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German Pages 154 [304] Year 2022
Lor. Sterne's, oder
Yoricks
Briefwechsel mit
Elisen und seinen übrigen Freunden.
Leipzig, bey Weidmanns Erben und Reich. 177s
Vorrede
des Herausgebers der sternischen oder Aoricks Briefe an Elisen, as unredliche und schändliche Gewerbe untergewinnsüchtigen Buchhändlern und nichtswürdigen Bücherschmierern, welches über ein Jahrhundert hindurch getrieben war« den, hat die Hera^Sgebung nachge. lassener Werke in England, Frank, reich, und besonders in Holland, mic Recht verdächtig gemacht. Staats bediente an allen europäischen Höfen, große Generale, königliche Maitressen, weit und breit berühmte Schrift steller, kurj, alle diejenigen Personen, deren Unglück es gewollt hat, einen großen Namen zu erhalten, sind ge« nöthigt worden, Paquete von Briefen, und andere Schriften über die ge. A 2 heim-
heimsten und wichtigsten Begebenhei ten ihrer Zeit zu hinterlassen, worin nen jeder Vorfall, den man nicht be reits aus Zeitungsartikeln, oder dem Geschwatze auf Caffeehausern, wußte, so getreulich vorstellet, jeder Charak ter mit so genauer Abweichung von der Wahrheit gezeichnet, und Ursachen und Wirkungen, die keinen möglichen Zusammenhang haben, mit so erstaun, licher Unverschämtheit der Welt aufgedrungen werden, daß es kein Wunder ist, wenn verständige Personen, die sowohl des Nutzens als des Zeitvertreibs wegen lesen, solche überhaupt verurthellen, und ihnen niemals, oder doch nur sehr selten, die Ehre erweisen, sie in die Hand zu nehmen. — Gleichwohl befürchtet der Herausgeber gegenwärtiger Briefe nicht im gering, sten, daß irgend ein Theil dieses Vor^ Wurfes ihn treffen könne. Er handelt nicht
nicht mit wunderbaren Zufallen, die den Leser in Erstaunen sehen, noch mit Charakteren,
einen ausgenommen,
welche auf der großen Schaubühne der Welt eine Rolle gespielt haben. Er übergeht mit Fleiß alle Beweise, die man für die Echtheit dieser Briefe anführen, und von dem Charakter des
Mannes hernehmen könnte, der die Originale in Handen gehabt, und solche, mit Elisens Erlaubniß, zu
Bombay in Ostindien, getreulich ab geschrieben hat; ferner von dem Zeug nisse mancher würdigen Familie in London, welche Elisen gekannt und geliebet, und den seligen Sterne be
wundert und geehret haben, und de nen die zärtliche Freundschaft, die unter beyden obgewaltet, recht gut bekannt gewesen; von verschiedenen, in den Briefen selbst enthaltenen merkwürdigen Anekdoten, deren jede A 3 für
für sich schon ein hinreichender'Beweis seyn würde;— und unterwirst seinen guten Namen dem Geschniacke und der Einsicht des gemeinsten Lesers, welcher mit einem einzigen Blicke übersehen muß, daß diese Briefe echt sind, und keine Möglichkeit da ist, daran zu zweifeln — da die Welt ein unstreitiges Recht zu jeder Art von Erkundigung nach denen Charakteren
hat, welche in diesen Briefen Vorkom men, zu solchen Erkundigungen näm lich, die mit den Pflichten der Mensch heit und eines guten Bürgers bestehen,
das heißt, eine genaue Bekanntschaft mit denen, welche mir Ruhme er wähnt werden. Nun hat aber der Herausgeber Belege genug, welche Herrn Sterne's Tadel aufheben, zu
welchen er sich, als ein Mann von ei nem warmen Herzen und einer lebhaf ten Einbildungskraft, zuweilen viel leicht
VH
leicht, ohne gehörige Ueberlegung, hinreißen ließ. Er glaubet auch, daß sich niemand von denen Personen, die es betrifft, durch diese Nachricht be leidigt finden wird, besonders wenn man bedenkt, daß ohne diese Nach richt die Briefe kalt und langweilig seyn würden; daß man nicht wird glauben wollen, als dachte er ihnen Eins zu versehen, indem er ihr Lob bekanntmacht, und daß er sich selbst einer versäumten Pflicht gegen die Welt schuldig machte, wenn er'S nicht thäte. — Elise, das Frauenzimmer, an welches diese Briefe gerichtet sind, ist Frau Elisabeth Draper, Herrn Da» niel Draper's, Esgr., RakhsgliedeS zu Bombay, und gegenwärtig ersten Vorstehers der Factorey zu Suratta, Ehegattinn, eines Mannes, der in A 4 dem
VIII
dem dortigen Welttheile sehr geehrt
ist. —
Sie ist von Geburt eine Ostindianerinn. Da aber der Um» stand, in dem Lande geboren zu seyn, nicht hinreichke, ihre zarte Gesund» heit gegen die Hitze des dasigen bren nenden Himmelsstrichs zu schützen, so kam sie nach England, sich zu erhöh,
len, woselbst sie zufälliger Weise mit Herrn Sterne bekannt wurde. Er
entdecket«! bald in ihr eine Seele, die mit der seinigen so übereinstimmend, so aufgeklärt, so verfeinert und so zärt lich wäre, daß ein gegenseitiger Zug
ste den Augenblick zu der innigsten Vereinigung führete, die nur die rein
ste Sittlichkeit erlaubete.
Er lieb
te ste, als Freundinn, und war stolz auf sie, als Schülerinn. Alle ihre Angelegenheiten wurden so gleich sei
ne eigenen; ihre Gesundheit, ihre Glücköumstände, ihre Kinder, ihr guter
guter Namen gehörete» ihm. Sein Vermögen, seine Zeit, sein Vater land, stunden zu ihren Diensten, in so weit, als, nach seiner Meynung, das Opfer des einen oder aller zu ih. rer wahren Glückseligkeit etwas bey tragen konnte. Wenn man die Frage aufwerfen sollte, ob die glühende Hitze in des Herrn Sterne Zuneigung ihn niemals einen Schwung über die Gränzen der reinen platonischen Liebe habe thun las. sen: so will es der Herausgeber zwar nicht über sich nehmen, solches zu leug. neu: er meynet aber, dieß könne dem Andenken dieses Mannes so wenig nachtheilig seyn, daß es vielleicht selbst seinen größten Lobspruch in sich fasse; weites, ohne Widerrede, selbst einer Seele, welche die gerechtesten Empfindungen von Religion und TuA 5 gend
gend hat, -en edelsten Kampf kostet,' den Samen der Frömmigkeit und Keuschheit im Herzen zu hegen und zu
nähren, wenn es die Leidenschaften so gern verderben möchten.— Der Herr und die Frau James, deren so oft und so rühmlich in diesen Briefen Er
wähnung geschieht, sind die würdigen Häupter einer sehr reichen Familie hier in London. Ihr Charakter ist zu allgemein bekannt, als daß es der Feder des Herausgebers bedürfte, die
Hochachtung zu befestigen, welche sie
sowohl verdienen und so durchgängig besitzen. Gleichwohl kann er eineAn» merkung nicht unterdrücken; nämlich tast es ein geringes Zeugniß ihrer
Verdienste ist, daß Herr Sterne und Frau Draper sie geehret und geliebek haben; und es ihnen also nicht zuwi der seyn kann, wenn solches der Welt
öffentlich bekannt wird. Miß
Miß Light, die jehige Madame
Strqton, ist in aller Betrachtung ein sehr liebenswürdiges junges Frauen zimmer. Sie reifete zufälliger Wei se auf einem Schiffe mit Elisen, und gewann sehr bald ihre Hochachtung und Frei ndschaft. Da ihrer aber in einem Briefe der Frau Draper an Herrn Srerne in einer Art von Ver
gleichung mit sich selbst erwähnet wurde, so gerieth seine Parteylichkeit für sie, wie sie es sehr bescheiden ausdrücket, in Feuer, und verleitete ihn zu Ausdrücken, deren Rauhigkeit nicht zu entschuldigen ist. Die Fran Draper versichert, es sey ihm dieses Frauenzimmer völlig unbekannt und
weit über den Begriff erhoben gewe
sen, den er sich davon gemacht hat. Sie ist kürzlich an Herrn Georg Stratton Esqr., Rathsglied zu Ma dras', verheurathet. —
Die
XII
-£>ie Art und Weise,
wie sich
Sterne'S Bekanntschaft mit dem be rühmten Lord Bathurst, Addisons, Swifts, Pope'S, Sterlets und aller der besten Köpfe des vorigen Jahr hunderts Freunde und Gesellschafter,
anfieng, muß nothwendig die Auf merksamkeit des Lesers reizen. Hier
ist dieser große Mann gesellig und un gezwungen; frey von allem dem stei fen Zwange, einen angenommenen
Charakter zu behaupten, der die mei sten seines Ranges der Verachtung vernünftiger Leute, und dem Geläch-
ter der Kammerdiener Preis giebt. Hier erscheint er eben so, als in den Stunden der Freuden und Glückselig
keit mit Swift und Addison;
über
Ceremonien und Förmlichkeiten hin weg, und in seinem fünf und achtzig, sten Jahre voller Wih, Lebhaftigkeit und Gefühl der Menschheit.
Mich dünket,
dünket, das Vergnügen der Bekannt« schast mit einem solchen Manne hat vielAehnlicheS mit dem Umgänge mit Hähern Wesen: doch eö geziemet sich nicht, daß ich mich langer bey diesem angenehmen Gegenstände aufhalte, damit ich dem Leser nicht das Ver« gnügen schwache, welches er bky dem Lesen des Brieses selbst empfinden muß. Indessen kann ich mich doch nicht enthalten, eine Anmerkung zu machen, welche alten Leuten überhaupt nützlich seyn kann: nämlich, aus des Lords Beyspiele erhellet, daß das ei« gensinnige mürrische Wesen, welches insgemein das Alter begleitet, keine so ganz eigenthümliche Wirkung der Jahre ist, ob man es gleich gemei niglich damit entschuldiget. Alte Leu te würden also wohl thun, wenn sie diese abschreckende Eigenschaft ablege« tcn,. oder eine bessere Entschuldigung dafür erdächten. — ES
XIV
Es ist sehr zu bedauren, baß Eli sens Bescheidenheit gegen alle Bemü
hungen deS Herausgebers, ihre Ant worten auf diese Briefe zu erhalten,
unüberwindlich gevesen.*) Ihr Witz, ihr
durchdringender Verstand,
ihr
richtiges Urtheil, und ihre glückliche Briefschreibart,
welche Sterne mit
solchem Entzücken lobet, müßten noth
wendig den Lesern eine angenehme Un
terhaltung geben.
