Monographien. 26 Phonai: Monographien 16: Gottschee in Jugoslawien - System, Stil, Prozeß - Phonologie einer Sprachinselmundart. 1. Teil: Suchen, Hinterland, Zentralgebiet 9783110917956, 9783484231269


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German Pages 541 [544] Year 1984

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Monographien. 26 Phonai: Monographien 16: Gottschee in Jugoslawien - System, Stil, Prozeß - Phonologie einer Sprachinselmundart. 1. Teil: Suchen, Hinterland, Zentralgebiet
 9783110917956, 9783484231269

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PHONAI LAUTBIBLIOTHEK DER E U R O P Ä I S C H E N SPRACHEN UND MUNDARTEN Herausgegeben von der Internationalen Vereinigung sprachwissenschaftlicher Schallarchive

DEUTSCHE REIHE Herausgegeben vom Deutschen Spracharchiv im Institut für deutsche Sprache Band 26

Monographien 16

MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1984

Herausgabe, Schriftleitung und Leitung der Herstellung:

Werner Besch, Bonn Edeltraud Knetschke, Mannheim Margret Sperlbaum, Mannheim

Herstellung der Druckvorlage:

Hildegard Schlingmann, Bonn

Karten:

Willi Oksas, Mannheim Wolfgang Schmitt, Mannheim Mathilde Heilmann, Mannheim

Zu diesem Monographienband ist ein Tonband lieferbar, das die zugrundeliegenden Originalaufnahmen der Mundart enthält.

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Llpold, Gunter: Gottschee in Jugoslawien : System, Stil u. Prozess ; Phonologic e. Sprachinselmundart / von Gunter Lipold. - Tübingen : Niemeyer Teil 1. Suchen, Hinterland, Zentralgebiet. [Hauptbd.J. - 1984. (Phonai · Dt. Reihe ; Bd 26 : Monographien ; 16) NE: Phonai / Deutsche Reihe / Monographien

ISBN 3-484-23126-2

ISSN 0554-0992

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1984 Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdruckliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband von Heinr. Koch, Tübingen

Gottschee in Jugoslawien - System, Stil und Prozeß Phonologie einer Sprachinselmundart 1. Teil: Suchen, Hinterland, Zentralgebiet

von

Günter

Lipold

Für Isobel, Elisabeth und Christine

VORWORT

Die Aufnahmen der Gottscheer Mundart kamen auf Anregung von Prof. Dr. Peter W i e s i nge r , Wien, und durch großzügige Dotationen der "Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien" zustande. Dieser Institution ist auch für das Aufnahmegerät, das sie zu Verfügung stellte, zu danken. Das Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien unterstützte die Arbeiten durch technische Hilfe und stellte auch das Tonbandmaterial bei. Es ist Eigentümer der in diesem Band transkribierten Originalaufnahmen. Daher werden neben den Archivnummern des Deutschen Spracharchivs auch die des Wiener Phonogrammarchivs genannt. Herr Dr. Wilfried S c h a b u s , Wien, hat die Aufnahmen für das Phonogrammarchiv bearbeitet und die Quasioriginalkopien für das Deutsche Spracharchiv hergestellt. Der Bearbeiter ist allen bereits genannten Personen und Stellen für jede Hilfe und Ermutigung ebenso dankbar wie Herrn Dr. Friedrich M a r t i ne gh , Waidhofen/Ybbs , Frau Mag. Ilsabeth K a n t , Wien, und Herrn Heinz S t a r k , Wien, die bei den Aufnahmen in Kärnten und der Steiermark mitwirkten. Zu danken habe ich auch Herrn Hofrat Dr. Hermann W i e s s n e r , Klagenfurt, für viele mit großer Geduld erteilte Ratschläge und zahlreiche Hinweise auf die vielfältigen historischen Bindungen zwischen Kärnten und Krain. Herr Dr. Walter T s c h i nk e l ( + ) , St. Georgen am Längsee, hat den Anfang meiner Arbeit wohlwollend gefordert. Dank für die

Herstellung von Kontakten zu den Landsleuten gebührt den Gottscheer Landsmannschaften in Klagenfurt und Graz, allen voran den Herren Erwin M i c h i t s c h , und Viktor S t a l z e r , Klagenfurt, für ihre Begleitung in die Sprachinsel. Die vielen Gottscheer, die mit Begeisterung und persönlichem Einsatz meiner Befragung standhielten, seien gesondert bedankt. Ebenso darf ich Frau Dr. Edeltraud K n e t s c h k e und Frau Dr. Margret S p e r l b a u m sowie Herrn Toningenieur D e u t s e h e r vom Deutschen Spracharchiv für die freundliche Betreuung und die geistige Unterstützung während der Arbeit an der Monographie herzlich danken. Dank gilt auch den Herausgebern der Reihe PHONAI für die Aufnahme meiner Arbeit. Mein Dank an Isobel, Elisabeth und Christine kann dem geduldigen Mitleiden und Rücksichtnehmen während der Bearbeitungszeit kaum entsprechen. Wien 1981/82

Günter Lipold

Die zu diesem Band angefertigten Tonaufnahmen sind Eigentum des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien. Sie können dort abgehört w e r d e n .

11

INHALT VORWORT

7

VORBEMERKUNGEN

15

Aufnahmedaten

15

Die Sprachinsel Gottschee

26

Besiedlung

26

Umsiedlung

29

Diaspora

31

Interferenz

34

Interferenzbedingungen

42

Forschungsstand

45

PHONOLOGIE DER GOTTSCHEER MUNDART . . . . 1.

Allgemeine Vorbemerkungen

59 59

1.1.

Relevante Merkmale

62

1.2.

Phonemstruktur

67

1.3.

Alternanz

70

1.4.

Phonologische Prozesse

76

1.5.

Der funktionale Stellenwert des Phonems . .

83

1.6.

Phonostilistik

91

1.6.1.

Gesellschaftliche Bedingungen

93

1.6.2.

"Allegro" und "Sandhi"

96

1.6.3.

Merkmalphonologie und Phonostilistik . .

98

1.6.4.

Wortphonologie und Phonostilistik

1.6.5.

Satzphonologie und Phonostilistik

1. 6. 6.

Zur Quantifizierung der Phonostile

1.7.

Diachronie und Phonostilistik

. . . .

99 102

. . . .

107 109

12

2.

Synchronie

,

117

2.0.1.

Die Sprachinsel

117

2.0.2.

Informanten und Enquete

119

2.0.3.

Material

119

2.1.

Suchen

120

2.1.1.

Die distinktiven Merkmale

120

2.1.2.

System und Matrix

127

2.1.3.

Distribution

129

2.1.4.

Phonotaktisehe Struktur

161

2.1.5.

Repräsentationsanalyse

163

2.1.6.

Alternanz

224

2.1.7.

Repräsentationsmodelle

278

2.2.

Hinterberg



298

2.2.1.

Die distinktiven Merkmale

299

2.2.2.

System und Matrix

305

2.2.3.

Distribution

309

2.2.4.

Phonotaktische Struktur

351

2.2.5.

Repräsentationsanalyse

351

2.2.6.

Alternanz

373

2.2.7.

Repräsentationsmodelle

398

2.3.

Oberland, Unterland, Untere Seite

401

2.3.1.

Die distinktiven Merkmale

404

2.3.2.

System und Matrix

404

2.3.3.

Distribution

405

2.3.4.

Phonotaktische Struktur

408

2.3.5.

Repräsentationsanalyse

408

2.3.6.

Alternanz

2.3.7.

Repräsentationsmodelle

·

434 434

13

3.

Literatur

435

3.1.

Allgemeines

435

3.2.

Gottschee

442 44

TEXTE 4.1.

Suchen

9

450

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext 4.2.

Hinterberg ·.

466

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext 4.3.

Klindorf

471

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext 4.4.

Niedermösel

482

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext 4.5.

Reichenau

496

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext 4. 6.

Rodine

510

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext 4. 7.

Hornberg

522

phonetischer Text phonemischer Text hochsprachlicher Interlineartext ANHANG Karten

531 533

15

VORBEMERKUNGEN

Aufnahmedaten Aufnahme 1: Das Buchener Hochtal. Aufnahmeort:

Rüden, Bezirk Völkermarkt, Österreich (PL Qu. 5736)

Aufnahmetag:

18. 2. 1975

Aufnahmedauer·:

6 Min. , 37 Sek.

Techn. Beurteilung:

l/l/l/l

Gesprächsinhalt:

Anbauverhältnisse im Buchener Hochtal - Düngen - Aussaat - Kartoffelanbau und -ernte

Archivnummer:

VII/344 (Wien: B 20 215)

Sprecher l Die Aufnahme wurde von Herrn W. P. , geboren 1914 in Suchen, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6335), Krain (heute: Jugoslawische Teilrepublik Slowenien), gesprochen. Er besuchte 1920 1928 die slowenisch/serbokroatische Volksschule in Suchen und lebte bis 1937 in seinem Heimatort. 1937 - 1939 wurde er zum serbischen Militär nach Kragujevac, Serbien, eingezogen. 1941 wurde er nach Kapellen, Bez. Rann (Pl. Qu. 6139) umgesiedelt und 1945 von dort vertrieben. Heute lebt er in der Gemeinde Rüden

16

(PI. Qu. 5736), Bez. Völkermarkt. Sein Vater stammt ebenso wie seine Mutter aus Suchen, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6335). Seit 1950 ist er verheiratet. Seine Ehefrau, geboren in Frauental, ehem. Südsteiermark (Pl. Qu. 5637), ist in Marburg/Maribor (Pl. Qu. 5739) aufgewachsen und übt heute den Beruf einer Schneiderin aus. Herr P. erlernte in der alten Heimat den Beruf eines Gastwirtes, seit Beginn seines Aufenthaltes in Österreich (1945) übte er den Beruf eines Kaufmannes aus (+ 1978). Sprachlich ist er durch die Kärntner Umgangssprache kaum beeinflußt und als ortsfest zu bezeichnen. Wenn er "deutsch" , d.h. eine lautlich der Standardsprache verpflichtete Verkehrssprache 2 mit Gottscheer Transferenzen spricht, ist "Kärntner Dehnung" zu 3 beobachten. Das Bewußtsein, eine sterbende "Sprache" zu sprechen, und die durch seine zweimalige Vertreibung gesteigerte Sehnsucht 4 nach der verlorenen Heimat haben in ihm eine bewußte Sprachbarriere gegen alles Nichtgottscheerische hervorgerufen, die sich in besonderer sprachlicher Konservativität äußert. Dahingehend sind seine häufig verwendeten lexikalischen Archaismen zu verstehen. 1

Nach dem Sprachgebrauch der Gottscheer wird die eigene Mundart als [köt'is:9ban$ ] "gottscheerisch", alle darüber hinausgehenden dt. Mundarten, einschl. Verkehrssprache und Standardsprache als [tältj] "deutsch" bezeichnet. Dementsprechend wird die Benennung ['täitj,lont n ] "Deutschland" für das nördlich des Karawankenkammes liegende deutschsprachige Binnenland verwendet.

2

KRANZMAYER, Eberhard, 1956, 34 j 2.

3

Die Gottscheer bezeichnen ihre Mundart unter dem Eindruck der Isolation der ehem. Sprachinsel als "Gottscheer Sprache".

4

Diese Sehnsucht zeigt sich in den meisten heimatkundlichen und volkstümlichen Publikationen, wie etwa die in Klagenfurt im 79. Jahrgang (1982) erscheinende "Gottscheer Zeitung", aber auch in den literarischen Veröffentlichungen der Gottscheer Autoren, etwa HÖNIGMANN-OTTERSTÄDT et. al. , Dar schpueta Herbischt. Klagenfurt 1972.

17

Aufnahme 2: Das Hinterland. Aufnahneort:

Graz (Pl. Qu. 5438)

Aufnahnetag:

23. 7. 1974

Aufnahnedauer:

49 Sek.

Teohn. Beurteilung:

l/l/l/l

Gesprächsinhalt:

Maisanbau

Archivnwmer:

VII/345 (Wien B 20 2 2 0 )

Sprecher 2 Sprecher der Aufnahme ist Herr M. S. , geboren 1899 in Hinterberg, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6336). E r b e s u c h t e 1905 - 1913 die deutsche Volksschule in Stalzern, Gerichtsbezirk Gottschee, erlernte danach in der Stadt Gottschee (Pl.Qu. 6336) das Schuhmacherhandwerk und blieb bis zur Umsiedlung im väterlichen Haus in Hinterberg. Beide Elternteile stammen aus Hinterberg, wie auch seine 1934 geehelichte Frau. Nach der Umsiedlung (1941 - 1945)

kam er über verschiedene Flüchtlingslager 1946

nach Graz, wo er heute als Pensionist lebt. In der Kommunikation mit seiner Ehefrau verwendet der Sprecher die angestammte Mundart. Außerdem hat er einen guten Kontakt mit anderen Gottscheern seiner engeren Heimat, so daß er als ortsfest zu bezeichnen ist. Seine Frau wickelt auch die Beziehungen mit der kleinräum igen Umwelt ab, wie Einkauf, Nachbars1

Da die Umsiedlung geschlossen erfolgte und die im Umsiedlungsgebiet vorher anwesende Bevölkerung evakuiert worden war, kann die dort verbrachte Zeit als Verbleib in der Ortsgemeinschaft angesehen werden.

18

besuch u. ä. , so daß auch hier eine Isolierung des Sprechers in seiner erlernten Sprachform erfolgt ist. Er spricht manchmal sehr schnell und hat keine Hemmung, vor dem Explorator gottscheerisch zu sprechen, weil er sich verstanden und als Sprecher anerkannt weiß (+ 1978).

Aufnahme 3:

Oberland.

Aufnahneort:

Schloß Krastowitz bei Klagenfurt (Pl.Qu. 5734)

Aufnahmetag:

2. 8. 1974

Aufnahnedauer:

5 Min. 12 Sek.

Teohn. Beurteilung:

l/l/l/l

Gespväahsirihalt:

Maisanbau, Maisernte und Maisverarbeitung

Arohivmamer:

VII/343 (Wien B 20 213)

Sprecher 3 Sprecher der Aufnahme Herr F.W. , geboren 1896 in Klindorf, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl.Qu. 62/6336), und dort in bäuerlicher Dorf gemeine chaft aufgewachsen. Sein Vater stammte ebenfalls aus Klindorf und besaß dort einen gemischten Grundbesitz von etwa 20 ha; die Mutter stammte aus Kofiern, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl.Qu. 6236). Er besuchte 1903 bis 1908 die deutsche Volksschule in Gottschee (Pl.Qu. 6336) und 1908 - 1915 das Gymnasium daselbst. 1915 - 1918 war er im k. u. k. österreichischen Heer an der Isonzofront, zuletzt als Leutnant i. d. Res. , eingerückt. Er kam 1919 als Bahnbeamter nach Österreich und war als solcher bis 1959 auf acht verschiedenen Stationen der Österreichischen

19 Bundesbahnen. Seinen aktiven Dienst beschloß er 1959 als Bahnhofvorstand in Leoben, wo er seither als Pensionist mit seiner Ehefrau lebt. Er ist seit 1929 verheiratet, seine Ehefrau stammt aus Gottschee (PL Qu. 6336). Der Informant ist als ortsfest zu bezeichnen, wenngleich durch äußere Einflüsse (Sprache des Berufes, des Ehepartners, der neuen Umwelt) einige lautliche Merkmale des Gottscheerischen in Auflösung begriffen sind, so z. B. wird ahd. /w/, das in der Gottscheer Mundart als [ b ] realisiert wird, sehr oft - dem standardsprachlichen Vorbild entsprechend - von ihm als [ ] ausgesprochen. Auch die mittelsteirische Intonation der Langvokale macht sich bemerkbar, weswegen bei der Umschrift seines Beitrages besonders Wert auf die Intonationszeichen gelegt wurde.

Aufnahme 4: Unter land. Aufnahmeort:

Klagenfurt (PL Qu. 5734)

Aufnahmetag:

23. 2. 1975

Aufnahmedauer:

5 Min. 10 Sek.

Teohn. Beurteilung:

l/l/l/l

Gesprächs-inhalt:

Weihnachtsgebäck, Gebildbrote und andere Mehlspeisen, Ostergebäck, Speisenweihe

Archivnurmer:

VII/332 (Wien B 20 179)

Sprecher 4 Sprecherin der Aufnahme 4 ist Frau M. K. , geboren 1913 in Niedermösel, Gerichtsbezirk Gottschee (PLQu. 6336). Sie besuchte 1919 - 1926 die deutsche Volksschule in Obermösel,

20

Gerichtsbezirk Gottschee (PI. Qu. 6336) und erlernte dann den Beruf einer Schneiderin. Bis 1934 blieb sie in ihrem Geburtsort. 1934 - 1939 verbrachte sie beruflich in Agram/Zagreb (Pl. Qu. 6240), die Jahre 1939 - 1946 in St. Polten, NO (Pl.Qu. 4739), seit 1946 lebt sie in Klagenfurt (Pl.Qu. 5734). Ihr Vater stammte aus Göttenitz, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl.Qu. 6335), die Mutter aus Unter-Pockstein, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6336). Sie war seit 1952 mit einem Gottscheer aus Reintal, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl.Qu. 6336), verheiratet, der 1971 starb. Heute lebt sie als Pensionistin in Klagenfurt. Die Informantin ist als äußerst ortsfest zu bezeichnen, was davon herrührt, daß sie oft mit ihrer Schwester und anderen in Klagenfurt ansässigen Gottscheern in ihrer angestammten Mundart spricht. Daher sind bei ihr auch so gut wie keine Kärntner Einflüsse zu beobachten, allerdings war sie bei der Aufnahme etwas befangen und verwendete dem ihr unbekannten Explorator gegenüber einige standardsprachliche Elemente, wie [häes] anstatt zu erwartendem [h^oes] "heiß".

Aufnahme 5: Eeiohenau (Übergangs gebiet) . Aufnahneort:

Klagenfurt (Pl.Qu. 5734)

Aufnahmetag:

30. 8. 1975

Auf nähme dauer :

5 Min. 37 Sek.

Teehn. Beurteilung:

l / l / l /l

Gesprächsinhalt:

Kohlenbrennen und Aufbau eines Kohlenmeilers

Arahivnimner:

VII/341 (Wien B 20 210)

21

Sprecher 5 Sprecher der Aufnahme 5 ist Herr V. S. , geboren 1920 in Reichenau, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6336). E r b e s u c h t e 1926 - 1934 die deutsche Volksschule in Reichenau und blieb bis 1939 auf dem väterlichen Anwesen. Bis 1941 übte er den Beruf eines Holzübernehmers in Gottschee (Pl. Qu. 6336) aus. 1941 1945 war er Angehöriger der deutschen Wehrmacht, nach Kriegsende kam er nach Klagenfurt, wo er heute als Verkaufsleiter einer Baufirma lebt. Seit 1943 ist er mit einer Gottscheerin aus Hinterberg, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6336) verheiratet. Sein Vater stammt aus Reichenau, seine Mutter aus Unter-Warmberg, Gerichtsbezirk Seisenberg (Pl. Qu. 6236). Der Informant ist durch den Kontakt mit vielen Gottscheern und seinen Familienangehörigen verhältnismäßig ortsfest, er verfügt über Kenntnisse verschiedener bäuerlich-gewerblicher Fachterminologien (Holzfäller, Kohlenbrenner, Müllerei u. a. ), über eine Kompetenz des slowenischen Dialekts seiner weiteren Heimat, d. h. der Umgebung des Gerichtsbezirkes Gottschee. Bei ihm ist trotz seiner relativen Ortsfestigkeit auch ein "innergottscheerischer Ausgleich" festzustellen, aber auch die Kärntner Dehnung (vgl. Kranzmayer

1956, 34 j 2) ist in seiner Rede zu beobachten.

Aufnahme 6: Gottsaheer Weingegend. Aufnahmeort:

Rodine pri Crnombl (Pl.Qu. 6337)

Aufnahnetag:

11. 8. 1975

Aufnahmedauer:

4 Min. 3 Sek.

Teohn. Beurteilung:

l/l/l/l

22 Gespräahsinhalt:

Weingartenarbeit, Weinlese, Pressen, Kriegswirren in Rodine, Weintaufe

Archivmmmer:

VII/337 (Wien B 20 192)

Sprecher 6 Die Sprecherin der Aufnahme 6 ist Frau J.A. , geboren 1905 in Rodine, Gerichtsbezirk Tschernembl (Pl.Qu. 6337). Sie besuchte die slowenische Volksschule in Maierle (Pl.Qu. 6337) und heiratete 1932 einen Slowenen, der 1945 starb. Sie ist bis heute in Rodine geblieben und im Weingarten, in der Landwirtschaft und im Haushalt tätig. Ihre Mutter war Gottscheerin aus Nesselthal, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl.Qu. 6337), ihr Vater Slowene aus Rodine. Die Informantin ist in ihrer Gottscheer Mundart ortsfest und spricht ebenso ihre slowenische Mundart. Durch den Kontakt mit einigen ortsansässigen Gottscheern ist ihre Beherrschung der Grundmundart sicher, ihre Intonation ist jedoch deutlich slowenisch beeinflußt. Sie ist auch

imstande, sich der Standardsprache zu

bedienen, wenngleich sie behauptet, weder "deutsch" noch "gottscheerisch" besonders gut zu beherrschen.

Auffällig sind in ihrer

Aussprache die deutlich gerollten [r].

Aufnahme 7:

Hornberg (U ber gangs gebiet).

Aufnahneort:

Feldkirchen, Bezirk Graz (Pl. Qu. 5438)

Aufnahmetag:

26. 2. 1975

Aufnahmedauer:

2 Min. 49 Sek.

Teohn. Beurteilung:

l/l/l/l

Gespräehsinhalt:

Schnapsbrennen

Arahivmmmer:

VII/347 (Wien B 20 227)

23

Sprecher 7 Die Aufnahme 7 wird von Herrn J. W. gesprochen, der 1907 in Hornberg, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6336) geboren wurde und 1913 - 1921 die deutsche Volksschule in Stalzern, Gerichtsbezirk Gottschee (Pl. Qu. 6336) besuchte. Er blieb bis zur Umsiedlung 1941 in Hornberg in der elterlichen Landwirtschaft tätig. Nach der Vertreibung aus dem Umsiedlungsgebiet im Jahre 1945 kam er über verschiedene Flüchtlingslager nach Feldkirchen, wo er heute als deutscher Staatsbürger lebt. 1957 1968 arbeitete er in den Vereinigten Staaten von Amerika, von wo er auch seine Pension bezieht. Seine Eltern stammen aus Hornberg. 1934 heiratete er. Seine Ehefrau stammte aus der Stadt Gottschee, sie starb 1974. Der Informant spricht zwar die Grundmundart seines Heimatortes, ist aber im Lexikalischen vielfach unsicher und weist steirische Dialekteinflüsse auf, wie die Diphthongierung der Phoneme /e/, /ö/, /!/ u.a.

Toningenieur in Wien: Dr. W. Schabus Toningenieur in Bonn/Mannheim: G. Deutscher

Aufnahmeleiter und Bearbeiter Der Leiter der Aufnahmen (und Explorator) ist auch gleichzeitig Bearbeiter. Er wurde in Wielings bei Litschau NO. geboren, wuchs in Großpertholz, Bezirk Gmünd NO. (Pl.Qu.

4536) auf

und beherrscht die dort übliche mittelbairische Grundmundart. Nach dem Gymnasialbesuch in Gmünd NO. studierte er ab 1963 in Wien Germanistik und Anglistik. 1969 promovierte er

24

in Wien bei Eberhard K r a n z m a y e r mit einer Ortsmonographie der mittelbairischen Mundart von Großpertholz, basierend auf selbst erhobenem sprachlichen Material . Durch Eberhard K r a n z m a y e r zunächst für die freie Mitarbeit am "Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich"

2

gewonnen, wurde der Bearbeiter 1969 Assistent am Germanistischen Institut der Universität Wien und hat seither eine Reihe von Publikationen über Probleme der mittel- und südbairischen Dialektologie vorzuweisen. Er unterrichtet an der Universität Wien altdeutsche Dialekte, neuhochdeutsche Grammatik, Frühneuhochdeutsch und 3 deutsche Phonetik . Im Verlaufe der Aufnahmetätigkeit gelang es dem Bearbeiter, sich eine Kompetenz der Gottscheer Verkehrsmundart ("Normausgleich" ) anzueignen, was den Kontakt zu den Gewährspersonen ungemein erleichterte.

Aufnahnemateria 1 Durch einen 1973 dem Germanistischen Institut der Universität Wien verliehenen Förderungspreis aus der "Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien" für das Projekt "Gottschee" war es möglich, in den Jahren 1973 - 1976 umfangreiche Mundartauf1

LIPOLD, Günter, Lautlehre und Adjektivsteigerung der Mundart von Großpertholz im niederösterreichischen Waldviertel. Wien 1969. (Diss. der Universität Wien 93, Wien 1973).

2

Hg. von DOLLMAYR, Viktor + und KRANZMAYER, Eberhard +, Wien 1963 f.

3

LIPOLD, Günter, Einführung in die deutsche Phonetik und Phonologie unter Berücksichtigung der österreichischen Besonderheiten. Wien 1977 ( 4 1980).

4

Vgl. KNETSCHKE, Edeltraud - SPERLBAUM, Margret, 1967, 13.

25

nahmen von dieser ehemaligen südbairischen Sprachinsel herzustellen. Neben den schriftlichen Aufzeichnungen wurden ca. 28 Stunden Tonbandmitschnitte angefertigt, von denen hier 30 Min. 17 Sek. , also etwa ein Fünfzigstel, veröffentlicht werden. Aufnahmegeräte

Sämtliche Texte wurden über ein tragbares Tonbandgerät UHER 4000 "Report" 1C, ein Verstärkerteil AKG SE 5E und eine ' Mikrophonkapsel AKG CE5 auf Tonbänder SCOTCH 224 bei 19,02 cm/s. Vollspur aufgenommen. Abhörgeräte Sämtliche Abhörkopien wurden in erster Generation über Studer A 67 - Fels Mischpult - Studer 2 auf AGFA Per 525 gezogen. Als Abhörgerät wurde ein REVOX A 77 Stereo-Taperecorder und dynamische Kopfhörer BEYER DYNAMIC DT 48 verwendet; ein angekoppelter Fußschalter Assmann FS 104 für Schnellstop, Kurzrücklauf und Abspielen hat sich als höchst brauchbar erwiesen. Aufnahme teohn-i k

Grundsätzlich wurden bei jedem Informanten zwei Arten von Aufnahmen angestrebt: a) Direkte Notation eines systematisch abgefragten Themenbereiches (Fragebuch ). b) Tonbandaufnahme, bei der über bestimmte, vorher abgesprochene Themen in Erzählform berichtet wurde. Dazu

l

Gemeint ist das Fragebuch von GABRIELS, Eugen, das auch der Aufnahme Kais/Osttirol zugrunde liegt, vgl. ZDL 43, 1976, 25.

26 kamen oft anekdotenhafte Ausschmückungen durch den Informanten oder spontane Erzählungen. Bei den Tonbandaufnahmen wurde ein Dialog schon deswegen vermieden, weil man als (zu Beginn der Aufnahmetätigkeit) nicht kompetenter Frager auf inadäquate Weise die Kommunikation aufnimmt und den Informanten dadurch in eine idiolektale Normmischung drängen könnte.

Die Sprachinsel Gottsohee a)

Besiedlung Die ersten Ansiedler auf dem Gebiet der Gottschee mögen noch im 13. Jahrhundert eingetroffen sein. Zunächst ist wohl Nachbarschaftsbesiedlung von den bereits früher kolonisierten umliegenden Siedlungen her anzunehmen. Diese Art der Urbarmachung und Besiedlung war, der Bodengestalt und Gangbarkeit des Landes entsprechend vom Norden und vom Südosten her möglich. Bereits 1247 war Friedrich von Ortenburg von Berthold, dem Patriarchen zu Aquileja (Aglei), mit dem Landstrich belehnt worden . Wenn laut Urkunde vom 22. 4. 1264 der Patriarch Gregor von Aquileja dem Kloster Sittich in Krain den Zehent eines Gebie2 tes vsque ad terminos uillae quae dicitur Poelan schenkt ,

LAURENT, J. Das Herzogthum Gottschee. In: Illyr. Blatt (vom 19. Sept. ) 1839, 155, undGROTHE, H. Die deutsche Sprachinsel Gottschee in Slowenien. Deutschtum und Ausland 40/41. Münster 1931, 68. - Für den historischen Hintergrund vgl. DIMITZ, A. Geschichte Krains von der ältesten Zeit bis auf das Jahr 1813. Teil l, Laibach 1874. JONKE, P. Geschichtliches. In: Jubiläums-Festbuch der Gottscheer 600-Jahrfeier. Gottschee 1930, 20.

27 und im Teilungsvertrag der Ortenburger vom 25. 4. 1263 Reiuenz cum hominibus et bonis et omnibus attinencüs a flumine quod Zevra dicitur usque ad aquam que Chulp vulgariter nuncupatur erwähnt wird, dann sind damit nördlicher (Reifnitz) und südöstlicher (Kulpa - Pölland) Ausgangspunkt der folgenden Kolo2 nisation angedeutet . Die systematische Besiedlung erfolgte allerdings erst Anfang des 14. Jahrhunderts. Darauf weist eine Urkunde vom 1. 9. 1339 (Udine) hin, in der Bertrand, Patriarch von Aquileja, dem Grafen Otto von Ortenburg auf dessen (nicht überliefertes) Ansuchen hin antwortet, daß in uilla tua in 3 Moswald (Mooswald, Gerichtsbezirk Gottschee, Pl. Qu. 6336), weil es zu weit von der Pfarrkirche in Reifnitz (Pl.Qu. 6235) entfernt ist, ein Kaplan an der dortigen Kapelle gehalten und ein Friedhof errichtet werden darf. Ausführlicher berichtet erst eine Urkunde Datu(m) in Castro n(ost)ro. Vtini [Udine]vom 1. 5. 1363, in der Ludovicus dei gr(atl)a sa(ncti) sedis Aq(ui)lig(e)ns(i)s 4 pa(triar)cha. Ad memoriam gibt, daß in quibusdam nemorib(us) sev siluis innerhalb der Pfarrgrenzen ecc(lesia)e S(an)c(t)i

Zitiert nach JONKE, P., a . a . O . , 20. Vgl. dazu die Karte in OTTERSTÄDT, H. Gottschee. Verlorene Heimat deutscher Waldbauern. Freilassing 1962, 9. Zit. nach JONKE, P., a . a . O . , 21. Urkundenzitate nach Vergleichung mit dem Faksimile im Jubiläums-Festbuch. . .Gottschee 1930, nach S. 72, und mit dem allerdings sehr ungenauen Abdruck der lat. Urkunde bei OBERGFÖLL, J. Über die Herkunft der Gottscheer. In: Deutscher Kalender für Krain auf das Schaltjahr 1888, hg. von LINHART, W. , Laibach (1887), 8 - 9.

28

Steph(an)i in Reyfnitz, weil sie inh(ab)itabiles erant. ac inculte [,] m(u)lte horni(num) h(ab)itac(i)ones st(ata)e s(un)t, eine große p(o)p(u)li (con)gregac(io) ad h(ab)itandu(m) co(n)uenit. Dort sind nach seinen Angaben De nouo q(u)a(e)dam ecc(lesia)e (con)structi, u(ideli)z(et). in Gotsche. Pölan. Costel. Ossiwnitz. (et) Gotenitz, die Dank dem Spectabili Comite D(omi)no Ottone de Ortenb(ur)ch in dessen Herrschaftsgebiet entstanden sind. Die Ortenburger betrieben die Kolonisation Krains, und besonders des Gottscheer Landes, bis an den Rand ihres finanziellen Ruins. Nachdem sie bereits seit 1343 Teile ihrer Güter verpfändeten, um drückende Schulden zu begleichen , liehen sie 1359 bei Haeslein dem Juden von Judenburg 1000 2 Mark und 1358 und 1364 zusammen 2000 Mark bei ange3 sehenen jüdischen Bankherren in Laibach . Unter dem Druck der häufigen Türkeneinfälle erfolgte 1471 die Erhebung des Marktes in der Gottschee zur Stadt durch 4 Kaiser Friedrich III . Damit verbunden war die Befestigung der Stadt durch eine Ringmauer. Aber auch die Dorfkerne in den größeren Orten des umliegenden Landes wurden durch Verwallungen, Ummauerungen und Schanzarbeiten zu "Taboren" (Kirchenbefestigungen) ausgebaut. Sie hatten Lagerräume,

1

WIESSNER, H . , Die Schenken von Osterwitz. Klagenfurt 1977, 60/147.

2

WIESSNER, H . , a . a . O . , 70/203.

3

ELZE, Th. , Die Abstammung der Gottscheewer. In: Mittheilungen des Musealvereines für Krain 13, 1900, 106.

4

JONKE, P., a . a . O . , 22 und LEUTGEBER, W . , Gottschee, die deutsche Sprachinsel im Süden. In· Volk und Reich 11, 1935, 510.

29

Viehunterstände und Brunnen und dienten der kurzfristigen Zuflucht aller Dorfbewohner . Nach dem Kauf der Herrschaft Gottschee durch Hans Jakob 2 zu Khysel im Jahre 1619 wurde sie 1623 durch die Erhebung 3 der Freiherrn Khysel in den Grafenstand zur Grafschaft . Ebenfalls durch Kauf gelangte 1641 die während der zahlreichen 4 Türkeneinfälle stark mitgenommene Herrschaft an Wolfgang Engelbrecht von Auersperg, der in der Stadt Gottschee ein Schloß erbaute. 1653 wurde Johann Weikhard von Auersperg in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben und seine Besitzungen in einen Fideikommiß umgewandelt. 1791 erhob Kaiser Leopold II. die Grafschaft zum Herzogtum; 1927 starb der letzte Herzog von Gottschee, Fürst Karl von Auersperg . b)

Umsiedlung, das Ende der· Sprachinsel Die Lage im fremdsprachigen Gebiet begann sich mit dem Jahr 1848, als das Nationalbewußtsein der Slowenen erweckt wurde, zu ändern. War vorher ein friedliches Zusammenleben der Deutschen und Slowenen das übliche Bild, so begann spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Rivalität, die letztlich

ERKER, J. Die Tabore. In: Jubiläums-Festschrift. . . a . a . O . , 90 - 94. Vgl. das Regest bei WIDMER, G. Urkundliche Beiträge zur Geschichte des Gottscheerländchens (1406 - 1627). Wien 1931, 166 (v. 21. 6. 1619). JONKE, P. , a.a.O. , 45. Von 1469 - 1493 sind achtzehn Kriegszüge der Türken durch Krain zu verzeichnen, vgl. ERKER, a . a . O . , 90. JONKE, F., a . a . O . , 45, Jubiläums-Festbuch. .. a . a . O . , 254, LAURENT, a. a. O. , 156 und auch "640 Jahre Gottschee". Hg. v. der Gottscheer Landsmannschaft in Deutschland und der Arbeitsgemeinschaft der Gottscheer Landsmannschaften, SindelfingenKlagenfurt 1970, 9.

30

zur Aufgabe der Sprachinsel führen mußte. Aber erst nach dem 1. Weltkrieg schlug die antideutsche Stimmung in offene Feindschaft um.Nach F r e n s i n g

galt es für die Gottscheer

eine Reihe von Repressalien zu überstehen, die einen ersten Höhepunkt in der Auflösung der deutschen Schulen und in der Einführung eines neuen Grundverkehrsgesetzes (1936) fanden. Dieses Gesetz besagte, daß kein jugoslawischer Staatsbürger deutscher Nationalität einen Grund durch "Kauf, Pacht oder Erbschaft" erwerben dürfe, es sei denn im allgemeinen Staats2 2 Interesse . Die Enteignung von drei Vierteln (176, 57 km ) des Auerspergischen Besitzes im Jahre 1934 und die damit verbundene Entlassung vieler deutschsprachiger Arbeiter und Angestellter leitete den territorialen Untergang der Sprachinsel

ein. Trotz des durch Hitlerdeutschland organisierten "Aufblühens" von 1935 an fiel die Sprachinsel Gottschee wie die meisten deutschen Volksgruppenansiedlungen Jugoslawiens der Hitler3 sehen Umsiedlungspolitik zum Opfer . Durch Eingliederung Unterkrains in den italienischen Staat wurde die Umsiedlung der Gottscheer aktuell. Der entsprechende Vertrag zwischen Deutschland und Italien vom 31. 8. 1941 war bis Ende Februar 1942 erfüllt 4 .

l

FRENSING, H. H., Die Umsiedlung der Gottscheer Deutschen. Buchreihe der Südostdeutschen Histor. Kommission 24. München 1970, 10 - 15.

2

FRENSING, H . H . , a . a . O . , 15.

3

Nach FRENSING, H.H. und "Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa". Bd. 5: Das Schicksal der Deutschen in Jugoslawien. Bearb. von T. SCHIEDER et al. Düsseldorf 1961.

4

"Dokumentation

" B d . 5, a . a . O . , 82 E.

31

Damit wurde die durch das Deutschtum geprägte, sechshundertjährige Territorialgeschichte des Herzogtums Gottschee beendet.

c)

Diaspora War in den Tagen der "alten Heimat" die Abwanderung in die Vereinigten Staaten von Amerika und nach Kanada nicht unbedeutend , so setzte nach der Umsiedlung der Gottscheer, vor allem nach ihrer Vertreibung aus dem Unisiedlungsgebiet 2 im Bezirk Rann, Untersteiermark (PL Qu. 6139) eine Auswanderungswelle nach den nordamerikanischen Staaten ein, die heute die Mehrheit der Gottscheer oder ihrer Nachkommen beherbergen. Bei den schon früher, d. h. zu Beginn unseres Jahrhunderts, in die USA ausgewanderten Gottscheern zeigt sich der über das heimatliche Territorium hinausgehende dörfliche Zusammenhalt. Die Dorfgemeinschaft, die den Ausgewanderten in der Verstreuung fehlt, wird in den verschiedenen Vereinen, die in der neuen Heimat gegründet wurden, auf einer 3 anderen Ebene wieder zu erwecken gesucht . Der älteste dieser Vereine ist ohne Zweifel der "Erste Österreicher-Unter4 stützungs-Verein in Cleveland/Ohio", gegründet am 7.7. 1889 .

Eingedenk der Nachbarschaftshilfe, die in den Dörfern der alten Heimat ein Überlebensgebot war, sollte dieser Verein 1

Vgl. dazu die Graphik bei OTTERSTÄDT, a . a . O . , 33.

2

OTTERSTÄDT, a . a . O . , 50.

3

Eine Übersicht über die in den USA gegründeten Gottscheer Vereine findet sich in "Gottscheer Gedenkbuch". Hg. v. Gottscheer Relief Association, Brooklyn N. . 1947, 48 - 96.

4

Gottscheer Gedenkbuch, a . a . O . , 48.

32

vor allem der Kranken- und Hinterbliebenenunterstützung dienen.

Benennung des Vereines zeigt die klare Vorstellung

der Auslk

jgottscheer über ihre staatlich-nationale Zugehörig-

keit. Die ständig gepflegte Verbindung mit der alten Heimat (vor allem in Form von Dollargaben an die dort verbliebenen Angehörigen) spiegelt sich in den Namen einiger weiterer Vereine: "Deutsch-österreichischer

Unterstützungs-Verein in Cleve-

land/Ohio" (gegründet 6. 4. 1902) , "Österreichischer Männer 2 Kranken Unterstützungs-Verein Inc. " (gegründet 4. 6. 1904) u. ä.

Bis zum Jahre 1947 stieg die Zahl der in Nordamerika gegründeten Gottscheer Vereine auf fünfzehn. Für viele in Europa verbliebene Gottscheer, die sich nach dem 2. Weltkrieg zum Großteil in Flüchtlingslagern gesammelt hatten, war die Gründung des "Gottscheer Relief Association Inc. " (23. 5. 1945) 3 von entscheidender Bedeutung . Dieser Verein konnte bereits im ersten Jahr seines Bestehens 26.000 Dollar zur Linderung der ärgsten Not unter den Landsleuten zur Verfügung stellen. Auch in Österreich siedelte sich eine nicht unbedeutende Anzahl von Gottscheern an, so vor allem in den Gegenden von Leoben/Kapfenberg, Steiermark (Pl. Qu. 5237/5238), Wagna/ Leibnitz, Steiermark (Pl. Qu. 5639/5640) und in und um Klagenfurt (Pl. Qu. 5734) sowie in vielen Teilen Kärntens. Die alten Dorfgemeinschaften wirkten so stark nach, daß 1

Gottscheer Gedenkbuch, a . a . O . , 59.

2

Gottscheer Gedenkbuch, a . a . O . , 63.

3

Gottscheer Gedenkbuch, a . a . O . , 87.

33

sich auch die in Österreich lebenden Gottscheer zu Landsmannschaften zusammenschlössen. Diese verstehen sich als Träger des kulturellen Erbes der Gottscheer. Seit 1966 besteht die Einrichtung der Gottscheer Kulturwoche, die alljährlich in Schloß Krastowitz bei Klagenfurt abgehalten wird und die mit dem Gottscheer Kirtag (Jahrmarkt) schließt. Es ist auch als Begleiterscheinung des Vereinswesens anzusehen, daß die jüngeren Sprecher (unter 50) zu einem innergottscheeischen Normausgleich tendieren. Sprachliche (vor allem lexikalische und phonetische) Unterschiede werden von diesen Sprechern noch erkannt, was meist aber zu einer Unsicherheit im Gebrauch ihrer Mundart führt. Aus dem Grund weichen viele Sprecher in 'strittigen' Fällen (z. B. wird für "singen" im Gottscheer Hinterland ['perßan~] , sonst ['^Tn^an] gesprochen) in die Lautung/Lexik der Standardsprache aus. Die wirtschaftliche Lage der heute in Österreich ansässigen Gottscheer zeigt, daß die meisten in der neuen Umgebung Fuß gefaßt und viele einen bescheidenen, einige einen bedeutenden Wohlstand erreicht haben. Wo immer sich mehrere Gottscheer angesiedelt haben, wird der überkommene Gemeinschaftssinn aktiv, und gerade die Generation der über 50jährigen pflegt wie einst in der "alten Heimat" das [tsai 'noxpara/ön da 'gosss "ge:än] "ze Nachbare/an die Gasse gehen", d.i. der nachbarliche Besuch, aus dem die (neue) Nachbarschaftshilfe erwächst. In der ehemaligen Sprachinsel sind nur wenige Gottscheer, bzw. gottscheerisch Sprechende zurückgeblieben. Ihre Zahl dürften m. E. 60 nicht wesentlich übersteigen. Die wirtschaftliche Lage dieser aus verschiedenen (meist familiären) Gründen "Umsiedlungsunwilligen" ist unterdurchschnittlich,

34 besonders die Alten leben oft von kleinsten Pensionen. Dazu kommt oft noch die psychische Zwangslage, in einer nicht deutschfreundlichen Dorfgemeinschaft leben zu müssen. Fast jeder ist zu einem Nebenerwerb gezwungen, in einigen Fällen ist die Existenz nur durch die tatkräftige Fürsorge ausgesiedelter ehemaliger Nachbarn gesichert. Nur wenige haben sprachlichen Kontakt mit anderen Gottscheern. Diese Sprachisolation führt zur Verstärkung der Interferenz.

d)

Interferenz

-

Begr-iffsklärung

Wegen der in der Literatur so verschieden verwendeten Terminologie der Interferenz soll hier eine Begriffsbestimmung erfolgen, die zunächst für die vorliegende Monographie Gültigkeit hat, aber darüber hinaus als Diskussionsvorschlag angesehen wird. Gerade ein Sprachinselidiom ist in der Lage, sprachliche Innovationen auch als Interferenzen unter dem Einfluß der Kontaktsprache. . . [auf] alle sprachlichen Ebenen zu vollziehen . Die Voraussetzungen des Sprachkontaktes hat 2 bereits B e l l m a n n am Beispiel des Schlesischen ausführlich behandelt. Sie werden hier als "außersprachliche Interferenz" bezeichnet und meinen vor allem den Zustand der areal-ethnischen Promiskuität mit den sich daraus ergebenden 1

WIESINGER, P. Die deutschen Sprachinseln in Mitteleuropa. In: LGL, Tübingen 1973, 369a.

