Ökologische Betriebswirtschaftslehre [Reprint 2018 ed.] 9783486786927, 9783486230376

Sämtliche Betriebswirtschaftliche Funktionen und die Unternehmung als Ganzes werden unter dem Aspekt der Umweltschonung

155 47 55MB

German Pages 668 Year 1995

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Verzeichnis Der Tabellen
1. Umweltschonung Als Betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt
2. Umweltschonung Als Unternehmensethische Komponente
3. Umweltschonung Als Bestandteil Des Zielsystems Der Unternehmung
4. Umweltorientierte Material- Und Fertigungswirtschaft
5. Betriebliche Umweltinformationssysteme
6. Umweltorientierte Investitionen Und Ihre Finanzierung
7. Umweltorientiertes Marketing
8. Organisation Der Betrieblichen Umweltschonung
Literaturverzeichnis
Anhang A. Weitere Tabellen
Stichwortverzeichnis
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Ökologische Betriebswirtschaftslehre [Reprint 2018 ed.]
 9783486786927, 9783486230376

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Ökologische Betriebswirtschaftslehre Von Diplom-Kaufmann

Klaus Tischler KT-ökoconsult Institut für ökologische Unternehmensberatung

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Tischler, Klaus: Ökologische Betriebswirtschaftslehre / von Klaus Tischler. München ; Wien : Oldenbourg, 1996 ISBN 3-486-23037-9

© 1996 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3 - 4 8 6 - 2 3 0 3 7 - 9

Inhaltsverzeichnis 1

U m w e l t s c h o n u n g als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt 1 2 3

Erkenntnisobjekte der Betriebswirtschaftslehre im Wandel der Zeit

1

Die Entwicklung einer ökologischen Betriebswirtschaftslehre

5

Die Chancen einer Öko-BWL

7

3.1

Die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen

3.2

Die Problematik des betriebswirtschaftlichen Modelldenkens ; . 10

3.3

Ökonomische Rationalität als kulturelles Phänomen

13

Ansätze einer umweltverträglicheren Betriebspraxis

14

3.4 3.5 4

1

. .

Die neue Ethikdiskussion in den Unternehmen

Ansätze einer Ökologisierung der BWL 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5

7

. 16 20

Praxisorientierte Ansätze einer Ökologisierung der Unternehmensführung

20

Ansätze einer ökologieorientierten Betriebswirtschaftslehre

24

Systemtheoretische Betrachtung der betrieblichen Umweltschonung

25

Entscheidungstheoretische Ansätze zum Umweltmanagement

33

Integriertes Umweltmanagement als kollektiver Lernprozeß

36

VI

2

Inhaltsverzeichnis

U m w e l t s c h o n u n g als u n t e r n e h m e n s e t h i s c h e K o m p o nente 1

2

Gesellschaftliche Ansprüche an das Unternehmensverhalten

53

1.1

Geschichte der Umwelteingriffe

54

1.2

Gegenwärtige Zivilisationskrisen

55

1.3

Ambivalenzen

56

1.4

Ansprüche an das Unternehmensverhalten . . . .

58

Grundlagen der Wirtschaftsethik

59

2.1

Hoheit versus Freiheit

59

2.2

Moral und Ethik

60

2.3

Erkenntnisfelder der Wirtschaftsethik

61

2.4

Begründungen ethischen Verhaltens

62

2.5

Begründungsprobleme einer normativen Wirtschaftsethik

63

Prozedurale Ethik

64

2.6 3

4

53

Begründungen einer ökologisch orientierten Unternehmensethik

66

3.1

Verschiedene Ansätze

66

3.2

Ökologische Imperative

67

Hindernisse einer ökologisch orientierten Unternehmensethik

68

4.1

Individualethische Hindernisse

69

4.2

Behinderungen durch die Moral der Institution . 71

4.3

Ethische Zielkonflikte in der Organisation

4.4

Behinderungen durch Systemzwänge

73

4.5

Ethikhindernisse durch die Industriekultur . . . .

75

. . . .

72

Inhaltsverzeichnis

5

Praktische Ansätze zur Durchsetzung umweltethischen Verhaltens in den Unternehmen

78

5.1

Bedingungen der betrieblichen Umweltethik . . .

78

5.2

Ansatzpunkte für umweltethische Prozesse im Unternehmen

80

Lernziele der ökologischen Bildung

97

5.3 6 3

V11

Normative Grundsätze der betrieblichen Umweltethik

U m w e l t s c h o n u n g als B e s t a n d t e i l des Z i e l s y s t e m s der U n t e r n e h m u n g 1

Ökologische Orientierung als Unternehmensziel

2

Aufgaben und Inhalte von Umweltschonungszielen

3

4 4

. 102

107 107 . . .113

2.1

Aufgaben umweltorientierter Unternehmensziele

113

2.2

Inhalte von Umweltzielen

114

Umweltmanagement im Rahmen der strategischen Unternehmensausrichtung . . 3.1

Umweltorientierte Grundverhaltensweisen

. . . . 115

3.2

Umweltleitziele

120

3.3

Umweltbezogene Strategieziele

128

3.4

Operationalisierung strategischer Ziele

139

Umweltschonungsziele aus empirischer Sicht

U m w e l t o r i e n t i e r t e Material- und Fertigungswirtschaft 1 2

115

144

151

Grundverständnis material- und fertigungswirtschaftlicher Vorgänge

151

Bedeutung, Ziele, Inhalte, Aufgaben und Organisation einer Ökologisierung der Material- und Fertigungswirtschaft

156

2.1

Bedeutung der Materialwirtschaft zur Lösung betrieblicher Umweltprobleme 156

2.2

Ziele der Ökologisierung der Materialwirtschaft . 159

Vili

Inhaltsverzeichnis

2.3 2.4 3

Aufgaben und Inhalte einer ökologischen Materialwirtschaft

167

Organisation einer ökologischen Materialwirtschaft

172

Umweltgerechte Forschung, Entwicklung und Erzeugnisgestaltung

176

3.1

Grundsätze und Probleme

176

3.2

Organisatorische Hilfsmittel der umweltorientierten Materialwirtschaft

184

4

Material-Bedarfsermittlung

197

5

Umweltorientierte Materialbeschaffung

200

5.1

6

8

200

5.2

Gestaltung einer umweltgerechten Beschaffung . 203

5.3

Instrumente umweltorientierter Beschaffung . . . 205

5.4

Umweltschonende Beschaffung für Büro und Verwaltung

224

Lagerhaltung und innerbetrieblicher Transport

227

6.1

Grundlagen der Lagerorganisation

227

6.2

Ökonomische und ökologische Anforderungen an

6.3 7

Bedeutung der Beschaffung für die betriebliche Umweltschonung

die Lagerhaltung

230

Innerbetrieblicher Transport

235

Fertigungsorganisation unter Umweltaspekten 7.1 Grundzusammenhänge der industriellen Fertigung

237

7.2

238

Umweltorientierung in der Fertigung

Reststoff- und Entsorgungswirtschaft

236

249

8.1

Entwicklung der betrieblichen Abfallwirtschaft

. 249

8.2

Abfallströme und -mengen

250

8.3

Der Abfallbegriff

252

8.4

Abfall- und Entsorgungsprinzipien

254

Inhaltsverzeichnis

8.5

Verwertungs- und Entsorgungswege und -verfahren

258

Entsorgungsverfahren für besonders überwachungsbedürftige Sonderabfälle

264

8.7

Entsorgung von Verpackungen

269

8.8

Betriebswirtschaftliche Aspekte der Entsorgung . 276

8.6

9 5

Warenverteilung/Logistik

Betriebliche Umweltinformationssysteme 1

2

3

IX

281 287

Inhalte und Aufgaben betrieblicher Umweltinformationssysteme

287

1.1

Systematisierung der Verfahren

287

1.2

Funktionen von betrieblichen UIS

290

1.3

Erfassungsrahmen von UIS

295

Verschiedene Ansätze zur Entwicklung von betrieblichen UIS aus dem vorhandenen Rechnungswesen . . . . 398 2.1

Aufgaben des konventionellen Rechnungswesen

2.2

Umweltbezüge in der Buchhaltung/Bilanzierung

299

2.3

Kosten- und Leistungsrechnung

303

Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger Umweltinformationssysteme 3.1

. 398

311

Vorbild/Vorgänger betrieblicher UIS: Sozialbilanzen

311

3.2

Einfache UIS

316

3.3

Ökologische Buchhaltung

329

3.4

Ökobilanzen

333

3.5

Produktlinienanalyse und Produktfolgenabschätzung 347

3.6

Umwelt-Audit

353

3.7

Umwelt-Controlling

368

4

EDV-Unterstützung beim Einsatz betrieblicher Umweltinformationssysteme 372

5

Die weitere Entwicklung von betrieblichen Umweltinformationssystemen

376

X

6

Inhaltsverzeichnis

U m w e l t o r i e n t i e r t e Investitionen und ihre Finanzierung 1

Begriffsproblematik 1.1

379

Der Begriff der betrieblichen Umweltschutzinvestition

381

Der Prozeß der Planung von Umweltschutzinvestitionen

385

2.1

3

Generelle Verfahren der Investitionsplanung und -entscheidung

385

2.2

Planung von Umweltschutzinvestitionen

389

2.3

Investitionsanregungen

393

2.4

Suche von Investitionsalternativen

396

2.5

Beurteilungskriterien für Umweltschutzinvestitionen 397

Umweltorientierte Standortwahl und Bauplanung und -gestaltung 3.1

4

379

Zum allgemeinen Investitionsbegriff in der Betriebswirtschaftslehre

1.2 2

379

Standortwahl unter Berücksichtigung von Umweltaspekten

411 411

3.2

Die Umweltverträglichkeitsprüfung als Bestandteil der Standort- und Investitionsplanung . . . . 417

3.3

Die Berücksichtigung von Umweltaspekten bei gewerblichen Bauvorhaben

421

Finanzierung betrieblicher Umweltschutzmaßnahmen . . 424 4.1

Besonderheiten umweltbezogener Finanzierungsentscheidungen

424

4.2

Der Finanzierungsprozeß

426

4.3

Eigenfinanzierung mit Hilfe von Wagniskapital

4.4

Fremdfinanzierung von Umweltschutzinvestitionen

430

Spezielle Formen der Finanzierung umweltbezogener Investitionen

434

4.5

. 429

Inhaltsverzeichnis

5

7

XI

Öffentliche Finanzhilfen zur Umweltschonung

443

5.1

Beurteilung staatlicher Finanzhilfen

443

5.2

Ubersicht: Umweltschonungs-Förderprogramme . 446

Umweltorientiertes Marketing

453

Inhalte und Intentionen umweltorientierten Absatzverhaltens

453

2

Formen des ökologischen Marketing

457

3

Umweltorientierte Marketingkonzeptionen

460

4

Umweltbezogene Marktforschung

465

1

5

4.1

Das Umweltbewußtsein der Konsumenten

4.2

Das umweltorientierte Konsumverhalten

4.3

Zusammenhänge zwischen Umweltbewußtsein und Umweltverhalten 473

4.4

Analyse des Wettbewerbsverhaltens

Umweltorientierte Absatzstrategien 5.1

6

Umweltbezogene Marktdifferenzierung und Positionierung

470

482 484 484

5.2

Umweltorientiertes Wettbewerbsverhalten . . . . 487

5.3

Produktstrategien

492

5.4

Timingstrategien

495

Umweltorientierte Gestaltung der absatzpolitischen Instrumente

498

6.1

Umweltorientiertes Marketing-Mix

498

6.2

Umweltorientierte Produktpolitik

499

6.3

Umweltorientierte Marktkommunikation

512

6.4

Distributionspolitik unter Umweltgesichtspunkten

528

6.5 7

. . . . 465

Kontrahierungspolitik unter Umweltgesichtspunkten 536

Umweltbezogene Marketingkontrolle

542

X11

Inhaltsverzeichnis

8

Der Handel im umweltorientierten Absatzprozeß 8.1

9 8

. . . . 543

Die Stellung des Handels im umweltorientierten Absatz

8.2 Inhalte der Umweltorientierung beim Handel Gesellschaftliche Kritik am Öko-Marketing

543

. . 548 556

Organisation der betrieblichen U m w e l t s c h o n u n g

561

1

Grundfragen der Organisation

561

2

Aufbauorganisatorische Ansätze zur Organisation des Umweltmanagements

563

2.1 2.2 3 4

Gesetzlich vorgeschriebene Organisationseinheiten

563

Die Organisation offensiver Strategien der Umweltschonung

571

Ablauforganisatorische Aspekte des Umweltmanagements

584

Einbeziehung der Beschäftigten in das betriebliche Umweltmanagement

588

4.1

Personalauswahl und Personalentwicklung . . . . 588

4.2

Motivationsmaßnahmen

4.3

Innerbetriebliche Qualifizierungsmaßnahmen

. . 592

4.4

Außerbetriebliche Qualifizierungsmaßnahmen

. . 596

590

5

Mitbestimmung in der betrieblichen Umweltschonung

6

Verbände und Institutionen zur Förderung des betrieblichen Umweltmanagements

606

Externe Umweltberatung

612

7

Literaturverzeichnis A A n h a n g — W e i t e r e Tabellen 1

. 601

617 631

Ökologische Buchhaltung von Roco-Konserven — Abschluß 1975

632

2

Stoff- und Energiebilanz eines Betriebes in drei Ebenen

634

3

Produktlinienbilanz Neumarkter Lammsbräu

640

Stichwortverzeichnis

645

Abbildungsverzeichnis 2.1

Freiwillige echte Sozialverantwortung der Unternehmung als spieltheoretisches Problem

74

2.2

Voraussetzungen wirtschaftsethischer Prozesse

80

2.3

Elemente einer umweltorientierten richtung

84

Unternehmensaus-

2.4

Phasen eines effizienten Wandlungsprozesses

88

3.1

Betriebliches „Umweltzirkelsystem"

127

3.2

Harvard-Konzept der Strategieentwicklung

129

3.3

Innovationsmanagement

133

3.4

Matrixkonzept und Berücksichtigung von Umwelt-Planungsaspekten

142

4.1

Produktlebenszyklus/Amortisation

156

4.2

Cowboy-Ökonomie

158

4.3

Kreislaufökonomie

160

4.4

Ökologisch erweitertes Zieldreieck

162

4.5

Zentrale Umweltschutz-Stäbe im Unternehmen

175

4.6

Organigramm eines Ressorts Materialwirtschaft/Umweltschutz 177

4.7

Typologie von Umweltschutzinnovationen

181

4.8

Marktpotentialanalyse

211

4.9

ZeitbegrifFe in der Materialwirtschaft

243

4.10 Darstellung eines P P S

245

4.11 Zusammensetzung des Hausmülls

253

XIV

Abbildungsverzeichnis

4.12 Bestand an Hausmülldeponien

UBA

262

4.13 Entsorung besonders überwachungsbedürftiger Sonderabfälle

268

4.14 Verwertungssysteme/Garantiegeber des DSD

273

4.15 Verpackungsrecycling: Der Quotensprung

274

4.16 Neues Lizenz-Entgelt für Grünen Punkt

275

4.17 MTS-System

280

4.18 Verwertungslinien

280

4.19 City-Logistik

285

5.1

Klassifikation von UIS

288

5.2

Umweltbezug im Rechnungswesen

296

5.3

Vorgehensweise eigenständiger Umweltinformationssysteme

297

5.4

Umweltschutzkosten aus betrieblicher Sicht

304

5.5

Kostenträgerrechnung

307

5.6

Wirtschaftliche und soziale Leistungen der Unternehmen 312

5.7

Soziale Kosten und Nutzen

313

5.8

Verlauf der Funktion Fj i n

331

5.9

Leitfaden IHK, Vordruck 3 (Erfassungsliste)

337

5.10 Leitfaden IHK, Vordruck 4 (Vermeidungsmaßnamen) . . 338 5.11 Ökobilanz-Systematik

339

5.12 Struktur der Mohndruck-Ökobilanz

342

5.13 Prozeßbilanz der 1. Ebene für den Funktionsbereich „Verarbeitung" bei Mohndruck 343 5.14 Standortbilanz Neumarkter

346

5.15 P r o d u k t b a u m

352

5.16 ICC Empfehlungen zum Umwelt-Audit

355

XV

Abbildungsverzeichnis

5.17 Maßnahmen zur Umsetzung der EG-Öko-Audit-VO

. . 360

5.18 Neumarkter Lammsbräu: Öko-Controlling

369

5.19 Umwelt-Controllingsystem als Projekt

371

5.20 Komponenten eines BUIS

372

5.21 Erweitertes CIM-Konzept

375

6.1

Stufen der Investitionsplanung

386

6.2

Entscheidungsprozeß bei Umweltschutzinvestitionen

6.3

Leasing

435

6.4

Contracting im Betreibermodell

439

6.5

Energiekosteneinsparung

440

6.6

Factoring

442

7.1

Umweltorientierung der Absatzleistung im Spannungsfeld verschiedener Einflüsse

456

7.2

Ökologie-Push- und Ökologie-Pull

457

7.3

Bestimmungsfaktoren der Nachfrage auf Umweltschutzmärkten

459

7.4

Ökologie-Portfolios: Einflußfaktoren

463

7.5

Produkt-Markt-Matrix

464

7.6

Umweltbewußtsein

471

7.7

Umweltbewußtsein und Einkaufsmenge ökologisch problematischer Produkte

474

. . 390

7.8

Akquisitorisches Potential eines Nischenanbieters

. . . . 491

7.9

Umweltorientierte Gestaltungselemente im Rahmen des Marketing-Mix

500

7.10 Öko-Sponsoring

524

7.11 Der Handel als Gate-Keeper

545

XVI

Abb ildungsverzeichnis

8.1 8.2

Umweltmanagement Stäben (I)

mit zentralen

Umweltmanagement Stäben (II)

mit zentralen

und

dezentralen 573

und

dezentralen 573

8.3

Abteilung „Umweltschutz" in der Linienorganisation

8.4

Integriertes Umweltmanagement in der Linienorganisation

578

8.5

Matrixorganisation

580

8.6

Aufgaben-/Zuständigkeitsmatrix

586

8.7

Umweltschutz in der Weiterbildung

593

8.8

Organisationen zur Förderung des betrieblichen Umweltmanagements

607

Organisation des Umweltschutzes

615

8.9

. . 576

Verzeichnis der Tabellen 1.1

Ausgewählte Ansätze zum betrieblichen Umweltschutz und Umweltschutzmanagement in der betriebswirtschaftlichen Forschung

26

3.1

Wichtigkeit der Unternehmensziele

146

3.2

Einfluß des Umweltschutzes auf Unternehmensziele . . . 147

4.1

A B C - X Y Z - K l a s s i f i z i e r u n g der Umweltverträglichkeit von Stoffen

190

4.3

Vendor-Rating-System

213

4.4

Fragebogen für eine Stoffliste

217

4.5

Fragen zur Entsorgung

220

4.6

Recycling: Schätze im Müll

259

4.7

Sonderabfallexporte

269

4.8

Bundesweiter Verbrauch an Verpackungen

270

5.1

Instrumente der ökologischen Rechnungslegung

291

5.2

Stufenweise Fixkosten-Deckungsrechnung

310

5.3

Auszug aus der Sozialbilanz der S T E A G A G

315

5.4

Checkliste 1: Umweltbezogene Standortbestimmung des Unternehmens

323

5.5

Checkliste 2: Leistungsanalyse des Unternehmens . . . .

324

5.6

Checkliste 3: Vergleichende Belastungsanalyse (1) . . . . 325

XVIII

Verzeichnis der Tabellen

5.7

Checkliste 3: Vergleichende Belastungsanalyse (2) . . . . 326

5.8

Auszug aus einer Grobcheckliste der Betriebsbereiche . . 327

5.9

Auszug aus einer Detailcheckliste „Abfall"

328

5.10 Produktfolgenmatrix

350

5.11 Umweltmanagementsystem im Vergleich zum Qualitätssicherungssystem

358

6.1

Beispiel einer Nutzwertanalyse

410

6.3

Einteilungskriterien für Förderprogramme

447

7.1

Die größten Handelsunternehmen in Deutschland . . . . 546

7.2

Handlungstypen des ökologischen Marketing

547

Anhang A.l

Ökologische Buchhaltung von Roco-Konserven — Abschluß 1975

632

A.2 Stoff- und Energiebilanz eines Betriebes in drei Ebenen

633

A.3 Produktlinienbilanz Neumarkter Lammsbräu

636

Kapitel 1

U m w e l t s c h o n u n g als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt 1

Erkenntnisobjekte der Betriebswirtschaftslehre im Wandel der Zeit

Die kaum mehr als 100jährige Geschieht,e der modernen Betriebswirtschaftslehre kann als durchaus turbulent bezeichnet werden. In kaum einer anderen wissenschaftlichen Disziplin ist in so kurzen Zeiträumen mit solcher Heftigkeit darum gestritten worden, was eigentliches Erk e n n t n i s o b j e k t der Disziplin ist. Heute läßt, sich wohl feststellen, daß es die Betriebswirtschaftslehre nicht gibt, daß vielmehr eine Fülle verschiedenster Konzepte, Ansätze und Forschungsgegenstände nebeneinander stehen. Deren wesentliche Gemeinsamkeit besteht darin, daß sie sich als Gegenstand der gleichen Wissenschaftsdisziplin betrachten. Hinzu kommt, daß in einzelnen Ländern oder Kulturkreisen die Entwicklung eine unterschiedliche Richtung genommen hat. Die Fortentwicklung in Deutschland kann dabei durch die folgenden Phasen bzw. Hauptrichtungen beschrieben werden: D i e praktisch—normative B W L S c h m a l e n b a c h s Ihr Erkennt,nisobjekt war die betriebliche P r a x i s . Empirisch—induktiv wurden betriebliche Phänomene analysiert, um daraus allgemeine Erkenntnisse bzw. Gesetzmäßigkeiten zur Steigerung der Rentabilität des Unternehmens abzuleiten. Diese BWL verstand sich als a n g e w a n d t e Lehre,

2

Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

deren Erkenntnisse unmittelbar der O p t i m i e r u n g des B e t r i e b s g e s c h e h e n s dienen sollten. Entsprechend waren ihre Hauptgegenstände ausgerichtet: Bilanzierung, Kostenrechnung, Finanzierung, Preispolitik. Die Schmalenbachsche BWL verstand sich als wertfrei; sie wollte keine Werturteile über die Ziele des unternehmerischen Handelns abgeben. Die betrieblichen Ziele der Gewinnmaximierung wurden dabei als empirisch nachgewiesene Handlungsnorm unterstellt und nicht weiter hinterfragt. In diesem Sinne sahen die Vertreter dieser BWL die individuelle Rationalität kapitalistisch-marktwirtschaftlicher U n t e r n e h m e r als natürlich gegebene Handlungsgrundlage an. D i e e t h i s c h - n o r m a t i v e B W L ( N i c k l i s c h ) Während die Schmalenbachsche BWL empirisch festgestelltes Handeln über das Erkennen von Gesetzmäßigkeiten optimieren will, ist der Ansatz von Nicklisch im Gegensatz dazu darauf gerichtet, das betriebliche Handeln zu b e w e r t e n . W e r t u r t e i l e sollen einen Idealzustand betrieblicher Ziele und Handlungen derart feststellen, daß daraus Handlungsweisen abgeleitet werden können, die zur Erreichung dieser Ziele hinleiten, eben ethisch begründete Normen. Im Mittelpunkt des Zielsystems steht dabei der Mensch mit seinen natürlichen Bedürfnissen. Nicklisch negiert damit das individuell-optimierende Handlungsprinzip des Kapitalismus. Er stellt das Prinzip der gemeinwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit dagegen. Was dabei Ziele einer Gemeinwirtschaft sind oder sein können, ist Ausdruck des jeweiligen gesellschaftlichen Wertesystems. Alles, was an betriebswirtschaftlichem Handeln nicht mit diesem Wertesystem harmoniert, wird als ungerecht oder unsozial abgelehnt. D i e f a k t o r t h e o r e t i s c h e B W L G u t e n b e r g s Anders als bei der ethisch-normativen BWL sieht Gutenberg das Betriebsgeschehen ausschließlich f u n k t i o n a l in der Produktivitätsbeziehung zwischen dem Einsatz der P r o d u k t i o n s f a k t o r e n (Betriebsmittel, Werkstoffe, Arbeit) und dem Faktorertrag. Als wertfreies, d. h. nicht zu hinterfragendes Ziel der Unternehmung wird dabei die erwerbswirtschaftliche Ausrichtung mit dem Ziel der e i n z e l w i r t s c h a f t l i c h e n G e w i n n m a x i m i e r u n g unterstellt. Die Gutenbergsche BWL zielt auf eine exakte Theorienbildung, ohne dabei nach der Praxisrelevanz der gewonnenen Erkenntnisse zu fragen. Unter Zuhilfenahme mathematischer Darstellungs- und Erklärungsformen wird modellhaft—deduktiv versucht, b e t r i e b s w i r t s c h a f t -

1 Erkenntnisobjekte der Betriebswirtschaftslehre

im Wandel derZeit

3

liehe U r s a c h e - W i r k u n g s z u s a m m e n h ä n g e der erwerbswirtschaftlich orientierten Unternehmung abzuleiten. Einer der Kritikpunkte an dieser „reinen Lehre" wird im „Modellplat o n i s m u s " gesehen. Die Abstraktion von der komplexen Realität mit der Konstruktion vereinfachter, realitätsferner Modelle wird z . T . als wirklichkeitsfremde Spekulation ohne praktischen Erkenntniswert, als reine K u n s t l e h r e verstanden (z.B. bei Mellerowicz). D i e e n t s c h e i d u n g s o r i e n t i e r t e B W L ( H e i n e n u . a . ) Die BWL erfährt hier eine s o z i a l w i s s e n s c h a f t l i c h e Öffnung. Wirtschaftliches Handeln wird als Treffen v o n E n t s c h e i d u n g e n verstanden. Die BWL entwickelt sich damit tendenziell von einer I n s t i t u t i o n e n l e h re zu einer V e r h a l t e n s lehre. Sie orientiert sich damit stärker in die Richtung der a m e r i k a n i s c h e n M a n a g e m e n t l e h r e , die schon auf eine längere Tradition aus der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts zurückschaut (z.B. Mayo 1926). Uber die reine Beschreibung menschlichen Verhaltens in betrieblichen Entscheidungsprozessen hinaus will die BWL hier praktische Hilfen zur Lösung betriebswirtschaftlicher Probleme geben. Eine solche Lehre ü b e r das o p t i m a l e F ü h r e n von erwerbswirtschaftlichen Organisationen hat dazu geführt, die Erkenntnisbereiche von immer zahlreicheren Disziplinen aufzunehmen. Neben der Einbeziehung von Verhaltenswissenschaften (Soziologie, Psychologie) kommen im Rahmen der systemtheoretischen Ausrichtung formalwissenschaftliche Disziplinen wie Systemforschung, Informatik, Planungsforschung u.ä. hinzu. Man kann in diesem Zusammenhang nicht mehr von einer einheitlichen Ausrichtung und Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre sprechen. Vielmehr hat sich ein fast undurchschaubares Nebeneinander verschiedener BWL-Schulen entwickelt (Staehle 1989). Schließlich stellt sich sogar die Frage, ob hier noch von einer Betriebswirtschaftslehre oder nicht sinnvoller von einer angewandten Soziologie, Psychologie etc. zu sprechen ist. D i e s y s t e m o r i e n t i e r t e B W L ( S t . Gallener Schule) Besondere Bedeutung innerhalb der Vielfalt von vor allem von der Methodik her unterschiedlichen Ansätzen der 80er Jahre hat die „ s y s t e m o r i e n t i e r t e B W L " bekommen (vor allem H. Ulrich 1985). Während die entscheidungsorientierte BWL die Erkenntnisgewinnung auf die Funktion des Entscheidens in bestimmten Unternehmerissituationen beschränkt, erhebt die systemorientierte Managementlehre den Anspruch, Führung und Entscheidungen in komplexen Gesamtzusammenhängen zu thematisieren. Die Unternehmung soll danach als „menschliches System"

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Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

betrachtet werden, um Probleme der Unternehmensführung zu analysieren und zu optimieren. Die Erkenntnisbereiche sind dabei drei verschiedenen Ebenen zuzuordnen (Hopfenbeck 1989, S. 29): • Die materielle Ebene Die Managementfunktion besteht vor allem in der rationellen, planerischen Gestaltung der unternehmerischen Input-Output-Beziehungen. Die Optimierung dieser Beziehungen ist- über quantifizierbare Größen mit Hilfe von Rechenmodellen vorzunehmen. • Die funktionelle Ebene Das Funktionieren der Unternehmung besteht in der Erhaltung und Entwicklung von Beziehungen zu ihrer Umwelt, wobei informatorische Prozesse entscheidend sind. Aufgabe des Managements ist es dabei, der Unternehmung die Fähigkeit zur S e l b s t o r g a n i s a t i o n und Selbstl e n k u n g zu geben. Zunehmend wird dabei die strategische Planung als systemisch—evolutionärer A n s a t z (Malik) gesehen, wobei die Unternehmung unter Beachtung unsicherer Planungsdaten vorsichtig tastend in die Zukunft hineinentwickelt werden soll. • Die Sinnebene Aufgabe des Managements ist die B e s t i m m u n g d e r gesellschaftl i c h e n V e r a n t w o r t u n g der U n t e r n e h m u n g und die Entwicklung und Einbeziehung von W e r t v o r s t e l l u n g e n für die Mitarbeiterführung und Gestaltung der Außenbeziehungen. Die K o n f l i k t l i n i e n zwischen erwerbswirtschaftlichem Stieben auf '.er einen und Aspekten der Humanisierung der Arbeitswelt bzw. der Beachtung ökologischer Ziele auf der anderen Seite werden gegenüber der faktortheoretischen BWL nicht grundlegend anders gezogen. Auch hier erfolgt die Beachtung dieser Bedingungen weitgehend in dem Maße, wie sie sich in g e l d w e r t e n Vorteilen rechnen lassen (materielle Ebene). Das bedeutet, Humanisierung wird im Rahmen der M o t i v a t i o n s f ö r d e r u n g und Leistungssteigerung thematisiert, Umweltschutz in dem Maße, in dem er zur Rentabilitätssteigerung nützt. In dem Maße, wie die dritte Ebene (Sinnebene) in die Managementlehre einbezogen wird, gewinnt das Hinterfragen des betrieblichen Zielsystems bzw. die Frage der sogen. W e r t f r e i h e i t wieder an Bedeutung. Insofern findet eine Wiederbelebung der ethisch-normativen BWL (Nicklisch) ansatzweise s t a t t . In diesem Rahmen entstehen neue Denkansätze.

