Allgemeine Betriebswirtschaftslehre [Reprint 2018 ed.] 9783486805345, 9783486255171

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, die primär nach den Lebensphasen des Unternehmens und erst sekundär nach den betrie

200 52 33MB

German Pages 483 [488] Year 2000

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1. Teil: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre
1. Unternehmensbezogene Tatbestände
2. Das Unternehmensumfeld
Kontrollfragen zu Teil 1
2. Teil: Unternehmensgründung
3. Gründungsvoraussetzungen
4. Gründungsentscheidungen
Kontrollfragen zu Teil 2
3. Teil: Unternehmensführung/Management
5. Grundlagen der Unternehmensführung
6. Unternehmensplanung
7. Unternehmensorganisation
8. Unternehmenskontrolle (Logistik-/Controlling)
9. Spezielle Bereiche der Unternehmensführung
Kontrollfragen zu Teil 3
4. Teil: Unternehmenserweiterung
10. Erweiterung eines Unternehmens
11. Gründung einer neuen Betriebsstätte
12. Kooperation mit anderen Unternehmen
13. Unternehmenskonzentration
Kontrollfragen zu Teil 4
5. Teil: Unternehmenssanierung
14. Anlässe der Unternehmenssanierung
15. Möglichkeiten der Unternehmenssanierung
Kontrollfragen zu Teil 5
6. Teil: Unternehmensauflösung
16. Anlässe der Unternehmensauflösung
17. Formen der Unternehmensabwicklung
18. Maßnahmen zur Unternehmensauflösung
Kontrollfragen zu Teil 6
Literaturverzeichnis
Sachwortverzeichnis
Personenverzeichnis
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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre [Reprint 2018 ed.]
 9783486805345, 9783486255171

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WiSo-

Lehr- und Handbücher Herausgegeben von Professor Dr. Harald Dettmer Bisher erschienene Werke: Braunschweig, Kostenrechnung Braunschweig, Investitionsrechnung mit Unternehmensbewertung Braunschweig, Unternehmensfinanzierung Braunschweig, Marketing Braunschweig, Unternehmensführung Braunschweig • Reinhold, Grundlagen des strategischen Managements Dettmer • Friedrich • Hausmann • Himstedt, Investitionsmanagement Dettmer • Glück • Hausmann • Kaspar • Logins • Opitz • Schneid, Tourismustypen Dettmer • Hausmann, Finanzmanagement I, 2. Auflage Dettmer • Hausmann • Kaufner • Wilde, Controlling im Food & Beverage-Management Dettmer • Hausmann • Kloss • Meisl • Weithöner, Tourismus-Marketing-Management Kloss, Werbung, 2. Auflage Rothlauf, Interkulturelles Management Witte, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre Von Professor

Dr. Hermann Witte

R.Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Witte, Hermann: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre / von Hermann Witte. - München ; Wien : Oldenbourg, 2000 (WISO-Lehr- und Handbücher) ISBN 3-486-25517-7

© 2000 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza ISBN 3-486-25517-7

Vorwort Die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre wird üblicherweise in den Lehrbüchern und in den Vorlesungen nach den betrieblichen Funktionen gegliedert und abgehandelt. Diese Vorgehensweise ist durchaus verständlich und angemessen, aber nicht zwingend. Daher wird im vorliegenden Werk eine Allgemeine Betriebswirtschaftslehre vorgestellt, die primär nach den Lebensphasen des Unternehmens und erst sekundär nach den betrieblichen Funktionen gegliedert ist. Die Idee, die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre primär nach den Lebensphasen des Unternehmens zu gliedern, erwuchs aus der Tatsache, daß heute in der Praxis aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation die Unternehmens- bzw. Existenzgründung eine wichtige Rolle spielt und zudem die Zahl der Unternehmensauflösungen stark angestiegen ist. Die primäre Gliederung der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre nach den

Le-

bensphasen des Unternehmens fuhrt zu einer Neugestaltung der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre. Bei dieser Neugestaltung bot es sich an, die neueren Ansätze der Betriebswirtschaftslehre, den Logistik- und den umweltorientierten Ansatz, zu integrieren. Damit wird dem Anspruch dieser Ansätze, für alle Bereiche der Betriebswirtschaftslehre relevant zu sein und nicht nur als Spezialbereich zu gelten, Rechnung getragen. M i t der Integration dieser beiden genannten neueren Ansätze der Betriebswirtschaftslehre gewinnt gleichzeitig die Berücksichtigung der Qualität von Gütern und Prozessen mehr Bedeutung für die Darstellung der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre. Dies ergibt sich aus der Diskussion der verschiedenen Konzepte des „Total Quality Managem e n t s " ( T Q M ) und von Preisbildungsmodellen für heterogene Güter, Gütern mit unterschiedlicher Qualität. Die Berücksichtigung der Qualität fuhrt zur Abgrenzung zweier weiterer Ansätze der Betriebswirtschaftslehre, die als Preis-Mengen- und als PreisQualität-Mengen-Ansatz bezeichnet werden. Mein Dank gilt dem Verlag und dem Cheflektor sowie meiner Familie, die mich während der Entstehungszeit dieses Werkes verständnisvoll unterstützte. Hermann Witte

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

V

Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis

XIX XXIII

Abkürzungsverzeichnis

XXV

Einleitung

1

1. T e i l : Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre

3

1.

3

Unternehmensbezogene Tatbestände

1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7

Untersuchungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre Ansätze der Betriebswirtschaftslehre Der Logistikansatz Der Öko-Logistikansatz Der Preis-Mengen-Ansatz Der Preis-Qualität-Mengen-Ansatz Methoden der Betriebswirtschaftslehre Betrachtungsebenen der Betriebswirtschaftslehre Die Lebensphasen des Unternehmens Die betrieblichen Funktionen Allgemeine Unternehmensaufgaben und -ziele, Prinzipien und Orientierungsgrößen 1.7.1 Aufgaben und allgemeine Ziele von Unternehmen 1.7.2 Prinzipien der Betriebswirtschaftslehre 1.7.3 Orientierungsgrößen der Betriebswirtschaftslehre

30 30 31 31

2.

Das Unternehmensumfeld

33

2.1 2.2 2.3 2.4

Die Die Die Die

34 35 39 40

soziale Marktwirtschaft als Umfeld des Unternehmens Aufgaben des Staates in der sozialen Marktwirtschaft Bedeutung des Wettbewerbs Beziehungen des Unternehmens zum Umfeld

3 5 6 22 24 24 25 26 27 29

Kontrollfragen zu Teil 1

42

2. Teil: Unternehmensgründung

43

3.

Gründungsvoraussetzungen

43

3.1 Anlässe der Unternehmensgründung 3.1.1 Die Produktidee 3.1.2 Die Marktlücke

43 43 45

VIII

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.2 3.3

Die Marktnische Die Kapitalanlage Die Existenzgründung Unternehmensgründungsförderung Die Marktanalyse

45 46 46 47 51

4.

Gründungsentscheidungen

52

4.1 4.2 4.2.1 4.2.2

Die Bestimmung der Unternehmensgrundsätze 53 Die Bestimmung der Unternehmenspolitik 53 Aufgaben der Unternehmenspolitik 54 Unternehmenspolitik, -kultur, -philosophie, Grundsätze der Unternehmenspolitik, spezielle Unternehmensziele 56 Die Unternehmenskultur als Basis der Unternehmenspolitik 57 Die Unternehmensphilosophie als Basis der Unternehmenspolitik 58 Die Ableitung von speziellen Unternehmenszielen 58 Interne Zielsysteme 61 Zielsysteme privater Unternehmen 62 Zielsysteme öffentlicher Unternehmen 63 Zielsysteme gemischt- und gemeinwirtschaftlicher Unternehmen 64 Externe Zielsysteme 65 Die Veränderung der Unternehmenspolitik und der speziellen Unternehmensziele in den Phasen des Unternehmenslebenszyklus 66 Instrumente und Maßnahmen der Unternehmenspolitik 66 Wahl der Rechtsform 66 Wahl des Firmennamens und des Logos 75 Wahl der Finanzierung/Kapitalbeschaffung 76 Standortwahl 76 Standortfaktoren 77 Das Webersche Standortdreieck 81 Intuitive Standortplanungsmethoden 81 Mathematische Methoden der Standortplanung 82 Kauf des Betriebsgrundstückes 83 Planung und Bau der Betriebsgebäude 84 Wahl der Organisationsform 85 Wahl der Aufbauorganisation 86 Das Organisationssystem und seine Subsysteme 88 Die Grundformen des Leitungssystems 88 Praxisorientierte Leitungssysteme 93 Das Stabliniensystem 93 Das Divisionskonzept 98 Die Matrixorganisation 101 Die Tensororganisation 103 Logistikaufbauorganisationen 104

4.2.2.1 4.2.2.2 4.2.3 4.2.3.1

4.2.3.2 4.2.4 4.2.5 4.3 4.4 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.7 4.8 4.9 4.9.1 4.9.1.1 4.9.1.2 4.9.1.3

Inhaltsverzeichnis

4.9.1.4 4.9.2 4.9.2.1

4.9.3 4.9.4 4.9.5 4.9.6 4.9.6.1 4.9.6.2 4.9.6.3 4.9.6.4 4.9.7 4.10 4.11 4.12 4.13 4.13.1 4.13.2 4.13.3

Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation Plurale Leitungsinstanzen Gruppenorientierte Organisationsformen Das Modell der überlappenden Gruppen (,,Linking Pins ") Das Kollegen-Modell (Colleague-Model) Veränderung der Form der Aufbauorganisation im Unternehmenslebenszyklus Wahl der Ablauforganisation Der Organisationsprozeß und seine Phasen Das Auswerten von Auslöseinformationen Das Schätzen von problembestimmenden Einflußgrößen Die Festlegung des Umfangs einer Lösung und ihrer Geltungsdauer Die Analyse der bestehenden Organisation Der vorläufige System- bzw. Subsystementwurf Die Ermittlung und Berücksichtigung von Restriktionen Die Bewertung alternativer Lösungsentwürfe Die Organisationsentscheidung und die Durchsetzung Die Organisationskontrolle Die Aufgaben der Ablauforganisation Die Ziele der Ablauforganisation Die Instrumente der Ablauforganisation Ausgewählte Methoden der Ablauforganisation Die CPM-Methode Das REFA-Verfahren zur Zeitaufnahme Ein einfaches Modell der Arbeitszuordnung Ein Modell der statischen Losgrößenbestimmung Die Veränderung der Ablauforganisation im Unternehmenslebenszyklus Personaleinstellung Beschaffung der Betriebsmittel und Werkstoffe Die Unternehmensgründung Unternehmensstrategien Allgemeine Unternehmensstrategien Die Qualitätsstrategie Die Veränderung der Strategien im Verlaufe des Unternehmenslebenszyklus

IX 104 106 108 110 111 111 112 114 114 114 115 115 116 116 116 117 117 11 8 119 119 120 121 123 124 125 126 129 129 130 130 132 132 134 139

Kontrollfragen zu Teil 2

140

3. Teil: Unternehmensführung/Management

141

5.

Grundlagen der Unternehmensfiihrung

143

5.1 5.2 5.2.1

Basis und Aufgaben der Unternehmensfiihrung Instrumente der Unternehmensfiihrung Unternehmensfiihrungstheorien

143 146 146

X

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

5.2.2 5.2.3

Unternehmensführungsstile Das Verhaltensgitter

148 150

5.2.4 5.2.4.1

Unternehmensfuhrungstechniken M a n a g e m e n t by Objectives ( M b O )

152 153

5.2.4.2

Management by Exception (MbE)

155

5.2.4.3

Management by Delegation ( M b D )

156

5.2.4.4

Management by Decisions Rules ( M b D R )

158

5.2.4.5

Management by Results ( M b R )

158

5.2.4.6

Management by Systems (MbS)

159

5.2.4.7

Management by Participation ( M b P )

160

5.2.4.8

M a n a g e m e n t by Motivation ( M b M )

160

5.2.4.9

M a n a g e m e n t by Logistics (MbL)

161

5.2.4.10 Management by Eco-Logistics (MbE-L)

163

5.2.5

UnternehmensflihrungsmodeIle/-konzepte

163

5.2.5.1

Das Harzburger Modell

163

5.2.5.2

Das Modell der Managementakademie München

164

5.2.5.3 5.2.5.4

Das St. Gal 1er Managementkonzept Ein eigenes Managementkonzept: Das Mondorfer Managementkonzept

166 168

6.

Unternehmensplanung

171

6.1

Grundlagen der Unternehmensplanung

171

6.2

Phasen der Unternehmensplanung

176

6.3 6.4

Grundsätze der Unternehmensplanung Phasen des Entscheidungsprozesses im Unternehmen

178 180

6.5 6.6 6.6.1

Aufgaben und allgemeine Ziele der Unternehmensplanung Instrumente der Unternehmensplanung Ableitung von speziellen Zielen f ü r die Unternehmensplanung

184 184 184

6.6.2

Ableitung von Strategien für die Unternehmensplanung

184

6.6.2.1 6.6.2.2

Strategiefindung Ausgewählte Strategien

185 186

6.6.3 6.6.4

Aufstellung des Unternehmensplans und seiner Teilpläne Z u s a m m e n h a n g von Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik

187 188

6.7 6.7.1

Methoden der Unternehmensplanung Überblick über die Planungsmethoden

189 189

6.7.2

Entscheidungstabellen u n d - r e g e l n

190

6.7.2.1

Die Maximin-Regel

191

6.7.2.2

Die Maxmax-Regel

191

6.7.2.3 6.7.2.4

Die Pessimismus-Optimismus-Regel Die Regel des kleinsten Bedauerns

192 192

6.7.2.5

Die Regel des unzureichenden Grundes

193

6.7.2.6 Die Einstimmigkeitsregel (Pareto-oder Veto-Regel) 6.7.2.7 Mehrheitsregeln

194 194

6.7.2.8 Entscheidungsregel bei Sicherheit

195

Inhaltsverzeichnis 6.7.2.9 6.7.3 6.7.3.1 6.7.3.2 6.7.4 6.7.5 6.7.5.1 6.7.5.2 6.7.6 6.7.6.1 6.7.6.2 6.7.6.3

XI

Die Daumenregel Operations Research Methoden Netzplantechnik Theorie der Warteschlangen Die Simulation Die Nutzen-Kosten-Analysen Die Kosten-Nutzen-Analyse Die Nutzwertanalyse Sonstige Methoden Die Break-Even-Point-Analyse Die ABC-Analyse Die Wertanalyse Die Organisation der Wertanalyse Der Ablauf der Wertanalyse Die Arten der Wertanalyse 6.7.6.4 Die Portfolio-Analyse Die Boston-Portfoliomatrix Das Qualitätsportfolio

195 196 196 197 198 199 199 201 203 203 205 209 210 211 212 213 214 216

7.

Unternehmensorganisation

217

7.1 7.2 7.3

Aufbauorganisation Ablauforganisation Veränderung der Unternehmensorganisation in Verlaufe des Unternehmenslebenszyklus

217 218 218

8.

Unternehmenskontrolle (Logistik-/Controlling)

218

8.1 8.2 8.3 8.4

Ziele der Unternehmenskontrolle Arten der Unternehmenskontrolle Kontrollkennzahlen Der Zusammenhang zwischen Produktivität, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität Das Unternehmen als Regelkreis zwischen Planung, Organisation und Kontrolle Der Zusammenhang von Unternehmensfuhrung, Unternehmensleitung, Unternehmensplanung, Unternehmensorganisation und Unternehmenskontrolle

219 220 220

8.5 8.6

222 223

224

9.

Spezielle Bereiche der Unternehmensfiihrung

224

9.1 9.1.1 9.1.2 9.1.3 9.2 9.2.1

Forschung und Entwicklung Aufgaben der Forschung und Entwicklung Ziele der Forschung und Entwicklung Strategien der Forschung und Entwicklung Beschaffungs- und Materiallogistik Beschaffungslogistik

225 225 226 226 227 228

XII

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

9.2.2 Materiallogistik 9.2.2.1 Ausgewählte Methoden der Materialbedarfsermittlung Bedarfsermittlung bei konstantem Niveau des Materialbedarfsverlaufes Bedarfsermittlung bei trendförmig ansteigendem Materialbedarfsverlauf Bedarfsermittlung bei saisonal schwankendem Materialbedarfsverlauf Bedarfsermittlung bei sporadischem Materialbedarfsverlauf 9.2.2.2 Aufbauorganisation der Materiallogistik 9.2.2.3 Materialmanagement 9.3 Produktionslogistik 9.3.1 Der Produktionsprozeß 9.3.2 Die Produktionsfunktion 9.3.2.1 Prämissen der Produktionsfunktion 9.3.2.2 Die klassische (ertragsgesetzliche) Produktionsfunktion 9.3.2.3 Die neoklassische Produktionsfunktion 9.3.2.4 Die Leontief-Produktionsfunktion 9.3.3 Die Kosten der Produktion 9.3.4 Das Produktionssystem 9.3.4.1 Ziele eines Produktionssystems 9.3.4.2 Gestaltung eines Produktionssystems Produktionssegmentierung Layoutplanung 9.3.4.3 Konfigurierung von Fließproduktionssystemen Fließbandabstimmung bei getaktetem Materialfluß Fließbandabstimmung bei nicht getaktetem Materialfluß 9.3.4.4 Konfiguration von Produktionszentren 9.3.4.5 Konfiguration von flexiblen Fertigungssystemen 9.3.4.6 Konfiguration von Produktionsinseln 9.3.4.7 SAP R/3-gestützte Produktionssysteme

228 230 232 234 235 237 238 239 247 247 249 251 251 252 252 253 254 257 257 257 259 262 262 264 266 266 268 269

9.3.5

Produktionsplanung und -Steuerung

272

9.3.6 9.4 9.4.1 9.4.1.1 9.4.1.2 9.4.1.3 9.4.2 9.4.3 9.4.4 9.4.5 9.4.5.1

Die umweltfreundliche Produktion Marketing Marktforschung und Marktanalyse Marktsegmentierung Marktformen Methoden der Marktforschung Anwendungsgebiete des Marketings Marketingziele Die Marketinginstrumente Marketingbereiche Die Preispolitik Freie Preisbildung Listenpreise Staatlich-administrierte Preise

277 279 280 280 281 283 284 285 286 286 287 289 290 290

Inhaltsverzeichnis

9.4.6 9.4.7 9.4.7.1 9.4.7.2 9.4.7.3 9.4.8 9.4.8.1 9.4.8.2 9.4.8.3 9.4.8.4 9.4.9 9.5 9.5.1 9.5.2 9.5.3 9.6 9.6.1 9.6.2 9.6.3 9.7 9.7.1 9.7.2 9.7.3 9.7.4 9.7.4.1

9.7.4.2

9.7.5 9.7.6 9.7.7 9.7.8 9.8 9.8.1

Konditionenpolitik Kriterien der Preisbildung Grenzkostenkalkulation Durchschnittskostenkalkulation Preisbildung auf der Basis sozialer Kosten Die Produktpolitik Die Distributionspolitik Die Gestaltung der Absatzkanäle Die Verkaufspolitik Die Marketing-Logistik Die Informations- und Kommunikationspolitik Die Werbepolitik Die Verkaufsförderung Die Öffentlichkeitsarbeit Sponsoring Marketing-Mix Entsorgungslogistik Aufgaben der Entsorgungslogistik Die Bereiche der Entsorgungslogistik Ansatzpunkte der Entsorgungslogistik Informationslogistik Grundstruktur eines Kommunikationssystems Managementinformationssysteme Informationsmanagement Investitionsrechnung Definition Investition Investitionsarten Aufgaben und Ziele der Investitionsrechnung Investitionsrechnung für einzelne Projekte bei Sicherheit Statische Methoden der Investitionsrechnung Kosten-ZGewinnvergleichsrechnung Amortisationsrechnung Rentabilitätsrechnung Dynamische Methoden der Investitionsrechnung Kapitalwertmethode Interne-Zinsfuß-Methode Annuitätenmethode Investitionsrechnung für einzelne Projekte bei Unsicherheit Investitionsrechnung für Investitionsprogramme bei Sicherheit Investitionsrechnung für Investitionsprogramme bei Unsicherheit Umweltorientierte Investitionsrechnung Finanzwirtschaft Definitionen

XIII

294 295 295 296 298 299 303 304 306 307 308 308 309 310 310 311 313 314 314 315 316 317 320 322 323 323 324 325 326 327 327 328 329 330 331 334 335 336 338 339 340 341 342

XIV

9.8.2 9.8.3 9.8.4 9.8.5 9.8.5.1

9.8.5.2

9.8.5.3

9.8.6 9.8.6.1 9.8.6.2 9.8.6.3 9.8.6.4 9.9 9.9.1 9.9.2.1 9.9.2.2 9.9.3 9.9.4 9.9.5 9.9.6 9.9.7 9.9.8 9.9.9 9.9.10 9.9.11 9.9.11.1 9.9.11.2 9.9.11.3 9.9.11.4 9.9.11.5 9.10 9.10.1 9.10.1.1

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Anlaß der Finanzierung Das Ziel der Finanzierung Aufgaben der Finanzierung Formen der Finanzierung Ausgewählte Formen der Außenfinanzierung Kurzfristige Kreditfinanzierung durch Lieferantenkredit Kurzfristige Kreditfinanzierung durch Kundenkredit Langfristige Kreditfinanzierung durch Darlehen von Kreditinstituten Ausgewählte Formen der Innenfinanzierung Selbstfinanzierung durch offene und verdeckte Einbehaltung erwirtschafteter Gewinne Sonstige Innenfinanzierung durch Rationalisierungen Sonderformen der Finanzierung Operate L eas ing Finance Leasing Finanzmanagement Instrumente des Finanzmanagements Der Finanzplan Finanzierungsregeln Finanzcontrolling Personallogistik Personalpolitik Aufgaben der Personalpolitik Ziele der Personalpolitik Aufbauorganisation der Personallogistik Personalbedarfsplanung Personalbeschaffung Personalauswahl Personalentwicklung Personalfreisetzung Personaleinsatzplanung Personalführung Personalcontrolling Aufgaben des Personalcontrolling Ziele des Personalcontrolling Instrumente und Methoden des Personalcontrolling Kennzahlen des Personalcontrolling Aufbauorganisation des Personalcontrolling Das Rechnungswesen als Basis des Logistikcontrolling Internes Rechnungswesen Betriebsabrechnung Kostenartenrechnung Kostenstellenrechnung

342 344 345 346 347 347 349 350 352 353 354 355 355 356 356 358 358 361 363 364 364 365 365 366 367 369 370 372 375 376 378 379 379 380 380 381 383 383 384 384 384 386

Inhaltsverzeichnis 9.10.1.2 9.10.1.3 9.10.1.4 9.10.1.5 9.10.2 9.10.2.1 9.10.2.2 9.10.2.3 9.10.2.4 9.10.2.5

Kostenträgerrechnung Die kurzfristige Erfolgsrechnung Die Deckungsbeitragsrechnung Die Plankostenrechnung Externes Rechnungswesen Die Bilanz Die Erfolgsrechnung Der Jahresabschluß Der Einzelabschluß Der Konzernabschluß

XV 388 392 393 395 396 397 397 398 399 400

Kontrollfragen zu Teil 3

403

4. Teil: Unternehmenserweiterung

405

10.

405

Erweiterung eines Unternehmens

10.1

Erweiterung der Produktionskapazität

406

10.2 10.3 10.4

Erweiterung der Produkt-und Leistungspalette Erweiterung der Unternehmensbereiche Erweiterung der Betriebsstätte

406 406 407

11.

Gründung einer neuen Betriebsstätte

407

11.1

Zuordnung der Aufgaben

407

11.2

Standortwahl

408

12.

Kooperation mit anderen Unternehmen

408

12.1

Auswahl der Kooperationsbereiche

408

12.2 12.3 12.4 12.4.1 12.4.2 12.4.3

Auswahl der Kooperationsform Auswahl der Kooperationspartner Kooperationsorientierte Formen der Aufbauorganisation Die Holdingorganisation Die Allianzorganisation Die Clusterorganisation

409 411 411 411 412 413

13.

Unternehmenskonzentration

414

13.1 13.2

Formen der Unternehmenskonzentration Fusion mit anderen Unternehmen

414 415

13.2.1

Fusionsmotive,-Strategien und-theorien

416

13.2.2

Fusionsorientierte Formen der Aufbauorganisation

417

Kontrollfragen zu Teil 4

419

5. Teil: Unternehmenssanierung

421

14.

Anlässe der Unternehmenssanierung

421

15.

Möglichkeiten der Unternehmenssanierung

422

XVI

15.1 15.2 15.3 15.4 15.4.1 15.4.1.1 15.4.1.2 15.4.1.3 15.4.2 15.4.2.1 15.4.2.2 15.4.2.3 15.4.2.4 15.5 15.6 15.7 15.8 15.9 15.9.1 15.9.2 15.9.3

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Das Sanierungskonzept Das Sanierungsmanagement Organisation des Sanierungsmanagements Finanzwirtschaftliche Sanierungsmaßnahmen Sanierung durch unternehmensinterne finanzwirtschaftliche Maßnahmen Erhöhung der Liquidität Bereinigung der Bilanz Liquiditätserhöhende Maßnahmen der Arbeitnehmer Sanierung durch unternehmensexterne finanzwirtschaftliche Maßnahmen Maßnahmen von Gläubigern Maßnahmen des Staates Maßnahmen der Kunden Maßnahmen Dritter Sanierung durch Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich der betrieblichen Funktionen Sonstige Sanierungsmaßnahmen Sanierung durch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens Sanierung durch Kooperation und Konzentration Instrumente zur Vermeidung von Unternehmenskrisen und Sanierungsmaßnahmen Das Frühwarnsystem zur Vermeidung von Unternehmenskrisen bzw. Sanierungsmaßnahmen Taggenaues Controlling zur Erkennung von sich anbahnenden Schwierigkeiten Kaizen, der ständige Verbesserungsprozeß zur Vermeidung von Unternehmenskrisen und Sanierungsmaßnahmen

422 424 425 427 427 427 429 430 430 430 431 431 431 433 433 434 435 435 435 438 438

Kontrollfragen zu Teil 5

440

6. Teil: Unternehmensauflösung

441

16.

Anlässe der Unternehmensauflösung

441

16.1 16.2

Insolvenz Fusion

441 443

16.3

Aufgabe aus Alters-und sonstigen Gründen

443

17.

Formen der Unternehmensabwicklung

444

17.1

Die stille Abwicklung

444

17.2

Die offene Abwicklung

444

18.

Maßnahmen zur Unternehmensauflösung

445

18.1 18.2

Der Sozialplan Auflösungsmaßnahmen und-formalitäten

445 446

Inhaltsverzeichnis

XVII

Kontrollfragen zu Teil 6

447

Literaturverzeichnis

449

Sachwortverzeichnis

455

Personenverzeichnis

459

Abbildungsverzeichnis Abb.

1: Zusammenhang von Unternehmenskultur, -philosophie, -zielen und

Abb.

2: Zielhierarchie (Zielsystem, Zielbaum)

Abb.

3: Zielsystem für ein privates Unternehmen

62

Abb.

4: Zielsystem für ein öffentliches Unternehmen

64

Abb.

5: Zielsystem für ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen

65

Abb.

6: Katalog der Standortkriterien(-faktoren) nach Behrens

79

Abb.

7: Detaillierter Katalog der Standortkriterien

80

Abb.

8: Hierarchische Gliederung eines Unternehmens nach Stellen bzw. Stellen-

Abb.

9: Traditionelle und „Lean"-Unternehmenshierarchie

-politik

inhabern (Liniensystem)

57 60

86 87

Abb. 10: Das Einliniensystem

89

Abb. 11: Das Mehrliniensystem

90

Abb. 12: Verrichtungsorientiertes Leitungssystem bzw. Verrichtungszentralisation der Leitungsaufgaben

91

Abb. 13: Objektorientiertes Leitungssystem bzw. Objektzentral isation der Leitungsaufgaben Abb. 14: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Einliniensystem

92 95

Abb. 15: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Mehrlinienssystem (Variante 1)

95

Abb. 16: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Mehrliniensystem (Variante 2) Abb. 17: Kombination von S t a b s - u n d Liniensystem als Separierungssystem

96 97

Abb. 18: Divisionalisierte Leitungsorganisation

98

Abb. 19: Divisionskonzept mit Zentralbereichen

100

Abb. 20: Matrixorganisation

102

Abb. 21: Tensororganisation

103

Abb. 22: Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation Typ I

104

Abb. 23: Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation Typ II

105

Abb. 24: Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation T y p III

105

Abb. 25: Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation T y p I (zentral)

106

Abb. 26: Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation T y p II (dezentral)

107

Abb. 27: Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation T y p III (zentral/dezentral)

107

XX

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 28: Zusammenhang zwischen Formen der Aufbauorganisation und Unternehmenslebenszyklus Abb. 29: Balken-/Ganttdiagramm Abb. 30: Ablauforganisation mittels Netzplan Abb. 31: Entwicklung des Lagerbestandes bei unendlicher Fertigungsgeschwindigkeit Abb. 32: Verlauf der Kosten in Abhängigkeit von der Losgröße Abb. 33: Produktionstypen Abb. 34: Verhaltensgitter („Managerial Grid") Abb. 35: Das MAM-Modell Abb. 36: Struktur des St. Galler Managementkonzeptes Abb. 37: Struktur des Lingener Managementkonzeptes Abb. 38: Strategiefindung mittels der TOWS-Analyse Abb. 39: Der Unternehmensplan und seine Teilpläne Abb. 40: Ablaufschema der Kosten-Nutzen-Analyse Abb. 41: Ablaufschema der Nutzwertanalyse Abb. 42: Graphische Bestimmung des Break-Even-Points (BEP) Abb. 43: Lorenz-Kurve Abb. 44: Schema des Boston-Portfolios Abb. 45: Das Qualitätsportfolio Abb. 46: Aufbauorganisation der Materialwirtschaft bzw.-logistik Abb. 47: Teilbereiche, Aufgaben und Tätigkeiten des Materialmanagements Abb. 48: Beurteilungsmöglichkeiten der Wirtschaftlichkeit von Produktionsprozessen anhand interner und externer Werte Abb. 49: Produktionssegmentierung Abb. 50: Zweieraustauschverfahren Abb. 51: Struktur des SAP R/3-Moduls Produktionsplanung und -Steuerung Abb. 52: Integration von CIM über PPS und CAx-Segmente Abb. 53: Die Kombination der grundlegenden Marktformen Abb. 54: Vergleich von Grenzkosten- und Durchschnittskostenkalkulation Abb. 55: Beispiel eines Finanzplans (vereinfachte Form, Beträge in 100.000 DM) Abb. 56: Schema der Personalbestandsrechnung gemäß Abgangs-Zugangs-RechAbb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

57: 58: 59: 60: 61: 62: 63: 64:

nung Personalbewertungsschema Schema der Plankostenrechnung Grundschema der Bilanz Schema der Gewinn- und Verlustrechnung Holdingorganisation Allianzorganisation Clusterorganisation Logistikaufbauorganisation für Unternehmen mit mehreren Produktionsstätten/Werken

113 122 122 127 129 134 152 164 167 169 185 188 200 202 204 208 215 216 239 240 249 258 261 271 273 282 297 360 369 371 395 397 398 412 412 413 418

Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.

65: 66: 67: 68: 69:

Abbildungsverzeichnis

XXI

Struktur einer Unternehmenssanierung Struktur des Sanierungsmanagements Entwicklungsphasen eines betrieblichen Frühwarnsystems Frühwarnsysteme (FWS) Grundbestandteile der Logistikkonzeption "Lean Production/Management"

423 425 436 437 439

Tabellenverzeichnis Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab. Tab.

1: Betriebliche Grundfunktionen in den Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens 2: Betriebliche Querschnittsfunktionen in den Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens 3: Grundschema einer Entscheidungstabelie 4: Entscheidungstabelle Beispiel Maximin-Regel 5: Entscheidungstabelle Beispiel Maxmax-Regel 6: Entscheidungstabelle Beispiel Pessimismus-Optimismus-Regel (A. = 0,4) 7: Entscheidungstabelle Beispiel Regel des kleinsten Bedauerns 8: Entscheidungstabelle Beispiel Regel des unzureichenden Grundes 9: Entscheidungstabelle Beispiel Einstimmigkeitsregel 10: Entscheidungstabelle Beispiel Entscheidungsregel bei Sicherheit 11: Beispiel ABC-Analyse (Reihenfolge nach laufenden Nummern) 12: Beispiel ABC-Analyse (Reihenfolge nach Verbrauchswerten) 13: Kumulierte Wert-und Mengenanteile bei der ABC-Analyse 14: ABC-XYZ- bzw. ABC-RSU-Klassifizierung 15: Beispiel für die Bildung von Produktionsinseln 16: Doppeltes Diskontierungsverfahren 17: Rentabilitätsvergleich zweier Unternehmen 18: Vergleich der Umsatzrentabilität zweier Unternehmen 19: Beispiel für die Zuordnung von Mitarbeitern zu Stellen gemäß dem Rangordnungsverfahren 20: Ablaufschema der Prozeßkostenrechnung 21: Unternehmensgrößenbezogene Kriterien für die Konsolidierungspflicht 22: Fundstellen für die Abwicklungsregelungen unterschiedlicher Unternehmensformen

29 29 190 191 192 192 193 193 194 195 206 207 207 209 268 337 344 344 377 391 402 445

Abkürzungsverzeichnis AG AktG BbG BDE BEP BetrVG

Aktiengesellschaft Aktiengesetz Bundesbahngesetz Betriebsdatenerfassung Break-Even-Point Betriebsverfassungsgesetz

BGB CQC CPM Co. DB DIB DIN DtA

Bürgerliches Gesetzbuch Company wide Quality Control Critial Path Method Kompanie (veraltet für: Handelsgesellschaft) Deutsche Bundesbahn/Deutsche Bahn AG Deutsches Institut fur Betriebswirtschaft Deutsches Institut für Normung Deutsche Ausgleichsbank

EBN

European Business and Innovation Centre Network/Europäisches Netzwerk der Gründungs- und Innovationszentren

e.G. EG EIC EKN EK.E EKH EN ERP

eingetragene Genossenschaft Europäische Gemeinschaft Euro Info Centre Ergebnisknotennetz (s. CPM) Eigenkapitalergänzung Eigenkapitalhilfe Europäische Norm European Recovery Program (Marshall-Plan)

EStG EU

Einkommensteuergesetz Europäische Union

e.V. EVCA

eingetragener Verein European Venture Capital Association/Europäische Vereinigung für Wagniskapital

F&E

Forschung und Entwicklung

FFS

Flexibles Fertigungssystem

FWS GbR GewO

Frühwarnsystem Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Gewerbeordnung

GenG GG GmbH GIP

Genossenschaftsgesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinschaftsinitiative für die Anpassung kleiner und mittlerer Unternehmen an den Binnenmarkt

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

XXVI

GWB

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

G e s e t z gegen W e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k u n g e n

HGB

Handelsgesetzbuch

HM

Harzburger Modell

HwO

H a n d w e r k s o r d n u n g ( G e s e t z zur O r d n u n g des H a n d w e r k s )

IFC

Internationale Finanz-Corporation

InsO

Insolvenzordnung

ISO

International Standard Organisation

KfW

Kreditanstalt f ü r W i e d e r a u f b a u

KG

Kommanditgesellschaft

KGaA

K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t auf Aktien

KO

Konkursordnung

KrW-/AbfG

K r e i s l a u f w i r t s c h a f t s - und Abfallgesetz

LMK

Lingener Managementkonzept

MAM

Managementakademie München

MbD

M a n a g e m e n t by Delegation

MbDR

M a n a g e m e n t by Decision Rules

MbE

M a n a g e m e n t by Exception

MbE-L

M a n a g e m e n t by Eco-Logistics

MbL

M a n a g e m e n t by Logistics

MbM

M a n a g e m e n t by Motivation

MbO

M a n a g e m e n t by O b j e c t i v e s

MbP

M a n a g e m e n t by Participation

MbR

M a n a g e m e n t by Results

MbS

M a n a g e m e n t by Systems

MPM

M e t r a Potential M e t h o d

NPT

Netzplantechnik

OHG

offene Handelsgesellschaft

OR

O p e r a t i o n s Research

PR

Public Relations

PPS

P r o d u k t i o n s p l a n u n g und -Steuerung

PPSS

P r o d u k t i o n s p l a n u n g s - und -steuerungssystem

PublG

Publizitätsgesetz

REFA

V e r b a n d f ü r Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.V.

ROI

return on investment

SGB

Sozialgesetzbuch

Stab W G

G e s e t z zur F ö r d e r u n g der Stabilität und des W a c h s t u m s der W i r t s c h a f t

StGB

Strafgesetzbuch

TQC

Total Quality Control

TQM

Total Quality M a n a g e m e n t

UN

United N a t i o n s ( V N = Vereinte N a t i o n e n )

VerglO

Vergleichsordnung

VKN

V o r g a n g s k n o t e n n e t z (s. M P M )

Einleitung Der vorliegende Band „Allgemeine Betriebswirtschaftslehre" entstand aufgrund der Idee, den Stoff der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre anders zu gliedern. Die traditionelle Gliederung des Stoffes nach den betrieblichen Funktionen wurde zugunsten der Gliederung nach den Lebensphasen des Unternehmens aufgegeben. Außer den f ü n f Lebenszyklusphasen des Unternehmens sind die Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre zu behandeln, so daß sich insgesamt sechs Hauptgliederungspunkte ergeben. Diese Hauptgliederungspunkte bilden ein Raster, das einen Uberblick über den in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zu behandelnden Stoff gibt: • Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, • Unternehmensgründung, • Unternehmensflihrung, • Unternehmenserweiterung, • Unternehmenssanierung und • Unternehmensauflösung. Die einzelnen Lebensphasen des Unternehmens können nach den betrieblichen Funktionen untergliedert werden. Dabei ist zwischen betrieblichen Grund- und Querschnittsbzw. Servicefunktionen zu differenzieren. Die Gliederung nach den betrieblichen Grundfunktionen fuhrt zu den Gliederungspunkten: • Forschung und Entwicklung (F&E), • Beschaffung, • Produktion und • Absatz. Entsprechend sind gemäß den betrieblichen Querschnitts- bzw. Servicefunktionen folgende Gliederungspunkte zu bilden: • Personal, • Finanzen, • Information und • Logistik. Eine Ausnahme bildet die Lebensphase „Unternehmensführung/Management": Sie wird im allgemeinen nicht nach den betrieblichen Funktionen gegliedert. Diese Lebensphase wird meistens in die folgenden Teilbereiche untergliedert: •

Planung,



Organisation,

• • Aufbauorganisation, • • Ablauforganisation, •

Kontrolle,

2

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

• • technische Kontrolle und • • kaufmännische Kontrolle. Die betrieblichen Funktionen werden in der Regel weiter nach Aufgaben und Tätigkeiten untergliedert. Gemäß den Aufgaben lassen sich die folgenden Subbereiche bilden: • Zielfestlegung, • Instrumentenauswahl, • Maßnahmenauswahl, • Maßnahmenrealisierung und • Erfolgskontrolle. Die weitere Untergliederung nach Tätigkeiten ergibt dann z.B. die folgenden Gliederungspunkte: • Bedarfsermittlung, • Bestandsmanagement, • Beschaffung, • Lagermanagement und • Entsorgung. Es zeigt sich, daß die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Hilfe der sechs dargestellten Raster gegliedert werden kann. Das sich aufgrund der genannten sechs Raster ergebende Gliederungsprinzip der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre wird hier nicht in allen Punkten eingehalten. Eine gewisse Monotonie wäre sonst nicht zu vermeiden. Z u d e m erscheint es sinnvoll, in einigen Bereichen auch noch die Gliederungspunkte „Analyse" und „ M e t h o d e n " zu berücksichtigen. Für die Erarbeitung des Stoffes bilden die sechs Raster jedoch eine wichtige Gliederungs- und Lernhilfe, da sie eine lernrelevante Systematik der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre erkennen lassen. Die hier gewählte Gliederung der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre nach den Unternehmenslebenszyklusphasen orientiert sich bei der Untergliederung zunächst an den betrieblichen Funktionen und dann an den Aufgaben und Tätigkeiten. Dieses Gliederungsprinzip soll veranschaulichen, welche Bedeutung die einzelnen betrieblichen Funktionen in den verschiedenen Unternehmenslebenszyklusphasen haben. Es werden nicht in allen Unternehmenslebenszyklusphasen alle betrieblichen Funktionen oder alle Aufgaben und Tätigkeiten behandelt. Auf alle betrieblichen Funktionen wird nur in der Phase „ U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g " Bezug genommen. In den anderen Phasen erfolgt eine Bezugn a h m e nur, wenn durch die Lebensphase bedingte Veränderungen hinsichtlich der Darstellung der betrieblichen Funktion, Aufgabe oder Tätigkeit Anpassungen in der Darstellung notwendig machen. Daher wird das durch die sechs Raster vorgegebene Gliederungsprinzip der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre in diesem Rahmen auch nicht mit letzter Konsequenz angewandt.

1. Teil: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre 1.

Unternehmensbezogene Tatbestände

1.1

Untersuchungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre

Der Untersuchungsgegenstand

der Betriebswirtschaftslehre ist der Betrieb. Die Be-

triebswirtschaftslehre will für alle im Betrieb möglichen Entscheidungssituationen Entscheidungshilfe geben. Um für alle Entscheidungssituationen Entscheidungshilfe geben zu können, muß der Betrieb von der Gründung bis zur Auflösung betrachtet werden. Entscheidungssituationen im Betrieb können intern oder extern verursacht sein. Um für extern verursachte Entscheidungssituationen Entscheidungshilfe geben zu können, ist die alleinige Betrachtung des Betriebes nicht ausreichend. Die externen Entscheidungsgegebenheiten sind in die Betrachtung einzubeziehen. Neben dem Betrieb muß folglich auch das Umfeld des Betriebes bei der Ableitung der Entscheidungshilfe Berücksichtigung finden. Der Betrieb ist der primäre bzw. direkte Betrachtungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre, während das Umfeld des Betriebes den sekundären bzw. indirekten Betrachtungsgegenstand darstellt. Das Umfeld des Betriebes wird in Teil 1, Abschnitt 2 näher beschrieben. Zunächst soll auf den Begriff Betrieb und seine Verwendung in der Betriebswirtschaftslehre eingegangen werden. Die Verwendung des Begriffes Betrieb ist erklärungsbedürftig, da der Begriff nicht von allen Autoren in der betriebswirtschaftlichen Literatur in gleichem Sinne benutzt wird und zudem die Begriffe Unternehmung sowie Unternehmen zur Anwendung kommen. Eine Abgrenzung der Begriffe wird daher notwendig. Die unterschiedlichen Abgrenzungen bzw. Verwendungen der drei Begriffe Betrieb, Unternehmung und Unternehmen in der betriebswirtschaftlichen Literatur sollen anhand von ausgewählten und verbreiteten Auffassungen dokumentiert werden. Eine Auffassung, die auf Lohmann' zurückgeht, sieht die Unternehmung als Oberbegriff und den Betrieb als Unterbegriff. Die Unternehmung hat nach dieser Auffassung drei Arbeitsbereiche: (1) Den Betrieb, d.h. den technisch-produktionswirtschaftlichen Arbeitsbereich; (2) das Geschäft, das den technisch-produktionswirtschaftlichen Arbeitsbereich (Produktionswirtschafit) und seine rein innerbetrieblichen Vorgänge mit den Güter- und Zahlungsströmen, die die Volkswirtschaft durchziehen, verbindet und (3) die Führung, die Pläne erstellt und dadurch die beiden erstgenannten Bereiche verbindet. Eine Unterscheidung von Unternehmung und Unternehmen erfolgt gemäß dieser Auffassung nicht.

1

Vgl. Lohmann, M.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., Tübingen 1964, S. 12 20, insbes. S. 14 f.

4

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Eine andere A u f f a s s u n g sieht den Betrieb als Oberbegriff und die Unternehmung als eine historische, wirtschaftssystembezogene Erscheinungsform des Betriebes (Gutenberg 2 , Mellerowicz 3 ). Ferner wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur die Meinung vertreten, der Betrieb sei der Oberbegriff für Unternehmungen und Haushalte (Kosiol 4 ). Zudem gibt es die Auffassung, daß die Begriffe Betrieb und Unternehmung auf die gleiche Ebene zu setzen sind (Rössle 5 ). Der Betrieb ist die technisch-wirtschaftliche Einheit und die Unternehmung die juristisch-finanzielle Einheit. Es wird aber auch die Nebenordnung der Begriffe Betrieb und Unternehmung gesehen. Der Betrieb ist die produktionswirtschaftliche und die Unternehmung die finanzwirtschaftliche oder juristische Einheit (Lehmann 6 ). Schließlich ist die Auffassung zu erwähnen, die beide Begriffe in eine Rangordnung setzt (Schäfer 7 ). Der Betrieb ist gemäß dieser Auffassung das Durchführungsorgan, das von der U n t e r n e h m u n g zur Verwirklichung ihrer Ziele (Zwecke) eingesetzt wird. Der Betrieb als wirtschaftliche Einheit kommt in der Praxis nicht nur in einer Ausprägung vor. Man unterscheidet verschiedene Betriebstypen. Die Einzelwirtschaft wird in Haushalte und Betriebe unterteilt. Die Betriebe differenziert man wiederum in Sachleistungs- und Dienstleistungsbetriebe, während sich die Haushalte in öffentliche und private Haushalte untergliedern lassen. Abschließend ist eine Klärung der Begriffe Unternehmung und Unternehmen vorzunehmen. Die Begriffe werden in der Regel als Synonyme angesehen. In Gesetzen und in Statistiken wird meist der Begriff Unternehmen benutzt, während zumindest in der älteren betriebswirtschaftlichen Literatur die Anwendung des Begriffes Unternehmung vorherrscht. Vielfach werden auch alle drei genannten Begriffe als Synonyme behandelt. Bei der V e r w e n d u n g der Begriffe Betrieb, Unternehmung und Unternehmen erfolgt dann keine inhaltliche Unterscheidung. Die vielfältigen Abgrenzungen und Verwendungen der Begriffe Betrieb, Unternehm u n g und Unternehmen in der betriebswirtschaftlichen Literatur machen eine allgemein akzeptierte und hinsichtlich der unterschiedlichen Lehrmeinungen

widerspruchsfreie

Abgrenzung und Verwendung dieser Begriffe unmöglich. Unabhängig von der Existenz der Abgrenzungsproblematik und entstehender Widersprüche muß für die Darstellung der Betriebswirtschaftslehre auf einen Begriff Bezug genommen werden. Dies ist wich-

2

Vgl. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd.: Die Produktion, 24. Aufl.,

Berlin u.a. 1983, S. 5 0 7 - 5 1 2 , insbes. S. 511 f. 3

Vgl. Mellerowicz, K.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd., 14. Aufl., Berlin 1973, S. 11

ff. 4

Vgl. Kosiol, E.: Bausteine der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd.: Methodologie, G r u n d l a g e n und

Organisation, Berlin 1973, S. 69 5 6

Vgl. Rössle, K.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., Stuttgart 1956, S. 18 Vgl. Lehmann, M.R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Allgemeine Theorie der Betriebs-

wirtschaft, 3. Aufl., Wiesbaden 1956, S. 51 - 60, insbes. S. 52 f. 7

Vgl. Schäfer, E.: Die Unternehmung. E i n f ü h r u n g in die Betriebswirtschaftslehre, 10. Aufl., Wies-

baden 1980 ( N a c h d r u c k 1991), S. 81

Grundlagen

5

tig, da in den neueren Darstellungen der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre diese Entscheidung vielfach nicht getroffen wird und zunächst der Begriff Betrieb benutzt wird, um dann z.B. ab dem Kapitel „ U n t e m e h m e n s f u h r u n g " ohne Erklärung auf den Begriff Unternehmen überzuwechseln. In diesem Rahmen soll der Begriff Unternehmen benutzt werden, da sich die Darstellung einer Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre nicht nur auf den technisch-produktionswirtschaftlichen Arbeitsbereich beziehen kann. Zudem scheint die Entscheidung für den Begriff Unternehmen dem aktuellen Sprachgebrauch in Lehre, Forschung und Praxis zu entsprechen. Sie geht konform mit der von Gutenberg vertretenen Auffassung, daß das Unternehmen ein wirtschaftssystembezogener T y p des Betriebes ist. Die Benutzung des Begriffes Unternehmen verdeutlicht demnach, daß damit der Typ von Betrieb gemeint ist, der im Wirtschaftssystem „Soziale Marktwirts c h a f t " vorkommt. Trotz dieser generellen Entscheidung für den Begriff Unternehmen wird es sich im Verlaufe der Darstellung der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre nicht vermeiden lassen, auch die Begriffe Betrieb und betrieblich zu verwenden.

