikat beigelegt wird. Gedanke ist keine Vorstellung und nicht aus solchen zusammengesetzt. Gedanken und Vorstellungen sind grundverschieden. Durch Assoziation von Vor­ stellungen entsteht nie etwas, was wahr sein könnte. [ 1 43] Das eigentliche Ausdrucksmittel für den Gedanken ist der Satz. Dieser ist dagegen wenig geeignet, Vorstellungen wiederzugeben. Bilder und Musikstücke dagegen ungeeignet, Gedanken auszudrücken. Vergleich des Prädikats "wahr" mit "sci1ön". Dieses hat einen Grad, jenes nicht . Das Schöne ist nur für den schön, der es als solches empfindet. Über den Geschmack ist nicht zu streiten. Das Wahre ist an sich wahr; nichts ist an sich schön. Beim objektiven Schönheitsurteil liegt die Annahme eines Normalmenschen zu Grunde. Doch, was ist normal? [ 1 44] Das objektiv Schöne ist doch immer auf das subjektiv Schöne zu grün­ den. Es nützt auch nichts, statt eines normalen einen idealen Menschen

1 Das auf p. l 47 gewählte Datum und das Zitat p. 1 58 legen es nahe, daß die Abhand­ lung 1 897 entstanden ist. Vor allem die Ausführungen zum \Vort "wahr" hat Frege später in Der Gedanke . " 2 Cf. Peano, Form. t. II, p. 24. 3 Der Peanosche Satz findet sich (nach logischer Umformung unter Beachtung der von Peano gegebenen Definitionen) in Form. t. I auf p. 58 unter No. 1 5. Seine Be­ deutung wird von Frege im folgenden erläutert. 4 Die Fregesche Formel findet sich in den GGA I, p. 70 ( 1 . Formel) . Sie besagt nach Frege : "Die Anzahl eines Begriffes ist gleich der Anzahl eines zweiten Begriffes, wenn eine Beziehung den ersten in den zweiten und wenn die Umkehrung dieser Beziehung den z weiten in den ersten abbildet". Zur Definition der Funktionen � "' C, ) �. i- � und 9$ � cf. GGA I, §§ 34, 38-40.

1 66

Begründung meiner strengeren Grundsätze des Definierens

für die Bedeutungen * ) (signi.fications1) ) der Buchstaben übrig und daraus ent­ springt Allgemeinheit. \Vie wird nun aus einem solchen allgemeinen Satze ein besonderer Fall gewonnen? Offenbar dadurch, dass man im Folgesatze (in dem rechts von ":::> " stehenden Teile der Formel) mit Berücksichtigung der durch die Bedingungen gesetzten Beschränkungen den Buchstaben besondere Bedeutungen gibt, mithin für die Buchstaben Zeichen einsetzt, die solche be­ sondere Bedeutungen ein für alle : Mal haben. Hier kommt zwar der Buchstabe "j" gar nicht im Nachsatze vor. Dennoch muss man auch für diesen Buchstaben eine solche Bedeutung angeben können. Die Bedingungssätze sind nun weg­ zulassen, weil sie ihre Aufgabe für diesen Fall erfüllt haben und weil sonst das Deduktionszeichen ":::> " zwischen Sätzen stände, die keine unbestimmt andeutenden Buchstaben enthielten, was nach der neuesten Fassung der peanoschen Begriffsschrift verboten ist. Von dem ursprünglichen allgemeinen Satze bleibt also nur der Nachsatz übrig, der aber nun keine Allgemeinheit mehr hat. Betrachten wir nun einen Satz, der aus unserem allgemeinen Satze durch Wendung hervorgeht, indem wir einen Bedingungssatz verneint zum Folge­ satze und den bisherigen Folgesatz verneint zu einem Bedingungssatze machen. Diese von englischen Logikern "contraposition", sonst auch "Übergang vom modus ponens zum modus tollens" genannte Umformung kann nicht entbehrt werden. Der Sinn wird hierdurch kaum berührt, da der Satz nach der Um­ formung nicht mehr und nicht weniger Auskunft gibt, als vorher.2) Da aber die Bedingungen nicht ganz dieselben sind, so sind auch die den Bedeutungen der Buchstaben auferlegten Beschränkungen nicht mehr dieselben. Wenn ich z.B. den Bedingungssatz, dass u eine Klasse ist, verneint zum Folgesatze mache ("so ist u keine Klasse") , so kann ich dem Buchstaben u jetzt gemäß den Bedingungen, dass v eine Klasse ist, und f u in v und die Inverse von f v in u abbildet, dass endlich die Anzahl der u verschieden ist von der Anzahl der v, nur gerade solche Bedeutungen geben, die vorhin ausgeschlossen waren.3) So kommt es also, dass durch erlaubte Umformungen die zulässigen Bedeutungen der Buchstaben sich ändern, was die logische Durchsichtigkeit nicht vermehrt. Demgegenüber ist meine Auffassung folgende. Zunächst ist es wegen der Grundverschiedenheit der Gegenstände und Funktionen notwendig, die Funktionsbuchstaben von den Gegenstandsbuchstaben zu trennen. Ein mit * Mit der kursiven Schrift gebe ich zu verstehen, dass ich das Wort im Sinne von Peanos "signi.fication" gebrauche.

1 Cf. Peano, Form. t. I, p. V. Daß der Sinn eines Satzes durch rein logische Umformungen nach der Meinung Freges nicht geändert wird, geht auch aus einem Briefe an Husserl vom 9. Dezember 1 906 hervor. " a Dies deshalb, weil vorhin dem Buchstaben "u nur eine solche Bedeutung gegeben werden durfte, bei der die Anzahl der darunter fallenden Dinge gleich der Anzahl der Dinge ist, die unter die Bedeutung von " v " fallen. 2

Begründung meiner strengeren Grundsätze des Dcfinicrcns

167

dem Urteilsstrich abgeschlossener Satz, der lateinische Gegenstandsbuch­ staben enthält, besagt, dass sein Inhalt wahr sei, welche bedeutungsvollen Eigennamen man auch für jene Buchstaben einsetzen möge, wenn man nur einen und denselben Buchstaben überall, wo er im Satze vorkommt, durch denselben Eigennamen ersetzt. Da Eigennamen Zeichen sind, die einen einzel­ nen bestimmten Gegenstand bedeuten, so kann man dies allenfalls auch so aus­ drücken : ein solcher Satz besagt, dass sein Inhalt wahr sei, was man auch unter den darin vorkommenden lateinischen Gegenstandsbuchstaben für Gegen­ stände verstehen möge . I ) Hier ist also der Spielraum der Bedeutungen (im peano­ schen Sinne) eigentlich unbeschränkt; denn, dass er nur Gegenstände, nicht auch Funktionen umfassen könne, ist selbstverständlich, da bei ihrer grundverschie­ denen Natur Gegenstände und Funktionen einander nicht vertreten können . Hierdurch steht meine Auffassung im Gegensatze zur peanoschen, bei der dieser Spielraum mehr oder weniger beschränkt sein kann und sich bei den U mfor­ mungen ändert. Die Bedingungssätze haben also bei mir nicht den Zweck, Be­ schränkungen dieses Spielraums zu setzen. Wenn ich aus einem solchen allge­ meinen Satze, dessen Allgemeinheit eben aus dem Vorkommen lateinischer Buchstaben entspringt, einen besonderen Satz ableiten will, so s.e tze ich einfach für jeden lateinischen Gegenstandsbuchstaben überall, wo er im Satze vorkommt, denselben Eigennamen.2) Hierbei bleiben also die Unterglieder (Bedingungs­ sätze) bestehen, können aber unter Umständen durch Schlüsse beseitigt werden. Hierdurch wird es ganz unnötig, ängstlich darauf zu sehen, dass der durch die Bedingungen gesetzte Spielraum nicht überschritten werde. In der peanoschen Begriffsschrift spiegeln sich die hierzu nötigen Urteile gar nicht ab, können also auch nicht durch sie kontrolliert werden. Bei mir ist die Bezeichnung der Allgemeinheit ganz unabhängig von der Form des hypothetischen Satzes und die Bedeutung des Bedingungsstriches wird ganz unabhängig von der All­ gemeinheit erklärt, was auch methodisch das Richtige ist. Es ergeben sich hieraus einige Anforderungen, die an die Erklärungen der Zeichen zu stellen sind. Nehmen wir der Einfachheit wegen an, dass nur ein lateinischer Buchstabe, und zwar ein Gegenstandsbuchstabe in einem Satze vorkomme. Er steht dann an den Argumentstellen der Bezeichnung e i ner Funktion, die in diesem Falle ein Begriff ist. Und falls der Satz mit einem Urteilsstriche versehen ist, muss der Wert dieser Funktion für jeden Gegenstand als Argument das Wahre sein. Es muss also die Bezeichnung dieser Funktion zusammen mit jedem bedeutungsvollen Eigennamen, der die Argumentstellen ausfüllt, eine Bedeutung haben. Dasselbe muss daher auch von jedem Funk­ tionsnamen gelten, der etwa die Bezeichnung unserer Funktion bilden hilft : der Eigenname, der aus diesem Funktionsnamen und irgendeinem die Argu­ mentstellen ausfüllenden Eigennamen gebildet wird, muss immer eine Be­ deutung haben, wenn nur dieser letzte Eigenname etwas bedeutet. Denn der 1 Dies besagt allerdings nur dann dasselbe, wenn gesichert ist, daß jeder Gegenstand einen Namen hat. 2 Cf. GGA I, § 20, p. 35.

1 68

Begründung meiner strengeren Grundsätze des Defi niercns

so aus unserem Funktionsnamen und deml) letzten Eigennamen gebildete Eigenname ist ein Teil des aus der ganzen Funktionsbezeichnung und eben jenem Eigennamen gebildeten Eigennamens des \Vahren . ·wenn aber dieser Teil keine Bedeutung hat, kann auch das Ganze nichts bedeuten, also auch nicht das \\"ahre. In unserem Beispiele gilt dies von der Funktion n ;. Diese Forderung ist von Herrn Peano nicht gestellt und daher auch selten erfüllt worden, obwohl sie bei seiner Auffassung der hypothetischen Sätze kaum weniger notwendig ist, als bei meiner. ""enn wir nämlich in unserem Beispiele, wie vorhin, als Folgesatz nehmen "so ist u keine Klasse", so dürfen wir unter u auch etwas verstehen, was keine Klasse ist, und es muss also auch in diesem Falle "num u " etwas bedeuten, wenn es möglich sein soll, immer z n beurteilen, ob die Bedingung "wenn num u nicht mit num 1 ' zusammenfiillt" erfüllt ist, und ebenso muss auch beurteilt werden können, ob eine gegebene Beziehung u in v oder v in u abbilde, für den Fall, dass u keine Klasse ist. Die Definitionen von "num u " und der Abbildung ("j e vfu") müssen also demgernäss abgefasst sein. Da man nun nicht von vornherein wissen kann, in welchen Sätzen diese Zeichen vorkommen werden und welche Beschränkungen dabei den Bedeu­ tungen der Buchstaben auferlegt werden, so sind die Definitionen so anzulegen, dass für jede Bedeutung der Buchstaben diesen Zeichenverbindungen eine Bedeutung gesichert sei. Diese Forderung kann auch damit begründet werden, dass der Satz vom ausgeschlossenen Dritten gelten muss. Daraus folgt nämlich, d ass jeder Begriff scharf begrenzt sein muss, sodass von jedem Gegenstande bestimmt ist, ob er unter den Begriff falle oder nicht. Fände das nicht statt, so gäbe es eben ausser den beiden Fällen " a fällt unter den Begriff F" und " a fällt nicht unter den Begriff F" noch einen dritten, den der Unentschiedenheit. Der unter dem Namen Acervus bekannte Fehlschluss beruht darauf, dass als Begriff etwas (z.B. Haufe) behandelt wird, was wegen seiner mangelhaften Umgrenzung von der Logik nicht als solcher anerkannt werden kann.2) Auch folgende Erwägung ergibt dasselbe. Das Schliessen aus zwei Prämissen beruht sehr oft, wenn nicht immer darauf, dass ein Begriff beiden gemeinsam ist. Soll nicht ein Fehlschluss geschehen, so muss nicht nur das Begriffszeichen dasselbe sein, sondern es muss auch dasselbe bedeuten. Es muss eine Bedeutung haben unabhängig vom Zusammenhange, nicht erst im Zusammenhange eine solche erhalten, was ja allerdings bei den Worten der Sprache sehr oft der Fall ist. 1

Im Manuskript steht : "den". Der von Frege angeführte, unter dem Namen "Acervus" oder "Sorites" bekannte 1\legarische Trugschluß geht davon aus, daß man einen Haufen \Veizenkörner mit einem Korn beginnend durch wiederhohes Hinzufügen eines weiteren Kornes erzeugen kann. Es wird nun geschlossen, daß während dieses Prozesses ein Ü bergang zu einem \Veizenhaufen geschieht, da am Anfang von einem solchen noch nicht die Rede sein kann, ein einziges Korn entscheide also über die Haufeneigenschaft. Frege macht gel tend, d aß dieses Argument irrtümlich voraussetzt, der Begriff "Haufen" habe einen wohlbest immten Umfang. Cf. auch Freges Bemerkung in BS, p. 64. 2

Begründung meiner strengeren Grundsätze des Definierens

1 69

Was von den Funktionen, die wir Begriffe genannt haben, gilt, dass sie für jedes Argument einen \Vert haben müssen, das gilt auch von den anderen [Funktionen] ; denn sie können zum Aufbau von Begriffen dienen. So ist z.B. 9-H = n e ( e = G ) 1) ein Begri ff, zu dessen Aufbau die Funktion (/}� unter anderem gebraucht ist. ""enn nun für irgendeinen bedeutungsYollen Eigennamen "d " bedeutungslos wäre, so wäre auch " nJ

�=

" nL1 " n f:

(e

=

G)"

bedeutungslos, könnte also weder das Wahre noch das Falsche bedeuten ; d.h. wir hätten den Fall, dass für den Gegenstand nicht bestimmt wäre, ob er unter den Begriff n � = n f: ( e = G ) fiele oder nicht. Was wir Yon den Gegenstandsbuchstaben gesagt haben, gilt mit den selbst­ verständlichen Änderungen auch von den Funktionsbuchstaben : ein lateini­ scher Funktionsbuchstabe, der als Marke einer Funktion erster Stufe mit einem Argumente gebraucht wird, muss überall, wo er im Satze vorkommt, durch die Bezeichnung einer Funktion erster Stufe mit einem Argumente ersetzbar sein, ohne dass die Bedeutung des Ganzen vernichtet wird. Daraus folgt, dass ein solcher Buchstabe nie ohne Argumentstelle auftreten darf. Deshalb muss die peanosche Bezeichnung "J e vfu" verworfen werden, weil der Buchstabe "f" hier ohne Argumentstelle vorkommt, wodurch es z.B. unmöglich wird, die Bezeichnung der Funktion

�+ I

an die Stelle [von .f] zu setzen. Wenn der Buchstabe "e" in " j e vfu" die Argu­ mentstelle von "f(�) " einnehmen sollte, so könnte man die Bezeichnung der Funktion � + 1 einsetzen und erhielte so " e

( + I)

vfu" ;

aber so wie die Formel nach Peano aufzufassen ist, kann eine solche Einsetzung nicht geschehen. Aus demselben Grunde sind viele peanosche Bezeichnungen zu verwerfen, in denen ein Funktionsbuchstabe ohne Argument vorkommt. Sie widersprechen dem eigentlichen \Vesen der Funktion, ihrer Ergänzungs­ bedürftigkeit oder Ungesättigtheit. Solche der wahren Natur der Sache widersprechende Bezeichnungen können zwar beim ersten Anblick bequem erscheinen ; führen aber zuletzt immer ins Dickicht ; denn irgendwo wird sich die Unangemessenheit in unbequemer Weise bemerklich machen. So hier : Der Buchstabe f soll zur Bezeichnung der Allgemeinheit dienen. Wenn man aber auf einen besonderen Fall kommen will, so versagt die Bezeichnung in vielen Fällen. Es sind zwar von den Mathematikern vielfach Bezeichnungen nur im

1

" !)! " bedeute t bei Frege "die Anzahl J\"ull" (GGA I, § 4 1 ) .

1 70

Begründung

me

i n e r strengeren Grundsätze des Delinierens

Hinblick auf den nächsten Zweck eingeführt worden ; die grösste Aussicht auf Dauer werden aber die Bezeichnungen haben, die sich am geschmeidigsten verschiedenen Anforderungen fügen, die weiteste Verwendbarkeit haben, weil sie der Sache am besten angepasst sind, und solche "·ird man nicht ohne weitere Überlegung, nur um das nächste Bedürfnis z u befriedigen, erfinden können, sondern nur bei möglichst tiefer Einsicht in das \\' csen der Sache.

Logische Mängel in der Mathematik.1) [ 1 898/99 oder später, wahrscheinlich nicht nach 1 903] Die Mathematik befindet sich zur Zeit in einem wenig befriedigenden Zu­ stande, wenn man nicht auf den äusseren Umfang, sondern auf die innere Vollkommenheit und Klarheit achtet . In dieser Hinsicht lässt sie vielmehr fast alles zu wünschen übrig, wenn man sie mit dem Ideale vergleicht, das man sich von dieser Wissenschaft nicht mit Unrecht machen kann, und wenn man erwägt, dass sie ihrem Wesen nach geeigneter als alle anderen Wissenschaften sein müsste, ihrem Ideale nahezukommen. Wenn man fragt, worin denn eigentlich der Wert mathematischer Erkenntnisse liege, so muss die Antwort sein : weniger in dem Was des Wissens als in dem Wie, weniger in dem Wissens­ stoffe als in dem Grade seiner geistigen Durchleuchtung [und] der Einsicht in den logischen Zusammenhang. Und daran gerade fehlt es. Die gebräuch­ lichsten Ausdrücke wie "Funktion", "Variable", "gleich" werden von den Schriftstellern ganz verschieden erklärt, und diese Abweichungen sind nicht nur gleichgültiger Art, sondern betreffen das eigentliche Wesen der Sache. Sehr oft kommt es vor, dass mit demselben Worte der eine ein Zeichen, der andere einen Inhalt benennt, den er auch als Bedeutung jenes Zeichens hin­ stellt. Im ersten Falle wird demnach unter dem Worte ein körperliches Ding verstanden mit physikalischen und chemischen Eigenschaften - z.B. Farbe, Lösbarkeit in Salzsäure - im letzteren Falle dagegen ein Gegenstand, der keine dieser Eigenschaften hat2) . Aber nicht nur bei verschiedenen Schrift­ stellern finden wir solche die tiefsten Grundlagen berührende Abweichungen, sondern nicht selten gebraucht ein und derselbe Schriftsteller ein Wort in einer Weise, die mit seiner eigenen Erklärung in Widerspruch steht. Es kommt z.B. vor, dass ein Mathematiker den Ausdruck "bestimmtes Integral" erklärt, indem er darunter einen gewissen Grenzwert einer Summe verstehen will . Derselbe Schriftsteller scheu t sich aber gar nicht, den Ausdruck so zu gebrau­ chen, als ob er darunter eine Zeichenverbindung verstände, die als Bestandteil

1 Nach den von Frege zitierten Schriften dürfte die Abhandlung 1 898/99 oder wenig später geschrieben sein. Daraus, daß Frege auf p. 1 78 vom Gebrauch des Buchstabens "�" "im I . Bande" der GGA, nicht aber vom Gebrauch des Buchstabens "�" "in den GGA" spricht, läßt sich eventuell entnehmen, daß das Stück vor dem Erscheinungs­ jahr des 2. Bandes der GGA, 1 903, verfaßt wurde. Damit stimmt zusammen, daß es sich dem Inhalte nach, besonders bei der Auseinandersetzung mit Czuber, um eine Vorstufe zu dem 1 904 erschienenen Aufsatz Was ist eine Funktion? handelt. 2 Frege denkt vermutlich an ein Wort wie "Eins".

1 72

Logische Mängel in der Mathematik

ein Integralzeichen enthält. So sagt z.B. Herr Ludwig Scheeffer* ) : " . . . . . so­ dass dem bestimmten Integral

J' V I + f' (x) 2 dx

"•

unter Zugrundelegung der Riemann'schen Definition eine Bedeutung nicht zukommt" . Hier ist in einem Atemzuge das '.Vort "Integral" in jenem doppel­ ten Sinne gebraucht. \Venn nämlich von der Bedeutung des Integrals die Rede ist, so kann nur die Bedeutung eines Zeichens oder einer Zeichen\'erbindung gemeint sein, und zwar kann hier nach dem Zusammenhange nur jener aus dem Integral-, \\1urzel-, Pluszeichen sowie aus Zahlzeichen und Buchstaben gebildete Ausdruck verstanden werden. Zugleich wird aber auf die riemann­ sche Definition verwiesen, derzufolge ein Integral ein Grenzwert einer Summe ist ; und es wäre schwerlich im Sinne Riemanns unter einem Grenzwert ein Zeichen zu verstehen, nach dessen Bedeutung gefragt werden könnte. Bei Riemann finden wir folgendes * * ) : "Hat sie* * * ) nun die Eigenschaft, wie auch b und e gewähl t werden mögen, sich einer festen Grenze A unendlich zu nähern, sobald sämtliche b unendlich b

klein werden, so heisst dieser Wert J f(x) d'l:. Hat sie diese Eige nschaft nicht, b

so hat J f(x) dx keine Bedeutung. Man hat jedoch in mehreren Fällen ve ra

sucht, diesem Zeichen auch dann eine Bedeutung beizulegen, u nd unter diesen Erweiterungen des Begriffs eines1) bestimmten Integrals ist eine von allen Mathematikern angenommen. ' ' b

Hier ist nirgends das Zeichen "J f( x) dx" Integral genannt worden. I ch Q

würde hier überall dieses Zeichen in Gänsefüsschen einschliessen, um bestimmter darauf hinzuweisen, dass eben das Zeichen gemeint ist, während die Erklärung selbst besagt, dass sonst ein Grenzwert darunter zu verstehen sei. Auch ich würde diese Vorsicht nicht nötig gefunden haben, wenn mich nicht die Er­ fahrung gelehrt hätte, wie sehr alles vermieden werden muss, was irgendwie der mathematischen Zeitkrankheit der Vermengung des Zeichens mit dem Bezeichneten Vorschub leisten könnte. Diese Krankheit mag wohl damals noch nicht so verbreitet gewesen sein, als Riemann die Abhandlung schrieb. Und so ist es wohl erklärlich, dass Riemann die Gänsefüsschen für entbehr­ lich hielt, da durch den Gebrauch der Worte "heisst", "hat keine Bedeutung", "man versteht unter", der Sinn hinlänglich klar sei. Er befand sich damit * [Allgemeine Untersuchungen über Rectification der Curven,] Acta mathe­ matica V [ 1 884] , S. 49. ** Über die Darstellbarkeit einer Funktion durch eine trigonometrische Reihe. Werke [hrsg. v . H. Weber, Leipzig 1 876] : S. 225. * * * Nämlich die Summe S. 1 Im Manuskript steh t : "des".

Logische Mängel in der Mathematik

1 73

auch im Einklange mit dem Brauche, dem die Anwendung von Gänsefüsschen nach dem Worte "heisst" nicht gernäss sein dürfte. Es scheint nicht, dass er den Ausdruck "das Integral hat eine Bedeutung" gebraucht habe. Es finden sich bei ihm folgende Ausdrücke ( 5 ) : Umfang der Gühigkeit dieses Begriffs "eine Funktion lässt eine Integration zu", "es kann YOn einem I ntegrale der Funktion j(x ) zwischen a und b die Rede sein" ; ferner (6) : "die Möglichkeit eines bestimmten Integrales" . Alle diese Ausdrücke geben keinen Anhalt für die Vermutung, dass Riemann von der oben genannten Epidemie schon ergriffen gewesen sei . l\1an wird also bis auf weiteres wohl das Gegenteil anzunehmen haben. \Venn ein Astronom sagte "der Planet 2j_ hat eine Bedeutung ; er bedeutet nämlich denjenigen Planeten unseres Sonnen­ systems, der die grösste Masse hat. Dagegen hat der Planet � bis jetzt noch keine Bedeutung ; es könnte aber sein, dass er später eine Bedeutung erhielte" ; oder wenn er sagte "der Planet '2j. hat eine gewisse Ahnlichkeit mit der Zahl 4", so würde man sich vielleicht die Frage vorlegen, ob sich die 1'\crvenfase rn seines Gehirns etwa verwirrt hätten. Wenn aber ein Mathematiker Redeweisen gebraucht, welche eines Karlehen Miessnick nicht unwürdig scheinen, so tut dies, wie es scheint, seinem wissenschaftlichen Rufe keinen Eintrag. Sehr viel ist in der mathematischen Literatur von Variablen die Rede. Man dürfte aber schwerlich daraus schliessen, dass eine allgemeine Übereinstim­ mung über den Sinn dieses Wortes bestände. Viel wahrscheinlicher ist es mir, dass die meisten, die es gebrauchen, nicht genau wissen, welchen Sinn sie damit verbinden. Ob es schon irgendwo eine haltbare Erklärung gefunden hat, weiss ich nicht. Viele erklären dies Wort gar nicht, was am bequemsten ist, aber nur dann zu rechtfertigen wäre, wenn allgemeine Einstimmigkeit herrschte. Man möchte zunächst denken, dass "Zahl" zu ergänzen wäre, und würde unter "variabler Zahl" eine Zahl verstehen, die zu verschiedenen Zeiten verschiedene Eigenschaften hätte, also zu einer gewissen Zeit etwa eine Primzahl, zu einer anderen etwa eine Quadratzahl wäre. Aber das wäre offenbar ganz verfehlt, denn zunächst ist zu bezweifeln, dass es veränderliche Zahlen dieser Art überhaupt gebe. Man könnte daran denken, dass eine Zahl, z. B. 1 5 000, in einem Augenblick Einwohnerzahl der Stadt Jena wäre, in einem anderen nicht, und könnte diese veränderte Beziehung zum Begriffe Einwohner der Stadt Jena als eine Veränderung der Zahl 1 5 000 betrachten wollen . Jeden­ falls wäre diese Veränderlichkeit gar nicht das, was man in der Analysis braucht . Der Ausdruck "die Einwohnerzahl der Stadt Jena verändert sich" ist eigentlich unrichtig. Man meint damit nicht, dass dieselbe Zahl andere Eigenschaften annehme, sondern dass im Laufe der Zeit immer andere Zahlen zum Range der Einwohnerzahl der Stadt Jena erhoben werden. Es wäre das so, als ob man von Ländern wie England und Holland sagen wollte, dass der Herrscher dort hinsichtlich seines Geschlechts veränderlich wäre, und als ob man hieraus schliessen wollte, es gäbe Menschen, die bald männlichen, bald weiblichen Geschlechts wären. Die Täuschung entsteht dadurch, dass ein Ausdruck wie "der König von England" als Eigenname angesehen wird. Das ist er jedoch nicht, sondern kann es erst durch eine Ergänzung werden, durch Angabe des

1 74

Logische Mängel in der Mathematik

Zeitpunkts. Ebenso darf man auch solche Ausdrücke wie "die Einwohnerzahl der Stadt Jena", "die Zahl der uns bekannten Jupitermonde" nicht als Eigen­ namen von Zahlen betrachten. Sie können es erst werden durch Hinzufügung einer Zeitangabe. Ist diese Ergänzung aber geschehen, so bezeichnet der Eigenname eine ganz bestimmte Zahl, bei der von einer für die Analysis brauchbaren Veränderung nicht mehr die Rede sein kann. Gut ! , sagt man, das ist aber doch nur eine veränderte und, wie ich zugeben will, verbesserte Redeweise : statt zu sagen "eine Zahl verändert sich", muss man sagen "im Laufe der Zeit treten immer andere und andere Zahlen in denselben Zusam­ menhang ein" ; das ist doch eigentlich kein sachlicher Unterschied. Mir scheint die Form denn doch nicht so unwichtig zu sein; eine unrichtige Aus­ drucksweise bringt leicht auch sachliche Unklarheiten zuwege. Auch ist der Unterschied gar nicht so geringfügig. Die Veränderung setzt immer ein Be­ harrendes voraus, an dem sie geschieht. Wenn man von einem Menschen sagt, er sei älter geworden, so setzt man dabei ein Beharrendes voraus, was man mit dem Eigennamen des Menschen bezeichnet, so dass man trotz der Ver­ änderung anerkennt, es sei derselbe Mensch. Täte man das nicht, so müsste man sagen : "ein jüngerer Mensch ist verschwunden und ein älterer ist er­ schienen" . Ohne dies Beharrliche haben wir nichts, von dem wir das Sichändern aussagen könnten. Wenn es keine variablen Zahlen gibt, so darf man keine Eigennamen gebrauchen, die sie bezeichnen. Man darf dann gar nicht sagen "die Variable x " . Das ist dann doch kein blosser Unterschied des Ausdrucks. Es ist nicht so ohne weiteres klar, was man denn in der Analysis richtig dafür sagen sollte. Die Abänderung, die dadurch nötig wird, ist in ihrer Tragweite nicht so leicht zu übersehen. Dazu kommt noch, dass nur in der Kinematik die Zeit in Betracht kommt, während von Variablen auch in anderen Teilen der Mathematik die Rede ist. Die Einmischung der Zeit ist dort ganz ungehörig. Aber eine Veränderung, die nicht in der Zeit geschieht, ist gar keine Ver­ änderung im gewöhnlichen Wortsinne. Es handelt sich hier offenbar um einen Kunstausdruck, der erklärt werden muss, da der Hinweis auf den gemeinen Sprachgebrauch nur irreführt. Der Ausdruck "Veränderliche" gibt ein Bild oder Gleichnis, das, wie die meisten Gleichnisse, irgendwie hinkt. Darum wird man jenes Wort nur nach genauer Festsetzung seiner Bedeutung un­ bedenklich gebrauchen können. In einem der neuesten Lehrbücher der höheren Analysis * ) finden wir folgendes (§ 2) : "Unter einer reellen Variablen oder Veränderlichen versteht man eine im voraus unbestimmte Zahl, welche ver­ möge des Problems, in dem sie auftritt, unbeschränkt viele reelle Werte an­ nehmen kann"l) . * Emanuel Czuber, Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung. I. Bd., Leipzig, Teubner 1 898. 1 C;;uber, p. 1 2 . Der von Frege ungenau zitierte Satz heißt bei Czuber wörtlich : "Unter einer reellen Variablen oder Veränderlichen versteht man eine im voraus un­ bestimm te Zahl, welche vermöge des Problems, in welchem sie auftritt, mehrere oder unbeschr änkt viele reelle Werte annehmen kann."

Logische Mängel in der Mathematik

1 75

Hieran knüpfen sich viele Fragen. Der Verfasser unterscheidet hier offenbar zwei Klassen von Zahlen : die bestimmten und die unbestimmten. Xun kann man fragen, zu welcher der beiden Klassen etwa die Primzahlen gehören, oder ob etwa einige Primzahlen bestimmte, andere unbestimmte Zahlen seien . Ferner kann man fragen, ob bei den unbestimmten Zahlen auch zwischen rationalen und irrationalen unterschieden werden müsse oder ob diese Cnter­ scheidung nur bei den bestimmten Zahlen Anwendung finde. \Yieviel unbe­ stimmte Zahlen gibt es ? Wodurch unterscheiden sich die verschiedenen unbe­ stimmten Zahlen ? Kann man eine unbestimmte Zahl zu einer anderen addieren, und wie macht man das ? \Vie findet man die Zahl, die als Summe jener beiden zu betrachten ist ? Dieselben Fragen tauchen auf bei der Addition von einer bestimmten und einer unbestimmten Zahl. Zu welcher dieser Klassen gehört die Summe ? Oder gehört sie vielleicht zu einer dritten ? Viel­ leicht ist hier ein fruchtbarer Gedanke, der sich vielleicht auch auf anderen Gebieten verwerten liesse. l'vlan könnte vielleich t auch bei den Menschen und in Sonderheit bei den Mathematikern zwischen bestimmten und unbestimmten unterscheiden. Was ist ein Wert ? Wie macht es eine unbestimmte Zahl, einen Wert anzunehmen ? Ist nicht ein Wert ebenfalls eine Zahl ? Dann nähme also eine Zahl eine andere - oder vielleicht gar sich selbst ? - an. Wozu ge­ braucht dann aber der Verfasser ausser dem Wort "Zahl" noch das \Vort "Wert", wenn dasselbe gemeint ist ? Wollte er etwa seinen Missgedanken gnädig bedecken mit Nacht und Grauen ? Übrigens kann nach dem Verfasser auch eine bestimmte Zahl einen Wert besitzen - wahrscheinlich, nachdem sie ihn angenommen hat -, wie folgende Stelle lehrt : " I m Gegensatze hierzu nennt man eine Zahl, sei sie bestimmt oder unbestimmt, welche vermöge des Problems einen festen (unveränderlichen) Wert besitzt, eine Konstante"1) . Wir schliessen daraus folgendes : es gibt sowohl bestimmte als auch unbe­ stimmte Zahlen ; sowohl diese wie jene können Werte annehmen, die sie als­ dann besitzen. Diese Werte sind entweder feste unveränderliche oder ver­ änderliche. Was feste und was veränderliche Werte sind, wird nicht erklärt, wahrscheinlich ist das so einfach, dass es keiner Erklärung bedarf. Viel schwieriger ist die Unterscheidung von variablen Zahlen und Konstanten. Dazu bedarf es umständlicher Definitionen, die jedoch dem Verständnis so grosse Schwierigkeiten bieten, dass selbst der Verfasser in die tiefste Tiefe ihres Gedankeninhalts einzudringen noch nicht vermocht hat. Man könnte meinen, dass die unbestimmten Zahlen als solche keine Definition zuliessen, aber der Verfasser fährt fort : "Die Gesamtheit dieser Werte wird eine Wertmenge und insbesondere der Bereich oder das Gebiet der Variablen genannt. Die Variable x gilt als definiert, wenn von jeder reellen Zahl, die man bezeichnet, festgestellt werden kann, ob sie dem Bereich angehört oder nicht" 2) .

1

2

Czuber, Czuber,

p. p.

13. 12.

Logische :\fängel in der :\Iathematik

1 76

Soviel scheint hieraus zu folgen, dass eine Variable durch ihren Bereich bestimmt ist, dass man dieselbe Variable hat, wenn man denselben Bereich hat. :\un ist anzunehmen, wenn auch nicht nach seiner Definition, so doch aus anderen Gründen, dass der Verfasser bei der Gleichung einer Kurve dritter Ordnung y xs =

von einer Variablen x und einer Variablen ;• sprechen \'l'ürde, und dass er als Bereich für beide die Gesamtheit der reellen Zahlen angeben würde, sodass wir hier nur eine Variable hätten, die jedoch mit zwei verschiedenen Zeichen " " "x und "y bezeichnet wäre. In § 3 erfahren wir folgendes : "\\'enn jedem \\'erte der reellen Variablen x, welcher ihrem Bereiche ange­ hört, eine bestimmte Zahl y zugeordnet ist, so ist damit y im allgemeinen auch als Variable definiert und wird eine Funktion der reellen Variablen x genannt"1) . Also die bestimmte Zahl y wird als eine im voraus unbestimmte Zahl definiert, die vermöge des Problems, in dem sie vorkommt, unbeschränkt viele Werte annehmen kann . Die Veränderung besteht also wohl darin, dass die Zahl, die anfangs (im voraus) unbestimmt ist, sich allmählich zur Bestimmtheit durch­ arbeitet. Merkwürdig ist immerhin, dass diese so bestimmt gewordene Zahl y immer noch eine Variable ist und unbeschränkt v iele \Verte annehmen kann. Welches ist das Problem, in welchemy vorkommt? Und welches ist das Problem, in dem x vorkommt? Sind das verschiedene Probleme oder haben wir nur eins? Wie vorsichtig und wohl überlegt ist hier die Beschränkung "welcher ihrem Bereiche angehört" ; es könnte ja sonst der Variablen x einfallen, Werte anzu­ nehmen, die sie vermöge des Problems, in dem sie vorkommt, gar nicht an­ nehmen kann. Vor diesem Unglück muss sie bewahrt werden . Der Gebrauch der Buchstaben " x " und "y" ist hier nicht unzweifelhaft. Ist " x " ein Eigenname, der eine Variable bezeichnet, und "y" Eigenname einer anderen, etwa wie "3" eine Zahl bezeichnet und "2" eine andere? Oder deuten diese Buchstaben Variable nur an? Im ersten Teil dieses Werkes sind die lateinischen Buchstaben immer nur andeutend, nicht bezeichnend gebraucht worden, und das ist der vorherrschende Brauch in der Mathematik. Kur wenige Buchstaben wie "e" und das griechische "n"werden bezeichnend gebrauch t als Eigennamen der Basis des natürlichen Logarithmensystems und der ludolphschen Zahl. In dem bekannten Satze " ( a + b)

·

c

=

a ·

c

+ b

·

c"

haben wir den gewöhnlichen andeutenden Gebrauch der Buchstaben. Sie dienen hier dazu, den Gedanken allgemein zu machen. Sie stehen an der Stelle von Eigennamen, sind aber keine (Pronomina) . Man erhält jedesmal einen besonderen Fall des allgemeinen Satzes, indem man für den Buchstaben a überall, wo er vorkommt, den nämlichen Eigennamen einer Zahl setzt, ebenso für b und c. Es wird nun in dem Satze gesagt - und darin besteht eben 1

Czuber,

p.

1 5.

Logische Mängel in der Mathematik

1 77

die Allgemeinheit - dass in dieser \-Veise immer ein wahrer Gedanke aus­ gedrückt werde, welche Eigennamen von Zahlen auch immer eingesetzt werden mögen. Ich komme nun auf die Frage zurück : \V erden i n dem Satze "\Venn jedem Werte der reellen Variablen .t, welcher ihrem Bereiche angehört, eine bestimmte Zahl y zugeordnet ist, so ist damit J' im allgemeinen auch als Variable definiert und wird eine Funktion der reellen Variablen x genannt" die Buchstaben " ;,. " und "y " bezeichnend oder andeutend gebraucht? In jenem Falle wären " x " und "_y " Eigennamen von verschiedenen Yariablen . Das kann jedoch nicht gut sein, denn dann hätten wir mit diesen Yariablen bekannt gemacht werden müssen. Es hätte dann gesagt werden müssen, wo­ durch die Variable x gegeben ist, welche Eigenschaften sie hat, an denen man sie erkennen und von anderen Variablen unterscheiden kann. Dasselbe hätte betreffs }' gesagt sein müssen . Da nichts dergleichen vorgekommen ist, können wir wohl nicht annehmen, dass die Buchstaben hier bezeichnend gebraucht sind. Aber auch bei der Annahme, die Buchstaben seien hier andeutend ge­ braucht, kommen wir in Verlegenheit. Der Satz müsste dann nämlich einen Sinn behalten und zwar einen wahren, wenn wir statt der Buchstaben Zahl­ zeichen einsetzen . Setzen wir etwa für "x " "2" und für "y " " 3 " ! \Vir erhalten dann: "Wenn j edem Werte der reellen Variablen 2, welcher ihrem Bereiche ange­ hört, eine bestimmte Zahl 3 zugeordnet ist, so ist damit 3 im allgemeinen auch als Variable definiert und wird eine Funktion der reellen Variablen 2 genannt" . Das ist ganz unverständlich. Was ist z.B. ein Wert von 2? Man wird sagen : der Fehler liegt darin, dass für "x" das Zeichen einer bestimmten Zahl ein­ gesetzt ist; es hätte das Zeichen (der Eigenname) einer unbestimmten Zahl eingesetzt werden müssen. Das Unglück ist nur, dass wir noch gar keine unbe­ stimmte Zahl kennen, eine unbestimmte Zahl nicht von einer anderen unter­ scheiden können und also auch nicht in der Lage sind, Eigennamen für sie festzusetzen. Man sagt vielleicht : "Es gibt doch unbestimmte Zahlen, und sie lassen sich auch unterscheiden und benennen. Es sei z .B. ein rechtwinkliges Koordinatensystem in einer Ebene gegeben, wozu auch die Angabe der Längeneinheit für jede der Koordinatenachsen gehört. Es sei dann x die Maßzahl der Abszisse und y die Maßzahl der Ordinate eines Punktes. " x " ist dann der Eigenname einer unbestimmten Zahl und ")1' ' der einer anderen; x und y sind also unbestimmte Zahlen, die sich voneinander unterscheiden lassen, und von denen man sprechen kann, indem man ihre Eigennamen , eben die Buchstaben "x" und ")1" gebraucht. Der Art werden also die Variablen x und y in der angeführten Stelle sein können." Ich antworte : gib mir irgend­ einen Punkt der Ebene an . Dann wird dieser Punkt eine ganz bestimmte Maßzahl der Abszisse und eine bestimmte Maßzahl der Ordinate haben. Von unbestimmten Zahlen kann also gar nicht die Rede sein. Man wendet ein, man dürfe keinen bestimmten, sondern [müsse] einen unbestimmten Punkt nehmen. Aber damit sind wir wieder bei derselben Schwierigkeit angelangt. Ich bezweifle es ebenso sehr, dass es unbestimmte Punkte wie, dass es unbe­ stimmte Zahlen oder unbestimmte Menschen gebe.