2 Die Entwicklung einer ökologischen Betriebswirtschaftslehre

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D i e Entwicklung einer ökologischen Betriebswirtschaftslehre

In den 80er Jahren wird unter dem Eindruck p u n k t u e l l e r U m w e l t k a t a s t r o p h e n und w a c h s e n d e r D a u e r b e l a s t u n g e n und deren Folgen deutlich, daß die vorherrschende Produktions- und Konsumweise der Industrienationen e x i s t e n z b e d r o h e n d e K r i s e n s y m p t o m e zeigt. Dieser Feststellung können sich auch die Wirtschaftswissenschaften nicht verschließen. So entstehen erste Umrisse einer volkswirtschaftlichen Umweltökonomie. Deren Ziele liegen vor allem in drei Bereichen (Wicke 1989, S. 13): • Sie soll im Rahmen der Theorienbildung einen Beitrag zur Wohlstandsoptimierung innerhalb einer Volkswirtschaft leisten, wobei der Faktor Umweltqualität als wesentlicher Bestandteil dieses Optimums anzusehen ist; • sie soll einen Beitrag zur optimalen Gestaltung der gesellschaftlichen Umweltkosten liefern; • sie soll die praktische Politik in bezug auf die Gestaltung umweltrelevanter Politikbereiche beraten und Entscheidungshilfen liefern. In diesem Zusammenhang wird die Vorstellung einer ö k o l o g i s c h orie n t i e r t e n M a r k t w i r t s c h a f t entwickelt und propagiert. Sie soll das Grundprinzip des Ordnungsrahniens der sozialen Marktwirtschaft um die ökologische Dimension erweitern. Dazu sollen Vorstellungen über veränderte Rahmenbedingungen des ökonomischen Handelns entwickelt werden sowie marktwirtschaftliche Instrumente, die ökonomisches Handeln unter Berücksichtigung von Umweltschonungsaspekten ermöglichen. Die Anpassung erfolgt dabei auf zwei Ebenen. Einmal ist überall dort hoheitlicher Regelungsbedarf einzusetzen, wo die Kräfte des Marktes systembedingte Umweltbelastungen hervorbringen. Zum anderen sind die Marktkräfte so einzusetzen, daß mit den Mitteln der Marktwirtschaft produktionsbedingte Umweltbelastungen vermieden werden können. „ M e h r U m w e l t s c h u t z d u r c h Eigennutz" lautet das Prinzip, mit dem die Umweltprobleme dabei angegangen werden sollen. Das G e w i n n - und E i g e n n u t z s t r e b e n von Konsumenten und Produzenten soll dazu genutzt werden, freiwillig aus ökonomischen Gründen auf umweltbelastende Handlungen zu verzichten. Das setzt allerdings voraus, daß sich die gesamte Umweltnutzung und -belastung privatisieren u n d m o n e t a r i s i e r e n läßt. Der Einsatz von handelbaren U m w e l t n u t z u n g s r e c h t e n oder von U m -

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Kap. I: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

w e l t a b g a b e n o d e r - s t e u e r n sind Instrumente, die solchen Zwecken dienen könnten (Tischler 1994b, S. 155ff). Trotz eines mittlerweile weit entwickelten theoretischen Gerüstes von marktwirtschaftlichen Instrumenten einer solchen ökologischen Marktwirtschaft sind die praktischen Umsetzungsversuche noch eher bescheiden. Vor allem unter dem Einfluß einer rezessiven Wirtschaftsentwicklung gewinnen die Wirtschaftskräfte an Einfluß, die sich einer Veränderung der Rahmenbedingungen zur Berücksichtigung von mehr Umweltschutz widersetzen. So ist die deutsche Umweltpolitik noch weitgehend von ordnungsrechtlichen Maßnahmen (Ge- und Verboten, Genehmigungen etc.) geprägt. Neue Lebens- und Arbeitsmodelle, wie sie in den 70er Jahren in der sogenannten A l t e r n a t i v w i r t s c h a f t der sozialen Bewegungen entwickelt und in Ansätzen gelebt wurden, scheinen zum Ende des Jahrhunderts eher wieder in der Versenkung zu verschwinden. Trotz wachsender Erwerbslosigkeit und Sättigungstendenzen in wichtigen Konsumbereichen ist das von E r w e r b s a r b e i t beherrschte G e s e l l s c h a f t s m o d e l l nach wie vor dominant. Die betriebliche Praxis wird in dieser Phase von gesellschaftlichen Turbulenzen miterfaßt. Wachsende Arbeitslosigkeit, Nachfragerückgang, Konkurrenzdruck durch Billiganbieter in Ost und Süd, strukturelle Brüche in traditionell prosperierenden Branchen führen zu Anpassungsdruck. Eine immer deutlicher zutage tretende Schädigung der natürlichen Lebensbedingungen wird ebenfalls größtenteils den Unternehmen bestimmter Branchen angelastet. Die staatlichen Rahmenbedingungen zur Durchsetzung der durch die Produktion verursachten Umweltbelastungen verschärfen sich ständig. Unternehmen r e a g i e r e n großenteils auf die neuen Umwelt,normen, umfassende vorsorgende Umweltverhaltensweisen sind nach wie vor eher die Ausnahme. Die Betriebswirtschaftslehre als angewandte Wissenschaft ist in diesem Zusammenhang gefordert, ein fundiertes Handlungsgerüst für eine nachhaltige Berücksichtigung von Umweltschutzaspekten im betrieblichen Geschehen bereitzustellen. Wicke (1992, S. 19) sieht die Stellung einer „betrieblichen Umweltökonomie" dabei im folgenden: „Betriebliche Umweltökonomie ist die Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre, die die Beziehungen des Betriebes zu seiner natürlichen Umwelt und die Einwirkungen der Umwelt und ihrer Qualität sowie der Umweltpolitik auf den

3 Die Chancen einer Öko-BWl,

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Betrieb darstellt und analysiert und die die Möglichkeiten des Betriebes aufzeigt, wie er entsprechend seiner Zielsetzung (z.B. der langfristigen Gewinnmaximierung und der Sicherung seiner Existenz) den umweltbezogenen Erfordernissen des Marktes, des Staates und der Gesellschaft am besten gerecht wird." Weitergehende Forderungen gehen dahin, den G e s a m t a n s a t z bet r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e n D e n k e n s und H a n d e l n s auf ein neues Fundament zu setzen, das weniger g e l d ö k o n o m i s c h als vielmehr stoffb e s t i m m t ist (z.B. Pfriem 1986). Eine solche Weiterentwicklung der BWL - man könnte auch von einem G e g e n e n t w u r f zur vorherrschenden Wissenschaftsausrichtung sprechen - könnte ein n e u e s W i r t s c h a f t s p a r a d i g m a einleiten. Auf der Grundlage e i n e s s t o f f l i c h e n e r g e t i s c h a u s g e r i c h t e t e n Ziel- und W e r t e s y s t e m s könnte ein ne.es ö k o n o m i s c h e s D e n k - und H a n d l u n g s m u s t e r das einzelwirtschaftliche Verhalten neu definieren. Ungeklärt bleibt in diesem Zusammenhang allerdings, in welchem Verhältnis eine solche Wirtschaftsweise zur gegenwärtigen Form individuell -erwerbswirtschaftlichen Strebens stehen kann.

3 3.1

Die Chancen einer Öko-BWL Die wissenschaftlichen Auseinandersetzungen

Das Einbringen des F a k t o r s N a t u r in das Gerüst der Betriebswirtschaftslehre ist von heftigen Turbulenzen begleitet. Grundsätzlich kämpfen Wirtschaftswissenschaftler um die Anerkennung ihrer Disziplin im Reigen der etablierten Wissenschaften und gegenüber der betrieblichen Praxis. In diesem Zusammenhang ist die Auseinandersetzung um eine „ Ö k o l o g i s i e r u n g " der BWL zu sehen. Wie oben bereits angedeutet wurde, ergeben sich die Ursprünge des Forschungsgegenstandes der BWL aus der Praxis des marktwirtschaftlichen Systems. Im Sinne eines empirisch-normativen Vorgehens werden einzelwirtschaftliche Vorgänge beobachtet und beschrieben, dann nach ihren typischen Merkmalen selektiert, gruppiert und daraus Kausalzusammenhänge abgeleitet. Auf dieser Basis werden Normen über das „richtige" Führen von Betrieben entwickelt. Was, wann und wo von wem produziert wird, bestimmt danach die Logik der Kapitalrentabilität.

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Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

Diese Art der Wissenschaftsausrichtung genießt den Vorteil, daß sie als angewandte Wissenschaft auf e m p i r i s c h e n Grundlagen eine gewisse allerdings nicht überzubewertende - Praxisnähe bzw. -relevanz besitzt. Andererseits sieht sie sich der Kritik ausgesetzt, lediglich V e r f ü g u n g s w i s s e n s c h a f t zur Z e m e n t i e r u n g des kapitalistischen Herrs c h a f t s i n s t r u m e n t a r i u m s zu sein. Die individuell ausgerichtete Kapitalverwertungslogik steht dabei zunehmend in einem Spannungsverhältnis zur volks- bzw. gemeinwirtschaftlichen Betrachtung. In bezug auf die Umweltproblematik bedeutet das, die Logik marktwirtschaftlichen Verhaltens zwingt das einzelne Unternehmen, möglichst viele Effekte zu e x t e r n a l i s i e r e n . Praktisches Beispiel: Es ist einzelwirtschaftlich effektiver, den eigenen Sondermüll als Reststoff in ein Entwicklungsland zu exportieren als ihn aufwendig im eigenen Einflußbereich zu neutralisieren. Eine entsprechende Handlungsweise ist betriebswirtschaftlich rational, widerspricht aber dem Gemeinwohl. Für die Betriebswirtschaftslehre Gutenbergs und seiner Nachfolger existiert dieser Widerspruch zwischen einzelwirtschaftlicher und gemeinwirtschaftlicher Betrachtung nicht. Danach ist die BWL eine w e r t freie W i s s e n s c h a f t , die auf dem zeit- und systemunabhängigen Prinzip der a l l g e m e i n e n V e r n u n f t (Rationalprinzip) basiert. Auf die Wirtschaft übertragen kann es als ökonomisches Prinzip mengen- oder wertmäßig definiert werden. Nach der wertmäßigen Definition zwingt die Knappheit der Güter und Geldmittel die Menschen dazu, mit einem gegebenen Aufwand an Finanzmitteln einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen (Maximalprinzip) bzw. einen bestimmten Geldertrag mit möglichst niedrigem Finanzaufwand zu erwirtschaften (Minimalprinzip). Dieses Prinzip repräsentiert unabhängig von subjektiv bestimmten ethischen Normen die Wahrheit an sich. Gutenberg bezeichnet diese individuell ausgerichtete Rationalität als a n t h r o p o l o g i s c h e K o n s t a n t e . Er sieht den Menschen damit in einer derartigen Denkund Handlungsweise genetisch programmiert. Die herrschende BWL konstituiert sich auf der herrschenden Praxis. Sie hat damit - zumindesten im Rahmen des herrschenden Systems - keine Akzeptanzprobleme. Das Zielsystem ist systemimmanent; der Vorwurf mangelnder Praxisrelevanz ergibt sich aus der unterstellten Vereinfachung der Bedingungen des ökonomischen Verhaltens. Einer

3 Die Chancen einer Öko-BWL

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ökologischen BWL mit Ansätzen eines anderen Paradigmas dagegen wird eine grundsätzliche Existenzberechtigung abgesprochen (Ridder in: Pfriem 1986, S . 7 1 f ) . Ihr wird eine Dilemmasituation unterstellt: „Entweder sie wird von der herrschenden BWL als ethisch-normativ und interessenbehaftet zurückgewiesen oder sie wird in die herrschende BWL integriert, ohne daß die ursprünglichen Ziele beibehalten werden können(Ridder, a. a. 0. S. 71). Der Vorwurf konkret: Entweder die ökologischen Ansätze, Erklärungsversuche und Handlungsanleitungen sind mit der herrschenden Verwertungslogik konform, dann werden sie zwar angenommen, aber sie repräsentieren keine neue BWL; sie sind mit dem bekannten Instrumentarium zu erklären - oder sie begründen ein anderes Paradigma des Wirtschaftens jenseits der herrschenden Rationalität. Dann werden sie von dieser herrschenden Praxis als ideologische Spinnerei ignoriert und verworfen, sie verkommen zur reinen Kunstlehre. Einerseits sind diese Vorwürfe nicht leichtfertig abzutun, andererseits bedeutet ein Verharren auf dieser Rationalität, wie sie in der herrschenden BWL als unverrückbar gegeben unterstellt wird, eine Ignoranz der negativen Folgen wirtschaftlichen Handelns für die Natur. Das wirtschaftliche Dilemma findet seine Begründung dabei in den unterschiedlichen Funktionen der Volks- und Betriebswirtschaftslehre. Die BWL entwickelt, Gestaltungsmuster zur Optimierung des individuellen Nutzens nach dem e r w e r b s w i r t s c h a f t l i c h e n Prinzip. Uber e x t e r n e E f f e k t e wird dabei das Gemeinwohl zunehmend tangiert. Die VWL hat dagegen die Optimierung des Gemeinwohls zum Gegenstand. Sie hat über die Erklärung und Gestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dem individuellen Handeln die Grenzen aufzuzeigen. D e r w i r t s c h a f t e n d e M e n s c h ist in s e i n e m i n d i v i d u e l l e n E r w e r b s s t r e b e n v o r der k o n s e q u e n t e n V e r f o l g u n g seiner eigen e n I n t e r e s s e n zu s c h ü t z e n . Mit der Entwicklung und Umsetzung der dazu notwendigen Instrumentarien sind vor allem die Rechts- und Wirtschaftspolitik beschäftigt. Eine derartige Betriebswirtschaftslehre, die an den Hochschulen die Denkhaltung zukünftiger Führungskräfte der Wirtschaft prägt, muß sich kritischen Fragen stellen. Dazu gehört vor allem die Auseinandersetzung um b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e W e r t u r t e i l e bzw. die Frage nach dem b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e n Z i e l s y s t e m . Eine normativ—ethisch a u s g e r i c h t e t e B W L auf der Basis eines ö k o l o g i s c h e n P a r a d i g m a s (d.h. mit Empfehlungen für ein umweltverträglicheres Wirtschaften) kann nicht ohne weiteres an die Stelle

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Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

der herrschenden Denkmuster treten. Sie ist zum Scheitern verurteilt, wenn es nicht gelingt, Hand in Hand mit einer sich ändernden Realität sich neu entwickelnde Denk- und Handlungsmuster theoretisch zu begleiten und zu unterstützen. In diesem prozessuralen Sinne soll das folgende Plädoyer für eine naturgerechtere Betriebswirtschaftslehre verstanden sein. Vier Argumentationslinien können dabei die Rechtfertigung einer solchen Öffnung der BWL stützen: 1. Das Rationalprinzip erklärt die ökonomischen Wahlhandlungen nicht hinreichend; 2. die gegenwärtige Rationalität ist das Ergebnis einer - überwindbaren - kulturellen Entwicklung; 3. die herrschende Praxis wird durch die herrschende Theorie nicht hinreichend erklärt; 4. eine neue wirtschaftsethische Diskussion der Akteure entwickelt, Ansätze neuer Werthaltungen. 3.2

Die P r o b l e m a t i k des betriebswirtschaftlichen Modelldenkens

Ein objektiv funktionierendes Modell des ökonomischen Verhaltens wird wohl eine nicht zu realisierende Wunschvorstellung der Sozialwissenschaftler bleiben. Die Suche nach verläßlichen Erkenntnissen über das Unternehmerverhalten wird aufgrund der Komplexität der Variablen immer unvollkommen sein. Begriffsunsicherheiten, Unklarheiten der Operationen, Irrelevanz der Experimente, Unbeweisbarkeit von Theorien und ein kultureller Relativismus stehen dem realitätsnahen M o d e l l entgegen (Ziman 1982, S.150). Der generelle Versuch, soziale Phänomene durch Quantifizierung nach naturwissenschaftlichen Methoden zu erklären, kann aufgrund des Komplexitätsproblems nicht befriedigend gelöst werden. Das gilt im besonderen für eine Wissenschaftsausrichtung, die Normen für ein verändertes Verhalten aufstellen will, sich also nicht einmal an den Phänomenen einer herrschenden Realität orientieren kann. Dennoch gehorchen soziale/ökonomische Vorgänge bestimmten Regelmäßigkeiten, ist das menschliche Verhalten in bestimmten Situationen weitgehend verläßlich. „Schließlich hat der M e n s c h durch V e r s u c h und I r r t u m viele u n b e w u ß t e D e n k w e i s e n entwickelt,

3 Die Chancen einer Öko-BWL

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die i n t a k t e P r i n z i p i e n u n b e w e i s b a r e r G e d a n k e n g ä n g e verkörp e r n " ( Z i m a n 1982, S. 151). Sie bestimmen als Leitlinien das Handeln, ohne umfassend theoretisch ergründbar und erklärbar zu sein. Im einzelnen mag der Mangel an Folgerichtigkeit dabei für die praktische Bedeutung unmaßgeblich sein. In diesem Sinne einer als e r f a h r u n g s g e m ä ß v o r t e i l h a f t empfundenen Verhaltensweise ist das Erwerbsstreben in seiner gegenwärtigen Prägung zu betrachten. Die Auffassung von Wirtschaftlichkeit als verabsolutierter Zweck-Mittel-Relation, wie Gutenberg sie als anthropologische Konstante für alle Lebensbereiche sieht, muß angezweifelt werden. So werden die Ziele menschlichen Handelns ignoriert. Wirtschaften geschieht nicht des Wirtschaftens wegen, sondern wegen originärer menschlicher Bedürfnisse. Das Rationalprinzip kann aufgrund seiner vereinfachenden Struktur diese komplexen Bedürfnisse nicht hinreichend erklären. Es gibt weder ein Gebot der individuellen Gewinnmaximierung noch das Wissen, wie man das Maximum sicher erreicht. Also wird das Zielsystem individuell g e s t a l t e t . Das maximierende Erwerbsstreben ist in der Realität durch eine Fülle von N e b e n b e d i n g u n g e n eingeschränkt, die im Rahmen der Unternehmertätigkeit erfüllt, sein können oder müssen. Dem „ideal—objektiven" Gewinnstreben des homooeconomicus in konventionellen Modellkonstruktionen ist das „ r e a l o b j e k t i v e " Gewinnstreben des Realunternehmers gegenüberzustellen (Bidlingmaier 1964, S.94). Reale Gewinnerzielung erfolgt damit unter ökonomischen und außerökonomischen Nebenbedingungen. 1. Begrenzte Gewinnerzielung dingungen

unter außerökonomischen

(a) Unter maximalen außerökonomischen (z.B. Gewinnlimitierung bei maximaler heit, bei maximalem Prestige usw.)

Nebenbe-

Nebenbedingungen Macht bzw. Sicher-

(b) Unter minimalen außerökonomischen Nebenbedingungen (z. B. Gewinnlimitierung unter Wahrung der Selbständigkeit. unter der Norm der Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Fairneß u. ä.). 2. Begrenzte Gewinnerzielung gen (a) Unter maximalen

unter ökonomischen

ökonomischen

Nebenbedingun-

Nebenbedingungen

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Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

i. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung der Umsatzmaximierung bzw. Marktanteilsmaximierung ii. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung der bestAbnehmöglichen Versorgung der Arbeiter und/oder mer maximaiii. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung ler Kapazitätsauslastung (Vollbeschäftigung der Unternehmung) iv. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung maximalen Wachstums (b) Unter minimalen

ökonomischen

Nebenbedingungen

i. Gewinnümitierung unter Aufrechterhaltung dauernder Momentanüquidität (Wahrung des ständigen finanziellen Gleichgewichtes) ii. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung der Umsatzerhaltung bzw. Marktanteilserhaltung iii. Gewinnümitierung bei Schaffung von ausreichendem Einkommen für alle in der Betriebswirtschaft tätigen Menschen iv. Gewinnümitierung unter Sicherung einer Mindestwachstumsrate v. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung der Erhaltung des guten Rufes der Firma vi. Gewinnümitierung unter der Nebenbedingung der Erhaltung des Markennamens unter der Nebenbedingung der Unvii. Gewinnümitierung ternehmenserhaltung Bidlingmaier 1964, S. 103 Im Sinne einer solchen b e g r e n z t e n G e w i n n e r z i e l u n g ist es realistisch, außerökonomische Nebenbedingungen anzunehmen, die als Minimal- oder Maximalziele Verhaltensweisen der Sozial- oder Umweltverträglichkeit der unternehmerischen Tätigkeit erklären. Bei einer solchen Betrachtung der Unternehmensziele relativieren sich die Differenzen zu einer ökologisch ausgerichteten BWL, die sich als ethischnormativ versteht. So reduziert sich die Unterscheidung im wesentlichen auf die differenzierte S c h w e r p u n k t s e t z u n g der unternehmerischen Zielsetzungen. In der einen Betrachtungsweise werden Unternehmensziele in der Fixierung der Gewinnmaximierung unter den

3 Die Chancen einer Öko-BWL

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Nebenbedingungen einer umweltverträglichen Produktionsweise gesehen. In der anderen ist es die Festlegung neuer (umweltorientierter) Leitlinien unter der Bedingung der Erzielung ausreichender Gewinne.

3.3

Ökonomische Rationalität als kulturelles Phänomen

Die heute vorherrschende Rationalität läßt sich als Bestandteil eines Wertesystems ansehen, das seine Ursprünge in der kapitalistischen K u l t u r hat. Hier konstituiert sich ein systemspezifisches Prinzip, alle Gegenstände, Unternehmungen, ja selbst menschliche Beziehungen unter dem Aspekt des T a u s c h w e r t e s zu betrachten, zu q u a n t i f i z i e r e n und zu m o n e t a r i s i e r e n . Danach ist alles nützlich und erstrebenswert, was dem i n d i v i d u e l l e n N u t z e n v o r t e i l - gemessen in Geldeinheiten - dient. Das Leben ist ein unentwegter Existenzkampf, für den man mit einem Höchstmaß an Marktinformationen ausgestattet sein muß. Im Verhalten der Menschen spielen Charakter und Einstellungen keine Rolle mehr, „wenn man erstens unterstellen kann, daß der Partner folgerichtig denken und sich verhalten wird (rational) und man zweitens berechtigt ist anzunehmen, daß er bei der Sache Gewinn erzielen will. Weiß man beides, dann kann man sich überlegen, ob er in die eigenen Rechnung hineinpaßt. Alle weiteren Fragen sind sekundär und lassen sich vertraglich regeln." Claessens/Claessens 1973, S. 157 Ursprünglich echte menschliche Gefühle stören die einfache Logik des erwerbswirtschaftlich geprägten Denkens. Dennoch gibt es nach wie vor diese tief im Inneren des Menschen verwurzelten Bedürfnisse nach menschlicher Nähe. Sie werden nur zugeschüttet, verdeckt und von der Verwertungslogik überlagert. E r s t r e b e n s w e r t ist nur, w a s a u c h nützlich ist. Das ursprüngliche Bedürfnis nach Geselligkeit wird beispielsweise dem Informationsbedürfnis nach wirtschaftlich relevanten Daten untergeordnet. „So entsteht die ungesellige Gesellschaft der Informationssuchenden, die nichts weiter als ein gegenseitiges Konkurrieren gemeinsam haben" (Claessens/Claessens 1973, S.158). Dieses zweckgerichtete Verhalten bezieht sich nicht nur auf den Umgang der Menschen untereinander. Vielmehr wird das V e r h ä l t n i s zur

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Kap. I: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

g e s a m t e n N a t u r , der inneren und besonders der äußeren, auf diese Rationalität hin ausgerichtet. Flüsse und Seen sind Transportwege, Energieträger und Abwasserrinnen, Landschaften haben einen Freizeitwert, Tiere und Pflanzen einen Nahrungswert oder ein genetisches Potential. Der Mensch selbst hat einen Wert, der sich an seinem sozialen Status, und der wiederum weitgehend an der Höhe seines Vermögens oder Einkommens ausrichtet. Was zählt, ist zählbar und verwertbar. Diese P r i n z i p i e n der V e r w e r t u n g s l o g i k haben sich vom Grundsatz her bis heute nicht geändert. Das gilt vor allem bei denjenigen, die am erwerbswirtschaftlichen Verwertungsprozeß direkt beteiligt sind den Führungskräften in der Wirtschaft. Ein wesentlicher Grund der „Umweltkrise" ist das Festhalten daran. Es ist aber hervorzuheben, daß diese Logik menschlichen Verhaltens nicht als genetisch vorgegeben zu betrachten ist. Sie ist vielmehr das Ergebnis eines historischen P r o z e s s e s , von dem ein Großteil der Welt seit nicht mehr als 200 Jahren beherrscht wird. Die gesamten Kulturen der Antike und des Mittelalters hatten andere Wertesysteme und die Naturvölker Amazoniens oder Polynesiens haben sie noch heute, sofern man sie läßt. Diese Erkenntnis kann Anlaß zur Hoffnung geben, daß die Denkhaltung der einzelwirtschaftlichen Rationalität damit auch unter dem Eindruck von immer deutlicheren Krisensymptomen überwunden oder modifiziert werden kann. Gesellschaften und Kulturen entwickeln sich weiter. Ein Wertewandel hin zu einer human e r e n , natur- u n d sozialverträglicheren G e s e l l s c h a f t s o r d n u n g ist danach zumindest eine hoffnungsvolle Perspektive.

