Lor. Sterne's, oder Yoricks Briefwechsel mit Elisen und seinen übrigen Freunden [Reprint 2022 ed.] 9783112658000


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Table of contents :
Vorrede
Vorbericht des Uebersetzers
Der I. Brief. Vorick an Elisen
Der II. Brief. Elise an Porick
Der III. Brief. Porick an Elisen
Der IV. Brief. Elise an dorick
Der V. Brief. Porick an Elisen
Der VI. Brief. Elise an Porick
Der VII. Brief. Porick an Elisen
Der VIII. Brief. Elise an Porick
Der IX. Brief. Elise an Porick
Der X. Brief. Porick an Elisen
Der XI. Brief. Elise an Dorick
Der XII. Brief. Porick an Elisen
Der XIII. Brief. Elise an Porick
Der XIV. Brief. Elise an Porick
Der XV. Brief. Elise an Porick
Der XVI. Brief. Porick an Elisen
Der XVII. Brief. Porick an Elisen
Der XVIII. Brief. Elise an Porick
Der XIX. Brief. Porick an Elisen
Der XX. Brief. Elise an Porick
Der XXI. Brief. Porick an Elisen
Der XXII. Brief. Elise an Porick
Sterne's Briefe an seine Kreunde bey verschiedenen Gelegenheiten, nebst seiner Geschichte eines Nachtrocks, und erläuternden Anmerkungen
Der I. Brief
Der II. Brief
Der III. Brief. Herrn Sterne'6 Antwort
Der IV. Brief
Der V. Brief
Der VI. Brief
Der VII. Brief
Der VIII. Brief
Der IX. Brief
Der X. Brief
Der XI. Brief
Der XII. Brief
Der XIII. Brief
Nachschrift
Frontmatter 2
Einleitung
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Lor. Sterne's, oder Yoricks Briefwechsel mit Elisen und seinen übrigen Freunden [Reprint 2022 ed.]
 9783112658000

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Lor. Sterne's, oder

Yoricks

Briefwechsel mit

Elisen und seinen übrigen Freunden.

Leipzig, bey Weidmanns Erben und Reich. 177s

Vorrede

des Herausgebers der sternischen oder Aoricks Briefe an Elisen, as unredliche und schändliche Gewerbe untergewinnsüchtigen Buchhändlern und nichtswürdigen Bücherschmierern, welches über ein Jahrhundert hindurch getrieben war« den, hat die Hera^Sgebung nachge. lassener Werke in England, Frank, reich, und besonders in Holland, mic Recht verdächtig gemacht. Staats­ bediente an allen europäischen Höfen, große Generale, königliche Maitressen, weit und breit berühmte Schrift­ steller, kurj, alle diejenigen Personen, deren Unglück es gewollt hat, einen großen Namen zu erhalten, sind ge« nöthigt worden, Paquete von Briefen, und andere Schriften über die ge. A 2 heim-

heimsten und wichtigsten Begebenhei­ ten ihrer Zeit zu hinterlassen, worin­ nen jeder Vorfall, den man nicht be­ reits aus Zeitungsartikeln, oder dem Geschwatze auf Caffeehausern, wußte, so getreulich vorstellet, jeder Charak­ ter mit so genauer Abweichung von der Wahrheit gezeichnet, und Ursachen und Wirkungen, die keinen möglichen Zusammenhang haben, mit so erstaun, licher Unverschämtheit der Welt aufgedrungen werden, daß es kein Wunder ist, wenn verständige Personen, die sowohl des Nutzens als des Zeitvertreibs wegen lesen, solche überhaupt verurthellen, und ihnen niemals, oder doch nur sehr selten, die Ehre erweisen, sie in die Hand zu nehmen. — Gleichwohl befürchtet der Herausgeber gegenwärtiger Briefe nicht im gering, sten, daß irgend ein Theil dieses Vor^ Wurfes ihn treffen könne. Er handelt nicht

nicht mit wunderbaren Zufallen, die den Leser in Erstaunen sehen, noch mit Charakteren,

einen ausgenommen,

welche auf der großen Schaubühne der Welt eine Rolle gespielt haben. Er übergeht mit Fleiß alle Beweise, die man für die Echtheit dieser Briefe anführen, und von dem Charakter des

Mannes hernehmen könnte, der die Originale in Handen gehabt, und solche, mit Elisens Erlaubniß, zu

Bombay in Ostindien, getreulich ab­ geschrieben hat; ferner von dem Zeug­ nisse mancher würdigen Familie in London, welche Elisen gekannt und geliebet, und den seligen Sterne be­

wundert und geehret haben, und de­ nen die zärtliche Freundschaft, die unter beyden obgewaltet, recht gut bekannt gewesen; von verschiedenen, in den Briefen selbst enthaltenen merkwürdigen Anekdoten, deren jede A 3 für

für sich schon ein hinreichender'Beweis seyn würde;— und unterwirst seinen guten Namen dem Geschniacke und der Einsicht des gemeinsten Lesers, welcher mit einem einzigen Blicke übersehen muß, daß diese Briefe echt sind, und keine Möglichkeit da ist, daran zu zweifeln — da die Welt ein unstreitiges Recht zu jeder Art von Erkundigung nach denen Charakteren

hat, welche in diesen Briefen Vorkom­ men, zu solchen Erkundigungen näm­ lich, die mit den Pflichten der Mensch­ heit und eines guten Bürgers bestehen,

das heißt, eine genaue Bekanntschaft mit denen, welche mir Ruhme er­ wähnt werden. Nun hat aber der Herausgeber Belege genug, welche Herrn Sterne's Tadel aufheben, zu

welchen er sich, als ein Mann von ei­ nem warmen Herzen und einer lebhaf­ ten Einbildungskraft, zuweilen viel­ leicht

VH

leicht, ohne gehörige Ueberlegung, hinreißen ließ. Er glaubet auch, daß sich niemand von denen Personen, die es betrifft, durch diese Nachricht be­ leidigt finden wird, besonders wenn man bedenkt, daß ohne diese Nach­ richt die Briefe kalt und langweilig seyn würden; daß man nicht wird glauben wollen, als dachte er ihnen Eins zu versehen, indem er ihr Lob bekanntmacht, und daß er sich selbst einer versäumten Pflicht gegen die Welt schuldig machte, wenn er'S nicht thäte. — Elise, das Frauenzimmer, an welches diese Briefe gerichtet sind, ist Frau Elisabeth Draper, Herrn Da» niel Draper's, Esgr., RakhsgliedeS zu Bombay, und gegenwärtig ersten Vorstehers der Factorey zu Suratta, Ehegattinn, eines Mannes, der in A 4 dem

VIII

dem dortigen Welttheile sehr geehrt

ist. —

Sie ist von Geburt eine Ostindianerinn. Da aber der Um» stand, in dem Lande geboren zu seyn, nicht hinreichke, ihre zarte Gesund» heit gegen die Hitze des dasigen bren­ nenden Himmelsstrichs zu schützen, so kam sie nach England, sich zu erhöh,

len, woselbst sie zufälliger Weise mit Herrn Sterne bekannt wurde. Er

entdecket«! bald in ihr eine Seele, die mit der seinigen so übereinstimmend, so aufgeklärt, so verfeinert und so zärt­ lich wäre, daß ein gegenseitiger Zug

ste den Augenblick zu der innigsten Vereinigung führete, die nur die rein­

ste Sittlichkeit erlaubete.

Er lieb­

te ste, als Freundinn, und war stolz auf sie, als Schülerinn. Alle ihre Angelegenheiten wurden so gleich sei­

ne eigenen; ihre Gesundheit, ihre Glücköumstände, ihre Kinder, ihr guter

guter Namen gehörete» ihm. Sein Vermögen, seine Zeit, sein Vater­ land, stunden zu ihren Diensten, in so weit, als, nach seiner Meynung, das Opfer des einen oder aller zu ih. rer wahren Glückseligkeit etwas bey­ tragen konnte. Wenn man die Frage aufwerfen sollte, ob die glühende Hitze in des Herrn Sterne Zuneigung ihn niemals einen Schwung über die Gränzen der reinen platonischen Liebe habe thun las. sen: so will es der Herausgeber zwar nicht über sich nehmen, solches zu leug. neu: er meynet aber, dieß könne dem Andenken dieses Mannes so wenig nachtheilig seyn, daß es vielleicht selbst seinen größten Lobspruch in sich fasse; weites, ohne Widerrede, selbst einer Seele, welche die gerechtesten Empfindungen von Religion und TuA 5 gend

gend hat, -en edelsten Kampf kostet,' den Samen der Frömmigkeit und Keuschheit im Herzen zu hegen und zu

nähren, wenn es die Leidenschaften so gern verderben möchten.— Der Herr und die Frau James, deren so oft und so rühmlich in diesen Briefen Er­

wähnung geschieht, sind die würdigen Häupter einer sehr reichen Familie hier in London. Ihr Charakter ist zu allgemein bekannt, als daß es der Feder des Herausgebers bedürfte, die

Hochachtung zu befestigen, welche sie

sowohl verdienen und so durchgängig besitzen. Gleichwohl kann er eineAn» merkung nicht unterdrücken; nämlich tast es ein geringes Zeugniß ihrer

Verdienste ist, daß Herr Sterne und Frau Draper sie geehret und geliebek haben; und es ihnen also nicht zuwi­ der seyn kann, wenn solches der Welt

öffentlich bekannt wird. Miß

Miß Light, die jehige Madame

Strqton, ist in aller Betrachtung ein sehr liebenswürdiges junges Frauen­ zimmer. Sie reifete zufälliger Wei­ se auf einem Schiffe mit Elisen, und gewann sehr bald ihre Hochachtung und Frei ndschaft. Da ihrer aber in einem Briefe der Frau Draper an Herrn Srerne in einer Art von Ver­

gleichung mit sich selbst erwähnet wurde, so gerieth seine Parteylichkeit für sie, wie sie es sehr bescheiden ausdrücket, in Feuer, und verleitete ihn zu Ausdrücken, deren Rauhigkeit nicht zu entschuldigen ist. Die Fran Draper versichert, es sey ihm dieses Frauenzimmer völlig unbekannt und

weit über den Begriff erhoben gewe­

sen, den er sich davon gemacht hat. Sie ist kürzlich an Herrn Georg Stratton Esqr., Rathsglied zu Ma­ dras', verheurathet. —

Die

XII

-£>ie Art und Weise,

wie sich

Sterne'S Bekanntschaft mit dem be­ rühmten Lord Bathurst, Addisons, Swifts, Pope'S, Sterlets und aller der besten Köpfe des vorigen Jahr­ hunderts Freunde und Gesellschafter,

anfieng, muß nothwendig die Auf­ merksamkeit des Lesers reizen. Hier

ist dieser große Mann gesellig und un­ gezwungen; frey von allem dem stei­ fen Zwange, einen angenommenen

Charakter zu behaupten, der die mei­ sten seines Ranges der Verachtung vernünftiger Leute, und dem Geläch-

ter der Kammerdiener Preis giebt. Hier erscheint er eben so, als in den Stunden der Freuden und Glückselig­

keit mit Swift und Addison;

über

Ceremonien und Förmlichkeiten hin­ weg, und in seinem fünf und achtzig, sten Jahre voller Wih, Lebhaftigkeit und Gefühl der Menschheit.