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"Aber die Lösung der quadratischen Gle ichung x2 - 4x --7- 3 0 ist doch unbestimmt, und also bezeichnet ' x ' diese unbestimmte Lösung und mithin eine unbestimmte Zahl . " Ich antworte : Das ist weder wahr noch falsch, denn der bestimmte Artikel in den ·worten "die Lösung" ist ein logischer Fehler, weil es mehr als eine Lösung gibt, und der Satz "die in jener Gleichung ent­ haltene Aufgabe lässt mehr als eine Lösung zu" drückt das richtig aus, was oben fehlerhaft ausgedrückt war. Es handelt sich hier um eine Eigenschaft der Aufgabe, nicht um eine Eigenschaft der Lösung. Es ist fehlerhaft zu sagen "die unbestimmte Lösung" oder "die unbestimmte Zahl, welche der Gleichung genügt" ; dagegen könnte man etwa die Aufgabe eine unbestirnrnende nennen, wenn diese \Vortbildung erlaubt wäre. Die Schreibweise "x 2 ± 1 " ist des­ halb auch wie die Pest zu fliehen. Die Zeichenverbindung "2 ± 1 " hat keinen Sinn und keine Bedeutung. Xun kann man noch auf jene quadratische Glei­ chung hinweisen als auf ein Beispiel, dass ausser dem andeutenden und be­ zeichnenden Gebrauche der Buchstaben noch ein dritter anzunehmen sei. Damit wäre freilich für die Anerkennung unbestimmter Zahlen nichts ge­ wonnen. \\'enn man jene Gleichung als Aufgabe ansieht, so wird nichts damit behauptet, und also kann von einem andeutenden Gebrauche des Buchstabens x, um dem Gedanken Allgerneinheit zu verleihen, allerdings nicht die Rede sein. Es ist dann eigentlich ein Begriff bezeichnet mit der Aufforderung, Gegenstände (hier Zahlen) anzugeben, die unter ihn fallen. Der Buchstabe "x" ist dann so gebraucht, wie wir im 1 . Bande1) den Buchstaben "�" gebraucht haben : er nimmt die Argumentstellen ein und macht sie dadurch als solche kenntlich. Nachdem die Aufgabe gelöst ist, kann man den Satz behaupten : "Wenn x 1 oder x = 3, so ist x2- 4x + 3 0", und hierin wird der Buchstabe "x" wieder andeutend wie oben gebraucht, um den Gedanken allgemein zu machen. Welches Zahlzeichen man auch für "x" einsetzen mag, man erhält immer einen wahren Satz, entweder dadurch, dass die Bedingung nicht erfüllt ist, wo es dann einerlei ist, ob der Folgesatz wahr oder falsch ist, was z .B. geschieht, wenn man "2" einsetzt, oder dadurch, dass die Bedingung erfüllt ist, dann aber auch der Folgesatz wahr wird. Wie ist nun der Gebrauch der Buchstaben "x" und "y" in der analytischen Geometrie aufzufassen ? Mit der Gleichung einer Parabel "y y 2x = 0" soll freilich nichts behauptet werden, wohl aber wird diese Gleichung immer als Bestandteil von Sätzen vorkommen, in denen etwas behauptet wird, und in diesen Sätzen werden diese Buchstaben allerdings andeutend gebraucht ; z .B. "Wenn x Maßzahl der Abszisse eines Punktes und y Maßzahl der Ordinate desselben Punktes ist, und wenn y · y 2x = 0 ist, so gehört dieser Punkt einer Parabel an, welche . . . . usw", wobei das Koordinatensystem als be­ kannt vorausgesetzt werden muss. Wir treffen also auch hier keine unbestimmten Zahlen an. Es gibt solche gar nicht und, dass es solche gebe, ist nur ein durch fehlerhafte Ausdrucks­ weise erzeugter Schein. =

=

=

=

·

-

1 Gemeint ist der l . Bd. der GGA .

-

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1 79

Die Wörter "Variable" und "Funktion" werden oft miteinander in Zu­ sammenhang gebracht. Haben wir doch eben gesehen, wie "Funktion der reellen Variablen x" als Variable definiert worden ist. Dagegen sagt Heine * ) : "Einwertige Funktion einer Veränderlichen x heisst ein Ausdruck, der für jeden einzelnen rationalen oder irrationalen Wert von x eindeutig definiert ist". Dass der Buchstabe " x " in dem Ausdrucke vorkomme, wird zwar nicht gesagt, muss aber wohl angenommen werden. x wird Veränderliche genannt. Ob damit der Buchstabe "x" geme int ist oder etwas, was dieser Buchstabe be­ deutet oder andeutet, ist nicht erkennbar. Was ein Wert von x sei, ist auch nicht gesagt . Am wahrscheinlichsten ist Heines Meinung wohl folgende : "eine einwertige Funktion des Buchstabens 'x' ist eine Formel (ein zusammen­ gesetztes Zeichen) , wenn festgesetzt ist, was jede Formel bedeutet, die aus dieser dadurch hervorgeht, dass der Buchstabe 'x' durch irgendein Zeichen einer rationalen oder irrationalen Zahl ersetzt wird". Nach Hein es Ansicht ist also Funktion, wie es scheint, keine Zahl, sondern eine Formel, ein zu­ sammengesetztes Zeichen. Diese Erklärung scheint mit der czuberschen nicht übereinzustimmen. Die Bemühung, einen Einklang herzustellen, lohnt sich nicht, da die czubersche wohl kaum mit sich selbst im Einklang ist. Daraus, dass Heine diesen sichtbaren Dingen die Ehre erweist, sie unter einen Begriff zu bringen und für diesen ein eigenes Wort "Funktion" festzusetzen, scheint hervorzugehen, dass er diese sichtbaren physikalischen Dinge als Gegenstände der arithmetischen Untersuchung ansieht. Dagegen spricht dann wieder, dass er das Wort "Definieren" gebraucht, was hier doch wohl nur heissen kann : "Festsetzen einer Bedeutung für ein einfaches oder zusammengesetztes Zeichen" . Wenn aber Bedeutungen der Zeichen angenommen werden, so ist es auffallend, dass nicht diese Bedeutungen, sondern die Zeichen die Haupt­ sachen sein sollen. Wozu dann die Bedeutungen, wenn man sich doch nicht mit ihnen, sondern nur mit den Zeichen beschäftigen will ? So sehen wir denn Dunkelheit und Mangel an Ü bereinstimmung bei den mathematischen Schriftstellern und das bei der Erklärung von Wörtern, die zu den aller­ gewöhnlichsten bei den Mathematikern gehören. Eigentlich sind ja diese Fragen schon endgültig in unserem 1 . Bande1) erledigt worden. Ich habe sie nur darum wieder aufgerührt, weil ich vermute, dass viele meine Darlegungen für ausserordentlich schwer verständlich, dagegen solche, wie man sie in den czuberschen Vorlesungen oder an anderen Orten findet, für ausserordentlich klar halten werden. Ich habe zeigen wollen, dass dieser Schein von Klarheit nur solange von Bestand ist, als man keine der Fragen aufwirft, die sich natur­ gemäss daran knüpfen, und daher nicht merkt, dass sie keine genügende Beantwortung finden. * Die Elemente der Funktionslehre, Grelle[ s Jounal für die reine und ange­ wandte Mathematik] 74. Bd. [ 1 872] , S. 1 80. 1 Gemeint ist der 1. Bd. der GGA.

1 80

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Dieser 1: 1 angel an Einklang findet sich aber nicht nur beim Gebrauche \'On Ausdrücken der Analysis, sondern sogar bei einem Worte wie "gleich" und dem Zeichen " = ", die überall in den niedersten und höchsten Teilen der Mathematik gebraucht werden. Herr G. Peano sagt * ) , dass die }.leinungen der Schriftsteller über das Gleichheitszeichen ziemlich nrschieden seien, und hat damit leider wohl Recht. Es ist damit ein grosses \ \' ort gelassen ausge­ sprochen. 'Wenn man nämlich aus der Arithmetik die Gleichheit weglässt, so bleibt fast nichts übrig. Es heisst also jener Ausspruch nichts anderes, als dass die Mathematiker über den Sinn des grössten Teiles ihrer Lehrsätze ver­ schiedener Meinung seien. Ein �ichtmathematiker, der dies hörte, möchte wohl erstaunt die Hände über dem Kopfe zusammenschlagen und gar nicht be­ greifen, wie solch ein Zustand in irgendeiner Wissenschaft und besonders in der :Mathematik möglich wäre. Und noch mehr würde er erstaunen, wenn er erführe, dass dies gar nicht als besonderer Ü belstand empfunden wird, dass die meisten Mathematiker viel wichtigere Dinge glauben tun zu müssen, als sich um die Wegschaffung dieses haarsträubenden Übelstandes zu bemühen. Mancher wird vielleicht denken : wenn die Beschäftigung mit diesen Fragen nur nicht so verzweifelt unfruchtbar wäre ! Ich möchte dagegen fragen : ist denn die l.VIathematik im Formalismus so verknöchert, dass es uns auf den Sinn unserer Sätze gar nicht mehr ankommt? \Vas nützen uns 1 00 000 Lehr­ sätze, wenn wir selbst gar nicht wissen, was wir mit ihnen sagen wollen, wenn der einen Satz Benutzende einen anderen Gedanken damit \·erbindet als der ihn Beweisende. 'Wie oft wird das 'Wort "Potenzreihe" gebraucht ! Aber was versteht man darunter? Was ist eine Potenz? \Vas ist eine Reihe? Nicht einmal darüber ist man einig, ob diese Dinge künstlich mit einem Schreibmittel er­ zeugte Gebilde seien mit physikalischen Eigenschaften oder ob Potenzen, Reihen, Potenzreihen durch solche Gebilde nur bezeichnet werden, selbst aber unräumlich und unsichtbar seien. Was hält die Glieder einer Reihe zu­ sammen? Dass sie ein Ganzes, eben eine Reihe bilden? Sind es räumliche Beziehungen des Nebeneinander? Darauf würde man wohl verschiedene Antworten erhalten. Und doch ist der Unterschied zwischen dem Gemachten, Räumlichen, Sinnlichen, Vergänglichen einerseits und dem Unräumlichen, Unzeitlichen, Unsinnlichen andererseits so ungeheuer, dass er zu den grössten gehört, die überhaupt vorkommen können. Eine Wissenschaft, die sich mit den Gegenständen der einen Art beschäftigt, muss sich von einer Wissenschaft von Gegenständen der anderen Art weit stärker unterscheiden als etwa Astronomie und K ryptogamenkunde. Solche Fragen betreffen also das innerste Wesen der Arithmetik. Und dennoch diese Gleichgültigkeit ! Bei dem Auseinandergehen der Meinungen und Gebrauchsweisen müsste eigentlich

* Revue de Mathematiques (Rivista di matematica) , tome VI, S. 6 1 : "Del resto Je opinioni dei varii Autori, sul concetto di eguaglianza, diversificano assai ; ed uno studio di questa questione sarebbe assai utile, specialmente se fatto coll'aiuto di simboli, anziehe di parole".

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jeder, der ein Wort wie "Zahl", "Funktion", "Potenzreihe" gebraucht, an­ geben, was er darunter verstände. Aber manche würden wohl ärgerlich die Zumutung ablehnen, sich mit so langweiligen Doktorfragen zu befassen, in der geheimen Furcht, nicht Brauchbares sagen zu können. Andere gingen vielleicht tapfer drauf los, aber nur, weil sie die verborgenen Klippen nicht kennten und gar nicht das Bedürfnis empfänden, ihren eigenen Brauch mit ihren Erklärungen in Einklang zu bringen und daraufhin sorgfältig zu prüfen. Was nützen uns Erklärungen, die nur als unnützer Zierat äusserlich einer Arbeit angeklebt sind ohne inneren Zusammenhang mit ihr !

Über Euklidische Geometrie.1) [ 1 899-1 906 ?] Zunächst scheint es nützlich, sich über einige Ausdrücke zu verständigen . Das Wort "Satz" wird verschieden gebraucht. Der rein sprachliche Sinn dieses Wortes ist wohl der zunächstliegende. Danach besteht die menschliche Rede aus Sätzen. Der Satz selbst ist aber nicht das, worauf es einem beim Sprechen eigentlich ankommt, sondern der Sinn oder Inhalt, den man mit dem Satze verbindet, und den man mitteilen will. Da der Sinn selbst nicht sinnlich wahr­ nehmbar ist, sind wir genötigt, uns etwas Sinnlichen zur Mitteilung zu be­ dienen. Demnach gehören Satz und Sinn des Satzes zusammen, Sinnliches und Unsinnliches . Den Sinn eines sinnvollen Satzes nenne ich Gedanken. Gedanken sind entweder wahr oder falsch. Und die Frage, ob ein Gedanke wahr oder falsch sei, ist bei der wissenschaftlichen Betätigung gewöhnlich der Grund unserer Beschäftigung mit dem Gedanken. �un geschieht es sehr leicht, dass das Zeichen und dessen Inhalt nicht rein geschieden werden * ) . Solches ge­ schieht besonders da, wo der Inhalt selbst nicht sinnlich wahrnehmbar ist, und wo demnach das Zeichen selbst das einzig Wahrnehmbare ist. Nun ist ja der Mensch von Natur aus so auf das Äussere, das Sinnliche gerichtet, dass ihm das Unsinnliche durch das Sinnliche oft fast ganz verdeckt wird. I n unserem Falle wird d e m Kenner verschiedener Sprachen d i e Unterscheidung durch die Erinnerung daran sehr erleichtert, dass derselbe Sinn in verschiede­ nen Sprachen ausgedrückt werden kann. Nun entscheide ich mich so, dass ich mit dem Worte "Satz" immer das Sprachliche bezeichnen will, dasjenige, was als Sinn einen Gedanken hat. So unterscheide ich also Satz und Gedanken. Man begreift nun, wie leicht man dazu kommt, einem Satze etwas beizulegen, was eigentlich dem Gedanken zukommt, und wie man von wahren Sätzen spricht, statt von wahren Gedanken. Man nennt dann einen Satz wahr, wenn der Sinn dieses Satzes, der in i hm ausgedrückte Gedanke, wahr ist. Zu bemerken ist noch, dass in der Grammatik das Wort "Satz" etwas anders gebraucht wird, als ich es hier tue, indem man auch von Nebensätzen spricht. Diese haben oft als Sinn keinen vollständigen Gedanken, sondern nur einen Teil eines Gedankens. * Verwechselung von Zahlzeichen und Zahlen. 1 Die Stücke gehören zur Auseinandersetzung mit Hilbert und dürften daher frühe­ stens 1 899, im Erscheinungsjahr der 1 . Auf!. der Grundlagen der Geometrie, entstanden sein. Wenn man davon ausgeht, daß diese Auseinandersetzung mit dem letzten Aufsatz Freges über die Grundlagen der Geometrie 1 906 im wesentlichen abgeschlossen ist, so werden auch die vorliegenden Stücke kaum später anzusetzen sein. Allerdings hat sich Frege in den nicht veröffentlichten Abhandlungen auch später noch ( cf. u. a. pp. 267 ff. , 292 f. ) gegen Hilberts Auffassung der Axiome und Definitionen geäußert.

Ü ber Euklidische Geometrie

1 83

Störend ist es besonders, dass es in der Mathematik üblich geworden ist, von Lehrsätzen zu sprechen. Das Wort "Satz" hat dadurch etwas Schillerndes erhalten : einerseits versteht man darunter das Sprachliche, doch schiebt sich dem unversehens das Gedankliche unter. Viele Leser werden sich so an die Gebrauchsweise des Wortes "Satz" in den mathematischen Lehrbüchern gewöhnt haben, dass es sie stört, statt des gewohnten Wortes "Satz" das ungewohnte "Gedanke" oder "\Vahrheit" zu lesen. Zur Erleichterung des Verständnisses will ich das Wort "Satz" in Klammern dem Worte "Gedanke" folgen lassen . Bei einem Gedanken kümmert uns am meisten die Frage nach seinem Wahrsein. Einen wahren Gedanken kann man am bequemsten eine \Vahrheit nennen. Eine Wissenschaft ist ein Ganzes verbundener Wahrheiten. Ein von uns gefasster Gedanke drängt immer auf Beantwortung der Frage nach seinem Wahrsein. Die Anerkennung des Wahrseins eines Gedankens oder, wie wir auch sagen können, die Anerkennung einer Wahrheit geben wir kund, indem wir einen Satz mit behauptender Kraft aussprechen. Dieser behauptenden Kraft entspricht oft kein Wort oder Satzteil in der Sprache, sodass sie oft nur gefühlt werden kann. Ohne behauptende Kraft werden oft Nebensätze aus­ gesprochen, die nur als Satzteile zu gelten haben . Wer die euklidische Geometrie für wahr hält, wird jedem ihrer Lehrsätze einen Sinn zuerkennen, er wird in jedem ihrer Lehrsätze eine Wahrheit aus­ gedrückt finden. Damit ist von selbst gegeben, dass er die Begriffswörter " Punkt", "Gerade", " Ebene" als sinnvoll anerkennt . In der euklidischen Geometrie sind gewisse Wahrheiten als Axiome überliefert worden. Wer einen Gedanken für falsch hält, kann ihn nicht als Axiom anerkennen ; denn ein Axiom ist eine Wahrheit.!) Weiter gehört es zum Begriffe des Axioms, dass man zur Anerkennung seines Wahrseins nicht anderer Wahrheiten bedarf. (Wahrheiten können erschlossen werden nach den logischen Gesetzen des Schliessens.) Wenn eine Wahrheit gegeben ist, kann gefragt werden, aus welchen anderen Wahrheiten ihr Wahrsein nach den logischen Gesetzen des Schliessens folgt. Nach Beantwortung dieser Frage kann weiter hinsichtlich jeder der so ge­ fundenen Wahrheiten gefragt werden, aus welchen anderen Wahrheiten ihr Wahrsein nach den logischen Gesetzen des Schliessens folgt . Ü ber Euklidische Geometrie. Niemand kann zwei Herren dienen. Man kann nicht der Wahrheit dienen und der Unwahrheit. Wenn die euklidische Geometrie wahr ist, so ist die nichteuklidische Geometrie falsch, und wenn die nichteuklidische wahr ist, so ist die euklidische Geometrie falsch. Wenn es durch einen Punkt ausserhalb einer Geraden zu dieser immer eine und nur eine Parallele gibt, so gibt es zu 1

Cf.

pp. 2 2 1 , 2 6 3 .

1 84

Über Euklidische Geometrie

jeder Geraden durch jeden Punkt, der nicht auf ihr liegt, eine Parallele und jede Parallele zu dieser Geraden durch diesen Punkt fällt mit ihr zusammen . \Ver die euklidische Geometrie als wahr anerkennt, muss die nichteuklidische als falsch verwerfen, und wer die nichteuklidische als wahr anerkennt, muss die euklidische verwerfen. Man hat einst geglaubt, eine \Vissenschaft zu betreiben, die man Alchimie nannte ; als man aber erkannt hatte, dass diese vermeintliche \Vissenschaft durch und durch irrtümlich war, verbannte man sie aus der Reihe der \Vissen­ schaften. Ebenso hat man einst geglaubt, eine \Vissenschaft z u betreiben, die man Astrologie nannte. Auch diese verbannte man aus der Reihe der Wissen­ schaften, nachdem man ihre Unwissenschaftlichkeit durchschaut hatte. Jetzt handelt es sich darum, die euklidische oder nichteuklidische Geometrie aus der Reihe der Wissenschaften zu streichen und der Alchimie und Astrologie als Mumie anzureihen. Wo man sich nur von Vorstellungen umgaukeln lassen will, braucht man es nicht so ernst zu nehmen ; in der Wissenschaft aber muss das Wahrheitsstreben eine strenge Herrschaft führen. Da heisst es : entweder herein oder hinaus ! Soll nun die euklidische oder die nichteuklidische Geometrie hinausfliegen? Das ist die Frage. Wagt man es, Euklids Elemente, die mehr als 2 000 Jahre ein unbestrittenes Ansehen behauptet haben, als Astrologie zu behandeln? Nur dann, wenn man es nicht wagt, kann man auch Euklids Axiome nicht als falsch oder zweifelhaft hinstellen. Dann muss die nicht­ euklidische Geometrie zu den Unwissenschaften gezählt werden, die man nur noch als geschichtliche Seltsamkeiten einer geringen Beachtung wert achtet.

[Notizen Freges zu Hilberts " Grundlagen der Geometrie" . ] 1) [Xach 1 903] § 1 Die

Elemente

der Geometrie und die

fünf Axiomgruppen.

Erklärung. \" aussprechen ; wo "A" für einen Eigen­ namen, "1/>" für ein Begriffswort steht. Wenn nun der Umfang des Begriffes tP zusammenfällt mit dem Umfange des Begriffes lJ', so folgt aus "A ist ein 1/>", daß auch A ein lJI ist. Mithin haben wir dann auch eine Beziehung des Gegen­ standes A zum Begriffsumfange von 1/>, den ich B nennen will. Und das Statt­ finden dieser Beziehung will ich so aussprechen : "A gehört dem B an" . Dies soll also soviel besagen wie "A ist ein 1/>, wenn B der Begriffsumfang von tP ist". Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man diese Beziehung mit der des Teiles zum Ganzen vergleichen ; aber wir haben hier nichts dem Satze Ent­ sprechendes. Was ein Teil des Teiles, ist Teil des Ganzen. Zwar kann A selbst ein Begriffsumfang sein ; aber wenn L1 dem A angehört und A dem B, so braucht nicht L1 dem B anzugehören. In dem Satze "Der Umfang des Begriffes -

" .

Über Schoenflies : Die logischen Paradoxien der :\fengenlchre

1 99

Prim::: a hl ist ein Begriffsumfang, dem die Zahl 3 angehört" sind die \\'orte "Begriffsumfang, dem die Zahl 3 angehört" als nomen appellatil•um anzusehen . Es sei nun B der Umfang des hiermit bezeichneten Begriffes und A der Cmfang des Begriffes Primzahl. Dann gehört A dem B an und die 2 gehört dem A an ; aber die 2 gehört nicht dem B an ; denn 2 ist nicht ein Begriffsumfang, dem die 3 angehört . Schon hieraus geht hervor, daß im Grunde ein Begriffsumfang von einem Aggregate ganz verschieden ist. Das Aggregat besteht aus seinen Teilen . Dagegen besteht der Begr :ffsumfang nicht aus den Gegenständen, die ihm angehören. Der Fall ist nämlich denkbar, daß ihm keine Gegenstände angehören. Der Begri ffsumfang hat eben seinen Bestand im Begriffe, nicht in den Gegenständen, die ihm angehören ; diese sind nicht seine Teile. Ein Aggregat, das keine Teile hat, kann es nicht geben. � un kann es freilich vorkommen, das alle Gegenstände, die einem Begriffs­ umfange angehören, zugleich Teile eines Aggregates sind und zwar so, daß der ganze Bestand des Aggregates dadurch erschöpft wird. So kann es scheinen, daß in einem solchen Falle das Aggregat mit dem Begriffsumfange zusammen­ falle. Aber es ist nicht nötig, daß nun auch jeder Teil des Aggregates dem Begriffsumfange angehöre ; denn es kann sein, daß ein Teil des Aggregates, ohne selbst dem Begriffsumfange anzugehören, Teile hat, die dem Begriffs­ umfange angehören, oder daß ein Teil des Aggregates, ohne selbst dem Begriffsumfange anzugehören, Teil ist eines Gegenstandes, der dem Begriffs­ umfange angehört. So muß doch immer die Beziehung eines Teils zum Aggregate unterschieden werden von der des Gegenstandes zum Begriffs­ umfange, dem er angehört. Durch das Aggregat ist der Begriffsumfang auch in diesem Falle nicht bestimmt, wo sie scheinbar zusammenfallen. Ein Sand­ korn ist ein Aggregat. Und es kann sein, daß der Umfang des Begriffes Kiesel­ säuremolekül, das in diesem Sandkorn enthalten ist, übereinzustimmen scheint mit dem Aggregate, das wir dieses Sandkorn nennen. Aber ebensogut könnten wir den Umfang des Begriffes Atom, das in diesem Sandkorn enthalten ist, mit unserm Aggregate zusammenfallen lassen. Dann fielen aber die beiden Begriffsumfänge zusammen, was nicht möglich ist. Daraus folgt, daß keiner der beiden Begriffs­ umfänge mit dem Aggregate zusammenfällt, denn täte es einer, so täte es mit demselben Rechte auch der andere.

Was kann ich als Ergebnis meiner Arbeit ansehen?1) [August 1 906] Es hängt fast alles mit der Begriffsschrift zusammen. der Begriff als Funk­ tion aufgefaßt. die Beziehung als Funktion von zwei Argumenten. der Be­ griffsumfang oder Classe ist mir nicht das Erste. die Cngesättigtheit sowohl beim Begriff als bei der Funktion . die Wesenheit von Begriff und Funktion erkannt. doch vorher hätte ich eigentlich erwähnen sollen den Urteilsstrich. die Ablösung der behauptenden Kraft vom Prädikate. Hypothetische Satzverbindung. Allgemeinheit . . . Sinn und Bedeutung . . .

1 Nach einer Notiz der früheren Bearbeiter haben diese Aufzeichnungen Freges das Datum "5. V I I I . 06" getragen. Sie sind wohl eine Vorarbeit zu dem folgenden Stück "Einleitung in die Logik", das in seiner Gliederung die Stichworte am Ende dieser Aufzeichnungen aufnimmt.

Einleitung in die Logik . 1 ) [August 1 906] Die Ablösung der behauptenden Kraft Yom Prädikate. Man kann einen Gedanken ausdrücken, ohne ihn zu behaupten. Doch fehlt es in den Sprachen an einem vVorte oder Zeichen, das allein die Aufgabe hätte zu behaupten. So wird auch in den Logiken, wie es scheint, das Prädizieren verquickt mit dem Urteilen. So weiss man nicht recht , ob das , was die Logiker Urteil nennen, ein Gedanke sein soll mit oder ohne das Urteil, dass er wahr ist. Dem Worte nach sollte man denken mit dem Urteil ; aber der Sprachgebrauch ist vielfach so, dass die eigentliche Urteilsfällung, die Erkenntnis der Wahrheit, nicht mitgenommen wird. Ich gebrauche das f1'ort "Gedanke" ungefähr so, wie die Logiker " Urteil" . Denken ist Gedankenfassen. Nachdem man einen Gedanken gefasst hat, kann man ihn als wahr anerkennen (urteilen ) und dieses Aner­ kennen äussern (behaupten) . Auch von der Verneinung ist die urteilende Kraft abzulösen. Jedem Gedanken steht ein entgegengesetzter gegenüber, sodass die Verwerfung des einen immer mit der Anerkennung des anderen zusammen­ fällt. Man kann sagen, dass das Urteilen die Wahl zwischen Entgegengesetztem ist. Die Verwerfung des einen und die Anerkennung des andern ist eine Tat. Man braucht also für die Verwerfung keine besondere Benennung, kein be­ sonderes Zeichen. Man kann von der Verneinung sprechen, bevor man Teile im Gedanken unterschieden hat. Der Streit, ob die Verneinung zum Ganzen oder zum prädikativen Teile gehöre, ist ebenso unfruchtbar wie der, ob der Mantel den schon bP.kleideten Menschen bekleide oder ob er mit den übrigen Bekleidungsstücken zusammengehöre. Indem der Mantel den schon bekleide­ ten Menschen umhüllt, schliesst er sich von selbst den übrigen Kleidungs­ stücken an. Der prädikative Bestandteil des Gedankens kann, bildlich ge­ sprochen, als Hülle des Subjektsbestandteils angesehen werden. Weiter hinzu­ kommende Hüllen vereinigen sich von selbst mit den schon vorhandenen. Hypothetische Satzverbindung. Wenn man sagt, dass im hypothetischen Urteile zwei Urteile in Beziehung zueinander gesetzt werden, so gebraucht man das Wort "Urteil" so, dass die Anerkennung der Wahrheit nicht mitgemeint ist. Denn wenn man auch das ganze Satzgefüge mit behauptender Kraft ausspricht, so behauptet man doch weder die Wahrheit des Gedankens im Bedingungssatze, noch die des Ge­ dankens im Folgesatze. Die Anerkennung der Wahrheit erstreckt sich vielmehr auf einen im ganzen Satzgefüge ausgedrückten Gedanken. U nd bei einer cf.

1

Frege hat Teile der folgenden tagebuchartigen Aufzeichnungen später neugefaßt; 2 1 3 ff.

pp.

5. V I I I . 06

202

Einleitung i n die Logik

gen aueren Prüfung wird man in vielen Fällen finden, dass der Bedingungssatz alle in keinen Gedanken ausdrückt und ebenso wenig der Folgesat z (uneigent­ liche Sätze) 1) . I n diesen Fällen hat man meist die Beziehung der L'nterordnung von Begriffen. �Ian vermischt dabei wohl gewöhnlich zweierlei, 'ms ich wohl zuerst geschieden habe : die Beziehung, die ich mit dem Bedingungsstriche bezeichne, und die Allgemeinheit. Jene entspricht ungefähr d e m , was die Logiker mit "Beziehung zwischen L'rteilen" sagen wollen . Es verbindet nämlich das Beziehungszeichen (der Bedingungsstrich) Sätze miteinander und zwar eigentliche, sodass jeder von beiden einen Gedanken ausdrückt. \Venn wir nun von Sage und Dichtung absehen und nur solche Fälle in Betracht ziehen, in denen es sich um \Vahrheit im wissenschaftlichen Sinne handelt, so können wir sagen, dass jeder Gedanke entweder wahr oder falsch ist, tertium non datur. Es ist Unsinn, von Fällen zu sprechen, in denen ein Gedanke wahr ist und von andern, in denen er falsch ist. Derselbe Gedanke kann ni� ht bald wahr, bald falsch sein, sondern in den Fällen, die man bei solchen Aus­ sprüchen im Auge hat, handelt es sich immer um verschiedene Gedanken, und dass man denselben zu haben glaubt, liegt daran, dass man denselben \Vortlaut hat, und dieser Wortlaut wird dann ein uneigentlicher Satz sein. Man unterscheidet nicht immer genug zwischen dem Zeichen und dem, was es ausdrückt. \Venn man zwei Gedanken hat, so sind nur vier Fälle möglich : I . der erste ist wahr und desgleichen der zweite ; 2 . der erste ist wahr, der zweite falsch ; 3 . der erste ist falsch, der zweite ist wahr ; 4. beide sind falsch. Wenn nun der dritte dieser Fälle nicht stattfindet, so besteht die Beziehung, die ich durch den Bedingungsstrich bezeichnet habe. Der Satz, der den ersten Gedanken ausdrückt, ist der Folgesatz ; der Satz, der den zweiten Gedanken ausdrückt, ist der Bedingungssatz . Es sind nun fast 28 Jahre her, seit ich diese Erklärung ausgesprochen habe2) . Damals glaubte ich, ich brauchte nur anzu­ tippen, und die andern wüssten alsbald mehr als ich. Und jetzt, nachdem mehr als ein Viertel-Jahrhundert vergangen ist, hat die grosse l\Iehrzahl der Mathematiker keine Ahnung von der Sache, und ebenso wird es bei den Logikern sein. Welche Stumpfheit ! Wie erinnert mich dies \'erhalten der Gelehrten an das des Ochsen vor dem neuen Tore : er glotzt, er brüllt, er sucht sich seitwärts vorbeizudrücken ; aber hindurchgehen, das könnte gefähr­ lich sein. Dass es zunächst befremdlich ist, glaube ich gern, aber wenn es das nicht wäre, wäre es längst gefunden. Muss man sich denn durch den ersten flüchtigen Eindruck bestimmen lassen? Hat man gar keine Zeit, darüber nachzu­ sinnen? Nein, denn was könnte Gescheites dabei herauskommen ! Man vermisst wahrscheinlich eine innere Verbindung zwischen den Gedanken; es will nicht recht einleuchten, dass von dem Gedanken nur in Betracht kommen soll, ob 1 Cf. die ausführlichere Behandlung der hypothetischen Urteile pp. 59, 205 ff. , 2 1 4 ff. 2 Diese Erklärung findet sich in BS, p. 5.

Einleitung in die Logik

203

er wahr oder falsch ist, gar nicht eigentlich der Gedankeninhalt selbst. Dies hängt mit dem zusammen, was ich über Sinn und Bedeutung erkannt habe. ::'\un, versuche doch jemand eine Erklärung zu geben, in der der Gedanke selbst mehr zur Geltung kommt, und es wird sich wahrscheinlich zeigen, entweder, dass das doch im Grunde ganz überflüssig ist, was man von dem Gedanken noch hinzunimmt, dass dadurch ganz ohne Gewinn die Sache nur \·erwickelt wird, oder dass die Sätze (Bedingungssatz und Folgesatz) uneigentliche Sätze sind, von denen keiner einen Gedanken ausdrückt, sodass man in \\'ahrheit keine Gedanken in Beziehung gesetzt hat, wie man gewollt hat, sondern etwa Begriffe oder Beziehungen. Ist denn nun die Beziehung, die ich mit dem Be­ dingungsstriche bezeichne, eine solche, die zwischen Gedanken stattfinden kann? Eigentlich nicht ! Hier kann nur gesagt werden, dass das Zeichen dieser Beziehung (eben der Bedingungsstrich) Sätze verbindet. Später wird die Erklärung noch in der Weise ergänzt, dass auch Namen von Gegenständen durch den Be­ dingungsstrich verbunden werden können . I ) Und dies will zunächst noch weniger in den Kopf. Die genauere Betrachtung der Allgemeinheit muss es erst annehmbar machen. Allgemeinheit. Erst hier werden wir veranlasst, einen Gedanken in Teile ::.u zerlegen, von denen keiner ein Gedanke ist. Der einfachste Fall ist der der Zweiteilung. Die Teile sind ungleichartig : der eine ungesättigt, der andere gesättigt (abge­ schlossen) . Man muss dabei solche Gedanken in Betracht z iehen, die von der hergebrachten Logik als singuläre Urteile bezeichnet werden. In einem solchen wird von einem Gegenstande etwas ausgesagt. Der Satz, der einen solchen Gedanken ausdrückt, besteht aus einem Eigennamen und dieser entspricht dem abgeschlossenen Teile des Gedankens - und einem prädikativen Teile, der dem ungesättigten Teile des Gedankens entspricht. Übrigens kommt die Singu­ larität einem Gedanken eigentlich nicht an sich zu, sondern nur hinsichtlich einer Weise der möglichen Zerlegung. Es ist möglich, dass derselbe Gedanke hinsichtlich einer andern Zerlegung als partikulär erscheinen kann ( Christus gewann einige Menschen für seine Lehre2) ) . Eigennamen bezeichnen Gegen­ stände, und von Gegenständen handelt ein singulärer Gedanke. Aber man kann nicht sagen, dass der Gegenstand Teil des Gedankens sei wie der Eigen-

1 In den GGA I, § 12 führt Frege die, wie er sagt, "durch den Bedingungsstrich be­ zeichnete" Funktion mit zwei Argumenten

1�

so ein, "daß ihr Wert das Falsche sein soll, wenn als C-Argument das Wahre und als �-Argument irgendein Gegenstand genannt wird, der nicht das Wahre ist; daß in allen andern Fällen der Funktionswert das Wahre sein soll" (p. 20) . Damit ist diese Funktion für beliebige Gegenstände als Argumente erklärt, entsprechend der von Frege in den GGA I, § 2 erhobenen Forderung. 2 Dieser Satz läßt sich auffassen als singulärer Satz mit dem Eigennamen "Christus" und dem prädikativen Teil "gewann einige Menschen für seine Lehre", aber auch als partikulärer Satz : "Es gibt Menschen, die Christus für seine Lehre gewann".

Einleitung in die Logik

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name Teil des entsprechenden Satzes. Der l\1ontblanc mit seinen Schnee­ und Eismassen ist nicht Teil des Gedankens, dass der �lontblanc mehr als 4 000 m hoch ist, sondern man kann nur sagen, dass dem Gegenstande in einer gewissen noch zu betrachtenden \ Veise ein Teil des Gedankens entspricht (Sinn und Bedeutung) . 1 ) Durch Zerlegung der singulären Gedanken erhält man Bestandteile der abge�chlossenett und der ungesättigten Art, die freilich abge­ sondert nicht vorkommen; aber jeder Bestandteil der einen Art bildet mit jedem der andern .\rt einen Gedanken. Hält man nun den ungesättigten Teil fest und wechselt mit dem abgeschlossenen Teile, so ist zu erwarten, dass die s o gebildeten Gedanken teils wahr, teils falsch sein werden. E s kann aber auch ,·orkommen, dass sie sämtlich wahr sind. Der ungesättigte Bestandteil sei z.B. ausgedrückt in den \Vorten "ist sich selbst gleich" . Dies2) ist dann eine besondere BeschafTenheit des ungesättigten Teiles. \Vir gewinnen so einen neuen Gedanken (alles ist sich selbst gleich) , der imVergleich mit den singulären Gedanken 3 ) (zwei ist sich selbst gleich ; der Mond ist sich selbst gleich) allgemein ist. Das \\'ort "alles", das hier an der Stelle der Eigennamen ( "der Mond") steht, ist doch selbst kein Eigenname, bezeichnet keinen Gegenstand, sondern dient dazu, dem Satze Allgemeinheit des I nhalts zu verleihen. Man läßt sich in der Logik oft zu sehr durch die Sprache beeinflussen, und auch dazu ist die Begriffssch rift gut, die Loslösung von der sprachlichen Form z u fördern. Statt zu sagen "der ::\Iond ist sich selbst gleich" , kann man auch sagen "der ::-.Iond ist gleich dem Monde" ohne X nderung des Gedankens. Es ist hieraus z u ersehen, dass es unwesentlich ist, ob ein Eigenname an einer oder an mehreren Stellen des Satzes vorkommt. Es ist aber sprachlich unmöglich, beim Ü bergang zum Allgemeinen nun auch das Wort "alles" an zwei Stellen vorkommen z u lassen . Der Satz "alles ist gleich allem" hätte den gewünschten Sinn nicht. Man kann, sich dem mathematischen Gebrauche nähernd, einen Buchstaben gebrauchen und etwa sagen " a ist gleich a " . Dieser Buchstabe steht dann an der Stelle (oder den Stellen) eines Eigennamens, ist aber selbst kein Eigenname, hat keine Bedeutung, sondern dient nur dazu, dem Satze Allgemeinheit des Inhalts zu verleihen. l!nd dieser Gebrauch der Buchstaben ist als einfacher und folgerechter, vom logischen Standpunkte aus gesehen, den Mitteln vorz uziehen, die die Sprache für diesen Zweck darbietet . \Venn ein Ganzes aus zwei durch "und" verbundenen Sätzen besteht, von denen jeder einen Gedanken ausdrückt, so ist auch der Sinn des Ganzen als ein Gedanke aufzufassen, denn dieser Sinn ist entweder wahr oder falsch ; wahr nämlich, wenn jeder der beiden Teil-Gedanken wahr ist, falsch in j edem anderen Falle -, also wenn mindestens einer der beiden Teilgedanken falsch ist. 1'\ennen wir diesen Gedanken des Ganzen das Kondukt von den beiden

Cf. pp. 208 f. Nämlich, daß alle durch Sättigung des ungesättigten Teiles gebildeten Gedanken wahr sind. a Im Manuskript steh t : "mit dem singulären Gedanken". 1

2

E i n l e i t ung i n d ie Logik

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Teilgedanken, so hat auch das Kondukt seinen entgegenges etzten Gedanken, wie jeder Gedanke seinen entgegengesetzten hat. �un ist es klar, was das Entgegengesetzte eines Kondukts von dem Entgegengesetzten eines ersten Gedankens und von einem zweiten Gedanken ist. Es ist das, was ich mit dem Bedingungsstriche ausdrücke. Der Satz des ersten Gedankens ist wieder der Folgesatz, der des zweiten der Bedingungssat z . Den ganzen Satz aber, der ausdrückt das Entgegengesetzte eines Kondukts von dem Entgegengesetzten eines ersten Gedankens und von einem zweiten Gedanken, können wir den hypothetischen Satz nennen, dessen Folgesatz der Ausdruck des ersten Ge­ dankens, und dessen Bedingungssatz der Ausdruck des zweiten Gedankens ist. Den Gedanken des hypothetischen Satzes wollen wir den hypothetischen Ge- s. V I I I . 06 danken nennen, dessen Folge der erste, und dessen Bedingun g der zweite Gedanke ist. \Nenn nun sowohl in dem Folgesatze als auch in dem Bedingungssatze derselbe Eigenname vorkommt, so können wir den hypothetischen Gedanken als einen singulären ansehen hinsichtlich der Zerlegung in den dem Eigennamen entsprechenden abgeschlossenen Teil und den übrigen unge­ sättigten Teil . Halten wir nun den ungesättigten Teil fest und wechseln mit dem abgeschlossenen Teile, so kann es vorkommen, dass wir immer einen wahren Gedanken erhalten, welchen abgeschlossenen Teil wir auch nehmen mögen. Hierbei ist, wie bei dieser ganzen Betrachtung, Voraussetzung, dass wir uns nicht in Sage und Dichtung, sondern im Gebiete der \Vahrheit (in wissenschaftlichem Sinne) bewegen, sodass jeder Eigenname seinen Zweck, einen Gegenstand zu bezeichnen, auch wirklich erreicht, also nicht leer ist. Die abgeschlossenen Gedankenteile, von denen hier die Rede ist, sind zwar nicht selbst die durch die Eigennamen bezeichneten Gegenstände, hängen aber mit ihnen zusammen ; und wenn nicht alles in den Bereich der Dichtung fallen soll, ist es wesentlich, dass es solche Gegenstände gebe. Sonst kann von \Vahrheit der Gedanken überhaupt nicht die Rede sein. Nehmen wir also an, dass wir in einem gegebenen Falle immer einen wahren Gedanken erhalten, indem wir, wie oben gesagt, i n einem hypothetischen Gedanken, der zugleich als singulärer aufgefasst werden kann, den ungesättigten Teil festhalten, welchen abgeschlossenen Teil wir auch zur Sättigung verwenden. Hierdurch werden wir zu einem allgemeinen Gedanken hingeleitet, und der singuläre hypothetische Gedanke, von dem wir ausgingen, erscheint als besonderer Fall von diesem. Beispiel : Erster Gedanke: dass das Quadrat von 3 grösser ist als 2 . Zweiter Gedanke: dass 3 grösser ist als 2 . Entgegengesetztes des ersten Gedankens: dass das Quadrat von 3 nicht grösser ist als 2 . Kondukt von dem Entgegengesetzten des ersten Gedankens und von dem zweiten Gedanken : dass das Quadrat von 3 nicht grösser ist als 2, und dass 3 grösser ist als 2 . Entgegengesetztes des Konduktes von dem Entgegengesetzten des ersten Gedankens und von dem zweiten Gedanken : dass es falsch ist, dass zugleich das Quadrat von 3 nicht grösser als 2 und 3 grösser als 2 ist. Dies ist der hypothetische Gedanke, dessen Folge der erste Gedanke, und dessen Bed ingung der zweite Gedanke ist. Der \Vortausdruck : "Wenn 3