3.4

A n s ä t z e einer umweltverträglicheren Betriebspraxis

Eine wissenschaftliche Betrachtung der Einzelwirtschaft sollte sinnvollerweise Bezüge zur herrschenden Realität aufweisen. Für das gegenwärtige T h e o r i e - P r a x i s - V e r h ä l t n i s trifft das nicht uneingeschränkt zu. Die Theorie - zumindest im Rahmen des sogenannten m a i n s t r e a m , d. h. der überwiegenden Lehrmeinung - läßt neuere Entwicklungen der betriebswirtschaftlichen Empirie außer acht. Das ist an sich nichts besonderes, tun sich doch Wissenschaftler häufig schwer, neue Hypothesen, mögen sie auch noch so überzeugend sein, in ihr Lehrgebäude zu übernehmen. Das gilt speziell für neue Denkmuster, die ausgetretene Pfade verlassen und einen neuen Geist kreieren. Diese werden häufig als Ideologisierung der W i s s e n s c h a f t e n abgetan.

3 Die Chancen einer Öko-BWL

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In der betrieblichen Praxis lassen sich seit einigen Jahren - wenn auch nur in bescheidenen Ansätzen - Veränderungen in Richtung auf eine ökologische Orientierung feststellen. Solches Verhalten läßt sich nur zum Teil in das Schema herrschender ökonomischer Rationalität einbinden. Das geschieht dann vor allem mit dem Argument, Umweltschutzmaßnahmen würden die Rentabilität des eingesetzten Kapitals steigern (z. B. durch Material- oder Energieeinsparungen oder durch Produktion und Absatz von Umweltschutztechniken). Zum Teil ist das freiwillige Internalisieren u m w e l t b e l a s t e n d e r E f f e k t e aber damit nicht hinreichend zu erklären. Unternehmer/Manager denken zunehmend strategisch, d. h. sie nehmen konkurrierende Interessen solange ernst und berücksichtigen sie in ihren Entscheidungen, wie sie sich davon persönliche Vorteile oder solche für das Unternehmen versprechen. Für solches Verhalten werden strategische Allianzen gesucht und gebildet. Längerfristig orientierte Unternehmen sehen in einem verstärkten und freiwilligen Urnweltschutz eine sinnvolle S t r a t e g i e a u s r i c h t u n g . Eine solche Orientierung sieht die einzelwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit. in einem umfassenderen Sinne als durch das periodenbezogene Rentabilitätsdenken bestimmt. Zwei Aspekte spielen dabei eine wesentliche Rolle: • Einmal wird die Gefahr erkannt, durch kurzfristiges Gewinnstreben zu Lasten der Natur und der Gesellschaft könne der g e s e l l s c h a f t l i c h e K o n s e n s gefährdet sein, der den notwendigen Rahmen für erwerbswirtschaftliche Aktivtäten bildet. Unternehmen, die sich offensichtlich gegen gesellschaftliche und Umweltinteressen verhalten, könnten danach die Zustimmung der Gesellschaft und ihre Existenzberechtigung verlieren. Teilen der Chemie- oder der Rüstungsindustrie droht unter Umständen zukünftig der Verlust dieser Zustimmung. • Zudem spielt die Z e i t d i m e n s i o n bei dieser Unternehmenshaltung eine andere Rolle. Das Ausnutzen kurzfristig taktischer Vorteile einer umweltbelastenden Produktionsweise wird ersetzt durch eine längerfristige O r i e n t i e r u n g . Vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber Kunden und Lieferanten sollen ein Umfeld schaffen, in dem ein Unternehmen sich längerfristig erfolgreich etablieren kann. Dabei wird unter Umständen der kurzfristige Erfolg teilweise eingeschränkt.

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Kap. I: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Beispiele

für solches

Erkenntnisobjekt

Verhalten:

• Sortimentsbereinigung im Handel mit dem Verzicht auf bestimmte Produkte, die als umweitbelastend definiert werden (z.B bei Tengelmann), • Produktion besonders langlebiger, reparaturfreundlicher oder nach Beendigung der Nutzung rücknehmbarer Güter (z.B. Miele), • Vetorecht des Umweltschutzbeauftragten bei allen Investitionsentscheidungen (z.B. Elida Gibbs), • Förderung des umweltschonenden Verhaltens der Betriebsangehörigen auch im Privatbereich durch betriebliche Schulungsmaßnahmen (z.B. Winter), • Einwirken auf umweltbewußtes Management bei Mitwettbewerbern, Geschäftspartnern oder andere Unternehmen bzw. Bildung von umweltorientierten Unternehmensverbänden, z. B. Bischoff & Klein, future e. V., B.A.U.M. Unternehmen, die in dem skizzierten Sinne handeln, sind vor allem schon gegenwärtig nach erwerbswirtschaftlichen Prinzipien e r f o l g r e i c h e U n t e r n e h m e n . Ein solches strategisches Verhalten setzt offensichtlich unter den gegebenen Bedingungen ein gewisse einzelwirtschaftliche P r o s p e r i t ä t voraus. Diese Unternehmen erweisen sich damit als V o r b i l d e r u n d T r e n d s e t t e r , sie bestimmen das zukünftige Verhalten aller Unternehmen. So ist z. B. zu erwarten, daß die freiwillige Entwicklung betrieblicher Umweltinformationssysteme (Ökobilanzen) einiger Pionierunternehmen dazu führen wird, daß in absehbarer Zeit ein solches Instrumentarium zur Pflichtaufgabe aller Unternehmen wird.

3.5

Die n e u e Ethikdiskussion in den U n t e r n e h m e n

Dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip an sich wird von den Entscheidungsträgern der Wirtschaft ein hohes Maß a» e t h i s c h e r I n t e g r i t ä t unterstellt (z. B. ASU 1990). So wird Wettbewerb beschrieben als Synonym für Kreativität und Innovation, damit als Triebfeder des gesellschaftlichen Fortschritts. Konkurrenzmechanismen sollen die wirtschaftliche Macht beschränken und individuelle Chancen zum Wohle der Gemeinschaft fördern.

3 Die Chancer} einer Öko-BWL

17

Die marktwirtschaftliche Praxis der letzten zwei Jahrhunderte zeigte allerdings auch andere Entwicklungen, die letztlich nur durch Einschränkungen des individuellen Erwerbsstrebens durch einen s t a r k e n Staat reguliert werden konnten. Die ökologische Krise stellt eine neue Variante von Fehlentwicklungen dar, die zumindest teilweise systemimmanent sind. Unter dem Eindruck punktueller Katastrophen (z. B. Sandoz, Hoechst), aber auch durch legale Dauerbelastungen (Abwässer, Lärm, Emissionen) ist das gesellschaftliche V e r t r a u e n in das u m w e l t g e r e c h t e W i r t s c h a f t e n der Unternehmungen erschüttert worden. Das gilt nach wie vor generell, wenn auch in Einzelfällen Unternehmen durchaus umweltschonende Verhaltensweisen zeigen. Einzelne Branchen sind davon in unterschiedlicher Weise betroffen. Der nicht hinreichend erfüllte Anspruch der Gesellschaft an die Unternehmen auf umweltangepaßtere Leistungserstellung zeigt bei den angesprochenen Entscheidungsträgern Wirkungen. So wird in den letzten Jahren das Bedürfnis nach O r i e n t i e r u n g s h i l f e n für moralisch g e r e c h t f e r t i g t e s V e r h a l t e n in betrieblichen Konfliktsituationen lauter. Das moralische D i l e m m a des einzelnen Managers bezieht sich dabei auch auf das Abwägen zwischen ökonomischer Effizienz und ökologischer Verträglichkeit. Eine neuentdeckte Disziplin - die W i r t s c h a f t s e t h i k - versucht diesem Bedürfnis nach Verhaltenshilfen systematisch nachzukommen. Ihre wesentliche Aufgabe besteht darin, die in der Wirtschaftstheorie implizierten Werturteile ausdrücklich zu hinterfragen und unter ethischen Gesichtspunkten zu bearbeiten. Ma.nager erwarten sich von der Wirtschaftsethik H a n d l u n g s l e i t l i n i e n , wie sie sich in konkreten Dilemmasituationen konkret entscheiden sollen. Wie auch in anderen betriebswirtschaftlichen Handlungsfeldern wird bei der Wirtschaftsethik eine Entwicklung in den USA mit einiger zeitlicher Verzögerung in Europa aufgegriffen. Dort hat sich bereits seit Mitte der 70er Jahre eine bereite Palette von praktischen Aktivitäten im Bereich der Wirtschaftsethik (business ethics) ausgebreitet (Ender!e 1983). Wirtschaftsethische Fragestellungen artikulieren sich auf zwei Ebenen (Tischler 1992, S . 7 7 f f ) . Auf der Ebene der I n d i v i d u a l e t h i k stellt sich die Frage nach dem moralisch richtigen Handeln für die einzelne Führungsperson im Rahmen des betrieblichen Entscheidungsprozesses. Die s o z i a l e t h i s c h e F r a g e s t e l l u n g bezieht sich auf Fragen der

18

Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt

kollektiven M o r a l v o n Institutionen, hier speziell der sozialen Verantwortung von Unternehmungen. Gerade auf der Individualebene sehen sich Manager häufig bei der Abwägung zwischen persönlichen Moralvorstellungen und dem Gebot der vorgegebenen ökonomischen Rationalität (den erwerbswirtschaftlichen Zielen) überfordert. I d e n t i t ä t s p r o b l e m e und Sinnkrisen werden als Ergebnisse entsprechender Dilemmasituationen festgestellt. Motivationsdefizite bzw. innere oder vollzogene Kündigungen sind mögliche Folgen. Die Forderung nach Orientierungshilfen in der Abwägung divergierender Ansprüche an das Unternehmen kann nicht isoliert behandelt werden, weder auf der Ebene des Individuums noch der der Institution. Notwendig ist ein gesellschaftlicher Wertewandel, der auch die Führungskräfte der Wirtschaft erfaßt. Auf der Makro-Ebene (hier in Unternehmervereinigungen, Stiftungen und anderen unternehmensnahen Institutionen) zeigen sich dabei durchaus Ansätze eines verstärkten w i r t s c h a f t s e t h i s c h e n P r o b l e m b e w u ß t s e i n s . Handlungsgrundsätze, Manifeste und Verhaltenskodizes sind Ausdruck eines ensprechenden Willens. Neben der Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen spielen dabei auch andere Bereiche des Gemeinwohls eine Rolle: Verbraucherschutz, Arbeitsschutz, Geschlechtergleichstellung, Verhältnis zur Dritten Welt etc. Das Davoser Manifest ist ein Beispiel für einen solchen Verhaltenskodex für Unternehmen und Führungskräfte.

J Die Chancen einer Ôko-BWL

19

Davoser Manifest A. Berufliche Aufgabe der Unternehmensführung ist es, Kunden, Mitarbeitern, Geldgebern und der Gesellschaft zu dienen und deren widerstreitende Interessen zum Ausgleich zu bringen. B. 1. Die Unternehmensführung muß den Kunden dienen. Sie muß die Bedürfnisse der Kunden bestmöglich befriedigen. Fairer Wettbewerb zwischen den Produkten, der größte Preiswürdigkeit, Qualität und Vielfalt der Produkte sichert, ist anzustreben. Die Unternehmensführung muß versuchen, neue Ideen und technologischen Fortschritt in marktfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. 2. Die Unternehmensführung m u ß den Mitarbeitern dienen, denn Führung wird von den Mitarbeitern in einer freien Gesellschaft nur dann akzeptiert, wenn gleichzeitig ihre Interessen wahrgenommen werden. Die Unternehmensführung m u ß darauf abzielen, die Arbeitsplätze zu sichern, das Realeinkommen zu steigern und zu einer Humanisierung der Arbeit beizutragen. 3. Die Unternehmensführung muß den Geldgebern dienen. Sie muß ihnen eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals sichern, die höher ist als der Zinssatz für Staatsanleihen. Diese höhere Verzinsung ist notwendig, weil eine Prämie für das höhere Risiko eingeschlossen werden muß. Die Unternehmensführung ist Treuhänder der Geldgeber. 4. Die Unternehmensführung muß der Gesellschaft dienen. Die Unternehmensführung muß für die zukünftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt sichern. Die Unternehmensführung muß das Wissen und die Mittel, die ihr anvertraut sind, zum Besten der Gesellschaft ausnutzen. Sie muß der wissenschaftlichen Unternehmensführung neue Erkenntnisse erschließen und den technischen Fortschritt fördern. Sie muß sicherstellen, daß das Unternehmen durch seine Steuerkraft dem Gemeinwesen ermöglicht, seine Aufgabe zu erfüllen. Das Management soll sein Wissen und seine Erfahrungen in den Dienst der Gesellschaft stellen. C. Die Dienstleistungen der Unternehmensführung gegenüber Kunden, Mitarbeitern, Geldgebern und der Gesellschaft sind nur möglich, wenn die Existenz des Unternehmens langfristig gesichert ist. Hierzu sind ausreichende Unternehmensgewinne erforderlich. Der Unternehmensgewinn ist daher notwendiges Mittel, nicht aber Endziel der Unternehmensführung.

20

Kap. 1: Urmveltschomng als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

4

A n s ä t z e einer Ökologisierung der B W L

4.1

Praxisorientierte Ansätze einer Ökologisierung der Unternehmensführung

Vor dem Hintergrund wachsender Umweltprobleme in Deutschland setzte in den 70er Jahren ein W e r t e w a n d e l ein. Inwieweit sich dabei eine generelle p o s t m a t e r i a l i s t i s c h e G r u n d h a l t u n g in der Gesellschaft ausbreitete (Inglehart 1979), blieb bis heute in der sozialwissenschaftlichen Betrachtung umstritten. Ein W e r t e p l u r a l i s m u s , d. h. eine Polarisierung, aber auch eine gewisse Tolerierung verschiedener g e s e l l s c h a f t l i c h e r W e r t e m u s t e r nebeneinander kann aber allgemein konstatiert werden. Dabei ist ein wachsendes U m w e l t b e w u ß t s e i n größerer Bevölkerungsgruppen festzustellen. Umweltbewußte Haushalte (Angaben in %)

47 39

52 24

59 27

62

62

28

27

umweltaufgeschlossen

18

umweltaktiv

24

28

32

34

35

21 '85

'86

'87

'88

'89

'90

23

Quelle: Meffert 1992, S. 87 Deutlich wird aber auch, daß gerade die Führungskräfte der Wirtschaft an diesem Bewußtseinswandel nur sehr eingeschränkt beteiligt sind (Fietkau/Kessel 1984, S. 3 8 f ) . Gerade die Bevölkerungsgruppe, die wie kaum eine andere durch ihre Entscheidungen in die Umwelt eingreift, zeigt relativ wenig Verständnis für Forderungen nach einer umweltschonenderen Produktionsweise. Unternehmensverbände sehen in dem Entstehen sozialer Bewegungen (Anti-Atomkraft-, Ökologie-, Friedens-, Frauenbewegungen) eine Ideologisierung der Gesellschaft, die als w i r t s c h a f t s f e i n d l i c h betrachtet wird. Dennoch zeigen sich in den 80er Jahren erste Ansätze eines Unternehmerverhaltens, daß U m w e l t s c h u t z als u n t e r n e h m e r i s c h e A u f g a b e betrachtet. Die Intentionen dazu sind zum Teil f r e m d b e s t i m m t , zum Teil e i g e n b e s t i m m t (Schreiner 1988, S.30).

4 Ansätze einer Ökologisierung der BWL

21

wenig umweltbewußte

technologisch lösungsorientiertere

gesellschaftlich lösungsorientiertere

Allg. B e v ö l k e r u n g (Bezugsgruppe)

50 %

35 %

15 %

M i t g l i e d e r in Umweltschutzorganisationen

41 %

24 %

35 %

Industrievertreter

80 %

16

%

4 %

M i t a r b e i t e r in der staatlichen Verwaltung

67 %

20 %

13 %

Quelle: Fietkau/Kessel 1984, S.39 • Die Rahmenbedingungen für die Unternehmen verschärfen sich durch eine Fülle von neuen Umweltgesetzen und Verordnungen. • Gleichzeitig und größtenteils als Folge der Umweltgesetze entstehen neue Märkte für Investitionsgüter (Umwelttechnik) mit neuen Marktchancen. • Das wachsende Umweltbewußtsein der Bevölkerung läßt ebenfalls in Ansätzen eine neue K o n s u m h a l t u n g entstehen, die umweltorientierten Produkten Märkte eröffnet. • Erste „Pionierunternehmen" bzw. einzelne Unternehmerpersönlichkeiten entdecken betrieblichen Umweltschutz als Bestandteil einer U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e , setzen entsprechende Strategien um, publizieren ihre Ansätze und gründen Institutionen zur Verbreitung ihres Gedankengutes (B.A.U.M., f u t u r e e . V . ) . Die ganz überwiegende Mehrzahl der Unternehmen begegnet aber nach wie vor dem Umweltschutz eher d e f e n s i v oder auf Druck von außen, d . h . in einem Rahmen, der vom Staat oder vom M a r k t vorgegeben wird (externe Vorgaben). Dabei wird umweltschonendes Unternehmensverhalten weitgehend als ein t e c h n i s c h e s P r o b l e m betrachtet, dem man mit M i t t e l n d e r T e c h n i k begegnen muß. Diesem Denken entspricht auch weitgehend die Umweltpolitik der 80er J a h r e , die den Unternehmen ensprechende o r d n u n g s r e c h t l i c h e V o r g a b e n liefert. Beispiel: Entwicklung crnissionsrcchtlicher mit denen das Emittieren von Luftschadstoffen nische Maßnahmen begrenzt werden soll.

Vorschriften, durch tech-

22

Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

Eine kleine aber wachsende Zahl von Unternehmen erhebt die Schonung der Umwelt zu einem bedeutsamen Unternehmensziel. Beispielhaft für ein entsprechend umweltorientiertes Unternehmerverhalten ist Ende der 80er Jahre das Engagement des Hamburger Unternehmers G. Winter. Für sein konventionelles, mittelständisches Unternehmen (Hersteller von Diamantwerkzeugen) entwickelte er ein umfassendes Instrumentarium zur Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen. Mit Hilfe von Checklisten lassen sich dabei die verschiedensten Unternehmensbereiche auf eine Umweltorientierung hin abfragen. Das sogenannte „ W i n t e r - M o d e l l " steht dabei weitgehend in Einklang mit dem vorherrschenden Erwerbsstreben. Es zeigen sich aber auch Ansätze zu einem Prozeß der Ökologisierung des Betriebsges c h e h e n s aus gesellschaftlicher Verantwortlichkeit des Unternehmens. „Die entscheidenden Grundsätze, auf denen der langfristige Erfolg eines verantwortungsvoll geführten Unternehmens beruht, sind Qualität, Kreativität, Humanität, Rentabilität, Kontinuität und Loyalität. Alle sechs Grundsätze können besser erfüllt werden, wenn die Unternehmensleitung sich am Umweltgedanken orientiert: • Qualität und Umweltschutz Qualitativ hochwertig ist ein Produkt nur dann, wenn es umweltschonend hergestellt wird und ohne Verursachung von Umweltschäden benutzt und entsorgt werden kann. • Kreativität und Umweltschutz Die Kreativität der Mitarbeiter wird durch Arbeitsbedingungen gefördert, die auf die biologischen Bedürfnisse des Menschen Rücksicht nehmen, wie z. B. möglichst lärmarmer Arbeitsplatz, gesundes Raumklima, ergonomische Büromöbel und vitaminreiche Kantincnverpßegung. • Humanität und Umweltschutz An humanem Gehalt gewinnt das Betriebsklima dadurch, daß Ziele, Strategien und Maßnahmen des Unternehmens sich nicht nur am ökonomischen Erfolg, sondern auch an der Verantwortung gegenüber allem Leben ausrichten. • Rentabilität und Umweltschutz Die Rentabilität kann durch kostensenkende Umweltschutzmaßnahmen, z.B. Rohstoff-, Energie- und Wassersparprogramme, sowie durch Ausschöpfung der Marktchancen für umweltschonende Produkte erhöht werden. Fortsetzung

4 Ansätze einer Ökologisierung

Fortsetzung

der BWL

23

...

• Kontinuität und Umweltschutz Für die Kontinuität des Unternehmens wird es immer wichtiger, den Haftungsrisiken aus dem sich laufend verschärfenden Umweltrecht sowie den Marktrisiken aus einer verringerten Nachfrage nach umweltbelastenden Produkten vorzubeugen. • Loyalität und Umweltschutz Loyal gegenüber den Gesetzen und Aufgaben des Staates können die Manager und Mitarbeiter letztlich nur dann sein, wenn sie mit dem Herzen an ihrem Staat hängen, was aber nur möglich ist, solange das Heimatland nicht durch Umweltzerstörung sein Gesicht verloren hat." Winter 1987, S.21 Solche „Unternehmensphilosophien" weichen vom herrschenden Ökonomieverständnis ab. Vor allem die großen Industrieverbände operieren gegenüber solchen offensiven Umweltschutzgedanken zweigleisig. Man befürchtet insbesondere Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten an Wirtschaftsstandorten, an denen der Umweltschutz eine geringere Rolle spielt. Diese Befürchtungen führen zu einer Verzögerungs- oder Blockadehaltung gegenüber konkreten umweltpolitischen Vorschlägen und Maßnahmen (Verbot bestimmter chemischer Stoffe, Rücknahmeverpflichtungen, Emissionsschutz etc.). Andererseits werden allgemeine Erklärungen zur Intensivierung des betrieblichen Umweltschutzes abgegeben. Dabei spielen Unternehmen eine führende Rolle, die von verschärften Umweltschutzanforderungen profitieren. Das sind vor allem Unternehmen, die Umwelttechnologien produzieren und Unternehmen der Entsorgungsbranchen. „Die strengen Umweltaußagen hierzulande bescheren den Unternehmen auf kurze und mittlere Sicht Wettbewerbsnachteile. Langfristig aber können diese umweltbedingten Standortnachteile' in Wettbewerbsvorteile umschlagen. Auch gibt das IW (Institut der Deutschen Wirtschaft) zu bedenken, daß letztlich kein Land ohne Rücksicht auf die Umwelt produzieren kann. Je länger aber der Umweltschutz vernachlässigt wird, desto höher sind die Reparaturkosten" Handelsblatt Nr. 62 vom 29.03.1988

24

4.2

Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches

Erkenntnisobjekt

Ansätze einer ökologieorientierten Betriebswirtschaftslehre

Mit der Existenz erster Praxisansätze weniger Pionierunternehmen entstehen auch erste K o n z e p t e e i n e r u m w e l t o r i e n t i e r t e n U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g . Durch Begriffe wie • Betriebliches Umweltmanagement (Schreiner 1988), • Betriebsökologie (Winter 1987), • Ökologische Unternehmenspolitik (Seidel/Menn 1988), • Strategisches Ökologiemanagement (Stähler 1991), • Betriebliche Umweltökonomie (Wicke 1992) werden erste Ansätze zur Beschreibung und Systematisierung dieses Unternehmensverhaltens vorgenommen. Die Darstellungen sind vielfach noch vordergründig. Sie beschränken sich zum Teil auf die unsystematische Beschreibung von praktischem Unternehmensverhalten aus rechtlicher, technisch-naturwissenschaftlicher und ökonomischer Sichtweise. Umweltorientiertes Unternehmensverhalten ( U m w e l t m a n a g e m e n t ) kann dabei weit gefaßt folgendermaßen umschrieben werden: „Umweltmanagement umfaßt alle unternehmerischen Ziele, Entscheidungen und Handlungen, die im Rahmen ökonomischer Tätigkeiten geeignet sind, eine Minimierung der Umweltbelastungen aus den Folgen betrieblicher Leistungserstellung als eigenständige Ziele oder zur Unterstützung anderer Unternehmens ziele anzustreben. " Meffert u . a . (1992, S. 15f) sehen bei allen Unterschieden folgende gemeinsamen Merkmale in den fortschrittlichen Konzepten: • Der mehrdimensionale Zielbezug (hinsichtlich einer ökologieorientierten, gesellschafts- und marktorientierten Ausrichtung des Umweltmanagements), d.h. es handelt sich um ein systematisch geplantes, ökologisch intendiertes und kontrolliertes Umweltschutzverhalten zu Erfüllung gesellschaftlicher Ansprüche und zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. • der funktions- und unternehmensübergreifende alle Unternehmensfunktionen werden in die einbezogen.

Charakter, d. h. Umweltorientierung

4 Ansätze einer Ökologisierung

der BWL

25

• die proaktive Verhaltensausrichtung, d.h., die ökologischen Folgen unternehmerischer Tätigkeiten sollen bereits im Entstehungsprozeß antizipiert werden, um Problemlösungen zu entwickeln, bevor sie Gegenstand öffentlicher Umweltschutzdiskussionen werden. Meffert u.a. 1992, S. 15f Eine Systematisierung der betriebswirtschaftlichen Ansätze zum Umweltmanagement findet sich bei Meffert u . a . (1992, S. 30; vgl. Tabelle 1.1 auf der nächsten Seite). Die vorgenommene Einteilung in technokratische, soziokulturelle, strategische und evolutionäre Ansätze ist sicher nicht überschneidungsfrei. Die Systematik zeigt aber, daß die Ausrichtung des Forschungsgegenstandes sich im Zeitablauf änderte. Ging es in den 70er Jahren um Maßnahmen und Modelle zur betriebswirtschaftlichen Anpassung an ordnungsrechtlich bedingte Rahmenveränderungen, so entwickelte sich später zunehmend Vorstellungen von der eigenständig umweltorie n t i e r t e n U n t e r n e h m u n g . Lediglich die Begründungen dieses Verhaltens werden bei den verschiedenen Ansätzen variiert. Neben erweiterten ökonomischen Erfolgsbetrachtungen spielen dabei auch Aspekte des Umweltschutzes aus ethischer Verantwortung des Unternehmens eine Rolle. 4.3

Systemtheoretische Betrachtung der betrieblichen Umweltschonung

Gegen die monokausalen Erklärungsversuche der Wirklichkeit durch die Einzelwissenschaften sind verschiedene Denkansätze entwickelt worden, die zusammenfassend als disziplinenübergreifende Systemtheorien zusammengefaßt werden. Die allgemeine S y s t e m t h e o r i e geht von der Vorstellung aus, daß generelle Prinzipien zur Funktionsweise von Systemen bestehen. Unabhängig von den konkreten Systemelementen und Beziehungen lassen sich danach bestimmte U r s a c h e - W i r k u n g s z u s a m m e n h ä n g e als Gesetzmäßigkeiten bestimmen. Mit Hilfe der K y b e r n e t i k , der Wissenschaft von der Steuerung und Regelung von Systemen, ist in der Systemtheorie neben der Erklärungsfunktion eine G e s t a l t u n g s a u f g a b e entwickelt worden.