Mich dünket,

dünket, das Vergnügen der Bekannt« schast mit einem solchen Manne hat vielAehnlicheS mit dem Umgänge mit Hähern Wesen: doch eö geziemet sich nicht, daß ich mich langer bey diesem angenehmen Gegenstände aufhalte, damit ich dem Leser nicht das Ver« gnügen schwache, welches er bky dem Lesen des Brieses selbst empfinden muß. Indessen kann ich mich doch nicht enthalten, eine Anmerkung zu machen, welche alten Leuten überhaupt nützlich seyn kann: nämlich, aus des Lords Beyspiele erhellet, daß das ei« gensinnige mürrische Wesen, welches insgemein das Alter begleitet, keine so ganz eigenthümliche Wirkung der Jahre ist, ob man es gleich gemei­ niglich damit entschuldiget. Alte Leu­ te würden also wohl thun, wenn sie diese abschreckende Eigenschaft ablege« tcn,. oder eine bessere Entschuldigung dafür erdächten. — ES

XIV

Es ist sehr zu bedauren, baß Eli­ sens Bescheidenheit gegen alle Bemü­

hungen deS Herausgebers, ihre Ant­ worten auf diese Briefe zu erhalten,

unüberwindlich gevesen.*) Ihr Witz, ihr

durchdringender Verstand,

ihr

richtiges Urtheil, und ihre glückliche Briefschreibart,

welche Sterne mit

solchem Entzücken lobet, müßten noth­

wendig den Lesern eine angenehme Un­

terhaltung geben.

Der Herausgeber

konnte sich nicht enthalten, ihr zu sa­ gen: er wollte von Herzen wünschen,

daß sie wirklich die Eitelkeit besäße, die man ihr Schuld gäbe;

antwortete darauf,

und sie

sie wäre so weit

entfernt, sich von Eitelkeit frey zu

halten, *) Nichts desto weniger sind solche nach­ her in London zum Vorscheine gekom­ men; und man hat nicht gezweifelt, daß sie echt waren. Ihre Übersetzung

folget gleich hinter diesen.

halten, daß sie auch so gar mukhmaßete, eben die wäre Schuld, daß sie sich nicht entschließen könnte, ihre Brie­ fe den Augen der Welt vorzulegen; denn obgleich Herr Sterne gegen al­ les, was von ihr hergekommen, par­ teyisch gewesen wäre, so könnte sie doch nicht hoffen, daß die Welt es ebenfalls seyn würde. Mit dieser Ant­ wort mußte ich zufrieden seyn: doch kann ich nicht ohne Betrübniß daran denken, daß ein so schmückendes Ver­ dienst, welches dem so feinen und zar­ ten Verstände des schönen Geschlechts ganz besonders angemessen ist, gleich, wohl immer noch so selten bleibt; daß wir uns nur einer einzigen Lady Wortley Montagu rühmen können; und daß Elise besonders nicht dahin gebracht werden konnte, dem Bey­ spiele dieser bewunderten Dame zu folgen, —

Dee

Der leset wird wahrnehmen, baß

diese Briefe verschiedene Unterschrift ten haben.

Zuweilen unterschreibt er

sich Sterne, zuweilen Porick, und ein Paarmal ihr Brachman. Man

weis zwar ziemlich durchgängig, mo­ dle Brachmanen sind: daeSabereinev oder der andern Leserinn nicht gleich-

beyfallen möchte, so ist eg vielleicht nicht überflüßig, wenn ich anmerke,' daß die Brachmanen der vornehmste Stamm unter den abgöttischen

dianern sind, und daß aus der ersten Classe dieses Stammes die Priester' Herkommen, welche wegen der Skren»

ge so berufen sind, womit sie sich, aus gottesdienstlichem Eiftr, den här» testen Qualen,

und oft dem Tode

bloß stellen. — Sterne wurde, als' rin Geistlicher, von Elisen, als einer gebornenIndianerinn , ost ihrBrachman genannt; und daher kömmt diese

Unterschrift.

Ich

Ich Habe nur noch ein Paar Wor-

te von der Familie zu sagen, welche

mit *** ’6 bezeichnet ist, über welche der vorstorbene Sterne die bitterste Galle seiner Tinte ausgelassen hak.— Schon selbst aus einigen Stellen der

Briefe erhellet es, daß Frau Draper nicht leicht zu bewegen gewesen,

diese Familie in eben dem verhaß. ten lichte, an zu sehen, in welchem

solche ihrem, vielleicht allzu eifrigen, Freunde erschienen. Er konnte, in der Hiße, ober, wie ich lieber sagen

möchte, in dem Aufruhre seiner Lei­ denschaft wohl verdächtige Umstande

als wahre Zeugnisse von Bosheit an­ genommen,

und den Anschwärzun­

gen ihrer Feinde auf eine zu unbe­

hutsame Weise Gehör gegeben haben. Dem sey,

wie ihm wolle.

Da

der Herausgeber nicht mit hinlang,

lichen Zeugnissen versehen ist, sie zu

rechtfertigen,

so will er lieber von

B

einer

einer so unangenehmen Sache weiter nichts sagen, als daß er sehr wun« schet, es möchte diese Familie nicht nur an der ihr zur Last gelegten häß« lichen Verrätherey unschuldig seyn, sondern sich auch im Stande befin» den, ihre Unschuld der Welt klar vor die Augen zu legen; oder, «S möchte niemand sinnreich genug seyn, ihren Namen bekannt zu machen.

Vorbe-

XIK

Vorbericht des Uebersetzers.

U

-ber den Werth von Sternes

Schriften ist man langst und durchgehends einig: auch werden sei« ne Leser und Freunde die charakteri«

stische Züge seines Genies in diesen Vogen nicht verkennen. Man wird sich hier also auf einige kurze Erläu« terungen einschränken. Elise, deren Name hinfort neben Laurens und Eloisens Namen le« den wird, heißt eigentlich Elisabeth Draper, und ist eine geborne In­ dianerinn, die sich in Ostindien an einen Engländer vermählte, in Eng­

land die Wiederherstellung ihrer sehr schwächlichen Gesundheit suchte, und am gutherzigen Aorick den redlich, (len, eifrigsten, zärtlichsten Freund fand, dessen Briefe an Elisen durch B 2 ihre

xx

ihre?lntworten hier contrastirt und er» ganzt werden. Man hat sie jetzo nach

der Ordnung drucken lassen, -wie sie sich auf einander beziehen und wahr­ scheinlicher Weise

worden.

sind geschrieben

Eö würde mit Gewißheit

haben geschehen können, wenn der englische Herausgeber nicht die An-

zeige der Zeiten, Tage und Stunden ihrer Abfassung weggelassen, welche doch Uorick selbst sorgfältig angege. ben zu haben bemerket, der auch Eil­

sen eine solche Ordnung anräth. Sie kann

über

beyder

Schreiben

ein

neues Licht verbreiten und das Leben

derselben nützlicher und angenehmer

machen.

Sterne's Briefe an seine Freunde sind in verschiedenen Zeiten und Launen, wo nicht aus der näm­

lichen Heiterkeit des Geistes, doch immer aus der nämlichen Güte des

Herzens, gestossen.

Der älteste dar. unter.

unter, (XIII.) ward ihm im einsamen Lenzen seines damals noch unbemerkken Lebens, vom Eifer für die Versor­ gung eines Freundes dikrirt, und

erhielte mehr als seinen eigentlichen Zweck, auch für Sterne Aufmerksam­ keit in Beförderung. Dieser Freund hakte eine gegründete Hoffnung auf ein Canonikat, dessen damaliger Be­ sitzer, mit einer reichlichen, lebens­ länglichen Versorgung nicht vergnügt, eö auch seinen Erben noch vermachen, und sichern wollte. — Auch gelang es diesem geistlichen Monopolisten, auö den Ruinen der Hoffnung eines rechtschaffenen, und noch unversorgten Mannes, sich Verachtung und Reue

zu erbeuten. — Denn der Anmuth reichte Sternen einen vonHogarths

Pinseln, und so empfindlich fiel sein Gemählde eines gewissen Trims dem Gegner seines Freundes auf, daß er sich mit dem Entsagen auf seinen An«

V 3

spruch,

XXII

spruch, die Zuflucht zur Vergessenheit erkaufte. Sterne unterdrückte auch die Carrikatur so sang er lebte; konnte fle aber nicht mehr vernichten. Nach seinem Tode erschien und rumorete sie gleich einem warnenden Gespenster und hier wird sie, nicht aus Geschmack für persönliche Sakyren, und noch weni­ ger , aus Genehmigung des Versah, rens ihres Englischen Herausgebers, sondern blos deswegen beybehalten, weil Ein Uebersetzer umsonst ein Ge­ mählde verwerfen würde, das zehen andere.flugs und gierig aufklauben würden, und vornehmlich, weil die Abschilderung eines außer Lands un. bekannten Originals dem allenthal­ ben nur zu zahlreichen Geschlechte der Trims, vielleicht zu einer nützli­ chen Selbsterkenntnis verhelfen kann. Die andern Briefe sind vertrauliche Gespräche mit abwesenden Freunden

den über verschiedene Aussichten, die seiner Phantasie oder Empfindung auffielen, als er seinen einsamen Pfad den Hügel des Lebens hinab, den Schatten der lehten Ruhe entgegen wanderte. Es finden sich ein Paar darunter, die auch in der Sammlung vorkommen, welche nachher des Ver« fassers Tochter, Lydia Sterne de Medalle, von den Briefen an seine vertrautesten Freunde herauögegeben hat. Man war anfänglich Willens, solche allhier wegzulassen. Allein, da sie es für gut befunden hat, solche auch dort mit einzurücken, fb hat man als Ueberseßer sich nicht für berechtiget gehalten, sie von einem Orte wegzu­ nehmen, wo sie zuerst vorgekommen. Sie können wenigstens dienen, auch die Echtheit der andern glaublich zu machen. Ueberhaupt warSterne's ganzes Leben eine empfindsame — zwar zu B 4 kurze

kurze Reise; doch lange genug, ihm unter mehr als Einer Nation und auf mehr als Ein Geschlechtsalter, das zärtlichste Andenken der edelsten Seelen zu sichern. An vergänglichen Glücksgütern arm, — erwies er doch

manchen Hohen und Reichen,

die

größte, dauerhafteste Wohlthat *— er öffnete ihre Herzen der Menschlich« feit. —• Aust) genoß er hier schon den Anfang des herrlichsten, ewigen Lohns der Tugend, den ich allen seinen

würdigen Lesern und Leserinnen — Einer insbesondere—wünsche: Die Seligkeit, zu lieben und geliebt zu seyn.

L..den 22.Sept. 1775. -r- #

Zlorickö

Voricks

Briefwechsel mit

Elisen.

Aoricks und

Elisens

Briefwechsel. Der I. Brief. Vorick an Elisen, life wird hierbey meine Schriften empfangen. Die moralischen Re­ ben strömeten alle heiß aus dem Her­ zen; diesen wünschete ich allen Werth zu geben, damit ich sie dem Ihrigen darbringen könnte. — Die übrigen sind aus dem Kopfe gekommen — wie die ausgenommen werden, das beküm­ mert mich weniger. Wie es zugeht, weis ich nicht, aber ich bin halb verliebt in Sie. — Billig sollte ich es ganz seyn; denn niemals habe ich eine Person Ihres Geschlechts mehr geschahet, oder mehr gute Eigen­ schaften zu schätzen gefunden, oder mehr an

an eine gedacht, als an Sie. Damit Adieu, ich bin Ihr aufrichtigster, wo nicht innigster L. Sterne.