2

BELLMANN, G. Slavoteutonica. SLG 4. Berlin-New York 1971, l - 8. - Außerdem hat Herr Prof. Bellmann in einem Gastvortrag an der Wiener Universität (vom 7. 11. 1977, "Probleme des deutsch-slawischen Sprachkontaktes") seine Thesen über die außersprachlichen Voraussetzungen des Sprachkontaktes erneut überzeugend dargelegt.

35 sozialen, politischen, legistischen u. a. Konsequenzen. Sprachliche I n t e r f e r e n z ist eine immer nur synchron erfaßbare Erscheinung, die als S p a n n u n g s z u s t a n d über eine bestimmte Zeit hinweg wirkt und eine Entspannung zum Ziel hat. Sie wirkt, w i e j u h ä s z

betonte, im psychischen Be-

reich, der untrennbar mit dem sprachlichen Bereich verbunden ist. Aber hier soll nicht die psycholinguistische Komponente, so wichtig sie ist, behandelt werden, sondern die Wirkungsweise der Interferenz in der/den Kontaktsprache/n. Die wichtigste Feststellung, daß Interferenz als Spannungszustand wirkt, hat eine metasprachliche Konsequenz· es wird nicht von Inter2 ferenzim, wohl aber von Interferenzerscheinungen die Rede sein. Der Plural "Interferenzen" müßte als globale Bezeichnung Erscheinungen der Interferenz in allen, jeweils untersuchten Sprachen bezeichnen. Doch gerade in Untersuchungen wie J u h a s z 1970 wird die Einseitigkeit der Betrachtungsweise mit der Beschreibung von Transferenz und Integration in e i n e Sprache begründet, obwohl Auswirkungen der Interferenz auf beide Kontaktsprachen untersucht gehören, um dem Terminus I n t e r f e r e n z gerecht zu werden. Auch die einzelsprachlich interne Interferenz (wie z. B. im Gottscheer Dialekt zwischen der starken und der schwachen Bildungsweise des Präteritalpartizips) wären in solche sprachlichen Untersuchungen aufzunehmen. Interferenz wird in ihrer Stärke von größtenteils extralingualen Faktoren gesteuert, wie Nation, Volk, Gesellschaft, 1

JUHÄSZ, J. Probleme der Interferenz. München 1970, 15.

2

So ist auch Weinreichs "INTERFERENCE phenomena" zu verstehen. In: WEINREICH, U. Languages in Contact. 1953. (Eighth printing). The Hague-Paris 1974, 1.

36

Politik u. a. . Diese außersprachlichen, auf die Sprachver2 Wendung wirkenden Regelmechanismen werden daher unter 3 dem Begriff I m p o r t a n z zusammengefaßt. Dazu gehört neben den bereits genannten Faktoren auch die unter außersprachlichen Voraussetzungen zuerst erlernte Sprache des Individuums. Im sprachlich-psychischen Bereich wirkt sich diese Importanzrelation in der D o m i n a n z eines der interferenten Systeme aus. Hier zeigt sich bereits die bedeutende Rolle, die der Sprachpsychologie in der Interferenzforschung zukommt, denn von ihr müssen die psychischen Prozesse der Importanz-Dominanz-Interrelation aufgedeckt werden. Das Dominanzgefüge ist überall dort anzunehmen, wo Interferenz zwischen Einzelsprachen oder ihren Subsystemen besteht. Interferenz ist daher als Oberbegriff anzusehen; sie wird durch außersprachliche Importanz so verstärkt, daß sich unter deren Zwang ein zumindest zeitweilig wirkendes 4 Dominanzgefüge aufbauen kann . Im Gegensatz zu JUHÄSZ (1970, 12 und in LGL 1973, 457b) wird hier Interferenz NICHT als Prozeß, sondern als der vor und während eines Prozesses wirkende Zustand bezeichnet; daher kann Interferenz auch nicht als Verletzung der Norm (d. h. als Prozeßergebnis) definiert werden. Die in diesem Zusammenhang genannten Begriffe "switching" und "borrowing" (JUHASZ 1970, 11) zeigen zwei Seiten der Interferenz, jedoch ist "code switching" vom Faktor der Redesituation abhängig und im sprachlichen Kontakt ein Problem des Bilinguismus, wenngleich auch hier im einzelsprachlichen Bereich (zwischen Soziolekten) monolinguale Interferenz auftreten kann. Zu diesem Begriff: LIPOLD, G. Kontinuität und "Gesunkenes Sprachgut". In: Österr. Literatur zur Zeit der Babenberger. Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie 10. Wien 1977, 118. JUHASZ 1970, 10 nennt das den "Substitutionsdruck".

37

Dominanz ist die Erhöhung der Interferenzspannung über die "sprachliche Reizschwelle" hinaus. Die psychische Komponente zeigt sich nirgendwo stärker als in dieser Erscheinung. Allerdings hängt die Dominanz auch von dem Gefüge der Sprachen/Subsysteme im Erlernungsprozeß beim Individuum ab. Die primäre Sprache kann ihre Dominanz über sekundäre, d. h. später erlernte (Sub)Systeme geltend machen und umgekehrt. Das "Rozencvejgsche Axiom" für das Verhältnis "primär/sekundär".

ist Voraussetzung

Das zuerst erlernte

System m u ß zur Zeit eines bestimmten (untersuchten) Kommunikationsvorganges n i c h t tatsächlich "primär" sein. Die Bezeichnung "primär" ist daher im Bezug auf die Kompetenz zu verstehen. Je umfassender die Kompetenz eines Menschen in einer der beherrschten Sprachen/Subsysteme ist, umso höher rangiert diese Kompetenz im Dominanzgefüge; die relativ umfassendere Kompetenz wird als primär angesehen, bis das Gefüge durch äußere Faktoren gestört oder gar umgekehrt wird. Wenn Dominanz die Stärke der Interferenz erhöht, und wenn es einen Schwellenwert für die tatsächliche Auswirkung der Interferenz gibt, so muß notwendigerweise auch eine Kraft angenommen werden, die der gewichteten Interferenz

2

ent-

gegenwirkt, eine Kraft, die im Einzelsystem quasi zentripetal wirkt: die S y s t e m k o h ä r e n z . Darunter ist im Bereich der Sprachgemeinschaft die Menge der gemeinsamen Kodeverwendungen trotz der anderen vorhandenen und interferenten 1

2

Zit. nach JUHASZ 1970, 11: "Es muß als Axiom gelten, daß es eine Zweisprachigkeit ohne Interferenz nicht gibt". ROZENCVEJG.V. Ju. O jazykovych kontaktach. Voprosy Jazykoznanija 1963/3, 57 - 66. Übersetzt von JUHASZ. Sonst nicht zugänglich. Vgl. LIPOLD, G . , 1977, 119.

38

Systeme zu verstehen. Solange sich keine Auswirkungen der Interferenz zeigen, bleibt die Sprachgemeinschaft inaktiv. Sie entscheidet über den Gebrauch und die Akzeptabilität von Neuerungen, ob sie nun von innen oder von außen kommen mögen. Beim Einzelsprecher wäre unter Systemkohärenz etwa die Systemfestigkeit zu verstehen, d. h. Interferenz ist zwar vorhanden, hat aber keine Auswirkung, weil dem Sprecher das System von der Aktivierung der gespeicherten semantischen Einheiten über die lexikalischen und syntaktischen Regelmechanismen bis zur phonetischen Realisierung geläufig ist. Er ist systemfest ("ortsfest"). Dazu kann auch ein individuelles Beharrungsvermögen kommen und auch das Bewußtmachen von Regelabläufen (z.B. durch den Sprachunterricht in der Schule). Diese Systemkohärenz wirkt sich im Ablehnen aller nicht dem Primärsystem angehörigen sprachlichen Verhaltensmuster aus. Je umfassender aber die Kompetenz einer anderen Sprache wird, umso eher kann auf Grund der sich einstellenden Dominanzrelation die Kohärenz des einen Systems abnehmen. Die Entspannungsschwelle wird durch die Transferenz überschritten. Transferenz ist die Auswirkung des Spannungszustandes Interferenz.Sie ist Spannungslösung durch Systemsprung. Während die Interferenz als heteroglotte Spannung wirkt, und Transferenz als heteroglotte "Kippwirkung" der Interferenz anzusehen ist, kann der möglicher Weise darauf folgende Prozeß der I n t e g r a t i o n als tautoglott angesehen werden . So sieht MUNSKE (LGL 1973, 492a) Transferenz als "actio" und Integration als "reactio" an und nennt sie die beiden "Richtungen der Interferenz". Die Verschiedenheit der beteiligten Sprecher kann ein Kennzeichen sein: "Transferenz er-

39

Integration muß - wie allein die Fremdwörter im Deutschen zeigen - nicht unbedingt stattfinden. Erst Transferenz und Integration sind als Innovationen (wie oben im Zitat aus Wiesinger

1973, 369a) im Idiom eines bestimmten Areals

anzusehen . Auch Transferenz und Integration sind einer Steuerung unterworfen; hier kommt die Sprachgemeinschaft als funktionierende Gruppe stärker zum Tragen. Ihr obliegt die Annahme oder die Ablehnung individuell an sie herangetragener Transferenzen. Sie wird einer Transferenz umso höhere Akzeptabilität zubilligen, je mehr Mitglieder diese Transferenz verstehen, weil sie ebenfalls eine Kompetenz der anderen Kontaktsprache besitzen. Auch die Akzeptabilität ist von äußeren Faktoren (technische und andere Innovationen) und von sprachinternen Voraussetzungen abhängig. Der Gebrauch einer Transferenz und die oft darauf folgende Anpassung an das System ist bereits ein diachroner Schritt. Interferenz ist auf allen sprachlichen Ebenen möglich, vor 2 allem, wenn Divergenzen vorliegen . Divergenzen sind auch dann vorhanden, wenn nur eine der Kontaktsprachen über ein 3 bestimmtes Sprachliches Muster verfügt . folgt zunächst durch relativ wenige biliguale Sprecher, Integration durch die gesamte Sprachgemeinschaft oder Gruppen in ihr". MUNSKE, LGL 1973, 492a. Die deutschen Bezeichnungen Lehnwort und Fremdwort sind daher als Teilmengen von Integration (Lehnwort) und Transferenz aufzufassen. l

JUHASZ 1970, 92 konnte aber auch zeigen, daß in geringem Ausmaß auch bei "Kontrastmangel" Interferenz wirksam wird und Innovationen herbeiführen kann. ROSENFELD, H. F . , Germanische Sprachen und Gesamtsprache. In: LGL 1973, 481a, nennt als Beispiel lat.-gr. monachus, für das keine frühdeutsche Entsprechung vorhanden war. Erst durch semantische Transferenz konnte nach dem lat. Muster das dt. Wort einsidilio neu gebildet werden. Auf diese Divergenzen mit Null soll hier nicht eingegangen werden.

40

Daraus folgt, daß Konkurrenz

bloß einen Sonderfall in der

Auswirkung der Interferenz darstellt. Interferenz ist eine sprachliche Möglichkeit, die als solche dort voraussagbar ist, wo Divergenzen existieren.

Trans-

ferenz ist dagegen aktualer Schlußpunkt eines gerichteten paradigmatischen Lösungsprozesses und nicht voraussagbar, sie ist syncnrone Projektion diachron vor sich gehenden Spannungsabbaues zwischen Kontaktsystemen. Die im gegenwärtigen Fall maßgebliche Erscheinung der Integration spielt sich im monoglotten Bereich der Sprachgemeinschaft (die nicht mit der Interaktionsgemeinschaft identisch ist) ab, wobei die Integrationsregeln ("Substitutionsge2 setze" ) bei gleichen Kontaktsprachen oft beträchtliche areale 3 Unterschiede und Ergebnisse aufweisen können . Wie bereits erwähnt, soll der Begriff der Norm, wie ihn J u h a s z

(1970, 33 - 39) verwendet, ausgeklammert bleiben.

Gerade im Zusammenhang mit J u h a s z ' Untersuchung wird deutlich, daß es ihm nicht so sehr um "Norm" im linguistischen 4 Sinn geht, sondern um N o r m i e r u n g , wie sie in den zur

1 2

Wie etwa bei WEINREICH 1974, 9 das Beispiel 'book' / 'kniga'. KRANZMAYER, E. Historische Lautgeographie des gesamtbairischen Dialektraumes. Wien 1956. E. 34 u. ö.

3

Vgl. dazu KRANZMAYER, E. Zur Methodologie der Lehnwort und Ortsnamenkunde in der Wörterbuchkanzlei und der Kommission für die Erforschung der bairischen Mundarten in Österreich. In: Anzeiger der phil. -hist. Klasse der Österr. Akademie der Wissenschaften, Wien 1968, 168. LIPOLD, G. Einführung in die deutsche Phonetik und Phonologie. Wien 1977, 63. Norm wäre eher als Bandbreite der Gebrauchsmöglichkeiten innerhalb der Einzelsprache denkbar. So gesehen ist sie nur negativ definierbar.

4

41

Erlernung von Fremdsprachen hergestellten normativen Grammatiken und Grammatikbeschreibungen zu finden ist . Ohne den Wert der normativen Grammatik im Fremdsprachenunterricht herabsetzen zu wollen,

muß aber doch mit aller

Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, daß auf Grund des Unterschiedes zwischen Norm und Normierung die Interferenz der natürlich erlernten Sprache mit einer durch Sprachunterricht erlernten auf einer völlig anderen Ebene zu beurteilen ist, da auch das psychische Feed-back anders gelagert ist. Für diese Art der Interferenzforschung ist der Begriff "inter2 linguistik eher angebracht. Die hier ausschlaggebende Art der Interferenz ist auf alle Fälle die ursprünglichere (man verzeihe den unlogischen Komparativ!), weil sie in den meisten sprachlich-völkisch-kulturellen Kontaktgebieten (zumindest in Europa) zu finden ist: die Interferenz zwischen zwei natürlich erlernten Sprachen. Diese beiden Arten der Interferenz, die "erlernte" und die "erworbene", sind daher, soweit das möglich ist, zu trennen. Die Untersuchung dieser zweiten Art Interferenz ist allein auf identifikativem Weg über Performanz und Kompetenz des einzelnen möglich. Daß dabei das systemabhängige "Bindeglied" 3 des U s u s (Gebrauch, b e i C o s e r i u "Norm") postuliert werden kann, ist offenkundig; allein der Zugang zu diesem Bereich ist, wie bereits gesagt, nur über die Verwendung der Individualkompetenz möglich. *

2 3

Daß JUHASZ nur Normierung meint, die keine Variation duldet, zeigt sich in seinem Kapitel über "Verhältnis des Richtigen zum Falschen". WANDRUSZKA, M. Interlinguistik. München 1971. System, Norm und Rede. In: COSERIU, E. Sprache, Strukturen und Funktionen. Tübingen 1970, 193 - 211.

42 Interferenzbedingungen

- Gottsahee

Im besonderen Wirkungsbereich der diaglotten Interferenz sind zweifellos die bairischen (und anderen) Außengründungen des Mittelalters

heute anzutreffen. Die Auswirkung besteht

aber nicht in fremdsprachlich

- deutschen Transferenzen,

sondern vielfach in der Ablehnung der fremdsprachlich

be-

dingten Innovationen durch bewußte Betonung des deutschen Volkstums, was den Dominanzverhältnissen der Besiedlungszeit entsprechen mag. Die in den verkehrsfernen Hochtälern des Alpenraumes gelegenen konservativen bairischen Mundarten zeigen gegenüber den Innovationen, die durch benachbarte verkehrsaufgeschlossene

Mundarten herangetragen werden, 2 eine ähnlich ablehnende Haltung . Nach Ende des direkten Kontaktes mit dem Binnenland (auf

Grund der Auflösung der Herrschaftsverhältnisse

und der

Gewinnung der wirtschaftlichen Selbständigkeit) ebnet sich das Dominanzverhältnis der Kontaktsprachen in diesen Enklaven zugunsten der Fremdsprache langsam ein. Innovationen, die aus dem anderen ethnischen Bereich stammen, ziehen sprachliche Transferenzen in die deutsche Mundart nach sich. Die lange nach der Besiedlungszeit aufkommende nationale Hochsprache kann als "mterferentes System ohne Interaktionsgemeinschaft" erst und nur dann wirken, wenn sie über deutsche Schulen herangetragen wird. Die relativ geringe kommunikaIn diesem Zusammenhang von "gleichsam eingefrorenen Sprachbeständen" zu sprechen, ist reichlich übertrieben: HORNUNG, M. Sprachmischung im ostoberitalienischen Sprachinselraum. In: Sprachliche Interferenz, Festschrift für W. Betz Tübingen 1977, 199. Darüber ausführlich KRANZMAYER, E. Die Sprachaltertümer in den Mundarten der Tiroler Hochtäler. In: Zeitschrift für Mundartforschung 27, 1960, 162 u. ö.

43 tive Reichweite des auf die Enklave beschränkten dialektalen Systems kann mithelfen, daß das Dominanzverhältnis und damit die Transferenzrichtung gegenüber der Besiedlungszeit geradezu umgekehrt wird . Diesem Druck wirkt in vielen Fällen allein der gemeinechaftsbildende und -erhaltende Faktor der deutschen Mundart entgegen. Die heutige sprachliche Situation in den Resten der ehemaligen Sprachinsel Gottschee ist bestimmt von der Interferenz, die durch die Importanz des Slowenischen in allen außersprachlichen Belangen, durch die nur noch im kleinsten Bereich aufrecht erhaltene kommunikative Funktion des Gottscheerischen und die politische Auflösung der Sprachgemeinschaft, als beinahe einseitiges Spannungsverhältnis beschrieben werden kann. Die meisten der dort verbliebenen Gottscheer sind zweisprachig, wobei das Slowenische als Amts- und Umgangssprache, das Gottscheerische als Haussprache fungiert, sofern die gesamte Kleinstgemeinschaft noch eine gottscheerische Kompetenz besitzt. Die oft anzutreffenden slowenisch-gottscheerischen Mischehen haben nur zum Teil bewirkt, daß der slowenische Ehepartner sich eine Kompetenz der Gottscheer Mundart angeeignet hat. Darüber hinaus gibt es noch einige ältere Slowenen, die durch den engen sozialen und wirtschaftlichen Kontakt mit den Gottscheern vor der Aussiedlung noch eine ausreichende gottscheerische Kompetenz besitzen

und diese - oft um den Gesprächs2 inhalt geheimzuhalten - verwenden . 1

Vgl. KÖRNUNG 1977 (wie Fußnote l, S. 42), 212 - 213.

2

LIPOLD, G. Die Formantverhältnisse im System der nichtnasalen Kurz- und Langvokale der Ortsmundart von Pöllandl ( Sprachinsel Gottschee). In: Anzeiger der phil. -hist. Kl. der Österr. Akademie der Wissenschaften, Jg. 113/3, 1976, 55.

44

Eine Reihe von Gottscheern mit slowenischem Ehepartner lehnen die Kommunikation in dem von ihnen als minderwertig betrachteten deutschen Dialekt ab. Einzelpersonen Gottscheer Herkunft haben oft mangels Kommunikationspartners

bedeu-

tende Einbußen ihrer gottscheerischen Kompetenz aufzuweisen. Vor allem in der Betonung zeigen sich hier die deutlichsten slowenisch-gottscheerischen Transferenzen, die aber auch auf den anderen Ebenen (Lexik, Syntax) festzustellen sind. Die heute in Österreich ansässigen Gottscheer sind ebenfalls der Interferenzsituation ausgesetzt. Bei ihnen ist es das im Herkunftsgebiet andersgeartete Quantitätengefüge, das z. B. in Kärnten bei den jüngeren Sprechern deutliche Spuren kärntnerischer Transferenzen zeigt. In den mittelbairisch-südbairischen Mischzonen der Steiermark treten durch Interferenz Neutralisierungen der gottscheerischen Phoneme /b/ und /v/ in bestimmten Positionen auf , die langen mittleren und hohen Vokalphoneme des Gottscheerischen werden entsprechend den Realisierungsregeln des Steirischen oft diphthongisch realisiert Im Wortanfang tritt vor allem in mittelbairisch determinierten Mundartgebieten vielfach Neutralisierung der gottscheerischen 2 Phoneme /d/ - /t/ ein . Die sprachliche Situation in der Zwischenkriegszeit zeigt eine durch den Überlebenskampf bedingte Betonung des deutschen Elementes. Diese Einstellung hatte bereits um die KRANZMAYER, E. Historische Lautgeographie. .. a.a.O. § 25a. Vgl. dazu die Primärmerkmale der Kärntner und der Steirer Mundart in KRANZMAYER E. Sprachschichten und Sprachbewegungen in den Ostalpen. Arbeiten zur Bayerisch-Österreichischen Dialektgeographie 2. Wien und München 1931 und in KRANZMAYERs Historischer Lautgeographie. . . a.a.O. § 27b4.

45

Mitte des vorigen Jahrhunderts eingesetzt. Aus diesem Grund sind die Informanten über 70 sehr ortsfest geblieben, während die unter 55-jährigen verschieden starke Tendenzen nicht bloß zum o. a. innergottscheerischen Normausgleich, sondern auch zur deutsch(mundartlich) -· gottscheerischen Transferenz aufweisen können. f)

Forschungsstand Schon früh hat Sprache und Brauchtum der Gottscheer die Reiseliteratur und die Historiographie beschäftigt. Die Notizen J. W. V a l v a s or s Die Gottscheer. . . reden alle Teutsch, doch ziemlich grob, wie die Francken die Bauren, und kann man sie nicht leicht verstehen, da sie doch hingegen einen jedweden Teutschen verstehn. l und

über das ist ihre Sprache recht altvaterisch und grob= Teutsch und begreifft gar alte Teutsche Worte 2 sollen hier für die zahlreichen früheren Hinweise auf die "Sprache" der Gottscheer stehen. Vor allem die Herkunft der Gottscheer war lange Zeit unklar gewesen, die Autoren vor und nach V a l v a s or

bis ins 19.

Jahrhundert trugen zahlreiche Hypothesen dazu vor. Eine Reihe dieser oft phantastischen Annahmen war auf die altertümlich klingende Sprache gestützt. Ihre Sprache ist ein veraltetes grobes Deutsch, ohne Einmischung slavischer Wörter, welches aber den jetzigen Deutschen umso unverständlicher wird, weil sich die 1

VALVASOR, J.W. Die Ehre des Herzogtums Krain, LaibachNürnberg 1689, Nachdruck Rudolphswerth 1877 - 1879, Bd. 2, 300.

2

VALVASOR, J.W. , a.a.O., Bd. 3 / 2 , 195.

46

heutigen Mundarten von der altdeutschen Sprache entfernen ... l Der so sprechende J. L a u r e n t gibt aber auch als erster Andeutungen über die Interferenz mit dem umgebenden Slowenischen: Die wenigsten aus ihnen, und zwar nur jene, die auf Handlung ausgehen, verstehen die krainisch=slavische Sprache. Deßwegen ist ihr angestammtes Deutsch noch eben so wenig durch das slavische der Krainer verfälscht, als durch eine gebildetere Cultur verfeinert oder verändert worden. . . 2 So wird die Auswirkung der Interferenz mit dem Slowenischen als ebenso gering bezeichnet wie die mit der Schrift- und Standardsprache. Auch der erste Hinweis auf Allegroformen 4 im Gottscheerischen ist L a u r e n t zu danken: ". . . die

3

meisten Worte werden verschlungen". Klun äußert sich bei Firmenich

ähnlich: "zudem reden sie sehr schnell".

Bereits 1863 berichtet der Laibacher

protestantische

Geistliche Th. E l z e über die Voraussetzungen der Interferenz bei den Gottscheern

[LAURENT, J.] Das Herzogthum Gottschee. In: Illyrisches Blatt, Nr. 38/1839, 154. LAURENT, J. , ibid. Zum Begriff vgl. DRESSLER, W. , Methodisches zu AllegroRegeln. In: Phonologica 1972. Akten der 2. internationalen Phonologietagung Wien, 5. - 8. September 1972, MünchenSalzburg 1975, 216 - 234. LAURENT, J. , ibid. FIRMENICH, J.M. Germaniens Völkerstimnien, Bd. 3, Berlin 1854 (Nachdruck Osnabrück 1968), 416.

47 Gegen die umwohnenden Slawen schließen die Gotschewer sich streng ab. . . , selten nur finden Ehen zwischen diesen und jenen Statt. Aus dieser scharfen nationalen Scheidung ist es zu erklären, daß bis heute noch, außer einigen wenigen slavischen Sitten, Worten und Ausdrucksweisen, der deutsche Charakter des Gotschewers ganz rein und unvermischt geblieben, l Daß aber bereits die innersprachliche Interferenz mit den binnendeutschen Ausgleichsnormen ihre Wirkung zeigt, ist ihm ebenso bewußt wie der Grund für diese Interferenz, der im Hausiererwesen

zu suchen ist. Das 1492 (Linz, 23. 10. ) 2 verliehene Hausierpatent Kaiser Friedrichs III. ermöglichte den Handel mit selbst erzeugten Gütern im ganzen Reich. Die Handel treibenden Männer blieben den ganzen Winter über aus und brachten neben sachlichen auch sprachliche Innovationen aus dem - größtenteils deutsch sprechenden - österreichischen Imperium mit. E l z e liefert auch die erste ausführliche Beschreibung der Mundart und meint unter Bezugnahme auf areale Unterschiede im Gottscheerischen Die Got s ch ew er M u n d a r t charakterisirt sich zunächst durch die Aussprache der Vocale, in welcher jedoch die verschiedenen Thäler und Kirchspiele des Landes sich unterscheiden 3 Neben einer - zwar unwissenschaftlichen, aber der genauen Beobachtung entspringenden - Beschreibung der Aussprache 1

ELZE, Th. Gotschee und die Gotschewer. Eine Skitze. In: 3. Jahresheft des Vereines des krainischen Landes =Museums, Laibach 1862, 22 f. Über einige konkrete Fälle a.a.O. , 45 - 46.

2

JONKE, P. Geschichtliches. In: Jubiläums-F.estbuch der Gottscheer 600-Jahrfeier. Gottschee 1930, 21.

3

ELZE, Th. , a.a.O. , 42.

4

ELZE, Th. , a. a. O. , 42 - 45.

48

und dem seither üblich gewordenen Abdruck einiger Gottscheer Lieder

bringt er auch einen Vergleich der Gottscheer

mit der Zarzer Mundart an Hand des in beiden Dialekten abge2 druckten Vaterunsers . Das aufschlußreichste Material bietet 3 er aber im ersten Glossar der Gottscheer Mundart , in dem auch eine Reihe von beachtenswerten etymologischen Erklärungen enthalten sind. Diese wertvolle erste Behandlung des Gottscheer Dialektes zeigt aber auch alle Züge einer frühen Darstellung. Der weitgereiste Historiker E l z e

glaubte im Gottscheer Dialekt

mit der fränkisch=hennebergischen Mundart ganz auffallende Ähnlichkeit 4 feststellen zu können. In seiner 1900 posthum erschienenen Rechtfertigung dieses Standpunktes

versucht er, nicht ohne

sich mit den inzwischen publizierten Untersuchungen Josef fi

7

O b e r g f ö l l s , Carl v. C z o e r n i g s , Karl J. 8 9 S c h r ö e r s u n d Adolf H a u f f e n s auseinandergesetzt 1 2 3 4

ELZE, ELZE, ELZE, ELZE,

5

ELZE, Th. Die Abstammung der Gotschewer (Gottscheer). Sind die Gotschewer fränkischen oder bairischen Stammes? In: Mittheilungen des Musealvereines für Krain 13, 1900, 93 - 132.

6

OBERGFÖLL, J. Über die Herkunft der Gottscheer. In: Deutscher Kalender für Krain auf das Schaltjahr 1888, hg. v. W. Linhart, Laibach (1887), 1 - 2 4 . - Derselbe, Die deutsche Sprachinsel Gottschee. In: Dt. Kalender f. Krain auf d. Schaltjahr 1896, Laibach (1895), 47 - 56.

7

CZOERNIG, C. Frh.v. Die deutschen Sprachinseln im Süden des geschlossenen deutschen Sprachgebietes in ihrem gegenwärtigen Zustande. Klagenfurt 1889. SCHRÖER, K.J. Wörterbuch der Mundart von Gottschee. Wien 1870.

8 9

Th. , Th. , Th. , Th. ,

a.a.O., a.a.O. , a.a.O. , a.a.O.,

33 - 39. 39 - 40. 47 - 66. 44.

HAUFFEN, A. Die deutsche Sprachinsel Gottschee. Quellen u. Forschungen zur Geschichte, Litteratur und Sprache Österreichs und seiner Kronländer III. Graz 1895.

49

zu haben, eine kontrastive Darstellung zu den übrigen deutschen Dialekten, vor allem aber dem hennebergischen. Auch er übersieht die sprachliche Nähe zur Zarzer Mundart, für die, wenngleich sie altertümlicher

ist, eine andere als

Pustertaler Besiedlung ausgeschlossen ist, zumal die Zarzer wie auch die Deutsch-Ruther noch 1875 nach Innichen im Pustertal das "Käfergeld" sandten, eine Kirchenspende, die vor Insektenfraß bewahren sollte. Dieses Umstandes wird in der Literatur zur Geschichte und der Mundart in der Sprachinsel Gottschee häufig Rechnung getragen ; die sich daraus ergebenden Schlüsse werden aber noch nicht gezogen. Auch die Siedlungs- und Familiennamen scheinen nach 2 E 1z es Meinung auf das Fränkische hinzuweisen . Allerdings macht er sich nicht die Mühe, das Bairische systematisch auf Divergenzen und Konvergenzen zum Gottscheerischen zu untersuchen, was bereits C z o e r n i g

zu der Bemerkung

veranlaßt Sprachproben. . . bringen auch nicht. . . einen ganz directen Beweis.·^ Die Hypothesen einiger wissenschaftlicher Gegner Elzes sind 4 womöglich noch phantastischer. G e h r e schließt sich 1

Dazu CZOERNIG (wie Fußnote 7, Seite 48), 16. Vgl. dazu auch die Anmerkung über Czoernigs Besuch in der Sprachinsel und über die Interferenzerscheinungen bei GEHRE, M. Die deutschen Sprachinseln in Österreich. Großenhain 1886, 47-48. Auch durch SCHRÖER (wie Fußnote 8, S. 48) 31 und andere Mitteilungen hätte Elze von der Historie der Zarzer ausführliche Kenntnis haben können.

2

ELZE, Th. 1900, a . a . O . , 131 - 132.

3

CZOERNIG, wie Fußnote 7, S. 48, a.a.O., 20.

4

GEHRE, wie Fußnote l , a . a . O . , 54.

50

früheren Vermutungen an, daß die Gottscheer Nachkommen eines Vandalenrestes seien. O b e r g f ö l l

nimmt verschiedene

Besiedlungsschichten an, in denen die Langobarden ebenso vertreten sind wie die Franken, die Schwaben und die Thüringer. Dabei zieht er als "Beweis" vor allem die Familiennamen heran und ihre (1888 bestehende) lautliche Ähnlichkeit mit den Namen der genannten Dialektgebiete (ebenfalls nach dem Stand von 1888). Die Herkunft aus Thüringen wird immer wieder erwogen, weil V a l v a s o r eine nicht mehr aufzufindende Kalendernotiz des Bischofs von Laibach, Thomas Chrön, aus dem Jahre 1509 angibt, deren Original sich im Archiv von Bischoflack/Skofja Loka befinden soll: Carolus IV. Imperator, Rex Bohomiae, devictis Franconibus & Thuringis, ad petitionem Friderici, Comitis ab Ortenburg, dedit ei trecentos viros, cum Conjugibus & liberis, in servitutem; qui alias debebant puniri propter rebellionem: Quos transmisit ad silvas, ubi nunc Gottsevia est: Qui processu temporis, excisis arboribus, septem Ecclesias parochiales erexerunt. 2 V a l v a s o r selbst hängt der Gotenhypothese an, die besagt, daß die Gottscheer ein Überrest von während der Völkerwande3 rung versprengten Goten seien . Eine wirklich umfassende und ziemlich genaue Darstellung des mundartlichen Wortschatzes, allerdings ohne dialekt4 geographische Gliederung, i s t S c h r ö e r zu danken, 1

OBERGFÖLL, J. , wie Fußnote 6, Seite 48, 18 - 20.

2

VALVASOR, J. W. , wie Fußnote l, Seite 45, Bd. 3 / 2 , 194.

3

VALVASOR, J.W. , ibid.

4

SCHRÖER, wie Fußnote 8,

Seite 48.

51

der nach dem ihm zu Verfügung stehenden mundartlichen Aufnahmematerial von 1867 und unter dem Eindruck der damals geltenden Markomannentheorie (für die Abstammung der Baiern) meint, es sind im Ganzen Markomannen, die Mundart hat im Ganzen den Charakter der baierisch-österreichischen Ostlechmundarten. l In einer Lautbeschreibung bespricht er vor allem die offensichtlichen Divergenzen zu den südbairischen Mundarten des Binnenlandes, wie das den frühen südbairischen Außengründungen gemeinsame [ s / 2 ] für altes (germ. ) /s/ gegenüber [s] für ahd. /3/ (Produkt der 2. Lautverschiebung).

Auch

die Vokalisierung des /!/ zu [ U ] in einigen Gebieten der 3 Sprachinsel wird genannt, oder die Gottscheer Entsprechungen [»oe]für mhd. /ei/ und [ a ] für mhd. / e / . Eine genaue Beschreibung der Sprachinselvolkskunde unter gelegentlicher Bezugnahme auf den Dialekt der Gottschee wird von Adolf Ha u f f e n

1895 vorgelegt. Er erhebt

den Anspruch,

r?

die "erste grammatische Darstellung"

der Sprachinsel verfaßt

zu haben. Diese Darstellung gelingt trotz ihrer Kürze nach den 7 damaligen Verhältnissen relativ genau . Sie ordnet in der Art 1

SCHRÖER, wie Fußnote 4, Seite 50, 17.

2

SCHRÖER, a . a . O . , 22 - 24.

3

SCHRÖER, a.a.O. , 24.

4

SCHRÖER, a.a.O. , 26.

5

HAUFFEN, A. , wie Fußnote 9, Seite 48.

6

HAUFFEN, A . , a . a . O . , 19 Fußnote 5.

7

HAUFFEN, A . , a . a . O . , 21 - 32.

52

der damaligen Lautlehren den phonetischen Teil nach den mhd. Entsprechungen der "Laute". Erstmals bringt diese Arbeit eine dialektgeographische Gliederung der Sprachinsel: Im allgemeinen kann man fünf Untermundarten,nach den fünf Hauptgebieten, Land, Hinterland, Unterland, Waldviertel und Mosche unterscheiden. Meine grammatische Darstellung richtet sich im wesentlichen nach der Mundart des Unterlandes, in der auch die Mehrzahl der Lieder aufgezeichnet sind.. . Die Unterschiede sind am größten in der Wortwahl. Im "Land" ist der schriftdeutsche, in der Mosche der slowenische Einfluss am stärksten, l Mit einer sehr allgemeinen Darstellung der lautlichen Unterschiede zwischen den "Untermundarten" schließt die Untersuchung des Dialekts. Auch H a u f f e n setzt sich mit der Interferenz im Gottscheer Gebiet auseinander und bringt als erster Beispiele für Transferenzen aus dem Gottscheerischen in das 2 Slowenische , allerdings ohne die Erscheinung richtig deuten zu können. So schreibt er z. B. , daß das zentralisierte [ü] wie in [tü.-ra;] "durch" nicht bloß ein Gottscheer Erkennungszeichen sei, auch die benachbarten Reifnitzer und Tschernembler unterscheiden sich von den übrigen Slowenen durch die dem ü ähnliche Aussprache des u. 3 Die erste wissenschaftlich fundierte Arbeit über den Gottscheer Dialekt ist Hans T s c h i n k e l s Grammatik der Gottscheer Mundart. Halle a. S. 1908. Auch er legt seiner Darstellung die Mundart e i n e r Landschaft zu Grunde. Da ich die Mundart meines Geburtsortes Lichtenbach (Untere Seite) am besten kenne - ich lernte das Schriftdeutsche zuerst in der Schule -, habe ich sie zur Grundlage 1

HAUFFEN, A . , a . a . O . , 31 - 32.

2

HAUFFEN, A . , a.a.O., 31, Fußnote 1.

3

HAUFFEN, A . , a . a . O . , 31.

53

der ganzen Darstellung gemacht; die angeführten Formen gelten, wofern nicht anders gesagt ist, für diesen Ort. l Von den drei großen Teilen dieser Untersuchung nimmt die Lautphysiologie den ersten fast völlig ein. Hier werden aber nicht rein synchrone Realisierungen behandelt, sondern auch diachrone Erscheinungen, wie etwa die falschen Silbentrennungen und sich daraus ergebende Proklise oder Apokope, ' ' 2 z. B. im Suchener Gebiet [an "ökss] "ein Ochse"-' [a 'nökss] und [a 'nds:t h ] "ein Nest" - [an 'as:t h ] 3 . Auch Silbenbildung und Akzent werden hier behandelt, allerdings kommt die Beschreibung der für die zusammenhängende Rede der Gottscheer 4 so wichtigen Allegroform zu kurz . Über Fälle wie die folgenden wird später noch ausführlich berichtet· mit "Allegro" sind beispielsweise Verkürzungen gemeint vom Typus [ 'bu:as 'hot ,ar 'pru:xt] "was hat er gebracht 9 " zu [ ' b u s t r ' p r u . - x - 1 ] oder ['bti: , p i j t ' t u - g s ' b ä : n ] "wo bist du gewesen?" zu [ , b u '

$ '

·] .

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der diachronen Lautlehre, in der das Teilsystem der Gottscheer Konsonanten mit dem Germanischen und das Teilsystem der Gottscheer Vokale mit dem Mittelhochdeutschen kontrastiert wird . Ein dieses Kapitel abschließender Abschnitt über die relative "Zeit-

1

TSCHINKEL, H., a.a.O., VII.

2

TSCHINKEL, H., 1908, 45.

3

TSCKINKEL, H., 1908, 46.

4

TSCHINKEL, H., 1908, 73 tut dieser Erscheinung nur in einem Nebensatz Erwähnung.

5

TSCHINKEL, H . , 1908, 101-234.

54

folge der Lautwandlungen" bedarf einer späteren, ausführlichen Diskussion. Im dritten Teil wird die Flexionslehre von Lichtenbach abgehandelt, wobei gelegentlich auf die übrigen Gebiete verwiesen wird . Einen kleinen Ausschnitt der Flexion, nämlich den im Gottscheerischen massiv auftretenden Genitivformen auf -s, ist T s c h i n k e l s Aufmerksamkeit in einer kleineren 3 Schrift gewidmet. Martin W u t t e s etwa zu gleicher Zeit erschienene Studie 4 über die "sprachlichen Verhältnisse in Krain" versucht unter Einbeziehung der Historie, das zu Beginn unseres Jahrhunderts in Krain, und besonders in Gottschee, herrschende Verhältnis Deutsch-Slowenisch kartographisch

darzustellen.

Es zeigt sich, daß allein im Gerichtsbezirk Gottschee und einigen angrenzenden Gebieten, in denen Gottscheer wohnten, der deutsche Anteil der Bevölkerung mit etwa 75 % zwischen 1880 und 1900 gleichgeblieben, sonst überall in Krain gesunken ist . Nach seinen Angaben hielten sich im Jahre 1900 in der Sprachinsel 18 291 Menschen auf; nicht Inbegriffen sind die zu der Zeit vorübergehend abwesenden Hausierer. Außerdem schätzt W u t t e die Zahl der nach Nordamerika ausge-

1

TSCHINKEL, H . , 1908, 233 f.

2

TSCHINKEL, H . , 1908, 235 - 306.

3

TSCHINKEL, H. , Der Genitiv in der Gottscheer Mundart. In: Prager Dt. Studien 8 (Fs. f. J. v. Kelle), 1. Teil, Prag 1908. 467 - 475.

4

In: Deutsche Erde 8, 1909, 12 - 22, mit einer Karte.

5

WUTTE,M. , 1909, 19.

55 reisten und ausgewanderten Gottscheer auf etwa zweitausend . 2 Die Behandlung der Mundart in Hugo G r o t h e s 1931 erschienenen volkskundlicher Monographie ist ein in den einzelnen Zitaten oft fehlerhafter Überblick über die bis 1930 publizierten Dialektbeschreibungen, der nur kurz auf einige schon durch T s c h i n k e l bekanntgewordene Kennzeichen der Mundart eingeht. Die Feststellung, "daß diese nicht leicht verständ3 lieh und ihre Entwicklung eine recht komplizierte ist" , charakterisiert das Werk und seine Einstellung zur Mundartforschung. Der Artikel "Gottschee" im Handwörterbuch des Grenz- und 4 Auslanddeutschtums aus der Feder Eberhard K r a n z m a y e r s räumt mit der Gotentheorie und der Frankenhypothese auf und weist erstmals auf das enggesteckte tirolisch-kärntnische Grenzgebiet als Herkunftsgebiet hin, nicht ohne die früher den Goten zugedachten Konvergenzen mit den südbair, Sprachinseln in den südbair. verkehrsfernen Gebieten nachzuweisen. Er betont, wie vor ihm Tschinkel, die Sonderstellung des Suchener Hochtales (durch zahlreiche phonologische, aber auch lexikalische, morphologische und syntaktische

Transferenzen

aus dem Slowenischen), dem 1971 durch Norbert A. W o l f , einen gebürtigen Gottscheer, eine Wiener Dissertation gewid1

WUTTE, M. , 1909, 21.

2

GROTHE, H. , Die deutsche Sprachinsel Gottschee in Slowenien. Deutschtum und Ausland 40/41, Münster 1931, 126 - 133.

3

GROTHE, H. , 1931, 133.

4

Bd. 3, Breslau 1938, 75 f. Außerdem in KRANZMAYER 1956.

5

Lautlehre der Mundart des Suchener Tales in der dt. Sprachinsel Gottschee.

56

met ist. W o l f

beschreibt nach der bei K r anz m ay e r 1956

(Hist. Lautgeogr. ) verwendeten Methode die phonetische Erscheinungsform der Mundart im Buchener Hochtal mit Hilfe eines teils mhd. (Vokalismus), teils spätahd. (Konsonantismus) Kontrastsystems. Der Wert dieser Arbeit liegt in der genauen phonetischen Beschreibung der Lautverhältnisse und in der Fülle des angeführten Wortmaterials. Seine Tonbandaufnahmen der Buchener Mundart sind größtenteils im Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

aufgestellt.