Kap. 1: Umweltschonung als betriebswirtschaftliches Erkenntnisobjekt

26

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Produzenten

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Energie

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Abfälle

Abbildung 4.2: Cowboy-Ökonomie Als besonders umweltproblematisch erweisen sich dabei Produktionsprozesse, bei denen Materialien eingesetzt werden, die in ihrer chemischen Zusammensetzung in der Natur nicht vorhanden sind. Die Chemisierung der modernen Industrieproduktion hat in solchem Ausmaß Stoffe hervorgebracht, daß deren Wirkungen auf die Natur nicht mehr kalkulier- und beherrschbar sind. Es wird angenommen, daß zur Zeit weltweit etwa 80.000 verschiedene Chemikalien industriell hergestellt werden. Eine besondere Bedeutung hat dabei die C h l o r c h e m i e gewonnnen, die vom Umfang und den Wirkungen her als besonders umweltschädlich einzustufen ist. Mittlerweile werden jährlich ca. 30 Mio Tonnen Chlor hergestellt (Förstner 1993, S.91). Die dabei entste-

2 Bedeutung einer Òkologisienmg der Material- und Fertigungswirtschaft

159

henden Kohlenwasserstoffverbindungen gelten als besonders umweltgefährlich. „Unter Chemikern und Verfahrenstechnikern in Industrie und Hochschulen wird zunehmend die Einschätzung vertreten, daß der dynamische Ausbau der Chlorchemie in den 50er und 60er Jahren einen der entscheidenden Fehler in der industriellen Entwicklung des 20. Jahrhunderts darstellt, und nicht erfolgt wäre, hätte damals schon der heutige Erkenntnisstand über die durch die Chlorchemie verursachten Umweltschäden und Gesundheitsgefährdungen vorgelegen. Denn viele der nachsorgenden Aktivitäten der Umwelt- und Gesundheitspolitik beschäftigen sich seit Jahren damit, die durch die Chlorchemie hervorgerufenen Schäden, soweit sie überhaupt in ihrem vollen Ausmaß erkannt sind, zu reparieren." Quelle: Abfallwirtschaft - Sondergutachten des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen. S t u t t g a r t 1991 2.2

Ziele der Okologisierung der Materialwirtschaft

Vor dem Hintergrund wachsender produktions- und konsumbedingter Umweltbelastungen in einer Welt mit hohem Bevölkerungswachst u m in den sogenannten Entwicklungsländern und weiterem Wirtschaftswachstum in den Industrienationen ist ein Umdenken in der Gestaltung materialwirtschaftlicher Prozesse zwingend geboten. Generelles Ziel ist es dabei, den Materialeinsatz vom Schema einer D u r c h l a u f ö k o n o m i e zu einer umweltschonenden K r e i s l a u f ö k o n o m i e umzugestalten. Grundprinzip dieses Denkansatzes ist die Vorstellung, daß wir langfristig durch produktions- und konsumbedingte Materialeinsätze möglichst wenig in das Ökosystem Erde eingreifen. Das erfordert auf der Entnahmeseite möglichst sparsamen und umweltschonenden Ressourceneinsatz, auf der Abgabeseite möglichst geringe und wenig umweltbelastende Abfälle und Emissionen. Der Materialeinsatz soll sich dabei soweit wie möglich an die Regenerationsfähigkeit natürlicher Systeme anpassen. Die Abgabe von Stoffen zurück an die N a t u r soll ebenso die A u f n a h m e und Verarbeitung in vorhandenen natürlichen Kreisläufen ermöglichen. Dazwischen sollen die aus der Natur zu Produktionszwekken entnommenen Materialien möglichst lange und ohne Umweltbelastungen in den Wirtschaftskreisläufen verbleiben.

1 60

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und

Fertigungswirtschafi

Ökosphäre

Energie, Rohstoffe w e i t g e h e n d regnerierbar

Produzenten

Abfälle weitgehend abbaubar

Konsumenten

System «Wirtschaft:

Recycling

Abbildung 4.3: Kreisla.ufökonomie Die Beachtung der Anforderungen eines kreislauforientierten Denkens stellt neue Herausforderungen an die Betriebswirtschaftslehre da. M a t e r i a l w i r t s c h a f t l i c h e Vorgänge stehen damit in einem neuen Spannungsfeld zu g e l d w i r t s c h a f t l i c h e n Vorgängen. Generell erhält die Materialwirtschaft in der betrieblichen Funktionenteilung eine wichtigere und umfassendere Aufgabe und damit einen höheren Status. S t a h l m a n n und andere sprechen in diesem Zusammenhang von der Forderung nach einer i n t e g r i e r t e n M a t e r i a l w i r t s c h a f t . „Das Konzept einer integrierten Materialwirtschaft' strebt eine Gesamtoptimiernng materialwirtschaftlicher Teilaufgaben an, deren Planung und Vollzug bisher auf verschiedene Abteilungen eines Unternehmens (wie Lagerhaltung, Einkauf und Disposition) verstreut waren. In einer systemorientierten Sicht sollen alle Einkaufs-, Bewegungs-, Lagerungs- und Bereitstellungsvorgänge koordiniert und zu

2 Bedeutung einer Òkologisierung

der Material- und Fertigungswirtschaft

Kennzeichen einer Durchlaufökonomie

Kennzeichen einer Kreislaufökonomie

energie- und rohstoffintensiv

energieflußarm

Unterstellung unbegrenzter Nachschubmöglichkeiten

Bewußtsein der Grenzen materiellen W a c h s t u m s

Herstellung hochentropischer Wegwerfprodukte

niederentropische Wirtschaftsweise

Suggestion unbegrenzter materieller K o n s u m e n t e n bedürfnisse

Herstellung von umweltverträglichen Langzeitgütern

bedenkenlose N u t z u n g des Abfallkübels Meer, Boden, Luft

weitgehendes Recycling

161

ökologisch a n g e p a ß t e Unternehmensplanung Quelle: Blom 1989, S. 15 f

einem bereichsübergreifenden Optimum geführt werden... Eine integrierte Materialwirtschaft wartet nicht passiv reagierend auf den Druck der Öffentlichkeit und der Medien, sondern sucht prophylaktisch auch die Eingliederung in den Kreislauf der Natur. Das beginnt bei der Auswahl und Entwicklung der Produktpalette und den darin enthaltenen Stoffen, führt weiter über den sparsamen Umgang mit dem Material und endet mit dem Aufbau verschiedenster Kreislaufprozesse der Abfallbewirtschaftung und des Recycling." S t a h l m a n n 1988, S. 24 fF D a materialwirtschaftliche Entscheidungen im Sinne einer integrierten M a t e r i a l w i r t s c h a f t auf alle U n t e r n e h m e n s f u n k t i o n e n einwirken, setzt dieses Konzept die Verinnerlichung einer umweltorientierten Unternehm e n s k u l t u r auf allen Ebenen und in allen Bereichen voraus. D a r ü b e r hinaus wirkt sich der u m w e l t b e w u ß t e Materialeinsatz auch auf die Außenbeziehung aus: Die Forderungen an die B e s c h a f f u n g s m ä r k t e , die Erfüllung von Ansprüchen der A b s a t z m ä r k t e , die Wettbewerbsbeziehungen. S t a h l m a n n (1988 S. 45) sieht das Zieldreieck einer konventionellen Materialwirtschaft mit ausschließlich g e l d ö k o n o m i s c h e n Kriterien und Zielkonflikten um die r e s s o u r c e n ö k o n o m i s c h e (ökologische) Dimension beim integrierten A n s a t z erweitert. D a m i t werden an ein umweltorientiertes M a t e r i a l m a n a g e m e n t umfassendere und weitergehen-

162

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und

Fertigungswirtschaft

de Anforderungen in der Erfüllung von Ansprüchen und der Lösung der Zielkonflikte gestellt.

Abbildung 4.4: Ökologisch erweitertes Zieldreieck Auf Käufermärkten wird das betriebswirtschaftliche Denken vom Absatz her dominiert. Die G e s t a l t u n g e i n e s r e s s o u r c e n s c h o n e n d e n P r o g r a m m e s bedeutet in diesem Z u s a m m e n h a n g die Einflußnahme auf die A b s a t z m ä r k t e mit dem Ziel der generellen Materialeinsparung, aber auch Einfluß auf die eigene Leistungsgestaltung mit dem Ziel, gleiche oder verbesserte Leistungen mit geringerem oder umweltschonenderem Materialeinsatz zu erbringen. Beispiel: Angebot von Kompaktwaschmitteln in Nachfüllboxen. E i n h o h e r V e r w e r t u n g s g r a d d e r I m p u t m a t e r i a l i e n bewirkt eine hohe Materialeffizienz. Verschnittoptimierung, Abfallvermeidung, Verwertung von Altmaterialien und Rest,Stoffen sind Strategien, die dieses Ziel erfüllen. Eine vollständige Abkopplung der Produktion und des Konsums von ökologischen Umsystemen ist nicht erreichbar. Wenn also Austauschprozesse zwischen Produktion und Konsum einerseits und N a t u r andererseits unvermeidbar sind, so ist der E i n s a t z s c h a d s t o f f a r m e r P r o d u k t e u n d P r o d u k t i o n s v e r f a h r e n anzustreben. Beispiel: Bau eines 5-Liter-Pkws, Lackierung mit Wasserlacken. Zielkonflikte ergeben sich in nomischen und ökologischen der oder schadstoffsenkender einen höheren Geldaufwand,

der Praxis dabei häufig zwischen ökoZielen. Der Einsatz ressourcenschonenVerfahren oder P r o d u k t e erfordert u . U . der nicht immer über die Preise vom

2 Bedeutung einer Ökologisierung der Material- und Fertigungswirtschaft

163

Markt honoriert wird. Andererseits ergibt sich aber häufig auch eine Komplementarität zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen, so z.B., wenn Materialeinsparungen Kostensenkungen bewirken. Kreislaufstrategien Eine umweltorientierte Materialwirtschaft wird vom Kreislaufgedanken beherrscht. Dabei werden Vorstellungen des wirtschaftlichen Geldkreislaufes Investieren - Produzieren - Desinvestieren - Reinvestieren auf Stoffströme übertragen. Materialien, Produkte und Abfälle (alle im Produktionsprozeß eingesetzten Materialien) sollen danach möglichst immer wieder lückenlos als Wirtschaftsgüter oder Wertstoffe in den Produktionsprozeß zurückfließen. Dabei soll auf zweifache Weise ein Umweltentlastungseffekt erzielt werden: • Einsparung von einmalig vorhandenen Rohstoffen • Entlastung der Umwelt als Aufnahmemedium von Stoffen und Emissionen Verallgemeinernder Sammelbegriff für verschiedene Kreislaufstrategien ist der des R e c y c l i n g s . Grundsätzlich ist Recycling in verschiedenen Formen denkbar: • W i e d e r v e r w e n d u n g Güter werden in ihrer ursprünglichen Form und Funktion mehrfach verwendet. Die Zahl der Einsätze ist dabei in der Regel begrenzt. Beispiel: Mehrweg-Pfandflaschen für Getränke. Eine besondere Form der Wiederverwendung ist das sogenannte R e b u i l d i n g oder Remanufacturing. Dabei werden Produkte oder Komponenten nach dem Ende ihrer ursprünglichen Nutzung wiederaufgearbeitet und anschließend dem Verwertungskreislauf wieder zugeführt. Große Bedeutung hat diese Form des Produktrecyclings in der Kfz-Industrie, wo eine Fülle von Aggregaten (Motoren, Getriebe, Anlasser etc.) nach der Aufarbeitung wieder in den Ersatzteilhandel zurückkehren. Ein anderes Beispiel sind Computer, deren Produktlebenszyklen einer permanenten Verkürzung ausgesetzt sind. Uber Rebuilding lassen sich neue Komponenten (Speicher, Prozessoren) einfügen und die anderen - weitgehend verschleißfreien - Teile wiederverwenden. Für

164

Kap. 4: Umwelt orientierte Material- und

Fertigungswirtschaft

eine Fülle weiterer Industrieprodukte (Elektrowerkzeuge, Haushaltsgeräte etc.) wäre eine ähnliche Aufarbeitung denkbar. Auf diese Weise ließe sich ein erheblicher MaterialeinsparungsefFekt erzielen und vor allem im mittelständischen Bereich eine Fülle von Arbeitsplätzen schaffen. • W e i t e r v e r w e n d u n g Güter werden nach einmaligem Einsatz in ihrer Form belassen, aber in anderen Funktionen ein- oder mehrmalig eingesetzt. Beispiele: Chemikalienbehälter werden zu Regentonnen, Waschmittelkartons zu Papierkörben. • W i e d e r v e r w e r t u n g Güter oder Materialien werden nach ihrer Nutzung zerlegt und in einem Aufbereitungsprozeß als Ausgangsmaterial für gleichartige Güter oder Materialien wieder eingesetzt. Beispiele: Schrott wird in der Stahlerstellung eingesetzt, Einmalglas in der Glasindustrie, Altpapier wird zu Recyclingpapier. • W e i t e r v e r w e r t u n g Hierbei werden generell nicht mehr benötigte Güter/Materialien in einer anderen Funktion in den Wirtschaftsprozeß zurückgeführt. Dabei sind zwei Formen denkbar: — materielle Verwertung Stoffe werden in einem Aufbereitungsverfahren in andere Stoffe/Materialien umgewandelt und einer neuen Nutzung zugeführt. Beispiele: Küchenabfälle werden in Komposterde umgewandelt, Altpapier in Bau-, oder Dämmstoffe, Misch Kunststoffe in Begrenzungspfähle — energetische Verwerixtng Güter/Materialien werden in einem Umwandlungsprozeß in Primärenergie (Kunststoffe werden zu Erdöl) oder Nutzenergie (Stoffe werden in Kraftwerken zur Stromerzeugung verbrannt). Im zweiten Fall spricht man auch von thermischem Recycling. Die Berücksichtigung des Kreislaufdenkens hat erhebliche Auswirkungen auf betriebswirtschaftliche Vorgänge. So endet die Produktverantwortung des Produzenten hierbei nicht mehr mit dem Verkauf der Produkte, die Abfallverantwortung mündet nicht problemlos in eine öffentliche Entsorgung. Bereits bei der Beschaffung und dem Einsatz von Materialien muß vielmehr der Kreislaufaspekt in betriebswirtschaftliche Entscheidungen aufgenommen werden. Das K r e i s l a u f w i r t s c h a f t s - und A b f a l l g e s e t z von 1994 hat zum Ziel, die Rahmenbedingungen für produzierende Unternehmen so um-

2 Bedeutimg einer Ökologisierung

der Material- und

Fertigungswirtschaft

165

zugestalten, daß materialwirtschaftliche Kreislaufaspekte realisiert werden. Dieses Rahmengesetz legt Verantwortlichkeiten neu fest: Wer Güter produziert, vermarktet und konsumiert, ist für die Vermeidung, Verwertung und umweltverträgliche Entsorgung der dabei anfallenden Rückstände grundsätzlich selbst verantwortlich. Die alte Rollenverteilung, daß die Wirtschaft produziert und die Gemeinden und Kreise auf Kosten der Allgemeinheit die dabei entstehenden Abfälle zu entsorgen haben, wird abgelöst. Das Gesetz setzt damit das Verursacherprinzip im Abfallbereich konsequent um. Umwelt 6/1994 Zur Erzielung einer abfallarmen Kreislaufwirtschaft werden durch das Gesetz folgende Pflichten für die Besitzer und Erzeuger von Rückständen eingeführt: 1. Rückstände (aus Produktion und Konsum) sind vorrangig zu vermeiden. 2. Soweit die Vermeidung nicht möglich ist, sind Rückstände als Sekundärrohstoffe stofflich oder energetisch zu v e r w e r t e n . 3. Wenn auch die Verwertung nicht möglich ist, sind die Rückstände als Abfälle umweltverträglich zu e n t s o r g e n . In erster Linie haben Erzeuger von Rückständen selbst die Pflicht zur Vermeidung, Verwertung und Entsorgung. Die Wirtschaft wird danach aufgefordert, eigenverantwortlich (mit Hilfe von Verbänden) Systeme zur ökologisch sowie ökonomisch sinnvollen Vermeidung, Verwertung und Entsorgung zu errichten. Dabei soll durch gesetzliche Vorgaben die ordnungsgemäße Erfüllung sichergestellt werden. Bedeutend ist dabei, daß Produzenten sowohl für die Abfälle im Rahmen des Produktionsprozesses als auch für die hergestellten Produkte nach Beendigung ihrer Nutzung beim Konsumenten Verantwortung auferlegt bekommen. Es ist davon auszugehen, daß die Umsetzung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes erhebliche Auswirkungen auf die zukünftige Leistungsgestaltung der Industrie haben wird. Denn überall dort, wo eine freiwillige Erfüllung nicht gewährleistet ist, droht der Verordnungsweg mit der zwangsweisen Rückgabe der Altprodukte an ihre Hersteller.

166

Kap. 4: Umwehorientierte Material- und

Fertigungswirtschaft

Einwände gegen Kreislaufstrategien Bei aller grundsätzlichen Zustimmung zu Strategien materieller Kreisläufe werden verschiedene Bedenken gegen konkrete Vorgehensmaßnahmen des Recycling vorgebracht: • Die Suggestion geschlossener Stoffkreisläufe entspricht in den seltensten Fällen und Verfahren der Realität. Die wiederholte Nutzung von Materialien erfordert in der Regel Aufbereitungsprozesse, die wiederum den Einsatz von Energien, Wasser etc. benötigen und wobei Emissionen, Abfälle, Abwässer etc. anfallen. Die dabei entstehenden Umweltbelastungen können unter Umständen bedeutsamer sein als der Einsatz neuer Stoffe. Beispiel: Die Hydrierung von Mischkunststoffen zu erdölähnlichen Materialien erfordert einen um bis zu fünffach höheren Energieeinsatz als das erzielte Endprodukt beinhaltet. Gleichzeitig entstehen problematische Nebenstoffe von bis zu 18 %, die deponiert werden müssen. • Die positive Bewertung eines isolierten Stoffkreislaufes kann unter Umständen negative Wirkungen auf andere Stoffströme haben. Entscheidend für die Beurteilung ist die (häufig nicht vorhandene) Kenntnis von Gesamtwirkungen. Beispiel: Die intensive Trennung von Papier und Kunststoffen aus dem Hausmüll kann dazu führen, daß der Verbrennungsprozeß von Müllverbrennungsanlagen nur unter Zufeuerung von Primärenergie aufrecht erhalten werden kann. • Recycling verlängert in der Regel lediglich den Aufenthalt von Stoffen im Produktionsprozeß um eine kurze Zeit. Viele Stoffe verändern zudem ihre Eigenschaften im Rahmen der Aufbereitung, sodaß sie nur noch e i n weiteres Mal oder nur noch für minderwertigere Zwecke verwendet werden können. Man spricht in diesem Zusammenhang von Down—Cycling. Beispiel: Mischkunststoffe werden zu Ausgangsmaterialien für Parkbänke oder Blumenkübel. Diese können nach Beendigung ihres Produktlebens nicht mehr in den materiellen Stoffkreislauf zurückkehren. • Der Einsatz von Recyclingmaterialien ist aus einzelwirtschaftlicher Sicht häufig ökonomisch nicht sinnvoll. Ursprungsmaterialien sind in der Regel preiswerter oder mit günstigeren Materialeigenschaften ausgestattet. Beispiel: Je nach Marktlage ist

2 Bedeutung einer Ökologisierung der Material- und Fertigungswirtschaft

1 67

in der Papierherstellung Ursprungszellstoff preiswerter als Altpapier; außerdem besitzt er Eigenschaften (z.B. Reißfestigkeit), die der Markt verlangt. • Recyclingprozesse mit ihren zum Teil ökologisch bedenklichen Begleiterscheinungen verstellen bei den Beteiligten den Blick für umweltschonendere Vermeidungsstrategien. Beispiel: Das Duale System zum Verpackungsrecycling ermöglicht es der Verpakkungsindustrie, die großen Kapazitäten zur Herstellung von Verpackungsmaterialien zu erhalten und Strukturbrüche zu vermeiden. Zusammenfassend ist festzustellen, daß generell aus ökologischer Sicht der sparsame Materialeinsatz bzw. langfristig materialarme Produkte/Leistungen und Produktionsprozesse den Vorrang vor Recyclingprozessen erhalten sollten.

2.3

A u f g a b e n und Inhalte einer ökologischen Materialwirtschaft

Ansatzpunkte zur Ökologisierung der Materialwirtschaft können von verschiedenen Ebenen des Betriebsgeschehens ausgehen (Schreiner 1988, S. 121 ff) • Produktbezogene Ansatzpunkte Da Produkte als Ergebnis der Leistungserstellung im wesentlichen den Materialeinsatz bestimmen, ist hier primär bei der Materialoptimierung anzusetzen, sowohl bei der materialwirtschaftlichen Verbesserung des bestehenden Produktionsprogrammes als auch bei Neuentwicklungen. • Transportbezogene A n s a t z p u n k t e Materialeinsatz beinhaltet zwangsläufig Materialbewegung. Die Gestaltung von Transportvorgängen ist unter Beachtung sowohl der Verfügungsbereitschaft als auch ökonomischer und ökologischer Gesichtspunkte zu optimieren. • L a g e r h a l t u n g s b e z o g e n e A n s a t z p u n k t e Lagerhaltung bedeutet Bindung von Materialien und Beanspruchung von Umwelt. Lagerhaltungsoptimierung ist deshalb auch unter Umweltgesichtspunkten zu betrachten. Daneben hat die Vergangenheit gezeigt, daß häufig eine sorglose Lagerhaltung zu Unfällen mit erheblichen Umweltbelastungen geführt hat.

1 68

Kap. 4: Umweltorientierte

Material- und

Fertigungswirtschaft

• V e r f a h r e n s b e z o g e n e A n s ä t z e Über die Veränderung der Herstellungsverfahren lassen sich innerhalb bestimmter Grenzen umweltschonendere Materialeinsätze, Emissionsreduzierungen und Produktveränderungen erreichen. Die Aufgaben einer ökologisch orientierten, integrierten Materialwirtschaft richten sich auf die folgenden Problemkreise (Stahlmann 1988, S.34): • M a t e r i a l b e d a r f s e r m i t t l u n g : Mitarbeit an der Entwicklung eines umweltverträglichen Primärbedarfs, Abstimmung der Vertriebsprognosen mit materialwirtschaftlichen Zielsetzungen, Ermittlung des Sekundärbedarfs über Stücklisten oder andere Methoden • M a t e r i a l b e s c h a f f u n g : B e s c h a f f u n g s m a r k e t i n g m i t Einbezieh u n g ökologischer K r i t e r i e n , B e s c h a f f u n g s p r i n z i p i e n , -Organisation, - S t r a t e g i e n

• M a t e r i a l s t e u e r u n g : Ermittlung von Ablaufparametern, Arbeitsplänen, Losgrößen, Laufzeiten, Auftragsterminierung, Grobplanung, Feinsteuerung, Werkstattsteuerung • M a t e r i a l l a g e r u n g : Materialzugang, -abfluß, Lagerarten, Lagerorganisation, Vermeidung von umweltgefährlichen Störfällen • M a t e r i a l v e r t e i l u n g und Logistik: Materialflußprinzipien, innerbetrieblicher Transport, Versand, physical distribution • B e s t a n d s p l a n u n g , -analyse und -kontrolle: nach verschiedenen Wertschöpfungsebenen, Stoffgruppen, Fundorten, Maßnahmen der Bestandssenkung zur Vermeidung unnötiger Ressourcenbindungen • Materialrationalisierung: durch Nummerung, Standardisierung, Materialanalyse und kostenminimierende, umweltfreundliche Matcrialvcrwertung Daneben spielt aus betrieblicher Sicht die M a t e r i a l e n t s o r g u n g eine zunehmend wichtige Rolle. Immer weniger nicht mehr benötigte Materialien lassen sich problemlos und unbegrenzt an die Kommunen zur Deponierung oder Verbrennung abgeben; die Abgabekosten haben sich seit den 80er Jahren für die meisten Abfallstoffe vervielfacht. Bestimmte überwachungsbedürftige Sonderabfälle verursachen Entsorgungskosten von 3.000,— D M / t und mehr. Für eine zunehmende Anzahl verschiedener Produkte endet die Produktverantwortung nicht mit dem

2 Bedeutung einer Ökologisiemng der Material- und Fertigungswirtschafi

1 69

Verkauf. Vielmehr müssen Produkte nach der Nutzung vom Produzenten zurückgenommen und deren Materialien einer weiteren stofflichen Verwertung zugeführt werden (Beispiele: Verpackungen, Elektronikgeräte, Autos). Das führt zu den folgenden E n t s o r g u n g s a u f g a b e n der Materialwirtschaft: • V e r m i n d e r u n g der Reststoffe nach Gewicht oder Volumen bis hin zur vollständigen V e r m e i d u n g , • V e r w e r t u n g der Reststoffe durch Rückführung in den inneroder außerbetrieblichen Produktionskreisla.uf, • S u b s t i t u t i o n umweltschädlicher schädliche Alternativen,

Materialien durch

weniger

• G e w ä h r l e i s t u n g der E n t s o r g u n g s s i c h e r h e i t , d. h. längerfristige Abnahmegarantien durch Verwerter oder Abfallentsorger, • E n t s o r g u n g s k o s t e n m a n a g e m e n t , d . h . Minimierung der Entsorgungskosten unter Beachtung der staatlichen Rahmenbedingungen und der unternehmenseigenen Umweltleitlinien. Eine so verstandene Materialwirtschaft sprengt den Rahmen der üblichen Zubringerfunktion, sie erfordert den aktiven und gleichberechtigten Austausch mit anderen Unternehmensfunktionen und wertet den Materialwirtschaftsbereich auf. Die Zusammenarbeit des Material-Managements in einer ökologisch erweiterten Intergration weist folgende Bezüge auf (Stahlmann 1988, S. 28ff): Zusammenarbeit

mit

Absatzwirtschaft

und

Produktplanung

• Abstimmung der Produktplanung wit dem Einkauf (Beschaffbarkcit von Teilen, Bestellzeiten), der Fertigung (Verfahren, Kapazitäten, Materialsteuerungsprobleme und der Disposition (Bestandssituation) • Abstimmung des Vertriebswunsches mit der Disposition und Fertigungssteuerung (Wiederbeschaffungszeiten, Bestandssituation) und Fertigung (quantitative und qualitative Kapazitäten). Vor allem bei anonymer Fertigung Auftragseinplanung mit stärkerer Berücksichtigung der Fertigungsbelange und materialwirtschaftlicher Kostenminimierung • Information des Disponenten oder Einkäufers über den erwarteten Lebenszyklus (Bestandseindeckungszeit, Mehrmengenabnahmen), die gesamte Orderreichweite und Nachfolgeprodukte

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und Fertigungswirtschaft

170

• Information des Vertriebes über den Auftragsstatus wünschen bei Kundenauftragsfertigung • Festlegung des Servicegrades Bevorratungsebene, Abstufung dardprodukte, Exoten

(Bestandsaufbau, der Umsatzträger

bei

Sicherheitsbestände, nach Renner, Stan-

• Festlegung der Ersatzteilvorhaltung (Garantiezeiten, rung durch lange Produktionsdauer)

Imageverbesse-

• Auswahl geeigneter und umweltfreundlicher Verpackungsportmittel, Minimierung des Verpackungsaufwands •

Unterstützung eines ökologiegerechten tion über Alternativstoffe



Verkauf von Kuppelprodukten

• umweltfreundliche organisation )

und

Vertriebslogistik

• Aufbau von Redistributionskanälen kungen) Zusammenarbeit •

mit

der

Anderungs-

Marketing-Mix

und

durch

TransInforma-

Abfällen (Transportmittel,

Vertriebslager-

(zum Beispiel für

Mehrwegverpak-

Entwicklung/Konstruktion

Wiederverwendung bewährter Teile, Baugruppen; Vermeidung von aufwendigen Neukonstruktionen, neuen Lagerpositionen mit positiven Effekten auf das Anlageninvestment (keine Neuinvestitionen, Umschulungen, Lernkurveneffekte, Anlaufkosten), auf Mengenrabatte durch große Bestell-Lose, auf Lagerhaltung, Bestände und den gesamten Materialfluß. Aufbereitung der Stücklisten für CAD zum Zwecke der Verbesserung von Normung und Typung

• Teamarbeit mit Einkäufern, zum Beispiel über monatlichen Erfahrungsaustausch (kein „backdoor-selling" zwischen Entwicklern und Lieferanten um den Einkauf herum). Information über neueste Entwicklungsvorhaben und Innovation aus den Beschaffungsmärkten • regelmäßige Wertanalyse mit Disponenten, Betriebsingenieuren, Kalkulatoren, Produktplanern, Einkäufern, zum Beispiel zur Eliminierung übertriebener Qualitätsansprüche (Material, Oberflächenbeschaffenheit) • Konstruktion in Berücksichtigung gung und der Beschaffungsmärkte. lysen • Berücksichtigung statt Schweißen) •

neuer

der Möglichkeiten Aufstellen von

Fertigungsverfahren

der eigenen FertiMake-or-buy-Ana-

(Lasertechnik,

Kleben

Uberprüfung der Produkte auf Umweltverträglichkeit (im Verfahren, in der Wahl der Einsatzstoffe, beim späteren Konsum) auf der gesamten Produktlinie

• Anregung von Langzeitgütern und Einbau leicht austauschbarer gregate (bei absehbarem technischen Wandel)

Ag-

2 Bedeutung einer Ökologisierung

der Material-

und Fertigungswirtschaft

1 71

• Konstruktion von Produkten/Baugruppen mit leicht trennbaren, cleba.ren Stoffen (niederentropisches Design) • Verschnittoptimierung

über

Rechnerprogramme

• Datenaustausch über risikoreiche Stoffe und deren zwischen Beschaffungsmarktund Werkstoffdateien Zusammenarbeit • Abstimmung kauf

mit

der

recy-

Ersatzmöglichkeiten

Fertigung

über make-or-buy

zusammen

mit Kalkulation

• Absprache über anstehende Verlagerungen und men (subcontracting) mit dem Einkauf und der

EntlastungsmaßnahFertigungssteuerung

• Antizyklischer Bestandsaufbau und -abbau zum Zwecke Kapazitätsauslastung in Abstimmung mit dem Vertrieb bestände) und der Disposition (Materialbestände) • Abstimmung neuer Beschaffungsmethoden oder Änderung des Fertigungsverfahrens dem Einkauf (Eignung der Lieferanten), der Steuerungsmethoden), dem Vertrieb dukten )

und Ein-

konstanter (Erzeugnis-

(zum Beispiel KANBAN) und des Materialflusses mit der Disposition (Änderung (Auswahl von Standardpro-

• Information seitens des Einkaufs über energie- und materialsparende Automaten. CNC-Maschincn, leise, abgasarme Techniken, Abwärme-, A bwasser-, A bfallrecycling - Verfahren. Zusammenarbeit

mit

der

Qualitätssicherung

• Auswahl der Lieferanten nach Materialqualität (Rückmeldung Qualitätssicherungsdaten an ein Einkäuferprogramm)

von

• Übermittlung von Verbesserungsvorschlägen aus der eigenen Qualitätsprüfung an Lieferanten (überbetriebliche „quality circles"), soweit nicht Geheimhaltu ngsgr ünde en tgegen stehen • Zuteilung der Prüfpßicht an den Lieferanten mit Unterstützung durch eigene Prüfgeräte, Übertragung von Prüf-Know-how (vor allem bei Just-in-time-Lieferungen ) • Vermeidung übertriebener Anforderungen an die Materialbeschaffung hinsichtlich Fertigungstoleranzen und Oberflächenbeschaffenheit, die mit dem vorhandenen Maschinenpotential schwer erzielbar sind • Vermeidung von Uberdimensionierung Auslegung von Geräten und Anlagen) • Auswahl geeigneter zu erhöhen

Materialien,

(Sicherheitszuschläge

um die Langlebigkeit

von

für

die

Produkten

• Analyse von Reklamationen, Materialfehlern während der Fertigung oder beim Konsumenten, Aufbau einer präventiven Qualitätssicherung • Vermeidung

unsachgemäßer

Lagerung

172

Kap. 4: Umweltorientierte

Material- und

Fertigungswirtschaft

• Festlegung der Transportmittel und Verpackungsarten mit innerbetrieblichem Transport/Einkauf).