1.2 Ansätze der Betriebswirtschaftslehre Die Betriebswirtschaftslehre ist, genau wie andere Wissenschaften, kein einheitliches Gedankengebäude. Sie zeichnet sich durch eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen aus, die das Unternehmen, sein Umfeld und die Beziehungszusammenhänge zwischen Unternehmen und Umfeld unter abweichenden Aspekten untersuchen. Die Vielzahl der Ansätze ist durchaus als positives Merkmal der Betriebswirtschaftslehre anzusehen. Die wissenschaftliche Diskussion und damit der wissenschaftliche Fortschritt lebt von der Meinungs- und Methodenvielfalt. Ein Meinungs- und Methodenmonismus würde die Diskussion und den wissenschaftlichen Fortschritt nicht fördern. Die Ansätze der Betriebswirtschaftslehre können sich von der Methode, den Annahmen und dem Betrachterstandpunkt her unterscheiden. Dies kommt in ihrem N a m e n nicht immer zum Ausdruck. Einen Überblick über die wesentlichen Ansätze der Betriebswirtschaftslehre vermittelt Wöhe. 8 Zu erwähnen sind: (1) Der Ansatz von Gutenberg, (2) der entscheidungsorientierte Ansatz, (3) der systemorientierte Ansatz, (4) der verhaltensorientierte Ansatz, (5) der arbeitsorientierte Ansatz, (6) der empirische Ansatz, (7) der konflikt- und machttheoretische Ansatz, (8) der situative Ansatz, (9) der EDV-orientierte Ansatz, (10) der Chaos-Ansatz,

8

V g l . W ö h e , G . : E i n f ü h r u n g in d i e A l l g e m e i n e B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , 19. A u f l . , M ü n c h e n 1 9 9 6 ,

S. 7 5 - 9 2

6

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

(11) der ökologieorientierte Ansatz und (12) der logistikorientierte Ansatz. A u f alle diese in der betriebswirtschaftlichen Literatur behandelten Ansätze kann in diesem Rahmen nicht explizit eingegangen werden. Es soll eine andere Abgrenzung der Ansätze der Betriebswirtschaftslehre erfolgen. Gemäß den berücksichtigten grundlegenden Entscheidungskriterien lassen sich u.a. die folgenden Ansätze der Betriebswirtschaftslehre abgrenzen: (1) Der Preis-Mengen-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, (2) der Preis-Qualität-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, (3) der Qualität-Mengen-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre, (4) der Preis-Qualität-Mengen-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre und (5) der Preis-Qualität-Mengen-Einkommen-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre. V o n diesen f ü n f Ansätzen sind nur der Preis-Mengen-Ansatz als traditioneller Ansatz der Betriebswirtschaftslehre und der Preis-Qualität-Mengen-Ansatz als moderner Ansatz der Betriebswirtschaftslehre darstellungsrelevant. Die anderen drei Ansätze sind aus Vollständigkeitsgründen abgegrenzt worden. Im folgenden sollen lediglich vier Ansätze der Betriebswirtschaftslehre dargestellt werden. Dies sind der Logistikansatz, der Öko-Logistikansatz, der Preis-Mengen-Ansatz und der Preis-Qualität-Mengen-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre.

1.2.1 Der Logistikansatz Logistik ist ein Ansatz, der in der Literatur als ganzheitlicher (holistischer) Ansatz bezeichnet wird. Jünemann sieht für diesen Ansatz drei tragende Säulen: die Technik, die Informatik und die aus Volkswirtschafts- und Betriebswirtschaftslehre bestehende Ökonomie. Die Optimierungsansätze dieser drei wissenschaftlichen Disziplinen werden in der Logistik zu einem Optimierungsansatz verschmolzen, der das technische, informatorische und ökonomische Optimum miteinander verbindet. 9 Logistik wurde früher in der Regel als Ansatz zur Kostenminimierung des anbietenden Unternehmens interpretiert. Damit hebt sich Logistik nicht vom allgemeinen Ansatz der Betriebswirtschaftslehre ab. Das Grundanliegen der Betriebswirtschaftslehre ist die Gewinnmaximierung des anbietenden Unternehmens, die sich aus den zwei Komponenten Erlösmaximierung und Kostenminimierung zusammensetzt. Auch durch die spezielle Zielsetzung der Minimierung der Logistikkosten kann die Logistik nicht zu einem sich vom allgemeinen Ansatz der Betriebswirtschaftslehre abhebenden Ansatz aufgewertet werden. Es fällt schwer bzw. es ist unmöglich, bei einem ganzheitlichen Ansatz die Logistikkosten von den Gesamtkosten zu trennen. Logistik wird daher heute als Ansatz zur Kostenminimierung und Maximierung der Kundennutzenpotentiale gesehen. Logistik ist vor allem weit mehr als ein Ansatz, der sich ausschließlich auf den Transport bezieht. Die Werbung für Logistik auf Transportmitteln (z.B. Lkws) und Transport-

9

Vgl. Jünemann, R.: Materialfluß und Logistik, Berlin u.a. 1989, S. 10

Grundlagen

7

gefaßen (z.B. Containern) verleitet Laien häufig dazu, Logistik als Transportkonzept zu sehen. N a c h Ihde besteht zwischen Transport, Verkehr und Logistik eine hierarchische Beziehung. 1 0 Transport ist in dieser Hierarchie der Begriff mit der engsten Abgrenzung. Transport ist der reine Beforderungsvorgang von Ort A nach Ort B mit Hilfe eines Transportmittels. Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, nur Transporte durchzuführen, werden Transporteure bzw. Frachtführer genannt. Als Verkehr bezeichnet man die Organisation des Transportes. Verkehr ist also ein Begriff, der weiter gefaßt ist als der Begriff Transport. Die Organisation von Transporten ist A u f g a b e von Speditionen. Speditionen können sich auf die Organisation von Transporten spezialisieren und Transporteure mit den Transporten beauftragen. Speditionen können aber auch neben der Organisation die Transporte mit eigenen Transportmitteln durchführen. In diesem Fall ist der Spediteur gleichzeitig Transporteur bzw. Frachtführer. Es liegt ein sog. Selbsteintritt des Spediteurs vor. Der Begriff Logistik steht in der Hierarchie über den Begriffen Transport und Verkehr. Es ist der von den drei Begriffen am weitesten gefaßte Begriff. Logistik ist die Optimierung aller Vorgänge, die in der gesamten Wertschöpfungskette (Logistikkette) von der Entstehung bis zur Entsorgung eines Gutes anfallen. Die Optimierung erfolgt gemäß dem oben beschriebenen ganzheitlichen Ansatz unter technischen, informatorischen und ökonomischen Aspekten. D a sich Logistik auf die gesamte Wertschöpfungskette bezieht, ist Logistik nicht nur auf die Unternehmen, sondern auch auf die Volkswirtschaft ausgerichtet. Man kann Logistik daher in zwei generelle Bereiche unterteilen: die Makro- und die Mikrologistik. Während sich die Makrologistik auf die Volkswirtschaft bezieht, ist die Mikrologistik auf d i e Unternehmen (Unternehmenslogistik) bezogen." Z u r Abstimmung der beiden generellen Bereiche der Logistik und der logistikanwendenden Unternehmen wird in der Literatur noch ein dritter Bereich der Logistik gesehen: die Metalogistik. Metalogistik ist keine der allgemeinen Logistik übergeordnete Logistik, wie d a s Wort Meta zunächst vermuten läßt. Unter Metalogistik wird die Kooperation der Unternehmen und der staatlichen Institutionen verstanden, um ihre Logistikkonzepte aufeinander abzustimmen. Der Begriff läßt sich vom Begriff Metageschäft ableiten, der die Zusammenarbeit bzw. Kooperation zweier Unternehmen beinhaltet. 1 2 G e m ä ß der Abgrenzung einer Makro- und einer Mikrologistik ist auch die Wertschöpfungs- bzw. Logistikkette in zwei Bereiche zu gliedern. Es ist zwischen einer Makro- und einer Mikrologistikkette zu unterscheiden. Die Makrologistikkette bezieht sich auf die volkswirtschaftliche Ebene. Sie ist unternehmensextern und verläuft zwischen den verschiedenen Unternehmen einer Volkswirtschaft. Die Mikrologistikkette bezieht sich hingegen auf die betriebswirtschaftliche Ebene. Dieser Teil der Logistikkette ist unternehmensintern und verläuft in den einzelnen Unternehmen einer Volkswirtschaft.

10

Vgl. Ihde, G.: Transport, Verkehr, Logistik, 2. Aufl., M ü n c h e n 1991, S. XII

" V g l . Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, 5. Aufl., Berlin u.a. 1996, S. 14 ff. 12

Vgl. Witte, H.: Makrologistik - ein gesamtwirtschaftliches Optimierungskonzept, in: Zeitschrift

für Logistik, Produktion, Material- und Informationsfluss, Distribution, 2/95, S. 5 - 9, insbes. S. 7

8

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Die Unternehmenslogistik kann entsprechend den betrieblichen Funktionen in Teilbereiche aufgeschlüsselt werden. Es werden in der Literatur u.a. folgende Teilbereiche der Mikro- bzw. Unternehmenslogistik unterschieden: 1 3 1.

Unternehmenslogistik,

1.1

Beschaffungslogistik,

1.1.1 Materiallogistik, 1.2

Produktionslogistik,

1.3

Distributionslogistik,

1.3.1 Marketinglogistik, 1.4

Informationslogistik und

1.5

Entsorgungslogistik.

Die genannten Teilbereiche der Unternehmenslogistik sind mögliche Teilbereiche. Ein Unternehmen muß sein Logistikkonzept nicht auf alle Teilbereiche ausdehnen. In der Praxis wird das Logistikkonzept häufig nur auf bestimmte Teilbereiche und im Extremfall nur auf einen Teilbereich angewandt. Der Grund für diese Vorgehensweise liegt in der Arbeitsteilung. Unternehmen spezialisieren sich auf einen Tätigkeits- bzw. Funktionsbereich (Kernbereich), in dem sie besonders leistungsfähig sind, und vergeben die anderen Tätigkeitsbereiche an andere Unternehmen („Make or Buy" bzw. Outsourcing). Die anderen Unternehmen müssen aber nicht unbedingt ein Logistikkonzept anwenden. Da nicht alle Unternehmen ein Logistikkonzept anwenden, werden Logistikkonzepte auch nicht immer in der gesamten Wertschöpfungs- bzw. Logistikkette eingesetzt. Die häufigste A n w e n d u n g von Logistikkonzepten in der Logistikkette dürfte zwischen Zulieferern, Produzenten (Herstellern) und Großhändlern angesiedelt sein. Seltener geht die A n w e n d u n g der Logistikkonzepte bis hin zum Kunden und/oder zur Rohstoffquelle. Zudem ist die Anwendung der Logistikkonzepte nicht in allen Wirtschaftsbranchen gleich intensiv. Als Anwendungsschwerpunkte der Logistikkonzepte gelten die Automobilindustrie, die chemische Industrie, die elektrotechnische Industrie, die Maschinenbauindustrie, der Stahlbau, die Nahrungs- und Genußmittelindustrie sowie der Handel. Die in der Praxis zur Anwendung kommenden Logistikkonzepte sind in der Regel speziell auf das Unternehmen zugeschnittene Lösungen. In der Literatur werden hingegen generelle Konzepte dargestellt. Die bekanntesten Logistikkonzepte sind das „Just-inT i m e " - und das „Lean Production/Management"-Konzept. Zudem gibt es eine Reihe von Konzepten, die unter dem Begriff „lebende Organismen" zusammengefaßt werden. In diesem Rahmen soll vorwiegend auf die Konzepte „Just-in-Time" und „Lean Productio n / M a n a g e m e n t " eingegangen werden. Die Gründe f u r die Einführung des Logistikkonzeptes „Just-in-Time" liegen einerseits in der Marktentwicklung und andererseits in technischen Zusammenhängen. 1 4 Die hohe Wettbewerbsintensität und die kürzer gewordenen Innovations- bzw. Produktlebenszyklen erfordern ein kundenorientiertes Agieren und eine stärkere Berücksichtigung der K o m p o n e n t e „Zeit". 13

Vgl. Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 17 ff.

14

Vgl. W i l d e m a n n , H.: Das Just-in-Time K o n z e p t , 3. Aufl., St. Gallen 1992, S. 13 - 1 6

Grundlagen

9

D i e k ü r z e r e n P r o d u k t l e b e n s z y k l e n b e d e u t e n , d a ß d i e M a r k t z e i t , in d e r d i e E n t w i c k lungskosten f ü r ein Produkt z u r ü c k g e w o n n e n w e r d e n k ö n n e n , i m m e r kürzer wird. Dieser V e r k ü r z u n g der Marktzeit kann durch V e r k ü r z u n g der E n t w i c k l u n g s - und Produktionszeit s o w i e d u r c h die S e n k u n g der E n t w i c k l u n g s - und P r o d u k t i o n s k o s t e n b e g e g n e t werd e n . Ziel d e s „ J u s t - i n - T i m e " - K o n z e p t e s ist es d a h e r , a l l e T ä t i g k e i t e n in d e r M i k r o - u n d M a k r o l o g i s t i k k e t t e zeitlich z u v e r k ü r z e n u n d b e s s e r a u f e i n a n d e r a b z u s t i m m e n , u m d i e g e s a m t e P r o z e ß - u n d d i e g e s a m t e R u h e z e i t in d e r W e r t s c h ö p f u n g s - b z w . L o g i s t i k k e t t e zu m i n i m i e r e n . „ J u s t - i n - T i m e " e r w e i s t sich s o m i t h i n s i c h t l i c h d e r R a t i o n a l i s i e r u n g a l s K o n z e p t , d a s s p e z i e l l a u f d i e M i n i m i e r u n g d e r Z e i t k o s t e n a u s g e l e g t ist. D i e S e n k u n g d e r E n t w i c k l u n g s - u n d P r o d u k t i o n s k o s t e n soll d u r c h s i e r u n g b z w . -Vereinheitlichung s o w i e d i e Fertigung r e a l i s t i s c h e r

Produktstandardi-

Produktionsmengen

e r r e i c h t w e r d e n . D i e S t a n d a r d i s i e r u n g ist n o t w e n d i g , w e i l m a n a n h a n d v o n E r f a h r u n g s k u r v e n f e s t g e s t e l l t hat, d a ß j e d e V e r d o p p e l u n g d e r V a r i a n t e n a n z a h l e i n e s P r o d u k t e s zu einer E r h ö h u n g der Stückkosten um 20 - 35 % führt. Da aber aufgrund der K u n d e n w ü n s c h e e i n e S t a n d a r d i s i e r u n g n i c h t in j e d e m Fall p r a k t i z i e r t w e r d e n k a n n , s i n d die S t ü c k k o s t e n bei E r h a l t u n g d e r V a r i a n t e n v i e l z a h l d u r c h f l e x i b l e A u t o m a t i s i e r u n g u n d v o r a l l e m d u r c h eine Reorganisation der Produktion mittels Einführung einer Fertigungssegmentier u n g im R a h m e n e i n e r " J u s t in T i m e " - P r o d u k t i o n zu s e n k e n . E i n e V e r d o p p e l u n g d e r V a r i a n t e n v i e l z a h l e i n e s P r o d u k t e s b e w i r k t d a n n in d e r R e g e l n u r n o c h e i n e K o s t e n e r h ö h u n g z w i s c h e n 10 u n d 15 % . R e a l i s t i s c h e P r o d u k t i o n s m e n g e n w e r d e n e r r e i c h t ,

indem

nicht mehr prognoseorientiert, sondern auftragsorientiert produziert wird. D i e g e n e r e l l e n Z i e l e d e r E i n f ü h r u n g e i n e s „ J u s t - i n - T i m e " - K o n z e p t e s in e i n e m U n t e r n e h m e n sind die V e r w i r k l i c h u n g einer markt- und kundenorientierten Produktion

bzw.

V e r h a l t e n s w e i s e , um die W e t t b e w e r b s f ä h i g k e i t des U n t e r n e h m e n s , insbesondere a u f den i n t e r n a t i o n a l e n M ä r k t e n , zu e r h ö h e n . 1 5 A l s spezielle Ziele der E i n f ü h r u n g eines "Just-in-Time"-Konzeptes gelten die Verm e i d u n g v o n V e r s c h w e n d u n g in d e r P r o d u k t i o n u n d d i e O f f e n l e g u n g v o n b e s t e h e n d e n I n e f f i z i e n z e n im U n t e r n e h m e n . D i e s p e z i e l l e n Z i e l e l a s s e n sich in e i n e R e i h e v o n T e i l b z w . - Z w i s c h e n z i e l e n u n t e r g l i e d e r n . H ä u f i g w i r d d e m " J u s t - i n - T i m e " - K o n z e p t d a s Ziel d e r B e s t a n d s s e n k u n g z u g e s c h r i e b e n . D i e s ist ein T e i l z i e l , d a s sich a u s d e m Ziel O f f e n l e g u n g v o n b e s t e h e n d e n I n e f f i z i e n z e n a b l e i t e n läßt. D a s Z i e l d e r B e s t a n d s s e n k u n g ist sic h e r l i c h ein w i c h t i g e s T e i l z i e l im R a h m e n d e s „ J u s t - i n - T i m e " - K o n z e p t e s , d a s a b e r n i c h t als a l l e i n i g e s Ziel v e r f o l g t w e r d e n d a r f . W e i t e r e T e i l z i e l e sind d i e M i n i m i e r u n g d e r B e w e g u n g s - und Ruhezeiten, die O p t i m i e r u n g der Produktionsmenge, die S e n k u n g

der

Stückkosten und die Optimierung der Produktqualität. Z u r Erreichung der genannten Ziele basiert das „Just-in-Time"-Konzept auf einer R e i h e von g r u n d l e g e n d e n Prinzipien. U m die B e s t a n d s s e n k u n g zu verwirklichen, wird das F l i e ß p r i n z i p herangezogen.16 G e m ä ß d e m Fließprinzip sollen alle Materialien ständig im F l u ß s e i n . E s g i b t d a m i t k e i n e B e s t ä n d e . B e s t ä n d e w ü r d e n d e n M a t e r i a l f l u ß n u r beh i n d e r n . D i e s e s P r i n z i p ist in d e r N a t u r v e r w i r k l i c h t . In d e r W i r t s c h a f t k a n n d i e s e r e x t r e m e Z u s t a n d n u r s e l t e n o d e r v e r m u t l i c h g a r n i c h t e r r e i c h t w e r d e n . Im " J u s t - i n - T i m e " 15

Vgl. Wildemarm, H.: Das Just-in-Time Konzept, S. 16 - 19

16

Vgl. Wildemann, H.: Das Just-in-Time Konzept, S. 20 ff.

10

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Konzept wird das Fließprinzip daher etwas abgewandelt. Es soll die kleinstmögliche Menge bzw. die kleinstmögliche Losgröße von einem Stück eines Produktes zum spätestmöglichen Zeitpunkt produziert werden. Die annähernde Verwirklichung des Fließprinzips erfordert, daß Rüstzeiten verringert, Transportzeiten minimiert und Liegezeiten ganz abgebaut werden. Zudem werden die Produkte zwischen den einzelnen Operationen nicht gezählt, nicht in Container gepackt und nicht zwischengelagert. Vor einer nachfolgenden Operation ist daher im Gegensatz zur herkömmlichen Losfertigung kein Handling mehr notwendig. Zudem hat die flußoptimale Fertigung den Vorteil, daß Planungen der einzelnen Operationen nicht notwendig sind, da der gesamte Materialfluß optimiert ist. Kostensenkungen werden bei Anwendung des Fließprinzips durch Spezialisierung, Automatisierung und Wiederholung der Wechsel von einem Produkt zum anderen bewirkt. Ziel der Wiederholung des Wechsels von einem Produkt zum anderen ist es, die Kosten des Wechsels und die für den Wechsel notwendige Zeit gegen Null zu fahren. Wenn das gelingt, können die Vorteile des Fließprinzips auch bei der Losfertigung mit der kleinstmöglichen Losgröße (Tageslosgrößen) ausgenutzt werden. Die Produktion von Tageslosgrößen ist mit der Einführung genereller organisatorischer Regelungen verbunden, die die Aufrechterhaltung eines kontinuierlichen Auftragsflusses gewährleisten. Die Produktionsanweisung lautet in diesem Fall, von jedem Auftrag täglich nur eine kleine Menge zu fertigen. Diese Produktionsanweisung kann nur eingehalten werden, wenn der häufige Wechsel der Produktion aufgrund der Rüstzeitminimierung mittels flexibler Produktionstechniken zu minimalen Kosten möglich ist. Die Produktionsanweisung erfordert ferner eine objektorientierte Aufbauorganisation und keine funktionsorientierte, wie die Werkstattfertigung. Eine "Just-in-Time"-Produktion auf der Basis des Fließprinzips gewährleistet bei variantenreichen Produkten eine kostengünstige Produktion ohne umfangreiche Bestände und mit einem hohen Servicegrad. Es wird eine Markt- und Kundenorientierung erreicht. Das „Just-in-Time"-Konzept basiert außer auf dem Fließprinzip noch auf dem Supermarktprinzip, dem Holprinzip, dem Kanban-Prinzip und dem Kontrollprinzip. Auf diese Prinzipien wird im folgenden eingegangen, wenn die Bausteine des „Just-in-Time"Konzeptes dargestellt werden. Das "Just-in-Time"-Konzept besteht aus den drei Bausteinen: Integrierte Informationsverarbeitung, Fertigungssegmentierung und produktionssynchrone Beschaffung.' Zunächst wird der Baustein integrierte Informationsverarbeitung behandelt. Um eine "Just-in-Time"-Produktion und -Beschaffung zu verwirklichen, ist eine ganzheitliche (holistische) Betrachtung der Auftragsabwicklung in der Logistikkette notwendig. Die Logistikkette besteht z.B. aus dem Zulieferer, dem Rohmateriallager, der Fertigung, dem Teilelager, der Montage, dem Fertigwarenlager und der Warenverteilung bis zum Abnehmer. Der Materialfluß verläuft also vom Zulieferer bis zum Abnehmer. Der Informationsfluß verläuft zunächst entgegengesetzt und zeitlich vorgezogen vom Abnehmer zum Zulieferer (Auftragserteilung). Dann verläuft der Informationsfluß parallel zum Materialfluß vom Zulieferer zum Abnehmer (Auftragsabwicklung). 17

Vgl. Wildemann, H.: Das Just-in-Time Konzept, S. 32 - 44, 47 -184

Grundlagen D a " J u s t - i n - T i m e " an der F l u ß o p t i m i e r u n g a u s g e r i c h t e t ist, b e d a r f es n e u e r P l a n u n g s und S t e u e r u n g s k o n z e p t e , die eine V e r e i n f a c h u n g d e r I n f o r m a t i o n s - und K o o r d i n a t i o n s a u f g a b e n e r m ö g l i c h e n . 1 8 Die B a s i s bildet d a s S u p e r m a r k t p r i n z i p , nach d e m der K u n d e an vollen R e g a l e n v o r b e i g e h t und die g e w ü n s c h t e n G ü t e r e n t n i m m t . D e r e n t s t a n d e n e F e h l b e s t a n d w i r d d a n n v o m Z u l i e f e r e r e r k a n n t und w i e d e r a u f g e f ü l l t . D a s S u p e r m a r k t p r i n z i p e r f o r d e r t e i n e v e r ä n d e r t e , integrierte t u n g . D i e E l e m e n t e dieser integrierten

Informationsverarbei-

I n f o r m a t i o n s v e r a r b e i t u n g bei

"Just-in-Time"-

P r o d u k t i o n und - B e s c h a f f u n g sind das H o l p r i n z i p , die p a p i e r l o s e P r o d u k t i o n und Bes c h a f f u n g s o w i e eine M e t h o d e n i n t e g r a t i o n . B e i m " J u s t - i n - T i m e " - K o n z e p t wird d e r f ü r die P r o d u k t i o n e r f o r d e r l i c h e I n f o r m a t i o n s f l u ß mit d e m M a t e r i a l f l u ß mittels „sich s e l b s t s t e u e r n d e r " R e g e l k r e i s e g e k o p p e l t . Die v e r b r a u c h s g e s t e u e r t e P r o d u k t i o n wird d a d u r c h verwirklicht, d a ß die e i n z e l n e n Stellen in den R e g e l k r e i s e n s e l b s t ä n d i g die n o t w e n d i g e n M a t e r i a l i e n bestellen. Z u d e m w i r d die b i s h e r z w i s c h e n den e i n z e l n e n Stellen b e s t e h e n d e B r i n g s c h u l d ( B r i n g p r i n z i p ) in eine H o l p f l i c h t d e r v e r b r a u c h e n d e n Stelle u m g e w a n d e l t . Da die B e d a r f s d e c k u n g in d i e s e m R e g e l k r e i s s y s t e m über d i e N a c h p r o d u k t i o n m ö g l i c h s t kleiner und k o n s t a n t e r L o s g r ö ß e n e r f o l g t , ist lediglich eine S t e u e r u n g am A n f a n g o d e r am E n d e d e r P r o d u k t i o n s - b z w . Log i s t i k k e t t e n o t w e n d i g . Der Impuls f ü r d i e S t e u e r u n g kann mit e i n e m B e l e g , einem elekt r o n i s c h e n M e d i u m o d e r d u r c h K o p p e l u n g der I n f o r m a t i o n an d i e T r a n s p o r t b e h ä l t e r d e s Materials weitergegeben werden. M i t d e r E i n f u h r u n g d e r H o l p f l i c h t f ü r d i e v e r b r a u c h e n d e n Stellen ist e i n e g e n a u e Plan u n g d e r K a p a z i t ä t e n d e r o r g a n i s a t o r i s c h zu v e r b i n d e n d e n Stellen, d e r A u f b a u d e z e n t r a ler, k a p a z i t ä t s m ä ß i g b e g r e n z t e r P u f f e r l ä g e r im F e r t i g u n g s b e r e i c h , die strikte B e f o l g u n g von V e r f a h r e n s r e g e l n durch d i e M i t a r b e i t e r s o w i e ein flexibler Personal- und A n l a g e n e i n s a t z z u r A n p a s s u n g an A u s l a s t u n g s s c h w a n k u n g e n e r f o r d e r l i c h . Mit d e r E i n f ü h r u n g d e r H o l p f l i c h t w i r d auch die B e w e i s l a s t im Falle v o n F e h l s t e u e r u n g e n u m g e k e h r t . Die m a t e r i a l e m p f a n g e n d e Stelle m u ß j e t z t , a n d e r s als bei der B r i n g s c h u l d , n a c h w e i s e n , d a ß sie den Impuls z u r N a c h p r o d u k t i o n rechtzeitig und auf d e r B a s i s d e r v e r e i n b a r t e n Regeln a u s g e l ö s t hat. A u f g r u n d d e r U m k e h r der B e w e i s l a s t und d i e E i n b i n d u n g d e r e i n z e l n e n Stellen in ein R e g e l k r e i s s y s t e m ä n d e r t sich f e r n e r das b i s h e r a n g e w a n d t e K o n t r o l l p r i n z i p . Die f r ü h e r ü b l i c h e z e n t r a l e K o n t r o l l e wird durch ein K o n z e p t der ( d e z e n t r a l e n ) G r u p p e n k o n t r o l l e ersetzt. In d e m n e u e n K o n t r o l l k o n z e p t h a t die n a c h f o l g e n d e ( v e r b r a u c h e n d e ) Stelle die P l a n e i n h a l t u n g bei der v o r a n g e h e n d e n ( p r o d u z i e r e n d e n ) Stelle zu kontrollieren.

Die

Ü b e r w a c h u n g des G l e i c h g e w i c h t s z u s t a n d e s d e s g e s a m t e n R e g e l k r e i s s y s t e m s m u ß allerd i n g s w e i t e r h i n zentral e r f o l g e n . Eine g e n a u f e s t g e l e g t e A b l a u f r e g e l u n g ist dazu nicht n o t w e n d i g . D a s am H o l p r i n z i p a u s g e r i c h t e t e K o n t r o l l k o n z e p t ü b e r p r ü f t alle A s p e k t e d e r K u n d e n b e l i e f e r u n g ( M e n g e n , Q u a l i t ä t e n , Zeiten). D a s n e u e K o n t r o l l p r i n z i p e r f o r d e r t a l l e r d i n g s eine v e r ä n d e r t e E r f a s s u n g der B e t r i e b s d a t e n . Der A u f w a n d f ü r d i e D a t e n e r f a s s u n g v e r r i n g e r t sich erheblich, weil nicht m e h r j e d e e i n z e l n e K a p a z i t ä t s e i n h e i t und ihr Z u s t a n d kontrolliert wird, s o n d e r n n u r n o c h die Input- und O u t p u t g r ö ß e e i n e s vernetzten Regelkreissystems. 18

Vgl. Wildemann, H.: Das Just-in-Time Konzept, S. 32 - 37, 47 - 106

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

12

D a s Prinzip der Bildung „sich selbststeuernder" Regelkreise, die durch die A n w e n d u n g d e s H o l p r i n z i p s e n t s t e h e n , ist z u n ä c h s t a u f a l l e B e r e i c h e d e s

innerbetrieblichen

Materialflusses, insbesondere auch auf solche Tätigkeiten wie Instandhaltung, Verrichtungsnacharbeit und Konstruktionsleistungen sowie auf Zulieferungen a n z u w e n d e n . Das Prinzip soll

f e r n e r im g e s a m t e n

Wertschöpfungsprozeß

(Leistungserstellungsprozeß)

a n g e w a n d t w e r d e n . D a m i t w i r d e i n e g a n z h e i t l i c h e O p t i m i e r u n g statt e i n e r T e i l o p t i m i e rung von Betriebsmitteln oder Betriebsbereichen angestrebt. Das Supermarktprinzip wird somit auf alle Einheiten innerhalb des Wertschöpfungsprozesses angewandt. D e r Baustein integrierte Informationsverarbeitung der "Just-in-Time"-Produktion und - B e s c h a f f u n g b a s i e r t f e r n e r a u f d e m P r i n z i p der p a p i e r l o s e n ( b e l e g l o s e n ) P r o d u k t i o n u n d B e s c h a f f u n g . G e m ä ß diesem Prinzip sind alle auf Papier v o r h a n d e n e n I n f o r m a t i o n e n auf ein e l e k t r o n i s c h e s M e d i u m zu ü b e r t r a g e n . Dabei g e h t e s n i c h t n u r u m d i e A b s c h a f f u n g eines papierorientierten

Belegsystems, sondern u m die E i n f ü h r u n g eines

papierlosen

Produktions- und Steuerungssystems, das Kommunikation ohne zusätzlichen

Aufwand

möglich macht. U m dieses System durchzusetzen, sind einige strukturelle V e r ä n d e r u n g e n im U n t e r n e h m e n n o t w e n d i g . Z u r S c h a f f u n g e i n e r p a p i e r l o s e n K o m m u n i k a t i o n

müssen

s t a n d a r d i s i e r t e B e h ä l t e r m i t S t a n d a r d m e n g e n (z.B. C o n t a i n e r ) , S i c h t l ä g e r in d e r P r o d u k t i o n , d a s P r i n z i p d e r k ö r p e r l i c h e n T e i l e f l u ß k o n t r o l l e , ein A m p e l s y s t e m f ü r d i e M e l d u n g der Betriebsbereitschaft von Anlagen, die räumliche Konzentration von Betriebsmitteln, die K e n n t l i c h m a c h u n g von Outputarten und Beständen mit Hilfe farbiger Behälter s o w i e geeignete Layouts (z.B. U - F o r m ) mit räumlicher Konzentration der Arbeitsplätze eingef ü h r t w e r d e n . D i e d u r c h d i e s e s t r u k t u r e l l e n V e r ä n d e r u n g e n e r r e i c h t e T r a n s p a r e n z ermöglicht einen fast kostenlosen Informationsstand über Planabweichungen, eine direkte Rückkoppelung und eine schnelle Fehlerbeseitigung. Die allgemeine Produktionsregel heißt gemäß d e m Supermarktprinzip:

Produziere,

was der Kunde gestern verbraucht

hat!

D i e s e P r o d u k t i o n s r e g e l e r w e i s t sich d a n n als n i c h t h i n r e i c h e n d , w e n n es h e i ß t :

Produziere,

was der Kunde morgen

benötigt!

F ü r d e n z w e i t e n Fall m u ß d a s S u p e r m a r k t p r i n z i p d u r c h z e n t r a l e P l a n u n g s - u n d S t e u e r u n g s m e c h a n i s m e n ergänzt werden. Unterschiedliche Planungs- und

Steuerungsmetho-

d e n m ü s s e n d a n n k o m b i n i e r t w e r d e n . M a n kann a u c h v o m d r i t t e n P r i n z i p d e s „ J u s t - i n T i m e " - B a u s t e i n s integrierte Informationsverarbeitung sprechen: dem Prinzip der M e t h o d e n i n t e g r a t i o n . E s sind im R a h m e n e i n e r " J u s t - i n - T i m e " - P r o d u k t i o n u n d - B e s c h a f f u n g die

folgenden

Methoden

zu

kombinieren:

Integrierte

Modularprogramme,

schrittszahlenkonzept, die belastungsorientierte Auftragsfreigabe, die

das

Fort-

Engpaßsteuerung,

die Leitteiletransparenz und K A N B A N - P r i n z i p i e n . D i e K u n d e n - b z w . A u f t r a g s o r i e n t i e r u n g der " J u s t - i n - T i m e " - P r o d u k t i o n e r f o r d e r t bes t i m m t e S t r u k t u r v e r ä n d e r u n g e n . Dies sind Strukturveränderungen, die eine Fertigungss e g m e n t i e r u n g ermöglichen.19 Die Strukturveränderungen orientieren sich an f o l g e n d e n K r i t e r i e n : O r i e n t i e r u n g an d e n g e s e t z t e n Z i e l e n u n d an d e n M a r k t b e d i n g u n g e n , P r o d u k t 19

Vgl. Wildemann, H.: Das Just-in-Time Konzept, S. 37 - 41, 109 - 150

13

Grundlagen

Orientierung, Zusammenfassung mehrerer Stufen der Logistikkette eines Produkts in eine Organisationseinheit, ein Segment, und Übertragung indirekter Funktionen und Kostenverantwortung an das Segment. Ziel der Fertigungssegmentierung ist eine Entflechtung der Kapazitäten. Diese Entflechtung kann nur erfolgreich sein, wenn keine Insellösungen geschaffen werden, sondern bei ganzheitlicher Betrachtung der Logistikkette eine Gliederung bzw. Segmentierung in organisatorische Einheiten nach Produkten und Technologien

vorgenommen

wird. Dabei sind die produktionswirtschaftlichen Ziele, Verwirklichung wettbewerbsfähiger Kosten, kurzer Lieferzeiten, hoher Flexibilität und Qualitätssicherheit, gleichrangig zu verfolgen. Ferner sind die Kapazitäten der einzelnen Segmente bezüglich ihres Outputs so aufeinander abzustimmen bzw. zu synchronisieren, daß für das durch die Logistikkette fließende Material keine Liegezeiten zwischen den Segmenten entstehen. Die Segmentierung wird durch Automatisierung und Maßnahmen zur Steigerung der Verfügbarkeit der Anlagen sowie der Personalflexibilität unterstützt. So müssen bei der Planung des Produktionsprozesses und seiner Teilprozesse die Fähigkeiten der einzelnen Mitarbeiter berücksichtigt werden, um eine bessere Anpassung der Kapazitäten an Auslastungs- bzw. Beschäftigungsschwankungen vornehmen zu können. Zudem wird eine Verringerung der Arbeitsteilung durchgesetzt, indem bestimmte Tätigkeiten bzw. Aufgaben zusammengelegt werden (z.B. Fertigungs-, Instandhaltungs- und

Qualitätssiche-

rungsaufgaben). Die Fertigungssegmentierung erfordert aufgrund der Veränderung des Kontrollprinzips eine neuartige Ablauforganisation. Dies ist eine Gruppenorganisation, bei der Kostenverantwortung jeweils für ein Produkt bzw. f ü r ein Segment besteht. Durch die Veränderung der Ablauforganisation wird die Anwendung einfacher Informations- und Planungssysteme sowie die Übertragung dispositiver Tätigkeiten auf die Organisationseinheit bzw. das Segment möglich. Die Anwendung des Flußprinzips bei Losfertigung führte zu der Erkenntnis, daß in der Regel nicht der gesamte Output gesteigert werden kann, wenn lediglich ein Segment eine höhere Kapazität besitzt. Bei diesem Segment treten dann zusätzliche Bestände auf, und es werden zusätzliches Handling und zusätzliche administrative Aufwendungen notwendig. Diese zusätzlichen Tätigkeiten steigern weder die Wertschöpfung noch den Output aller Segmente. Daher ergibt sich die Forderung, die Produktionsgeschwindigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zum Lieferanten zu erhöhen. Diese Forderung bedingt die Abkehr von der Optimierung einzelner Funktionen und die Verwirklichung der Flußoptimierung in der gesamten Logistikkette. Zur Verwirklichung der Flußoptimierung ist der Einsatz von Techniken wie die Produktion von Tageslosgrößen, die Verminderung der Rüstzeiten und die V e r k n ü p f u n g der Segmente notwendig. Der Einsatz der genannten Techniken erfordert prognostizierbare Qualität. Es dürfen daher nur sog. Gutteile an das jeweils nächste Segment weitergegeben werden. Das Ziel der Qualitätssicherung im Rahmen des „Just-in-Time"-Konzeptes heißt, Minimierung der Fehlerfolgekosten! Es soll nicht unbedingt eine Null-Fehler-Strategie bzw. Null-FehlerProduktion verwirklicht werden. Es geht vielmehr darum, mit prognostizierbaren Fehler-

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

raten zu arbeiten. Die Erhöhung der Qualitätssicherung wird mit Hilfe verschiedener Maßnahmen erreicht. Dies sind: (1) Die unmittelbare Auslösung von Rückmeldungen durch niedrige Bestände. (2) Die Beschränkung auf Produktionsraten, die eine permanente Anlaufkontrolle erfordern. (3) Die Schaffung von Möglichkeiten für die Mitarbeiter, bei auftretenden Problemen eine Maschine anzuhalten und eine unmittelbare Problemlösung zu erwirken. Die genannten Maßnahmen zur Erhöhung der Qualitätssicherung bringen erhöhte Anforderungen an die Verfügbarkeit der Anlagen mit sich, deren Erfüllung meistens von Instandhaltungsmaßnahmen abhängig ist. Die Verwirklichung des „Just-in-Time"-Konzeptes erfordert folglich auch die Veränderung der Instandhaltungsstrategie. Es zeigt sich, daß die Verwirklichung der Fertigungssegmentierung und damit das „Just-in-Time"-Konzept viele Veränderungen im Unternehmen erforderlich macht. Die Einführung ist daher nicht zu empfehlen, wenn der Planungs- und Durchsetzungsaufwand zu hoch ist und ihm keine entsprechenden Kostendegressionseffekte gegenüberstehen, die notwendige Qualifikation des Personals nicht gegeben ist und die Mobilität bzw. Flexibilität zur Erfüllung der Aufgaben in den weitgehend autonomen Fertigungssegmenten nicht in ausreichendem Maße vorhanden ist. Der dritte Baustein des „Just-in-Time"-Konzeptes, die produktionssynchrone schaffung,

20

Be-

hat das Konzept in die Kritik gebracht. Es wird häufig behauptet, Hersteller

führen Kostensenkungen herbei, indem sie die Lagerhaltungs- und Qualitätssicherungskosten auf ihre Lieferanten abwälzen und selbst die Rationalisierungsvorteile abschöpfen. Inwieweit diese Kritik zutrifft, kann allgemein nicht gesagt werden. Sicher ist, daß die Funktionsfahigkeit des dritten Bausteins, der produktionssynchronen Beschaffung, von der Ausgestaltung der folgenden Bestandteile abhängt: Teileauswahl, Lieferantenbewertung und -auswahl, Analyse des Informationsflusses zwischen Lieferanten und Abnehmer, der einsetzbaren Kommunikationstechnologien

sowie des Qualitätssiche-

rungs- und Speditionskonzeptes. A u f diese Bestandteile soll hier nicht weiter eingegangen werden. Es soll lediglich auf die zwei Strategien, die im Rahmen der produktionssynchronen B e s c h a f f u n g zur Anwendung kommen, Bezug genommen werden. Im Rahmen der produktionssynchronen Beschaffung wird eine Verkürzung der Lieferzeit des Produzenten durch die Verkürzung der Durchlaufzeit realisiert. Dabei wird nicht gegen das Postulat minimaler Bestände verstoßen. Allerdings sind Auswirkungen auf die Wiederbeschaffungszeit der fremdbezogenen Vormaterialien nicht zu vermeiden. Die geringen Materialbestände beim Produzenten bedingen kurze Wiederbeschaffungszeiten im Rahmen eines störungsfreien Beschaffungssystems. Die störungsfreie Funktion des Beschaffungssystems ist von hoher Bedeutung, da bei Materialmangel aufgrund nicht zu vermeidender Prognosefehler nicht auf Materialien aus einem Zwischenlager zurückgegriffen werden kann. Eine nicht ausreichende Materialversorgung würde einen Stillstand der Produktion nach sich ziehen.

20

Vgl. Wildemann, H.: Das Just-in-Time Konzept, S. 41 - 44, 153 - 184

Grundlagen

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Die Einbeziehung der Zulieferer in die produktionssynchrone B e s c h a f f u n g darf nicht dazu führen, daß die Prognose- und Planungsunsicherheit eine Stufe vorverlagert wird und die Zulieferer ihre Lieferverpflichtungen nur erfüllen können, wenn sie höhere Bestände auf Lager bereithalten. Um dies zu verhindern, sind im „Just-in-Time"-Konzept die Vorteile einer hohen Versorgungssicherheit mit denen der Wirtschaftlichkeit gekoppelt. Die Vorteile einer produktionssynchronen Beschaffung werden auch den Zulieferer zugestanden. Hierzu muß der Abnehmer der Zulieferteile, der Hersteller bzw. Produzent des Endproduktes, eine adäquate Beschaffungsstrategie anwenden. Es können zwei generelle Strategien zur Anwendung kommen:

(1) Die Abschöpfungsstrategie, d.h. die Beschaffung des Herstellers ist auf eine kostengünstige Materialversorgung ausgerichtet. Diese Strategie ist im Rahmen des "Just-in-Time"-Konzeptes meist nicht sinnvoll, da eine Verteilung der Vorteile der produktionssynchronen Beschaffung auf Zulieferer und Hersteller spezielle Organisationsformen erfordern würde, die kurzfristig nicht geschaffen werden können und vermutlich auch nicht wirtschaftlich wären.

(2) Die Investitionsstrategie, d.h. die Beschaffung des Herstellers ist auf die wirtschaftliche Sicherung der Materialversorgung sowie auf eine längerfristige Gestaltung der Beziehung zwischen Lieferant und Hersteller ausgerichtet. Die partnerschaftl¡che Gestaltung der Beziehungen zwischen unabhängigen Unternehmen, dem Lieferant und dem Hersteller, ist ein Wesensmerkmal für den Erfolg der produktionssynchronen Beschaffung. Die partnerschaftliche Beziehung basiert auf fest vereinbarten Rahmenverträgen zwischen den Partnern, die auf diese Weise die generelle Absicherung der wirtschaftlichen Materialversorgung und der Materialabnahme regeln. Die konkrete Materialversorgung und damit auch die Materialabnahme erfolgt in der Praxis mit Hilfe eines flexiblen Abrufsystems. Durch rechtzeitige und regelmäßige Informationen über die Absatzprognosen oder die zu erwartenden Bestellungen hilft der Hersteller dem Zulieferer bei der Kapazitätsplanung, der Dispositionen von Vormaterialien etc. Im Rahmen der produktionssynchronen Beschaffung wird die Qualitätsprüfung dem Zulieferer zugewiesen. Im Prinzip sind die gleichen Überlegungen wie bei der Fertigungssegmentierung von Bedeutung. Die Fehlerbeseitigung am Ort des Entstehens ist am kostengünstigsten und damit dem Zulieferer zu überlassen. In der Praxis wird meist so vorgegangen, daß der Hersteller zu Beginn der partnerschaftlichen Beziehung noch eine stichprobenhafte Qualitätsprüfung beim Wareneingang macht. Ist dann nach einer gewissen Zeit sichergestellt, daß der Zulieferer die Materialien zum gewünschten Standard liefert, wird auf eine Qualitätsprüfung beim Wareneingang verzichtet und auf die Qualitätskontrolle des Zulieferer vertraut. Die Verträge zwischen den Partnern regeln auch die Verteilung bzw. die Abschöpfung von durch die produktionssynchrone Beschaffung erzielten Rationalisierungsvorteilen. Die Erfolge des „Just-in-Time"-Konzeptes lassen sich eindrucksvoll anhand von insgesamt 248 Beratungsfallen aufzeigen, die Wildemann in über 14 Jahren durchgeführt

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

und dokumentiert hat. 21 Die Erfolge des Konzeptes können gemäß den drei Bausteinen, integrierte Informationsverarbeitung, Fertigungssegmentierung und produktionssynchrone Beschaffung, aufgeschlüsselt werden. 2 2 Als Erfolge des Bausteins „Integrierte Informationsverarbeitung" sind zu nennen: (Basis 28 Unternehmen) - Verringerung der Durchlaufzeiten zwischen 31 und 91 Prozent - Verringerung der Informationsdurchlaufzeiten zwischen 23 und 86 Prozent - Erhöhung der Termintreue zwischen 7 und 44 Prozent - Erhöhung der Kapazitätsauslastung der Betriebsmittel zwischen 6 und 27 Prozent Die Erfolge des Bausteins „Fertigungssegmentierung" sind: (Basis 32 Unternehmen) - Verringerung der Durchlaufzeiten zwischen 33 und 89 Prozent - Verringerung der Lieferzeiten zwischen 25 und 93 Prozent - Erhöhung der Termintreue zwischen 5 und 30 Prozent - Erhöhung der Arbeitsproduktivität zwischen 8 und 100 Prozent - Senkung der Qualitätskosten zwischen 10 und 66 Prozent - Senkung der Flächen zwischen 6 und 15 Prozent - Erhöhung der Kapazitätsauslastung der Betriebsmittel zwischen 5 und 16 Prozent - Erhöhung der Kapazitätsauslastung der Prüfmittel zwischen 3 und 10 Prozent Der Baustein „produktionssynchrone Beschaffung" hat als Erfolge aufzuweisen: (Basis 12 Unternehmen) - Senkung der Frachtkosten zwischen 10 und 15 Prozent - Senkung des Handling zwischen 25 und 50 Prozent - Senkung des Raumbedarfs zwischen 30 und 80 Prozent - Senkung der Bestände zwischen 30 und 80 Prozent - Senkung des administrativen A u f w a n d e s zwischen 30 und 50 Prozent - Senkung der Wiederbeschaffungszeit zwischen 30 und 75 Prozent - Verlängerung der Vertragsdauer zwischen 100 und 300 Prozent Die dargestellten Erfolge des „Just-in-Time"-Konzeptes beziehen sich alle auf die Mikroebene. Eine Erfolgsbilanz für die Makroebene ist daraus nicht direkt ableitbar. Es ist jedoch einleuchtend, daß die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Unternehmen Auswirkungen auf die Makroebene hat. Die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft wird gesteigert. Den Erfolgen des „Just-in-Time"-Konzeptes stehen aber auch kritische Einstellungen in der Literatur gegenüber. Die drei markantesten Kritikpunkte am

„Just-in-Time"-

Konzept sind, daß für den Kunden Wartezeiten entstehen, kleinere Materialmengen in mehr Transportvorgängen befördert werden und das in Japan entwickelte Konzept nicht auf die Struktur der deutschen Wirtschaft abgestimmt ist.