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grösser als 2 ist, so ist das Quadrat von 3 grösser als 2" hat wohl etwas \Vider­ strebendes, mehr vielleicht noch der Ausdruck, den man erhält, "·enn man für "3" "2" setzt : "Wenn 2 grösser ist als 2, so ist das Quadrat von 2 grösser als 2". Aber, dass es falsch ist, dass zugleich das Quadrat von 2 nicht grösser ist als 2 und 2 grösser ist als 2, ist ein wahrer Gedanke . So kann man statt 3 eine Zahl nehmen, welche man will, man erhält immer einen wahren G edanken . \Vie ist es aber, wenn man einen Gegenstand nimmt, der keine Zahl ist? Jeder Satz, den man aus "a ist grösser als 2" dadurch gewinnt, dass man für "a" den Eigennamen eines Gegenstandes setzt, drückt einen Gedanken aus, und zwar ist dieser Gedanke immer falsch, wenn der Gegenstand keine Zahl ist. Anders ist die Sache beim ersten Satze, weil der aus dem Ausdrucke "das Quadrat von a " dadurch hervorgehende Ausdruck, dass man für " a " den Eigennamen eines Gegenstandes setzt, nur dann einen Gegenstand nach der üblichen Redeweise bezeichnet, wenn dieser Gegenstand eine Zahl ist. Schuld daran ist die Unvollständigkeit der üblichen Erklärung von "Quadrat" . Man kann dem Mangel aber abhelfen, indem man festsetzt, dass unter dem Qua­ drate eines Gegenstandes dieser selbst verstanden werden soll, wenn er keine Zahl ist, dass aber "das Quadrat einer Zahl" im Sinne der Arithmetik zu verstehen ist. Dann erhält man aus dem Schema "dass das Quadrat von a grösser als 2 ist" immer einen Satz, der einen falschen Gedanken ausdrückt, wenn man für " a " den Eigennamen eines Gegenstandes einsetzt, der keine Zahl ist. Nachdem dies festgesetzt ist, kann man in dem hypothetischen Satze unseres Beispiels statt des Zahlzeichens "3" den Eigennamen irgendeines Gegenstandes setzen, und man wird immer einen Satz erhalten, der e i nen wahren Gedanken ausdrückt. Der allgemeine Gedanke, auf den wir so geführt werden, ist also auch wahr. Wir können ihn so aussprechen : "Wenn etwas grösser als 2 ist, so ist sein Quadrat grösser als 2", oder besser : "Wenn a grösser als 2 ist, so ist das Quadrat von a grösser als 2 " . Hier scheint die ·wendung mit "wenn" die sprachgemässeste zu sein. Aber hier haben wir nicht mehr zwei verbundene Gedanken. Wenn wir den Buchstaben " a " durch den Eigen­ namen eines Gegenstandes ersetzen, so erhalten wir einen Satz, dessen Ge­ danke als besonderer Fall des allgemeinen Gedankens erscheint, und in einem solchen besonderen Falle haben wir in Folge und Bedingung zwei Gedanken, die ausser dem Gedanken des Ganzen vorhanden sind. Wir können sie ge­ sondert auffassen. Aber den Satz, der den allgemeinen Gedanken ausdrückt, können wir nicht mehr so spalten, ohne die Teile sinnlos zu machen . Denn der Buchstabe " a " soll dem Ganzen Allgemeinheit des Inhalts verleihen , nicht aber den Teilsätzen. Der Teil "a ist grösser als 2" drückt keinen Gedanken mehr aus, weder einen wahren noch einen falschen, weil " a " weder als Eigen­ name einen Gegenstand bezeichnen soll noch diesem Teile Allgemeinheit des Inhalts verleihen soll, hinsichtlich dieses Teiles überhaupt keinen Zweck hat, nichts dazu beizutragen hat, diesem Teile etwa einen Sinn zu verleihen. Das­ selbe gilt vom anderen Teile "das Quadrat von a ist grösser als 2 " . Das " a " in dem einen Teile weist auf das " a" in dem anderen Teile hin, und eben des­ wegen können die Teile nicht getrennt werden ; denn eben damit fiele das,

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was " a " zum Sinne des Ganzen beizutragen hat, ganz weg, und damit ginge der Zweck des " a " verloren . Ebenso kann man auch im Lateinischen ein Satzgefüge, dessen Teile mit " quot " und " tot" eingeleitet werden, nicht in diese Teile zerlegen, ohne jeden von beiden sinnlos zu machen . Cneigen tlichen Satz nenne ich etwas, was die grammat ische Form eines Satzes hat, ohne doch Ausdruck eines Gedankens zu sein, was aber Teil eines Satzgefüges sein kann, das einen Gedanken ausdrückt, also als eigentlicher Satz zu bezeichnen ist. Demnach kann man beim allgemeinen Satze nicht mehr wie früher Be­ dingung und Folge unterscheiden ; denn der Bedingungssatz und der Folge­ satz sind nun uneigentliche Sätze geworden, die keine Gedanken mehr aus­ drücken. Man drückt sich nun wohl so aus, als ob in einigen Fällen die Be­ dingung erfüllt wäre, in anderen nicht. Damit gibt man zu erkennen, dass, was man da Bedingung nennt, kein Gedanke ist ; denn ein Gedanke - immer von Sage und Dichtung abgesehen - ist nur entweder wahr oder falsch. Dass der­ selbe Gedanke bald wahr, bald falsch sei, kann nicht vorkommen. Man hat dann eben einen uneigentlichen Satz, aus dem man eigentliche Sätze ge­ winnen kann, die teils wahre, teils falsche Gedanken ausdrücken ; aber diese Gedanken sind dann eben verschieden . Buchstaben, die, wie in unserm Beispiel " " a , dazu dienen, einem Satze Allgemeinheit des Inhalts zu verleihen, unter­ scheiden sich durch diesen Zweck wesentlich von den Eigennamen. Ich sage : der Eigenname bezeichnet (oder bedeutet) einen Gegenstand ; " a " deutet einen Gegenstand an, hat keine Bedeutung, bezeichnet oder bedeutet nichts. Wörter wie "etwas" und "es" vertreten oft in der gebräuchlichen Sprache die Buchstaben ; zuweilen scheint der Buchstabe auch gar nicht vertreten zu sein. Die Sprache ist hierin, wie in anderer Hinsicht, unvollkommen. Für die Einsicht in das Logische ist der Gebrauch der Buchstaben vorteilhafter als der Sprachgebrauch. Betrachten wir nun die uneigentlichen Teilsätze unseres allgemeinen Satzes ! Jeder von ihnen enthält einen Buchstaben. Ersetzen wir diesen durch den Eigennamen eines Gegenstandes, so erhalten wir einen eigentlichen Satz, der nun zusammengesetzt erscheint aus diesem Eigennamen und dem Übrigen. Dieses Übrige entspricht dem ungesättigten Teile des Gedankens und ist auch Teil des uneigentlichen Satzes. So enthält jeder der un­ eigentlichen Teilsätze ausser dem Buchstaben einen Bestandteil, der dem ungesättigten Teile eines Gedankens entspricht. Diese ungesättigten Gedankenteile sind nun auch Teile unseres allgemeinen Gedankens; aber diese Teile bedürfen eines Bindemittels, um aneinander zu haften, wie auch zwei abge­ schlossene Gedankenteile nicht ohne Bindemittel aneinander haften können. Drücken wir den allgemeinen Gedanken unseres Beispiels so aus : "Wenn a grösser als 2 ist, so ist a etwas, dessen Quadrat grösser als 2 ist", so entsprechen den beiden ungesättigten Gcdankenteilen, von denen eben die Rede war, die Worte "ist etwas, dessen Quadrat grösser als 2 ist" und "ist grösser als 2 " . Das "ist" muss hier aber immer ohne behauptende Kraft genommen werden. Dem Bindemittel entsprechen die Wörter "wenn" und "so", der Buchstabe " "a und die Wortstellung, indem "ist" einmal am Ende, das zweite Mal un­ mittelbar nach "so" steht.

9 . v nr . 0 6

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\Vir wissen aber, dass in Wahrheit diese besondere Art der Bindung bewirkt wird durch die Yerneinung, die Bildung eines Kondukts, wieder die Ver­ neinung und die Allgerneinigung (sit 1•enia z·erbo) . Sinn und Bedeutung. Die Eigennamen sollen Gegenstände bezeichnen, und wir nennen den Gegenstand, den ein Eigenname bezeichnet, seine Bedeutung. Der Eigenname ist andrerseits Bestandteil eines Satzes, der einen Gedanken ausdrückt. \Vas hat nun der Gegenstand mit dem Gedanken zu tun? Dass er nicht Teil des Ge­ dankens ist, haben wir an dem Satze "der 1\fontblanc ist über 4 000 m hoch" gesehen. Ist der Gegenstand dann überhaupt nötig, damit der Satz einen Gedanken ausdrücke? �'fan sagt wohl, Odysseus sei keine geschichtliche Person, und meint mit diesem widerspruchsvollen Ausdrucke, dass der Xame "Odysseus" nichts bezeichne, keine Bedeutung habe. Ximmt man dies an, so wird man deshalb doch nicht allen Sätzen der Odyssee, in denen der ::"l"ame Odysseus vorkommt, jeden Gedankeninhalt absprechen . Denken wir nun einmal, wir überzeugten uns, dass der Xame "Odysseus" in der Odyssee, ent­ gegengesetzt unserer bisherigen 1\Teinung, doch einen Mann bezeichne. \Vürden dadurch die Sätze, die den Xamen " Odysseus" enthalten, andere Gedanken ausdrücken? Ich glaube nicht. Die Gedanken würden eigentlich dieselben bleiben ; sie würden nur aus dem Gebiete der Dichtung in das der \Vahrheit versetzt. Demnach scheint der Gegenstand, den ein Eigenname bezeichnet, ganz unwesentlich zu sein für den Gedankeninhalt eines Satzes, der den Eigennamen enthält. Für den Gedankeninhalt ! Im übrigen freilich ist es für uns durchaus nicht einerlei, ob wir uns im Gebiete der Dichtung oder in dem der Wahrheit bewegen. Aber das können wir wohl hieraus entnehmen, dass mit dem Eigennamen noch etwas verbunden sein muss, was verschieden ist von dem bezeichneten Gegenstande und was für den Gedanken des Satzes wesentlich ist, in dem der Eigenname vorkommt . Ich nenne es den Sinn des Eigennamens. Wie der Eigenname Teil des Satzes ist, ist sein Sinn Teil des Gedankens. Andere Wege führen zu demselben Ziele. Vielfach hat derselbe Gegen­ stand verschiedene Eigennamen ; aber diese sind doch nicht durchweg ver­ tauschbar. Dies ist nur dadurch zu erklären, dass Eigennamen von derselben Bedeutung verschiedenen Sinn haben können. Der Satz "Der Montblanc ist über 4 000 m hoch" drückt nicht denselben Gedanken aus wie der Satz "Der höchste Berg Europas ist über 4 000 m hoch", obwohl der Eigenname " Mont­ blanc" denselben Berg bezeichnet wie der Ausdruck "der höchste Berg Europas", der nach der hier angenommenen Redeweise ebenfalls ein Eigen­ name ist. Die beiden Sätze "Der Abendstern ist derselbe wie der Abendstern" und "Der Abendstern ist derselbe wie der Morgenstern" unterscheiden sich nur durch einen Eigennamen von derselben Bedeutung. Dennoch drücken sie verschiedene Gedanken aus. Es muss also der Sinn des Eigennamens "der Abendstern" verschieden sein von dem Sinne des Eigennamens "der Morgen-

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stern" . Es ergibt sich so : mit dem Eigennamen ist etwas verbunden, was von dessen Bedeutung verschieden ist, was auch bei verschiedenen Eigennamen derselben Bedeutung verschieden sein kann, und was wesentlich ist für den Gedankeninhalt des Satzes, der den Eigennamen enthält. Ein eigentlicher Satz, in dem ein Eigenname vorkommt, drückt einen singulären Gedanken aus, und in diesem unterscheiden wir einen abgeschlossenen Teil und einen ungesättigten. Jener entspricht dem Eigennamen, ist aber nicht dessen Be­ deutung, sondern dessen Sinn. Auch den ungesättigten Teil des Gedankens fassen wir als einen Sinn auf, nämlich des ausser dem Eigennamen vorhandenen Teils des Satzes. Und es liegt in der Richtung dieser Festsetzungen, dass wir auch den Gedanken selbst als Sinn auffassen, nämlich des Satzes. \Vie der Gedanke Sinn des ganzen Satzes ist, ist ein Teil des Gedankens Sinn eines Satzteiles. So erscheint denn der Gedanke als gleichartig dem Sinne eines Eigennamens, aber ganz verschieden von dessen Bedeutung. :\un ist die Frage, ob nicht auch dem ungesättigten Teile des Gedankens, 1 0. v m . 06 der als Sinn des entsprechenden Satzteils anzusehen ist, etwas entspricht, was als Bedeutung dieses Satzteils aufzufassen ist. Dass der Eigenname eine Bedeutung habe, ist zwar für den blossen Gedankeninhalt gleichgültig, ist aber sonst von der grössten Wichtigkeit, wenigstens sofern wir uns wissenschaftlich verhalten. Es hängt davon ab, ob wir uns im Gebiete der Dichtung oder in dem der Wahrheit befinden. :1'\un ist es doch unwahrscheinlich, dass der Eigenname sich so verschieden von dem übrigen Teile eines singulären Satzes verhalten sollte, dass nur bei ihm das Bestehen einer Bedeutung von \Vichtigkeit wäre. Vielmehr müssen wir annehmen, das� auch dem übrigen Teile des Satzes, der als Sinn den ungesättigten Teil des Gedankens hat, etwas im Reiche der Bedeutung entsprechen müsse, wenn der ganze Gedanke sich im Gebiet der Wahrheit befinden solle. Dazu kommt, dass auch in diesem übrigen Teile des Satzes Eigennamen vorkommen können, deren Bedeutung wichtig ist. Wenn in einem Satze mehrere Eigennamen vorkommen, so kann der zugehörige Gedanke in verschiedener Weise in einen abgeschlossenen und einen ungesättigten Teil zerlegt werden. Der Sinn jedes dieser Eigennamen kann als abgeschlossener Teil dem übrigen Teile des Gedankens als dem unge­ sättigten gegenübergestellt werden. Auch die Sprache kann ja denselben Gedanken in verschiedener Weise ausdrücken, indem sie bald diesen, bald jenen Eigennamen zum grammatischen Subjekt macht. Man sagt wohl, dass diese verschiedenen Ausdrucksweisen nicht gleichwertig seien. Das ist richtig. Es ist aber zu beachten, dass die Sprache den Gedanken nicht nur ausdrückt, sondern ihm auch eine besondere Beleuchtung oder Färbung gibt. Und diese kann verschieden sein, auch wenn der Gedanke derselbe ist. Es ist un­ denkbar, dass es nur bei den Eigennamen auf eine Bedeutung ankommen könne, nicht bei den sie verbindenden übrigen Satzteilen. Wenn wir sagen "Jupiter ist grösser als Mars", wovon sprechen wir da? Von den Himmelskörpern selbst, von den Bedeutungen der Eigennamen "Jupiter" und "Mars". Wir sagen, dass sie in einer gewissen Beziehung zueinander stehen, und das tun wir mit den \V orten "ist grösser als". Diese Beziehung findet statt zwischen

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E i n l e i tung i n

die Logik

den Bedeutungen der Eigennamen, muss also selbst dem Reiche der Bedeu­ tungen angehören. Demnach wird man auch den Satzteil "ist grösser als :Mars" als bedeutungs\·oll anerkennen müssen, nicht [nur] als sinnvoll. \Venn wir einen Satz zerlegen in einen Eigennamen und den übrigen Teil, so hat dieser übrige Teil als Sinn einen ungesättigten GedankenteiL Seine Bedeutung aber nennen wir Begri ff. Damit machen wir freilich einen Fehler, den uns die Sprache aufnötigt. Indem wir nämlich das \Nort "Begri ff" einführen, geben wir die l\1öglichkeit von Sätzen der Form " A ist ein Begriff" zu, wo A ein Eigenname ist. Damit haben wir das zu einem Gegenstande gestempe f t , was gerade dem Gegenstand als völlig ungleichartig gegenübersteht . Auch der be­ stimmte Artikel im Anfang der \Vorte "Die Bedeutung des übrigen Teils des Satzes" ist eigentlich aus demselben Grunde fehlerhaft. Aber die Sprache nötigt uns zu solchen Ungenauigkeiten, und so bleibt uns nichts übrig, als uns ihrer immer bewusst zu bleiben , damit wir nicht in Fehler verfallen , und damit sich uns die scharfe Grenze zwischen Gegenstand und Begriff nicht verwischt. Auch den Begriff können wir, bildlich sprechend, ungesättigt nennen, oder wir können auch sagen, er habe prädikativen Charakter. \Vir haben den Fall betrachtet, dass ein Satzgefüge aus einem uneigentlichen Folgesatze und einem uneigentlichen Bedingungssatze bestand, wobei diese uneigentlichen Sätze einen Buchstaben (etwa " a " ) enthielten. Das Übrige in jedem dieser uneigentlichen Sätze entspricht einem ungesättigten Gedanken­ teile, und wir können jetzt sagen, dass ein solcher Gedankenteil Sinn des ent­ sprechenden Satzteils ist, den wir das Ü brige nannten. Ein solcher Satzteil hat nun auch eine Bedeutung, und diese haben wir Begriff genannt . So haben wir einen Begriff, der als Bedeutung dem Übrigen des uneigentlichen Bedingungs­ satzes zukommt, und einen Begriff, der als Bedeutung dem Übrigen des un­ eigentlichen Folgesatzes zukommt. Diese Begriffe sind nun hier in eine be­ sondere Verbindung gebracht (wir können auch "Beziehung" sagen) , und diese nennen wir Unterordnung, und zwar sagen wir, dass der Begriff des uneigentlichen Bedingungssatzes untergeordnet sei dem Begriffe des uneigent­ lichen Folgesatzes. Wenn wir einen singulären Satz als aus einem Eigennamen und dem Übrigen zusammengesetzt auffassen, so entspricht dem Eigennamen als Bedeutung ein Gegenstand, dem Ü brigen ein Begriff, und Gegenstand und Begriff erscheinen hier als in einer besonderen Verbindung oder Beziehung, die wir Subsumtion nennen. Der Gegenstand wird subsumiert dem Begriffe. Es ist klar, dass die Subsumtion von der Unterordnung durchaus verschieden ist. Wir haben von Satzteilen gesehen, dass sie Bedeutungen haben ; hat nun auch ein ganzer Satz eine Bedeutung? Wir verlangen von jedem in einem Satze vorkommenden Eigennamen, dass er eine Bedeutung habe, wenn es uns um Wahrheit zu tun ist, wenn wir uns wissenschaftlich verhalten. Andrer­ seits wissen wir, dass es für den Sinn des Satzes, den Gedanken, gleichgültig ist, ob die Satzteile Bedeutungen haben oder nicht ; folglich muss mit dem Satze noch etwas vom Gedanken Verschiedenes verbunden sein, wofür es wesentlich ist, ob die Satzteile Bedeutungen haben, und dies wird die Bedeutung des

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Satzes zu nennen sein. Das einzige aber, wofür jenes wesentlich ist, ist das, was ich den Wahrheitswert nenne, nämlich ob der Gedanke wahr oder falsch ist. Die Gedanken in Sage und Dichtung brauchen keinen Wahrh � itswert zu haben. Ein Satz, der einen bedeutungslosen Eigennamen enthält, ist weder wahr noch falsch ; der Gedanke, den er etwa ausdrückt, gehört der Dichtung an. Der Satz hat dann keine Bedeutung. Wir haben zwei Wahrheitswerte : das \Vahre und das Falsche. \Venn ein Satz überhaupt eine Bedeutung hat, so ist diese entweder das Wahre oder das Falsche. Wenn man den Satz in Teile zerlegen kann, von denen jeder bedeutungsvoll ist, so hat auch der Satz eine Bedeutung. Das \Vahre und das Falsche sind als Gegenstände anzusprechen, denn sowohl der Satz als auch sein Sinn, der Gedanke, hat den Charakter des Abgeschlossenen, nicht den des Ungesättigten. Wenn ich statt das Wahre und das Falsche zwei chemische Elemente entdeckt hätte, wäre der Eindruck bei den Gelehrten ein grösserer gewesen. Wenn wir sagen "der Gedanke ist wahr" , scheinen wir die ·wahrheit als Eigenschaft dem Gedanken beizulegen. Wir hätten dann den Fall der Subsumtion. Der Gedanke würde als Gegenstand dem Begriffe des Wahren subsumiert. Hier täuscht uns aber die Sprache. \Vir haben nicht das Verhältnis des Gegenstandes zur Eigenschaft, sondern das des Sinnes eines Zeichens zu dessen Bedeutung. Im Grunde besagt ja auch der Satz "Es ist wahr, dass 2 eine Primzahl ist" nicht mehr als der Satz " 2 ist eine Primzahl" . Wenn wir im ersten Falle ein Urteil aussprechen, so liegt das nicht in dem Worte "wahr", sondern in der behauptenden Kraft, die wir dem Worte "ist" beilegen . Das können wir aber ebenso gut im zweiten Satze tun, und der Schauspieler auf der Bühne z.B. würde den ersten ebenso gut wie den zweiten ohne behauptende Kraft aussprechen können. * ) Ein eigentlicher Satz ist ein Eigenname, seine Bedeutung ist, wenn e r eine 1 2 . vm. os hat, ein Wahrheitswert : das Wahre oder das Falsche. Wir können manche Sätze zerlegen in einen abgeschlossenen Teil, der wieder ein Eigenname ist, * Bemerkungen über den Buchstabengebrauch in der Arithmetik ( 1 2 . VIII. 06) : In der Arithmetik gebraucht man die Buchstaben, meistens ohne sich über die Weise, den Zweck und die Berechtigung dieses Gebrauchs auszusprechen, und auch wohl ohne sich selbst ganz klar darüber zu sein. Der Gebrauch in der Algebra zur Bezeichnung der Unbekannten (es mag dieser Ausdruck hier der Deutlichkeit halber erlaubt sein, wiewohl sich Einwendungen dagegen machen lassen) , ist von dem sonst in der Arithmetik Üblichen nicht so durchaus ver­ schieden, wie es wohl scheinen mag. Im grossen und ganzen sollen ja auch in der Arithmetik die Buchstaben Allgemeinheit des Inhalts verleihen. Aber wem? Meistens ist es nicht ein einzelner Satz oder ein Satzgefüge im Sinne der Grammatik, sondern eine Gruppe von scheinbar ganz selbständigen Hauptsätzen, deren Abgrenzung nicht immer leicht zu erkennen ist. Die Logik muss eigentlich verlangen, dass diese scheinbar selbständigen Sätze zu einem Satzgefüge vereinigt werden ; aber wenn man dieser Forderung nach­ käme, ergäben sich meist sprachliche Ungetüme. In der Begriffsschrift hat der Urteilsstrich ausser der behauptenden Kraft die Fähigkeit, das Gebiet der Allgemeinheit der lateinischen Buchstaben abzugrenzen. Um aber eine AUge-

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und einen ungesättigten Teil, der einen Begriff bedeutet . So können wir auch manche Eigennamen, deren Bedeutung keine \\1ahrheit swerte sind, zerlegen in einen abgeschlossenen Teil, der wieder ein Eigenname ist, und einen unge­ sättigten Teil. \\'enn dieser bedeutungsvoll sein soll, so muss er durch irgend­ einen bedeutungs\·ollen Eigennamen gesättigt, wieder einen bedeutungsvollen Eigennamen ergeben. Falls dies zutrifft, nennen wir die Bedeutung dieses ungesättigten Teiles Funktion. Doch ist hierbei hinsichtlich der Cngcnauig­ keit, zu der uns die Sprache nötigt, ein Vorbehalt zu machen, ähnlich dem früher gemachten, als das \\Tort "Begriff" eingeführt wurde. Der ungesättigte Teil eines Satzes, dessen Bedeutung wir Begriff genannt haben, muss die Eigenschaft haben , durch jeden bedeutungsvollen Eigennamen gesättigt, einen eigentlichen Satz zu ergeben ; das heisst, den Eigennamen eines \Vahr­ heitswertes zu ergeben . Dies ist die Forderung der scharfen Begrenzung des Begriffes. Jeder Gegenstand muss unter einen gegebenen Begriff entweder fallen oder nicht fallen, tertium n o n datur. Daraus folgt die vorhin aufgestellte ähnliche Forderung für die Funktion. Gehen wir beispielsweise aus von dem Satze "3 - 2 > 0". \-Vir zerlegen ihn in den Eigennamen "3 - 2" und das Übrige " > 0". Man kann sagen, dass dieser ungesättigte Teil den Begriff der positiven Zahl bedeute. Dieser Begriff muss scharf begrenzt sein. Jeder Gegen­ stand muss unter diesen Begriff entweder fallen oder nicht fallen. Zerlegen wir den Eigennamen " 3 - 2" nun weiter in den Eigennamen "2" und den unge­ sättigten Teil "3 - " . Nun können wir den ursprünglichen Satz "3 - 2 > 0" auch zerlegen in den Eigennamen "2" und den ungesättigten Teil "3 - > 0". Dessen Bedeutung ist der Begriff von etwas, was von 3 subtrahiert, einen positiven Rest gibt. Auch dieser Begriff muss scharf begrenzt sein . \Venn es nun einen bedeutungsvollen Eigennamen a der Art gäbe, dass der unge­ sättigte Teil "3 - " durch ihn gesättigt, keinen bedeutungsvollen Eigennamen ergäbe, so würde auch der ungesättigte Teil "3 - > 0" durch a gesättigt, keinen eigentlichen Satz ergeben ; d.h. es wäre nicht zu sagen, ob der durch a bezeichnete Gegenstand unter den Begriff fiele, der die Bedeutung von "3 - > 0" ist. Es ist daraus zu erkennen, dass die üblichen Erklärungen der arithmetischen Zeichen unzureichend sind . meinheit auf ein kleineres Gebiet beschränken zu können, gebrauche ich die deutschen Buchstaben, und bei diesen bewirkt die Höhlung die Abgrenzung des Gebietes. Auch in der Arithmetik kommt zuweilen ein Gebrauch der Buchstaben vor, der dem der deutschen Buchstaben in meiner Begriffsschrift ungefähr entspricht. Aber ich habe kein Anzeichen davon entdeckt, dass man sich dieser Gebrauchsweise als einer besonderen bewusst ist. Wahrscheinlich wüssten die meisten Mathematiker, wenn sie dies läsen, nicht, worauf ich an­ spiele. Ich selbst bin erst spät darauf aufmerksam geworden. Wir sind sehr ab­ hängig von den äusseren Hilfsmitteln des Denkens, und erst musste wohl die Sprache des Lebens auf einem gewissen Gebiete wenigstens durch ein feineres Hilfsmittel ersetzt sein, bevor gewisse Unterschiede bemerkt werden konnten. Aber die Gelehrten haben es bis jetzt grösstenteils verschmäht, sich dieses Hilfsmittels zu bemächtigen.

Kurze Übersicht meiner logischen Lehren .l) [ 1 906]

Der Gedanke. \Venn ich im Folgenden das Wort "Satz" gebrauche, so meine ich nicht Wunschsätze, Befehlssätze, Fragesätze, sondern Aussagesätze. Der Satz ist sinnlich wahrnehmbar, aber er dient uns zur �1itteilung eines Inhalts, der nicht sinnlich wahrnehmbar ist. Über diesen Inhalt urteilen wir, indem wir ihn als wahr anerkennen oder als falsch verwerfen. \Venn man einen Satz ausspricht, verbindet man meist mit der Mitteilung des Inhalts die Behauptung, dass er wahr sei . Aber der Hörende braucht sich dem nicht anzuschliessen ; er braucht den Inhalt auch nicht zu verwerfen ; sondern er kann sein Urteil zurückhalten. Der Inhalt eines Satzes mag nun betrachtet werden, wie er von einem solchen Hörer aufgefasst wird. Zwei Sätze A und B können nun in der Beziehung zueinander stehen, dass jeder, der den Inhalt von A als wahr anerkennt, auch den von B ohne weiteres als wahr anerkennen muss, und dass auch umgekehrt jeder, der den Inhalt von B anerkennt, auch den von A unmittelbar anerkennen muss (A'quipollenz) , wobei vorausgesetzt wird, dass die Auffassung der Inhalte von A und B keine Schwierigkeit macht. Die Sätze brauchen nicht in jeder Hinsicht gleichwertig zu sein; es kann z.B. dem einen etwas zukommen, was wir poetischen Duft nennen, und dies kann dem andern fehlen. Auch ein solcher poetischer Duft wird zum Inhalte des Satzes gehören, aber nicht zu dem, was wir als wahr anerkennen oder als falsch verwerfen . Ich nehme von jedem der beiden äquipollenten Sätze A und B an, dass in seinem Inhalte nichts ist, was von jedem, der es richtig erfasst hat, sofort unmittelbar als wahr anerkannt werden müsste. Dann gehört der poetische Duft, oder was wir sonst im Inhalte von A im Unterschiede von B finden, nicht zu dem, was wir als wahr anerkennen ; denn wäre dies der Fall, so könnte nicht für jeden die Anerkennung des Inhalts von B die des Inhaltes von A zur unmittelbaren Folge haben, weil das Unter­ scheidende der Annahme nach in B gar nicht enthalten ist, auch nicht von jedem ohne weiteres als wahr anerkannt werden muss. Es wird also vom Inhalte eines Satzes ein Teil auszuscheiden sein , der allein als wahr anerkannt oder als falsch verworfen werden kann . Diesen 1

Das Nachlaßstück stimmt stellenweise bis in den \Vortlaut mit der Einleitung in die vom August 1 906 (pp. 2 0 1 ff. ) überein. Es dürfte sich hier um eine wahrscheinlich kurze Zeit später angefertigte Neufassung eines Teils dieser Aufzeichnungen handeln. Aus Notizen der früheren Herausgeber auf den der Edition zugrunde liegenden Ab­ schriften ergibt sich, daß die Originale der beiden Stücke, und zwar in der auch hier im Druck gewählten Reihenfolge, zusammengelegen haben. Log ik

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Kurze Übersicht meiner logischen Lehren

nenne ich den im Satze ausgedrückten Gedanken. Er ist derselbe in äqui­ pollenten Sätzen der oben angegebenen Art. �ur mit diesem Teile des Inhaltes hat die Logik zu tun. \Vas sonst noch den Inhalt des Satzes ausmacht, nenne ich die Färbung des Gedankens. Der Gedanke ist nicht Gegenstand der Psychologie, besteht nicht aus Vor­ stellungen im psychologischen Sinne. Der Gedanke des Pythagoräischen Lehr­ satzes ist für alle Menschen derselbe, der objektiv allen in gleicher Weise gegen­ übersteht, während jeder seine eigenen Vorstellungen, Empfindungen, Gefühle hat, die nur ihm angehören. \Vir fassen Gedanken, aber wir erzeugen sie nicht . In Sage und Dichtung kommen Gedanken vor, die weder wahr noch falsch sind. Mit diesen hat die Logik nichts zu tun. In der Logik gilt : jeder Gedanke ist entweder wahr oder falsch, tertium non datur. Ablösung der behauptenden Kraft vom Prädikate . Wir können einen Gedanken fassen, ohne ihn als wahr anzuerkennen. Denken ist Gedankenfassen. Nachdem wir einen Gedanken gefasst haben, können wir ihn als wahr anerkennen - urteilen - und dieses Anerkennen äussern - behaupten. Es besteht das Bedürfnis, einen Gedanken auszudrücken, ohne ihn als wahr hinzustellen. In der Begriffsschrift habe ich ein eigenes Zeichen mit behauptender Kraft : den Urteilsstrich. In den mir bekannten Sprachen fehlt ein solches Zeichen, und die behauptende Kraft ist mit dem Indikativ in den Hauptsätzen fest verbunden. In der Dichtung freilich spricht man auch Hauptsätze ohne behauptende Kraft aus ; aber mit der Dichtung hat die Logik nichts zu tun. Sonst, scheint es, kann man nur in Nebensätzen einen Gedanken ausdrücken, ohne ihn zu behaupten. Man darf sich durch diese Eigentümlichkeit der Sprache nicht verleiten lassen, das Gedankenfassen mit dem Urteilen zu vermengen. Verneinung. Auch von der Verneinung ist die behauptende Kraft abzulösen. Jedem Gedanken steht ein entgegengesetzter gegenüber, sodass die Verwerfung des einen mit der Anerkennung des anderen zusammenfällt. Das Urteilen ist die Wahl zwischen entgegengesetzten Gedanken. Die Anerkennung des einen und die Verwerfung des andern ist eine Tat. Man braucht also für die Ver­ werfung kein besonderes Zeichen, sondern nur für die Verneinung ohne behauptende Kraft. Hypothetische Satzverbindung. 1 ) Wenn man sagt, dass im hypothetischen Urteile zwei Urteile zueinander in Beziehung gesetzt werden, so gebraucht man das Wort "Urteil" so, dass die Anerkennung der Wahrheit nicht eingeschlossen ist, demnach so, wie ich das Wort "Gedanke" gebrauche. Denn wenn man auch das ganze Satzgefüge 1 Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch

pp.

5 7 ff.

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Kurze Übersicht meiner logischen Lehren

mit behauptender Kraft ausspricht, behauptet man doch weder die Wahrheit der Bedingung noch die der Folge. Das Urteilen erstreckt sich vielmehr auf einen im ganzen Satzgefüge ausgedrückten Gedanken. Bei genauer Prüfung aber wird man in vielen Fällen finden, dass weder der Bedingungssatz, noch der Folgesatz einen Gedanken ausdrückt . In dem Satzgefüge "Wenn

a

grösser als 2 ist, so ist

a

2

grösser als 2 "

bezeichnet der Buchstabe )) a 2 1 «, )>23 1 ist grösser als 2> 1 2 ist grösser als 2> l Le temps est le mouvement d'une chose creee 2 ist, ist wahr" , so gilt das Entsprechende von dem Gedanken. Aber das Prädikat wahr ist doch ganz verschieden von den anderen Prädikaten, wie etwa grün, salzig, rational, denn was wir mit dem Satze "Der Gedanke, dass 3 > 2 ist, ist wahr" sagen wollen, können wir einfacher mit dem Satze "3 ist grösser als 2" sagen. Wir brauchen also hierzu das Wort "wahr" garnicht. Und wir erkennen, dass durch dies Prädikat dem Sinne eigentlich gar nichts hinzugefügt wird. Um etwas als wahr hinzustellen, brauchen wir kein be-

252

Logik in der

Mathema t i k

sonderes Prädikat , sondern nur die behauptende Kraft, mit der wir den Satz aussprechen. I ) Nicht immer, wenn wir einen Behauptungssatz aussprechen, tun wir das mit behauptender Kraft. Der Schauspieler auf der Bühne, der Dichter, der aus seinen \\'erken vorliest, beide werden oftmals Behauptungssätze aussprechen ; aber man entnimmt aus den Umständen, dass es nicht mit behauptender Kraft geschieht . Sie tun nur so als behaupteten sie. Auch in unserer Definition

(a

-

b) ist ein Vielfaches von 7 und a ist eine ganze Zahl

;:

b ;,, oin
C" das Begriffszeichen "� > 0". So ergeben sich durch teilweise Sättigung aus Funktionen mit zwei Argumenten Funktionen mit einem Argumente, aus Beziehungen Begriffe. Dies kann noch in anderer Weise geschehen, indem man die Verschiedenartigkeit der Argument­ stellen aufhebt. Wenn ich schreibe "� - f ' , so deute ich durch den Buch­ staben � an beiden Stellen an, dass derselbe Eigenname an beiden Stellen ein­ zusetzen sei, und habe dadurch den Namen einer Funktion mit nur einem Argumente. Wenn ich dies "Namen einer Funktion" nenne, so ist das cum grano salis zu verstehen. Der Eigenname, den wir durch Ergänzung dieser Funktion durch einen Eigennamen erhalten, z.B. " 3 - 3", enthält den Buch­ staben "�" nicht, obwohl er jenen Funktionsnamen enthält. Dieses "�" ist also kein Bestandteil des Funktionsnamens, sondern dient nur dazu, erkennen zu lassen, wie das Funktionszeichen sich mit dem ergänzenden Eigennamen verbindet. Wir erhalten durch dieses "�" eine Gebrauchsanweisung für den Funktionsnamen. Auch aus einem Beziehungszeichen können wir in ähnlicher Weise ein Begriffszeichen bilden, indem wir die Verschiedenartigkeit der Argumentstellen aufheben. So erhalten wir aus dem Beziehungszeichen "� > C" das Begriffszeichen "� > �" .