Zusammenarbeit • gemeinsame bestanden

mit der Finanzierung/dem Kontrolle

der Kapitalbindung

(Abstimmung

Rechnungswesen in Lager- und

Werkstatt-

• Festlegung der Kapitalbindung in einzelnen Bevorratungsebenen stimmung mit der Fertigungssteuerung

(Ab-

• Zusammenarbeit Bezug

oder

bei Spezialkalkulationen

• Organisation des Inventur-Verfahrens ventur in Zusammenarbeit mit der • Kontrolle

über Eigenfertigung

(permanente oder Lagerverwaltung

und Planung des Bestellobligos

(Abstimmung

Stichtagsin-

mit

Einkauf)

• Information des Einkaufs über staatliche Steuervergünstigungen Finanzierungshilfen (zum Beispiel zinsgünstige Darlehen aus Mitteln) • ökologische Folgekosten, Umweltentlastungseffekte in keitsrechnungen einbeziehen (zum Teil in qualitative trizen ) • Aufbau eines betriebsinternen

und ERP-

WirtschaftlichBewertungsma-

Umwelt-Informationssystems

• Aufstellung einer ökologischen Buchführung als Schattenrechnung Finanzbuchhaltung • Entwicklung von Umweltbilanzen für das gesamte Unternehmen für einzelne Produkte/Produktgruppen/Verfahren.

zur oder

D a sich einerseits a u s g e h e n d von m a t e r i a l w i r t s c h a f t l i c h e n Vorgängen viele Q u e r v e r b i n d u n g e n zu den a n d e r e n U n t e r n e h m e n s f u n k t i o n e n erg e b e n , a n d e r e r s e i t s ressourcenökonomische Prozesse eine hohe Affin i t ä t zur U m w e l t s c h o n u n g aufweisen, kann eine Ökologisierung der M a t e r i a l w i r t s c h a f t als sinnvoller Einstieg in eine u m f a s s e n d e U m w e l t o r i e n t i e r u n g eines U n t e r n e h m e n s angesehen werden.

2.4

Organisation einer ökologischen Materialwirtschaft

Eine u m w e l t o r i e n t i e r t e , integrierte M a t e r i a l w i r t s c h a f t mit vielfältigen und z u m Teil gleichberechtigten K o o p e r a t i o n s b e z i e h u n g e n zu a n d e r e n U n t e r n e h m e n s f u n k t i o n e n bedarf einer e n t s p r e c h e n d e n G e s t a l t u n g der U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n . A u f b a u o r g a n i s a t o r i s c h ergeben sich d a b e i zwei B e t r a c h t u n g s e b e n e n : 1. I n t e g r a t i o n d e r M a t e r i a l w i r t s c h a f t in die G e s a m t o r g a n i s a t i o n 2. Innerer A u f b a u des M a t e r i a l w i r t s c h a f t s b e r e i c h s

2 Bedeutung einer Ôkologisiemng der Material- und Fertigungswirtschaft

173

1. I n t e g r a t i o n d e r M a t e r i a l w i r t s c h a f t in die O r g a n i s a t i o n Im konventionellen Organisationsaufbau vor allem von Klein- und Mittelbetrieben werden die verschiedenen Funktionen der Materialwirtschaft häufig auf verschiedene Leitungsfunktionen aufgeteilt. Während Materialbeschaffung (Einkauf) und -Verteilung dem kaufmännischen Bereich zugeordnet werden, werden Materiallagerung und -entsorgung der technischen Geschäftsführung unterstellt. Unternehmensleitung

Kaufmännische Leitung

Materialbeschaffung

Technische Leitung

Materialverteilung

Materiallagerung

Materialentsorgung

In Großunternehmen besteht zwar in der Regel ein eigenständiges Vorstandsressort „Materialwirtschaft", dennoch werden einzelne materialwirtscha.ftlic.hr Funktionen hieraus häufig ausgegliedert und anderen Funktionsbereichen zugeordnet. So wird die Materialdisposition häufig der Fertigung zugeordnet, Normung und Typung dem F u E - B e r e i c h . Eine wesentliche Forderung zur Durchsetzung ökologischer Belange lautet deshalb: Z u s a m m e n f a s s u n g aller m a t e r i a l r e l e v a n t e n A k t i v i t ä t e n u n t e r e i n e r e i n h e i t l i c h e n V e r a n t w o r t l i c h k e i t . Ein solches Ressort „Materialwirtschaft" steht gleichberechtigt zu den anderen Hauptfunktionen der Unternehmung. J e stärker Umweltschonungsziele im Zielsystem der Unternehmung verankert sind, desto bedeutsamer wird die Stellung dieses Funktionsbereiches.

In Unternehmen mit dezentraler Organisation mit hoher Eigenständigkeit und Verantwortlichkeit einzelner Betriebe oder Erzeugnisgruppen

174

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und

Fertigungswirtschaft

geht auch die Materialverantwortlichkeit in die Betriebseinheiten über. Hierbei kommt den bei der Unternehmensleitung angeordneten materialwirtschaftlichen Stabsabteilungen eine stärker strategisch und vereinheitlichend ausgerichtete Aufgabe zu, während die Abteilungen der Einzelwerke eher operationale und fertigungsnahe Aufgaben zu erfüllen haben. Zur Durchsetzung einheitlicher Standards z. B. für Qualitätswesen, Beschaffungsmarktforschung, Umweltanforderungen, Beschaffungsstrategien können solche zentralen Stäbe häufig ein begrenztes funktionales Weisungsrecht gegenüber den ansonsten autonomen Werken erhalten (vgl. hierzu die Abbildung auf der nächsten Seite). Produktmanagement-Konzepte, bei denen quer zu den Funktionsbereichen für einzelne Produkte/Produktgruppen Verantwortlichkeiten ohne Weisungsrechte aufgebaut werden, stehen dem Ansatz einer Ökologisierung eher entgegen. Leistungen der Produktmanager werden in der Regel kurzfristig ergebnisorientiert gesehen. Eine ökologisch orientierte Materialwirtschaft ist dagegen eher längerfristig optimierend ausgerichtet. 2. I n n e r e r A u f b a u der M a t e r i a l w i r t s c h a f t Die konventionelle Materialwirtschaft wird aufbauorganisatorisch in der Regel in die folgenden Bereiche eingeteilt: • Beschaffungswirtschaft • Lagerwirtschaft • Materialverteilung • Reststoffwirtschaft Im Rahmen einer integrierten M a t e r i a l w i r t s c h a f t können darüber hinausgehend folgende Aktivitäten zusammengefaßt werden (Stahlmann 1988, S.49): • Einkauf: Beschaffungsmarktbeobachtungen, Preis-/I\onditionenüberwachung, Bezugskostenkontrolle, Beschaffungspolitik, BeschafFungsmethoden, Einkaufsabwicklung • L a g e r w i r t s c h a f t : Ein- und Auslagerungsprozesse, Lagerorganisation, Kontrolle des Lagerumschlags

einer Òkologisierung

der Material-

5 bß bß c3 -C vo > 1-* o e U . UJ

und Fertigungswirtschaft

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ab 1. I. 1993 Q ab 1. 7. 1995 in Prozent der erfaßten und sortierten Menge Aluminium

rp® Quelle: Vrp»ck«ings»wordnung vom 12. 6. 1991

Abbildung Nr. 4 4 / 9 4 )

4.15:

Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Verpackungsrecycling:

Der

Quotensprung

(iwd

h a t sich von 65.470 in 1983 auf 102.145 in 1993 erhöht. Seit 1990 sind in Erfassung-, Sortier-, Logistik- und Verwertungskapzitäten mehr als 6 M r d . D M investiert worden. Die deutsche W i r t s c h a f t , die f ü r das D S D verantwortlich zeichnet, ist optimistisch, d a m i t erfolgreich zu sein. Folgende Vorteile gegenüber ordnungsrechtlichen M a ß n a h m e n werden vor allem g e n a n n t : • Die W i r t s c h a f t kann in eigener V e r a n t w o r t u n g ohne staatliche G ä n g e l u n g ein Verwertungssystem a u f b a u e n , in dem Abfälle als Wertstoffe nach marktwirtschaftlichen Effizienzkriterien genutzt werden. • Ökologische und ökonomische Effekte - Deponien und Verbrennungsanlagen werden entlastet, gleichzeitig werden neue Arbeitsplätze in der Entsorgungswirtschaft geschaffen. • Die D r o h u n g des Umweltministers, beim Scheitern des D S D die Rücknahmepflicht in K r a f t zu setzen, fördert d a s Investitions-

8 Restsioff-und

Entsorgungswirtschaft

275

Neues Lizenz-Entgelt für den Grünen Punkt Glos

Popier, Poppe, Weißblech Karton

Aluminium

Kunststoff Flüssigkeilskorlons

sonstige Verbünde

Notwmoleriolien

Cewuhlsenlgelt: •I DM / kg

1£ 2 i

Entgeh Juiwj! ortdjl MwS!

A b b i l d u n g 4.16: N e u e s L i z e n z - E n t g e l t f ü r G r ü n e n P u n k t

v e r h a l t e n d e r W i r t s c h a f t , um die hohen

(DSD)

Verwertungsvorgaben

zu erreichen. •

D a s D S D v e r u r s a c h t nur h a l b so h o h e K o s t e n w i e ein R ü c k n a h mesystem beim



Handel.

Die Konsumgüterhersteller

erhalten

über die zu

entrichtenden

L i z e n z g e b ü h r e n , die in die V e r k a u f s p r e i s e einzukalkulieren sind, A n r e i z e zur V e r m e i d u n g überflüssiger V e r p a c k u n g e n . T a t s ä c h l i c h ist v o n 1991 bis 1993 die M e n g e an A l t v e r p a c k u n g e n 1 M i o . Tonnen •

Die Vielfalt

um rund

zurückgegangen.

verschiedener

Verpackungsmaterialien

wird

durch

d i e d a m i t v e r b u n d e n e n V e r w e r t u n g s p r o b l e m e erheblich r e d u z i e r t werden.

Dagegen

g i b t es eine g r o ß e Schar von G e g n e r n dieses S y s t e m s

aus

276

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und

Fertigungswirtschaft

unterschiedlichen Lagern, die dessen ökologische Wirkungen negativ beurteilen: • Das Ziel der Abfallvermeidung wird konterkariert, wenn die W i r t schaft unter maßgeblicher Mitbeteiligung der Verpackungsindustrie ein Verwertungssystem a u f b a u t . Verwerten s t a t t Vermeiden bedeutet, d a ß kein Zwang besteht, den V e r p a c k u n g s a u f w a n d insgesamt zu reduzieren. • Der G r ü n e P u n k t f ü h r t die Verbraucher in die Irre. Er suggeriert besondere Umweltfreundlichkeit der Verpackung, b e d e u t e t aber nur weitere Verwertung. Besonders umweltschonende P r o d u k t e werden nicht mit dem Grünen P u n k t ausgezeichnet. • Die Sortierung und Verwertung von Kunststoffmaterialien ist nicht gesichert. Bei der u n ü b e r s c h a u b a r e n Vielfalt von Kunststoffzusammensetzungen ist die Sortierung zu einer verwendungsfähigen Sortenreinheit technisch nicht gelöst. • Die Vorzüge des Recycling gegenüber anderen Verwertungsformen, insbesondere der thermischen Verwertung werden überbetont. Der energetische Aufwand für S ä u b e r n , Einsammeln, Sortieren und Verwerten oder die Hydrierung von Kunststoffabfällen zu erdölähnlichen Basismaterialien stellen eine erhebliche Energieverschwendung d a r . • Die Entsorgungsindustrie ist nicht verpflichtet, die „Wertstoffe" innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu verwerten. D a m i t wird der Müllexport auch und insbesondere in wirtschaftsschwache Entwicklungsländer gefördert. • Es ergeben sich kartellrechtliche Probleme. Die gegründeten Verwertungsgesellschaften für die einzelnen Wertstoffe befinden sich praktisch in einer Monopolstellung zum DSD. Sie widersprechen d a m i t dem Wettbewerbsprinzip. 1991 —1993 erfolgten in der E n t s o r g u n g s w i r t s c h a f t 240 Fusionen. Vor allem die großen Energieversorgungsmonopole sind dabei massiv in d a s Entsorgungsgeschäft eingestiegen.

8.8

Betriebswirtschaftliche A s p e k t e der E n t s o r g u n g

Die betrieblichen Aufwendungen zur Verwertung oder E n t s o r g u n g von Reststoffen werden vor allem durch die G e s t a l t u n g der R a h m e n b e d i n -

8 Reststoff-und Entsorgungswirtschaft

277

gungen b e s t i m m t . Eine in den letzten J a h r e n durch z u n e h m e n d e Restriktionen gekennzeichnete Entsorgungspolitik h a t den betrieblichen Handlungsbedarf in diesem Z u s a m m e n h a n g erhöht. • Die behördlichen Anforderungen an das betriebliche Reststoffm a n a g e m e n t sind kontinuierlich gestiegen (Sonderabfallentsorgung, Verpackungsverordnung, Kreislaufwirtschaft etc.). Dazu ist qualifiziertes Personal einzustellen oder Beratungsleistung einzukaufen. • Reststoffe werden in wachsendem Maße zum Gegenstand von M a r k t b e z i e h u n g e n . Die Entsorgungskosten für Abfälle steigen in dem Maße, wie erhöhte technische Anforderungen an die E n t s o r gungssicherheit gestellt werden. Andererseits entstehen neue Abs a t z m ä r k t e für Reststoffe, die einer Verwertung zugeführt werden. • E r h ö h t e Qualifikationsanforderungen und Kostensteigerungen für die Abfallentsorgung führen dazu, daß dem Reststoff- und A b f a l l m a n a g e m e n t unter betriebswirtschaftlichen Aspekten ein zunehmend größeres Gewicht beigemessen wird. Die Kosten des betrieblichen Entsorgungs- und R e s t s t o f f m a n a g e m e n t s können dabei systematisiert werden nach (Frank 1990, S. 58) • Funktionen (Bearbeitungsstufen) D i s p o n i e r e n / P l a n e n , Einsammeln, Sortieren, Befördern, Behandeln, (Trennen, Bearbeiten, Vernichten/Verbrennen) Wiederverwenden), (Zwischen-)Lagern, A b l a g e r n / D e p o n i e r e n , Verwalten /Vertreiben • K o s t e n a r t e n Personalkosten, Lagerkosten, W a r t u n g s k o s t e n (Anlagen, G e r ä t e , Fahrzeuge), T r a n s p o r t k o s t e n , G e b ü h r e n / A b g a b e n / G u t a c h t e n , Verwaltungskosten u . a . (z.B. kalkulatorische Kosten). Unter den gegebenen R a h m e n b e d i n g u n g e n bzw. in der Antizipation e r w a r t e t e r Veränderungen der Entsorgungspolitik haben U n t e r n e h m e n Strategien zu entwickeln, die die Bereiche • Verpackungen (vor allem T r a n s p o r t - und Verkaufsverpackungen) • Rest- und Abfallstoffe der P r o d u k t i o n ,

278

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und Fertigungswirtschaft

• Entsorgung der Konsumgüter nach Beendigung der Nutzung umfassen. Dabei können folgende Verhaltensweisen immer unter Beachtung längerfristiger Wirkungen als rational eingestuft werden: Verpackungen T r a n s p o r t v e r p a c k u n g e n sind unter der Maßgabe, daß Transportsicherheit gewährleistet ist und das Image von Produkten und Lieferanten gegenüber den Kunden keinen Schaden nimmt, so zu gestalten, daß der gesamte Verpackungs- und Logistikaufwand minimiert wird. Dabei ist unter Einbeziehung aller Kostenaspekte zu prüfen, ob die Rücknahme von Transportverpackungen zur Wiederverwendung oder -Verwertung vollzogen wird, dem Abnehmer die eigenständige Entsorgung bzw. Verwertung vergütet wird, die Beteiligung an Mehrwegtransportsystemen anzustreben ist. Als eine sinnvolle Alternative zu konventionellen Einweg-Transportverpackungen erscheint in diesem Zusammenhang das MTS—Mehrw e g v e r p a c k u n g s s y s t e m (vgl. Handelsblatt Nr. 19 vom 27.01.94; sowie Abbildung 4.17 auf Seite 279). Dabei soll für die Bundesrepublik ab 1994 flächendeckend ein Mehrweg-System aufgebaut werden. Darüber sollen Hersteller Waren an den Handel liefern, Speditionen holen die leeren Behälter ab, reinigen und sortieren sie im Depot und liefern sie auf Bestellung wieder an die Hersteller. Die Behältnisse wurden gemeinsam mit 15 Handelsorganisationen und 25 Industriebetrieben entwickelt. Die Hersteller mieten sie für 0,25—1,30 DM je nach Größe pro Umlauf. Das entspricht etwa den Kosten der Kartonverpackung; gleichzeitig sollen die Kosten für das gesamte Handling (Transportsicherheit, Ein- und Auspacken, Platzbedarf etc.) gegenüber Einwegverpackungen geringer ausfallen. V e r k a u f s v e r p a c k u n g e n sind unter Wahrung der vom Markt geforderten Verpackungsfunktionen (Schutz, Information, Image, Werbewirkung, Handling) so zu gestalten, daß die Verpackungskosten minimiert werden. Konsumgüterhersteller befinden sich in der Entscheidung, ob Einweg- oder Mehrweggebinde angeboten werden sollen, häufig in starker Abhängigkeit vom Handel. Nur große Markenartikler sind dabei in ihrer Entscheidung relativ autonom. Da die Lizenzgebühren für den Grünen Punkt unter Wettbewerbsbedingungen gegenüber dem Handel häufig nicht über die Verkaufskalkulation abzuwälzen sind,

8 Reststoff-undEntsorgungswirtschaft

279

wird die eigene Ertragssituation durch zu hohe Verpackungsaufwendungen verschlechtert. Lizenzgebühren Verpackungsaufwand = Materialaufwand + DSD für Verkaufsverpackungen Die Zielsetzung für Vertreiber von Kosumgütern in Einwegverpackungen lautet dann konkret: Reduktion verzichtbarer Verkaufsverpackungen und Umverpackungen, Substitution teurerer durch preiswertere Materialien. Für R e s t - und A b f a l l s t o f f e der P r o d u k t i o n gilt für die betriebliche Behandlung die gesetzlich vorgeschriebene Hierarchie: V e r m e i d u n g v o r V e r w e r t u n g vor E n t s o r g u n g . Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten der Aufwandsminimierung stellt sich die Beachtung dieser Vorgaben folgendermaßen dar: Eine Vermeidung von Produktionsrückständen ist nur dann sinnvoll, wenn die Summe der Vermeidungsaufwendungen kleiner ist als die Aufwendungen für Verwertung oder Entsorgung. Vermeidungsaufwendungen setzen sich dabei aus den dazu notwendigen Investitionsaufwendungen (Abschreibungen) und den laufenden Betriebskosten der Vermeidungsstrategien zusammen. Eine Vermeidung ist insbesondere für besonders überwachungsbedürftige Sonderabfälle anzustreben, wo immer es möglich ist. Die Ent-

280

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und Fertigungswirtschafi

sorgungskosten für bestimmte Abfallarten liegen derzeit zum Teil bei 3.000,— D M / T o n n e und mehr mit steigender Tendenz. Verwertungsstrategien sind gegenüber der Entsorgung vorzuziehen, wenn die Verwertungsaufwendungen niedriger sind als die Entsorgungskosten. (Der Gesetzgeber spricht in diesem Z u s a m m e n h a n g von der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, der Verwertung). Abfallwirtschaftskonzepte, wie sie nach dem Landesabfallgesetz NRW oder d e m n ä c h s t nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgeschrieben sind, liefern das Basismaterial zum Aufbau eines wirtschaftlichen Verwertungskonzeptes.

Abbildung 4.18: Verwertungslinien Grundlage für eine sinnvolle Verwertung ist eine sortenreine Trennung möglichst schon im Betrieb und die getrennte Verwertung der einzelnen Reststoffe. Von größerer Bedeutung ist in der Regel aber die außerbetriebliche Verwertung. Mittlerweile existieren am M a r k t ausgereifte und in der Praxis bewährte Logistik- und Sammelsysteme, die eine getrennte Sammlung produktionsspezifischer Reststoffe und deren getrennte Verwertung und Entsorgung gewährleisten. Gleichzeitig erfordert jedoch ein mittlerweile unüberschaubarer M a r k t detaillierte Kenntnisse der Anbieter von Entsorgungsleistungen und Preisen. Wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Entsorgers muß neben dem Preis auch die langfristige Absicherung der innerbetrieblichen Entsorgung sein (Groß, K. 1994). Unter Umständen ist eine Verwertung auch dann noch betriebswirtschaftlich sinnvoll, wenn der Verwerter zur Ü b e r n a h m e der Reststoffe eine Vergütung verlangt. Das gilt, wenn die Entsorgungskosten höher sind als die Kosten der Verwertung. Im Rahmen der P r o d u k t v e r a n t w o r t u n g nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz werden Hersteller/Anbieter von Konsumgütern in der Zukunft verstärkt in d i e u m w e l t v e r t r ä g l i c h e V e r w e r t u n g u n d

9 Warenverteilung/Logistik

281

B e s e i t i g u n g dieser G ü t e r nach B e e n d i g u n g ihrer N u t z u n g einbezogen werden. Da die Kostenübernahme der Entsorgung dieser Güter bisher im Rahmen der öffentlichen Abfallentsorgung erfolgt, ist mit einem erheblichen Zusatzaufwand für die Industrie zu rechnen, wenn eigenverantwortliche Entsorgungsstrukturen aufgebaut werden müssen. Erwartete Verordnungen für Elektronikschrott und Altautos führen bereits zum Aufbau betrieblicher und branchenbezogener Kreislaufsysteme. Voraussetzung für wirtschaftlich vertretbares Recycling von Altprodukten ist die Reduzierung der Materialvielfalt und die Kennzeichnung der Materialarten. Beim Erlaß von Verordnungen zur Realisierung der Produktverantwortung durch die Hersteller zeichnen sich folgende Konzepte ab: Beim Verkauf eines Gutes an den Endverbraucher (z. B. ein P K W ) werden in den Verkaufspreis die zukünftigen Entsorgungs- und Verwertungskosten einbezogen. Mit diesen Zusatzkosten werden Strukturen einer betrieblichen oder branchenbezogenen Verwertungs- und Entsorgungsindustrie aufgebaut. Am Ende des Produktlebens erfolgt durch den Konsumenten eine Rückgabe zur Verwertung.

9

Warenverteilung/Logistik

Die Konkretisierung der betrieblichen Güterproduktion auf Käufermärkten orientiert sich an den Marktbedürfnissen. Neben der Produktgestaltung selbst ist auch die Organisation der Warenverteilung hin zu den Abnehmern an deren Bedürfnissen und Wünschen auszurichten. Dementsprechend ist die O r g a n i s a t i o n der W a r e n v e r t e i l u n g funktional der A b s a t z g e s t a l t u n g , speziell der D i s t r i b u t i o n s p o l i t i k innerhalb des Marketing-Mix zuzuordnen (vgl. dazu Kapitel 8). Da die einzelnen Funktionsbereiche gemeinsam einem übergeordneten Betriebszweck dienen, sind material-, fertigungs- und absatzwirtschaftliche Aspekte entsprechend an diesem Zweck auszurichten. Die Berükksichtigung von Umweltschonungsgesichtspunkten kann deshalb nur Nebenbedingung übergeordneter Unternehmensziele sein. Umweltorientierung der Distribution befindet sich dabei in einem Spannungsfeld zum ökonomische Zieldreieck: Lieferbereitschaft, geringer Kapitaleinsatz, niedrige Distributionskosten.

282

Kap. 4: Umweltorientierte

Material- und

Fertigungswirtschaft

Die „Ökologisierung der Warenverteilung" erstreckt sich dabei vordergründig auf • die Wahl der T r a n s p o r t m i t t e l • die Wahl der Transporthilfsmittel (insbesondere Verpackungen) • die Organisation der Warenverteilung Wicke u . a . (1992, S. 153) sehen folgende A n s a t z p u n k t e zur G e s t a l t u n g eines umweltverträglichen Transportwesens: • Einsatz umweltverträglicher T r a n s p o r t s y s t e m e trieblichen und außerbetriebliche T r a n s p o r t ;

beim

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• regelmäßige W a r t u n g und Ü b e r p r ü f u n g der eingesetzten Transp o r t s y s t e m e auf Energieverbrauch und Schadstoffbelastung; • Einsatz umweltfreundlicher G ü t e r zur N u t z u n g der T r a n s p o r t s y steme, z . B . bleifreies Benzin, r u n d e r n e u e r t e Reifen, asbestfreie Bremsbeläge etc. • Verwendung wiedereinsetzbarer Transporthilfsmittel; • umweltgerechte E n t s o r g u n g von Reststoffen aus der N u t z u n g der eigenen T r a n s p o r t s y s t e m e (Reifen-, Altölentsorgung); • Organisatorische M a ß n a h m e n , die M e h r f a c h f a h r t e n vermeiden. In einem umfassenden Sinne ist die G e s t a l t u n g der Warenverteilung a b e r Ausdruck der Definition der eigenen G e s c h ä f t s t ä t i g k e i t . Sie ist d a m i t eingebettet in Unternehmensentscheidungen zur G e s t a l t u n g und G r ö ß e des Versorgungsgebietes, der Frage der Zentralisierung oder Dezentralisierung der U n t e r n e h m e n s a k t i v i t ä t e n , dem E x p a n s i o n s d r a n g .