21

Vgl. Wildemann, H.: D a s Just-In-Time Konzept, insbes. S. 7 f., 105, 141, 183

22

W i l d e m a n n , H.: D a s Just-In-Time Konzept, S. 105, 141, 183

Grundlagen

17

Als Auswirkung der Wartezeiten für die Kunden wird der Einstieg in eine Mangelwirtschaft gesehen. Die Auswirkungen kleinerer Transportmengen in mehr Transportvorgängen sollen höhere Umweltschäden sein. Die fehlende Abstimmung des „Just-inTime"-Konzeptes auf die Struktur der deutschen Wirtschaft soll zur unvollständigen A u s s c h ö p f u n g der Erfolgspotentiale führen. 2 3 Die Wartezeiten für die Kunden sind ein berechtigter Kritikpunkt am „Just-in-Time"Konzept. Ein Einstieg in die Mangelwirtschaft kann hingegen nicht konstatiert werden. Eine Mangelwirtschaft liegt vor, wenn in einer Volkswirtschaft bestimmte Güter gar nicht oder nicht in ausreichender Menge für die Nachfrager zur V e r f ü g u n g stehen. Wartezeiten können sicherlich in vielen Fällen für den Kunden lästig sein. Vor allem sollten sie bei einem von der Entstehung bis zur Vernichtung eines Gutes konsequent durchgeführten „Just-in-Time"-Konzeptes gemäß dem Anspruch des Konzeptes auch nicht vorkommen. In den neueren Logistikkonzepten, die unter dem Sammelbegriff lebende Organismen laufen, steht der Abbau der Wartezeiten für den Kunden aus diesem Grund auch im Mittelpunkt. So werden in der Automobilindustrie derzeit Logistikkonzepte angestrebt, die Auftragsabwicklungszeiten von 14 Tagen ermöglichen sollen. Erhöhte Umweltschäden aufgrund kleinerer Transportmengen in mehr Transportvorgängen sind empirisch bisher nicht nachgewiesen. Es handelt sich um eine Vermutung, die theoretisch denkbar ist. Die Vermutung müßte jedoch durch empirische Fakten gestützt werden. In der Argumentation auf theoretischer Basis ist lediglich als Gegenargument vorzubringen, daß das „Just-in-Time"-Konzept zur Verringerung der Umweltschäden führt, da aufgrund der auftrags- statt der prognoseorientierten Produktion nur die Güter hergestellt, transportiert und entsorgt werden müssen, die auch tatsächlich verkauft werden. Eine prognoseorientierte Produktion kann einen Überschuß an Gütern bewirken, der unnötige Umwelteffekte bei der Produktion, dem Transport und dem Konsum etc. mit sich bringt. Die unvollständige Ausschöpfung der Erfolgspotentiale ist ebenfalls empirisch nicht zu stützen, da Erfolgspotentiale für alternative, besser auf die Struktur der deutschen Wirtschaft abgestimmte Logistikkonzepte nicht vorliegen (können). Es kann lediglich auf die von Wildemann dokumentierten, oben dargestellten Erfolge verwiesen werden. Eine Diskussion, ob alternative Logistikkonzepte mehr Erfolg gebracht hätten, ist müßig. Es ist einfach festzustellen, daß die auf der Mikroebene festgestellten Erfolge des „Just-inTime"-Konzeptes nicht unbeachtlich sind. Trotz dieser Erfolge muß erwähnt werden, daß die Kritik der fehlenden Abstimmung auf die Struktur der deutschen Wirtschaft zumindest in einem Punkt nicht ganz unberechtigt ist. Dieser eine Punkt ist die relativ starke Fundierung des „Just-in-Time"-Konzeptes auf die Kooperation der Unternehmen in der Logistikkette, da das Regelkreissystem nicht nur innerhalb eines Unternehmens, sondern auch zwischen den Unternehmen in der Makrologistikkette aufgebaut wird. Diese Orientierung am Kooperationsgedanken entspricht japanischer Tradition. Die japanische Wirt23

V g l . u.a. Hahn, O.: Just-in-Time - ein Rückschritt in die Mangelwirtschaft, in: Internationales

Verkehrswesen, 43. Jg. (1991), S. 101 - 102; Ihde, G.: M e h r Verkehr durch Just in time?, in: Zeitschrift für Verkehrswissenschaft, 62. Jg. (1991), S. 1 9 2 - 198

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

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schaft ist aufgrund der wirtschaftshistorischen und kulturellen Entwicklungen seit j e h e r auf Kooperation der Unternehmen ausgerichtet. Die starke Fundierung des „Just-inTime"-Konzeptes am Kooperationsgedanken widerspricht bei globaler Betrachtung hingegen der prinzipiellen Orientierung der deutschen Wirtschaft am Wettbewerbsgedanken. Allerdings ist der Kooperationsgedanke in der deutschen Wirtschaft nicht unbekannt und auch entsprechend im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( G W B ) festgeschrieben. In Ausnahmefällen wird die Kooperation der Unternehmen für wirtschaftlich erfolgreicher angesehen und im G W B daher erlaubt. Insofern steht die Orientierung des „Justin-Time"-Konzeptes am Kooperationsgedanken nicht im generellen Widerspruch zur Wettbewerbsorientierung der deutschen Wirtschaft. Aber anders als in Japan, wo der Kooperationsgedanke nicht als Ausnahmefall gilt, muß in Deutschland diskutiert werden, in welchen Ausnahmefällen die Kooperation zulässig bzw. erwünscht ist und zu einer Erhöhung des Erfolges des „Just-in-Time"-Konzeptes auf der Makroebene führen kann. Außer den erörterten Kritikpunkten am „Just-in-Time"-Konzept gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Diskussionspunkte. Auf diese Punkte soll jedoch nicht weiter eingegangen werden. Wildemann wehrt die Kritik in allen Punkten ab und führt sie auf Mißverständnisse des „Just-in-Time"-Konzeptes bei der Anwendung zurück. 2 4 Das Logistikkonzept „Just-in-Time" ist im wesentlichen auf den Abbau der zeitbezogenen Kostenkomponenten ausgerichtet. Nachdem die weltweit führenden Unternehmen, insbesondere in der Automobilindustrie, die sich durch die Anwendung des „Just-inTime"-Konzeptes bietenden Rationalisierungsvorteile weitgehend ausgeschöpft hatten, wurden Rationalisierungspotentiale im Bereich Personal entdeckt. Man erkannte, daß die Großunternehmen zuviel Personal einsetzten. Der überhöhte Personaleinsatz bewirkt keine höhere, sondern eine geringere Produktivität. Dieser Effekt ist durchaus keine neue betriebswirtschaftliche Erkenntnis. Der Effekt wurde bereits vor langer Zeit im traditionellen Ertragsgesetz beschrieben. Aber auch an vielen anderen Stellen wurde der Effekt in der ökonomischen Literatur dokumentiert. Ein weiteres Beispiel ist „Parkinsons Gesetz". Zur A u s s c h ö p f u n g der im Bereich Personal erkannten

Rationalisierungspotentiale

wurde das Logistikkonzept „Lean Production" entwickelt. Grundgedanke dieses Logistikkonzeptes ist, die Überkapazitäten im Bereich Personal abzubauen und ein schlankes Unternehmen zu schaffen. Dabei wird das Logistikkonzept „Just-in-Time" nicht vernachlässigt, sondern als fester Bestand in das neue Konzept aufgenommen. Ursprünglich wurde das neue Logistikkonzept nur unter der Bezeichnung „Lean Production" behandelt, weil der Ausgangspunkt für den Personalabbau im Unternehmensbereich Produktion bzw. in der Entwicklungsabteilung gesehen wurde. Heute wird der „Lean"-Gedanke auch auf andere Bereiche angewandt. Folglich gibt es inzwischen eine Vielzahl von „Lean"-Konzepten: „Lean Management", „Lean Administration", „Lean Policy" und „Lean Government". Das „Lean"-Konzept ist mit dem „Lean"-Gedanken noch nicht vollständig beschrieben. Es gibt noch weitere Merkmale des Konzeptes, die im folgenden behandelt werden

24

Vgl. Wildemann, H.: Das Just-In-Time Konzept, S. 243 - 286

Grundlagen

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sollen. Zunächst ist der Ausgangspunkt darzustellen. Dann werden die vier Bausteine des Konzeptes und schließlich die Auswirkungen des Konzeptes behandelt. Das Logistikkonzept „Lean Production" hat seinen Ausgangspunkt in der Entwicklungsabteilung eines Unternehmens, das als Hersteller bzw. Produzent zu bezeichnen ist, weil es ein Endprodukt, z.B. ein Auto, herstellt. Man hat erkannt, daß eine kompakte Entwicklungsabteilung nicht unbedingt kreativer und produktiver ist als eine schlanke. Also ist der Ansatzpunkt für die Durchsetzung des „Lean Production"-Konzeptes die Schaffung einer schlanken Entwicklungsabteilung, die die Entwicklung neuer Produkte nicht isoliert betreibt. Die Entwicklungsabteilung hat für die interne und externe Integration zu sorgen. Sie soll alle internen Abteilungen sowie die externen Partner, die Zulieferer und die Händler, an der Entwicklung neuer Produkte beteiligen und deren Erfahrungen sowie deren „ K n o w - h o w " ausschöpfen. Dieses Grundkonzept wird im folgenden anhand der Bausteine des „Lean Production"-Konzeptes näher beschrieben. Das „Lean Production"-Konzept besteht aus vier Bausteinen: der schlanken Entwicklung, ken Händlerbeziehungen

den schlanken

und der schlanken

Zulieferbeziehungen,

den schlan-

Fertigung,25

Die schlanke Entwicklung zeichnet sich durch den Personalabbau in der Entwicklungsabteilung aus. Zudem gibt es aber weitere Merkmale, die für die schlanke Entwicklung typisch sind. Dies ist zunächst ein starker Teamleiter, der sich sein Entwicklungsteam selbst auswählt. Er hat also auf der einen Seite einen großen Entscheidungsund Kompetenzbereich, dem logischerweise auf der anderen Seite ein entsprechend großer Verantwortungsbereich gegenübersteht. Das Entwicklungsteam setzt sich - wie gesagt - aus Mitarbeitern aller internen Abteilungen und der Zulieferer sowie Händler zusammen. Die Teammitglieder gehören während der gesamten Projektdauer zum Team. Für die internen Mitarbeiter hat die Arbeit im Team Vorrang vor der Arbeit in der Abteilung. Die Karriere des einzelnen Teammitgliedes im Unternehmen ist daher auch nur von den Leistungen im Projektteam abhängig. Die Entwicklungsstrategie, die das Team verfolgt, läßt sich mit dem Begriff Bestimmung von Zielkosten bzw. „design to cost" beschreiben. Man geht für das zu entwickelnde Produkt von einem Marktpreis aus, der die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gegenüber Konkurrenten gewährleistet, und zieht von diesem Preis eine kalkulierte Gewinnmarge ab. Damit erhält man ein Kostenlimit, das bei der Entwicklung einzuhalten ist. Ein weiteres Merkmal der schlanken Entwicklung ist die uneingeschränkte und offene Kommunikation im Team. Ferner laufen alle Arbeitsschritte gleichzeitig an. Vor allem werden die für die Herstellung des zu entwickelnden Produktes notwendigen Werkzeuge parallel entwickelt und nicht erst mit zeitlichem Nachlauf. Die Beteiligung der Zulieferer und der Händler im Entwicklungsteam soll eine Mitverantwortung für das neue Produkt, eine gemeinsame Kostenanalyse, die bessere Berücksichtigung von Kundenwünschen und eine bessere Information über Produktmängel gewährleisten.

25

V g l . Schmitz, U.: Lean Production als Unternehmensstrategie - Ein Überblick, in: Lean Pro-

duction. Idee - K o n z e p t - Erfahrungen in Deutschland, hrsg. v. Institut für a n g e w a n d t e Arbeitswissenschaft, K ö l n 1 9 9 2 , S. 1 7 - 3 0

20

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

D i e s c h l a n k e n Z u l i e f e r b e z i e h u n g e n z e i g e n , d a ß sich das „ L e a n " - K o n z e p t nicht nur auf d e n P e r s o n a l a b b a u bezieht. A u c h die Z u l i e f e r b e z i e h u n g e n w e r d e n s c h l a n k gestaltet. Die Z a h l d e r Z u l i e f e r e r w i r d verringert. D e r Hersteller s t e h t n u r noch mit H a u p t l i e f e r a n ten im K o n t a k t . D i e H a u p t l i e f e r a n t e n liefern nicht nur ein Teil- bzw. ein V o r p r o d u k t zu, s o n d e r n e i n e g e s a m t e K o m p o n e n t e . D u r c h d i e B e s c h r ä n k u n g der K o n t a k t e d e s Herstellers zu w e n i g e n H a u p t l i e f e r a n t e n w i r d das Z u l i e f e r w e s e n in m e h r e r e E b e n e n strukturiert. In d e r v e r t i k a l e n G l i e d e r u n g sind den H a u p t l i e f e r a n t e n m i n d e s t e n s a u f e i n e r E b e n e S u b l i e f e r a n t e n n a c h g e o r d n e t , die Teile f ü r die v o m H a u p t l i e f e r a n t e n zu

erstellende

K o m p o n e n t e liefern. D a s V e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e m Hersteller und den w e n i g e n H a u p t l i e f e r a n t e n ist intensiv. D i e s zeigt sich am P e r s o n a l a u s t a u s c h f ü r die P r o d u k t e n t w i c k l u n g , der g e m e i n s a m e n K o s t e n a n a l y s e einschließlich d e r B e s t i m m u n g d e r Z i e l k o s t e n , d e r Inf o r m a t i o n ü b e r P r o d u k t i o n s m e n g e n und -qualität. Das V e r h ä l t n i s z w i s c h e n

Hersteller

und Z u l i e f e r e r ist als p a r t n e r s c h a f t l i c h zu b e z e i c h n e n und wird in e i n e m R a h m e n v e r t r a g f e s t g e s c h r i e b e n . In d e m R a h m e n v e r t r a g w e r d e n d i e g e m e i n s a m e K o s t e n v e r a n t w o r t u n g , die j ä h r l i c h zu v e r w i r k l i c h e n d e n R a t i o n a l i s i e r u n g e n , U n t e r s t ü t z u n g s l e i s t u n g e n u.a. bei Produktionsschwierigkeiten

und

die gegenseitige

finanzielle Beteiligung

vereinbart.

W i c h t i g ist, d a ß v o m Z u l i e f e r e r b e w i r k t e R a t i o n a l i s i e r u n g s v o r t e i l e , die ü b e r d i e v e r e i n barten R a t i o n a l i s i e r u n g e n h i n a u s g e h e n , g a n z beim Z u l i e f e r e r v e r b l e i b e n . D i e K o s t e n r e d u z i e r u n g e n a u f g r u n d d e r v e r e i n b a r t e n R a t i o n a l i s i e r u n g e n werden h i n g e g e n zu gleichen T e i l e n auf H e r s t e l l e r und Z u l i e f e r e r verteilt. Schließlich sollte e r w ä h n t w e r d e n , d a ß bei d e r s c h l a n k e n Z u l i e f e r u n g d i e im „ J u s t - i n - T i m e " - K o n z e p t praktizierte p r o d u k t i o n s s y n c h r o n e A n l i e f e r u n g erhalten bleibt. Der H a u p t l i e f e r a n t hat die v o n ihm zu l i e f e r n d e K o m p o n e n t e direkt an d a s F l i e ß b a n d b z w . die F e r t i g u n g s s t r a ß e des H e r s t e l l e r s e n t s p r e c h e n d den V o r a b i n f o r m a t i o n e n a n z u l i e f e r n . D i e s c h l a n k e n H ä n d l e r b e z i e h u n g e n bilden das G e g e n s t ü c k zu den s c h l a n k e n Z u l i e f e r b e z i e h u n g e n . D e r Hersteller will also nicht nur eine s c h l a n k e B e s c h a f f u n g , s o n d e r n auch einen s c h l a n k e n A b s a t z v e r w i r k l i c h e n . D a z u wird die Z a h l der V e r t r a g s h ä n d l e r deutlich verringert und die B e z i e h u n g zu den v e r b l i e b e n e n H ä n d l e r n intensiv gestaltet. D i e Intensität der B e z i e h u n g w i r d deutlich an d e r B e t e i l i g u n g d e r H ä n d l e r an d e r P r o d u k t e n t w i c k l u n g , d e m A u s t a u s c h v o n M a r k t d a t e n , der I n f o r m a t i o n hinsichtlich d e r N a c h f r a g e und d e r P r o d u k t q u a l i t ä t , d e r S c h u l u n g d e s V e r k a u f s p e r s o n a l s durch den H e r s t e l l e r , der P e r s o n a l b e r e i t s t e l l u n g d u r c h den H e r s t e l l e r und d e r g e g e n s e i t i g e n f i n a n z i e l l e n Beteiligung. A u c h das V e r h ä l t n i s z w i s c h e n Hersteller und V e r t r a g s h ä n d l e r ist als

partner-

s c h a f t l i c h zu b e z e i c h n e n . Ferner z e i c h n e t sich die s c h l a n k e H ä n d l e r b e z i e h u n g d u r c h einen a k t i v e n V e r k a u f , d u r c h den Einsatz v o n V e r k a u f s a g e n t e n und d e m A n g e b o t k o m p l e t ter D i e n s t l e i s t u n g s p a k e t e aus. D i e s c h l a n k e F e r t i g u n g als vierter B a u s t e i n des „ L e a n P r o d u c t i o n " - K o n z e p t e s basiert auf e i n e r „ J u s t - i n - T i m e " - P r o d u k t i o n . W e i t e r e E l e m e n t e d i e s e s B a u s t e i n s sind ein F e h l e r k o n t r o l l s y s t e m , d i e Art d e r t e c h n i s c h e n A u s s t a t t u n g , eine b e s o n d e r e A r b e i t s o r g a n i s a t i o n , die Q u a l i f i k a t i o n s o w i e die M o t i v a t i o n d e r M i t a r b e i t e r und schließlich d e r kontinuierlic h e V e r b e s s e r u n g s p r o z e ß . Die „ J u s t - i n - T i m e " - P r o d u k t i o n w u r d e bereits o b e n b e s c h r i e ben. In e i n e r K u r z c h a r a k t e r i s i e r u n g sind f o l g e n d e E i g e n s c h a f t e n der „ J u s t - i n - T i m e " P r o d u k t i o n h e r v o r z u h e b e n : s y n c h r o n i s i e r t e P r o d u k t i o n s a b l ä u f e , M a t e r i a l f l u ß g e m ä ß des

Grundlagen Holprinzips (Kanban), Produktion Materialbestandes,

21

kleinster L o s g r ö ß e n , R e a l i s i e r u n g e i n e s

Schaffung standardisierter

Tätigkeitsabläufe

und

niedrigen

Gewährleistung

e i n e r p r o d u k t i o n s s y n c h r o n e n A n l i e f e r u n g der M a t e r i a l i e n d u r c h die Z u l i e f e r e r . D i e S y n c h r o n i s a t i o n d e r P r o d u k t i o n s a b l ä u f e ist nur m ö g l i c h , w e n n k e i n e f e h l e r h a f t e n T e i l e ( M a t e r i a l i e n ) verarbeitet w e r d e n . D a h e r basiert d a s „ L e a n P r o d u c t i o n " - K o n z e p t a u f ein e m F e h l e r k o n t r o l l s y s t e m , d a s eine a u t o m a t i s i e r t e F e h l e r k o n t r o l l e g e w ä h r l e i s t e t . J e d e r M i t a r b e i t e r ist f ü r die Q u a l i t ä t s k o n t r o l l e in s e i n e m A u f g a b e n b e r e i c h v e r a n t w o r t l i c h und hat F e h l e r u n v e r z ü g l i c h zu b e h e b e n . B e i m A u f t r e t e n eines F e h l e r s wird d u r c h d i e M a s c h i n e o d e r den M i t a r b e i t e r ein s o f o r t i g e r P r o d u k t i o n s s t i l l s t a n d erwirkt, u m eine u n v e r z ü g l i c h e F e h l e r b e h e b u n g v o r n e h m e n zu k ö n n e n . F e r n e r w i r d ein a u f t r e t e n d e r Fehler n a c h Art, Ort und n o t w e n d i g e r B e s e i t i g u n g s m a ß n a h m e in ein F e h l e r i n f o r m a t i o n s s y s t e m eing e g e b e n , d a m i t e i n e F e h l e r u r s a c h e n f o r s c h u n g s o w i e eine schnelle und w i r k s a m e Fehl e r u r s a c h e n b e s e i t i g u n g m ö g l i c h w i r d . Die t e c h n i s c h e A u s s t a t t u n g im R a h m e n des „ L e a n P r o d u c t i o n " - K o n z e p t e s läßt sich w i e folgt k e n n z e i c h n e n : Die A u t o m a t i s i e r u n g s t e c h n i k ist u n k o m p l i z i e r t , robust, sicher, stets v e r f ü g b a r und die W e r k z e u g e sind m i t n i e d r i g e n R ü s t z e i t e n zu w e c h s e l n . Z u d e m wird e i n e E n t k o p p e l u n g von M e n s c h und

Maschine

v e r w i r k l i c h t . Ein M e n s c h kann also m e h r e r e M a s c h i n e n b e d i e n e n und die W a r t e z e i t e n an den e i n z e l n e n M a s c h i n e n m i n i m i e r e n . M i t dieser Art der t e c h n i s c h e n A u s s t a t t u n g k a n n eine n i e d r i g e A n z a h l von M i t a r b e i t e r n erreicht w e r d e n , die bei e n t s p r e c h e n d e r A r b e i t s o r g a n i s a t i o n e i n e n f l e x i b l e n Einsatz z u r A n p a s s u n g an A u s l a s t u n g s s c h w a n k u n g e n und e i n e K o n z e n t r a t i o n a u f die Aktivitäten mit d e r h ö c h s t e n W e r t s c h ö p f u n g z u l a s s e n . D i e A r b e i t s o r g a n i s a t i o n g e h t von kleinen G r u p p e n aus, d e n e n m a x i m a l e A u f g a b e n und e n t s p r e c h e n d e V e r a n t w o r t u n g ü b e r t r a g e n w e r d e n . D i e G r u p p e n sind hinsichtlich R e g e l u n g d e r A r b e i t s a b l ä u f e , d e r A r b e i t s v e r t e i l u n g und der P a u s e n r e g e l u n g s e l b s t ä n d i g . Es w i r d d a s „ J o b R o t a t i o n " - S y s t e m praktiziert und die M i t a r b e i t e r haben s t ä n d i g e n B l i c k k o n t a k t , so d a ß k u r z e I n f o r m a t i o n s w e g e schnelle E n t s c h e i d u n g e n und H i l f e g e w ä h r l e i s t e n . D i e A r b e i t s o r g a n i s a t i o n ist f e r n e r an den v o m F l i e ß b a n d b z w . d e r F e r t i g u n g s s t r a ß e v o r g e g e b e nen T a k t z e i t e n orientiert. Die E i n h a l t u n g d e r T a k t z e i t e n w i r d z.B. d u r c h L i c h t s c h r a n k e n o d e r Z ä h l v o r r i c h t u n g e n z u r A n g a b e des P r o d u k t i o n s s t a n d e s kontrolliert. D i e s e A r b e i t s o r g a n i s a t i o n ist d u r c h eine e n t s p r e c h e n d e Q u a l i f i k a t i o n und M o t i v a t i o n d e r M i t a r b e i t e r a b z u s i c h e r n . D i e M i t a r b e i t e r sollen m u l t i f u n k t i o n a l e i n s e t z b a r sein. Sie b e n ö t i g e n d a z u n e b e n e i n e r H a u p t q u a l i f i k a t i o n e n t s p r e c h e n d e E r g ä n z u n g s q u a l i f i k a t i o n e n . Ferner ist e i n e e n t s p r e c h e n d e s o z i a l e K o m p e t e n z e r f o r d e r l i c h , d i e sich durch K o m m u n i k a t i o n s - , D a r s t e l lungs-, K o n f l i k t l ö s u n g s - und P r o b l e m l ö s u n g s f ä h i g k e i t ergibt. D i e M o t i v a t i o n der M i t a r b e i t e r soll d u r c h Ü b e r t r a g u n g von A u f g a b e n u n d V e r a n t w o r t u n g , die M i t g e s t a l t u n g d e s P r o d u k t i o n s a b l a u f e s und d e r A r b e i t s u m g e b u n g s o w i e durch g e g e n s e i t i g e V e r p f l i c h t u n gen und g e g e n s e i t i g e s V e r t r a u e n b z w . W e r t s c h ä t z u n g erreicht w e r d e n . D a s letzte Elem e n t der s c h l a n k e n F e r t i g u n g ist d e r k o n t i n u i e r l i c h e V e r b e s s e r u n g s p r o z e ß , d e r im J a p a n i s c h e n als „ k a i z e n " b e z e i c h n e t wird. 2 6 In d i e s e m k o n t i n u i e r l i c h e n V e r b e s s e r u n g s p r o z e ß sollen in allen U n t e r n e h m e n s b e r e i c h e n u n d auf allen U n t e r n e h m e n s e b e n e n s t ä n d i g V e r b e s s e r u n g e n d u r c h g e s e t z t w e r d e n . A l l e D i n g e sollen i m m e r b e s s e r e r l e d i g t w e r d e n , e s 26

Vgl. Imai, M.: Kaizen. Der Schlüssel zum Erfolg der Japaner im Wettbewerb, 5. Aufl., Berlin,

Frankfurt/M. 1994

22

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

sind immer höhere Standards zu setzen und zu erreichen und alle, auch interne Abteilungen, sollen wie Kunden betrachtet und behandelt werden. Der kontinuierliche Verbesserungsprozeß basiert auf operativen Verbesserungsvorschlägen der Mitarbeiter, die durch eine Arbeitsplatzgarantie zu Verbesserungsvorschlägen motiviert werden. Der kontinuierliche Verbesserungsprozeß ist auf die Wertschöpfung und die Prozeßoptimierung ausgerichtet. Die Auswirkungen des „Lean Production"-Konzeptes lassen sich wie folgt zusammenfassen: Ausnutzung weiterer Rationalisierungspotentiale durch schlanke Strukturen, Senkung der Anzahl der Mitarbeiter, Senkung der Anzahl der Zulieferer, Senkung der Anzahl der Vertragshändler und insgesamt Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Die Konsequenz dieser Auswirkungen sind neue Strukturen im Bereich des Zulieferwesens. Die Zulieferer werden von einer horizontalen Struktur der Gleichordnung in eine vertikale Struktur der Unterordnung von Hauptlieferanten, Sublieferanten und Subsublieferanten gedrängt. Der „Lean"-Gedanke führt im Bereich Personal zu einem Personalabbau, der sich insbesondere in den mittleren Ebenen der Personalstruktur bemerkbar macht. Traditionell werden acht Ebenen in der Mitarbeiterhierarchie eines großen Unternehmens unterschieden. G e m ä ß dem „Lean"-Konzept werden diese Ebenen auf vier reduziert, indem im wesentlichen die mittleren Ebenen herausgeschnitten werden. A u f die vielen Logistikkonzepte, die sich in Europa zum Teil als Reaktion auf die japanischen Konzepte herausgebildet haben, kann in diesem Rahmen nicht explizit eingegangen werden. Diese Logistikkonzepte werden unter dem Sammelbegriff „lebende Organismen" in der Literatur abgehandelt. Ein Beispiel ist das Logistikkonzept „das atmende Unternehmen", das von Volkswagen mit dem Ziel propagiert wird, die Autoproduktion den kurzfristigen Lieferwünschen des Marktes anzupassen und die Lieferzeit auf 14 Tage nach Bestellung zu reduzieren.

1.2.2 Der Öko-Logistikansatz Der Öko-Logistikansatz ergibt sich aus der Kombination des logistikorientierten und des ökologieorientierten Ansatzes der Betriebswirtschaftslehre. Die drei Säulen der Logistik sind um eine weitere Säule zu ergänzen. Die vierte Säule bildet die Ökologie. Ohne Berücksichtigung dieser vierten Säule kann Logistik eigentlich nicht als ganzheitlicher Ansatz bezeichnet werden. Der Öko-Logistikansatz ist daher eine Konsequenz aus der stringenten A n w e n d u n g des Ganzheitlichkeitsprinzips. Neben dem technischen, informatorischen und ökonomischen Optimum ist das ökologische Optimum zu verwirklichen. Der Öko-Logistikansatz ist auch auf die genannten Logistikkonzepte „Just-in-Time", „Lean Production/Management" und die „lebenden Organismen" anwendbar. Die Berücksichtigung der ökologischen Komponente ist in diesen Konzepten möglich. Neben der Verwirklichung der vier Optima müssen Unternehmen, die den Öko-Logistikansatz anwenden, ein offensives Umweltmanagement verwirklichen.

Grundlagen

23

Das offensive Umweltmanagement 2 7 ist bisher nicht das Normalverhalten der Unternehmen. Es sollte aber das künftige Normalverhalten sein. Ein offensives Umweltmanagement zeichnet sich dadurch aus, daß die umweltpolitischen Anforderungen nicht nur erfüllt werden, sondern daß die Umweltschutzanforderungen in allen Bereichen und Funktionen in die betrieblichen Abläufe integriert werden. Umweltschutzanforderungen werden eben nicht nur erfüllt, sondern Umweltschutz wird als betriebliches Instrument eingesetzt, um die Vorteile eines umweltbewußten Verhaltens zu maximieren. Die traditionellen betriebswirtschaftlichen Ziele, wie Existenzsicherung des Betriebes, und die umweltpolitischen Ziele sollen gemeinsam erreicht werden. Bei gesellschafts- und umweltpolitisch unabdingbaren Notwendigkeiten erfordert ein offensives Umweltmanagement auch die (temporäre) Abweichung vom Ziel der Gewinnmaximierung. Voraussetzung für die Einführung eines offensiven Umweltmanagements im Betrieb ist nicht eine einsame Entscheidung der Unternehmensleitung, sondern die Überzeugung aller Mitarbeiter von der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit (Motivation). Die Notwendigkeit, künftig ein offensives Umweltmanagement zu betreiben, begründet Wicke 2 8 mit Hilfe eines Plädoyers, das auf 21 Thesen aufbaut. Von diesen 21 Thesen sollen lediglich vier vorgestellt werden. Dies sind die im folgenden behandelten Thesen 5, 7, 12 und 20. „These 5: Für Unternehmen, deren Produkte größere Umweltauswirkungen haben, ist ein offensives umweltorientiertes Produktmanagement eine unbedingte Notwendigkeit... These 7: Kein Manager kann sich heute der umweltethischen Verpflichtung zum Umweltschutz entziehen... These 12: Durch umweltschonende Produktion, umweltfreundliche Produkte, umweltfreundliche Verpackung und Entsorgungsverfahren kann entscheidend - zur Verringerung des Energiebedarfs, - zum rationelleren Einsatz von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, - zur Vermeidung aufwendiger nachgeschalteter Reinigungsverfahren (integrierter Umweltschutz), - zur Verbesserung der Effizienz der herkömmlichen nachgeschalteten Reinigungsverfahren und - zum Ersatz von umweltgefährdenden Produkten durch umweltfreundlichere Produkte beigetragen werden." 2 9 „These 20: ... Unternehmen, die ein offensives umweltorientiertes Produktmanagement" betreiben, können langfristig qualitative Vorteile (Imageverbesserungen) und quantitative Vorteile (Marktanteilserhöhungen) erwarten. 30

27

Vgl. Wicke, L. u.a.: Betriebliche U m w e l t ö k o n o m i e , München 1992, S. 6 4 0 - 6 7 0

28

Vgl. Wicke, L. u.a.: Betriebliche Umweltökonomie, S. 671 - 677

29

Wicke, L. u.a.: Betriebliche Umweltökonomie, S. 672, 673 und 675 Wicke, L. u.a.: Betriebliche Umweltökonomie, S. 6 7 7

24

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

1.2.3 Der Preis-Mengen-Ansatz D i e in A n l e h n u n g an W ö h e a b g e g r e n z t e n A n s ä t z e d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e lassen sich alle als P r e i s - M e n g e n - A n s a t z interpretieren b z w . w e r d e n in der Literatur als PreisM e n g e n - A n s a t z d a r g e s t e l l t . Die B e z e i c h n u n g P r e i s - M e n g e n - A n s a t z b e g r ü n d e t sich aus d e m T a t b e s t a n d , d a ß die g r u n d l e g e n d e n B e z i e h u n g e n eines U n t e r n e h m e n s , die A n g e b o t s und N a c h f r a g e b e z i e h u n g e n , in P r e i s - M e n g e n - D i a g r a m m e n dargestellt w e r d e n . Es wird unterstellt, d a ß d i e A n g e b o t s m e n g e und d i e N a c h f r a g e m e n g e n u r p r e i s a b h ä n g i g sind. A l l e w e i t e r e n E i n f l u ß g r ö ß e n a u f die A n g e b o t s - und N a c h f r a g e b e z i e h u n g w e r d e n

mit

H i l f e d e r „ c e t e r i s - p a r i b u s " - K l a u s e l als konstant betrachtet, so d a ß sich keine A b h ä n g i g k e i t s v e r h ä l t n i s s e h i n s i c h t l i c h d e r V e r ä n d e r u n g e n v o n Preisen und M e n g e n e r g e b e n . D e r P r e i s - M e n g e n - A n s a t z ist als d e r traditionelle A n s a t z der B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e a n z u s e h e n , d e r d e m t r a d i t i o n e l l e n Idealansatz d e r Ö k o n o m i e entspricht. D i e s e r A n s a t z unterstellt, d a ß d i e ö k o n o m i s c h e n Aktivitäten in einer reinen ( f r e i e n ) M a r k t w i r t s c h a f t a u f M ä r k t e n e r f o l g e n , auf d e n e n v o l l k o m m e n e K o n k u r r e n z herrscht. V o l l k o m m e n e K o n k u r r e n z b z w . v o l l k o m m e n e r W e t t b e w e r b liegt vor, w e n n die f o l g e n d e n B e d i n g u n g e n e r f ü l l t sind: ( 1 ) ein h o m o g e n e s G u t ( k e i n e Q u a l i t ä t s u n t e r s c h i e d e ) , ( 2 ) ein Preis, ( 3 ) k e i n e z e i t l i c h e n , r e g i o n a l e n , sachlichen und p e r s ö n l i c h e n P r ä f e r e n z e n , (4) unendliche schnelle Anpassungsgeschwindigkeit, (5) vollständige Transparenz/Information, (6) keine Transaktionskosten, (7) u n e n d l i c h v i e l e M a r k t t e i l n e h m e r a u f beiden M a r k t s e i t e n , d a m i t kein W i r t s c h a f t s s u b j e k t E i n f l u ß a u f die P r e i s g e s t a l t u n g hat ( M e n g e n a n p a s s e r , keine M a r k t m a c h t ) , ( 8 ) r ä u m l i c h e r und z e i t l i c h e r P u n k t m a r k t und ( 9 ) kein G e w i n n (G = 0). D i e s e B e d i n g u n g e n sind nicht sehr praxisrelevant. Sie sind a n n ä h e r n d nur a u f B ö r s e n e r f ü l l t . U n a b h ä n g i g von d e r P r a x i s r e l e v a n z dieser B e d i n g u n g e n und der T a t s a c h e , d a ß d i e s e B e d i n g u n g e n in speziellen b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e n M o d e l l e n z u m Teil, so z.B. die B e d i n g u n g k e i n e r zeitlichen, r e g i o n a l e n , sachlichen und p e r s ö n l i c h e n P r ä f e r e n z e n im M o d e l l der P r e i s d i f f e r e n z i e r u n g , a u f g e l ö s t w e r d e n , ist festzustellen, d a ß sie e i n e n PreisM e n g e n - A n s a t z d a r s t e l l e n . Es wird ein h o m o g e n e s G u t betrachtet, f ü r das die g e s a m t e A n g e b o t s - b z w . N a c h f r a g e m e n g e die g l e i c h e Qualität hat. Die Q u a l i t ä t ist folglich konstant und o h n e E i n f l u ß a u f A n g e b o t s - und N a c h f r a g e b e z i e h u n g e n . Die A n g e b o t s - und N a c h f r a g e i n e n g e n sind lediglich vom Preis abhängig.

1.2.4 Der Preis-Qualität-Mengen-Ansatz D e r P r e i s - Q u a l i t ä t - M e n g e n - A n s a t z ist hingegen als m o d e r n e r A n s a t z d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e zu b e z e i c h n e n . Die g r u n d l e g e n d e n B e z i e h u n g s z u s a m m e n h ä n g e von A n g e b o t und N a c h f r a g e sind j e t z t von Preis, Q u a l i t ä t und M e n g e b e e i n f l u ß t . E s ist f e s t z u s t e l l e n ,

25

Grundlagen

d a ß die „ c e t e r i s - p a r i b u s " - K I a u s e l hinsichtlich d e r K o n s t a n z d e r Q u a l i t ä t a u f g e l ö s t w u r d e . E s w e r d e n j e t z t m e h r als ein G u t mit u n t e r s c h i e d l i c h e n Q u a l i t ä t e n betrachtet. D e r P r e i s - Q u a l i t ä t - M e n g e n - A n s a t z ergibt sich als logische K o n s e q u e n z des logistiko r i e n t i e r t e n A n s a t z e s der B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e . Logistik als K o s t e n s e n k u n g s - ( R a t i o n a l i s i e r u n g s - ) und K u n d e n n u t z e n s t e i g e r u n g s k o n z e p t bezieht sich auf d i e g e s a m t e W e r t s c h ö p f u n g s - b z w . L o g i s t i k k e t t e und alle U n t e r n e h m e n s b e r e i c h e . E s w i r d mit d i e s e m K o n z e p t nicht nur eine Integration d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n D i s z i p l i n e n T e c h n i k , I n f o r m a tik und Ö k o n o m i e angestrebt, s o n d e r n auch eine E r w e i t e r u n g des traditionellen

be-

triebswirtschaftlichen Ansatzes. Die E r w e i t e r u n g des traditionellen b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e n A n s a t z e s ergibt sich hinsichtlich d e r A u f l ö s u n g der K o n s t a n t h a l t u n g der Qualität. In den „ J u s t - i n - T i m e " und „ L e a n P r o d u c t i o n / M a n a g e m e n t "

Logistikkonzepten

spielt d i e B e r ü c k s i c h t i g u n g

der

Q u a l i t ä t eine w i c h t i g e Rolle. D i e V e r w i r k l i c h u n g des F l i e ß p r i n z i p s in d e r Logistikkette k a n n a n n ä h e r n d nur erreicht w e r d e n , w e n n M a t e r i a l i e n e i n e s d e f i n i e r t e n Q u a l i t ä t s s t a n d a r d s o h n e Fehler ( N u l l - F e h l e r - S t r a t e g i e ) in der Logistikkette t r a n s p o r t i e r t w e r d e n . U m diesen h o h e n Q u a l i t ä t s a n s p r ü c h e n d e r L o g i s t i k k o n z e p t e g e r e c h t zu w e r d e n , w u r d e n im R a h m e n d e r Logistik Q u a l i t ä t s k o n z e p t e erarbeitet, die unter d e m B e g r i f f „Total Q u a l i t y M a n a g e m e n t ( T Q M ) " bekannt g e w o r d e n sind. D i e s e Q u a l i t ä t s k o n z e p t e sind in d e r Regel v e r b a l e K o n z e p t e , die sich aber in e i n e n q u a n t i t a t i v e n P r e i s - Q u a l i t ä t - M e n g e n - A n s a t z einbringen lassen. D i e s ist n o t w e n d i g , um die A u s w i r k u n g e n von q u a l i t ä t s p o l i t i s c h e n M a ß n a h m e n und Strategien auf die N a c h f r a ge, die Erlöse, d i e K o s t e n und d i e G e w i n n e ermitteln zu k ö n n e n . Ein z w e i t e r A n s a t z p u n k t z u r E r w e i t e r u n g des traditionellen A n s a t z e s d e r Betriebsw i r t s c h a f t s l e h r e hinsichtlich d e r A u f l ö s u n g der K o n s t a n t h a l t u n g der Q u a l i t ä t ergibt sich a u s dem ö k o l o g i e o r i e n t i e r t e n A n s a t z . Der ö k o l o g i e o r i e n t i e r t e A n s a t z der B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e b e r ü c k s i c h t i g t die A u s w i r k u n g e n der Aktivitäten d e r U n t e r n e h m e n und der h e r g e s t e l l t e n G ü t e r a u f die U m w e l t q u a l i t ä t . Es zeigt sich, d a ß ein e c h t e s Q u a l i t ä t s k o n z e p t u m f a s s e n d e r a n g e l e g t sein m u ß . Die H a n d h a b u n g der N u l l - F e h l e r - S t r a t e g i e m u ß so a n g e legt sein, d a ß die B e e i n t r ä c h t i g u n g d e r U m w e l t q u a l i t ä t als F e h l e r b e t r a c h t e t wird. Ein u m f a s s e n d e s Q u a l i t ä t s k o n z e p t f ü h r t f o l g e r i c h t i g zu e i n e m L o g i s t i k k o n z e p t , das als Ö k o Logistik zu b e z e i c h n e n ist (s.o.). Es läßt sich somit festhalten, daß von den in A n l e h n u n g an W ö h e a b g e g r e n z t e n A n sätzen d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e sich v o r allem der Ökologie- und der logistikorientierte A n s a t z als P r e i s - M e n g e n - und als P r e i s - Q u a l i t ä t - M e n g e n - A n s a t z darstellen lassen. Ihre volle A u s s a g e k r a f t erhalten d i e s e A n s ä t z e j e d o c h

nur bei

Interpretation

als

Preis-

Qual ität-Mengen-Ansatz.

1.3 Methoden der Betriebswirtschaftslehre Für die U n t e r s u c h u n g des B e t r a c h t u n g s g e g e n s t a n d e s der B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , den B e t r i e b b z w . d a s U n t e r n e h m e n , das U m f e l d und die B e z i e h u n g s z u s a m m e n h ä n g e

zwi-

s c h e n B e t r i e b und U m f e l d , stehen der B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e e i n e V i e l z a h l von M e t h o -

26

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

den zur Verfugung. 3 ' Es wird, wie bereits ausgeführt, ein wissenschaftlicher Methodenpluralismus vertreten. Die Vielzahl der Methoden kann in diesem Rahmen nicht dargestellt werden. Eine Systematik der Methoden nach dem Meßniveau, dem Genauigkeitsgrad bzw. der Aussagekraft soll einen Überblick vermitteln. Gemäß dem Meßniveau lassen sich die Methoden der Betriebswirtschaftslehre in die folgenden Gruppen einteilen: (1) Methoden mit nominalem Meßniveau, (2) Methoden mit ordinalem Meßniveau, (3) Methoden mit Intervallskalenniveau, (4) Methoden mit Differenzskalenniveau, (5) Methoden mit Verhältnisskalenniveau und (6) Methoden mit absolutem Meßniveau. Die Auflistung der Methoden basiert auf dem Kriterium „Genauigkeitsgrad", so daß die folgende Methode stets ein höheres Meßniveau bzw. einen höheren Genauigkeitsgrad aufweist als die vorgehende Methode. Um den Genauigkeitsgrad einer Methode ausnutzen zu können, müssen bei der Anwendung der Methode Daten bzw. Informationen mit dem entsprechenden Meßniveau herangezogen werden. Für die Informationsbeschaffung stehen der Betriebswirtschaftslehre zwei Gruppen von Methoden zur Verfügung: (1) Methoden der primären Informationsbeschaffung und (2) Methoden der sekundären Informationsbeschaffung. Primäre Informationsbeschaffung liegt vor, wenn der Anwender sich die benötigten Informationen durch eigene Daten- bzw. Informationserhebung mittels Befragung beschafft. Von sekundärer Informationsbeschaffung spricht man, wenn die Informationen aus vorhandenen Materialien, veröffentlichten oder nicht veröffentlichten Statistiken, Berichten etc., zusammengetragen werden. Da die Informationen nach ihrer Beschaffung auch ausgewertet und an den Adressanten weitergeleitet werden müssen, können noch drei weitere Gruppen von Methoden abgegrenzt werden. Dies sind: (1) Methoden der Informationsbeschaffung, (2) Methoden der Informationsverarbeitung und (3) Methoden der Informationsweiterleitung.

1.4 Betrachtungsebenen der Betriebswirtschaftslehre Die in Teil 1, Abschnitt 1.7.3 dargestellten Orientierungsgrößen der Betriebswirtschaftslehre zeigen u.a., daß die Betriebswirtschaftslehre unterschiedliche Betrachtungsebenen hat. Als Beispiel sei die mengenmäßige Betrachtung anhand der Produktivität und die wertmäßige Betrachtung mittels der Wirtschaftlichkeit erwähnt. Diese beiden möglichen Betrachtungsstandpunkte der Betriebswirtschaftslehre geben Anlaß, nach weiteren Betrachtungsstandpunkten zu suchen. In der Tat gibt es noch weitere Betrachterstandpunkte in der Betriebswirtschaftslehre. Noch genereller als die Mengen- und Wertebene sind die System- und die Prozeßebene. Auf der Systemebene wird das Unternehmen als System betrachtet und seine Struktur untersucht bzw. gestaltet. Die Gestaltung erfolgt im Rahmen der Aufbauorganisation. Auf der Prozeßebene werden die im Unternehmen ablaufenden Prozesse zum Betrachtungsgegenstand. Dies ist die Sichtweise der Ablauforganisation, die auf eine optimale Gestaltung der Prozesse ausgerichtet ist. jl

Vgl. u.a. T h o m a s , R.: Quantitative M e t h o d s for Business Studies, London u.a. 1997

Grundlagen

27

Die Mengen- und die Wertebene können noch weiter unterteilt werden. Die M e n g e n ebene unterteilt sich in die Material-, Informations- und Personalebene. Die Materialebene kann auch als Stoff- oder Güterebene bezeichnet werden. Die Wertebene gliedert sich in die Geld-, die Bilanz- und die Kostenrechnungsebene. Die Kostenrechnungsebene kann wiederum in drei Subebenen unterteilt werden. Es können nur die internen oder nur die externen Kosten oder interne und externe Kosten gemeinsam betrachtet werden. Alle Ebenen der Betriebswirtschaftslehre zeichnen sich durch eigene Begriffe bzw. eigene Begriffsinterpretationen aus. Die Begriffe der Betriebswirtschaftslehre zeigen daher in der Regel (leider gibt es auch in diesem Fall Ausnahmen von der Regel) an, auf welcher Ebene der Betriebswirtschaftslehre argumentiert wird. Eine Vermischung der Begriffe hat eine Vermischung der Ebenen zur Folge. Dies führt wiederum zur Vermischung der Argumente und somit zur Inkonsistenz der Argumentation. Dieser Tatbestand ist bei Ableitung und Anwendung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse zu beachten. Zusammenfassend können die folgenden Betrachtungsebenen der Betriebswirtschaftslehre dargestellt werden: •

Systemebene (Aufbauorganisation)



Prozeßebene (Ablauforganisation)



Mengenebene

••

Materialebene

• • Informationsebene ••

Personalebene



Wertebene

• • Geld- (pekuniäre) Ebene • • Bilanz- bzw. bilanzielle (pagatorische) Ebene • • Kostenrechnungs- (kalkulatorische) Ebene • • • Ebene der internen Kostenrechnung • • • Ebene der externen Kostenrechnung • • • Ebene der internen und externen Kostenrechnung Beispiele für betriebswirtschaftliche Begriffe, die sich auf eine bestimmte Betrachtungsebene der Betriebswirtschaftslehre beziehen, sind hinsichtlich • der Geldebene die Begriffe Ausgaben, Einnahmen und Liquidität, • der bilanziellen Ebene die Begriffe A u f w a n d und Ertrag sowie • der Kostenrechnungsebene die Begriffe Kosten und Erlöse. Den Begriffen Gewinn und Wirtschaftlichkeit fehlt der eindeutige Bezug zu einer dieser drei Ebenen. Die Begriffe werden auf allen drei genannten Ebenen angewandt, so daß der Bezug i.d.R. nur aus dem Zusammenhang erkennbar ist.