Der Herausgeber
konnte sich nicht enthalten, ihr zu sa gen: er wollte von Herzen wünschen,
daß sie wirklich die Eitelkeit besäße, die man ihr Schuld gäbe;
antwortete darauf,
und sie
sie wäre so weit
entfernt, sich von Eitelkeit frey zu
halten, *) Nichts desto weniger sind solche nach her in London zum Vorscheine gekom men; und man hat nicht gezweifelt, daß sie echt waren. Ihre Übersetzung
folget gleich hinter diesen.
halten, daß sie auch so gar mukhmaßete, eben die wäre Schuld, daß sie sich nicht entschließen könnte, ihre Brie fe den Augen der Welt vorzulegen; denn obgleich Herr Sterne gegen al les, was von ihr hergekommen, par teyisch gewesen wäre, so könnte sie doch nicht hoffen, daß die Welt es ebenfalls seyn würde. Mit dieser Ant wort mußte ich zufrieden seyn: doch kann ich nicht ohne Betrübniß daran denken, daß ein so schmückendes Ver dienst, welches dem so feinen und zar ten Verstände des schönen Geschlechts ganz besonders angemessen ist, gleich, wohl immer noch so selten bleibt; daß wir uns nur einer einzigen Lady Wortley Montagu rühmen können; und daß Elise besonders nicht dahin gebracht werden konnte, dem Bey spiele dieser bewunderten Dame zu folgen, —
Dee
Der leset wird wahrnehmen, baß
diese Briefe verschiedene Unterschrift ten haben.
Zuweilen unterschreibt er
sich Sterne, zuweilen Porick, und ein Paarmal ihr Brachman. Man
weis zwar ziemlich durchgängig, mo dle Brachmanen sind: daeSabereinev oder der andern Leserinn nicht gleich-
beyfallen möchte, so ist eg vielleicht nicht überflüßig, wenn ich anmerke,' daß die Brachmanen der vornehmste Stamm unter den abgöttischen
dianern sind, und daß aus der ersten Classe dieses Stammes die Priester' Herkommen, welche wegen der Skren»
ge so berufen sind, womit sie sich, aus gottesdienstlichem Eiftr, den här» testen Qualen,
und oft dem Tode
bloß stellen. — Sterne wurde, als' rin Geistlicher, von Elisen, als einer gebornenIndianerinn , ost ihrBrachman genannt; und daher kömmt diese
Unterschrift.
Ich
Ich Habe nur noch ein Paar Wor-
te von der Familie zu sagen, welche
mit *** ’6 bezeichnet ist, über welche der vorstorbene Sterne die bitterste Galle seiner Tinte ausgelassen hak.— Schon selbst aus einigen Stellen der
Briefe erhellet es, daß Frau Draper nicht leicht zu bewegen gewesen,
diese Familie in eben dem verhaß. ten lichte, an zu sehen, in welchem
solche ihrem, vielleicht allzu eifrigen, Freunde erschienen. Er konnte, in der Hiße, ober, wie ich lieber sagen
möchte, in dem Aufruhre seiner Lei denschaft wohl verdächtige Umstande
als wahre Zeugnisse von Bosheit an genommen,
und den Anschwärzun
gen ihrer Feinde auf eine zu unbe
hutsame Weise Gehör gegeben haben. Dem sey,
wie ihm wolle.
Da
der Herausgeber nicht mit hinlang,
lichen Zeugnissen versehen ist, sie zu
rechtfertigen,
so will er lieber von
B
einer
einer so unangenehmen Sache weiter nichts sagen, als daß er sehr wun« schet, es möchte diese Familie nicht nur an der ihr zur Last gelegten häß« lichen Verrätherey unschuldig seyn, sondern sich auch im Stande befin» den, ihre Unschuld der Welt klar vor die Augen zu legen; oder, «S möchte niemand sinnreich genug seyn, ihren Namen bekannt zu machen.
Vorbe-
XIK
Vorbericht des Uebersetzers.
U
-ber den Werth von Sternes
Schriften ist man langst und durchgehends einig: auch werden sei« ne Leser und Freunde die charakteri«
stische Züge seines Genies in diesen Vogen nicht verkennen. Man wird sich hier also auf einige kurze Erläu« terungen einschränken. Elise, deren Name hinfort neben Laurens und Eloisens Namen le« den wird, heißt eigentlich Elisabeth Draper, und ist eine geborne In dianerinn, die sich in Ostindien an einen Engländer vermählte, in Eng
land die Wiederherstellung ihrer sehr schwächlichen Gesundheit suchte, und am gutherzigen Aorick den redlich, (len, eifrigsten, zärtlichsten Freund fand, dessen Briefe an Elisen durch B 2 ihre
xx
ihre?lntworten hier contrastirt und er» ganzt werden. Man hat sie jetzo nach
der Ordnung drucken lassen, -wie sie sich auf einander beziehen und wahr scheinlicher Weise
worden.
sind geschrieben
Eö würde mit Gewißheit
haben geschehen können, wenn der englische Herausgeber nicht die An-
zeige der Zeiten, Tage und Stunden ihrer Abfassung weggelassen, welche doch Uorick selbst sorgfältig angege. ben zu haben bemerket, der auch Eil
sen eine solche Ordnung anräth. Sie kann
über
beyder
Schreiben
ein
neues Licht verbreiten und das Leben
derselben nützlicher und angenehmer
machen.
Sterne's Briefe an seine Freunde sind in verschiedenen Zeiten und Launen, wo nicht aus der näm
lichen Heiterkeit des Geistes, doch immer aus der nämlichen Güte des
Herzens, gestossen.
Der älteste dar. unter.
unter, (XIII.) ward ihm im einsamen Lenzen seines damals noch unbemerkken Lebens, vom Eifer für die Versor gung eines Freundes dikrirt, und
erhielte mehr als seinen eigentlichen Zweck, auch für Sterne Aufmerksam keit in Beförderung. Dieser Freund hakte eine gegründete Hoffnung auf ein Canonikat, dessen damaliger Be sitzer, mit einer reichlichen, lebens länglichen Versorgung nicht vergnügt, eö auch seinen Erben noch vermachen, und sichern wollte. — Auch gelang es diesem geistlichen Monopolisten, auö den Ruinen der Hoffnung eines rechtschaffenen, und noch unversorgten Mannes, sich Verachtung und Reue
zu erbeuten. — Denn der Anmuth reichte Sternen einen vonHogarths
Pinseln, und so empfindlich fiel sein Gemählde eines gewissen Trims dem Gegner seines Freundes auf, daß er sich mit dem Entsagen auf seinen An«
V 3
spruch,
XXII
spruch, die Zuflucht zur Vergessenheit erkaufte. Sterne unterdrückte auch die Carrikatur so sang er lebte; konnte fle aber nicht mehr vernichten. Nach seinem Tode erschien und rumorete sie gleich einem warnenden Gespenster und hier wird sie, nicht aus Geschmack für persönliche Sakyren, und noch weni ger , aus Genehmigung des Versah, rens ihres Englischen Herausgebers, sondern blos deswegen beybehalten, weil Ein Uebersetzer umsonst ein Ge mählde verwerfen würde, das zehen andere.flugs und gierig aufklauben würden, und vornehmlich, weil die Abschilderung eines außer Lands un. bekannten Originals dem allenthal ben nur zu zahlreichen Geschlechte der Trims, vielleicht zu einer nützli chen Selbsterkenntnis verhelfen kann. Die andern Briefe sind vertrauliche Gespräche mit abwesenden Freunden
den über verschiedene Aussichten, die seiner Phantasie oder Empfindung auffielen, als er seinen einsamen Pfad den Hügel des Lebens hinab, den Schatten der lehten Ruhe entgegen wanderte. Es finden sich ein Paar darunter, die auch in der Sammlung vorkommen, welche nachher des Ver« fassers Tochter, Lydia Sterne de Medalle, von den Briefen an seine vertrautesten Freunde herauögegeben hat. Man war anfänglich Willens, solche allhier wegzulassen. Allein, da sie es für gut befunden hat, solche auch dort mit einzurücken, fb hat man als Ueberseßer sich nicht für berechtiget gehalten, sie von einem Orte wegzu nehmen, wo sie zuerst vorgekommen. Sie können wenigstens dienen, auch die Echtheit der andern glaublich zu machen. Ueberhaupt warSterne's ganzes Leben eine empfindsame — zwar zu B 4 kurze
kurze Reise; doch lange genug, ihm unter mehr als Einer Nation und auf mehr als Ein Geschlechtsalter, das zärtlichste Andenken der edelsten Seelen zu sichern. An vergänglichen Glücksgütern arm, — erwies er doch
manchen Hohen und Reichen,
die
größte, dauerhafteste Wohlthat *— er öffnete ihre Herzen der Menschlich« feit. —• Aust) genoß er hier schon den Anfang des herrlichsten, ewigen Lohns der Tugend, den ich allen seinen
würdigen Lesern und Leserinnen — Einer insbesondere—wünsche: Die Seligkeit, zu lieben und geliebt zu seyn.
L..den 22.Sept. 1775. -r- #
Zlorickö
Voricks
Briefwechsel mit
Elisen.
Aoricks und
Elisens
Briefwechsel. Der I. Brief. Vorick an Elisen, life wird hierbey meine Schriften empfangen. Die moralischen Re ben strömeten alle heiß aus dem Her zen; diesen wünschete ich allen Werth zu geben, damit ich sie dem Ihrigen darbringen könnte. — Die übrigen sind aus dem Kopfe gekommen — wie die ausgenommen werden, das beküm mert mich weniger. Wie es zugeht, weis ich nicht, aber ich bin halb verliebt in Sie. — Billig sollte ich es ganz seyn; denn niemals habe ich eine Person Ihres Geschlechts mehr geschahet, oder mehr gute Eigen schaften zu schätzen gefunden, oder mehr an
an eine gedacht, als an Sie. Damit Adieu, ich bin Ihr aufrichtigster, wo nicht innigster L. Sterne.
Der II. Brief.
Elise an Porick. Mein Brackman, Otyrc empfindsame Reise habe ich er« halten — Ihre Einbildungskraft hat «ine sonderbare Gewalt — Sie har in meinem Herzen Gefühle erweckt, von denen ich nie wußte, daß ich sie be saß — Eie machen mich stolz, eitel, und in meine eigneEmpfindsamkeit ver liebt — Ihre rührende Blatter bethauete ich mit Thränen — aber mit Thränen des Vergnügens — Mein Herz floß durch meine Augen — Jedes Theilgen von Iärt«
Zärtlichkeit in meinem ganzen Wesen war erwacht — Sie gebrauchen das sicherste Mittel zur Besserung des Verstands — Eie überzeugen die Vernunft, indem Sie die Seele rühren — Gewiß, der größte Beyfall, den ein Schriftsteller erhalten kann, sind die Seufzer und Thränen seiner Leser —r und diesen aufrichtigen Beyfall gab ich Ihnen reichlich — Hegen Sie einige Achtung für mich, so bitte ich Sie, mir nicht zu schmeichlen — Ich bin ohnehin sthon zu ei tel — und das Lob eines verständigen Mannes ist gefährlich. Ich bin, in der vollständigsten Be deutung des Worts, Ihre
herzliche Freundinn Elise.