260

Logik in der Mathematik

Wir haben gesehen, dass der \Vert einer Funktion als Argument einer zweiten Funktion auftreten kann. Jene können wir die umschlossene, diese die umschliessende Funktion nennen. So können wir ein Beziehungszeichen bilden aus den Namen einer Funktion mit zwei Argumenten und einem Begriffs­ zeichen, wobei der Begriff die umschliessende Funktion wird. Es sei z.B. "� - C" das Zeichen der Funktion mit zwei Argumenten, " � ist ein Vielfaches von 7" das Begriffszeichen. Dann wird " (� - C) ist ein \'ielfaches von 7" das neue Beziehungszeichen. Der Begriff muss scharf begrenzt sein ; d.h. von jedem Gegenstande muss gelten, dass er entweder unter den Begriff falle oder nicht unter ihn falle. Unbestimmtheit darf nicht vorkommen. Daraus folgt etwas Entsprechendes für die Beziehung ; denn durch teilweise Sättigung ergibt sich ja aus der Be­ ziehung ein Begriff. Dieser muss scharf begrenzt sein. Und zwar jeder Begriff, der sich durch teilweise Sättigung der Beziehung ergibt, muss scharf begrenzt sein. Das heisst mit anderen ·worten : Jeder Gegenstand muss zu jedem Gegen­ stande in der Beziehung entweder stehen oder nicht stehen. Ein dritter Fall muss ausgeschlossen sein. Wenden wir dies auf die Beziehung (� - C) ist ein Vielfaches von 7 an, so ergibt sich, dass aus dem zusammengesetzten Zeichen "� - C" immer ein bedeutungsvoller Eigenname entstehen muss, wenn die Buchstaben "�" und "C" durch bedeutungsvolle Eigennamen ersetzt werden; also nicht nur dann, wenn Zeichen von Zahlen eingesetzt werden . Es muss also das Minuszeichen so erklärt werden, dass sich stets eine Bedeutung der Zeichenverbindung ergibt, was auch immer für bedeutungsvolle Eigennamen rechts und links von ihm gesetzt werden. So gelangen wir allgemein zu den Forderungen : Jedes Zeichen einer Funktion mit einem Argumente muss so erklärt sein, dass sich immer eine Bedeutung ergibt, was auch immer für ein bedeutungs­ volles Argumentzeichen zur Ergänzung genommen wird. Jedes Zeichen einer Funktion mit zwei Argumenten muss so erklärt sein, dass sich eine Bedeutung ergibt, durch welches bedeutungsvolle Argument­ zeichen auch immer die Ergänzung geschieht. Man könnte z.B. festsetzen, dass der Wert der Funktion � - C immer das Falsche sein solle, wenn eines der beiden Argumente keine Zahl ist, was auch das andere Argument sei. Freilich müsste dann auch feststehen, was eine Zahl ist. (Ebenso kann man festsetzen, dass der Wert der Funktion � > C das Falsche sein solle, wenn eins der beiden Argumente keine reelle Zahl ist, was auch das andere Argument sei.) Aber gerade darüber haben die Ansichten gewechselt. Ursprünglich kannte man von den Zahlen nur die positiven ganzen, später kamen die Brüche, die negativen Zahlen, die Irrationalzahlen und die komplexen Zahlen hinzu. So verband man mit dem Wort "Zahl" im Laufe der Zeit immer weitere Begriffe. Damit war verbunden, dass auch das Additionszeichen seine Bedeutung wechselte. Und dasselbe geschah bei anderen Rechnungszeichen. Das ist ja nun ein Vorgang, den die Logik verurteilen muss und der umso gefährlicher

Logik in der Mathematik

26 1

ist, je weniger man sich dieser Verschiebung bewusst ist. Die Geschichte der Wissenschaft tritt so in einen Gegensatz zu den Anforderungen der Logik. Man muss immer unterscheiden zwischen der Geschichte und dem System der Wissenschaft. In der Geschichte haben wir Entwicklung, im System Starrheit. Das System kann ausgebaut werden. \Vas aber einmal steht, muss bleiben, oder das ganze System muss aufgehoben werden, damit ein neues aufgebaut werden könne. 1.'\ur im Systeme vollendet sich die \Vissenschaft. Auf das System darf nie verzichtet werden. Nur durch das System kann man zu voller Klarheit und Ordnung gelangen. Keine 'Wissenschaft kann ihren Stoff so beherrschen und zu solcher Durchsichtigkeit verarbeiten wie die Mathematik ; aber vielleicht kann auch keine Wissenschaft sich in einen so dichten �ebel verlieren wie die Mathematik, wenn sie auf den Aufbau des Systems verzichtet. In der Entwickelung der Wissenschaft kann es vorkommen, dass ein System nicht mehr genügt, nicht so, dass es teilweise als falsch erkannt wird, sondern so, dass der berechtigte Wunsch entsteht, viele Einzelheiten unter einen um­ fassenderen Gesichtspunkt zu stellen, um eine grössere Ü bersichtlichkeit und einfachere Ausdrucksweise zu gewinnen. Das wird dann dazu führen, um­ fassendere, d.h. übergeordnete Begriffe und Beziehungen einzuführen. Es liegt nun nahe, das zu tun, was man eine Erweiterung eines Begriffes nennt. Das ist freilich eine ungenaue Ausdrucksweise, denn im Grunde ändert man nicht den Begriff, sondern man verbindet mit einem Begriffsworte oder Begriffszeichen einen anderen Begriff, der dem früher mit ihm verbundenen übergeordnet ist. Nicht der Sinn ändert sich, noch ändert sich das Zeichen, sondern die Zuordnung von Zeichen und Sinn ändert sich. So kann es vor­ kommen, dass Sätze, die vor dieser Verschiebung das \Vahre bedeuteten, nun das Falsche bedeuten. Frühere Beweise verlieren ihre Kraft. Alles gerät ins Schwanken. Alle diese Missstände werden vermieden, wenn man, statt alte Ausdrücke oder Zeichen mit neuen Bedeutungen zu versehen, ganz neue Zeichen einführt für die neu· eingeführten Begriffe. Aber dies geschieht meistens nicht, sondern man benutzt dieselben Zeichen weiter. Wenn ein System besteht, mit brauchbaren Definitionen, die nicht blass zum Zierat da sind, sondern ernst genommen werden, dann ist einer solchen Verschiebung ein Riegel vorgeschoben. Dann heisst es : entweder für die neu vorkommenden Begriffe, Beziehungen, Funktionen ganz neue Bezeichnungen einzuführen, oder das System fallen lassen, um ein neues zu errichten. In der Tat fehlt uns nun ein System in der Arithmetik. Wir haben nur Ansätze dazu. Es werden Definitionen aufgestellt ; aber ihr Urheber denkt gar nicht daran, sie ernst zu nehmen und sich selbst an sie gebunden zu halten. So fehlt uns die Schranke, die verhindern könnte, dass wir ganz unvermerkt mit einem Zeichen, einem Worte eine andere Bedeutung verbinden. Wir gebrauchen das Additionszeichen zunächst nur für den Fall, dass es zwischen Zeichen von positiven ganzen Zahlen steht, und erklären seine Gebrauchsweise für diesen Fall, uns vorbehaltend, später diese Erklärung für andere Fälle zu vervollständigen; aber dieses stückweise Definieren ist unzu-

262

Logik in der Mathematik

lässig ; denn solange das Zeichen unvollständig definiert ist, können mit ihm Zeichen gebildet werden, die zwar als Begriffszeichen aufzufassen, als solche aber unzulässig sind, weil der bezeichnete Begriff nicht scharf begrenzt wäre, also als Begriff nicht anerkannt werden könnte. Ein solches Begriffszeichen wäre z.B. "3 + � = 5". X un kann man zeigen, dass 2 unter diesen Begriff fällt, da 3 + 2 = 5 ist. Aber ob noch andere Gegenstände, und welche etwa, unter diesen Begriff fallen, müsste ganz unentschieden bleiben, solange das Additionszeichen unvollständig erklärt wäre. !\un wird es wahrscheinlich nicht möglich sein, das System aufzubauen, ohne stufenweise von einfacheren zu schwierigeren Fällen aufzusteigen, in ähnlicher 'Weise, wie es in der geschicht­ lichen Entwicklung geschehen ist. Aber wir brauchen dabei nicht den Fehler zu machen, durch alle diese Umwandlungen dasselbe Zeichen " + " zu ge­ brauchen. Wir können z.B., wenn es sich nur um die Addition von positiven ganzen Zahlen handelt, das Zeichen " I" verwenden, dieses aber vollständig erklären, so dass, was auch als �- und was auch als �-Argument der Funktion � I (; genommen werde, der \Vert der Funktion bestimmt sei. Wir können z .B. festsetzen, dass der Wert dieser Funktion das Falsche sein solle, wenn eines der beiden Argumente etwas anderes ist als eine positive ganze Zahl. So muss denn das stückweise Definieren und das, was man eine stufenweise Erweiterung eines Begriffes nennt, verworfen werden. Die Definition muss auf einmal geschehen ; denn solange ein Begriff nicht vollständig definiert ist, ist er nicht scharf begrenzt und kann nicht anerkannt werden. Ü berblicken wir noch einmal den zuletzt zurückgelegten Weg ! Der Satz hat einen Sinn, und den Sinn eines Behauptungssatzes nennen wir den Gedanken. Ein Satz wird entweder mit oder ohne behauptende Kraft ausgesprochen. Für die Wissenschaft genügt es nicht, dass ein Satz nur einen Sinn habe ; er muss auch einen Wahrheitswert haben und diesen nennen wir die Bedeutung des Satzes. Wenn ein Satz nur einen Sinn, aber keine Bedeutung hat, so gehört er der Dichtung, nicht aber der Wissenschaft an. Die Sprache hat die Fähigkeit, eine unübersehbare Fülle von Gedanken auszudrücken, mit verhältnismässig wenigen Mitteln. Dies wird dadurch möglich, dass der Gedanke aus Gedankenteilen aufgebaut wird und dass diese Gedankenteile Satzteilen entsprechen, durch die sie ausgedrückt werden. Der einfachste Fall ist der, dass ein Gedanke aus einem abgeschlossenen Teil und einem ungesättigten Teile besteht. Diesen können wir auch den prädika­ tiven Teil nennen. Jeder dieser Teile muss ebenfalls eine Bedeutung haben, wenn der ganze Satz eine Bedeutung, einen Wahrheitswert haben soll. Die Be­ deutung des abgeschlossenen Teils nennen wir Gegenstand, die des ergänzungs­ bedürftigen, ungesättigten oder prädikativen Teils nennen wir Begriff. Die Verbindung, in die Gegenstand und Begriff durch den Satz gebracht werden, können wir nennen die Subsumtion des Gegenstandes unter den Begriff. Gegen­ stand und Begriff sind grundverschieden. Den abgeschlossenen Teil des Satzes nennen wir den Eigennamen des Gegenstandes, den er bezeichnet. Den ergän-

Logik in der Mathematik

263

zungsbedürftigen Teil des Satzes nennen wir Begrijfswort oder Begrijfs;:.eichen. Vom Begriffe müssen wir scharfe Begrenzung verlangen. Beide Satzteile, der Eigenname und das Begriffswort, können wieder zusammengesetzt sein. Der Eigenname kann wieder bestehen aus einem abgeschlossenen und einem ergänzungsbedürftigen Teil. Jener ist wieder ein Eigenname und bezeichnet einen Gegenstand ; diesen nennen wir Funktionszeichen. Das Begriffszeichen, durch einen Eigennamen ergänzt, ergibt einen Satz, dessen Bedeutung ein Wahrheitswert ist. Das Funktionszeichen, durch einen Eigennamen ergänzt, ergibt einen Eigennamen, dessen Bedeutung ein Gegenstand ist. Wir bringen beides unter einen Gesichtspunkt, indem wir den Begriff als Funktion aner­ kennen, als Funktion nämlich, deren Wert immer ein Wahrheitswert ist, und indem wir den Wahrheitswert als Gegenstand anerkennen. Dann ist der Begriff eine Funktion, deren Wert immer ein Wahrheitswert1) ist. Aber auch das Funktionszeichen kann zusammengesetzt sein, und zwar aus einem abgeschlossenen Teil, der wieder ein Eigenname ist, und einem nun zweifach ergänzungsbedürftigen Teil, dem Namen oder Zeichen einer Funktion von zwei Argumenten. Eine Funktion von zwei Argumenten, deren Wert immer ein Wahrheitswert ist, nennen wir Beziehung. Der Forderung der scharfen Begrenzung der Begriffe entspricht die allgemeinere, dass der Name einer Funktion mit einem Argumente, durch einen Eigennamen ergänzt, wieder einen bedeutungsvollen Eigennamen abgeben muss. Entsprechendes gilt auch von den Funktionen mit zwei Argumenten. Blicken wir noch etwas weiter zurück. Wir erkannten die Notwendigkeit, die Mathematik als System aufzubauen, wobei die Möglichkeit verschiedener Systeme nicht auszuschliessen ist. Als Grundlagen eines Systems ergaben sich 1 . die Axiome und 2. die . Definitionen . Die Axiome dienen im Systeme als Prämissen für die Schlüsse, mittels derer das System aufgebaut wird, erscheinen aber nicht als erschlossene 'Wahrheit en. Da sie Prämissen sein sollen, miissen sie wahr sein. Ein Axiom, das nicht wahr ist, ist ein Widerspruch. Im Ausdrucke eines Axioms darf nichts Unbekanntes vorkommen. 2) Ganz . anderer Art sind die Definitionen. Durch sie soll einem Zeichen oder Worte, das bis dahin keine Bedeutung hatte, eine solche gegeben werden. I Da es nicht leicht fällt, anzunehmen, daß Frege hier in diesem Satze nur eine Wiederholung des schon unmittelbar vorher Gesagten geben wollte, könnte man über­ legen, ob nicht der ganze Passus eine Schlußfolgerung zum Ausdruck bringen soll. Dann aber müßte im letzten Nebensatz statt des Wortes: "Wahrheitswert" das Wort : "Gegenstand" stehen, s o daß e r heißen würde: "deren Wert immer ein Gegenstand ist". Der Schluß würde dann so aussehen : Erste Prämisse : "Der Begriff wird als eine Funktion anerkannt, deren Wert immer ein Wahrheitswert ist." Zweite Prämisse : "Der Wahrheitswert ist aufjeden Fall ein Gegenstand." Conclusio : "Also ist der Begriff eine Funktion, deren Wert immer ein Gegenstand ist." 2 Cf. hier und im Folgenden wieder die Briefe und Schriften zur Auseinandersetzung mit Hilberts Grundlagen der Geometrie, insbesondere AC, so ist BC = AC.

A.

I\' Wenn -t A , so ist nicht -tA = -tB. V' Wenn -tB > -tA, so ist nicht -t A > -tB. Aus V' und I ' folgt : Wenn -t B > -tA, so ist nicht BC > AC. Hieraus und aus I l l ' folgt : Wenn -tB > -tA und wenn nicht BC = AC, so ist A C > BC. Aus IV' und I I ' folgt : Wenn -t B > -tA, so ist nicht BC = AC. Aus den letzten beiden Sätzen folgt : Wenn -t B > -tA, so ist AC > BC. In diesem Beweise haben wir niemals auch nur hypothetisch angenommen, dass nicht AC > BC sei. Auch bei der Untersuchung der Grundlagen der Geometrie kann es vorkommen, dass man scheinbar Schlüsse zieht aus etwas Falschem oder doch Zweifel­ haftem. Kann man sich nicht die Frage vorlegen : Wie wäre es, wenn das Parallelenaxiom nicht gälte? Da gibt es nun eine zweifache Möglichkeit: Entweder macht man nur keinen Gebrauch vom Parallelenaxiom, sondern fragt nur, wie weit man mit den anderen Axiomen kommen könne, oder man nimmt geradezu etwas an, was dem Parallelenaxiome widerspricht . Nur dieser Fall kann hier in Betracht kommen. Es muss aber immer wieder daran erinnert werden, dass das, was falsch ist, kein Axiom sein kann, wenigstens, wenn man das Wort "Axiom" im altüberlieferten Sinne gebraucht. Wie ist es denn nun? Kann man das Parallelenaxiom als solches anerkennen? Schneidet eine Gerade, die eine von zwei Parallelen schneidet, immer auch die andere? Eigentlich kann jeder diese Frage nur für sich beantworten. Ich kann nur sagen : Solange ich die Wörter "Gerade", " Parallele" und "schneiden" so verstehe, wie ich sie verstehe, muss ich das Parallelenaxiom anerkennen. Wenn jemand es nicht anerkennt, muss ich annehmen, dass er jene Wörter anders versteht. Ihr Sinn ist untrennbar mit dem Parallelenaxiom verbunden. Dem­ nach kann ein Gedanke, der dem Parallelenaxiom widerspricht, nicht zur Prämisse eines Schlusses genommen werden. Aber ein wahrer hypothetischer Gedanke, dessen Bedingung dem Parallelenaxiom widerspräche, könnte als 1 Die erste Beweisversion enthält zwar "nicht AC > BC" nicht als selbständige Beweisannahme, die durch einen Widerspruch widerlegt werden soll, wohl aber als Teilprämisse von Wenn-so-Sätzen (Frege nennt das gleich unten wohl "hypothetisch angenommen" ) . Die jetzt folgende Beweisversion soll auch dies noch vermeiden.

Logik in der Mathematik

267

Prämisse gebraucht werden. Wir behielten dann diese Bedingung in allen Urteilen bei, die sich uns in der Kette der Schlüsse ergeben würden. Gelangten wir nun so einmal zu einem hypothetischen Urteile, dessen Folge bekannten Axiomen widerspräche, so könnten wir daraus schliessen, dass die dem Paralle­ lenaxiome widersprechende Bedingung falsch wäre ; und hätten damit das Parallelenaxiom bewiesen mit Hilfe anderer Axiome. Damit wäre es aber seines Ranges als Axiom entkleidet, weil es bewiesen worden wäre. Wir hätten dann eigentlich einen indirekten Beweis geführt. Wenn wir aber niemals auf einen Widerspruch stiessen, trotzdem wir unsere Schlussfolgerungen immer weiter fortführten, würde uns die Unbeweisbarkeit unseres Axioms zwar immer annehmbarer erscheinen, ohne jedoch je, genau genommen, bewiesen zu werden. Nun hat Hilbert in seinen Grundlagen der Geometrie sich mit solchen Fragen beschäftigt, ob die Axiome einander nicht widersprächen und ob sie unabhängig voneinander seien. Dabei hat sich bei ihm aber der Sinn des Wortes "Axiom" verschoben. Denn wenn ein Axiom notwendig wahr sein muss, ist es unmöglich, dass Axiome einander widersprechen. Darüber braucht dann kein Wort verloren zu werden. Aber obwohl es offenbar ist, scheint es Herrn Hilbert doch gar nicht zum Bewusstsein gekommen zu sein, dass, wenn er von der Widerspruchsfreiheit und der Unabhängigkeit der Axiome handelt, er gar nicht von Axiomen im Sinne Euklids spricht. Man kann sagen , dass das Wort "Axiom" bei ihm in verschiedenen Bedeutungen schillert, ohne dass er es merkt. Wenn man den Wortlaut eines seiner Axiome ins Auge fasst, scheint allerdings zuerst ein Axiom vorzuliegen von der Art der euklidischen ; aber der Wortlaut täuscht, weil alle Wörter anders, als bei Euklid gebraucht werden. Wir lesen da im § 3 1) . )>Erklärung. Die Punkte einer Geraden stehen in gewissen Beziehungen zu einander, zu deren Beschrei­ bung uns insbesondere das Wort "zwischen" dient , (80). Ob er die Grundlagen der Geom etrie. II. ; in : J ahresbericht der Deutschen Mathematiker­ Vereinigung, XI I ( 1 90 3 ) p p . 3 68 - 3 7 5 . Cf. (54), , (68>, (80).

1903

27)

28)

1 904 29)

Was ist eine Funk tion ? ; in : Festschrift Ludwig Boltzmann gewidmet zum sechzigsten Ge­ burtstage , 20. Februar 1 904. J . A. Barth, Leipzig, 1 904, p p . 6 5 6-666. Cf. (50), (5 7 ) , (64), (79), (8 1 ) , (86), ( 1 00) , < 1 0 5 ) , ( 1 06), < 1 1 2) .

30)

Ober die Grundlagen der Geometrie. I. ; in : Jahresberi cht der Deutschen Mathematiker­ Vereinigung, XV ( 1 906) p p . 29 3 - 309. Cf. (64), (80). Ober die Grundlagen der Geometrie. (Fortsetzung. ) II. ; in : J ahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, XV ( 1 906 ) pp. 3 7 7 -40 3 . Cf. .

1 906

31)

32)

33)

1 908 34)

Die Un m öglichk eit der Tho maeschen formalen Arithmetik aufs Neue nachgewiesen ; in : J ahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung, XVI I ( 1 908 ) pp. 5 2 -5 5 . Cf. .

Bibliographie der Werke Freges 35)

30 7

Schlußbemerk ung ; in : Jahresberi cht d e r Deutschen Mathematiker-Vereinigung, XVI I ( 1 908) p. 5 6 . C f . (64> , (80) .

1912 36)

[ Anmerkungen z u ) Philip E . B . Jourdain , The Development o f the Theories o f Mathe­ matical Logic and the Principles of Mathematics : Gottlob Frege ; in : The Quarterly Journal of Pure and Appl ied Mathematics, XLI I I ( 1 9 1 2 ) pp. 2 3 7 -269. Cf. . < 1 1 6) .

37)

The Fundamental Laws of Arithmetic ; in : The Monist , XXV ( 1 9 1 5 ) p p . 481 -494, XXVI ( 1 9 1 6 ) p p . 1 8 2 - 1 99 , XXV I I ( 1 9 1 7 ) p p . 1 1 4 - 1 2 7 . Englische Obersetzung des Vorworts, der Einleitung und der §§ 1 -7 von 0 9 ) von Ph. E. B. Jourdain und J . Stachelroth. Der 1 . Teil ist mit einem Vorwort von Ph. E . B. J ourdain versehen. Der Titel des 2. Teils hat den Zusatz " Psychological Logic" , der Titel des 3. Teils lautet : " Ciass, Funct ion, Concept, Relat ion" .

38)

Der Gedanke. Eine logische Un tersuchung ; in : Beiträge zur Philosophie des deutschen Idealismus, I ( 1 9 1 8/ 1 9 ) pp. 5 8 -7 7 . Cf. ( 5 2 > , (6 3 ) , (64) , , < 1 05), < 1 07>. Die Verneinung. Eine logische Un tersuchung ; in : Beiträge zur Philosophie des deutschen Idealismus , I ( 1 9 1 8/ 1 9 ) p p . 1 4 3 - 1 5 7 . Cf. (50> , , (64), .

1915-17

191 8 - 19

39)

1923 40 )

Logische Untersuchungen . Dritter Teil: Gedank engefüge ; in : Beiträge zur Philosophie des deutschen Idealismus, III ( 1 9 2 3 -- 2 6 ) , Heft 1 ( 1 9 2 3 ) pp. 3 6 - 5 1 . Cf. , < 6 3 > , , < 7 1 > , (76>, , ( 104) , < 1 1 2) , < 1 1 5>.

43)

[ Brief an H. Liebmann ) ; in : M . G . Beumer, Een historische Bijzonderheid uit het leven van Gottlob Frege ( 1 848 - 1 9 2 5 ) ; in : Sirnon Stevin, XXV ( 1 946/47 ) pp. 1 46 - 1 49 . Holländische Obersetzung des in (4 1 ) abgedruckten Briefes v o n Frege a n Heinrich Liebmann.

1941

1 946/47

3 08

Bibliographie der Werke Freges 1 948

44)

45)

Aritmetica e logica. Biblioteca di cul tura scientifica XVI I I . G. Einaudi, o . O . ( Druckort : Torino ), 1 948. 269 p p . Italienische , mit Einleitungen u n d Anmerkungen versehene Übersetzung v o n L. Gey­ monat von (9) , 0 6) und von Auszügen aus 0 5), 0 7) und dem Vorwort von ( 1 9) . Sense and Reference ; in : The Philosophical Review , LVI I ( 1 948) p p . 207 -2 30. Englische, mit einem Vorwort und Anmerkungen versehene Übersetzung von 0 6) von M. Black. 1949

46 )

On Sense and No minatum ; in : Readings in Philosophkai Analysis. Selected and edited by Herbert Feigl and Wilfrid Sellars. Appleton-Century-Crofts, New York, 1 949, pp. 8 5 102. Englische Übersetzung von 0 6) von H . Feigl.

47 )

Tbe Foundations of Aritbinetic. A logico-matbematical enquiry into t b e con cept of num ber. B . Blackwell , Oxford, 1 9 50 and Philosoph ical Lib rary , New York, 1 9 5 0 . Second revised edition 1 9 5 3 , reprinted 1 9 59. XI I , XI , 1 1 9 pp. + X I I , XI , 1 1 9 p p . Deutsch-englische Ausgabe von ( 9 ) . Obersetzung, Vorbemerkung u n d Anmerkungen von J . L. Austin. Nachdruck des engl ischen Textes: Harper, New York, 1 960. Frege Against the Formalist s ; in : The Philosophical Review , LIX ( 1 9 5 0 ) pp. 7 7 -9 3 , 202220, 3 3 2 - 34 5 . Englische , m i t einem Vorwort versehene Obersetzung der §§ 86- 1 3 7 von (26) von M. Black.

1950

48 )

1951 49 )

O n Concep t and Object ; in : Mind, L X ( 1 9 5 1 ) p p . 1 68 - 1 80. Englische Übersetzung von ( 1 7) von P . T. Geach . Durchgesehen von M . Black.

50)

Translations from the Philosophical Writings of Gottlob Frege , edited b y Peter Geach and Max Black. B- Blackwell, Oxford, 1 9 5 2 and Philosophical Library, New York, 1 9 5 2 . Second edition 1 960, reprinted 1 966. X, 244 p p . Enthält engl ische Übersetzung folgender Schriften : (4) (Teile d e s 1 . Kapitels), 0 4 ) , ( 1 6) , 0 7) , 0 9 ) (Teile d e s Vorwortes; ferner: Einleitung u n d die §§ 1 -7 ) , (20) (teilweise ) , ( 2 2 ) , (26) (die §§ 5 6 - 6 7 , 86- 1 3 7 , 1 3 9 - 1 44, 1 46 - 1 47 u n d Teile des Nachworts) , , , < 3 8>, Teilen von . 1 06 ) Scrieri logico-filosofice. Traducere, studiu in troductiv, notite introductive �i note de Sorin Vieru . Editura �tiintifica �i Enciclopedica Bucure�ti , 1 9 7 7 . Enthält rumänische Übersetzung von (9), ( 1 4) , < 1 7) , (29). 1 07 ) Logical Investigations. Edited with a preface by P . T. Geach. Translated by P . T. Geach and R. H. Stoothoff. Oxford, Blackwell , 1 9 7 7 ( Library of Philosophy and Logic). 82 p p . Enthält englische Übersetzung von < 3 8>, ( 3 9), (40) . 105)

3 14

Bibliographie der Werke Freges

1 0 8 ) Smysl i denotat. Semiotika i informatika VI I I ( 1 97 7 ) p p . 1 8 1 -2 1 0. Russische Obersetzung von ( 1 6) . 1 09 ) Dodgua Dijsitjee guanbajeo ; in : Cheon Min Lee , Byung Geun Lee , Myung Hyun Lee (eds. ) : Eoneoguahakiran Mueosinga. Munhakgua Dliseongsa, Seoul, 1 9 7 7 , p p . 3 70- 3 90. Koreanische Obersetzung von ( 1 6) von Dai Hyun Chung. 1 1 0 ) Review of Dr. E. Husserl 's , Philosophy of Arithmetic ' ; in : Readings on Edmund Husserl 's Logical Investigations. Edited by J . N . Mohanty . Martinus Nij hoff, The Hague, 1 9 7 7 , pp. 6 -2 1 . Neudruck von (9 2). 1 1 1 ) Review of Dr. E. Husserl 's ,Philosophy of Arithmetic ' ; in : Husserl. Expositions and Ap­ praisals. Edited with introductions by Frederick A . Elliston and Peter McCormick. Uni­ versity of Notre Dame Press, London , 1 9 7 7 , pp. 3 14 - 3 24. Neudruck von . 1978 1 1 2)

Logi ca e Filosofia d a Linguagem. Sele �äo , introduc;äo , tradu c;äo e notas d e Paulo Alco­ forado. Editora Cultrix, Säo Paulo, 1 9 78. 1 5 7 pp. Enthält portugiesische Übersetzung von (5), (8), < 1 4), ( 1 6) , < 1 7), (29), sowie der "Aus­ führungen über Sinn und Bedeutung" (hier pp. 1 2 8 ff. ) und des Briefes Frege an Lieb­ mann vom 25. August 1 900 ( cf. (42) ) . 1 1 3 ) Ponjatie i vesc. Semiotika i informatika X ( 1 9 7 8 ) p p . 1 88-205 . Russische Obersetzung von ( 1 7) von E. E. Razlogova. 1979

1 1 4)

Posthumaus Writings. Edited by Hans Hermes, Friedrich Kambartel, Friedrich Kaulbach with the assistance of Gottfried Gabriel and Walburga Rödding. Translated by Peter Long, Roger White , with the assistance of Raymond Hargreaves. Basil B lackwell, Oxford, 1 97 9 . 288 p p . Englische Obersetzung v o n (72). 1 980

1 15)

Briefwechsel mit D. Hilbert, E. Husserl, B. Russell, sowie ausgewählte Einzelbriefe, mit Einleitungen, Anmerkungen und Register herausgegeben von Gottfried Gabriel, Friedrich Kambartel und Christian Thiel. Felix Meiner Verlag, Hamburg, 1 980. 1 3 4 p p . Photomechanisch verkleinerter Nachdruck v o n Teilen v o n ( 1 04) . 1 1 6 ) Philosophical and Mathematical Correspondence. Edited by Gottfried Gabriel , H ans Hermes, Friedrich Kambartel, Christian Thiel, Albert Veraart. Abridged for the English edition by Brian McGuinness and translated by Hans Kaal. Basil Blackwell, Oxford, 1 9 80. 2 1 4 pp. Englische Obersetzung von Teilen von ( 1 04) . 1 1 7 ) Funkcija i ponjatie. Semiotika i informatika XIV ( 1 980) p p . 1 5 9 - 1 8 3 . Russische, mit Anmerkungen versehene Übersetzung von ( 1 4) von E . E . Razlogova.

SAC H - U N D P E R S O N E N R E G I STER Dieses Register ist ein Stichwortregister, das den Einleitungsteil (ohne die "Ge­ schichte des Frege-Nachlasses und Grundsätze für seine Edition " ) und den Frege-Text erfaßt. Römische Ziffern verweisen auf Seiten des Einleitungsteils, arabische Ziffern auf Seiten des Frege-Textes. Kursiv gesetzte arabische Ziffern zeigen an, daß das Stichwort nur in den Anmerkungen der Herausgeber zum Frege-Text erscheint. Herausgebernamen wurden im allgemeinen nicht aufgenommen. Die Orthographie ist der heutigen angeglichen worden. Nicht im Text vorkommende erläuternde Zusätze stehen in eckigen Klammern . Kommata in Verweisen ( s. siehe auch) trennen Oberstichwörter siehe oder s.a. von Unterstichwörtern. Semikola in den Verweisen trennen selbständige Stichwörter. =

abgeschlossen s. gesättigt - ungesättigt Absolut-Unendliches 76, 7 7 Abstrahieren 7 8 ff. Abtrennungsregel 34, 42 Achelis, Th. 1 58 Addition [log.] 43, 3 7 f. , 52 Additionszeichen [arith.] s. Pluszeichen Additionszeichen [ log.] 1 0, 40 f. , 54ff. , 59 Affektion des Ich 6 1 ff. , 65 f. , 69, 72 ff. Aggregat 1 96 ff. Ähnlichkeit von Dreiecken s. Dreieck, Ähnlichkeit von D. en Aktiv [grammatisch] 1 1 7 f. , 1 53, 1 55 Aktual-Unendliches XVI I, XXI I I , XXXI I, 76, 7 7 Alchimie 1 84 Algebra der Logik, Boolesche I X Algorithmus 1 3 alle 7 0 , 1 1 5, 1 30, 204, 230 f. , 279 s. a . Generalisierung allgemein bejahender/verneinender Satz 1 09, 1 1 5 Allgemeinheit XXII, 1 2 , 2 0 ff. , 59, 1 65 ff. , 1 76 f. , 203 ff. , 2 1 1 f. , 2- 1 5, 2 1 7, 249, 254f. , 2 78 ff. , 29 l f. s. a. Generalisierung Allgemeinheitsbegriff XI Allgerneinigung 208 Alternative XIII s. a. oder Analysis 1 73 f. , 254, 256 - Funktionen der A. 2 75 analytisches Urteil - synthetisches Urteil 242

=

Anatomie 1 56 andeuten s. Satzteil, andeutender S. - be­ zeichnender S . ; Zeichen, andeutendes Z.­ bezeichnendes Z. Anerkennung s. wahr, Anerkennung eines Gedankens als wahr Anfang, definitionstheoretischer XVII ff. Anfangspunkt 300 Anführungszeichen 1 72 , 28 1 Anschauung 36, 64, 1 42 , 298 - sinnliche A. a priori XXXI f. Antinomie, Russellsche s. Paradoxon, Russellsches Anzahl XV f. , 38, 8 1 , 165 s. a. Zahl Äquipollenz 2 1 3 äquivok 134, 1 35 Argument (Argumentstelle) einer Funk­ tion s. Funktion, Argument (Argument­ stelle) einer F. Aristoteles XXI, XXIX, 1 6, 222 Arithmetik XVf. , XX, XXVI, XXXI ff. , 14, 240 f. , 256 f. , 26 1 , 276f. , 295 ff. s . a . Buchstabe (Buchstabengebrauch) in der Arithmetik; Formelsprache, arithmeti­ sche; Gleichheitszeichen in der Arith­ metik - Begründung der A. IX, XXI I f. , XXXf. - formale XXI II, 293, 295 Artikel - bestimmter XXII, 1 03, 1 1 0, 1 1 2 ff. , 1 24f. , 1 33, 1 73 f. , 1 78, 1 93 ff. , 1 98, 2 1 0, 230, 257, 269, 274f. , 288 f. , 292 - unbestimmter 1 03, 1 1 3 f. , 1 3 1 , 256, 258 f.

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Sach- und· Personenregister

Assoziationsgesetze [log.] 43 Assoziation von Vorstellungen 1 3 7, 142 , 1 56 f. , 1 89 Ästhetik 1 39, 272 Astrologie 1 84 Astronomie 1 54f. Aufforderungssatz 1 40 Ausdruck XI I I Aussage s. Behaupten (Behauptung) ; Behauptungssatz - Formwort einer A. 69 ff. , 99 f. s. a. Kopula - mögliche 2 3 1 Avenarius, R. 9 , 53 Axiom XXXI, 2 1 9, 22 1 ff. , 226 f. , 263 f. , 266 ff. - A.e der Geometrie XVI I I f. , 1 83 f. , 292 f. , 298 Axiomensystem, Peanosches XXI I I Bachmann, F. XXI I I , 9 Bauch, B. 286 Baumann, J. J. 93 Bedeutung XXIVff. , BJ, 1 23, 1 28 ff. , 208 ff. , 250 f. , 262, 2 75 f. s. a. Satz, Bedeutung eines S.es; signification - abgeschlossene 1 29 - einfache 55 Bedingung (Bedingungssatz) - B. - Folge (Folgesatz) 2 0 f. , 47 f. , 1 65 ff. , 1 78, 2 0 1 f. , 205 ff. , 2 1 5 f. , 2 74 - generalisierte B. - nicht generalisierte B. XIV - Vertauschbarkeil von zwei B.en 43 Bedingungsstrich l l f. , 39 ff. , 59, 1 67, 202 f. , 205 Bedingungsbegriff XI s. a. Impl ikation ; wenn-so Befehlssatz 1 40 Begriff X, XXII, XXV, XXVII, XXIX, 1 9 f. , 96 ff. , 1 28 ff. , 1 67, 200, 2 1 0, 2 3 l f. , 253f. , 257, 262 f. s. a. Definition eines B. es; gleichzahlig; Grundbegriff; Merk­ mal ; \Viderspruchsfreiheit eines B.es - Begrenzung des B.es 1 68, 2 1 2, 248, 260, 262 f. - erster Stufe 1 20 ff. , 269, 275 - Erweiterung eines B.es 26 1 f. - Fallen eines B.s erster Stufe in (unter) einen B. zweiter Stufe 1 02 , 1 1 8, 1 2 0 f. - Fallen eines Gegenstandes unter einen B. (Subsumtion) 20, 1 00 ff. , 1 2 0 ff. , 1 26 ff. , 1 93, 1 98, 2 1 0, 230f. , 246, 256, 262, 2 74, 299 - leerer 1 93

- Umfangsgleichheit von B.en 1 6 f. , 1 32 , 1 98 - Ungesättigtheil (prädikative Natur) 1 0 7 ff. , 1 20, 1 29 ff. , 1 33, 1 92 f. , 246 - Unterordnung von B.en (Subordination) 1 6, 1 9, 1 00, 1 02 , 1 06, 1 2 2 , 1 97, 202, 2 1 0, 2 3 1 , 2 74 - - gegenseitige 1 97 f. s. a. Begriff, Umfangsgleichheit von B.en - verneinter 1 8 - \Vertverlauf eines B . s X - zweiter Stufe (Ordnung) 1 1 8, 1 2 0 ff. , 269 f. , 2 75 Begriffsausdruck s. Begriffswort Begriffsbildung 1 6 ff. , 3 7 ff. Begriffsinhalt 7 1 s. a. Inhalt, begrifflicher; Logiker des Inhalts - L. des Umfangs Begriffsname s. Begriffswort Begriffsschrift I X f. , XIV, XXI I I f. , XXVI I I , 6 , 1 3 ff. , 36, 5 l f. 75, 1 54, 200, 204, 2 1 1 f. , 2 1 4, 273 - Urgesetze (Grundgesetze) 40, 42 ff. , 52, 57 - Urzeichen 40 f. , 52 , 5 5 , 57 Begriffsumfang X, XV, XXII, 1 1 6, 1 96 ff. , 200 s. a. Begriff, Umfangsgleichheit von B.en ; Logiker des Inhalts - L. des Umfangs Begriffswort (Begriffsausdruck, Begriffs­ name, Begriffszeichen, nomen appel­ lativum) XXV, 1 2 8 f. , 1 9 1 ff. , 2 1 7, 230 ff. , 247 f. , 253, 259 f. , 263 - bedeutungsloses - bedeutungsvolles 1 33 ff. , 1 95 f. Begriffszeichen s. Begriffswort Behaupten (Behauptung) XIV, XXI f. , 2 , 2 2 , 58, 140, 1 50, 1 6 1 , 2 7 1 s. a. Schein­ behauptung ( Scheinaussage) - in der Dichtung 1 42 behauptende Kraft XXI, XXIX, 1 83 , 1 92 , 2 0 1 , 2 1 4 f. , 252 Behauptungssatz XXIJ'. , 1 3 7 f. , 1 50, 254 s . a . Satz - Form des B.es XXI, 1 40 - Sinn eines B.es 1 4 1 f. , 262 ; s. a. Satz, Sinn eines S.es Behauptungsstrich XIV Bejahung 1 7 Berkeley, G . 1 1 5 Bemoulli, J. 35, 2 1 9 Beweis 3, 22 0 ff. , 225 f. , 229 - Hilfsgegenstand beim B. eines Theorems 223 - indirekter 1 95 f. , 264 ff.

Sach- und Personenregister Beweisgründe 36 bezeichnen s. Satzteil, andeutender S. bezeichnender S . ; Zeichen, andeutendes Z. - bezeichnendes Z. Beziehung (Relation) X, XXI I, 18, 1 2 7, 1 92 , 259 f. , 263, 269 f. , 2 74 s. a. Definition einer B. - erster Stufe 1 3 1 , 1 97 f. - mit drei Fundamenten 269 f. - Umfang einer B. X - Wertverlauf einer B. X - zweiter Stufe 1 3 1 , 1 9 7 f. , 275 Beziehungszeichen 259 f. Biermann, 0. XVI I , 78, 8 1 ff. , 276 Bild [Gemälde] 1 37, 1 43 Bolzano, B. 59, 197 Boole, G. IX, 9, I I ff. , 3 7 ff. , 53 ff. , 5 9 Buchstabe (Buchstabengebrauch) 1 64 ff. , 1 76 ff. , 204, 207, 2 1 5 ff. , 280 f. s. a. Gegen­ standsbuchstabe ; Funktionsbuchstabe - in der Algebra 2 1 1 - in der analytischen Geometrie 1 78 - in der Arithmetik 2 l l f. , 2 1 7, 254 ff. - in der Mathematik 1 76, 2 9 1 f. calculus ratiocinator 9 f. Cantor, G. XVI I , XXV, XXXI I, 76 ff. , 232, 294

Cantor, M. 35 Carnap, R. XXV, 280 characteristica universalis IX, 9 s. a. lingua characterica Chemie (Chemiker) 40 ff. , 1 39, 1 53, 1 5 7 Czuber, E. 171, 1 74 ff. Darlegungssprache - Hilfssprache XXIV, 280 f. Darmstaedter, L. 2 7 3 Dedekind 1 38, 1 47 f. Deduktionszeichen, peanosches 1 64 ff. Definition (definieren) 78, 9 7 f. , 1 05, 1 1 2 , 1 64, 1 68, 2 1 9 f. , 224 ff. , 2 3 2 , 2 34, 240, 2 59, 263 f. , 268, 2 76, 290 s. a. Anfang, definitionstheoretischer - aufbauende 22 7 f. - axiomatische XVII I f. - bedingte 248 - eines Begriffes 246 f. - einer Beziehung 248 - eigentliche 224, 228 - explizite D. - implizite D. XIX - nicht nominale 227 - stückweise 2 6 1 f. - zerlegende XVIII, 227

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Demonstrativpronomen 1 93 ff. , 230 Denken XXX f. , 39, 1 1 5, 1 47 ff. , 1 50, 1 54 ff. , 1 89, 20 1 , 223, 288 f. s. a. Gedanke, Unabhängigkeit des G.ns vom Denken - natürliches 1 58 - Regeln des D.s 1 39 Denkfehler 1 55 Denkgesetze XXI, 4 f. , 1 5 7 f. der -, die -, dasselbe 1 32 f. Descartes XXVI, 2 1 9 Dichtung (Dichter) 1 28, 1 3 3 f. , 1 4 l f. , 1 5 1 , 208 f. , 2 1 1 , 2 1 4, 250, 262 Dingler, H. XXIII Division, logische 54 Divisionszeichen [log.] 59 doppelsinnig 134 Dreieck - Ähnlichkeit von D.en 30 1 - Kongruenz von D.en 30 1 Eigenname (nomen proprium, Gegen­ standsname) 99 ff. , 1 07 ff. , 1 1 9, 1 28 ff. , 1 33 ff. , 1 4 1 f. , 1 6 7 ff. , 1 73 f. , 1 9 1 ff. , 203 ff. , 207 ff. , 2 1 7 f. , 230, 243, 253, 256, 258, 262 f. , 2 74 - abgeschlossener Teil eines E.ns - unge­ sättigter (ergänzungsbedürftiger) Teil eines E.ns 2 1 2 , 263 - bt'deutungsloser 1 94 ff. s. a. Scheineigenname Eigenschaft 29, 1 1 1 , 1 1 3 f. , 1 2 1 ff. - Vererbung einer E. in einer Reihe 30 f. eindeutig 1 34 einfach 98, 290 s . a. Bedeutung, einfache einige 67 ff. , 75, 1 30, 230 s. a. partikulär Eins 82 ff. , 95 einsinnig 1 34 f. Einzeldinge 1 8 ff. , 23 1 Einzelname 1 28 s. a. Eigenname Einzeltatsache 2 78 Einzigkei t 1 1 1 Empfindung 1 40, 2 1 4 Endpunkt 300 ens l O f. Entwicklungslehre 4 Erdmann, B. 53 Erfahrbarkeit (erfahrbar) 60 ff. , 69, 72 f. Erfahrung, Gegenstand der E. 72, 75 Erfülltsein 1 1 7 ff. ergänzungsbedürftig s. gesättigt - unge­ sättigt Erkennen a priori 297 Erkenntnis XXX, 286 s. a. Wieder­ erkennung

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Sach- und Personenregister

Erkenntnisquelle XXX, 286 f. s . a . logisch, Erkenntnisquelle ; :\1athematik, Erkennt­ nisquellen ; Physik, Erkenntnisquellen - geometrische XX, XXIX ff. , 286 f. , 292 ff. ' 297 ff. - sinnliche s. Sinneswahrnehmung - zeitliche 286, 294 Erkenntnistheorie XXX, 3 s. a. Idealismus, erkenntnistheoretischer Erklärung (erklären) 40, 224f. Erläuterung 224, 232, 254 es [Personalpronomen) 69, 207, 280 es gibt XIV, 61 f. , 64, 66 ff. , 1 1 7 ff. , 269, 2 74 Ethik 4, 1 39, 273 etwas 207, 280 Euklid XXVIII, XXXI , 1 84, 2 2 0 f. , 223, 267 Existentialurteil (-gedanke, -satz) 1 5 f. , 2 2 , 62, 7 0 , 74, 2 74 f. Existenz (existieren) 60 ff. , 64, 66 ff. , 1 1 I , 1 1 6 f. s. a. es gibt - mögliche 75 - wirkliche 75 Fallen eines Begriffs erster Stufe in (unter) einen Begriff zweiter Stufe s. Begriff, Fallen eines B.s erster Stufe in (unter) einen B. zweiter Stufe - eines Gegenstandes unter einen Begriff s. Begriff, Fallen eines Gegenstandes unter einen B. falsch 1 4 1 , 1 50, 1 60 f. s . a . wahr als f. verwerfen 2 1 3 f. Falsche, das X, 2 1 1 , 25 1 , 2 76 Färbung des Gedankens s. Gedanke, Färbung des G.ns. Fehlschluß (Trugschluß) 39, 1 68 Finitismusthese 294 Fischer, K. 93 Folge (Folgesatz) s. Bedingung (Bedingungssatz) - Folge (Folgesatz) Folgen - in einer Reihe 24, 43 - unmittelbares F. in der natürlichen Zahlenreihe XVI s. a. Nachfolgerelation zwischen natürlichen Zahlen Folgern (Folgerung) XXIV f. , 1 90 Folgerungsbegriff, semantischer XXIV Formalismus XXXI Formel Xll f. Formelsprache - Booles logische XIV, XXVIII, 1 4 ff. , 53 ff. - algebraische 6 -

- arithmetische XXI I I , 1 4, 1 54 - mathematische 1 4 f. 53, 289 - Peanos XIV Formwort einer Aussage s. Aussage, Formwort einer :\. Fragesatz 1 40 Funktion X, XV, 2 9 , 1 2 9, 1 69, 1 79, 200, 2 1 2 , 253 f. , 257 fT. , 289 ff. , 292 - .-\rgument (:\rgumentstelle) einer F. 1 2 9 , 1 3 l f. , 1 69 - erster Stufe - zweiter Stufe X - mehrsteilige X - mit einem Argument (einstellig) X, 259, 263, 2 70 - mit zwei .-\rgumenten (zweistellig) X, 259, 263, 2 70 - stetige 26 f. , 36 - Ungesättigtheil (Ergänzungsbedürftigkeit) XXIX, 1 07 ff. , 1 29, 1 69, 2 74 f. , 292 - von drei Argumenten 270 - Wert einer F. 1 29, 253, 257 f. - Wertverlauf einer F. X Funktionsbuchstabe 1 3 l f. , 1 66, 1 69, 292 s. a. Buchstabe (Buchstabengebrauch) Funktionszeichen (Funktionsname) 1 29, 253, 258 ( , 263, 290, 292 ,

Gänsefüßchen s. Anführungszeichen Gattungsname 134 Gauß XVI I, 300 Gedanke XXI f. , XXVI ff. , XXIX, 1 05, 1 08, 1 2 7, 1 29, 1 82 L , 1 89, 1 92 , 201 ff. , 207 f. , 2 1 4 f. , 222 ff. , 234, 262, 2 7 1 , 2 73 f. , 2 76, 2 7 8 f. s. a. hypothetisch, Gedan­ ke (Gedankengefüge, Gedankenverbin­ dung) ; partikulär, Gedanke ; Schein­ gedanke; singulär, Gedanke ; singulär hypothetischer Gedanke - eigentlicher 1 4 1 "f. , 1 60 f. - entgegengesetzter 1 6 l f. , 20 1 , 2 1 4 - Färbung des G.ns 2 1 4 - prädikativer Bestandteil eines G.ns Subjektbestandteil eines G.ns 2 0 1 - Trennung des G.ns von den Umhüllun­ gen 1 50 ff. - Unabhängigkeit des G.ns vom Denken 1 38, 1 44 ff. , 223 - Verbindung von G.en 163 - G. - Vorstellung 1 3 7, 1 42 f. , 2 1 4 - Wirklichkeit der G.en 1 49 - Zeitlosigkeit der G.en 1 47 - Zerlegung (Zerfällung) eines G.ns 1 1 7 f. , 203 f. , 2 7 3 Gedankenatomismus 243

Sach- und Personenregister Gedankenbausteine 243 Gedankenfassen XXVII, 1 49 f. , 2 1 4, 223, 273, 286 Gedankenteil 243, 273 - Bindemittel von G.en 207 f. - gesättigter (abgeschlossener) G. - ungesättigter ( ergänzungsbedürftiger, prädi­ kativer) G. 1 2 6 f. , 203 ff. , 207, 209 f. , 2 1 7 f. , 262 , 2 7 4 f. Gedankenverein 2 1 6 Gefühl 1 40, 2 1 4 Gegensatz, Beziehung des G.es 1 6 1 f. s. a. Gedanke, entgegengesetzter Gegenstand [log. , semant.] X, XV, XXI I , 9 8 , l OO ff. , 1 28 ff. , 1 9 l f. , 203 f. , 208, 2 1 0, 262 , 2 74 s. a. Begriff, Fallen eines Gegenstandes unter einen B. - der Erfahrung s. Erfahrung, Gegenstand der E. - der Vorstellung s. Vorstellung, Gegen­ stand der V. Gegenstandsbuchstabe 1 66 f. s. a. Buchstabe (Buchstabengebrauch) Gegenstandsname s. Eigenname Gegenstandsvariable XII Gemeinname 1 34 f. Generalisierung XIV, XXI I , 3.J s. a. alle; Allgemeinheit; Bedingung (Bedingungs­ satz) , generalisierte B. - nicht generali­ sierte B. Geometrie XXII I, XXXIf. , 1 85ff. , 292ff. , 2 9 7 ff. s. a. Buchstabe (Buchstabenge­ brauch) in der analytischen Geometrie; Erkenntnisquelle, geometrische - Euklidische XXXI - euklidische G. - nichteuklidische G. 1 83 f. Gerade 300 - Schnittpunkt zweier G.n 3 0 1 gesättigt - ungesättigt s. Bedeutung, abge­ schlossene ; Begriff, Ungesättigtheil (prä­ dikative Natur) ; Eigenname, abge­ schlossener Teil eines E.ns - ungesättig­ ter ( ergänzungsbedürftiger) Teil eines E.ns; Funktion, Ungesättigtheil (Er­ gänzungsbedürftigkeit) ; Gedankenteil, gesättigter (abgeschlossener) G. - unge­ sättigter ( ergänzungsbedürftiger, prädi­ kativer) G. ; Satzteil, gesättigter (abge­ schlossener) S. - ungesättigter (ergän­ zungsbedürftiger, prädikativer) S . ; Sinn, abgeschlossener S. - ungesättigter S. Geschichte 2 78 s. a. Wissenschaft, Unter­ scheidung von Geschichte und System der W.