1.5 Die Lebensphasen des Unternehmens Der Betrachtungsgegenstand der Betriebswirtschaftslehre, der Betrieb bzw. das Unternehmen, hat verschiedene Eigenschaften. Diese Eigenschaften können zur Klassifizierung der Unternehmen benutzt werden. Damit kann die Betriebswirtschaftslehre stan-

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

28

dardisierte Entscheidungshilfe leisten, die auf die Eigenschaften einer bestimmten Klasse von Unternehmen bezogen ist. So unterscheidet die betriebswirtschaftliche Literatur u.a. zwischen Unternehmen, die Sachgüter oder Dienstleistungen herstellen, Unternehmen, die der Industrie oder dem Handwerk zugeordnet werden, oder große, mittlere und kleine Unternehmen. Die Standardisierung der Entscheidungshilfe kann den Zeitaufwand und die Kosten der Entscheidungshilfe verringern. Ein deutlicher Nachteil ist hingegen die Vernachlässigung der besonderen Eigenschaften und der Besonderheit der Situation eines speziellen Unternehmens. Die spezielle Entscheidungshilfe ist nur fall- bzw. unternehmensbezogen möglich. Die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre ist auf Standardisierungen angewiesen. Eine Möglichkeit der Standardisierung der Situationen, in denen sich ein Unternehmen befinden kann, ergibt sich aus der Zerlegung des Lebenszyklus eines Unternehmens in verschiedene Phasen. Der Lebenszyklus eines Unternehmens läßt sich in die folgenden fiinf Phasen einteilen: (1) Unternehmens-/Existenzgründung, (2) Unternehmensführung, (3) Unternehmenserweiterung (Unternehmenskooperation, Unternehmenskonzentration bzw. -fusion), (4) Unternehmenssanierung und (5) Unternehmensauflösung. Die genannten fünf Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens müssen

nicht

zwangsläufig von j e d e m Unternehmen durchlaufen werden. Es sind lediglich mögliche Phasen, die nicht unbedingt alle durchlebt werden oder in der gewählten Auflistung aufeinander folgen müssen. Um die standardisierte Entscheidungshilfe der Betriebswirtschaftslehre situationsbezogener auszurichten, soll sich die vorliegende Darstellung der Betriebswirtschaftslehre primär an den Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens orientieren. Die übliche Ausrichtung der Darstellung der Betriebswirtschaftslehre an den betrieblichen Funktionen soll damit nicht aufgegeben werden. Die betrieblichen Funktionen werden als sekundäres Gliederungskriterium verwendet. Die Verwendung zweier Gliederungskriterien für die Darstellung der Betriebswirtschaftslehre führt zu einer Matrix, aus der zu ersehen ist, welche Rolle die einzelnen betrieblichen Funktionen in den einzelnen Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens spielen. Diese Matrix ist in den Tab. 1 und 2 getrennt nach betrieblichen Grund- und betrieblichen Querschnittsfunktionen dargestellt. A u s den Tab. 1 und 2 ist u.a. zu erkennen, daß die betrieblichen Grundfunktionen in der Gründungsphase eines Unternehmens kaum eine Rolle spielen. Anders ist dies mit den Querschnittsfunktionen. Sie kommen bereits in der Gründungsphase zum Tragen. In der Gründungsphase wird nicht geforscht, nicht produziert und es werden keine Güter am Markt abgesetzt. Allerdings ist bereits in der Gründungsphase ein gewisser Material-, Personal-, Finanz- und Informationsbedarf vorhanden. Zudem sollte bereits in der Gründungsphase die Logistikorientierung erfolgen, um eine Reorganisation zu vermeiden.

Grundlagen

29

Tab. 1: Betriebliche Grundfunktionen in den Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens Forschung und Entwicklung

Beschaffung

Produktion

Absatz

nein

ja

nein

nein

Führung

ja

ja

ja

ja

Erweiterung

ja

ja

ja

ja

Sanierung

ja

ja

ja

ja

Auflösung

nein

ja

ja

ja

Gründung

Quelle:

eigene Darstellung

Tab. 2: Betriebliche Querschnittsfunktionen in den Phasen des Lebenszyklus eines Unternehmens Personal

Finanzen

Information

Logistik

Gründung

ja

ja

ja

ja

Führung

ja

ja

ja

ja

Erweiterung

ja

ja

ja

ja

Sanierung

ja

ja

ja

ja

Auflösung

ja

ja

ja

ja

Quelle:

eigene Darstellung

1.6 Die b e t r i e b l i c h e n F u n k t i o n e n Die betrieblichen Funktionen werden in der Literatur in betriebliche Grundfunktionen und betriebliche Querschnitts- bzw. Servicefunktionen unterteilt. 32 Unter den betrieblichen Grundfunktionen werden die Tätigkeiten bzw. Aufgaben zusammengefaßt, die sich direkt aus der Marktverbundenheit eines Unternehmens ergeben. Es werden in der Regel die folgenden betrieblichen Grundfunktionen abgegrenzt: (1) Forschung und Entwicklung (F&E), (2) Beschaffung, (3) Produktion und (4) Absatz. Als betriebliche Querschnitts- und Servicefunktion werden Tätigkeiten bzw. Aufgaben zusammengelegt, die einen direkten Bezug zu allen Grundfunktionen aufweisen. Es werden im allgemeinen die im folgenden dargestellten betrieblichen Querschnitts- bzw.

32

Vgl. u.a. Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 43 f.

30

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Servicefunktionen aufgezählt: (1) Personal, (2) Finanzen, (3) Information und (4) Logistik. Diese Funktionen haben also einen Bezug quer über alle Grundfunktionen bzw. erbringen für alle Grundfunktionen bestimmte Serviceleistungen. Die meisten Darstellungen der Betriebswirtschaftslehre sind sachbedingt an den betrieblichen Grund- und Querschnittsfunktionen ausgerichtet. Diese Vorgehensweise soll auch bei der vorliegenden Darstellung der Betriebswirtschaftslehre Berücksichtigung finden.

1.7

Allgemeine Unternehmensaufgaben und -ziele, Prinzipien und Orientierungsgrößen

1.7.1 Aufgaben und allgemeine Ziele von Unternehmen Die allgemeinen Aufgaben eines Unternehmens sind in der Bereitstellung von Gütern, d.h. von Sachgütern und Dienstleistungen, für die Volkswirtschaft und in der Bereitstellung von Arbeitsplätzen für die Wirtschaftssubjekte zu sehen. Die Bereitstellung von Gütern erfolgt durch die Transformation von Produktionsfaktoren (Input) in Endprodukte (Output). Als Produktionsfaktoren werden die drei Elementarfaktoren (objektbezogene Arbeit, Betriebsmittel, das sind Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Werkzeuge, und Werkstoffe, das sind Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) und der dispositive Faktor Arbeit eingesetzt. Der dispositive Faktor Arbeit kommt in zwei Aufgabenbereichen zum Einsatz. Originär wird er für die Leitung eines Unternehmens und derivativ für die Planung, Organisation und Kontrolle eines Unternehmens verwandt. Arbeit findet somit als objektbezogener Elementarfaktor und als dispositiver Faktor im Unternehmen Verwendung. 33 Ein Unternehmen schafft Arbeitsplätze für die Wirtschaftssubjekte, weil Arbeit einen wichtigen Elementarfaktor und den dispositiven Faktor für das Unternehmen darstellt. Die Bereitstellung von Arbeitsplätzen ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Notwendigkeit für ein Unternehmen und daher deutlich anders einzustufen als aus volkswirtschaftlicher Sicht. Auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Bereitstellung von Arbeitsplätzen kann in diesem Rahmen nicht näher eingegangen werden. Das übergeordnete Ziel, weiter unten als Globalziel oder Leitbild bezeichnet, unter dem die Bereitstellung von Gütern und Arbeitsplätzen durch ein Unternehmen erfolgt, wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur als Gewinnmaximierung bezeichnet. Der Gewinn stellt daher eine wichtige Orientierungsgröße dar (s.u.). Das Ziel Gewinnmaximierung ist in der Betriebswirtschaftslehre so dominant, daß häufig das Ziel Rentabilitätsmaximierung und das Nebenziel bzw. die Nebenbedingung Schaffung ausreichender Liquidität zu wenig herausgestellt werden. Im Gliederungspunkt Finanzwirtschaft (Teil 3, Abschnitt 9.8.6.3) wird deutlich, daß Gewinnmaximierung nicht das einzige wichtige Ziel für ein Unternehmen sein kann. Die Rentabilitätsmaximierung und die Schaffung ausreichender Liquidität können wichtiger sein als die Gewinnmaximierung. Es kann durchaus Situationen geben, in denen ein Unternehmen beträchtliche Gewinne macht,

33

Vgl. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd.: Die Produktion, S. 3, 11 ff.

Grundlagen

31

aber keine Liquidität besitzt. Die Nichtbeachtung der Nebenbedingung kann die Zahlungsunfähigkeit und damit das Ausscheiden eines Unternehmens aus dem Markt bewirken.

1.7.2 P r i n z i p i e n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e Der Untersuchungsgegenstand Unternehmen wird in der Betriebswirtschaftslehre unter bestimmten Annahmen bzw. Bedingungen untersucht. Diese als Prinzipien bezeichneten Bedingungen sind zunächst: (1) das rationale Verhalten der Wirtschaftssubjekte (Rational-, Vernunftsprinzip), d.h. ein bestimmtes Ziel mit dem Einsatz möglichst geringer Mittel zu erreichen und (2) das ökonomische Prinzip (Wirtschaftlichkeitsprinzip), d.h. die Übertragung des Rationalprinzips auf die Wirtschaft. Das ökonomische Prinzip liegt in zwei Formulierungen, der mengen- und der wertbezogenen Formulierung, vor. Die mengenbezogene Formulierung lautet: Mit einem gegebenen Bestand an Produktionsfaktoren (Input) die größtmögliche Endproduktmenge (Output) herzustellen (Maximalprinzip) oder mit dem geringstmöglichen Einsatz an Produktionsfaktoren eine fixierte Endproduktmenge zu erzeugen (Minimalprinzip). Die wertbezogene Formulierung besagt: Mit gegebenem Geldbetrag (Kosten) einen maximalen Erlös erwirtschaften oder einen fixierten Erlös mit einem minimalen Geldbetrag erzielen. Die 3. bis 6. Bedingung sind: (3) das Autonomieprinzip (Selbstbestimmung des Wirtschaftsplanes), (4) das Prinzip des Privateigentums, (5) das erwerbswirtschaftliche Prinzip (Gewinnmaximierung) und (6) das finanzielle Gleichgewicht. Als siebte Bedingung, die sich auf das Wirtschaftssystem und den Markt bezieht, wird unterstellt, daß der Betrieb in einer freien Marktwirtschaft agiert, in der der Markt, sowie auch seine Teilmärkte die Marktform der vollkommenen Konkurrenz haben. Die vollkommene Konkurrenz ist durch eine Vielzahl von Annahmen bestimmt, die in der Realität nur annähernd auf Börsen gegeben sind (s.o.).

1.7.3 O r i e n t i e r u n g s g r ö ß e n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e Um Entscheidungen, die das Unternehmen und/oder sein Umfeld betreffen, vorbereiten zu können, braucht die Betriebswirtschaftslehre grundlegende Orientierungsgrößen. In der Literatur werden der Gewinn, die Produktivität, die Wirtschaftlichkeit und die Rentabilität als diese grundlegenden Größen herausgestellt. 34 Der Gewinn (G) ist definiert als Differenz von Erlös (E) und Kosten (K). Der Gewinn soll maximiert werden: (1) G = E - K —»"max. Der Gewinn und die Gewinnmaximierung sind in der Literatur sehr kritisch erörtert worden. Zum einen wird die Gewinnmaximierung als verwerflicher Kapitalismus gesehen. Zum anderen wird die Gewinnmaximierung aufgrund unpräziser Gewinndefinition

34

Vgl. u.a. Wöhe, G.: Einführung ..., S. 47 - 49

32

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

a l s u n m ö g l i c h a n g e s e h e n . S c h l i e ß l i c h sieht die m o d e r n e B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e a n d e r e Ziele der Unternehmung wie - E r l ö s - bzw. U m s a t z m a x i m i e r u n g ( B a u m o l 1959), - K a p i t a l w e r t m a x i m i e r u n g ( B l a t t n e r 1977), - N u t z e n m a x i m i e r u n g d e r M a n a g e r ( C u r v e n 1976), - M a x i m i e r u n g d e s L e b e n s z e i t e i n k o m m e n s ( M o n s e n / D o w n s 1965), - V e r w i r k l i c h u n g d e r A u s g a b e n p r ä f e r e n z ( W i l l i a m s o n 1963 und 1964), - M a x i m i e r u n g e i n e r P r ä f e r e n z f u n k t i o n ( P a p a n d r e o u 1952), - A b w ä g u n g z w i s c h e n Freizeit und E i n k o m m e n , - Machtmaximierung, - b e f r i e d i g e n d e R e a l i s i e r u n g v o n Zielen ( S i m o n 1955 und 1959) s o w i e - g l e i c h z e i t i g e M a x i m i e r u n g v o n G e w i n n , Marktanteil und U m s a t z ( S a t i s f i z i e r u n g ) . D i e Kritik an d e r G e w i n n m a x i m i e r u n g ist aus t h e o r e t i s c h e r Sicht ein M i ß v e r s t ä n d n i s , d e n n d i e G e w i n n m a x i m i e r u n g e r f o l g t bei v o l l k o m m e n e r K o n k u r r e n z , w o d e r G e w i n n gleich Null ist. W ü r d e ein U n t e r n e h m e n in dieser Situation nicht den G e w i n n m a x i m i e ren, w ü r d e es V e r l u s t m a c h e n und m ü ß t e a u s dem M a r k t a u s s c h e i d e n . A u s p r a k t i s c h e r Sicht ist d i e Kritik e h e r a n g e b r a c h t , da U n t e r n e h m e n bei realistischen M a r k t f o r m e n sehr viel G e w i n n m a c h e n können. A l l e r d i n g s b e r u h t die Kritik a u c h in d i e s e m Fall a u f e i n e m M i ß v e r s t ä n d n i s , d e n n bei realistischen M a r k t f o r m e n ist d a s G e w i n n m a x i m u m - w i e a n d e r e K r i t i k e r zu recht behaupten - nicht e i n d e u t i g definiert. G e w i n n ist eine O r i e n t i e r u n g s g r ö ß e , um den E r f o l g eines U n t e r n e h m e n s zu m e s s e n . D i e M a x i m i e r u n g d e s G e w i n n s sollte in d e r Praxis nicht v e r a b s o l u t i e r t w e r d e n . Allerd i n g s darf d a s Ziel G e w i n n m a x i m i e r u n g auch nicht a u s den A u g e n v e r l o r e n w e r d e n . Z u d e m sollte G e w i n n m a x i m i e r u n g ein langfristiges Ziel sein, d.h. es m u ß o f t k u r z f r i s t i g a u f d i e M a x i m i e r u n g verzichtet w e r d e n , um das l a n g f r i s t i g e Ziel zu e r r e i c h e n . Die D i s k u s s i o n um den G e w i n n wird f e r n e r d a d u r c h e r s c h w e r t , d a ß die B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e z w e i G e w i n n b e g r i f f e e n t w i c k e l t hat: den bilanziellen ( p a g a t o r i s c h e n ) und den k o s t e n r e c h n u n g s b e z o g e n e n ( k a l k u l a t o r i s c h e n ) G e w i n n . Bilanzieller G e w i n n ist die D i f f e r e n z z w i s c h e n E r t r a g und A u f w a n d in einer W i r t s c h a f t s p e r i o d e . Es ist die V e r z i n s u n g d e s E i g e n k a p i t a l s . Im G e w i n n e n t h a l t e n sind P e r s o n a l v e r g ü t u n g und U n t e r n e h m e r lohn. D e r k a l k u l a t o r i s c h e G e w i n n ist d i e D i f f e r e n z z w i s c h e n E r l ö s und K o s t e n . E i g e n k a p i t a l z i n s e n und U n t e r n e h m e r l o h n sind in diesem Fall K o s t e n . Bei d e r D e f i n i t i o n d e r v o l l k o m m e n e n K o n k u r r e n z m u ß der k a l k u l a t o r i s c h e G e w i n n ( G = 0) z u g r u n d e g e l e g t w o r d e n sein. Die

Produktivität

(P)

ist

definiert

als

Verhältnis

von

mengenmäßigem

Ertrag

( E n d p r o d u k t ) e i n e s U n t e r n e h m e n s ( g e m e s s e n in Stück, K i l o g r a m m , M e t e r u s w . ) zu m e n g e n m ä ß i g e m E i n s a t z an P r o d u k t i o n s f a k t o r e n ( g e m e s s e n in A r b e i t s s t u n d e n , B e t r i e b s m i t tel- und W e r k s t o f f e i n h e i t e n ) : Output (2) P = Input

Grundlagen

33

D i e P r o d u k t i v i t ä t gibt die L e i s t u n g e i n e s U n t e r n e h m e n s in b e z u g a u f e i n e L e i s t u n g s e i n h e i t ( A r b e i t s z e i t , Inputeinheit) an. Es wird d i e m e n g e n m ä ß i g e L e i s t u n g s f ä h i g k e i t wid e r g e s p i e g e l t . D i e P r o d u k t i v i t ä t wird a u c h als t e c h n i s c h e W i r t s c h a f t l i c h k e i t b e z e i c h n e t ( W ö h e ) . E s h a n d e l t sich um e i n e m e n g e n b e z o g e n e O r i e n t i e r u n g s g r ö ß e . D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t ( W ) ist d e f i n i e r t als V e r h ä l t n i s von Erlös zu K o s t e n o d e r v o n E r t r a g zu A u f w a n d : Erlös

Ertrag

(3) W , =

oder

W2 =

Kosten

Aufwand

D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t ist eine w e r t b e z o g e n e O r i e n t i e r u n g s g r ö ß e . Es w i r d d i e w e r t mäßige Leistungsfähigkeit widergespiegelt. D i e R e n t a b i l i t ä t (R) ist definiert als V e r h ä l t n i s von bilanziellem G e w i n n zum eingesetzten K a p i t a l o d e r zum U m s a t z . M a n u n t e r s c h e i d e t z w i s c h e n G e s a m t - ( G R K = R | ) und E i g e n k a p i t a l - ( E K R = R 2 ) s o w i e U m s a t z r e n t a b i l i t ä t ( U R = R 3 ): Gewinn + Fremdkapitalzinsen (4) R, =

• 100 Gesamtkapital Gewinn

(5)R2=

• 100 Eigenkapital Gewinn

(6)R3=

• 100 Umsatz

R e n t a b i l i t ä t ist eine bilanzielle O r i e n t i e r u n g s g r ö ß e , die das V e r h ä l t n i s einer E r f o l g s g r ö ß e z u m in e i n e r W i r t s c h a f t s - b z w . R e c h n u n g s p e r i o d e eingesetzten K a p i t a l b z w . z u m Umsatz widerspiegelt. D i e O r i e n t i e r u n g s g r ö ß e n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e w e r d e n im R a h m e n d e s A b schnitts K o n t r o l l e bzw. C o n t r o l l i n g a u s f ü h r l i c h e r b e h a n d e l t (Teil 3, A b s c h n i t t 8.3).

2. Das Unternehmensumfeld D e r B e t r a c h t u n g s g e g e n s t a n d d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , das U n t e r n e h m e n , kann nicht isoliert w e r d e n . D a s U n t e r n e h m e n ist in ein U m f e l d eingebettet, d a s bei d e r E n t s c h e i d u n g s h i l f e b e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n m u ß . D a s U m f e l d eines U n t e r n e h m e n s ist prinzipiell die V o l k s w i r t s c h a f t , in d e r d a s U n t e r n e h m e n agiert. A l l e r d i n g s kann das U m f e l d a u c h a n d e r s g e s e h e n w e r d e n . D a s U m f e l d k a n n g e o g r a p h i s c h b z w . v e r w a l t u n g s p o l i t i s c h gegliedert w e r d e n in die G e m e i n d e , d a s B u n d e s l a n d , die V o l k s w i r t s c h a f t , s u p r a n a t i o n a l e I n t e g r a t i o n s g e m e i n s c h a f t e n und die W e l t w i r t s c h a f t . D a s U m f e l d kann aber auch s a c h l i c h in ein soziales, ö k o l o g i s c h e s , politisches, kulturelles etc. U m f e l d unterteilt w e r d e n . Die v e r s c h i e d e n e n U n t e r t e i l u n g s m ö g l i c h k e i t e n des U m f e l d e s v e r d e u t l i c h e n , d a ß letztlich alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen herangezogen werden können.

34

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Hier soll das Umfeld des Unternehmens behandelt werden, das als Volkswirtschaft bezeichnet wird. Es wird bewußt nicht der Begriff Umwelt des Unternehmens benutzt. Dieser Begriff ist zwar häufig in der Literatur zu finden. Er fuhrt jedoch aufgrund der aktuellen U m w e l t ö k o n o m i e bzw. Umweltpolitik zu Verwechselungen. Dies sollte vermieden werden. Der Behandlung des Umfeldes des Unternehmens kommt hohe Bedeutung zu, weil das Unternehmen nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit seinem Umfeld zu analysieren ist. Die Beziehungen eines Unternehmens zu seinem Umfeld und die Umfeldbedingungen bilden wichtige Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens. Unternehmensftihrung ohne Berücksichtigung der Strukturen und Bedingungen des Umfeldes kann nicht optimal sein. Die Erfolgschancen des Unternehmens werden nicht voll ausgeschöpft. Zum Umfeld des Unternehmens gehören die Verbraucher, die Konkurrenten, die Märkte, die Verbände, der Staat und seine Institutionen, das Wirtschafts- und Gesellschaftssystem sowie die Umwelt als ökologisches System. Das Umfeld eines Unternehmens enthält u.a. die Infra- und die Suprastruktur. Zur Infrastruktur eines Unternehmens zählen u.a. die Verkehrswege, Bildungsinstitutionen etc. In der Regel erstellt der Staat die Infrastruktur. Als Suprastruktur wird die Gesamtheit der Unternehmen und die Unternehmensverbände bezeichnet.

2.1 Die soziale Marktwirtschaft als Umfeld des Unternehmens In der Bundesrepublik Deutschland wird ein Wirtschaftssystem praktiziert, das als soziale Marktwirtschaft 3 5 bezeichnet wird. Dieses System muß in seiner Konstruktions- und Funktionsweise näher beschrieben werden, damit die Unternehmensführer in der Lage sind, ihr Unternehmen im Umfeld optimal zu plazieren. Der sozialen Marktwirtschaft liegt das Planungs- und Steuerungsprinzip der freien Marktwirtschaft zugrunde. Im Gegensatz zur freien Marktwirtschaft, die in ihrer reinsten Form ohne bzw. nur mit wenigen staatlichen Aktivitäten (z.B. der Landesverteidigung) auskommt, weist das Konzept der sozialen Marktwirtschaft dem Staat die A u f g a b e zu, für die Funktionsfähigkeit des Marktes und die sozial gerechte Verteilung der Marktergebnisse Sorge zu tragen. Der Staat soll in der sozialen Marktwirtschaft die Chancengleichheit seiner Bürger für ihr Agieren am Markt herstellen. Das Agieren der Bürger am Markt erfolgt dann in eigener und freier Verantwortung. Im folgenden sollen die Strukturen der sozialen Marktwirtschaft näher betrachtet werden. Dazu ist zunächst auf die freie Marktwirtschaft und ihre grundlegenden Konstruktionselemente einzugehen.

35

Vgl. u.a. Witte, H.: Die Aufgaben des Staates in der Sozialen Marktwirtschaft, in: Wirtschaft und

Gesellschaft im B e r u f , 18. Jg. (1993), S. 2 1 8 - 222

35

Grundlagen

2.2 Die Aufgaben des Staates in der sozialen Marktwirtschaft In der freien Marktwirtschaft agieren freie Wirtschaftssubjekte auf freien Märkten. Der Markt wird als Koordinationsmechanismus akzeptiert, der gleich einer unsichtbaren Hand (Adam Smith) die Wirtschaftsaktivitäten so koordiniert, daß das bestmögliche Wirtschaftsergebnis, sprich der höchste Wohlstand, erzielt wird. Damit freie Wirtschaftssubjekte existieren und freie Märkte vorliegen, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein: Privateigentum, Vertragsfreiheit,- Berufsfreiheit (Gewerbefreiheit und freie Wahl des Arbeitsplatzes), Konsumfreiheit und in der Regel auch das R e c h t a u f freie, gleiche sowie geheime Wahl im politischen System. Die freien Wirtschaftssubjekte können am freien Markt Güter anbieten und nachfragen. Es liegt einerseits in ihrem Eigeninteresse, aufgrund von Erfolgs- und Gewinnstreben, Güter zu produzieren und am Markt anzubieten. Andererseits besteht ein Bedarf an Gütern, die für das tägliche Leben als notwendig oder nützlich eingestuft werden. Diese Güter werden am Markt nachgefragt. Die Produktion von Gütern für den Markt ist mit Kosten verbunden. Damit diese Kosten gedeckt werden, muß der Nachfrager einen Preis für das Gut zahlen. Dieser Preis ist gleichzeitig Informationsinstrument für den Produzenten. Kann er sein Gut zu einem Preis auf dem Markt absetzen, der ihm mindestens Kostendeckung bringt, so lohnt sich die Produktion dieses Gutes. Kann hingegen keine Kostendeckung erzielt werden, so lohnt sich die Produktion dieses Gutes nicht. Gewinnbzw. Verlust bilden somit für den Produzenten das Motivationsinstrument, die Produktion eines Gutes fortzusetzen bzw. zu stoppen. Das Gewinnstreben der Wirtschaftssubjekte sorgt dafür, daß keine Güter am Markt angeboten werden, deren Produktion nicht lohnend ist. Der Preis trägt dafür Sorge, daß die angebotenen Güter auch dem Bedarf der Nachfrage entsprechen. Diese Aufgabe kann der Preis jedoch nur erfüllen, wenn am Markt Alternativen bestehen. Der Nachfrager darf also nicht gezwungen sein, ein bestimmtes Gut zu kaufen. Die Alternativen bedeuten Konkurrenz bzw. Wettbewerb zwischen den angebotenen Gütern bzw. den entsprechenden Unternehmen. Der Wettbewerb ist Ausleseinstrument für die Güterpalette, die den Bedarf der Nachfrage zum niedrigsten Preis bzw. den niedrigsten Produktionskosten deckt und damit den bestmöglichen Einsatz der knappen Produktionsfaktoren, das bestmögliche gesamtwirtschaftliche

Wirtschaftsergebnis

(Sozialprodukt)

bewirkt

bzw.

den

größtmöglichen

Wohlstand erzeugt. Der Marktmechanismus in der freien Marktwirtschaft funktioniert nur, wenn die Wirtschaftssubjekte auch den Preis für die nachgefragten Güter bezahlen können. Sie müssen also durch eigenes Angebot (von Gütern oder Arbeit) am Markt Gewinne bzw. Einkommen erzielen. Dieses Einkommen ist die Entlohnung für ihre Leistungen. Die Entlohnung am Markt erfolgt also nach dem Leistungsprinzip. Jeder wird nach seiner Leistung entlohnt. Wer weniger leistet erhält weniger Einkommen. Die freie Marktwirtschaft wird wegen ihrer Fundierung auf dem Leistungsprinzip häufig kritisiert. Leistungsschwächere Bürger haben in der freien Marktwirtschaft nicht

36

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

die g l e i c h e n C h a n c e n w i e l e i s t u n g s s t a r k e . A b e r d i e statt des L e i s t u n g s p r i n z i p s p r o p a g i e r ten V e r t e i l u n g s p r i n z i p i e n besitzen n i c h t die gleiche A n r e i z f u n k t i o n z u r L e i s t u n g w i e das Leistungsprinzip. D a s G l e i c h h e i t s p r i n z i p f o r d e r t f ü r j e d e n Bürger d a s G l e i c h e und u n t e r d r ü c k t s o m i t den L e i s t u n g s w i l l e n . D a j e d e r u n a b h ä n g i g von seiner L e i s t u n g die g l e i c h e E n t l o h n u n g e r h ä l t , besteht kein L e i s t u n g s a n r e i z . J e d e r B ü r g e r b e k o m m t die g l e i c h e E n t l o h n u n g una b h ä g i g d a v o n , w i e v i e l er leistet. A u c h d a s B e d ü r f n i s p r i n z i p , g e m ä ß d e m j e d e r nach seinen B e d ü r f n i s s e n e n t l o h n t w i r d , u n t e r g r ä b t d i e L e i s t u n g s m o r a l . Die L e i s t u n g s m o r a l ist aber das w i c h t i g s t e A n t r i e b s e l e m e n t einer M a r k t w i r t s c h a f t . D i e F r a g e ist also, wie kann man d i e L e i s t u n g s s c h w ä c h e r e n s c h ü t z e n , o h n e den Leistungswillen der Leistungsstärkeren

zu s c h w ä c h e n ? D i e soziale M a r k t w i r t s c h a f t hält

d e s h a l b bei d e r E n t l o h n u n g am L e i s t u n g s p r i n z i p fest und v e r s u c h t es d u r c h eine staatlic h e U m v e r t e i l u n g a b z u s c h w ä c h e n . M a n könnte d a h e r v o m s c h w a c h e n o d e r korrigierten L e i s t u n g s p r i n z i p s p r e c h e n . Die M a r k t a k t i v e n , a l s o d i e L e i s t u n g s s t a r k e n , w e r d e n

nach

d e m L e i s t u n g s p r i n z i p entlohnt, w ä h r e n d d i e M a r k t p a s s i v e n ( K i n d e r , R e n t n e r , K r a n k e , A r b e i t s l o s e ) d u r c h ein System v o n sozialen Leistungen (soziales N e t z ) v e r s o r g t w e r d e n . Die z u u n g u n s t e n dieser B ü r g e r v e r l a u f e n d e V e r t e i l u n g über den M a r k t g e m ä ß d e m Leis t u n g s p r i n z i p w i r d d u r c h eine s t a a t l i c h e U m v e r t e i l u n g korrigiert. D e r Staat soll dabei b e w u ß t nicht in den M a r k t m e c h a n i s m u s e i n g r e i f e n und somit die F u n k t i o n s - und Leis t u n g s f ä h i g k e i t d e s M a r k t e s nicht b e e i n t r ä c h t i g e n . Die K o r r e k t u r der M a r k t u n g e r e c h t i g keiten e r f o l g t d u r c h e i n e spätere U m v e r t e i l u n g z u g u n s t e n der M a r k t p a s s i v e n . D i e A u f g a b e n des Staates in d e r sozialen M a r k t w i r t s c h a f t unterteilen sich in zwei Ber e i c h e : E i n e r s e i t s m u ß der Staat die F u n k t i o n s f ä h i g k e i t des M a r k t m e c h a n i s m u s b z w . des W e t t b e w e r b s d u r c h eine e n t s p r e c h e n d e O r d n u n g s p o l i t i k ( W e t t b e w e r b s p o l i t i k ) sichern, a n d e r e r s e i t s m u ß er d i e U n g e r e c h t i g k e i t e n , die a u f g r u n d der V e r t e i l u n g a m M a r k t g e m ä ß d e m L e i s t u n g s p r i n z i p entstehen, d u r c h eine U m v e r t e i l u n g s - b z w . Sozialpolitik korrigieren. D i e d a r g e s t e l l t e n A u f g a b e n des S t a a t e s in d e r sozialen M a r k t w i r t s c h a f t sollen im folgenden näher beschrieben werden. G e n e r e l l hat der Staat die R a h m e n b e d i n g u n g e n f ü r die am M a r k t a g i e r e n d e n Wirts c h a f t s s u b j e k t e zu g e w ä h r l e i s t e n , d a m i t deren A k t i o n e n

insgesamt das

bestmögliche

W i r t s c h a f t s e r g e b n i s b e w i r k e n . D e r Staat soll durch die G e w ä h r l e i s t u n g d e r R a h m e n b e dingungen

f ü r d a s A g i e r e n der W i r t s c h a f t s s u b j e k t e die volle F u n k t i o n s f ä h i g k e i t

des

M a r k t e s h e r s t e l l e n und sichern. N u r a u f einem voll f u n k t i o n s f ä h i g e n M a r k t kann das b e s t m ö g l i c h e W i r t s c h a f t s e r g e b n i s z u s t a n d e k o m m e n . F u n k t i o n s s t ö r u n g e n des M a r k t e s b e w i r k e n ein s c h l e c h t e r e s als d a s f ü r d i e V o l k s w i r t s c h a f t insgesamt b e s t m ö g l i c h e W i r t s c h a f t s e r g e b n i s . Die F u n k t i o n s f ä h i g k e i t d e s Marktes ist dann gestört, w e n n W i r t s c h a f t s s u b j e k t e M a r k t m a c h t besitzen oder v e r s u c h e n den am M a r k t

einzelne

herrschenden

W e t t b e w e r b e i n z u s c h r ä n k e n . U m d i e s zu verhindern, soll der Staat O r d n u n g s -

bzw.

Wettbewerbspolitik betreiben. In der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d bildet das "Gesetz gegen W e t t b e w e r b s b e s c h r ä n k u n g e n " die r e c h t l i c h e G r u n d l a g e f ü r d i e staatliche W e t t b e w e r b s p o l i t i k . D a s G e s e t z wird auch von e i n i g e n A u t o r e n als d a s " G r u n d g e s e t z der M a r k t w i r t s c h a f t " b e z e i c h n e t . Im

Grundlagen

37

G W B , wie das "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen" kurz genannt wird, sind folgende Grundsätze festgelegt: (1) das generelle Kartellverbot mit Erlaubnisvorbehalt, (2) das Verbot von abgestimmtem Verhalten, (3) die Kontrolle von marktbeherrschenden Unternehmen, (4) die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen und der Erlaubnisvorbehalt für Unternehmenszusammenschlüsse sowie (5) die Kontrolle von diskriminierendem Verhalten und die Einhaltung der Wettbewerbsregeln. Die Kontrolle der Einhaltung der Wettbewerbsregeln erfolgt durch das Bundeskartellamt mit Sitz in Berlin. Das G W B ist seit 1957 mehrfach novelliert worden. In diesen Gesetzesänderungen spiegelt sich u.a. die Einstellung zur Wettbewerbspolitik in der Bundesrepublik Deutschland wider. Sie schwankte zwischen der Bevorzugung regulierender Eingriffe des Staates in den Marktmechanismus in Form von Preis- sowie Kapazitätsregulierungen und der Betonung der Wettbewerbsfreiheit. Die Aufgaben des Staates zur Umverteilung zeigen sich in der Bundesrepublik Deutschland in einer Reihe von sozialen Maßnahmen, die hier nicht abschließend aufgezählt werden können. Als wichtigste Komponenten des sozialen Sicherungssystems sind zu nennen: Altersversorgung, Invalidenversorgung, Hinterbliebenenversorgung, Krankheitsversorgung, Familienlastenausgleich (Kindergeld, Leistungen bei Geburt und Kinderbetreuung), Versorgung bei Verlust des Arbeitsplatzes, sozialer Wohnungsbau, Wohnungsbauförderung, Wohngeld, Sozialhilfe, Sozialfürsorge, Vermögensbildung und Sparförderung. Ferner hat der Staat für ausreichende Rechte der Arbeitnehmer autonomie, Mitbestimmung), muß die Infrastruktur erstellen und den Wirtschaft sowie Gesellschaft fördern und erleichtern. Schließlich heute auch die Aufgabe zu, für die Verbesserung und Erhaltung der und Umweltpolitik zu betreiben (s.u.).

zu sorgen (TarifStrukturwandel in kommt dem Staat Umwelt zu sorgen

Ein wichtiges Element der sozialen Marktwirtschaft stellt auch das Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabWG) dar. Der Staat wird mit diesem Gesetz verpflichtet, die Voraussetzungen für eine soziale, menschenwürdige Lebensweise in unserer Gesellschaft zu schaffen. Der Staat soll für ein angemessenes und stetiges Wachstum, Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität und ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht sorgen (Magisches Viereck). Aber selbst mit all den genannten Elementen allein ist der Erfolg der sozialen Marktwirtschaft nicht zu erklären. Ein weiteres wichtiges Element stellt die gemäßigte Variante der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik mit einer Geldmengensteuerung durch die Deutsche Bundesbank dar. Diese Wirtschaftspolitik wurde in der Bundesrepublik Deutschland seit der "politischen Wende" im Jahre 1982 vertreten. Die Erfolge dieser Wirtschaftspolitik zeigen sich an einem mäßigen, aber lang andauernden Wirtschaftswachstum von 1983 bis 1990, also bis zur Vereinigung Deutschlands. Konjunktureinbrüche sind in dieser Zeit nicht zu beobachten. 1990 trat ein Strukturbruch auf, der die Entwicklung beeinflußte und die Interpretation erschwert. Eine weitere Aufgabe des Staates in der sozialen Marktwirtschaft besteht darin, die Infrastruktur bereitzustellen, die notwendig ist, damit Angebot und Nachfrage auf dem

38

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Markt zusammentreffen können. Dabei ist zunächst an die Verkehrsinfrastruktur zu denken, die die Möglichkeit schafft, Güter und Personen vom Ort der Produktion zum Ort des Verbrauches zu transportieren. Zur Infrastruktur gehört auch das Bildungswesen, das Informationssystem usw. Der Begriff Infrastruktur umfaßt nach Jochimsen, "die Summe aller materiellen, institutionellen und personellen Anlagen, Einrichtungen und Gegebenheiten...", 36 in einer arbeitsteiligen Wirtschaft, die (a) eine Angleichung der regionalen und sektoralen Unterschiede der Entlohnung der Produktionsfaktoren bewirken und (b) das Wachstum der Volkswirtschaft steigern. Stohler 37 versteht unter Infrastruktur das gesamte öffentliche Kapital und Infrastrukturausgaben sind für ihn öffentliche Investitionen für kollektive Güter. Diese Abgrenzung entspricht am ehesten dem englischen Begriff "social overhead capital", wie er im angelsächsischen Sprachgebrauch für Infrastruktur üblich ist. Frey 38 unterscheidet zwei Arten von Infrastrukturen: (1) Die produktive Infrastruktur, sie ist unternehmensorientiert und stellt eine Vorleistung zur Erstellung privater Güter dar, und (2) die konsumtive Infrastruktur, die Endproduktcharakter besitzt und haushaltsorientiert ist. Die Begriffsabgrenzung von Verkehrsinfrastruktur beschränkt sich auf die Aufzählung der Bestandteile der materiellen Infrastruktur: Verkehrswege und ortsfeste Anlagen, also Gleisanlagen der Eisenbahnen, Unter- und Oberbau einschließlich der Oberleitungen, Brücken, Signalanlagen, Straßen, See- und Binnenhäfen, Wasserstraßen, Flughäfen etc. In der sozialen Marktwirtschaft hat der Staat die Verantwortung für das Fortbestehen der Menschheit und soll daher Umweltpolitik betreiben. In der Bundesrepublik Deutschland sind die umweltpolitischen Aufgaben dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übertragen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) ist heute für Grundsatzfragen der Umweltpolitik, grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Immissionsschutz, Umwelt und Gesundheit, Schutz vor Gefahrstoffen, Naturschutz, Bodenschutz, Sicherheit kerntechnischer Einrichtungen, Strahlenschutz sowie nukleare Ver- und Entsorgung zuständig. Die Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland orientiert sich an drei grundlegenden Prinzipien: dem Umweltvorsorgeprinzip, dem Verursacherprinzip und dem Kooperationsprinzip. Das Umweltvorsorgeprinzip besagt, daß der Abbau von in der Vergangenheit entstandenen Umweltschäden nicht einziges Anliegen der Umweltpolitik sein kann. Zum Umweltschutz gehört auch die Verpflichtung, durch Gefahrenabwehr, Risikovorsorge und Zukunftsvorsorge gegenwärtigen und späteren Umweltschäden vorzubeugen. Das Verursacherprinzip fordert die Kosten der Umweltschäden den Verursachern 16

Jochimsen, R.: Theorie der Infrastruktur, Tübingen 1966, S. 100

37

Vgl. Stohler, J.: Zur rationalen Planung der Infrastruktur, in: Konjunkturpolitik, 11. Jg. (1965),

S. 2 7 9 - 308, hier S. 280, 294 38

Frey, R.L.: Die Infrastruktur. Grundlagen der Planung öffentlicher Investitionen, 2. Aufl., Tü-

bingen, Zürich 1972, S. 19

Grundlagen

39

anzulasten und so die Eigeninitiative im Umweltschutz zu fördern. Gleichzeitig wird der Umweltschutz damit dem Funktionsprinzip der Marktwirtschaft unterstellt. Das Kooperationsprinzip ist eine politische Verfahrensweise, die Bürger und die gesellschaftlichen Organisationen am umweltpolitischen Handeln des Staates zu beteiligen. Dadurch wird das umweltpolitische Verantwortungsgefühl in der Gesellschaft sowie die Identifikation mit dem Staat und seinen Zielen gestärkt. Betrachtet man das System der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland, so stellt man fest, daß die soziale Marktwirtschaft eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus und zur Umverteilung umfaßt. Wichtig für den Erfolg der sozialen Marktwirtschaft sind vor allem zwei Aspekte: Der Leistungswille der Marktaktiven darf durch die Umverteilungsmaßnahmen nicht geschwächt werden und die Funktionsfähigkeit des Marktmechanismus muß erhalten bleiben. Nur so besteht genügend Flexibilität, um die Volkswirtschaft ständig an sich verändernde Wirtschaftsbedingungen anzupassen. Geht diese Anpassungsflexibilität verloren, so kann auch die soziale Marktwirtschaft nur kurzfristig erfolgreich sein. Die Erweiterung der sozialen Marktwirtschaft zur öko-sozialen Marktwirtschaft ist, wenn man den Vätern der sozialen Marktwirtschaft, Müller-Armack und Erhard, 3 9 folgt, nicht notwendig. Die soziale Marktwirtschaft bietet nach ihrer Auffassung einen flexiblen Rahmen, in dem auch die Umweltprobleme gelöst werden können.

2.3 Die Bedeutung des Wettbewerbs Die Bedeutung des Wettbewerbs für die soziale Marktwirtschaft ist anhand der Funktionen des Wettbewerbs zu veranschaulichen. In der Literatur werden dem Wettbewerb unterschiedliche Funktionen zugeschrieben. Als Standard gelten die von Kantzenbach 4 0 und Hoppmann 4 1 festgelegten Funktionen. Kantzenbach stellt als Funktionen des Wettbewerbs die Gewährleistung

von Handlungsfreiheil,

sammensetzung,

Faktorallokation,

Fortschritt

optimaler

Einkommensverteilung,

Anpassungsflexibilität

heraus. Hoppmann hingegen sieht die Gewährleistung

heit und ökonomischer

Vorteilhaftigkeit

Angebotszu-

und von

technischem Wettbewerbsfrei-

als die Funktionen des Wettbewerbs.

Die unterschiedliche Abgrenzung der Funktionen des Wettbewerbs bei Kantzenbach und Hoppmann begründet sich aus den unterschiedlichen Wettbewerbskonzepten, die die beiden genannten Autoren vertreten. Die Geschichte der Wettbewerbspolitik in der Bundesrepublik Deutschland ist durch die Hoppmann-Kantzenbach-Kontroverse geprägt. Es ist festzustellen, daß vor der „politischen W e n d e " (1982) die bundesdeutsche Wettbe-

19

Vgl. Müller-Armack, A.: Soziale Marktwirtschaft, in: H d S W , Bd. 9, Stuttgart u.a. 1956, S. 390 -

392, hier S. 392; Erhard, L./Müller-Armack, A.: Soziale Marktwirtschaft. O r d n u n g für die Zukunft. Manifest '72, Frankfurt/M., Berlin, Wien 1972, S. 293 ff. 40 41

Vgl. Kantzenbach, E.: Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, 2. Aufl., Göttingen 1967 Vgl. H o p p m a n n , E.: Zum Problem einer wirtschaftspolitisch praktikablen Definition Wettbe-

werb, in: Schneider, H.K. (Hrsg.): Grundlagen der Wettbewerbspolitik, Berlin 1968, S. 9 - 4 9

40

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

werbspolitik stark durch die von Kantzenbach vertretene Wettbewerbskonzeption geprägt wurde. Mit der „politischen W e n d e " wurde dann mehr die von Hoppmann vertretene Freiheit des Wettbewerbs, die auch im Konzept der „Chicago School" zum Ausdruck kommt, zu einem die Wettbewerbspolitik prägenden Element. Aus diesem Wandel der bundesdeutschen Wettbewerbspolitik ist zu entnehmen, daß die Bedeutung des Wettbew e r b s in der sozialen Marktwirtschaft nicht konstant, sondern durchaus Veränderungen unterlegen ist. Der Wandel bewirkt eine veränderte Gewichtung der einzelnen in der Literatur herausgestellten Funktionen des Wettbewerbs.

2.4 Die Beziehungen des Unternehmens zum Umfeld Die Beziehungen eines Unternehmens zum Umfeld sind sehr vielfältig. Sie können in diesem Rahmen nicht für alle Einzelfälle dargestellt werden. Die vielleicht wichtigsten Beziehungen für ein Unternehmen sind die zu den Märkten. Auf diese Beziehungen soll hier näher eingegangen werden. Es wird zwischen dem Unternehmen (Beschaffungsmarkt und

seine Teilmärkte) und dem

Unternehmen

vorgelagerten nachgelagerten

Märkten (Absatzmarkt und seine Teilmärkte) unterschieden. Ein Unternehmen kauft die Produktionsfaktoren auf dem Beschaffungsmarkt und verkauft das erzeugte Endprodukt auf dem Absatzmarkt. Der Beschaffungs- bzw. Faktormarkt wird in die folgenden Teilmärkte differenziert: Arbeitsmarkt, Geld- und Kapitalmarkt, Informationsmarkt, Immobilienmarkt und Gütermarkt f ü r Sachgüter (Betriebsmittel und Werkstoffe) und Dienstleistungen. Der Absatzmarkt gliedert sich z.B. wie folgt: Gütermarkt für Sachgüter und Dienstleistungen (allgemein), Produktmarkt j e nach Branche des Unternehmens (speziell) und Entsorgungsmarkt. Die ökonomische Theorie unterstellt in der Regel, daß auf den Märkten, zu denen ein Unternehmen Beziehungen unterhält, vollkommene Konkurrenz (Wettbewerb) herrscht. Unter dieser A n n a h m e funktionieren die Märkte optimal, d.h. es wird das bestmögliche Ergebnis für die gesamte Wirtschaft, das Pareto-Optimum, erzielt. In der Praxis liegen hingegen monopolistische, dyopolistische oder oligopolistische Märkte vor. Folglich funktionieren die Märkte in der Praxis nicht so optimal wie es die Theorie sieht. Das bestmögliche Ergebnis f ü r die gesamte Wirtschaft ist daher nicht realisierbar. Es kann nur ein Suboptimum erreicht werden. Vermutlich ist nicht einmal das zweitbeste Optimum, wie es ein praxisorientierter Ansatz der Ökonomie formuliert, zu erreichen. Unternehmen müssen sich darüber im klaren sein, daß ihr Angebots- und Nachfragcverhalten die Struktur der Märkte (Preise und Mengen) beeinflußt. Daher muß geprüft werden, w e l c h e Reaktionen (Wirkungen) das Verhalten eines Unternehmens an den Märkten hervorruft und ob diese Reaktionen im Sinne des Unternehmens sind (betriebswirtschaftliche Betrachtung). Die Reaktionen sind aber auch aus volkswirtschaftlicher Sicht zu untersuchen. Es ist die Aufgabe der Volkswirtschaftslehre, auftretende makro- und mikroökonomische Wirkungen zu prüfen. Die Verhaltensweisen der Unternehmen und die entsprechenden Reaktionen auf den Märkten werden mit Hilfe der Angebots- und Nachfragebeziehungen dargestellt. Die Unternehmen treten auf dem Absatzmarkt als Anbieter auf. Sie richten ihre Verhaltens-

Grundlagen

41

weise an einer Angebotskurve aus. Der Angebotskurve liegt eine Angebotsbeziehung bzw. -funktion zugrunde. Die Angebotsbeziehung spiegelt das Verhältnis von angebotener Menge eines Gutes und dem für diese Menge erzielbaren Preis wider. Man spricht davon, daß das Angebot preisabhängig ist. Man unterscheidet zwischen einer normalen und einer anormalen Angebotsbeziehung. Bei normaler Angebotsbeziehung steigt die am Markt angebotene Menge eines Gutes mit steigendem Preis bzw. sinkt diese Menge mit sinkendem Preis. Liegt eine anormale Angebotsbeziehung vor, so sinkt die am Markt angebotene Menge mit steigendem Preis bzw. steigt diese Menge mit sinkendem Preis. Entsprechend gibt es normale und anormale Nachfragebeziehungen. Bei normaler Nachfragebeziehung steigt die nachgefragte Menge eines Gutes mit sinkendem Preis bzw. sinkt diese Menge mit steigendem Preis. Von einer anormalen Nachfragebeziehung spricht man, wenn die nachgefragte Menge eines Gutes mit steigendem Preis steigt bzw. diese Menge mit sinkendem Preis sinkt. Anormale Angebotsbeziehungen gibt es zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt. Bei sehr niedrigem Lohnniveau sind die Arbeiter zur Sicherung des Existenzminimums gezwungen, trotz sinkender Löhne, mehr Arbeit anzubieten. Beispiele für normale Nachfragebeziehungen sind anhand von normalen Gütern zu demonstrieren. Als normale Güter können alle Güter bezeichnet werden, bei denen die im folgenden beschriebenen Effekte nicht auftreten. Es liegt also keine sozial- bzw. prestigeabhängige Nutzeneinschätzung vor. Anormale Nachfragebeziehungen liegen bei Giffen- und Prestigegütern vor. Ein typisches Giffengut ist Brot. Giffen (1837 - 1910) hat gezeigt, daß arme Bevölkerungskreise bei Verteuerung des Brotes mehr statt weniger nachfragen. Veblen (1857 - 1929) belegte das anormale Nachfrageverhalten an bestimmten Luxus- bzw. Prestigegütern. Sie werden aufgrund einer sozial- bzw. prestigeabhängigen Nutzeneinschätzung mit steigendem Preis stärker nachgefragt (Prestige- bzw. Vebleneffekt). Bei optimal funktionierendem Markt pendelt sich ein Marktgleichgewicht ein. Angebot und N a c h f r a g e sind dann ausgeglichen. Es gibt keinen Angebotsüberschuß und auch keine unerfüllten Nachfragewünsche. Für ein Unternehmen heißt das, daß es alle gewünschten Produktionsfaktoren in der gewünschten Menge kaufen kann. Ferner kann es die gesamte Menge des hergestellten Produktes absetzen. Diese theoretischen Idealvorstellungen sind in der Praxis meist nicht erfüllt. Es gibt häufig Angebots- und Nachfrageüberhänge. Die Unternehmen müssen dies in ihren Planungen berücksichtigen. Eine Möglichkeit, Überhänge zu vermeiden, stellt die kundenbzw. auftragssorientierte Produktion im Rahmen der modernen Logistikkonzepte dar. Es werden nur bestellte Güter produziert, für die der Absatz gesichert ist. Die Unsicherheit der Absatzprognose für den Hersteller entfällt. Der Kunde muß bei dieser Produktionsform allerdings auf sein gewünschtes Gut warten.