Der
Der III. Brief. Porick an Elisen« O?d> kann nicht ruhen, Elise, bis ich a) weis, wie Sie sich befinden, ob
ich gleich um halb Eins bey Ihnen an sprechen soll. — - Möchte doch, wenn Du aufstehst, Dein theures Angesicht lächeln, wie die Sonne an diesem Morgen. Es thut mir herzlich weh, als ich gestern Ihre besorgliche Unpäßlich keit erfuhr; und es gieng mir nahe, daß mein Besuch nicht angenommen wurde. Sie sollten bedenken, meine Theure, daß ein Freund eben so viele Rechte hat, als «in Arzt. Die Sitte und Weise hier in der Stadt, sagen Eie vielleicht, lehren das anders. — Schade doch für die Sitte und Weise! Zarte Empfindung und wahre Lebens art bestehen nicht eben allemal in der Beobachtung ihrer frostigen Lehren. Ich gehe gleich aus zum Frühstücke, komme aber um eilf Uhr wieder nach Hause; alsdann hoffe ich eine einzige Zeile
lZeile von Deiner Hand zu lesen, daß Du besser bist, und es Dir lieb seyn sott, mich zu sehen, Deinen um 9 Uhr. Brachman.
Der IV. Brief.
Elise an dorick. itlein Brachman,
§^it Vergnügen melde ich Ihnen, daß ich mich besser befinde — weil ich glaube, dieß werde Sie erfreuen. Sje sagen mir, »ein Freund habe »eben das Recht, als ein Arzt." Sie können sich also ein gedoppeltes Recht anmaßen — Sie find mein Freund, und Arzt, der schätzbarste aller Aerzte, der Arzt meines Gemüths — Kommen Sie denn, und bringen Sie mir die beste Herzstarkung, das Cor« dial der Empfindung, mit — Sollte Drin Umgang meine Krankheit auch nicht
nicht ganz heilen, — so werde ich dar,
über sie doch vergehn, — und in Ihrer Gegenwart kein Leiden fühlen.
Eie merken nun, Eie zu sehen ist sowohl der Vortheil als der-Wunsch
Um zehen Uhr. Eliseiss-
Der V. Brief. Porick
an Elisen,
^^einen Brief, Elise, erhielt ich ge« *’*■*' stern Abend, als ich vom Lord
Bathurst nach Hause kam, bey dem ich
zu Mittage gespeiset hatte, und woselbst man mir mit so vielem Vergnügen und
solcher Aufmerksamkeit zuhörete, (denn
ich sprach eine Stunde lang ununter brochen von Dir)
daß der gute alte
kord zu dreyen verschiedenen Malen Ihre Gesundheit einsetzete; und so wie er da ist, in seinem fünf und achtzig sten Jahre» sagete er, hoffe er noch so
lange zu leben, daß er als ein Freund
bey
bey meiner schönen indianischen Schü lerinn eingeführt werde, und zu sehen, wie sie alle andere ostindische Kramer fürstinnen eben so sehr an Reichthum
verdunkele, als sie solche bereits an äußerlichen Vorzügen und (was noch weit besser ist) an innerlichen Verdien sten übertrifft. Ich hoffe es ebenfalls; dieser alte Herr von Adel ist schon mein vieljähriger Freund.— Er war, wie Sie wissen, beständig ein Beschützer witziger und geistreicher Personen; und hat die aus dem vorigen Jahrhunderte, als Addison, Steele, Pope, Swift, Prior, u. s. w. beständig zu Tischgenos sen gehabt. — Die Art und Weise, wie er mit mir Bekanntschaft gemacht, war eben so sonderbar, als fein und höflich. — Er kam, als ich einst bey der Prinzessinn von Wallis zur Auf wartung war, auf mich zu, und sagte; „ich möchte gern mit Ihnen bekannt »seyn, Herr Sterner aber, es ist bil»lig, daß Sie wissen, wer der ist, der »dieses Vergnügen wünschet. Sie ha'»ben, C
»Jett, fuhr er fort, von einem alten »Lord Bachurst gehört, von dem Ihr
»Pope und Swift so viel gesungen und »gesagt haben.
Ich habe mein Leben
»mit Geistern- von solcher Art zuge«
»bracht: aber ich habe sie überlebet;
»und da ich die Hoffnung aufgab, je# » mals ihres Gleichen wieder zu finden, »so habe ich schon vor einigen Jahren
»meinen Strich gezogen und meine »Nechnungsbücher geschlossen; ich ha» be nicht geglaubet, daß ich sie jemals »wieder öffnen würde: Sie aber haben »eine Begierde in mir erweckt, noch
»einmal, ehe ich sterbe, ein neues Fo# »lium anzufangen; das thue ich hier,
»mit; und also kommen Sie, und essen »zu Mittage bey mir.« —
Dieser
Lord, sage ich Ihnen, ist ein Wunder zeichen; denn in seinem fünfund achtzigsten Jahre hat er allen Witz uud alle Fertigkeit des Geistes eines Mannes
von Dreyßigen. Eine Neigung, ver gnügt zu seyn, und ein größeres Ver mögen, andern Vergnügen zu machen,
als
als ich jemals
gekannt habe;
dazu
kömmt noch, daß er ein gelehrter, Höf« lieber und gefühlvoller Mann ist.
Er hörte mich mit ungemeiner Au« friedenheit von
Dir sprechen, Elise;
denn es war nur noch eine dritte, und zwar sehr vernünftige Person bey uns. —
Und ich denke, wir Hütten
einen recht empfindsamen Nachmittag bis neun Uhr hingebracht! Aber Du,
Clise, warst der Stern, der unser Ge spräch leitete und belebte. — Und wenn ich nicht von Dir sprach, so er
fülltest Du doch meine Seele, und er« wärmtest jeden Grdanken, den ich vor
brachte ;
denn
ich
mache mir keine
Schande daraus, es zu gestehen, daß ich Dich sehr vermisse. — Bestes un ter allen guten Mägdchen ! Die Leiden, die ich die ganze Nacht über wegen der Deinigen
ausgestanden
habe,
Elise,
kann ich Dir mit Worten nicht beschrei ben. —
Es ist gewiß,
der Himmel
verleiht nach Maaßgebung der Last, die
er uns aufleget, die Kräfte,
C 2
Dn bist,
mein
mein gutes Kind,
niedergedrücket,
unter jeder Bürde
welche Sorgen
des
Herzens und Schmerzen des Körpers
einem armen Geschöpfe aufladcn kön» neu; und dennoch sagest Du mir, Du ficngest an, Erleichterung zu fühlen; —
Dein Fieber ist vorüber, Deine Mat tigkeit und
der
Schmerz
in Deiner
Seite sind gleichfalls im Abzüge. —
Möchte doch jedes Uebel so abziehen, welches
Elisens
Glückseligkeit
störet,
oder nur auf einen Augenblick Deine Besorgniß erweckt! — Fürchte nichts,
meine Theure! —
Hoffe
so
alles,
wird der Balsam dieser Empfindung auf deine
Dich
eines
Gesundheit
Frühlinges
wirken,
und
von Jugend
und Fröhlichkeit genießen lassen, der
gleichen Du bis jetzt noch schwerlich gekostet hast Und Du hast also das Portrait Dei
nes Brachmans über Deinem Schrei bepult ausgestellt;
und willst es bey
allen Zweifeln und Verlegenheiten zu
Mathe ziehen.----------- Du dankbares
und
1? und gutes Magdchm!
Aorick lächelt
voller Zufriedenheit zu allem, was Du thust; diesen Beyfall kann sein Bild niemals so völlig ausdrücken!
Dein lieber, kleiner, angenehmer Entwurf und die Eintheilung Deiner Zeit, — wie^ so sehr Deiner würdig t In der That, Elise, Du lässest mir auch nichts übrig, was ich Dir vorschreiben könne; Du lassest mir nichts übrig zu
begehren — zu begehren — als die Fortsetzung eben des Betragens, wel« "ches meine Hochachtung gewonnen, und mich zu Deinem ewigen Freunde gemacht hat. Wenn nur erst, und bald, die Ro« sen auf Deine Wangen und die Rubitun auf Deine Lippen zurückkehren! Aber verlaß Dich auf mein Wort, Cli se, Dein Gemahl (wenn er der gute und gefühlvolle Mann ist, wie ich ihn wünsche) wird Dich mit mehr aufrich tiger herzlicher Wonne an seine Brust drücken, und Dein armes, blasses und verfallenes Gesicht mit mehr Entzücken C 3
küssen,
küssen, als er es in der besten Blüthe aller Deiner Schönheit $u thun ver möchte; — und das muß er, oder ich bedaurc ihn. Er müßte ein sonderba
res Herz haben, wenn er den Werth eines solchen Geschöpfes Gottes nicht erkennte, als Du bist. Es freuet mich, daß Miß Light mit Ihnen geht. Sie kann Ihnen man chen trüben Augenblick ersparen. Es freuet mich, daß Ihre Schiffsgefahrlen freundschaftlich find. Sie am we nigsten können mit Wesen durchkom men , die das Gegentheil von Ihrer eigenen Natur find, welche edel ist, Elise, und sanft. — Sie könnte Wilde gcfittet machen — Aber ein Jammer wäre es, wenn man Dir den Dienst aufbürdete! Wie kannst Du aber darauf kom men, daß Du Deinen letzten Dries entschuldigest? Eben darinnen ist er mir so entzückend, weswegen Sie ihn
entschuldigen. Schreiben Sie mir immer nur solche Briefe, mein liebstes Kind.
is Kind.
Laß sie die ungekünstelte unstu«
Vierte Sprache eines Herzens sprechen,
das sich, unbesorgt um das Wie, einem
Manne öffnet, den Sie hochachten, und
in den Sie Vertrauen setzen müssen. SolchcDriefe, Elise, schreibe ich Dir,— und so würde ich beständig mitDir um
gehen, ganz ohne alle Kunst, ganz vol ler Herz, wenn die Vorsehung erlaube1e, daß Du auf einerley Seite der Erd kugel mit mir leben könntest; denn ich
Lin, alles wozu mich Pflicht und Zu neigung verbinden, Dein
Lrachman.
♦#•4 *■■*■*■■*
-efr
Der VI. Brief.
Elise an Porick. Gütiger 2?ort vem Thore vorbey kommen, einen Kranz für Sie winden. Sollte ich das Unglücke haben, Sie nicht hier zu sehen, so bitte ich Sie, richten Sie die Sachen so ein, daß wir zu Anfänge des Octobers zusainmen kommen. — Ich werde mich vhngefahr vierzehen Tage lang hier aufhalten, und alsdenn eine günstigere Himmel-« gegend suchen. — Mein verwünschter Husten scheinet überhand zu nehmen, und wird mich, was ich auch dagegen thun kann, zuletzt in's Grab bringen. So lange ich aber noch einige. Kräfte habe, will ich ihm entlaufen. — Seit zwanzig Jahren habe ich mit ihm gerun gen; und mit lachendem gutem Muthe noch
ns
norf) perhindert, daß er mich nicht nie« dersiürzte. Nun aber dringt mein Gegner stärker als jemals auf mich ein, und meine einzige noch übrige Zuflucht ist eine andere Reise außer Landes! —# A propos — gefällt auch Ihnen ein sol cher Entwurf? — Wo nicht, — so werden Sie mich vielleicht bis nach Dover begleiten, damit wir am Strande mit einander lachen, und den Neptun in eine gute Laune bringen können, ehe ich an Bord gehe. Gott segne Sie — Leben Sie wohl. Loren) Sterne.