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geschichtlich - ungeschichtlich 3 f. Geschmack 1 3 7, 1 43 Gesetz 1 5 7 ff. , 2 7 8 f. s. a. Assoziations­ gesetze [log.] ; Begriffsschrift, Urgesetze (Grundgesetze) ; Denkgesetze ; Identität, Gesetz (Satz) der 1 . ; Kommutations­ gesetze [log.] ; logisch, Gesetze; Natur­ gesetz ; Schließen, Gesetze des richtigen Sch. s - Gesetze des wirklichen Sch.s; Ur­ teilsgesetze ; \Vahrsein, Gesetze des \V. s ­ Fürwahrhalten, Gesetze des F.s - allgemeines 2 1 5 Gleichheit 1 3 1 f. , 1 9 7 f. s . a . Identitäts­ beziehung Gleichheitszeichen XXIV, 1 00, 1 80, 255 ff. s . a. Identitätszeichen; Ungleichheit, Zei­ chen der U. - in der Arithmetik 95, 1 00, 1 80, 240 f. , 244, 246 - Booles 1 7, 40 f. , 54 ff. , 59 Gleichung 5 1 s. a. Unbekannte einer Gleichung - logische 1 23, 1 2 5 gleichzahlig XV, 8 1 Gottesbeweis, ontologischer 1 1 1 Gottesvorstellung 73 f. Grammatik 6, 1 53 ff. , 1 58 f. Grassmann, R. 38 Grenze, wandelnde 7 7 Grenzwert 2 7 f. Grund, rechtfertigender s. Ursache, psy· chologische - Grund, rechtfertigender s. a. Beweis Grundbegriff XXXI Grundebene 300 Günther, S. 53 gut 2 72 Heine, E. XXI I I , 1 79, 232, 276, 293 hier 1 46 Hilbert XVI I I f. , XXI II, XXXI, 182, 1 85, 195, 219, 225, 263, 267, 292, 294 Hilfssprache s. Darlegungssprache - Hilfssprache Höhlung [log.] 2 1 f. s. a. Allgemeinheit Hönigswald, R. 286 Homer 133 Husserl XXV, XXVI I, 2, 1 34 f. , 222 hypothetisch - Gedanke (Gedankengefüge, Gedanken­ verbindung) 205, 2 1 6, 2 78, 2 8 1 Satz (Satzgefüge, Satzverbindung) 1 65, 167, 20 1 , 205, 2 1 4, 2 1 6, 278 ff. Urteil 1 6 f. , 58f. , 2 0 1 , 2 1 4 f.



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Sach- und Personenregister

ich 1 38, 1 46 s. a. Affektion des Ich Idealismus, erkenntnistheoretischer 1 1 5, 1 4 1 , 1 55 f. , 250 Identität, Gesetz (Satz) der I . 70, 222 Identitätsbeziehung XI, 1 9 7 f. s. a. Gleich­ heit Identitätszeichen 1 0, 244, 255 f. , 259 s. a. Gleichheitszeichen Implikation XII I, XXI I s. a. Bedingungsbegriff; wenn-so Induktion, Bernoullische 35, 2 1 9 Inhalt 8 1 s. a . Zeichen - Inhalt des Zeichens - begrifflicher X s. a. Begriffsinhalt - beurteilbarer 1, I I , 5 1 , 54, 58, 1 08 s.a. partikulär beurteilbarer Inhalt; singulär beurteilbarer Inhalt - eines Satzes 2 1 3 f. Inhaltsbegriff XI Inhaltsentleerung 43 Inhaltslogiker s. Logiker des Inhalts Logiker des Umfangs Inhaltsstrich 1 1 f. , 44, 59 Integral, bestimmtes 1 7 1 ff. Interjektion 1 46, 1 52 Interpretation, semantische XXIV Irrtum 1 43 f. ist - [als Ausdruck der Existenz] 60, 69, 7 1 - [als Ausdruck der Identität] l OOf. , 1 23, 256, 259 - [als Kopula] s. Kopula jeder 70, 279 s. a. alle Jelles, J. 93 Jevons, W. St. 1 1 , 39 ff. , 54,

55

Kant XXV, XXXI ff. , 75, 197, 2 1 9, 222, 242 kein 70, 1 62, 230 Kennzeichnungsfunktion XI Kerry, B. 96 ff. Klasse 1 0, 1 6 ff. , 38, 200 Klein, F. 9 Kommutationsgesetze [log.] 43 Kondukt von zwei Teilgedanken 204 f. , 208 Kongruenz 25, 36 - von Dreiecken s. Dreieck, Kongruenz von D.en - von Zahlen in bezug auf einen Modul s. Zahlenkongruenz in bezug auf einen Modul Konjunktion XIII s. a. und Konstante [math.] 1 75 Kontiguum 197

Kontinuum 197 Kontraposition (contraposition) 50, 1 66 Kopula 69, 7 1 , 99 ff. , 1 2 3 f. , 1 89, 1 92 , 256, 259 Körper, physikalischer 1 60 Körperlichkeit 1 40 Korselt, A. 1 9 1 , 195, 232 Kunstausdrücke 5, 1 48, 224 Kunstwerk 1 38, 1 40, 1 42 ff. , 1 5 1 Lange, F . A . 53 Lautfolge eines Satzes 1 40 f. , 1 50 f. leere Stelle (Leerstelle) 1 29, 1 3 1 Lehrsatz i n der Mathematik 1 83, 223 Leibniz IX, XIV, XXIV, XXVI, XXVIII, 9 ff. , 1 4, 37, 39 f. , 53 f. , 131 , 2 1 9, 222, 2 7 3 lettre variable 1 64 f. Leverrier 73 Liebmann, H. XIX lingua characterica 9, 1 3 f. s. a. characte­ ristica universalis Locke 1 1 5 Logik XX ff. , XXVI ff. , l ff. , 1 05, 1 35 ff. , 1 39, 1 42, 1 48, 1 53 ff. , 1 90, 1 94, 20 1 , 2 1 4, 2 1 9, 2 7 2 ff. s . a . Algebra der Logik, Bootesche - Aristotelische 1 6 - Peanosche mathematische 1 64 - psychologische Auffassung (Behandlung) der L. 1 55, 1 59 f. s. a. Psychologismus - L. - Sprache XXVIIf. , 6 f. , 1 03 ff. , 1 48, 1 53 ff. , 204, 207, 272 - symbolische ! O f., 1 3 f. s. a. Symbolisierung Logiker des Inhalts - L. des Umfangs 1 28, 1 33 f. logisch - Ausbildung 1 54 - Erkenntnisquelle XXI X ff. , 286 ff. , 298 f. - Gesetze 3 ff. , 53, 1 33, 1 57 ff. - Zerlegung 225 ff. Logisches, rein 52 Logizismus XIX Lorenzen, P. XXI II, 40 Malerei 142 Mathematik XIX, XXII I , XXVf. , XXXII f. , 1 7 l ff. , 1 80, 1 83, 2 1 9 ff. , 26 1 , 2 7 3 s . a . Analysis; Arithmetik; Buch­ stabengebrauch in der Mathematik; Formelsprache, mathematische; Geo­ metrie - bildender Wert 239 - Didaktik 239

32 1

Sach- und Personenregister - Erkenntnisquellen XXXII, 286 f. , 298 f. - Funktion in der M. 2 74, 289 ff. - psychologische Betrachtungen in der M. 85, 87 - System der M. XXVII I ff. , 22 1 , 228, 263 - Wahrheiten in der M. 87 Mathematik - Philosophie XXXI I, 2 1 9, 233 f. , 293 Mathesis-universalis XXVI Mc Coll, H. 1 6 mehrdeutig 1 34 f. , 230 mehrsinnig 1 34f. Menge 1 96 f. Mengenlehre XXXI I s. a. Paradoxien der Mengenlehre Merkmal 1 1 1 , l l 3 f. , 1 2 1 ff. , 247 Meyer, L. 93 Metasprache XXIV, 280 Mill, J. St. 88 Minuszeichen 249 modus ponens zum modus tollens, Ü ber­ gang vom 1 66 s. a. Kontraposition (contraposition) Moore, E. H. 185 Multiplikation (Produkt) , logische 37 f. , 43, 52, 56 Multiplikationszeichen [log.] 54, 59 Musikstück 1 3 7, 1 43 Nachfolgerelation zwischen natürlichen Zahlen XX s. a. Folgen, unmittelbares F. in der natürlichen Zahlenreihe Name 1 34 f. s. a. Begriffsname; Eigen­ name ; Funktionszeichen (Funktions­ name) - distributiver 1 35 Naturgesetz 3 f. , 1 38, 1 42 , 1 44, 1 49 f. , 1 57, 287 Naturwissenschaft 3, 1 4 1 - mathematische 286 f. Nebensatz 1 82 f. , 2 1 4 Negation s. Verneinung Newton 2 1 9 nomen appellativum s . Begriffswort nomen proprium s. Eigenname normal 1 43 f. , 1 59 f. nun 1 46 objektiv (Objektives, Objektivi tät) XXVI f. , XXIX, XXXII , 7, 1 1 5, 1 49, 1 55 f. , 1 60, 2 1 4 Objektsprache XXIV, 280 oder 4 1 , 54 ff. , 58 s. a. Alternative Onomatopöie 1 43, 1 5 1 Ontologie XXIV

- Freges IX ff. , XIVf. ontologischer Gottesbeweis beweis, ontologischer

s.

Gottes­

Paradoxien der Mengenlehre XXI I, 1 9 1 , 289 Paradoxon (Antinomie) Russellsches XI V, XVI, XX, XXVI I, 195, 1 98 parallel 30 1 partikulär s. a. einige - Gedanke 203, 275 - Satz 275 - Urteil 1 5 , 16, 22, 70, 2 74 partikulär bejahend - Satz 1 09, 1 1 5 - Urteil 68 partikulär beurteilbarer Inhalt 1 1 7 f. Partikularisierung XIV partikulär verneinender Satz 1 09, 1 1 5 Pascal 35, 222, 227 Passiv [grammatisch] 1 1 7 f. , 1 53, 1 55 Patzig, G. XXI, 9, 96 Peano, G. XIV, XXI II, 1 64 ff. , 1 80 Personalendung des Verbums 1 89 Philosophie XXV, XXXII, 74 s.a. Mathematik - Philosophie - empirische 2 f. Physik 1 5 7, 278 - Erkenntnisquellen 298 Physiologie 1 56 Plato 2 1 9, 2 73 Pluszeichen 95, 24 1 , 244 ff. Postulat 220, 223 Potential-Unendliches XXXII, 76, 77 Prädikat s. Subjekt - Prädikat prädikativ s. gesättigt - ungesättigt Prämisse eines Schlusses 1 95, 220f., 263 f. , 28 1 primaryproposition s. proposi tion, primary Primzahl 25, 247 principium identitatis indiscernibilium 131 Produkt, logisches s. Multiplikation, logische proposition - primary 1 5, 1 9, 52 ff. - secondary 1 5, 1 7, 1 9, 52 f., 59 Psychologie XXVI f. , 2 ff. , 85, 1 4 1 , 1 54 ff. , 2 7 3 s. a . Mathematik, psychologische Betrachtungen in der M. - physiologische 1 56 Psychologismus XX s. a. Logik, psycholo­ gische Auffassung (Behandlung) der L. Pünjer 60 ff. , 189 Punkt 300 ff.

322

Sach-

und Personenregister

Quasiformel XII f. Raum XXXI I Realismus [erkenntnistheoretischer] 1 56 Rechtfertigung 2 ff. , 1 59 s.a. C rteil, Rechtfertigung eines U . s Rechtswissenschaft 2 1 9 Rede - indirekte 1 42 - inhaltliche/natürliche XXI I I f. s. a. Sprache, natürliche - ungerade 276 Reflektieren 78 Reihe 24, 27, 42 f. s. a. Eigenschaft, \'ererbung einer E. in einer Reihe Relation s. Beziehung Riehl, A. 53 Riemann 1 72 f. Russell, B. XXII I, 1 9 1 s. a. Paradoxon (Antinomie) , Russellsches Sachse, L. 67 ff. , 74, 1 89 Sättigung s. gesättigt - ungesättigt Satz 1 29, 1 40 f. , 1 50 f. , 1 82 f. , 1 89, 2 1 0 f. , 2 1 3, 2 1 7, 222 f. , 243, 253, 262 , 2 75 s. a. allgemein bejahender/verneinender Satz ; Aufforderungssatz ; Bedingung (Bedin­ gungssatz) - Folge (Folgesatz) ; Befehls­ satz ; Behauptungssatz; Fragesatz; hypo­ thetisch, Satz (Satzgefüge, Satzverbin­ dung) ; Nebensatz ; partikulär, Satz ; par­ tikulär bejahend, Satz ; partikulär ver­ neinender Satz ; singulär, Satz ; Wunsch­ satz - Bedeutung eines S.es XXV, 1 29, 2 1 0 f. , 250 f. , 2 6 2 , 2 76 - eigentlicher 207, 209, 2 1 1 , 2 1 5 - der Identität s . Identität, Gesetz (Satz) der I . - Sinn eines S.es XXV, 1 3 7, 1 82 , 222, 234 s. a. Behauptungssatz, Sinn eines B.es; Gedanke - uneigentlicher 207, 2 1 0, 2 1 5 - vom ausgeschlossenen Dritten s . tertium non datur - wahrer 1 93, 25 1 Satzfrage 8 Satzteil 209 ff. , 243 - andeutender S. - bezeichnender S. 280 s. a. Buchstabe (Buchstabengebrauch) - gesättigter (abgeschlossener) S. - unge­ sättigter ( ergänzungsbedürftiger, prädi­ kativer) S. XXII, 1 92 , 203, 2 1 1 f. , 2 1 7 f., 246, 262

Satzwort 1 9 Sayce, A . H . 1 9 Scheeffer, L . 1 72 Scheinbehauptung ( Scheinaussage) 1 3 7, 1 42 Scheineigenname l 4 l f. , 288 f. s. a. Eigenname, bedeutungsloser Scheingedanke 1 4 1 f. Schelling 75 Schiller 1 42 Schließen 30, 1 28, 1 95, 2 1 9 ff. , 229, 2 64, 28 1 s. a. Fehlschluß (Trugschluß) - Gesetze des richtigen Sch.s - Gesetze des wirklichen Sch.s 3 ff. Schlömi lch, 0 . .9 Schlötel, W. 53, 55 Schluß s. Schließen - (Übergang) vom Allgemeinen zum Besonderen 2 78, 280 f. , 292 Schlußkette 220 schön (Schönes) 1 3 7, 1 39, l 43 f. , 2 72 Schoenfiies, A. 1 9 1 , l 94 ff. , 232 Schönheitsurteil l 3 7 f. , 1 43 Scholz, H. XX, XXI I I , 9, 189, 271 Schröder, E. 9, l l f. , 2 0 f. , 22, 4 1 , 43 ff. , 53, 54 ff. , 1 00, 128, l 34 f. secondary proposition s. proposition, secondary Seiendes 66, 69, 7 1 , 73 Sein 66, 69, 73 s. a. ist - absolutes 7 1 Sensualismus 1 1 5 significa tion 1 66 singulär - Gedanke 203 ff. - Satz XXII - Urteil 203, 2 1 8 singulär beurteilbarer Inhalt 1 1 7 f. singulär hypothetischer Gedanke 205 Sinn XXIV f. , 1 05, 1 2 8 f. , 1 3 3 ff. , 1 66, 208 ff. , 226 f. , 232, 243, 249 ff. , 2 75 f. s. a. Behauptungssatz, Sinn eines B.es; Satz, Sinn eines S.es - abgeschlossener s. - ungesättigter s_ 1 2 6 f. Sinnesfunktion 290 f. Sinnestäuschung 286 ff. Sinneswahrnehmung (sinnliche Erkenntnisquelle, sinnliche Wahrnehmung) XXX, XXXI I, 286 ff. , 294, 298 f. Semantik XXI V Snell, K. 300 Sokrates XXV Spinoza 93

Sach- und Personenregister

323

Sprache 74f. , 1 2 7, 209 f. , 224, 230, 243, 262, 2 79, 288 f. s . a. Darlegungssprache ­ Hilfssprache ; Formelsprache ; l\Ieta­ sprache; Objektsprache; Syntaxsprache ; Umgangssprache; \\'ortsprache - dichterische 1 5 1 - formale I X f. , XVII, XXIII f. - gedruckte - gesprochene 280 - Irreführung (-Ieitung) durch die S. XV, XXVII, XXX f. , 282, 285, 292 - des Lebens XXIV, XXVI, 1 48 - S. - Logik s. Logik - S. - logische Unvollkommenheit ( Ungenauigkeit) der S. XXVI I , 1 55, 1 6 1 , 1 92 f. , 207, 2 1 0, 2 7 2 , 285 - natürliche XVI I f. s. a. Rede, inhaltliche/ natürliche - Veränderlichkeit der S. 1 52 f. stetig s. Funktion, stetige S trawson, P. F. XXI Subjekt - Prädikat XXIX, 1 8 . 6 7, 99 ff. , 1 06 f., 1 1 7 f., 1 30, 1 5 3 ff., 1 92 subjektiv (Subjektives) XXVIf. , XXI X f. , XXXII, 1 60 Subordination s. Begriff, Unterordnung von B.en Subsumtion s. Begriff, Fallen eines Gegenstandes unter einen B. Subtraktionszeichen - [log.] 54 f. , 59 - [math.] s. Minuszeichen Summe 197 Syllogismus 39 Symbolismus IX s. a. Lvgik, symbolische symmetrisch 300 f. Syntaxsprache 280 synthetisches Urteil s. analytisches U. synthetisches U. System XXVIII, 22 1 f. , 224 f. , 228, 26 1 ff.

Ü bersetzung ( übersetzen) 6, 1 4 1 , 1 43, 1 53 , 222 Clrici , H . 9 Umfang eines Begriffes s. Begriffsumfang Umfang einer Beziehung s. Beziehung, Umfang einer B. Umfangslogiker s. Logiker des I nhalts Logiker des lJ mfangs Umgangssprache X Un- [Vorsilbe] 1 62 Unbekannte einer Gleichung 255 und 54, 57, 95, 204, 2 1 6 246 f. s. a. Konjunktion undeutig 1 34 f. Unendliches XXXII f. , 76 f. , 293 f. , 299 ungesättigt s. gesättigt - ungesättigt ungeschichtlich s. geschichtlich - ungeschichtlich Ungleichheit, Zeichen der U. 55 universe of discourse 1 6 univok 134, 1 35 unsinnig 1 34 f. Unterordnung von Begriffen s. Begriff, Unterordnung von B.en Unterscheiden 1 54 Ursache, psychologische - Grund, recht­ fertigender 2 ff. , 1 59 f. Urteil (urteilen) XXI X f. , 2 f. , 7, 1 1 , 1 7 f. , 5 1 f. , 54, 5 8 , 67, 1 29, 1 50, 1 6 1 , 20 1 , 2 1 1 , 2 1 3 ff. , 2 7 1 , 2 7 3 f. , 286 s. a. analytisches Urteil - synthetisches U. ; hypothetisch, Urteil; Inhalt, beurteilbarer; partikulär, Urteil; partikulär bejahend, Urteil ; Schönheitsurteil; singulär, Urteil - Rechtfertigung eines U.s 1 90 Urteilsgesetze 1 5 7 ff. Urteilsstrich XXIX, 1 1 , 20 ff. , 58 f. , 2 1 1 , 214 Urwahrheit XXVIII, 22 1

Tarski, A. XXI, XXIV, 280 Tei1 1 96 ff. - gemeinsamer (aliquoter) 24, 36 tertium non datur (Satz vom ausgeschlossenen Dritten) 1 68 ,202, 2 1 2 , 2 1 4 Theorem 2 1 9 f. , 222 f. , 226 Thomae, J. XXIII, 232, 276, 293 Transfinite 76, 77 Trendelenburg, F. A. 9 Trugschluß s. Fehlschluß

Variable XIV, 1 73 ff. , 254 s. a. Buchstabe (Buchstabengebrauch) ; Gegenstands­ variable; lettre variable; Veränderliche - freie V. - gebundene V. X I I Veränderliche 1 74, 1 79, 254, 256 f. s . a. Variable Veränderung 1 74, 254 Verneinung (Negation) X I I I , XXI I , 1 7, 54 ff. , 62, 1 6 1 ff. , 2 0 1 , 2 1 4, 2 74 s. a. Begriff, verneinter - doppelte 1 6 1 Verneinungsbegriff XI Verneinungsstrich 12, 22, 57 ff. Verständnis, entgegenkommendes 290

-

Übergang vom Allgemeinen zum Beson­ deren s. Schluß vom Allgemeinen zum Besonderen

324

Sach- und Personenregister

verwerfen s. falsch, als f. verwerfen vieldeutig 134 Vielfaches - gemeinsames 24 - kleinstes gemeinsames 26 - einer Zahl 24 ff. , 30, 36 Vierkant 158 Vorstellen l l 5, 1 56 - Tätigkeit des V.s 64 f. Vorstellung XXVI f. , 6 1 ff. , 1 1 4f. , 1 3 7 ff. , 1 4 1 ff. , 1 5 1 f. , 1 56 f. , 1 60, 2 1 4 - Gegenstand der V. 63 ff. , 72 f. , 75 - V. von einer V. 64 Vorstellungsassoziation s. Assoziation von Vorstellungen Vorstellungsbild 65 wahr (Wahrheit) XXI, 2 ff. , 54, 58, 1 33, 1 3 7 ff. , 1 56, 1 89 f. , 202, 205, 2 1 1 , 2 5 1 , 2 7 1 ff. - Anerkennung eines Gedankens als w. XXIX, 1 43 ff. , 1 50, 1 83, 2 1 3 f. , 2 7 1 , 286 Wahre, das X, 2 1 1 , 25 1 , 276 Wahrheit s. Mathematik, W.en in der M.; Urwahrheit; wahr - ewige 1 6 Wahrheitswert X , 1 08, 2 1 1 , 25 1 , 262 \Vahrnehmung, sinnliche s. Sinneswahrnehmung Wahrsein, Gesetze des \V.s - Fürwahr­ halten, Gesetze des F.s XXI, 1 39, 1 5 7 f. , 1 60 f. weder-noch 58 Weierstrass XVI I , XXV, XXVI I I , 81 , 232, 234f. , 244 f. , 276 wenn-so 1 65, 205 ff. s. a. Bedingungs­ begriff; Implikation Wertverlauf - eines Begriffs s. Begriff, Wertverlauf eines B.s - einer Beziehung s. Beziehung, Wert­ verlauf einer B. - einer FunktiOI). s. Funktion, Wertverlauf einer F. Wertverlaufsfunktion XI Widerspruchsfreiheit - der Axiome 267 - eines Begriffes 1 93 ff. Wiedererkennung (Wiederkennen) XXVII, 1 53 f. Wissenschaft XXV, 5, 1 28, 1 34, 1 38 f. , 1 44, 1 48, 1 83 f. , 262

- Unterscheidung von Geschichte und System der W. 2 6 1 f. s . a . geschichtlich ungeschicht lieh - wichtigste Entdeckung in einer \\"issenschaft 1 5 3

Wittgenstein, L. XXI I I Wortbild 280 Wortdefinition 232 Wortfrage 8 Wortschrift 1 4 Wortsprache 1 3 f. , 44 Wundt 1 9, 37, 45, 1 29, 156 Wunschsatz 1 40 Zahl XV ff. , XXI I f. , XXVI I tf. , 38, 79 ff. , 1 09 ff. , 1 1 6, 1 22 ff. , 232 ff. , 273, 2 76 f. , 282 ff. , 293, 295 ff. , 299 f. s. a. Anzahl ; Primzahl ; Vielfaches einer Zahl - bestimmte - unbestimmte 1 7 5 ff. - Erfahrbarkeit einer Z. 64 - Existenz einer Z. 62 - Kleinkinder-Z.en XXI II, 296 f. - komplexe XVII, XXIII, 299 f. - logische Begründung der Z.en 289 - natürliche XVI f. , XX - positive ganze 24 - positive rationale 26 - reelle 299 f. - veränderliche (variable) 1 73 f. , 254, 256 f. Zahlangabe XV, 295 f. , 298 Zahlenebene, Gaußsehe XVI I, 300 Zahlenkongruenz in bezug auf einen Modul 25, 36, 248 Zahlwörter 282, 284 Zahlzeichen 85, 282 ff. , 293, 295 Zeichen 1 9, 226f. s. a. Begriffsschrift, Ur­ zeichen ; Begriffszeichen ; Beziehungs­ zeichen; Funktionszeichen ; Zahlzei­ chen - andeutendes Z. - bezeichnendes Z. 268 ff. , 292 s. a. Buchstabe (Buchstaben­ gebrauch) - Z. - Bezeichnetes XIV, 1 72 , 241 f. - Eindeutigkeit von Z. - Zweideutigkeit ( Mehrdeutigkeit, Vieldeutigkeit) von Z. 230, 245, 255 - erklärtes Z. 224 Z. - I nhalt des Z.s 95, 182 Zeit (Zeitliche) XXXI I f. , 294 s. a. Er­ kenntnisquelle, zeitliche Zeitmoment XIV, 1 6 f. zweideutig 134 •

ANHANG

NACHSC H R I FT E I N E R V O R L E S UNG und P R OTO KO L L E MATH EMAT I SC H E R VORT RAG E F R E G E S

Eingeleitet von LOTHAR KRE I S E R unter Mitwirkung von G ÜNTER G Rü SCHE

Der traditio nsreichen Friedrich -Schiller- Universität Jena, der w issenschaftlichen Wirk u ngsstätte vo n G o ttlob Frege, als ein Dank für die großzügige Unterstützung, die sie mir als Inhaber ihres internationalen Frege-Lehrstuhls für das Studienjahr 1 980181 gewährt hat. L otbar Kreiser

I N HALT

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I . Gottlob Freges Lehre u n d Forschung i m Urteil d e r J enaer Mathemat iker und Universitätsbehörden seiner Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1 . Freges Vorlesung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Freges Vorträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 . Freges Tätigkeit im Mathematischen Seminar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I I . Editorische B emerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327 3 27

342 343

345

345

G ottlob F rege

NACHSCHRIFT E I N E R VO RLES UNG Analyt. Geometrie nach neuer. Methoden .

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

347

PROTO KO LLE MATHEMATI SCHER VORTRÄGE E iniges über Raumcurven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber d ie trigonometrischen Functionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E iniges aus der Substitutionentheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber I nvarianten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber d ie unendlichfernen Kreispunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber eine kombinatorische Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Ueber ein System von vier Punkte n in der proj ectivischen Geometrie ]

. 365

. 370 . 375

. 3 78 . 381

. 3 84 388

E I N L E ITUNG

I . G o ttlob Freges Lehre und Forschung im Urteil der Jenaer Mathematiker und Universitätsbehörden seiner Zeit Als Gottlob Frege am 1 5 . 3 . 1 87 4 den Antrag auf Erteilung der Venia legendi in Mathematik an der philosophischen Fakultät der J enaer Universität (nachfolgend kurz : Fakultät) einreichte, traf sich dieser Wunsch mit den Bestrebungen der Fakul­ tät. Da sich nämlich Karl Snell ( 1 80 5 - 1 884) aus gesundheitlichen Rücksichten immer mehr aus dem Lehrbetrieb zurückziehen mußte, war zu dieser Zeit die Fakul­ tät in Schwierigkeiten geraten. E inerseits mußte jemand gefunden werden , der wenigstens einen Teil der Vorlesungen von K . Snell sofort übernehmen konnte, andererseits war aus finanziellen Gründen dabei an die Berufung eines weiteren ordentlichen Professors für Mathematik überhaupt nicht zu denken. D ie Schwierig­ keit wurde noch dadurch verschärft , daß Ernst Abbe ( 1 840 - 1 906) durch seine Mit­ arbeit in dem von Carl Zeiss gegründeten optischen Unternehmen so in Anspruch genommen wurde, daß er auf eine Reduzierung seiner mathematischen Vorlesungen drängte. Da d iese Vorlesungen auf dem Gebiete der damals an den deutschen Uni­ versitäten besonders gepflegten reinen Mathematik lagen, mußte auch in dieser Hin­ sicht eine Lösung gefunden werden. E ine doppelte Interessenlage bestand . G . Freges Antrag schien eine Lösung, die nach dem ersten Interesse hin auch in einem S chreiben der Fakultät vom 1 9 .4. 1 874 an den Prorektor ihren Ausdruck findet . Es heißt da unter anderem : Herr Dr. Frege ist außerdem den Vertretern der Mathematik an unserer Universität schon von seiner Studienzeit her auf das Vortheilhafteste bekannt. Auch der Ausfall des Colloquiums, welches am 1 8 . April mit demselben abgehalten wurde, war durchaus befriedigend . Die erforder­ lichen Subsistenzmittel sind durch eine Erkl ärung der Mutter.des Herrn Dr. Frege gewährleistet . Auch alle übrigen Bedingungen sind erfüllt.

Die Fakultät ersuche daher um eine Beschleunigung der Befürwortung des Habi­ litationsgesuches, da K . Snell aus dem laufenden Vorlesungsbetrieb infolge angegrif­ fener Gesundheit herausfalle, "und Herr Dr. Frege einen Theil derselben zu über­ nehmen bereit ist " . 1 Dieser Antrag wird noch vor der erst am 1 8 . 5 . 1 874 stattfinden­ den Probevorlesung G. Freges gestellt, die Bestandteil des Habilitationsverfahrens ist. D as Departement des Großherzoglichen Hauses und des Cultus beim Großherzog­ lieh Sächsischen Staatsministerium in Weimar kam dieser Bitte nach , bestand aber 2 auf der vorgeschriebenen öffentlichen Disputation und der Probevorlesung. G. Frege begann noch im Sommersemester 1 87 4 , unmittelbar im Anschluß an seine Probe­ vorlesu ng mit Vorlesungen über Mechanik und analytische Geometrie. Der Anfangs­ teil seiner Vorlesung Zur analytischen Geometrie nach neueren Methoden wurde 1 Universitätsarchiv Jena (UAJ ) , BA 458, Blatt 1 44. 2 UAJ , BA 4 5 8 , Blatt 148 .

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Einleitung

von R ichard Schröpfer ( 1 8 5 3 - 1 874) mitgeschrieben . Diese Nachschrift kommt nachfolgend zum Abdru ck. Mit der Professur von K. Snell hatte es eine eigentümliche Bewandtnis, die in der Folgezeit eine große Rolle spielte. Kar! Snell hatte nämlich wie sein berühmter Vor­ gänger, Jak ob Friedrich Fries ( 1 7 7 3 - 1 84 3 ) , sowohl den Lehrstuhl für Mathematik als auch den für Physik inne. Sein zunehmender Ausfall gefährdete au ch die physi­ kalische Ausb ildung, gab aber andererseits der Fakultät die Gelegenheit, auf die von ihr schon längst erkannte Notwendigkeit einer Trennung beider Lehrstühle hinzu­ weisen. In einem S chreiben vom 2 8 . 2 . 1 8 7 9 an den Prorektor spricht sie au ch das andere Interesse aus , das sie mit der Anstellung von G. Frege als Privatdo zenten für Mathematik verbunden hatte. Nach dem H inweis auf die nun schon länger als ein J ahr währende Krankheit von K . S nell, die ihn an jeder Lehrtätigkeit hindere, heißt es dann : Der Lehrcursus der fraglichen Disziplinen hat in Folge dessen in den letzten beiden Semestern eine weitere E inschränkung erlitten, indem namentlich ein jüngerer Docent , durch dessen frei­ willige Thätigkeit ehedem manche Lücke ausgefüllt wurde , Herr Dr. Frege, seine für reifere Stu­ dirende berechneten Vorlesungen so gut wie ganz hat einstellen müssen, um den Ausfall unent­ behrlicher Haupt-Collegia mit decken zu helfen. 3

G . Frege war der ins Auge gefaßte " Ersatz" für E . Abbe, soweit es dessen mathe­ matische Vorlesungen betraf. In der Tat hat sich E. Abbe nach 1 87 5 vollständig aus der mathematischen Lehre zurückgezogen und von da an bis 1 89 8 nur noch über physikalische Gebiete gelesen. Der Plan der Fakultät war diesem Antrag zufolge nicht aufgegangen, um so weniger, als der 1 8 7 5 angestellte Privatdozent für Mathe­ matik, P. Victor Langer ( 1 8 5 1 - 1 9 2 5 ) , im J ahre 1 87 8 als Mathematiklehrer nach Ohrdruf bei Gotha ging. Anfang 1 87 9 wirkten an der Fakultät als Vertreter der mathematisch-physikalischen Wissenschaften neben G. Frege ( noch Privatdozent) und dem schon ausgefallenen ordentlichen Professor, Ordinarius für Mathematik und Physik, K . Snell, noch E . Abbe ( Honorarprofessor) und Hermann Schaeffer ( außerordentlicher Professor). H . S chaeffer ( 1 824 - 1 900) war Nachfolger des 1 849 von J ena nach Dresden berufenen Oskar Schlömilch ( 1 82 3 - 1 90 1 ) . Die damalige S ituation vermag das am 2 8 . 2 . 1 8 7 9 in der F akult ät beschlossene Schreiben an den S enat am besten zu belegen. Es sei daher, mit Auslassung der bereits zitierten Stelle, im sonstigen Wortlaut wiedergegeben : Magnifice Academiae Prorecto r ! D i e philosophische Facultät stellt nach einstimmigen Beschluße an d e n illustren Senat d e n er­ gebensten Antrag, an die Hohen Regieru ngen ihren dringenden Wunsch gelangen zu lassen, daß Hochdieselben ungesäumt die Facultät beauftragen mögen, zur Denomination für eine mathe­ matische Facultätsstelle zu schreiten. Der Grund , welcher bei der Facultät diesen dringenden Wunsch hervorruft, ist der, daß die für das mathematisch-physikalische Fach an unserer Univer­ sität vorhandenen Lehrkräfte seit längerer Zeit den gegen früher sehr gesteigerten Anforderungen auf diesem Lehrgebiete nicht mehr genügen , w ie von Seiten der Facultät, sowie von Seiten des illustren Senats, schon früher wiederholt eindringlich hervorgehoben, und auch von Hoher Stelle durch die auf Gründung einer physikalischen Professur bezügliche Vorlage an den Weimarischen Landtag thatsächlich anerkannt worden ist. Es mußte schon damals darauf hingewiesen werden , daß d i e von den vorhandenen Docenten z u b ietenden Vorlesungen im Geb iete d e r mathematisch­ physikalischen Wissenschaften , namentlich die Studirenden der höheren Semester nicht hin­ länglich und nicht in dem erforderlichem Umfang beschäftigen können , und daß deshalb unsere Universität kaum noch eine den heutigen Ansprüchen genügende wissenschaftliche Ausbildung auf diesem Felde darzubieten vermöge. 3 UAJ , M 62 1 , Blatt 3 6 (bis 3 8 ) b zw . BA 4 3 8 , Blatt 1 1 2 - 1 1 5 .