42

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Kontrollfragen zu Teil 1 1. Welche unterschiedlichen Auffassungen bestehen hinsichtlich der Abgrenzung von Betrieb, Unternehmen und Unternehmung? 2. Nennen Sie f ü n f Ansätze der Betriebswirtschaftslehre! 3. Beschreiben Sie den Logistikansatz der Betriebswirtschaftslehre! 4. Welche Erweiterung führt zum Öko-Logistikansatz der Betriebswirtschaftslehre? 5. W i e unterscheiden sich der Preis-Mengen- und Preis-Qualität-Mengen-Ansatz der Betriebswirtschaftslehre? 6. W i e gliedern sich die Methoden der Betriebswirtschaftslehre? 7. Nennen Sie die Betrachtungsebenen der Betriebswirtschaftslehre! 8. Welche Lebensphasen kann ein Unternehmen durchlaufen? 9. Nennen Sie betriebliche Grundfunktionen! 10. Nennen Sie betriebliche Querschnitts- bzw. Servicefunktionen! 11. Welche allgemeinen Aufgaben hat ein Unternehmen zu erfüllen? 12. Welche allgemeinen Ziele sollte ein Unternehmen verfolgen? 13. Nennen Sie drei Prinzipien, auf denen betriebswirtschaftliche Betrachtungen basieren! 14. Nennen Sie die wichtigsten Orientierungsgrößen der Betriebswirtschaftslehre? 15. A u f welchem Entlohnungsprinzip basiert die soziale Marktwirtschaft? 16. Nennen Sie die wichtigsten Aufgaben des Staates in der sozialen Marktwirtschaft! 17. Nennen Sie wichtige Komponenten des sozialen Netzes! 18. Auf welchen Prinzipien basiert die Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland? 19. Nennen Sie die Funktionen des Wettbewerbs! 20. Wie unterscheiden sich normale und anormale Angebotsbeziehungen? 21. Wie unterscheiden sich normale und anormale Nachfragebeziehungen? 22. W a s versteht man unter einem Marktgleichgewicht?

2. Teil: Unternehmensgründung Die erste Phase des Unternehmenslebenszyklus ist die Unternehmensgründung. Mit der Gründung eines Unternehmens beginnt der Lebenszyklus. Diese erste Phase des Unternehmenszyklus wird nicht nach den betrieblichen Funktionen untergliedert. Sie wird in die Gründungsvoraussetzungen und die Gründungsentscheidungen gegliedert. Die betrieblichen Funktionen kommen zum Teil bei den Gründungsentscheidungen als Gliederungskriterien zum Tragen.

3. Gründungsvoraussetzungen Unter dem Stichwort Gründungsvoraussetzungen werden die Gründungsanlässe, die Gründungsförderung und die Marktanalyse behandelt. Die Gründungsanlässe, die Gründungsförderung und die Marktanalyse bilden grundlegende Tatbestände, die vor einer Unternehmensgründung geklärt sein müssen.

3.1 Anlässe der Unternehmensgründung Für die Unternehmensgründung gibt es verschiedene Anlässe. Die fünf häufigsten Anlässe ein Unternehmen zu gründen sind die Produktidee, das Aufspüren und

Ausnutzen einer

Marktlücke oder einer Marktnische, die Kapitalanlage sowie die Existenzgründung. Auf diese f ü n f Anlässe der Unternehmensgründung ist im folgenden näher einzugehen.

3.1.1 Die Produktidee Ein wichtiger Anlaß der Unternehmensgründung ist die Produktidee. Ein Wirtschaftssubjekt hat die Idee, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, das seiner Meinung nach den Präferenzen der Nachfrager entspricht und daher die Chance bietet, gewinnbringend abgesetzt zu werden. Das Wirtschaftssubjekt hat zwei Möglichkeiten, das neue Produkt auf den Markt zu bringen. Es kann seine Idee an ein existierendes Unternehmen verkaufen oder es gründet selbst ein Unternehmen. In diesem Zusammenhang ist nur die zweite Möglichkeit von Interesse, da nur sie zur Gründung eines Unternehmens führt. Es ist zu prüfen, unter welchen Bedingungen diese zweite Möglichkeit zum Tragen kommt und welche Schritte zu ihrer Realisierung durchlaufen werden müssen. Damit ein Wirtschaftssubjekt die zweite Möglichkeit wählt und selbst ein Unternehmen gründet, um sein Produkt auf den Markt zu bringen, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: (1) das Wirtschaftssubjekt muß bereit sein, sich als Unternehmer zu engagieren und Unternehmerrisiko zu tragen,

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

(2) das Wirtschaftssubjekt muß das notwendige Kapital für die Unternehmensgründung besitzen oder beschaffen können, (3) das Wirtschaftssubjekt muß die rechtlichen Voraussetzungen für die Unternehmensgründung erfüllen. In Deutschland gilt der Grundsatz der Gewerbefreiheit (Art. 2 und 12 GG, § 1 GewO). Jedermann kann gemäß diesem Grundsatz an jedem Ort und zu jeder Zeit eine wirtschaftliche Betätigung im Rahmen der Gesetze ausüben. Die rechtlichen Voraussetzungen sind nicht f ü r alle wirtschaftlichen Betätigungen bzw. Unternehmen gleich und daher im Einzelfall zu prüfen. Die Gewerbefreiheit und damit die Unternehmensgründung kann zum Schutz der Öffentlichkeit u.a. durch die folgenden vier rechtlichen Voraussetzungen eingeschränkt werden: Zuverlässigkeitsnachweis, Sachkundenachweis, Befähigungsnachweis und Bedürfnisprüfung. Der Zuverlässigkeitnachweis fordert, daß der Antragsteller bzw. der Gewerbeausübende seine persönliche Eignung in einer für das jeweilige Gewerbe angemessenen Form nachweist. Ein wichtiges Eignungsmerkmal ist die strafrechtliche Unbescholtenheit. Der Sachkundenachweis ist gegeben, wenn der Antragsteller bzw. der Gewerbeausübende sachliche Grundkenntnisse u.a. in Buchführung und Kalkulationsrechnung sowie im Wirtschafts- und Steuerrecht nachweist. Der Befähigungsnachweis fordert vom Antragsteller bzw. dem Gewerbeausübenden den Nachweis der fachlichen Qualifikation. Der Nachweis wird durch eine längere Fachausbildung oder eine Abschlußprüfung (z.B. Meisterprüfung) erbracht. Die B e d ü r f n i s p r ü f u n g ist von der Genehmigungsbehörde durchzuführen, um festzustellen, ob für die Tätigkeit eines Gewerbeausübenden bzw. für ein zu gründendes Unternehmen ein Bedürfnis besteht. Wenn ein Wirtschaftssubjekt die dargestellten Bedingungen sowie sonstige für den Einzelfall zu p r ü f e n d e Bedingungen erfüllt und ein Unternehmen gründen darf und möchte, sind eine Reihe von Schritten vorzunehmen und verschiedene Gründungsentscheidungen zu treffen (s.u.). Es ist festzustellen, daß eine ganze Reihe von Tatbeständen (Bedingungen, Schritte und Gründungsentscheidungen) erfüllt sein müssen, damit aus einer Produktidee auch eine Unternehmensgründung erwächst. Die Produktidee bleibt trotz dieser vielen Tatbestände aber der unabdingbare Grundstein für den dargestellten W e g zur Unternehmensgründung. Die Findung einer Produktidee ist ein zufallsbedingter Prozeß, der nicht allgemeingültig beschrieben werden kann. Einen allgemeingültigen Ablauf dieses Prozesses mit bestimmten Phasen gibt es nicht. Ein Prozeßcharakteristikum, das immer gegeben sein muß, ist Kreativität. Die Wirtschaftssubjekte, die eine Produktidee finden, können dies aus verschiedenen Situationen heraus. Einige dieser Situationen, die als Standardsituationen bezeichnet werden können, sind im folgenden beschrieben.

Unternehmensgründung

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E i n e S t a n d a r d s i t u a t i o n ist, d a ß ein W i r t s c h a f t s s u b j e k t als K o n s u m e n t f e s t s t e l l t , a m M a r k t angebotene Produkte entsprechen nicht optimal den Bedürfnissen der oder bestimmter K o n s u m e n t e n . A u s d e m E r k e n n e n b z w . E r l e b e n d i e s e r M a n g e l s i t u a t i o n k a n n d i e Idee f ü r ein n e u e s P r o d u k t e r w a c h s e n , das die B e d ü r f n i s s e der K o n s u m e n t e n besser erfüllt und somit einen größeren Nutzen stiftet. E i n e a n d e r e S t a n d a r d s i t u a t i o n ist d i e , d a ß ein W i r t s c h a f t s s u b j e k t P r o d u z e n t o d e r M i t a r b e i t e r e i n e s P r o d u z e n t e n ist u n d a u f g r u n d d e r P r o d u k t i o n s k e n n t n i s s e d i e I d e e f ü r d i e P r o duktion eines neuen Produktes bekommt. E i n e w e i t e r e S t a n d a r d s i t u a t i o n ist, d a ß e i n W i r t s c h a f t s s u b j e k t in d e r F o r s c h u n g u n d E n t w i c k l u n g t ä t i g ist. S p e z i e l l e K e n n t n i s s e in d e r F o r s c h u n g u n d E n t w i c k l u n g k ö n n e n zu e i n e r P r o d u k t i d e e f ü h r e n . D i e s k a n n e i n e r s e i t s als N e b e n p r o d u k t d e r e i g e n t l i c h e n F o r s c h u n g s - u n d E n t w i c k l u n g s a r b e i t e r f o l g e n , d i e a n d e r e Z i e l e als d i e F i n d u n g v o n P r o d u k t i d e e n hat. A n d e r e r s e i t s k a n n d i e F i n d u n g v o n P r o d u k t i d e e n d i r e k t Ziel d e r F o r s c h u n g u n d E n t w i c k l u n g s e i n . In d i e s e m Fall w i r d v e r s u c h t , d e n z u f a l l s b e d i n g t e n P r o z e ß d e r F i n d u n g v o n

Produktideen

d u r c h d i e d e r F o r s c h u n g u n d E n t w i c k l u n g e i g e n e n S y s t e m a t i k zu e i n e m e r h ö h t e n E r f o l g zu führen. Die Erfolgschancen können eventuell noch durch eine gezielte F o r s c h u n g s f ö r d e r u n g gesteigert werden. A u c h e i n e S t a n d a r d s i t u a t i o n ist, d a ß ein W i r t s c h a f t s s u b j e k t als P r o d u z e n t o d e r M i t a r b e i ter eines Produzenten a u f g r u n d von Produktionskenntnissen die Idee zur kostengünstigeren P r o d u k t i o n e i n e s alten P r o d u k t e s h a t .

3.1.2 Die Marktlücke E i n w e i t e r e r A n l a ß , u m ein U n t e r n e h m e n zu g r ü n d e n , ist d a s A u f f i n d e n e i n e r M a r k t l ü c k e . In d i e s e m Fall s p i e l e n s p e z i e l l e M a r k t e r f a h r u n g e n u n d - k e n n t n i s s e e i n e s W i r t s c h a f t s s u b j e k t e s e i n e R o l l e . E i n W i r t s c h a f t s s u b j e k t m u ß w i s s e n , d a ß ein P r o d u k t , d a s a u f a n d e r e n M ä r k t e n a n g e b o t e n w i r d , a u f e i n e m b e s t i m m t e n M a r k t n i c h t a n g e b o t e n w i r d . Z u m B e i s p i e l gibt e s ein P r o d u k t a u f e i n e m M a r k t im A u s l a n d , a b e r nicht a u f e i n e m M a r k t im I n l a n d . D a s W i r t s c h a f t s s u b j e k t k a n n d i e s e L ü c k e a u s n u t z e n , i n d e m e s ein U n t e r n e h m e n g r ü n d e t , um d a s e n t s p r e c h e n d e P r o d u k t a u f d e m M a r k t , a u f d e m e s d i e s e s P r o d u k t b i s h e r n o c h n i c h t gibt, a n z u bieten. Da auch die Möglichkeit besteht, daß das Wirtschaftssubjekt die erkannte

Marktlücke

n i c h t n u t z t , s i n d B e d i n g u n g e n zu e r ö r t e r n , d i e zu e i n e r A u s n u t z u n g d e r M a r k t l ü c k e f ü h r e n . E s s i n d die g l e i c h e n drei B e d i n g u n g e n , d i e b e r e i t s im v o r g e h e n d e n A b s c h n i t t

dargestellt

w u r d e n (s.o.).

3.1.3 Die Marktnische Ein Markt kann nicht nur Lücken, sondern auch N i s c h e n aufweisen. Die speziellen Marktkenntnisse eines Wirtschaftssubjektes können auch zum Aufspüren von N i s c h e n führen, die

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A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

dann ebenso wie Marktlücken durch die Gründung eines Unternehmens, das das Produkt, für das die Marktnische entdeckt wurde, anbietet, ausgenutzt werden können. Die Bedingungen unter denen eine aufgespürte Marktnische durch die Gründung eines Unternehmens ausgenutzt wird, sind die gleichen drei Bedingungen, die bereits in den beiden vorgehenden Fällen zum Tragen kamen. Eine Marktnische ist ein Teilbereich eines Marktes, in dem ein bestimmtes Produkt nicht angeboten bzw. nachgefragt wird, obwohl das Produkt in den übrigen Teilbereichen des Marktes präsent ist. Eine Marktnische kommt u.a. aufgrund der Qualitätsunterschiede von Teilverkehrssystemen, unterschiedlichen Transportkosten und unterschiedlicher

Produkti-

onskosten zustande. Marktnischen entstehen aber auch aufgrund mangelnder Akzeptanz des angebotenen Produktes bei den Nachfragern. Es wird zwischen manifesten und latenten Marktnischen unterschieden. Eine manifeste Marktnische liegt dann vor, wenn ein Produktangebot von einem Teil des Marktes nicht angenommen wird. Entspricht das angebotene Produkt nicht in allen Punkten den Vorstellungen der Nachfrager eines Teils des Marktes, so spricht man von einer latenten Marktnische.

3.1.4 Die Kapitalanlage Ein Anlaß anderer Art der Unternehmensgründung ist die Suche nach einer Kapitalanlage. Die oben genannten drei Bedingungen sind in diesem Fall erfüllt. Das Wirtschaftssubjekt, das die Kapitalanlage sucht, erfüllt nicht nur die drei Bedingungen, sondern hat auch das notwendige Kapital, um ein Unternehmen zu gründen. Auf die staatliche Förderung der Unternehmensgründung ist das Wirtschaftssubjekt nicht angewiesen. Damit ist j e d o c h nicht ausgeschlossen, daß staatliche Förderungsmittel in Form eines Mitnahmeeffektes in Anspruch genommen werden. D a s eigentliche Problem der Unternehmensgründung liegt in diesem Fall darin, eine Produktidee, eine Marktlücke und/oder eine Marktnische zu finden, die eine gewinnbringende Kapitalanlage gewährleisten.

3.1.5 Die Existenzgründung Die Existenzgründung ist ein besonderer Anlaß der Unternehmensgründung. Er spielt in der derzeitigen Arbeitsmarktlage, in der nicht genügend Arbeitsplätze zur V e r f ü g u n g stehen, eine wichtige Rolle. Die Existenzgründung wird als Alternative zur Arbeitsplatzsuche empfohlen und staatlich gefördert. Anders als das Wirtschaftssubjekt, das f ü r vorhandenes Kapital eine gewinnbringende Anlage sucht, versucht ein Existenzgründer seine Existenz zu sichern und hat im Regelfall kein oder nur wenig Kapital. Auch bei diesem Anlaß zur Unternehmensgründung liegt das eigentliche Problem in der A u f f i n d u n g einer Produktidee, einer Marktlücke und/oder einer Marktnische. Nur ein weiteres Unternehmen zu gründen, das ein am Markt ausreichend angebotenes Produkt anbietet,

Unternehmensgründung

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k a n n n i c h t b z w . nur in A u s n a h m e f ä l l e n zur E x i s t e n z s i c h e r u n g b e i t r a g e n . Ein Fall, in d e m d i e E x i s t e n z g r ü n d u n g mit e i n e m a u s r e i c h e n d a m M a r k t a n g e b o t e n e n P r o d u k t e r f o l g r e i c h sein k a n n , ist der, d a ß ein E x i s t e n z g r ü n d e r ein b e s s e r e s U n t e r n e h m e n s f u h r u n g s k o n z e p t hat, als d i e b i s h e r am M a r k t a g i e r e n d e n U n t e r n e h m e n .

3.2 Unternehmensgründungsförderung D i e U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g , i n s b e s o n d e r e in der F o r m der E x i s t e n z g r ü n d u n g wird h e u t e als T a t b e s t a n d e i n g e s t u f t , d e r nicht in g e w ü n s c h t e m b z w . a u s r e i c h e n d e m M a ß e , d.h. nicht in d e m d e r g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e n L a g e a n g e m e s s e n e n A u s m a ß , z u m T r a g e n k o m m t . Die U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g w i r d d a h e r mit ö f f e n t l i c h e n Mitteln g e f ö r d e r t . D i e s e F ö r d e r u n g soll e i n e e r h ö h t e U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g b e w i r k e n . Fördermittel w e r d e n auf den v e r s c h i e d e n e n p o l i t i s c h e n E b e n e n zu u n t e r s c h i e d l i c h e n B e d i n g u n g e n bereitgestellt. Die politischen E b e n e n in D e u t s c h l a n d sind a u f g r u n d d e s f ö d e r a t i v e n S t a a t s a u f b a u s die k o m m u n a l e Ebene, d i e Land e s e b e n e und die B u n d e s e b e n e . Zu diesen drei nationalen E b e n e n k o m m e n die s u p r a n a t i o n a le E b e n e ( E U ) und die W e l t e b e n e ( U N ) . Die F ö r d e r u n g s p r o g r a m m e und die B e d i n g u n g e n f ü r die V e r g a b e von F ö r d e r m i t t e l n sind n i c h t k o n s t a n t , s o n d e r n variieren relativ h ä u f i g . Eine l ä n g e r f r i s t i g gültige D a r s t e l l u n g d e r P r o g r a m m e und B e d i n g u n g e n ist d a h e r nicht möglich und soll in d i e s e m R a h m e n auch nicht e r f o l g e n . H i e r z u ist auf die Spezialliteratur zu v e r w e i s e n . In d i e s e m R a h m e n kann nur ein g l o b a l e r Ü b e r b l i c k bzw. eine Struktur der P r o g r a m m e a u f g e z e i g t w e r d e n . A u f d e r nationalen E b e n e gibt es e t w a 6 0 0 F ö r d e r p r o g r a m m e , die hinsichtlich

Förder-

z w e c k , B e d i n g u n g e n und L a u f z e i t sehr u n t e r s c h i e d l i c h ausgestaltet sind. Einen Ü b e r b l i c k v e r s c h a f f e n v e r s c h i e d e n e , z u m Teil E D V - g e s t ü t z t e V e r ö f f e n t l i c h u n g e n . ' D i e

Förderpro-

g r a m m e können folgende Fördermöglichkeiten vorsehen: Zinszuschüsse, Bürgschaften, Garantien, D a r l e h e n ( E i g e n k a p i t a l h i l f e d a r l e h e n ) , nicht r ü c k z a h l b a r e s t e u e r f r e i e Investitionszulagen, nicht r ü c k z a h l b a r e I n v e s t i t i o n s z u s c h ü s s e und b e s o n d e r e A b s c h r e i b u n g s m o d a l i t ä t e n . V o n den vielen auf nationaler E b e n e existenten F ö r d e r p r o g r a m m e n kann n u r a u f einige ausgewählte

Programme

kurz

eingegangen

werden.

Zu

erwähnen

sind

das

ERP-

Existenzgründungsprogramm, das Existenzgründungsprogramm der Deutschen Ausgleichs1

Vgl. u.a. Die Finanzierungshilfen des Bundes, der Länder und der internationalen Institutionen, Gewerbliche Wirtschaft, in: Zeitschrift für das Gesamte Kreditwesen, Sonderausgabe 1998/99, Heft 1; Die Finanzierungshilfen des Bundes, der Länder und der internationalen Institutionen, Wohnungsbau, in: Zeitschrift für das Gesamte Kreditwesen, Sonderausgabe 1998/99, Heft 2; Die Finanzierungshilfen des Bundes, der Länder und der internationalen Institutionen, Landwirtschaft, in: Zeitschrift für das Gesamte Kreditwesen, Sonderausgabe 1998/99, Heft 3; Jungblut, M. (Hrsg.): Meine Firma...erfolgreich gründen, WISO Bookware, Neunkirchen/Siegerland 1996; Klein, U./ Bachmann, H.-E.: Öffentliche Finanzierungshilfen des Bundes, der Länder und der EU, Bonn 1996

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

bank (DtA), das Eigenkapitalhilfe-Programm (EKH) der Deutschen Ausgleichsbank (DtA), das Eigenkapitalergänzungsprogramm, die Förderhilfen für Existenzgründer durch das Arbeitsamt und die Ansparabschreibung gemäß § 7 g Abs. 7 EStG für Existenzgründer. Das ERP-Existenzgründungsprogramm wird aus dem ERP-Sondervermögen finanziert, das nach dem Zweiten Weltkrieg für den Wiederaufbau genutzt wurde. Heute werden aus dem ERP-Sondervermögen Mittel zur Förderung der deutschen Wirtschaft vergeben. Gefördert werden u.a. Umweltschutzmaßnahmen und Existenzgründungen. Mit dem ERP-Existenzgründungsprogramm werden die Gründung oder der Kauf von Unternehmen sowie damit verbundene Investitionen unterstützt. Die ERP-Mittel sind über die Hausbank bei der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) zu beantragen. Die Deutsche Ausgleichsbank gewährt der Hausbank nach positiver Prüfung des Antrages eine Refinanzierung für ein Darlehen, das die Hausbank direkt an den Kunden vergibt. Die ERP-Darlehen werden zu banküblichen Sicherheiten und günstigen Zinssätzen vergeben. Die Laufzeiten betragen 10 Jahre in den alten und 20 Jahre in den neuen Bundesländern. Die Darlehen sind 5 Jahre tilgungsfrei. Der Höchstbetrag beläuft sich auf 2 Mio. D M bzw. maximal 50 Prozent der Investition. Die Deutsche Ausgleichsbank hat auch ein eigenes Existenzgründungsprogramm. Die Darlehen sind jedoch nicht so günstig wie die ERP-Darlehen. Das Existenzgründungsprogramm der Deutschen Ausgleichsbank kommt daher nur dann zum Tragen, wenn ein ERPDarlehen nicht bewilligt werden kann. Es werden ebenfalls bankübliche Sicherheiten verlangt. Die Laufzeit der Darlehen beträgt 20 Jahre. Von diesen 20 Jahren können bis zu 3 Jahren tilgungsfrei sein. Der Höchstbetrag des Darlehens ist auf 4 Mio. DM bzw. maximal 75 Prozent der Investition festgelegt. Das Eigenkapitalhilfe-Programm (EKH) der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) ist speziell auf die Erhöhung des Eigenkapitals von Existenzgründern abgestellt. Die Eigenkapitalhilfe wird zwar als Darlehen vergeben, das Darlehen hat jedoch eigenkapitalähnlichen Charakter. Im Insolvenzfall gilt das Darlehen als Eigenkapitalersatz und kann voll als Haftungskapital eingesetzt werden. Sicherheiten werden für das Darlehen nicht gefordert. Die Laufzeit beträgt 20 Jahre, davon sind 10 Jahre tilgungsfrei. Der Mindestbetrag des Darlehens beläuft sich a u f 5.000 DM, während der Höchstbetrag bei 1 Mio. DM bzw. maximal bei 40 Prozent der Investition liegt. Das Eigenkapitalergänzungsprogramm der Deutschen Ausgleichsbank können gewerbliche Unternehmen und Existenzgründer in Anspruch nehmen, die in den neuen Bundesländern Investitionen tätigen wollen. Ausgenommen sind Freiberufler und Unternehmen aus der Land-, Forst- und Fischwirtschaft. Für die Eigenkapitalergänzungsdarlehen (EKE-Darlehen) werden keine Sicherheiten verlangt. Die Laufzeit beträgt 20 Jahre. Die ersten 10 Jahre erfolgt keine Tilgung. Die Zinssätze sind günstig. Der Höchstbetrag wurde auf 5 Mio. DM bzw. 4 0 Prozent der Investitionssumme festgelegt. Voraussetzung ist, daß die Hausbank 40 Prozent der Investitionssumme mit einem Darlehen abdeckt. Das Unternehmen muß die Erfolgschancen mit Hilfe von Umsatz-, Kosten und Ertragsprognosen nachweisen.

Unternehmensgründung

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F ö r d e r h i l f e n f ü r E x i s t e n z g r ü n d e r w e r d e n auch von den A r b e i t s ä m t e r n g e w ä h r t . D i e Förd e r h i l f e kann ein Ü b e r b r ü c k u n g s g e l d s o w i e Z u s c h ü s s e in H ö h e von e i n e m Drittel d e s Ü b e r b r ü c k u n g s g e l d e s z u r K r a n k e n v e r s i c h e r u n g , der P f l e g e v e r s i c h e r u n g und z u r A l t e r s v e r s o r g u n g u m f a s s e n . E s w e r d e n a b e r auch E i n g l i e d e r u n g s z u s c h ü s s e f ü r die E i n a r b e i t u n g , d i e E i n g l i e d e r u n g bei e r s c h w e r t e r V e r m i t t l u n g und d i e E i n g l i e d e r u n g älterer A r b e i t n e h m e r s o w i e E i n s t e l l u n g s z u s c h ü s s e ( Z u s c h ü s s e z u m A r b e i t s e n t g e l t ) und Z u s c h ü s s e zur

Ausbildungsvergütung

v e r g e b e n (vgl. S o z i a l g e s e t z b u c h ( S G B III), Drittes B u c h (III). A r b e i t s f ö r d e r u n g , § 57, §§ 2 1 7 ff., § 2 1 8 . § 2 2 5 ff., § 2 2 6 , § 235). D i e A n s p a r a b s c h r e i b u n g g e m ä ß § 7 g Abs. 7 E S t G f ü r E x i s t e n z g r ü n d e r bietet kleinen und mittleren U n t e r n e h m e n die M ö g l i c h k e i t , eine g e w i n n m i n d e r n d e I n v e s t i t i o n s r ü c k l a g e ,

An-

s p a r a b s c h r e i b u n g g e n a n n t , zu bilden. D u r c h d i e s e M a ß n a h m e n w i r d s t e u e r f r e i Kapital f ü r k ü n f t i g e Investitionen z u r V e r f ü g u n g gestellt. D i e R ü c k l a g e ist s p ä t e s t e n s a m E n d e d e s f ü n f t e n J a h r e s nach ihrer B i l d u n g w i e d e r a u f z u l ö s e n , so daß der G e w i n n e r h ö h t w i r d . D i e R ü c k l a g e kann von n a t ü r l i c h e n P e r s o n e n , P e r s o n e n g e s e l l s c h a f t e n und K a p i t a l g e s e l l s c h a f t e n n u r f ü r W i r t s c h a f t s g ü t e r des b e w e g l i c h e n A n l a g e v e r m ö g e n s gebildet w e r d e n . D e r H ö c h s t b e t r a g ist auf 6 0 0 . 0 0 0 D M festgelegt, so d a ß eine I n v e s t i t i o n s s u m m e von 1.200.000 D M vera u s g a b t w e r d e n kann (vgl. § 7 g E S t G ) . A u f der s u p r a n a t i o n a l e n bzw. E U - E b e n e existiert eine Vielzahl von F ö r d e r p r o g r a m m e n , die n u r s c h w e r ü b e r s c h a u b a r ist. A u f die F ö r d e r u n g von U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g e n a b g e s t e l l t sind u.a. die E u r o p ä i s c h e n E x i s t e n z g r ü n d u n g s n e t z e , die Mittel aus den E U - S t r u k t u r f o n d s , d a s integrierte E U - P r o g r a m m f ü r kleine und mittlere U n t e r n e h m e n und d a s H a n d w e r k s o w i e die EU-Fördermittel für Existenzgründerinnen. Zu den von d e r E U a u f g e b a u t e n E u r o p ä i s c h e n E x i s t e n z g r ü n d u n g s n e t z e n zählen v o r allem d a s E u r o p ä i s c h e N e t z d e r E u r o I n f o C e n t r e ( E I C ) , d a s E u r o p ä i s c h e N e t z d e r G r ü n d u n g s - und I n n o v a t i o n s z e n t r e n und die E u r o p ä i s c h e V e r e i n i g u n g f ü r W a g n i s k a p i t a l ( E u r o p e a n V e n t u r e C a p i t a l A s s o c i a t i o n , E V C A ) . D a s N e t z d e r E u r o I n f o C e n t r e w u r d e f ü r d i e I n f o r m a t i o n und B e r a t u n g von U n t e r n e h m e n installiert. D i e U n t e r n e h m e n erhalten I n f o r m a t i o n e n hinsichtlich d e r R e g e l u n g e n d e r Freizügigkeit und d e r N i e d e r l a s s u n g s f r e i h e i t in d e r E U , des E U - R e c h t e s und d e r U m s e t z u n g in nationale V o r s c h r i f t e n , d e r nationalen B e s t i m m u n g e n in den Mitg l i e d s t a a t e n und d e r M ä r k t e in den einzelnen E U - S t a a t e n . Das E u r o p ä i s c h e N e t z d e r G r ü n d u n g s - und I n n o v a t i o n s z e n t r e n ( E u r o p e a n B u s i n e s s and Innovation C e n t r e N e t w o r k , E B N ) hat d i e A u f g a b e d i e lokale W i r t s c h a f t s e n t w i c k l u n g zu unterstützen. Die lokalen G r ü n d e r und I n n o v a t i o n s z e n t r e n sind in e i n e m D a c h v e r b a n d , d e m E B N , o r g a n i s i e r t . Sie beraten Exis t e n z g r ü n d e r , stellen V e r b i n d u n g e n zu a n d e r e n (Regionalpolitik) der EU-Kommission

Zentren

und zur G e n e r a l d i r e k t i o n

XVI

in B r ü s s e l her. Die E u r o p ä i s c h e V e r e i n i g u n g f ü r

W a g n i s k a p i t a l w u r d e 1983 mit U n t e r s t ü t z u n g der E U - K o m m i s s i o n g e g r ü n d e t . Die V e r e i n i g u n g stellt E x i s t e n z g r ü n d e r n Risikokapital ( v e n t u r e capital) f ü r k l e i n e und mittlere U n t e r n e h m e n in E u r o p a zur V e r f ü g u n g , o h n e S i c h e r h e i t e n zu f o r d e r n . Sie i n f o r m i e r t über Risikokapital- und B e t e i l i g u n g s t e c h n i k e n . Z u d e m w e r d e n die U n t e r n e h m e n beraten.

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre D i e E U stellt F ö r d e r m i t t e l aus den E U - S t r u k t u r f o n d s f ü r die E n t w i c k l u n g s t r u k t u r s c h w a -

c h e r R e g i o n e n in den M i t g l i e d s t a a t e n zur V e r f ü g u n g . G e f ö r d e r t w e r d e n R e g i o n e n mit Entw i c k l u n g s r ü c k s t a n d , mit s c h w e r r ü c k l ä u f i g e r industrieller E n t w i c k l u n g , die B e k ä m p f u n g der L a n g z e i t a r b e i t s l o s i g k e i t , d i e E i n g l i e d e r u n g J u g e n d l i c h e r in d a s E r w e r b s l e b e n , d i e A n p a s s u n g der A r b e i t s k r ä f t e an industrielle W a n d l u n g s p r o z e s s e , die A n p a s s u n g d e r E r z e u g u n g s - , V e r a r b e i t u n g s - und V e r m a r k t u n g s s t r u k t u r e n in der Forst- und L a n d w i r t s c h a f t s o w i e die E n t w i c k lung d e s l ä n d l i c h e n R a u m e s . D a s integrierte E U - P r o g r a m m f ü r k l e i n e und mittlere U n t e r n e h m e n und d a s H a n d w e r k b e s t e h t im w e s e n t l i c h e n a u s der G e m e i n s c h a f t s i n i t i a t i v e f ü r die A n p a s s u n g kleiner und mittlerer U n t e r n e h m e n an den B i n n e n m a r k t (GIP) und das A k t i o n s p r o g r a m m f ü r k l e i n e und m i t t l e r e U n t e r n e h m e n . G e f ö r d e r t w e r d e n v o r allem die Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g , d e r i m m a t e r i e l l e L e i s t u n g s t r a n s f e r , d e r U m w e l t s c h u t z , die rationelle E n e r g i e n u t z u n g , die E r s c h l i e ß u n g n e u e r M ä r k t e und d i e E r l e i c h t e r u n g des Z u g a n g s zu n e u e n K a p i t a l m ä r k t e n f ü r k l e i n e und mittlere Unternehmen. B e s o n d e r e E U - F ö r d e r m i t t e l stehen f ü r E x i s t e n z g r ü n d e r i n n e n zur V e r f ü g u n g . D a s A k t i o n s p r o g r a m m E m p l o y m e n t - N O W aus der G e m e i n s c h a f t s i n i t i a t i v e z u r B e s c h ä f t i g u n g und E n t w i c k l u n g v o n H u m a n r e s s o u r c e n ist speziell a u f die Z i e l g r u p p e F r a u e n a u s g e l e g t , um der C h a n c e n g l e i c h h e i t V o r s c h u b zu leisten. G e f ö r d e r t w e r d e n E x i s t e n z g r ü n d e r i n n e n direkt bei der U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g a b e r auch bei v o r b e r e i t e n d e n und begleitenden M a ß n a h m e n wie d e r E n t w i c k l u n g v o n A u s b i l d u n g s - , O r i e n t i e r u n g s - , B e r a t u n g s - und B e s c h ä f t i g u n g s s y s t e m e n . F ö r d e r m i t t e l f ü r private U n t e r n e h m e n gibt es auch auf d e r W e l t e b e n e . E i n e Institution, die w e l t w e i t F i n a n z i e r u n g s h i l f e n g e w ä h r t , ist die International F i n a n z - C o r p o r a t i o n ( I F C ) mit Sitz in W a s h i n g t o n . D i e I F C ist eine s e l b s t ä n d i g e S c h w e s t e r o r g a n i s a t i o n der W e l t b a n k . A u f g a b e d e s I F C ist d i e E r g ä n z u n g der A u f g a b e n d e r W e l t b a n k . I n s b e s o n d e r e soll d i e IFC das W a c h s t u m d e s privaten S e k t o r s in den ( 1 5 1 ) M i t g l i e d s t a t e n , vor allem a b e r in den E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n , s t i m u l i e r e n . D a z u vergibt d i e IFC u.a. D a r l e h e n und R i s i k o k a p i t a l ( v e n t u r e c a p i t a l ) an p r i v a t e U n t e r n e h m e n , die p r o d u k t i v e Investitionen tätigen, m o d e r n i s i e r e n

und

e r w e i t e r n . D i e D a r l e h e n liegen in der R e g e l im M i n i m u m bei vier M i l l i o n e n U S - D o l l a r und m a x i m a l bei 6 M i l l i o n e n U S - D o l l a r b z w . m a x i m a l 2 5 Prozent der I n v e s t i t i o n s s u m m e . Die V e r g a b e b e d i n g u n g ist, d a ß d i e U n t e r n e h m e n privates K a p i t a l f ü r diese I n v e s t i t i o n e n nicht zu a n g e m e s s e n e n K o n d i t i o n e n b e s c h a f f e n k ö n n e n . R e g i e r u n g s g a r a n t i e n w e r d e n f ü r v o n IFC zur V e r f ü g u n g g e s t e l l t e s K a p i t a l nicht verlangt. Die IFC unterstützt d i e U n t e r n e h m e n , d e n e n sie Kapital z u r V e r t i l g u n g stellt, f e r n e r durch Ü b e r n a h m e g a r a n t i e n , um den A b s a t z d e r Aktien und S c h u l d v e r s c h r e i b u n g e n dieser U n t e r n e h m e n zu f ö r d e r n . U m F ö r d e r m i t t e l zu e r h a l t e n , m u ß der E x i s t e n z - b z w . U n t e r n e h m e n s g r ü n d e r e i n e n G r ü n d u n g s - , U n t e r n e h m e n s - b z w . G e s c h ä f t s p l a n vorlegen, a u s d e m h e r v o r g e h t , d a ß die E x i s t e n z b z w . U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g e r f o l g v e r s p r e c h e n d ist. Es m u ß a u f g e z e i g t w e r d e n , d a ß das g e p l a n t e U n t e r n e h m e n p r o d u k t i v , w i r t s c h a f t l i c h und rentabel sein w i r d . Der G r ü n d u n g s p l a n hat z w e i B e r e i c h e a b z u d e c k e n , die e r f o l g r e i c h gestaltet w e r d e n m ü s s e n , um d e m g e p l a n t e n U n t e r n e h m e n Ü b e r l e b e n s c h a n c e n am M a r k t zu sichern. Dies ist z u n ä c h s t e i n m a l d e r unter-

Untemehmensgründung

51

nehmensinterne Bereich bzw. das Unternehmen selbst. Der Gründungsplan hat aufzuzeigen, daß das geplante Unternehmen hinsichtlich aller betrieblichen Funktionen und

hinsichtlich

der anzubietenden Produkte so gestaltet wird, daß sich der Unternehmenserfolg einstellen kann. Der zweite Bereich ist der unternehmensexterne Bereich bzw. das Unternehmensumfeld. Der Gründungsplan hat auch zu belegen, daß das geplante Unternehmen unter den gegebenen Umfeldstrukturen Erfolgschancen besitzt. Für den Nachweis der Erfolgschancen im Hinblick auf die gegebenen Umfeldstrukturen ist eine Marktanalyse durchzuführen, die die Lieferantenstruktur, die Kundenstruktur, die Konkurrenzstruktur, also die Marktform, und rechtlichen Bedingungen berücksichtigt. Die Marktanalyse ist als Basis für zu erstellende Umsatz-, Kosten- und Gewinnprognosen heranzuziehen. Der Gründungs- bzw. Unternehmensplan dient nicht nur der direkten Bewilligung der Fördermittel. Der Förderer will in der Regel gleichzeitig auch eine Überprüfung und Verbesserung des Finanzierungsplans, des Marketingplans etc., also des Unternehmensplans insgesamt, erwirken.

3.3 Die Marktanalyse Die Marktanalyse hat Aufschluß darüber zu geben, welche Marktchancen das zu gründende Unternehmen mit dem anzubietenden Produkt hat und welche Marketingkonzeption die Marktchancen erhalten oder gar steigern kann. Die Marktanalyse und der Marketingplan bilden eine wichtige Grundlage für die Erstellung des Unternehmensplans. Die Marktanalyse hat alle Komponenten des Marktes zu berücksichtigen. Zunächst ist die Struktur der Lieferanten bzw. die Struktur des Beschaffungsmarktes zu untersuchen. Es ist festzustellen, ob das geplante Unternehmen die benötigten Produktionsfaktoren in gewünschter Quantität und Qualität beschaffen kann. Ferner sind die Konditionen (Preis, Transportkosten etc.), zu denen die Produktionsfaktoren beschafft werden können, zu ermitteln. Als nächstes ist die Kundenstruktur und die Konkurrenzstruktur, also die Marktform des Absatzmarktes, zu ermitteln, um herauszufinden, in welcher Quantität, welcher Qualität und zu welchen Konditionen das ins Auge gefaßte Produkt auf den Markt gebracht werden kann. Es ist also auch eine Produktanalyse durchzuführen. Schließlich sind die rechtlichen Bedingungen (Haftung, Umweltauflagen etc.) zu ermitteln, die vom geplanten Unternehmen einzuhalten sind, um Kosten in Form von Anwaltskosten, Kosten für die Prozeßführung und Strafen zu minimieren. Die Marktanalyse hat Aufschluß über alle Fakten des Beschaffungs- und Absatzmarktes des geplanten Unternehmens zu geben. Die Marktanalyse soll ferner die Datenbasis liefern, die für Umsatz-, Kosten- und Gewinnprognosen notwendig sind, um die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des geplanten Unternehmens zu belegen. Für die Aktivitäten des geplanten Unternehmens auf dem Beschaffungsmarkt ist ein Beschaffungskonzept und für die Aktivitäten auf dem Absatzmarkt ist ein Marketingkonzept zu

52

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

erarbeiten. Das Marketingkonzept muß Aufschluß hinsichtlich Preis-, Produkt-, Distributions- und Kommunikationspolitik sowie hinsichtlich des Marketing-Mix geben (vgl. Teil 3, Abschnitt 9.4). Z u s a m m e n f a s s e n d kann festgestellt werden, daß die Marktanalyse zum einen Basis für die unternehmensinterne Planung und zum anderen Basis für Entscheidungen externer Institutionen (Kreditinstituten, Förderinstitutionen) hinsichtlich der Kapitalbereitstellung für das geplante Unternehmen ist. Im Rahmen der Marktanalyse und im Anschluß an die Marktanalyse sind eine Reihe von Methoden einzusetzen, die zum Teil im Abschnitt Planungsmethoden beschrieben werden (vgl. Teil 3, Abschnitt 6.7). Um die Marktchancen für das Unternehmen abzuschätzen, muß für das angebotene Produkt bzw. die angebotenen Produkte festgestellt werden, in welcher Phase des Produktlebenszyklus sie sich befinden (Produktlebenszyklusanalyse). Ferner sollte eine Portfolio-Analyse durchgeführt werden, die Marktteile und Marktwachstumstendenzen berücksichtigt. Eine Break-Even-Point-Analyse sollte Klarheit hinsichtlich der Absatzmenge geben, die für das Unternehmen notwendig ist, um Gewinne zu erzielen. Lieferanten- und Konkurrentenbewertungen können mit Hilfe von Scoring-Modellen oder Nutzenwertanalysen vorgenommen werden. Bereits in der Gründungsphase sind also eine Vielzahl von Methoden heranzuziehen und Orientierungsgrößen zu berechnen, die dem Unternehmensgründer, den Kapitalgebern und den Förderern Informationen über die Marktchancen des zu gründenden Unternehmens geben. Die in der Gründungsphase ermittelten Informationen sollten hinsichtlich Ermittlungsmethode bzw. -weg und Ergebnis dokumentiert werden, da auf der Basis dieser Informationen in den späteren Phasen des Unternehmenslebenszyklus Erfolgsbeurteilungen und Planungsanpassungen vorgenommen werden können.

4. Gründungsentscheidungen Nachdem die Gründungsvoraussetzungen erfüllt und die Produktivität, die Wirtschaftlichkeit sowie die Rentabilität für ein zu gründendes Unternehmen festgestellt wurden und damit die Unternehmensgründung beschlossen werden kann, sind im weiteren die Gründungsentscheidungen zu treffen, die sich auf Tatbestände beziehen, die mit der Gründung geregelt sein müssen. Zu diesen Gründungsentscheidungen zählen die Festlegung der Unternehmensphilosophie, der Unternehmenskultur, der Grundsätze der Unternehmenspolitik in der Unternehmensverfassung, der Unternehmenspolitik einschließlich der Unternehmensziele, der Rechtsform, des Firmennamens und des Firmenlogos, der Finanzierung, des Standortes, Kauf des Grundstückes, Bau des Betriebsgebäudes, der Organisation, die Beschaffung des Personals, der Betriebsmittel sowie Werkstoffe und schließlich die formelle Unternehmensgründung mit der Betriebseröffnung. Zunächst soll die Bestimmung der Unternehmensgrundsätze und der Unternehmenspolitik behandelt werden, da die Bestimmung der Unternehmensphilosophie und der Unterneh-

Unternehmensgründung menskultur

in e i n e m

53

z e i t a u f w e n d i g e n P r o z e ß e r f o l g t . Die B e s t i m m u n g v o n

Unterneh-

m e n s p h i l o s o p h i e und - k u l t u r ist ein langwieriger, k o m p l e x e r P r o z e ß mit vielen E i n f l u ß k o m p o n e n t e n , d e r nicht u n b e d i n g t direkt mit d e r U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g und der B e s t i m m u n g d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k a b g e s c h l o s s e n sein wird. D i e U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e und die U n t e r n e h m e n s k u l t u r haben a l l e r d i n g s b e s t i m m e n d e n E i n f l u ß auf die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k . A u f d i e s e n E i n f l u ß ist später e i n z u g e h e n .

4.1 Die Bestimmung der Unternehmensgrundsätze V o r d e r U n t e r n e h m e n s g r ü n d u n g w e r d e n die U n t e r n e h m e n s g r u n d s ä t z e f e s t g e l e g t . Die U n t e r n e h m e n s g r u n d s ä t z e sind a l l g e m e i n g e h a l t e n e Leitsätze, die sich ein U n t e r n e h m e n v o r g i b t , u m sein H a n d e l n in allen B e r e i c h e n daran a u s z u r i c h t e n . Die U n t e r n e h m e n s g r u n d s ä t z e lassen sich a u s der U n t e r n e h m e n s k o n z e p t i o n ( U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e und U n t e r n e h m e n s k u l t u r ) a b l e i t e n , die d e m auf einer U n t e r n e h m e n s i d e e b a s i e r e n d e n U n t e r n e h m e n s z w e c k entspricht. D i e U n t e r n e h m e n s g r u n d s ä t z e sollen die Interessen d e r K a p i t a l g e b e r , d e r M i t a r b e i t e r , d e r K o n s u m e n t e n und der A l l g e m e i n h e i t ( ö f f e n t l i c h e s Interesse) b e r ü c k s i c h t i g e n . D i e s e U n t e r n e h m e n s g r u n d s ä t z e , die den A b t e i l u n g s - b z w . R e s s o r t l e i t e r n als H a n d l u n g s m a x i m e n an die H a n d g e g e b e n w e r d e n , um eine g a n z h e i t l i c h - o r i e n t i e r t e U n t e r n e h m e n s p o l itik

auf

allen

Stufen

der

Unternehmenshierarchie

zu

ermöglichen,

werden

in

einer

" U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g " festgelegt. M i t H i l f e dieser G r u n d s ä t z e k ö n n e n d i e Leitungsinstanzen H a n d l u n g s p r o g r a m m e mit konkreten V o r g e h e n s w e i s e n b z w . o p e r a t i v e n E n t s c h e i d u n g e n ableiten und eine r a t i o n a l e U n t e r n e h m e n s p o l i t i k v e r w i r k l i c h e n .