9 Warenverteilung/Logistik

283

Beispiel: Betriebswirtschaftlich mag es durchaus Sinn machen, dänische Schweineschinken nach Italien zu verfrachten, um daraus Parmaschinken herzustellen, der zu einem Exportschlager in Japan wird - oder französisches Mineralwasser in die USA zu verkaufen. U n t e r B e a c h t u n g der d a m i t v e r b u n d e n e n U m w e l t w i r k u n g e n erscheint diese A b s a t z s t r a t e g i e allerdings sehr f r a g w ü r d i g . Die umweltpolitische F o r d e r u n g , h o m o g e n e G ü t e r der G r u n d v e r s o r g u n g ( z . B . B r o t , Milchp r o d u k t e , Bier etc.) über regional b e g r e n z t e P r o d u k t i o n s - und A b s a t z wege zu v e r m a r k t e n , kann d e s h a l b u n t e r den gegebenen R a h m e n b e d i n gungen nur als ein Appell b e t r a c h t e t w e r d e n . D a ß d a s M a r k t v e r h a l t e n von A n b i e t e r n d e n n o c h von der eigenständigen B e s c h r ä n k u n g des Versorgungsgebietes b e s t i m m t werden kann, zeigt d a s folgende Beispiel: A u s d e m U m w e l t b e r i c h t von C a r o l i n e n - B r u n n e n , Bielefeld: Transport • Unser Ziel ist es, unsere Waren im Umkreis von 100 km auszuliefern und nicht über die gesamte Bundesrepublik zu verteilen. Der Anteil beträgt heute 95 %. Aus ökologischen und ökonomischen Gründen finden wir es sinnvoll, den Verkaufsschwerpunkt innerhalb des 100-km-Radius zu behalten. • Aus diesen Grunde haben wir auch den Brunnenbetrieb in der Nähe von Magdeburg übernommen, der sich dieser 100km-Grenze anschließt. Mit diesem Betrieb verfolgen wir das gleiche Ziel wie hier in Bielefeld. Lieferschwerpunkt ist dort Sachsen-Anhalt. Somit haben wir auch vierzig neue Arbeitsplätze in den neuen Bundesländern geschaffen. • Die Handelsware Bier und alkoholfreie Getränke wird überwiegend von unserem Hauptspediteur herangeholt, der heute die weiteren Strecken über die Bundesbahn abwickelt (wie München, Leipzig, Kulmbach). • In unserem eigenen Fuhrpark (40 LKWs) LKWs einzusetzen mit dem sogenannten ket" (geräuscharme LKWs).

versuchen wir „Österreich-Pa-

• Darüber hinaus sollen LKW und Stapler mit DieselabgasKatalysatoren versehen werden. Die Stapler sind teilweise auf Elektro-Antrieb umgestellt.

284

Kap. 4: Umweltorientierte Material- und Fertigungswirtschaft

Ein b e s o n d e r e s P r o b l e m stellt die V e r k e h r s ü b e r l a s t u n g der I n n e n s t ä d t e als U r s a c h e und Folge auch der W a r e n v e r t e i l u n g d a r . Verantwortlich d a f ü r ist eine Verkehrspolitik, die in den letzten J a h r z e h n t e n zu einer D o m i n a n z des A u t o m o b i l v e r k e h r s g e g e n ü b e r allen a n d e r e n Verkehrss y s t e m e n auch im s t ä d t i s c h e n Verkehr g e f ü h r t h a t . D a s E r g e b n i s ist in vielen S t ä d t e n eine d e m A u t o v e r k e h r a n g e p a ß t e s t ä d t i s c h e I n f r a s t r u k t u r , die die Q u a l i t ä t des Urbanen Lebens s t a r k in M i t l e i d e n s c h a f t gezogen h a t . „Der innerstädtische Güterverkehr unterliegt einem Zielkonflikt. Zum einen soll er die Güterversorgung der Städte gewährleisten und zum anderen möglichst nicht spürbar sein" (Bock 1993). Eine Möglichkeit einer u m w e l t v e r t r ä g l i c h e r e n G e s t a l t u n g der s t ä d t i s c h e n G ü t e r v e r s o r g u n g sind s o g e n a n n t e C i t y — L o g i s t i k — S y s t e m e . A u s g a n g s p u n k t einer logistischen O p t i m i e r u n g ist die T a t s a c h e , d a ß der D u r c h s c h n i t t an L e e r f a h r t e n im G ü t e r n a h v e r k e h r ca. 60 % b e t r ä g t . Eine V e r k e h r s e n t l a s t u n g setzt also eine K o o r d i n a t i o n , B ü n d e l u n g und S t e u e r u n g vom Lieferanten bis zum Verkaufsregal v o r a u s sowie den E i n s a t z u m w e l t v e r t r ä g l i c h e r e r V e r k e h r s m i t t e l und - s y s t e m e (vgl. Abbildung 4.19 auf Seite 285). Der i n n e r s t ä d t i s c h e W a r e n v e r k e h r wird s t a r k von den d a r ü b e r hinausg e h e n d e n Lieferbeziehungen und den dabei b e n u t z t e n Logistiksystemen beeinflußt. Eine N e u o r d n u n g des Fernverkehrs m u ß d a z u f ü h r e n , d a ß die F e r n g ü t e r s t r ö m e an den S t a d t r ä n d e r n a b g e f a n g e n w e r d e n . Warenverteilzentren, die in zeitlicher und räumlicher N ä h e zu den Ballungszentren s t e h e n , machen eine u m w e l t s c h o n e n d e r e A n l i e f e r u n g an die Verkaufsstellen möglich. Kennzeichen eines solchen City - L o g i s t i k - S y s t e m s sind: • N u t z u n g umweltverträglicher V e r k e h r s t r ä g e r B a h n ) bis in die W a r e n v e r t e i l z e n t r e n ;

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• W a r e n a u f b e r e i t u n g in den W a r e n v e r t e i l z e n t r e n ; • A b g e s t i m m t e T o u r e n p l a n u n g , die eine R a u m a u s n u t z u n g von nahezu 100 % der L K W - L a d e f l ä c h e n ermöglicht; • E i n s a t z citygerechter (lärm- und s c h a d s t o f f a r m e r ) F a h r z e u g e inn e r h a l b der S t a d t ; • Verteilung der W a r e n a u ß e r h a l b der Verkehrsspitzenzeiten;

9 Warenverteilung/Logistik

285

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Kap. 4: Umweltorientierte

Material- und

Fertigungswirtschaft

• Ausschließlicher Einsatz von M e h r w e g t r a n s p o r t s y s t e m e n schen Warenverteilzentrum und den Verkaufsstellen.

zwi-

Durch die B ü n d e l u n g der Anlieferung vieler einzelner Lieferanten kann ein erheblicher Teil des innerstädtischen Anlieferverkehrs eingespart werden. D a s setzt allerdings die Bereitschaft der Spediteure zur Kooperation voraus bzw. einen entsprechenden D r u c k der innerstädtischen G r o ß a b n e h m e r auf die G e s t a l t u n g der Anlieferung.

Kapitel 5

Betriebliche Umweltinformationssysteme 1

1.1

Inhalte und A u f g a b e n betrieblicher U m w e l t informat ionssyst e m e S y s t e m a t i s i e r u n g der Verfahren

Unter U m w e l t i n f o r m a t i o n s s y s t e m e n (UIS) sollen für die weiteren Erörterungen alle Formen der Rechnungslegung zusammengefaßt werden, bei denen ökonomische Tätigkeiten oder deren Ergebnis nach ökologischen Kriterien erfaßt, bewertet und bilanziert werden. In der öffentlichen Diskussion hat sich zur Charakterisierung von UIS der Begriff Ökobilanzen gebildet, aber auch Ökologische Buchhaltung, Stoff- und Energiebilanzierung, Produktlinienanalyse, UmweltAudit, Umweltberichterstattung oder ähnliches. Bei näherer Betrachtung wird allerdings deutlich, daß diese Begriffe unterschiedliche Facetten eines neuartigen Managementinstrumentariums darstellen. Zahn/Steimle (1993, S. 233 ff) unterscheiden dabei die folgenden drei Ansätze von UIS: B U I S (Betriebliche U m w e l t i n f o r m a t i o n s s y s t e m e ) umfassen alle Methoden und Instrumente, die auf die Abwehr und Bewertung der von einem Unternehmen ausgehenden ökologischen Wirkungen gerichtet sind.

288

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

U m w e l t b e z o g e n e I n s t r u m e n t e des s t r a t e g i s c h e n M a n a g e ments (USM) dienen der Identifikation von umweltinduzierten Marktchancen und Marktrisiken. Umweltbezogene Entscheidungsunterstützungssysteme ( U E U S ) sind Simulationsmodelle, die zum Verständnis der dynamischen Wechselwirkungen von Unternehmensentscheidungen, Umweltzustand und den Reaktionen im sozio-ökonomischen Umfeld beitragen sollen. Überbetriebliche Umweltinformationssysteme (UIS)

BUIS

USM Erkennen ökologieinduzierter Marktchancen und Marktrisiken

Abwehr unmittelbarer ökologischer Gefahren Kontrolle und Erfüllung gesetzlicher Vorgaben

-

Ökobilanzen Gefahrstoffblätter Ökologische Buchhaltung Automatische Meßund Regelungssysteme

UEUS

-

Berichtssysteme

Ökologie-Portfolio Produktlinienanalyse Wertschöpfungsring Checklisten

Früherkennung ökologischer Strukturkrisen

-

Wirkungsanalysen Szenariotechniken Computersimulation Micro Worlds

—' Entscheidungsunterstützungssysteme

Abbildung 5.1: Klassifikation von UIS (Zahn/Steimle S.234) Je nach Betrachtungsansatz lassen sich verschiedene Formen von UIS nach verschiedenen Kriterien systematisieren. • UIS nach dem Umfang der Untersuchung (Beck 1993, S. 103 ff) — Partialanalysen — Totalanalysen

1 Inhalte und Aufgaben betrieblicher

Umweltinformationssysteme

• UIS nach dem zugrundeliegenden Konzept (Fronek, R./Uecker, P. 1992, S. 11) — sozio-ökonomische Konzepte — technische Konzepte — betriebswirtschaftlich-finanzwirtschaftliche Konzepte • UIS nach Bezugsobjekten: — Produktbilanzierung — Stoffbilanzierung — Betriebsbilanzierung — Energiebilanzierung — Prozeßbilanzierung • UIS nach der Verfahrensweise: — verbal beschreibende Verfahren — physikalisch quantifizierende Verfahren — anderweitig quantifizierende Verfahren — m o n e t ä r bewertende Verfahren • UIS nach dem Planungsinteresse — einzeln/ isoliert b e t r a c h t e n d e Verfahren — vergleichende Verfahren • UIS nach der W i r k u n g s r i c h t u n g — betriebsintern wirkende Verfahren — öffentlichkeitswirksame Verfahren • UIS nach dem zugrundeliegenden Anlaß — freiwillige Verfahren — obligatorische Verfahren • UIS nach der B e t r a c h t u n g s e b e n e — betriebsbezogene E r f a s s u n g — branchenbezogene E r f a s s u n g — regionale Erfassung — volkswirtschaftliche/nationale Erfassung — internationale/globale E r f a s s u n g

289

290

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Im folgenden werden - soweit nicht anders dargestellt - b e t r i e b s b e z o g e n e U I S untersucht. Auf übergeordneten Ebenen, z . B . in der volkswirtschaftlichen G e s a m t r e c h n u n g , finden zur Zeit ebenfalls erhebliche A n s t r e n g u n g e n s t a t t , UIS zu etablieren (vgl. dazu Tischler 1994b, S. 3 0 7 f f ) . Ein i d e a l e s betriebliches Umweltinformationssystem h a t folgenden Anforderungen zu genügen (Schulz/Schulz 1991 S. 10): • Es ist vollständig, das heißt, es müssen alle b e d e u t s a m e n betrieblichen Umweltwirkungen ermittelt werden; • es ist ü b e r p r ü f b a r , das heißt, es müssen eindeutige Begriffsabgrenzungen sowie klare Vorstellungen über die Erfassungs- und B e w e r t u n g s m e t h o d i k vorhanden sein; • es ist vergleichbar, das heißt, es muß ein einheitlicher Vergleichsm a ß s t a b existieren; • es ist wirtschaftlich, das heißt, der A r b e i t s a u f w a n d für die Erstellung des UISs muß für den Betrieb ökonomisch t r a g b a r sein. Bisher kann kein existierendes Konzept diese Anforderungen gleichzeitig vollständig erfüllen. Eine Fülle ungelöster Abgrenzungs-, Erfassungs- und Bewertungsprobleme f ü h r t dazu, d a ß die vorhandenen Konzepte nur ansatzweise Lösungen darstellen. Eine Ubersicht über verschiedene I n s t r u m e n t e der ökologischen Rechnungslegung im Unternehmen mit der A n g a b e von jeweils zugeordneten Kriterien findet sich bei Beck 1993, S. 105 (vgl. Tabelle 5.1 auf Seite 291).

1.2

Funktionen von betrieblichen UIS „Zur adressatengerechten Bereitstellung ökologisch relevanter Informationen werden Instrumente gebraucht, mit deren Hilfe das Wissen über Zustände und Entwicklungstendenzen der Umweltbelastung und -qualität, über Ursachen und Auswirkungen, Verursacher und Folgeträger von Umweltbelastungen, über Ziele und Maßnahmen der betrieblichen Umweltpolitik erfaßt und dargestellt werden kann." Halley 1989, S. 15

1 Inhalte und Aufgaben betrieblicher Umweltinformationssysteme

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1 Checklisten

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Kosten-Nutzen-Analysen

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Umweltindikatoren

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Cross-impact-Analyse

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Produktlinienbilanzen

X

Produktbilanzen

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Tabelle 5.1: I n s t r u m e n t e der ökologischen Rechnungslegung, Beck S. 105

292

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Es bestehen nur in Ansätzen Verpflichtungen zur Erstellung betrieblicher UIS. Unternehmen richten dennoch in zunehmendem Maße Systeme ein, die Teile der o.a. Aufgaben wahrnehmen sollen. Sie können dabei üblicherweise auf keine festen Regeln bzw. Vorbilder zurückgreifen. Die Entwicklung betrieblicher UIS befindet sich damit gegenwärtig in einer P i o n i e r - und E x p e r i m e n t i e r p h a s e . UIS können in der Regel nicht losgelöst vom bestehenden betrieblichen Informationsmanagement betrachtet werden. Die Einbeziehung von Umweltbezügen in vorhandene, davon bisher unberührte Informationssysteme führt zu einer Beeinflussung durch M o d i f i k a t i o n oder E r w e i t e r u n g dieser Systeme. Die Verarbeitung von Umweltinformationen im betrieblichen Informationsmanagement findet dabei in vier Dimensionen s t a t t (Zahn/Steimer 1993, S. 230ff): Die I n f o r m a t i o n s s t r a t e g i e beinhaltet das langfristige Gesamtkonzept der Informationsfunktion. Hier gilt es, u.a. die folgenden Fragen zu beantworten: • Wie stark und in welchen Bereichen ist das Unternehmen von ökologischen Internalisicrungserfordernissen betroffen? • Mit welcher Intensität sollen Entscheidungsträgcr über umweltschutzbezogene Vorgänge unterrichtet werden? • Auf welchen zeitlichen Planungs- und Analysehorizont wird das Instrumentarium ausgerichtet? • Welche ökologischen Grenzbedingungen des eigenen unternehmerischen Handelns sind zu beachten? Die I n f o r m a t i o n s b e r e i t s c h a f t umfaßt das Können und Wollen der Mitarbeiter und Führungskräfte zur aktiven Informationsaufnahme, -Verarbeitung und -weitergäbe. Neben motivationalen Aspekten beinhaltet sie auch die organisationalen Voraussetzungen des Unternehmens sowie die betriebliche Informationskultur. In diesem Rahmen können folgende Fragen formuliert werden: • Wie läßt sich die Motivation der Mitarbeiter und Führungskräfte zur Auseinandersetzung mit umweltbezogenen Problemstellungen steigern?

1 Inhalte und Aufgaben betrieblicher Umweltinformationssysteme

293

• Durch welche Maßnahmen läßt sich eine gezielte Informationsweitergabe top-down, b o t t o m - u p , horizontal oder diagonal erreichen? • Wie können Strukturen für ein ökologieorientiertes Organisationslernen eingerichtet oder gefördert werden? • Mit welchen externen Anspruchsgruppen soll ein regelmäßiger oder situationsabhängiger kommunikativer Austausch gepflegt werden? Das I n f o r m a t i o n s p o t e n t i a l betrifft die Menge und Qualität der dem Unternehmen verfügbaren Informationen. Darüber läßt sich der konkrete Informationsbedarf etwa mit folgenden Fragestellungen ermitteln: • Wofür werden welche umweltbezogenen Informationen im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung benötigt? • Welche Herstellungsprozesse und welche Produkte sind besonders umweltkritisch? • Welche umweltkritischon Erfolgsfaktoren können in der Gesetzgebung, an den Aktivitäten von Umweltgruppen, am Wettbewerbsverhalten und am Zustand der Ökosysteme abgelesen werden? Welche Informationsdefizite bestehen im Unternehmen bzw. welche umweltrelevanten Informationen stehen dem Unternehmen überhaupt zur Verfügung? Die I n f o r m a t i o n s f ä h i g k e i t beschreibt die technische Umsetzung der Informationsverarbeitung im Rahmen des Informationsmanagements. Sie bezieht sich vor allem auf Fragen der technischen Konfiguration: • Wo können im Leistungserstellungsprozeß über bestehende Steuerungssysteme umweltrelevante Informationen abgefragt werden? • Mit welchen technischen Anforderungen wird die betriebliche Datenverarbeitung bei der Hereinnahme umweltorientierter Funktionen konfrontiert? • Welche Softwarevoraussetzungen sind gegeben, und welche Anforderungen an Betriebssysteme und Anwendungssoftware kommen neu hinzu? • Wer soll Zugang zu betrieblichen Umweltdaten haben, und wie kann man sich vor unbefugtem Datenzugriff schützen?

294

Kap. 5: Betriebliche Umweltinformationssysteme

• Zu welchen externen Umweltinformationssystemen Schnittstellen aufgebaut werden?

können

Die Zwecke, die Unternehmen mit der freiwilligen Einrichtung von UIS verfolgen, können in zwei Kategorien aufgeteilt werden: 1. I n t e r n e F u n k t i o n e n Umweltrelevante Informationen sollen in die Grundlagen für Unternehmensentscheidungen einbezogen werden. Sie dienen insbesondere der Beurteilung der umweltverträglichen/ weniger umweltbelastenden Gestaltung von Produkten, Produktionsabläufen bzw. anderen umweltrelevanten Unternehmensentscheidungen. Die Funktionen im einzelnen: • Ermittlung umweltbedeutsamer Schwachstellen im Unternehmen, • Begünstigung umweltrelevanter Verbesserungen — Entwicklung umweltorientierter Unternehmensstrategien, — Verbesserung der Umweltverträglichkeit bestehender Produkte und Produktionsabläufe, — Einstellung umweltunverträglicher Produktionsprozesse und Produkte, — Neuentwicklung umweltverträglicherer Produktionsprozesse und Produkte; — Beachtung von Umweltverträglichkeitskriterien bei betrieblichen Investitionsentscheidungen bzw. der Standortwahl • Kontrolle von Menschen und Betriebsabläufen — Überprüfung der Unternehmensleitung zur Schaffung und Durchsetzung umweltschützender Unternehmensstrategien, — Uberprüfung der funktionsspeziiischen Führungskräfte im Rahmen ihrer konkreten Fachbereiche, — Information, Motivation und Qualifikation aller Beschäftigten auf der Grundlage gesicherter Informationen, — Information der Interessenvertretungen (Beschäftigte und Kapital) zur Durchsetzung und Absicherung einer umweltorientierten Unternehmenspolitik.

1 Inhalte und Aufgaben betrieblicher

Umweltinformationssysteme

295

2. E x t e r n e F u n k t i o n e n UIS wenden sich häufig an externe Adressaten. Generelle Aufgabe ist es dabei, diese in die unternehmerische Politik einzuweihen oder miteinzubeziehen. Davon versprechen sich Unternehmen in der Regel verbesserte Chancen zur Erreichung der Unternehmensziele bzw. Unterstützung bei der Realisierung der eigenen (umweltrelevanten) Unternehmenspolitik. Adressaten im einzelnen: • Kunden und Verbraucher • Lieferanten • Gläubiger, insbesondere Banken als Kreditgeber • Öffentliche Stellen, vor allem Umweltbehörden und Aufsichtsorgane • Versicherungsgesellschaften • die Öffentlichkeit, insbesondere die veröffentlichte Meinung (Massenmedien) • Institutionen und Interessenverbände. 1.3

Erfassungsrahmen von UIS

UIS können auf unterschiedliche Weise Zugang zum Untersuchungsgegenstand erreichen und eine unterschiedliche Komplexität aufweisen. Von der Herangehensweise kann zwischen zwei grundsätzlichen Ansätzen unterschieden werden • Die betrieblichen Umweltinformationen werden aus dem vorherrschenden Rechnungswesen (Buchhaltung, Kostenrechung, Statistik) ermittelt; • die Umweltinformationen werden durch neue, eigenständige Verfahrensweisen außerhalb des konventionellen Rechnungswesens ermittelt. Um aus dem gegebenen Rechnungswesen Umweltinformationen zu erhalten, sind in der Regel Verfahren zur U m g e s t a l t u n g oder Erweit e r u n g des vorhandenen Rechenwerkes vorzunehmen. Ausgangspunkt der Erhebung bei eigenständigen Verfahren ist in der Regel die stoffliche Erfassung von Produkten, Dienstleistungen oder Produktionsverfahren.

296

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Umweltbezug des Rechnungswesens Auszahlungen

Aufwendungen

Vermögen

Kosten

Einzahlungen

Erträge

Kapital

Leistungen

Traditionelles Rechnungswesen

Umweltnutzung

intemalisierte Kosten

v

umweltorientierte Differenzierung

umweltorientierte Erweiterung

innerhalb der traditionellen Rechnungslegung

der traditionellen Rechnungslegung

Probleme

Lösungsansätze

* sachliche und zeitliche Abgrenzung

* Äquivalenzziffem

* Erfassung und Ausweis

* Scoring-Verfahren

* Bewertung und Aggregation

* Stoff- und Energiebilanzen * beschreibende Verfahren

A b b i l d u n g 5.2: U m w e l t b e z u g im R e c h n u n g s w e s e n ( S c h r e i n e r in Freim a n n S. 198)

1 Inhalte und Aufgaben betrieblicher Umweltinformationssysteme

297

Die Erfassung der Transformation von Stoffen und Energien ist dabei die Grundlage der E r m i t t l u n g v o n U m w e l t e f f e k t e n . Sie setzt sich zusammen aus der beabsichtigten Produktionsleistung, ungewollter zusätzlicher Emissionen sowie weiterer struktureller Eingriffe in die Natur. Weitestgehende Stufe des Erfassungsrahmens ist die E r m i t t l u n g und B e w e r t u n g der Umweltwirkungen betrieblicher Umwelteffekte. Dabei geht es sowohl um die Einzelbewertung bestimmter Wirkungen bzw. um Vergleiche einzelner Belastungsarten als auch um Gesamtbewertungen nach sachlichen, räumlichen oder zeitlichen Kriterien. Stoffliche Erfassung von Produkten und Verfahren

I Erfassung von Umwelteffekten

I Bewertung der Umweltwirkungen

Abbildung 5.3: Vorgehensweise eigenständiger Umweltinformationssysteme Bei der Ausgestaltung derartiger Erfassungssysteme ergeben sich allerdings methodische Probleme (vgl. Freimann 1989): • Nicht selten sind Informationen über die stoffliche Zusammensetzung oder andere ökologisch wichtige Merkmale von Rohstoffen, Vorprodukten, Packstoffen oder ähnlichem schwer oder gar nicht verfügbar. • Eine einheitliche ökologische Bewertung der stofflich qualitativen Merkmale von Produkten und Produktionsprozessen ist weder möglich noch sinnvoll. • Die möglichen Einzelbewertungen hinsichtlich der Einwirkungen auf die einzelnen Umweltmedien oder des Energie- und Ressourcenverbrauchs lassen sich nicht sinnvoll zu einer Gesamtkennziffer aggregieren.

298

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

• Interessenbestimmte Ergebnis- und Annahmeverfälschungen lassen sich nur durch eine soziale Kontrolle verhindern. Für alle genannten Problembereiche sind jedoch Lösungen denkbar. Mit unterschiedlichen Ansätze werden an verschiedenen Stellen in Wissenschaft und Praxis gegenwärtig entsprechende Verfahren entwickelt.

2

2.1

Verschiedene Ansätze zur Entwicklung von betrieblichen UIS aus d e m vorhandenen Rechnungswesen A u f g a b e n des konventionellen R e c h n u n g s w e s e n

Grundlegende Aufgabe des betrieblichen Rechnungswesens ist die Erfassung und Systematisierung aller monetären bzw. monetär erfaßbaren Vorgänge innerhalb einer bestimmten Abrechnungsperiode bzw. zu einem bestimmten Zeitpunkt im Unternehmen. Das betriebliche Rechnungswesen besteht aus verschiedenen Teilbereichen: • G e s c h ä f t s b u c h h a l t u n g Die Bilanz erfaßt Vermögen, Eigenund Fremdkapital einer Unternehmung zu einem bestimmten Stichtag. Die Betriebsergebnisrechnung dient zeitraumbezogen der Ermittlung des Periodenerfolges und seiner Quellen. Die Geschäftsbuchhaltung dient unternehmensinternen Adressaten zur Analyse, Kontrolle und Planung von Unternehmensabläufen sowie externen Adressaten (Fiskus, Kapitalgebern, Arbeitnehmern, Geschäftspartnern, etc.). Die Buchhaltung orientiert sich an einem einheitlichen Regelwerk (Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, Steuerrecht, etc.). • Kosten- und Leistungsrechnung Die Kosten- und Leistungsrechnung ist ein ausschließlich zu betriebsinternen Zwekken eingesetztes Instrumentarium. Sie dient als K o s t e n a r t e n r e c h n u n g zur differenzierten Erfassung von Kosten, als Kos t e n s t e l l e n r e c h n u n g zur verursachungsgerechten Zuordnung der Kosten auf die Orte ihrer Entstehung und als K o s t e n t r ä g e r r e c h n u n g zur Zuordnung der Kosten auf die Produkte/Leistungen. Sie dient damit der Planung, Kontrolle und Steue-

2 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung von betrieblichen UIS

299

rung des Betriebserfolges über die Kalkulation und den Produkterfolg. Die Regeln der Kostenrechnung werden dabei entsprechend den betriebsinternen Anforderungen frei gestaltet. • Betriebsstatistik Die Betriebsstatistik bereitet Zahlen der Buchhaltung und Kosten- und Leistungsrechnung systematisch auf. Die Ergebnisse dienen vor allem in Form von Zahlenreihen der Fortschreibung und Planung des Betriebsgeschehens über einen längeren Zeitraum. • P l a n u n g s r e c h n u n g Die Planungsrechnung basiert auf den Ergebnissen der anderen Teile des Rechnungswesens. Sie hat die Aufgabe, zukünftige betriebliche Entwicklungen in Form von Voranschlägen zu berechnen. Rechengrößen des Rechnungswesens sind die Größen E i n n a h m e n und A u s g a b e n bzw. periodenbezogen A u f w e n d u n g e n und Erträge, so wie sie finanzwirtschaftlich auf das Unternehmen wirken. Ziel des gesamten Rechensystems ist die ökonomische Erfassung von Unternehmensabläufen nach den Kriterien G e w i n n und Liquidität. Eine Erfassung des Verbrauchs der natürlichen Umwelt wird durch das Rechnungswesen nur in dem Maße durchgeführt wie damit Zahlungen verbunden sind. Vom Unternehmen ausgehende Wirkungen auf die Umwelt, denen sich das Unternehmen aber finanziell entziehen kann (Externalisierungen), werden nicht erfaßt. Da bisher betrieblicher Umweltschutz für die überwiegende Mehrzahl der Unternehmen kein eigenständiges Unternehmensziel war, wurden auch keine Anforderungen an das Rechnungswesen zur Ermittlung von nicht-monetarisierbaren Umweltwirkungen der Unternehmensaktivitäten gestellt. Möglichkeiten, U m w e l t b e z ü g e der Unternehmung im konventionellen Rechnungswesen herzustellen, ergeben sich insbesondere in einer Differenzierung (Gliederung) unter Berücksichtigung von Umweltgesichtspunkten. 2.2

U m w e l t b e z ü g e in der B u c h h a l t u n g / B i l a n z i e r u n g

In der Bilanz lassen sich - im eng begrenzten Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung - in einer Untergliederung Positionen zur Darstellung von Umweltbeziehungen bilden. Das geschieht dann auf freiwilliger Basis.