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Dieser schon längst empfundene Mangel hat nun i n jüngster Zeit, bevor noch irgend etwas zur Abhülfe geschehen ist , eine weitere und sehr empfindliche Verschärfung erfahren durch den Umstand, daß der bisherige einzige Vertreter dieser Lehrfächer innerhalb der Facultät, der Senior der Facultät, Herr Geheimer Hofrath Snell, seit länger als einem J ahre durch schwere Krankheit an jeder Lehrth ätigkeit verhindert gewesen ist , und auch für die n ächste Zukunft an eine Wiederaufnahme derselben n icht denken kann. . . . Braucht nun auch der Herr Senior unserer Facultät die Hoffnung noch nicht aufzugeben, seine Lehrthätigkeit sp äter wieder aufnehmen zu können , so wird sich diese doch , nach seiner eigenen Erklärung, selbst im günstigsten Falle in so engen Grenzen halten müssen , daß von einer Ausgleichung des entstandenen Mangels durch ihn selbst nicht die Rede sein kann. Der durch die Erkrankung des Herrn Geheimen Hofraths Snell herbeigeführte Zwischenfall stellt sich dem­ nach in seinen thatsächlichen Folgen dem Eintritt einer dauernden Behinderung fast völlig gleich . Es kann nun nicht im geringsten zweifelhaft sein, daß die noch übrigen drei Docenten des mathematisch-physikalischen Fachs, selbst beim besten Willen, für sich allein nicht im Stande sind, den Anforderungen zu genügen , welche die Universität in Bezug auf die Vertretung eines großen Wissenschaftsgebietes nothwendig aufrecht erhalten muß, um das Ansehen einer Univer­ sitas literarum nicht in Frage gestellt zu sehen. -- Der auch den Studirenden fühlbar gewordene Mangel an Lehrkräften w ährend der letzten Semester hat gegenwärtig schon eine merkliche Ver­ minderung der vor einem J ahre noch sehr anschlichen Anzahl der Mathematik-Studirenden herbeigeführt. Indessen weiset auch die Präsenzliste des letzten Semesters noch immer über 40 Studirende auf, welche die in Rede stehenden Wissenschaften als Hauptstudium betreiben eine genügende Zahl, um die Universität immer von Neuern daran zu erinnern , daß auch nach dieser Richtung hin sie nicht in geringerem Maaße , als die übrigen deutschen Hochschulen , in Anspruch genommen wird. Im Besonderen aber muß hierbei noch auf eine Pflicht hingewiesen werden, welche unsere Universität als Lehrer-Bildungsanstalt für die Thüringischen Lande zu erfüllen hat, wie solche durch das Bestehen einer wissenschaftlichen Prüfungs-Commission in Verbindung mit der Hochschule documentirt wird . Der Maaßstab , nach welchem d iese Com­ mission urtheilt, und damit indirect das wissenschaftliche Niveau, auf welchem der Lehrerstand in den Thüringischen Staaten gehalten wird, regulirt sich für j edes Wissensgebiet nach dem Niveau , welches die Lehrth ätigkeit unserer Universität auf diesem Gebiete vorweiset. Sollte dieses in Beziehung auf die mathematischen Wissenschaften unter die Höhe herabsinken , welche die übrigen deutschen Universitäten durchgängig erreichen , so würde eine Schädigung des ganzen höheren Unterrichtswesens in Thüringen die unausb leibliche Folge davon sein . Nach den aus­ drücklichen Erklärungen von Herrn Professor Abbe, welcher b isher Mathematik und Physik in unserer Prüfungs.Commission zu vertreten gehabt hat, dürfte der gegenwärtige Zustand nicht mehr lange fortdauern , wenn nicht das Ansehen der hierorts vollzogenen Lehramts-Prüfungen, gegenüber denjenigen anderer Universitäten , und das Ansehen der hier ausgeb ildeten Lehrer, einer wesentlichen E inbuße ausgesetzt sein soll. Neben der Rücksicht auf die Studirenden und auf die allgemeinen Interessen des Landes, kommt hierbei auch noch eine Rücksicht auf die Docenten in Betracht. Seit länger als einem J ah re h at Herr Professor Abbe alle in das Gesammtgebiet der mathematisch-physikal ischen Wissenschaften fallenden Facultätsarbeiten, so wie seit mehreren J ahren die mit dem Oberlehrer­ Examen verbundenen Arbeiten übernommen . Daß derselbe dringend wünscht, und eigentlich darauf besteht, von diesen Arbeiten , zu welchen er durch seine amtliche Stellung nicht ver­ pflichtet ist, entbunden zu werden , kann ihm Niemand verdenken . Und daß Herr Geheimer Hofrath Snell, selbst wenn derselbe seine Lehrthätigkeit wieder begönne, dazu auch noch die Facultätsarbeiten wieder in ihrem alten Umfange übernehmen sollte , wird man ihm nicht wohl zumuthen können, nachdem er mit allen in das Gebiet der mathematisch-physikalischen Wis­ senschaften fallenden Facultätsarbeiten volle dreißig J ahre allein belastet gewesen ist . Es kann nach allem Gesagten keinem Zweifel unterliegen, daß für das Fach der mathematisch­ physikalischen Wissenschaften Hülfe geschaffen werden muß durch eine Berufung, und zwar ohne Verzug. Daß aber der Antrag der Facultät auf eine neue ordentliche Professur geht , wird gleichfalls durch die oben dargestellte Sachlage als völlig motivirt erscheinen. Denn einerseits muß von dt:: m neu zu berufenden bocenten , wenn auch nur dem Nothdürftigsten genügt werden soll, eine besonders ausgiebige Beth ätigung im Lehramt erwartet werden ; andererseits fällt gerade auf die Mathematiker ein verhältnismäßig großer Antheil der regelmäßigen Gesch äfte Seitens der Facultät und Seitens der Prüfungs-Commission . Nach jeder dieser Richtungen einzeln , geschweige denn nach beiden zugleich , den Ansprüchen zu genügen , wird nur von einem solchen

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Einleitung

verlangt und erwartet werden können, welcher vermöge seiner amtlichen Stellung von Anfang an darauf hingewiesen ist , den akademischen Pflichten seine ganze Thätigkeit zu widme n . Die von d e r Fakultät > a betonte Dringlichkeit ihres j etzigen Antrags würde zwar nicht i n demselben Grade bestehen, w e n n ihrem früheren Antrage auf E inrichtung einer Facultäts-Stelle für Physik schon h ätte entsprochen werden können. Es würde in diesem Falle der Physiker vor­ übergehend für den Mathematiker e intreten können. Aber auch alsdann würde es sich doch immer nur um ein Provisorium handel n ; ein Mathematiker könnte der Facultät in keinem Fall für längere Zeit versagt bleiben, nachdem allseitig anerkannt ist, daß die mathematisch-physika­ lischen Wissenschaften durch zwei Nominal-Professuren in der Facultät vertreten sein müssen. Der gegenwärtige Antrag der Facultät tritt daher nicht in Widerspruch zu den früher geäußerten Wünschen ; es handelt sich allein darum, daß in Rücksicht auf den Ausfall der Lehrthätigkeit des Herrn Geheimen Hofraths Snell jetzt schon geschehe, was nach dem Laufe der Dinge in voraus­ sichtlich nicht allzufernen Zeit auf alle Fälle würde geschehen müsse n . D i e Hoffnung, daß vielleicht in naher Zukunft d i e Wünsche d e r Universität in Beziehung auf eine vollständige Vertretung der Physik zur Erfüllung gelange n , kann daher um so weniger die Berechtigung der jetzigen Anforderungen in Frage stellen , als es sich gegenwärtig um Bedürfnisse handelt, deren Befriedigung weder einen Aufschub duldet, noch abhängig gemacht werden kann von Eventualitäten, die sich einer sicheren Berechnung entziehen. Die in dem Vorhergehenden dargelegten Gründe sind es, welche die sofortige Berufung eines Mathematikers der Facultät nicht als bloß wünschenswerth , sondern als unvermeidlich erschei­ nen lassen, und sie zu dem oben ausgesprochenen dringenden Wunsche treiben, daß die Hohen Regierungen ungesäumt die Facultät beauftragen möchten, zur Denomination für eine mathe­ matische Facultäts-Stelle zu schreiten .

Das S chreiben ist zweifelsohne ein Muster professoraler Diplomatie. Der Druck der Verhältnisse solidarisierte die vier Mathematiker der Fakultät . Ziemlich geschickt verband man sinkende Studentenzahl mit höheren Lehr- und Leistungsanforderun­ gen. Denn zwar sank die Anzahl der Studierenden an der J enaer Universität seit 1 800 stetig, aber ebenso stetig nahm die Anzahl der Studierenden, die sich an der philoso phischen Fakultät einschrieben, zu . Eine Trendwende insgesamt setzte erst im letzten Viertel des vergangenen J ahrhundens ein. Aber noch 1 90 1 findet man J ena mit einem Semesterdurchschnitt von 600 bis 700 Studenten an 20. Stelle unter den 21 deutschen Universitäten . J ena, als letzte deutsche Universitätsstadt erst 1 874 an das E isenbahnnetz D eutschlands angeschlossen, ist eine "Sommeruniversität " , denn im Sommersemester erreichte sie die zweite Hälfte des vergangenen J ahrhun­ dens h indurch immer eine deutlich höhere Anzahl eingeschriebener Studierender als im Wintersemester. 4 Ein Privatdozent ohne "die erforderlichen Subsistenzmittel" konnte von den Kolleg-Geldern überhaupt nicht als Wissenschaftler existieren. D ie Finanzlage der Gesamt-Universität des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach und der Herzogtümer Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg sowie Sachsen-Coburg­ Gotha gestaltete sich immer katastrophaler. Das Großherzogtum hatte verschiedent­ lich Anlaß , sich über eine gewisse "Universitätsmüdigkeit " anderer Erhalterstaaten der Universität zu beklagen . 5 Aber allein die Erfordernisse der naturwissenschaft­ lichen Forschung infolge zunehmender Anforderungen seitens der Industrie mußte die finanziellen Möglichkeiten d ieser Kleinstaaten übersteigen. Der gesellschaftliche

> a Im Original steht hier "k", statt wie üblich " c " . 4 Vgl. Geschichte d e r Universität Jena , Bd . I , J ena 1 9 5 8 , S . 390 f., S . 466 ; H . Leutenberger, Untersuchungen über die Besucherzahl der Universität Jena von den A nfängen b is zur Gegen­ wart , in : Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität J ena, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, J ahrgang 3, Heft 4/5 , S . 367; Fr. Schneider, Beitrage zur vorbe­ reiteten Geschichte der Universita't Jena ( 1 548/5 8 - 1 9 5 8 ) , II. Fortsetzung, ebenda, S . 3 79 f. 5 Vgl. Geschichte der Universität Jena , Bd. I, J ena 1 9 5 8 , S . 46 3 .

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Anachronismus i hrer Existenz machte um die E xistenz der von ihnen ausgehaltenen Universität keinen Bogen. Die damals kleinste aller deutschen Universitäten, Rosto ck, zahlte höhere Gehälter als Jena. In einem Bericht des Kurators Freiherr vo n Türcke zum Etat 1 8 80 heißt es : Der soeben vorgekommene Fall, dass ein dahier mit 2400 M J ahresgehalt angestellter, nicht in Bezug der Fakultätsgebühren stehender Ordinarius (im Vertrauen auf Gehaltsverbesserung ver­ lobt) wegen nicht gesicherten Nahrungsstandes sich veranlasst fand, den Zeitpunkt der bereits anberaumten Verheiratung zu prorogieren, hat unter seinen Collegen tiefes Bedauern hervor­ gerufen . 6

Um Berufungen von außerhalb zu erreichen oder um manche Berufung nach außerhalb abzuwehren, wurden individuelle Festlegungen ( B ewilligungen) getroffen, die nicht nur zu einer äußerst unterschiedlichen Besoldung innerhalb ein und der­ selben Kategorie von Professoren führte, sondern zugleich die Fakultäten in ein nicht mehr überschaubares Geflecht von Prioritäten verwickelte . Diesen Hintergrund muß ·man beachten , wenn man die mitunter auf den ersten Blick scheinbar klein­ lichen Streitigkeiten der Professoren um ihnen zustehende oder nicht zustehende Lehr- und Universitätsobliegenheiten verstehen will. Die sich mehrenden Gerüchte über eine angebliche S chließung der Universität veranlaßten den Kurator von Türcke zu einem S chreiben an d ie Regierungen der Erhalterstaaten, mit dem Wunsch, sie mögen Zeichen ihres festen Willens zum Erhalt der Gesamt-Universität geben. In d iesem S chreiben vom 3 . 1 2 . 1 87 8 heißt es unter anderem : In Universitätskreisen herrscht Unruhe über die Zukunft der Universität . . . . Der Senat befürch­ tet, dass sich die Hochschule nicht auf ihrer geschichtlichen Höhe halten könne . Ich halte diesen Ausspruch für durchaus begründet . 7

D iese Ereignisse sind deshalb von Interesse , weil sie G . Frege bewegt haben könn­ ten, seine Begriffsschrift früher als vielleicht beabsichtigt zu veröffentlichen. Im Vergleich mit den anderen größeren Veröffentlichungen G. Freges fällt ja sofort das Fehlen kritischer Bezüge auf analoge oder entgegenstehende Bestrebungen zur Ab­ sicht seines Buches auf. Die Rezensenten h eben das einhellig als Versäumnis hervor. Es scheint wohl eher so zu sein, daß G. Frege angesichts der nicht gesicherten E xistenz auf die Kritik verzichtete im Interesse einer weitgehenden positiven Aus­ führung seines Programmes. Der Gedanke, daß er durch diese Schrift bekannt genug würde , um eventuell eine Berufung seitens einer anderen Universität zu erhalten, die ihm erlauben würde , seine Forschungen fortzusetzen , kann dabei durchaus eine Rolle gespielt haben. J edenfalls ist d ie erkenntniskritische Haltung Charaktereigen­ schaft Freges, nicht etwa die Folge zunehmender Verbitterung über persönliche und sachliche Zurücksetzung. Zu der E inrichtung einer zweiten ordentlichen Professur für Mathematik kam es 1 87 9 noch nicht , sondern zunächst nur zu einer Nachfolge von K. Snell, der 1 87 9 zurücktrat. 7a Unter den i n Betracht gezogenen Professoren war auch jobannes Tbo mae ( 1 840- 1 92 1 ) , damals Ordinarius für Mathematik an der Universität in Frei6 Zitiert nach : Fr. Stier, Geschichte der Kuratel der Universität Jena von 1 8 78 bis 1 922 , UAJ , H Abt . C/ 1 5 6 , Teil 1 , S . 1 6. 7 Ebenda, S. 1 6 . 7 a Was die Bemühungen u m die Professur für Physik anbetrifft, so sei h ier nur angemerkt, daß 1 88 3 zunächst Leonhard Sohnke ( 1 842 - 1 89 7 ) berufen wurde . Er folgte 1 886 einem Ruf nach München. Adolph Winkelmann ( 1 848 - 1 9 1 0 ) folgte ihm dann als Inhaber des Lehrstuhls.

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burg i. Br .. Da er sich nicht nur bereit erklärte, die angebotene Stelle (mit 5 000 M J ahresgehalt) sofort zu übernehmen, sondern auch die Leitung des neu zu schaffen­ den Mathematischen Seminars, fiel die Wahl auf ihn . Am 1 . 1 0. 1 87 9 wurde er nach J ena berufen. 8 Zu seinen Lehraufgaben gehörten neben der bereits genannten Direk­ tion des Mathematischen Seminars, zu dessen materieller Ausstattung er sich jährlich 200,- M ausbedungen hatte, Vorlesu ngen über Funktionentheorie, elliptische Funk­ tionen, Differentialgeometrie, Reihentheorie und analytische Geometrie des Raumes. Mit der " besonders ausgiebigen Bethätigung im Lehramt" hatte man es im oben an­ geführten Schreiben der Fakultät vom 2 8 . 2 . 1 8 7 9 durchaus ernst gemeint . Noch vor dem Antrag auf die Neubesetzung der ordentlichen Professur für Mathematik hatte die Fakultät auf Anregung von Carl Fo rtlage ( 1 806 - 1 88 1 ) hin die Ernennung des Privatdozenten G. Frege zum außerordentlichen Professor beantragt . Die in diesem Zusammenhang getroffenen Wertungen der Lehr- und Forschungsarbeit Freges las­ sen bereits gewisse Meinungen deutlich werden, die später immer deutlicher hervor­ treten. C . Fortlage , damals Ordinarius für Philosophie und Dekan der philosophischen Fakultät, leitete die Berufung mit einem Umlaufschreiben an die Fakultätsmitglieder ein, das mit " 7 . 1 . 1 87 9 " datiert ist . Nach der Anrede heißt es: Ich b i n von mehreren Seiten angegangen worden, b e i dem a m Sonnabend den 1 1 . J an . um 5 Uhr zu haltenden Consess zu den bereits angekündigten beiden Anträgen einen dritten in eigener Person zu stellen, was ich bereitwillig thue , weil ich von der Gerechtigkeit seines Inhalts über­ zeugt bin. Mein Antrag lautet : Hochlöbliche Facultät möge bei den hohen Regierungen beantragen , Herrn Dr. Frege , wel­ cher bereits 9 Semester an unserer Universität mit Erfolg gelesen, und sich dadurch namentlich in letzter Zeit als ein unentbehrliches Glied unseres Lehrkörpers bekundet hat, zum Professor extraordinarius zu befördern .•

K . Snell vermerkt auf dem gleichen S chreiben : Decane maxime spectabilis, Ich meinerseits würde es sehr gern sehen, wenn die Facultät dem Hr. Dr. Frege, der sich b isher unserer Universität sehr nützlich gemacht hat, von seinen Zuhörern sehr geschätzt wird, und ein selbständiger Denker ist, von der Facultät zur außerordentlichen Professur empfohlen würde . Ober die neuste S chrift desselben, welche so viel ich weiß ebenso gut zur Philosophie als zur Mathematik zu rechnen ist, kann ich n icht urtheilen , da ich dieselbe noch nicht zu Gesicht be­ kommen habe.

E . Abbe wird m it der Vorlage einer Beurteilung Freges beauftragt , d ie er noch am 1 0 . 1 . 1 87 9 dem Dekan zustellt . Der am 1 3 . 1 . 1 87 9 formulierte Antrag faßt d ie Meinung der Fakultät wie folgt zusammen : Dr. Frege hat seine im Sommersemester 1 874 begonnene Lehrthätigkeit mit entschiedenem Er­ folge und mit wachsendem Vo rtheile für die Universität fortgeführt. Zwar wenig dazu angethan, dem Durchschnitts-Studenten besonderen Beifall abzugewinnen, hat er eine ersprießliche und jetzt sehr werthvolle Lehrwirksamkeit dadurch erlangt , daß der bessere Theil unter unseren Studirenden des mathematischen Fachs allmählich gewahr geworden ist, was seine Vorträge denselben zu b ieten vermögen . In der That ist Dr. Frege vermöge der großen Klarheit und Präci­ sion seiner Darstellung und vermöge der Bedachtsamkeit seines Vortrags vorzüglich geeignet , strebsame Zuhörer in die schwierigsten Materien d e s mathematischen Studiums einzuführen ; seine Vorlesungen sind einem sie mit anhörenden Mathematiker i n Hinsicht auf die genannten wesentlichen Punkte als vollkommen mustergültig erschienen. Mit besonderer Anerkennung ver­ dient noch erwähnt zu werden, daß Dr. Frege von Anfang an sich an den regelmäßigen Geschäf-

8 UAJ , M 62 1 , Blatt 40-4 1 bzw . C 434, Blatt 1 1 ff. 9 UAJ , M 4 5 9 , Blatt 86.

1.

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ten des mathematischen Unterrichts, mit nicht unerheblichen Opfern an seiner wissenschaft­ lichen Muße, in viel größerem Umfange betheiligt hat , als einem bloß freiwilligen Mitarbeiter füglieh zuzumuthen gewesen wäre . Namentlich hat er in den letzten J ahren durch Uebernahme eines unentbehrlichen Haupt-Collegs ( nämlich der Mechanik) wesentlich mitgeholfen, daß die Krankheit des Herrn Geheimen Hofrath Snell nicht eine unerträgliche Lücke in unserem mathe­ matischen Lehr-Cursus zur Folge gehabt hat . Ganz kürzlich ist nun D r . Frege auch mit einer schriftstellerischen Arbeit unter dem Titel " Begriffsschrift , eine der arithmetischen nachgeb ildete Formelsprache des reinen Denkens" her­ vorgetreten. Sie ist allerdings nur ein Nebenprodukt seiner mathematischen Forschung; diese selbst ist aber, wie schon die Hab ilitationsschrift deutlich erkennen ließ, auf sehr allgemeine und weitliegende Aufgaben gerichtet , welchen gegenüber ein rascher Abschluß und frühzeitige litera­ rische Erfolge von Niemand erwartet werden können . Zu dem sehr eigenartigen Ideenkreis dieser S chrift wird wohl kaum irgend j emand kurzer Hand Stellung nehmen können; außerdem wird das eigentlich mathematische Geb iet zwar durch die Tendenz des Verfassers sehr erheblich, durch den Inhalt der Schrift aber unmittelbar nur sehr wenig berührt . Wie aber auch das schließ­ liehe Urtheil über die Bedeutung und die Tragweite der von Dr. Frege entwickelten Ideen sich stellen Jpag, soviel scheint in keinem Falle zweifelhaft : erstens, daß ein Man n , bei dessen mathe­ matischen Arbeiten nebenbei eine logische Studie von so allgemeiner Tendenz abfällt, in seinem wissenschaftlichen Hausbau gewiß nicht von der Hand in den Mund lebt ; zweitens, daß die Art , wie in der kleinen Schrift die abstractesten logischen und mathematischen Probleme gefaßt und discutirt werden, durchweg das Gepräge originaler Forschung trägt , und eine nicht gewöhnl iche geistige Kraft verräth . Mit einem Wort : Herr Dr. Frege hat sich bisher unserer Universität sehr nützlich gemacht, wird von seinen Zuhörern geschätzt, und ist ein selbständiger Denker. 1 0

Unverkennbar ist erstens d ie kritische D istanz zur Begriffssehrire Das Gutachten folgt darin (aber abmildernd) der Vorlage von E. Abbe, der unter anderem noch schrieb : Ueber die erwähnte Schrift , vom Gesichtspunkte des Mathematikers aus ein auf das Sachliche gehendes Urtheil abzugeben, kann ich mich allerdings durchaus nicht berufen fühlen. . . . Für ein glückliches schriftstellerisches Debut kann ich deshalb diese erste Veröffentlichung meines Collegen auch keineswegs halte n ; sie wird vermuthlich nur von Wenigen gründlich gelesen und von noch Wenigeren verstanden und gewürdigt werden . 1 1

Zum Vorteil für G . Frege k a m es noch während der Bearbeitungszeit des Antrages seitens der zuständigen Behörden zu einem solchen würdigenden Echo . Und es war wieder ein Philosoph , der sicher ohne Wissen darum die Berufung Freges begünstigte : K. Laßwitz . Dem damaligen Kurator der Universität , Freiherr von Türcke , war die zurückhaltende B eurteilung der Begriffsschrift natürlich aufgefallen. I n einem Schrei­ ben von ihm an die Ministerien der vier Erhalterstaaten vom 1 7 . 6 . 1 87 9 heißt es dazu : 1 . Die Ernennung des Privatdocenten Dr. Gottlob Frege zum außerordentlichen Professor dürfte nach dem Gutachten der philosophischen Facultät zur Genüge motivirt erscheinen . . . . Was seine unlängst erschienene Arbeit : "Begriffsschrift , eine der arithmetischen nachgebildete Formel­ sprache des reinen Denkens" anlangt , so leidet die im Facultätsbericht enthaltene Beurtheilung dieser Arbeit meines Erachtens an einem mehrfach hervortretenden Mangel der Präcision ; die Bemerkung: " Zu dem sehr eigenartigen Ideenkreis dieser Schrift wird wohl kaum irgend j emand kurzer H and S tellung nehmen können" deutet darauf hin, daß durch den Inhalt der auf einer seither unbetretenen Bahn sich bewegenden Schrift keiner der Facultisten sich vollständig hin­ durchgearbeitet hat ; die von mir bei mehreren derselben gehaltene Umfrage scheint dies zu be­ stätigen, wenn auch die Meinung obwaltet, daß die Arbeit auf große wissenschaftliche Befähi­ gung des Verfassers zurückschließen lasse und daß sie bei gelingender Fortsetzung zu bedeut­ samen Resultaten führen könne. In der J enaer Literaturzeitung (J ahrgang 1 87 9 , Vol. 1 8) findet

1 0 UAJ , BA 4 3 8 , Blatt 1 0 5 - 1 0 8 . 1 1 UAJ , M 4 5 9 , Blatt 9 2 -9 3 .

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Einleitung

sich eine entschieden günstige Recension der Frege 'schen .,Begriffsschrift " von Laßwitz in Goth a. 1 2

Die Reaktion der Kollegen Freges läßt erkennen , daß sie über seine Forschungs­ arbeit, aus welchen Gründen auch immer, nicht informiert waren. Sie zeigten sich überrascht und, so wenigstens E. Abbe, sogar enttäuscht. Die Einordung der Begriffs­ schrift als . ,Nebenprodukt seiner mathematischen Forschung" zog die B eurteilung Freges als Außenseiter nach sich . Diese Universitätsmeinung, die sich (trotz Abbes wenig später erfolgt en Revision seines Urteils) durch die folgende Arbeit Freges über Die Grundlagen der A rithmetik ( 1 884) eher noch bestärkt sah , blockierte solange Freges weiteren akademischen Werdegang, wie nicht auch Stimmen bedeutender au swärtiger Mathematiker laut wurden , die gegen sie sprachen . Zweitens hebt d a s Gesuch d i e Qualität von Freges Lehrtätigkeit i n einer solchen Ausführlichkeit und positiven Würd igung hervor, wie man sie später nicht mehr findet. Aus der Vorlage Ab bes geht hervor, daß er Vorlesungen von G . Frege mit angehört hatte . Stellt man seinem jetzigen Urteil dasj enige gegenüber, das sich in seinem Protokoll zu Freges D issertationskollo quium aus dem J ahre 1 87 4 findet : . . . und in Anbetracht der Schwierigkeiten, die er hat , auf Fragen einzugehen , die nicht schlecht­ hin aus dem Gedächtniss, sondern vielmehr aus einer zusammenfassenden Reflexion über vieler­ lei Einzelwissen zu beantworten sind, muss der Unterzeichnete , obschon die Auslassungen des Candidaten weder schlagfertig noch fliessend erschienen, das Resultat als durchaus befriedigend bezeichnen, 1 3

fällt sofort das Lob über die Klarheit und Bedachtsamkeit der Vortragsweise Freges auf. G. Frege hat offenbar in Rücksicht auf die kritischen Bemerkungen von E. Abbe seine Vorlesungen vorher zumindest gedanklich .,durchformuliert " . Freilich mußte sich dann der Vortrag selber in den Bahnen eines vorformulierten Zwiegespräches mit dem Stoff an der Tafel bewegen und erreichte so auch sicherlich jene Beispiel­ haftigkeit in der D arstellung eines Erkenntnisgegenstandes, wie wir sie aus seinen Schriften kennen . Einen Lehrer, wie er schon vor der J ahrhundertwende gefordert wurde , machte das j edoch noch nicht aus, denn dieser mußte zudem die methodische Verbindung von der Logik der Darstellung zum Verstehen eines seinen Vorausset­ zungen nach weder gleichartigen, noch gleichbleibenden zuhörenden Auditorium finden. Die hier erforderliche Flexibilität hat G. Frege nicht erreicht, wenn als Kriterium die Teilnahme an dem von ihm geleiteten Mathematischen Seminar heran­ gezogen wird . In d iesem Punkt bleibt er fast durchweg deutlich hinter J . Thomae zurück. Das Mathematische Seminar hatte im Wintersemester 1 87 9 /80 seine Tätigkeit begonnen. J . Thomae gewann G. Frege zur Mitarbeit. Er selbst leitete das Seminar im Wintersemester, G . Frege dagegen bis 1 89 9 regelmäßig im Sommersemester, wie aus dem ab 1 882 j ährlich erscheinenden B ericht über das Mathematische Seminar hervorgeht. Diesen B eri chten zufolge ergibt sich folgende Verteilung der Teilnehmer­ zahl ( an erster Stelle das Sommer-, an zweiter Stelle das Wintersemester) : 1 880/8 1 ( 1 0 - 5 ) , 1 88 1 /82 ( 8 - 1 6) , 1 882/8 3 ( 5 - 1 3 ) , 1 8 8 3 /84 ( 2 - 6 ) , 1 884/8 5 (ohne Zahlenangab e) , 1 88 5 /86 ( 2 - 7 ) , 1 886/87 ( 3 - 5 ) , 1 88 7/ 8 8 ( 6 - 8 ) , 1 888/89 (ohne Zahlenangabe - 8), 1 8 8 9 /90 ( 2 - 5 ) , 1 890/9 1 ( 1 - 4), 1 89 1 /9 2 (4 - 5 ) , 1 89 2 /9 3 (2 3 ) , 1 89 3 /94 ( 3 - 2 ) , 1 894/9 5 ( 2 - 4 ) , 1 89 5 /96 ( 2 - 4 ) , 1 896/97 ( 2 - 3 ) , ·-

1 2 Staatsarchiv Weimar, Außenstelle Altenburg ( SAA) I, L 8 3 , Bd. I I , BI. 2 - 3 . 1 3 UAJ , M 6 3 9 , B latt 1 42 .

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1 89 7 /9 8 ( 2 - 1 ) , 1 89 8 /99 ( 2 - 6 ) , 1 89 9 / 1 900 (0 - 8 ) . Aus einer handschriftlichen Erklärung Freges erfährt man , über welche Gegenstände er zwischen 1 874 und 1 87 9 gelesen hat : Ich habilitirte mich im Sommersemester 1 874, in dem ich noch über das Imaginäre und über Anwendung des Infinitesimalcalcüls auf Geometrie las. In den folgenden Semestern hielt ich Vorlesungen über: analytische Geometrie der Ebene, analytische Geometrie des Raumes, algebraische Analysis, Theorie der Functionen complexer Variabeln , Theorie der bestimmten Integrale und Fourier 'sche Reihen, Mechanik I . und II. Theil . 1 4

E ine Aufzählung d ieser Vorlesungen enthält auch die im o b e n wiedergegebenen S chreiben vo n Türckes ausgelassene Stelle . Es folgt dort noch d ie Bemerkung, daß die Zahl der Zuhörer sich im Durchschnitt auf neun pro Semester berechnet. Am 1 6 . 7 . 1 87 9 eröffnete das Staatsministerium in Weimar der Fakultät die Zu­ stimmung zur Ernennung Freges zum außerordentlichen Professor für Mathematik. Auch danach ist G . Frege eine unabkömmliche Stütze in der zu leistenden Lehre. 1 880 wandte sich das gleiche Staatsministerium mit Erfolg an das Königliche Gene­ ralkommando des X I . Armeekorps zu Kassel, den Unteroffizier im 5 . Thüringischen Landwehr-I nfanterie-Regiment Nr. 94, Gottlob Frege , von den im gleichen J ahre stattfindenden Landeswehrübungen zu dispensieren , da sonst d ie Lehre eine nicht auszugleichende Störung erfahren würde . 1 5 Im J ahre 1 884 bewarb sich Adolf Pi/tz ( 1 8 5 5 - 1 940) als Privatdozent für Mathematik an der Fakultät . Die Fakultät unter­ stützte seinen Antrag auf d ie Erteilung der Venia legendi, ohne daß dabei aber in der Begründung auf eine der Lehre entspringende Notwendigkeit seiner Anstellung verwiesen wird . Wenn man nämli ch spätere , negative Urteile über Freges Lehrtätig­ keit berücksi chtigt, könnte man meinen , die Fakultät hätte unter anderem die Privatdozentur von A. Piltz auch deshalb befürwortet, weil sie hoffte , auf diese Weise gewisse , mit Freges Lehrwirksamkeit zusammenhängende Schwierigkeiten zu kompensieren . Dann h ätte sie aber bewußt eine höchst ungeeignete Wahl getroffe n . Im bereits erwähnten Bericht d e r Fakultät heißt es nämlich : In dem Colloquium konnte es der Facultät nicht entgehen, daß es Herrn Dr. Piltz eine große Arbeit kostet , sein Wissen und seine Gedanken zum Ausdruck zu bringen . Dagegen war der Inhalt des Geäußerten durchaus befriedigend. 1 6

Dam als wird wohl noch d ie Meinung vorgeherrscht haben, daß Freges Lehrweise im Grunde der Qualität des gebotenen Stoffes angemessen ist. Erst als G. Frege die Begriffsschrift , d. h. die Präd ikatenlogik, zum Vorlesungsgegenstand machte , fiel die Vergleichsmöglichkeit zum Stoff für die Kollegen weg und der geringe Lehrerfolg wurde mehr seiner Methode des Lehrens, d. h. also einer mangelnden subj ektiven Fäh igkeit selbst zugeschrieben . E igentümlichkeiten und Schwierigkeiten des Lehr­ stoffes lassen freilich Besonderheiten des Lehrenden hervortreten, die aber überstei­ gert werden , wenn sie in d as Licht eines Vorurteils geraten. In Befürwortung des Antrages von G. Frege auf Entbindung von seinen Vorlesungsverpfli chtungen im J ahre 1 9 1 8 schreibt der damalige Universitätskurator Max Vollert unter anderem :

14 UAJ , M 4 5 9 , Blatt 94. 1 5 SAA, I , L 83, Bd. II, Blatt 24-2 5 . UAJ , BA 460, Blatt 1 0 4 - 1 0 5 .

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Einleitung

Als Dozent hat Frege immer nur wenige Hörer gefunden . Die S chwierigkeit der von ihm behan­ delten Probleme und die Schwerverständlichkeit seiner Darlegungen erforderte ein ungewöhn­ liches Maß mathematischen Verständnisses. 1 7

Im zunehmenden Streit zwischen G . Frege und J . Thomae hatte zwar letzterer die Sympathie der Fakultät hinter sich , aber beider D iskussion führte nicht zu einem Interesse wenigstens der anderen Mathematiker J enas am wissenschaftlichen Gegen­ stand derselben. Freges I solierung nahm zu, und in seine bekannte Äußerung im Vorwort zum 2. Band seiner Grundgesetze der A rithmetik ( 1 90 3 ) über die Mutlosig­ keit, die ihn seit dem Erscheinen ihres 1 . Bandes ( 1 89 3 ) befallen habe, geht auch seine J enaer Erfahrung ein - aber an welcher Universität wäre es ihm wohl anders ergangen ? D aß nun gerade in diese Zeit seine Beförderung vom außerordentlichen Professor zum ordentlichen Honorarprofessor fällt, hat er dem persönlichen Einsatz von E. Abbe zu danken . Wohl endgültig durch Freges ersten Band der Grundgesetze der A rith metik überzeugt , hatte er seine Meinung über den wissenschaftlichen Wert der Begriffsschrift zur richtigen hin geändert . Im J anuar 1 896 stellte die Fakultät den Antrag auf Beförderung Freges ( zusammen mit noch zwei weiteren Anträge n ) . Das mit " 1 . Feb ruar 1 89 6 " datierte S chreiben hat folgenden Wortlaut : Herr Prof. Frege ist seit dem J ahre 1 8 7 9 außerordentlicher Professor an unserer Hochschule. Er hat in dieser Zeit als Lehrer vortrefflich gewirkt , und die Vorlesungen über Mechanik, eine der notwendigsten Disziplinen, denen die Studirenden der Mathematik obliegen müssen, mit nur einmaliger Ausnahme allein gehalten . Da es unmöglich ist , daß die für die Staatsprüfung nötigen Zweige der Analysis von einem Lehrer den Candidaten geboten werden können , da Herr Prof. Abbe math . Vorlesungen überhaupt nicht mehr hält , Herr Prof. S chäffer nur für die elementaren Geb iete in Betracht kommt (von dem vorhandenen Privatdocenten kann geschwiegen werde n ) , so füllt Herr Prof. Frege einen Platz a u s , d e r notwendig besetzt sein m u ß . In d e r Prüfungscom­ mission teilt Frege seit einer Reihe von J ahren die Arbeit mit dem Ordinarius. Seine Gewissen­ haftigkeit im Amte , sein S charfsinn in der Wissenschaft stehen außer Zweifel . Daß Herr Prof. Frege bei Besetzungen von Lehrstühlen an Hochschulen b isher nicht in Be­ tracht gekommen ist, liegt sicher nur an der Treue, mit der er an Problemen hängt , deren Bear­ beitung er sich zur Lebensaufgabe gemacht hat . Er hat sich einerseits d i e Aufgabe gestellt, d e n Begriff d e r Zahl streng logisch durchzuarbeiten . Die Analytiker arbeiten seit J ahrtausenden mit d e r Zahl , ähnlich w i e die Geometer m i t dem Raume als mit einem vollkommen gesicherten E igentume. Erst der neueren Zeit ist es vorbehal­ ten gewesen, kritisch nach dem Besitztitel auf diese Grundelemente zu fragen . Nur diese Raum und Zahl angehenden Fragen werden noch immer von vielen Mathematikern mehr als Grenz­ fragen als die eigentliche Mathematik angehenden Fragen angesehen, und es finden die wenig Beachtung, die sich m it dergleichen Untersuchungen einseitig befassen. Daß aber die Grund­ gedanken Freges die richtigen sind, wird von Dedekind, dessen S chrift über die Zahlen die gelesenste ist , in der Vorrede zur zweiten Auflage ausdrücklich bestätigt . Die andere Aufgabe, die sich Prof. F rege gestellt hat, ist die, eine S chriftsprache zu schaffen, die Lücken in der Beweisführung gewissermaßen rein mechanisch unmöglich macht. Sich in neue , durch ihren Anblick erschreckenden Zeichen einzuarbeiten, ist nur Weniger Sache. D ies ist der Grund, daß die bezüglichen S chriften b isher nur selten gelesen und b is vor Kurzem kaum anerkannt worden sind. Doch hat Frege auch in diesen , oder wenigstens in verwandten Bestre­ bungen Mitarbeiter und besonders in neuester Zeit durch den ausgezeichneten italienischen Mathematiker Peano Aufmunterung gefunden . Das Ausharren bei dieser Arbeit, die aus äußeren Gründen den Lohn der Anerkennung in minderem Maße findet, nötigt besondere Achtung ab . Die Facultät nutzt die Gelegenheit, bei der sie andere jüngere Collegen zu Honorarordinarien vorschlägt, auch Herrn Prof. Frege für diese Würde warm zu empfehlen . Ein Obergehen seiner

1 7 SAA, I, L 8 3 , Bd. II, Blatt 1 0 2 .

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Person müßte ihn, trotzdem er den ausgeprägten Charakter eines genügsamen stillen Gelehrten besitzt , bei seinen Verdiensten um unsere Zuhörer tief verletzen . 1 8

Die wörtlich übernom mene Vorlage zu diesem Antrag stammt von J . Thomae. 18a Ihm wird die Beurteilung ni cht lei cht gefallen sei n . Vielleicht hatte er si ch dabei auch Abbes Hilfe bedient ; wie dem aber auch sei, die Vorlage Thomaes ist ersichtlich um eine günstige und zudem obj ektive Beurteilung der Forschungsresultate Freges bemüht. Wir haben es an anderer Stelle bereits gesagt , do ch sei es hier nochmals wieder­ holt : Bescheidenheit und Zurückhaltung werden sicher Charaktereigenschaften Freges gewesen sein . Auf keinen Fall aber haben diese Eigenschaften etwas zu tun mit der spießerhaften E igenbrötelei und den wunderlichen Schrullen eines oft be­ lächelten Gelehrtentyps. Der im Gutachten angesprochene Charakter ist primär der Ausdru ck oder das Resultat des persönlichen Einsatzes zur Erfüllung eines selbst gestellten wissenschaftlichen Programms, das nach und nach den ganzen Menschen in seinen Bann zog. 19 In einem Bericht vom 2 3 . 2 . 1 896 an die Ministerien der Erh alterstaaten schließt sich der Universitätskurator von Eggeling dem Antrag der Fakult ät an und hebt 2 dabei nochmals die sie bewegenden moralischen Gründe hervor. 0 Am 1 5 .4 . 1 896 bekräftigt er zwar nochmals seine grundsätzliche Zustimmung, da sich aber Verän­ derungen in den zur Berufung anstehenden Anträgen ergaben , fügt er hinzu : Da jedoch die Annahme nicht in Erfüllung gegangen ist, durch welche der Antrag auf Beförde· rung Freges veranlaßt gewesen zu sein scheint , so kann ich eine Berücksichtigung des Antrages nicht gerade für dringlich erachten und gebe ich Hoher Entschließung ehrerb ietigst anheim , ob die Beförderung jetzt oder erst in einiger Zeit ausgesprochen werden soll . ' 1

D urch die Verm ittlung Abbes waren aber in der Zwischenzeit die Verhandlungen des Weimaer Staatsministeriums mit der Carl-Zeiss-Stiftung üb er eine Finanzierung dieser Professur durch d iese Stift ung zu einem positiven Abschluß gekommen . Das Großherzogliche Min isterium wandte sich daher am 1 7 . 4 . 1 896 an die anderen Mini­ sterien m it der Anfrage, ob glei ch hier die Höchste Stelle einer Berufung Freges 22 "schon j etzt" zustimmen würd e. Die Zustimmung erfolgt , und so wird am 9 . 5 . 1 89 6 die Fakultät d urch das Weimaer Staatsministerium auf� efordert , G . F rege , .förmlich 2 zu berufen und das Ergehniß b erichtlieh anzuzeigen " . I m gleichen J ah r noch wurde H . Schaeffer von seinen Lehrverpflichtungen ent­ bunden . Es gelang der Fakultät , d aß A ugust G utzmer ( 1 860- 1 924) den vom Uni­ versitätsk urator Dr. von Eggeling nachhaltig unterstützten Ruf annahm. Schon nach kurzer Zeit wurde A. Gutzmer der zweite Ordin arius für Mathematik. 1 90 5 kehrte er wieder an die Universität Halle zurück. Dje Fakultät konnte sich zwar die ordent­ liche Professur erhalte n , hatte aber in der Berufung von R o bert Haußner ( 1 86 3 -

1 8 UAJ , BA 44 3 . Blatt 8 1 -8 2 . 1 8 a UAJ , M 622, Blatt 207 -208. 1 9 L. Kreiser, Gottlo b Frege - eine Würdigung seines wissenschaftslogischen Schaffens . in : Friedrich L udw ig Gottlob Frege. Zur A k tualitiit seines Werkes , Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität J ena, 1 9 7 6 , S . 1 4 . 2 0 SAA, I, L 8 3 , Bd. I I , Blatt 70. 2 1 SAA, I , L 8 3 , Bd. II, Blatt 74. 22 SAA, I, L 8 3 , Bd. I I , B latt 7 5 . 2 3 SAA, I , L 8 3 , Bd. I I , Blatt 7 9 .