Der II. Brief.

Elise an Porick. Mein Brackman, Otyrc empfindsame Reise habe ich er« halten — Ihre Einbildungskraft hat «ine sonderbare Gewalt — Sie har in meinem Herzen Gefühle erweckt, von denen ich nie wußte, daß ich sie be­ saß — Eie machen mich stolz, eitel, und in meine eigneEmpfindsamkeit ver­ liebt — Ihre rührende Blatter bethauete ich mit Thränen — aber mit Thränen des Vergnügens — Mein Herz floß durch meine Augen — Jedes Theilgen von Iärt«

Zärtlichkeit in meinem ganzen Wesen war erwacht — Sie gebrauchen das sicherste Mittel zur Besserung des Verstands — Eie überzeugen die Vernunft, indem Sie die Seele rühren — Gewiß, der größte Beyfall, den ein Schriftsteller erhalten kann, sind die Seufzer und Thränen seiner Leser —r und diesen aufrichtigen Beyfall gab ich Ihnen reichlich — Hegen Sie einige Achtung für mich, so bitte ich Sie, mir nicht zu schmeichlen — Ich bin ohnehin sthon zu ei­ tel — und das Lob eines verständigen Mannes ist gefährlich. Ich bin, in der vollständigsten Be­ deutung des Worts, Ihre

herzliche Freundinn Elise.

Der

Der III. Brief. Porick an Elisen« O?d> kann nicht ruhen, Elise, bis ich a) weis, wie Sie sich befinden, ob

ich gleich um halb Eins bey Ihnen an­ sprechen soll. — - Möchte doch, wenn Du aufstehst, Dein theures Angesicht lächeln, wie die Sonne an diesem Morgen. Es thut mir herzlich weh, als ich gestern Ihre besorgliche Unpäßlich­ keit erfuhr; und es gieng mir nahe, daß mein Besuch nicht angenommen wurde. Sie sollten bedenken, meine Theure, daß ein Freund eben so viele Rechte hat, als «in Arzt. Die Sitte und Weise hier in der Stadt, sagen Eie vielleicht, lehren das anders. — Schade doch für die Sitte und Weise! Zarte Empfindung und wahre Lebens­ art bestehen nicht eben allemal in der Beobachtung ihrer frostigen Lehren. Ich gehe gleich aus zum Frühstücke, komme aber um eilf Uhr wieder nach Hause; alsdann hoffe ich eine einzige Zeile

lZeile von Deiner Hand zu lesen, daß Du besser bist, und es Dir lieb seyn sott, mich zu sehen, Deinen um 9 Uhr. Brachman.

Der IV. Brief.

Elise an dorick. itlein Brachman,

§^it Vergnügen melde ich Ihnen, daß ich mich besser befinde — weil ich glaube, dieß werde Sie erfreuen. Sje sagen mir, »ein Freund habe »eben das Recht, als ein Arzt." Sie können sich also ein gedoppeltes Recht anmaßen — Sie find mein Freund, und Arzt, der schätzbarste aller Aerzte, der Arzt meines Gemüths — Kommen Sie denn, und bringen Sie mir die beste Herzstarkung, das Cor« dial der Empfindung, mit — Sollte Drin Umgang meine Krankheit auch nicht

nicht ganz heilen, — so werde ich dar,

über sie doch vergehn, — und in Ihrer Gegenwart kein Leiden fühlen.

Eie merken nun, Eie zu sehen ist sowohl der Vortheil als der-Wunsch

Um zehen Uhr. Eliseiss-

Der V. Brief. Porick

an Elisen,

^^einen Brief, Elise, erhielt ich ge« *’*■*' stern Abend, als ich vom Lord

Bathurst nach Hause kam, bey dem ich

zu Mittage gespeiset hatte, und woselbst man mir mit so vielem Vergnügen und

solcher Aufmerksamkeit zuhörete, (denn

ich sprach eine Stunde lang ununter­ brochen von Dir)

daß der gute alte

kord zu dreyen verschiedenen Malen Ihre Gesundheit einsetzete; und so wie er da ist, in seinem fünf und achtzig­ sten Jahre» sagete er, hoffe er noch so

lange zu leben, daß er als ein Freund

bey

bey meiner schönen indianischen Schü­ lerinn eingeführt werde, und zu sehen, wie sie alle andere ostindische Kramer­ fürstinnen eben so sehr an Reichthum

verdunkele, als sie solche bereits an äußerlichen Vorzügen und (was noch weit besser ist) an innerlichen Verdien­ sten übertrifft. Ich hoffe es ebenfalls; dieser alte Herr von Adel ist schon mein vieljähriger Freund.— Er war, wie Sie wissen, beständig ein Beschützer witziger und geistreicher Personen; und hat die aus dem vorigen Jahrhunderte, als Addison, Steele, Pope, Swift, Prior, u. s. w. beständig zu Tischgenos­ sen gehabt. — Die Art und Weise, wie er mit mir Bekanntschaft gemacht, war eben so sonderbar, als fein und höflich. — Er kam, als ich einst bey der Prinzessinn von Wallis zur Auf­ wartung war, auf mich zu, und sagte; „ich möchte gern mit Ihnen bekannt »seyn, Herr Sterner aber, es ist bil»lig, daß Sie wissen, wer der ist, der »dieses Vergnügen wünschet. Sie ha'»ben, C

»Jett, fuhr er fort, von einem alten »Lord Bachurst gehört, von dem Ihr

»Pope und Swift so viel gesungen und »gesagt haben.

Ich habe mein Leben

»mit Geistern- von solcher Art zuge«

»bracht: aber ich habe sie überlebet;

»und da ich die Hoffnung aufgab, je# » mals ihres Gleichen wieder zu finden, »so habe ich schon vor einigen Jahren

»meinen Strich gezogen und meine »Nechnungsbücher geschlossen; ich ha» be nicht geglaubet, daß ich sie jemals »wieder öffnen würde: Sie aber haben »eine Begierde in mir erweckt, noch

»einmal, ehe ich sterbe, ein neues Fo# »lium anzufangen; das thue ich hier,

»mit; und also kommen Sie, und essen »zu Mittage bey mir.« —

Dieser

Lord, sage ich Ihnen, ist ein Wunder­ zeichen; denn in seinem fünfund achtzigsten Jahre hat er allen Witz uud alle Fertigkeit des Geistes eines Mannes

von Dreyßigen. Eine Neigung, ver­ gnügt zu seyn, und ein größeres Ver­ mögen, andern Vergnügen zu machen,

als

als ich jemals

gekannt habe;

dazu

kömmt noch, daß er ein gelehrter, Höf« lieber und gefühlvoller Mann ist.

Er hörte mich mit ungemeiner Au« friedenheit von

Dir sprechen, Elise;

denn es war nur noch eine dritte, und zwar sehr vernünftige Person bey uns. —

Und ich denke, wir Hütten

einen recht empfindsamen Nachmittag bis neun Uhr hingebracht! Aber Du,

Clise, warst der Stern, der unser Ge­ spräch leitete und belebte. — Und wenn ich nicht von Dir sprach, so er­

fülltest Du doch meine Seele, und er« wärmtest jeden Grdanken, den ich vor­

brachte ;

denn

ich

mache mir keine

Schande daraus, es zu gestehen, daß ich Dich sehr vermisse. — Bestes un­ ter allen guten Mägdchen ! Die Leiden, die ich die ganze Nacht über wegen der Deinigen

ausgestanden

habe,

Elise,

kann ich Dir mit Worten nicht beschrei­ ben. —

Es ist gewiß,

der Himmel

verleiht nach Maaßgebung der Last, die

er uns aufleget, die Kräfte,

C 2

Dn bist,

mein

mein gutes Kind,

niedergedrücket,

unter jeder Bürde

welche Sorgen

des

Herzens und Schmerzen des Körpers

einem armen Geschöpfe aufladcn kön» neu; und dennoch sagest Du mir, Du ficngest an, Erleichterung zu fühlen; —

Dein Fieber ist vorüber, Deine Mat­ tigkeit und

der

Schmerz

in Deiner

Seite sind gleichfalls im Abzüge. —

Möchte doch jedes Uebel so abziehen, welches

Elisens

Glückseligkeit

störet,

oder nur auf einen Augenblick Deine Besorgniß erweckt! — Fürchte nichts,

meine Theure! —

Hoffe

so

alles,

wird der Balsam dieser Empfindung auf deine

Dich

eines

Gesundheit

Frühlinges

wirken,

und

von Jugend

und Fröhlichkeit genießen lassen, der­

gleichen Du bis jetzt noch schwerlich gekostet hast Und Du hast also das Portrait Dei­

nes Brachmans über Deinem Schrei­ bepult ausgestellt;

und willst es bey

allen Zweifeln und Verlegenheiten zu

Mathe ziehen.----------- Du dankbares

und

1? und gutes Magdchm!

Aorick lächelt

voller Zufriedenheit zu allem, was Du thust; diesen Beyfall kann sein Bild niemals so völlig ausdrücken!

Dein lieber, kleiner, angenehmer Entwurf und die Eintheilung Deiner Zeit, — wie^ so sehr Deiner würdig t In der That, Elise, Du lässest mir auch nichts übrig, was ich Dir vorschreiben könne; Du lassest mir nichts übrig zu

begehren — zu begehren — als die Fortsetzung eben des Betragens, wel« "ches meine Hochachtung gewonnen, und mich zu Deinem ewigen Freunde gemacht hat. Wenn nur erst, und bald, die Ro« sen auf Deine Wangen und die Rubitun auf Deine Lippen zurückkehren! Aber verlaß Dich auf mein Wort, Cli­ se, Dein Gemahl (wenn er der gute und gefühlvolle Mann ist, wie ich ihn wünsche) wird Dich mit mehr aufrich­ tiger herzlicher Wonne an seine Brust drücken, und Dein armes, blasses und verfallenes Gesicht mit mehr Entzücken C 3

küssen,

küssen, als er es in der besten Blüthe aller Deiner Schönheit $u thun ver­ möchte; — und das muß er, oder ich bedaurc ihn. Er müßte ein sonderba­

res Herz haben, wenn er den Werth eines solchen Geschöpfes Gottes nicht erkennte, als Du bist. Es freuet mich, daß Miß Light mit Ihnen geht. Sie kann Ihnen man­ chen trüben Augenblick ersparen. Es freuet mich, daß Ihre Schiffsgefahrlen freundschaftlich find. Sie am we­ nigsten können mit Wesen durchkom­ men , die das Gegentheil von Ihrer eigenen Natur find, welche edel ist, Elise, und sanft. — Sie könnte Wilde gcfittet machen — Aber ein Jammer wäre es, wenn man Dir den Dienst aufbürdete! Wie kannst Du aber darauf kom­ men, daß Du Deinen letzten Dries entschuldigest? Eben darinnen ist er mir so entzückend, weswegen Sie ihn

entschuldigen. Schreiben Sie mir immer nur solche Briefe, mein liebstes Kind.

is Kind.

Laß sie die ungekünstelte unstu«

Vierte Sprache eines Herzens sprechen,

das sich, unbesorgt um das Wie, einem

Manne öffnet, den Sie hochachten, und

in den Sie Vertrauen setzen müssen. SolchcDriefe, Elise, schreibe ich Dir,— und so würde ich beständig mitDir um­

gehen, ganz ohne alle Kunst, ganz vol­ ler Herz, wenn die Vorsehung erlaube1e, daß Du auf einerley Seite der Erd­ kugel mit mir leben könntest; denn ich

Lin, alles wozu mich Pflicht und Zu­ neigung verbinden, Dein

Lrachman.