Es muß noch erwähnt werden, daß der oben beschriebene Sprecher l auch Herrn W o l f s Gewährsmann war, wie überhaupt der Bearbeiter dem freundlichen Entgegenkommen Herrn Wolfs nicht bloß Kontakte zu dessen eigenen Informanten, sondern auch zu anderen Gottscheern verdankt. Die von W o l f erarbeitete MikroStruktur der Buchener Mundart kann hier ebenso bestätigt werden wie seine Feststellung Da der Kontakt zwischen Gottscheern in ihrer neuen Heimat sehr lebhaft ist, besteht für die ehemaligen Suchenertalbewohner die Gefahr, selbst durch Gottscheer der restlichen Sprachinsel beeinflußt zu werden, l Der Bearbeiter vorliegender Monographie konnte im Gegensatz zu W o l f auch Tonbandaufnahmen von einigen in der Sprachinsel zurückgebliebenen Gottscheern des Suchener Tales anfertigen, die aber aus den bei W o l f (1971, 19 f. ) genannten Gründen hier nicht aufgenommen wurden. Zu der in Ansätzen strukturalistischen Arbeit Wo If s (etwa durch die Betonung des Reihenschrittprinzips - S. 20) wird im Laufe dieser Monographie noch Stellung bezogen. Als das aufwendigste Werk, sowohl den Umfang als auch die

l

WOLF, N. A. , 1971, 19.

57

Bearbeitungszeit betreffend, das bislang die Erforschung der Gottscheer Mundart zum Inhalt hatte, kann wohl Walter T s c h i n k e l s "Wörterbuch der Gottscheer Mundart" (Wien Bd. l 1973, Bd. 2 1976) bezeichnet werden . Meiner Be2 sprechung des ersten Teils ist hier hinzuzufügen, daß im zweiten Teil sowohl Abkürzungsverzeichnis als auch Lageskizzen der Sprachinsel und ein hervorragendes Ortsverzeichnis nachgetragen wurden. Über die Formantverhältnisse im Teilsystem der nicht variablen Vokale konnte der Bearbeiter 3 in anderem Zusammenhang berichten .

Dazu auch TSCHINKEL, W. , Aussage und Anlage des Gottscheer Wörterbuches. In: 640 Jahre Gottschee. Ulm 1970, 41-43. LIPOLD, G. , (Rez. ) TSCHINKEL, W. , Wörterbuch der Gottscheer Mundart. In: PBB 97, 1975, 184 - 189. DERS., 1976, 54 - 69.

59

PHONOLOGIE DER GOTTSCHEER MUNDART 1. ALLGEMEINE

VORBEMERKUNGEN

Die verkehrsgeographisch bedingte Differenzierung der phonologischen Strukturen und die in den einzelnen Gebieten der Sprachinsel unterschiedlich in Erscheinung tretende Anwendung der Sprechstile sollen in der folgenden Untersuchung auch durch die Gliederung der Kapitel ihren Ausdruck finden. Die getrennte Beobachtung bestimmter Erscheinungen - sie reichen oft von der lexikalischen bis in die phonische Ebene macht eine komplexe und auch genaue Beschreibung der phonologischen Strukturen möglich. Dabei sind Inventar und Regelapparat als dynamisch zu qualifizierende Begriffe weder in der Beobachtung noch in der Beschreibung bei allen auftretenden Fällen klar zu trennen. Inventar und Regelkorpus (das ist längst keine neue Feststellung mehr) sind in komplexer Weise ineinander verzahnt.

Das Dilemma, das durch

die genannte taxonomisch-kategorische Dichotomie Inventar vs. Regelapparat geschaffen wurde, läßt sich erst durch eine Prozeßphonologie überwinden, aber nicht beseitigen; nicht beseitigen, weil nach wie vor an der Theorie quasi-stationärer Phoneme festgehalten wird, gegen die kein Grund spricht; überwinden, weil die Phoneme allein in den kotextlosen Tiefenstrukturen anzunehmen, jedoch als "Momentaufnahme" des bei der Sprachverwendung kontinuierlich vor sich gehenden Repräsentationsprozesses zu betrachten sind. Eine Darstellung des Phoneminventars unterliegt immer der Beurteilung des Forschers: wertet er die Phoneme als statische Grundmuster von Merkmalen, dann ist das Phonem-

60

inventar für ihn eine (begrenzte) Menge von Elementen, die werden sie nach dem zutreffenden Regelapparat kombiniert nächsthöhere (ebenfalls statische) Einheiten bilden. Meint er, die Phoneme sind Prozeßmuster, so ist auch die Arbeitshypothese entsprechend zu ändern. Auch die mono- oder biphonematische Wertung ist oft eine vom Forscher in die Sprache hineingetragene Kategorisierung, daher soll hier nicht in den schwelenden Streit um die Wertung von Diphthongen und Affrikaten eingegriffen, sondern vom System her eine Lösung gesucht werden. Eine Theorienbildung widerspräche dem Ziel der Reihe PHONAI und soll ebenfalls unterbleiben. Die vorhandenen Theorien und die Methoden sollen aber auf ihre Leistungsfähigkeit überprüft werden; daher können sich Korrekturen ergeben. Die erste Stufe der Beschreibung muß daher unter der Voraussetzung einer quasi-statischen Phoneminterpretation geleistet werden, wie das bei W i e s i n g e r

1970 oder R e i n 1977 der

Fall ist. Daran fügt sich die Beschreibung der Phonemrepräsentation (ein Prozeß), die vom Kotext (zum Begriff vgl. D r e s s l e r 1973, 9) abhängt. So ist die allein auf identifikativem Weg erschließbare "Realisierungsnorm" (die in einem bestimmten Fall für eine bestimmte Sprechergruppe übliche Repräsentationsart) zu beschreiben. Die für die einzelnen Ortspunkte erstellten Beispiellisten enthalten einander weitgehend entsprechende Beispiele, damit der Vergleich der Ortssysteme untereinander gewährleistet ist. So wird etwa die mundartliche Entsprechung von nhd. 'Zeit 1 für alle hier behandelten Orte angegeben. In der darauf folgenden Prozeßphonologie (Beschreibung der auf der phonematischen Ebene vor sich gehenden Prozesse) werden prinzipiell zwei der "Seins-

61

weisen" des Phonems unterschieden, wenn sie auch nicht immer klar trennbar sind: a) Die durch Varianz gekoppelten Phoneme, darzustellen anhand von Paradigmen aus allen Wortarten und als Schema, sind systemare Phonemverbände, deren Struktur durch lexikalische Inventarmerkmale weitgehend mitbestimmt wird, wie etwa "Pluralumlaut" bei Substantiven u. ä. b) Die vom jeweils,.angewandten Sprechstil abhängigen Realisierungstypen einzelner Phoneme können sich ebenfalls (wegen der Repräsentation als homophone Segmente) zu Repräsentationsgruppen zusammenschließen (etwa die Starkton- und Schwachtonformen), zwischen denen wegen Zuordnung zum gleichen primären Bezugsphonem (Tiefenstruktur) Äquivalenz herrscht. Hier muß die Phonotaxe nur noch so weit mitberücksichtigt werden, als sie nicht schon in der statisch geschriebenen Phonologie Beachtung gefunden hat. Die Verkettungstypologie wird hier ebenfalls wichtig (Clusterbildung), weil durch die Stellung eines Phonems in der Kette erst die stilbedingte Repräsentation wirksam wird. Eine Darstellung von arealen Differenzen (von Divergenzen im Sinne W a n d r u s z k a s

ist hier nicht die Rede) wird unter

Einbeziehung lexikalischer Paradigmen im Kontrast mit dem mhd. System angestrebt. Erst in der Verkettung zu sublexikalischen und lexikalischen Einheiten gewinnen die Phoneme als "Einheiten" ihren funktionalen Sinn (vgl. W u r z e l 1970, 1).

Für unseren Gebrauch sei folgende Unterscheidung vorgenommen: DiVERGenzen sind elementare Unterschiede zwischen Einzelsprachen, DiFFERenzen sind innersprachlich-areale Unterschiede.

62

Eine Darstellung der Morphologie und der Syntax muß einer weiteren Untersuchung vorbehalten bleiben. 1.1. Re levante Merkna le Da jeder Sprecher-Hörer sowohl bei der Kodierung als auch bei der Dekodierung von akustisch-sprachlichen Informationen über zwei Merkmalinventare verfügt, ist es notwendig, diese beiden Merkmalschemata voneinander zu trennen. Darunter ist zunächst das artikulatorisch-genetisch-produktive und dann das akustisch-gennematisch-perzeptive gemeint. Für den Sprecher einer Einzelsprache sind Entsprechungen zwischen den beiden Inventaren bei der Spracherwerbung lernbar, obwohl die Strukturen der beiden Inventare grundverschieden sind. Aus der Pragmalinguistik ist darüber hinaus auch bekannt, daß im artikulatorischen Bereich die angestrebten Bewegungen von den tatsächlich ausgeführten erheblich abweichen können. Diese Abweichungen lassen sich leicht feststellen, wenn isoliert gesprochene Sprachlaute mit ihren vom Sprecher selbst identifizierten Korrespondenzen in der fließenden Rede verglichen werden. Mit der Einbindung in den Kotext hängt das artikulatorische Problem des Anglittes zusammen, wie das M e y e r E p p l e r 1969, 371 sieht (dyadische Einheiten, vgl. auch L i p o l d 1978, 50). Die Zuordnung und Zusammenfassung aller ausgeführten Artikulationsbewegungen zu verschiedenen Klassen (besser: Typen) von intendierten Bewegungsmustern liefern die vielfach beschriebenen, mit artikulatorischen Parametern zu korrelierenden relevanten Merkmale. Diese Merkmalje sind als distinktiv zu bezeichnen, wenn ihr Vorhandensein oder Fehlen in einem Segment die Bedeutung der gesamten Phonemkette verändert. Relevante Merkmale können als in-

63

härent bezeichnet werden, wenn das Segment prinzipiell nur in einer bestimmten Weise repräsentiert werden kann; so sind z. B. die Nasale grundsätzlich stimmhaft, die Stimmhaftigkeit ist den Nasalen also inhärent. In der Folge sollen alle im G. identifizierbaren Merkmale aufgezählt werden, um die nachfolgenden Kapitel zu entlasten. Der traditionellen Einteilung nach Vokal und Konsonant entspricht die Unterscheidung Öffnungslaut vs. Nichtöffnungslaut. Akustischerseits entsprechen den Öffnungslauten die auf periodischen Schwingungen aufgebauten Signale, die opponierenden Enge- und Verschlußlaute werden durch einen aperiodischen Schwingungsverlauf charakterisiert. Es entspricht also [- Off(nungslaut)] dem akustischen Merkmal [-per(iodisch)]. Nichtöffnungslaute haben daher entweder das Merkmal [eng] oder [v(er)schl(uß)]. Die grundsätzlich bestehende Möglichkeit der monophonematischen Funktion von Diphthongen und Affrikaten veranlaßt uns, das bereits früher (L i p o l d 1978, 86 - 89) besprochene Merkmal [var(iabel)] zu verwenden. Dieses Merkmal ist allgemeiner als das von P i l e h 1974, 50 neuerdings aufgegriffene Gegensatzpaar "strident vs. mellow". Ergänzend wird angeführt, daß innerhalb des "Merkmalbündels" eine bestimmte Anordnung vorhanden ist, was zur Einhaltung einer bestimmten Merkmalfolge in der Darstellung berechtigt, doch ist darin bloß ein Formalisierungsproblem zu sehen. Die Notierung ließe sich etwa so vornehmen, daß vor dem Merkmal [+var] jene Merkmale stehen, deren Präsenz sich in Verlauf des Segmentes ändert. Hinter dem Merkmal [+var] könnten die solcherart veränderten Merkmale folgen; es wäre dann etwa für // ia// zu notieren [. . . [+hoch, +vo] [+var] [-hoch, -vo] . . .]. In dieser Notierungsart hätte [+var] die

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Bedeutung eines Koppelmerkmales, es wäre eine featureKoppel, die für bestimmte Sprachen oder Subsysteme charakteristisch sein kann. Damit wäre eine Hierarchie der distinktiven Merkmale betont, die von B a s b j a l l 1977 ebenfalls angenommen wird, wenn auch aus anderen Gründen. Mit Hilfe dieses Merkmales könnten sogar diastratische Unterschiede herausgearbeitet werden, wie das gerade bei // ie// zwischen einigen Dialekten des Deutschen und der Standardsprache zutrifft. In der letzteren ist beispielsweise [+hoch] nicht durch [+ var] mit [-hoch] koppelbar, wie in den bair. Mundarten. Statisch betrachtet, ist dieses Merkmal ein Komplexitätsmerkmal, dessen Vorhandensein zusammen mit bestimmten anderen Merkmalen zu den phonologischen Charakteristika einer Sprache gehört. Sieht man das Merkmal [+var]aber als Charakteristik eines linear verlaufenden Prozesses an, der (wie die w. u. zu beschreibenden nicht-linearen Prozesse Alternanz und Stilrepräsentation) ein Strukturmerkmal des Basisphonems ist, dann wäre als entsprechende Notationsform, wieder am Beispiel //ia// gezeigt, folgendes denkbar: [. . . +var, +/-hoch, +/-vo, . . . während das Merkmal [-var] ein +/- oder -/+ nicht zuläßt. Auch darin ist eine gewisse Priorität des Merkmals [var] zu erkennen, es ist somit als "major class feature" ausgewiesen. Die vertikale Zungenstellung ist durch die Merkmale [hoch] und [tief] im Gottscheerischen ausreichend gekennzeichnet, wobei [-hoch, -tief] die mittlere Zungenlage beschreibt . Um Unklarheiten zu vermeiden, sollen die in der Germanistik allgemein bekannten Bezeichnungen sprachlicher Erscheinungen den Lehnübersetzungen aus engl. Terminologien vorgezogen werden. Über Eindeutigkeit der Ausdrucksweise vgl. KRANZMAYER 1963, 197 Fn. In diesem Sinne sollen Formalisierungen

65

Das in manchen bair. Dialekten für die Differenzierung wichtige Paar [-geschlossen] ist in den G. Mundarten irrelevant. Der horizontale Artikulationsort wird durch [vo(rne)]/ [h(i)nt(en)] bei den Öffnungslauten ausreichend beschrieben; die zentralen Phoneme des G. sind durch [-vo, -hnt] genügend von den übrigen unterschieden. Als redundantes Merkmal kann bei den Öffnungslauten auch [zent(ralisiert)] hinzukommen. Auch das Merkmal [rund] ist im G. redundant; es kann bei Öffnungslauten und Obstruenten auftreten. Letztere müssen auch durch die Artikulationsortmerkmale [lab(ial)] und [dent(al)] gekennzeichnet werden, daneben kommt noch redundant [pal(atal)] vor. Ist bei der Artikulation das Gaumensegel gesenkt und die Nasalpassage geöffnet, dann steht

dafür

das Merkmal [+nas(al)]. Besonders im [dent] Bereich treten bei den G. Engelauten weitere Oppositionen auf, die eine weitere Unterteilung in [apik(al)] und [kor(onal)] notwendig machen. Dadurch können erst die Phoneme //s// (es ist als [-sth+dent+apik -kor] beschreibbar), //£// ([+sth+dent-apik -kor]) u n d / / J / / ([-sth+dent -apik+kor]) unterschieden werden. In der Beschreibung der Artikulationsartmerkmale ist davon auszugehen, daß [+vschl] nur im oralen Bereich eintreten kann, und dort [+voll] oder [-voll] (d.h. bloß teilweise) ist. Auch die Frequenz der Verschlußbildung ist anzuzeigen durch das Merkmal [einm(alig)], das die oralen Vollverschlußlaute in einmalige und wiederholte einteilt. Im G. ist die Stimmhaftigkeit mit der Konsonantenintensität gekoppelt, daher ist

nur deswegen verwendet werden, weil sie die bestimmte Struktur verdeutlichen und für die Generativisten zur Förderung des Verständnisses nötig sind.

66

[+st(imm)h(aft)] auch als [+len(is)] und [-sth] als [-len] zu bezeichnen. Das Merkmal [kont(inuierlich)] bezeichnet den relativen Artikulationsverlauf des Segmentes, und deckt sich in manchen Bereichen mit [var]. Bezeichnet man die Phoneme, die durch [+vschl -nas +voll +einm { x l a b x dent}] gekennzeichnet sind (also //b p d t g k//), als [-kont] und wegen der Verschlußlösung als [+var], dann könnte man von einer reziproken Koppelung der beiden Merkmale sprechen, doch wird dieser extreme Standpunkt hier nicht vertreten. Die relative Dauer eines Segmentes wird mit [l(an)g] angegeben. Wie schon die letztgenannten Merkmale ist auch [seg(mental)] nicht artikulatorisch bestimmt, sondern beschreibt den linearen Verlauf des Segmentes; es bedeutet die Zugehörigkeit bestimmter Merkmale zu einem Segment, daher spielt es in der Debatte der phonologischen Wertung eine Rolle. Auch das Akzentmerkmal [bet(ont)] ist dieser Gruppe zuzuordnen, [+bet] Segmente können darüber hinaus [+st(ark)] oder [-st] (d. h. schwach) betont sein. Damit läßt sich die herkömmliche Einteilung der Druckakzentmerkmale "Starkton - Nebenton - Schwachton" adäquat wiedergeben. Die Merkmalstruktur [+bet + st] kann mit dem Intonationsmerkmal [steig(end)] gekoppelt sein, das im G. zwar vorhanden, jedoch redundant ist. Demgemäß sind die Typen [+bet +steig] , [+bet -steig] (also fallend) und [+bet,

o steig] (also eben) auseinanderzuhalten.

Schließlich

kann das Merkmal [silb(isch)] andeuten, daß ein Segment kotextabhängig als Silbenkern fungiert. In den folgenden Untersuchungen wird häufig von "Repräsentationen" die Rede sein; phonologische Repräsentation ist die durch morphologische, morphonologische u.a. Regeln und Prozesse zustandegekommene Segmentkette (also beispiels-

67

weise G. //g+o+s+t// im Singular und //g+e+s+t+e// im Plural, nhd. "Gast-Gäste"), vgl. W u r z e l 1970, l oder R e i n 1977, 63.

Die phonetische Repräsentation liegt nach Anwendung aller

Redundanz- und Kombinationsregeln der phonologischen Komponente vor, sie ist sozusagen phonetische Eingabe; am Ende steht der Aktualtext, das tatsächlich Geäußerte, die phonische Repräsentation.

1.2. Phonemstruktur Wenn P i l e h 1974, XVI die Phonemtheorie als eine Theorie der "phonematischen Relationen" begreift, dann soll (abgesehen von der darin verborgenen Tautologie) hier der Hauptakzent auf den Begriff "Relation" gesetzt werden. Wie sich in einer Gleichung vom Typ y=nx ein y zu einem bestimmten

in einer

bestimmten, im gegebenen Zusammenhang durch Zahlen ausdrückbaren Weise verhält, so verhalten sich innerhalb eines "Systems" bestimmte Variable (im vorliegenden Fall: Phoneme) zueinander in einer bestimmten Weise. Voraussetzung dafür ist prinzipielle Distanz ("Distinktivität") sowohl im System der Sprache als auch in der Rede, d. h. im geäußerten Text, durch den allein ein System erkennbar und erfaßbar wird. Hat man sich von der heute noch weithin herrschenden Ansicht gelöst, daß "das" Phonem ein statisches Konglomerat von distinktiven Merkmalen sei, dann wird der Blick für einen Wesenszug des Phonems offen, den man wegen seiner komplizierenden Art in der Vergangenheit gerne beiseite geschoben hat: die Variabilität. Ein Phonem ist nicht bloß variabel, weil es durch verschiedene, nie wiederkehrende (Laut)Äußerungen im Text repräsentiert wird (oder: präsent ist), es ist auch variabel, weil es gleich-

68

zeitig morphologische Substruktur sein muß. Das Verhältnis der einzelnen phonischen Repräsentanten verschiedener Phoneme im Text kann als in einem Toleranzrahmen (d. i. die vom System her bestimmte Redundanz) konstant angesehen werden. Die zweifache Distanz (d. h. Nicht-Identität von Merkmalen) zwischen Phonemen wird textbezogen "Kontrast", systembezogen "Opposition" genannt. Innerhalb des Systems wird Äquidistanz angestrebt. Wird sie wesentlich unterschritten

so erfolgt eine Systemanpassung, um diese

Äquidistanz neu herzustellen. Die Steuerung erfolgt jedenfalls von der kommunikativen Funktion des Phonems her. Innerhalb des Textes wird ebenfalls die Nicht-Identität einer möglichst großen Anzahl von Merkmalen linear benachbarter Repräsentanten bevorzugt. Art und Zahl dieser Merkmale sind einzelsprachlich/dialektal festgelegt. So ist es etwa im Deutschen nicht möglich, zwei nichtzentrale Vokale in linearer Abfolge im Text einzusetzen. Kommt dieser Fall aber durch übernommene Fremdelemente

zustande, so kann es bei der Inte-

gration entweder zur Hiatustilgung im Fremdelement oder zur Lockerung des Hiatusgebrauches im System kommen. Für beide Möglichkeiten bietet das Deutsche eine Reihe von Beispielen. Wie von R i e h t er 1973, 67 am Beispiel der [e]-Relationen umständlich dargelegt, kann zwischen verschiedenen Dialekten im gleichen Artikulationsbereich eine Äquidistanz vorliegen, allein im direkten Vergleich ist oft eine verschiedene "Lagerung" der Relationen beobachtbar. Was also im Dialekt A die Relation / e / - / e / , das kann im Dialekt B der Relation / e / - / £ / entsprechen. Die Variabilität innerhalb solcher Dialekte ist zu vernachlässigen,

solange die Äquidistanz nicht

69

wesentlich unterschritten wird und es nicht über das "als-identisch-Rezipieren" zu einem "als- identisch-Produzieren" (d. i. Neutralisation) kommt. Oft hilft die Heranziehung der Segmentkette in verschiedenem Kotext bei dieser Identifikation. Aus all dem ergibt sich,

daß diese Äquidistanz nicht als absolute

Größe zu betrachten ist, sondern im gleichen Text innerhalb bestimmter, vom System her festgelegter Grenzen variieren kann. Es ist durchaus legitim, diese Äquidistanz als phonologische Unterschieds schwelle zu bezeichnen. Damit wäre der ohnehin fließende Übergang zur Sprachpsychologie überschritten. Außerdem wird dadurch der Hörer in das phonologische Konzept mit einbezogen, wie das nicht bloß von B l u h m e 1975, 44 gefordert wird. Die Variabilität bezieht sich nicht auf ein einzelnes oder mehrere einzelne "Phoneme", sie umfaßt notwendiger Weise zumindest ein Teilsystem, wenn nicht überhaupt das sprachliche Gesamtsystem. Alle bisher getroffenen Feststellungen zeigen die Wichtigkeit der Textidentität, wenn die Repräsentation untersucht werden soll. Variabilität ist somit eine Grundfunktion des Systems, das nur durch einen bestimmten Redundanzanteil funktionsfähig ist. Die Stabilität des Systems zeigt sich als unwandelbare Variationsfähigkeit. Variabilität erweist sich durch die verschiedenen Äußerungsmöglichkeiten aller Phoneme, obwohl ihr Verhältnis zueinander ziemlich konstant ist. Das sprachliche Relativitätsprinzip, wie es von G i p p e r 1972 für die Abhängigkeit von Sprache und Denken postuliert wird, läßt sich auch innerhalb des Kommunikationsinstrumentes "Sprache" bestätigen. Darunter ist mit G i p p e r 1972, 248 nicht "Determinismus" zu verstehen, sondern die Relativität schließt Variabilität mit ein, ja sie kann aus dieser erst

70

entstehen, weil in diesem Wirkungsfeld sprachlicher Relativität eine völlige Absolutheit ausgeschlossen ist, d. h. eine redundanzlose Sprache ist kaum denkbar. Das "Phonem X" ist daher nur summarisch-theoretischer Ausdruck aller textlichen Segmentrepräsentationen, die zu den übrigen Segmentrepräsentationen in annähernd gleicher Relation stehen. 1.3. Alternanz Die oben angesprochene Variabilität, die durch verschiedene morphologische und syntaktische Merkmale einer morphonologischen Grundkette bedingt ist, und bereits früher

als

Alternanz bezeichnet wurde, ist supraphonematischer Natur. Während intraphonematische Varianz ("Variabilität") die Phonemgrenzen kaum transzendiert, ist dieses Überschreiten das typische Kennzeichen der Alternanz. Im folgenden soll die Standardsprache als Beispiel herangezogen werden, um die folgenden Mundartuntersuchungen nicht vorwegzunehmen. Im Nhd.haben beispielsweise die Substantive eine eigene Alternanzart. Sie haben eine binäre Alternanzstruktur aufzuweisen, etwa //e«- a// in "Bach - Bäche", //y «- u// in "Mutter - Mütter" oder / / i - e// im Derivationspaar "Stern Gestirn". Verschiedene morphosyntaktische Merkmale können eine verschiedenartige Alternanz hervorrufen, wie das hier gezeigte Merkmal [pl(ural)]:

l

[_pl]

-.

//a=a//

[+pl]

- // e .-a//

"Bach" "Bäche"

LIPOLD 1976 a, 285. HOCKETT 1958, 277-283 unterscheidet äußere und innere "types of alternation", doch soll diese Aufgliederung hier nicht näher verfolgt werden.

71

Durch Vergleich lassen sich mit dieser Methode "Grundstufen"

ableiten, die mit der von [-pl] hervorgerufenen Form koin-

zidieren. Dabei zeigen sich zwei Erscheinungen: einerseits sind im System "feste" Vokale - Grundstufen - enthalten, die unter Voraussetzung des Merkmales [+subst(antivisch)J nie alternieren, wie etwa //i//; andererseits sind "alternante" Vokale festzustellen, die bei Vorhandensein spezifisch syntaktischer Merkmale variieren können, wie das bereits genannte //e - a//, aber nicht alternieren müssen: //a=a// in "Tag-Tage". Hier tritt also die lexematische Bindung stärker in den Vordergrund. Ähnlich lassen sich Strukturen für Derivationen feststellen, d. h. unter der Voraussetzung der Merkmale [+deriv(ativ), +koll(ektiv)] läßt sich für //e// bei bestimmten [+subst] die Alternanz //i ·- e// voraussagen, wie im Beispiel "GestirnStern". Auch hier ist als "Grundstufe" die Phonemstruktur mit der geringeren Merkmalsmenge anzusehen. Für die Verben und auch für die übrigen Wortarten, auch für Übertritte aus einer Wortart in eine andere (z. B. durch Derivation) können solche Alternanzen beobachtet werden. Die Verschiedenheit der Alternanzstrukturen ist nicht nur von einer Wortart zur anderen gegeben. So gilt etwa innerhalb der Numerusmorphologie der nhd. Substantive folgendes Teilsystem (zwischen " " gestellte Symbole bedeuten, daß dieses Phonem, wenn es als Grundstufe dient, nicht alternant ist):

"e"

1 "i" a

l

Die durch einen Kasten zusammengeschlossenen Phoneme wechseln bei Auftreten von [+pl] .

72

Für die starken Verben der sogenannten 3. und 4. Ablautreihe sehen die Beispiele und das davon ableitbare Teilsystem wie folgt aus, wenn alle Möglichkeiten der Morphosyntax in Betracht gezogen werden: "finden"

//e /A-n/

Situation D

etc. Das bedeutet, daß unter der Voraussetzung der Situation A1 der Stil A" als adäquate Äußerungsform angesehen wird, daß aber bestimmte Stile durchaus identische Exekutionsmuster auswählen können. Die an der Situation orientierte Exekutionsstrategie ist das Prinzip, das aus den vorhandenen Exekutionsmustern das jeweils adäquate auswählt. Die Exekutionsstrategie eines solchen Stiles (etwa A") ist es, aus dem Inventar der vorhandenen Exekutionsmuster (das, wie die Übersicht zeigt, gleich bleibt für jede Einheit) ein bestimmtes (etwa / A / ) auszuwählen und durchzuführen. Über die soziologische

Grundlegung (d. s. die oben angeführten

"Voraussetzungen") geben D r e s s le r et al. 1972, 4 - 9 erste, wenn auch einseitig vorgebrachte Anhaltspunkte. Mit D r e s s l e r (1977, 220 - 223) kann daher die Reduktionshypothese für die Wortphonologie abgelehnt werden. Aus Gründen der Kontinuität soll der Begriff "Wortphonologie" nicht fallengelassen werden und auf die Segmentkette "Lexem" und dessen morphologische Erweiterungsformen bezogen werden. Daß sich Dr e s s le r (1975, 2 2 7 ) nicht vollständig von dieser Reduktionshypothese lösen konnte, zeigt seine Aussage über das "Eindringen von Allegroformen" in Lentostile (228). Die bisherigen Erwägungen waren vor allem auf die

101

Eingabeebene abgestimmt, in der unter anderem die (der Distribution und Position entsprechende) Eingabeform, aber auch die auf das "Wort" bezogene Akzentuierung (Hervorhebung) und nicht zuletzt die Repräsentierbarkeit jedes Segmentes der Kette entschieden wird. Distributionsrestriktionen werden bereits auf dieser Ebene wirksam, etwa, daß innerhalb des "Wortes" bestimmte Akzentuierungsrelationen konstant bleiben müssen: in G / ge+' ba_^n+en / "gewesen" oder / pe+'hent / "behende, schnell" bleibt das Akzentuierungsverhältnis Vorsilbe-Stammsilbe gleich. In dieser Stufe sind die äquivalenten Exekutionsmuster umso zahlreicher, je komplexer die Segmentkette wird. Daher müssen

kotext- und kontextbedingte Repräsentationsstruk-

turen bereits in der Basis aufgedeckt werden. Für den Beispielsatz "Er ist da gewesen" sind als Basisrepräsentation //"a:_r++ l is+t++"tir++,ge+"ba:n+en// und als Oberflächenrepräsentationen folgende Möglichkeiten im G vorhanden: //"a:r//

_

> / ' a : r ~ ' a· r~ ,ar-r/

//'is+t// -> //"tu://

/'ijt-.ij-jt-i/

-> / ' t u : ~ ' t ü · / / Hier liegt eine Distri-

butionsbeschränkung vor, d. h. //u:.// kann nicht als "Null" repräsentiert werden, wie //i// der vorhergehenden Kette. \

S

^

N

// , ge+"ba:n+en// -^/gs" ba:n3n~ga" ba:nan-ga ' ßa:n-ya ' bä:n~ \



\

N

v

V

N

" bä:n~Ya 'mä:n-ga' bä:~ga ' ßä:~ga'mä:~^a 'mä: \

\

\

v

Y1 mä:-r'mä:- 'ßä:-'mä:-' Die letzte Phonemkette zeigt bereits innerhalb der Wortphonologie eine Fülle von Exekutionsmustern (trotz der Einschränkung, daß betontes //a:// nur als [a: ] repräsentierbar ist), deren Repräsentationsbeschränkung bei einer

102

biphonematischen Terminalkette vom Typ C+V, genauer (C —>[+nas] + V —*>[+lang] ), oder //[-vok +nas] + [+vok +lang]// l i e g t . Die d a z u g e h ö r i g e Limitationsregel bezieht sich auf die Ausgangskette (Basis), die das Merkmalbündel [+part+prät +stark +vb] hat, und durch den Typus //g+e+X+ [+bet +vok +lang] + [-vok +nas] + e + n// urnschreibbar ist. Die L i m i t a t i o n s r e g e l beschreibt die auf dieser Basis möglichen quantitativen und qualitativen Scheitelwerte der phonematischen Repräsentation einer Basiskette. Für die Kette //g+e+b+a:+n+e+n// ist sie wie folgt zu formulieren: / +vok

-vokk

+nas

' 2'

en

'' prät

+vok +bet

Der in beide Richtungen weisende Pfeil deutet Maximal- und Minimalrepräsentation an. X 1 und X 0 können, müssen aber nicht l

von Vokalen oder Konsonanten(gruppen) gefüllt werden. An diesem Beispiel zeigt sich auch, wieviel Redundanz innerhalb der Sprache vorhanden ist, denn es genügt das rechts angegebene Repräsentationsmuster, um ein bestimmtes Partizip Präteriti anzudeuten. Die Redundanz wird umso geringer, je weiter rechts (und die Limitationsregel gibt ja bloß die linken und rechten Scheitelwerte an) ein Repräsentationsmuster steht. . .S. "Satzphonolog-ie" und Phonostil-istik Von der "Wort"phonologie ist die "Satz"phonologie nicht immer reinlich zu trennen, vor allem dann nicht, wenn lineare Realisierungsregeln sowohl innerhalb des Wortes als auch außerhalb im Satzganzen anwendbar sind. Darunter sind vor allem die sogenannten "kontextsensitiven" Regelgruppen gemeint. Wenn dennoch diese "unnatürliche"

103

Trennung vorgenommen wird, so vor allem, um das an sich nicht Trennbare strukturell erkennbar und beschreibbar zu machen. Gerade auf der Ebene der Satzphonologie (wie zuvor schon teilweise in der "Wortphonologie") geschieht die Auslese von weiteren Exekutionsmustern (nicht: Repräsentationsmustern). Wollte man zwischen den aneinandergereihten Segmentketten eines Satzes Fugen annehmen, so müßten diese Fugen durch ein Segment, beispielsweise /Pause/, repräsentiert werden. Ohne generalisieren zu wollen, kann man sagen, daß dem kompetenten Sprecher aufgrund seiner Kenntnis des Lexikons die Fähigkeit zu eigen ist, Segmentketten der Basis, also "Wörter", mit Hilfe des propriozeptiven Feed-backs zu identifizieren. Das bedeutet, daß er aus dem Kontinuum die von ihm "erkannten" Ketten heraussegmentiert und mit Hilfe des Kotextes die Bedeutung feststellt. Die untersuchten G Texte zeigen, daß ein Junktursegment "Pause" arbiträr eingeführt wird. Die Verwendung von "Pause" ist daher idiolektal und situativ bedingt (kontextabhängig), es kann aber für keinen dieser beiden Umstände eine Korrelation mit dem Einsatz des Pausensegmentes hergestellt werden. So interpretiert, kann das Segment /Pause/ auch innerhalb der Basissegmentketten ("Wörter") auftreten. F a s c h i n g ( i n D r e s s l e r e t a l . 1972, 10) meint, die "Tilgung der Phrasengrenzen" (Fugen) hänge mit der Deakzentuierung zusammen. Diese Behauptung soll nicht ungeprüft abgetan werden, doch ist auch anzumerken, daß nicht um jeden Preis und ohne ausreichende Materialgrundlage generalisiert werden darf. Man müßte in einem solchen Fall ein kompliziertes Regelwerk einführen, um alle Möglichkeiten darstellen zu können; also etwa auch

104

solche Belege mit einzubauen, in denen zwar "deakzentuiert" wird, aber die Phrasengrenze bleibt, oder in denen der Akzent bleibt, aber die Phrasengrenze abgebaut wurde. Wenn das G betrachtet werden soll, dann wird keine prozessuale DEakzentuierung angenommen, sondern es soll gemäß der Arbeitshypothese (s. o. 1.6. 2. und 1. 6. 4.) von einer mit dem verwendeten Stil korrelierenden Reihe von Akzentuierungsmustern ausgegangen werden. Diese zugrunde liegenden Muster sind als suprasegmentale Eigenschaften der Ketten aufzufassen, wobei auch die Thema-Rhemastruktur nach bestimmten Regeln integriert ist. Diese Akzentuierungsschemata folgen bestimmten Satzbauplänen, die mit der Intention der Sätze in Zusammenhang stehen. Sie können innerhalb einer Stilebene verschiedene Repräsentationen aufweisen, ähnlich, wie das auch bei den segmentalen Strukturen der Fall ist. In diesen Mustern sind auch die Stellen festgelegt, an denen unter Voraussetzung eines bestimmten Stiles Pausen generiert werden können. Die Füllung der Satzintonationsund -akzentuationspläne mit bestimmt strukturierten Segmentketten (auch, was die Bedeutung betrifft) geht Hand in Hand mit linearen Prozessen, die zunächst innerhalb dieser Segmentketten wirken ("Wortphonologie"), die aber als rekursive Regeln in den so zustande gekommenen Sätzen nochmals zum Tragen kommen können. Waren zuerst Auswahlprozesse im Vordergrund, so sind es auf dem Gebiet der "Satzphonologie" hauptsächlich die phonotaktischen ("koartikulativen") Prozesse, die regelhaft in der Syntagmenstruktur wirken. Auch hier soll mit Beispielen aus dem G operiert werden, ohne daß eine Generalisierung daraus abgeleitet wird.

105

Fragt man bei der Enquete einen Satz vom Typ "Er hat ihn lange nicht mehr gesehen" ab, so würde die Entsprechung in der Mundart von Niedermösel (Sprecherin 2) folgende phonologische Tiefenstruktur aufweisen: 'ho+t++' i:n++' long+e++' ete++' me:ar++ge+' ?a:x+en// In der langsamsten, kaum je als Ganzes zu hörenden Largoform ("Ansageform") ist neben der phonetischen Realisierung vor allem auch das Akzentuierungsmuster dieses Satzes zu erkennen, dessen Zentrum ein zweiwertiges Verb in der Vergangenheitsform ist: ["a:r ,hot ,

" ' Iomega "?t ' me, a u > ö, im hochdeutschen Gebiet kotextbedingt, im niederdeutschen allgemein) vorausgehenden Veränderung der Segmentwertung:

vorahd.*

a "+seg l

i +seg

und

+seg

u +seg

Das Merkmal [+seg] deutet die phonematische Funktion des Segmentes im System an. d.h. [+seg] bedeutet "als eigene Funktionsrelation des Systems gewertetes Segment". Bereits mit der von Otto H o f l e r immer wieder als "revolutionärer Akt der Sprachentwicklung" bezeichneten Akzentballung auf die erste Silbe im frühesten Germanischen

Ill

setzt eine Entwicklung ein, von der bei S e h r o dt 1977, 199 lakonisch festgestellt wird: Durch die Akzentfestlegung des Germanischen auf die Stammsilbe. . . gerieten die Nebensilben in den Schwachton. Hinter diesen dürren Wörtern steht der gewaltige Umbruch des Germanischen, das damit den Übergang von der Staccatosprache zur Legatosprache einleitet. In diesem Übergang, der sich langsam vollzieht (d. h. ein Nebeneinander von alter, freier Akzentuierung und neuem Anfangsakzent muß in Betracht gezogen werden), gehört die wortphonologische Kontraktion von germ. *-jan (als Infinitivkennzeichen) zu ahd. [ - a n ] , das zunächst bloß als "Allegrorepräsentation" vorhanden gewesen sein kann und später (über die Basis) auch auf die Lentorepräsentation projiziert wurde, als im Allegro vielleicht schon [-n] unter bestimmten Voraussetzungen (nach [+plos

+dent])

möglich war. Der lineare phonologische Prozeß, der sich zwischen //j// und //a// in dieser Zeit abspielte, mag folgende, in den Allegrostilen der westgermanischen Dialekte bereits praktizierte Regelabfolge ("Monophonemisierung": P e n z l 1971, 25) aufgewiesen haben:

+seg -bet +vo

+seg -bet -vo +tief

+seg " -bet -vo [+nas]—>[-seg] •XVO [+nas]->0 [+nas] -hnt -tief -hoch -hoch .2 tief _ +seg -bet

Das Merkmal [+seg] deutet die phonematische Funktion des Segmentes im System an. S o n d e r e g g e r 1961 bringt in seiner Studie über die Namen der St. Galler Vorakte reihenweise Beispiele, die zeigen, daß

112

die in der gesprochenen Sprache vorhandenen Allegroformen ("Nebensilbenabschwächungen ...Reduktionen", S o n d e r e g g e r 1961, 285) schon zweihundert Jahre vor ihrer

schrift-

lichen Fixierung vorhanden sind. Wurden von bestimmten Namen in der ahd. Alltagssprache nur die sorgloseren Repräsentationen realisiert, so ist bei der Niederschrift der Schreiber in eine Dilemma, wie die latinisierte Form anzusetzen ist. Als Beispiel, wie in Urkunden scheinbar "Fehler" passieren können, sei

Sondereggers

(1961, 272) Beleg

Adulperto genannt, dem in der Vorakte ein Adalberd gegenübersteht. Es bestand also im Allegro nicht mehr die qualitative Distinktion zwischen den unbetonten Mittelvokalen. Das bedeutet, für diese Mittelsilbe galt in der Basis [+vok -bet] als Bündel der distinktiven Merkmale. Die "übliche" Repräsentation scheint ein [A]-ähnliches Allophon gewesen zu sein, das der Schreiber der Vorakte hauptsächlich mit -a- wiedergibt. Für die Urkunde "erinnert" er sich einer Latinisierung Eburhardo mit u und setzt dieses u an eine Stelle, wo es "etymologisch" nicht hingehörte (Hyperkorrektismus), doch konnte er das nicht (mehr) wissen, weil in der "fließenden Rede" die unbetonten Silben dieser Art dem silbentragenden Vokal keine qualitativ distinktiven Merkmale mehr erlaubten. A u c h V o y l e s 1976, 13 bringt ähnliche Beispiele, etwa das fakultative Schwanken zwischen armon und armen (Dativ plur. von arm "Arm") bei Otfrid, oder zwischen gödöno und gödön. Im ersten Fall ist das Schwanken des Schreibers zwischen e und o Hinweis auf die Allegroform, die keine qualitativ distinktiven Merkmale aufweist, im anderen erscheint die Nullrepräsentation als Anzeichen des sorgloseren Stils. H ä t t e V o y l e s die Anregungen von D r e s s l e r - G r o s u

113

1972 beachtet, dann wäre sein Regelapparat für die phonologische Eingabeebene weit einfacher zu gestalten gewesen. Seine Behauptung: scribes will frequently vaccillate between a (taxonomic) phonemic and a redundantly phonetic orthography ( V o y l e s 1976, 21), ist nur dann aufrechtzuerhalten, wenn man von einem einzigen Sprechstil ausgeht, und das wurde bereits durch S o n d e r e g g e r 1961 widerlegt. Beinahe parallel zu dieser "Nebensilbenschwächung" tritt die bereits genannte Monophthongierung der Vokalcluster //a+i// und //a+u// ein. Hier ist sowohl von einer Repräsentationsregel als auch von einer Syntaxregel auszugehen. Zunächst tritt wohl die "Kontraktion" (Segmentfusion, "phonemic reinterpretation" Mo u l t on 1967, 1400), d. h. die Desegmentalisierung des in der linearen Abfolge zweiten Vokales ein, also //a+i// — /a_/ und //a+u// - /a__/. Diese Regel ist folgendermaßen zu formulieren:

-var -hoch +tief +bet -lang +seg

-var +hoch -tief -bet -lang fseg



+var -/+hoch +/-tief +bet 0 lang +seg

/Kr....//

Erst dann ist, sozusagen als Allegrorepräsentation, eine weitere Regel vorhanden, die sich als LIMITATIONSREGEL schreiben läßt: +var -/+hoch +/-tief +bet ßlang

-var -hoch -tief +bet +lang

/ Allegro

114

Als Maximalrepräsentation ist nach dieser Regel also /a_/, / a _ / , als Minimal- oder Allegrorepräsentation/ej/, /ex/ zu erwarten (man vergleiche dazu bei S o n d e r e g g e r 1961, 275 die Urkundenform Gausberto mit der Voraktform Gozperto). Diese genannte Limitationsregel gilt ebenfalls für das Wienerische, allerdings geht ihr die vorher geschriebene Segmentregel nicht voran. In dieser Mundart wird heute das /a_y der umgebenden Mundarten (auch /a_/ und /o_,/ sind mit einbezogen) zunächst durch /äj/ ersetzt. Das bedeutet, daß L_ento /a^/Allegro /äj/ systematisch vorhanden gewesen sein muß. Durch Übernahme der Allegrorepräsentation in die Lentorepräsentation kam die Gleichung L=A zustande und damit war die Veränderung, die zuerst nur auf das Informations allegro, den sorglosesten Stil, beschränkt war, in die Tiefenstruktur übernehmbar geworden, der entsprechende Umbau des phonologischen Basissystems konnte durchgeführt werden. Die "althochdeutsche Diphthongierung" ( e ia, ie; 5 . uo, d. h. neben e ist, dialektal unterschiedlich ea, ia,

vielleicht

sogar ie möglich) ist neben anderen Hypothesen ( V o y l e s 1976, 138) auch durch die Phonostilistik erklärbar. Trotz D r e s s l e r 1975, 230 muß auch hier die "Prädisposition" sprachlicher Veränderungen postuliert werden (also pro H o f l er

1956). Darunter ist natürlich nicht eine mystisch-

stammesbedingte Grundlage zu verstehen (vgl. 'Monogenese 1 Kranzmayer

1974, 49 f. ), sondern ein zunächst redun-

dantes, allein der Lentorepräsentation (nach Kr anz m ay er s Sprachgebrauch "Ansageform") eigenes Akzentuierungs- und/ oder Intonationsmuster (vgl. H o f l e r 1956, 5), das schnell an Bedeutung gewinnt, weil es die funktionale Opposition gegen die neu aufkommenden //ej// und //oj// (zur Entstehung s . o . ) wahren hilft. Jedoch ist damit nicht gesagt, daß diese neuen

115

//ej7/ und //ex// nicht zunächst ein anderes, ebenfalls charakteristisches Akzent/Intonationsmuster aufzuweisen hatten. Die "schlampige" Redeweise

( D r e s s l e r 1975, 2 2 6 ) ist nur so

lange möglich, wie die Kommunikation ungestört ablaufen kann. Dabei helfen auf der Repräsentationsseite die jedenfalls allen Sprachbenutzern des Althochdeutschen bekannten Lento/Allegro-Entsprechungen (im konkreten. Fall L //x+au+x// A

*

//x+cx+x// gegenüber L

*

#

//m+o:+d// A //m+uA+t//).