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Einleitung

1 948) einen "bedauerlichen Mißgriff" getan, denn "Haußner war em zänkischer Mensch , der mit allen seinen Kollegen in offener Fehde lebte. " 2 4 Mit der Berufung als ordentlicher Professor wurde A. Gutzmer auch Mitd irektor des Mathematischen Seminars ( neben J . Thomae ) . G. Frege beginnt sich aus der Mitarbeit am Seminar zurückzuziehen . Vielleicht hat zunächst nur eine Rolle gespielt , die geometrischen Themen zugunsten anderer einzuschränken, um den sich erwei­ ternden Lehrgegenständen gerecht werden zu können . Später, nach 1 90 3 , wird bei G. Frege wohl noch eine gewisse innere Bereitschaft zum Verzicht auf seine Mit­ arbeit an der Arbeit des Seminars hinzugekommen sei n. Eine gewisse Auskunft über die damalige Situation geben S chreiben, die im Zusammenhang mit dem Antrag von R . Haußner aus dem J ahre 1 906 stehen , ihm eine Assistentenstelle zu bewilligen . Der Universitätskurator von Eggeling holte sich dazu die (zustimmende) Meinung von J . Thomae ein . In der schriftlichen Antwort von J . Thomae vom 3 . 8 . 1 906 heißt es u. a. (wohl in Rücksicht auf den möglichen Einwan d , ob sich zur Erledigung der Aufgaben nicht die Professoren gegen seitig helfen könnten) : Wir haben j a nun noch Herrn Collegen Frege hier. Leider kann ich n icht verschweigen, dass des­ sen Wirksam keit in letzter Zeit zurückgegangen ist. Die Gründe dafür lassen sich nicht sicher feststellen. Vielleicht sind sie in Freges hyperkritischen Neigungen zu suchen. 2 5

Von Eggeling gibt das in einem Schreiben vom 2 . 1 0. 1 906 an d ie Hohen Regie­ rungen so wieder : Ich hatte dieses Gesuch zunächst dem Geheimen Hofrat Dr. Thomae zur Äußerung vorgelegt , der dem gestellten Antrag 2 5 a

grundsätzlich zustimmt und dabei erklärt, daß er selbst durch körperliches Leiden genötigt sei , vom nächsten Sommer­ semester ab sich auf eine ordentliche Vorlesung (statt b isher zwei Vorlesungen) zu beschränken, und daß die Wirksamkeit des Extraordinarius für Mathematik, Hofrat Dr. Frege , in letzter Zeit sehr zurückgegangen sei. . . . Die Fürsorge für den mathematischen Unterricht an der hiesigen Universität dürfte ausreichend getroffen sein, wenn neben drei Ordinarien noch eine außer­ ordentliche Professur e rrichtet und alle drei wirklich leistungsfähig sind . Letzteres ist . . . nicht der Fall. Der Geheime Hofrat Dr. Thomae steht im 66. Lebensjahr. Er ist durch ein schweres Herzleiden in seiner Leistungsfähigkeit sehr beschränkt . Der Honorarprofessor Hofrat Dr. Frege ist noch nie ein guter Dozent gewesen , durch schweres h äusliches Leid schon gebeugt und durch hyperkritische Neigungen in der Erfüllung seiner erfolgreichen . . . 2 5 b Lehrwirksamkeit behin­ dert .' 6

Die 1 908 vom gleichen Kurator geäußerte Meinung, er könne G . Frege dessen untergeordneter Lehrtätigkeit wegen zu keiner Auszei chnung vorschlagen , hat ganz offensichtlich hier ihre , durch die allgemeine Meinung auch fortdauernd gestützte Quelle. Der H inweis auf schweres häusliches Leid ist aber korrekt , denn er bezieht sich auf den für G. Frege schmerzlichen Verlust seiner Ehefrau Margarete Frege , geb . Lieseberg ( 1 8 5 6- 1 904), d ie er am 1 4. 3 . 1 88 7 geheiratet hatte. D ie Ehe war kinder­ los geblieben. Was aber den Hinweis Thomaes auf angeblich "hyperkritische Neigun­ gen" Freges betrifft, so ist das ein bemerkenswertes Indiz dafür, wie wenig auch die damaligen Fachkollegen Freges in J ena, als deren Sprecher J . Thomae auftritt , d ie Bedeutung der R ussellschen Antinomie für die Mathematik begriffen h atten. Die 2 4 Geschichte der Universität Jena , Bd . I , J ena 1958, S . 4 7 8 . 2 5 UAJ , C 841 , B latt 7 1 . 2 5 a Der folgende Satz ist unleserlich. Nur die den Text trennende Wendung ist entnehmbar. 2 5 b Das hier stehende Wort ist in der h andschriftlichen Abschrift von Eggeling schwer lesbar. 2 6 UAJ , C 84 1 , Blatt 7 3 .

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aminomische Konsequenz aus den Grundgesetzen der Arithmetik schien ihnen wohl nur das persönliche Pech des Schöpfers d ieser Gesetze zu sein . Bessere Einsicht hätte eine andere Einstellung zu G. Frege zur Folge haben müssen . Do ppeltes Unglück bedrückte G. Frege , und noch aus späterer Zeit liegt darüber eine Aussage vor. 27 Es offenbart sich darin d ie bewundernswürdige Kraft einer großen und starken Persön­ lichkeit , wenn G. Frege nach 1 90 3 sogleich daran geht, das zu bewahren und auszu­ bauen, was er durch die logischen Antinomien nicht betroffen sieht - und sei es um den Preis neuer Kontroversen ( 1 906 erscheint bekanntlich seine Arbeit Über die G rundlagen der Geometrie , eine Auseinandersetzung mit D . Hilbert s formalistischem Standpunkt, und seine Antw ort auf die Ferienplauderei des Herrn Tho mae ) . Auf Freges Lehrwirksamkeit gibt es no ch einen "Nachruf" aus dem J ahre 1 92 2 . Paul Koebe ( 1 882 - 1 94 5 ) beantragte i n jenem J ahr eine finanzielle Besserstellung seines Assistenten in Form einer Eingabe. Der Kurator M. Vo llert leitete die Ein­ gabe am 1 7 . 2 . 1 92 2 an das Thüringische Ministerium für Volksbildung weiter, ver­ bunden mit einer Stellungnahme zu den einzelne n, von P. Koebe angeführten Grün­ den . Unter anderem schreibt er : Der Professor Frege war mit dem Professor Abbe befreundet und wurde von ihm als Gelehrter namentlich auf dem unbegtenzten Geb iete der sg. ' 7 a Begtiffsschrift geschätzt. Abbe ist deshalb dafür eingetreten , daß Frege als besoldeter Extraordinarius angestellt wurde . Als Dozent kam Frege so gut wie nicht in Betracht. Er hatte immer nur sehr wenige Hörer. Wiederholt fielen seine Vorlesungen aus, weil sich kein Hörer dazu meldete . Es war von vornherein mit der Carl­ Zeiss-Stiftung ausbedungen worden , daß die Stelle Freges, wenn sie sich erledigen würde , nicht wieder besetzt werden solle .'8

R . Haußner wandte sich zwei Tage später als P . Koebe in gleicher Sache an die­ selbe Institution und schrieb u. a . : Dass Herr Prof. Dr. Frege gar nicht mehr lehrt , ist richtig ; so überaus ich aber auch seine wissen­ schaftliche Tätigkeit schätze , so darf ich doch n icht verschweigen , dass er als Lehrer nie beson­ deren Erfolg hatte , was auch Herr Prof. Dr. Koebe so zu betonen pflegte, dass mich jetzt se in Vermissen Freges sehr überrascht .'•

Vollerts Anmerkung bestätigt , daß E. Abbe nach 1 87 9 seine Einschätzung der Begriffsschrift nicht nur revidierte , sondern sich 1 896 auch nachdrückliehst um die finanzielle Sicherung der ordentlichen Honorarprofessur bemüht hatte . Es ging ihm um die Weiterarbeit Freges unter besseren äußeren Bedingungen . Es verd ient bemerkt zu werden, d aß sich die Fakultät Abbes I nitiative nicht in den Weg stellte . Ihren Ordinarius für Mathematik, J . Thomae , hat sie nicht von der Pflicht entbunden , eine zustimmende Vorlage einzubringen. Übersieht man nochmals die Zeitperiode zwischen 1 874 und 1 9 1 9 , so erkennt man eine Um kehrung in der B eurteilung Freges durch die Fakultät . Am Anfang sieht man in ihm eine ausgezeichnete Lehrkraft , die sich dazu auch auf dem Gebiete der Forschung betätigt , am E nde anerkennt man ihn als einen bedeutenden Forscher, der sich dazu noch auf dem Gebiete der Lehre betätigt . In beiden Fällen wird das Zusätzliche negativ bewertet , und zwar in der Weise , daß es unmittelbar der Univer-

2 7 L. Kreiser, Rezension von : Gottlob Frege. Nachgelassene Schriften und wissenschaftlicher Nachlaß. 1 . Band , Harnburg 1 9 69, in : Deutsche Zeitschrift für Philosophie . Heft 4 , 1 9 7 3, S. 5 2 3 . 2 7 a D. h . : sogenannten . 2 8 UAJ , C 842, Blatt 1 5 4 - 1 5 5 . 2 9 UAJ , C 842 , Blatt 1 5 9 .

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Einleitung

sität selber nicht förderlich gewesen sei . Der " Umschlag " in der Beurteilung liegt um die J ah rhundertwende. Zu Beginn des 2 0 . J ahrhunderts wird mit der von J . Thomae schon früher einge­ führten Bezeichnung " Mathematisches Institut " ernst gemach t ; es wird 1 908 im Neubau des Universitätshauptgebäudes untergebrach t . A . Gutzmer entwarf noch die Richtlinien der Arbeitsweise des Instituts, aber die Verwaltung übernahm dann R . Haußner allein, denn sowohl J . Thomae als auch G . Frege halten sich aus ihr heraus. Bedingt durch die 1 90 3 erfolgte Gründung des I nstituts für technische Physik und angewandte Mathematik lag der inhaltliche Schwerpunkt des Mathematischen Instituts auf dem Gebiete der reinen Mathematik. Eingeleitet durch A. Gutzmer und fortgesetzt durch P . Koebe verlagert sich das Interesse von der Geometrie auf die Analysis. Wenn auch diese Entwicklung in die letzten J ahre des Wirkens Freges an der J enaer Universität fällt , so wird man sie doch berücksichtigen müssen , um seine Stellung an der Universität verstehen zu können . A. Gutzmer war Anh änger der von F. Klein angestrebten Reform des Mathematikstudiums im Sinne eines mathematischen Universalbetriebes. Freges Lehrweise wird ihm nicht sonderlich zugesagt haben , und dessen Forschungsgegenstand scheint ihm ziemlich gleichgültig gewesen zu sei n . Es haben sich jedenfalls bislang keinerlei Stellungnahmen Gutzmers zu G. Frege während seines J enaer Aufenthaltes finden lassen. D ie allgemeine, vorherrschende Beurteilung Freges schließt andersartige Meinung im E inzelfall nicht aus . E s ist vor allem E. Abbe zu nennen , der zwar zeitweilig an der Fru chtbarkeit der Fregeschen Forschung für d ie Mathematik zweifelte, aber doch wohl eben , weil er von der außerordentlichen mathematischen Befähigung seines ehemaligen Studenten überzeugt war. D ieser Überzeugung hat er in seinem Gutachten zu Freges Habilitationsschrift Ausdru ck verliehen . Das Urteil , das er ab­ gibt , charakterisiert die Denkweise Freges, wie sie uns auch in dessen späteren S chriften begegnet . Es seien daher mit diesem zeitli ch zwar am Anfang stehende n , d e r Sache nach aber für d i e gesamte Forschungstätigkeit Freges Gültiges aussagen­ dem Gutachten von E. Abbe die Betrachtungen zu dem eingangs genannten Thema abgeschlossen : Die Abhandlung des Herrn Dr. Frege über , . R ecbnungsoperationen 29� die sieb auf eine Erwei· terung des Grössenbegriffes gründen " betrifft einen Gegenstand von grossem und weitreichen­ dem Interesse. Der Verf. geht auf nichts Geringeres aus als darauf: Begriffe zu construiren, mit deren Hilfe Functionen veränderlicher Grössen, über ihre analytischen Ausdrücke hinweg, einer directen quantitativen Bestimmung und Vergleichung unterworfen und durch welche gegenüber der Mannichfaltigkeit möglicher Functionsformen neue Merkmale der Unterscheidung und Ord­ nung gewonnen werden sollen . Er stellt - so zu sagen - eine Genesis der Functionen auf, indem er in der fortgesetzten Wiederholung irgend welcher, algebraischer oder geometrischer Operation einen Process nachweist , durch welchen alle Functionen auf conforme Weise erzeugt gedacht werden können. Durch eine als Einleitung vorausgeschickte Erörterung über die allgemeinen Bedingungen für die Anwendung des Grössenbegriffes gewinnt er die Grundlagen für eine Maass­ bestimmung an jenem recurrirenden Process und für eine Rechnungsform, kraft welcher Func­ tionen in gewissem S in ne als ein fache Objecte zu behandeln sind. In Bezug auf den entwickelten Algorithmus deducirt Herr Frege zunächst mehrere ganz allgemeine Gesetze ; er leitet sodann Methoden ab , nach welchen derselbe an Functionen einer Variabelen und an solchen von belie­ big vielen Variabelen zur Ausführung zu bringen ist ; endlich zeigt er in zah lreichen Anwendun­ gen , die theils umfassendere Probleme, theils ganz speciell gefasste analytische Aufgaben betref­ fen , wie diese Fußetionsrechnung als Hilfsmittel der mathematischen Untersuchung fruchtbar zu machen sei. •• a Ein Versehen von E . Abbe, es heißt : Rechnungsmethoden .

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E s ist nicht wohl möglich , über die eigentliche Tragweite und die wissenschaftliche Bedeutung der in dieser Arbeit entwickelten Ideen ein endgiltiges Urtheil abzugebe n . - Was der Verf. b ietet ist ohne Zweifel schon so , wie es vorliegt , in hohem Grade beachtenswerth - durch die Neuheit und E igenthümlichkeit der geltend gemachten Gesichtspunkte , durch den Reichthum an scharf­ sinnigen Ausführungen und durch die überraschenden Beziehungen zwischen entlegenen Gebie­ ten der Analysis, welche dabei zu Tage trete n . Ob aber die Untersuchung des Herrn Frege noch mehr sei als ein kühner und geistreicher Versuch , der sich mit dem Gebotenen im Wesentlichen erschöpft hat ; ob sie den Keim zu einer umfassenden neuen Betrachtungsweise enthält, die in ih rer vollständigen Durchführung eine dauernde Bedeutung für die mathematische Analysis er­ langen würde - wo nach zu fragen die Höhe des gesteckten Zieles und die vom Verfasser selbst eröffneten Perspectiven sehr bestimmt herausfordern - darüber kann doch nur eine viel weiter gehende und mehr systematische Verfolgung der eingeführten Ideen und die Erprobung ihrer Tragweite an neuen Aufgaben die E ntscheidung bringe n . Wie dem aber auch sein mag - was in keinem Falle zweifelhaft bleibt ist , dass die in Rede stehende Arbeit in allen Stücken die Signa­ tur wirklicher Originalität und ungewöhnlicher erfin derischer Kraft an sich trägt . In der Fassung des Problems und in der Anlage der Untersuchung zeigt sich , dass der Verfasser aus dem Vollen schöpft . Mit der äusserlich etwas aphoristisch gehaltenen, in Wirklichkeit sehr durchdachten einleitenden Erörterung sucht er die R ichtschnur seiner Betrachtung in der Orientirung über die fundamentalen Probleme der Mathematik. Dabei ist seine Gedankenbewegung, obwohl dem all­ gemeinen Zuge nach verwandt mit Speculationen ähnlicher Tendenz, welche namhafte Mathe­ matiker beschäftigt haben, in ihren entscheidenden Wendungen durch aus selbständig und eigen­ artig. - In der Entwickelung seiner Idee geht er überall von umfassenderen Gesichtspunkten zum Einzelnen herab . Die Art aber, wie im Fortgang der U ntersuchung die allgemeinen Gedanken in die m athematische Detailarbeit eingreifen, bekundet die Fähigkeit des Verfassers, sich zu einer ausserordentlichen Höhe der Abstraction zu erheben und dabei seine Begriffe so fest und so bestimmt zu halten, dass sie sich noch da als kräftige Handhaben des Denkens erwe isen , wo sie, flüchtig angesehen, schon fast inhaltsleer geworden scheinen. - Auf der andern Seite sind die zahlreichen mathematischen Entwickelungen , in denen Herr Frege seine Methoden ausarbeitet oder an einzelnen Aufgaben anwendet , fast ebenso viele bemerkenswerthe Beispiele feiner und scharfsinniger Analysis, welche das specifische math ematische Talent des Verf. in nicht weniger günstiges Licht setzen , wie die Composition des Ganzen seine Befähigung zu aufbauender Ideen­ verb indung. Endlich aber darf auch nicht unerwähnt bleiben die ansehnliche Gelehrsamkeit, die - in der qualifi cirten Form eines durchgearbeiteten und gebrauchsbereiten Wissens - sich docu­ mentirt in der Umsicht , mit welcher der Verf. bei seinen Ausführungen die verschiedenart igsten Themata in den Kreis seiner Erörterung zieht, so wie in der Freiheit und Sicherheit, mit der er die H ilfsmittel der Analysis seinen Zwecken dienstbar zu machen weiss. Gegenüber dem bedeutenden Inhalt würde es wenig angemessen sein , in Bezug auf die Form des Gebotenen um Nebendinge zu rechte n . Genug also , dass die Darstellung '.n der Abhandlung überall kl ar , bündig und präcis befunden wird und durchweg die vollkommene Herrsch aft des Verf. über die schwierige Materie , die er behandelt , zu Tage treten lässt . Dr. Ernst Abbe 30 J ena, März 30 , 1 874 .

Aus den Proto kollbüchern der Mathematischen Gesellschaft zu Jena kom men nachfolgend eine Reihe vo n Vorträgen Freges zum Druck. Es werden daher ein ige Bemerkungen zu dieser Gesellsch aft angebracht sein. Diese Gesellschaft war keine rechtliche I nstitutio n, sondern eine statutenfreie, vornehmlich auf Mathemat i k gerichtete Interessengemeinschaft auf d e r Basis einer Teilnehmerliste . D i e freiwilli­ gen Zusammenkünfte erfuhren durch die eigenhändigen Proto kolle der Vo rtragenden über ihr Thema sowie eine ab 1 8 5 9 eingeführte Sammlung der eigenhändigen Bio­ graphien jedes Teilnehmers ( dem sogenannten Album, das leider bis heute nicht auf­ gefunden werden konnte ) eine gewisse Ritualisierung, die ergänzt wurde durch eine Gedenkfeier anläßli ch jedes vollen Hundert in der laufenden Zählung der Vorträge . Sechs Erinnerungshefte , die anläßlich dieser Geden kfeiern erschienen ( 1 8 5 9 , 1 86 2 , 1 86 5 , 1 870, 1 87 7 , 1 8 8 2 ) geben Auskunft über diese Feiern , das Ritual betreffende 30 UAJ , M 639, Blatt 1 48 - 1 50.

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Einleitung

Veränderungen , über bemerkenswerte Vortragende, dazu eine Übersi cht über die Themen der Vorträge , eine Aufzählung der eingeschriebenen Teilnehmer und Nach­ rufe auf verstorbene Teilnehmer. D ie letzte Sammlung gibt nur noch eine Aufzäh­ lung der von 1 87 7 bis 1 88 2 gehaltene n, in der laufenden Zählung auf 800 ange­ wachsenen Vorträge . D ie Gründung der I nteressengemeinschaft geht auf H. Schaeffer zurück, in dessen Wohnung sich im November 1 8 5 0 Mathematikstudenten trafen, um s ic h in einem Forum im Vortrag u nd in de r wissenschaftli chen Diskussion z u üben . 3 1 Studierenden jüngerer Semester wurde da s Thema vorgegeben , während Studenten höherer Semester bzw . Teilnehmer mit einem abgeschlossenem Studium (das ni cht notwendig ein mathematisches sein mußte) darin freie Hand hatten. Auch E. Abbe nutzte die Möglichkeit des Vortrages. Durch H. Schaeffer ganz auf Auf­ gaben bezogen , die ab 1 8 80 das Mathematische Seminar zu erfüllen hatten , erwu chs der Gesellschaft in diesem eine Kon kurrenz , in der sie unterlag. Sie hat wenigstens noch bis 1 8 84 bestanden , denn im Bericht über das Mathematische Seminar aus diesem J ahre findet sich noch der Hinwei s : "Die mathematische Gesellschaft setzte 2 ihre Wirksamkeit unter Leitung des Prof. Schäffer in gewohnter Weise fort . " 3 Es sollen nun no ch einige Anmerkungen über den I nhalt der zum Abdruck kom­ menden Aufzeichnungen folgen. Wir beginnen mit der Vorlesung : A nalyt. (ische] Geometrie nach neuer. [en ] Methode n , die G . Frege im Wintersemester 1 874/7 5 hielt . Wie schon erwähnt, handelt es sich dabei um eine von R. Schröpfer angefer­ tigte Nachschrift . Es folgen unter 2 . Bemerkungen z u Freges Vorträgen in d e r Mathematischen Ge­ sellschaft und unter 3. Bemerkungen zu Freges Tätigkeit im Mathematischen Seminar. 1 . Freges Vorlesung Frege geht von dem d amals gerade aktuell gewordenen Begriff der geometrischen Verwandtschaft aus , einem B egriff, der später von Felix Klein ( 1 849 - 1 9 2 5 ) im Zu­ sammenhang mit der I nvariantentheorie geometrischer Transformationsgruppen zum zentralen B egriff der Geometrie wurde. E r betrachtet mit analytischen Mitteln die Verwandtschaft zweier Geraden , indem er rationale Funktionen untersucht , d ie eine umkehrbar eindeutige Abbild ung der Punkte einer Geraden auf die Punkte einer zweiten Geraden herstellen . Er geht aus von der Kongruenz und zeigt, daß der Abstand zweier Punkte invariant ist. Anschließend betrachtet er die Ähnlichkeit, bei der das Ab standsverhältnis, bestimmt durch je drei Punkte und deren Bild­ punkte , ungeändert bleibt. Schließlich wendet er sich der Projektivität zu und führt durch analytische Betrachtungen auf jeder Geraden genau einen unendlich fernen Punkt ein. Er geht damit zu projektiven Geraden über und führt homogene Koordi­ naten ein. Anschließend zeigt er die I nvarianz des Doppelverhältnisses. E s folgt dann der Hinweis, daß Ähnlichkeit und Kongruenz Spezialfälle der Projektivität sind. Dann schließen sich Untersuchungen der 6 Werte des Doppelverhältnisses bei den möglichen 2 4 Permutationen der 4 Punkte an. Desgleichen zeigt er, daß bei 3 1 Erinnerungsbliitter der Mathematischen Gesellschaft zu Jena , herausgegeben von H. Schae{­ fer, J ena 1 8 5 9 , S. 1 ff. 3 2 Mathematisches Seminar zu Jena. Bericht über das Jahr von Ostern 1 883 b is Ostern 1 884 , J ena 1 884, S . 7 .

I . Freges Lehre und Forschung im Urteil seiner Zeit

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harmonischen Punktpaaren sich d i e 6 Werte auf 3 Werte , nämlich - 1 , 1 /2 , 2 , ver­ ringern . Er untersucht die projektiven Abb ildungen und Doppelverhältnisse auch in homogenen Koordinaten. Schließlich führt er allgemeine homogene Koordinaten­ systeme ein und zeigt, d aß Abstandsverhältnis- und Abstandskoordinaten systeme Spezialfälle davon sind. Der Gruppenbegriff wird nicht verwendet . Mit dem Über­ gang von der Geraden zur Ebene bricht das Manuskript ab . 2 . Freges Vorträge 9. J anuar 1 87 6 Einiges über Raumcurven ( S . 5 9 3 7 - 5 946) Zunächst führt Frege eine Dualität zwischen Ebenen und Punkten im euklidischen dreidimensionalen Raum ein . Da er nicht in den projektiven Raum aufsteigt , muß er den Koordinatenursprungspunkt und alle durch diesen gehenden Ebenen von der Betrachtung ausschließen ( die dualen Elemente wären die unendlich ferne Ebene und die in ihr liegenden Punkte ) . Vermutlich aus Gründen der Verständlichkeit macht er in seinem Vortrag d azu keine Ausführunge n . Von d ieser Dualität ausge­ hen d , führt er differentialgeometrische Betrachtungen zu Raumkurven und den Tan­ gentialebenen der zugeordneten ab wickelbaren Flächen durch . Er behandelt ausführ­ lich die Schraubenlinie und zeigt , daß der Schnitt der zugeordneten abwickelbaren Fläche mit der x-y-Ebene gerade d ie Evolvente des Basiskreises des zur Schrauben­ linie gehörenden Zylinders ist . 3 . August 1 87 6 Ueber die trigon ometrischen Functionen ( S . 6 0 5 8 -607 3 ) Der I nhalt dieses Vortrages bezieht si ch auf die D arlegungen Freges i m 1 . Kapitel seiner D issertation zur Erlangung der venia docendi ( 1 87 4 ). Er behandelt darin die E rzeugung neuer Funktionen durch mehrfache Iteration einfacher Funktionen in sich selbst. In seiner Habilitationsschrift zeigt er, daß sich auch d ie trigo nometrischen Funktionen aus den dort entwickelten Funktionalgleichungen gewinnen lassen. In seinen Aufzeichnungen zu d iesem Vortrag behandelt er als Beispiel lediglich yx, ohne auf trigonometrische Funktionen explizit einzugehen . 1 1 . J anuar 1 87 7 Einiges aus der Substitutionentheorie ( S . 6094-6099) Frege befaßt sich in d iesem Vortrag mit der Darstellung von Substitutionen ( heute üblicherweise als Permutationen bezeichnet) durch geordnete Folgen von Transpositionen (Vertauschungen benachbarter Elemente ) . Er führt den Begriff des Zyklus und der Ähnlichkeit ( innere Automorphismen der Permutationsgruppen) ein . Als Beispiele betrachtet er die symmetrische Gruppe S 3 ( merkwürdigerweise ohne Einselement) und deren geometrische Veranschaulichung. 6. Dezember 1 87 7 Ueber Invarianten ( S . 6 2 5 7 -6262 ) Frege führt zunächst aus, daß jede Transformation eines Raumes auch als Koo'r­ dinatentransformation angesehen werden kann. Geht man von den einer gewissen geometrischen Verwandtsch aft zugeordneten Transformationsformeln aus , kann

344

E inleitung

von einer gegebenen geometrischen E igenschaft nachgeprüft werden , ob sie invariant ist . Dieser Gedanke war bereits von Felix Klein bei seinem Eintritt in die philoso­ phische Fakultät 1 87 2 in Erlangen in ausgereifter Form zur Definition der Geo­ metrie als I nvariantentheorie der zugehörigen Transfo rmationsgruppe unter dem Titel " Verglei chende Betra chtungen über neuere geometrische Forschungen" ( als " Erlanger Programm" bekannt) entwi ckelt worden, jedo ch erschien die Arbeit erst 1 89 3 in Band 43 der Mathematischen Annalen. Am Beispiel der Projektivität auf einer Geraden zeigt Frege , daß das Doppelver­ hältnis bei projektiven Transformatio nen invariant ist. Frege verwendet dazu homo­ gene Koordinaten . 9 . J anuar 1 87 9 Ueber die unendlichfernen Kreispunk te ( S . 6407 -64 1 3 ) I n diesem Vortrag geht Frege von der bekannten Kreisgleichung aus und gewinnt durch Grenzübergang, ohne Erweiterung der euklidischen Ebene zur projektiven Ebene, die beiden Kreispunkte , die er deshalb als (konjugiert komplexe) Richtungen in der euklidischen Ebene deutet . Er verwendet also , o hne es zu sagen , die umkehr­ bar eindeutige Abb ildung der unendlich fernen Punkte auf die Richtungen der Gera­ den in der affinen Ebene und erweitert d iese auf komplexe E lemente . Er zeigt , daß jeder Kreis der euklidischen Ebene durch diese beiden Kreispunkte geht, und daß Geraden, die durch die Kreispunkte gehen ( d . h. die ausgezeichneten Richtungen tan .Po = i, tan .p1 = -i haben ) , j ede andere Gerade unter dem gleichen Winkel schnei­ den . (Man nennt diese Geraden deshalb auch isotrop , weil je zwei von ihnen bei jeder D rehung um ihren S chnittpunkt invariant bleiben . ) D ieser Zusammenhang wurde 1 8 5 3 von E. Laguerre (CEuvres I I , S. 9 - 1 3 ) entdeckt. Frege faßt dann ein System von Kreisen als ein System von Kegelschnitten auf, die sämtlich durch zwei ( imaginäre ) Punkte gehen . I ndem er bemerkt, d aß sich innerhalb der analytischen Geometrie imaginäre Punkte von den reellen nicht prinzipiell unterscheiden , über­ trägt er einen bekannten Satz über gemeinsame Potenzlinien von Kreisen auf drei Kegelschnitte, d ie sich sämtlich in zwei Punkten schneiden. Dabei verwendet e r still­ schweigend d ie I nvarianz der I nzidenz auch bei komplexen projektiven Transforma­ tionen . Abschließend leitet Frege in seinem Vortrag d ie gleichfalls schon von Laguerre gefundenen Beziehungen zwischen dem Winkel zweier Geraden und dem natürlichen Logarithmus des Doppelverhältnisses dieser beiden Geraden und den beiden durch den S chnittpunkt gehenden isotropen Geraden her. 2 9 . J anuar 1 880 Ueber eine k ombinatorische A ufgabe (S. 6 5 69 -6 5 7 0 ) Frege befaßt sich in d iesem Vortrag m i t einer Aufgabe d e r ebenen kombinatori­ schen Topologie. Er teilt Lösungen in Klassen ein und ordnet jeder Klasse von Lösungen ebene Figuren zu . E iner dieser Klassen entspricht dabei die Figur zum Satz von Desargues (bei Frege " Satz der perspektivischen Dreiecke " genann t ) . Voll­ ständigkeitsbetrachtungen werden dabei nicht durchgeführt. 2 0 . J anuar 1 8 8 1 Ueber ein System von vier Punk ten i n der projectivischen Geometrie ( S . 6686) Über diesen Vortrag liegt nur eine kurze Bemerkung von Frege vor.

I I . Editorische Bemerkungen

345

3 . Freges Tätigkeit im Mathematischen Seminar Über die J ahre von 1 8 8 3 bis 1 904 liegen mit Gewißheit von G. Frege selbst stam­ mende Beri chte von sehr unterschiedlicher Ausführlichkeit über von ihm durchge­ führte mathematische Seminare vor. Sie kommen hier n icht zum Ab druck, da sie bereits unter dem allgemeinen Titel "Mathematisches Seminar zu J ena, Bericht über das J ahr von . . . Ostern bis Ostern . . . " von J . Thomae in J ena publiziert worden si nd. Wir geben nur die behandelten Themen an : 1 88 3 /84 : Determinanten . 1 88 5 /86 : Analytische und projektive Geometrie. 1 886/87 : Umkehrbar eindeutige Abbildung reeller Punkte einer Geraden auf die eines Kreises b zw . komplexer Punkte auf die einer Kugel . 1 88 7 /88 : Mechanik. 1 88 8 /89 : Konforme Abb ildungen . 1 88 9 /90 : Grundlagen der höheren Analysis unter Verwendung von Dedekinds Schrift : "Was sind und was sollen die Zahlen ? " . 1 890/9 1 : Büs cheltheorie unter Verwendung von Punkt- und Geradenkoordina­ ten , Untersuchungen über Doppelverhältn isse auch im Zusammenhang mit Kurven 2. Ordnung, KegelschnittbüscheL 1 89 1 /92 : Projektive Erzeugung von Kegelschnitten , Sätze von Pascal und Brian­ chon . Erzeugung von Kurven 3 . Ordnung . 1 89 2 /9 3 : Spezielle Integrale in d e r komplexen Ebene . 1 89 3 /94 : Winkeltreue Abb ildungen und gebrochene lineare Funktionen einer komplexen Variablen . 1 894/9 5 : Analytische Geometrie des Raumes . 1 89 5 /96 : I nvarianten und Kovarianten von Kegelschnitten. 1 89 6 /97 : Differentialglei chung d e r schwingenden Saite und für die Bewegung einer kompressiblen Flüssigkeit. 1 89 7 /9 8 : Winkeltreue Abb ildunge n, Riemannsche Flächen. 1 89 8 /9 9 : Kinematik. 1 900/0 1 : Himmelsmechanik. 1 90 1 /02 : D ifferentialglei chungen Potentialtheorie. 1 90 2 /0 3 : Differential- und I ntegralrechnung. 1 90 3 /04 : Abbildungstheorie . 1 904/0 5 : Analytische Geometrie.

I I . Editorische Bemerk ungen S o , wie die Do kumente (bzw. Textstellen aus Dokumenten) , werden auch die Vorlesungsnachschrift und die Vorträge ohne Anglei chung an die heutige Schreib­ weise abgedruckt. Zusätze, die z . B . ein fehlendes Wort oder ein Komma in den Text ei nschieb e n , sind durch ein eckiges Klam mernpaar angeze igt . Bezüglich der Zei chensetzung geschah ein solcher Zusatz nur dort, wo das Fehlen eines Kommas die Lesbarkeit unnötig beeinträchtigt . Gewisse Abwei chungen von der ursprünglichen Textanordnung waren unvermeidlich . Auch sind der besseren Lesbarkeit wegen die

3 46

Einleitung

in Formeln und im Text gleichermaßen vorkommenden lateinischen und griechischen Buchstaben kursiv gesetzt . Ab kürzungen , die R. Schröpfer in der Vorlesungsnachschrift vornahm, wurden an Stellen , an denen ein Leser, dessen Muttersprache nicht die deutsche Sprache ist , Schwierigkeiten haben könnte, in einer Fußnote durch den vollen Wortlaut wieder aufgelöst. Eingefügte senkrechte Trennstriche geben den Übergang der Manuskript­ blätter 1 -2 8 an . D ie Seitenzahlen der in den Protokollbänden abgedruckten Vorträge Freges sind im vorstehenden Text bei der kurzen Inhaltsangabe der Vorträge vermerkt. Da die Seitenzählung durchgängig ist, ist auf eine Bandangabe verzichtet worden .

NAC H S C H R I FT E I N E R VO R L E S UN G Analyt . G eo m etrie n a c h neu er . Methoden. [Wintersemester 1 87 4/7 5 ]

Dr. Frege

Hauptgegenstand : Lehre von der Verwandtschaft der Figuren. Sie wird analyt. abgehandelt mit Zuhilfenahme des sogen . homogenen Coordinatensystems, von dem die Figuren so viel als möglich loszulösen sind. Gehn wir sogleich über zur Betrachtung der Verwandtschaft zweier Geraden. Wir setzen dann eine Verwandtschaft zwischen zwei Geraden fest, wenn wir jedem Punkte der einen Geraden einen und nur einen Punkt der anderen Geraden zuord­ nen ; dies geschieht z. B. bei den Geraden G und G ' so, dass ich auf beiden einen Nullpunkt festlege und + G' 0'

z'

A 0

+ G

z

zweitens den Sinn ( + - ) angebe, dann sind z . B . z u n d z ' einander zugeordnet durch die Gleichung I z' = A + z od. z = - A + z'

D iese Art der Verwandtschaft nennen wir diejenige der Congruenz . Eine Verallgemeinerung erhalten wir schon sobald gesetzt wird : z ' = A + Bz so dass dann für 2 Punktpaare z0 und z0 und gilt : z 0 = A + Bz0 z ! = A + Bz 1 z ! - z 0 = B (z 1 - z o ) Z J - Zo

z 1 - z0

--

= B = const . [ , ]

so dass dann die Constante des Abstandsverhältnisses massgebend für die Verwandt­ schaft wird . Wir nennen d iese Art der Verwandtschaft die Aehnlichkeit . Da ob ige Gleichung z ' = A + Bz zwei Constante hat , so sind zu deren Bestimmung offenbar zwei Glei­ chungen von der Form z 0 = A + Bz0 z ! = A + Bz 1

nöthig.

3 48

Analyt . Geometrie nach neuer. Methoden

Für die Const. B erhielten wir und für A folgt : A =

z 1 z 0 - z 0z i z l - zo

so dass wir schreiben :

Nehmen wir noch einen dritten Punkte hinzu [ , ] z und z ' [ , ] so kommt : Z - Zo z - z1

z ' - Zo z' - zi

1 d . h. die Abstandsverhältnisse sind einander gleich . Fragen wir nun [ , ] welches ist die nächst zusammengesetztere Form einer algebr. Gleich ung[ ,] die eine Verwandtschaft repräsentiren kann und nehmen wir z . B . die Gleichung : z ' = A + Bz + Cz 2 + Dz 3 + . . . so sehen wir sogleich, dass wohl bei gegeb . z ein eindeut. Werth für z ' resultirt [ , ] aber nicht umgekehrt bei gegeb . z' ein eindeut. Werth für z ; das widerspricht aber unse­ rem Begriffe von Verwandtschaft und deshalb sind solche Gleichungsformen von vornherein auszuschliessen. I E ine eindeutige Lösung ergiebt aber folgende Gleichungsform : , A + Bz z = C + Dz ' ---

0

A - Cz ' z = --:::---::::--; _B + D z '

Diese Art der Verwandtschaft heisst d iej enige der Proj ektivität . Um uns eine Vorstellung von derselben zu machen wählen wir einige Zahlenbei­ spiele : , 2 + 3z z = --1 + 2z

1 An dieser Stelle ist offensichtlich eine kleine Lücke in der Nachschrift , denn die Formel folgt nicht unmittelbar aus der vorhergehenden Zeile . Man erhält sie etwa aus der Darstellung der Konstanten B durch Verwendung von je zwei Punkt­ paaren , die aus den Punkten z, z 0 , z i > bzw. z ', z 0 , z j gebildet werden : B=

z ' - zQ z - z0

--

woraus die Formel unmittelbar folgt .

und

349

Analyt . Geometrie nach neuer . Methoden

z 0 2 3

z' 2 1 ,67 1 ,60 1 ,57

z

0 + 1/2 1/4

3

2

1

0' 00 - 1 14 -- 1 /2 00 -

z'

00

1 ,5 5 /2 00 3 /2

0

G

G'

Man sieht[ , ] dem unendl. fernen Punkte z entspricht der Punkt z ' = 1 , 5 , ohne Unter­ schied [ , ] o b ± 00 , und umgekehrt dem unendl. fernen Punkte z ' entspricht der Punkt z = 0 5 Wir reden nur von einem unendl. fernen Punkte , um hier unseren Ver­ wandtschaftsbegriff aufrecht erhalten zu können ; wenn auch bei Lichte betrachtet es Unsinn ist überhaupt von einem unendl. fernen Punkte zu reden ; denn eine Ent­ fernung setzt bekanntlich immer 2 Punkte voraus. Fragen wir jetzt nach der geometr. Bedeutung von -

,

.

A + Bz z ' = --C + Dz

B D

Q

+z

D a wir unter z einen Abstand verstehen, so liegt es nahe, uns ebenso unter a und 'Y Abstände vorzustellen ; setzen wir z 1 = -a, so stellt z - z 1 = z + a die Entf. 1 des Punktes P von z dar. 0

p

R

G

G' Ebenso z - z 2 = z +

'Y

den Abst. 2 von R zu z [ , ] sodass wir schreiben : , B (z - z 1 ) . z =- . D (z - z 2)

Wir erhalten also z ' [ , ] wenn wir das Abstandsverhältniss zweier Punkte z und z 1 multipliciren mit einer Constanten . Dies veranlasst uns zur Einführung einer neuen Bestimmungsweise der Punkte einer Geraden überzugehen. =A

1 D . h. E ntfernung.

2

D . h . Abstand .