Der VI. Brief. 2(n *❖*❖»*♦****
kj>aß Sie umgeworfen worden sind, bedaurete ich sehr: al lein, unsere Landstraßen taugen wenig für di« leichte Fuhrwerke, die jetzt Mod« sind.
1(6 sind.
Möchte dieß der letzte Unfall seyn,'
der Ihnen in dieser Weir jemals zu stößt!— Allein, dieser Gedanke kostet
mich einen tiefen Seufzer — und ich befürchte, mein Freund, Sie werden
das Leben nicht wohlfeiler durchreisen Viele, vielerlei) sind des
können. —
sen Abwechselungen; und dem Sterbli chen , dem nicht eine große Mannichfal-
tigkeit derselben begegnet, muß das Glück außerordentlich günstig seyn: —
Wiewohl, vielleicht haben wir ihnen eben so viel von unserm Vergnügen, alS von
unserm
Verdruss«,
zu
danken:
Das Thal hat eben sowohl seine anmu«
thige Aussichten, als das Gebirge; und die Abwechselungen des Lebens sind viel leicht zur Besserung des Herzens eben so
nothwendig, als die Unebenen der Na tur zum Vergnügen des AugS. Höch stens sind wir ein kurzsichtiges Geschlech
te,
das nur Licht genug hat, seinen Weg zu bemerken. — Dieß zu thun, »st unsere Pflicht, und sollte unsere Sorge
seyn: —
Hat ein Mensch dieß gethan,
so
so ist et sicher; an allem Uebrigen ist we nig gelegen — Sein Kopf ruhe unter ekncmRasen vderMannoe, Dich ist alles einerley!
•— Ich besuchte, wie gewöhnlich, je den Abend meine Ab'tey. —• Unter de» modernde» Trümmern ehemaliger Hoheit gehe ich einsam spatzieren. Fern vom Ge tümmel und Lärm einer boshaften Welt, kann ich hier dem Andenken meiner in -ignobilitatis sufpici^n.
neS Darlehen a wovon der Zahlende in dem Gennß und Ertrag feines 21 iW die Zinsen bezieht, das er, wie jedes andere Kapital, an andere wieder verr pein eöriim nominibus cenferi,
Neque ideo
fisei induftria magna criminatione cenfenda est, qui ejusmodi Candidatorum Boni» ex^
crescit.
Nam cui non satius videatur profes-
fo pretio dignitates a Principe molem publi
cum subeunte proponi, quuin avqris purpuTatonim suffragiis in praedam concedere ? ubi hxc publica licitatio non est, obtriidunt
Regibus Candidatos, quos sibi munere carisli;nos fecerunt, &> quod a Domino impe-
trant, deinde clientibus vendunt; ut nec rheliore fortitu delectos Re/publica accipiat»
nec intersit dorum, qui ad tribunalia subvehi ambiunt, utrum cupiditatem dignita-
tis Principe an fub optimatibus luant; utrum-
quc pari sidere in patrimonii ruinam perturrente. H$c igitur tolerabili instituta consilio,
jam ipso Furore licitantium in pfaeceps abiere qui & mediocris cenfus virfutem excludunt & tota opum mole eos honores redimunt, ^uibus ipli tarn immodicum pretium federe.
-atideltt und flbfretett ttnb darüber, als über fein Eigenthum, schalten und galten kann. Der König und die gans
je Ration wissen, wie viel «in jedes fdlcher verkäuflichen Aemter kosf«; «s ist bei dem ganzen Handel nichts gehe» mes noch verdächtiges;
es hebt die
Übrige Moralitäten und zu dem Amt
Erforderliche Eigenschaften der Tüchtig«
keit nicht just auf und hat neben diesen;
Mein in
dem Charakter dieser Na«
kion und dem zerrütteten Fmanzsystem
des Hofs gewisse,
wenigstens schein«
bare Rechtfertignngsgründe,
die flies
Deutschlands Fürsten und Höfe keines« pegs paffen.
Eben so wenig wird her an man« chen, auch großen Höfen, herkommr
siche Kauf« und Verkauf der Militär« chargen damit bezielet.
Gut ists nies
mals, Fehler der Verfassung ists all«
mal, man mags bemänteln, wie man
will; über in seinen Folgen doch immer am
wenigsten schädlich,
besonders,
wenn der Besitzer solcher Stellen solche ebenfalls um den einverstandenen Preis an einen andern anständig befundenen
Nachfolger wieder verhandeln kann. Die
Rede ist hier
von
derjeni
gen Gattung Diensthandels, wenn wirkliche Bedienungen in Landeskolle
gien, in einzelen Departements und Unterabthcilungen, in Ober - und Unter
ämtern und andern zur Land es Ver waltung gehörigen höhern und nie
dern Stellen um Geld verkauft,
so
verkauft werden, daß unbesehen und ungeprüft, oder doch nur zum Schein
und nicht genug geprüft, des sich An
meldenden, solchedem, so Geld, und unter mehreren Käufern das meiste
Geld giebt, zu Theil, hingegen die sich
meldende würdigere und verdiente, weil sie kein Geld, oder wenigen,
als
man verlangt, geben wollen oder kön nen, abgewiesen, zurnckgedrückt und Hofnungslos vor alle künftige Fälle
lassen werden. Und das sollte in Deutschland ge
schehen? sollte möglich und wohl gar in einem Land wirklich, allgemein wirk
lich seyn? —
Leider ist es nur allzu-
wahr und die Halste, wo nicht mehr, von
allen Landesdiensten sind auf
solch unwürdige, schändliche, nieder trächtige Weise wirklich verkauft; um
eine halbe Menschengeneration weiter
hin ist es im ganzen Land. Dagegen empört sich nicht nur fei
neres sittliches Gefühl, sondern der ge meinste gesunde Menschenverstand.
Sonst kaufte man mit Gold ge schickte und vorzüglich brauchbare Man
ner auf;
suchte sie inn-und außer
Lands, wie Edelsteine: Menn ein her-
vorstechender Mann dienstlos wurde, waren zkhen Hande, die nach ihm grif
fen.
Fürsten warben und buhlten um
ihn, und es war Fürstenstolz dec
edelsten rechtmäßigsten Gattung, wer
die aelehrteste, weiseste, berühmteste,
erfahrenste, redlichste Manner in sei nem Dienst aufzuweisen hatte und mit einem jungen Nachwuchs gleicher Art prangen konnte.
Man machte, daß
sie r.iit Freuden dienten,
und aus
Siebt vor Herrn und Land auswärtigen
Vortheilen und Anerbietungen entsag ten; man wog sie, wenn sie nicht an ders zu hatten waren, mit Ehrenzei
chen,
Verbesserungen und Belohnun
gen auf und sie legten ihr im Dienst er
grautes Haupt ruhig aufs Sterbeküs-
sett, weil sie vor ihre Kinder bei glei
cher Treue gleicher Vergeltung versi
chert waren. Sonst glaubte man und, zur Ehre des inenschliche« Verstandes,
glaubt
IS Mans im Ganzen noch, daß ein jeder
so ein Amt begehrt, das dazu erforder liche wissen, verstehen und,
wie bei
jeder andern menschlichen Kunst und
Handthierung, Zeugniß haben,
erlernt,
und dessen
auch in der mit ihm
an stellenden Prüfung
bestehen müsse,
wenn er nicht auf Besserlernen, oder
gar mit Schmach zurück gewiesen wer, den wolle. Man dispensirte zwar (auch nicht wohl gethan!) bei manchen Hand werkern von den Wanderjahren, aber
nicht vom Meisterstück; und wenn Rah ner einen Menschen mit einem Besen,
statt Kopfs, mit der Ueberschrift: Wem
Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch Verstand-
in Kupfer ste
chen ließ, so wars Satyre, womit er
die Nachlaßigkeit der Obrigkeiten geis-
selte.
Man sahe aber doch keinen Für-
Ken, der Wohl und Weh seiner Unter
thanen so zu sagen im Aufstreick bch Licht und Schelle verkaufte, noch einen
16 Jahrmarkt von Meistbietenden um fw ne» Fürstenthron.
.
Man sahe, wo es schlimmer gieng^
Maitressen eines Fürsten, die hie und da ihren Schutz und Vorwort zu Gunst
eines Unwürdigen verkauften, Mini
sters , die ein gleiches thaten; davor waren aber jene Huren und diese Schelmen; es war nichts Allgemei
nes, noch öffentlicher Handel; ward,
wie beim Justizmackel, durch Weiber,
Eekretairs, Kammerdiener und Juden, heimlich betrieben.
Wenn der Mini
ster fiel, ward diese Spi;büberei, als
eines am Land begangenen Hochvcr-
raths,
in seinem Sündenregister na
mentlich gedacht, er selbst kriminell dar
über behandelt und wohl gar zum Wies
derersatz verurthcilt.
Allemal ward in
solchen Fallen der Herr betrogen - aber
Er betrog doch nicht selbst»
i7 Wo's noch schlimmer ward, theilte der Fürst mit seinem Minister in btt
Stille, und dieser paßirtc im Land vor einen Schurken;
der .Herr blieb aber
doch noch bei Ehren, und wer nichts geben konnte oder mochte, bekam zwar weniger,
langsamer und spater,
er
konnte es dann aber doch ehender er warten und erhielte zulezt durch War
ten und, wie beim ungerechten Richter im Evangelium, um seines unverschämten Geilens willen, durch eine dem Herrn
oder Minister angenehme Empfehlung, durch eine kleine ;u guter Stunde bewie sene Attention und Dienstgefalligkeit daS
gleichwohl umsonst, was andere durch
Geld erschnellt und erzwungen hatten. Wo es dann aber vollends ganz schlimm wird, da muß Maitresse und
Minister, wenn auch beide an der Beu
te Theil nehmen möchten, zurückstehm B
und der Drensihandel wird
zum
Kabinetsregal erhöht, dessen Ein künfte allein in die Chatoulle des Für
sten stießen müssen» Kein Fürst,
schlimmste wäre,
wenn
er auch der
kann sich bei bösen
und schlechten Handlungen gleich an
fangs aller innern Empfindungen und Vorwürfe so entkleiden, die Beschä mung vor sich selbst so abschütteln
und abstreifen,
daß er freien, frechen
Muths das selbst gleich thun mochte, dessen entehrende Nidrigkeit er in sich
selbst zu fühlen sich nicht verwehren kann.