♦#•4 *■■*■*■■*

-efr

Der VI. Brief.

Elise an Porick. Gütiger 2?ort vem Thore vorbey kommen, einen Kranz für Sie winden. Sollte ich das Unglücke haben, Sie nicht hier zu sehen, so bitte ich Sie, richten Sie die Sachen so ein, daß wir zu Anfänge des Octobers zusainmen kommen. — Ich werde mich vhngefahr vierzehen Tage lang hier aufhalten, und alsdenn eine günstigere Himmel-« gegend suchen. — Mein verwünschter Husten scheinet überhand zu nehmen, und wird mich, was ich auch dagegen thun kann, zuletzt in's Grab bringen. So lange ich aber noch einige. Kräfte habe, will ich ihm entlaufen. — Seit zwanzig Jahren habe ich mit ihm gerun­ gen; und mit lachendem gutem Muthe noch

ns

norf) perhindert, daß er mich nicht nie« dersiürzte. Nun aber dringt mein Gegner stärker als jemals auf mich ein, und meine einzige noch übrige Zuflucht ist eine andere Reise außer Landes! —# A propos — gefällt auch Ihnen ein sol­ cher Entwurf? — Wo nicht, — so werden Sie mich vielleicht bis nach Dover begleiten, damit wir am Strande mit einander lachen, und den Neptun in eine gute Laune bringen können, ehe ich an Bord gehe. Gott segne Sie — Leben Sie wohl. Loren) Sterne.

Der VI. Brief. 2(n *❖*❖»*♦****

kj>aß Sie umgeworfen worden sind, bedaurete ich sehr: al­ lein, unsere Landstraßen taugen wenig für di« leichte Fuhrwerke, die jetzt Mod« sind.

1(6 sind.

Möchte dieß der letzte Unfall seyn,'

der Ihnen in dieser Weir jemals zu­ stößt!— Allein, dieser Gedanke kostet

mich einen tiefen Seufzer — und ich befürchte, mein Freund, Sie werden

das Leben nicht wohlfeiler durchreisen Viele, vielerlei) sind des­

können. —

sen Abwechselungen; und dem Sterbli­ chen , dem nicht eine große Mannichfal-

tigkeit derselben begegnet, muß das Glück außerordentlich günstig seyn: —

Wiewohl, vielleicht haben wir ihnen eben so viel von unserm Vergnügen, alS von

unserm

Verdruss«,

zu

danken:

Das Thal hat eben sowohl seine anmu«

thige Aussichten, als das Gebirge; und die Abwechselungen des Lebens sind viel­ leicht zur Besserung des Herzens eben so

nothwendig, als die Unebenen der Na­ tur zum Vergnügen des AugS. Höch­ stens sind wir ein kurzsichtiges Geschlech­

te,

das nur Licht genug hat, seinen Weg zu bemerken. — Dieß zu thun, »st unsere Pflicht, und sollte unsere Sorge

seyn: —

Hat ein Mensch dieß gethan,

so

so ist et sicher; an allem Uebrigen ist we­ nig gelegen — Sein Kopf ruhe unter ekncmRasen vderMannoe, Dich ist alles einerley!

•— Ich besuchte, wie gewöhnlich, je­ den Abend meine Ab'tey. —• Unter de» modernde» Trümmern ehemaliger Hoheit gehe ich einsam spatzieren. Fern vom Ge­ tümmel und Lärm einer boshaften Welt, kann ich hier dem Andenken meiner in -ignobilitatis sufpici^n.

neS Darlehen a wovon der Zahlende in dem Gennß und Ertrag feines 21 iW die Zinsen bezieht, das er, wie jedes andere Kapital, an andere wieder verr pein eöriim nominibus cenferi,

Neque ideo

fisei induftria magna criminatione cenfenda est, qui ejusmodi Candidatorum Boni» ex^

crescit.

Nam cui non satius videatur profes-

fo pretio dignitates a Principe molem publi­

cum subeunte proponi, quuin avqris purpuTatonim suffragiis in praedam concedere ? ubi hxc publica licitatio non est, obtriidunt

Regibus Candidatos, quos sibi munere carisli;nos fecerunt, &> quod a Domino impe-

trant, deinde clientibus vendunt; ut nec rheliore fortitu delectos Re/publica accipiat»

nec intersit dorum, qui ad tribunalia subvehi ambiunt, utrum cupiditatem dignita-

tis Principe an fub optimatibus luant; utrum-

quc pari sidere in patrimonii ruinam perturrente. H$c igitur tolerabili instituta consilio,

jam ipso Furore licitantium in pfaeceps abiere qui & mediocris cenfus virfutem excludunt & tota opum mole eos honores redimunt, ^uibus ipli tarn immodicum pretium federe.

-atideltt und flbfretett ttnb darüber, als über fein Eigenthum, schalten und galten kann. Der König und die gans

je Ration wissen, wie viel «in jedes fdlcher verkäuflichen Aemter kosf«; «s ist bei dem ganzen Handel nichts gehe» mes noch verdächtiges;

es hebt die

Übrige Moralitäten und zu dem Amt

Erforderliche Eigenschaften der Tüchtig«

keit nicht just auf und hat neben diesen;

Mein in

dem Charakter dieser Na«

kion und dem zerrütteten Fmanzsystem

des Hofs gewisse,

wenigstens schein«

bare Rechtfertignngsgründe,

die flies

Deutschlands Fürsten und Höfe keines« pegs paffen.

Eben so wenig wird her an man« chen, auch großen Höfen, herkommr

siche Kauf« und Verkauf der Militär« chargen damit bezielet.

Gut ists nies

mals, Fehler der Verfassung ists all«

mal, man mags bemänteln, wie man

will; über in seinen Folgen doch immer am

wenigsten schädlich,

besonders,

wenn der Besitzer solcher Stellen solche ebenfalls um den einverstandenen Preis an einen andern anständig befundenen

Nachfolger wieder verhandeln kann. Die

Rede ist hier

von

derjeni­

gen Gattung Diensthandels, wenn wirkliche Bedienungen in Landeskolle­

gien, in einzelen Departements und Unterabthcilungen, in Ober - und Unter­

ämtern und andern zur Land es Ver­ waltung gehörigen höhern und nie­

dern Stellen um Geld verkauft,

so

verkauft werden, daß unbesehen und ungeprüft, oder doch nur zum Schein

und nicht genug geprüft, des sich An­

meldenden, solchedem, so Geld, und unter mehreren Käufern das meiste

Geld giebt, zu Theil, hingegen die sich

meldende würdigere und verdiente, weil sie kein Geld, oder wenigen,

als

man verlangt, geben wollen oder kön­ nen, abgewiesen, zurnckgedrückt und Hofnungslos vor alle künftige Fälle

lassen werden. Und das sollte in Deutschland ge­

schehen? sollte möglich und wohl gar in einem Land wirklich, allgemein wirk­

lich seyn? —

Leider ist es nur allzu-

wahr und die Halste, wo nicht mehr, von

allen Landesdiensten sind auf

solch unwürdige, schändliche, nieder­ trächtige Weise wirklich verkauft; um

eine halbe Menschengeneration weiter

hin ist es im ganzen Land. Dagegen empört sich nicht nur fei­

neres sittliches Gefühl, sondern der ge­ meinste gesunde Menschenverstand.

Sonst kaufte man mit Gold ge­ schickte und vorzüglich brauchbare Man­

ner auf;

suchte sie inn-und außer

Lands, wie Edelsteine: Menn ein her-

vorstechender Mann dienstlos wurde, waren zkhen Hande, die nach ihm grif­

fen.

Fürsten warben und buhlten um

ihn, und es war Fürstenstolz dec

edelsten rechtmäßigsten Gattung, wer

die aelehrteste, weiseste, berühmteste,

erfahrenste, redlichste Manner in sei­ nem Dienst aufzuweisen hatte und mit einem jungen Nachwuchs gleicher Art prangen konnte.

Man machte, daß

sie r.iit Freuden dienten,

und aus

Siebt vor Herrn und Land auswärtigen

Vortheilen und Anerbietungen entsag­ ten; man wog sie, wenn sie nicht an­ ders zu hatten waren, mit Ehrenzei­

chen,

Verbesserungen und Belohnun­

gen auf und sie legten ihr im Dienst er­

grautes Haupt ruhig aufs Sterbeküs-

sett, weil sie vor ihre Kinder bei glei­

cher Treue gleicher Vergeltung versi­

chert waren. Sonst glaubte man und, zur Ehre des inenschliche« Verstandes,

glaubt

IS Mans im Ganzen noch, daß ein jeder

so ein Amt begehrt, das dazu erforder­ liche wissen, verstehen und,

wie bei

jeder andern menschlichen Kunst und

Handthierung, Zeugniß haben,

erlernt,

und dessen

auch in der mit ihm

an stellenden Prüfung

bestehen müsse,

wenn er nicht auf Besserlernen, oder

gar mit Schmach zurück gewiesen wer, den wolle. Man dispensirte zwar (auch nicht wohl gethan!) bei manchen Hand­ werkern von den Wanderjahren, aber

nicht vom Meisterstück; und wenn Rah­ ner einen Menschen mit einem Besen,

statt Kopfs, mit der Ueberschrift: Wem

Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch Verstand-

in Kupfer ste­

chen ließ, so wars Satyre, womit er

die Nachlaßigkeit der Obrigkeiten geis-

selte.

Man sahe aber doch keinen Für-

Ken, der Wohl und Weh seiner Unter­

thanen so zu sagen im Aufstreick bch Licht und Schelle verkaufte, noch einen

16 Jahrmarkt von Meistbietenden um fw ne» Fürstenthron.

.

Man sahe, wo es schlimmer gieng^

Maitressen eines Fürsten, die hie und da ihren Schutz und Vorwort zu Gunst

eines Unwürdigen verkauften, Mini­

sters , die ein gleiches thaten; davor waren aber jene Huren und diese Schelmen; es war nichts Allgemei­

nes, noch öffentlicher Handel; ward,

wie beim Justizmackel, durch Weiber,

Eekretairs, Kammerdiener und Juden, heimlich betrieben.

Wenn der Mini­

ster fiel, ward diese Spi;büberei, als

eines am Land begangenen Hochvcr-

raths,

in seinem Sündenregister na­

mentlich gedacht, er selbst kriminell dar­

über behandelt und wohl gar zum Wies

derersatz verurthcilt.