4.2 Die Bestimmung der Unternehmenspolitik E i n e G r ü n d u n g s e n t s c h e i d u n g ist die B e s t i m m u n g der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k . 2 Unter U n t e r nehmenspolitik

wird

die

zielorientierte

Gestaltung

und

Beeinflussung

der

Unterneh-

m e n s s t r u k t u r e n und der im U n t e r n e h m e n a b l a u f e n d e n P r o z e s s e v e r s t a n d e n . M a n m u ß zwis c h e n U n t e r n e h m e n s p o l i t i k im e n g e n und im w e i t e r e n S i n n e u n t e r s c h e i d e n . W e n n a u c h die a u ß e r h a l b d e s U n t e r n e h m e n s liegenden Strukturen und a b l a u f e n d e n P r o z e s s e m i t b e e i n f l u ß t w e r d e n , ist v o n einer U n t e r n e h m e n s p o l i t i k im w e i t e r e n S i n n e zu s p r e c h e n . I n w i e w e i t ein U n t e r n e h m e n beide B e r e i c h e der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k a b d e c k t , h ä n g t v o r allem v o n d e r G r ö ß e d e s U n t e r n e h m e n s ab. Je g r ö ß e r das U n t e r n e h m e n ist, d e s t o m e h r wird es sich auch a u f den a u ß e r h a l b des U n t e r n e h m e n s liegenden Bereich der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k konzentrieren. U n a b h ä n g i g von der T a t s a c h e , ob ein U n t e r n e h m e n U n t e r n e h m e n s p o l i t i k im e n g e r e n und w e i t e r e n S i n n e betreibt, hat es bei der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k d i e a u ß e r h a l b des U n t e r n e h m e n s liegenden Strukturen und a b l a u f e n d e n P r o z e s s e , a l s o d a s U m f e l d d e s U n t e r n e h m e n s , zu b e r ü c k s i c h t i g e n .

2

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, 8. Aufl., Wiesbaden 1995, S. 46 - 51

54

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Die Unternehmenspolitik bildet einen Rahmen von grundsätzlichen Entscheidungen, aufbauend auf den Unternehmensgrundsätzen, um auf dieser Basis einen bestimmten Willen oder eine Absicht, optimal zu realisieren. Es ist ein Rahmen, der für alle Unternehmensbereiche und -ebenen, d.h. für alle Entscheidungspersonen im Unternehmen gilt. Das Ableiten von Unternehmenszielen ist die erste Aufgabe der Unternehmenspolitik. Die allgemein gehaltenen Unternehmensgrundsätze werden in den Unternehmenszielen konkretisiert. Die Unternehmenspolitik wird damit zur Grundlage der Unternehmensführung und im Extremfall könnte auf dieser Basis die Unternehmensführung in einer engen Auslegung als A u s f ü h r u n g der Unternehmenspolitik verstanden werden. Die Unternehmenspolitik hat j e doch nicht nur die Unternehmensziele zu bestimmen. Sie muß auch über Instrumente zur Durchsetzung und Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele verfügen. Die unternehmenspolitischen Entscheidungen, die für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens richtungsweisend sind, heißen strategische Entscheidungen oder kurz Strategien. Sie bilden für einen längeren Zeitraum die Grundlage für die Steuerung des Unternehmens. Strategische Entscheidungen können auf eine eher statische Unternehmenspolitik ausgerichtet sein, um die Sicherung der Unternehmensziele zu gewährleisten. Strategien können allerdings auch eine dynamische oder gar aggressive Unternehmenspolitik bewirken, um eine schnelle Anpassung an technologische und strukturelle Veränderungen auf den Märkten zu erreichen. Zu den strategischen Entscheidungen zählen Entscheidungen über neue Produktionsstandorte, die Erschließung nationaler oder internationaler Absatzmärkte, über Typenbeschränkungen oder Diversifikationen und über den Erwerb von Lizenzen, Beteiligungen sowie über Fusionen. Neben der Festlegung der Unternehmensziele sowie der Strategieformulierung erstreckt sich die Unternehmenspolitik auch auf Einzelentscheidungen von genereller Bedeutung in spezifischen Funktionsbereichen.

4.2.1 Aufgaben der Unternehmenspolitik Die Festlegung der Unternehmensgrundsätze, -ziele und -Strategien kann als die übergeordnete A u f g a b e der Unternehmenspolitik bezeichnet werden. Daneben hat die Unternehmenspolitik noch weitere Aufgaben, die auch untergeordnete Aufgaben genannt werden können. Die Bezeichnung untergeordnet darf allerdings nicht so verstanden werden, daß diesen Aufgaben weniger Bedeutung zukommt. Von der Bedeutung her besteht zwischen den über- und untergeordneten Aufgaben der Unternehmenspolitik kein Unterschied. Die untergeordneten Aufgaben der Unternehmenspolitik sind die Vorhaltung von Konzepten und Maßnahmen für die Koordination der Ebenen und Teilbereiche eines Unternehmens, die Festlegung der Grundsätze der Politiken der Funktionsbereiche, die Beseitigung von Störungen im laufenden Betriebsprozeß, das Treffen von außergewöhnlichen Entscheidungen mit besonderer Bedeutung sowie die Repräsentation und Interessenvertretung.

Unternehmensgründung

55

E i n e w i c h t i g e A u f g a b e d e r U n t e r n e h m e n s f u h r u n g (vgl. Teil 3, A b s c h n i t t 5.1), d i e ü b e r d i e U n t e r n e h m e n s p o l i t i k w a h r g e n o m m e n w i r d , ist die K o o r d i n a t i o n d e r E b e n e n und T e i l b e reiche e i n e s U n t e r n e h m e n s . 3 D i e K o o r d i n a t i o n ist n o t w e n d i g , da d a s U n t e r n e h m e n ein arb e i t s t e i l i g e s S y s t e m darstellt, das sich a u s v e r s c h i e d e n e n in u n t e r s c h i e d l i c h intensiver A b h ä n g i g k e i t s t e h e n d e n E b e n e n und F u n k t i o n s b e r e i c h e n ( w i e z.B. B e s c h a f f u n g , P r o d u k t i o n , A b s a t z , F i n a n z i e r u n g ) z u s a m m e n s e t z t . E s m u ß daher im U n t e r n e h m e n e i n e Instanz g e b e n , d i e a u f g r u n d ihrer S t e l l u n g und ihres Ü b e r b l i c k s hinsichtlich des G e s a m t z u s a m m e n h a n g s d i e a u f t r e t e n d e n K o o r d i n a t i o n s p r o b l e m e lösen k a n n . D i e s e Instanz ist die U n t e r n e h m e n s l e i t u n g , d i e die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k a u s ü b t . Die U n t e r n e h m e n s l e i t u n g soll mit H i l f e d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k eine e i n h e i t l i c h e zielo r i e n t i e r t e A u s r i c h t u n g bei d e r D u r c h f ü h r u n g d e r v e r s c h i e d e n e n R e s s o r t a u f g a b e n sicherstellen. Z u r o p t i m a l e n E r r e i c h u n g der U n t e r n e h m e n s z i e l e ist die b e s t m ö g l i c h e Z u s a m m e n a r b e i t z w i s c h e n den E b e n e n und b e t r i e b l i c h e n T e i l b e r e i c h e n d u r c h e n t s p r e c h e n d e K o o r d i n a t i o n s maßnahmen herzustellen. Die K o o r d i n a t i o n als F ü h r u n g s a u f g a b e w i r d um so leichter, j e b e s s e r e s d e r U n t e r n e h m e n s l e i t u n g gelingt, d u r c h ein in sich g e s c h l o s s e n e s , w i d e r s p r u c h s f r e i e s und o p e r a b l e s Ziels y s t e m f ü r d a s g e s a m t e U n t e r n e h m e n , alle T e i l b e r e i c h e z u r Identifikation mit dem Z i e l s y stem zu s t i m u l i e r e n . D a s Z i e l s y s t e m wird somit auch z u r B a s i s d e r K o o r d i n a t i o n . Es stellt e i n e n S t e u e r u n g s m e c h a n i s m u s dar. A u c h die F e s t l e g u n g der G r u n d s ä t z e d e r Politiken d e r v e r s c h i e d e n e n F u n k t i o n s b e r e i c h e e i n e s U n t e r n e h m e n s zählt zu den A u f g a b e n d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k . J e d e r

betriebliche

F u n k t i o n s b e r e i c h h a t seine e i g e n e Politik. D i e s e P o l i t i k b e r e i c h e w i e d i e B e s c h a f f u n g s - , Prod u k t i o n s - und A b s a t z p o l i t i k sind d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k u n t e r g e o r d n e t . D i e

Unterneh-

m e n s p o l i t i k h a t f ü r d i e s e S u b b e r e i c h e V o r g a b e n zu m a c h e n , d a m i t k e i n e W i d e r s p r ü c h e a u f treten u n d d a s U n t e r n e h m e n hinsichtlich der T e i l p o l i t i k e n s o w i e der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k ein k o n s i s t e n t e s K o n z e p t vertritt. U m den o p t i m a l e U n t e r n e h m e n s e r f o l g zu erzielen, ist es wichtig, d a ß sich d i e im U n t e r nehmen ablaufenden Prozesse ohne Störungen vollziehen. Störungen bedeuten Verzögerungen und somit A b w e i c h u n g e n v o m O p t i m u m . Die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k hat d a h e r auch die A u f g a b e , f ü r einen r e i b u n g s l o s e n A b l a u f der b e t r i e b l i c h e n P r o z e s s e S o r g e zu tragen. D i e U n t e r n e h m e n s p o l i t i k hat K o n z e p t e zu e n t w i c k e l n und M a ß n a h m e n d u r c h z u s e t z e n , u m Stör u n g e n d e r im U n t e r n e h m e n a b l a u f e n d e n P r o z e s s e zu v e r m e i d e n . Ein B e i s p i e l sind K o m p e t e n z k o n f l i k t e z w i s c h e n E n t s c h e i d u n g s p e r s o n e n im U n t e r n e h m e n . S o l c h e K o n f l i k t e w i r k e n sich n e g a t i v a u f den A b l a u f der im U n t e r n e h m e n a b l a u f e n d e n P r o z e s s e a u s . In d i e s e m Fall sind V o r t r i t t s r e g e l n zu f i n d e n , die klären, unter w e l c h e n B e d i n g u n g e n b z w . in w e l c h e m Fall e i n e E n t s c h e i d u n g s p e r s o n auf einer der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g n a c h g e o r d n e t e n U n t e r n e h m e n s e b e n e k o m p e t e n t e r ist als eine a n d e r e P e r s o n , die auf d e r g l e i c h e n E b e n e tätig ist. Die V o r trittsregeln klären, w e l c h e P e r s o n e n t s c h e i d u n g s - b z w . a n w e i s u n g s b e r e c h t i g t ist, so daß keine

3

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 51 f.

56

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Kompetenzkonflikte mit negativen Auswirken auf die ablaufenden Prozesse entstehen können. Die meisten unternehmerischen Entscheidungen sind oder werden aufgrund der ständigen Wiederholung zu Routineentscheidungen. Im Gegensatz zu diesen Routineentscheidungen gibt es jedoch auch Entscheidungen im Unternehmen, die aufgrund ihrer Einmaligkeit als außergewöhnliche Entscheidungen zu bezeichnen sind. Haben diese außergewöhnlichen Entscheidungen zudem noch besondere Bedeutung für das Unternehmen, so handelt es sich um Entscheidungen, die in den Aufgabenbereich der Unternehmenspolitik fallen. Eine vorab Auflistung solcher außergewöhnlichen Entscheidungen mit besonderer Bedeutung fällt schwer. Die Unternehmenspolitik hat dennoch für solche Fälle Vorkehrungen zu treffen. Zunächst sind Kriterien für das Vorliegen außergewöhnlicher Entscheidungen (Standortverlagerungen, Fusionen, Kooperationsbildungen, etc.) zu finden. Dann sind generelle Konzepte vorzuhalten, die flexibel und ohne großen Zeitaufwand auf die aktuelle Entscheidung angepaßt werden können. Schließlich ist es Aufgabe der Unternehmenspolitik Konzepte, Strategien und Maßnahmen für die Repräsentation des Unternehmens und die Vertretung der Unternehmensinteressen zu entwickeln. 4 Die Repräsentation und die Interessenvertretung gehen Hand in Hand, so daß beide Aspekte trotz unterschiedlicher Akzentuierung zu einer Aufgabe zusammengefaßt werden können. Das Unternehmen hat ständigen Kontakt zu Institutionen, die im Umfeld des Unternehmens angesiedelt sind. Es handelt sich um Konkurrenten, Partner, Lieferanten, Kunden, Banken, Verbände, Behörden. In diesem Umfeld hat das Unternehmen Repräsentation und Interessenvertretung wahrzunehmen. Die Kontaktpflege zu anderen Institutionen, die Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen und die Mitarbeit in Verbänden sowie die Übernahme gesellschaftspolitischer Aufgaben in sozialen Einrichtungen etc. gehören zum Spektrum der Tätigkeiten im Aufgabenbereich Repräsentation und Interessenvertretung. Da insbesondere bei größeren Unternehmen verschiedene Personen diese Tätigkeiten ausüben, ist es wichtig, ein einheitliches von der Unternehmenspolitik ausgearbeitetes Konzept zu vertreten. Nur ein einheitliches Konzept kann den optimalen Erfolg der Repräsentation und Interessenvertretung eines Unternehmens gewährleisten. 4.2.2 U n t e r n e h m e n s p o l i t i k , -kultur, -philosophie, G r u n d s ä t z e der U n t e r n e h menspolitik, spezielle Unternehmensziele Die Unternehmenspolitik ist Ausdruck einer Unternehmenskultur und einer Unternehmensphilosophie. Beide Faktoren sind vom Umfeld beeinflußt und ihrerseits beeinflussen die Unternehmensgrundsätze, mit denen der Rahmen der Unternehmenspolitik abgesteckt wird. Dieser Rahmen wird in der Regel in einer Unternehmensverfassung festgelegt.

4

Vgl. u.a. K o r n d ö r f e r , W.: Unternehmensführungslehre, S. 54 f.

Unternehmensgründung

57

Unternehmensziele, Instrumente und Maßnahmen werden aus den Unternehmensgrundsätzen abgeleitet und sind somit ebenfalls durch das Umfeld, die Unternehmensphilosophie und die Unternehmenskultur beeinflußt. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 1 dargestellt. Abb. 1 : Zusammenhang von Unternehmenskultur, -philosophie, -zielen und -politik

Unternehmensumfeld 1 Unternehmenskultur

Unternehmensphilosophie

Unternehmensgrundsätze (Unternehmensverfassung) I Unternehmenspolitik mit Unternehmenszielen I Instrumente der Unternehmenspolitik I Maßnahmen/Projekte der Unternehmenspolitik Quelle:

eigene Darstellung

4.2.2.1 D i e U n t e r n e h m e n s k u l t u r als B a s i s d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k Eine wichtige Basis für die Gestaltung der Unternehmenspolitik ist die Unternehmenskultur. Die Unternehmenskultur stellt ein System von Wertvorstellungen, Verhaltensnormen, Denkund Verhaltensweisen dar, die von den Menschen, die ein Unternehmen führen, erlernt wurden und akzeptiert werden. Die Unternehmenskultur ist nicht direkt gegeben. Sie wächst u.a. durch Erfahrungen, die die Führungspersonen in einem Unternehmen in der Vergangenheit bei gelungenen und mißlungenen Problemlösungen gesammelt haben. Diese Erfahrungen prägen die Unternehmenskultur, die wiederum die gegenwärtige Unternehmenspolitik prägt. Da die Unternehmenskultur die Unternehmenspolitik prägt und somit indirekt zum Erfolg eines Unternehmens beiträgt, werden der Unternehmenskultur in der betriebswirtschaftlichen Literatur verschiedene Funktionen zugeschrieben.

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

58

N a c h H e i n e n 5 k o m m e n der U n t e r n e h m e n s k u l t u r j e drei originäre und drei d e r i v a t i v e F u n k t i o n e n zu. Bei den drei originären F u n k t i o n e n h a n d e l t es sich um d i e K o o r d i n a t i o n s - , die I n t e g r a t i o n s - und d i e M o t i v a t i o n s f u n k t i o n . D i e drei derivativen F u n k t i o n e n sind die Sic h e r u n g d e r P r o d u k t i v i t ä t , d i e S i c h e r u n g d e r E f f e k t i v i t ä t und die S i c h e r u n g d e r E f f i z i e n z . Die K o o r d i n a t i o n s - u n d d i e I n t e g r a t i o n s f u n k t i o n stehen dabei in e i n e m s p e z i f i s c h e n B e z i e h u n g s v e r h ä l t n i s . Sie k ö n n e n sich j e nach A u s p r ä g u n g d e r U m f e l d b e d i n g u n g e n t e i l w e i s e erg ä n z e n und t e i l w e i s e m i t e i n a n d e r k o n k u r r i e r e n .

4.2.2.2 Die Unternehmensphilosophie als Basis der Unternehmenspolitik Eine w e i t e r e B a s i s d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k bildet die U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e . 6 Bei d e r U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e h a n d e l t es sich u m ein Weltbild, ein M o d e l l , an d e m d a s untern e h m e r i s c h e V e r h a l t e n und H a n d e l n ausgerichtet w i r d . D i e s e s W e l t b i l d ist g e n a u w i e die U n t e r n e h m e n s k u l t u r nicht k o n s t a n t , s o n d e r n v e r ä n d e r t sich m i t den U m f e l d e i n f l ü s s e n in der Zeit. W e l t b i l d e r haben also n u r einen b e s t i m m t e n zeitlich b e g r e n z t e n E i n f l u ß a u f die U n t e r n e h m e n s p o l i t i k . A u c h d i e U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e e r f ü l l t b e s t i m m t e F u n k t i o n e n . Dies sind die O r i e n t i e rungs-, die M o t i v a t i o n s - und die L e g i t i m a t i o n s f u n k t i o n . Mit der O r i e n t i e r u n g s f u n k t i o n w i r d die S o l l i d e n t i f i k a t i o n d e s U n t e r n e h m e n s a u s g e d r ü c k t . D i e M o t i v a t i o n s f u n k t i o n sorgt f ü r e i n e h ö h e r e I d e n t i f i k a t i o n der M i t a r b e i t e r mit d e m U n t e r n e h m e n . D i e L e g i t i m a t i o n s f u n k t i o n soll schließlich den v e r s c h i e d e n e n A d r e s s a t e n k r e i s e n die h a n d l u n g s b e s t i m m e n d e n

Grundsätze

des U n t e r n e h m e n s e r k l ä r e n und gleichzeitig b e g r ü n d e n b z w . r e c h t f e r t i g e n . In d i e s e m S i n n e hat d i e U n t e r n e h m e n s p h i l o s o p h i e die B e d e u t u n g e i n e s U n t e r n e h m e n s leitbildes, d a s ü b e r den U n t e r n e h m e n s g r u n d s ä t z e n und ü b e r den U n t e r n e h m e n s z i e l e n r a n giert. Ein s o l c h e s U n t e r n e h m e n s l e i t b i l d ist z.B. d e r B e g r i f f „ c o r p o r a t e identity". D i e s e r B e griff will in F o r m e i n e s k u r z e r f a ß b a r e n S c h l a g w o r t e s ein W i r - G e f ü h l f ü r das U n t e r n e h m e n wecken. Ein U n t e r n e h m e n s l e i t b i l d kann seine F u n k t i o n e n nur e r f ü l l e n , w e n n es die A d r e s s a t e n anspricht. D i e s ist f ü r e i n e n g r o ß e n P e r s o n e n k r e i s und a u f lange Zeit s c h w i e r i g e r zu g e w ä h r leisten als f ü r e i n e n kleinen P e r s o n e n k r e i s a u f kurze Zeit.

4.2.3 Die Ableitung von speziellen Unternehmenszielen E i n e ü b e r g e o r d n e t e A u f g a b e der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k (s.o.) ist die A b l e i t u n g v o n Untern e h m e n s z i e l e n . 7 D i e U n t e r n e h m e n s z i e l e sind V o r g a b e n , die den u n t e r n e h m e r i s c h e n

Hand-

lungen z u g r u n d e liegen. D i e Z i e l e sind a b e r auch gleichzeitig G r u n d l a g e der U n t e r n e h m e n s politik. O h n e d i e s e Z i e l e w ä r e U n t e r n e h m e n s p o l i t i k nicht rational. In d e r b e t r i e b s w i r t s c h a f t -

5

Vgl. Heinen, E.: Unternehmenskultur, München, Wien 1987, S. 1 4 6 - 1 5 9

6

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 46 Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 40 - 46

7

Unternehmensgründung

59

liehen Theorie wird stets unterstellt, daß die Entscheidungen rational sind bzw., daß die handelnden Personen rational entscheiden. Daher befaßt sich die Betriebswirtschaftslehre intensiv mit den Zielen, ihren alternativen Formen, Meßvorschriften, Gewichtungsmöglichkeiten etc. Doch diese intensive Auseinandersetzung gewährt nicht, daß in der betrieblichen Praxis immer Ziele formuliert und rationale Entscheidungen angestrebt werden. Diesem Mangel ist nur durch ständige Aufklärung über die Bedeutung von Zielen und rationalen Entscheidungen zu begegnen. Wichtig ist es vor allem, daß Ziele vor der Entscheidung für eine Handlung formuliert werden. Eine nachträgliche Zielformulierung als unternehmenspolitisches Alibi kann keine Rationalität bzw. Zielerreichung gewährleisten. Ist hingegen die Basisfunktion der Unternehmensziele für die Unternehmenspolitik erkannt worden, so sollte der Vorteil der Formulierung von Unternehmenszielen nicht verschenkt werden. Der Erfolg der Unternehmenspolitik und damit der Unternehmensführung läßt sich nur anhand von Zielen messen und ansteuern. Zur Verwirklichung einer rationalen (zielorientierten) Unternehmenspolitik im Unternehmen müssen zunächst einmal Ziele 8 bestimmt werden. Diese Ziele legen die Richtung des betrieblichen Handelns fest. Ferner dienen die Ziele als Auswahlkriterien bzw. Maßstäbe zur Auswahl geeigneter Handlungen. Mit den Auswahlkriterien werden aus der Vielzahl der möglichen Handlungen bzw. Entscheidungen, diejenigen ausgewählt, die entscheidungsrelevant sind (Abgrenzung des Entscheidungsfeldes). Weiterhin kann mit diesen Maßstäben die "Entscheidungsqualität" (Zielerreichungsgrad) gemessen werden. Die Unternehmensziele bilden eine Zielhierarchie an deren Spitze das Globalziel steht. Beim Globalziel (Leitbild) handelt es sich um ein verhältnismäßig abstrakt formuliertes Ziel der Unternehmenspolitik, das den einzelnen Leitungsebenen in dieser Form nicht als Entscheidungshilfe dienen kann. Es muß konkretisiert werden. Dies gilt z.B. für die Zielformulierung, ein möglichst günstiges wirtschaftliches Ergebnis zu erzielen, ohne dabei den Fortbestand und das Wachstum des Unternehmens, das Wohl der Belegschaft und das Interesse der Öffentlichkeit außer acht zu lassen. Die Konkretisierung des Globalziels wird durch die Haupt- (Ober-), Zwischen- und Unterziele geleistet. Globalziel, Haupt- (Ober-), Zwischen- und Unterziele zusammen ergeben ein Zielsystem (Zielhierarchie, Zielbaum), wobei die Teilziele auf der untersten Ebene am ehesten konkreten Arbeitsanweisungen gleichkommen. Man kann den unterschiedlich konkreten Zielen auch Zielebenen zuweisen. Dann kann man von der obersten bis zur untersten Zielebene feststellen, daß die Ziele auf der jeweils unteren Ebene als Mittel zur Realisierung der Ziele auf der jeweils höheren Ebene dienen. Die Ziele sollen zum optimalen Unternehmenserfolg fuhren. Dazu müssen sie verschiedene Anforderungen/Bedingungen erfüllen: (1) Ziele müssen operational, d.h. eindeutig und meßbar sein, damit sie kontrollierbar sind. (2) Sie müssen realistisch vorgegeben werden, damit sie motivierend wirken, weil zu niedrig angesetzte Ziele zu ungenutzten Leistungspo8

Vgl. u.a. Kuhn, A.: Unternehmensführung, 2. Aufl., München 1990, S. 28 ff.

60

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

tentialen führen, während zu hoch gesteckte Ziele eine Leistungsüberforderung bewirken. (3) Sie sollen zeitlich genau begrenzt sein, damit eine gewisse Eigenverantwortung der Mitarbeiter erreicht wird. (4) Sie sollen in komplementärer Beziehung stehen, damit keine Zielkonflikte (konkurrierende Zielbeziehungen) entstehen. Die Festlegung von Zielen ist für ein Unternehmen eine wichtige Voraussetzung für das erfolgreiche Agieren. An den festgelegten Zielen sind alle Aktivitäten eines Unternehmens auszurichten, um die Ziele optimal zu verwirklichen. Ohne Ziele fehlt einem Unternehmen die Orientierung. Die Ziele werden in einem Zielfindungsprozeß bzw. Willensbildungsprozeß festgelegt. Dieser Prozeß sollte abgeschlossen sein, bevor die Unternehmensführung ihre Entscheidungen trifft. Es kommt allerdings auch vor, daß die Unternehmensführung ihre Ziele erst während oder manchmal sogar erst nach der Entscheidung formuliert. Häufig verschaffen sich Manager keine Klarheit über die zu verfolgenden Ziele. Die Entscheidungen werden traditionsgemäß getroffen. Diese Entscheidungen sind als irrational bzw. emotional zu bezeichnen. Demgegenüber handelt es sich bei Entscheidungen auf der Basis von Zielen um rationale Entscheidungen. Neben den oben dargestellten Bedingungen an Ziele werden in der Literatur auch Bedingungen für Zielsysteme formuliert. In der Regel werden die folgenden Bedingungen an Zielsysteme gestellt. Ein Zielsystem soll vier Bedingungen erfüllen: Vollständigkeit, Relevanz (realistisch, zeitlich begrenzt, zeitlich angemessen), Widerspruchslosigkeit (komplementär) und Meßbarkeit (operational, kontrollierbar). Für ökonomische Zieltatbestände wird die Meßbarkeit in der Regel in einer schärferen Bedingung formuliert. Es wird die Meßbarkeit in Geldeinheiten (die monetäre Erfaßbarkeit) vorausgesetzt. Im nachfolgenden Schema ist schließlich eine Zielhierarchie (ein Zielsystem, -bäum) darzustellen: Abb. 2: Zielhierarchie (Zielsystem, Zielbaum)

1. Zielebene: Leitbild/Globalziel 2. Zielebene: Ober-/Hauptziele 3. Zielebene: Zwischenziele 4. Zielebene: Unterziele



5. Ebene: Indikatoren



6. Rechnungswesen/Controlling Quelle:

eigene Darstellung

Unternehmensgründung

61

Um mit den Zielen arbeiten zu können, müssen nicht nur Ziele gefunden werden, sondern auch Zielnormen (Plan-/Sollwerte) und Zielgewichte. Die verbale Festlegung eines Zieles bedeutet den Zielinhalt zu formulieren. Zielnormen legen hingegen den kritischen Wert bzw. das Ausmaß fest, der bzw. das mit dem Verfolgen des jeweiligen Zieles erreicht werden soll. Das Zielgewicht spiegelt die Bedeutung eines Zieles im Vergleich mit den anderen Zielen auf der gleichen Zielebene wider. Den Unterzielen im Zielsystem stehen die Indikatoren gegenüber. Sie erlauben die Bestimmung des Zielerreichungsgrades (Istwerte). Mit der Ermittlung des Zielerreichungsgrades wird die Erfolgskontrolle durch Gegenüberstellung der Soll- (Zielnormen, Planwerte) und der Istwerte (Soll-Ist-Vergleich; Zielerreichungsgrade) möglich. Die Kontrolle gewährleistet eine Neuformulierung der Ziele und ihrer Normen für die nächste Wirtschaftsperiode (Planrevision). Hier besteht eine Schnittstelle zwischen Zielen und Rechnungswesen bzw. Controlling. Will man die einzelnen Zielerreichungsgrade zu einem Gesamtwert zusammenfassen, so ist hierfür eine Zusammenfassungsregel und eine Gewichtungsregel notwendig. Als Beispiel kann die folgende Entscheidungsregel dienen: Summiere Geldbeträge ungewichtet! Ein Unternehmen muß zwischen einem internen und einem externen Zielsystem unterscheiden. Das interne Zielsystem muß quantitativ erfaßbar sein, damit es der Unternehmenspolitik dient und die entsprechenden Soll- und Istwerte direkt in das Rechnungswesen eingehen können. Als externes Zielsystem ist ein qualitatives Zielsystem ausreichend und eventuell sogar vorteilhafter. Es sollte allerdings verbal gut ausformuliert sein, um beispielsweise für die Öffentlichkeitsarbeit besser dienen zu können. 4.2.3.1 Interne Zielsysteme Interne Zielsysteme sind fiir private, öffentliche und gemischtwirtschaftliche Unternehmen nicht gleich. Die unterschiedliche Ausprägung dieser Zielsysteme ist daher näher zu behandeln. Doch zunächst ist auf die prinzipiellen Unterschiede dieser Zielsysteme einzugehen. Private Unternehmen legen ihre Ziele selbst fest. Sie müssen dabei allerdings die durch den staatlichen Ordnungsrahmen für die Wirtschaft vorgegebenen Bedingungen, sprich die Gesetze und Verordnungen, also die Regulierungstatbestände, beachten. Insofern kann man nicht von einer absoluten Freiheit der privaten Unternehmen hinsichtlich ihrer Zielfestlegung sprechen. Es liegt lediglich eine relative Freiheit bei der Formulierung der Ziele vor. Noch eingeschränkter in der Zielformulierung sind die öffentlichen Unternehmen. Ihre Ziele, zumindest aber ihre Oberziele, sind vom Gesetzgeber in entsprechenden Gesetzen festgelegt, so daß die öffentlichen Unternehmen nur noch nach diesen Gesetzen handeln können. Ein Freiraum für selbstformulierte Ziele und somit für eigenständiges Handeln ist nicht in dem Maße gegeben wie für private Unternehmen. Diese Feststellung gilt in nicht so strengem Maße für die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Auch sie müssen sich an die in Gesetzen vorformulierten Ziele halten. Sie haben

62

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

aber aufgrund des privaten Anteils etwas mehr Spielraum für eigene Ziele. Dies gilt auch für die gemeinwirtschaftlichen Unternehmen. Sie sind per Gesetz zur Einhaltung der gemeinwirtschaftlichen Zielsetzungen gezwungen. Darüber hinaus besteht aber durchaus auch Freiraum für eigene Ziele.

Zielsysteme privater Unternehmen Für private Betriebe bildet die Gewinnmaximierung das Globalziel bzw. Leitbild. Es läßt sich durch die Haupt- bzw. Oberziele Erlössteigerung und Kostensenkung konkretisieren. Als Zwischenziele kommen die optimale Preis- und Absatzmengengestaltung in Frage. Andererseits kann die Kostensenkung unterteilt werden auf bestimmte Kosten, die zu senken wären. Damit würden sowohl die Erlösmaximierung als auch die Kostensenkung durch Zwischenziele konkretisiert. Der Zwischenzielbereich „Kosten" kann, wenn die bisher genannten Ziele als die allgemeinen betrieblichen bzw. betriebswirtschaftlichen Ziele bezeichnet werden, die speziellen wirtschaftlichen Ziele, wie umweltpolitische, sozialpolitische Ziele etc., enthalten, da sich alle Maßnahmen eines Unternehmens in diesen Bereichen als Kosten niederschlagen. Auch das Ziel eine bestimmte Produktqualität anzubieten, läßt sich im Zwischenzielbereich „Kosten" ansiedeln, da auch die Erzeugung von Qualität mit Kosten verbunden ist. Formal lassen sich die genannten Ziele für ein privates Unternehmen aus der allgemeinen Formel für die Berechnung des Gewinns und des Erlöses ableiten: (7) Gewinn = Erlös - Kosten (8) Erlös = Preis • Menge Abb. 3: Zielsystem für ein privates Unternehmen

Leitziel:

Oberziele:

Gewinnmaximierung

Erlösmaximierung

Zwischenziele: Preisoptimierung Quelle:

Mengenoptimierung

Kostenminimierung

Minimierung:

Kj

K2

K3

eigene Darstellung

Sind auf einem Markt Preis- und Kapazitätsregulierungen gegeben, die die Unternehmen bei ihrer Zielformulierung berücksichtigen müssen, so sind sie hinsichtlich der Formulierung

Unternehmensgründung

63

des Zieles Erlösmaximierung und der Formulierung der Zwischenziele optimale Preis- und Mengengestaltung eingeschränkt. Sie müssen sich den bestehenden Regulierungen anpassen. Das führt in der Regel dazu, daß dem Zwischenziel Kostensenkung mehr Bedeutung beigemessen werden muß und wird. Diesbezüglich bestehende Freiräume werden alternativ genutzt.

Zielsysteme öffentlicher

Unternehmen

Das Globalziel öffentlicher Betriebe ist ein modifiziertes Ziel. Aus der Gewinnmaximierung f ü r private Unternehmen wird die Kostendeckung. Im Prinzip läßt sich die Kostendeckung aus der gleichen Formel ableiten wie die Gewinnmaximierung. (9) Kostendeckung = Erlös - Kosten (10) Erlös = Subvention + (Preis • Menge) Allerdings besteht gegenüber privaten Unternehmen der Unterschied, daß öffentliche Unternehmen mit Subventionen kalkulieren können. Dadurch kann die Subventionsmaximierung zum Zwischenziel werden, das im Einzel- bzw. Extremfall eventuell mehr Bedeutung erhält als die anderen Zwischenziele und das Globalziel selbst. Dies muß aber nicht unbedingt der Fall sein, da Erlöse und Kosten durchaus auch ohne Subventionen zur Kostendeckung führen können. Eine Zielsetzung unter Berücksichtigung der Subventionsmaximierung ist daher nur unter der genauen Kenntnis der Marktverhältnisse festzulegen. Allerdings sind auch Situationen denkbar, in denen öffentliche Unternehmen nur mit Hilfe von Subventionen zur Kostendeckung kommen können. In solchen Fällen greifen in der Regel übergeordnete politische Ziele und Ziele des Unternehmens ineinander. Eine Bewertung der Situation fällt daher schwer. Ein Beispiel für ein solches öffentliches Unternehmen war die Deutsche Bundesbahn (DB). An diesem Beispiel läßt sich zeigen, wie ein öffentliches Verkehrsunternehmen durch die Vorgabe von Zielen durch den Gesetzgeber in seinem Freiraum eingeschränkt wurde. Im Bundesbahngesetz (BbG) in der Fassung vom 6. März 1969 § 28 wird den Organen der Deutschen Bundesbahn (DB) die Aufgabe erteilt, das Unternehmen "... wie ein Wirtschaftsunternehmen mit dem Ziel bester Verkehrsbedienung nach kaufmännischen Grundsätzen so zu führen, daß die Erträge die Aufwendungen einschließlich der erforderlichen Rückstellungen decken; eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals ist anzustreben. In diesem Rahmen hat sie (die DB) ihre gemeinwirtschaftliche Aufgabe zu erfüllen." Einerseits ist die gemeinwirtschaftliche Aufgabe und die Aufgabe, die beste Verkehrsbedienung zu gewährleisten, nicht näher erläutert, andererseits bleibt das Leitziel o f f e n . Es kann mit Kostendeckung aber auch mit Gewinnmaximierung umschrieben werden. Das Gesetz w u r d e so formuliert, daß eine eindeutige Interpretation nicht möglich ist. Diese unklare Zielfestlegung erschwerte den Organen der Deutschen Bundesbahn die Führung des Unternehmens.

64

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Zudem war die Deutsche Bundesbahn auch in der Festlegung ihrer Ober- und Zwischenziele eingeschränkt. Dies ergibt sich aus den Genehmigungsrechten des Bundesverkehrsministers gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Bundesbahngesetz (BbG). So hat der Bundesverkehrsminister das Recht, die Aufstellung des Wirtschaftsplans, den Bau neuer Strecken, grundlegende Neuerungen und Änderungen der technischen Anlagen, die Tarife, die Fahrpläne etc. zu genehmigen. Allerdings hatte der Bund dafür die Pflicht, die mit dem Genehmigungsrecht verbundenen Mehraufwendungen, Investitionsausgaben oder Mindererträge der Deutschen Bundesbahn auszugleichen. Als Fazit ist festzuhalten, daß die besondere Zielsetzung der Deutschen Bundesbahn eine Kostendeckung anscheinend unmöglich machte. Diese Schlußfolgerung wird jedenfalls durch die Wirtschaftsergebnisse der Deutschen Bundesbahn über Jahrzehnte gedeckt. Abb. 4: Zielsystem für ein öffentliches Unternehmen

Leitziel:

Kostendeckung

Oberziele:

|

|

Erlösmaximierung

Kostenminimierung

Zwischenziele: 1 Subventionsmaximierung Quelle:

1 PreisMengenOptimierung Optimierung

Minimierung:

Kl

K2

K3

eigene Darstellung

Zielsysteme gemischt- und gemein wirtschaftlicher

Unternehmen

Für gemischtwirtschaftliche Unternehmen ist eine Kombination des Zielsystems für ein privates und ein öffentliches Unternehmen als Zielsystem zu erstellen. Dieser Tatbestand ergibt sich aus der Mischung privaten und öffentlichen Kapitals in einem gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. Statt der reinen Gewinnmaximierung bzw. der reinen Kostendeckung kann jetzt j e nach Lage des Unternehmens die Gewinnmaximierung oder die Kostendeckung zum Tragen kommen. Die Wahl des Globalziels ist auch davon abhängig, inwieweit das gemischtwirtschaftliche Unternehmen Subventionen erwarten kann. Das entsprechende Zielsystem ist in Abb. 5 dargestellt. Schließlich ist noch ein Zielsystem für gemeinwirtschaftliche Unternehmen zu behandeln. Da gemeinwirtschaftliche Unternehmen keine Gewinne erzielen dürfen, kommt für sie als

65

Unternehmensgründung

Globalziel nur die Kostendeckung in Frage (vgl. Abb. 4). Inwieweit Erlösmaximierung und Kostenminimierung bei diesen Unternehmen eine Rolle spielen, kann nur unter Kenntnis eines konkreten Fallbeispiels erörtert werden. Prinzipiell sind aufgrund des Verbots der Gewinnerzielung Abschwächungen hinsichtlich der Ziele Erlösmaximierung und Kostenminimierung denkbar. Eine Subventionsmaximierung kommt bei diesen Unternehmen in der reinen Form nicht in Frage. Es können allerdings Ziele verfolgt werden, die der Subventionsmaximierung sehr ähnlich kommen. Abb. 5: Zielsystem für ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen

Leitziel:

Kostendeckung/Gewinnmaximierung

Oberziele: I Erlösmaximierung

| Kostenminimierung

Zwischenziele: 1 1 (Subventions- PreisMengenmaximierung) Optimierung Optimierung Quelle:

Minimierung:

Kl

K2

K3

eigene Darstellung

4.2.3.2 Externe Zielsysteme Unternehmen stellen nicht nur interne Zielsysteme als Grundlage der Unternehmenspolitik im engeren Sinne auf. Unternehmen, die Unternehmenspolitik auch im weiteren Sinne betreiben, müssen externe Zielsysteme ableiten. Für die Ableitung von externen Zielsystemen gelten die hinsichtlich der Ableitung von internen Zielsystemen gemachten Aussagen analog. Ausgangspunkt für die Ableitung externer Zielsysteme sind ebenfalls die in der Unternehmensverfassung festgeschriebenen Unternehmensgrundsätze. Allerdings sind jetzt auch die in der Staatsverfassung (Grundgesetz) und im Wirtschaftsrecht festgelegten Grundsätze als Oberziele zu berücksichtigen. Es ist sicherzustellen, daß das externe Zielsystem mit den genannten Rechtsgrundlagen vereinbar ist.

66

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

4.2.4 Die Veränderung der Unternehmenspolitik und der speziellen Unternehmensziele in den Phasen des Unternehmenslebenszyklus Die Unternehmensziele sind, wie in Teil 2, Abschnitt 4.2 ausgeführt, Vorgaben, die der Unternehmenspolitik und damit dem unternehmerischen Handlungen zugrunde liegen. O h n e diese Ziele wäre weder die Unternehmenspolitik noch wären die unternehmerischen Handlungen rational. Die Ziele bilden somit eine wichtige Basis für den Unternehmenserfolg. Die Ziele sind allerdings nicht konstant bzw. immer angemessen. Die oben genannte Bedingung an ein Zielsystem, daß die Ziele relevant sein sollen, erfordert eine Anpassung der Ziele in Situationen, in denen die zunächst vom Unternehmen festgelegten Ziele nicht mehr angemessen sind. Veränderungen im Umfeld des Unternehmens und die Veränderung der Unternehmenssituationen, das Eintreten in eine andere Phase des Unternehmenslebenszyklus, machen eine Anpassung der einmal gesetzten Ziele notwendig. So wird ein Pionierunternehmen in der Gründungsphase andere Ziele haben als ein Wachstums- und Reifeunternehmen. Ein Wendeunternehmen verfolgt sicherlich wiederum ganz andere Ziele oder zumindest anders gewichtete Ziele. Mit dem Wandel der Ziele ist konsequenterweise auch eine Veränderung der Unternehmenspolitik verbunden und umgekehrt.

4.2.5 Instrumente und Maßnahmen der Unternehmenspolitik Zur Umsetzung ihrer Ziele benötigt die Unternehmenspolitik Instrumente. Diese Instrumente sind die Unternehmensleitung, die Unternehmensplanung, die Unternehmensorganisation und die Unternehmenskontrolle. Auf diese Instrumente wird in Teil 2, Abschnitt 4.9 und Teil 3, Abschnitt 6, 7 und 8 näher eingegangen. Die konkreten Maßnahmen der Unternehmenspolitik ergeben sich aufgrund des Einsatzes der Instrumente.

4.3 Wahl der Rechtsform Die Behandlung der Rechtsform 9 von Unternehmen gehört nicht zum eigentlichen Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre. Die Rechtsformenlehre ist in die Rechtswissenschaft einzuordnen. Da sich jedoch aus der Rechtsform eines Unternehmens bestimmte betriebswirtschaftliche und steuerliche Konsequenzen ergeben, kann die Betriebswirtschaftslehre nicht total auf die Darstellung der Rechtsformen eines Unternehmens verzichten. Im folgenden sind daher die gängigen Rechtsformen für Unternehmen überblicksartig zusammengefaßt. In der Grobgliederung wird nach privaten, öffentlichen und gemischtwirtschaftlichen Unternehmen unterschieden.

9

Vgl. dazu u.a. W ö h e , G.: E i n f ü h r u n g in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 328 - 381;

Heinen, E.: Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 156 - 202

Unternehmensgründung 1.

Private Unternehmen

1.1

Einzelunternehmen (Einzelkaufmann, Einzelfirma)

1.2

Personengesellschaften

1.2.1

Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR)

1.2.2

O f f e n e Handelsgesellschaft ( O H G )

1.2.3

Kommanditgesellschaft (KG)

1.2.4

stille Gesellschaft

1.2.5

Reederei (Partenreederei)

1.3

Kapitalgesellschaften

1.3.1

Aktiengesellschaft (AG)

1.3.2

Kommanditgesellschaft auf Aktien ( K G a A )

1.3.3

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

1.4

Mischformen aus Personen- und Kapitalgesellschaft

1.4.1

AG & Co.KG

1.4.2

GmbH & Co.KG

1.4.3

GmbH & Still

1.4.4

Doppelgesellschaft (Betriebsaufspaltung)

1.5

Genossenschaften

1.6

Vereine

1.6.1

eingetragener Verein (e.V.)

1.6.2

gemeinnütziger Verein

1.6.3

Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (VVaG)

1.7

Stiftungen

2.

Öffentliche Unternehmen

2.1

öffentliche Unternehmen in nichtprivatrechtlicher Form

2.1.1

ohne eigene Rechtspersönlichkeit

2.1.1.1

administrativ und wirtschaftlich unselbständige Betriebe

2.1.1.1.1 Regiebetriebe 2.1.1.2

administrativ und wirtschaftlich selbständige Betriebe

2.1.1.2.1 Eigenbetriebe 2.1.1.2.2 Sondervermögen 2.1.2

mit eigener Rechtspersönlichkeit

2.1.2.1

öffentlich-rechtliche Körperschaften

2.1.2.2

Anstalten

2.1.2.3

Stiftungen

2.2

öffentliche Unternehmen in privatrechtlicher Form

2.2.1

Aktiengesellschaften

2.2.2

Gesellschaften mit beschränkter Haftung

2.2.3

Genossenschaften

3.

Gemischtwirtschaftliche Unternehmen

68

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

3.1 3.2

Genossenschaften Aktiengesellschaften mit und ohne öffentliche Mehrheitsbeteiligung

3.3

Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit und ohne öffentliche Mehrheitsbeteiligung Ein privates Unternehmen hat prinzipiell die Freiheit, seine Rechtsform selbst zu wählen.

Da mit der Wahl der Rechtsform bestimmte Konsequenzen verbunden sind, muß die Wahl auf Entscheidungskriterien beruhen, die die Bewertung der Konsequenzen der alternativen Rechtsformen ermöglichen. In der Regel werden die folgenden Kriterien zur Wahl der Rechtsform eines privaten Unternehmens herangezogen. 1. Rechtsgestaltung, insbesondere Haftung, 2. Leitungsbefugnisse (Vertretung nach außen, Geschäftsführung, Mitbestimmung), 3. Gewinn- und Verlustbeteiligung, Entnahmerechte, 4. Finanzierungsmöglichkeiten, 5. Flexibilität hinsichtlich der Veränderung der Beteiligungsverhältnisse und der Gesellschafter, 6. Belastung durch staatliche Abgaben (Steuern, Beiträge, Gebühren) und 7. mit der Rechtsform verbundene Aufwendungen. Das prinzipielle Recht, die Rechtsform eines privaten Unternehmens frei zu wählen, wird von drei Tatbeständen eingeschränkt: (1) durch Gesetz,

(2) durch die Art der

chen Aufgabe

Die Einschränkungen durch Gesetz

und (3) durch die Eigentumsverhältnisse.

wirtschaftli-

können sich auf eine bestimmte Zahl von Gründern bzw. Gesellschaftern, auf die Höhe des einzubringenden Kapitals, auf die Art und den Umfang der Geschäftstätigkeit oder die Betätigung beziehen. Bei den privaten Unternehmen ist prinzipiell zwischen Personen- und Kapitalunternehmen zu unterscheiden. Alle Unterformen beider Gruppen haben bestimmte gleiche Merkmale, die vorab behandelt werden sollen, bevor auf die einzelnen Unterformen eingegangen wird. Die Personenunternehmen zeichnen sich dadurch aus, daß mindestens ein Gesellschafter mit seinem gesamten Privatvermögen haftet. Die Gesellschafter und die Gesellschaft können verklagt werden. Das Unternehmen ist nur solange rechtlich existent, wie der Inhaber bzw. die Gesellschafter leben. Die Gesellschafter dürfen nicht wechseln. Die Insolvenz eines Gesellschafters zieht die Insolvenz des Unternehmens hinsichtlich seines Anteils nach sich. Die Gesellschafter arbeiten im Unternehmen und führen es. Bei Unternehmensentscheidungen wird nach Kopfzahl abgestimmt. Die Zahl der Gesellschafter ist gering. Ferner gibt es keine Gründungsvorschriften (formlose Gründung), die Gesellschaften bezahlen weder Einkommen-, Vermögen- noch Körperschaftsteuer. Aufgrund der besonderen Haftung mit dem gesamten Privatvermögen eines Gesellschafters ist für die Gesellschaften kein Mindestkapital vorgeschrieben.