Er sieht sich also zuerst um ei
nen oder etliche um, denen er sein Ge
heimniß, ohne vor ihnen zu erröthen, anvertrauen, denen er, ohne Weige rung oder wohl gar ohne eine zu besorzende Buß- und Strafpredigt eine sol
che Zumuthung thun kann «nd leider l
darf er in solchem Fall gemeiniglich
-st ei
nen findet, der den Mann todtkauft; oder bis dieser feinem Wildschützen zu vor kommt,
und vor seinen eigenen
Sohn oder Schwiegersohn,
wenn er
Kinder hak, mit dem FürEen in Han
del tritt, um wenigstens unter seinem
Dache nnvertrieben sterben zu können.
Ist er aber Kinderlos, so mag er sich immer gefaßt halten, Pilgnm m fei nem eigenen Vaterlands zu werden.
Wie es bei einer solchen Diener
schaft in den Landeskollegien aussehen und hergehen müsse,
laßt sich abstra-
hiren nnd gedenken; es ist aber vor den
D
wirklichen Anblick noch -immer zu we
nig.
So lang als die Alte noch leben
und diese noch existiren, noch reden und
handeln dürfen, so Haltsichs wohl noch, wie die Stützen und Strebpfcilcr den Umsturz eines in sich morschen Gebäu
des aushalten.
Wenn aber endlich so
einer nach dem andern sich hinlegt und stirbt, wenn die Säulen, so noch ge tragen, eine nach der andern abgängig werden, wie wirds da nur um so schnel
ler und schrecklicher zusammen stürzen! Welche Bastartart von Dienern und
Rathen wird ein solch unglückseliges Land zu gewarten haben!
Um das Unheil ganz und seine Aus-. breitung schneller und allgemeiner zu
machen, fehlt alsdann nichts, als daß
die Häupter eines Kolleg« selbst ein gekaufte Leute seyen.
Diese müssen
der Ehre, die erste Sklaven ihres Herrn
zu seyn, mit zweifacher Unterwerfung
5t sich würdig machen und ihr Hals
band zu verdienen, lassen sie es auch an keiner erfordernden Probe fehlen» Mit Korporalsstolz tyrannisiren und
mishandcln sie jeden, der nur die Mine von Widerspruch an sich blicken läßt/
überschreien die bescheidene Stimme det klagenden Unschuld, stolziren auf den
langen Arm dessen, bei dem Gewalt
immer auch Recht ist, sind Derlaumdet und
Verrather aller braven ehrlichen
Leute und, anstatt die Freiheit ihres gleichwohl immer überfchrienen Stimm rechts wenigstens zu dulden, sind sie
die erste,
sie bei dem Fürsten anzu
schwärzen und unglücklich zu machen, wenn es anders Unglück genennt wer
den kann, um Wahrheit und einer gu ten Sache willen zu leiden und aus ei
nem Sklavendienst befreiet zu werden»
So wie aber jedes Laster seine ihm
eigene Strafe mit sich führt, so wird
auch der Fürst vor seinen gewissenlosen unpolitischen Diensthandel bestraft und
erfahrt solches bei seinen Kollegien am ersten.
Das Interesse seines Hauses,
seine Regalien
und Hoheiten,
seine
Territorialgerechtsame inner Lands und
Leine Rechte gegen Ausländer werden von seinen Miethlingen,
theils aus
Unwissenheit und Faulheit, theils auS
»orsetzlichem Betrug vernachlaßigt, ver-
kürzt und an andere wieder verhandelt. Der klügere Nachbar weiß,
daß ers
entweder nut Ignoranten oder mit Bc-
trügcrn zu thun hat, reißt also entwe der gewaltthätig an sich, was ihm be
liebt, oder erhalts mit Bestechungen. Kommts am Eure auch zur Klage an einem Reichsgericht, so weiß der Aus
länder schon zum voraus, wie wenig er von einem aus eingekauften Miethlin gen bestehenden Kollegio zu befürchten
habe?
5?
Ob ein Herr von seinen Handlungen und Betragen in seinem Regenten- und
Privatleben Ehre oder Schande habe? ist all solcher Kaufräthe mindester
Kummer und Sorge und wenn die Abentheuer noch so groß und die Un
ternehmungen noch so landverderblich wären; wie sollten Leute dieses Schlags dazu kommen, wie sich je so weit auS
ihrem Staub erheben können, um ih rem Herrn Wahrheit, stark gesagte,
tief clndringende Wahrheit zu sagen?
So bekommt der mit Riesenkräften alles unter sein eisernes Joch beugende
Despotismus durch die Folgen des Diensthandels gewonnen Spiel.
Bei
einemManne, der sich selbst zumKnecht
verkauft hat, ists mit Mannsmuth
ohnehin vorbei;
es halt schwer,
ihn
noch bei denen zu finden, in welchen doch noch nicht alles Gefühl von Frei heit und Menschenwerth erloschen ist.
54
Nun darf der Fürst verlangen, befeh len, zumuthen, was und so viel er will, vor Widerspruch und Widerstand
seiner eingekauften Diener ist er allemal gesichert«
Der in sich selbst schlechte,
der faule, unwissende,
unbrauchbare
ist froh, zu allem Ja sagen zu können, Hamit nur seine Untüchtigkeit nicht zur Sprache komme und ihn ein Strahl des Despoten plötzlich zernichte;
der ans
Noth seinen Dienst gekauft und doch
noch Empfindung vor Recht und Pflicht in sich hat, den macht die Furcht ver,
stummen, um nicht durch Widerspruch
zwifach unglücklich zu werden; er thut
Wissentlich Unrecht und klagts wohl gar im stillen Gott, seufzt über sich selbst und über seinen Fürsten; welchem bei
Heiden eins ist, ob er was oder nichts
versteht? ob einer ein ganz oder halb ehrlicher Mann ist, wie
der
horcht.
andere
wenn nur einer blindlings
gw
SS In einer solchen Verfassung ist nur derjenige vor seine Person und die Ruhe
seines Lebens noch der glücklichste, der den wenigsten Menschenstnn, das stum
pfeste Gefühl vor Recht und Sittlich
keit, die dickste Haut über seine ganze Seele hat, der, mit einem Wort, in,
Gesinnung und Betragen ein Neger
ist. Der Mann von Sentiment, der hoch herzige, von Patriotismus und Men schenrechten warme Mann wird, wenn
er halbwcg kann,
aus einem solchen
Lande fliehen; und auch damit ist
dem Despoten gedient.
Je weniger
tapfere Leute er in seinem Lande,
je
mehr Schmeichler und Sklaven er hat,
je lieber ists ihm. Kann jener nicht gehen, so wird er, kn sein stilles Verdienst eingehüllt, der
Tage der Erlösung
mit Gcdnlt und
Hoffnung erwarten,
hie und da auch
wohl einmal ein guter Mensch versochen und verschmachten, wie eine schöne
dem steten Sonnenbrand, ohne erfri
schendem Regen,
ausgesezte
Blume
hinwelkt.
Gerechtigkeit ist die Grundsaule der Staaten,
der höchste Ruhm und
beste Seegen
eines Landes.
Unter
welch schmcligem Bild stellt sich deren
Verwaltung von einem Haufen ein ge tan ft er Diener dar.
Viele von ih
nen wissen nicht einmal rechts und linkö
voneinander zu unterscheiden, begehen aus Unwissenheit Ungerechtigkeit, die
sie in der Folge aus tummen Stolz, zu Beschönigung ihrer Ignoranz, trotzig
behaupten und so eine mit der andern Häuffen,
und beschimpfen durch ihre
Handlungen ihr ganzes Vaterland vor dem Ausland, das nach geraden und gewöhnlichen Schlüssen von den Obrig
keiten auf die Untergebene und Unter-
thanen schließt und dem Genius eines ganzen Volks Hohn spricht.
Andere glauben durch ihr bezahltes Geld sich zugleich Gemächlichkeit und
gute Tage erkauft zu haben.
Wenn sie
auch nicht verletzlich das Recht beugen, so verschleppen und verzögern sie doch
solches; nur schwer kann man bei ihnen Gehör,
noch langsamer die Entschei
dung seiner Klagen finden.
Darüber
leidet nicht selten Handel und Wandel
ganzer Provinzen, aller Credit vor die
gute sowohl als schlechte Unterthanen geht inner und außer Lands verlohren, weil jeder weiß, daß im Fall der Klage
kein Recht und obrigkeitliche Hülfe an ders als langsam, ungewiß und mit
kostbarem Aufwand zu erhalten ist. Noch schlimmer ist's, wenn die Justitz
nicht nur verzögert wird, sondern nicht
anders als durch Bestechungen und, was eben so verdammlich ist,
durch
««nöthige
geflißentliche
Vervielfälti
gung der gerichtlichen Handlungen zu erhalten ist, um nur mehrere Sporteln
und andere Nebenvortheile dadurch zu erbeuten.
Daher gar bald der allge
meine Glaube:
daß nur der seiner
Sache gewiß seyn kann, ders am läng
sten aushalten und am meisten zu zah len vermag;
daher bis in die unterste
Klaffe hinaus Bedrück - und Uebervor-
theilung des Stärkern gegen den Schwa, chern,
daher Vergiftung der Sitten
durch das böse Verspiel der Vorgesezten, Hang zur Chrkane uud Betrug,
endlich Vertilgung
aller Redlichkeit,
des edelsten Wahrzeichens eines guten und glücklichen Volkes. Die Obrigkeiten selbst vom Fürsten
an bis zum lezten Beamten im Lande verliehren dabei in natürlicher Folge
alles Vertrauen der Unterthanen. Vom Bürger in der Stadt an bis zum
Dauer des lezken und ärmsten Dorf gens sind immer hundert gegen Einen,
welche darauf leben und sterben, daß alles, was der Fürst und seine Diener
thun, blos auf ihren eigenen Nutzen,
auf Täuschung, Plage, Amtshandlung,
Geldschneiderei, Verarmung und Ver derben der Unterthanen angesehen seye;
sie glauben deswegen auch denen auf wahres Landes-Beste sprechenden Ver ordnungen und Anstalten entweder gar
nicht oder mit unauslöschbarem heim lichem Verdachte, und anstatt sich mit Zuversicht an ihre Obrigkeit, wie Kin
der an ihre Eltern, su wenden, Schutz, Beistand und Hülfe von ihnen zu ge
y-artigen, fliehen sie vor ihren Peini
gern und sind froh, von diesen Blut igeln nicht bemerket und angesaugt zu y-erden, leiden lieber in der Stille und
wenn ein Amtsvorgesezter dieser Gat
tung stirbt, so ists eine eben so laute Freude, als wenn ein Wolf, so der
6» Schrecke« der Gegend war, endlich er
schlagen worden. Nehmen wir nun den Fall, daß ein
solcher
eingekauftcr
Rath
als
Kommissarius befehligt wird, die an
gebrachte Klagen gegen einen ebenfalls eingekauften
untersuchen,
Landbeamten
zu
wenn dieser Bedrückun
gen, Bestechungen, Unterschleife, Geld schneidereien rc. unläugbar überwiesen wird und dann in vier Wanden mit
Thränen im Auge zitternd dem Kommiffario ins Angesicht sagen muß: Ich hatte fromme Eltern, eine gute Erzie
hung, war ein gewissenhafter ehrlicher Mann, als ich mein Amt antrat, der
Fürst hat mich aber zum Schel
men gemacht; ich habe, um beim Dienst zu bleiben, um einen andern ab-
zutreiben, 5000 Gulden zur Chatoulle zahlen müssen,
ich hatte sie nicht»
mußte das Geld dazu borgen, die Jin-
61 feit drückten mich hark, noch weniger wußte ich, wovon ich je das Kapital heimbezahlen sollte; sehen Sie da meine
gute Frau, meine liebe sechs Kinder an,
die mir täglich mehr ins Brod
wachsen,
ich konnte Hon der Stunde
an keinen Tag mehr ohne Thränen;n Bett gehen, nicht ohne Thränen auf
stehen ; bin hundertmal in der Versu
chung gewesen, mir selbst ein Leid anzuthun, um der innern Qual meines
Herzens nur ein End zu machen; daS
Mitleiden der Meinigen, um sie nicht auch noch durch meinen Tod zu be
schimpfen, da ich sie durch mein Leben schon unglücklich genug gemacht, hat
mich immer wieder abgehalten; ich bin
ehrlich geblieben, so lang ich konnte,
so lang ichs nur noch zu erschwingen mochte,
die Zinsen von dem Blut
geld aufzutreiben; in die Lange wollts aber nicht gehen; ich wünschte tausend
mal dem Fürsten den Tod, allein er
lebt noch, der Mörder meiner Ruhe;
vergeben Sie diesen Ausdruck einem,
der mit Verzweiflung ringt;
ich fing
dann an Geschenke zu nehmen und,
weil unsere Leute nicht daran gewöhnt
sind, sie zu fordern.