Lento und Allegro müssen, das ist ein Prinzip der Legatosprachen,

sich die Waage halten ( D r e s s le r 1975,

227), um einerseits die Kommunikation nicht zu gefährden (und die kommunikative Funktion ALLER Stile muß gegen D r e s s l e r et al. 1972, 4 und D r e s s l e r 1975, 221 behauptet werden), sonst ist die Atomisierung in idiolektale Phonostile unausbleiblich, andererseits aber sollen die im Sprachsystem vorhandenen Redundanzen systematisch limitiert und nicht hypertrophiert werden. Dieses Gleichgewicht wirkt sich auf die "Sprachökonomie" regelnd aus. Sieht man von Voy le s ' (1976, 138) "Abkürzung" der tatsächlichen Regelfolge ab (er nimmt Insertion eines vokalischen Elementes nach e_ und ö an, während hier zunächst die monophonematische Funktion der "neuen"Diphthonge angenommen wird, weil sonst keine Opposition zwischen altem und neuem Langvokal bestünde), dann bleibt noch immer die Frage offen, wie bei der allgemeinen Tendenz zur "Abschwächung der unbetonten Silben" plötzlich ein unbetonter Vokal, der auch einen eigenen Silbenkern bildet, an einer Stelle eingefügt wird (im Hiat), an der nach Ausweis aller Belege das sekundäre System Vokale zu vermeiden trachtet. Doch für weitere Überlegungen dieser Art ist hier nicht der Ort.

116

Eine ganze Reihe von Fragen würde sich anschließen, so etwa, ob die "jüngere Svarabhakti"(z. B. : arm

ararn), die

zweifellos als kombinatorische Epentheseregel des Informationslento

anzusehen ist, bereits als "Prädisposition" zur

Vokalisierung des r in bestimmter Umgebung zu werten ist (was in der Allegrorepräsentation des ahd. Mittelbair. bereits vorhanden gewesen, aber durch das Gegengewicht des Lento lange verzögert worden sein könnte). Bestimmt wäre "Prädisposition" schlicht durch "Anzeichen" zu ersetzen. Die Aufgabe, die deutsche Sprachgeschichte nach der Art von S o n d e r e g g e r

1961 auf unterschiedliche (pho-

no)stilistische Repräsentationen zu untersuchen, ist noch nicht geleistet. Hier ist festzuhalten, daß neben den für die verschiedenen Stile typischen phonologischen Eingaben gegen das Lento hin eine steigende (und damit stilabhängige) Resistenz gegen lineare Vereinfachungsregeln vorhanden ist, die eine Restriktion der sonst unausbleiblichen Regeleskalation bewirkt. Man denke dabei nur an die Reihe von rekursiven Regeln. Gegen das Presto zu sinkt diese Resistenz. Die kombinatorischen Vereinfachungsregeln können immer uneingeschränkter wirken, bis im Prestissimo das Maximum der Regelelaboration und daher ein Minimum an Redundanzen erreicht ist. Eine weitere Komplikation des Spannungsfeldes zwischen Largo und Presto ergibt sich durch die Möglichkeit, daß ein Sprecher mehrere Kompetenzen besitzen kann. Es spräche gegen die Auffassung von Sprache als System, wollte man versuchen, jede phonologische Veränderung allein mit diesem diastilischen Spannungsfeld in einen kausalen Zusammenhang zu bringen.

117

2.

SYNCHRONIE

Die synchrone Beschreibung der sieben Mundartsysteme, die im Anhang mit sieben Textkorpora vorgestellt werden, soll im wesentlichen die Phonologie bringen, doch wird gleichzeitig auch auf Alternanzen und andere phonologische Prozesse Rücksicht genommen. Satzphonetik und Allegrophonologie sollen ebenfalls - zumindest in Beispielen - dargestellt werden. Es ist Ziel der Arbeit, zu zeigen, daß noch vierzig Jahre nach dem gewaltsam herbeigeführten Ende der Sprachgemeinschaft deutliche Spuren einer ehemals starken arealen Gliederung vorhanden sind. Damit geraten wir in einen Widerspruch zu den Behauptungen, die in der Öffentlichkeit über eine sprachliche "Uniformität" (einige sprechen von "Koine") der Gottscheer aufgestellt wurden. Die dialektgeographische Gliederung wird auch von T s c h i nk el 1973, XXII postuliert, aber nicht nachgewiesen. Mit wenigen Ausnahmen sollen dialektgeographische Karten an anderer Stelle (in "Schriften zur deutschen Sprache in Österreich", hgg. von P. W i e s i n g e r et al. , Wien 1978 ff. ) vorgelegt werden. Zum anderen soll mit Hilfe der Allegrophonologie gezeigt werden, wie sich Auflösungserscheinungen bemerkbar machen, die am Ende eines 600-jährigen Sprachlebens stehen. 2.0.1. Die Sprachinsel

Die Lage der Sprachinsel und ihre Verkehrsverhältnisse wurden bereits mehrmals beschrieben ( H a u f f e n 1895,1 f f . ; Ts c h i n k e l 1908a, l f f . ; G r o t h e 1931). Aus diesem Grunde

118 ist hier eine gedrängte Darstellung möglich. Die Stadt Gottschee/Kocevje ist durch eine Flügelbahn und eine Autobuslinie mit der 56 km entfernten Stadt Laibach/ Ljubljana verbunden. Das Umland der Stadt ist charakterisiert durch die Streichrichtung der Karsthöhen von NO nach SW. Dadurch sind die Verkehrsverbindungen vorgegeben (vgl. die folgende Skizze). West-Ost-Verbindungen sind dem Verkehr nur in wenigen Fällen möglich, z. B. der "Stalzer Berg" zwischen Hinterland und Unterland ( * ) , oder die Güterstraße über den Hornwald in die Moschnitze. Das Gottscheer Ländchen zerfällt daher in einige kleinere Landschaften, die auf der folgenden Skizze gezeigt werden. SPRACHINSEL GOTTSCHEE

Das Suchener Hochtal ist durch relativ unwegsames Gebirge vom Hinterland getrennt, daher besteht eine wirtschaftliche Ausrichtung zum slowenischsprechenden Nachbarn. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so stark, ist die Moschnitze und die östliche Untere Seite zum Semicer Becken hin orientiert.

119

Im S bildet der steile Kulpaabfall, im N der Schweineberg und der Friedrichsteiner Wald eine natürliche Schranke. Wegen des Karstgrundes gab es kaum eine ausreichende Wasserversorgung; ausgenommen sind lediglich das Suchner Hochtal und das Hinterland. Regenwasser wurde und wird häufig in Zisternen ( [ite^Arns]) gesammelt. In Zeiten der Trockenheit mußte Wasser im S von der Kulpa, im N von der krainischen Gurk/Krka gefahren werden.

2.0.2. Informanten und Enquete Wegen der Aussiedlung und der folgenden Diaspora war es oft schwierig, Gewährspersonen aus bestimmten Ortschaften zu finden. Mehrere Informanten verschiedenen Alters aus demselben Ort mußten bereits als besonders günstiger Umstand angesehen werden, da als Voraussetzung für eine Befragung die dauernde Verwendung des G gilt. Trotz widriger Umstände konnten 138 mundartsichere Informanten aus 60 der ehemals 177 Ortschaften gefunden und befragt werden. Als Befragungsinstrument diente E. G a b r i e l s "Fragebuch für die bairischen Mundarten in Österreich". Das hohe Alter der meisten Informanten ließ es des öfteren nicht zu, das gesamte Fragebuch abzufragen. 2.0.3. Material Insgesamt mußte für die Aufnahmen von 1973 - 77 eine Zeit von 37 Wochen aufgewendet werden. Die etwa 34 Stunden gewonnenes Tonbandmaterial müssen mit einem Zeitaufwand von nahezu 2 500 Stunden transkribiert werden. Das Nachlassen der Konzentration nach etwa 1 1 / 2 Stunden Tonbandtranskription erfordert eine Aufteilung dieser Tätigkeit

120 auf etwa 250 Arbeitstage. Damit ist erst das Material schriftlich fixiert. Um es mit dem Fragebuchmaterial zu koordinieren, ist der Aufwand etwa viermal so groß. Hinter jeder im Anhang publizierten Tonbandminute steckt daher ein Zeitaufwand von vier bis fünf Stunden. In den folgenden Teiluntersuchungen ist das gesamte erhobene Fragebuchmaterial und das Tonbandmaterial im Ausmaß von etwa sechseinhalb Stunden berücksichtigt. 2.1. Suchen Wegen der geographischen Lage des Buchener Hochtales konnte sich die Interferenz mit der slowenischen Nachbarmundart besonders stark auswirken.

Dadurch entstand eine auch

im phonologischen Bereich stark ausgeprägte Unterscheidung vom G Dialekt des Konsistenzraumes der Sprachinsel.

2.1.1. Die distinktiven Merkmale Entgegen den Ausführungen P e n z l s (l 974, l ) werden hier die distinktiven Merkmale als einzelsprachlich determiniert angesehen, während die "relevanten" (d. h. korrelationsbildenden) Merkmale allgemein sind, und somit den "kanonischen" distinktiven Merkmalen P e n z l s weitgehend entsprechen. Das soll auch durch das Kapitel 1. 2 ausgedrückt werden. Eine weitere Diskussion wird vorderhand als unnötig erachtet. Allerdings wird hier mehr als im Aufsatz über die Kaiser Substantivflexion ( L i p o l d 1976a)von den "kanonischen" Merkmalen im Sinne P e n z l s (1974,1) abgerückt. Aus der Menge der im G grundsätzlich eingesetzten, relevanten Merkmale können die in der Folge angeführten aufgrund der gezeigten Oppositionen eruierten als distinktiv bezeichnet werden. Durch ihr Fehlen oder Vorhandensein wird also eine Bedeutungsdifferenz herbeigeführt. Um eindeutige Merkmals-

121

Oppositionen aufzufinden, werden minimale oder annähernd minimale Paare untersucht (mit reinem Reim ab dem durch das betreffende Merkmal charakterisierte Segment).Die Hauptklassenmerkmale [vok ] und [kons ] bedürfendes Nachweises nicht. In allen den G Dialekt betreffenden Schriften wird die segmentale Funktion der heutigen G Vokalphoneme mit der des mhd. Kontrastsystems gleichgesetzt oder es wird nicht danach gefragt. Durch diese, als "phonematische Wertung" bekannte Funktion läßt sich feststellen, daß das G neben Vokalen mit dem Merkmal [+var] auch Verbindungen (Clusters) von Vokalen aufzuweisen hat (vgl. L i p old 1978,88). Es ist ebenfalls von Bedeutung, daß die Vokalverbindungen des G auf zwei Silben aufgeteilt sind, dabei kann der erste Vokal ein langes oder kurzes Allophon aufweisen. Grundsätzlich handelt es sich aber bei den ersten Gliedern solcher Clusters um Langvokale. W o l f 1971,43 A4 berichtet, daß in Su. (Suchen) die jüngeren Sprecher (das Folgende kann auch hier bestätigt werden) die Neigung haben, vor Dentalen statt [u:] (bei den Alten) ein leichter oder stärker diphthongisches [u:a] zu realisieren. In ihrer Sprechweise stehen sich dann funktional der Diphthong / u : s / und das Cluster / u : / + / a / gegenüber, wenn man das Beispielpaar

[nu:at] : [nu:-at] "Naht"-"Not"

betrachtet. Als weiteres Beispielpaar wäre [stru:asn] : f s t u i - a s n ] "Straßen"-"stoßen" zu nennen. Es wäre nicht möglich, [u:a] von der vermutlich aus dem Hinterland eindringenden Neuerung [u:a] zu unterscheiden, läge nicht im einen Fall ein Diphthong, im anderen Fall ein Vokalcluster vor. Auch die lineare Vertauschbarkeit der Qualitäten / u / und /a/ läßt sich nachweisen (vgl. P h i l i p p 1974,37) mit dem Paar //ruax// : //raux//. Die Parallelität der Vokalcluster mit /a/

122 als erstem Glied (vgl. W i e s i n g e r 1970, II, 141) ist damit auch für Su., jedoch mit etwas unterschiedlicher Distribution zu belegen. Der Ersatz durch ein Element mit gleichem Hauptklassenmerkmal (Vokal) ist nur bedingt möglich, da nur bestimmte Vokale nebeneinander vorkommen können, was als spezifische Distribution der Su. Mundart zu betrachten ist. Der Nachweis für das Vorhandensein von Vokalclustern wurde bereits (L i p o l d 1978, 88 und oben, Kap. 1.) geführt.

2.1.1.1.

[konstant^

: [ variabel ]

Im wesentlichen trifft diese Unterscheidung auf Diphthonge (gegen Monophthonge) und Affrikaten (gegen Nichtaffrikaten) zu. [mit e j :

"Mitte" "Mette"

- "Miete"

[ ple:bm] : _ , , r , -,· u i [plsibm] [ga'pli:bm] : L ^ '

"bleuen" „,...,.., „ geblieben"

-"bleiben"

[mö:s] : [müüs]

"Moos"

[stü:b e ] : [grö:b e ] :

"Stube" "grobe"

[rüüb^]

[mö:s] : [möüs]

-

"Mus 1

"Rübe"

Moos"l' - n"Maus"

[potsn] : [poutsn]

"patzen" - "pelzen (veredeln)"

· [besn] :

"wetten" ,, . ,, wissen

[betsn] ·

-

,,

, ,, wetzen

[rök e ] : [rökx 6 ]

"Roggen (Dsg)" - "Rock (Dsg)"'

[ioxp] : [iokxi]]

"lachen" - "Lacken"

123

2.1.1.2.

[+150]

: \_-vo -/int]

Da es in Su., wie überhaupt im G Gebiet, keine Reihe der gerundeten Vorderzungenvokale gibt (nur gerundete Zentralvokale und Hinterzungenvokale) kann sich hier der Nachweis auf die benachbarten Reihen beschränken. [pitar] : [pütar]

1 "bitter" "Butter.11

[kün: ] 1

hüjit ]

[süqkq] [suit]

[hümbl] [stund ]

[kümf]

Wetzsteinbehälter,

Hummel, [i küm:] Stunde,

[grünt]

ich komme,

Grund, [dAm

jenem Hund, [tüqkl] Narr, [sprüqkx] Sprung, Schinken, Schuld,

[tsüqg 8 ]

[düldn]

drücken, [knüfm] Luft,

Dummheit, 8

Sonne,

[ vrüm: ]

l

g

[pülvar]

dulden, [stütsn]

knüpfen,

[;slüs] Schluß,

Zunge,

[düx:]

[' vüftsicc] immer,

Pulver,

stutzen, [trükxq] fünfzig, 8

[küxl ]

[lüft] Küche.

145 /e/

dumm, [pet e ]

C'tepat] Vetter,

Bett,

[petn]

Betten,

[vetar]

[sketlox] grober Holzabfall beim Sägen, [un'tsetn]

anstreuen,

[stekn]

Eichelhäher,

[

stecken,

' vremsr]

[?mekat] (es) riecht, [krek s ]

ein Fremder,

wollekämmen, [pren:]

sprengen,

[park ] Schlag, [margl]

[ ' gartsn] astreiche Brennholzscheite,

[.darn] dörren,

[far^l]

[ srecgq]

welcher,

schrecken,

Sessel,

Joch, [^

[tsßelv5]

wollt ihr,

[beider]

[?esl]

]

Speck ausbraten,

schnurren (Katze), [morx ] schlechtes Pferd,

['belat ,i:r] Kalbin,

Schaf-

brennen, [hent ] Hände, [ ' s a n g [deqkxq] denken, [ streqg ] streng,

schon (Adv. ), [ sprer] ]

[cempm]

e

[ betsn]

[' pesar]

[^bestar]

] schlecht,

[' celbits8]

zwölf,

wetzen, [bec?] weg,

besser,

Schwester,

[neksioe]

[b^sn] 5

[je?! ]

wissen,

einfaches

Öchslein.

/ö/

[ söpm]

(hinein)stopfen,

[fökAtsn] donnern,

Schluckaufhaben, [ i ' ?öl·.]

ichsoll,

[bölkxq] Wolken, vulva,

[ spötn]

[pökx]

[völgn]

spotten,

[nöks ]

Ochse,

[ga'^böllAt] folgen,

[gs1 srökxq]

Bock,

[prökn]

pflücken,

ttöndarn]

geschwollen,

[hölts] Holz,

[vöts5]

erschreckt (haben), oc·

[köf]

Kopf,

[höfm]

Mauleines Tieres, (Mensch), [knöspm] [ga'vlöxtn]

hoffen,

[vröst]

[löfl] Frost,

Löffel,

[gös' ]

[vröstn]

frieren



herumarbeiten, [box ] Woche,

geflochten,

[ g a ' r ö x n ] gerecht (Partiz. ).

/o/

[grop] Grab,

[ropm]

Rappen,

[kop ] Kappe,

Platten, [jot] Unkraut, [?nops] Schnaps, 8

[lok ] Dorfteich,

[boks] Wachs,

[jokt]

[plotn]

[potsn] Jagd,

krachen,

[kom:ar]

146

[fon: e ] Pfanne,

Kammer, [komp ] großer Kamm, Brand,

[glonstrA]

Schande,

Funken,

[stoqg ]

gespann,

Stange,

[spots] Sperling, schaffen, [kroft] pflaster,

Zugseil, beim Ochsen-

1

[ ' f o r a r ] Pfarrer,

[tr boin]

[tokx] Tag,

zu sieden beginnen,

[jsokx]

S

Kraft, [vlos ]

[hospl] Garnhaspel,

[sont e ]

[gonts] ganz,

[strorjkx]

Sack,

Flasche, [

[pront]

]

[sofm]

[flostar] Zug-

backen,

[noxt]

Nacht. /a/

Pkaploe] Käppchen, [batar]

Wetter,

[patl]

betteln,

[plakAtsn] blitzen, [?nak ] Schnecke, [iakl] derber Mensch, [jam:arn] jammern, [kampl] kämmen (jüngere Bezeichnung), [mandar] Männer, [hantioe] Griff der Sense, [grant8] Preiselbeere, [ge'taqkx5] link (adj.), [ma s ] v>

Masche,

[sarkl] Weißbrot,

[sä tsn]

(Kühe), [katsioe] junge Katze, Schwein, [spakx] Speck, [lasn]

löschen,

[bakx] Weg, [vakxioe]

[trafm]

[kasar]

springend davonlaufen

treffen, [ f a f a r ]

Pfeffer,

Rückenkörbe, [nast] Nest,

[praxq] (etwas) zerbrechen,

[praxl] Flachs brechein,

[vlaxtn] flechten, [^axtsan] sechzehn.

[pri:gl] damit, Kinder, Birne, zapfen,

Frieden,

[li:gsids]

sieben,

[vri:dn]

Prügel,

[ g a ' ^ i r g q ] versiegt (Milch), [dar'mi:t J ]

[fi:kq] schallend pfeifen, [sli:n] Geifer der kleinen [mi:n e ]

Maria (Kosename),

[vi:l] viel, p

[pi:rst ]

[ci:rtsar]

kürzer,

[hi:r? ]

Bürste,

Hirse, S

[pi:rx ]

[ski:lAt]

[ti:r]

Tür,

bmtar]

ein früher Winter.

[pi:r s ]

[tsi:rts ] Fichten Birke,

schielend,

[bi:rt] Wirt,

[? :

[pi:gn] mit Ruten schlagen (Rauhnachtbrauch), [ 1

Liege,

]

Häsin,

' vri: ar

147

/ü:/ [stü:b S ]

Stube,

Alpdrücken, nagel,

[kü:gl s ] Kugel,

[mü:dl] Nudel,

[tü:kri] Blasen des Hirtenhornes,

[jü:r ] Georg (Kosename), [pü:rgar]

der Stadt Gottschee, [bü:rst] Wurst, [dü:rx]

durch,

[lü:kxar]

['pü:rbönt]

Topfdeckel,

[drü:zn]

[lü:n] AchsBewohner

[bü:rn]

Sauerteig,

[trü:t s ]

Wurm,

[kü:rts] kurz,

reizen.

/u:/ [su:bm]

schaben,

[anu:bl]

Schnabel,

[mu:d ]

Mahd,

[stu:dl]

Scheune,

[^lu:go]

schlagen,

[tru:t ]

Weide,

[hu:k ] Haken, [su:m] Flachs, [spu:rn]

schämen,

sparen,

[mu:nat]

[mu:rx]

Ackergrenze,

verschnittener Eber, [?bu:rts] schwarz, [ru:v ] Dachsparren,

[plu:?n]

[pru-.

]

Dorf,

[vlu:ax] Floh).

Monat, [hu:r]

[?mu:l]

blasen,

[pu:rkx]

schmal,

[stru:fm]

strafen,

eine Wiese umpflügen, [pu:xt] Kehricht, ( [do: arf]

/e:/ [stre:bm] [tse:dl]

['pre:dig s ]

streuen, Zettel,

[fle:gq]

e

hammer, *pe:^ ]

ein wenig,

mehr, [

:

[lö:bm]

loben,

]

[mediae]

[^i

'stö:dn]

[pö:g ]

[vre:vm]

freuen, ([mis:ar]

[ne:arn] Ohren).

erstarren (Fett), [pö:t ]

[jgnö:dncg]

Gehilfe des

[jö:kq] weinen (Erwachsene), [kcxjten]

Paar in der Kirche trauen, sohle,

großer Holz-

kleines Moor,

Bogen,

[nö:vm]

Ofen,

[dö:rt]

[glö:^n]

jeder,

großer Holztrichter,

schälen,

schreiend weinen,

voll Nasenschleim, Dorfhirten,

[se:l]

[je:dar]

[?le:gl]

Taufpate, [le:k ]

[ve:rtn] voriges Jahr, [

pflegen, s

[te:t ] s

Predigt,

dort, glimmen,

[29:! ] [mö:s]

ein SchuhMoor.

148

/a:/

[la:bm]

leben,

[vaidarn] Federn,

Wägen,

[sta:p] Staub,

männchen, [ka:ts ]

[ja:tn]

jäten,

Schlange,

[dra:n] drehen,

schwer, tröge,

[pa:rg~*] [stra:w]

freveln,

kämmen,

[2la:vriC£]

[ra:ts ]

schläfrig,

[ra:xatsn]

[sta:kar]

[ja:mats]

Acker-

[^ba:r] j

[pa:rn ] Ente,

[ba:gn ] Wald-

Elster,

aufblähen,

verschnittene Eber,

Futter-

[vra:vl]

[va:^n] die Hüllblätter

[ra:fm] raufen, [ta:s s ] Nadelbaum-

des Maiskolbens entfernen, zweig,

Traum,

[pla:nan]

Wege,

[sra:t4roe]

[stra:kA]

Ratte, [ba:mon] wem? [tra:m] furche,

[ba:g ]

gackern (Hühner), [tra:xtar]

Heuwurf,

von der Scheune in den darunter befindlichen Stall, [' la:hatsn] lechzen (Hund), [pra:uxq]

[vra:ed =< ]

brauchen,

Freude.

l

/ie/ [diab e ]

Diebe,

Spiegel,

[miad s ]

[triap] trüb,

grün (adj. ), [var'lia^n]

[hiandar]

[biag 5 ] Wiege,

müde,

[histn]

verlieren,

[grian 5 ]

Vieh hüten,

Hühner, [riarn] [pria^oe]

rühren,

Brieflein,

[giasn}

gießen,

[niasttoe] kleiner Futtertrog für Hühner,

fliegen,

[liaxt] hell,

[

'

'tsiahat]

[spiagl]

[vliaxq]

erzieht.

/üa/ [grüüb e ] (ON. ),

Grube,

[sküüpm]

gedeihen, im Mus,

[stüül] [vüüs]

[prüüdar]

Bruder,

[güüg 0 ] Suchen

Dachstrohbündel, [güüt] Stuhl, Fuß,

[krüükx]

[süüstar]

gut,

Krug,

Schuster,

[grüünan]

[in ' m ü ü ? S ] [vlüyxq]

fluchen.

/ei/ [pknbm]

bleiben,

([Ii:g6id s ] Liege),

[stsigq]

steigen,

[tsßsigloe] Zweiglein, [greipm] Speckgrieben, [deitn]

149

deuten, [krsitioe] Zäune,

[vsil]

[steic9]

feilen,

Steig,

Olsifm]

Kräutlein,

[^bsin]

[msildar]

[tsivl] Teufel, s

schleifen,

lein, [strsicrj]

[ksis ]

streichen,

Schweine,

Mauler, [jei^n ]

Keusche,

[1

]

[tssmdar]

[krsits^] Kreuz, Mittagessen,

[strsisioe] Sträuß-

leicht (adv. ), [per ]

Biene.

/öü/ [töüb e ]

Taube (Gebildbrot zu Weihnachten), [stöüd5] Strauch,

[tröügn] (ver)trauen, Daumen, [ts^ün]

[^

[döüv ]

^

]

pflügen,

Kraut, [nöütr 6 ]

Euter,[döüm]

Zaun, [vöül] faul, [möül] Maul, [jöükx]

e

Südwind,

[kröüt]

Daube,

schmutzig,

[höüf ]

[gnöüvl] dauernd schneuzen,

[ströüs]

Strauß,

[pöüqan] bauen,

Haufen.

/ou/ ['houbsr

'drsi]

halb drei (Uhr),

' t i m ' boud 5 ] im

[

Wald, [pougtoe] Fisolen,

[houp] Hackenstiel,

Halt,

8

[gout] Geld,

Balken,

[pouts]

[houfm] helfen,

[tsoutl ]

[hput]

ungeformtes Gebäck,

Daumen, [^outsn] [vous] falsch,

salzen,

[boux]

[poukq]

[hous]

welk,

Hals,

[mouxri]

melken.

/De/ [tsuoegq]

zeigen, [hüoed ] Buchweizen,

Schlittenkufe,

[iüoeprri]

erleiden,

[ruoegl]

[^nuoetn] die unteren

Äste eines lebenden Nadelbaumes abhacken, Scheitel,

[iuoetr ]

[vuoem] Schaum, [^uoel] Seil, W

[tuoecg]

Teig, weich,

Leiter,

[jsluoekar]

[stüoen] Stein,

[^uoeldar]

Seile,

W

[huoe^er] [

]

[süoetl] Butterfaß,

[stuoendar] [buoets ]

heiser, harnen,

«J

Steine,

Weizen, P"

[struoef ] [nuoe ar]

Streifen, Eier.

150

2.1.3.2.1. Kurzvokale Die Kurzvokale treten nicht vor einem anderen Vokal auf, sie kommen im sekundären Phonembereich auch nicht vor [+sth]

Konsonanten vor. Dieses Nebeneinander kann erst

für den primären Phonembereich nachgewiesen werden, so steht dann die sekundäre Kette /rot/ als für die primäre Kette //rod// "Rad

n

Allophoniestruktur

im Auslaut.

Vor einfachem Konsonanten kann die Verteilung folgendermaßen veranschaulicht werden: b d g p t k m n r i r l t s k x v ^ j f s x h i

+ + +

+

+++

ü

+ + + + +

++

+ + + + +

+++

+ + +

+++

X

e ö o

X+ + + + +

+ + ++

a

x x x x + + + x

++

Das Zeichen

++ + ++

+

+

++

+

++

+

++ +

bedeutet das Vorkommen des Kurzvokals als

zweites Glied eines Vokalclusters vor dem betreffenden Konsonanten, z. B. in [?nis:ab s ] Schnee (Dsg. ), Freude,

[ru:a? ] Rose u. a.

[vra:ed s ]

Damit liegt bereits eine Dis-

tributionsbeschränkung vor. Das Vorkommen des Allophons / u / (Phonem //o//) beschränkt sich auf die Beispiele [vra:ug s ] Frau, Dame, [ha:ug s ] Haue,

[pra:uxn]

brauchen. Damit wird die Distributionsbeschränkung für dieses sekundäre Phonem auf die Umgebung "nach //a://... vor [-lab -dent] " festgelegt. Das Phonem //o// hat vor [+nas]

und

bestimmten Folgekonsonanten das Allophon / u / . Die Distribution der Kurzvokale des Su. ist auch dann eingeschränkt, wenn dem einfachen Konsonanten ein silbischer (oder silbeneinleitender) Nasal oder //l// folgt. Die Matrix

151

der Folge "Kurzvokal + Einfachkonsonant + Nasal (silbisch oder silbeneinleitend)" zeigt folgendes Bild:

i

b d g p t k m n r j r l t s k x v ^ j f s x h +++ ++ ++

ü

e

+

x

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

ö

+++

+

+

+

++

+

0

x + + +

+

+

+

++

+

a

+

+ +

x + +

+

Die Matrix der Folge "Kurzvokal + Einfachkonsonant + /!/ (silbisch oder silbeneinleitend)" zeigt noch weitergehende Einschränkungen der Distribution der Kurzvokale: b d g p t k m n q r l t s k x v z j f s x h 1 ü e

++

+++

++ +

+ +

+ +

+

ö

+ + + +

o

+

a

+ + +

+

+ +

Diese Reihenfolge der Verteilungen soll auch in den nächsten Abschnitten und Kapiteln eingehalten werden. Auch vor Doppelkonsonanz sind die Kurzvokale vielfach nachzuweisen, doch ist durch die Vielfalt der möglichen Kombinationen die Matrix umfangreicher, was die Zahl der senkrechten Kolonnen betrifft. Dadurch wird auch die Zahl der Besetzungen, verglichen mit Einfachkonsonanz, größer. Vor ungedeckter Doppelkonsonanz (1. Geräuschlautverbände) sind zunächst die Vokale wie folgt zu belegen:

152

ps ts ks kt ft fts s p st xt xts *

i

7

7

+

7

+

ü

^

+ +

1

A

+

0

+

++

+

a

w

+

+

+

+

+

+

+

e ö

·>

+

++

+++

+

+

+ +

+

Von der Gruppe "Geräuschlautverband + Nasal" sind die Kurzvokale ungleich seltener zu belegen: ps7 7 7ts ks kt ft fts sp st xt xts ·> ·> o

v

1

+

+

+

ü e

+

ö o

+ +

+

+

+

+

a

+

Vor der Gruppe "Geräuschlautverband + /!/" ist allein das Phonem /i/ anzutreffen vor /ksl/, /spl/, /stl/ und /xtl/ sowie das Phonem /o/ vor /spl/. Das bedeutet, daß die häufigeren Phonemgruppen jedenfalls unter den zweigliedrigen zu suchen sind. Als zweite Gruppe der Kurzvokale vor ungedeckter Doppelkonsonanz (2. ) sind die Verbände von "Nasal + Konsonant" zu nennen, deren Matrix folgt:

153

mb mp mf m v nd nt nts n? ns qg qk qkx

i

e

+

+ +

+

+

+

+

+

++

+

ö

+

+

+

+

++

+

+

+

+

a

+ +

+

+

+

+

+ +

Die Gruppe "Nasal + Konsonant" kann nach Kurzvokalen und vor (silbischem oder silbeneinleitendem) Nasal stehen, doch ist auch diese Distribution seltener als in ungedeckter Stellung (d. h. ohne den folgenden, meist silbischen Nasal oder

/V): mb mp mf mv nd nt nts n^ ns qg qk qkx i

+

ü

+

+ +

e

+

+

+ + +

+

+

+

+

+

+

ö 0

+

+

a

+

+

Vor folgendem /!/ ist die Gruppe Kurzvokal + Nasal + Konsonant in der Distribution sehr stark eingeschränkt, in diesem Fall können bloß drei Vokale nachgewiesen werden: die Extremvokale /i/, /ü/ und /a/: mb mp mf mv nd nt nts n? ns qg qk 1 ü a

+ +

+ +

+

qkx

+ +

+

+

Die dritte Gruppe der Doppelkonsonantenverbände wird durch / r / oder /!/ (3. "Liquide") eingeleitet, ein weiterer Konsonant

154

folgt. Die Matrix dieser ungedeckten Konsonantenverbände ist gerade in den /!/-Verbindungen unvollständig: Ib Id Ig It Ik Its Ikx Iv i

+

+

ü

+

+

e

+

+

ö

+ +

+

+

+

+

+

o a

Die /r/-Verbände zeichnen sich vor allem dadurch aus, daß sie bloß nach /e/ und /a/ auftreten: rb rd rg rp rt rk rts rkx rv r? rf rs rx e

a

+

+

x

+

+

x

x

+

x

+

+

+ x +

+

Folgt auf /!/- oder /r/-Verbindungen ein silbischer Nasal, dann ist die Vokaldistribution weiter eingeschränkt: Id Ig Its Ikx rb rd rg rt rts rf rs rx i ü

+

e

+

ö

+

+ +

+

+

a

x

x

+

x

+

+

+

Vor folgendem silbischen /!/ sind /!/- und /r/-Verbindungen bereits sehr selten nach Kurzvokalen anzutreffen:

e a

Its

rg

+

+

rk

rkx

rg +

+

+

155

Aus all dem Gezeigten geht hervor, daß in der Vokalverbindung (in den Matrixen durch

bezeichnet) das nicht oft

vor Doppelkonsonanz auftretende //a// eine Reihe von zusätzlichen Distributionsmöglichkeiten hat (vor /r/-Verbindungen). Damit ist//a// als häufigster Zweitvokal in Vokalverbindungen ausgewiesen. Mehr als zwei Konsonanten sind in der Su. Mundart nach Kurzvokal selten; in die folgende Matrix werden auch die Möglichkeiten folgender Nasale oder /!/ einbezogen: nst

rst

+

+

7

i

7

rts 1st rstn 7

7

ö o

7

f

+ +

a

+

+

+

2 . 2 . 3 . 2 . 2 . Langvokale Langvokale können in der Ortsmundart von Su. als erstes Glied in folgenden Vokalverbindungen auftreten: e

o

i:

a

a

+

+

ü:

+

u:

+

e:

+

ö: a:

+

+

Das Phonem //u:// weist eine Allophonie /o:/ vor /a/+/r/ auf, daher ist kein primäres Phonem

//o:// anzunehmen.

Vor einfachen (ungedeckten) Konsonanten erweist sich die Verteilung der Langvokale als gleichmäßiger:

156

b d g p t k m n q r l t s k x v ^ j f s x h i:

+ + +

++

u:

+ + +

+ + + +

+

+

+

++

+

+

e : + + +++

a:

+

+

+

+ +

+ +

+ + + + + + + +

+++

+

+ + + +

Bereits an dieser Stelle zeigt sich, daß / / nicht allein auftritt, sondern immer nur vor [-lab

-dent]

Konsonanten.

Auch die gemeinsame Distribution von Lang- und Kurzvokalen vor //t k n// und vereinzelt auch vor anderen Konsonanten ist damit nachgewiesen. Damit besteht über die Quantitätsopposition kein Zweifel mehr. Langvokale kommen auch häufig in dem Cluster "Langvokal + Einfachkonsonant + (silbentragender) Nasal" vor; das zeigt sich in der folgenden Matrix: b d g p t k m n q r i

:

+

+

+

+

+

ü:

+

u :

+ + + + +

e:

+ + +

a : +

+

+ +

I t s k x v ^ j f s x h

+ +

+

+

+

+ +

+ + +

+

+ + +

+ +

+ +

+ +

In dem Clustertyp "Langvokal + Einfachkonsonant + (silbentragendes oder silbeneinleitendes) /!/" zeigt sich, wie auch bereits bei anderer Gelegenheit erwähnt, eine starke Reduktion der Langvokalverteilung:

157

b d g p t k m n r j r l t s k x v ^ j f s x h i:

+ + +

ü:

+ +

u:

+ + +

e: ö:

+ +

+

+ +

+

+

+

+

+

+

+

a:

+

+

Vor Doppelkonsonanz, deren erstes Glied ein "Geräuschlautphonem" ist, finden sich Langvokale nur dann, wenn diese Doppelkonsonanz vor einem weiteren Vokal oder im Lexemende steht. Außerdem sind nur wenige zweigliedrige und eine dreigliedrige Mehrfachkonsonanz nach Langvokal zugelassen:

u:

xt

vr

+

+

dr

+

ö: a:

gn ts bmt

+ +

+

+

+

+

Vor Doppelkonsonanz, deren erstes Glied ein /!/ ist, kann in Su. kein Langvokal nachgewiesen werden, vor Konsonanten— clusters mit / r / als erstem Glied ist aber eine ganze Reihe von Distributionen möglich: rb rg rt rm rmd rn rts rkx 0

i: ü:

++

+ +

+

u: +

ö:

+ +

r? rx rts

»

rst i

+

+

+

+

+ + +

+

+

+ +

W

+++

+

+ +

e:

a:

W

+

+

158

Das Cluster "/r/

+

Konsonant + silbischer Nasal" ist nur

vereinzelt nach Langvokalen möglich: rb rg rt rm rmd rn rts rkx r^ rx rts rst i:

+

+

ü:

+

+

u:

+

+

e:

+

+

+

+

+

+

ö: a:

+

Mit dieser letzten Matrix wird auch der Unterschied zwischen dem zum Grundmorphem gehörigen/n/, etwa in

[bü:rn]

"Wurm", und dem /n/ des Flexivs deutlich. Nur //i:// kommt vor / rts/+/l/ und /rst/+/l/ in wenigen Belegen vor. Auch die Dreifachkonsonanzen weisen, wie sich zeigt, nur sporadische Distribution nach Langvokal auf.

2.2.5.2.3. Diphthonge Von den Su. Diphthongen kommen //ei// und //öü// vor dem (unbetonten) Vokal //e// vor. Vor ungedecktem Einfachkonsonanten ergibt sich folgende Matrix: b d g p t k m n r l t s k x v g ia

+ + + + +

+

Ü3

+ + + + +

+

+

ei

+ + + + +

+

+++

öu

+++

O

oe

U

+

+

++

+ +

+

+

+

+++

+

+ + + +

+

+ + ++

++

+

+

+ + + ++

+

( j ) f s x h

+ + +

+ + +

+ +

+(+)+ + +

159

In dieser Matrix sind auch die Clusters "Diphthong + Kurzvokal' aufgenommen, und zwar unter ( j ) , denn in den genannten Fällen wird ein / j /

zwischen den Diphthong und den Kurzvokal

inseriert, //oe// vor / j / basiert auf einem einzigen Beispiel, daher ist diese Distribution eingeklammert. Als Charakteristikum der Diphthongdistribution darf wohl das fast vollzählige Auftreten vor

[+dent] Konsonanten angesehen werden. Das

Nicht- Zutreffen der Quantitätsrelation auf die Vokale mit variabler Zungenstellung zeigt sich auch in der Distribution: Diphthonge kommen gleichermaßen in Lang- und in Kurzvokaldistributionen vor. Ein weiteres Merkmal der Diphthongdistribution ist das vollständige Fehlen vor / r / . Vor der Gruppe "Einfachkonsonant + (silbischer) Nasal" sind die Diphthonge relativ häufig: b d g" p t k m n r l t s W k xV v j s f s7 x h 13

+ + +

üa

+

ei

+ + + + +

öü

+ + +

ou

+

+

+ + +

+

+ + + +

+

+ +

+ +

+

+ + + + +

oe

+ + +

+ + +

+

Vor "Einfachkonsonant + /!/" kommen bloß einige Diphthonge

vor: b d ia ei

g p t k m n r l t ws k w x v i f 7s x h +

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

öü ou oe

+

+ + +

160

Vor Mehrfachkonsonanz können nur wenige Diphthongdistributionen beobachtet werden. Die folgende Matrix faßt diese wenigen Fälle zusammen und bezieht auch die durch morphologische Erweiterung entstehenden Gruppen mit Nasal oder /!/ als letztem Glied mit ein: nd Id tr ?n st stn stl xt xtn xtl 7 ·>

18

+

üa ei

7

++

+ +

öü

+ +

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+.

ou oe

+

+

+

2.2.3.3. Lexemende Aus dem Beispielkorpus unter 2.1. 3. 2. sind die Lexemendeokkurrenzen für den Konsonantismus bereits zu entnehmen, die wenigen Beispiele für den Vokalismus werden in den nachstehenden Abschnitten angeführt. 2.2.3.3.2. Kiüfzvokale Der Kurzvokal //e// kann am Lexemende auftreten, wenn er nicht betont ist; er hat dann das Allophon / /. Von den übrigen Kur z vokalen können bloß //e o a// auftreten, wenn ihnen ein betonter Langvokal unmittelbar vorausgeht: [ha:e] Heu,

[ha:o]

haue! [stru:a] Stroh. 2 . 2 . 3 . 3 . 2 . Langvokale

Am Lexemende können in Su. alle Langvokale außer //e:// auftreten: [jzi:] sie, gerade so,

[ I 'dra:]

[du:] du, [du:] ich drehe.

da,

[ A 'hö:] "also",

161 2.1.3.3.3. Diphthonge Am Lexemende kommen in der Su. Mundart alle Diphthonge außer//ou// vor: [bia] wie, [nüa] jetzt, gerade, [

] neu, [pöü] Bau, [nüoe]

Ei.