Unternehmensgründung

69

D i e K a p i t a l u n t e r n e h m e n l a s s e n sich d a d u r c h c h a r a k t e r i s i e r e n , d a ß d i e G e s e l l s c h a f t e r n u r b e g r e n z t h a f t e n , n u r d i e G e s e l l s c h a f t v e r k l a g t w e r d e n k a n n , V o l l s t r e c k u n g e n nur bei d e r Gesellschaft durchgeführt werden können, die Existenz des U n t e r n e h m e n s unbefristet und u n a b h ä n g i g v o m L e b e n d e r G e s e l l s c h a f t e r ist, d e r A u s t a u s c h v o n G e s e l l s c h a f t e r n m ö g l i c h ist, K o n k u r s e v o n G e s e l l s c h a f t e r n d i e G e s e l l s c h a f t u n b e r ü h r t l a s s e n , w e n n n i c h t die G l ä u b i ger eine auflösungsveranlassende Anteilsmehrheit erhalten, die Führung von G e s c h ä f t s f ü h rern w a h r g e n o m m e n w i r d , bei U n t e r n e h m e n s e n t s c h e i d u n g e n g e m ä ß H ö h e d e r K a p i t a l a n t e i l e a b g e s t i m m t w i r d , d i e Z a h l d e r G e s e l l s c h a f t e r in d e r R e g e l h o c h ist u n d d i e G e s e l l s c h a f t e r eingeschränkte Rechte hinsichtlich der Gestaltung der Geschäftsabläufe besitzen.

Ferner

bestehen f ü r die G r ü n d u n g Formvorschriften, wie z.B. die notarielle B e u r k u n d u n g , die Satz u n g s g e b u n g u n d ein M i n d e s t k a p i t a l . D i e G e s e l l s c h a f t e n m ü s s e n E i n k o m m e n - ,

Vermögen-

u n d K ö r p e r s c h a f t s t e u e r b e z a h l e n , d a es sich u m j u r i s t i s c h e P e r s o n e n h a n d e l t . A u ß e r den dargestellten g e m e i n s a m e n Charakteristika gelten für die einzelnen

Rechts-

f o r m e n s p e z i e l l e M e r k m a l e , a u f d i e im f o l g e n d e n e i n g e g a n g e n w i r d . D a s E i n z e l u n t e r n e h m e n w i r d v o n e i n e m K a u f m a n n f o r m l o s g e g r ü n d e t . Er h a f t e t u n b e s c h r ä n k t m i t s e i n e m g e s a m t e n V e r m ö g e n u n d ist T r ä g e r aller R e c h t e u n d P f l i c h t e n . T r o t z d e m kann er unter d e m N a m e n seiner Firma klagen und auch verklagt w e r d e n . Die Firma m u ß einen Familiennamen und einen ausgeschriebenen V o r n a m e n haben. Z u d e m m u ß unter U m s t ä n d e n e i n e E i n t r a g u n g d e r F i r m a ins H a n d e l s r e g i s t e r e r f o l g e n . D i e s ist d e r Fall, w e n n e i n G r u n d h a n d e l s g e w e r b e im S i n n e § 1 H G B v o r l i e g t o d e r w e n n in V e r b i n d u n g m i t e i n e r s o n s t i g e n , n i c h t l a n d - u n d f o r s t w i r t s c h a f t l i c h e n B e t ä t i g u n g ein k a u f m ä n n i s c h e r G e s c h ä f t s b e t r i e b n o t w e n d i g ist. D i e V o r t e i l e d e s E i n z e l u n t e r n e h m e n s l i e g e n in d e r a l l e i n i g e n E n t s c h e i d u n g s b e f u g n i s d e s E i g e n t ü m e r s hinsichtlich G e w i n n v e r w e n d u n g und sonstigen

Unternehmensentscheidungen.

F ü r d i e e r z i e l t e n G e w i n n e h a t d e r E i g e n t ü m e r n u r E i n k o m m e n s t e u e r zu z a h l e n . A l s N a c h t e i l d e s E i n z e l u n t e r n e h m e n s gelten die begrenzten F i n a n z i e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n .

Eigenkapitalbil-

d u n g kann nur durch N i c h t e n t n a h m e von G e w i n n e n o d e r U m w a n d l u n g von Privatvermögen in G e s c h ä f t s v e r m ö g e n e r f o l g e n . D i e F r e m d k a p i t a l a u f n a h m e ist v o n d e r E r t r a g s k r a f t u n d d e r L i q u i d i t ä t d e s U n t e r n e h m e n s s o w i e v o n d e r s u b j e k t i v e n E i n s c h ä t z u n g d e r P e r s o n des U n t e r nehmers durch die Kreditgeber abhängig. Die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ( G b R ) kann ebenfalls formlos gegründet werd e n . E i n e E i n t r a g u n g in d a s H a n d e l s r e g i s t e r k a n n n i c h t v o r g e n o m m e n w e r d e n . Die G e s e l l schafter haften mit ihrem gesamten

Privatvermögen.

Die Gesellschaft des

bürgerlichen

R e c h t s e i g n e t sich i n s b e s o n d e r e f ü r K o o p e r a t i o n e n ( s . u . ) v o n M i n d e r k a u f l e u t e n und F r e i b e r u f l e r n . D i e M i t g l i e d e r d e r e r s t g e n a n n t e n G r u p p e d ü r f e n , w e i l es sich g e m ä ß § 4 A b s . 2 H G B nicht um Vollkaufleute handelt, keine O H G und K G gründen. Die zweite G r u p p e darf e s n i c h t , w e i l ein F r e i b e r u f l e r kein H a n d e l s g e w e r b e b e t r e i b t . D i e G e s e l l s c h a f t w i r d v o n d e n Gesellschaftern g e m e i n s a m g e m ä ß dem Prinzip der Einstimmigkeit geführt. G e w i n n e und V e r l u s t e w e r d e n nach der Anzahl der G e s e l l s c h a f t e r und nicht nach d e r H ö h e der Kapitalein-

70

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

läge aufgeteilt. Die Gewinnanteile der Gesellschafter unterliegen der Einkommensteuer als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die O f f e n e Handelsgesellschaft ( O H G ) wird von Gesellschaftern gegründet, um in einer gemeinsamen Firma ein Handelsgewerbe zu betreiben. Die Gesellschafter haften solidarisch mit ihrem gesamten Privatvermögen und unterliegen dem Wettbewerbsverbot. Sie dürfen keine Tätigkeiten ausüben, die in Wettbewerb bzw. in Konkurrenz zur Gesellschaft stehen. Die Firma muß einen Namen haben, der mindestens einen Gesellschafter und das Gesellschaftsverhältnis erkennen läßt, wie z.B. Felix Muster & Co. oder Felix Muster O H G . Die Gewinnaufteilung erfolgt zunächst durch eine 4%-ige Kapitalverzinsung. Der restliche Gewinn wird dann nach Köpfen aufgeteilt. Verluste werden nur nach Köpfen aufgeteilt. Die Eigenkapitalerhöhung kann durch zusätzliche Kapitaleinlagen, Nichtausschüttung von Gewinnen und A u f n a h m e neuer Gesellschafter erfolgen. Die Fremdkapitalaufnahmemöglichkeiten sind für die O H G gut, da die solidarische Haftung der Gesellschafter allgemein als hohe Sicherheit eingestuft wird. Die Gewinnanteile der Gesellschafter einer O H G sind als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, der Einkommensteuer zu unterziehen. Die Kommanditgesellschaft ( K G ) wird von mindestens einem Komplementär und einem Kommanditisten gegründet. Komplementäre haften mit ihrem gesamten

Privatvermögen,

während Kommanditisten lediglich mit der im Handelsregister eingetragenen Kapitaleinlage haften. Bei einer Kommanditgesellschaft muß der N a m e der Firma einen Komplementär und das Gesellschaftsverhältnis erkennen lassen, wie z.B. Felix Muster & Co. KG oder Felix Muster KG. Kommanditisten dürfen hingegen nicht für die N a m e n g e b u n g herangezogen werden. Sonderformen der Kommanditgesellschaft sind die GmbH & Co.KG und die AG & Co.KG. In beiden Fällen ist der Komplementär eine Kapitalgesellschaft, deren Gesellschafter gleichzeitig als Kommanditisten der KG auftreten. Die Geschäftsführung und Vertretung einer Kommanditgesellschaft (Prinzip der Einzelvertretung) liegt bei den Komplementären. Die Kommanditisten können durch den Gesellschaftsvertrag lediglich Mitsprache- und Kontrollrechte erhalten. Die Gewinnverteilung erfolgt nach dem Splittingverfahren. Nach einer 4%-igen Kapitalverzinsung wird der restliche Gewinn angemessen verteilt. Verluste werden ebenfalls angemessen verteilt. Was angemessen heißt, wird durch den Gesellschaftsvertrag festgelegt. Die Eigen- und Fremdfinanzierungsmöglichkeiten einer Kommanditgesellschaft sind als sehr gut einzustufen, da sowohl Komplementäre wie auch Kommanditisten neu in die Gesellschaft aufgenommen werden können. Die Gewinnanteile der Gesellschafter werden als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer unterzogen. Die stille Gesellschaft hat eines mit der Kommanditgesellschaft (KG) gemeinsam. Mindestens ein Gesellschafter beschränkt seine Haftung auf die Höhe der Kapitaleinlage. Dies ist der stille Gesellschafter. Er ist nicht zur Geschäftsführung und zur Vertretung ermächtigt. Er erhält seine Einlage bei Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses zurück. Anders als die KG ist die stille Gesellschaft jedoch nur eine Innengesellschaft und keine Gesamthandsgesellschaft. Der Inhaber der stillen Gesellschaft, ein Einzelunternehmer, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft, wie z.B. die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und

Unternehmensgründung

71

Still, handelt im eigenen Namen. Die stille Gesellschaft betreibt daher kein Handelsgewerbe, sondern der Inhaber. Der stille Gesellschafter ist angemessen am Gewinn der Gesellschaft zu beteiligen. Eine Verlustbeteiligung kann per Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden. Der typische stille Gesellschafter ist nur am Gewinn beteiligt und hat seine Gewinnanteile als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer zu unterziehen (§ 20 (1) Nr. 4 EStG), während der atypische stille Gesellschafter auch an den stillen Reserven beteiligt ist und daher als Mitunternehmer eingestuft wird. Er hat seine Gewinnanteile als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer zu unterziehen. Die Reederei ist eine Rechtsform des Unternehmens gemäß Seehandelsrecht. Es handelt sich um einen Verkehrsbetrieb, der in der Schiffahrt tätig ist. Eine spezielle Rechtsform stellt die Partenreederei dar. Eine Partenreederei ist ein Gesellschaftsverhältnis zwischen Personen (Mitreedern), die Eigentumsanteile an einem Schiff haben und unter dem Namen dieses Schiffes auftreten. Die Mitreeder haben die unbegrenzte Nachschußpflicht und das Abandonrecht.

Sie können

sich also von der Nachschußpflicht durch

Aufgabe ihrer

Rechte

(Schiffsanteile) freihalten. Steuerlich ist die Partenreederei als Mitunternehmerschaft einzustufen. Die Mitunternehmerschaft ist nicht einkommensteuerpflichtig, sondern nur die Mitunternehmer haben ihre Gewinnanteile als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommensteuer zu unterziehen. Die Aktiengesellschaft (AG) ist eine Gesellschaft, bei der das Grund- bzw. Nominalkapital in Aktien aufgeteilt ist. Über die Aktien kann sich die Gesellschaft Kapital am Kapitalmarkt beschaffen. Dies ist insbesondere für Großunternehmen mit einem hohen Kapitalbedarf von Interesse. Die Firma einer Aktiengesellschaft ist meist eine Sachfirma. Der Firmenname m u ß diese Sache bezeichnen und zusätzlich die Firma als Aktiengesellschaft kennzeichnen, wie z.B. Linga Backwaren AG. Zur Gründung einer AG bedarf es mindestens fünf natürlicher oder juristischer Personen, die den Gesellschaftsvertrag aushandeln und die ersten Aktien kaufen. Das Grundkapital einer AG muß sich im Minimum auf 100.000 DM belaufen. Mit der Eintragung in das Handelsregister erhält die A G ihre Rechtsfähigkeit. Eine AG gilt in der Regel aufgrund der komplizierteren Verwaltung (Aufsichtsrat, Mitbestimmungsgremien) gegenüber der G m b H als inflexibel und schwerfallig. Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) stellt eine Kombination aus Kommanditund Aktiengesellschaft dar. Mindestens ein Gesellschafter (der Komplementär) haftet mit seinem gesamten Privatvermögen. Die anderen Gesellschafter, die Kommanditisten bzw. Kommanditaktionäre, haften nur mit ihrer in Aktien erfolgten Kapitaleinlage. Genau wie bei der AG sind mindestens fünf Personen f ü r die Gründung einer KGaA notwendig. Die Vorteile der K G a A bestehen bei der Kapitalbeschaffung durch Aktien. Die Widersprüche bei der Gewinnverwendung zwischen Komplementären und Kommanditaktionären werden als deutlicher Nachteil gesehen. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) schränkt die Haftung auf die Kapitaleinlagen der Eigentümer ein. Die Firma einer G m b H ist eine Sach- oder Personenfirma. Der Firmenname muß stets den Zusatz mit beschränkter Haftung (mbH) aufweisen, wie z.B.

72

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Gesellschaft für Backwaren mbH oder Felix Muster Gesellschaft mbH. Die Gründung einer G m b H wird von mindestens einer Person durchgeführt, die den Gesellschaftsvertrag festlegt. Der Gesellschaftsvertrag muß von einem Notar beurkundet werden. Das Stammkapital einer G m b H beläuft sich auf mindestens 50.000 DM. Die Haftung der Gesellschaft ist auf das Geschäftsvermögen beschränkt, die Gesellschafter haften nicht persönlich. Die Gesellschaftsversammlung legt die Verteilungsschlüssel für die Gewinn- und Verlustverteilung fest. Die G m b H hat eine eigene Rechtsperson und ist daher körperschaft- und vermögensteuerpflichtig. Die gezahlte Körperschaftsteuer wird auf die Einkommensteuer der Gesellschafter angerechnet, die diese für ihre Gewinnanteile als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu bezahlen haben. Die Doppelgesellschaft ist eine Unternehmensform, die entsteht, wenn Gesellschafter gleichzeitig zwei rechtlich selbständige Gesellschaften gründen und die Aufgaben, die üblicherweise im Rahmen einer Gesellschaft abgewickelt werden, auf zwei Gesellschaften verteilen. Eine Doppelgesellschaft kann durch Neugründung oder Teilung einer bestehenden Gesellschaft ins Leben gerufen werden. Die Doppelgesellschaft muß aus einer Personengesellschaft und einer Kapitalgesellschaft bestehen. Die Gesellschafter beider Gesellschaften sind die gleichen, da ansonsten die Vorteile der Doppelgesellschaft nicht realisiert werden können. In der Praxis kommt die Doppelgesellschaft vor allem in zwei Kombinationsformen vor: als Besitzpersonen- und Betriebskapitalgesellschaft sowie als Produktionspersonen- und Vertriebskapitalgesellschaft. Bei einer Besitzpersonen- und Betriebskapitalgesellschaft ist die Personengesellschaft, ein

Einzelunternehmen,

eine O H G oder eine

KG,

Eigentümer des

Anlagevermögens

(Gebäude, Grundstücke, Maschinen), das an die Betriebskapitalgesellschaft verpachtet wird. Die Ausübung der betrieblichen Funktionen, Materialwirtschaft, Produktion, Absatz und Verwaltung, liegt bei der Betriebskapitalgesellschaft, die damit auch das unternehmerische Risiko trägt. Gewinne fallen auch nur bei der Betriebskapitalgesellschaft an. Die Gewinne werden durch die Gehälter der Geschäftsführer und die Pacht gemindert. Die Einnahmen der Personengesellschaft ergeben sich aus der Pacht. Die Pacht muß in der Höhe so gestaltet sein, daß sie nach Ausschüttung an die Gesellschafter der Personengesellschaft unter Hinzurechnung der Gehälter, die die Gesellschafter als Geschäftsführer der Betriebskapitalgesellschaft erhalten, den Lebensunterhalt der Gesellschafter deckt. Diese Konstruktion kann dazu dienen, Gewinne der Betriebskapitalgesellschaft zurückzuhalten, wenn sie bei der Personengesellschaft einem höheren Einkommensteuersatz unterliegen. Die Produktionspersonen- und Vertriebskapitalgesellschaft sieht eine Aufteilung der betrieblichen Funktionen vor. Der Personengesellschaft wird die Funktion Produktion übertragen, während der Kapitalgesellschaft die Funktion Absatz zugeordnet wird. Die Personengesellschaft hat jetzt die Möglichkeit, ihre Produkte zu einem unter dem marktüblichen Preis liegenden Preis an die Vertriebsgesellschaft zu verkaufen. Damit kann der Gewinn von der Produktionspersonengesellschaft zur Vertriebskapitalgesellschaft verlagert werden, wenn es steuerlich von Vorteil ist.

Unternehmensgründung

73

Die Genossenschaft ist eine Gesellschaft mit nach oben nicht festgelegter Zahl an Mitgliedern (Genossen), die einen gemeinsamen Geschäftsbetrieb haben, um so die Selbsthilfe der Mitglieder durch gegenseitige Förderung betreiben zu können. Die Gründung und Satzungsgebung muß von mindestens sieben Genossen vorgenommen werden. Die Rechtsfähigkeit erhält die Genossenschaft durch Eintragung ins Genossenschaftsregister. Die Genossenschaft ist eine Sachfirma. Der N a m e der Firma muß diesen Sachgegenstand benennen und zusätzlich die Bezeichnung eingetragene Genossenschaft (e.G.) aufweisen. Die Gewinnerwirtschaftung ist eigentlich nicht Ziel einer Genossenschaft. Die Genossen sind alle gleichberechtigt und haben unabhängig von ihrem eingezahlten Kapitalanteil nur eine Stimme in der Generalversammlung. Die Genossenschaft ist keine Personengesellschaft. Sie wird in der Literatur als Kapitalgesellschaft oder Verein eingeordnet. Ein Mindestkapital ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Genossen müssen allerdings eine Mindesteinlage tätigen. Sie beträgt 10 Prozent des Geschäftsanteils. Für Genossenschaften gibt es drei Haftungsformen: unbeschränkte Haftungspflicht, beschränkte Haftungspflicht und keine Haftungspflicht. Die Haftungspflicht ist in der Satzung festgelegt. Bei beschränkt haftungspflichtigen Genossenschaften besteht eine Nachschußpflicht der Genossen nur bis zu der in der Satzung bestimmten Haftungssumme. Ein Genosse hat Anspruch auf einen Gewinnanteil, sofern dies nicht in der Satzung ausgeschlossen wurde. Voraussetzung für den Gewinnanspruch ist, daß entgegen dem eigentlichen Ziel einer Genossenschaft Gewinn erzielt wird. Die Steuerpflicht der Genossenschaften ist j e nach Zweck der Genossenschaft vom Gesetzgeber unterschiedlich geregelt worden. Der Verein ist eine dauerhafte Vereinigung von Personen, die unter dem Vereinsnamen ein gemeinsames Ziel anstreben. Der Fortbestand eines Vereines ist unabhängig von der Veränderung der Mitglieder. Der Verein muß sich eine Satzung geben. Die Geschäftsführung und die Vertretung des Vereins liegt beim Vorstand. Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung gewählt. Der Verein haftet mit seinem Vereinsvermögen. Die Mitglieder haften nicht persönlich. Es ist zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Vereinen zu unterscheiden. Die Rechtsfähigkeit erhält ein Verein durch staatliche Verleihung, wenn der Zweck des Vereins ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist. Wird mit dem Verein kein wirtschaftlicher Zweck verfolgt, so erhält er seine Rechtsfähigkeit durch Eintragung ins Vereinsregister. Es handelt sich dann um einen eingetragenen Verein (e.V.). Vereine sind körperschaftsteuerpflichtig. Für Vereine mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb besteht zudem Gewerbesteuerpflicht. Für gemeinnützige Vereine, deren Ziel nicht die Gewinnerwirtschaftung ist, besteht, genau wie für gemeinnützige Genossenschaften und Kapitalgesellschaften, die Befreiung von der Körperschaftsteuerpflicht. Die Stiftung wird durch einen Stifter, eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen, gegründet. Der Stifter übergibt der Stiftung in schriftlicher und beurkundeter Form ein bestimmtes, dauerhaftes Vermögen. Die Stiftung erhält ihre Rechtsfähigkeit durch staatliche Genehmigung. Die Tätigkeit der Stiftung ist auf soziale Belange ausgelegt. In der Praxis sind zwei Formen der Stiftung relevant: die Holdingstiftung und das Stiftungsunternehmen. Von

74

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

einer Holdingstiftung spricht man, wenn eine rechtlich selbständige Stiftung als Gesellschafter in eine Kapitalgesellschaft eintritt. Ein Stiftungsunternehmen liegt hingegen vor, wenn eine rechtlich selbständige Stiftung alleiniger Inhaber eines Unternehmens ist. Stiftungen sind körperschaft-, vermögen- und gewerbesteuerpflichtig, Familienstiftungen haben

im

Zeitabstand von 30 Jahren Erbschaftsteuer (Erbersatzsteuer) zu zahlen, außer es handelt sich um Stiftungen für ausschließlich und unmittelbar kirchliche, gemeinnützige und mildtätige Zwecke. Die zweite Gruppe der Unternehmen bilden die öffentlichen Unternehmen. Es handelt sich um Unternehmen, die im Eigentum einer Gebietskörperschaft (Bund, Land, Gemeinde) stehen. Öffentliche Unternehmen werden aus rechtlicher Sicht in zwei Untergruppen eingeteilt: Unternehmen in nichtprivatrechtlicher Form und Unternehmen in privatrechtlicher Form. Diese Untergruppen werden jeweils wiederum in öffentliche Unternehmen

ohne

Rechtsperson und öffentliche Unternehmen mit eigener Rechtsperson unterteilt. Aus wirtschaftlicher Sicht sind drei Untergruppen zu bilden: Unternehmen, die nach dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip arbeiten, Unternehmen, die auf der Basis des Kostendeckungsprinzips operieren und Unternehmen, die das Zuschußprinzip praktizieren. Neben diesen generellen Einteilungsmöglichkeiten der öffentlichen Unternehmen gibt es spezielle Rechtsformen f ü r öffentliche Unternehmen. Auf diese speziellen Rechtsformen wird im folgenden näher eingegangen. Der Regiebetrieb ist ein öffentlicher Betrieb, der in nichtprivatrechtlicher Form geführt wird und keine eigene Rechtsperson hat. Der Regiebetrieb ist somit Teil der öffentlichen Verwaltung (Verwaltungseinheit). Der Regiebetrieb hat kein eigenes Vermögen und ist an den Haushalt, der als Träger auftretenden Gebietskörperschaft gebunden. Die Rechnungslegung erfolgt gemäß der kameralistischen Buchführung nach dem Bruttoprinzip. Es werden also alle Einnahmen und Ausgaben des Regiebetriebes unsaldiert im Haushalt des Trägers ausgewiesen. Regiebetriebe sind Zuschußbetriebe. Der Eigenbetrieb ist ebenfalls ein öffentlicher Betrieb, der in nichtprivatrechtlicher Form geführt wird und keine eigene Rechtsperson hat. Er zählt jedoch nicht zur öffentlichen Verwaltung. Es handelt sich um einen unselbständigen, aber organisatorisch abgegrenzten Teil des Vermögens einer Gebietskörperschaft. Die Rechtsgrundlage für Eigenbetriebe ist durch die Eigenbetriebsverordnungen bzw. -gesetze der Bundesländer gegeben. Eigenbetriebe werden nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführt. Es soll ein Einnahmenüberschuß, mindestens aber eine Ausgabendeckung erreicht werden. Die Rechnungslegung eines Eigenbetriebes muß nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung vorgenommen werden. Es ist ein Wirtschaftsplan, eine Kostenrechnung, ein Jahresabschluß und ein Jahresbericht zu erstellen. Das Wirtschaftsergebnis eines Eigenbetriebes ist in den Haushalt des Trägers aufzunehmen. Das Sondervermögen

ist eine Form des öffentlichen Betriebes, der in nichtprivat-

rechtlicher Form und ohne eigene Rechtsperson geführt wird. Organisatorisch und haushaltsmäßig ist das Sondervermögen jedoch selbständig. Das Sondervermögen kann als Son-

75

Unternehmensgründung

derrechnung oder als gesonderter Abschnitt im Haushalt des Trägers erscheinen. Das Wirtschaftsergebnis des Sondervermögens geht nach dem Nettoprinzip in den Haushalt des Trägers ein. Die

öffentlich-rechtliche

Körperschaft

ist

ein

öffentlicher Betrieb

in

nichtprivat-

rechtlicher Form, aber mit eigener Rechtsperson. Öffentlich-rechtliche Körperschaften basieren auf dem Mitgliedsprinzip, wie z.B. Industrie- und Handelskammern. Eine öffentlichrechtliche Körperschaft ist also ein Verband, der unter staatlicher Aufsicht und mit staatlichen Finanzmitteln öffentliche Aufgaben erfüllt, ohne selbst zur staatlichen Verwaltung zu gehören. Es handelt sich also nicht um eine Behörde. Die Anstalt ist ein öffentlicher Betrieb in nichtprivatrechtlicher Form, der aber eine eigene Rechtsperson besitzt. Bei Anstalten handelt es sich um Sacheinlagen der öffentlichen Hand. Es werden genau wie bei der öffentlich-rechtlichen Körperschaft öffentliche Aufgaben außerhalb

der

staatlichen

Verwaltung

wahrgenommen.

Im

Gegensatz

zur öffentlich-

rechtlichen Körperschaft basiert die Anstalt j e d o c h nicht auf dem Mitgliedsprinzip. Beispiele für Anstalten sind öffentliche Bibliotheken und Schulen. Neben den öffentlichen Unternehmen in nichtprivatrechtlicher Form gibt es öffentliche Unternehmen in privatrechtlicher Form. Auf diese Formen soll nicht noch einmal eingegangen werden, da sie bereits unter den privaten Unternehmen behandelt wurden. Die dritte Unternehmensgruppe bilden die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen. In der Literatur werden die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen nicht immer als eigenständige Unternehmensgruppe behandelt. Häufig erfolgt eine Einordnung als Untergruppe der öffentlichen Unternehmen. Bei den gemischtwirtschaftlichen Unternehmen handelt es sich um Unternehmen, bei denen die Eigentumsverhältnisse als Kombination aus Eigentum einer Gebietskörperschaft und Privateigentum geregelt sind. Diese Unternehmen können sich durch eine öffentliche Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligung auszeichnen. Als spezielle Rechtsformen für gemischtwirtschaftliche Unternehmen kommen die Kapitalgesellschaften und die Genossenschaften aus der Gruppe der privaten Unternehmen in Betracht (s.o.).

4.4 Wahl des Firmennamens und des Logos Für ein optimales Marketing eines Unternehmens müssen entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden. Zu diesen Voraussetzungen gehören die Wahl eines Firmennamens und eines Logos. Es sind zwei Entscheidungen, die in der Gründungsphase getroffen werden sollten. Bei der Wahl des Firmennamens besteht nicht immer Freiheit. Im vorherigen Abschnitt „Wahl der Rechtsform" wurde deutlich, daß verschiedene Rechtsformen einen bestimmten N a m e n bedingen (s.o.). Rechtsformen, die keinen bestimmten Firmennamen vorschreiben, lassen dem Unternehmensgründer Freiheit bei der Wahl des Firmennamens. Es besteht ein Entscheidungsproblem, einen geeigneten Firmennamen auszuwählen. Zu beachten ist, daß

76

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

ein Firmenname gewählt wird, der keine Verwechselung mit bereits bestehenden Firmen oder Institutionen zuläßt. Bei der Wahl des Firmenlogos ist der Unternehmensgründer frei. Auch diesbezüglich gilt, mögliche Verwechselungen mit bereits existenten Firmenlogos zu vermeiden.

4.5 Wahl der Finanzierung/Kapitalbeschaffung Eine Entscheidung, die auch vor der Gründung eines Unternehmens getroffen werden muß, ist die Wahl der Finanzierung. Es ist festzulegen, welche Finanzierungsformen mit welchem Gewicht zum Tragen kommen. In diesem Rahmen soll nur auf die grundsätzliche Finanzierungsentscheidung eingegangen werden. Details sind in den Abschnitten „Unternehmensgründungsförderung" (Teil 2, Abschnitt 3.2) und „Finanzwirtschaft" (Teil 3, Abschnitt 9.8) behandelt. Die grundsätzliche Finanzierungsentscheidung bezieht sich auf die Wahl des Einsatzes der drei Finanzierungskomponenten Eigenkapital (EK), Fremdkapital (FK) und staatliche Förderung (SF). Das Auswahlproblem läßt sich anhand der folgenden Formel darstellen: (11) F = g| • EK + g2 • FK + g3 • SF mit F = Finanzierungsvolumen gi = Gewicht der ersten Finanzierungskomponente Eigenkapital (EK) g 2 = Gewicht der zweiten Finanzierungskomponente Fremdkapital (FK) g3 = Gewicht der dritten Finanzierungskomponente staatliche Förderung (SF) Voraussetzung für die Wahl der Finanzierung gemäß Formel (11) ist, die Kenntnis des Finanzierungsvolumens (F).

4.6 Standortwahl Als Standort einer Unternehmung bezeichnet man den geographischen Ort, an dem die Unternehmung Leistungen erstellt bzw. verwertet. Wollte man das Standortproblem auf den Standort des Sitzes einer Firma begrenzen, so wäre diese Einengung unzulässig, da auch die Errichtung eines Zweigbetriebes oder einer Vertriebsfiliale Standortentscheidungen voraussetzt. Nicht alle Unternehmungen sind in der Wahl ihres Standortes frei. So sind verschiedene Wirtschaftszweige geographisch an ganz bestimmte Standorte gebunden (z.B. Kohlezechen, Kiesgruben, Schiffswerften, Reedereien). Man spricht in solchen Fällen von einem gebundenen Standort. Die meisten Unternehmen können ihren Standort jedoch frei wählen, wobei in diesem Z u s a m m e n h a n g nicht nur an eine Neugründung eines Unternehmens, sondern auch an die Ausgliederung von Teilfunktionen, von gesamten Fabrikationsstätten (z.B. in das Ausland) oder auch an die Errichtung neuer Fertigungsstätten, wenn es die Kapazität erforderlich macht, zu denken ist.

Unternehmensgründung

77

Sieht man einmal von persönlichen Präferenzen oder von politischen Gegebenheiten in bestimmten Ländern für die Festlegung eines Standortes ab, so gibt den Ausschlag f ü r einen bestimmten Standort die größte Spanne zwischen Ertrag und Aufwand, bezogen auf das investierte Kapital. Die Existenz von Bestimmungsfaktoren für die Standortwahl ist für eine konkrete Standortentscheidung nicht ausreichend, sondern es müssen zusätzliche Informationen über deren Wirkung auf die gesetzten Ziele der Unternehmung beschafft werden. Relativ einfach zu bestimmen sind die Immobilieneigenschaften und staatlichen Einflüsse, desgleichen können auch zumeist bezüglich des Beschaffungs- und Absatzmarktes Daten über Lieferangebote und -bedingungen, Tarifverträge, Transportkosten usw. ermittelt werden. Schwieriger dagegen und oft nur mit sehr erheblichem A u f w a n d an Marktforschung lassen sich Informationen über Faktoren wie Kaufkraftströme, Konsumenten-, Lieferanten- und Konkurrenzverhalten gewinnen.

4.6.1 Standortfaktoren Sieht man einmal von Unternehmens- und branchenspezifischen Besonderheiten ab, so bestimmt sich die Eignung eines Standortes im wesentlichen durch fünf Bestimmungsfaktoren:

(1) Rohstoffnähe, (2) Arbeitsmarktbedingungen, (Lieferantennähe) und (5) Abgaben.

(3) Verkehrsverhältnisse, (4) Abnehmernähe

Eine nähere Betrachtung dieser Faktoren macht deutlich, daß eine Reihe positiver und negativer Eigenschaften das Entscheidungsproblem "Standortwahl" beeinflussen. Die tatsächliche Entscheidung über den richtigen Standort ist abhängig von der Bewertung dieser Eigenschaften und wird stets eine Kompromißlösung sein. Bei der Standortwahl unterscheidet man zwischen der interlokalen und der lokalen Standortwahl. Zunächst wird die Gemeinde ausgewählt, in der der Betrieb errichtet werden soll. Dies ist die interlokale Standortwahl. In der Gemeinde ist dann der geeignete lokale Standort zu wählen. Die für die Standortentscheidung wichtigen Standortfaktoren sind: - Lieferservice, - Absatzgebiet, - Nachfrageentwicklung, - Verkehrsverbindung, - Transport- und Lagerhauskosten und - Arbeitskräfteangebot. Pfohl 1 0 berichtet, daß der interlokalen Standortwahl große Bedeutung zuerkannt wird, während die lokale Standortwahl von untergeordneter Bedeutung ist. Die falsche lokale

10

Vgl. Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, 4. Aufl., Berlin u.a. 1990, S. 125

78

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Standortwahl ist daher der häufigste Fehler bei der Lagerhauserrichtung. Es kann eine Fehlentscheidung mit erheblichen Folgekosten sein. Bei der Standortplanung wird prinzipiell auch zwischen der volkswirtschaftlichen," der betrieblichen und der innerbetrieblichen Standortplanung (Layoutplanung) unterschieden. Die methodischen Vorgehensweisen sind gleich, lediglich der Planungshorizont bzw. -Zusammenhang ist ein anderer. Einmal wird der Standort eines Betriebes bzw. einer Station in der Volkswirtschaft, das andere Mal wird der Standort einer Station innerhalb eines Betriebes gesucht. Die Zielsetzung der Standortplanung ist, den Standort auszuwählen, an dem der Betrieb die geringsten Gesamtkosten verwirklichen kann. Damit zeigen sich die verschiedenen Kostenkomponenten als Entscheidungskriterien für die Standortplanung. Man bezeichnet diese Kriterien als Standortkriterien. In der Literatur besteht keine Einigkeit über die Anzahl der bei der Standortplanung zu berücksichtigenden Kriterien. Es gibt verschiedene Kataloge von Standortkriterien. Ohne näher auf die Problematik der Auswahl der Standortkriterien einzugehen, kann festgestellt werden, daß eine eindeutige Katalogisierung nicht möglich sein wird, da die Anzahl der Kostenkomponenten von den Bedingungen des konkreten Planungsfalles abhängt. Der von Behrens bereits 1961 veröffentlichte Katalog der Standortkriterien bzw. -faktoren 12 kann daher nur als Planungsanleitung verstanden werden. In der Literatur sind seitdem eine Vielzahl von Standortkriterienkatalogen bzw. -listen dargestellt worden. Der von Behrens entwickelte Katalog dürfte allerdings der am häufigsten empfohlene bzw. zitierte sein. 13 Es soll daher auch in diesem Rahmen auf den von Behrens entwickelten Katalog zurückgegriffen werden (vgl. Abb. 6). Behrens gliedert die Standortfaktoren zunächst in zwei Obergruppen: die Standortfaktoren im Bereich Gütereinsatz und die Standortfaktoren im Bereich Absatz. Der Bereich Gütereinsatz wird dann weiter unterteilt in die Subbereiche Beschaffung und Transformation. Im Bereich Absatz werden die Standortfaktoren wiederum in zwei Gruppen gegliedert und zwar in die Gruppen Absatzkontakte und Absatzpotentiale. Nach dem gleichen Gliederungsprinzip wird auch der Subbereich Beschaffung in Beschaffungskontakte und Beschaffungspotentiale unterteilt. Der Standortfaktorenkatalog von Behrens ist einerseits an den betrieblichen Funktionen Beschaffung, Transformation und Absatz orientiert und andererseits am Prinzip der Wirtschaftlichkeitsberechnung. Es werden Kosten- und Erlösseite berücksichtigt.

" Es wird auch von der internationalen Standortwahl gesprochen. Vgl. u.a. Kappler, E./ Rehkugler, H.: Konstitutive Entscheidungen, in: Heinen, E.: Industriebetriebslehre, 9. Aufl., Wiesbaden 1991, S. 73 240, hier S. 2 3 4 f. 12

Vgl. Behrens, K.Ch.: Allgemeine Standortlehre, 2. Aufl., Opladen 1971, S. 47 - 81 Vgl. u.a. Kappler, E./Rehkugler, H.: Konstitutive Entscheidungen, in: Heinen, E.: Industriebetriebs-

lehre, S. 232; D o m s c h k e , W . / D r e x e l , A.: Logistik: Standorte, 4. Aufl., München, Wien 1996, S. 8

79

Unternehmensgründung

Abb. 6: Katalog der Standortkriterien (-faktoren) nach Behrens STANDORTFAKTOREN

Gütereinsatz

Beschaffung Beschaffuneskontakte (z.B. beschaffungsfördernde Einrichtungen: Wirtschaftsbehörden, Arbeitsvermittlung, Ausstellungen, Behörden usw.)

Absatz

Transformation BeschaffungsAbsatz- geologische potential Bedingungen kontakte - Betriebsraum - Klima (z.B. Außenhan(z.B. bebau- technische bare GrundAgglomedelsabstücke) ration teilungen der - Anlagegüter - Arbeit (z.B. Bank, Arbeiter/AngeMakler, stellte; PendAusteller; Gastarlungen, beiter) Werbe- Fremddienste agenturen (z.B. Hilfsetc.) Funktionen) - Material (z.B. Ubiquitäten; transportempfindliche Einsatzgüter) - Kredit (z.B. Bankpräferenzen)

Absatzpotential - Bedarf - Kaufkraft - Konkurrenz- Goodwill - staatlicheAbsatzhilfen

- Leistungen des Staates (z.B. Steuervorteile) Quelle:

Behrens, K.Ch.: Allgemeine Standortlehre, S. 47 - 81

Andere Autoren 14 listen, wie oben ausgeführt, andere Kataloge für Standortkriterien auf. Im folgenden soll ein Katalog dargestellt werden (vgl. Abb. 7), der detaillierter ist als der von Behrens. Dieser Katalog der Standortfaktoren umfaßt Standortfaktoren aus zehn verschiedenen Bereichen. Prinzipiell ist auch dieser Katalog an den betrieblichen Funktionen orientiert. Allerdings wird das Prinzip in einigen Fällen durchbrochen und externe Fakten zum Gliederungskriterium erhoben.

14

Vgl. u.a. Domschke, W./Drexel, A.: Logistik: Standorte, S. 9;

Kappler, E./Rehkugler, H.: Konstitutive Entscheidungen, in: Heinen, E.: Industriebetriebslehre, S. 231

80

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Allen Standortkatalogen ist gemein, daß sie nicht für alle Standortplanungsfälle der Praxis anzuwenden sind. Es handelt sich stets um generelle Kataloge, die auf das Verallgemeinerbare abstellen und daher immer an den spezifischen Planungsfall angepaßt werden müssen. Die innerbetriebliche Standortplanung bzw. - wie sie in Logistiklehrbüchern bezeichnet wird - die Layoutplanung hat das Ziel der Minimierung der Gesamtkosten noch in Subziele untergliedert: - Minimierung der Transportleistung und der Transportkosten - Minimierung der Zwischenlagerungskosten und der Durchlaufzeit - Minimierung der Störanfälligkeit, Gewährleistung der Übersichtlichkeit und - Erhaltung von Elastizität und Flexibilität, falls Produktionsprogrammänderungen notwendig werden (Minimierung von Standortwechselkosten). Abb. 7: Detaillierter Katalog der Standortkriterien Grund und Boden Lage und Größe Expansionsmöglichkeiten Erschließung

Arbeitskräfte Potential (Anzahl) Ausbildungsstand Beschaffung und Entsorgung

Bebauungsvorschriften Verkehr und Transport Straßennetz

Roh-, Hilfs- und Betriebs-

Schienennetz

Wasser Abfallbeseitigung

Binnenschiffahrt bzw. Seehafen Flughafen Produktion Klimatische Bedingungen Ersatz für Maschinen Investition und Finanzierung Bauunternehmen Investitionsgüterhersteller

stoffe Energie

Absatz Bevölkerungspotential Konsumgewohnheiten Kaufkraft Konkurrenz Absatzfördernde Einrich-

Kreditinstitute

tungen Öffentliche Hand Subventionen

Allgemeine Infrastruktur Wohnraum

Steuervergünstigungen Persönliche Präferenzen Wohnlage

Bildungseinrichtungen Kulturelle Einrichtungen

Erholungs- und Urlaubsmöglichkeiten

Medizinische Versorgung Quelle:

Domschke, W./Drexel, A.: Logistik: Standorte, S. 9

Unternehmensgründung

81

Als Standortkriterien werden Personalkosten, Betriebsmittelkosten (Abschreibungen, Zinsen auf gebundenes Kapital), Raum- und Wegekosten (Abschreibungen, Zinsen für Transportwege), Betriebsstoffkosten, Reparatur- und Instandhaltungskosten sowie Verwaltungskosten gesehen.

4.6.2 Das Webersche Standortdreieck Die ersten Ansätze der Standortplanung werden Launhardt (1882) zugeschrieben. Er bestimmte mit Hilfe eines Trichters (Launhardtscher Trichter) das Absatzgebiet eines Unternehmens in Abhängigkeit von den Transport- und Produktionskosten. Den optimalen Betriebsstandort (So) ermittelte Launhardt auf der Basis des geometrischen Polsatzes. In einer infrastrukturell homogenen Fläche und bei nicht vom Wert eines Gutes abhängigen Transportkosten ist der optimale Standort dort, wo das Produkt aus transportierten Materialgewichten und Entfernungen minimal ist: (12)

S 0 = Z Gewicht in Tonnen • Entfernung in Kilometern



min.

= (t • km) = (tkm) d.h. die gesamte Verkehrsleistung (gemessen in Tonnenkilometern, tkm) wird minimiert. Das erste Standortmodell im eigentlichen Sinne wird Weber zuerkannt. Er bestimmte den optimalen, den transportkostenminimalen Standort im Dreieck, dem Weberschen Standortdreieck. Als Standortkriterien benutzte Weber die Transportkosten für Rohstoffe, Arbeitskräfte und Endprodukt. Die Dreieckslösung von Weber ist ein Spezialfall, der sich durchaus in Abhängigkeit der Anzahl der Standortkriterien auf beliebige Vielecke erweitern läßt. Zudem ist die A n w e n d u n g nicht auf die volkswirtschaftliche und betriebliche Standortplanung beschränkt. Auch Probleme der innerbetrieblichen Standortplanung lassen sich mit Hilfe eines Drei- bzw. Vielecks lösen. Mit Hilfe des Weberschen Standortdreiecks wird der transportkostenminimale Punkt innerhalb eines durch den Ort der Rohstoffvorkommen, den Wohnort der Arbeitskräfte und den Wohnort der Konsumenten gebildeten Dreiecks als Produktionsstandort gewählt. 1 5

4.6.3 Intuitive Standortplanungsmethoden Die Methoden der Standortplanung sind vielfältig. Hier soll zwischen intuitiven und mathematischen Methoden unterschieden werden. Zu den intuitiven Methoden der Standortplanung zählen Methoden wie Brainstorming, Senektik, Philips und Delphi I und II. Es handelt sich um Methoden, die durch Diskussion das Problem auf verbaler Ebene lösen. Eine relative einfache, aber nicht unbedingt intuitive Methode ist ferner die Anwendung des Varignonschen Apparates. Der optimale Standort wird im Versuch gefunden, indem die

15

V g l . z u e i n e m F a l l b e i s p i e l J u n g , H.: A l l g e m e i n e B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , 2. A u f l . , M ü n c h e n , W i e n

1 9 9 6 , S. 7 3 f.

82

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

möglichen Standorte auf einer Platte eingetragen werden. An jedem möglichen Standort wird die Platte durchbohrt. Durch alle Bohrungen werden Bindfaden gezogen, die über der Platte in einem Knoten verbunden und unter der Platte jeweils mit einem Gewicht, das das Nachfragepotential der einzelnen Orte widerspiegelt, versehen werden. Der optimale Standort findet sich dann im Kräftegleichgewicht.

4.6.4 Mathematische Methoden der Standortplanung Die Standortplanung kann mit Hilfe von Scoringmethoden, den verschiedenen Varianten der Nutzen-Kosten-Analyse und Simulationsverfahren erfolgen. In der Regel werden die Verfahren der linearen Programmierung unter Ausnutzung der Erkenntnisse der Graphen- und Netzwerktheorie zur Standortplanung herangezogen. Hier sollen ein nutzwertanalytisches und ein Optimierungsmodell vorgestellt werden. 1 6 Das nutzwertanalytische Modell basiert auf folgendem Ansatz: J (13) N W , = I

&j

• n WlJ

(i=l,...,I;j=l,...,J))

j=l mit N W , = Nutzwert eines Standortes i gjj = Gewicht des Teilnutzwertes nw,| nwy = Teilnutzwert eines Standortfaktors j für den Standort i i = Index des Standortes j = Index des Standortfaktors Von den alternativen Standorten i wird der mit dem höchsten Nutzwert ausgewählt. Das Optimierungsmodell geht von folgenden Annahmen aus: (1) Es gibt mehrere Abnehmerzentren, die mit den Produkten eines Unternehmens zu beliefern sind. (2) Der jährliche Bedarf eines Abnehmerzentrums wird in Mengeneinheiten ( M E ) gemessen. (3) Es stehen für das Unternehmen mehrere alternative Standorte zur Verfügung, die in einer Vorauswahl hinsichtlich qualitativer Kriterien gesichtet wurden. (4) Mit der Herstellung der Produktionsbereitschaft an einem Standort sind Fixkosten verbunden. (5) Die Transportkosten an einem Standort sind von der Menge x.j abhängig, die von diesem Standort i zum Abnehmerzentrum j zu liefern ist. (6) Aufgrund von Kapazitätsgrenzen kann nicht die gesamte Bedarfsmenge an einem Standort produziert werden.

16

V g l . Günther, H . - O . / T e m p e l m e i e r , H.: Ü b u n g s b u c h Produktion und Logistiuk, Berlin u.a. 1 9 9 5 , S.

35 - 39, 42 - 4 6

Unternehmensgründung

83

(7) Die Investitionskosten sind in den Fixkosten enthalten. Die kostenminimale Anzahl von Standorten bestimmt sich dann gemäß Gleichung (14): I

I

(14) Minimiere Z = Z f • Yi + Z i=l

J X Cy • x,j

i=lj=l

(Fixkosten)

(Transportkosten)

mit den Nebenbedingungen: I (15) X x,j = dj

j = 1,2,..., J

i=l J (16) Z Xy < b, • yj

¡ = 1 , 2 , ..,1

j=l (17) Xy > 0

i = 1 , 2 , . . . , l ; j = 1,..., J

(18) y, e {0,1}

i= 1,2,...,!

mit dj = Bedarfsmenge des Abnehmerzentrums j b, = Produktionskapazität des Standortes i Cjj = Transportkosten zwischen Standort i und Abnehmerzentrum j (pro Mengeneinheit) fi = Fixkosten pro Jahr am Standort i i = Anzahl der potentiellen Standorte (i = 1, .., I) j = Anzahl der Abnehmer (j = 1, ..., J) Xy = Transportmenge vom Standort i zum Abnehmerzentrum j yi = Binärvariable, die den Wert 1 annimmt, wenn Standort i genutzt wird; sonst 0 Die Nebenbedingung (15) bedeutet, daß der gesamte Bedarf eines Abnehmerzentrums erfüllt wird. Nebenbedingung (16) sagt, daß an j e d e m Standort soviel produziert wird, wie die Kapazität zuläßt. Die Lösung erfolgt mittels gemischt-ganzzahliger linearer Optimierung.