Allemal ward in

solchen Fallen der Herr betrogen - aber

Er betrog doch nicht selbst»

i7 Wo's noch schlimmer ward, theilte der Fürst mit seinem Minister in btt

Stille, und dieser paßirtc im Land vor einen Schurken;

der .Herr blieb aber

doch noch bei Ehren, und wer nichts geben konnte oder mochte, bekam zwar weniger,

langsamer und spater,

er

konnte es dann aber doch ehender er­ warten und erhielte zulezt durch War­

ten und, wie beim ungerechten Richter im Evangelium, um seines unverschämten Geilens willen, durch eine dem Herrn

oder Minister angenehme Empfehlung, durch eine kleine ;u guter Stunde bewie­ sene Attention und Dienstgefalligkeit daS

gleichwohl umsonst, was andere durch

Geld erschnellt und erzwungen hatten. Wo es dann aber vollends ganz schlimm wird, da muß Maitresse und

Minister, wenn auch beide an der Beu­

te Theil nehmen möchten, zurückstehm B

und der Drensihandel wird

zum

Kabinetsregal erhöht, dessen Ein­ künfte allein in die Chatoulle des Für­

sten stießen müssen» Kein Fürst,

schlimmste wäre,

wenn

er auch der

kann sich bei bösen

und schlechten Handlungen gleich an­

fangs aller innern Empfindungen und Vorwürfe so entkleiden, die Beschä­ mung vor sich selbst so abschütteln

und abstreifen,

daß er freien, frechen

Muths das selbst gleich thun mochte, dessen entehrende Nidrigkeit er in sich

selbst zu fühlen sich nicht verwehren kann.

Er sieht sich also zuerst um ei­

nen oder etliche um, denen er sein Ge­

heimniß, ohne vor ihnen zu erröthen, anvertrauen, denen er, ohne Weige­ rung oder wohl gar ohne eine zu besorzende Buß- und Strafpredigt eine sol­

che Zumuthung thun kann «nd leider l

darf er in solchem Fall gemeiniglich

-st ei­

nen findet, der den Mann todtkauft; oder bis dieser feinem Wildschützen zu­ vor kommt,

und vor seinen eigenen

Sohn oder Schwiegersohn,

wenn er

Kinder hak, mit dem FürEen in Han­

del tritt, um wenigstens unter seinem

Dache nnvertrieben sterben zu können.

Ist er aber Kinderlos, so mag er sich immer gefaßt halten, Pilgnm m fei­ nem eigenen Vaterlands zu werden.

Wie es bei einer solchen Diener­

schaft in den Landeskollegien aussehen und hergehen müsse,

laßt sich abstra-

hiren nnd gedenken; es ist aber vor den

D

wirklichen Anblick noch -immer zu we­

nig.

So lang als die Alte noch leben

und diese noch existiren, noch reden und

handeln dürfen, so Haltsichs wohl noch, wie die Stützen und Strebpfcilcr den Umsturz eines in sich morschen Gebäu­

des aushalten.

Wenn aber endlich so

einer nach dem andern sich hinlegt und stirbt, wenn die Säulen, so noch ge­ tragen, eine nach der andern abgängig werden, wie wirds da nur um so schnel­

ler und schrecklicher zusammen stürzen! Welche Bastartart von Dienern und

Rathen wird ein solch unglückseliges Land zu gewarten haben!

Um das Unheil ganz und seine Aus-. breitung schneller und allgemeiner zu

machen, fehlt alsdann nichts, als daß

die Häupter eines Kolleg« selbst ein­ gekaufte Leute seyen.

Diese müssen

der Ehre, die erste Sklaven ihres Herrn

zu seyn, mit zweifacher Unterwerfung

5t sich würdig machen und ihr Hals­

band zu verdienen, lassen sie es auch an keiner erfordernden Probe fehlen» Mit Korporalsstolz tyrannisiren und

mishandcln sie jeden, der nur die Mine von Widerspruch an sich blicken läßt/

überschreien die bescheidene Stimme det klagenden Unschuld, stolziren auf den

langen Arm dessen, bei dem Gewalt

immer auch Recht ist, sind Derlaumdet und

Verrather aller braven ehrlichen

Leute und, anstatt die Freiheit ihres gleichwohl immer überfchrienen Stimm­ rechts wenigstens zu dulden, sind sie

die erste,

sie bei dem Fürsten anzu­

schwärzen und unglücklich zu machen, wenn es anders Unglück genennt wer­

den kann, um Wahrheit und einer gu­ ten Sache willen zu leiden und aus ei­

nem Sklavendienst befreiet zu werden»

So wie aber jedes Laster seine ihm

eigene Strafe mit sich führt, so wird

auch der Fürst vor seinen gewissenlosen unpolitischen Diensthandel bestraft und

erfahrt solches bei seinen Kollegien am ersten.

Das Interesse seines Hauses,

seine Regalien

und Hoheiten,

seine

Territorialgerechtsame inner Lands und

Leine Rechte gegen Ausländer werden von seinen Miethlingen,

theils aus

Unwissenheit und Faulheit, theils auS

»orsetzlichem Betrug vernachlaßigt, ver-

kürzt und an andere wieder verhandelt. Der klügere Nachbar weiß,

daß ers

entweder nut Ignoranten oder mit Bc-

trügcrn zu thun hat, reißt also entwe­ der gewaltthätig an sich, was ihm be­

liebt, oder erhalts mit Bestechungen. Kommts am Eure auch zur Klage an einem Reichsgericht, so weiß der Aus­

länder schon zum voraus, wie wenig er von einem aus eingekauften Miethlin­ gen bestehenden Kollegio zu befürchten

habe?

5?

Ob ein Herr von seinen Handlungen und Betragen in seinem Regenten- und

Privatleben Ehre oder Schande habe? ist all solcher Kaufräthe mindester

Kummer und Sorge und wenn die Abentheuer noch so groß und die Un­

ternehmungen noch so landverderblich wären; wie sollten Leute dieses Schlags dazu kommen, wie sich je so weit auS

ihrem Staub erheben können, um ih­ rem Herrn Wahrheit, stark gesagte,

tief clndringende Wahrheit zu sagen?

So bekommt der mit Riesenkräften alles unter sein eisernes Joch beugende

Despotismus durch die Folgen des Diensthandels gewonnen Spiel.

Bei

einemManne, der sich selbst zumKnecht

verkauft hat, ists mit Mannsmuth

ohnehin vorbei;

es halt schwer,

ihn

noch bei denen zu finden, in welchen doch noch nicht alles Gefühl von Frei­ heit und Menschenwerth erloschen ist.

54

Nun darf der Fürst verlangen, befeh­ len, zumuthen, was und so viel er will, vor Widerspruch und Widerstand

seiner eingekauften Diener ist er allemal gesichert«

Der in sich selbst schlechte,

der faule, unwissende,

unbrauchbare

ist froh, zu allem Ja sagen zu können, Hamit nur seine Untüchtigkeit nicht zur Sprache komme und ihn ein Strahl des Despoten plötzlich zernichte;

der ans

Noth seinen Dienst gekauft und doch

noch Empfindung vor Recht und Pflicht in sich hat, den macht die Furcht ver,

stummen, um nicht durch Widerspruch

zwifach unglücklich zu werden; er thut

Wissentlich Unrecht und klagts wohl gar im stillen Gott, seufzt über sich selbst und über seinen Fürsten; welchem bei

Heiden eins ist, ob er was oder nichts

versteht? ob einer ein ganz oder halb ehrlicher Mann ist, wie

der

horcht.

andere

wenn nur einer blindlings

gw

SS In einer solchen Verfassung ist nur derjenige vor seine Person und die Ruhe

seines Lebens noch der glücklichste, der den wenigsten Menschenstnn, das stum­

pfeste Gefühl vor Recht und Sittlich­

keit, die dickste Haut über seine ganze Seele hat, der, mit einem Wort, in,

Gesinnung und Betragen ein Neger

ist. Der Mann von Sentiment, der hoch­ herzige, von Patriotismus und Men­ schenrechten warme Mann wird, wenn

er halbwcg kann,

aus einem solchen

Lande fliehen; und auch damit ist

dem Despoten gedient.

Je weniger

tapfere Leute er in seinem Lande,

je

mehr Schmeichler und Sklaven er hat,

je lieber ists ihm. Kann jener nicht gehen, so wird er, kn sein stilles Verdienst eingehüllt, der

Tage der Erlösung

mit Gcdnlt und

Hoffnung erwarten,

hie und da auch

wohl einmal ein guter Mensch versochen und verschmachten, wie eine schöne

dem steten Sonnenbrand, ohne erfri­

schendem Regen,

ausgesezte

Blume

hinwelkt.

Gerechtigkeit ist die Grundsaule der Staaten,

der höchste Ruhm und

beste Seegen

eines Landes.

Unter

welch schmcligem Bild stellt sich deren

Verwaltung von einem Haufen ein ge­ tan ft er Diener dar.

Viele von ih­

nen wissen nicht einmal rechts und linkö

voneinander zu unterscheiden, begehen aus Unwissenheit Ungerechtigkeit, die

sie in der Folge aus tummen Stolz, zu Beschönigung ihrer Ignoranz, trotzig

behaupten und so eine mit der andern Häuffen,

und beschimpfen durch ihre

Handlungen ihr ganzes Vaterland vor dem Ausland, das nach geraden und gewöhnlichen Schlüssen von den Obrig­

keiten auf die Untergebene und Unter-

thanen schließt und dem Genius eines ganzen Volks Hohn spricht.

Andere glauben durch ihr bezahltes Geld sich zugleich Gemächlichkeit und

gute Tage erkauft zu haben.

Wenn sie

auch nicht verletzlich das Recht beugen, so verschleppen und verzögern sie doch

solches; nur schwer kann man bei ihnen Gehör,

noch langsamer die Entschei­

dung seiner Klagen finden.

Darüber

leidet nicht selten Handel und Wandel

ganzer Provinzen, aller Credit vor die

gute sowohl als schlechte Unterthanen geht inner und außer Lands verlohren, weil jeder weiß, daß im Fall der Klage

kein Recht und obrigkeitliche Hülfe an­ ders als langsam, ungewiß und mit

kostbarem Aufwand zu erhalten ist. Noch schlimmer ist's, wenn die Justitz

nicht nur verzögert wird, sondern nicht

anders als durch Bestechungen und, was eben so verdammlich ist,

durch

««nöthige

geflißentliche

Vervielfälti­

gung der gerichtlichen Handlungen zu erhalten ist, um nur mehrere Sporteln

und andere Nebenvortheile dadurch zu erbeuten.