Das schickte aber
wenig; ich griff Wayfen t und Deposi
tengelder an, in Hoffnung, sie wieder erstatten zu können, und erröthete vor
mir
seyn.
selbst,
ein Dieb geworden
zu
Um das Gestohlne zu ersetzen,
fing ich an,
das Recht zu beugen;
ich nahm endlich von beedcn Parthien; der Seegen war aber einmal von mir
gewichen, cs fruchtete alles nichts, ich fiel endlich noch tiefer und wie es wei ter gegangen
und warum Sre hier
sind, wissen Sie selbst.
ne keine Gnade,
Ich verdie
denn ich habe mit
Wissen und Willen gesündigt3 ich habe mein Gewissen übertäubt,
das mich
hundertmal aufforderte, lieber alles zu
verkaufen und nut. dem Stab in der.
6Z Hand zum Land hinauszugehen,
um
nur ein ehrlicher Mann zu bleiben; ich «ar zu zaghaft und, da ich Gott nicht
vertraut, geschieht mir nun Recht, in
der Menschenhände zu fallen. — Aber ist keine Erbarmung vor meine durch
mich unglücklich gewordene Frau und Kinder?
Ich weiß, daß bei dem Für,
sten keine Gnade zn hoffen ist und er nur den Ausgang meiner Untersuchung
abwartek, um meinen Dienst noch um theurer Geld, als er mir abgenommen,
an einen andern verkaufen zu köne
nen; —
Gott wird ihn davor fin
den!— aber Sie, mein Herr, können
mein Schicksal mildern, wenn Sie mir
alles nehmen, was ich habe und nur um meiner armen Kinder und frommen
Weibes willen meines ehrlichen Na
mens schonen, mich nicht so unglück
lich machen, um nicht noch anderswo Brod finden zu können.
Horen Cie auf, schreit der mit die
sen Dolchstichen durch und durch ges
bohrte, rch kann nicht mehr! auch Vater,
Mann,
Ich bin
war auch ei» ehrlicher
hab mich auch zum Schels
men gedient,
bin kein Haar besser,
dann Sie, unglücklicher Mann, unl»
muß nun Ihr Richter seyn. Doch Gott ist barmherzig, er hat mich nicht ums sonst hergeschickt;
lieber mein Lebtag
betteln, als mir auf mein schon genug beschwertes Gewissen neuen Fluch zu sammeln, um einen Mann zu Boden
z« treten, der so sehr rin besseres Schicks
fäl verdiente. Ich b,n nickt reich, aber
doch noch reicher als Sie; meiner Fran Heurathsgut ist hin, um meinen Dienst damit zu erkaufen; ich habe aber noch Credit und noch einen Vater und Oheim zu erben; ick schieße Ihnen so viel vor,
«m alle die zu befriedigen und zu ent;
schädigen, die über Sie geklagt haben.
Bis solches geschehen, werde ich mit
Erstattung meines Kommißionsberichts inne halten, fordern Sie nun unver
züglich Ihren Abschied vom Fürsten und
vor alles übrige lassen Sie mich sorgen. Meine Frau hat, um ihr eingebrachteS
und vor den unglückseligen Dienst hin
gegebenes nicht zu verliehren, mich im# mer aufgchalten, zu qnittiren; ich reise
morgen nach Haus und fordere gleich falls meinen Abschied, den ich erhalten und weder Frau noch Vater noch Freun
de mich abhalten lassen werde, zu flie
hen,
so weit ich nur fliehen kann.
Fluchen Sie aber nicht dem Fürsten; ec ist schon gestraft und unglücklich genug,
da er sich selbst so viele Verschuldungen, so viele Seufzer und Thränen auf sein
Haupt gesammelt hat und lassen Sir
uns nicht an Gott verzagen, der uns vergeben und retten und vor uns sor gen wird.
e,
66 Wellte Gott!
daß dieses Schrek-
kensblld nur ein Traumgcsicht wäre!
Eie leben aber beide/ mehr Unglückliche,
die nun nicht
können beide mit
Namen genennt werden und wie viele sind noch, die unter gleichem Jammer
ihrer Seele seufzen und — vielleicht mit Schrecken zur Grube fahren werden. Die Justitz ist's aber nicht allein,
die mit den Pestbeulen dieser Seuche behaftet ist;
in andern Theilen der
Staatsverwaltung geht es nicht besser.
Die Anweisungen auf die Kassen zn
geben, Rechnungen zu durchsehen und zu attestiren haben,
endlich der das
-Geld selbst auszuzahlen hat,
rühren
weder Hand noch Fuß, bis sie buch.stäblich geschmiert werden; der ge
wöhnliche Geldmangel bei den fürstli chen Kassen ist eine eben so wahre als
scheinbare Entschuldigung.
Der besol-
67 bete Diener, der Kaufmann, der Künst ler und Handwerksmann, bis auf den Hünerlieferanten und Holzschneider hin
aus, müssen sich diesen Tribut gefallen
lassen und diese betrügen und bestehlen sodann wieder,
jeder in seiner Art,
vom Fürsten an,
das ihm eigene Pu-
-ltkum.
Da ist im ganzen Land kein Acker, Wiese noch Bach,
kein Grän; - noch
Feldstein, kein Recht, kein Zehenden,
Hut noch Wayde vor diesen Geyern sicher; kaum darf sich einer ein zwei
deutiges Wort darüber verlauten las sen, so werden Prozeße gemacht, wo
keine sind, Kommißionen angeordnet, Augenscheine eingenommen, und unter
dem Vorwand, künftigen Streitigkei
ten vorzubeugen, erneuert, neue
alte Dokumenten
Lagerbüchcr umgeschrieben,
Vermessungen
Zunftartikel revidirt,
vorgenommen,
und was -er
ißtoofiii Rubriken mehrere find, alles auf Kosten des gemeinen Wesens, oder
derer, so unbehutsam genug gewesen, da zu auch nur die entfernteste Gelegenheit zu geben; der privilegirten und durch
mißbrauchte und mißdeutete Landesge
setze und Ordnungen gedeckten Geldschneidereien der Kameraldicnerschaft nicht crnmal zu gedenken; und eben so wenig zu detailliren, wie greulich ein Herr, der Kameraldienste verkauft, bei Erhebung seiner eigenen Gefalle,
bei
Verpachtungen aller Gattung, bei sei
nem Bauwesen, bei andern Finanzope rationen »nd Einrichtungen und zulezt
durch die beim Absterben eines solchen
Dieners sich entdeckende unzählbar blei
bende Kassenreste betrogen und hinter listet wird.
Der Forstbediente, der seinen
Dienst erkaufen müssen,
hats unter
allen fast am gemächlichsten, daS Spiel seiner Ungerechtigkeit zu treiben, weil
der gestohlene Baum nicht reden und das heimlich verkaufte Wildprct nicht
gegen ihn zeugen kann.
Doch dieß ist
nicht nur das geringste, sondern unter
den Forstsünden noch die seltenste. Aber seitdem die Fürsten auf ihre eigen
thümliche Waldungen hie und da so
losgehaußt haben, als ob der jüngste Tag vor der Thür wäre und daher auf die
Privat- und
Gemeinwaldungen
mehr gesehen und die forstliche hohe
Obrigkeit über sie immer mehr ausgcdehnet wird, so darf nun kein Eigen
thümer einen Stamm-Hol; mehr fallen, ohne sich erst vom Forstmeister an bis Zum Forstknecht abzufinden.
Gedruckte und geschriebene Verord nungen ohne Zahl sollen die Güter dcrUnterthanen vor Wildschaden sicher stellen,
und in manchem deutschen Land haben
sie diese so natürliche Regentcnpflicht, das so heilige Recht des Eigenthums,
7° noch mit besondern außerordentlichen
Bewilligungen ranzioniren müßen. Da
ist aber nun jedes Schweln eine Leib rente vor but Ober- und Untcrforsier.
Erst muß der Bauer mit Dcrsaumniß seiner Arbeit Stunden weit laufen, um
zu klagen; kommt er mit leerer Hand,
so wird ec angefthuurrt und abgcwiesen, er kommt zum zweitenmal, bringt But
ter, Eyer, Hüner, was just das Haus vermag, nun bekommt der Untcrjager
Befehl, zu schießen;
dieser legt den
Befehl hin, bis ihm der Bauer ein
Zuchtschweinchen versprochen oder etli che Würste in die Küche gebracht und
nun wird derJagerpursch beordert, sich
vom Bauern das corptis delicti andeu ten zu lassen und auch dieser Schuft
steht die Sau nicht eher, bis ihm die Augen versilbert werden. Heute bemerkt der Forstmeister bei einem Spazierritt,
daß der Bauern
Vieh in einem der ganzen Gemeine zu, sichenden Wald guten Waidgang hat, morgen laßt er, und noch dazu auf der Gemeine Kosten, den Wald verhangen, Warnungszeichcn aufstecken, welche so lang stehen bleiben, bis sich der Schulz als Worthalter der Gemeine unter vier Augen mit ihm abgcfundcn hat. Dieß nur zur Probe. Denn wel ches Papier würbe groß genug seyn, um das ganze lange Register der auS dem Dicufthandcl durch alle Klassen des Dicnsts sich verbreitenden Hcillosigr leiten zu fassen. Will man bei diesen eben so wahren' als traurigen Schilderungen einwcnden: daß eben diese Gebrechen, Miß brauche und Schelmereien auch in sol chen Landen gefunden werden, wo an gar keinen Dicnstverkauf gedacht wird, so ist betrübt genug, daß man cingester hcn muß, daß in allen Landen, selbst
fcett. besten Verfassungen, noch Schelm men und Schurken zu finden seyen; es
bewcißt aber vors Ganze gerade so viel: als wenn man ein Kloster, aus wel
chem sich eine Nonne entführen lassen,
mit einem Bördel in Vergleichung stz-
zen wollte. Das Publikum ist immer so einsthcnd und so gerecht, einzele, obgleich so gar häufige Vergehungen einzeler
Diener nicht auf die Rechnung des Fürsten, des Landesherrn und der gan
zen Verfassung zu setzen.