350

Analyt . Geometrie nach neuer. Methoden

X = + , dann muss sein d. h. z liegt rechts von R d . h . z liegt links von P Z = ZJ

X = 0; X=

oo ;

}

z ausserhalb P und R

also z i n P " z in R

X = - , dann z zwischen P und R . D a X ein Abstandsverhältniss bedeutet [ , ] wollen wir dies dadurch ausdrücken , dass wir setzen : A =� = Z ZJ x2 z - z2 ' und

da es nur auf d as Verhältniss ankommt[ ,] schreibt man gewöhn!. PXJ = z - Z J

px2 = z - z 2 z Es scheint als ob diese Art der B estimmung complicirter wäre als die früher be­ trachtete ; wir brauchen j a hier zwei Punkte [ , ] mit deren Hilfe wir z bestimmen ; allein dies ist nur S chein ; denn wenn wir z durch eine Zahl ausdrücken[ , ] etwa = 3 , so müssen wir vorher messe n , d . h . eine E inheit setzen und dazu brauchen wir sicher einen zweiten Punkt, nur pflegen wir denselben nicht jedesmal anzudeuten . 0

z

1

3 Hiernach muß jede Gleichung von der Form : Ex 1 + Fx 2 = 0 einen Punkt bestim­ men ; denn es gilt : X J - F A· = = E ' x2

eine solche Gleichung heisst eine homogene Gleich. I . Grades wie Ex t + Fx 1 x 2 + Gx � = 0 eine solche llten Grades heisst, denn

x 1 u n d x 2 = homogene Coordinaten .

ich kann d ieselbe auch so darstellen :

35 1

Analyt. Geometrie nach neuer. Methoden

Wie läßt sich in unserem Falle die projectivische Verwandtsch aft ausdrücken ? z ----�-----4--+-- G z

,___________-+------------r----

____

zi

zj

, z1

G'

A + Bz 1 - C + Dz 1

- -=-----==---"

p 'x } = z ' - z ! p 'x i = z ' - z i , , A + Bz P X ! = --­ c + Dz

ADz 1 + BCz - BCz 1 - ADz ( C + Dz ) ( C + Dz 1 )

(A D - BC) (z 1 - z) (C + Dz ) (C + Dz 1 )

Analog : , , (AD - BC) (z 2 - z ) p x2 = ( C + Dz ) (C + Dz 2 ) Nun ist z 1 - z = -p 'x 1 [ . ] also , , (A D + BC)p p x1 = C + Dz

x_ l_ C + Dz 1

__

, , (AD + BC)p p x2 = C + Dz Seide d ividirt : a 'x '1 =

Xt C + Dz 1 ---

z 1 und z 2 sind const . , also : a'x } = x 1 · c 1 a'xi = x 2 · c 2 J etzt wird die Verwandtsch. durch sehr einfache Formeln dargestellt. x! x Geometr. Bedeut. I ch finde das Abstandsverh . ----, aus __! [ . ] wenn ich dies mit x2 x2 cI d em const. Factor - mu I tlp . I'1c1re. . c2

352

Analyt . Geometrie nach neuer . Methoden

Letztere Relation kann ich so formuliren :

( xx iiJ ( ::)

=�=k c2

Für irgend einen anderen Punkt Y LY 2 der Geraden G und dem entsprechenden y iy :i der Geraden G ' muss ebenso gelten : yi Yi = k Y1

oder :

Yi Yi

k . ..t!.. . Y2

Da mir k gegeben [ , ] so ist durch die beiden Grundpunkte und einem dritten Punkt in jeder Geraden die Verwandtschaft vollkommen bestimmt . Denn es gilt dann ein­ fach zu setzen :

(�D (�:) (:i) ( ::) =

Wir haben in diesem Ausdrucke das (Abstandsverhältniss) Verhältniss zweier Ab­ standsverhältnisse ; J dies ist es was hier constant bleib t , und hierin haben wir wieder, was bei der projectivischen Verwandtschaft Bedingung war. Man nennt ein solches Verhältniss ein Dopp elverheiltniss oder au ch wohl ein anharmonisches . Es wird folgende Zusammenstellung am Platze sein. Congruenz Aehnlichk. Projectivität

I

1 Punktpaar " 2 3 nöthig zur vollst. Bestheit 3

Länge od. Abst . zweier Punkte Abstandsverb . Verhältn iss zweier Abstv. 2

�------�r--J

bleiben unverändert

I!

Pkt< '

� bestimmt in je einer Ger.

Hiernach ist die Aehnlichkeit nur ein specieller Fall der Projectivität (Abstverh . sind gleich ) . Gehn wir noch etwas näher auf dies Doppelverhältniss zweier Punkte z u den bei­ den Grundpunkten ein, und fragen wir[ ,] w ie verändert sich dies Doppelverhältniss, sobald ich zwei andere Punkte zu Grundpunkten wähle?

1 D . h . Punkte. 2 D . h. Abstandsverhältnisse. 3 D . h . vollständige Bestimmtheit.

35 3

Analyt. Geometrie nach neuer. Methoden

Bezeichne ich die Coordinaten des Punktes x im Bezug auf das alte S ystem ( 1 , 2 ) mit � 1 und h im Bezug auf das neue ( 1 , 1 1 ) mit x 1x2 , und die I Coo rd inaten des neuen Systems im Bezug auf das alte mit a 1 a2 ; b 1 b 2 : 1

2

G

so gili: nach Seit[e] 7 [hier S . 3 5 0] : a� 1 = z - � �

1)

a� 2 = z - �2

2)

z =

z 1 x2 - z 2x 1 Xz - X I

Setzen wir den Werth von z und � 1 i n 1 ) ein so kommt :

=

z 1x2 (a2 - a 1 ) - z 2x 1 (a z - a 1 ) - z 1a2(x 2 - x 1 ) + a 1 z 2 (x2 - x 1 ) (x2 - x 1 ) (a2 - a 1 ) z 1x2a2 - z 1 x 2a 1 - z 2x 1a 2 + Z zX Ia i - z 1 a 2x 2 + z 1a2x 1 + a 1 z 2x2 - a 1 z 2x 1 (x2 - x 1 ) ( a 2 - a 1 ) -a2z 2x 1 - a 1 z 1x 2 + a 1 z 2x 2 + a2z 1x 1 (x2 - x 1 ) (a2 - a 1 )

7

a� I =



(a2x 1 - a 1 x 2 ) (z 1 - z 2 ) (x2 - x 1 ) (a2 - a 1 ) �

Analog :

daraus folgt durch D ivision

l

b2

x2

b1 X1 bz - b i

1

354

Analyt. Geometrie nach neuer. Methoden

Als Verhältniss des Abstandsverhältnisses 1 ergiebt sich dann hieraus :

oder abgekürzt :

a 2x 1 - a 1 x 2 b 2x 1 - b 1 x 2 a 2Y t - Y2 a ! b 2JI ! - b tY2

(a 2 x 1 - a 1 x 2 ) ( b 2J1 1 - b tY2 ) (b 2 x 1 - b 1 x2) (a2J1 1 - a 1y2 )

(a, x, b , y )

Yt

Die 24 mögt . Doppelverhältnisse die hier möglich sind , zerfallen in 4 Ordnungen, so dass die Permutationsformen einer jeden Ordnung immer mit demselben Elemente 2 anfangen. So würden z . B. die Permut. Formen [ . ] deren Anfangselement a ist , heis­ sen :

a x b y a x y b

1 -

a b x y

1 - a

a b y x a

y

b

x

a y x b

1

--

1 - a

Q = --

a - 1

a - 1 1

=1

1 - a

1 Man würde wohl besser sagen : Verhältnis der Abstandsverhältnisse .

2 D . h . Permutations-Formen .

Analyt . Geometrie nach neuer . Methoden

355

Nennen wir das erste Verhältnis = a, so ergiebt sich für die anderen dieser Ordnung Folgendes : I Vertauschen wir gleichzeitig x m it b und b mit x , so kommt : (a2b 1 - b 2a 1 ) (x 2Y 1 - X J..Y 2 ) - (b 2x 1 - b 1 x 2 ) ( a 2.)' 1 - a 1Y2 ) a 2b 1 x2.)' 1 - a 1 b 2x 2Y 1 - a 2b 1x ly2 + a 1 b 2x 1y2 - b 2x 1a 2.)' 1 + b 1 x 2a2Y 1 + b 2x 1a 1y2 - b 1 x 2a 1y2

Addiren und subtrahieren wir im Zähler

so kommt :

Ebenso finden sich die Werthe für die anderen Permutationen dieser Ordnung. Diese 6 Werthe, welche das Doppelverhältniss annehmen kann , wiederholen sich in den übrigen 3 Ord nungen. Betrachten wir jetzt einige ausgezeichnete Fälle dieses Doppelverhältnisses. Setzen wir zunächst J dasselbe = + 1 , dann würden zwei Punkte zusammenfallen : �I �2

Tl !

= 1 '·

T/2

Ist das Verh . = - 1 , dann nennen wir die 4 Punkte harmonische Punkte . Dieser Fall ist dadurch ausgezeichnet, dass die 6 Werthe nicht alle von e:nander verschie­ den , sondern zum Theil gleich werden ; denn es kommt : 1 -a Q

1

Q

2 -1 -1

1 1 =1 -a 2 Q

a- 1

1 =2

a - 1

2

Q

356

Analyt . Geometrie nach neuer. Methoden

In diesem Falle muss der eine Punkt immer zwischen a und b liegen , der andere ausserhalb . Ist das Abstandsv. = + [ , ] so liegt er ausserhalb . In diesem Falle sagen wir : Die beiden Punkte a und b sind harmonisch getrennt durch x und y . Ist das Doppelverh . nicht = - 1 [ , ] , dann ist von anharmo n . Punkten die Rede. Unsere Formel für die Coordinatentransformation giebt uns die Möglichk., die Form der projectivischen Verwandtschaft auch allgem. auszudrücken : j TX j = C tX I

rxi = c 2 x 2

Beziehe ich j etzt näml. x 1 und x 2 auf neue Grundpunkte , sodass aus ihnen � 1 und �2 wird , so folgt : O� t

a 2x 1 - a 1x2 a2 - a i

0�2

b 2x 1 - b 1 x 2 b2 - b t

}

Setzen wir für c 1a2 --a2 - a i

= au

C ta i - --- = Q l 2 a2 - a i

} }

TX j

c 1 a 2x 1 - ---

a2 - a i

-

c 1a 1x2 --a2 - a i

c 2 b 1x2 x1 TX:i = c2b 2 b2 - bi b2 - b i

c 2b 2 = Q2 1 b2 - b i

- � = Q22 b2 - b l

so können wir kurz schreiben : rx j

a 1 1x 1 + a 1 2x 2

TXi

Q2 1 X 1 +

x < t> +

z

R

dt

=

o

setzen, woraus folgt s =

R x (t)

- --

dx (t)

dt

x

'

= .p(t)

x (t) -

-­ d.p ( t ) dt

u . s. w.

dx

dt

Die Differentiation nach t giebt dx'

d.p (t)

dt = ----;;tt

( )

d 2.p ( t ) d X (t) dx< t> 2 d.p ( t ) + X (t) dt dt 2 dt dt d )

dx '

dt = X (t)

[

( �� r

d 2.p ( t ) dx < t> dt 2 dt d

'J;'.

Beide Coordinaten

_

d.p ( t ) d 2x < t> dt 2 dt t)

( �� r

x

'

d.p (t) d2 x < t > dt dt 2

J

d ( t)

ist . Das­ � und y ' haben also in die :em Punkte , den

Dieser Ausdruck verschwindet , wenn X(t) selbe gilt von

X (t)

=

0

ist , ohne dass

=

0

wir durch den Werth t0 charakterisieren wollen, im Allgemeinen ein Maximum oder Minimum . Es ist dann x

x

'

= .p ( t 0 ) , =

.p ( t 0 ) ,

y' = y =

1/l ( t o ) , 1/l ( to ) .

Ein iges über Raumcurven

369

Es ist also zugleich d e r Punkt Durchschnittspunkt d e r Raumcurve mit d e r Ebene z = 0 . Diese Eigenschaft des Maximums oder Minimums von x ' und y' bedeutet , dass die Durchschnittscurve der abwickelbaren Fläche mit einer Ebene in dem Punkte einen Rückkehrpunkt hat , in welchem die Raumcurve die Ebene durchstösst ( ohne sie zu berühren , da

d�;t )

� 0 . D ie Raumcurve heisst daher auch Rück­

kehrkante ihrer abwickelbaren Fläche .

G . Frege

370

Sommerhalbj ahr 1 8 7 6 68 5 . Versammlung der mathematischen Gesellschaft am Donnerstag , den 3 ten August 1 87 6 . Ueb er d ie tr igo nometrischen Fu nctionen .

Die Betrachtung der Weisen, wie man neue Operatio nen in der Arithmetik durch VermitteJung der alten definirt, führt zu der Erkenntnis, dass es, von der blossen Zusammensetzung abgesehen, zwei Hauptgattungen giebt, nämlich erstens die Wiederholung derselben Operation, zweitens den Uebergang zur Grenze , mag d ieser nun in Form eines Integrales oder einer unendlichen Reihe oder noch in anderer Form erfolgen . Auf die erste Art wird die Multiplicatio n als Wiederholung der Addi­ tion definirt . Dies würde aber auf eine blosse Zusammensetzung hinauskommen, wenn nicht die Anzahl der Wiederholungen als das unbestimmte Object der neuen Operation angesehen würde . Dies kann wieder n u r dadurch z u r vollen Geltung kommen , dass dieses Object den Charakter einer blossen Anzahl verliert und als gebro chene, negative, verschwin­ dende Werthe annehmend , kurz als Grösse aufgefasst wird . So kann allgemein durch Wiederholung einer Operation nur dann eine neue Operation definirt werden, wenn als deren Object die Anzahl der Wiederholungen angesehen wird und dieser dann ein allgemeinerer Begriff von Grösse untergeschoben wird . Es soll nun im Folgenden gezeigt werden, dass au ch die trigonometrischen Functionen so definirt werden können . Um nun zunächst die Anzahl der Wiederholungen einer Operation durch einen allgemeineren Begriff zu ersetzen , erinnern wir uns, dass d ie wiederholte Anwen­ dung einer Operation selber eine Operation ist . Die Verschiedenheit beider Opera­ tionen kann als eine Grössenverschiedenheit aufgefasst werden , indem die Anzahl der Wiederholungen der ersten Operation , durch welche die 2te entsteht, als Ver­ hältniszahl der Grössen j ener Operationen gedeutet wird . Wir sagen demnach , dass die Grössen zweier Operationen '{! und 1/1 in dem Verhältnisse p : q stehen, wenn die erste als p-fache , die 2te als q -fache Wiederholung derselben Operation angesehen werden kan n . Es kommt d asselbe heraus , ob i ch mit einer Zahl die erste Operation und mit dem gefundenen Resultat die 2te Operation vornehme , oder ob ich auf die Zahl die 2te Operation und auf das gefundene Resultat die erste anwende '{1( 1/J (x) ) 1/J (I{J (x) ) . j ede d ieser beiden so zusammengesetzten Operationen '{1( 1/J (x) ) und 1/1 (I{J (x) ) muss als die Summe der Grössen der beiden Operationen '{! und 1/1 darstel­ lend angesehen werden. Ist nun die Nullgrösse allgemein dadurch gekennzeichnet, dass sie zu irgendeiner Grösse addirt d ieselbe nicht verändert , so ist klar , dass das Unverändertlassen als Operation, deren Grösse 0 ist, angesehen werden muss. Da zwei Grössen dann im Verhältnis 1 : - 1 stehen , wenn ihre Summe 0 ist , so stehen die Grössen der Operationen '{! und 1/1 in d iesem Verhältnisse, wenn =

=

'{1( 1/J (x) )

=

1/J (I{J(X) )

=

X

Ueber die trigonometrischen Functionen

37 1

oder wenn aus X

I(J (x)

X

= t/J ( X ) ;

folgt

d. h . , wenn die Operation t/1 dadurch aus I(J entsteht, dass ich das Resultat X von I(J zum Argumente und das Argument x von I(J zum Resultate der neuen Operatio n mache. So gewinnt man den B egriff einer Reihe von Operatio nen , deren Grössen unter einander in Verhältnissen stehen, welche durch positive oder negative Zahlen ausgedrückt werden . Wählt man eine dieser Functionen als Einheit , so kann man die Grössen aller andern Functionen der Reihe durch positive oder negative Zahlen aus­ drücken . Das Resultat X einer solchen Operation hängt ab von der Zahl x , mit wel­ cher die Operation vorgenommen wird und der Zahl n , durch welche die Grösse der Operation ausgedrückt wird : X = f ( n , x) .

Diesen Zusammenhang zwischen X, x , n kann man auch in der Form n = ( X, x)

darstellen , und kann dann zeigen , dass ( X, x) die Form tt ( X ) - tt (x) haben muss. Zufolge der Bedeutung von n muss f( n o . f( n � o x) ) = f( n o + n � o x )

sein, oder durch Elimination von � aus und

muss eine Gleichung entstehen, welche von derselben Form wie diese beiden ist und statt n0 bzgl . n 1 n 0 + n 1 enthält :

Wenn man obige beiden Gleichungen nach n aufgelöst schreibt : n o = tt ( X ) - tt W n l = t� m - tt (x) ,

s o folgt unmittelbar n0 + n 1 = tt ( X ) - tt (x) .

Es möge nun zur Function tt d ie Quadratwurzel gewählt werden. Wir haben dann n = v'X - v'X

oder X = n 2 + 2 n yx + x .

372

Ueber die trigonometrischen Functionen

D ies ist eine zweideutige Operation. Es scheint nun zunächst , als ob die zweimalige Anwendung einer solchen eine vierdeutige Operation sein müsse. Trotzdem bleibt die Operation immer zweideutig, wenn wir für n 1 , 2, 3 , . . etc. setzen. Wir untersu chen , wie sich dieser Widerspruch löst. Bringen wir unsere Glg. 1 in eine rationale Form [ , ] so erhalten wir X 2 - 2 Xx + x 2 - 2 n 2 (X - x) + n 4 = 0 . .

D i e zweimalige Anwendung unserer Operation ist n u n gleichbedeutend mit d e r Eli­ mination von � aus und oder aus

4 2 2 2 �2 - 2 (X + n ) � + X - 2 n X + n = 0 4 2 2 2 �2 - 2 (x + n ) � + x - 2 n x + n = 0

woraus folgt 2 (X - x - 2 n ) (X - x) 2 (X - x) 2 2 2 2 2 2 (X - n ) (x + n ) - (x - n ) (X + n ) � 2 = + ....:...._ __:__:__----:':-....:. : ..._ __:___:_ :__ X-x 2 e (X + X - 2 n 2 ) (x + n 2 ) - (x - n 2 ) (X - x ) = X-x = +

_

__

Folglich

2 2 2 2 2 2 2 2 (X + x - 2 n ) (X - x) - 4 ( (X + x - 2 n ) (x + n ) - (x - n ) (X - x ) ) = 0.

Diese durch Elimination von � entstandene Gleichung zerfällt in 2 (X - x) = 0 und

2 4 2 2 X + x - 2 Xx - 8 n (X + x) + 16 n = 0,

von denen die letztere aus der ursprünglichen Gleichung durch Verdoppelung des n hervorgeht , während die erstere dem Werthe n = 0 entspricht. Dies ist offenbar da­ vo n eine Folge, dass die Gleichung 4 2 2 2 X + x - 2 Xx - 2 n (X + x) + n = 0 durch die Vertauschung von X und x sich nicht ändert, oder, was dasselbe sein muss, bei der Verwandlung von n in -n d ieselbe bleibt. D ie Grösse der durch die Gleichung 1

D . h . Gleichung.

373

Ueber die trigonometrischen Functionen

dargestellten Operation kann daher sowohl als +n wie als - n aufgefasst werden. Die zweimalige Anwendung der Operation kann daher folgenden Grössen n

+ n

n - n --n + n -n - n

2n,

=

=

=

0, 0,

=

-2n

besitzen, v o n denen d i e erste u n d letzte in d e r Gleichung X 2 + x 2 - 2 Xx - 8 n 2 ( X + x) + 1 6 n4

=

0

die mittleren in der Gleichung (X - x) 2

=

0

vereinigt sind . Nur die erstere kann als Darstellung derjenigen Operation aufgefasst werden , deren Grösse das Doppelte der ursprünglichen Operation ist, weil im 2ten Falle diese Operation nicht beide Male in derselben Weise , sondern einmal als posi­ tiv , das andre Mal als negativ aufgefasst ist. Hieraus ergiebt sich die Möglichkeit einer zweideutigen Operation, deren Wiederholungen auch zweideutig sind , eine E igenschaft , welche die Aufstellung der allgemeinen Form der durch diese Wieder­ holungen entstehenden Operationen wesentlich erleichtert . Die Bedingung für dies Verhalten ist, dass die Operation durch eine sowohl in X als x quadratische und in diesen Grö ssenzeichen symmetrischen Gleichung defin irt sei. D ie allgemeinste Form einer solchen Gleichung ist c 22X 2 x 2 + c 2 1 (X 2 x + Xx 2 ) + c 2 0(X 2 + x 2 ) + c uXx + c w(X + x ) + coo 0 . =

Es möge hierin x x0 gesetzt werden u n d d i e beiden h ieraus fo lgenden Werthe vo n X mögen sein x 1 und x_1 • Setzen wir nun x 1 statt x ein , so fo lgt aus der Symmetrie der Gleichung für X und x , dass ein Werth von X gleich x0 sein muss ; der andere möge x 2 sei n . Setzen wir für x x_1 in die Gleichung ein, so muss ein Werth von X gleich x0 sein ; den andern nennen wir x_2 . Hieraus sieht man , dass die zweimalige Anwendung der durch die Gleichung dargestellten Operation auf eine Zahl zweimal wieder auf d iese zurückführt , weiter aber noch zwei andere Werthe ergiebt . Dies kann man auch so ausdrücken : D ie Elimination von � aus c 22 x 2 e + c 2 1 (X 2 � + X� 2 ) + C 2o (X 2 + e> + c u X� + c w(X + �) + C oo 0 =

=

und c 22 e x 2 + c 2 1 ( � 2 x + �x 2 ) + c 20 ( � 2 + x 2 ) + cu �x + c 10( � + x) + c 00 ergiebt eine Gleichung, welche zerfällt in (X - x )

2

=

=

o

0

und in eine in X qu adratische Gleichung. D iese Gleichung muss für X und x symme­ trisch sein . Wir haben eben gesehen, dass für x x0 eine Wurzel von X x_2 ist . Es lässt sich umgekehrt zeigen , dass für x x 2 eine Wurzel von X x0 ist . Wenn wir näm­ lich in die ursprüngliche Gleichung x_2 für x einsetzen , so muss eine Wurzel von X =

=

374 x_1

Ueber die trigonometrischen Functionen

sein, und setzen wir wieder Gleichung, welche mit

x_1

für x ein , so muss eine Wurzel von X x0 sein. Die (X - x)

2

=

0

zusammen das Eliminationsresultat ausmacht, hat demnach die Form C 22 X 2 x 2 + C 2 1 (X 2 x + Xx 2 ) + C 2o (X 2 + x 2 ) + C u Xx + C w(X + x) + Coo

=

0

und muss als Darstellung der Operation aufgefasst werden, deren Grösse das Dop­ pelte der durch die ursprüngliche Gleichung ausgedrückten ist .

375

Winterhalbjahr 1 87 6 - 7 7 69 1 . Versammlung der mathematischen Gesellschaft . Donnerstag , den 1 1 ten J anuar 1 87 7 . E i n iges au s der S u b st itutio nentheorie .

Es wurde zunächst der Begriff der Substitution erläutert , und gezeigt , wie eine Substitution , auf das E rgeb nis einer 2ten angewendet , wiederum eine Substitution ergebe. An einem Beispiele wurde ferner gezeigt , wie sich durch Transpositionen je zweier in der Ursteilung benachbarter Elemente jede Substitution herstellen lasse . Bezeichnet man die E lemente in der Ursteilung durch . . 4, 3 , 2 , 1 , wobei .

c

b

a

die Buchstaben a, b , c , die Transpositionen der betreffenden Elemente bedeuten. Und bedeutet ab die Substitution, d ie durch die Anwendung der Transposition b auf das Ergebnis von a entsteht , so kann man jede Substitution durch eine Reihe von absteigenden Folgen der Buchstaben a , b, c . . darstellen , vo n denen jede fo l­ gende mit einem höheren Buchstaben beginnt, z. B . .

ba

cba

dcgfe .

Ist dann a die Zahl der Glieder der mit a beginnenden Folge , " " " " " b " " ß " 'Y

"

"

c etc . , s o giebt a. 1 : + ß.2 : + -y- 3 : + . . die Stellenzahl der durch jene Substitution aus der Urform erhaltene Permutationsform in der gewöhnlichen Reihenfolge an, wenn die Urform als Ote gezählt wird . J ede Folge von solchen Transpositionen kann mit Hilfe einiger weniger Regeln in die angegebene Form gebracht werden . Es wurde der Be­ griff eines Cyclus bei einer Substitution erläutert und erwähnt, dass jede Substitu­ tion einen oder mehrere Cyclen enthalte. Weiter wurden die Begriffe einer reci pro ken Substitution und der Aehnlichkeit der Substitutionen aufgestellt, und angefüh rt , dass wenn A und A ' reciproke Substitutionen seien , die Substitution .

A BA '

der Substitution B ähnlich sei. E ndlich wurde gezeigt , w ie bei 3 und 4 Elementen, sich die Beziehungen der Substitutionen zueinander räumlich veranschaulichen lassen. Bei 3 Elementen 3, 2, 1 kann man nämlich die 5 möglichen Substitutio nen :

376

Einiges aus der Substitutionentheorie

3

1)

3 1 2

2)

2 3 1

3)

2 1 3

4)

1 3 2

5)

2 3,

4

wie die Figur zeigt [ . ] den E cken einer 6seitigen Doppelpyramide zutheilen , wobei die 3 Transpositionen den E cken des regulären 6 E cks angefügt werden. Wenn man nun z. B. zu jeder d ieser Substitutionen ähnliche b ildet, indem man die Transposi­ tion 1 vorhergehen und nachfolgen lässt, so entspricht dies einer Drehung um 1 80 ° um die Axe 1 , 1 indem 1 in 1 , 2 in 5 , 3 in 4 , 4 in 3 , 5 in 2

übergeht .

Bildet man dagegen zu diesen Substitutionen ähnliche, indem man d ie Substitu­ tion 3 vorangehen , die ihr reciproke Substitution 4 aber folgen lässt, so entspricht dies einer Drehung von 60 ° u m die Axe 3 , 4 von links nach rechts von 3 aus gesehen , da hierdurch 1 in 2 , 2 in 5, 3 in 3 , 4 i n 4, 5 in

1

übergeht .

Ebenso kann man b e i 4 Elementen d ie Beziehungen d e r Substitutionen sich ver­ anschaulichen durch folgende F igur, in welcher bei einem Würfel in den Mitten d ie Kanten die Transpositionen , in den Mitten der Seiten die doppelten Transpositio­ nen und die Substitutionen, welche aus einem Cyclus b estehen, an den E cken die Substitutionen stehen, welche aus einem Cyclus zu 3 Elementen und einem unver­ änderten Elemente bestehen 1 .

1 Die nachfolgende Zeichnung ist eine auch bei Frege nicht maßstabgerechte

Skizze .

' . E Imges aus der Substitutionentheorie

15

377

6

14

19

G . Frege

378

Winterhalbjahr 1 87 7 --78 713. Versammlung der mathematischen Gesellschaft. Donnerstag, den 6ten Dec. 1 8 7 7 . Ueber I nvar ianten

Die Verwandtschaften der Figuren stehen in einer gewissen Beziehung zu den E igenschaften derselben, indem man nämlich zu jeder Verwandtschaft eine Gruppe von Eigenschaften angeben kann, in der verwandte Figuren übereinstimmen. Für die Verwandtschaft der Congruenz sind solche E igenschaften : die Länge , der Winkel zweier Geraden, der Flächenin halt ; für die Verwandtschaft der Aehnli chkeit : Län­ genverhältnisse und Winkel. Daher lehrt die Untersuchung einer Verwandtschaft die damit auf d iese Weise verknüpften E igenschaften aufs Genaueste kennen. D ie Verwandtschaften stehen nun wieder mit den Coordinatensystemen im Zu­ sammenhang. Die Transformationsformeln für rechtwinklige Parallekoordinaten in der Ebene können zugleich aufgefasst werden als Formeln, welche die Verwandt­ schaft der Congruenz darstellen . Denke ich mir nämlich das neue Coord inatensystem mit der betrachteten Figur fest verbunden und bewege ich es nun so , dass es wieder mit dem alten zusammenfällt , so hat die F igur nur in Bezug auf das unverändert gebliebene Coordinatensystem seinen Ort geändert , oder, wie man auch sagen kann : Wir haben zwei congruente Figuren bezogen auf dasselbe Coordinatensystem. Die­ ses Zusammenfallen der Coordinatentransformationsformeln mit den Verwandt­ schaftsformeln hat nun zur Folge, dass die E igenschaften , die mit der Verwandt­ schaft in der oben angegebenen Beziehung stehen, in Bezug auf das Coordinaten­ system durch Formeln ausgedrückt werden , welche kein Bestimmungsstück des Coordinatensystems enthalten . So wird z. B. die Entfernung zweier Punkte durch I V (x l

- Xo)

2

+ (y 1 - Y o) 2 I

ausgedrückt. Dies ist nicht mehr der Fall [ , ] wenn ich statt des rechtwinkligen Coor­ dinatensystems schiefwinklige Coordinaten einführe , deren Winkel von einem zum andern wechseln kann. Dann stimmen die Coordinatentransformationsformeln nicht mehr mit den Verwandtschaftsformeln für die Congruenz und daher enthält dann der Ausdruck für den Ab stand ein Bestimmungsstück des Coordinatensystems, näm­ lich den Coordinatenwinkel. Wenn eine Eigenschaft in einem bestirnten 1 Coordina­ tensystem durch eine Formel dargestellt wird , welche auch noch Bestimungsstücke des Coordinatensystems enthält, so ist daraus zu schliessen, dass sie zu der Ver­ wandtschaft, welche diesen Coordinaten entspricht , nicht in der vorhin angegebenen 1

D . h . bestimmten .

379

Ueber Invarianten

Beziehung steht. E s ist daher vortheilhaft zur Untersu chung einer Verwandtschaft ein derselben in der angegebenen Weise zugeordnetes Coordinatensystem zu benut­ zen . Ich betrachte nun die Verwandtschaft der Projectivität im Geb iete einer Geraden. Das dieser Verwandtschaft entsprechende Coordinatensystem nimt 2 feste Punkte in der Ebene an und bestimmt irgendeinen Punkt durch das Product aus einer Con­ stanten und dem Verhältnisse der Abstände dieses Punkts von den beiden festen, . xj bezeichnet durch --. . x2 Die Verwandtschafts- und Transformationsformeln sind hier nicht

wobei

verschwinden darf. Eine Formel nun, welche sich durch eine solche lineare Substitu­ tion nicht ändert , drückt eine E igenschaft aus, in welcher projectivische Punktsyste­ me übereinstimmen . E ine auf 0 redu cirte Gleichung, deren linke Seite sich durch eine solche Substitution in den analogen Ausdruck in den neuen Coordinaten ver­ wandelt, nur multiplieiert mit einer Potenz von

d rückt ebenfalls eine solche E igenschaft aus und umgekehrt , j ede solche Eigenschaft kann durch eine solche Gleichung ausgedrückt werden. Die linke Seite einer solchen Gleichung, also ein Ausdruck [ , ] der sich bei der Substitution in den analogen in den neuen Coordinaten verwandelt [ , ] nur multiplieiert mit einer Potenz von

heisst eine Invariante. Da unsere Formeln eindeutig sind , so ist d as Zusammenfallen zweier Punkte ein Umstand, der auch bei den gernäss unserer Verwandtschaft den ersten entsprechen­ den Punkten eintreten muss. Es wird ausgedrückt durch xj xi

=

yj yi

x jy i - x iy j

oder

=

0

oder

Transformiren wir, so müssen wir daher erhalten

Der Exponent k bestimmt sich durch die lineare Natur unserer Formeln zu 1 , da wir rechts einen Ausdruck 2ten Grades in den aik erhalten müssen. Nehmen wir noch zj emen P un k t ---, h mzu , so 1st " z2 ·

·

380

Ueber Invarianten

l J l �� x

i

x

:i

yj

Yi i

x,

x

zI

z2

j

ein Ausdru ck, der sich durch die Transformation einfach in den ent­ sprechenden in x , y , z verwandelt .

Verwandeln wir diesen noch durch Hinzunahme eines Punktes

w

1

w2

in einen solchen ,

der in Bezug auf jedes der Werthsysteme x 1 , x 2 ; y 1 , y 2 ; z " z 2 ; w " w 2 , im Zähler und Nenner vom gleichen Grade ist , so haben wir damit eine Grösse , welche [ gleich w x ist, nämlich ] 1 das Doppelverhältnis. Y : x -

y - :.

w - z

1 Im Original ist diese Textstelle offenbar beim Binden des Protokollbandes weg­ geschnitten worden, so daß sie nur dem Sinn nach rekonstruiert ist .

381

Winter-Semeter 1 87 8 - 7 9 737. Donnerstag , den 9ten J anuar 1 8 7 9 . Ueb er d i e u nendlichfernen Kreispu nkt e .

Wenn man die Kreisgleichung x

durch

x

2

2

+y

2

- Z ax - Z by

+ a2 +

b 2 - r2

=0

dividirt :

und zur Grenze für unendlich wachsendes y

2

1 +2 = 0; X

Bei unendlichem

x

kann das Verhältnis

x

übergeht, so erhält man y

- = ± Fl X

f reell werden und stellt dann die Tangente

des Winkels o.p dar, welchen der vom Coordinatenanfang nach einem solchen Punkte des Kreises gehende Strahl mit der X-Axe bildet , dessen X-Coordinate x ist . Da die allgemeine Form des Ergebnisses einer algebraischen Rechnung dieselbe bleibt, mag man unter den vorko mmen­ den Buchstaben reelle oder complexe Zahlen verstehen , so kann man im arithmetischen Sinne auch vo n imaginären Punkten und Linien und Winkeln sprechen und diesen alle die Eigenschaften beilegen [ , ] die man auf analytischem Wege allgemein für reelle Punkte , Linien , Winkel beweisen kann. Durch den Grenzübergang haben wir nun zwei unendlichferne imaginäre Punkte des Kreises gefunden, die wie alle unend­ lichfernen Punkte durch die Richtungen der nach ihnen hin­ gehenden Strahlen gegeben sin d . Diese Strahlen sind imaginär und bilden mit der X-Axe die Winkel , deren Tangenten sind tg '-P i = -i Diese sind gan z unabhängig von den Constanten der Kreisgleichung, sodass jeder Kreis durch dieselben beiden unendlich fernen Punkte hindurchgeht . tg ..Po und tg o.p 1 sind unabhängig von d e r Lage d e s Coord inatensystems zum Krei se, sodass d i e X-A xe irgendeine beliebige Gerade vertritt . J ede beliebige Gerade bildet also denselben Winkel, dessen Tangente i ist , mit dem nach dem einen unendlichfernen Kreispunkte gehenden Strahle. Dies kann man auch so bestätigen : B ildet eine Gerade den Winkel o: mit der X-Axe, so ist ..Po - x01 der Winkel , den sie mit dem nach dem einen unendlichfernen Kreispunkte gehenden Strahl einschliesst .

382 tg (.Po - o: )

Ueber die unendl ichfernen Kreispunkte

tg O:o - tg X a 1 + tg o: + tg .Po

. 1 + i tg .Po . =I tg ('{Jo - 0: ) = I 1 + i tg O:o

i - tg a:o 1 + i tg o: o

Man kann ein System von Kreisen in diesem Sinne immer auffassen als ein System vo n Kegelschnitten , die alle durch dieselben 2 Punkte hindurchgehen. Nun verhalten sich in projectivischer Beziehung die unendlichfernen Punkte ganz wie gewöhnliche Punkte . Wenn man also einen proj ectivischen Satz von unendlichfernen Punkten be­ wiesen hat, so gilt er auch von allen im Endlichen liegenden Punkten. Kann man ferner einen Satz analytisch von imaginären Punkten beweisen, so gilt er auch von reellen, weil alle algeb raischen Operationen mit reellen Zahlen ebenso wie mit com­ plexen ausgeführt werden. Daher kann [man ) 1 einen proj ectivischen analytisch be­ weisbaren Satz von Kreisen sofort in einen verwandeln , der von Kegelschnitten handelt , die durch dieselben beiden Punkte gehen. Nun kann man den Satz, dass die gemeinsamen Sehnen 3 er Kreise sich in einem Punkte schneiden, offenbar analytisch beweisen, und , sofern man den Kreis als einen Kegelschnitt definirt , der durch die unendlichfernen Kreispunkte geht , handelt dieser Satz nur von projectivischen Verhältnissen. Wenn man ihn in der angedeuteten Weise auf Kegelschnitte überträgt , erhält man : Wenn 3 Kegelschnitte durch dieselben 2 Punkte A und B gehen, so schneiden sich ihre gemeinsamen Sehnen [ , ) die ausser A B vorhanden sind , in einem Punkte .

Mit H ilfe der unendlichfernen Kreispunkte kann man den Winkel auf das Doppel­ verhältnis zurückführen. Sind die Gleichungen zweier Geraden cos a0 x + sin o:0 y - d 0 = 0 cos a 2 x + sin a 2 y - d 2 = 0

so ist

1 Dieses Wort fehlt im Original.

383

Ueber die unendlichfernen Kreispunkte

das Doppelverhältnis der vier Geraden, die man erhält , wenn man zu den beiden obigen noch die hinzunimmt, welche den Schnittpunkt derselben mit den Punkten x 1 y 1 u nd x 2 y 2 verb inden. D ividirt man Z ähler und Nenner durch x 1 x 3 , so erhält man . Y 3 - -) d2 ( cos a0 x 1 + sin a0 y 1 - d 0 ) ( cos a 2 + s m a 2 x 3 x3 q = -----( cos ao x 3 + sin a0 y 3 - d 0 ) ( cos a 2 + sin a 2 Y I _ d 2 ) XJ

XJ

Setzt man nun statt x 1 y 1 den einen unendlichfernen Kreispunkt, statt x 3 y 3 den andern , so kommt q =

( cos a0 + i sin a0) ( cos ( cos a0 - i sin a0) ( cos

a 2 - i sin a 2 + i sin

a2 ) a2 )

. . cos (a0 - a 2 ) + i sin ( a0 - a 2 ) = cos 2 ( a0 -a 2 ) + 1 sm 2 (a0 - a2 ) . cos ( a 2 - a 0 ) + 1. s .m ( a 2 - a0 ) a0 - a 2 ist nun der Winkel der beiden zuerst angenommenen Geraden. Wir nennen ihn ß. D ann ist ß q = cos 2 ß + i sin 2 ß = e i 2 q =

ß =

1 2i

ln q

D iese Beziehung besteht also zwischen dem Winkel ß zweier Geraden und dem Dop­ pelverhältnis q, das sie mit den von ihrem S chnittpunkte nach den unendlichfernen Kreispunkten gezogenen Linien b ilden . Dr. G . Frege

384

Winter-Semester 1 8 7 9 -80 [ 7 60. Versammlung der mathematischen Gesellschaft . Donnerstag, den 2 9ten J anuar 1 8 80 . ] 1 Ueber eine komb inatorische Aufga b e . C

D

A

F E

B

D ie Aufgabe, in der nebenstehenden Figur 1 5 Schnitt­ punkte mit Ausschluss derjenigen auf A B auszuzeichnen , sodass j edes Mal , wenn man sich auf einem Wege , wie DEF bewegt , welchen ein von AB reflectirter Lichtstrahl durchlaufen würde, 3 dieser ausgezeichneten Punkte an­ trifft , diese Aufgabe lässt verschiedene Lösungen zu , von denen hier einige folgen mögen .

9)

a b c d e f g h

k

a b c d e f g h

k

b a e f c d g

h k

1 Diese Angabe wurde aufgrund des Inhaltsverzeichnisses der Vorträge ( S . 6 5 3 0 ) ergänzt .

Ueber eine komb inatorische Aufgabe

c a g h b d e f

k

a b c d e f g h

a b c d e f g h

k

;. c b g e f h k

a e f g

12)

11)

10)

3 85

d

a b c d e f g h

k

i k h c d b

Wenn man eine Lösung hat , so kann man andre durch blosse Permutation der Strahlen herleiten. So entstehen ( 3 ) , ( 4 ) , ( 5 ) , (6) aus ( 2 ) . Es ist aber nicht möglich ( , ] auf diese Weise alle Lösungen z u erhalten. Man kann z . B . nicht durch Permutat ion ( 7 ) aus ( 2 ) herleiten. Man kann verschiedene Typen unterscheiden , die auf einander durch Permutation nicht zurückführbar sind . Zu einem so lchen Typus gehören also ( 2 ) , ( 3 ) , (4), ( 5 ) , (6 ) ; zu einem andern (1 ), ( 8 ) , ( 9 ) , ( 1 0) , zu einem 3 ten ( 1 1 ) ; zu einem 4ten ( 1 2 ) ; zu einem 5 ten ( 1 3 ) und ( 1 4) ; zu einem 6ten ( 1 5 ) und ( 1 6 ) ; zu einem 7ten ( 1 7 ) und ( 1 8 ) ; zu einem 8ten ( 7 ) . Z u einem jeden Typus kann man eine Figur zeichnen, deren Punkte auf ähnliche Weise durch Linien verbunden sind , w i e die Strahlen durch die ausgezeichneten S chnittpunkte :

386

Ueber eine kombinatorische Aufgabe d

g

g

a

k k

h

Zu ( 1 ) , ( 8 ) , ( 9 ) , ( 1 0)

Zu (2 ) , ( 3 ) , ( 4 ) , ( 5 ) , ( 6 )

Zu ( 1 1 ) g

a h e

e

b k

g

d

k

Zu ( 1 5 ) u. ( 1 6 )

Zu ( 1 3 ) u. ( 1 4)

Zu ( 1 2 )

h

K

Zu ( 1 7 ) u . ( 1 8 )

Zu ( 7 )

Ueber eine kombinatorische Aufgabe

387

In dem Dodecaeder, das die letzte Figur darstellt, sind d ie gegenüberliegenden Ecken durch denselben Buchstaben bezeichnet . Der Typu s, zu dem ( 7 ) gehört, kann regel­ mässig genannt werden, weil kein Strahl vor den übrigen ausgezeichnet ist . Man kann d iesen Typus auch durch die Figur a

veranschaulichen, die den Satz der perspectivischen Dreiecke darstellt . Dr.

G.

Frege

388

Winter-Semester 1 8 80 - 8 1 778. Versammlung d e r mathematischen Gesellschaft . Donnerstag , den ZOten J anuar 1 88 1 . [ Ueber ein S y stem von vier Pu nkten in der p roj ectivischen Geometrie . ] 1 Es wurde ausgeführt , wie ein System von vier Punkten in der projectivischen Geometrie als Grösse aufgefasst werden kann . Desgleichen wurde gezeigt , dass einem System von 5 Punkten in der Ebene eine complexe Grösse beigelegt werden könne, die sich von den gemeinen complexen Zahlen nur dadurch unterscheidet, dass ein Produ ct verschwinden kann, auch ohne dass einer der Factoren verschwindet .

1 Diese Angabe wurde aufgrund des Inhaltsverzeichnisses der Vorträge ( S . 6 6 5 6 ) ergänzt.