Daher gar bald der allge­

meine Glaube:

daß nur der seiner

Sache gewiß seyn kann, ders am läng­

sten aushalten und am meisten zu zah­ len vermag;

daher bis in die unterste

Klaffe hinaus Bedrück - und Uebervor-

theilung des Stärkern gegen den Schwa, chern,

daher Vergiftung der Sitten

durch das böse Verspiel der Vorgesezten, Hang zur Chrkane uud Betrug,

endlich Vertilgung

aller Redlichkeit,

des edelsten Wahrzeichens eines guten und glücklichen Volkes. Die Obrigkeiten selbst vom Fürsten

an bis zum lezten Beamten im Lande verliehren dabei in natürlicher Folge

alles Vertrauen der Unterthanen. Vom Bürger in der Stadt an bis zum

Dauer des lezken und ärmsten Dorf­ gens sind immer hundert gegen Einen,

welche darauf leben und sterben, daß alles, was der Fürst und seine Diener

thun, blos auf ihren eigenen Nutzen,

auf Täuschung, Plage, Amtshandlung,

Geldschneiderei, Verarmung und Ver­ derben der Unterthanen angesehen seye;

sie glauben deswegen auch denen auf wahres Landes-Beste sprechenden Ver­ ordnungen und Anstalten entweder gar

nicht oder mit unauslöschbarem heim­ lichem Verdachte, und anstatt sich mit Zuversicht an ihre Obrigkeit, wie Kin­

der an ihre Eltern, su wenden, Schutz, Beistand und Hülfe von ihnen zu ge­

y-artigen, fliehen sie vor ihren Peini­

gern und sind froh, von diesen Blut­ igeln nicht bemerket und angesaugt zu y-erden, leiden lieber in der Stille und

wenn ein Amtsvorgesezter dieser Gat­

tung stirbt, so ists eine eben so laute Freude, als wenn ein Wolf, so der

6» Schrecke« der Gegend war, endlich er­

schlagen worden. Nehmen wir nun den Fall, daß ein

solcher

eingekauftcr

Rath

als

Kommissarius befehligt wird, die an­

gebrachte Klagen gegen einen ebenfalls eingekauften

untersuchen,

Landbeamten

zu

wenn dieser Bedrückun­

gen, Bestechungen, Unterschleife, Geld­ schneidereien rc. unläugbar überwiesen wird und dann in vier Wanden mit

Thränen im Auge zitternd dem Kommiffario ins Angesicht sagen muß: Ich hatte fromme Eltern, eine gute Erzie­

hung, war ein gewissenhafter ehrlicher Mann, als ich mein Amt antrat, der

Fürst hat mich aber zum Schel­

men gemacht; ich habe, um beim Dienst zu bleiben, um einen andern ab-

zutreiben, 5000 Gulden zur Chatoulle zahlen müssen,

ich hatte sie nicht»

mußte das Geld dazu borgen, die Jin-

61 feit drückten mich hark, noch weniger wußte ich, wovon ich je das Kapital heimbezahlen sollte; sehen Sie da meine

gute Frau, meine liebe sechs Kinder an,

die mir täglich mehr ins Brod

wachsen,

ich konnte Hon der Stunde

an keinen Tag mehr ohne Thränen;n Bett gehen, nicht ohne Thränen auf­

stehen ; bin hundertmal in der Versu­

chung gewesen, mir selbst ein Leid anzuthun, um der innern Qual meines

Herzens nur ein End zu machen; daS

Mitleiden der Meinigen, um sie nicht auch noch durch meinen Tod zu be­

schimpfen, da ich sie durch mein Leben schon unglücklich genug gemacht, hat

mich immer wieder abgehalten; ich bin

ehrlich geblieben, so lang ich konnte,

so lang ichs nur noch zu erschwingen mochte,

die Zinsen von dem Blut­

geld aufzutreiben; in die Lange wollts aber nicht gehen; ich wünschte tausend­

mal dem Fürsten den Tod, allein er

lebt noch, der Mörder meiner Ruhe;

vergeben Sie diesen Ausdruck einem,

der mit Verzweiflung ringt;

ich fing

dann an Geschenke zu nehmen und,

weil unsere Leute nicht daran gewöhnt

sind, sie zu fordern.

Das schickte aber

wenig; ich griff Wayfen t und Deposi­

tengelder an, in Hoffnung, sie wieder erstatten zu können, und erröthete vor

mir

seyn.

selbst,

ein Dieb geworden

zu

Um das Gestohlne zu ersetzen,

fing ich an,

das Recht zu beugen;

ich nahm endlich von beedcn Parthien; der Seegen war aber einmal von mir

gewichen, cs fruchtete alles nichts, ich fiel endlich noch tiefer und wie es wei­ ter gegangen

und warum Sre hier

sind, wissen Sie selbst.

ne keine Gnade,

Ich verdie­

denn ich habe mit

Wissen und Willen gesündigt3 ich habe mein Gewissen übertäubt,

das mich

hundertmal aufforderte, lieber alles zu

verkaufen und nut. dem Stab in der.

6Z Hand zum Land hinauszugehen,

um

nur ein ehrlicher Mann zu bleiben; ich «ar zu zaghaft und, da ich Gott nicht

vertraut, geschieht mir nun Recht, in

der Menschenhände zu fallen. — Aber ist keine Erbarmung vor meine durch

mich unglücklich gewordene Frau und Kinder?

Ich weiß, daß bei dem Für,

sten keine Gnade zn hoffen ist und er nur den Ausgang meiner Untersuchung

abwartek, um meinen Dienst noch um theurer Geld, als er mir abgenommen,

an einen andern verkaufen zu köne

nen; —

Gott wird ihn davor fin­

den!— aber Sie, mein Herr, können

mein Schicksal mildern, wenn Sie mir

alles nehmen, was ich habe und nur um meiner armen Kinder und frommen

Weibes willen meines ehrlichen Na­

mens schonen, mich nicht so unglück­

lich machen, um nicht noch anderswo Brod finden zu können.

Horen Cie auf, schreit der mit die­

sen Dolchstichen durch und durch ges

bohrte, rch kann nicht mehr! auch Vater,

Mann,

Ich bin

war auch ei» ehrlicher

hab mich auch zum Schels

men gedient,

bin kein Haar besser,

dann Sie, unglücklicher Mann, unl»

muß nun Ihr Richter seyn. Doch Gott ist barmherzig, er hat mich nicht ums sonst hergeschickt;

lieber mein Lebtag

betteln, als mir auf mein schon genug beschwertes Gewissen neuen Fluch zu sammeln, um einen Mann zu Boden

z« treten, der so sehr rin besseres Schicks

fäl verdiente. Ich b,n nickt reich, aber

doch noch reicher als Sie; meiner Fran Heurathsgut ist hin, um meinen Dienst damit zu erkaufen; ich habe aber noch Credit und noch einen Vater und Oheim zu erben; ick schieße Ihnen so viel vor,

«m alle die zu befriedigen und zu ent;

schädigen, die über Sie geklagt haben.

Bis solches geschehen, werde ich mit

Erstattung meines Kommißionsberichts inne halten, fordern Sie nun unver­

züglich Ihren Abschied vom Fürsten und

vor alles übrige lassen Sie mich sorgen. Meine Frau hat, um ihr eingebrachteS

und vor den unglückseligen Dienst hin­

gegebenes nicht zu verliehren, mich im# mer aufgchalten, zu qnittiren; ich reise

morgen nach Haus und fordere gleich­ falls meinen Abschied, den ich erhalten und weder Frau noch Vater noch Freun­

de mich abhalten lassen werde, zu flie­

hen,

so weit ich nur fliehen kann.

Fluchen Sie aber nicht dem Fürsten; ec ist schon gestraft und unglücklich genug,

da er sich selbst so viele Verschuldungen, so viele Seufzer und Thränen auf sein

Haupt gesammelt hat und lassen Sir

uns nicht an Gott verzagen, der uns vergeben und retten und vor uns sor­ gen wird.

e,

66 Wellte Gott!

daß dieses Schrek-

kensblld nur ein Traumgcsicht wäre!

Eie leben aber beide/ mehr Unglückliche,

die nun nicht

können beide mit

Namen genennt werden und wie viele sind noch, die unter gleichem Jammer

ihrer Seele seufzen und — vielleicht mit Schrecken zur Grube fahren werden. Die Justitz ist's aber nicht allein,

die mit den Pestbeulen dieser Seuche behaftet ist;

in andern Theilen der

Staatsverwaltung geht es nicht besser.

Die Anweisungen auf die Kassen zn

geben, Rechnungen zu durchsehen und zu attestiren haben,

endlich der das

-Geld selbst auszuzahlen hat,

rühren

weder Hand noch Fuß, bis sie buch.stäblich geschmiert werden; der ge­

wöhnliche Geldmangel bei den fürstli­ chen Kassen ist eine eben so wahre als

scheinbare Entschuldigung.

Der besol-

67 bete Diener, der Kaufmann, der Künst­ ler und Handwerksmann, bis auf den Hünerlieferanten und Holzschneider hin­

aus, müssen sich diesen Tribut gefallen

lassen und diese betrügen und bestehlen sodann wieder,

jeder in seiner Art,

vom Fürsten an,

das ihm eigene Pu-

-ltkum.

Da ist im ganzen Land kein Acker, Wiese noch Bach,

kein Grän; - noch

Feldstein, kein Recht, kein Zehenden,

Hut noch Wayde vor diesen Geyern sicher; kaum darf sich einer ein zwei­

deutiges Wort darüber verlauten las­ sen, so werden Prozeße gemacht, wo

keine sind, Kommißionen angeordnet, Augenscheine eingenommen, und unter

dem Vorwand, künftigen Streitigkei­

ten vorzubeugen, erneuert, neue

alte Dokumenten

Lagerbüchcr umgeschrieben,

Vermessungen

Zunftartikel revidirt,

vorgenommen,

und was -er

ißtoofiii Rubriken mehrere find, alles auf Kosten des gemeinen Wesens, oder

derer, so unbehutsam genug gewesen, da­ zu auch nur die entfernteste Gelegenheit zu geben; der privilegirten und durch

mißbrauchte und mißdeutete Landesge­

setze und Ordnungen gedeckten Geldschneidereien der Kameraldicnerschaft nicht crnmal zu gedenken; und eben so wenig zu detailliren, wie greulich ein Herr, der Kameraldienste verkauft, bei Erhebung seiner eigenen Gefalle,

bei

Verpachtungen aller Gattung, bei sei­

nem Bauwesen, bei andern Finanzope­ rationen »nd Einrichtungen und zulezt

durch die beim Absterben eines solchen

Dieners sich entdeckende unzählbar blei­

bende Kassenreste betrogen und hinter­ listet wird.

Der Forstbediente, der seinen

Dienst erkaufen müssen,

hats unter

allen fast am gemächlichsten, daS Spiel seiner Ungerechtigkeit zu treiben, weil

der gestohlene Baum nicht reden und das heimlich verkaufte Wildprct nicht

gegen ihn zeugen kann.

Doch dieß ist

nicht nur das geringste, sondern unter

den Forstsünden noch die seltenste. Aber seitdem die Fürsten auf ihre eigen­

thümliche Waldungen hie und da so

losgehaußt haben, als ob der jüngste Tag vor der Thür wäre und daher auf die

Privat- und

Gemeinwaldungen

mehr gesehen und die forstliche hohe

Obrigkeit über sie immer mehr ausgcdehnet wird, so darf nun kein Eigen­

thümer einen Stamm-Hol; mehr fallen, ohne sich erst vom Forstmeister an bis Zum Forstknecht abzufinden.

Gedruckte und geschriebene Verord­ nungen ohne Zahl sollen die Güter dcrUnterthanen vor Wildschaden sicher stellen,

und in manchem deutschen Land haben

sie diese so natürliche Regentcnpflicht, das so heilige Recht des Eigenthums,

7° noch mit besondern außerordentlichen

Bewilligungen ranzioniren müßen. Da

ist aber nun jedes Schweln eine Leib­ rente vor but Ober- und Untcrforsier.