300

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Folgende Gliederungsmöglichkeiten sind denkbar (ähnlich auch bei Schreiner 1988, S.262f): Bilanz - Gliederungsschema gemäß § 266 HGB Aktivseite A A.I

A.II

A.III

Anlagevermögen Immaterielle Vermögensgegenstände l.a Mitbenutzungsrechte an Umweltschutzanlagen 1.b Umweltbezogene gewerbliche Schutzrechte Sachanlagen La Belastete Grundstücke (Altlasten) 2.a Technische Anlagen und Maschinen, die dem Umweltschutz dienen 3.a andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, die dem Umweltschutz dienen, 4.a geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau, die dem Umweltschutz dienen Finanzanlagen 5.a

B B.I

Wertpapierbeteiligungen an Umweltfonds

Umlaufvermögen Vorräte La umweltschonende oder unbedenkliche Rohstoffe 3.a umweltschonende oder unbedenkliche Erzeugnisse

Passivseite A

Eigenkapital: Gewinnrücklagen 4.a Rücklagen für Umweltschutzinvestitionen

B

Rückstellungen 3.a Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten aus Umweltbelastungen

C

Verbindlichkeiten 2.a Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aus Krediten für Umweltzwecke, 8.a Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten aus Verbindlichkeiten aufgrund verursachter Umweltschäden oder -belastungen

2 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung von betrieblichen

UIS

301

G e w i n n - u n d V e r l u s t r e c h n u n g - (bezugnehmend auf § 275 HGB) (in ähnlicher Form auch bei Fronek/Uecker, Handbuch des Umweltschutzes, II 1-8, S. 4 f ) Aktivseite l.a l.b 5.a 6.a

7.a 8.a 15.a 16.a 19.a

Erlöse aus dem Verkauf umweltgerechter P r o d u k t e Erlöse aus dem Verkauf von Reststoffen, Gliederung der Materialaufwendungen nach umweltbezogenen A-, B- und C Gütern Gliederung der Löhne und Gehälter u . a . nach gesetzlich vorgeschriebenen und freiwilligen Tätigkeiten für den Umweltschutz, Abschreibungen für Umweltschutz-Sachanlagen, Aufwendungen für sonstige Aufgaben des betrieblichen Umweltschutzes. außerordentliche Erträge aus Umweltschutzaktivitäten außerordentliche Aufwendungen für Umweltschutzmaßnahmen Umweltbezogene Steuern und Abgaben (z. B. Abwasserabgaben)

Die differenzierte Erfassung umweltrelevanter Geldströme im Unternehmen im Rahmen der Buchhaltung ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden: • Eine klare sachliche Abgrenzung zwischen umweltbezogenen und anderweitigen Kosten/Erlösen ist schwierig. Häufig lassen sich die Motive von A u f w e n d u n g e n / E r t r ä g e n nicht exakt isolieren. Ebenso ist bei vielen Investitionen der Umweltschutz nur ein Teilaspekt des Investitionsmotivs. • Eine zeitliche Abgrenzung der Wirkungen bei der Durchführung bzw. Unterlassung von Umweltschutzmaßnahmen ist häufig schwierig. Vor allem die Wirkungsdauer entsprechender Erlösminderungen bzw. -Steigerungen ist selten vorhersehbar. • Von der Unternehmung ausgehende Umweltwirkungen, die entweder externalisiert werden können oder die in absehbarer Zeit nicht zu Zahlungen führen, werden in diesem Rahmen grundsätzlich nicht erfaßt. Damit ist eine Ausdifferenzierung der konventionellen Buchhaltung allenfalls bedingt geeignet, unternehmensbedingte Umweltwirkungen zu

302

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

erfassen. Das ist am ehesten möglich bei der Erfassung von nachgeschalteten Technikmaßnahmen im Rahmen eines defensiven Umweltschutzes. Unternehmen benutzen dieses Instrument häufig zur öffentlichen Darstellung des Umfangs von Umweltschutzinvestitionen bzw. betriebsbedingter Umweltausgaben. Diesem Zweck dient insbesondere der Ges c h ä f t s b e r i c h t (Lagebericht), um den Kapitalgesellschaften ihre Bilanz und GuV-Rechnung gemäß § 264 HGB ergänzen müssen. Da Umwelteinflüsse erhebliche finanzielle Folgewirkungen für die Unternehmung haben können und damit die zukünftige Unternehmensentwicklung beeinflussen, muß der Lagebericht diese Aspekte wiedergeben. Beispiele für solche finanzwirksamen Maßnahmen aus umweltbedeutsamen Anlaß (vgl. Braun 1974, S.42): • Produktions- und produktbezogene Auflagen, die zu starken Kostensteigerungen oder zu Stillegungen von Produktionsstätten führen, • Verlagerungen von Produktionsstätten aufgrund unerfüllbarer Standards, • veränderte Anforderungen an die Umweltverträglichkeit bestimmter Rohstoffe, die zu erheblichen finanziellen Mehrbelastungen führen, • zwangsweise oder freiwillige umfangreiche Umweltschutzinvestitionen, • Kooperationen im Bereich des Umweltschutzes (insbesondere im Abwasser- und Abfallbereich), • erwartete Schadensersatzansprüche aufgrund eigener Umweltbelastungen. Darüber hinaus können Unternehmen im Lagebericht verbal, d. h. auch ohne Darstellung finanzieller Folgewirkungen, über umweltrelevante Vorhaben berichten, so z.B. über die Entwicklung umweltschonender Produkte und Verfahren. Größere Unternehmen (z.B. der chemischen Industrie) sind teilweise dazu übergegangen, einen separaten Umweltbericht zu verfassen. Solche Berichte gehen dann allerdings häufig über die Pflichtaufgaben gemäß § 289 HGB hinaus. Sie dienen eher Zwecken der öffentlichkeitswirksamen Darstellung von Aktivitäten im Bereich des betrieblichen Umweltschutzes.

2 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung

2.3

von betrieblichen

303

UIS

Kosten- und Leistungsrechnung

F ü r eine E r f a s s u n g betrieblicher Umweltwirkungen ist das konventionelle Rechnungswesen als D a t e n g r u n d l a g e d u r c h a u s geeignet. Besondere B e d e u t u n g k o m m t dabei der K o s t e n - u n d L e i s t u n g s r e c h n u n g zu. Hier bestehen keine externen Vorgaben, d a es sich um ein ausschließlich betriebsinternes Rechen- und P l a n u n g s i n s t r u m e n t a r i u m handelt. D a m i t sind größere Gestaltungsspielräume gegeben. Die Aufgaben einer u m w e l t b e z o g e n e n K o s t e n - u n d L e i s t u n g s r e c h n u n g (Umweltkostenrechnung) sind in zwei Bereichen zu sehen (Schreiner 1992, S.941): • Beurteilung der Leistungs- und Erfolgswirksamkeit schutzbezogener M a ß n a h m e n u n d / o d e r

umwelt-

• E r m i t t l u n g von betrieblichen Umweltbe- und -entlastungen Der konkrete A u f b a u einer b e t r i e b l i c h e n U m w e l t k o s t e n r e c h n u n g wird wesentlich durch die verfolgten Unternehmensziele, speziell durch die Umweltziele bestimmt.. Zur Realisierung eines entsprechenden vereinheitlichten Rechensystems bestehen in der Praxis allerdings noch erhebliche Defizite (vgl. Kloock 1993, S. 181 f.), vor allem: • Das Fehlen eines einheitlichen Kostenbegriffes, • die bisher ungeklärte Frage der Integration der Umweltkostenrechnung in das betriebliche Kostenrechnungssystem In Theorie und Praxis hat sich bisher noch kein einheitlicher U m w e l t k o s t e n b e g r i f f durchgesetzt. Häufig werden als Umweltkosten diejenigen Kosten bezeichnet, die für den betrieblichen Umweltschutz anfallen. Eine allgemeiner gehaltene Definition sieht Umweltkosten als alle diejenigen Kosten eines Unternehmens, die aus M a ß n a h m e n zur Reduzierung (Minimierung) von Umweltbelastungen resultieren (Keilus 1993, S . 2 5 2 ) . Mögliche Kostenbestandteile nach dem o. a. Umweltkostenbegriff können nach der folgenden Ubersicht s t r u k t u r i e r t werden. Insbesondere lassen sich dabei die gesamten betrieblichen Umweltschutzkosten in effektiv anzusetzende, internalisierte Umweltschutzkosten und in potentielle, externe Umweltschutzkosten unterteilen (vgl. Abbildung 5.4 auf der nächsten Seite).

304

Kap. 5: Betriebliche Umweltinformationssysteme

A b b i l d u n g 5.4: U m w e l t s c h u t z k o s t e n aus betrieblicher Sicht, Kloock 1993 S. 183

2 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung von betrieblichen VIS

305

Die Bewertung der Umweltschutzmaßnahmen hängt von der jeweils zugrundeliegenden Maßnahmenkategorie a b (vgl. Kloock 1993, S.187). Bei R e g e l u n g s m a ß n a h m e n werden Instrumente der Umweltschonung erst „ e n d - o f - t h e - p i p e " eingesetzt, nachdem potentielle Umweltbelastungen entstanden sind. Diese müssen dann durch Sicherung, Entsorgung oder Verwertung eingegrenzt oder reduziert werden. Dagegen wird bei V o r s o r g e m a ß n a h m e n das Entstehen von Umweltbelastungen durch Vermeidungs- oder Substitutionsstrategien von vorneherein verhindert. Im Extremfall werden dabei umweltbelastende P r o d u k t e oder Produktionsverfahren vollständig eingestellt. Die für Regelungsmaßnahmen anzusetzenden Umweltschutzkosten ergeben sich aus dem D i f f e r e n z k o s t e n a n s a t z . Dabei werden als Umwelschutzkosten die Mehrkosten angesetzt, die sich d a r a u s ergeben, daß nachträgliche Umweltschutzmaßnahmen ergriffen werden (als Differenz gegenüber der Unterlassung von solchen M a ß n a h m e n ) . F ü r Vorsorgemaßnahmen sind ebenfalls Differenzkosten anzusetzen (z.B. Kosten für spezifische Sicherungsmaßnahmen, Substitutionsmaßnahmen, die zu höheren Faktoreinsatzkosten führen, Stillstandskosten bei Produktionsein- oder -Umstellungen). Dazu sind jedoch in der Regel Erlös- bzw. Gewinneinbußen festzustellen, in deren Höhe entsprechende O p p o r t u n i t ä t s k o s t e n zu bilden sind. Die Frage, ob eine Integration der Umweltkostenrechnung in die konventionelle betriebliche Kostenrechnung vorgenommen werden kann oder soll, f ü h r t zu zwei unterschiedlichen Ansätzen: • U m w e l t k o s t e n r e c h n u n g als S o n d e r r e c h n u n g Eine Sonderrechnung ist wiederum in zwei Varianten denkbar (vgl. Kloock 1993, S.192). Eine U m w e l t — B u d g e t r e c h n u n g wird parallel zur bestehenden Kostenrechnung eingerichtet. Sie erhält ihre Informationen über alle internalisierten und externen Umweltkosten aus der periodischen betrieblichen Kostenrechnung Eine Q u e r s c h n i t t s i n f o r m a t i o n s r e c h n u n g erhält ihre Informationen über Umweltschutzkosten im Rahmen einer benutzerindividuellen Sonderrechnung. Hierbei werden die im Rahmen der betrieblichen Kostenrechnung direkt als primäre (durch Außenbeziehungen entstandene) und sekundäre (durch interne Verrechnungen entstandene) Kosten gebuchten Umweltschutzkosten u n m i t t e l b a r übernommen. Die Anteile der übrigen primären und sekundären Kosten des Umweltschutzes werden mit Hilfe von

306

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Fragebögen ermittelt. Dazu geben die jeweiligen Kostenstellenleiter Schätzungen über die Höhe solcher Kosten ab. In beiden angegebenen Formen werden Umweltkostenrechnungen als eigenständige Sonderrechnungen mit P r o j e k t c h a r a k t e r angesetzt. • I n t e g r i e r t e U m w e l t k o s t e n r e c h n u n g Die vollständige Integration der Umweltkostenrechnung in die betriebliche Kostenrechnung zielt darauf ab, im Rahmen einer umweltorientierten Unternehmensführung der Realisierung von Kosten- und Umweltzielen einen gleich hohen Stellenwert einzuräumen. Eine so erweiterte Kostenrechnung dient der umweltorientierten Produktionsplanung bzw. -lenkung unter Beachtung von Wirtschaftlichkeitskriterien. Kloock (1993, S.201) sieht folgende Anforderungen, die an ein entsprechendes Kostenrechnungssystem zusätzlich zu stellen sind: — Aufstellung eines Kataloges schnell abzubauender (internalisierter oder externer) Umweltbelastungen, — Einbeziehunng von spezifischen, an der Höhe von Umweltbelastungen gemäß dem aufgestellten Katalog ausgerichteten Schlüsselgrößen zur Gemeinkostenverteilung, — Festlegung der nach den umwelt(schutz)orientierten Schlüsselgrößen zu verteilenden Gemeinkosten (wie z. B. alle Fixkosten des Umweltschutzes oder alle budgetierten Plan kosten zum Abbau von Umweltbelastungen), — Ermittlung der neuen umweltspezifischen Gemeinkostenverrechnungssätze, — Kalkulation der Kosten unter Berücksichtigung der umweltspezifischen Gemein kosten Verrechnungssätze. Im Rahmen einer bereits bestehenden Kostenrechnung lassen sich diese Ausbauschritte einer Umweltkostenrechnung zur Lenkungsrechnung ohne größere Schwierigkeiten realisieren. Als Grundlage für weitere Ausgestaltungsformen kann eine e x - p o s t E r m i t t l u n g der I s t k o s t e n nach Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung in Form einer V o l l k o s t e n r e c h n u n g durchgeführt werden (vgl. Schreiner 1988, S.265fT, Müller 1993, S. 113ff, sowie Abbildung 5.5 auf der nächsten Seite).

2 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung von betrieblichen VIS

Kostenartenrechnung Einzelkosten für Umweltschutz

nicht f ü r U m weltschutz

Gemeinkosten för Umweltschutz

S o n d e r - Einzelkosten

nicht f ü r U m weltschutz

für Umweltschutz

nicht für U m weltschutz

Kostenstellenrechnung

Kosten arten

Kostenstellen

Grundstücke und Gebäude

Abwasserbehandlung

Abfallbeseitigung

Arbeitsvorbereitung

Fertigung

Verwaltung Vertrieb

Bezugsgröße

davon durch Umweltschutz

Kostenträger Erlöse

Kosten

Abbildung 5.5: Kostenträgerrechnung (Schreiner 1988, S.266)

307

308

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Im Rahmen der K o s t e n a r t e n r e c h n u n g erfolgt dabei eine Separier u n g und Isolation umweltinduzierter Kosten. Daneben erfolgt die Aufteilung in Einzelkosten, die direkt dem Kalkulationsobjekt zuzuordnen sind und Gemeinkosten, die über die Kostenstellenrechnung zu verteilen sind. In der K o s t e n s t e l l e n r e c h n u n g sind unter Umweltschonungsaspekten zu unterscheiden • Kostenstellen, die ausschließlich der betrieblichen Umweltschoriung dienen, • Kostenstellen, die nur zum Teil umweltschonende Funktionen übernehmen. Im zweiten Fall erfolgt eine Abgrenzung der umweltinduzierten Bestandteile über eine innerbetriebliche Leistungsverrechnung mit Hilfe eines Betriebsabrechnungsbogens (BAB). In der K o s t e n t r ä g e r r e c h n u n g werden umweltinduzierte Einzelkosten direkt den Kostenträgern zugerechnet. Die Gemeinkosten werden über die in der Kostenstellenrechnung ermittelten GemeinkostenZuschlagssätze zugeordnet. Bei der Durchführung von T e i l k o s t e n r e c h n u n g e n ist zu berücksichtigen, daß ein großer Teil von Umweltschutzkosten Fixkostencharakter besitzt. Im Rahmen einer s t u f e n w e i s e n F i x k o s t e n d e c k u n g s r e c h n u n g können die betrieblichen Umweltschutzkosten zur Zielvorgabe, Planung und Kostenkontrolle eingesetzt werden (vgl. Tabelle 5.2 auf Seite 310). Die dargestellten Ansätze einer betrieblichen Umweltkostenrechnung machen deutlich, daß lediglich f i n a n z w i r t s c h a f t l i c h e V o r g ä n g e (tatsächlich vorgenommener oder eventuell zukünftig geplanter) Betriebsmaßnahmen zur Umweltschonung erfaßt werden. Schon bei der Abgrenzung, Bewertung und Aggregation umweltinduzierter Kostengrößen und Erlösveränderungen ergeben sich in der Praxis erhebliche Probleme. ,rAls weitgehend ungelöst und teilweise auch unlösbar muß dieses Problem (der Bewertung und Aggregation der Umweltkosten - d. Vf.) jedoch bei einer Ausweitung der Rechnungslegung auf Vorgänge der Umweltbelastung durch das

2 l'erschienene

Ansätze zur Entwicklung

von betrieblichen

VIS

309

Unternehmen und seine Produkte gelten. Ressourcenentnahme einerseits und die Nutzung der Umwelt als Aufnahmemedium für Produktionsrückstände und Emissionen andererseits erfolgen in äußerst heterogener Form und tangieren die unterschiedlichsten Belastungsbereiche (Luft, Boden, Wasser, Landschaft, Menschen, Flora und Fauna). So ist es beispielsweise kaum möglich, gesellschaftliche Kosten mit einer zusätzliund Nutzen einer Abwasserentlastung chen Luftbelastung aufzurechnen" Schreiner 1990, S.207 Die Lösung solcher weitergehenden Bewertungsprobleme betrieblicher Umweltbelastungen ist auf der Grundlage der konventionellen Kostenrechnung nicht mehr möglich. Hierzu müssen weitergehende Verfahren eingesetzt werden. Diese sind allerdings erst in Ansätzen entwickelt worden.

310

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Positionen

Erläuterungen z u m Inhalt der Positionen

Geplante Nettoerlöse (davon Nettoerlöse aus „Ökoprodukten")

Umsatzerlöse minus Erlösschmälerungen; vom Marketing angebotene „Ökoprod u k t e " , die z . B . einen geringeren Energieeinsatz bei der Produktion im Vergleich zu Konkurrenzprodukten benötigen

geplante proportionale Kosten (davon proportionale Umweltschutzkosten)

z. B. Rohstoffkosten z. B. Einsatz von „umweltfreundlicheren" Rohstoffen = Plan-Deckungsbeitrag I

geplante Erzeugnisfixkosten z. B. Forschungs- und (davon umweltbezogene . . . ) Entwicklungskosten für „umweltfreundlichere" Erzeugnisse = Plan-Deckungsbeitrag II geplante z. B. Kosten einer Erzeugnisgruppenfixkosten Lärmschutzeinrichtung für die (davon umweltbezogene . . . ) Fertigung einer bestimmten Erzeugnisgruppe = Plan-Deck ungsbeitrag III geplante z. B. Kosten der UmweltschutzKostenstellenfixkosten Kostenstellen (davon umweltbezogene . . . ) = Plan-Deckungsbeitrag IV Quelle: Müller 1993, S. 119 Tabelle 5.2: Stufenweise Fixkosten-Deckungsrechnung

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger

3

UIS

311

Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger Umweltinformationssysteme

3.1

V o r b i l d / V o r g ä n g e r betrieblicher UIS: Sozialbilanzen

Seit Beginn der 70er J a h r e entstanden in Deutschland in verschiedenen Unternehmen (bis zu 200) Sozialbilanzen auf freiwilliger Basis. Ziel war es dabei, neben den ö k o n o m i s c h e n F u n k t i o n e n soziale B e z i e h u n g e n u n d s o z i a l e V e r a n t w o r t u n g des jeweiligen Unternehmens zu dokumentieren. Soziale Verantwortung von Unternehmen besteht dabei gegenüber verschiedenen Gruppen der Gesellschaft und kann sich in unterschiedlichen Aktionsfeldern zeigen: Beschäftigte

freiwillige Sozialleistungen, Verbesserung der Arbeitsbedingungen

Kapitalgeber

Offenlegung strategischer Ziele

Kunden/Lieferanten

Fairer Umgang, Offenlegung zukünftiger Entwicklungsziele

Konkurrenten

Fairer Umgang, Kooperationen zur Erreichung gesellschaftlicher Bedürfnisse im Rahmen des Wettbewerbs

Staat

Steuerehrlichkeit, Förderung des Wettbewerbs, verantwortungsvolle Einflußnahme

Öffentlichkeit

Kulturelle Aktivitäten, Spenden, Offenlegung gesellschaftlich bedeutsamer Unternehmensaktivitäten

natürliche Umwelt

Offenlegung von Emissionen, Anerkennung der Existenzrechte anderer, auch anderer Bestandteile der N a t u r

Rechen technisch sollte dabei neben der Erfassung der ökonomischen Leistungen des Unternehmens im konventionellen Rechnungswesen eine quantifizierte oder auch nur verbal beschreibende Offenlegung der externen Effekte des Unternehmens, d . h . der vom Unternehmen ausgehenden sozialen Kosten und Nutzen erfolgen.

312

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger UIS

313

Soziale Kosten sind in diesem Sinne f ü r die Gesellschaft negative Auswirkungen von U n t e r n e h m e n s a k t i v i t ä t e n , die durch d a s konventionelle Rechnungswesen nicht bzw. nicht e x a k t erfaßt werden (Berufskrankheiten, Umweltbelastungen, R a u b b a u an Ressourcen, etc.). Das Unternehmen n i m m t diese Effekte in Anspruch, ohne d a f ü r verursachungsgerechte Preise zu zahlen. Soziale Nutzen sind entsprechend positive Auswirkungen ohne entsprechende E i n n a h m e n / E r t r ä g e (freiwillige soziale Dienste, Kulturförderung, etc.).

Abbildung 5.7: Soziale Kosten und Nutzen, Hopfenbeck 1989 S . 9 4 1 Sozialbilanzen können nach innen gerichtet sein. Sie dienen d a n n der Offenlegung und Verbesserung der sozialen Beziehungen eines Untern e h m e n s aus gesellschaftlicher V e r a n t w o r t u n g . Sie können auch nach außen gerichtet sein, um externe A d r e s s a t e n über die gesellschaftlichen W i r k u n g e n der U n t e r n e h m e n s a k t i v i t ä t e n zu informieren. Vom V o r g e h e n her lassen sich die Verfahren nach verschiedenen Kriterien systematisieren: • nach dem U m f a n g , • nach dem Grad der Integration in das traditionelle Rechnungswesen, • nach dem A u s m a ß der Quantifizierung, • nach der Zielgruppe, die vorrangig angesprochen werden soll, • nach dem G r a d der Verpflichtung.

314

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Von der F o r m her lassen sich verschiedene Verfahren unterscheiden: •

Gesamtrechnungen Sie ermitteln die Gesamtheit aller positiven und negativen externen Effekte der Unternehmenstätigkeit, monetarisieren diese und stellen daraus eine Sozialbilanz auf. Das ökonomische Betriebsergebnis ist um diesen Sozialsaldo zu korrigieren.

• Teilrechnungen Sie ergänzen lediglich das konventionelle Rechnungswesen in Teilbereichen um soziale Aspekte. Das geschieht in der Praxis häufig durch Ergänzung des Jahresabschlusses durch einen verbalen Sozial- und Umweltbericht. Die Ansätze der Praxis, die im weitergehenden Sinne als Sozialbilanzen bezeichnet werden könne, sind ausschließlich Teil rech nungen. Bekannte Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum sind die Sozialbilanzierung des schweizerischen Handelskonzerns MIGROS oder der Essener STEAG. Das Beispiel der STEAG zeigt eine kombinierte finanzwirtschaftliche und verbale Berichterstattung. Sie weist anstelle nicht quantifizierbarer Nutzengrößen den Aufwand der getroffenen Umweltschutzmaßnahmen aus. Diesen Aufwendungen werden die damit erzielten Umweltverbesserungen in Form von verbalen Beschreibungen unter Einbeziehung technischer Werte gegenübergestellt (vgl. Tabelle 5.3 auf Seite 315). Kritik an der praktischen Sozialbilanzierung bezieht sich auf folgende Punkte: • Die Darstellungen beschränken sich in der Regel nur auf die Beschreibung positiver sozialer Effekte. Sie verkommen damit zu reinen Instrumenten der U n t e m e h m e n s w e r b u n g / P R - M a ß n a h men • Es bestehen keine gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Verpflichtung und Gestaltung • Die Darstellungen werden nicht überprüft. Dafür existiert keine externe Instanz. Entsprechend besteht bei Verstößen z. B. falscher Darstellung auch kein Sanktionsmechanismus. 1977 hat ein Arbeitskreis „Sozialbilanzpraxis" unter Federführung der P i e r o t h - G m b H Rahmenempfehlungen zur Gestaltung und Vereinheitlichung von Sozialbilanzen erstellt.

315

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger UIS

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343

344

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

3. Produktion im betrachteten Unternehmen 4. Weiterverarbeitung 5. Konsum 6. Entsorgung 7. Transport Die zentrale Stufe der Analyse ist dabei die Produktionsstufe im U n t e r n e h m e n . Hier besteht die größte Möglichkeit der eindeutigen und umfassenden Informationsgewinnung sowie der größte Handlungs- und Entscheidungsspielraum für das Unternehmen. Alle relevanten Stoffe und Energien für den Produktionsprozeß des betreffenden Produktes werden auf der Inputseite, alle Produktmengen und Emissionen, die im Laufe des Produktionsprozesses entstehen können, auf der Output-Seite aufgelistet. In den vor- und nachgelagerten Stufen findet eine zunehmende Verzweigung der zu untersuchenden Sachverhalte statt, je weiter die Stufe von der Produktionsstufe entfernt ist. Gleichzeitig nimmt auch die Informationsdichte und -genauigkeit ab. Es ist daher in den meisten Fällen notwendig, eine Festlegung auf wenige ökologisch relevante Vor- und Nachprodukte vorzunehmen, deren stoffliche und herstellungsbedingte ökologische Auswirkungen näher untersucht werden. Die gegenwärtigen Praxisbeispiele von Produktbilanzen beschränken sich noch weitgehend oder ausschließlich auf die Analyse der unternehmenseigenen Produktionsstufen. Beispiel: Produktlinienbilanz Bier Neumarkter 1992, S. 27ff (vgl. Anhang - Weitere Tabellen).