2.1.3.3.4. Konsonanten Im Su. treten am Lexemende alle Konsonanten außer //h// auf. Die unter 2 . 1 . 3 . 2 .

ausführlich dargelegte Distri-

bution erübrigt hier die Darstellung bestimmter Konsonanten okkurrenzen nach bestimmten Phonemen in dieser Position. 2.1.4. Phonotaktisohe Struktur Aufgrund der Distributionsdarstellung kann die Frage nach "üblichen" oder vielleicht sogar nach "bevorzugten" Wortstrukturen des

Su. gestellt werden. Zunächst muß aber die

Kombinierbarkeit der vorhandenen Elemente einer zumindest überblicksweisen Betrachtung unterzogen werden. Aus der Distributionsanalyse wissen wir, daß am Lexemanfang sowohl Vokal (V) als auch Konsonant (K) möglich ist: V+X

L=Lexem

U, W , X , Y, Z=beliebige Größen

K+X Erweitert man diese Struktur, indem man fragt, welches Element als nächstes in den beiden SubStrukturen möglich ist, dann ist

zu postulieren:

l V+VY

V+X —>

Beispiel /u:art/ Ort

V+KY

/u:var/ aber,

K+VY

/ku:arn/ Korn,

K+KY

/kreitsa/ Kreuz

K+X—>

/u:n/ /du:/

an da

162

Der weitere Ausbau dieser Wortstruktur läßt also erkennen, daß die "beliebige Größe" (hier Y) auch gleich fö sein kann, d. h. die Su. Lexeme haben als minimale Grundstruktur die Abfolge von Vokal und Konsonant, wobei die Reihenfolge prinzipiell beliebig ist. Unter Beachtung der Linearitätsmerkmale Druckverlauf und Intonationsbewegung zeigt sich auch, daß / (die Silbengrenze) nur an bestimmten, durch Regeln voraussagbaren Punkten der phonologischen Kette auftreten kann. Wenn V. als Kurzvokal mit steigender Intonation und V„ als Langvokal mit fallender Intonation bzw. als Diphthong beschrieben wird, dann ist XV 1 KY —>XV Kfr unter der Bedingung, daß

nicht als K oder //

(Wortende)

interpretiert werden kann. Das bedeutet, daß nach einem Kurzvokal keine Silbengrenze möglich ist, oder formalisiert VY-^V/ / [+lg] , [0 Ig] Langvokale und Diphthonge können vor einer Silbengrenze oder vor j-J

stehen:

XV,Y—>XV /Y £t

c:

ist nicht KKK·//

Auch zwischen zwei Vokalen ist immer eine Silbengrenze V V —>

wobei dabei immer die Reihenfolge V 0 ^V, gilt. Diese L

Feststellungen werden zwar erst in der Repräsentation analyse aussagekräftig, dürfen aber hier nicht fehlen. Wenn man in Abkürzung des weiteren Verfahrens nun einbezieht, daß (außer in Kompositen) die Zahl der aufeinanderfolgenden Konsonanten mit drei (im Lexeminneren) und

163

der aufeinanderfolgenden Vokale im Lexeminneren mit zwei begrenzt ist, so erhält man die unten angezeigte over-allStruktur des Su. Lexems. Die dabei verwendeten runden Klammern deuten darauf hin, daß nur eine dieser beiden Möglichkeiten als obligatorische Erweiterung des vokalischen Lexemkerns anzusehen ist. Die eckigen Klammern weisen auf fakultative Erweiterungen hin, wobei nicht alle angeführten linearen Elemente vorhanden sein müssen. Das Zeichen / zeigt an, ab welchem Punkt in der phonologischen Kette eine (oder mehrere) Morphemfuge auftreten kann: [KK] (K)V[ V](K)/[VKVKVKVK] Als einige B e l e g b e i s p i e l e

d i e n e n die

folgenden

/vreintsoft/

KKVKK/KVKK

(Freundschaft)

/pru:atiein/

KKVVK/KVK

(kleines Brot)

/ Streiterei/

KKKVK/VK/V

(Streiterei)

/vra:ide/

KKVVK/V

(Freude)

/ veierlixkeit . . . KVVK/KVK/KVK (Feierlichkeit) Beginnt man nun (wie K o h l e r 1977, 178 u. ö. ) die einzelnen Positionen zu quantifizieren, so endet die Darstellung bei konsequenter Durchführung in der Distributionsbeschreibung, jedoch nicht mehr auf identifikativem Wege, sondern als Produktionsbeschreibung der einzelnen Phoneme und ihrer Verkettungsmöglichkeit. Zu den Silbenstrukturen vergleiche man auch 2 . 1 . 5 . 2 . 1 . 2.1.5. Repräsentationsanalyse Es entspricht dem doppelgestaltigen BAU der Sprache, wenn neben den "systematischen" Unterscheidungseinheiten und ihrem prinzipiellen Verhalten im System auch der

164 kommunikative Aspekt beachtet wird, der das regelhafte Verhalten dieser Einheiten bei der Konkretisierung im Sprechakt meint. Damit wird es notwendig, die vom Text abhängigen prinzipiellen Repräsentationsarten einer als identisch empfundenen Einheit ("Phonem") zu beschreiben. Hier muß aber streng unterschieden werden zwischen den sekundären Phonemen (d. s. mit Hilfe von redundanten Merkmalsstrukturen beschreibbare Modifizierungen von Basisphonemen, quasi deren prinzipielle Repräsentation) und den realisierten Allophonen. Die Allophonien werden im Zuge des Kommunikationsprozesses solchen sekundären Phonemen zugeordnet und durch das Erkennen der kotextbedingten, redundanten Struktur mit den darunterliegenden primären Phonemen identifiziert. Über die durch den Kontext abrufbaren Repräsentation strukturen lagern sich höhere Realisierungsstratageme, beispielsweise der Satzphonetik oder des Stils (im streng linguistischen und nicht im literaturwissenschaftlichen Sinne). In solche, von höheren Strukturen ("Satzsandhi") überlagerten Segmentketten können nach Tilgung der Wortgrenzen Ableitungsregeln für sekundäre Phoneme ein weiteres Mal angewendet werden (zyklische Regeln). Für die Su. Mundart ergibt sich neben den Repräsentationsregeln der einzelnen Phoneme noch - nach Hauptklasse verschieden - eine Reihe von übergreifenden Distributionsauswirkungen. 2.1.5.1. Vokale 2.1.5.1.1. Allgemeine Repräsentationsprinzipien Durch die Merkmalhaftigkeit der Quantitätskorrelation

165

im Su. müßte eine verhältnismäßig deutliche Trennung von Kürzen und Längen im Sprechakt zu erwarten sein. Trotzdem lassen sich gerade in Su. (aber auch sonst in der G Mundart) bestimmte Schwankungsbreiten der Vokaldauer im Text beobachten. Hier liegt nun nicht eine Regellosigkeit vor, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, sondern eine Längenvariabilität aufgrund der Distribution. In-den Fällen komplemantärer Distribution von Kurz- und Langvokalen (d. h. //i// ist beispielsweise nur vor /p/, //i:// nur vor /b/ zu finden) sind Variationen folgender Art zu belegen: Kurzvokale können zwischen "kurz" und "lang", Langvokale zwischen "halblang" und "überlang" variieren. Su-1

[-lang] —> / < k u r z > / [+lang] —> / < halblang > < überlang >/

Während diese Schwankungen mit dem Sprechtempo, der Emphase und dem phonologischen Stil (also mit hauptsächlich situativ bedingten Faktoren) zusammenhängt, sind Akzent und Tonhöhenverlauf voraussagbare Größen. Von der Längenkorrelation und ihrer Koppelung mit dem Tonhöhenverlauf soll hier kurz die Rede sein. Die Betontheit der Vokale ist grundsätzlich so zu beschreiben: Langvokale und Diphthonge können nur betont ( [ + b e t ] ) , Kurzvokale auch unbetont ([-bet]) realisiert werden. Die [+bet] Vokale können stark ([+st]) oder schwach ([-st]) betont sein. Daraus ergibt sich die folgendermaßen zu beschreibende Dreiteilung: V

> U+var],

[+lg],

[-lg]}

166

Für die Su. Vokale gilt nun

Su-2

[+bet +st] [+var]

> [+bet

Su-3

-st]

[+bet +st] +bet -st]

Su-4

[+bet +st] [+bet -st] [-bet]

[-lg]

Die Kombination [+bet -st] wird in der herkömmlichen Terminologie häufig als "nebentonig" bezeichnet, ihr entspricht in der Transkription das Zeichen [ , ] , etwa in ['tis,lar] "Tischler". In dieser nebentonigen Stellung weisen die Langvokale dann kurze Allophone auf, wenn ihnen innerhalb des Wortkörpers ein [+bet +st ]

Vokal vorausgeht. Für Präfix-

vokale ist diese Regel bloß fakultativ als Sandhiregel vorhanden. Es gilt daher Su-5

+lffl +bet -st

C-lg] /

[+bet +st] X

[«lg]

Der Nebenton ist mit bestimmten Derivativen gekoppelt, wie [-lüoe] "-lein" (Deminutiv),

[-ar]

"-er" (in Nomina

agentis und im Komparativ), [-khsit] "-keit" (substantivische Femininabstrakta), [-£Om] "-sam"

(Adjektive),

[ - i n ] "-inne" (movierte Feminina); oder Präfixe: [ u ' n - ] "an-". Die [+bet +st] Vokale stehen allein im Silbenkern von Lexemen. Syntaktische, nichtphonologische Regeln bestimmen, welche Silben im Satzkontinuum [+bet

+st] sein können.

Die Koppelung der Längenkorrelation mit dem Tonhöhenverlauf

167

ist nur unter der Voraussetzung [+bet +st] möglich. Sowohl Akzent- als auch Intonationsmerkmale sind phonologisch redundant (d. h. sind nicht bedeutungsunterscheidend, sondern weisen auf ihre Umgebung hin). Gerade die Redundanz dieser Merkmale rechtfertigt ihre erst an dieser Stelle durchgeführte Darstellung. Bezeichnet man den segmentalen Tonhöhenverlauf mit dem Merkmal "steigend", so kann man damit alle Möglichkeiten abdecken: [+steig] bezeichnet dann den steigenden, [-steig] den fallenden und [0 steig] den ebenen Verlauf der Intonation. Im allgemeinen ist der vor Konsonanten stehende Kurzvokal, dem kein Langvokal vorangeht, mit [+steig], der Langvokal als [-steig] zu beschreiben: Su-6 X + [ a l g ] + K — > X+

Ig

-

steig

+K

c: X = K,

Diese allgemeine Regel beschreibt alle Fälle von Kombinationen; da Langvokale im Su. nicht nach Vokalen vorkommen können, bezieht sich die Bedingung (c:) vor allem auf die Kurzvokale, die im Falle, daß ihnen ein Langvokal vorangeht, eine andere Koppelung aufweisen. In der Vokalverbindung, deren erste Komponente [+lg] (bei [-lg] zweiter Komponente) ist, kann die Koppelung der Länge mit [-steig], der Kürze mit [0 steig] beobachtet werden, oder in einer Regel ausgedrückt Su-7

i „ i —^, r+1S

steig

Die Zusammenfassung der Regeln Su-6 und Su-7 in der allgemeineren Regel

168

Su-8

[+lg -steig] V—> [-lg, 0 steig]

/ V_

[-lg +steig] zeigt die Zuordnung des Tonhöhenverlaufs als systematische Erscheinung der phonologischen Ausgangsstrukturen. Die Tonhöhenkorrelation bleibt mit dem Basisphonem auch dann gekoppelt, wenn die Repräsentation der Quantität von der Ausgangsquantität abweicht. Wird beispielsweise ein //i:// auch kurz repräsentiert, als [ i ] realisiert, dann bleibt der Tonhöhenverlauf

[-steig] erhalten. Damit ist eine

Voraussetzung für die Beurteilung der Funktion einer derartigen Koppelung innerhalb des Kommunikationssystems festlegt. Die Frage nach der kommunikativen Relevanz der Koppelung ist von der Oppositionsneutralisation her zu beantworten. Obwohl Kurz- und Langvokale in bestimmten Positionen komplementär verteilt sind,

zeigt sich auch ein Auftreten in

gleicher Distribution. So kommen vor //t// und //k// alle Kurzund Langvokale vor. Bei einer Lockerung (d. h. Erweiterung auf alle Distributionen) der Variationsregel ist daher im konkreten Sprechakt eine Neutralisation des Quantitätsunterschiedes (aber bloß dieses) möglich; dadurch wird der Tonhöhenverlauf distinktiv, was sich aber durch den Textzusammenhang nicht dahingehend auswirken muß, daß ein Sprecher/Hörer, dem das Unterscheidungsvermögen für den Tonverlauf fehlt, den Text nicht mehr versteht. Damit soll zwar die Distinktivität nicht in Frage gestellt, wohl aber relativiert werden. Die fallende Intonation scheint eine Transferenz aus der benachbarten slowenischen Mundart zu sein, die alle mittelhohen Langvokale diphthongisch repräsentiert:

[-steig]

169

[kri:as

f ü r / k r e j s / "Sonnenwende" und [kru:ana] für

/krojna/ "Krone (Geldstück)". Von den Su. Diphthongen sind jene mit Schließbewegung mit [+steig] , die mit Öffnungsbewegung mit [-steig] gekoppelt. Dadurch entsteht der Gehöreindruck, daß die [+steig] Diphthonge eher "kurz" , die [-steig] eher "lang" seien. So gesehen erscheinen die [-steig] Diphthonge im obigen Sinn "dehnbarer" als die [+steig] markierten. Dieses Paradoxon ist also auf die oben erwähnte, primäre Koppelung des Tonhöhenverlaufes mit der Quantität zurückzuführen. Aus diesem Grund war es, solange man nicht zwischen Diphthongen und Vokalclusters unterschied, möglich, von "Kurzdiphthongen" (das sind variable Vokale in unserem Sinne) und "Langdiphthongen" (d. s. Vokalclusters) zu sprechen, man vgl. Ts c h i n k el 1908a, 10. Der vonT s c hi nk e l 1908a, 16 zwar betonte, aber nicht beschriebene "ausgeprägtere

[. . .]

musikalische Akzent" der Suchener ist mithin nicht bloß als suprasegmentale Erscheinung zu sehen, sondern auch im System der segmentalen Einheiten fest verankert. So wird auch die Allegrorepräsentation [ha] für Lento [ha:e

]

"(beim) Heu" (vgl. 1 . 6 . ) durchsichtig. Vor allem im Allegro werden die Tonverlaufsstrukturen distinktiv. Allerdings wird dort auch das Cluster V+V durch Nullrepräsentation des zweiten Vokals beseitigt, und damit ein "deutscher" Zustand wiederhergestellt, der die Tilgung des Hiats anstrebt. Da auch die Konsonanten über eine Reihe von Repräsentationsregeln verfügen, kann durch Nullrepräsentation eines Konsonanten auch ein Nebeneinander von solchen Vokalen Zustandekommen, das aufgrund der primären Phonemverkettungsregeln nicht möglich wäre. Eine distributive Reinterpretationsregel stellt in solchen Fällen die "übliche"

170

Juxtaposition wieder her. Das gilt vor allem der Quantitätskorrelation. Wie bereits angedeutet (2. 1.4. ) ist die übliche Vokalabfolge V,V... Kommt in der Komposition nach einem Konsonanten\

schwund etwa die Folge V _ V _ zustande (wie etwa durch den it

i

Ausfall des //h// von //u:ha:r// "herunter" zu ' / u j a : r / ) , dann wird zu V„V Ll

uminterpretiert ("vereinheitlicht" also zu /u:ar/). l

Es ist daher die allgemeine Abfolgeregel zu schreiben Su-9a

[

Ig ] [

Ig] -*> [+lg ] [ -Ig ]

An ein bereits bestehendes Vokalcluster vom Typ V_V. kann il

l

durch Nullrepräsentation eines Konsonanten ein weiterer Vokal stoßen, etwa bei der Steigerung von //hu:ax// "hoch", das mit //he:ax/ar// alterniert. Wenn /h/ als sekundäres Phonem zum Basisphonem //x// im zweiten Beispiel (dem Komparativ) bei Vorliegen der Bedingung "Allegro" nullrepräsentiert wird, dann entsteht das Cluster V 0 V 1 V , das zu V_V Lt

wird, und daher Su-9b

l

l

it

reinterpretiert

\

[ h i s - a r ] heißt. Somit ergibt sich die Regel

[+lg] [ - l g ]

[-lg] —> [+lg] [ - l g ] ,

die mit Su-9a zusammengefaßt und verallgemeinert werden kann in SU-9C

[ a Ig]

[a Ig]

[ a lg]-* [+lg]

[-lg].

Der vonT s c hi nk e l 1908a,31 als "sehr stark" bezeichnete Glottisschlag [ ?]

tritt in Su. unsystematisch auf. Er ist eine

VOT-Er scheinung ( K o h l e r 1977, 241) und kann als spezielles phonetisches Kennzeichen des Su. Vokaleinsatzes bezeichnet werden. Er tritt auch im Satzinneren am Lexemanfang auf. Da im Su. bloß die Vokale /i/ und /a/ (also die "sekundären" Phoneme!) einer Nasalierung vor /n/ unterliegen, ist

171

eine allgemeine Nasalierungsregel nicht zu formulieren. Als Besonderheiten sind Fälle zu werten, in denen die Gruppe /n?/ unter starker Nasalierung des vorangehenden, nach den Satzbetonungsregeln des Allegro [+bet-st] Vokals zu /?/ vereinfacht werden, so daß sich ergibt ("unser") M

//inz-f er//_>

[+bet . st]

/

/üer [ül

[+nas +dent]

[+dent] [0 dent]

Die in der Formalisierung auftretende Nasalierungstilde zeigt an, daß im späteren Verlauf des nun diphthongierten Segmentes eine schwache, aber doch erkennbare Nasalierung auftritt. Vor /n/ und folgendem Fortiskonsonanten ([-sth]) zeigt //i// eine Allophonie mit verändertem Öffnungsgrad. Wenn das Hinterland in diesem Zusammenhang eine grundsätzliche Senkungsregel ([+hoch -tief -lg] wird als [-hoch -tief] reinterpretiert, wenn [+nas +dent] folgt) hat, so tritt uns diese Erscheinung im Su. Gebiet nur in bestimmter Umgebung entgegen. Sie ist unter Einschluß der Nasalierungsregel, die ebenfalls in dieser Reihe nur bei //i// auftritt, wie folgt zu formulieren:

Su-11

[e]

/

[+nas+dent] [ - s t h ]

/

[+nas +dent] X

/

[T]

Das movierte Femininum von[hüjvt]

Hund wird daher als

[hSntin] "Hündin" (neben [ ' k ü : Im] ) statt * [ h i n t m ] realisiert, wobei es sich vom Plural [hent ] "Hände" durch Fehlen der Nasalierung und den größeren Öffnungsgrad unterscheidet. Diese Regel ist bei den Sprechern unter 60 nicht mehr als obligatorisch zu betrachten,

sie wird aber bei allen

Sprechern unterdrückt, wenn das /i/ aufgrund der Satzbetonung nicht [+bet +st] ist. Die Resistenz gegen die Nasalierung, d. h. gegen die Suprasegmentalisierung der Velumsenkung, ist durch die

173

slowenische Nachbarschaft zumindest gestützt, da diese Mundarten ebenfalls die Nasalierung der Vokale nicht kennt. Auch [+bet -st]

/i/ wird als [ l ] repräsentiert: ['lüstic?]

lustig. (2) Die Reihe //e - ö - o//. Diese Reihe der Kurzvokale unterscheidet sich von der [+hohen] Reihe durch ihre Dreigliedrigkeit, durch das Eingehen von Clusters mit V0 als erstem Glied und durch das £t

andere allophonische Verhalten vor Nasalen. Hat das Phonem //e// im Satz die Merkmale [+bet +st] zugewiesen bekommen, dann ist es nur vor oder nach Konsonanten verteilt. Als zweites Glied im Cluster mit //a:// kann es nur [+bet -st] sein:

[vra:ed ] Freude. Als [-bet]

Vokal kann es nur durch [a/ ] repräsentiert sein. Vor / r / und folgendem Konsonanten wird

[+bet +st]

//e// als [ a ] repräsentiert, wenn kein Langvokal vorangeht. Der eingangs beschriebene [+steig] Intonationsverlauf bleibt erhalten, etwa in [bart] wird, [parkx] Schlag, dürr, [marx ] schlechtes Pferd,

[margl]

[darr e ]

schnurren

(Katze), [far^l] Schweinefett ausbraten, [garts]

Ast-

knorren im Holz. An dieser Allophonie ist auch [sann e ] "schon" beteiligt, zur "Geminata" s. u. 2.1.5.2.1. Hier handelt es sich um ein Schwachtonwort, das hauptsächlich in der Allegrorepräsentation [ t san s ] oder ist.

[san] zu belegen

Da die Lentorepräsentation aus Gründen des (seltenen)

Gebrauches nicht mehr präsent ist, wird zu der Allegroform eine neue, näherliegende Allophonie mit betontem, steigtonigem [ a ] generiert, das ja als sekundäres Phonem, s.o., vorhanden ist. Die "lautgesetzliche" (d. h. aufgrund des Adjektivs [sis:an] "schön" synchron und des Wissens um

174

die ahd. Adverbform ^cono diachron) zu erwartende Su. Form wäre

[su:an ].

Vor /l, m, n,

, k/ kann //e// ein Allophon mit größerem

Öffnungsgrad aufweisen, das hier in der Repräsentation der Einfachheit halber mit [s]

wiedergegeben wird,

da im vor-

liegenden System bloß ein einziges //e// vorhanden ist (etwa gegenüber mittelbair. /e/ - / /): [stell ] Stelle, [zbsmm"] Schwämme, [ hsnt ] Hände, [hsngen]

hängen, [ bsk ]

Keil u. a. Unter der Bedingung [+bet +st] hat //e// in allen übrigen Distributionen das Allophon / e / . Im Kotext V0 _ K, also 2t

nach Langvokal und vor Konsonant oder =^=^ (Wortende) ist //e// als

[+bet -st]

zu bezeichnen, seine phonische Reprä-

sentation kann in diesem Fall zwischen [e] und [ i ] liegen, ohne daß sich eine Regel mit kotextueller oder situativer Begründung ableiten ließe: [ga'ia:et] neben [ga'laiit] "gelegt",

[ha:e]

neben [ha:i] "Heu".

Bei Fehlen der Betonung, d. h. unter der Bedingung [-bet] ist mit einer doppelten Allophonie des //e// zu rechnen:

Su-12

[ ] [+vo -hoch -tief]—>

Am Wortende, aber nicht am Sprechsilbenende inneren, wird unbetontes //e// durch [ e

im Wort-

] , sonst durch [a]

repräsentiert: [iok ] Dorfteich, [ga'ia:bet]

gelebt.

Zwischen homorganen Konsonanten und Nasal oder zwischen Konsonanten und /!/ wird unbetontes //e// Null-repräsentiert: [la:bm] leben, [patl]

[Isidn] leiden,

[lü:gn]

lügen,

betteln.

Zusammenfassend lassen sich die Allophonien des //e//

175

im Su. folgendermaßen formalisieren: durch das zusätzliche Merkmal [+steig] , das im folgenden Schema durch den Akut [ '] wiedergegeben wird, zeigt sich auch die Scheidung zwischen den Allophonien unter den Bedingungen [+bet +st] und [+bet -st], Tonhöhenverlauf und Artikulationsdruckmerk male sind als Teil der Umgebung aufzufassen und daher den Suprasegmentalien zuzuordnen. Voraussetzung für das Funktionieren der folgenden komplizierten Repräsentationsregel des //e// ist vor allem die Kenntnis der Distribution, d. h. daß beispielsweise //e// nicht vor //rl// vorkommt und sich daher [ - o f f ] der ersten Zeile nur auf Konsonanten bezieht, die nicht //l// sind. Damit baut die Allophoniebeschreibung auf der Distributionsbeschreibung auf und kann als ein der Distribution untergeordnetes Regelkorpus angesehen werden.

Su-13 /

[+wdh] [-off] +vschl +voll

[ ] [+bet]
/ u / / [ + o f f + l g ] _____ (fakult. ) So wird in der Mundart der Älteren die "Lücke" im Teilsystem der Kurzvokale zumindest im Bereich der "sekundären" Phoneme aufgefüllt. Eine Gegenüberstellung der beiden Teilsysteme "primäre" und "sekundäre" Phoneme erfolgt am Ende dieses Abschnittes. (3) Das Phonem //a// Das in der untersten Reihe der Kurzvokale isoliert stehende Phonem //a// kann stark oder schwach betont auftreten. Unter dem Starkton erscheint die Allophonie / ä / , im Schwachton /o·/, etwa in den Nachsilben / - a r / , /-am/: E ' l ü : k a r ] Topfdeckel, ['märtarn] "martern"

und nach Langvokal [ ( v r i : a r ] "früher".

Als Regel ergibt sich Su 16

'

//a//—

/a/ /

[+bet +st]

/a/ /

[+bet -st]

(4) Die Reihe //i: - üj

- u://

Auf Seiten der Langvokale ist die oberste Reihe neben der Artikulationsortkorrelation auch durch die Distribution und die Allophonien unterschieden. Berührungen zwischen einander entsprechenden Lang- und Kurzvokalen (etwa //i// und //i://) sind kaum zu erwarten, da sich die Verteilungen größtenteils ausschließen. In Fällen von gleicher Distribution ist neben deutlicher quantitativer Opposition und dem Intonations unterschied bei Sprechern über 50 auch eine qualitative Unterschei-

178

dung zu beobachten, die sich in der Realisierung des kurzen /i/ als leicht zentralisierte Artikulation [i-] ausdrückt. Aus offensichtlichen Gründen beschränkt sich diese Erscheinung bloß auf die obere Reihe und auf deren vorderen Exponenten. Von //ü - üj// unterscheidet sich //u:// durch seine mögliche Kürzung vor stimmlosem Engelaut: [glufm]

schlafen.

Diese Kürzung liefert eine der im Su. seltenen quantitativen Allophonien. Sie ist nur durch das Fehlen des

//u// möglich.

Wenn von einer "möglichen Kürzung" gesprochen wird, dann soll damit angedeutet sein, daß diese Kürzung nicht in allen Stilebenen auftritt. Auch im Vokalcluster unterscheidet sich //u:// im allophonischen Verhalten von den übrigen·Gliedern der Reihe: folgt dem zweiten Glied //a// des Clusters ein //r//, so weist das Phonem //u:// das Allophon /oj/ auf, in der Realisierung steht [vo:arn] "vorne" neben [dru:an] "drohen". Einige Sprecher haben - wohl als idiolektale Allophonie - im Falle eines folgenden //r// vor dem /oj/ ein [ u ] eingeschoben,

sie sprechen daher

[

- a r n ] (vgl. dazu

T s c h i n k e l l 9 7 6 , 2 , 1 9 0 ) . Damit wird im sekundären Phonembereich eine strenge Parallelität erreicht, wie sich noch zeigen wird. Die w.u. zu besprechende fakultative Diphthongierung des Su.//u:// vor [+dent] Konsonanten (in [nu: t ] "Naht") ist manchmal bei den jüngeren Mundartsprechern zu beobachten. Die mit dieser Phonemreihe sich ergebenden Allophonieregeln sind folgende

Su-17 SU 18

-

-»/Ij/ //fl://_>/*/

Su-19

/oj//, //uj//

~

/ar/ (fakultativ: - > / ü o : / ) [+dent] (=fakultativ)

179

Die Komplexität der letzten Regel wird durch die nicht obligatorischen Allophonien geschaffen. (5) Die Reihe //e: - ö:// Die mittlere Langvokalreihe zeichnet sich in Su. durch das Fehlen eines

//o:// in der Basis aus. Für //ö:// gilt

analog zu den Phonemen //i:// und //ü:// Su-20

.... ,, //°j//

—>

,;. , /°j/

Auch //ej// kann wie //u:// im Vokalcluster nur vor //a// auftreten. In dieser Distribution weist es eine eigene Allophonie auf, es wird ein Gleitlaut [ i ] davor eingeschoben. Su-21

1 2 3 4 X + //ej// + // a // +

l \2 34

Als Beispiele gelten: [mie:ar] "mehr",

['pie:atar] "Peter".

Da bei den e-Phonemen die Quantität entscheidend ist, eine Aufteilung in e-

nach dem mittelbair. Muster läßt sich

nicht nachweisen, spielt die Qualität (sozusagen die infrasegmentale Variabilität) der e-Phoneme im Su. keine Rolle. Es können Realisierungen von [e(:)] bis [ s ] auftreten. Die Allophonien von //e:// können daher folgendermaßen dargestellt werden: Su-22 //ej//-

/%/ /

//a//

1*1

Die oben erwähnte strenge Parallelität wird im System der sekundären Phoneme erreicht, weil dadurch ein Cluster /lejo./ einem Cluster /

: / (vor / r / ) gegenübersteht. Damit ist es

nicht möglich, wie das bei W i es i nge r 1970, I, 228 wegen Beiseitelassens der phonologischen Funktion geschieht, in Su. von einer Reihe "/io ~ U D / " zu sprechen, weil hier nach rein synchronischen Prinzipien vorgegangen wird. Außerdem wird

180

die "Lücke" im Basissystem der Langvokale mit dem sekundären /oj/ aufgefüllt. Hier ist jedoch nicht eine quantitative Regel, wie bei / u / - / u : / , sondern eine qualitative Regel innerhalb des Teilsystems der Langvokale (Su-19 a) verantwortlich. Bei den Sprechern unter 50 werden häufig alle hohen und mittleren Langvokale, die vor /r/ stehen, leicht diphthongiert, und zwar entsteht, artikulatorisch gesehen, ein schwacher Öffnungsdiphthong. Als generelle Regel gilt

su-23

r-tiefl

r+var

[_+lg J — L - / + t i e f j

/

// //

/—// r 'l

In der Realisierung drückt sich die Erscheinung so aus: alt [pi:r s ] - jung [pi:lrs] "Birne" u.a. Damit zeigt sich über eine kurze Zeit hinweg e i n e Auswirkung der fallenden Intonation bei den Langvokalen. Gerade diese Erscheinung konnte noch bei den an Ort und Stelle verbliebenen Suchenern festgestellt werden, so daß Beeinflussung durch binnensprachliche Realisierungsnormen beinahe (aber nicht vollauf) auszuschließen ist,

denn jeder Verbliebene verfügt über eine Reihe von

Kontakten zum Binnendeutschen (teils mit Deutschland, teils mit Österreich). Daneben ist die bereits früher (2.1.1. und Su-19 b) angeführte Diphthongierung von //u:// zu /u:a/ vor zu sehen (also

[+dent]

[stu:edl] neben [stu:dl] Scheune), die

vom System her eine Erweiterung der obigen Regel von //r// auf alle [+dent] nach //u:// darstellt. Sieht man diese Diphthongierung im arealen Zusammenhang, so zeigt sich G in ein / u : / - und ein /u:3/-Gebiet aufgespalten, wobei die Distribution mit berücksichtigt werden muß. Es ist daher von W i e s i n g e r 1970,1,311 mit Recht für Su. nicht [u:a]

als

eigenes Phonem angenommen worden, weil nach Ausweis von Regel Su-19 eine kotextbedingte Variante vorliegt, die noch

181

dazu nicht von allen Sprechern realisiert wird. In Merleinsraut ist [u:a]

neben [u:] auch bei den Ältesten zu hören (eben-

falls vor [ +dent]), in Su. und dem restlichen Hochtal neigen nur die unter 50-jährigen zu dieser fakultativen Variante. (6) Das Phonem //&:// Das Phonem //a:// kommt auch

vor den Vokalen //e//

und //o// vor, hat aber in dieser Distribution keine Variante. Damit ergibt sich für dieses Phonem die einzige Allophonie /a:/.

Su-24

//a://

(7) Die Reihe //id

-,

/aj/.

- üa//

Die Intonationskoppelungen der Diphthonge wurden bereits beschrieben. Den Schließungsdiphthongen stehen in Su. wie in ganz G die Öffnungsdiphthonge gegenüber. In der obersten Reihe der Diphthonge sind in Su. nur Öffnungsdiphthonge vorhanden.

In dieser Reihe "fehlt" dem Basissystem der

Diphthong '// u s //· Erst durch die w.o. angeführte Diphthongierung schließt sich im sekundären System die "Lücke". Aus der Intonationskorrelation

[-steig] , die auch mit den Lang-

vokalen gekoppelt ist, ergibt sich bei den Öffnungsdiphthongen der subjektive Eindruck der längeren Dauer.

Durch die Ver-

stärkung des Artikulationsdruckes (Druckakzent) auf dem Anfang des Segmentes wird ein drittes Element dem Verlaufsmerkmal [var] unterworfen, d. h. es gehen Zungenstellung [ +/-hoch] , Intonationsbewegung [-steig] und Druckverlauf [ +/-intensiv] miteinander konform. Damit ist auch eine Einsicht in die Zusammenhänge zwischen den G Langvokalen und Öffnungsdiphthongen gewonnen: liegen die Linearitätsmerkmale Intonations bewegung und Druckverlauf als zwei der drei genannten Voraussetzungen für einen Diphthong fest, dann

182

kann unter bestimmten Kotextbedingungen (wie etwa durch einen folgenden Verschlußlaut) die dritte Voraussetzung (Zungenstellung) gleichgeschaltet werden. Da nun einerseits Langvokale und Öffnungsdiphthonge

und andererseits Kurzvokale

und Schließungsdiphthonge grundsätzlich gleichgestaltete Intonations- wie auch Druckverläufe haben, ist die perzeptorische Projektion des Merkmales [+lg] in die Öffnungsdiphthonge und

[-lg] in die Schließungsdiphthonge möglich. Die subjektiv

empfundene Dauer und damit die subjektive Beurteilung der Dauer bei den Öffnungsdiphthongen hängt also mit Akzent- und Intonationsverlauf zusammen. In Su. sind verschiedene Linearitätstypen der Intonationskurve möglich: mäßig schwach fallend

(b)

zu Beginn relativ flach, dann stark fallend

(c)

zu Beginn stark, dann relativ schwach fallend

Während (a) auf die Phoneme / / & : , L·, üj// zutrifft, ist (b) bei //uj// und (c) bei / / e j / / vor Vokal und bei / o j / zu beobachten. Aus diesen Koppelungen mag sich auch die ebenfalls wie eine Diphthongierung perzipierte Insertion eines Gleitvokals im Falle (c) bei den entsprechenden Langvokalen erklären lassen. Die Öffnungsdiphthonge sind mit den Typen (a) oder (b) gekoppelt, wobei die Umgebung eine Rolle spielt: (a) vor [ -sth] und vor [-off] [-off ], also vor einfachen stimmlosen oder vor doppelten Konsonanten, (b) in den übrigen Distribu-

183 tionen. Das bedeutet aber, daß in der erstgenannten Umgebung die Öffnungsdiphthonge "kürzer" perzipiert werden als in der zweiten (d. h. vor sth. Einfachkonsonanten und am Lexemende). Gerade in der Lexemendposition haben die Ö f f n u n g s d i phthonge eine bemerkenswerte Allophonie aufzuweisen. Vergleicht man etwa das Paar [ v ü ü s ] mit [ k ü ü ] - [ci:- 5 ]

-

['vias 5 ] "Fuß"-"Füße"

"Kuh" -"Kühe", dann zeigt sich in

beiden Lexemen der gleiche variable Basisvokal //üa// als Ausgangspunkt für die Singular/Plural-Alternanz. Im zweiten Fall tritt aber eine im System sonst nicht übliche Alternanz //i: — üa// . Löst man nun das zum Pluralmorphem

gehörige

auslautende //e// ab, so erweist sich das [i:] als Allophon des //IQ/l , das üblicherweise mit //üa// alterniert. Somit wird eine Distributions beschränkung greifbar, die eine Abfolge "Öffnungsdiphthong+Kurzvokal" unterbindet (vgl. 2. 1. 3. 2. 3. ), während die Abfolge "Langvokal+(unbetonter) Kurzvokal" als ein im G. durchaus akzeptables Vokalcluster anzusehen ist, wobei noch [ j ] - oder [ q] -Insertion hinzutreten kann. Als Regelfolge läßt sich daher formulieren: Su-25

//ia// -> /ja/

Su-26 a

[i:] /

/ / ü a / / —> / ü ü /

C+öff]

/ia/ [ia] Durch die bereits erfolgte Distributionsbeschreibung ist impliziert, daß sich in Su-26 a

[+öff ] nur auf einen [+lg] nicht-

variablen Vokal beziehen kann. Ähnlich ist die Lage bei den Paaren [knia] [,metr

'kü: e ]

-

[kni: s ] "Knie (sg.-pl. )" und [ k ü ü ] "Kuh (Nsg. )" - "mit der Kuh".

Die Regel Su-26 a ist daher zu verallgemeinern in

184

Su-27

+öff +var +/-hoch 0 Ig

-var -var _> +hoch

+ig

/

[+off]

Jeder Öffnungsdiphthong des Su. verliert demnach die Variabilität, wenn er durch synchrone morphologische Prozesse vor einem anderen Öffnungslaut

zu stehen kommt; dabei erhält

er das Merkmal C+lg] aufgrund der distributiven Norm des Su. Systems. Als Besonderheit des Su. ist noch die Rundung des zentralen fallenden Diphthonges bei der Realisierung (vgl. Su-25) zu betrachten. Durch diese Allophonie unterscheidet sich das Gebiet des Su. Hochtales vom Rest der Sprachinsel. (8) Die Reihe //ei - öü - ou//. Wie auch die gesamten Kurzvokale hat die Reihe der mittleren steigenden Diphthonge des Su. steigende Intonations be wegung. Die entsprechende Allophonreihe ist, verglichen mit der halbhohen Reihe der Kurzvokale, etwas offener in der Realisierung, was aber für die distinktiven Relationen keinerlei Bedeutung hat: /

/ ~ / ö ü / ~ / p u / , etwa in [hsi^er]

"Häuser",

[höüs] "Haus", [V9us] "falsch". Die Tatsache, daß //ou// nur vor Konsonant und nie vor Vokal auftreten kann, hat diachronische Gründe in der Vokalisierung des //l// nach mhd. a und e, wie w . u . ausführlicher dargestellt wird. Durch die bekannte Alternanz [out] - ['eltar]

"alt -

älter" aktualisiert, erhebt sich die Frage, ob dieses //ou// überhaupt als eigenes Phonem anzusehen ist. Da nie eine kombinatorische Variation von / o u / + / t / gegenüber /öl/ in Erscheinung tritt, ist hier auch von verschiedenen Phonemen zu sprechen. So ist beispielsweise der Infinitiv des Verbs "fallen" je nach Stil als

[voj,:] oder [vollen]

repräsentiert, wobei die letztere Form auch gleichzeitig für

185

die erste Pers. pl. des Indikativ Präsens gilt. Auch die 2. Pers. sg. des Indikativ Präsens zeigt /!/, und zwar in einer Distribution, in der bei kombinatorischer Bindung nur /ou/ in Erscheinung treten dürfte: [vob'-.st] oder [vollast] "fällst". Durch die Akzentuation des /o/ und die starke Labialität des [ l ] als redundantes Merkmal, sowie durch die Dauer der Verbindung entsteht bei flüchtigem Beobachten die Möglichkeit einer Umdeutung als [ou],

man vgl. dazu auch 2. 1. 5. 2. 2. (8).

Die für den Anfang des [+var] Segmentes mit dem Merkmalbündel [-/+hoch -tief] angegebene Variationsbreite erklärt sich aus dem Systemzusammenspiel: es gibt im Su. bloß eine Reihe von gleichhohen und gleichgerichteten Schließungsdiphthongen, daher ist die Realisierung der initialen Zungenhöhe ziemlich gestreut. So ist beispielsweise von einem Gewährsmann [ heigar ], [hei^ar] oder auch [hsizar] zu hören, ohne daß dadurch eine Bedeutungsveränderung hervorgerufen würde. Vom synchronen Standpunkt aus und bei Vergleich mit dem gesamten Su. Vokalsystem ist gerade diese Reihe wegen des zentralen Phonems //öü// nicht als "gestört" zu bezeichnen, wie das von W i e s i n g e r 1970,1,101 und II, 264 behauptet wird. "Velopalatales ei, sy" konnte ich in Su. jedoch bei keinem einzigen Informanten belegen. Bei Zusammentreffen eines Diphthonges dieser Reihe mit einem unbetonten Vokal wird der Gleitvokal [ ] nach [ und[q] nach [öü] eingeschoben: [tsnar] "teuer", "Mauer", daher kann man formulieren +varj _+vo _\

Su-28 0

[U]/

-vo

[+öff~] •L-betJ

]

[möüqar]

186

(9) Das Phonem //oe//. Als isoliert ist das Phonem //oe// zu betrachten,

bei dem

zwei Merkmale variabel sind: [-/+vo +/-rund]. Aus diesem Grund paßt es nicht in das in Su. übliche Diphthongschema der Basis, weil kein Merkmal der vertikalen Artikulationsart (also [ tief] oder [hoch] variabel ist.

Dazu kommt noch die

fallende Intonation als Linearitätsiherkmal ebenso wie der flache Verlauf des Artikulationsdruckes. Durch die fallende Intonationsbewegung und die distinktive Nicht-Veränderung des Öffnungsgrades in der Nähe der Langvokale und Öffnungsdiphthonge, tritt bei diesem Phonem eine Allophonie ein, die auch den Öffnungsgrad scheinbar mit einbezieht, und damit eine deutlichere Diphthongstruktur erzeugt: / u o e / . So ist aber ein Triphthong entstanden, der kein Pendant im Su. System besitzt. Am ehesten ist ein Vergleich mit dem Cluster /

: / möglich.

Diesem Vergleich scheint die Insertion des [ u ] vor dem Diphthong zu entstammen, wobei dadurch gleichzeitig der Ausgangspunkt des ursprünglichen (d. h. Basis-) Diphthongs tiefer verlegt wird:

[ u o e ] , auch [ u u e ] ist manchmal zu

hören. Dieses Diphthongallophon / o e / , das nur zusammen mit dem Glide [ u ] auftritt, entspricht der üblichen Diphthongstruktur des Su. in den Oberflächenmerkmalen und in der Distribution. Ein Gleitvokal vor einem Diphthong ist von der Su. Distributionsnorm her keineswegs unmöglich. Wie weit hier auch eine Neusegmentierung (etwa zu / u + o ( : ) + e / ) vorliegen könnte, ist wegen der fehlenden Vergleichsmöglichkeit mit ähnlichen Strukturen nicht zu entscheiden. Daß sowohl / u o e / als auch /oe/ nicht in den Bereich hypothetischer Postulate zu verweisen ist, zeigen die phonematischen Entsprechungen in den übrigen phonologischen Teilsystemen der

187

Sprachinselmundarten von G. So erscheint im sog. Unterland häufig [ ö a e ] , man vgl. T s c h i n k e l 1908a, 197. Das Moschnitzer Gebiet im NO der Sprachinsel zeigt hingegen häufig /oe/ ( T s c h i n k e l l 9 0 8 a , 1 9 8 und L ip o l d 1976b, 57). Gemäß der Isoliertheit des Phonems zeigt sich auch in Su. bei der Realisierung eine große Variationsbreite, die von [oi] über [

] bis [ u a i ] reicht, da eine Verwechslung

des Phonems (vgl. dazu Hinterberg!) nicht möglich ist. Damit könnte man folgende Regelanordnung festhalten: Su-29

//oe//

Su-30

1 [

Su-31

2 /oe/

/uoe/

>/

/

3

]—>1 v^2 3 >/üoe/

In [+bet -st] Stellung erscheint / u o e / in der Ableitungssilbe {-luoe} "lein" (Deminutiv): [koub^oe]

"Kalb" neben

E

[koubl i]. Diese Form(en) im Singular stehen den Pluralformen [-län/-läijl] gegenüber. Im vorliegenden Fall sind /oe/ und /ei/ vertauschbar, weil es keine andere Nebensilbe derselben Struktur gibt und auch die Standardsprache hereinspielen kann. (10) Synopse. Stellt man am Ende dieses Abschnittes die Systeme der primären und sekundären Phoneme einander gegenüber, so zeigt es sich, daß "Lücken" des allein von der Distinktivität her bestimmten primären Systems (Basissystems) zwar scheinbare Asymmetrien der einzelnen Teilsysteme mit sich bringen; bei genauerer Betrachtung stellt sich aber

eine

höhere Symmetrie heraus, die Symmetrie der Teilsysteme untereinander. Diese "höhere" Symmetrie soll durch die beiden neben die Kurz- und Langvokalgruppe gestellten Dia-

188

gramme gezeigt werden. Diese Diagramme sind völlig gestaltgleich. Diese Ausgewogenheit des gesamten Vokalsystems setzt sich auch im Allophoniesystem (sekundäre Phoneme) fort, indem durch Weglassen der Kotextbedingungen auch die "Lücken" der einzelnen Teilsysteme verschwinden. Sieht man primäre und sekundäre Phonemsysteme als verschiedene sprachliche Bewußtseinsebenen im Realisations- und Perzeptionsprozeß an, dann erweisen sich Postulate wie "Es gibt keine Lücken in einem Phonemsystem", "das System hat eine absolute Symmetrie aufzuweisen", "die unbesetzten Stellen des Systems. . . " und ähnliche Formulierungen als nebensächliche Einseitigkeiten, die von einer strukturellen Gesamtkonzeption der Sprache wegführen. In der graphischen Gegenüberstellung weisen die Pfeile im sekundären System auf kotextbedingte Aufspaltungen hin, die aufgrund ihrer phonologischen Identität im primären System unter einem Zeichen subsumiert sind. Die Unterscheidung zwischen primären und sekundären Phonemen wird auch graphisch durch Verwendung des Doppelschrägbalkens (//) für primäre Phoneme und des einfachen Schrägbalkens (/) für sekundäre Phoneme durchgeführt. Die Schemata sind vor allem für die Bestimmung der Alternanzstrukturen (bei 2 . 1 . 6 . 1 . ) von Bedeutung.