Erst muß der Bauer mit Dcrsaumniß seiner Arbeit Stunden weit laufen, um

zu klagen; kommt er mit leerer Hand,

so wird ec angefthuurrt und abgcwiesen, er kommt zum zweitenmal, bringt But­

ter, Eyer, Hüner, was just das Haus vermag, nun bekommt der Untcrjager

Befehl, zu schießen;

dieser legt den

Befehl hin, bis ihm der Bauer ein

Zuchtschweinchen versprochen oder etli­ che Würste in die Küche gebracht und

nun wird derJagerpursch beordert, sich

vom Bauern das corptis delicti andeu­ ten zu lassen und auch dieser Schuft

steht die Sau nicht eher, bis ihm die Augen versilbert werden. Heute bemerkt der Forstmeister bei einem Spazierritt,

daß der Bauern

Vieh in einem der ganzen Gemeine zu, sichenden Wald guten Waidgang hat, morgen laßt er, und noch dazu auf der Gemeine Kosten, den Wald verhangen, Warnungszeichcn aufstecken, welche so lang stehen bleiben, bis sich der Schulz als Worthalter der Gemeine unter vier Augen mit ihm abgcfundcn hat. Dieß nur zur Probe. Denn wel­ ches Papier würbe groß genug seyn, um das ganze lange Register der auS dem Dicufthandcl durch alle Klassen des Dicnsts sich verbreitenden Hcillosigr leiten zu fassen. Will man bei diesen eben so wahren' als traurigen Schilderungen einwcnden: daß eben diese Gebrechen, Miß­ brauche und Schelmereien auch in sol­ chen Landen gefunden werden, wo an gar keinen Dicnstverkauf gedacht wird, so ist betrübt genug, daß man cingester hcn muß, daß in allen Landen, selbst

fcett. besten Verfassungen, noch Schelm men und Schurken zu finden seyen; es

bewcißt aber vors Ganze gerade so viel: als wenn man ein Kloster, aus wel­

chem sich eine Nonne entführen lassen,

mit einem Bördel in Vergleichung stz-

zen wollte. Das Publikum ist immer so einsthcnd und so gerecht, einzele, obgleich so gar häufige Vergehungen einzeler

Diener nicht auf die Rechnung des Fürsten, des Landesherrn und der gan­

zen Verfassung zu setzen.

In einem

Land aber, wo der Diensthandel ringe, rissen und allgemein geworden, ist nicht

nur der Fürst vor der Welt mit der Schmach bedeckt, die er verdient, weil

er sich selbst entehrt und seiner Würde vergessen hat, sondern das ganze Land

muß es entgelten;

es wird geflohen,

wie man inficirtc Orte meidet.

Kein

rechtlicher Mensch mag sich da anbauen

und niederlassen, weil keine Berechtig,

kcit drinnen wohnet; cs zieht vielmehr

aus einem solchen Land fort, wer nur kann, und dessen Gränzen, ja Inner,

sies lauft voll Werber und Mißionarien,

um den Unglücklichen das bessere Land zu nennen, wo sie einen Fürsten finden,

der Vater und Beschützer seiner Unter, thanen ist und wo sie vor charakterisier tcn Straßenrändern gesichert leben.

Will man aber sogar zugeben, daß unter solchen cingekauften Dienern sich doch immer auch noch solche vermuthen

lassen, die blos durch den Strohm all,

gemein gewordener Verdcrbniß, durch Familienverbindungen, durch den Be, trieb ihrer Eltern dazu verleitet wor,

den, denen es aber weder an Fähigkeit ten noch gutem Willen vor das gemeine Beste mangelt, die den erlittenen Ver,

lust des Dicnstkaufschillings bei einem übrigens noch guten Vermögensstantz

gerne verschmerzen

und denen keine

schlechte Handlung je nachgesagt wer­ den kann, so ist hinwiederum wahr,

daß diese Gattung Menschen bei sehr rüeitem die geringste und solche eben so

selten seyen, als der großmüthige Räu­ ber.

Gegen einen von diesem Schlag

stehen immer sechs, die ihn so lang

überstimmen, überschreien und chikaniren, bis er endlich entweder geht oder (welches der gewöhnliche Fall ist) er?

ntüdet, schweigt und das Wasser lau­ fen laßt, wie es will.

Wie es nach all diesen Folgen um Flor eines Landes, um Familrenwohl-

stand, um Kinderzucht,

um eheliche

und haußliche Glückseligkeit aussehe, und was vollends erst von der anwach­

senden Nachwelt erwartet werden müs­ se, liegt ganz nahe dabei.

Wie lassen sich in einem solchen ?tmd glänzende Thaten, wohlthätige

Rathschläge,

Fürschritte in Wissen­

schaften und Künsten/ Emporbrmgung

Handels 'und Wandels, Verbesserung

des allgemeinen Wohl- und Nahrungs­

stands erwarten, da alle Belohnungen von Patriotismus und Verdiensten unt

das Vaterland aufhören, alle Vorzüge

und Ehrenstellen nur an dem einen Fa­ den hangen: ob sie bezahlt und ausge­

wogen werden können?

Edle, durch

Vaterlandsliebe und Eifer um da's ge­ meine Veste sich aüszeichnende,

von

rechtmäßiger Ruhmbegierde zu hoher Thätigkeit belebte Menschen sind über­

all selten, in einem solchen Land «bey

sind sie vollends isolirt, weil sie un­ möglich mit der übrigen großen Kette

von Sklaven zusammenhangen,

an

Menschen, die sie innig verachten, sich

nicht anschließen können; sie sind sich selbst, wie eine tugendhafte Frau, die

durch einen unvermeidlichen Zufall sich sn einem Zirkel vvn Huren befinden

muß.

Wie viel ein Land blos durch

diesen Stillstand von Talenten und ge­ hemmten Umlauf von

Geisteskräften

verliere/ fühlt es selbst; aber nur sei­

ne glücklichere Nachbarn wissen diesen Verlust ju benutzen und zu berechnen. Die den Wissenschaften gewidmete

Jünglinge wohlhabender Eltern wer­

den bei Zeiten inne, daß nicht Ver­

dienst,

Fleiß und Rechtschaffenheit,

sondern nur Geld, das sie haben, den

Weg zu den Ehrenstellen des Staats bahne; dieß wird die erste Keime des

edlen Triebs nach Ehre und Ruhm in ihnen todten; anstatt den Wissenschaf­

ten obzulicgen, werden sie den Ergötz-

lichkeiten nachhangcn und höchstens so viel zu erlernen suchen, um nicht ganz als ein Idiot zu erscheinen.

So wird

er von Universitäten zurück kehren, die Zwischenzeit, anstatt sich mchrers ausjubilden, in Müßiggang zubringen.

und alle Bemühung nur darauf richten, um vor einen übertheuern Preis ein sei­ ner Unwissenheit und Trägheit anpaf­

fendes Amt zu erhaschen. Alle gute Köpfe von geringem Ver­ mögen, alle Sühne armer Eltern wer­

den sich je länger je mehr dem undank­

baren Dienst der Wissenschaften entzie­

hen, die moralische Krüppel und Stock­ fische werden dem Land bleiben und gut

genug zu künftigen Vätern des Vater­ landes seyn sollen.

Daß die Familien der gesammten Dienerschaft und diejenige, so um deS

Dicnsts willen und auf ihren Dienst

heiralhcn, in einem Land, worin der Diensihandel herrscht,

allmälig nach

der Reihe zu Grund gerichtet werden, versteht sich von selbst.

Hat ein solcher Vater Kinder, be­ sonders Töchter, so ist bei der besten,

sorgfältigsten Erziehung, ohne ein auf# serordentUch großes Vermögen, an de­

ren Versorgung (wie man rn manchem Land das Verhnrathen nennt) nicht zu gedenken,

weil er bei keinem einzeln

Krnd mit so vielem Geld aufkommen

kann, als der sich anmeldende Jüng­ ling zu der Chatouillcsteuer des Fürsten

verlangt und bedarf» Hak er aber wenig Kinder und Ver­

wögen, so dürfen seine Töchter noch sa

schlecht erzogen seyn,

wenn sie nur

Geld haben, werden sie immer Man­ ner finden.

Dieß ist aber alsdann zu­

gleich die reiche Quelle der unglückse­ ligsten Ehen,

weil der junge Mann

Nicht nach der Neigung seines,

viel­

leicht vor eine würdigere aber arme Jungfrau schlagenden Herzens, son­

dern nur nach Geld wählen können Der geheime Unmuts) bricht früh genug

m lautes Mißvergnügen aus)

der

Disharmonie der Gemächer und dem

.bösen Beispiel der Eltern erfolgt die elendeste Kinderzucht, und aus beidcm

Unglück auf ganze Generationen.

Findet sich aber auch hie und da noch eine erträgliche Verbindung, und

sie wird früh getrennt, welche Seufzer und Angst, welche Gewissensmarteru verursacht alsdann dem an den Rand

der Ewigkeit hinwankenden Mann der

Gedanke, daß er sein und der seiniqen Vermögen unbedachtsam um ein Amt aufgeopferk, dadurch eine ganze Fami­

lie, seine gute Frau, seine unschuldige

Kinder arm, elend, hülsios gemacht

'und ihnen Jammer auf ihr ganzes Erdenleben zubereitet habe.

SSßirb die Verbindung nicht früh ge­

trennt, so behalt freilich der Eingekaufr te die Wahl: ob er das durch den nie­

derträchtigen Diettstkauf sich selbst eingcbrennte Schandmal durch gute Hand-

8o

laugen wieder wegbeizen — oder, wie andere,

ein ganzer Schurk werden

wolle?

Im ersten Fall bleibt sein hingege­ benes Geld allemal verfahren, Weils unmöglich ist, es wieder zu gewinnen. Sem Amt gewahrt ihm und den Sei-

nrgen ganz buchstäblich nur Unterhalt, Wahrung und Kleider,

wie sie jeder

anderer Taglöhner durch seinen Tag­

lohn verdient.

Will er seines Amts

mit treuer Beobachtung seiner Pflich­

ten warten, durch Nebenverrichtungen nichts in seinen eigentlichen Dienst ver­

säumen, als ein rechtschaffener Mann handeln, sich nicht bestechen lassen, kei­ ne andere Nebenwege gehen rc. so kann

er schlechterdings, besonders wenn er

Kinder zu erziehen hak, nichts zurück­

legen,

stirbt also früh oder spat arm

und hinterläßt eine beklagenswürdige Familie, kann, wenn er will, die Fra«

8i ins Spital und die Kinder ins Way-

senhaus vermachen und doch den Trost

nicht mit ins Grab nehmen: ob er wer­

de erhöret werden? Wird aber im andern Fall der Ein­

gekaufte ein Schurke, stiehlt und be­

trügt, wo und wie er kann, so kann er

wohl nicht nur seines ausgelegten Gel­ des wieder habhaft werden, noch mehr dazu erbeuten.

aber nur Mannes nach,

den Wegen

mit

sondern

Man spüre

eines solchen

unverwandten

Blicken

so wird man finden, wie der

Fluch vor seiner Thüre rnhk, wie bei allem Geizen und Scharren es immer

wieder wie Wasser zerrinnt und dem reich geglaubten Mann zulczt von sei­

nen eigenen Erben die Schlüssel aufs Grab gelegt werden. Bleibt dann aber auch den Kindern derzusammengescharr-

tt Haufen, so merke man, wie unter §

Sr ihren Handen nichts davon gedeihet

und wie sie jedem Unfall des Menschen­ lebens/ von elterlichem Unsegen noch gedrückt, unterliegen.

Wenn nun dieses Uebel so wahr und groß i|t und dessen Folgen so schrecklich

sind, sollten dann zu dessen Steurung und Ausrottung nicht auch noch ergie­

bige Hülfsmittel übrig seyn? Ist doch

kein physisches oder politisches Uebel so groß, dem nicht noch zu rathen wäre!

Das erste und nächste würde freilich

eine herzliche eindringende Vorstellung an den Regenten seyn, wodurch ihm

das Unwürdige und Erniedrigende dec Handlung und deren schädliche Folgen vor ihn selbst, vor seinen Dienst und

Land anschaulich und überzeugend dar­ gestellt würden.

Welch ein Mann

von Minister müßte es aber seyn, der dieses Geschäft eines Kabinetspro,

ph et en übernähme? und welch «inen

8;

Herrn fezt es voraus, von dem sich der erfreuliche Leider!