In einem
Land aber, wo der Diensthandel ringe, rissen und allgemein geworden, ist nicht
nur der Fürst vor der Welt mit der Schmach bedeckt, die er verdient, weil
er sich selbst entehrt und seiner Würde vergessen hat, sondern das ganze Land
muß es entgelten;
es wird geflohen,
wie man inficirtc Orte meidet.
Kein
rechtlicher Mensch mag sich da anbauen
und niederlassen, weil keine Berechtig,
kcit drinnen wohnet; cs zieht vielmehr
aus einem solchen Land fort, wer nur kann, und dessen Gränzen, ja Inner,
sies lauft voll Werber und Mißionarien,
um den Unglücklichen das bessere Land zu nennen, wo sie einen Fürsten finden,
der Vater und Beschützer seiner Unter, thanen ist und wo sie vor charakterisier tcn Straßenrändern gesichert leben.
Will man aber sogar zugeben, daß unter solchen cingekauften Dienern sich doch immer auch noch solche vermuthen
lassen, die blos durch den Strohm all,
gemein gewordener Verdcrbniß, durch Familienverbindungen, durch den Be, trieb ihrer Eltern dazu verleitet wor,
den, denen es aber weder an Fähigkeit ten noch gutem Willen vor das gemeine Beste mangelt, die den erlittenen Ver,
lust des Dicnstkaufschillings bei einem übrigens noch guten Vermögensstantz
gerne verschmerzen
und denen keine
schlechte Handlung je nachgesagt wer den kann, so ist hinwiederum wahr,
daß diese Gattung Menschen bei sehr rüeitem die geringste und solche eben so
selten seyen, als der großmüthige Räu ber.
Gegen einen von diesem Schlag
stehen immer sechs, die ihn so lang
überstimmen, überschreien und chikaniren, bis er endlich entweder geht oder (welches der gewöhnliche Fall ist) er?
ntüdet, schweigt und das Wasser lau fen laßt, wie es will.
Wie es nach all diesen Folgen um Flor eines Landes, um Familrenwohl-
stand, um Kinderzucht,
um eheliche
und haußliche Glückseligkeit aussehe, und was vollends erst von der anwach
senden Nachwelt erwartet werden müs se, liegt ganz nahe dabei.
Wie lassen sich in einem solchen ?tmd glänzende Thaten, wohlthätige
Rathschläge,
Fürschritte in Wissen
schaften und Künsten/ Emporbrmgung
Handels 'und Wandels, Verbesserung
des allgemeinen Wohl- und Nahrungs
stands erwarten, da alle Belohnungen von Patriotismus und Verdiensten unt
das Vaterland aufhören, alle Vorzüge
und Ehrenstellen nur an dem einen Fa den hangen: ob sie bezahlt und ausge
wogen werden können?
Edle, durch
Vaterlandsliebe und Eifer um da's ge meine Veste sich aüszeichnende,
von
rechtmäßiger Ruhmbegierde zu hoher Thätigkeit belebte Menschen sind über
all selten, in einem solchen Land «bey
sind sie vollends isolirt, weil sie un möglich mit der übrigen großen Kette
von Sklaven zusammenhangen,
an
Menschen, die sie innig verachten, sich
nicht anschließen können; sie sind sich selbst, wie eine tugendhafte Frau, die
durch einen unvermeidlichen Zufall sich sn einem Zirkel vvn Huren befinden
muß.
Wie viel ein Land blos durch
diesen Stillstand von Talenten und ge hemmten Umlauf von
Geisteskräften
verliere/ fühlt es selbst; aber nur sei
ne glücklichere Nachbarn wissen diesen Verlust ju benutzen und zu berechnen. Die den Wissenschaften gewidmete
Jünglinge wohlhabender Eltern wer
den bei Zeiten inne, daß nicht Ver
dienst,
Fleiß und Rechtschaffenheit,
sondern nur Geld, das sie haben, den
Weg zu den Ehrenstellen des Staats bahne; dieß wird die erste Keime des
edlen Triebs nach Ehre und Ruhm in ihnen todten; anstatt den Wissenschaf
ten obzulicgen, werden sie den Ergötz-
lichkeiten nachhangcn und höchstens so viel zu erlernen suchen, um nicht ganz als ein Idiot zu erscheinen.
So wird
er von Universitäten zurück kehren, die Zwischenzeit, anstatt sich mchrers ausjubilden, in Müßiggang zubringen.
und alle Bemühung nur darauf richten, um vor einen übertheuern Preis ein sei ner Unwissenheit und Trägheit anpaf
fendes Amt zu erhaschen. Alle gute Köpfe von geringem Ver mögen, alle Sühne armer Eltern wer
den sich je länger je mehr dem undank
baren Dienst der Wissenschaften entzie
hen, die moralische Krüppel und Stock fische werden dem Land bleiben und gut
genug zu künftigen Vätern des Vater landes seyn sollen.
Daß die Familien der gesammten Dienerschaft und diejenige, so um deS
Dicnsts willen und auf ihren Dienst
heiralhcn, in einem Land, worin der Diensihandel herrscht,
allmälig nach
der Reihe zu Grund gerichtet werden, versteht sich von selbst.
Hat ein solcher Vater Kinder, be sonders Töchter, so ist bei der besten,
sorgfältigsten Erziehung, ohne ein auf# serordentUch großes Vermögen, an de
ren Versorgung (wie man rn manchem Land das Verhnrathen nennt) nicht zu gedenken,
weil er bei keinem einzeln
Krnd mit so vielem Geld aufkommen
kann, als der sich anmeldende Jüng ling zu der Chatouillcsteuer des Fürsten
verlangt und bedarf» Hak er aber wenig Kinder und Ver
wögen, so dürfen seine Töchter noch sa
schlecht erzogen seyn,
wenn sie nur
Geld haben, werden sie immer Man ner finden.
Dieß ist aber alsdann zu
gleich die reiche Quelle der unglückse ligsten Ehen,
weil der junge Mann
Nicht nach der Neigung seines,
viel
leicht vor eine würdigere aber arme Jungfrau schlagenden Herzens, son
dern nur nach Geld wählen können Der geheime Unmuts) bricht früh genug
m lautes Mißvergnügen aus)
der
Disharmonie der Gemächer und dem
.bösen Beispiel der Eltern erfolgt die elendeste Kinderzucht, und aus beidcm
Unglück auf ganze Generationen.
Findet sich aber auch hie und da noch eine erträgliche Verbindung, und
sie wird früh getrennt, welche Seufzer und Angst, welche Gewissensmarteru verursacht alsdann dem an den Rand
der Ewigkeit hinwankenden Mann der
Gedanke, daß er sein und der seiniqen Vermögen unbedachtsam um ein Amt aufgeopferk, dadurch eine ganze Fami
lie, seine gute Frau, seine unschuldige
Kinder arm, elend, hülsios gemacht
'und ihnen Jammer auf ihr ganzes Erdenleben zubereitet habe.
SSßirb die Verbindung nicht früh ge
trennt, so behalt freilich der Eingekaufr te die Wahl: ob er das durch den nie
derträchtigen Diettstkauf sich selbst eingcbrennte Schandmal durch gute Hand-
8o
laugen wieder wegbeizen — oder, wie andere,
ein ganzer Schurk werden
wolle?
Im ersten Fall bleibt sein hingege benes Geld allemal verfahren, Weils unmöglich ist, es wieder zu gewinnen. Sem Amt gewahrt ihm und den Sei-
nrgen ganz buchstäblich nur Unterhalt, Wahrung und Kleider,
wie sie jeder
anderer Taglöhner durch seinen Tag
lohn verdient.
Will er seines Amts
mit treuer Beobachtung seiner Pflich
ten warten, durch Nebenverrichtungen nichts in seinen eigentlichen Dienst ver
säumen, als ein rechtschaffener Mann handeln, sich nicht bestechen lassen, kei ne andere Nebenwege gehen rc. so kann
er schlechterdings, besonders wenn er
Kinder zu erziehen hak, nichts zurück
legen,
stirbt also früh oder spat arm
und hinterläßt eine beklagenswürdige Familie, kann, wenn er will, die Fra«
8i ins Spital und die Kinder ins Way-
senhaus vermachen und doch den Trost
nicht mit ins Grab nehmen: ob er wer
de erhöret werden? Wird aber im andern Fall der Ein
gekaufte ein Schurke, stiehlt und be
trügt, wo und wie er kann, so kann er
wohl nicht nur seines ausgelegten Gel des wieder habhaft werden, noch mehr dazu erbeuten.
aber nur Mannes nach,
den Wegen
mit
sondern
Man spüre
eines solchen
unverwandten
Blicken
so wird man finden, wie der
Fluch vor seiner Thüre rnhk, wie bei allem Geizen und Scharren es immer
wieder wie Wasser zerrinnt und dem reich geglaubten Mann zulczt von sei
nen eigenen Erben die Schlüssel aufs Grab gelegt werden. Bleibt dann aber auch den Kindern derzusammengescharr-
tt Haufen, so merke man, wie unter §
Sr ihren Handen nichts davon gedeihet
und wie sie jedem Unfall des Menschen lebens/ von elterlichem Unsegen noch gedrückt, unterliegen.
Wenn nun dieses Uebel so wahr und groß i|t und dessen Folgen so schrecklich
sind, sollten dann zu dessen Steurung und Ausrottung nicht auch noch ergie
bige Hülfsmittel übrig seyn? Ist doch
kein physisches oder politisches Uebel so groß, dem nicht noch zu rathen wäre!
Das erste und nächste würde freilich
eine herzliche eindringende Vorstellung an den Regenten seyn, wodurch ihm
das Unwürdige und Erniedrigende dec Handlung und deren schädliche Folgen vor ihn selbst, vor seinen Dienst und
Land anschaulich und überzeugend dar gestellt würden.
Welch ein Mann
von Minister müßte es aber seyn, der dieses Geschäft eines Kabinetspro,
ph et en übernähme? und welch «inen
8;
Herrn fezt es voraus, von dem sich der erfreuliche Leider!