189

Primäre Phoneme

u: ö: a:

u:

Diagramm i e

ü ö a

i: e:

ü: ö: a:

sekundäre Phoneme

o

l

U

l

§ a ü: i—u· =

u:

a:

üa

uu

u oe -> öo:

oe

(Vie: ei

ou

ou

Den Glides kommt im sekundären System deswegen keine eigene Reihe zu, weil sie als Erweiterung eines Segmentes anzusehen sind, sozusagen als das "Hörbarwerden"

des artikula-

torischen Einschwingvorganges. Daher kommt ihnen ein ähnlicher VOT (voice-onset-time: K o h l e r 1977,241) Charakter zu, wie etwa dem Glottisverschlußlaut (s. o. ). 2.1.5.2. Konsonanten 2.1.5.2.1. Allgemeine Repräsentationsprinzipien Unter den allgemeinen Repräsentationsprinzipien sind zwei Gruppen von Regeln herauszuheben: solche, die nur einmal angewendet werden können, ihre Umgebung durch eine eigene Repräsentation wiederspiegeln und daher zur Erhöhung der Redundanz beitragen; andererseits sind Regeln vorhanden, die wiederholt angewendet werden können und unter Ausnutzung der Redundanz diese gleichzeitig abbauen.

190

2.1.5.2.1.1. Systematische Allophonien Neben der Vokalquantität ist die Konsonantenintensität das strittigste Kapitel der bairischen Dialektologie. Bereits die Distributionstabellen

der Vokale haben gezeigt, daß die

Koppelung der Vokallänge mit der Konsonantenintensität, wie sie im mittelbair. Bereich ist (vgl.Wie s i n g e r 1978b, 17f. ), für das G als südbairisch orientierte Mundart nicht zutrifft. Es besteht zwar in einigen Positionen komplementäre Distribution der langen und kurzen Vokale, doch überwiegt das Nebeneinander vor einer Reihe von Einfach- und Mehrfachkonsonanzen. Die gemeinsame Verteilung von bestimmten kurzen und langen Vokalen, etwa //a// und //a:// vor //k//, lassen die totale Bindung der Vokale in ihrer Quantität mit der Stimmtonkorrelation des Konsonanten (die Intensität ist im G bloß redundantes Merkmal!) nicht zu. Allerdings ist eine Koppelung in der Weise zu bemerken, daß distinktiv stimmhafte Konsonanten allein nie nach betonten Kurzvokalen auftreten, man vergleiche die Distributionstabellen unter 2.1.3.2.1. Es besteht daher wohl die Koppelung "Kurzvokal+stimmloser Einfachkonsonant", aber nicht ohne bestimmte Ausnahmen, wie die genannten Tabellen zeigen. Im Gegensatz zum Mittelbairischen ist daher nicht die Umkehrung "Langvokal+stimmhafter Konsonant" impliziert. Das Durchbrechen dieser Regeln hängt unter anderem mit der sogenannten "Auslautverhärtung" diachron zusammen. Das G unterscheidet sich von anderen bair. Mundarten dadurch, daß bei den Konsonanten nicht die Intensität (artikulatorischer Druck), sondern die Stimmtonkorrelation als distinktives Merkmal vorhanden ist. Daher ergibt sich ein

191

anderer Ansatzpunkt für die Repräsentationsbeschreibung. Jeder orale Engelaut oder einmalig geöffnete Verschlußlaut kann distinktiv (merkmalhaft) stimmhaft oder stimmlos sein Mit der Stimmtonkorrelation ist aber die artikulatorisch-phonatorische Intensität gekoppelt: ein distinktiv stimmhafter (explizit stimmhafter!) Konsonant ist gleichzeitig auch als ungespannt oder "Lenis" zu bezeichnen. Kein Konsonant dieser Gruppe kann die unten beschriebene "sekundäre Gemination" mitmachen, während die sogenannten "Sonoranten" (d. h. Konsonanten, deren Merkmalstruktur die Stimmhaftigkeit impliziert, wie //n, m, r, l//) an diesem phonologischen Repräsentationsprozeß teilhaben können. Auch die variablen Konsonanten sind davon ausgenommen. Die Intensitätsdichotomie "Lenis-Fortis" bezeichnet die Stärke des Atemdruckes, mit dem ein konsonantisches Segment der oben beschriebenen Grundstruktur (Explizitheit der Stimmtondistinktion) realisiert wird. Die Koppelung von expliziter Stimmhaftigkeit mit dem Merkmal "Lenis" bedeutet aber nicht, daß alle stimmlosen Konsonanten als "Fortes" zu bezeichnen sind. Auch T s c h i n k e l 1908a,28 gibt zu, daß der Intensitätsunterschied nicht relevant ist, doch führt er die stimmlosen Fortes als gekoppelt mit der Stellung"... im Silbenauslaut,

nach kurzem, betontem

Vokal und bei Verdoppelung [sie!]", in der die "Tenues" (d. s. stimmlose Fortes) besonders stark sind. Er sieht bereits den Zusammenhang von Intensitätsrealisierung und Akzent (Stärke des artikulatorisch-exspiratorischen Druckes). Wenn der Begriff der Geminata auf diese Weise verwendet wird, so handelt es sich nicht um die Struktur K+K, also um zwei aufeinanderfolgende, primäre Konsonantenphoneme mit übereinstimmenden distinktiven Merkmalen (wie das aus

192

T s c h i n k e l 1973, XXII ableitbar wäre, vgl. L ipo Id 1975,186 und 189), sondern um eine kotextabhängige Repräsentation. Die "geminabiles" sind bekannt (s.o. ). Bezieht man die Erfahrungen aus der Distributionsanalyse in die Repräsentationsbeschreibung mit ein,

so ergibt sich das Wissen um die

Geminationsfähigkeit der genannten Konsonanten in bestimmter Umgebung, nämlich nach kurzen Vokalen und Schließungsdiphthongen. Damit ist

die Abhängigkeit von Umgebung (Kotext)

und Linearitätsmerkmalen festgehalten. Auch die Feststellung, daß eine "Geminata" allein vor einem Vokal, aber nicht am Lexemende oder vor einem anderen Konsonanten auftritt, bietet die Möglichkeit einer weiteren distributiven Einschränkung. In den unter 2.1.4. gezeigten phonotaktischen Strukturen wird hervorgehoben, daß ein Kurzvokal nicht am Silbenende oder am Lexemende stehen kann. Mit dem Beispielpaar /tü:kn/ "tuken (das Hirtenhorn blasen)" gegen /tükn/ "ducken" wird ein Dilemma gezeigt,

das im sekundären System bei der

Rhythmisierung der phonologischen Kette akut wird. Wegen der wirksam werdenden Betonungsregeln, die besagen, daß im Falle von zwei Silbengipfeln innerhalb eines Wortes der erste Vokal des Lexems den Hauptton trägt, bildet sich zwischen //ü// und //n// ein Spannungsfeld. Es besteht für beide Phoneme in einem Streben nach Strukturierung der Silbe nach einem in Su. üblichen Muster, also -VK oder KV, wobei V als Silbenträger zu verstehen ist. Wohl unter Einfluß der Nachbarmundarten slowenischer Provenienz, die ja Geminaten kennen, kommt es zu einer "salomonischen" Lösung des Dilemmas,

zu einer Spaltung des in der Mitte zwischen zwei

vokalischen Silbenkernen liegenden Konsonanten: [

'tükkat

21 ] "er duckt sich". Da aber eine Spaltung Aufteilung auf zwei Silben bedeutet,

193

also eine Segmentalisierung ohne phonologische Gründe, ist viel eher anzunehmen, daß wie in anderen Fällen eine Insertion vorliegt. Die Gründe für den Einschub eines Konsonanten mit Merkmalen, die mit denen des vorangehenden Konsonanten identisch sind, liegen in der speziellen Verkettung der Phoneme also beispielsweise XV KV gegen XV.KV, in einem speziellen J.

Betonungstyp (xx) und in der Silbenzahl (2). Die entsprechende Regel muß daher Verkettungsart, Betonungstyp und Silbenzahl mit einbeziehen: Su-32

0 -+

+kons -var r-sth J O sth (

'

+vok +bet

+kons -var |-sth 1 J O sth j

^

+vok -bet

In der Su. Mundart kann also eine "sekundäre Geminierung" eintreten: wenn in einem Zweisilber auf den kurzen betonten Vokal der ersten Silbe ein nichtvariabler Konsonant (der implizit stimmhaft oder explizit stimmlos ist) und auf diesen ein unbetonter Vokal folgt, dann wird nach diesem Konsonanten ein identischer Konsonant eingeschoben und die Silbengrenze zwischen die beiden Konsonanten verlegt. Auch die ebenfalls als [+steig] charakterisierten Schließungsdiphthonge folgen manchmal dieser Regel (vgl. dazu das w.u. genannte Beispiel ['msildar] "Mäuler"). Die von S t e i n h a u s e r l 9 6 1 , 173-183 beschriebene Reibelautschwächung in den bair. Mundarten ist hier sozusagen in der ersten Stufe in einer bestimmten Distribution es gibt "noch" Geminaten, aber bloß dort,

durchgeführt:

wo die Distribution

"nach kurzem Vokal, vor weiterem Vokal" dies zuläßt. Nach Langvokal oder vor einem Konsonanten ist diese "sekundäre" Geminata bereits vereinfacht, darüber im nächsten Absatz, der die rein synchrone Deskription zu leisten hat. Wollte man

194

dieses Kriterium zur Datierung der Sprachinselbesiedlung heranziehen, und dabei von einer "Kärntner Urheimat" (T s c h i n k e l 1973,XXIII u. ö . ) ausgehen, so dürfte man unter Heranziehung des von St ei n h a u s e r für die Reibelautschwächung genannten Datums (etwa 1300, weil Kärnten nach dem österreichischen Interregnum gerade zu dieser Zeit mehr mächtig ist) annehmen, daß die Besiedlung Gottschees zu einer Zeit abgeschlossen sein mußte, in der gerade die ersten (mbair. beeinflußten) Auflösungserscheinungen des alten Konsonantensystems begonnen haben. Und das würde auf eine Zeit lange vor 1317 (dem Kärntner Interregnum) und nach 1278 (Ende des österreichischen Interregnums), also gegen 1300, hinweisen.

Der Beginn der

Besiedlung könnte daher sehr wohl mit dem Ende des Reichsinterregnums zusammenfallen, da man sich von den Habsburgern Wiederherstellung von Recht und Ordnung erhoffte und daher an die Sicherung der Interessen in Krain ging. Die Regel Su-32 ist auch als rekursive Regel zu betrachten, denn sie ist in verschiedenen Repräsentationsebenen anwendbar, sobald sich dafür die Voraussetzungen ergeben. Die von T s c h i n k e l l 9 0 8 a , 2 7 und daher v o n T s c h i n k e l 1973,XXII sowie von K r a n z m a y e r 19 60,179 angegebenen Teilgeminationen der Affrikaten (beispielsweise in * [kru:ppfa] "Krapfen", K r a n z m a y e r 1960,180) konnten weder in Su. noch sonst in der Sprachinsel Gottschee beobachtet werden. In Su. kann auch nicht die "unvorstellbare Altertümlichkeit" nachgewiesen werden, daß "Silben mit langem Vokal [...] und darauffolgender Fortisgeminata" ( K r a n z m a y e r ebda) entstehen. Der Anfangskonsonant der zweiten Silbe ist daher eher mit Hilfe einer Insertionsregel zu beschreiben, und nicht mit einer Geminata in der Basis (oder einer Konsonantendehnung unter gleichzeitiger Verlegung der Silbengrenze). Die

195

heute vorhandene Neigung, diesen zweiten Konsonanten in bestimmter Umgebung als einen sth. homorganen Verschlußlaut zu realisieren, wenn er als /!/, seltener als / r , n, m/ entstand (vgl. W o l f 1971,33),

ist daher als Bestätigung der

Insertionshypothese aufzufassen. Dadurch kann die Regel Su-32 eine Erweiterung erfahren: Su-32a

If l

> If d

/

/er/

Als Beispiel dienen //stol// - //stolzer// "Stall - Ställe" und //möül// - //meil-/· er// "Maul - Mäuler". Nach Anwendung der vokalischen Repräsentationsregeln, der Auslautregel Su-34 und der obigen Insertionsregel Su-32 ergibt sich der Zustand /stbl: /- /stbllar/, /möül/-/meillar/. Die kotextuelle Erscheinung Su-32a, die vor allem vor dem /er/-Plural eintritt (vgl. dazu L i p o l d 1976b,281,PR-11), ergibt sich für die gezeigten Pluralformen [ sto :dar] und [msildar]. Die von K r a n z m a y e r l 9 6 0 , 1 7 3 als gemeinsame Altertümlichkeit der Tiroler Hochtäler und der Außengründungen bezeichnete "Auslautverhärtung" ist auch in der Su. Mundart anzutreffen. Sie erfaßt beinahe alle Konsonanten des Systems, hat aber je nach relevanten Merkmalen und den daraus resultierenden Gruppen von Konsonanten ein unterschiedliches Erscheinungsbild. Als Erscheinung des gesamten Konsonantismus ist sie an dieser Stelle zu behandeln. Sie muß als nur einmal anwendbare Allophonieregel angesehen werden. Sowohl aufgrund des Kotextes (d. h. der vorangehenden Segmente) als auch aufgrund der eigenen distinktiven Merkmale der betroffenen Segmente unterscheiden wir in Su. vier Gruppen: Zur ersten Gruppe gehören alle distinktiv (d. h. explizit) stimmhaften Laute: //b, d, v, ?//, jedoch nicht //g//. Sie ver-

196

lieren im Auslaut, d. h.

am absoluten Lexemende, den

primär distinktiven Stimmton und das damit gekoppelte Merkmal [+lenis]. Dadurch tritt Neutralisation der Opposition zu ihren sonst stimmlosen Pendants ein. Als Paradigmen seien genannt: [grop] "Grab", [bont] "Wand",

[hoüs]

"Haus",

[ sröüf ] "schraube!". Diese Beispiele weisen das sth. Phonem auf, wenn in den obliquen Kasus oder in den konjugierten Formen Inlautposition vorliegt. Dabei handelt es sich nicht um Alternanz, wie im Vokoidbereich bei [tokx] s

[ 'tu:g ] "Tag

gegenüber

- Tage" u.a. In dieser ersten Gruppe spielt

das dem betroffenen Konsonanten voraufgehende Segment keine Rolle, die Neutralisierung tritt auf alle Fälle ein. Man kann daher für diese Gruppe formulieren Su-33

+sth -nas +kons

[-sth]

/

=#

Es ist aber zu bemerken, daß im Su. Dialekt bei der Realisation nach kurzem Vokal die Intensität des betroffenen Konsonanten höher ist, als nach Langvokal oder Diphthong. Diese Beobachtung hängt mit der Regel für die zweite Gruppe zusammen. Die Regel Su-33 wird aber im Satzsandhi unterdrückt, wenn der stimmhafte Konsonant im Lexem nach einem [-steig] Vokal und vor einer mit

[+sth] beginnenden weiteren lexika-

lischen Einheit steht (dieses [ +sth] impliziert distinktiv stimmhafte und "sonore" Laute außer / r / ) . Damit kann als Zusatz zu Su-33 gesagt werden (vgl. u. ). Su-33a

Su-33

> O / [ -steig] [+sth] =ft [ + s t h ] . . .

Die zweite Gruppe umfaßt Nasale, stimmlose Engelaute und //l//, also Konsonanten mit einem kontinuierlichen, nichtabrupten Verlauf. Auch diese Konsonanten unterliegen der

197

Auslautverhärtung, doch besteht bei ihnen die Auswirkung nicht im Bereich der distinktiven, sondern der irrelevanten Merkmale. Außerdem ist die Wirkung eingeschränkt auf die Distribution nach kurzem betonten Vokal; sie besteht in der Verlängerung der Konsonantendauer, verglichen mit der Dauer nach den übrigen Vokalen und im Auslaut: etwa in [möül] "Maul" gegenüber [stol:] "Stall" oder in [i rax:] "ich reche" gegenüber [ga:x] "jäh". Gerade das zweite Beispielpaar zeigt, wie eng das Phänomen Auslaut-"verhärtung" mit der Silbenstruktur zusammenhängt. Vor allem die Einsilber sind es ja, die von dieser Regelung betroffen sind. Daher scheint in den sekundären Phonemketten die prinzipielle Silbendauer für diese Gruppe besonders fest gefügt zu sein. Rechnet mandie Silbendauer ab einschließlich betontem Vokal bis Silbenende, so erscheint in Su. der Einsilbler auf drei Einheiten besonders häufig. Einerseits ist der Typus "Langvokal (2 Einheiten)+einfacher Konsonant (l Einheit)", also (a) V:K, andererseits der Typus "Kurzvokal" (l Einheit)+Doppelkonsonant (2 Einheiten)" vorhanden, also (b) VKK. Als Erweiterungsform der Möglichkeit (b) ist endlich auch die obige Art, "Kurzvokal (l Einheit)+gelängter Konsonant", also (c) VK:, zu nennen, wobei der gelängte Konsonant als zwei Einheiten gilt. Diese prinzipiellen Typen weisen auf eine relativ fest konzipierte Silbenschlußstruktur hin, die man mit einiger Vorsicht auch als "relative Silbendauer" bezeichnen könnte. Die zweite, von der "Auslautverhärtung" betroffene Gruppe von Konsonanten wird dazu verwendet, die Silbenschlußstrukturen im Su. einheitlicher zu gestalten, da die Erscheinung nur den betonten Einsilber oder den Mehrsilber mit der Betonung auf der letzten Silbe unter bestimmten Kotextbedingungen

198

betrifft. Die folgende Strukturregel soll das formalisieren Su-34

V

/!/

-ig

[+nas ]

1 2

[+eng~| L-sthl 3

X

+bet

=?¥=

1 2 3 [ +lg ] 4

Der Einwand, daß es in Su. auch Silben vom Typus V:KK gibt, also Einsilbertypus mit vier Einheiten, wird durch den obigen Hinweis auf mehrere Silbenkategorien entkräftet. Es handelt sich dabei um die häufige Konsonantenverbindung /xt/ nach IM:l (in [pu:xt] Kehricht) und um Verbindungen von / r / und einem weiteren Konsonanten nach Langvokal. Der erstere Fall ist hinsichtlich der Silbenstruktur tatsächlich eine Altertümlichkeit, die bei K r a n z m a y e r l 9 6 0 , 1 7 8 im Zusammenhang mit den sogenannten Fortisgeminaten als "geradezu unvorstellbar"

angesprochen wird. Es ist die

einzige nicht beseitigte ahd. -mhd. Silbenendstruktur, die bestehen bleiben konnte, weil /xt/ als feste Verbindung sowohl wie ein einfaches als auch wie ein doppeltes Phonem im Zusammenhang der Kette fungieren kann. Dieser vierte, funktional kaum belastete Silbenendtypus eines Einsilbers hat damit die Struktur V:KK. Die Länge vor /r/-Verbindungen ist historisch erklärbar durch die Distribution, da //r// allein im Auslaut hauptsächlich nach "Langvokal+//a//" und vereinzelt nach //i:, ü:, u:, a:// vorkommt. Alle ehemaligen Kurzvokale vor /r/+Konsonant wurden gedehnt: mhd. march, Su. [mu:rx] "Grenze". Daher liegt die Vermutung nahe,

daß /r/+Konsonant als

Kurzkonsonantismus fungiert,, d. h. als eine Einheit im obigen Sinn (also /r/+Kons. = K), oder daß es die numerische Stützung des gliederarmen Typus V:KK übernommen hat.

199

Neben diesem Langsilbentypus ist auch der (scheinbare Kurzsilbentyp -V:=f=f=

zu beobachten (etwa [du:]

"du").

Er ist aber ohne weiteres der ersten Silbenart zuzurechnen, wenn man das unter 2.1. 5.1.1. über die Dehnbarkeit der Vokale Gesagte berücksichtigt, so daß man hier auch den Typus (e) V:: annehmen könnte (3 Einheiten!). Als dritte Gruppe ist die Reihe //g - k ~ kx// anzusehen, die sich im Auslaut als /kx/ neutralisiert. Hier ist mit einer gestaffelten Allophonieregel zu rechnen. Da //g// durch Su-32 stimmlos wird, besteht zunächst

Oppositionsneutralisierung

mit /k/ aus //k//. Daraufhin setzt Su-35 ein, nach der noch das Merkmal [+var] hinzukommt. Damit ließe sich bereits speziell für die dritte Gruppe formulieren

//g//

N /s/

l

/kx/

/_

und weiterführend /k/

-

M

Wenn man hier aber generalisiert, so könnte man auch postulieren, daß durch Hinzutreten des Merkmals [+var] Stimmtonbeteiligung redundant wurde, da [+sth +var]

die Konso-

nanten in Su. nicht auftreten, also Su-35

-eng -nas -dent -lab

> [+var] /

Damit wäre //tog// nach Su-35 ohne Umweg über Su-32 als /tokx/ "Tag" repräsentiert. Durch Su-35 wird Su-32 nicht aufgehoben, aber ihre Anwendung wird für die Verschlußlaute redundant, weil Su-35 für den gesamten Merkmalkomplex gilt und Su-32 als der umfassenderen Regel ohnehin nachgeordnet ist

200

Die vierte Gruppe der im Auslaut auftretenden Konsonanten, //p, t, ts, kx, r//, zeigt in der Mundart von Su. keine eigenen Auslautallophonien. Allen im Auslaut auftretenden Konsonanten ist folgende satzphonetische Regelung gemeinsam: nach einem schwach oder nicht betonten Vokal ist eine starke Intensitätsreduktion zu beobachten, die bei den explizit [+sth] sowie bei den implizit sth Konsonanten //l, n, m// zum Schwund, bei den übrigen zu einer deutlichen Lenisierung führen kann. So stehen nebeneinander (nach Betontheit geordnet) ['bi:dar ~ , bi:d \

V

l

»

l

bi: ~ bi] "wieder" einerseits und ['vi:l ~ ,vi:l - vi: vi ] "viel" oder ['herbist] neben [.heVl'sd] "Herbst" andererseits. Allerdings ist hier eine Formalisierung kaum zu gewinnen, da idiolektale Regeln ebenso eine Rolle spielen können, wie die Sprechsituation, der Betonungsrhytmus oder das Sprechtempo und der Redestil. Allgemein läßt sich nur die Feststellung treffen, daß diese scheinbaren Reduktionen eher in der Nachkontur als in der Vorkontur auftreten, daß sie umso häufiger auftreten, je weiter der oder die betreffenden Konsonanten vom Konturkern linear entfernt sind. Als Bei1

spiel für Auftreten in der Vorkontur sei die Frage [si

'hi:]

"ist sie fort?" gezeigt. Hier ist die reduzierte Repräsentation abhängig vom Akzentuierungsgrundmuster. Die Struktur / j ist

,?i: a'hi:n/, die nach Anwendung der Allophonieregeln

anzunehmen ist, unterliegt dieser wort- und satzphonetischen Regelung, der Assimilationsregeln vorausgehen. Das im sekundären System nicht übliche Segment /s/ im Anlaut vor Vokal in /si/ weist allein auf die vorausgehenden Prozesse hin, wodurch zwar eine Reihe von Redundanzen genützt, aber gleichzeitig auch beseitigt wird. Wie das Beispiel "viel" zeigt,

201

können hier beträchtliche Unterschiede in der phonischen Repräsentation auftreten, die assimilatorische Reduktion, d.h. die zyklischen Regeln, können immer weiter um sich greifen. Weitere Beispiele bringen die Texte im Anhang. In diese Regelgruppe gehört auch die sogenannte Palatalisierung. Ihr unterliegen sämtliche dentalen Konsonanten, wenn sie nach einem betonten Zentralvokal stehen. Als Beispiel wird hier //t// gezeigt: ['lü^ar] "Nachlaufschnaps einer minderen Qualität", ['pö:t c ]

"als Gehilfe des Dorfhirten

eingesetzter Knabe". Diese Palatalisierung kann unter Umständen so weit führen, daß ein Gleitvokal inseriert wird: [ ' lüi^ar],

[' pö:i\ ] . Zweifellos geht diese Palatalisierung

der Insertionsregel Su-28 voraus. Die Ausgeprägtheit mag variieren. Da aber bei allen Dentalen das zusätzliche Merkmal [+pal] hinzukommt, kann man generalisieren. Su-36 [+dent]

r- —i +dent +pal ^

r- r +vok -vo , , -hnt

Das dentale Phonem gewinnt auf der sekundären Repräsentationsebene das nicht distinktive Merkmal der Palatalität hinzu, wodurch die Redundanz erhöht wird. Artikulatorisch unterscheiden sich diese palatalisierten Dentale durch die sekundäre koronal-palatale Artikulationsstelle von den nichtpalatalisierten mit allein apiko-alveolarer Artikulation. Die in Su. nicht distinktive koronal-palatale Artikulationsstelle der [+eng]-Phoneme //s// und //?// wird durch diese Regel verallgemeinert. Sie ist eine generelle Allophonregel und geht daher der folgenden Gruppe der satzphonetischen Regeln voraus.

202

2.1,5.2.1.2. Satzphonologie Ein weiterer, den gesamten Konsonantismus erfassender Regelkomplex ist unter dem Begriff "Sandhiregeln" zu subsumieren. Dazu gehören vor allem die durch die Wortverkettung bedingten Anpassungserscheinungen "Assimilation, Dissimilation, Epenthese und Synkopierung". Assimilation oder Angleichung linear benachbarter Segmente hat innerhalb der festgelegten Segmentketten (Lexeme) meist zur Veränderung in den betroffenen Phonemstrukturen (Merkmalskonfigurationen) geführt. Diese Veränderungen sind vom Gesichtspunkt der Synchronie nicht (mehr) einsichtig. Durch die aus der Sprachverwendung heraus wechselnden Mittel der Morphologie (Flexion, Derivation, Komposition) und der Syntax (Satzbildung) entstehen an den Morph- und Lexfugen unfeste lineare Gruppierungen, die nicht immer mit den distributiven Normen des Einzelsystems

übereinstimmen

(vgl. d a z u L i p o l d 1978, 99 "Distributionsrelation"). Im Falle einer durch das einzelsprachliche oder dialektale System bestimmten artikulatorischen bzw. phonischen "Unvereinbarkeit" der benachbarten Segmente wird eine Umstrukturierung der Merkmale meinem oder beiden (auch mehreren) Segmenten vorgenommen. Das wird alltagssprachlich als "bessere Aussprechbarkeit" bezeichnet. In vielen Fällen wird eine konvergente Strukturveränderung (Assimilation) herbeigeführt. Ein Sonder- und Grenzfall ist die bereits behandelte "Auslautverhärtung", die in der Regel Su-32 die Stimmlosigkeit des "Null-Lautes" (d. h. der "Pause" am Wortende) in das letzte Segment des Verbandes hineinzieht. Su-32 wäre daher im weiteren Sinn auch als Assimilationsregel zu be-· zeichnen, da Assimilationsregeln nie kotextfrei sind.

203

Die allgemeineren Assimilationsregeln sollen daher dem Konsonantismus vorangestellt

werden. Da alle diese Regeln als

rekursiv anzusehen und nur an der Morphgrenze anzuwenden sind, muß diese auch in allen Formalisierungen mit enthalten sein. Es läßt sich aber auch beobachten, daß mit steigender Nachlässigkeit des Stils sogar die "festeren"

Segmente und

Segmentfolgen erfaßt werden, jedoch nie solche, die distributiv zugelassen sind. Die Einbeziehung der Morphgrenze unterscheidet die im Wortinneren möglichen Allophonieregeln von den Assimilationsregeln. Die synchronen, nur von einem Regelsystem her bedingten Assimilationen sind von den in historischer Zeit fest gewordenen, und daher oft nicht bedingten Assimilationserscheinungen zu unterscheiden, die an anderer Stelle untersucht werden (bei T s c h i n k e l 1908a, 32-48 wird Synchronie weder von Diachr. getrennt noch unterschieden!). Zu diesen nur aus der Historie erkennbaren Assimilationen gehören vor allem die sogenannten Fernassimilationen. In Su. treten im wesentlichen vier Assimilationsregeln in zwei Gruppen auf. Die erste Gruppe betrifft die Stimmtonkorrelation. Wird durch einen morphologischen oder syntaktischen Prozeß die Juxtaposition eines [+sth] (explizit) und eines (explizit) stimmlosen Phonems (mit beliebiger Reihenfolge) bewirkt, so verliert das stimmhafte Segment seine Stimmhaftigkeit. Davon sind die implizit stimmhaften Konsonanten, wie Nasale, //l// und //r// nicht betroffen. Die entsprechende Formel liest daher Su-37

[+sth]

* [-sth]/

/ [-sth], [-sth] -f-

Dabei ist zu beachten, daß diese Regel auch durch den Kotext "Auslaut" eintreten kann. Sie ist rekursiv und hierarchisch

204

der nächsten Assimilationsregel Su-38 vorgeordnet (feeding order). Treffen zwei Konsonanten mit verschiedener Artikulationsstelle an einer Morphfuge zusammen, dann gleicht sich der im linearen Ablauf frühere an den im linearen Ablauf späteren an, wenn dieser nicht ein Nasal ist, während der erstere durchaus ein Nasal sein kann. Ist aber der spätere ein Nasal, so gleicht er sich dem voraufgehenden Konsonanten in der Artikulationsstelle an. Die beiden Regeln sind alternativ bedingt; bei ihrer Formulierung bedeutet

die Variable über

+ oder Su-38

-a lab -adent -nas

lab!

dentj

l-adenti

-a lab -adent +nas

-l·

Diese Assimilationsregeln sind aber nicht möglich, wenn sie Mehrdeutigkeit oder Bedeutungsverlust herbeiführen. Die Distinktivität wirkt der Assimilation

entgegen.

Als Beispiele

seien genannt: Beispielwort

"Hand geben"

"Handvoll"

primär Phonem: hont/--/-ga:b-/-en hont·/·-/· völ-/-e s ek. Phonem

' hont / /ga:b/n

Su-37

'honäa:bn

Su-38 Su-38

'hon£ka:bm ' horikka: bm

hont/ /völ/l £

"aufschlagen" öüf/-2lü:g/en öüf/';slu:g/n öüf'slü:gn 6 t ^ |

5

' honpf t r oll

öüf'slüigj;)

S

' hompf öll

Für die Folge / f - s / besteht keine Veranlassung zur Assimilation, denn in der distributiven Norm des Su. besteht keine Unvereinbarkeit,

die Allophonfolge kommt auch sonst des öfteren

vor; außerdem besteht bei einer Angleichung nach Su-38 daneben das Homonym [öüs'slu:gn] "ausschlagen". Dieser Homonymität wirkt die Distinktivität entgegen ("Homonymenflucht").

205

Im ersten Beispiel liegt diese distributive Beschränkung nicht vor. Die Rekursivität von Su-38 zeigt sich darin ebenso deutlich wie im Beispiel "Handvoll". Eine weitere, nur die Nasale und die einmaligen Vollverschlußlaute betreffende, auch zyklische Regel ist nachgeordnet. Sie ist eine Neutralisierungsregel; sie nützt die Kotextgebundenheit der Nasale aus. Vor silbischem Nasal verlieren die einmaligen Vollverschlußlaute das distinktive Merkmal der Artikulationsstelle, nicht aber der Verschlußlösung. Das bedeutet, daß überhaupt keine Artikulationsstelle,

weder distinktiv fehlend noch dis-

tinktiv vorhanden, für diese Verschlußlaute gilt. Die Verschlußlösung geschieht zwischen Velum und Rachenrückwand (Passavantscher Wulst), ist also "velisch" (vgl. O ' C o n n o r 1977,43; T s c h i n k e l 1908a,37). Dieses Merkmal [+velisch] muß aber als irrelevant angesehen werden, da es weder klassenbildend (relevant) noch in Su. distinktiv oder redundant ist. Im Su. sind aber die silbischen Nasale nach Verschlußlauten (Plosiven) immer mit diesen homorgan artikuliert, dafür sorgt Su-38,

und daher ist bei dieser "doppelten"

Markierung (eine durch die Merkmale der Segmente, die andere durch die Distribution) eine redundant. Diese Redundanz wird beseitigt durch Su-39

-nas +vschl +einm —> lab dent

1) lab 0 dent +velisch

/

— — +nas + +silb

— — Daher weisen die Beispiele //ga:ben// "geben" und //loten//

"Latten" nach Anwendung aller Regeln einschließlich Su-38 / ' g a r b m / , / 'lotn/ und nach Su-39 ['gä:

+ 0

kons var sth / sth

+vok +bet

- ig

+kons -var - sth 0 sth

=f=

vok - bet

Dadurch entsteht die phonische Repräsentation ['homparkx], Diese Regel ist ebenfalls eine allgemeine Regel, denn sie bewirkt nicht eine Allophonie, sie ist eine satzphonetische Regel, die Epenthese und Synkope erzeugt. Auch distinktiv stimmhafte Verschlußlaute können getilgt werden, wenn in Su. im Satzzusammenhang nach Langvokal oder Diphthong und vor einem distinktiv oder implizit stimmhaften Laut solche Phoneme vorkommen. In dem folgenden Beispielsatz "ich sage ihm nichts" können die eingeklammer-

208

ten Segmente in Allegrostilen nullrepräsentiert sein: //i(x)^ ^ujg^ ^(i:)mon^ ^nis//. Nach einer Entscheidung über den anzuwendenden Stil und des dazugehörigen Repräsentationsstratagems ist die Kette / if· '^urg^mon^'nis/ den Allophonieregeln (,i'^u:g mon ' nis/) und den Assimilationsregeln unterworfen (/, i ' ?u^g m ö ' m s / ) . Die Vereinfachung (Elision) von /n^n/ zu /^n/ entspricht Su-41, die auch die Betonungsverhältnisse mit einbezieht und bei vorausgehendem unbetonten Vokal spiegelbildlich wirkt. Über Su-41 hinausgehend darf nun die oben genannte Vereinfachung als Elisionsregel formuliert werden: Su-42

+sth [-eng]

O/

C+ig] +var - steig]

[+ sth] [0 sth]

Damit ergibt sich [ , i '^u: mö 1 nis }. Diese Elisionen im Satzzusammenhang sind sehr häufig, etwa auch im Beispielsatz //ix gi:b dijr nis// "ich gebe dir nichts": [l ' gi: da ' nis ] , wobei //dL· r//

> //dar// als Schwachtonrepräsen-

tation gilt. 2 . 2 . 5 . 2 . 2 . Einzelphoneme (1) Als isoliert ist das Phonem //h// unter den Konsonanten zu betrachten, weil es mit [+öff

-sth] nur zwei di-

stinktive Merkmale besitzt. Im sekundären System ist /h/ mit / /, / / komplementär verteilt, nicht aber im primären. Aus diesem Grund muß durch eine Allophonieregel die Opposition zwischen den beiden Phonemen am Lexemende neutralisiert werden. In Su. verfügt das morphologische System etwa über folgende Verkettungen: //hujah//

"hoch"-//hujah/-er//

"(ein) hoher" neben //reix// "reich" - //rejx-/er// "(ein)

209

reicher". Die Belege [hu:ocx - hutahar] und [

- rei?ar]

weisen auf eine Neutralisation der Opposition im Auslaut hin:

Su 43

-

/ / / ~:

INI

Damit gilt folgende Verteilung aufgrund der Allophonieregel: Anlaut primär

//h//

sekundär

L

/h/

-

Inlaut

Auslaut

//h// //x// l

/ h/

l

/ x/

//h// //x// ^~-~^J

-

/x/

Es bleibt die gemeinsame Distribution im Inlaut (vor Vokal). //h// kann aber in dieser Position schwinden, wenn spezielle Voraussetzungen gegeben sind. Dazu gehört, daß /h/ an der Morphemfuge stehen muß und der betonte vorausgehende Vokal dem folgenden nicht gleichen darf. Dadurch sind die Vokalverbindungen mit /a/ als zweitem Glied mit einbezogen. Su-44 (fakult. )

M -^ o /

+öffocl +bet

[+öff]

0

[+öff -

]"

Die Spitzklammern deuten an, daß entweder vor oder nach /h/ die Morphemgrenze liegen kann, damit die Regel funktioniert. Sie ist eine spezielle Sandhiregel, und daher der Allophonieregel Su-43 nachgeordnet. Sie unterbindet die Tilgung des /h/ in /'la:hatsn/ "rasch atmen", läßt sie aber in [ 'he:-ar] "höher" zu. Diese Regel ist nicht im sorgfältigen Stil, wohl aber in den nachlässigeren Stilen möglich; in den Allegro- und Prestostilen ist sie obligatorisch. (2) Die Reihe //f - s - x//. Die Reihe der stimmlosen und daher [-lenis] Engelaute ist durch das Fehlen von mehrfachen Allophonien im [+lab] — . o c l . „ . Vokal der 1. Kategorie (vgl. 2 . 1 . 4 )

210

und [+dent] Bereich gekennzeichnet. Man kann daher festhalten Su-45

//f//

> /f/ und

Su-46

//s//

>/f/.

Dadurch sind in diesem Bereich primäres und sekundäres Phonemsystem deckungsgleich. Die phonische Realisierung von /s/ als koronal-palataler Engelaut mit leichter Querrinnenbildung zwischen Zungenspitze und unteren Vorderzähnen wurde bereits behandelt. Als besondere areale Eigenheit des Su. ist der hohe Artikulationsdruck (Gespanntheit) bei der Realisierung der stimmlosen Engelaute zu beobachten. Auch der Druck des Luftstroms ist höher als bei den vergleichbaren Lauten in den Mundartrealisierungen der restlichen Sprachinsel. Auffällig ist das Fehlen eines (in den übrigen Mundartsystemen von G vorhandenen) Phonems Phonems

//i // sowie des

//s//. Dieser Umstand ist einem Su. innersys-

temaren Ausgleich zuzuschreiben, der in der Vereinheitlichung der Artikulationsstellen im [dent] Bereich besteht. Während in den übrigen G Dialektausprägungen ein Nebeneinander v o n / s - § -;/ (in [hos:] "Haß", und [ v i j : ]

[hävs]

"Haus",

"Fisch") herrscht, hat das Su. zu /§,/ vereinheit-

licht (also [hos:]

-

[ höüs ] -

[vis]).

In Transferenzen aus der benachbarten slowenischen Mundart findet sich aber auch vereinzelt /s/: etwa [sü:r s ] "Wagenbaum, Langwiede" aus slow. sora. In Transferenzen aus der städtischen Umgangssprache ist auch sonst nicht übliches /z/ vorhanden: ['zembl]

"Semmel".

Im Basissystem wären daher auch die Schreibungen s oder J denkbar, doch soll die mittlere Schreibung s beibe-

211

halten werden. Dadurch wird auch der Vergleich augenfälliger. Vor /t/ ist bei den jüngeren Sprechern neben [s] auch [ J ] gelegentlich zu hören, doch handelt es sich dabei bloß um eine fakultative Regel Su-46a

/st/

*· [ J t ]

etwa in [vröst] ~ [vröjt]

(fakultativ!)

"Frost", [stu:rx] ~ [Jtu:rx]

"stark". In dem Auswahlkorpus aus Su. ist die phonische Repräsentation [ s ] oft durch diastratische Interferenz mit der heute dem Sprecher gegenwärtigen Standardsprache durch [ i ] oder [s] ersetzt. Diese Transferenzen aus der Standardsprache oder der heutigen dialektalen Umgebung und Einbettung der einzelnen Mundartsprecher sind umso häufiger, je stärker die soziale Verflechtung des Informanten mit den Benutzern der um ihn her geltenden Verkehrsnorm ist. Daher sind solche Transferenzen meistens idiolektal. Auch bei / / { / / , das in Su. dem //pf// der übrigen G Mundarten entspricht, zeigt sich fakultativ eine kombinatorische Allophonie. Im Anlaut vor //r// ist mitunter eine weitgehende Abschwächung der Intensität zu belegen, neben [fröüm] erscheint [vröüm] "Pflaumen". Dadurch wird eine Neutralio t t sierung mit //v// im Anlaut vor //r// möglich. Doch das spielt bei der geringen funktioneilen Belastung der initialen Gruppe //fr// überhaupt keine Rolle. Su-45a

/f/



[v]

/

4l·

/r/

(fakultativ!)

Jedenfalls handelt es sich um eine Variationsregel der Oberflächenstruktur, weswegen nicht von einer

Allophonie im

Sinne eines sekundären Phonems gesprochen werden kann. Das Phonem //x// hat je nach Umgebung ein velares oder palatales Allophon. In Su. ist //x// in [+pal] Umgebung

212

sehr palatal, also [ +] (was aber in der Transkription nicht weiter als durch Schreibung von [ ] Berücksichtigung findet), während das andere Allophon nicht so stark velar realisiert wird wie in anderen südbairischen Mundarten, also eher neutral [x+] . Die beiden Allophonien liegen, verglichen mit der Standardsprache, nicht so weit auseinander. So gilt

L

Su-47 INI

+öff

-hnt

N Es steht also [

"sicher" und [kügl]

"Küche" neben

+ ] "machen" und [pu:x+t] "Kehricht". (3) Die Reihe //v - ? - j// In der Reihe der stimmhaften Engelaute unterliegen die

artikulatorisch positiv markierten Phoneme, also das [+lab] //v// und das [+dent] / / & / / , aber nicht das [-lab markierte //j//

-dent]

der Auslautregelung nach Su-33. Da //j//

nicht im Auslaut vorkommt, konnte dort die Regel so allgemein formuliert werden. Daher Su-48

/f/ /Su-33 /v/

//v//

/s/ /Su-33

Su-49

Für //j// gilt allein die Allophonie / j / : [ju:r] Su-50

u Hl

>

"Jahr".

/j/

Für die beiden erstgenannten Phoneme dienen folgende Beispielpaare als Belege: [sröüvm] 5

"schraube!" und ['msiz ]

"schrauben" - [sröüf] ,

"Mäuse"-

[möüs]

"Maus".