Eindruck

erwarten

gemeiniglich leider!

ließe?

hat ein

Herr, der solcher Handlungen fähig ist,

schon vorhinein einen Mann zum Mi­ nister gewählt, von dem er dergleichen

Bußpredigten nicht zu besorgen hat,

dem er vielmehr mit Gegenvorwürfen

begegnen und ihn dadurch zum baldi­ gen Stillschweigen bringen kann. Wenn ers dann aber auch wagt, wenn auch

ein ganzes Geheimerathskollegium ge­

samter Hand seine Stimme erhebt, so

spricht die Stimme des Eigennutzes nut um so stärker, Fürstenstvlz und Recht­

haberei empört sich gegen wohlgemein­ ten Rath, der als Hofmeistern ausge­ deutet wird und, um zu sagen, wio eS leider ist:

schämt,

Ein Herr,

der sich nicht

Böses zu thun,

schämt sich

auch nicht mehr, Wenns ihm vorgehal-

ten wird.

Eben so verhält fichs mit der Stim­ me des Volks, wenn solche auch noch

so laut in die Ohren des Fürsten schallte. Die Zeiten sind vorbei, wo solche Für­

sten nach dem Urtheil der ehrbaren Welk noch was fragten.

Wo in einem Land Landstände

sind, muß er sichs freilich gefallen las­

sen, wenn ihm diese vor die Stirne hin­ schreiben :

Schämen sich

Durchlaucht,

Ew.

Ihre eigene Diener zn

Schelmen zu machen.

aber

doch

Der Fürst kennt

unglücklicherweise

seine

Leute,

weis, daß unter diesen selbst Unreine

sind und die ärgste Schreier oft just die grösie; er legt ihre Vorstellung zu an­ deren Makulatur, thut diesem und je­

nem unter ihnen eine kleine Gefällig­

keit , grebt ihren Söhnen und Schwie­ gersöhnen unentgeltlich einen Dienst, so ist damit all seiner Sünden Menge be­

deckt und wenn die Klagen auch wie-

verholt werden, bas Papier ist geduld

big, der Fürst weis, woran er ist und

die Sachen bleiben, wie sie sind.

Wenn auch der äußerste Fall untere stellt werden dürfte, der Fall einer Kla­ ge an den höchsten Reichsgerichten, der noch dazu nur da, wo Laudstände sind, statt finden kann,

darüber fangt

inan so wenig einen Prozeß an, so we­

nig man um der Ratte», Mäuse und

Wanzen willen ein ganzes Haus züfammcnreißt.

Würde aber diese Klage

ir.it vielen andern größer» und kleinern

verbunden, so ists ein Konsistorialpro-

zeß zwischen Mann und Frau, wo dem Theil, so Unrecht hat, eine scharfe Pre­

digt gehalten wird,

sie doch beisammen.

übrigens bleiben Ja,

wenn der

Kaiser einen solchen Peiniger und Ver­ führer seines Volks, euren solchen seine

Fürstcnwürde selbst entehrenden Mann,

tinfperren lassen konnte,

wie Könitz

86

Friderich Wilhelm eS

einigemal

den ungezogenen Prinzen seines Hauses

gethan; wenn er einen solchen Tibenus

eine Zeitlang, auf eine Insel Kaprea zum Nachdenken über sich selbst setzen

könnte, dann wars noch was werth,

Prozeß gegen ihn zu führen, aber — Wie aber nun,

wenn ein solcher

Fürst, der ewigen Vorstellungen müde,

endlich die Abstellungen dieses schandlir

chen Misbrauchs selbst verspricht und dadurch seinem Volk das Recht giebt, rhn in wiedc.tommenden Fällen an seine

Zusage zu erinnern?

Bauer, wäre!

Ja, wenn er ein

wenn er ein ehrlicher Mann

Ein Fürst, fähig dergleichen zu

thun, verspricht, wenn er muß und

halt dann, wenn und so viel er will; sein erstes

Versprechen ist schon eia

Meyneid, weil er nicht die aufrichtige

Gesinnung hat, es jemalen zu halten.

Vergebens wird die Hemmung oder gänzliche

Abstellung

dieses

schweren

Uebels von einem solchen Fürsten, es

scye in Güte oder durch Zwang, wartet

werden.

durch

gerad

Die

er­

Rettung muß

entgegenwirkende

Mittel geschehen. Wenn einem Kapitel und Stift ein mit seiner Ahnenprobe nicht bestehender,

obgleich sonst ehrlicher unbescholtener Mann, aufgedrungen werden wollte, würde nicht Zettergefchrei dureh ganz

Deutschland erhoben werden?

AHenn

ein Offizier, der. einen Flecken an sei­ ner Ehre hat, einem Regiment aufge­

drungen werden wollte, muß er sich nicht mit allen seinen Kameraden so lang herum schlagen, bis er entweder auf dem Platz bleibt, oder wieder sei­ nes Wegs geht?

Warum machens

Kollegia mit einem solchen Ehrlosen, der seinen Dienst erkauft hat,

nicht

SS eben so? Wenn einem Kollegia ein sol­

cher cingekaufter Chef vorgestellt wird, warum nehmen nicht alle Räthe den

Hut untern Arm, gehen zur Thüre hin­

aus und lassen den beschämten Schur­

ken stehen? Warum sitzen sie neben ei­ nem Menschen, der in den Augen recht­ schaffener Leute sich infam gemacht hat, ehe er noch die Schwelle der Rathstube betreten?

Warum erklären sie nicht

gesamter Hand, ehender nicht zn votircn, bis das räudige Schaf hinausge-

worftn feye und bitten ihren Präsiden­

ten , diese gemeinschaftliche Gesinnung und Entschluß vor den Fürsten zu brin­

gen?

Wenn alle Kollegia diesem er­

sten Beispiel nachfolgten, den Fürsten möchte ich sehen, der Mauerfest genug

wäre,

einen solchen Angriff auszu­

halten. Doch, daß Gott erbarm! wir sind

keine Römer noch Britten, wir sind

nur Deutsche,

Christen heißen wir

zwar auch und haben in der Jugend

das Sprüchelchen gelernt:

kaß dich

nicht das Böse überwinden,

sondern

überwinde das Böse mit Gutem —es

find aber auch unter uns —

große

Bärnheuter. Da solchemnach auch dieses nicht zu

hoffen ist, wenigstens noch keine Bei­ spiele eines solchen dem Strom deS Verderbens entgegen tretenden gemein­

schaftlichen Muths bekannt sind,

so

bleibt nur noch ein Mittel übrig, viel­ leicht das einige,

das hilft:

Wenn

nemlich der Landes-Nachfolger eines

solchen gewissenlosen Fürsten, er heiße nun Sohn, Bruder, Vetter, Agnatrc.

auf eine angemessene, aber in das Pu­ blikum des ganzen Landes laut spre­ chende weise die Erklärung bekannt ma­ chen ließe: daß alle diejenige, welche

sich iu ihre Dienste cingekaust, bei einet

Regierungsveränderung ohne -Ansehen

Her Person, ohne Ausnahme und ohne Barmherzigkeit, kaßirt, zu allen künf­

tigen

Landesdicnstrn unfähig erklärt

und damit andere Herren und ihre Lande

nicht mit ihnen betrogen werden, ihre Namen als Treu - und Ehrvergessener,

durch öffentliche Zeitungen bekannt ge­ macht werden sollten. Da man sich vor den Drohungen

der Fürsten zuweilen so wenig fürchtet, als wenig man ihren Versprechungen

traut, so würdens auf dieses hin noch immer wieder andere von neuem wagen,

sich damit trösten: wer weis, wer den andern überlebt? darauf rechnen, daß der künftige Fürst auch seine schwache

Seite, wobei man ihn fassen könne,

auch wieder Leute um sich haben werde, durch deren Vorsprache und Schutz man

durchschlupfen oder doch nach einiger

Zeit wieder werde angenommen werden.

-r Wenn also eine solche Bekanntmachung geschähe, müßte dieser Herr seine eige­

ne Fürstenehre auf eine so feierliche und verbindliche Weise dabei verpflichten,

die ihn vor allen Vorbitten und Zumuthungen eben so sicher stellte,

als

den Herzog-Regent in Frankreich, da

er den Grafen von Horn wegen eines Zweikampfs rädern ließe und seine ei­

gene Frau Mutter enthärte, weil er lieber seinen leiblichen Sohn vor seinen

Augen sterben fthen,

als die Gesetze

verachtet und entweiht wissen wollte.

Wie aber nun, wenn die Seuche so allgemein um sich gegriffen hatte, daß

die Dienste des halben Landes mit sol­

chen Eingekauften besezt waren,

man

wird doch nicht das halbe Land mit eins abdanken? nicht so viele Fami­

lien entehren und unglücklich machen wollen? wo wird man gleich die Leute zu Wiederbesetzung so vieler Stellen

H2 herbekommen? Warum nicht?

Wenn

die Pest in «in Land gekommen, ists freilich ein Unglück,

wenn so viele

Menschen sterben und alle ihre Kleider, oft sogar die Hauser verbrennt und

zerstört werden müssen, davor ists Pest und nicht nur Schnuppen.

Da muß

ganz neuer Grund und Boden gelegt und das Beispiel bis zum Glauben ei­ ner

neuen

Möglichkeit

ausgerottet

werden.

Und was die Besetzung der ledigen Aemter betriff, — nur um so besser vor die Rechtschaffene, die indessen in der

Stille geharrt, geseufzt und geschmach­

tet haben.

Diesen gilt alsdann, was

jener Mann von seiner sterbenden bösen

Frau gesagt:

Wenn du erstickst, so

krieg ich Luft.

Aber unter der Menge unglücklich wcrdknder ist doch auch ein Unterschied,

find doch auch einige minder schuldige, die durch ein solch hartes Verfahren

zwifach gestraft würden, nicht nur ihr

Amt, sondern auch ihr und ihrer Kin­

der Vermögen vcrlöhren.

Bei diesen

würde billige Milderung statt finden und könnte ihnen,

suchten Umstanden,

nach wohl unter­

ihr ausgelegtes

Blutgcld aus der Mobiliar- und Allo-

dialverlassenschaft des verstorbenen Für­

sten ersezt werden.

Die andern möch­

ten nach Amerika gehen oder Knechte

bei Bauren werden, denn zu Knech­ ten schicken sie sich doch am besten. Die Mackler des Fürsten, die sich

zu dem schändlichen Handel gebrauchen lassen und wohl gar dazu angeboten

und

cingcschmeichelt haben,

müßten

aber das dem Land gegebene Aergerniß noch mit einer

öffentlichen Leihes­

strafe büßen, zehen Jahre lang, wie

Hofkammrrrath von Bolz« in Men

im Dreckkarren ziehen und dieser

Anwartschaft auch schon jetzo ver­ ständigt werden.

Hilft auch dieses nichts, so erbar­ me sich Gott unmittelbar eines solchen unglücklichen Landes.

Sage nicht, der du dieses alles lie­ sest: das ist Carrikatur! das Gemähl­ de, wenn auch einige Züge wahr sind,

ist übertrieben; so einen Fürsten, ein Land,

solche

Menschen,

so

solche

Dummköpfe oder eingemachte Schurken giebts nicht in Deutschland. mit, schaue und weine:

Komm

Es ist das

Bild von Deinem bedaurenswürdigen Vaterland!