Eindruck
erwarten
gemeiniglich leider!
ließe?
hat ein
Herr, der solcher Handlungen fähig ist,
schon vorhinein einen Mann zum Mi nister gewählt, von dem er dergleichen
Bußpredigten nicht zu besorgen hat,
dem er vielmehr mit Gegenvorwürfen
begegnen und ihn dadurch zum baldi gen Stillschweigen bringen kann. Wenn ers dann aber auch wagt, wenn auch
ein ganzes Geheimerathskollegium ge
samter Hand seine Stimme erhebt, so
spricht die Stimme des Eigennutzes nut um so stärker, Fürstenstvlz und Recht
haberei empört sich gegen wohlgemein ten Rath, der als Hofmeistern ausge deutet wird und, um zu sagen, wio eS leider ist:
schämt,
Ein Herr,
der sich nicht
Böses zu thun,
schämt sich
auch nicht mehr, Wenns ihm vorgehal-
ten wird.
Eben so verhält fichs mit der Stim me des Volks, wenn solche auch noch
so laut in die Ohren des Fürsten schallte. Die Zeiten sind vorbei, wo solche Für
sten nach dem Urtheil der ehrbaren Welk noch was fragten.
Wo in einem Land Landstände
sind, muß er sichs freilich gefallen las
sen, wenn ihm diese vor die Stirne hin schreiben :
Schämen sich
Durchlaucht,
Ew.
Ihre eigene Diener zn
Schelmen zu machen.
aber
doch
Der Fürst kennt
unglücklicherweise
seine
Leute,
weis, daß unter diesen selbst Unreine
sind und die ärgste Schreier oft just die grösie; er legt ihre Vorstellung zu an deren Makulatur, thut diesem und je
nem unter ihnen eine kleine Gefällig
keit , grebt ihren Söhnen und Schwie gersöhnen unentgeltlich einen Dienst, so ist damit all seiner Sünden Menge be
deckt und wenn die Klagen auch wie-
verholt werden, bas Papier ist geduld
big, der Fürst weis, woran er ist und
die Sachen bleiben, wie sie sind.
Wenn auch der äußerste Fall untere stellt werden dürfte, der Fall einer Kla ge an den höchsten Reichsgerichten, der noch dazu nur da, wo Laudstände sind, statt finden kann,
darüber fangt
inan so wenig einen Prozeß an, so we
nig man um der Ratte», Mäuse und
Wanzen willen ein ganzes Haus züfammcnreißt.
Würde aber diese Klage
ir.it vielen andern größer» und kleinern
verbunden, so ists ein Konsistorialpro-
zeß zwischen Mann und Frau, wo dem Theil, so Unrecht hat, eine scharfe Pre
digt gehalten wird,
sie doch beisammen.
übrigens bleiben Ja,
wenn der
Kaiser einen solchen Peiniger und Ver führer seines Volks, euren solchen seine
Fürstcnwürde selbst entehrenden Mann,
tinfperren lassen konnte,
wie Könitz
86
Friderich Wilhelm eS
einigemal
den ungezogenen Prinzen seines Hauses
gethan; wenn er einen solchen Tibenus
eine Zeitlang, auf eine Insel Kaprea zum Nachdenken über sich selbst setzen
könnte, dann wars noch was werth,
Prozeß gegen ihn zu führen, aber — Wie aber nun,
wenn ein solcher
Fürst, der ewigen Vorstellungen müde,
endlich die Abstellungen dieses schandlir
chen Misbrauchs selbst verspricht und dadurch seinem Volk das Recht giebt, rhn in wiedc.tommenden Fällen an seine
Zusage zu erinnern?
Bauer, wäre!
Ja, wenn er ein
wenn er ein ehrlicher Mann
Ein Fürst, fähig dergleichen zu
thun, verspricht, wenn er muß und
halt dann, wenn und so viel er will; sein erstes
Versprechen ist schon eia
Meyneid, weil er nicht die aufrichtige
Gesinnung hat, es jemalen zu halten.
Vergebens wird die Hemmung oder gänzliche
Abstellung
dieses
schweren
Uebels von einem solchen Fürsten, es
scye in Güte oder durch Zwang, wartet
werden.
durch
gerad
Die
er
Rettung muß
entgegenwirkende
Mittel geschehen. Wenn einem Kapitel und Stift ein mit seiner Ahnenprobe nicht bestehender,
obgleich sonst ehrlicher unbescholtener Mann, aufgedrungen werden wollte, würde nicht Zettergefchrei dureh ganz
Deutschland erhoben werden?
AHenn
ein Offizier, der. einen Flecken an sei ner Ehre hat, einem Regiment aufge
drungen werden wollte, muß er sich nicht mit allen seinen Kameraden so lang herum schlagen, bis er entweder auf dem Platz bleibt, oder wieder sei nes Wegs geht?
Warum machens
Kollegia mit einem solchen Ehrlosen, der seinen Dienst erkauft hat,
nicht
SS eben so? Wenn einem Kollegia ein sol
cher cingekaufter Chef vorgestellt wird, warum nehmen nicht alle Räthe den
Hut untern Arm, gehen zur Thüre hin
aus und lassen den beschämten Schur
ken stehen? Warum sitzen sie neben ei nem Menschen, der in den Augen recht schaffener Leute sich infam gemacht hat, ehe er noch die Schwelle der Rathstube betreten?
Warum erklären sie nicht
gesamter Hand, ehender nicht zn votircn, bis das räudige Schaf hinausge-
worftn feye und bitten ihren Präsiden
ten , diese gemeinschaftliche Gesinnung und Entschluß vor den Fürsten zu brin
gen?
Wenn alle Kollegia diesem er
sten Beispiel nachfolgten, den Fürsten möchte ich sehen, der Mauerfest genug
wäre,
einen solchen Angriff auszu
halten. Doch, daß Gott erbarm! wir sind
keine Römer noch Britten, wir sind
nur Deutsche,
Christen heißen wir
zwar auch und haben in der Jugend
das Sprüchelchen gelernt:
kaß dich
nicht das Böse überwinden,
sondern
überwinde das Böse mit Gutem —es
find aber auch unter uns —
große
Bärnheuter. Da solchemnach auch dieses nicht zu
hoffen ist, wenigstens noch keine Bei spiele eines solchen dem Strom deS Verderbens entgegen tretenden gemein
schaftlichen Muths bekannt sind,
so
bleibt nur noch ein Mittel übrig, viel leicht das einige,
das hilft:
Wenn
nemlich der Landes-Nachfolger eines
solchen gewissenlosen Fürsten, er heiße nun Sohn, Bruder, Vetter, Agnatrc.
auf eine angemessene, aber in das Pu blikum des ganzen Landes laut spre chende weise die Erklärung bekannt ma chen ließe: daß alle diejenige, welche
sich iu ihre Dienste cingekaust, bei einet
Regierungsveränderung ohne -Ansehen
Her Person, ohne Ausnahme und ohne Barmherzigkeit, kaßirt, zu allen künf
tigen
Landesdicnstrn unfähig erklärt
und damit andere Herren und ihre Lande
nicht mit ihnen betrogen werden, ihre Namen als Treu - und Ehrvergessener,
durch öffentliche Zeitungen bekannt ge macht werden sollten. Da man sich vor den Drohungen
der Fürsten zuweilen so wenig fürchtet, als wenig man ihren Versprechungen
traut, so würdens auf dieses hin noch immer wieder andere von neuem wagen,
sich damit trösten: wer weis, wer den andern überlebt? darauf rechnen, daß der künftige Fürst auch seine schwache
Seite, wobei man ihn fassen könne,
auch wieder Leute um sich haben werde, durch deren Vorsprache und Schutz man
durchschlupfen oder doch nach einiger
Zeit wieder werde angenommen werden.
-r Wenn also eine solche Bekanntmachung geschähe, müßte dieser Herr seine eige
ne Fürstenehre auf eine so feierliche und verbindliche Weise dabei verpflichten,
die ihn vor allen Vorbitten und Zumuthungen eben so sicher stellte,
als
den Herzog-Regent in Frankreich, da
er den Grafen von Horn wegen eines Zweikampfs rädern ließe und seine ei
gene Frau Mutter enthärte, weil er lieber seinen leiblichen Sohn vor seinen
Augen sterben fthen,
als die Gesetze
verachtet und entweiht wissen wollte.
Wie aber nun, wenn die Seuche so allgemein um sich gegriffen hatte, daß
die Dienste des halben Landes mit sol
chen Eingekauften besezt waren,
man
wird doch nicht das halbe Land mit eins abdanken? nicht so viele Fami
lien entehren und unglücklich machen wollen? wo wird man gleich die Leute zu Wiederbesetzung so vieler Stellen
H2 herbekommen? Warum nicht?
Wenn
die Pest in «in Land gekommen, ists freilich ein Unglück,
wenn so viele
Menschen sterben und alle ihre Kleider, oft sogar die Hauser verbrennt und
zerstört werden müssen, davor ists Pest und nicht nur Schnuppen.
Da muß
ganz neuer Grund und Boden gelegt und das Beispiel bis zum Glauben ei ner
neuen
Möglichkeit
ausgerottet
werden.
Und was die Besetzung der ledigen Aemter betriff, — nur um so besser vor die Rechtschaffene, die indessen in der
Stille geharrt, geseufzt und geschmach
tet haben.
Diesen gilt alsdann, was
jener Mann von seiner sterbenden bösen
Frau gesagt:
Wenn du erstickst, so
krieg ich Luft.
Aber unter der Menge unglücklich wcrdknder ist doch auch ein Unterschied,
find doch auch einige minder schuldige, die durch ein solch hartes Verfahren
zwifach gestraft würden, nicht nur ihr
Amt, sondern auch ihr und ihrer Kin
der Vermögen vcrlöhren.
Bei diesen
würde billige Milderung statt finden und könnte ihnen,
suchten Umstanden,
nach wohl unter
ihr ausgelegtes
Blutgcld aus der Mobiliar- und Allo-
dialverlassenschaft des verstorbenen Für
sten ersezt werden.
Die andern möch
ten nach Amerika gehen oder Knechte
bei Bauren werden, denn zu Knech ten schicken sie sich doch am besten. Die Mackler des Fürsten, die sich
zu dem schändlichen Handel gebrauchen lassen und wohl gar dazu angeboten
und
cingcschmeichelt haben,
müßten
aber das dem Land gegebene Aergerniß noch mit einer
öffentlichen Leihes
strafe büßen, zehen Jahre lang, wie
Hofkammrrrath von Bolz« in Men
im Dreckkarren ziehen und dieser
Anwartschaft auch schon jetzo ver ständigt werden.
Hilft auch dieses nichts, so erbar me sich Gott unmittelbar eines solchen unglücklichen Landes.
Sage nicht, der du dieses alles lie sest: das ist Carrikatur! das Gemähl de, wenn auch einige Züge wahr sind,
ist übertrieben; so einen Fürsten, ein Land,
solche
Menschen,
so
solche
Dummköpfe oder eingemachte Schurken giebts nicht in Deutschland. mit, schaue und weine:
Komm
Es ist das
Bild von Deinem bedaurenswürdigen Vaterland!