Lammsbräu

• Substanzbetrachtungen (Standortbilanz) Standortbilanzen sollen die in den anderen Bilanzen nicht erfaßten dauerhaften Wirkungen betrieblicher Aktivitäten mit Umweltwirkungen analysieren. Dazu gehören im einzelnen 1. dauerhafte betriebliche Umweltnutzungen — Flächennutzung * Art der Flächennutzung * Intensität der Nutzung * Versiegelung der Oberflächen

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger

UIS

345

* Einbeziehung natürlicher landschaftlicher Gegebenheiten bei Flächennutzungen * vorhandene Artenvielfalt — Bebauung * Art der Bebauung (verwendete Materialien) * Form der Bebauung * Einbeziehung vorhandener natürlicher Gegebenheiten in die Bebauung — Landschaftseinschnitte — durch die Produktions- und Verwaltungsanlagen und -gebäude — durch Anschluß an d a s Verkehrssystem 2. Weitere d a u e r h a f t e Beeinträchtigungen der Umwelt durch den Betrieb, unter anderem — Bodenverunreinigungen — Grundwasserverunreinigungen Stahlmann (Neumarkter L a m m b r ä u 1992, S. 11 f) verzichtet bei der Erfassung der Umweltwirkungen der Standortfaktoren auf q u a n t i t a tive Werte. Die einzelnen Bereiche werden aufgrund gezielter Checklistenbefragungen nach dem A B C / X Y Z - B e w e r t u n g s s c h e m a beurteilt und entsprechend kategorisiert. Ein solches S y s t e m v o n s t o f f l i c h e n B i l a n z e n schafft Übersichtlichkeit über die Mengenwirkungen der Betriebstätigkeit. Es kann d a m i t als erster Schritt einer betrieblichen Schwachstellenanalyse hilfreich sein. Eine Ökologisierung der Unternehmenspolitik umfaßt aber erheblich mehr als die vergangenheitsorientierte Erhebung des Betriebsgeschehens. Dazu gehört an erster Stelle eine ö k o l o g i s c h e B e w e r t u n g d e r e r f a ß t e n Stoff- u n d E n e r g i e m e n g e n . Verbindliche Erhebungen, die sich willkürlichen Einsätzen verschließen, fehlen hier noch weitgehend. Das Umweltbundesamt bemüht sich um die Entwicklung vereinheitlichender Bewertungskriterien. Die nachträgliche Erfassung des Betriebsgeschehens der Ökobilanz muß im Rahmen einer betrieblichen Umweltorientierung in antizipatives Denken und Handeln auf der Entscheidungsebene münden. Dazu müssen Ökobilanzen in zukunftsorientierte Umwelt-Managementkonzepte integriert werden.

346

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Standortbilanz Beispiel Brauerei Büromaterial/-ausstattung Büromaterialien, Büromobiliar, Bürogerate... Gebäudereinigung Reinigungsmittel... Betriebswerkstätten Kfz-Werkstatt, Schreinerei, Schlosserei... Lagerwesen Produktionslager, Betriebsstofflager... Fuhrpark und Verkehr LKW, PKW, sonstige Transportmittel, Tourenoptimierung Flächennutzung und Begrünung Flächenversiegelung, Grünanlagen, Dachbegrünung Altlasten

Gebäudesubstanz und Fabrikanlagen Baustoffe, Energieanlagen ... Abfallwirtschaft Getrenntsammlung (Wertstoffhof), Recycling

Abbildung 5.14: Standortbilanz Neumarkter Lammsbräu 1992, S . l l Die Zeitschrift U m w e l t M a g a z i n bewertete im November 1994 nach einem Ranking des Institutes für ökologische Wirtschaftsforschung IOW die Umweltberichte verschiedener deutscher Unternehmen. Kernstück dieser Berichte ist die Erfassung der betrieblichen Umweltwirkungen. Bewertungskriterien für Umweltberichte: (Gewichtung in %) • Allgemeine Angaben zum Unternehmen (5%) • Umweltpolitik/Umweltleitlinien (5%) • Darstellung des Umweltmanagementsystems (10%) • Umweltprogramm und Umweltziele (15%) • Darstellung der Stoff- und Energieströme (10%) • Analyse und Bewertung der ökologischen Problemfelder (10%) • Beschreibung der ökologischen Aspekte der Produkte (15%)

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger UIS

347

• Einfluß der U m w e l t - S c h u t z m a ß n a h m e n auf die E r t r a g s l a g e ( 5 % ) • K o m m u n i k a t i o n mit A d r e s s a t e n (5 %) • Feedbackmöglichkeiten ( 5 % ) • Glaubwürdigkeit (5%) • Bilanzierungsgrundsätze (5%) • Zielgruppengerechtigkeit (5 %)

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Die besten Umweltberichte

Branche

Neumarkter Lammsbräu Fa. Günther, Lengerich Steilmanngruppe, Wattenscheid Heidelberger Druckmaschinen AG L. Stocker, Hofpfisterei, München Mohndruck GmbH, Gütersloh Philipp Holzmann, Frankfurt Bosch-Siemens Hausgeräte, München Kunert AG, Immenstadt Bad Brückenauer Mineralquelle

Brauerei Knöpfe Bekleidung Maschinenbau Bäckerei Druckerei Hoch- u. Tiefbau Elektro Strümpfe Brunnenbetrieb

Punktzahl 375 348 325 287 266 254 251 249 248 246

M a x i m a l e r r e i c h b a r e P u n k t z a h l : 500 Quelle: U m w e l t M a g a z i n Nov. 1994

3.5

Produktlinienanalyse und Produktfolgenabschätzung

P r o d u k t l i n i e n a n a l y s e und P r o d u k t f o l g e n a b s c h ä t z u n g sind p r o d u k t b e z o g e n e U m w e l t i n f o r m a t i o n s s y s t e m e , die d a s g e s a m t e Leben eines P r o d u k t e s o d e r einer P r o d u k t g r u p p e und deren B e s t a n d t e i l e von der M a t e r i a l b e s c h a f f u n g bis zur Beseitigung o d e r E n t s o r g u n g erfassen und hinsichtlich ihrer ökologischen und sozialen Folgen b e w e r t e n . Beid e V e r f a h r e n können als p r o d u k t b e z o g e n e U m w e l t v e r t r ä g l i c h k e i t s p r ü f u n g e n angesehen w e r d e n . Nach Ansicht des U m w e l t b u n d e s a m t e s ( U B A T e x t e 3 8 / 9 2 , S. 16 f.) liegt d e r Unterschied der P r o d u k t l i n i e n a n a l y s e zur Ökobilanz f ü r P r o d u k t e ( P r o d u k t b i l a n z ) d a r i n , d a ß P r o d u k t b i l a n z e n lediglich die U m w e l t w i r k u n g e n erfassen, d a f ü r hier a b e r den jeweiligen I s t - Z u s t a n d eines P r o d u k t l e b e n s w e g e s mit einem u m w e l t b e z o g e n e n S o l l - Z u s t a n d vergleichen ( n o r m a t i v e D i m e n s i o n ) . P r o d u k t l i n i e n a n a l y s e n dagegen beschreiben n e b e n sozialen und n u t z e n b e z o g e n e n Kriterien die m i t

348

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

vergleichen (normative Dimension). P r o d u k t l i n i e n a n a l y s e n dagegen beschreiben neben sozialen und nutzenbezogenen Kriterien die mit dem Lebensweg eines P r o d u k t e s verbundenen Umweltbelastungen isoliert oder im Produktvergleich. Die P r o d u k t l i n i e n a n a l y s e wurde 1987 am Freiburger Ö k o - I n s t i t u t von der P r o j e k t g r u p p e ökologische Wirtschaft entwickelt ( Ö k o - I n s t i t u t 1987).Ein von seiner Konzeption her ähnliches Verfahren ist die P r o d u k t f o l g e n m a t r i x von Müller-Witt (Müller-Witt 1985, vgl. Tabelle 5.10 auf Seite 350). Eine Produktlinienanalyse besteht aus den folgenden Schritten (vgl. Grießhammer 1991, S. 121): 1. A u s w a h l d e s A n w e n d u n g s b e r e i c h e s u n d P r o b l e m a u f r i ß Am Anfang steht die Beschreibung des Planungszieles, das in der Regel die Erfüllung eines Bedürfnisses bzw. Bedürfnisbündels darstellt. 2. B e t r a c h t u n g d e r B e d ü r f n i s s e Hier wird die Entstehung des Bedtirfnis(bündels) bzw. sein sozialer und gesellschaftlicher Kontext untersucht und problematisiert,. 3. F e s t l e g u n g d e r P r o d u k t v a r i a n t e n Die Produkt- oder Verhaltensvarianten werden festgelegt. Dabei ist es möglich, sowohl existierende als auch zukünftige oder denkbare Ausprägungen zu untersuchen. 4. A u f s t e l l u n g d e r P r o d u k t l i n i e n m a t r i x In diesem Kernstück des Verfahrens werden entlang der Lebenslinie des P r o d u k t e s (vertikal in der Matrix) die Auswirkungen auf Natur Gesellschaft und Wirtschaft (horizontal in der Matrix) systematisch erfaßt. Ein einfaches

Beispiel:

Eine differenziertere Darstellung findet sich bei M ü l l e r - W i t t . Dabei ist grundsätzlich hervorzuheben, daß die Untersuchungskritierien in einem offenen System angelegt sind. Verschiedene Beteiligte wollen zum Teil unterschiedliche Kriterien anlegen. Die Produktlinienmatrix vermischt zunächst quantitative und qualitative Daten (vgl. Tabelle 5.10). 5. Ü b e r p r ü f e n d e r Felder d e r P r o d u k t l i n i e n m a t r i x In diesem Arbeitsschritt wird der Untersuchungsrahmen bzw. Bilanzraum festgelegt. Dabei werden alle Felder der Matrix daraufhin überprüft, ob eine eingehende Untersuchung in ihnen wichtig

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger UIS Dimension: Natur

Dimension: Gesellschaft

349

Dimension: Wirtschaft

1. Rohstoffgewinnung und -Verarbeitung 2. Transport 3. Produktion 4. Transport 5. Handel/Vertrieb 6. Konsum 7. Transport 8. Beseitigung ist, o b D a t e n zur V e r f ü g u n g s t e h e n , etc. Dies stellt eine vorgezogene B e w e r t u n g d a r . 6. A n a l y s e d e r P r o d u k t v a r i a n t e n Hier folgt die eigentliche inhaltliche, q u a n t i t a t i v e u n d / o d e r q u a litative U n t e r s u c h u n g der einzelnen Felder. Die P r o d u k t f o l g e n a b s c h ä t z u n g nach M ü l l e r - W i t t w ä h l t hier ein offenes S y s t e m , d a s o h n e feste Vorgaben vielfältige q u a n t i t a t i v e und q u a l i t a t i v e A s p e k t e a u f n e h m e n will. Die G e s a m t b e w e r t u n g j e d e s Feldes wird ü b e r einen P u n k t w e r t quantifiziert ( + 5 = sehr positiv; —5 = sehr n e g a t i v ) . D a r a u s werden S p a l t e n s u m m e n gebildet. Die P r o d u k t l i n i e n a n a l y s e verzichtet auf eine P u n k t b e w e r t u n g , die A n a l y s e erfolgt in rein verbaler F o r m . 7. A u s w e r t u n g d e r E r g e b n i s s e Die A u s w e r t u n g kann e n t w e d e r als q u a n t i t a t i v e r S u m m e n w e r t d e r einzelnen Vergleichsvarianten erfolgen (Produktfolgena b s c h ä t z u n g ) o d e r d u r c h ein verbales A b w ä g e n ( P r o d u k t l i n i e n analyse). 8. K o n s e q u e n z e n u n d H a n d l u n g s b e d a r f A u s den offenen Fragen und den (politischen) B e w e r t u n g e n lassen sich K o n s e q u e n z e n und gegebenenfalls H a n d l u n g s b e d a r f ableiten. Konzeptionelle P r o b l e m e dieses I n f o r m a t i o n s s y s t e m s n e n n t die P r o j e k t g r u p p e des Ö k o - I n s t i t u t e s selbst. Wesentliche A r g u m e n t e : • B e d ü r f n i s s e können nicht hinreichend definiert und a b g e g r e n z t werden,

350

Kap. 5: Betriebliche Umweltinformationssysteme

Lebenszyklus des Produktes soziale und ökologische Auswirkungen

^ ^ ^

Materialbeschaffung

Herstel- Transport/ lung/ VerteiVerarbeitung lung

An-, Verwenddung, Gebrauch

Verbrauch, Entsorgung/ Beseitigung

z

Fragen zur Ressourcenintensität und Qualität: * * * * * * * *

regenerierbarer Rohstoff nicht regenerierbarer Rohstoff recycelter Rohstoff Belastung aus Vorprodukt Kapitalintensität Energieintensität Neben-, Folge- oder Fernwirkungen sonstiger Art

Fragen zur ökologischen Belastung: * Bodenbelastung * Boden-/Flächenverbrauch * Luftbelastung * Lärmbelastung * Gewässerbelastung * Wasserverbrauch * Belastung von Pflanzen Tieren Menschen * Abwärmebelastung * Neben-, Folge- oder Fernwirkungen sonstiger Art Fragen zur sozialen Verträglichkeit: * Arbeitsintensität * Gesundheitsbelastung am Arbeitsplatz * Monotonie am Arbeitsplatz * Fehlerfreundlichkeit * Reparaturfreundlichkeit * Gebrauchsintensität * Neben-, Folge- oder Fernwirkungen sonstiger Art

I Tabelle 5.10: P r o d u k t f o l g e n m a t r i x ( M ü l l e r - W i t t 1985 S . 6 4 )

351

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger UIS •

n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e D e f i n i t i o n e n sind z . T . n i c h t a u s s a g e f ä h i g , z. B. T o x i z i t ä t ,

• d i e Q u a n t i f i z i e r u n g von ( s o z i a l e n ) K r i t e r i e n ist z . T . s c h w i e r i g , wenn nicht unmöglich, z . B . A r b e i t s z u f r i e d e n h e i t , • es b e s t e h t die G e f a h r d e r L i n e a r i s i e r u n g v o n P r o b l e m e n , d a einzelne M a t r i x f e l d e r isoliert b e t r a c h t e t w e r d e n . S y n e r g i e n b l e i b e n unberücksichtigt, • d i e B e w e r t u n g in d e n e i n z e l n e n F e l d e r n ist ein V o r g a n g , d e r imm e r d u r c h S u b j e k t i v i t ä t g e p r ä g t ist, • viele n o t w e n d i g e B e u r t e i l u n g s d a t e n s t e h e n a l s H e r r s c h a f t s w i s s e n nicht zur V e r f ü g u n g , • e i n e Z u r e c h n u n g d e r E f f e k t e ist o f t s c h w i e r i g , weil E f f e k t e o f t e r s t ü b e r m e h r e r e W i r k u n g s k e t t e n , zeitlich v e r z ö g e r t e t c . a u f t r e t e n , • es b e s t e h t g r u n d s ä t z l i c h ein D i l e m m a z w i s c h e n K o m p l e x i t ä t u n d Praktikabilität. Ein w e i t e r e s P r o b l e m w i r d a n h a n d d e s B i l d e s d e r

Produktbaumana-

lyse (vgl. A b b i l d u n g 5 . 1 5 a u f S e i t e 352) d e u t l i c h . B e r e i t s in d e r ers t e n Linie d e r V o r p r o d u k t i o n s p a l t e t sich die P r o d u k t l i n i e in ein weit v e r z w e i g t e s N e t z v o n E i n z e l l i n i e n . Ein a u f d a s P r o d u k t a u f g e b r a c h t e r F a r b s t o f f w i r d z . B . in d e r V o r p r o d u k t i o n b e i m F a r b e n h e r s t e l l e r 20—60 Einzelsubstanzen

aus

g e m i s c h t , die i h r e r s e i t s w i e d e r in i h r e n ei-

g e n e n P r o d u k t l i n i e n v e r f o l g t w e r d e n m ü ß t e n . Bei e i n e m k o m p l i z i e r t e n P r o d u k t a u s e i n e r V i e l z a h l von E i n z e l t e i l e n (ein P K W b e s t e h t z. B . a u s 5 . 0 0 0 — 6 . 0 0 0 Teilen) ist e i n e k o m p l e t t e A n a l y s e a l l e r B e s t a n d t e i l e bis zu i h r e m U r s p r u n g d a m i t u n m ö g l i c h . P r a k t i k a b e l e r s c h e i n t d a g e g e n , in P r i o r i t ä t s l i n i e n

die wesentlichen

Linien im W u r z e l - u n d

Astwerk

h e r a u s z u g r e i f e n u n d e i n e r g e n a u e r e n A n a l y s e zu u n t e r z i e h e n . V o r a u s s e t z u n g z u m E r k e n n e n d e r P r i o r i t ä t s l i n i e n ist a l l e r d i n g s e i n e g e n a u e K e n n t n i s s ä m t l i c h e r M a t e r i a l - u n d E n e r g i e s t r ö m e a u f allen S t u f e n . Ein E i n s a t z a u f b e t r i e b l i c h e r E b e n e ist n u r in A u s n a h m e f ä l l e n

denk-

b a r . In w e t t b e w e r b s o r i e n t i e r t e n S y s t e m e n wird v o r allem d a s H i n t e r f r a g e n der B e d ü r f n i s s e sowie der sozialen W i r k u n g e n sowohl des Prod u k t e s als a u c h d e r P r o d u k t i o n von U n t e r n e h m e n n u r s e l t e n als u n t e r n e h m e r i s c h e A u f g a b e a n g e s e h e n . Hier d o m i n i e r e n v o r a l l e m e i n z e l w i r t schaftliche Beurteilungskriterien. A u s n a h m e n könnten

innerbetriebli-

c h e I n f o r m a t i o n s s y s t e m e o h n e O f f e n t l i c h k e i t s w i r k u n g e n sein. D e s h a l b ist d e r E i n s a t z v o r a l l e m a u f d e r E b e n e ö f f e n t l i c h e r o d e r p r i v a t e r I n s t i t u t i o n e n v o r s t e l l b a r , in d e n e n I n t e r e s s e n des U m w e l t - u n d / o d e r Verbraucherschutzes vertreten werden.

352

Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Entsorgung

Produktbaumanalyse

Produktion Produkt bilanz

Vorproduktion

gewinnung

Abbildung 5.15: Produktbaum (Wagner, B. 1992 S. 8)

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger

UIS

353

Trotz aller konzeptionellen Probleme sehen B a u m g a r t n e r u . a . ( B a u m gartner u . a . 1989, S.68) Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Weiterentwicklung der Produktlinienanalyse zu einem politischen Instrument. Im Rahmen der Umgestaltung der gegenwärtigen Produktpolitik könnten dabei folgende Aufgaben übernommen werden: • I n f o r m a t i o n s f u n k t i o n Mit der Institutionalisierung der Produktlinienanalyse im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Stiftung könnte die gesetzliche Verpflichtung zur Offenlegung der P r o d u k t d a t e n , zur Produktkennzeichnung und zur Einrichtung von P r o d u k t - und Stoffdatenbanken verbunden werden. D a m i t könnte eine wesentliche Verbesserung des Verbraucherschutzes erreicht werden. • K o n t r o l l f u n k t i o n Zur G e s t a l t u n g der Produktpolitik und Überwachung der Produktlinienanalyse müßten neue Mitbestimmungsorgane eingerichtet werden. Neben der Erweiterung der betrieblichen Mitbestimmungsrechte (paritätische Besetzung) sollen Umweltgruppen, Konsumentenorganisationen, Gewerkschaften sowie die Stiftung Produktlinienanalyse an der Uberwachung der betrieblichen Analysen beteiligt werden. • L e n k u n g s f u n k t i o n Auf der Grundlage von Produktlinienanalysen könnten politische I n s t r u m e n t e die Gestaltung der Produktpolitik lenken. Das könnte z . B . über die I n s t r u m e n t e der verschärften P r o d u k t h a f t u n g , P r o d u k t s t e u e r n und -abgaben sowie P r o d u k t v e r b o t e in stärkerem Maße geschehen.

3.6 3.6.1

Umwelt—Audit Allgemeines zum Verfahren

Das U m w e l t - A u d i t ist ein betriebsinternes oder externes Kontrollins t r u m e n t , das das gesamte Umweltmanagement bzw. die Umweltorganisation einer Unternehmung in bezug auf außenbestimmte Auflagen u n d / o d e r unternehmensbezogene Ziele systematisch und regelmäßig ü b e r p r ü f t (vgl. auch Kapitel IV, 5.3.3). Inhaltlich besteht eine enge Verwandtschaft zur betrieblichen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). W ä h r e n d die U V P im R a h m e n der Investitionsplanung durchgeführt wird, kommen U m w e l t - A u d i t s während oder im Anschluß an eine Betriebsphase zum Einsatz.

354

Kap. 5: Betriebliche Umweltinformationssysteme

Bisher b e s t e h e n zur G e s t a l t u n g von U m w e l t - A u d i t s keine v e r b i n d lichen Regelungen. In bisher b e k a n n t e n P r a x i s v e r s u c h e n b e s t e h t d a s Vorgehen im allgemeinen aus drei S c h r i t t e n : 1. I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g ( S a m m e l n von I n f o r m a t i o n e n ü b e r die U m w e l t s i t u a t i o n des Unternehmens) 2. A n a l y s e ( B e w e r t u n g der g e s a m m e l t e n I n f o r m a t i o n e n m i t Hilfe g e e i g n e t e r Maßstäbe) 3. F e s t s e t z u n g geeigneter M a ß n a h m e n (Verbesserung der U m w e l t s i t u a t i o n a u f g r u n d der v o r h e r g e h e n den A n a l y s e n ) Die I n t e r n a t i o n a l e H a n d e l s k a m m e r ( I C C ) h a t 1989 E m p f e h l u n g e n zur D u r c h f ü h r u n g von U m w e l t - A u d i t s veröffentlicht. Die g r u n d l e g e n d e n S c h r i t t e d e s Vorgehens sind in d e r G r a f i k 5.16 auf d e r n ä c h s t e n Seite schematisiert. Folgende B e d i n g u n g e n werden zur erfolgreichen D u r c h f ü h r u n g eines A u d i t s v o r a u s g e s e t z t ( I C C 1989, S. 11 f ) : • volles E n g a g e m e n t der U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g (persönliches Interesse, Festlegen hoher M a ß s t ä b e , Bereitstellung geeigneter M i t a r b e i t e r und Mittel) • O b j e k t i v i t ä t der P r ü f e r • Fachliche K o m p e t e n z des A u d i t - T e a m s , d . h . a n g e m e s s e n qualifiziert und ausreichend h o c h r a n g i g • ein klar umrissenes und s y s t e m a t i s c h e s Verfahren • schriftliche Berichte für M a n a g e m e n t und U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g • Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g , d . h . G e w ä h r l e i s t u n g der Q u a l i t ä t des P r ü f s y s t e m s in bezug auf Konsistenz und Zuverlässigkeit • Weiterverfolgung, d . h . a k t i v e U m s e t z u n g und Befolgung d e r empfohlenen Maßnahmen In d e r P r a x i s werden U m w e l t - A u d i t s hauptsächlich a n l a g e n b e z o g e n d u r c h g e f ü h r t . B e w e r t u n g s m a ß s t a b f ü r die U m w e l t v e r t r ä g l i c h k e i t ist d a b e i in d e r Regel der S t a n d der Technik, so wie er d u r c h G e s e t z e und

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger

T Ä T I G K E I T E N VOR DER PRÜFUNG

TÄTIGKEITEN VOR O R T

UIS

AKTIVITÄTEN NACH D E R PRÜFUNG

Abbildung 5.16: I C C Empfehlungen zum U m w e l t - A u d i t

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Kap. 5: Betriebliche

Umweltinformationssysteme

Verordnungen vorgegeben ist. Darüber hinaus können aber auch betriebsinterne Richtlinien, Grenzwerte, Verhaltensvorschriften etc., die über gesetzlich vorgeschriebenes Verhalten hinausgehen, zum Maßstab erhoben werden. Ergebnis eines Audits ist ein U m w e l t b e r i c h t , der die Grundlage für die Erstellung eines betrieblichen U m w e l t — H a n d b u c h e s bilden kann. In diesem wird der organisatorische Rahmen des Umweltmanagements dokumentiert (Einordnung in die Hierarchie, Zuständigkeiten, auch solche in Störfällen), die rechtlichen Vorgaben für den Betrieb einzelner Anlagen sowie die Richtlinien, die für eine zukünftige Steigerung der Umweltverträglichkeit von Betriebsanlagen anzustreben sind. Ein sinnvoll durchgeführtes Auditing ist im Abstand von 2—3 Jahren zu wiederholen (vgl. dazu LfU 1994: Umweltschutz - Ein Modellhandbuch. Hier wird der grundsätzliche Aufbau eines Umwelt-Handbuches dargestellt und erläutert). Ein systematisches Vorgehen in der Erhebungsphase wird durch den Einsatz von Checklisten erreicht (Sietz/Sondermann 1990). Der Sinn von solchermaßen durchgeführten Umwelt-Audits wird in folgenden Aspekten gesehen (Ciba-Geigy nach Hopfenbeck 1990, S. 510)): • Die Gesetzeserfiillung wird gesichert • eine effiziente Technologie wird gesichert • kurz- und längerfristig können Probleme vermieden werden • durch Informationstransfer können Probleme gelöst werden. Kritische Anmerkungen zur Durchführung solcher Verfahren: • Es besteht die Gefahr, daß ein Umwelt-Audit lediglich Ersatz für regelmäßige Anlagenkontrollen darstellt, • die Maßnahmenebene steht erst am Ende, ist damit kein Bestandteil des Prozesses; ob Maßnahmen ergriffen werden, ist an anderer Stelle außerhalb des Audit-Teams zu entscheiden, • ein solches Verfahren hat keine Offentlichkeitswirkung, damit fehlen wirksame Kontrollen und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen, • das Verfahren ist häufig rein anlagenbezogen; es stellt damit keinen Ansatz dar, um in einem Unternehmen insgesamt umweltverträglichere Produktionsmöglichkeiten zu schaffen oder umweltfreundlichere Produkte herzustellen.

3 Verschiedene Ansätze zur Entwicklung eigenständiger

UIS

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Nach Ansicht der Wirtschaft kann das Instrument des Audits nur sinnvolle Wirkungen auf das Betriebsgeschehen ausüben, wenn es freiwillig und in eigener Verantwortlichkeit der Unternehmen durchgeführt wird. Die Ergebnisse sollen entsprechend nur betriebsinternen Zwecken dienen und das Betriebsgeschehen zu optimieren helfen (ICC 1989).

3.6.2

Die EG-Verordnung zum Umwelt-Audit

In einer Entschließung des Rates der Europäischen Gemeinschaft wurde 1993 ein Programm „Für eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung" bestimmt. Darin wird die Rolle und die Verantwortung der Unternehmen sowohl für die Stärkung der Wirtschaft als auch für den Schutz der Umwelt in der Gemeinschaft unterstrichen. Auf der Grundlage dieser Entschließung wurde die EG—Verordnung zur g e m e i n schaftlichen U m w e l t m a n a g e m e n t - und Betriebsprüfungsregelung ( U m w e l t — A u d i t ) mit Wirkung zum 01.01.1995 erlassen. Nach dem Sinne der Verordnung trägt die Industrie Eigenverantwortung für die Bewältigung der Umweltfolgen ihrer Tätigkeit und sollte daher in diesem Bereich zu aktiven Handeln angeregt werden. Diese Verantwortung verlangt von den Unternehmen die Festlegung und Umsetzung von betrieblicher Umweltpolitik, -zielen und -programmen sowie wirksamer Umweltmanagementsysteme. Im Rahmen der Umweltpolitik wird nicht nur die die Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften angestrebt, sondern auch die Verpflichtung zur angemessenen und kontinuierlichen Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes. Die Verordnung schafft damit einen Rahmen für die freiwillige Teilnahme an einem U m w e l t m a n a g e m e n t - und - b e t r i e b s p r ü f u n g s s y s t e m . Das Vorgehen entspricht dabei im weitesten Sinne der Zertifizierung der Qualitätssicherung nach ISO 9000—9004. Unternehmen, die sich an diesem System beteiligen, müssen sich an den betreffenden Standorten auf eine Umweltpolitik festlegen, die mit den einschlägigen Anforderungen (insbesondere den nationalen Rechtsnormen) in Einklang steht. Im einzelnen müssen sie • eine erstmalige Umweltprüfung durchführen; • ein Umweltprogramm und ein Umweltmanagementsystem schaffen; • regelmäßige Umweltbetriebsprüfungen durchführen; • eine gesonderte Umwelterklärung erstellen;

Kap. 5: Betriebliche Umweltinformationssysteme

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