213

Im Anlaut vor //r// ist individuell auch bei //v// die stimmlose (aber nicht fortisierte!) Variante möglich: [

'vremmar] - [

'vremmar]

"ein Fremder". Die hierzu

gehörige Regel Su-48a

/v/

* [v] / ü

/r/

(fakultativ!)

ist daher (wie auch Su-45a) keine prinzipielle Allophonieregel und auch nicht mit der Auslautregel auf eine Stufe zu stellen. Die Gegenüberstellung der primären und sekundären Phoneme (d. h. nach Eintreten der Allophonieregeln) zeigt bei den Engelauten folgendes Bild: Inlaut

Auslaut

ft £ S'

Vi fl 2 s

vf

n

i 1

Anlaut primär

V

sekundär

I 1 1 v f ,i S

phonisch

l \/i

|\

]

v vf ,i, S

IM 1 V ? s 7

V f 2 s

\|

f 1 f 1

2 S 7 \|

s7 1 S

//h// und IIx. — ]// wurden bereits behandelt. Diese Gegenüberstellung zeigt, daß im primären System im Auslaut die Juxtaposition eines kurzen Vokals und eines stimmhaften Konsonanten durchaus möglich ist. Erst durch die Distributionsbeschränkungen und die daraus sich ergebenden Allophonieregeln des sekundären Phonemsystems wird dieses Nebeneinander beseitigt. (4) Die Reihe //b - d - g//. Die Reihe der einmaligen stimmhaften Voll Verschlußlaute unterliegt sowohl der Regel Su-33 als auch Su-35.

214

Daher Su 51

-

//u// INI

Su-52

__^ i /P/

\N

//d//

>

f/t/

/ Su ' 33 /Su-33

Das Phonem //g// unterliegt außer der Artikulationsortallophonie (entsprechend Su-47), in der es mit //x//, //k// und //kx// übereinstimmt, auch der Auslautregel, die der Artikulationsregel (Su-53) nachgeordnet ist. Als allgemeinere Regel, die auch Su-47 ersetzt, gilt Su-53

lab

F l [-dentj

[-pal] Diese Regel gilt nicht für //J-//. Erst danach gilt die Auslautregel Su-35: Su-53a /}/

//g//

/Su-53

1*1 ^ { f ä

/g/

1

( /kx/ i/g/

/SU 35

-

/Su-35

Als Belege dienen [tokx ] Tag, [tu:g 8 ] Tage, [li:j-n] liegen, [stsics] Steig, Pfad,

[bäkx] Weg, [ba:g e ] Wege. Da //a//

und //aj// als [0 vo, 0 hnt ] gelten, ist vor diesen beiden Phonemen ebenfalls velar es /g/ zu erwarten. Das über die phonische Repräsentation bezüglich Artikulationsort des //x// Gesagte gilt sinngemäß auch hier. Die Neutralisation von //g// und //kx// am Wortende, die in das Gesamtsystem der Auslautregelungen gehört, kann aber auch als Hinweis auf die monophonematische Funktion des //kx// gedeutet werden. Damit ergibt sich aus dem System selbst ein Kriterium für die phonematische "Wertung" der Affrikaten.

215 Die Belege des Su. zeigen immer wieder eine größere Variationsbreite bei der phonischen Realisation des /b/. Vor allem zwischen Vokalen (d. h. nach dem betonten und vor dem unbetonten), aber auch als 2. Komponente eines Anlautclusters kann es besonders bei den Ausgesiedelten und bei allen jüngeren Informanten als [ß] realisiert werden. Also [jgbsmzßsin] Schwein, [ö:bar - ö:ßar] ober. Die dazugehörige Ober flächenregel ist daher Su-51a

[+öf£]

/b/

> [ß] /

E

öff~i _ bet

off Übet l

Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Angleichung an die örtliche Verkehrsnorm, der die Informanten jetzt ausgesetzt sind (die im Anhang ausgewählte Aufnahme eines Su. Sprechers stammt von einem in Kärnten lebenden 60 -jährigen, der auch Kärntner Mundart sprach [+19781). Wenn der folgende Vokal innerhalb des Satzes nicht [ +bet +st] ist,

dann kann im Allegro und Presto das //b//

am Wortanfang auch die orale Verschlußlösung verlieren, Voraussetzung ist die durch die Veränderung unbeeinträchtigte Eindeutigkeit des Textes. Daher Su-51b [=#= '' b 1 2

b * [_- sft _jll

] Presto, + n —> l ["·m J] Allegro

34

\ Etwa diene als Beispiel [Ars 1 tu: ,mä:] "er ist da gewesen" statt Lento [,ä:r ist "tu: ga'ba:n]. Im Anlaut vor /r/ erscheint auch / d / manchmal als [ d ] , d. h. in einer fakultativen Variante, die sich als stimmloser Lenisverschlußlaut phonisch präsentiert. Auch in diesem Fall ist die Erscheinung vor allem bei den Ausgesiedelten zu beobachten, während die in Su. verbliebenen Informanten deutlich

216

[+sth] realisieren. Es gilt also bei den Ausgesiedelten [drei] "drei", bei den "Altsuchenern" [drei]. Somit ist zu formalisieren Su-52a

/d/

> [d]

/

j=f

/ r / (Auswanderervariante)

Bei den in der Sprachinsel Verbliebenen und bei den ältesten Ausgesiedelten ist gerade in dieser Verbindung oft ein frikativisches [

] , also [örei] "drei", zu hören.

Damit zeigt sich

eine Parallele zu //b//. Die Verteilung der Erscheinung könnte daraufhinweisen, daß [ ö ] die ältere, [ d ] die neuere Mundart repräsentiert, daher Su-52b

Su-52a

> 0

l [d] 3 4 /neu l [ ] 3 4 /alt

/ d / r / X / __> 2 3 4

Durch diese Varianten ergeben sich keine Berührungen mit der initialen Gruppe /tr/. (5) Die Reihe //p - t - k//. Die Reihe der stimmlosen oralen FortisVerschlußlaute unterscheidet sich vor allem durch die Auslautallophonien. Während für die distinktiv

positiv markierten Phoneme //p//

und //t// keine eigenen Auslautallophonien vorhanden sind, wird im Auslaut die Opposition zwischen //k// und //kx// neutralisiert: [sr|kq] "schrecken", [srecg ...]

"schrecke (dich

nicht)!" Dazu kommt noch die durch Su-53 beschriebene Allophonie. Su-54

//p//

*

/p/

Su-55

//t//

* /t/

Su-56

,, ,, //k//

l/kx./ /Su-35 + Su-53 i/k/+Su-53

217

Die Realisierung weist als artikulatorische Besonderheit Aspiration von /t/ und /p/ im Auslaut auf, doch handelt es sich hier bloß um eine fakultative Oberflächenregel, die durch den Satzsandhi unterbunden wird. Bei /k/ ist im Satzanlaut manchmal eine leichte Aspiration zu belegen. Diese im Durchschnitt unbehauchte Realisierung der stimmlosen Verschlußlautreihe ist bestimmt durch die Norm der slowenischen Nachbarmundart gestützt, weil sie nur an den Rändern der Sprachinsel nachgewiesen werden kann, so etwa in Ajbel im S, in Unterturn im NO und in Rodine im SO.

(6) Die Reihe //ts - kx// Des Vergleichs wegen und aufgrund der Distribution ist hier die Reihe der variablen Konsonanten ("Affrikaten") zu behandeln. Die Reihe ist durch das Fehlen des [+lab] Gliedes gekennzeichnet, da historisch gesehen

//pf// durch //f//

ersetzt wurde. Darüber wurde bereits berichtet. Die Reihe unterscheidet sich nach innen durch die Distribution der beiden Glieder ://kx// ist im Anlaut nicht belegbar, wohl aber im In- und Auslaut. Dadurch sind //kx// und //k// teilkomplementär verteilt. Im In- und Auslaut besteht die Opposition zwischen //g//, //k// und //kx//. Im Auslaut ist die Opposition zu //g// und //k// durch die Allophonie Su-35 aufgehoben. Als Allophonien sind somit lediglich die Produkte der Palatalisierungen anzuführen: Su-57

//tj//_>

| /g/

/Su-36

Einer ähnlichen Regelung unterliegen auch die übrigen Dentale, wie das Hereinnehmen der Regel Su-36 zeigt.

218

Su-58

,, 11

, -'I

%/ /Su-53 \ /kx/

Vor //l// kann besonders in der jüngeren Generation, wohl wegen der Interferenz mit den Binnenmundarten,/kx/ als [k] repräsentiert werden: [metn aber

'stökx ] "mit dem Stock",

[stecloe] "Stöcklein, Blumenstock". Dasselbe gilt auch

für die Distribution vor [+nas ], daher Su-59

-lab -dent

[+nas] L > [-var]/

+Var

Bei der Realisierung

.. , ., .. (fakult. !)

|+vschl| m l -voll

I

ist auffällig, daß [ts] im Artikulations-

ort nicht mit den übrigen [+dent] Phonemen, also wie die [+eng] koronal-palatal, übereinstimmt, sondern mit den Verschlußlautphonemen der [+dent] Gruppe konform geht. Bei biphonematischer Funktion des /ts/ hätte dieser Unterschied gerade in diesem Su. System beseitigt werden müssen, da es ja nicht Oppositionen von //s - s - J // kennt. Man kann auch nicht behaupten, daß //s// nur nach //t// vorkommt. Es müßte auch in diesem Fall zu [s] vereinheitlicht werden. Sogar aus der Standardsprache übernommene Wörter mit / z / werden entsprechend eingereiht: ['fern^sn] "Fernsehen". Da außerdem //ts// und//t+s// nebeneinander im Text vorkommen, bleibt

allein die monophonematische Funktionsweise des

ersteren als Erklärung. Stellt man die Distributionen im primären und sekundären System nach Positionen einander gegenüber, so ergibt sich im Anlaut primär sekundär

b p d t g k bl pl dl tlj /gl c/lk

im Inlaut b p d t gk l. l l\l\ /| , , , . . L / /l ,_

kx /l

219

im Auslaut primär

bp dt gk

sekundär

p

t

.kjc

^cjkx

Die phonischen Repräsentationen bleiben um der Übersichtlichkeit willen unberücksichtigt. (7) Die Reihe //m - n//. Die Reihe der nasalen Konsonanten ist in Su. zweigliedrig, es sind bloß die positiv markierten, also [+lab] und [+dent], Phoneme vorhanden. Während die Nasalallophonien durch Su-34 und die Silbengrenzregel Su-41 ihrer phonischen Repräsentation nähergebracht werden (nachgeordnet sind allein noch die zyklischen Regeln), geht ihnen eine prinzipielle Allophonieregelung voraus, die an den folgenden Konsonanten gebundene Verlegung des Artikulationsortes. Für //m// ergibt sich aus dieser Regel keine primäre Allophonie, so daß man formulieren kann Su-60 //m//

> /m/

Der dentale Nasal wird aber artikulatorisch an die Umgebung angepaßt, die als [-lab,

dent] zu definieren ist. Dadurch

entstehen komplementär verteilte sekundäre Phoneme. In der phonischen Repräsentation findet sich nie [n] in der Umgebung von [-lab -dent], [ n ] tritt nur vor einem folgenden Konsonanten auf: [ ' z i n g a n ] singen, [gabingan] gewinnen, [ga'büqgan] gewonnen, [kroqkx] krank, ['cindar] Kinder, ['^üjiji 5 ] Sonne, [4a:bm] leben, [Isidn] leiden, [ g a ' i a t g n ] '

gelegen. Daher ergibt sich

'

l

220

Γ+nas +dent L-lab _

Su-61

Γ-lab Ί Ι α dentl

[ α dent] /

Γ«νο] α hnt

-vo -hnt +bet

C+pal] /

Im Su. prim ren System kommt nie ein Nasal vor einem zweiten vor, diese Distribution kann sich erst aus den Elisionsregeln (etwa bei //e//) ergeben. Auch vor [-lab -dent] Engelaut ist im prim ren Su. System kein Nasal m glich. Die Palatalisierungsregel Su-36 ist in Su-61 eingebunden, da ein /q/ ja nicht dieser Regel unterliegen kann. Erst danach folgen die Silbengrenzregel Su-32 und Su-34. Ihnen nachgeordnet sind die brigen Regeln der phonischen Repr sentation. Vor einem / ^ / oder /s/ kann //n// schwinden und Nasalierung des vorausgehenden, nicht tiefen betonten Vokals bewirken: [gen^ s ] -

[ge:^ e ] "Gans". Au erdem wird dadurch

der Vokal gedehnt, wenn er nicht bereits [+lg] ist. Su-61a SB: X +

1

SV: l 2

__

V +bet -tief _α Ig 2

+nas

r+dent1

+en

' ' L gJ 3

ν Γ l L-betJ

4

4 5 6

Diese Regel ist bereits eine phonische Repr sentationsregel. Der Unterschied zwischen dem prim ren und dem sekund ren System der Nasale kann folgenderma en sichtbar gemacht werden: Anlaut

nlaut

Auslaut

prim r

m n

ι

η

sekund r

m n

ι

η

m ι1 m

phonisch

m n

α 0 n ji q

l

η

/ι\ ι

n ι1 n

l\

m n q 1

221

Das Auftreten von [n] am Wortende ist durch die AssimilaI

tionsregel möglich geworden, die Voraussagbarkeit ist gegeben, und daher muß kein eigenes Phonem angenommen werden.

(8) Das Phonem //l//. Der einzige Teilverschlußlaut des Su. Systems hat eine größere systematische Variationsbreite als alle anderen Konsonanten, was den Artikulationsort betrifft. Die fakultative Variation mit einem vokalischen Segment zeigt sich in [ stra:^] "kämmen" gegen [stra:w], in [ma: w ] - [ma:w] "Mehl", also nach //a:// am Wortende. In den morphologischen Erweiterungsformen dieser Beispiele ist der Wechsel nicht möglich:

[stra: w nt] "kämmen" (3. Pers. pl. ). Das alleinige

Allophon in dieser Distribution ist / w / >

e n

^ u-hältiges [1]

mit starker Lippenrundung (gegenüber [i] ohne Lippenrundung). Nach //u:// kann dieser mögliche Wechsel zwischen Ak/ und /w/ sogar bis zur vollständigen Assimilation führen: //tsu:!// —> /tsü:w/

*· [tsu:] "zahlen". Nach anderen Vokalen ist

diese Allophonie nicht möglich, doch tritt nach //i:// am Wortende häufig ein Schwund des //l// ein, wenn der Vokal [+bet -st] im Satzzusammenhang ist. Wenn man das häufigste, in allen Distributionen auch mögliche Allophon als "übliches" Repräsentationsmuster ansieht, so muß die "Velarisierung" des zentralen Teilverschlusses als kombinatorisch bedingte Abweichung gelten. Dieses dorso-palatale Allophon / / tritt ein, wenn //l// vor oder nach einem [-lab -dent] Konsonanten zu stehen kommt; das gilt vor allem für die //l// als Teil einer Konsonantengruppe. Vor oder nach dentalen Konsonanten, intervokalisch (außer nach //u:// und //a://) und anlautend (außer vor //u:// und //oe//) ist das apiko-alveolare /!/ als

222

gebundenes Allophon zu beobachten. Vor den [+bet,

st]

Vokalen //u: // und //oe// gilt das bereits genannte labialisierte /^/ : [^u: 9 dn]

"Laden".

Wie alle Allophonregeln sind auch die für //l// gültigen bloß einmal anzuwenden. Sie sind folgendermaßen zu formalisieren: //, /w/ -

//l//

/ /

//oe//},

//a://_f

///*=/_#

/( _ } [-lab -dent]{ _ )

/ O / {//i://,

//u://} _

=#=

/V

Etwas schwieriger ist das Alternieren von //ou// mit //e// in [out - el:tar] "alt-älter" phonologisch zu fassen. Daß hier die Synchronie das Problem, nicht vollständig lösen (d. h. den Wechsel nicht eindeutig definieren) kann, ist offensichtlich, wenn man das unter //vol/en// "fallen" Gesagte mit einbezieht. Ob man hier einen grundsätzlichen Wechsel von //e *— o// anzunehmen hat, während durch eine Reihe von Regeln der Übergang von //o+l// zu //qu// beschrieben wird, oder ob man einfach eine Alternanz von [+seg] und

[-seg] Elementen

annimmt, ohne die historische Betrachtungsweise wird das Ergebnis unbefriedigend bleiben. Zweckmäßig ist es, die erste Möglichkeit näher ins Auge zu fassen. Voraussetzung ist die Annahme, daß //out// und //elt/ar// Erweiterungsformen eines Lexems sind (und nicht wie in [güüt-persar] "gut-besser" als Portmanteaumorpheme zu gelten haben). Durch die phonetische Ähnlichkeit und die Bedeutung ist diese Zusammengehörigkeit der beiden Segmentketten gegeben; doch

223 auch das ist bereits eine historisch orientierte Feststellung. Die erste Annahme geht davon aus, daß zwischen //o// und //t//, das zum Lexem gehört, das //l// zunächst vokalisiert wird, das ist in einer Regel ausgedrückt Su-62a

l

/!/ —> /w/ /

2

/6w/—>/^uw/

3

/w/ —> O /

etwa im [+D +pl] : [ ,öüfm [ metn

/d/((er)) ' stialdar ] "auf den Stühlen",

'hiandar] "mit den Hühnern".

Mit diesen Regeln sind die in den folgenden Beispielreihen zutage tretenden phonotaktischen Erscheinungen beschrieben. 2.1.6.1.1. Maskulina Für die Maskulina dient die folgende Auswahl als Beleg. Dabei wird der Proposition gemäß in der Hauptsache die Alternanz angegeben. Werden drei Formen angeführt, dann bezeichnet die erste den Nominativ Singular (Nsg), die zweite

228

den Dativ Singular (Dsg), die dritte den Npl, während bei Nennung von bloß zwei Formen die erste den Nsg, die zweite den Npl angibt. 1

[tokx - tu:gs - tu: g5] 5

5

Tag

2

[ bakx - ba:g - ba:g ]

Weg

3

[stop - stu:b5 - sta:bar]

Stab

4

e

Trog

5

J

[trökx - trö:g - tre:gar]

5

[stüül -stüül - stialdar]

Stuhl

6

1 J5O.KX ~ JäCCC t i

Sack

7

[jsbUnts - zbents 5 ]

8 9

10

Schwanz

5

[tsont - tsend ]

Zahn

5

[nost - nest ] L 7 7

Ast

U

e

[vüus - vias ]

Fuß 5

11

[prüüdar - priadr ]

Bruder

12

[pu: rkx - pa:rg ]

Barg (verschnittener Eber)

13 14

[?nu:b^

S

- ;zna:bw ] 5

ü-n ' i-n ]

Schnabel Sohn

s

Worb (Sensenstiel)

15

[mo:art - m e:ccrt ]

16

[mon:

17 18

[kos: - kassar] w (_. [bu:gp - ba:1^]

Wagen

19

[hu: n

Hahn

20 21 22 23

- man: dar]

Ggosch (kl. Handkorb)

- ha:ndar]

1

5

[ hü jit - hü jit ]

Hund

5

[pa:rkx - pa:rg ] [sti?: -

5

Mann

Berg Stich

] 5

[strümf - strimf ]

Strumpf

Bei diesem Beispiel ist oft eine Übereinstimmung mit den nicht alternierenden schwachen Maskulina, etwa in der Form [bu:g s ] für den Nsg zu beobachten, allerdings ohne daß eine Präferenz einer Altersschicht oder einer Gebrauchsweise feststellbar wäre.

229

24 25

[ rökx - rökx 5 ]

Rock

S

[sti:r - sti:r 3

Stier

e

26

ve: gl ] [ve:gl L c 6, -

Vogel

27

fka'var - ka:vr J

Käfer

28

[bü:rn - bü:rn ]

Wurm

29

[do:ccrn - do:arn ]

Dorn

30 31

E

!>otl - isotl ] [nöfl - riö4

E

1

Sattel

3

Apfel E

E;

32

[npkxar - nokx8r /nakxsr ]

33

1

6

[pö: dji - pö: ^ ]

Acker (Wiese) Boden

E

34

['hentlics - 'hentli} ]

Handschuh

35

[kröf: - kröff ar ]

Kröpf

36

Bock

07

[pökx - pökxar ] 1 +

38

[stüoen - stuoendar]

Stein

l*UiYf

Stall



1

Bach

39

[

40

[tsöün - tsöündar ]

Zaun

41

[krüükx - krüugar ]

Krug

42 43

-

pox ar j

s

[hu:^ - h u r ^ n ]

Hase

s

[hu:k - hu:kq ]

Haken

1

44 45

s

[nöks - nöksn]

Ochse

s

[pu:rt -- pu:rtn]

Bart

e

46

[strüts - struts n]

Brotwecken

47

[zlicc^ ·- ^licrj]

Schlitten

48

1

8

['vattsi? - "

]

2

(Vogel)flügel

WOLF 1971, 92 verzeichnet Npl [bi:rn e ] , gibt jedoch den Ort nicht an; möglicherweise ist es Merleinsraut, wo ich beide Formen von demselben Informanten aufzeichnen konnte. Bei diesem Beispiel ist oft im Nsg wie bei den starken Maskulina [struts] zu hören.

230

Bei der Behandlung der obigen Beispiele müssen zunächst einige Erläuterungen folgen. Die in den Beispielen 1 - 5 gezeigten Dreifachbeispiele alternieren bereits im Singular. Hier ist aber bloß eine Alternanz der Längenkorrelation zu erkennen. Diese Alternanz ist durch die Silbenstruktur und die bereits geschriebenen Silbenregeln deutbar. Die Alternanz //u:
näs/ /nüanü/ /'oter /'etet/

"jetzt" (Gegensatz: "später").

"nun" (Gegensatz: "dann")

Otejno/ "dann" (zu mhd. after diu) "nicht"

/a'bakx bak/ "einmal" (Gegensatz: "öfter") /'hejanta:r heant/ "früher" /'bi:derbi/ "wieder" /'sene san/ "schon" /a:oxa/ "auch" /ma'leixt mA'le/

"vielleicht" (hier zeigt sich die Projektion einer Schwachtonform in die Lentorepräsentation).

/bölßa/ "wohl" /a'tinea'tin/ "drinnen" /'düxelei tüx:/"immer" (zu mhd. durch elliu) /'öüfha;.röia|-a/ "herauf" /'öüfhKnöügr|/ l

/a'hi:nA-'L/

"hinauf"

'

"fort" (zu mhd. enhin)

/'tsüahi:m?=>tsüri/ "hinzu"

294 2.1.7.2.4. Konjunktionen

Bei den Konjunktionen sind die Repräsentationsmuster unter dem Akzent zahlenmäßig selten zu belegen. /üntn/ "und" /'öjder^ö/

"oder"

/das< = > As/ "daß" /em'pejderm'pe:/

"entweder"

/'beneban - man/ "wenn, wann" /bia bi/ "wie" /bei/ "weil; warum" (zu mhd. ze wiu)

2.1.7.2.5. Präpositionen Die Präpositionen sind in der Hauptsache bereits unter 2.1.7.1.1. als Verbpräfixe behandelt. Sie kommen in jener Funktion hauptsächlich unbetont vor, die linksseitigen Formen finden sich (außer dem ersten Beispiel) zumeist nach[tar] "da(r)": [ t a r ' p s i ] / ' u ; n i n ün/ /vijr vs/

"ohne" "für"

/mijte mat/

/pei

/

/vu:nVA /

"mit"

"bei" "von"

"dabei".

295

2.1.7.2.0. Verben

Für die Gruppe der Verben innerhalb dieser Darstellung der Repräsentationsmodelle sind die vollständigen Paradigmata der unter der Verbalalternanz (2. 1. 6. 3. ) zusammengefaßten Liste zu entnehmen (besonders 151-164). Zunächst ist festzustellen, daß eine Repräsentationsregel wirksam wird, die stammauslautende [+sth] Verschlußlautein den sorgloseren Stilen tilgt: [ i r e : ]

statt [

*re:d] "ich rede", vgl. Verb-

beispiel 153. Die folgende Regel SuR-2 beschreibt alle ähnlichen Erscheinungen

SV:1

2

° [Allegro]

In der weiteren Folge müssen wie bei den übrigen Wortarten Einzelparadigmen gezeigt werden, da eine Regelhaftigkeit bei so wenigen Beispielen nur andeutungsweise gezeigt werden könnte. Nicht angeführte Verbalformen eines Paradigmas haben bloß eine Repräsentationsstruktur oder ihre zweite Repräsentationsmöglichkeit ergibt sich bereits aus den unter 2.1.7. 1. behandelten Affixrepräsentationen.

296

/hon an/ "(ich) habe"

(Verb 154)

/hosts/ "(du) hast" /hot t/

"(er) hat"

/'hu:ben

4->

UO

0 JG

• -Η

0

+

+

0

0

+

0

0

0

0

0

0

+

0

0

+

-

+

+

+ +

-

-

CO

+J

Λ

ι

-

-

0

0

0

0

0

0

-

0

0

0

+

0

0

0

+

0

0

0

+

0

0

0

0

-

0

0

0

-

-

0

0

-

0

0

0

-

+

0

0

+

+

0

0

0

0

0

0

0

0

0

-

0

+

-

+

+

-

+

+

0

0

0

0

0

+

-

+

+

0

0

0

0

0

oi

+

-

+

+

0

0

0

0

0

ae

+

-

+

+

0

0

0

0

0

a

+

-

+

+

0

0

-

0

0

0

-

h

+

-

0

0

0

0

0

0

0

0

ο ο

0

pf

-

0

0

0

0

0

0

ts

-

+

0

0

0

0

0

kx

-

0

0

0

0

0

0

b

-

0

0

0

0

0

0

d

-

+

+

0

0

0

0

0

g

-

+

0

0

0

0

0

0

P

-

+

- + - - + - - - + - - + - - - + -

0

0

0

0

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

0

+

0

-

+

-

+

+

-

ΘΛ

+

ΟΛ

i

e

+ /- + +/- + 0

+/- + + -

-

-

f / 0 + /0

-

f / 0 +/0

-

+/0 +/0

+

+

+

+

+

+

+

+

+

-

+

+

+/0 +/-

-/+

+

- +

+

-

+

+

0

-/+ f / 0 -/ο

0

-Λ - / Ο +/0

0

-

-/+ +/-

+/- ΟΛ ο/+/- ο/- ο/-

0 0 0

1

308 i-H

α:O

to >

cd

>

5CO

l—1 l—1

O >

•a

CO

0)

G

•rH

es

.Q cd

-t->

Jd

υ

ifl]

Segen,

[

'^öl:]

['gonstokx]

[giim 5 ]

sechzehn, Same,

[zu:g 0 ]

g [?ö:l ]

[^i:as]

süß,

See/Meer, [^o:Arg ] seihen, [}sa:ü] wasserflasche.

Sorge,

Muttersau,

:

] harnen,

['^aüpr,vloi ]

Säge,

Fußsohle, [^

suchen/holen, [>e:Axtn] mit Aschenlauge waschen, s

Sams-

[^e: [

Mineral-

321

Obitsn] schwitzen, ['gbeitar]

[?bem:] schwimmen/ schwemmen,

Schwester, [ga'^böLat] geschwollen,

geschwommen, [^box] schwach, [ßbonts]

Schwanz,

['zbi:g3rmÜ9tar] [zbu:gar]

[ga

[^bom:] Schwamm,

[^baqkxl] Glockenschwengel,

Schwiegermutter, [^bu:rts]

Schwager,

schwarz,

['gbergAren] Schwägerin, [?ba:vl]

die Mostfässer durch Schwefeln desinfizieren,

[?ba:r]

schwer, [gbo:efm] bei den Faßdauben den Bodennut anbringen, [gbo:ef E: ] Seife, [gba:in]

Schweine (Kollektivform).

einfetten, [?mükx ] schmiegen, schmecken/riechen,

[?met:]

[^mawts]

in nasser Erde herumarbeiten,

Schmied,

Schmalz,

['?mi:den] Schmiede

(die [-tt-]-Form, wie bei T s c h i nke 1 1976, konnte nicht belegt werden), [^mu:l] schmal, [?ma:r] schlechtes Darmfett, ['3mo:Arais]

am Morgen (aus mhd.

^

de's morgens

zusammen-

gezogen, heute als Einheit betrachtet, Adverb).

/*n/ [?mt] Zeit des Kornschnittes (das [ i ] deutet auf Entlehnung aus der städt. Umgangssprache hin), schnupfen, [^nawtsn] ['2ni:tox]

Häcksel,

gertochter, l^]

[?nak"j Schnecke,

[ga'^nitbm] geschneit,

[?nu:bl] Schnabel,

[?nö:dar]

[?nü:r]

schnarchen,

[^nütar ] [2no:Atn]

[,^na:idn]

Schnur, [gne:Ap]

Schwie-

Nasenschleim,

Schnäbel, [gni:art ] dünne Schnur,

Schnurrbart, hacken,

schnalzen,

[snüpfm] Tabak

['^nü:arpu:rt ] '

Schnee, [?no-.Arxr)]

die unteren Äste von Nadelbäumen ab-

schneiden,

[^na:üdn]

schnaufen.

322

] Frieden stiften, schlecht,

[^lükxl·]

[sdesl] Schlüssel,

Türschloß,

[

[>lokx] Schlag,

Schlücklein,

^

] schlecken,

[zlaxt] glatt,

Schlitten,

[^lu:gq]

hammer,

Ola:gis] Apoplexie, [^li:afm]

[?lü:axt ]

schlagen,

tiefer Graben,

[?1 o:ekxocr] i. ·

[ßle:gl]

[glös:] s

|>li:k ]

schwerer Holzschlüpfen,

[^le:Abat] lind/ungesalzen,

Stoßbutterfaß,

[^la:ifm] t l

bremsen.

[ jüt] letzter Schlag beim Auseinandergehen vom Spiel, [ *jük:aitsn] jauchzen, [jf 94 ] Doppeljoch,

['jömpfr 5 ]

jung, [jot] Unkraut,

einfaches Ochsenjoch,

Jungfrau (im Volkslied), [jöqkx] [ j o m : a r n ] jammern,

stierwütige, unfruchtbare Kuh, [jü:l] [ju:gr]] jagen, jäten,

[ja:^n]

[jöx]

[je:dar] gären,

jeder,

[' jartovets s ]

Georg,

[jü:li]

Juli,

[jö:kn] weinen,

[ja:tn] x [ja:ük ]

[ja:i^n] Mittagessen,

Südwind. /f/

im Anlaut nicht vorhanden.

/s/ im Anlaut nicht vorhanden.

IM [

] schicken,

Schuppen,

[fenkxq]

[ J i s l ] Schüssel, schenken,

[ J e n t l ] Dachschindel, Schinken,

[jöltar 8 ]

Kopfhaar,

[i of:]

(Kühe), [i afar]

[J^pfm]

Schulter,

Schaff,

[Jüs:]

Schuß,

[Jempl] Schimmelpilz, [ jöqkx e ]

schöpfen, [jöpm]

['Jolont] Salat,

vollstopfen, [Jöpf] [Jatsn] springen

Schaffe /Wannen, [Ji:tn] schütten,

Heuschober machen,

[ju:rt ]

[Jüpf 5 ]

e

Zahnlücke, [ju:t ]

[ J u : m e n ] schämen, [Je:l] schälen, s

[ j a : t n ] im Schatten liegen, [Ja:r ]

[iö:bar] Schere,

[Jü:varn] Schatten,

Heuhaufen, ['ja:rlei]kx]

323 Ohrwurm

(forficula), [ J i t a s n ] schießen,

[ i ü : a x ] Schuh, [JeAn:]

schön,

[ v r ' J o : A n ] verschonen,

[5 o:etn]

kleines Holzscheit,

[jü:ajtar]

[JeArtsi ]

Brotanschnitt,

Hobelspäne,

[ J a : i s n ] cacare,

Schuster,

[Ja:itl ]

[ j a ü a r n ] hageln,

[Ja:üvl] Schaufel.

/iP/ [Jpets 8 ]

Spitze,

[jpen:]

spinnen,

[Jpötn]

spotten,

[Jpönt] Spundloch eines Mostfasses, [Jpoqg ] [Jpots]

Spatz,

[Jpakx] Speck, [jpi:l] spielen,

Spagat, [Jpu:rn]

s

sparen,

[ipu:t ]

spät,

zum Einheizen,

[Jpi:agl]

Spiegel,

[Jpe:tar]

später,

[ipa:ndi- ] Holzspan

[Jpü.-al^]

trocken (Brot), [*Jpo:Abar] Sperber,

[*Jpu:gait]

E

[ u ' " J p e : n ] der Muttermilch entwöhnen,

[ i pa: i bm ]

Spange,

Spule,

[jpans]

[JperAr 5 ]

Vorratskammer,

ausspucken.

/U/ [jti?:]

Stich,

5

[Jtarts] Stand,

[jtütsn] stutzen,

Baumstrunk, [jtell ] [itaxp] stechen,

s

[jtü:b ]

Stube,

[jtu: dl]

stehlen,

s

[Jta:b ]

Stuhl ohne Lehne, U

[it o:en]

Stein,

stecken,

still, [Jtökx] Stock,

[jti:r]

3

des Bügeleisens, [?i

titec^q]

Stier, [ j t i r v l ]

Scheune,

Stäbe,

[$ti:ag ]

[Jte:Arn]

Stiege,

Zisterne,

[ita: w ] [itir.al]

[Jto:Asn] s

[Jta:ic9] Pfad,

Stiefel,

[itu:gl] Glühstahl

Jtö:dn] erstarren (Fett), s

[Jtont]

[;ta:üd ]

stoßen,

Laubholz-

strauch. / J k / im Anlaut nicht vorhanden.

[ J n c 9 ] Sprung im Glas,

[Jret:]

schrecken,

erschrocken,

[ge'jri:bm]

[ge'jrökxr]]

geschrieben,

Schritt, E

[Jre:At ]

[Jrec9i]] [;Jrom ] Narbe,

Einkerbungen am

324

Bauholz,

[ i r o : A t ] Getreideschrot,

[Jra:in]

alte Kleidertruhe,

iat]

[jra:üv ]

[Jprönkx] Sprung,

[jprü:dlox]

Unsinn,

schreiben,

Schraube.

betet, [Jprütsn] spritzen,

sprengen, beten,

[fra:ibm] s

[5

§9 ]

springen/

[ga'Jpröxi-)] gebetet, [Jprurx ]

[Jpraxp]

Sprache,

[jpraitsn]

[Jtrec9q]

strecken,

spreizen.

[Jtricg]

Strick,

Htrömpf]

[Jtrüts]

Strumpf,

[Jtrookx]

5

['Jtrasl· ] kleine Straße, Strudel

Brotwecken,

Zugseil beim Gespann,

[Jtri:gl]

Striegel,

[Jtru:s e ]

(Lehnw. aus der Verkehrssprache),

[jtre:bm]

einstreuen,

nung), [Jtra:bm]

Straße,

[Jtra:^] kämmen (sehr alte Bezeich-

ungleichmäßig gehen (Ochsen im Gespann),

s

[jtre:Abl ] feines Stroh (emotioneil), [Jtr o:f9]

[Jtrüidl]

Schicksalsschlag,

[Jtro:Ap]

Stroh,

[Jtra:itn] streiten.

N [hets e ]

Hitze,

schaukeln, [hente]

[hütsn]

häkeln, [höfm] hoffen, Herz,

[holt s]

['hantocr] früher,

Purzelbäume schlagen,

Holz,

[he:gl] Hals,

[hi:atn] Vieh hüten, [ho:Ah ] Föhre,

[hats8]

[hont] Hand,

['hi:ns] Hirsch, ['hü:bAtsn]

[hü: dar] Kopftuch,

[hu:r] Flachs, ['he:vAren] Hebamme, ginnen,

Hände, [hekl]

['hu-.nef]

Hanf,

[un'hetvm] be-

[ha: r tar] Dorfhirte, . , [heAn: ] Hörner,

[hö:bl] Hobel, [hü:at]

[ho:An]

Hut,

Hörn,

[h o:em]

['ha:irotn] heiraten, [ha:üs] Haus,

[ha:-e]

Die der Beispielliste entsprechende Matrix:

nach Hau Heu.

325

i ü e ö o a b

d g P t k m n r l Pf ts kx v j f s

s

h dr

pr Pl tr

ts

kr kl pfr pfl tsb tsm tsl kxn kxr kxl vr vl

SP

St

Sk ipr Jtr

u: u: e:

üa

oi ae aö a:i

326

Da im Anlaut auch bestimmte Konsonantengruppen auftreten, soll mit Hilfe der Matrix auch diese Erscheinung dargestellt werden. b p t k m n r l · ^ prtr b d g P t k m n r l

pf

ts kx v

i

Damit ist /r/ als der häufigst gewählte Zweitkonsonant ausgewiesen, /!/ als der zweithäufigste. Daß gerade diese beiden Konsonanten nicht als erstes Glied einer initialen Konsonantenverbindung fungieren können, liegt in der Struktur der G Silben, deren Kern auch durch /!/ oder / r / besetzt sein kann. Dreifachkonsonanz liegt nur dann vor, wenn als erstes Glied ein / J / steht. In Ortsnamen kommt auch die Konsonantenverbindung / J k r / vor, etwa in [Jkri:l] Skrill, doch ist diese Dreifachkonsonanz slawische Transferenz. 2.2.3.2. Lexerm-nneT&s Im Wortinneren (einschließlich der morphologischen Erweiterungsformen des Lexems) sind die Vokale mit folgenden Beispielen nachzuweisen.

327 /i/ [khrip ] Krippe, [jsmt] Schnittzeit, 8

[vliccq] flicken, Hitze, Obitsn]

[die? ]

dick, [bipfl]

schwitzen, [grif]

s

[pikj ]

Wipfel,

Griff,

reiben a n . . . (Tiere auf der Weide), Tisch, [plijn]

[zmit] Schmied, [>ifl]

[ga'pis:]

Büchse, [vikj ] e-

rede), ["jsemtsAn"]

l

Füchse, ['citjo]

siebzehn, Omirbm]

sich

Gebiß,

abgefallene Koniferennadeln, |> ? e

[hits G ]

]

[tij:] sicher,

Ziege (Lockaneinfetten, [jift]

5

Gift,

[ m i j t ] Mist/Dünger, [tsijt ] Handkorb, [bijpl]

wispern (selten: "pfeifen"),

[ge'b^t]

Gewicht,

]

Frieden stiften. /ü/ C'ßüpon] Ortsvorsteher, [^üp e ] Suppe, ['tJütAr 6 ] Feld-

flasche, [lü^ar]

Vorlauf schnaps,

e

[rük ] Rücken, ['kül:m] Hündin,

['jükaitsn] jauchzen, [khnüpfm]

knüpfen,

[Jtütsn] kürzen, [nütsn] nützen, [trükxq] drücken, Krücke, [^mükxq] sich anschmiegen,

[kxrükx J ]

[Jlüs:] Schluß,

[ p ü j n ] küssen, [kxüxl] Küche, ['pütfarl 5 ]

kleines trag-

bares Holzfäßchen (bei Schnittermahlzeiten verwendet), [ r ü t j n ] rutschen,

[vükj]

Fuchs,

[i ' b u r t j

ich würde,

[güldn] Gulden (vermutlich wegen der verkehrssprachlichen Geltung des Wortes wird [-ül-] statt [-öl-] verwendet, vgl. dazu Fn. 1), [lüft] Luft, [vrüxt]

[,enam'büjkq]

hineinhuschen,

Feldfrucht.

l Dieses Beispiel weist im Vergleich mit [?i:m ] "sieben" darauf hin, daß die Kurzvokale vor /m/ nur ein geöffnetes Allophon, also //i//—> /e/, besitzen. Im übrigen werden diese Allophonien unter /e/ eingeordnet, Paralleles gilt für //ü// und I/o/1. Die Ähnlichkeit dieser Erscheinung mit der sog. Fränkischen Regel ist auffallend.

328 /e/

[pets] Bett, ['petar]

['bepmjpen"] Spinnwebe, [tepl] Beule, bitter, ['vetar] komme,

Vetter,

[?bem:]

rinnen/rennen,

[bek ] Keil,

schwimmen,

[vrem:] ls

[grel ] Grille,

[ytel ]

[ma'rel:] Marille, [ Netz, [pa'tets ] Schmutz, [lefl]

Löffel,

['mes:ar]

einfaches Joch, [^ekj ] [kxrempf ]

streng,

Ding, [Jteqkxr)]

[besn]

wissen,

[jegi 6 ]

] Blech,

[hembl]

Himmel,

[fempl]

Krämpfe, [tsend ] Zähne, ['cgendsr] [bentn] sich wenden.winden/ wenden,

Brachfeld, ['mentjic?]

schwachsichtig,

[nets5]

Messe, [ b e j ] Wäsche,

sechs,

Kinder, ['hentar] hinter,

[Jtrejrig ]

Füllen,

wetzen,

Messer,

gedörrte Apfelschnitte, [

[gents5]

[vells]

still,

Nußpotitze (eine Art Rollkuchen), [drecg]

[ces: ] Schultasche, [mes: ]

schimmeln,

[ren:]

brennen, [ i 'bei:

] Köpfe, [betsn]

e

[tjeji 5 ]

fremd,

['ven:an] finden, [pren:] s

ich will,

[ i 'cgem:] ich

[^e g^n]

winzig, ['venjtar]

singen/sengen,

[pei^kl] Beule, stinken,

['tseqkat]

[deqkxn] denken, 6

[venv ]

e

fünf,

finster,

[ren^ ]

[derjkx] Rinse

(Name des größten Gewässers in der Sprachinsel), [ Kalbin, [ga'belb 5 ]

Gewölbe, ['beldar] welcher, ['beigar]

Nudelwalker (Teigwalze), [kxo'meln] Kamille, gewölbt, [tsbelv 5 ]

zwölf, [gel? G ]

[ga'bejt]

['gbejtar]

kräftig,

gewußt, [^legt]

[ga'belt]

Gelse (Stechmücke),

Schwester,

['kxreftic?]

schlecht.

/ö/

[Jöpm] vollstopfen, [pöp ] Spielpuppe, 'götis 'nu:m]

In Gottes Namen!

[gröp] grob, [en

[ klök ] Glocke, ['krökaitsn]

rülpsen, [tjöki]] zerstampfen, [ga'^böm:] geschwommen, ['?ömitl ] Leuchtkäfer, [vröm:] G

[prön: ·]

Brunnen, [ga'^böl:At]

fromm,

[von:]

geschwollen,

gefunden,

329

Wamme des Rindes, [kxöpf] Kopf, ['kxröpfAt] Struma d F· habend, ['pötsheArn lais 'pro:At] Bockshörnleinbrot, [vöts"] vulva, [pökx] Bock, [ga'gös:n] gegossen,

[lökxp] locken, [pöf ]

Büschel (Heu), [rös]

[box ] Woche, [hömbl] Hummel, behälter, ['töji^arn]

[höfm] hoffen,

donnern,

Pferd,

[kxömpf] Wetzstein-

[gröjit]

Grund,

[pröjitsn]

harnen, [pöjitsn] Gedärm, [ga'göqgan] gesungen, [ga'tröqkxq] getrunken, ['höldar] Holunder (sambucus n.), [volgr]] folgen, [bölkxp] Wolken, [hölts] Holz, [pölvar] Pulver, [ga'mölxp] gemolken, [höft] Frost, [ga'vlöxtn]

(er) hofft,

[vröft]

geflochten.

/o/

[grop] Grab, [lop 8 ] einfältiger Mensch, [jot] Unkraut, [lot5] Latte, ['zotlar]

Sattler, [rokl] Kleetrockengestell,

['homar] Hammer, [mon:] Mann, s

['pforrar] [vo^:sn]

Pfarrer, [bor ] fallen,

Gerstenkorn auf dem Augenlid,

5

[kxropf ]

1

[pfonn ] Pfanne,

Krapfen,

[rots 6 ]

8

[tots' '] Fußsohle, [lokx ] Dorfweiher, ['bosar] Wasser, [kros:]

Gras, ]

gurgeln, [ b o k j n ] wachsen,

[kxomp ]

Kampf, [ ganzer,

'gont ]

[fofm]

[vlo'f ]

['vorj:oqkx] Fasching, [

backen,

Ratte,

Flasche,

[potjn] vor Nässe Kamm, [kxömpf]

auf dem Sand, [A 'gontsar]

[bonts ] Wanze, ['hon^ais]

schaffen,

ein

PN "Hansen" (Gen.

von Hans, als Hausname, aber auch so vereinzelt verwendet), C"

['glonjtar]

Funken,

[to gl]

dengeln,

daube, ['ra:f, goi^kx] Rauchfang, Kraft,

[hoj ]

(du) hast,

[hoqk ]

[poqkx]

Bank,

Trage[kxroft]

[noxt] Nacht.

/a/

Käppchen, ['bater]

Wetter,

[patl]

betteln,

[ Vati? ] Vogelflügel, ['bentsprat ] Wirbelwind, ['plakaitsn]

330

blitzen, ['pam:l ]

Bäumchen, [i 'gan:]

ich gehe,

5

ich stehe, ['jar^abets ] stierwütige Kuh, [tsapf ] F"

zapfen,

['Jtapfal ]

Herz, [ratsl·5] Weg,

[Jafer]

Gefäße (pl. von "Schaff"),

treffen, [vrasn] fressen,

[drajn]

dreschen,

[bajn]

[bakx]

[pfafar]

Pfeffer,

[vasar]

waschen,

Zecke,

[Jpraxq]

Wespe, ['bak.Jnain]

beten,

Fässer,

[Jtaxi]]

[kxraps]

stechen,

[kxamp± ] Steckkamm der Frauen,

[mandi ] Männlein, [hanti ] kleiner Griff, Sterz/ Polenta, [itarjgi ] kurze Stange, [haji? ]

Hans (Koseform),

Hand, [paqkxl ]

['^aqgaig ]

Bänklein, s

frühstücken, [ga(r)Jt ] [p»Jtbm]

[ Jtarbm]

Gerste,

Palmzweige, [kio^bm]

mit dem Geld, [v*>,lgri]

Felgen,

['gantsarlain]

['vajistar] Sense,

Holzschuhe, [^baqkl] Glockenschwengel, 5

Krebs, [bapJ J ]

[bandi ] kleine Wanne,

s

F

Rechen,

einen schlechten Geruch haben (Fett),

s

I

[hats ]

Schwein,

[tsa'iaxq] undicht werden (Holzgefäße), [rax"] [tsax ]

P"

[bats ] Warze,

[vakxi5]

[trafm]

Koniferen-

F*

Leitersprosse,

kleine Ratte,

[i 'itan:]

[kxa(r)Jn] Galgen, [h»vlp]

[paqkq]

[tarjkx ]

sterben,

Fenster,

linke

['varmAsn]

Kirschen,

[metn 'g»wd ] Hackenstiel,

5

[ bxi^tl ] kleine Hacke mit breiter Schneide (im Wald verwendet), [p»l,tsn] Obstbäume veredeln, [ v n ^ . J ] [bnJtx] welk, [gaj(t)] [kajpm]

[ Jto^dar]

Ställe,

(du) gehst, [ t s a ' p r a j t n ] scharren (Hühner),

[

'bajt]

falsch, er wäscht,

brechen/zerspringen,

[raxt] recht,

[ga'maxt]

Geschlechtsteil.

/i:/ [ga'ri:bm]

gerieben,

Schmiedewerkstatt, [?i:dl] übersiedeln,

[bi:dar] wieder,

[ti:dn]

Türen,

[li:gq] liegen, 5

['^mirdin]

[pi:dn]

Birnen,

[ri:gl] wiehern (Pferd),

[tri:p] Trieb/Schoß, [ri:p ] Rippe, [ii:tn]

schütten,

331

[ge'?ni:tn]

[^li:k e ] Schlitten,

geschnitten,

[tji:kq]

gellend schreien, [kli:k ] Stock zum Heutragen, sieben,

[birnar]

Kinder,

[li:n"] Dunstabzugloch des Backofens,

Türme,

[ti:r]

Würmer, [tsli:nan] J

Tür, [pi:r ] Birne,

[?i:m"]

Geifern kleiner [ti:n ]

[po'pi:r]

[teJkA'ri:rn] miteinander diskutieren,

['cirrsj]

nagel am Pflug zur Regulierung der Furchentiefe, durchdringend schreien (hohe Tonlage), [' [kar'li:ts ]

Görlitze (Flurname),

Papiertüte,

[cgütsotr]

lich), [tsbi:vl]

kürzer,

Zwiebel,

Papier,

:]

[Jtar'ni'.tsl] ['? :

]

Eisen[tsbi:l] Buch, gedrehte

Katze (weib-

['kri:valAt] gegabelt (Ast),

[ pi:?n] mit Ruten schlagen (Brauchtum am 28. Dezember), [ li:?n] horchen, [cgi:s] Kissen des Pferdekummets (Dsg. [ c?i:s ] ), [g3 "2.1:91]]

[bi:tj s ]

geseiht,

!

einfetten, [ v*:rbat] (er) firmt, [bi:rtin( e )] K*

[jzmt:rbm]

[ni:rggnts] nirgendwo,

Wirtin, [hi:rn] Stirne, [di: F n] Magd,

p*

I*

['vi: tsAn"]

P"

vierzehn, [hi: y, ]

Hirse,

P"

[c£i:rx ] ^"

S

[bi:rxi]] weben, [vi:Jt]

Kürbis,

[pi:rx ] Birke,

[pi:rft"]

Kirche,

Bürste,

Dachfirst.

/ü:/ [Jtü:b"]

Stube, ['hü:bAtsn]

Nudel, ['hü: dar] Kopftuch,

Purzelbäume schlagen, [lü:gS]

facher Kinderschlitten aus Brettern, [pü:kat]

[mü:dl]

Lüge, [kxrü:t s ] E

[trü:t ]

ein-

Alpdruck,

ist brünstig (Schwein), [mü:kat] muht (Kuh),

C'kü:kail]

Mutterkorn,

[lü:n]

Achsnagel, [bü:n] Wurm,

[kxü: jisti] kopulieren der Geistliche -t das Brautpaar), [mo'lü:npern] Himbeeren, [?nü:r] eingeheiratete wird so genannt), (Schwein), ['jü:li] Topfdeckel,

[

Juli, [kxü:ts]

'tsmü:kxar]

Schwiegertochter (nur die

[kxrü:l(an)] grunzen kurz, ['lü:kxar]

einer aus Langenton,

[Jü:varn]

332

Heuschober machen, [grü:?at]

nagt (Maus),

4 m langes) Rundholzstück vom Stamm, [tü:rbm]

Turm, ['pü:rgar]

C'kü:rtAt] halbnackt, J

Schneesturm, [bü:rts ] Furche,

(ca.

[ga'rürxz]] Geruch,

Bewohner der Stadt Gottschee,

[vü:rkl] mit den Schuhen auf dem Eis

dahingleiten, ['pü:rmon"]

[vü:rx ]

[mü:2l]

Truthahn, [Jtü:rm] Wurzel,

Gewitter/

['tü:rvont]

Sauerteig,

[dü:rx] durch.

/u:/ [Ju:b s ] Küchenschabe, er gräbt, [mu: d ] S

Faden,

[*?u:box]

Sägemehl,

Mahd, [pu: dn] baden, 5

[bu:g ]

Waage/Wagen, [tu:g ]

Stahl des Bügeleisens,

[nu:gl] Nagel,

f5 P"

[tru: t""] eingezäuntes Feld,

[Ar "gruibat] [vu: dn]

Tage, [

[Jtu:gl]

'^u:gat] er sagt,

[,pu:tar'naSter ]

Paternoster-

p-

-

A

kugel des Rosenkranzes, [ J u : t ]

Schatten, [dru: t]

[hu:k ]

Haken,

Krämer,

['mu:nait] Monat, [*hu:nef] Hanf, [pu:r] Paar,

[ju:r] Jahr,

[ ^ i ' J u r r n ] sich schämen,

Draht,

[mu:l] mahlen, [kxu:lat] bellt (Hund, Fuchs), 3 p

F*

[ru:v ]

1

Dachsparren, [bu: 3 ]

schlafen,

['kxru:mar]

6

[itru:f ] J

fangen, '[gu:rb ]

3 S

Strafe,

Maß, [Ar 'lu: sät]

Rasenstück,

[itru: s ]

Straße,

erläßt, [ipru:x ]

Garbe,

s

[pu:rt ]

[*Ju:rtat] eine Zahnlücke habend, Abteil der Scheune, [^bu:rts]

[glurfm] [mu^s]

Sprache,

[vurhn]

Bart, [gu:rt ]

Garten,

[bu:rn] warm,

[pu:rm]

schwarz,

[pu:rkx]

ver-

schnittener Eber des Hausschweines, [mu:rx] Ackergrenze, [ J t u r r x ] stark, [pru:xt]

gebracht, [pu:xt]

Kehricht.

/e:/ sieben (nur Getreide), ['verdar '] Feder, [ ve:bm] ve: reden,

[ 'le:diC5]

legen, [he:gl]

los/frei,

['prerdij^] Predigt,

[re:dn] [le:gr)]

Nacken (meistens: Rindernacken), ['ve:g9ri e ]

Vöglein, [ . 'he:t]

er hätte,

[te:tS]

Pate,

[le:k s ] großer

333 Holztrichter, [me:r]

Meer (in Volkslied: s

die Meererin = Gudrun), [pe:r ] Beere, Eichelhäher,

['pe.-rbent]

Nordwind,

[da "merrann] ['ge:rhölts]

[cge:rox]

Kehricht,

[ J e : l ] schälen, [ce:ts] Jauchenschöpfer (T s c hi nk e l s [1973, 223] Form /gerz/ kann nicht verifiziert werden), [he:!"] Höhle, [he:var]

Weinheber, [*je:nar]

Mähne, [cgeinicg] König,

[gle-.^ar] Brille,

ein wenig, [le:?n] lesen (Buch), ['me:^nar] ['

:

| ] Dachboden der Scheune,

[c$e:rb ] Körbe, [ ' h e : r b i j t ] Herbst, v

['be:rnar] wärmer, Dorn, [c5e:rts e ] Dextrose,

F"

[te:rn ]

Kerze, S

[Ve:r^ai5 ]

Mesner, gerne,

['ve:rÜ5c] v

Dornen,

[me:rts]

'pe:2 S ]

[

[ge:rn]

s

[me:n e ]

Jänner,

fertig,

P"

[te:rnl ] kleiner

März, [ite:rkx ]

Pfirsich, [de:rfm] dürfen,

[le:rx s ]

Lärche.

/ö:/ [lö:bm] loben, [ J ö : b a r ]

Heuhaufen, [ma'rö:bits] Morobitz

(ON), [gnö:dar] Nasenschleim, [pö:g"J

Bogen, [tö:t"J

Patin, [pö:ts] dem Gemeindehirten zugeteilter Hütejunge (von den Besitzern reihum gestellt und verköstigt), [ jö: weinen, [ga'nö:m] s

[jsö:l ] wirft,

genommen, [kxö:juc9]

Schuhsohle, [*gö:lAt] [kxa'tö:lij]

grobe Leinwand,

hornlos (Ziege),

[pö:lat]

katholisch, [kxar'fjö:!] Karfiol, [drö:vl]

zerbröseln, ['kxnövlox] Knoblauch, [glö:?n] glosen, [en "mö:? ]

im Moor, [jö:?l] Josef (Kosename), [trö:j J ]

aus der Ortschaft hinausführender Viehweg, [ga'vlö:xr|] geflogen, [dö:rt] dort.

/a:/ [la:bm] leben, [Jta:b s ]

['ta:bAtsn] nieseln, [ra:b s ] Weinrebe,

Stäbe, [la:dar]

Haue, [pa:g ]

Leder, [ba:g E ] Wege, [ha:g e ]

bei der Verschnürung der Heufuhre verwen-

334

deter Holzring, [Ja:gq] schauen, [la:p] Laub, ['ha:pitl"] Tau,

[la: g"]

Aschenlauge,

Salatkopf (auch: Krautkopf), [ta:p]

5

['iaipits ] Krautblatt, [ja:tn] jäten, [pa:tn]

['ra:tai9]

Rettich, [ha:karl·"] Häkchen, [pra:nV]

bremse (tabanus bovinus),

bitten, Rinder-

[kxa:man] kommen, [pla:nan]

blähen (der Rinder nach übermäßigem Genuß von feuchtem oder grünem Futter), Oma:r]

[ssa:n]

säen,

[ga'ba:n] gewesen,

minderwertiges Darmfett, 5

[kxa'Jair ]

[Ja:r ]

Rückentragkorb, ['ta: w ar]

Kanal, [ma:l]

Teller,

[kxa'na:!]

Quetschfleck des Apfels (mhd. meil), [ga:i, ] J

gelbe,

[ra:ts ] Ente, [g9 ! na:kx] Genick,

Käfer,

[vra:vl] freveln,

Hüllblatt des Maises, (Bohnen, Mais), [Jtra:fm]

Schere,

[va:g s ]

[pa:^n] Besen,

[ja:^n]

[ra:fm]

[kxa:var]

gären,

raufen,

[la:gn] auslesen

[kxa:fm]

kaufen,

Langholz mit den Pferden aus dem Wald ziehen,

[Ja:fl"] kleines Holzschaff,

[pra:xq]

brauchen,

[ra:xq]

!

rauchen, ['la:hAtsn] schnell atmen (keuchen) [ ga:har] s schneller, [zna:bl ] Schnäbel, [ba:dl ] Waden, [jpandsr] ranzig,

Späne,

[ma:ndar]

[ga'va:rbat]

Männer,

['ra:ntslC9]

e

gefärbt,

[pa:rg ]

Berge/verschnittene

C*

-,

Eber, [pa:(r)tarl ] Bärtchen,

[ha:(r)tar] Hirte,

Abteilungen der Scheune, [pa:rkx] [pa:^n"]

Werg,

[vra:-ed ] Freude,

[ma:-e] Mai.

lieber (Komp.), [Jitabst]

müde, ['pri:adsr ]

[ba:rx] s

Besen (pl. ); [ha:-e]Heu,

[var'±a:-et] verstopft (Kuh),

[li:abar]

Berg,

[pa:rn ]

Brüder,

schiebt,

[mi:ad"]

[pi:egat]

biegt,

bietet,

[pli:atn]

Fliege, [di:ap] Dieb, [pi:atet] e

[hi:atn]

Vieh hüten, [dA 'ri:3k ]

Riemen,

[gri:an] grün,

[vli:3g ] bluten,

Rieg (ON), [ri:am S ]

[pli:anan]

blühen,

[hi:anen]

335 heulen (der Hunde bei einem Todesfall,

['rj.:arat 21]

sich,

Lippen, [mi "vrita^at]

[vr'c9i:al] erkälten, [tri:al ]

mich friert,

['ni:3?aitsn] niesen, ['Jti:9fmüatar]

[ t i : a f ] tief, Geröll,

[jäli:afat] s

[Ji:ax ]

Hühner,

rührt

schlüpft, [Ji:asat]

häßlich, [tsi: ahat]

[fti:aldar]

Stiefmutter,

schießt,

zieht,

[gri:as]

[hi:andar]

Stühle.

/ÜB/ [grü:ab e ]

Grab (offen),

[prü:adsr] Bruder,

Futter, [Jü:agri] Schuhe, [Am 'pflü:ag e ]

[vü:adar]

am Pflug, [?ü:ags]

Unterfliegendorf bei Verdreng (ON), [iü:ap s ] Kopfschuppe, [plü:at] Blut, [vüratar] Futter, [A 'gü:atar] e

[mü:am s ] Muhme

['hü:atöi]g ] Viehweide, [kxrüakx] Krug, (Tante),

[tu:an] tun, [vü:ar 6 ]

Lehne),

[pflü:akx]

Mus (Polenta),

holen, ['bü:a?nar]

Fuhre, [Jtüial] Stuhl (ohne 'mü:a? s ] im Mus,

Pflug, [ ,

[vü:as] Fuß,

ein guter,

[mü-.as]

[nü:aj] Dachrinne, [;&ü:axr)]

Maulwurf, [?lü:axt ] Hohlweg.

/8A/

[A.ten "^neiAb"] (Flüssigkeit),

im Schnee,

[pe:Ad ]

(Suppe),[tire:Aprn]

beide,

[ p ^le:Abat] ohne Geschmack [ple:Ad s ]

ungesalzen

ängstlich zwitschern (Vögel),

Schnee, [ve:Atn] voriges Jahr, [pe:Atar] Peter, breiter (Komp. ),

[JeÄn:]

gehen, [kxre:Änan] schreien (Kalb), [ple:Arat] hörig,

[me:Ar]

[gre:Asar]

['tsbeÄn: ] zwei, [ge:An]

Stern, J

[re:Ar ]

[JteAn: ]

Röhre,

größer, [re:Ax] Reh, [tse:Ax ]

[ Jte:Arn] Zisterne,

[vle:Ah ]

schwer-

[?e:Al ]

Seele,

Zehe,

Flöhe, [be:Artar]

[cgetArn"] Kerne,

[ple:An]

Sterne,

[te:AriJ]

mehr, ['le:Ararj Lehrer,

[he:Ahar] höher,

[pre:Atar]

J

mit Blumen bekränzen (Braut),

[Jte:An]

schreit,

schön,

[jzne:Ap]

Wörter,

[ge:Arn] gerne,

kleiner Brotanschnitt, [ve:Ar? G ]

Ferse,

336 [re:A^l ] Blümlein, [pre:A^l] fein regnen,

[tre:Ajtn]

trösten, ['teAxtar ] Töchter. /OA/

['Jpo:Abi:me] "sieben" "siebzehn" und im Vergleich mit Su. die Paare Su [hü jit] Hi[hö( )nt] und Su[ga'bü:n]

-

Sufspreqgan] - Hi[ .fpreqgsn]

Hi[ ga'beqgan]

sowie

("Hund, gewinnen, springen")

genannt werden. Daher gilt

Hi-11 /i/'

[f] / [e] / [O

[+nas] [+vschl -voll]

Die Nasalierung ist auch in Hi. nur selten vorhanden, so daß eine Formalisierung kaum möglich ist. Bloß in der oberen Zeile von Hi-11 ist die Nasalierung regelhaft. Parallel verhält sich das Phonem //ü// vor Nasalen und vor 11 1// -Clusters: Hi-lla

r^

.

/_( C + n a 8 ] l[+vschl -voll] [-off] [ü]

(2) Die Reihe //e - ö - o// Auch in Hi. ist das die einzige dreigliedrige Reihe des Teilsystems. Das [+vo] markierte Phonem ist unter der Bedingung, daß es [-bet] ist, ein potentielles zweites Glied eines Vokalclusters. Vor Nasalen und //l// ist in bestimmter Umgebung die Aufhebung der Oppositionen zwischen den als [-hnt] markierten Phonemen und ihrem [+hoch] Pendant.

354

Das wird bereits durch Hi-11 und Hi-lla beschrieben. Die Ähnlichkeit mit der in historischer Zeit eingetretenen "Fränkischen Regel" (etwa son statt bair. sun) ist nicht zu übersehen. Auch für Hi. gilt die Zweiteilung der //e//-Allophonien nach Maßgabe des Akzentes. Da //e// in Hi. vor /r/ nicht belegbar ist, kann auch keine Allophonie angegeben werden. Das unter den Su. Regeln über //e// vor /l, m, n,

, k/ und die

entsprechende Allophonie / /, auch /e/, Ausgesagte kann auf die Umgebung //kx, ts, $// erweitert werden. Über nicht betontes //e// entspricht die Hi. Regel der Su. Repräsentation:

Hi-12 = Su-12 Unter Einbeziehung der Suprasegmentalien kann daher die Repräsentationsregel für //e// formuliert werden:

Hi-13

[+nas] [+vschl -voll] [+var - lab] [+vschl -lab -dent] [-vschl +dent -apik]

C+et] [+bet}

[e]

//e//-

JC+nas] [-bet]
/ej/

Hi-21

//öj//_>/öj/

Die phonische Repräsentation dieser beiden Phoneme schwankt zwischen [e:] und [ :]

bzw. [ö:] und[5:], ohne daß ein

kontextueller Grund dafür angeführt werden könnte. (6) Das Phonem //aj// Das Phonem //aj // kann vor einem anderen Vokal (nämlich //e//)desselben Morphems vorkommen. In dieser Distribution zeigt es die Allophonie / a : / . Als phonische Repräsentationen kommen unterschiedslos nebeneinander [a:] und [a:] vor. Auch im Derivativ ((-a:r)) für den Komparativ oder einige Nomina Agentis tritt dieses Phonem auf, hier allerdings immer als [+bet -st]. In diesem Fall ist ebenso die Allophonie / a / anzugeben, allerdings in einer quantitativ anderen Form. Im fortlaufenden Text kann dieses /a/ durch [a] oder repräsentiert sein.

[ ]

358

Hi-22 //a://·

/a:/

/

/«- / /

[+ bet +st] [+off] [+bet

-st]

/aj/ (7) Die Reihe //ia - ua// Auch die Diphthonge mit fallender Zungenhöhe haben in Hi. eine relativ flache Intonationsbewegung aufzuweisen. Damit im Zusammenhang ist auch die phonische Repräsentation zu sehen, in der die Ausgangsstellung im Verhältnis zum Gesamtsegment relativ lang beibehalten wird und die Richtung der Veränderung erst durch eine spät erfolgte Konstellationsverschiebung der Artikulationsorgane angegeben wird. Lediglich vor [-sth] Engelauten und folgendem Konsonanten wird die Ausgangsstellung der Artikulationsorgane relativ rasch aufgegeben. Daher stehen sich bei //ij>// die phonischen Repräsentationen [i:s] und [ la] gegenüber. Doch diese Feststellung gilt für alle Diphthonge mit [-tief] als Ausgangspunkt. Da es sich um eine Repräsentationsregel handelt, ist sie den Allophonieregeln untergeordnet. Als weitere Repräsentationsregel für //if// und //üa// ist die bereits durch Su-26a beschriebene Möglichkeit des Diphthonges anzusehen, sein [+var] markiertes Merkmal aufzugeben, wenn ein (durch die Morphemgrenze getrennter) unbetonter Vokal folgt. So steht etwa [vri:a] "früh (am Morgen)" neben [*vri:/ar] "früher (am Morgen)". Durch den Hiat zwischen dem fallenden Diphthong und dem tiefen Vokal, aber auch durch die Verschiebung der Diphthonggewichtung (die im Gegensatz zu der o.ben angeführten phonischen Regelung steht), erscheint eine "unübliche" Verbindung (also [ v r i t a a r ] , und damit Verlagerung des Diphthongakzentes auf die Richtungskomponente). Diese wird beseitigt, indem der

359

Diphthong seine Variabilität aufgibt und so die "übliche" phonische Diphthongform äußerlich hergestellt

wird:

[ i: ] neben [i: ]. Auch die hiermit verbundene Regel ist als Repräsentationsregel anzusehen. Damit gilt für Hi. Hi-23 Hi-24

i > — > i a //tia//-

Hi-25

[i:] / i; /—·;

/

[-hoch]

[ja] /

[+eng -sth] [-off]

[i:a] /

Hi-2 6

[u:] / [üa] /

[-hoch] [+eng -sth] [-off]

[u:a] Als zusammenfassende Regel für Hi-25 und Hi-26 kann auch die allgemeine Repräsentationsregel Hi-27 geschrieben werden. _

Hi-27

+var /-

hoch

1 -tief 1 l-/+tief 1 0 Ig

_

- var « hoch - tief — -

S

/

f

[-hoch]

-

Diese Regel entspricht Su-27, ist aber allgemeiner, weil sie auch die [-hoch -/+tief] markierten Diphthonge mit berücksichtigt. Damit wird in der Oberfläche eine einheitliche Diphthongstruktur hergestellt, die aber auf verschiedenen Basisstrukturen beruht. Gleichzeitig wird mit dieser systematischen "Maßnahme" der phonotaktischen Struktur des Hi. Systems Rechnung getragen. Im sekundären System ist also die Reihe (7) dreigliedrig, denn sie weist dort /i: a - ü: a - u: a/ auf.

360

(8) Die Reihe //ΘΛ - ΟΛ// Durch die v llig andere Kettenstruktur der Basis hat das Hi. gegen ber dem Su. hier eine weitere Reihe von Diphthongen mit "fallender" Zungenstellung. Auch f r diese Reihe gilt das eben ber die Hi. Diphthongstruktur Gesagte. Das "Fehlen" des [-vo -hnt] Gliedes kann synchron nicht erkl rt werden. Der Vergleich mit dem Su. zeigt parallel dazu ein Fehlen der Vokalverbindung // :a//, doch ist das eine blo e Feststellung. Bevor Hi-27 angewendet werden kann, sind die einfachen Allophonieregeln zu formulieren. Hi-27 wirkt gleichzeitig mit den durch b gekennzeichneten phonischen Repr sentation regeln. Hi-28 a //ΘΛ// b

>/e-.A/ [ΞΛ] / [+eng -sth] [-off] /e:A/_> [Θ:Λ] ~ [ε:Λ]

Hi-29 a //ΟΛ// b

>/Ο:Λ/ [[ΟΛ] / [+eng -sth] /Ο:Λ/—» r -, ' Ι [ Ο : Λπ] - Γ [ Ο : Λ ]

[-off]

Die phonischen Repr sentationen dieser beiden Diphthonge schwankten ohne kombinatorische Gr nde (idiolektal) im Bereich [Θ:Λ~Ε:Λ] und [ Ο : Λ ~ Ο : Λ ] . (9) Das Phonem //oi// Neben der Reihe (8) ist das Phonem //oi// zweifellos als isoliert zu betrachten. Vergleicht man Hi. und Su. Paradigmen zu diesem Phonem, so stellt man fest, da einige der Su. Beispiele f r //oi// in Hi. unter //ΟΛ// auftreten und umgekehrt Su. //uja//-Beispiele in Hi. //oi//haben. In be-

361 stimmten Umgebungen muß eine phonetische Nähe der beiden Phoneme (in einer bestimmten Periode der Vergangenheit) angenommen werden, so daß Übertritte in die funktional schwächer belastete Reihe möglich waren. Diese phonische Nähe der Repräsentationen ist durch je ein gemeinsames Allophon vor den verschiedenen [+dent] Engelauten hervorgerufen worden. Auf diesen Umstand verweist die heutige Verteilung von //oi// und //

// vor H?/l und //s//: vor //?// tritt heute nur //oi//, vor

//s// und II'l II nur //

// auf. Doch diese Überlegungen führen

bereits in die Diachronie. Als Beispiele seien genannt: Su. [ru:a? e ] -

Hi. [r U o:e;s E ] "Blume", Su. [viuo: e s]-Hi.

[vio:As.] "Fleisch". Die Allophonieregel ist in Hi. einfacher gestaltet als in Su.

Hi-30 a b

//oi//—> /o:e/ / o j _ e / — > [ o : A e ] ~ [ o : i ] ~ [o:e]

Damit entspricht auch dieser variable Vokal der in Hi. üblichen Diphthongstruktur (in der Oberfläche). Ein Gleitvokal wird nicht inseriert (vgl. Su-31). (10) Die Reihe //ae - aö//. Auch die Reihe der steigenden Diphthonge ist bloß zweigliedrig, wie das bei den übrigen Diphthongreihen des Hi. Systems der Fall ist. Damit zeigt sich (abgesehen von //oi// in der Basis eine Art Symmetrie, die im sekundären System verschiedentlich gestört zu sein scheint. Das Fehlen eines

//ao//, das historisch als Ver-

schmelzungsprodukt von mhd. /a-e-ä/ vor /!/ zu sehen wäre, ist bloß im Vergleich mit dem Su. System zu verstehen. Die

362

Beispiele zeigen, daß in Hi. die Allophonie /ai/ dem Su. /9U/ entspricht. Damit erfährt auch die dazugehörige Alternanz (etwa in Hi. /kxolt => cgeltar/ "kalt - kälter") eine entsprechend einfachere synchronische Beschreibung. Die Ableitungssilbe für das Diminutiv hat in Hi. den Pluralvokal //ae// in der Basisform, die Allegrorepräsentation setzt hier regelhaft / / ein. Daher wird eine andere Alternanzart als Ausgangsrelation anzunehmen sein, da der Singular die Oberflächenform [-1 ], selten [-la ] aufweist. Auch im Singular ist daher als Basis //ae// anzunehmen, doch ist wegen der nicht betonten Stellung des Morphs innerhalb des Textes die phonische Repräsentationsform -/l / z u belegen. Damit kann für die letzte Reihe der Hi. Vokale folgende Allophonieund Repräsentationsstruktur angenommen werden:

Hi-31 //ae// Hi-32

//a?//

/a:ö/

Die Insertion eines Gleitvokales zwischen einem dieser beiden Diphthonge und einem folgendem, unbetonten //e// ist auch in Hi. regelhaft, so daß entsprechend Su-28 für Hi. gilt Hi-33

+var +VO

+/-tief_ - q] /

"•i-var -vo -/+tief

+öff +VO

-hoch -bet

Gelegentlich verliert beim schnelleren Redetempo der dieser Insertion vorausgehende steigende Diphthong seine Variabilität, doch ist diese Erscheinung nur idiolektal zu beobachten und daher nicht regelhaft zu umschreiben.

363 (11) Synopse. Wie bereits für Su. soll auch für Hi. eine Zusammenschau des Basissystems und des Systems der sekundären Phoneme versucht werden: Diagramm

Primäre Phoneme

i

ü

e

ö

sekundäre Phoneme

o

i

ü

e

ö

o

i: ü.

u:-

a

a

i:

ü:

u:

e:

ö:

e: ö: (o:)

a

a:— ~ü*a

i,: a

1

Öl

ae

a:e

ao

: l o:e

e:A

a:o

OA

ae aö

Das eingeklammerte (o:) ist das in Lehnwörtern aus der Standardsprache auftretende periphere Phonem. Die Unterschiede der G. Systeme untereinander sind vor allem im Bereich der Allophonien (sekundären Phoneme) zu finden.

2.2.5.2. Konsonanten 2.2.5.2.1. Allgemeine Repräsentationprinzipien 2.2.5.2.1.1. Systematische Allophonien Wie im Su. ist auch im Hi. unter bestimmten Bedingungen eine Konsonantenspaltung, d. h. Gemination, vorhanden, die dort erstellte Regel gilt gleicher Weise in Hi., daher

364 Hi-34 = Su-32 Auch in Hi. ist diese Regel rekursiv, wenn durch phonologische Prozesse die Voraussetzungen mehrmals geschaffen werden. Die durch Su-32a beschriebene Dissimilation zweier durch die Konsonantenspaltung entstandener, durch eine Silbengrenze voneinander getrennter /!/ trifft auch in Hi. zu, daher Hi-35 = Su-32a. Auch in Hi. gilt wie in Su. die "Auslautverhärtung"; sie betrifft ebenso wie in Su. die dort genannten vier Gruppen der Konsonanten, wobei in Hi. der vierten Gruppe auch //pf// zuzurechnen ist. Damit ist zu korrelieren Hi-36 = Su-33 Hi-37 = Su-33a Hi-38 = Su-34 Hi-39 = Su-35 Die in Su. zu beobachtende Intensitätsreduktion nach einem nicht betonten Vokal stehender [+sth] Konsonanten (etwa in ['

re- d "e^a] "ich rede nicht") ist auch in Hi. zu be-

legen. Auch die Palatalisierung ist in Hi. vorhanden, so daß auch Hi-40 = Su-36. 2.2.5.2.1,2. Satzphonologie Die in Hi. wirkenden Sandhiregeln - sie sind nicht identisch mit den Allegrorepräsentationen - entsprechen voll den auch in Su. beobachteten. Gerade, was die Assimilationen und Dissimilationen betrifft, herrscht in der gesamten Sprachinsel eine einheitliche Regelstruktur.

365 Somit gilt: Hi-41 = Su-37 Hi-42 = Su-38 Hi-43 = Su-39 Hi-44 = Su-40 Hi-45 = Su-41 Diese letztere Regel ist auch in Hi. rekursiv. Die bereits angedeutete Intensitätsreduktion bestimmter Konsonanten läßt sich in der allgemeineren Hi-46 unterbringen, die mit Su-42 explizit übereinstimmt: Hi-46 = Su-42 Mithin zeigt sich innerhalb der beiden ersten Ortsdialekte eine Übereinstimmung in allen Belangen der Satzphonologie. 2 . 2 . 5 . 2 . 2 . Einzelphoneme

(D INI In Hi. gilt ebenso wie in Su. die Neutralisation von //h// und //x// im Auslaut und vor [-sth] Konsonanten. Allerdings kommt hier noch hinzu, daß //h// im Morphinneren zwischen Vokalen häufig als sth [ ] realisiert wird. Damit ist hier eine dreifache Allophonie anzunehmen, unter der Bedingung, daß mit der Umgebung die Wortgrenze nicht überschritten wird. Hi-46

1*1 / //h//

>

\=hh,

/ V / / [+öff]

N

[+öff

366

In Hi. kann daher dieses inlautende //h// nicht schwinden. In den nachlässigeren Stilen wird //h// des Verbs "haben" zumeist nullrepräsentiert, doch ist hier eine weite individuelle Streuung zu beobachten. Damit gilt folgende Verteilung Anlaut primär

h

i

sekundär

Inlaut

Auslaut

h

h\^

x

*x

(2) Die Reihe//f - s - l -

x x

x//.

Diese Reihe ist in Hi. wie in allen übrigen Teilen der Sprachinsel, außer das Su. Hochtal, viergliedrig. Die Bereiche [+lab] und [+dent] haben einfache Allophonien, den entsprechenden Regeln folgen im Text die satzphonetischen. Somit

Hi-47 = Su-45 Hi-48

//s//

> /s/

Hi-49

//J// —» / i /

Der Unterschied zwischen //s// und //i// besteht auch noch in der bereits gezeigten unterschiedlichen Distribution. Die Distribution des //f// gleicht der des //s// in Hi.: es kommt im Anlaut nicht vor, dort ist ausschließlich //pf// (als Lautverschiebungsprodukt) zu belegen. Das Paradigma "Pfirsich", das anlautendes //pf// aufweisen könnte, ist in dieser Hinsicht zu //v// übergetreten: ['veir^ae?]. Das Phonem //x// unterliegt der bereits für Su. gültigen Palatalisierungsregel: Hi-50 = Su-47.

367

(3) Die Reihe //v - js - j//. Da hier allein Auslautallophonien als abweichende sekundäre Phoneme in Frage kommen, gelten die bereits dargestellten Regeln, daher Hi-51 = Su-48

(//v//)

Hi-52 = Su-49

(//£//)

Hi-53 = Su-50

(//j//)

Damit ergibt sich die von Su. abweichende Gegenüberstellung von primären und sekundären Allophonien Anlaut primär

v (f) ? (s) | i sekundär v ?

Inlaut

Auslaut

i

j v f ? s J (j) y - f z s $ (j) * * l 4/ 4- J, * MV** i j v f ? s J (j) f ss i

Die eingeklammerten Phoneme kommen in dieser Distribution primär nicht vor. Sekundär ist /j/ als Gleitlaut zwischen [+steig] Diphthong und einfachem Öffnungslaut inseriert. Auffällig ist die gleiche Anzahl der Glieder im Anlaut und im Auslaut. Allein / J / ist in allen drei Positionen unverändert. Der Auslaut weist als sekundäres Phonem das in der Basis nicht vorhandene /s/ auf. Somit gilt das bereits für Su. Ausgeführte: im Auslaut ist Kurzvokal+Leniskonsonant (d. h. [+sth] Konsonant) auch in Hi. möglich (man vgl. die Transkription). (4) Die Reihe //b - d - g//. Da in dieser Reihe eine Übereinstimmung mit Su. Verhältnissen vorliegt, ist zu formulieren Hi-54 = Su-51 + Su-51a + Su-51b. Damit wird ausgedrückt, daß neben der Auslautallophonie noch die fakultative Regel der Spirantisierung des /b/ sowie

368

des Ersatzes durch /m/ im Allegro im Hi. gilt. Vor allem ist aber die Spirantisierung des /b/ z u [ ß ] hier noch viel häufiger als in Su. zu beobachten. Aus verschiedenen Belegen ist sogar die Erweiterung der Regel auf Hi-54a

/b/

>

[ß]

festzustellen, doch muß auch hier gesagt werden, daß diese Oberflächenregel bloß fakultativ ist. Das Phonem //d// unterliegt zunächst der Auslautregel, damit ist Übereinstimmung mit Su. : Hi-55 £ Su-52. Darüber hinaus wirkt hier noch die Palatalisierungsregel, die vor folgendem zentralen Vokal alle dentalen Verschlußlaute leicht palatalisiert, also /d/ vor /ü/ und /ö/ zu [d,] , /t/ in derselben Distribution zu [t,] , sowie /n/ zu /ji/ und /!/ zu [ l· ] . Man kann daher allgemein die Repräsentation regel formulieren Hi-56

+dent -eng -wdh

•^

+dent +pal / _-eng _

Diese Regel trifft nicht für / r / zu. Die Regel Su-52a kann für Hi. nicht belegt werden, wohl aber der Umstand, daß im Anlaut /d/ als [ ] realisiert werden kann, also eine fakultative Hi. Regel. Hi-55a

/d/

> [3]

/ =/f

(fakultativ)

Das Phonem //g// unterliegt der Auslautregel und der Artikulationsortallophonie (ähnlich Hi-50), die für alle [-lab -dent] Konsonanten außer //j// gilt, daher ist die bereits für Su. formulierte allgemeinere Allophonieregel auch in Hi. anwendbar:

369

Hi-57 = Su-53. Dieser Regel ist die Auslautregel nachgeordnet, die ebenfalls schon geschrieben ist, und daher nicht mehr in Form einer speziellen Regel wiederholt werden muß. (5) Die Reihe //p - t - k//. Allein //k// hat eine eigene Auslautallophonie /kx/, während für die beiden anderen Glieder der Reihe keine besonderen Auslautallophone nachzuweisen sind. Daher Hi-58

//p// —>

Hi-59 //t//

/p/

—> /t/

Für //k// trifft sowohl die Auslautregel als auch die Palatalisierungsregel Hi-57 zu. In Hi. kommt //k// im Anlaut nur in wenigen Lehnwörtern vor: ['küptara] Burgunderrübe, [koj ] Wagenkorb, ['kürkael] Mutterkorn, ['kranta] Preiselbeere, ['cirrss]

Regulierstift

für den Tiefgang des Pfluges; diese Lehnwörter stammen aus den verschiedensten Sprachen und Sprachschichten. Vor //r// und //l// ist in Hi. manchmal //k// zu beobachten: ['kraka] Kernhaus des Apfels, [ ' k l s j e ] Handhabe zum Niederhalten des Holzpfluges. Ungleich häufiger ist im Anlaut jedoch die Affrikata verteilt. Grundsätzlich ist /k/ unbehaucht realisiert, ein Gegensatz zu Su. und ein Kennzeichen des G Konsistenzraumes. (6) Die Reihe //pf - ts - kx//. Im Gegensatz zu den Randmundarten der Sprachinsel ist diese Reihe im Binnenraum dreigliedrig. Im Gegensatz zu Su. ist //kx// auch im Anlaut belegbar: ['kxo^ta] Kornkasten,

370

[οςιηί] Kind,

[οςοφίος] feine Leinwand. Die Palatalisie rungs-

regel trifft auf //ts// (in der Realisierung) nicht zu (Hi-56). Daher gilt Hi-60

//pi//

>

/pi/

Hi-61

//ts//

>

I is I

Hi-62

//kx//

->

/c?/

/Hi-57

Damit sind alle Allophonien beschrieben und die Synopse des prim ren mit dem sekund ren System kann versucht werden: Anlaut prim r sekund r

b p pf d t ts g k kx l l Γ l l Γ Λ /] ^Λ b p p f d t t s f g c k c g k x

Inlaut prim r sekund r

b p pf d t ts g k kx l l ι Γ\ K Γ /l /l ^\ b p pf d d, t t, ts f g c k ος kx Auslaut

prim r sekund r

b p pf p pf

In dieses System sind auch die Palatalisierungsprodukte der dentalen Reihe mit einbezogen, phonische Repr sentationen, die dar ber hinausgehen, m ssen unber cksichtigt bleiben.

(7) Die Nasale //m - n//. Auch in Hi. ist diese Reihe zweigliedrig, erst im sekund ren System erscheint eine Mehrgliedrigkeit. Hier zeigt sich, da

die Nasalregeln, was die Allophonien betrifft, in der ge-

samten Sprachinsel gleich sind, daher gilt

371

Hi-63 = Su-60 (//m//) Hi-64 = Su-61 (//n//) Das bereits unter Su. über die Regelfolge Gesagte trifft auch für Hi. zu. Es gilt gleicher Weise die Nasalschwundregel Hi-64a = Su-61a. Sie ist aber bereits eine phonische Repräsentationsregel. Unter Einbeziehung der phonischen Repräsentation ist die Nasalsynopse des Hi. Systems mit der des Su. Systems identisch und kann dort nachgesehen werden. (8) Das Phonem //l//. Die bereits am Su. System belegte große systematische Variationsbreite des //l// im sekundären System kann auch für Hi. bestätigt werden. Da es sich aber hier um ein Übergangsgebiet handelt, sind einige Voraussetzungen anders als in Su. Durch eine andere historische Entwicklung ist die Vokalisierung nicht eingetreten, wenngleich auch in Hi. in bestimmten Distributionen eine labialisierte Allophonie zu belegen ist. Diese Labialisierung ist vor allem nach //a:// am Wortende eingetreten, doch kann hier neben [1] auch [i], also neben der labialisierten Repräsentation auch die nicht labialisierte, apikoalveolare, beinahe retroflexe und sehr dumpf klingende Variante belegt werden, also [ m a : ^ ] neben [moci] "Mehl". Allerdings ist ein Schwund des //l// am Wortende nach bestimmten Vokalen (wie in Su.) in Hi. nicht zu beobachten. Gelegentlich ist im Allegro die Repräsentation [vi*]

neben

[vil] "viel" zu belegen, doch bezieht sich diese Repräsentation bloß auf das genannte Adjektiv. Auch das dorso-palatale Allophon /A/ ist in Hi. vor und nach [-lab -dent] Konsonanten nachzuweisen. Am Wortanfang ist vor allen [+tief ] markierten

372

Vokalen (auch vor den [+tief] einsetzenden Diphthongen) [i] neben [1] zu belegen: [ 1 ära:eta] ~ ['lareta] "Leute", [ia:öt] "laut",

[la:p] "Laub", ['iappitsa] großes Pflanzen-

blatt. Gelegentlich ist im Anlaut vor /o/ ebenfalls [i] zu belegen: ['ioxq]. Vor //oi// ist im Anlaut fast immer [1] zu hören: ['l o: t a r ] "Leiter". Damit ergibt sich eine (von Su-62 leicht abweichende) Allophonieregel für //l//. Hi 65

'

III //!//

/!/ -

/i//

. //a:// _ =#=

=#=

/ [-lab -dent] (_ ) l

[-IgJ

_

N Die in Su. vorhandene Alternanz [out- "el:tar] "alt - älter" ist in Hi. als //e