4.7 Kauf des Betriebsgrundstückes N a c h d e m der Makro- und MikroStandort für das zu gründende Unternehmen ausgewählt wurden, ist am Mikrostandort das Betriebsgrundstück zu kaufen, auf dem dann die Betriebsgebäude zu errichten sind. Der Kauf des Betriebsgrundstückes setzt voraus, daß das entsprechende Grundstück alle Bedingungen erfüllt, die für den Betrieb der vorgesehenen Produktionsanlagen von Bedeutung sind. Diese Bedingungen können j e nach Art des Unternehmens sehr unterschiedlich

84

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

sein. In diesem Rahmen kann nur auf eine generelle Liste von Bedingungen Bezug genommen werden. Diese Liste ist im konkreten Fall zu spezifizieren. Bedingungen, die heute auf jeden Fall überprüft werden müssen, sind die Umweltbedingungen. Es ist festzustellen, ob das anzukaufende Grundstück eine gute Bodenqualität aufweist. Es m u ß geprüft werden, ob Kontaminationen bestehen und ob Emissionen auftreten, die die geplante Produktion beeinträchtigen können. Andererseits ist zu prüfen, welche Umweltanforderungen hinsichtlich Immissionen und Lärm bestehen, die bei der geplanten Produktion einzuhalten sind. Der von der Gemeinde aufgestellte Bebauungsplan mit der Ausweisung von Wohngebieten, Gewerbegebieten und gemischten Gebieten gibt erste Aufschlüsse über die Umweltanforderungen. Genauere Informationen sind beim Umweltamt der Gemeinde einzuholen. Außer dem Umweltamt ist auf jeden Fall das Liegenschaftsamt der Gemeinde zu kontaktieren, um Informationen hinsichtlich eventuell noch ausstehender Erschließungsgebühren, Straßenanliegerbeitrag etc. zu erhalten. Ferner sollten Informationen über eventuelle Planungsänderungen und Zukunftsplanungen der Gemeinde beschafft werden. Wenn alle Bedingungen überprüft und als ausreichend erfüllt eingestuft wurden, können Verhandlungen über den Ankauf des entsprechenden Grundstückes erfolgen. Die Verhandlungen werden mit der Unterzeichnung eines Kaufvertrages bei einem Notar abgeschlossen. Nach Bezahlung des Grundstückes erfolgt die Eigentumsübertragung auf Anweisung des Notars durch das zuständige Grundbuchamt der betreffenden Gemeinde.

4.8 Planung und Bau der Betriebsgebäude Die Planung und der Bau der Betriebsgebäude auf dem angekauften Betriebsgrundstück können in der Regel mit Vollzug der Eigentumsübertragung vorgenommen werden. Die Planung und der Bau der Betriebsgebäude hat den speziellen Bedingungen des konkreten Einzelfalles zu entsprechen und kann daher nicht im allgemeinen Rahmen erörtert werden. Eine generelle Entscheidung ist allerdings hinsichtlich der Form des Betriebsgebäudes zu treffen. Sie kann in diesem Rahmen diskutiert werden. In der Regel werden die Betriebsgebäude in der Rechteckform geplant und gebaut. Diese Form hat sich für Unternehmen aller Branchen als angemessen erwiesen. Der Vorteil dieser G e b ä u d e f o r m liegt in der relativ einfachen Erweiterungsmöglichkeit. Rechteckige Gebäude können, sofern das Betriebsgelände es zuläßt, in fast beliebiger Segmentgröße durch Anbau erweitert werden. Dies ist ein wichtiger Vorteil, da Unternehmen in der Regel einen Wachstumsprozeß durchlaufen und Erweiterungen der Betriebsgebäude notwendig werden können. Die Flexibilität der rechteckigen Form der Betriebsgebäude hinsichtlich der Erweiterungsmöglichkeit bietet die besten Voraussetzungen für die optimale Anpassung der Größe der Betriebsgebäude an das Wachstum des Unternehmens. Eine Alternative zur Rechteckform der Betriebsgebäude ist die Sechseckform. Diese Form ist in der Praxis nicht sehr weit verbreitet. Es gibt nur sehr wenige Betriebsgebäude in

Unternehmensgründung

85

S e c h s e c k f o r m . D e r Vorteil der S e c h s e c k f o r m liegt in der E f f i z i e n z der i n n e r b e t r i e b l i c h e n T r a n s p o r t w e g e und d a m i t der S e n k u n g der i n n e r b e t r i e b l i c h e n T r a n s p o r t k o s t e n . B e c k m a n n hat g e z e i g t , d a ß d r e i c k i g e T r a n s p o r t n e t z e in s e c h s e c k i g e n M a r k t g e b i e t e n e f f i z i e n t e r sind als a n d e r e N e t z f o r m e n in dreieckigen und q u a d r a t i s c h e n M a r k t g e b i e t e n . 1 7 D i e s e r Vorteil w i r d in d e r N a t u r u.a. im B i e n e n s t a a t a u s g e n u t z t . D i e S e c h s e c k f o r m bietet sich a u c h f ü r U n t e r n e h m e n m i t vielen i n n e r b e t r i e b l i c h e n T r a n s p o r t e n an. Ein d e u t l i c h e r N a c h t e i l d e r S e c h s e c k f o r m sind d i e b e g r e n z t e n E r w e i t e r u n g s m ö g l i c h k e i t e n v o n B e t r i e b s g e b ä u d e n . E s k a n n i m m e r n u r ein w e i t e r e s S e c h s e c k a n g e b a u t w e r d e n . Es besteht d a h e r keine a u s r e i c h e n d e Flexibilität, um d i e E r w e i t e r u n g d e r B e t r i e b s g e b ä u d e d e m U n t e r n e h m e n s w a c h s t u m a n z u p a s s e n . Dies zeigt sich i n s b e s o n d e r e bei der ersten E r w e i t e r u n g s s t u f e . Sie ist n u r sinnvoll, w e n n d a s U n t e r n e h m e n u m 100 P r o z e n t g e w a c h s e n ist. Für die n ä c h s t e n E r w e i t e r u n g s s t u f e n sind d a n n nur n o c h 5 0 P r o z e n t , 25 P r o z e n t etc. W a c h s t u m d e s U n t e r n e h m e n s n o t w e n d i g .

4.9 Wahl der Organisationsform U m d i e P r o d u k t i o n v o n G ü t e r n w i r t s c h a f t l i c h d u r c h f ü h r e n zu k ö n n e n , m u ß ein U n t e r n e h m e n e n t s p r e c h e n d organisiert sein. Die Wahl d e r O r g a n i s a t i o n s f o r m hat bereits in der G r ü n d u n g s p h a s e zu e r f o l g e n . B e v o r auf die v e r s c h i e d e n e n O r g a n i s a t i o n s f o r m e n

eingegangen

wird, ist z u n ä c h s t die Definition des B e g r i f f e s O r g a n i s a t i o n v o r z u n e h m e n . In A n l e h n u n g an K u h n 1 8 wird unter O r g a n i s a t i o n d i e p l a n v o l l e G l i e d e r u n g und Z u s a m m e n f a s s u n g von d a u e r h a f t e n A u f g a b e n im U n t e r n e h m e n s o w i e d e r e n Z u o r d n u n g zu A u f g a benträgern verstanden. Die O r g a n i s a t i o n unterteilt sich in d i e A u f b a u - und die A b l a u f o r g a n i s a t i o n . Die A u f b a u o r g a n i s a t i o n strukturiert den A u f b a u des S y s t e m s U n t e r n e h m e n zu e i n e m O r g a n i s a t i o n s s y stem, w ä h r e n d d i e A b l a u f o r g a n i s a t i o n die im System U n t e r n e h m e n a b l a u f e n d e n Prozesse in e i n e m O r g a n i s a t i o n s p r o z e ß strukturiert. Mit H i l f e d e r A u f b a u o r g a n i s a t i o n w e r d e n f u n k t i o n s f ä h i g e T e i l e i n h e i t e n e i n e s U n t e r n e h m e n s g e s c h a f f e n , die der K o o r d i n i e r u n g der A k t i v i t ä t e n im H i n b l i c k auf ein G e s a m t z i e l dien e n . D i e kleinste E i n h e i t in der A u f b a u o r g a n i s a t i o n ist die Stelle. E i n e Stelle w i r d durch e i n e S t e l l e n b e s c h r e i b u n g festgelegt. E s w e r d e n A u f g a b e n i n h a l t e , V o r g e s e t z t e , M i t a r b e i t e r , s a c h liche H i l f s m i t t e l , z u g e l a s s e n e b z w . g e f o r d e r t e I n f o r m a t i o n s - und K o m m u n i k a t i o n s w e g e etc. bestimmt. A b l a u f o r g a n i s a t i o n ist die r a u m - z e i t l i c h e S t r u k t u r i e r u n g der in e i n e m U n t e r n e h m e n zur A u f g a b e n e r f ü l l u n g n o t w e n d i g e n P r o z e s s e . Sie soll die E f f i z i e n z der P r o z e s s e g e w ä h r l e i s t e n . E s w i r d z . B . d i e z w e c k m ä ß i g s t e R e i h e n f o l g e von A r b e i t s g ä n g e n , d i e T a k t - und R h y t h m e n a b s t i m m u n g , d i e P a u s e n o r d n u n g , die o p t i m a l e M a s c h i n e n b e l e g u n g , die M e h r s t e l l e n a r b e i t , d i e S p r i n g e r r e g e l u n g etc. f e s t g e l e g t . Die S t r u k t u r i e r u n g der P r o z e s s e e r f o l g t d u r c h d i e A u f t e i l u n g in e i n z e l n e P h a s e n b z w . u n t e r s c h e i d b a r e T e i l t ä t i g k e i t e n . 17 18

Vgl. Beckmann, M.: Location Theory, New York 1968, S. 84 f. Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 135 f.

86

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

4.9.1 Wahl der Aufbauorganisation Bei der Wahl der Aufbauorganisation eines Unternehmens sind zwei Aspekte zu berücksichtigen. Einmal ist die Anzahl der Ebenen festzulegen, auf die sich Aufbauorganisation erstrecken soll. Zum anderen ist für jede Ebene eine Zusammenfassung bzw. Zentralisation der Aufgaben vorzunehmen. Abb. 8: Hierarchische Gliederung eines Unternehmens nach Stellen bzw. Stelleninhabern (Liniensystem)

FS

FS

OFE

MFE

UFE

OE

OE FS: Führungsspitze; OFE: Obere Führungsebene; UFE: Untere Führungsebene; MFE: Mittlere Führungsebene; OE: Operative Ebene Quelle: Wöhe, G.: Einführung .., S. 190 Durch die Festlegung der Organisationsebenen wird eine hierarchische Struktur des Unternehmens erzeugt. Diese Hierarchie bezieht sich zunächst auf die Stellen und dann auf die Personen, die die Stellen besetzen (Stelleninhaber). Die Hierarchie der Stellen bzw. Stelleninhaber führt zu einem Liniensystem. Durch die Festlegung der Hierarchie der Stellen

Unternehmensgründung

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bzw. Stelleninhaber kristallisieren sich die verschiedenen Unternehmens- bzw. Führungsebenen (z. B. Führungsspitze, obere Führungsebene (Top Management), mittlere Führungsebene (Middle Management), untere Führungsebene (Lower bzw. Junior Management) und ausführende (operative) Ebene)) heraus. Darüber hinaus ergibt sich im Unternehmen eine Hierarchie der Organisationseinheiten (z.B. Vorstand/Unternehmensleitung, Hauptabteilung, Abteilung, Unterabteilung, Gruppe und Stelle). Traditionell wird bei der Festlegung der Hierarchie eines Unternehmens eine tiefe Gliederung gewählt. Es werden relativ viele Ebenen festgelegt. Die in Abb. 8 dargestellte Hierarchie weist im technischen Bereich sieben und im kaufmännischen Bereich sechs Ebenen auf. In einigen Lehrbüchern werden acht Ebenen als Standard vorgegeben (vgl. Abb. 9). Abb. 9: Traditionelle und „Lean"-Unternehmenshierarchie traditionelle Hierarchie Werksleiter Fertigungsleiter

,Lean"-Hierarchie Werksleiter Segmentleiter

Leiter der Fertigungsdurchführung Werkstättenleiter Betriebsingenieur Meister

Meister/Fachabteilungsleiter

Einrichter Mitarbeiter

Mitarbeiter in Gruppen

Quelle: Grob, R.: „Lean" - mehr als ein Aufguß bekannter Methoden? Eine kritische Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen, in: Lean Production II, hrsg. v. Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V., Köln 1994, S. 28 - 66, hier S. 34 Im modernen Logistikansatz der Betriebswirtschaftslehre werden hingegen nur noch vier Ebenen als Standard angesehen (vgl. Abb. 9). Das „Lean Production/Management"-Konzept geht von schlanken Unternehmensstrukturen aus und propagiert eine flache Hierarchie mit deutlich weniger Ebenen im Unternehmen. Die Aufgaben werden auf weniger Ebenen verteilt, was zu einer Effizienzsteigerung fuhrt. Im Extremfall kann ein Unternehmen auf eine Ebene ausgelegt sein. Um die Aufgaben auf den einzelnen Unternehmensebenen zusammenzufassen, werden Zentralisierungskriterien herangezogen. Häufig benutzte Zentralisierungskriterien sind die

88

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Verrichtungs- bzw. Funktionsorientierung, die Objekt- bzw. Güter-/Produktorientierung, die Regional- bzw. Raumorientierung, die Zeitorientierung, die Personenorientierung und die Arbeitsmittelorientierung. Gemäß dem Verrichtungs- bzw. Funktionskriterien werden Aufgaben zusammengefaßt, die der gleichen Verrichtung bzw. betrieblichen Funktion dienen. Entsprechend erfolgt gemäß dem Objekt- bzw. Güter-/Produktkritenum eine Zusammenfassung der Aufgaben, die am gleichen oder für das gleiche Objekt, Gut bzw. Produkt vorgenommen werden.

4.9.1.1 Das Organisationssystem und seine Subsysteme Die Organisation eines Unternehmens bezieht sich nicht nur auf die verschiedenen Unternehmensebenen, sondern auch auf die verschiedenen Subsysteme des Organisationssystems Unternehmen. Die Subsysteme bilden sich nach verschiedenen Kriterien. Einmal sind dieses die betrieblichen Funktionen und zum anderen sind dieses die Tätigkeiten im Unternehmen. Gemäß dem Kriterium betriebliche Funktionen können z.B. die Subsysteme Beschaffung, Produktion und Absatz gebildet werden. Die Anwendung des Kriteriums Tätigkeiten führt z.B. zu den Subsystemen Leitung, Planung, Koordinierung. In diesem Rahmen sollen die verschiedenen Möglichkeiten zur Konstruktion einer Aufbauorganisation zunächst nur am Beispiel des Leitungssystems dargestellt werden. 19 Das Leitungssystem eines Unternehmens erstreckt sich über alle hierarchischen Unternehmensebenen. Die Leitungsaufgaben verteilen sich über diese Ebenen. Aufgrund der unterschiedlichen Möglichkeiten, die Leitungsaufgaben zu verteilen, ergeben sich unterschiedliche Leitungssysteme. Bei der Darstellung dieser unterschiedlichen Leitungssysteme bezieht man sich aus pragmatischen Gründen in der Regel nur auf die zwei oder drei obersten Unternehmensebenen. Diese Vorgehensweise soll auch hier angewandt werden. Die Möglichkeiten zur Bildung einer Aufbauorganisation für das Leitungssystem werden in drei Gruppen eingeteilt: die Grundformen, die praxisorientierten Formen und die pluralen Formen.

4.9.1.2 Die Grundformen des Leitungssystems Die Grundformen des Leitungssystems sind anhand von drei Begriffspaaren festzumachen. Dies sind die Begriffspaare: Einlinien- und Mehrliniensystem, Verrichtungs- und übjektzentralisation sowie singulare und plurale Instanzen. Damit ergeben sich sechs Grundformen des Leitungssystems. Durch Kombination sind weitere Formen ableitbar. Dies soll jedoch hier nicht getan werden. Es wird im folgenden nur auf die Grundformen eingegangen. Das Einliniensystem geht auf den französischen Ingenieur Fayol zurück. Es zeichnet sich dadurch aus, daß nur eine Leitungsstelle existiert und an eine untergeordnete Stelle oder mehrere untergeordnete Stellen Weisungen erteilt. Die untergeordneten Stellen dürfen dem19

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 168 ff.

Unternehmensgründung

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entsprechend nur von einer einzigen übergeordneten Stelle Weisungen annehmen. Der Instanzenweg zwischen übergeordneter und untergeordneter Stelle ist streng einzuhalten. Abb. 10: Das Einliniensystem

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 172

Das Einliniensystem weist spezifische Vor- und Nachteile auf. 20 Die Vorteile des Einliniensystems sind: - eine übersichtliche Leitungsstruktur, - eine sehr eindeutige Abgrenzung der Kompetenzen und - der Verantwortung. Die Nachteile des Einliniensystems sind: - häufig späte Entscheidungen aufgrund langer Wege der Auftragserteilung, - Überlastung der Zwischeninstanzen und der obersten Leitungsstellen, - Auftreten von gefährlichen Informationsverlusten und Informationsverzögerungen und - geringe Anpassungsfähigkeit an Datenveränderungen aufgrund langer Instanzenwege. Das Gegenmodell zum Einliniensystem ist das Mehrliniensystem. Es wurde von F.W. Taylor entworfen. Das Mehrliniensystem geht von einer Mehrfachunterstellung der untergeordneten Stellen aus. Es gibt in diesem System mehrere funktionsspezialisierte Leitungsstellen mit einem direkten Zugang (Anweisungsbefugnis) zu den untergeordneten Stellen. Taylor nannte das System "Funktionsmeistersystem". Das Prinzip des Mehrliniensystems hat bei der Matrixorganisation und bei den gruppenorientierten Leitungssystemen seinen Niederschlag gefunden (s.u.).

20

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 171 f. Die von Kuhn beschriebenen Vor- und Nachteile der verschiedenen Formen der Aufbauorganisation, werden zum Teil erst verständlich, wenn man sich die Aufbauorganisation, anders als in den Abbildungen dargestellt, über mehr als zwei Ebenen angewandt vorstellt.

90

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 11: Das Mehrliniensystem

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 172

Auch das Mehrliniensystem hat spezifische Vor- und Nachteile. 21 Die Vorteile des reinen Mehrliniensystems sind: - eine rasche Entscheidungsfindung, - eine Arbeits- und Kostenersparnis aufgrund der Spezialisierung der Leitungsinstanzen bzw. aufgrund einer Erhöhung der Entscheidungsqualität und - eine Bewältigung von mehr Leitungsproblemen mit gleicher Anzahl von Personen. Der Nachteil des Mehrliniensystems ist: - das häufige Auftreten von unlösbaren Weisungskonflikten aufgrund der Mehrfachunterstellung der untergeordneten Stellen. Das zweite Kriterium, nach dem ein Leitungssystem konstruiert werden kann, ist das Zentralisierungskriterium. Die generellen Möglichkeiten sind mit dem Begriffspaar Verrichtungszentralisation und Objektzentralisation umschrieben worden. Das verrichtungszentralisierte Leitungssystem basiert auf dem Prinzip der Verrichtungszentralisation, d.h. es werden die Leitungsaufgaben, die auf gleichen Verrichtungen basieren, zu einer organisatorischen Einheit zusammengefaßt. Da sich die zusammengefaßten Verrichtungen bzw. die mit den Verrichtungen zusammenhängenden Leitungsaufgaben in der Regel auf verschiedenartige Objekte beziehen, ist mit der Verrichtungszentralisation gleichzeitig eine Objektdezentralisation gegeben. Die Vorteile eines verrichtungsorientierten Leitungssystems sind: 22 - Die Zentralisierung nach Tätigkeiten bzw. Verrichtungen kommt dem menschlichen Spezialisierungs- und Lernverhalten entgegen; so basieren fast alle Berufsbezeichnungen auf Verrichtungen und - viele Schwierigkeiten bei der Beherrschung industrieller Tätigkeiten sind an Verrichtungen 21

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 172 f.

22

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 174

Unternehmensgründung

91

gekoppelt, daher mindert eine Zusammenfassung gleicher Verrichtungen die Anforderungen an die Mitarbeiter. Abb. 12: Verrichtungsorientiertes Leitungssystem bzw. Verrichtungszentralisation der Leitungsaufgaben

I I I

Produktion

Beschaffung

Einkauf

1

Vorstand

~

rL

i

Lagerhaltung

Absatz

m

Verwaltung

r

Rechnungsprüfung Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 173

Die Nachteile sind: - häufige Unterbrechung des Prozeßablaufes aufgrund der Spezialisierungen, - eine zu intensive Spezialisierung erhöht die Koordinationskosten zu extrem, so daß die Vorteile der Spezialisierung verloren gehen, - eine intensive Spezialisierung bzw. Verrichtungszentralisierung bewirkt zu lange Informations- und Anweisungswege sowie - die Chancen für den Führungsnachwuchs sind deutlich geringer als bei anderen Zentralisierungsarten, da es aufgrund der intensiven Spezialisierung schwieriger ist den Überblick über ein Unternehmen und seine Teilbereiche zu bekommen; der Wechsel in andere Bereiche wird somit erschwert; - Fehlbesetzungen von Stellen haben aufgrund der Verrichtungsinterdependenzen häufig Auswirkungen auf das ganze Unternehmen. Die objektzentralisierte Aufbauorganisation entsteht durch Zusammenfassung der unterschiedlichen, an einem Objekt/Produkt auszuführenden Verrichtungen bzw. Leitungstätigkeiten. Die grundsätzliche Voraussetzung für die Bildung einer objektzentralisierten Aufbauorganisation ist das Vorhandensein mehrerer Objekte bzw. -arten (z.B. Produktarten, Produktgruppen, Regionen, Abnehmergruppen). Die objektzentralisierte Aufbauorganisation findet dann Anwendung, wenn eine Zentralisation

nach Verrichtungen

nicht möglich,

nicht

zweckmäßig oder aufgrund eines zu hohen Koordinierungsaufwandes bzw. zu hoher Koor-

92

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

dinierungskosten nicht wirtschaftlich ist. Das Grundschema einer objektzentralisierten Aufbauorganisation ist in Abb. 13 veranschaulicht. Abb. 13: Objektorientiertes Leitungssystem bzw. Objektzentralisation der Leitungsaufgaben

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 174

Auch ein durch Objektzentralisierung gebildetes Leitungssystem hat spezifische Vor- und Nachteile. 2 3 Die Objektzentralisation weist folgende Vorteile auf: - es gibt keine langen Informations- und Leitungswege, - es besteht größere Entscheidungsflexibilität bei notwendiger Anpassung an veränderte Daten, - Entlastung der übergeordneten Leitungsstellen, da systembedingt weniger ressortübergreifende Entscheidungen zu fällen sind, - die Ausbildung der Nachwuchsführungskräfte ist schneller und effizienter, da diese sehr früh in der Ausbildung mit allen wesentlichen Funktionen ihrer Produktsparte (Einkauf, Produktion, Absatz, Finanzierung etc.) vertraut gemacht werden, - mögliche Fehlbesetzungen haben geringere Auswirkungen als bei Verrichtungszentralisation, da die meisten Entscheidungen nur Auswirkungen in der Produktsparte haben und - einfache Kontrolle objektzentralisierter Einheiten lediglich am Wirtschaftsergebnis. Die Objektzentralisation hat folgende Nachteile: - wirtschaftlich autonome Bereiche können die Leitungspersonen zur Verfolgung kurzfristiger Ziele und zur Vernachlässigung der Gesamtsituation des Unternehmens veranlassen; den Auswirkungen dieses Verhaltens muß durch aufwendige Regelungen (z.B. durch eine Matrixorganisation) entgegengewirkt werden, 23

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 175

Unternehmensgründung

93

- es besteht die Gefahr, daß die kreativen/problemlösenden Unternehmenseinheiten Doppelarbeit leisten, - das System bedingt für die Bildung fast autonomer, mehrere Verrichtungen umfassende organisatorische Einheiten mehr Führungspersonen mit höherer Qualifikation und - es werden höhere Personalkosten bewirkt. Traditionelle Vorstellungen gehen davon aus, daß eine Leitungsstelle (Instanz) von einer Person besetzt wird. Man spricht in diesem Fall von singularen Instanzen. Diese Vorstellungen sind in den letzten Jahrzehnten aus verschiedenen Gründen mehr und mehr zugunsten einer pluralen Besetzung der Leitungsstellen aufgebaut worden. Als Gründe werden ge* 24 nannt:

- die zunehmende Unternehmensgröße erfordert eine plurale Geschäftsleitung; - die Mitbestimmung erfordert in vielen Bereichen plurale Leitungsorgane; - komplexe Entscheidungen können singulare Instanzen überfordern; - plurale Instanzen bieten ein breiteres Erfahrungsspektrum und ein höheres Informationspotential; - Entscheidungen mit einem hohen Grad an Ungewißheit und/oder einer existentiellen Gefährdung des Unternehmens bei Fehlentscheidungen, werden besser von pluralen Instanzen getroffen, um extreme Risikohaltungen einzelner Personen nicht zum Tragen kommen zu lassen.

4.9.1.3 Praxisorientierte Leitungssysteme Die Grundformen der Aufbauorganisation eines Leitungssystems zeigen die generellen und reinen Möglichkeiten zur Konstruktion einer Aufbauorganisation auf. In der Praxis findet man jedoch weitere Formen. Es handelt sich in der Regel um komplexere Mischformen, die nicht nur aus den Grundformen zusammengesetzt werden, sondern auch mit anderen Elementen versehen sein können. Dies zeigt sich an den unten dargestellten praxisorientierten Formen der Aufbauorganisation: dem Stabliniensystem, dem Matrixsystem, dem Tensorsystem. Die Unterscheidung von Grund- und praxisorientierten Formen der Aufbauorganisation darf nicht so verstanden werden, als seien die Grundformen nicht in der Praxis zu finden und reine theoretische Fiktionen. Das ist nicht der Fall. Doch beschränkt sich die Anwendung der Grundformen in der Praxis meist auf kleine Unternehmen.

Das

Stabliniensystem

Eine praxisrelevante Mischform ist das Stabliniensystem. Hier wird das behandelte Liniensystem mit dem noch zu erklärenden Stabssystem kombiniert.

24

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 175 f.

94

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Das Stabssystem 2 3 beruht auf der Bildung von Stäben. Stäbe werden den Linieninstanzen zugeordnet. Sie sollen die Linieninstanzen beraten und wirksam entlasten, damit diese ihr Entscheidungspotential besser ausnutzen können. Zudem hofft man durch die Bildung eines Stabes mit wissenschaftlich fundierten Spezialkenntnissen (Forschungserfahrung der Mitglieder) die Problemlösungsfähigkeit im Unternehmen steigern zu können. Stäbe haben in der Regel keine Weisungsbefugnisse. Diese liegen nur bei den Linieninstanzen, um die Einheit der Auftragserteilung bzw. des Auftragsempfangs zu gewährleisten. Stäbe haben unabhängig von der fehlenden Weisungsbefugnis folgende Entscheidungen zu treffen: - Aussondieren von nicht geeigneten Lösungsvorschlägen, - B e s c h a f f u n g von Informationen von anderen Stellen und - Entscheidung über im konkreten Einzelfall zu machende Vorschläge. Ein Stab kann hingegen nicht entscheiden, ob ein von ihm gemachter Vorschlag verwirklicht wird oder nicht. Der Stab trägt für seine Vorschläge die Beratungsverantwortung. Die Linieninstanz hat die Entscheidungsverantwortung. Damit ist der Stab auf Beraterdienste festgelegt. Stäbe bzw. das Stabssystem sind demnach als Hilfssystem der Linienorganisation zu bezeichnen. Prinzipiell können Stäbe allen Linieninstanzen zugeordnet werden. Häufiger sind Stäbe j e d o c h bei den ranghöheren Linieninstanzen angesiedelt. Hier ist die Gefahr der Überlastung größer, und die benötigten Beratungsdienste sind entsprechend umfangreich, um eine Auslastung einer Stabsstelle gewährleisten zu können. Es werden zwei Arten von Stäben unterschieden: Fachstäbe (z.B. Arbeitsvorbereitung, Marktforschung, Rechtsabteilung) und Führungsstäbe (z.B. Planungsstab). In Fachstäben werden Spezialisten zusammengefaßt, die auf dem Betätigungsfeld des Stabes Fachkenntnisse besitzen. Führungsstäbe setzen sich hingegen aus Generalisten zusammen, die die Linienfunktionäre in allen Fragen ihres Aufgabenbereiches beraten können. In Führungsstäben gibt es häufig Mitglieder, die sich innerhalb des Stabes wiederum spezialisiert haben. Ein Stab kann auch nur aus einer Person bestehen. Diese Variante kommt in Großunternehmen in Form des persönlichen Referenten, zum Beispiel des Vorstandsvorsitzenden, vor. Wichtig für alle Varianten des Stabes ist ein reibungsloses Zusammenspiel mit der Linieninstanz. Dies ist die Voraussetzung für die Effizienz und effektive Aufgabenerfüllung des Leitungssystems. Für die Kombination von Stabs- und Liniensystem gibt es mehrere Alternativen. Auf sie soll im folgenden näher eingegangen werden. Dabei wird in der graphischen Darstellung eine Linieninstanz immer durch einen Kreis und ein Stab stets durch ein Rechteck symbolisiert. Der Vorstand wird mit V, die Linieninstanzen (Abteilungen) werden mit A und die Stäbe mit St gekennzeichnet. Geht man zunächst von einem Einliniensystem aus, so ergibt sich durch Kombination von Stabs- und Liniensystem folgende Aufbauorganisation eines Unternehmens (vgl. Abb.

25

14).

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 176 - 179

Unternehmensgründung

95

Abb. 14: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Einliniensystem

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 177

Die Kombination von Stabs- und Liniensystem als Einliniensystem bewirkt eine klare Trennung der Zuständigkeiten der verschiedenen Stäbe. Es besteht jedoch die Gefahr, daß Doppelarbeit geleistet wird, weil zwischen den Stäben keine Informationsrückkoppelung besteht. Zudem ist diese Kombination bei der Zuordnung von mehreren Stäben personalkostenintensiv. Eine personalkostensparende Kombination der Systeme kann auf der Basis eines Mehrliniensystems verwirklicht werden (vgl. Abb.

15).

Abb. 15: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Mehrliniensystem (Variante 1)

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 177

In diesem Fall wird nur ein großer Stab gebildet. Um sein Potential voll zu nutzen, gibt die Linieninstanz V zeitweise oder auf Dauer bestimmte Weisungs- und/oder Kontrollbe-

96

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

fugnisse an den Stab ab (gestrichelte Linien in der Abbildung). Durch diese M a ß n a h m e werden die Abteilungen A ] und A2 zwei Instanzen unterstellt. Das führt zur Auflösung der Einheit der Auftragserteilung. Die Folge sind Weisungskonflikte für A] und A2 die noch verstärkt werden, weil der Stab Spezialkenntnisse besitzt und daher gezieltere Anweisungen gibt als die Linieninstanz V. Abb. 16: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Mehrliniensystem (Variante 2)

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 178

Eine zweite Variante der Kombination von Stabs- und Liniensystem als Mehrliniensystem ergibt sich durch die Zuordnung von Stäben zu j e d e r Abteilung. In diesem Fall verzichtet die Linieninstanz V (der Vorstand) auf den direkten Zugriff auf einen der Stäbe, behält sich jedoch vor, bei auftretenden Problemen die Stäbe beanspruchen zu können. Problematisch bei dieser Variante ist, daß die Stäbe Stl und St2 Weisungskonflikten ausgesetzt sind. Sie müssen von der Abteilung, der sie zugeordnet sind, Weisungen entgegennehmen und im Ausnahmefall auch vom Vorstand. Schließlich gibt es noch eine weitere Möglichkeit, Stabs- und Liniensystem zu kombinieren. Das durch die Kombination erzielte Leitungssystem zeichnet sich durch eine Separierung von Linien- und Stabssystem aus (vgl. Abb. 17). Die beiden Systeme sind nur auf der obersten Ebene verknüpft. Der Leiter der Stabsgruppe bekommt seine Anweisungen bzw. Aufträge vom Vorstand V und gibt sie an geeignete Stabspersonen weiter. Der Leiter der Stabsgruppe hat somit Weisungsbefugnis für den Stabsbereich. Das Leitungssystem ist als reines Einliniensystem zu bezeichnen. Als Nachteile fallen überlange Anordnungswege mit den sich daraus ergebenden Problemen und mangelnde Effizienz des Systems auf. Der theoretische Hintergrund der Stablinienkonstruktion ist, die Vorteile der klaren Kompetenzabgrenzung (Einliniensystem) und die Vorteile von spezialisierten, Leitungshilfsstellen ohne Weisungsbefugnisse zu kombinieren. Doch diese Idee hat ihre Grenzen aufgrund der in der Praxis auftretenden Kooperationsprobleme. Als Gründe hierfür sind zu erwähnen:

Unternehmensgründung

97

Abb. 17: Kombination von Stabs- und Liniensystem als Separierungssystem

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensfiihrung, S. 178

- Stäbe erarbeiten auch Vorschläge, die personelle Veränderungen und/oder Änderungen der Zuständigkeiten bewirken; dadurch wird Widerstand bei den Betroffenen hervorgerufen, so daß die Effizienz der Stabs Vorschläge und des Unternehmens beeinträchtigt wird; - durchgesetzte und bewährte Vorschläge bewertet die Linieninstanz häufig als ihren Erfolg; der Stab mußte hingegen für die Durchsetzung und die Anerkennung kämpfen; - um einen überzeugenden Tätigkeitsnachweis zu liefern und/oder um die eigene Position zu stärken, beanspruchen Stabspersonen oft Weisungsbefugnisse, was die bestehenden Weisungskonflikte verstärkt;. - Stäbe sind nicht frei von Eigeninteresse und lassen es in ihre Vorschläge einfließen; - Kontrollaufgaben des Stabes in bezug auf Linieninstanzen/-funktionäre führen zu Spannungen und Konflikten; - Vorschläge von Stäben beruhen auf Fachwissen und führen häufig zu Präjudizierung der Linienentscheidung sowie zur Untergrabung der Autorität der Linieninstanz; - zur Einhaltung des Dienstweges schalten Stäbe ihre Linienstellen häufig nur formal ein. Abschließend sollen typische Stabs- und Linienaufgaben dargestellt werden. Stabsaufgaben sind zum Beispiel: 26 26

Industrial Engineering Finanzierung und Budgetierung Lieferservice Operations Research Systeme und Verfahren Vgl. Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, 5. Aufl., Berlin u.a. 1996, S. 264

98

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

- Prognosen - Personal und Schulung Linienaufgaben sind zum Beispiel: - Lagerwesen -

Verkehr Auftragsabwicklung Bestandsmanagement Einkauf Koordination zwischen Produktplanung und Bestandskontrolle Wareneingang und Versand Rohstofflagerung

Das

Divisionskonzept

Als weitere praxisorientierte Form der Aufbauorganisation gilt das Divisionskonzept. Es werden in der Literatur zwei Varianten diskutiert: das Divisionskonzept mit und ohne Zentralbereiche. Abb. 18: Divisionalisierte Leitungsorganisation

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 180

Das Divisionskonzept 27 basiert auf der Objektzentralisation (vgl. Teil 2, Abschnitt 4.9.1.2). Auf der zweiten Unternehmensebene wird eine Zusammenfassung der Tätigkeiten

27

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 179 - 183

Unternehmensgründung

99

nach O b j e k t e n , Produkten oder Produktgruppen v o r g e n o m m e n . Es w e r d e n für die einzelnen Produkte Divisionen gebildet. Dabei handelt es sich um isolierte, fast a u t o n o m e Unternehmenseinheiten mit relativ großer Selbständigkeit. Den Divisionsleitungen werden

selten

K o m p e t e n z e i n s c h r ä n k u n g e n auferlegt. Die divisionsinternen Entscheidungen haben in der Regel keine divisions-/ressortübergreifenden A u s w i r k u n g e n . Ein generelles A u f b a u s c h e m a f ü r eine divisionalisierte U n t e r n e h m u n g ist in Abb. 18 dargestellt. D e r Unterschied des Divisionskonzeptes g e g e n ü b e r der A u f b a u o r g a n i s a t i o n nach d e m reinen O b j e k t p r i n z i p besteht darin, daß die Objektzentralisation meist nur auf der zweiten U n t e r n e h m e n s e b e n e erfolgt. Die G l i e d e r u n g des V o r s t a n d e s und der dritten U n t e r n e h m e n sebene wird dann nach Funktionen (z.B. B e s c h a f f u n g , Produktion und A b s a t z etc.) vorgenommen. Die D i v i s i o n s b i l d u n g ist an spezielle V o r a u s s e t z u n g e n gebunden. Dies sind: 2 8 - das Vorliegen m e h r e r e r Produktarten; - die N i c h t e x i s t e n z von produktionstechnischen V e r b u n d w i r k u n g e n (wie z.B. bei Kuppelprozessen o d e r g e m e i n s a m e n Produktionsanlagen); - das NichtVorliegen von absatzseitigen V e r f l e c h t u n g e n ; - die N i c h t e x i s t e n z von erheblichen Leistungsaustauschvorgängen (z.B. Teilelieferungen) zwischen den Divisionen, da sonst das Problem der B e s t i m m u n g der "richtigen" Verrechnungspreise e r w ä c h s t ; - die Fähigkeit der Mitglieder der Divisionsleitungen gleichzeitig v e r s c h i e d e n e Funktionen (z.B. Einkauf, Produktion, Absatz, Finanzierung) zu beherrschen, d.h. im Prinzip Vors t a n d s f u n k t i o n e n a u s f ü h r e n zu können; - das Vorliegen einer gewissen M i n d e s t g r ö ß e der U n t e r n e h m u n g (bei Industrieunternehmen ca. 10.000 Mitarbeiter nach K u h n ; es soll auch Beispiele mit nur ca. 3.500 Mitarbeitern geben); - die L e i t u n g s b e z i e h u n g e n müssen grundsätzlich als Einliniensystem ausgelegt sein. Die zweite V a r i a n t e des Divisionskonzeptes ist die Bildung von Divisionen mit mindestens e i n e m Zentralbereich. Dadurch wird die oft zu große A u t o n o m i e der Divisionen begrenzt. Gleichzeitig wird die Möglichkeit e r ö f f n e t , Spezialisierungsvorteile, die in den Z e n tralabteilungen (zentrale Dienstleistungsbereiche) vorhanden sind, auszunutzen. Die Spezialisierung der Zentralbereiche ist ein deutlicher Vorteil. So kann sich eine zentralisierte P e r s o n a l w i r t s c h a f t auf das k o m p l e x e Gebiet z.B. des Arbeits- und Tarifrechts spezialisieren und eine G l e i c h b e h a n d l u n g der Mitarbeiter sicherstellen. Zentralabteilungen werden h ä u f i g zusätzlich als Stäbe f ü r die U n t e r n e h m e n s l e i t u n g eingesetzt. Die Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Zentralabteilungen und Divisionen kann auf unterschiedliche W e i s e geregelt w e r d e n . O f t können die Zentralbereiche nur nach W e i s u n g einer Division tätig w e r d e n . Die Divisionen haben dann das Recht, sich von den Zentralbereichen

28

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 181

100

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

beraten zu lassen, und können die entsprechenden Dienstleistungen abrufen. In anderen Fällen sind die Zentralabteilungen angewiesen, die Divisionen zu konsultieren. Für Konfliktfälle wird den Zentralbereichen nicht selten der Vorrang eingeräumt. Abb. 19: Divisionskonzept mit Zentralbereichen

Quelle:

Kuhn, A.: Unternehmensfiihrung, S. 182

Auch dem Divisionskonzept werden spezifische Vor- und Nachteile zugeschrieben. 7 9 Die Vorteile des Divisionskonzepts sind: - einfache Kontrolle anhand des Wirtschaftsergebnisses; - erhöhte Motivation der Divisionsleiter aufgrund der großen Autonomie und der Ergebnisverantwortung; - starke Entlastung des Vorstandes bei nicht ressortübergreifenden Routineangelegenheiten; - geringer Koordinierungsaufwand und höhere Transparenz im Unternehmen; - größere Qualität, Flexibilität und Kreativität bei den Divisionsentscheidungen; - bessere Ausbildung und Selektion von Managern; - Fehlbesetzungen in der Divisionsleitung wirken sich nur in der Division aus. Die Nachteile sind: 29

Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Zentralabteilungen und den Divisionen; Machtkämpfe um knappe Ressourcen; vorrangige Verfolgung kurzfristiger Ziele mit sofortiger Ergebniswirkung; Gefahr der Doppelarbeit bei der Erarbeitung von Lösungen; Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 183

Unternehmensgründung

101

- es wird mehr qualifiziertes Führungspersonal benötigt (höhere Personalkosten); - höhere Informationskosten; - Spezialisierung nach Produktgruppen geht gegen menschlich, funktionalorientierte Spezialisierung.

Die

Matrixorganisation

Schließlich ist unter den praxisorientierten Aufbauorganisationen noch die Matrixorganisation 30) zu behandeln. Die Matrixorganisation entsteht durch Kombination der Verrichtungsund Objektzentralisation. Die Matrixorganisation wird daher auch als "System der dualen Führung" bezeichnet (vgl. Abb.

20).

Die Matrixorganisation bewirkt durch die simultane Berücksichtigung von Verrichtungsund Objektinteressen, daß den Spartenleitern das objektbezogene Weisungsrecht f ü r ihre Sparte zusteht, das sich quer über alle Verrichtungen erstreckt. Die Funktionsleiter haben das verrichtungsbezogene Weisungsrecht. Es zieht sich quer durch alle Objekte/Sparten. Die Matrixorganisation zeichnet sich demnach durch ein Weisungssystem aus, das unterhalb der Vorstandsebene zu Überschneidungen führt. Es gibt weder für die Spartenleiter noch für die Funktionsleiter ein ungeteiltes Weisungsrecht. Die Aufteilung der Weisungsbefugnisse ist das Zentralproblem der Matrixorganisation. Eine allgemein gültige Verteilung der Kompetenzen gibt es nicht. Widersprüchliche Anweisungen der Sparten- und Funktionsleiter sind durchaus möglich. Das Konfliktpotential der Matrixorganisation aufgrund der Kompetenzüberschneidungen kann die Kreativität und den Ideenwettbewerb fördern. Es kann aber auch zu Machtkämpfen, Entscheidungsverzögerungen, Verantwortungsverdrängung und im Extremfall sogar zum Zusammenbruch der Leitung kommen. Ein Abbau der Kompetenzüberschneidungen ist in der Praxis nicht üblich. Man ist hingegen bemüht, die Konflikte mittels "Systemstabilisatoren" oder Vortrittsregeln zu kanalisieren. Eine beliebte Vortrittsregel gesteht dem Spartenleiter das Recht zu, zu bestimmen, was und wann dies zu geschehen hat. Dem Funktionsleiter wird hingegen zugestanden, zu entscheiden, wie und von wem etwas ausgeführt wird. In der Praxis erhält der Funktionsleiter häufig die Entscheidungskompetenz für den Konfliktfall, weil er die Gesamtbelange des Unternehmens besser berücksichtigen kann. Ein Ausgleich zwischen Sparten- und Funktionsanweisungen wird oft dadurch erreicht, daß der Funktionsleiter die Entscheidungskompetenz erhält und dem Spartenleiter die Mitwirkung durch Beratung, Vetorecht, Kontrolle und/oder Konsultationspflicht zugesichert wird. Die Konfliktregelung kann auch über spezielle Maßnahmen, wie regelmäßige Besprechungen oder Job-Rotation-Programme, bewirkt werden. In Ausnahmefällen können sogar Stabilisierungsinstitutionen,

wie zentrale

Koordinierungsstellen

Konfliktregelung eingerichtet werden.

30

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 183 - 186

oder Appellationsinstanzen,

zur

102

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 20:

Quelle:

Matrixorganisation

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 184

Die Matrixorganisation wird selten auf das gesamte Unternehmen, sondern meist nur in Teilbereichen, wie z.B. in Forschung und Entwicklung, Marktforschung, Werbung, Vertrieb oder bei Einzelprojekten mit befristeter Dauer, angewandt. Die Matrixorganisation weist spezifische Vor- und Nachteile auf. 31 Die Vorteile der Matrixorganisation sind: - Förderung der Anpassungsfähigkeit der Organisationsmitglieder; - Förderung der Kreativität der Mitarbeiter; - gute Eignung bei sehr heterogenen Produktionsprogrammen sowie komplexen und/oder instabilen Umfeldbedingungen; - Relativierung von Argumenten und Gegenargumenten der Weisungsinstanzen; - gute Nutzung von spezialisiertem Wissen; - hohes Maß an Weisungsbefugnissen. Nachteile der Matrixorganisation:

31

V g l . K u h n , A.: U n t e r n e h m e n s f u h r u n g , S. 186

Unternehmensgriindung

103

-

hohe Integrationsanforderungen an Sparten- und Funktionsleiter; Verzögerung der Entscheidungen; hohe Koordinationskosten; unausgeräumte Konflikte können zur Verantwortungsabschiebung und sogar zur Handlungsunfähigkeit führen; - übertriebene Konkurrenzkämpfe um knappe Mittel sind möglich.

Die

Tensororganisation

Die Tensororganisation beruht auf der Anwendung von drei oder mehr Konstruktionskriterien. Es handelt sich also genau wie bei der Matrixorganisation um eine mehrdimensionale Form der Aufbauorganisation. Während die Matrixorganisation die verrichtungs- und objektorientierte Zentralisation als Konstruktionskriterien miteinander verbindet, geht die Tensororganisation mindestens einen Schritt weiter und zieht ein drittes Konstruktionskriterium heran. Dies ist in der Regel die Regional- bzw. Raumorientierung (vgl. Abb. 21). Abb. 21: Tensororganisation

Quelle: Gomez, P./ Zimmermann, T.: Unternehmensorganisation, 3. Aufl., Frankfurt/Main, New York 1997, S.183 Die Tensororganisation weist im Prinzip die gleichen Vor- und Nachteile auf wie die Matrixorganisation. Allerdings sind die möglichen Weisungskonflikte stärker, da sich jetzt drei oder mehr Anweisungen überschneiden können und nicht nur zwei. Ob aus der Lösung

104

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

des höheren Konfliktpotentials mehr Kreativität erwachsen kann als bei der Matrixorganisation, bleibt offen. Auf alle Fälle gilt, daß die Anwendung der Tensororganisation nur dann zu empfehlen ist, wenn die entstehenden Konflikte gelöst werden können. Die Tensororganisation dürfte nur für große Unternehmen anwendungsrelevant sein.

Logistikaufbauorganisationen Verrichtungsorientierte

bzw. funktionale

Logistikaufbauorganisation

In der Literatur werden drei grundlegende Formen der verrichtungsorientierten bzw. funktionalen Aufbauorganisation für Logistikunternehmen erörtert: 32 (1) Organisationstyp I: Diese Form der Aufbauorganisation kam vor allem in den 50er und in den 60er Jahren zur Anwendung. Die Notwendigkeit der Logistikreorganisation wurde erkannt und im wesentlichen eine Konzentration der Logistikaufgaben in den beiden Bereichen „Physische Distribution" und/oder „Materialwirtschaft" vorgenommen. Dennoch bleibt eine Aufsplittung der Logistikaufgaben erhalten, so daß der Systemzusammenhang der Logistik durch diese Form der Aufbauorganisation nicht unterstützt wird. Abb. 22: Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation Typ I I

Unternehmensleitung

X Finanzen

Produktion

.Lagerbestände

„Lagerhaus F Materialwirtschaft Lagerhaus M

Quelle:

| IiMarketing physische Distribution Transport Lagerhaus ^ Liefersservice

Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 252

(2) Organisationstyp II: Der Organisationstyp II hatte in den 70er Jahren und den frühen 80er Jahren hohe Bedeutung für die Praxis. Er zeichnet sich durch eine stärkere Konzentration der Logistikaufgaben im Bereich „Physische Distribution" (z.B. in der Nahrungsmittelindustrie) oder „Materialwirtschaft" (z.B. in der Automobilindustrie) aus. Insgesamt werden die Logistikaufgaben aufgewertet. Eine echte Unterstützung des Systemzusammenhangs der Logistik wird nicht erreicht.

32

V g l . P f o h l , H . - C h . : L o g i s t i k s y s t e m e , S. 2 4 5 - 2 5 3

Unternehmensgründung

105

Abb. 23: Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation Typ II

Unternehmensleitung

±

X Finanzen

Produktion

— Informationssysteme

physische Distribution

Produktionsplanung - r - Materialwirtschaft

Transport Lagerhaus A + F Lagerservice

_ Lagerhaus M Quelle:

Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 252

Abb. 24: Verrichtungsorientierte bzw. funktionale Logistikaufbauorganisation Typ III

Unternehmensleitung

Logistikleitung Systemplanung

Controlling

Logistikressourcenplanung-

Logistikservice

X Transport

L

Lagerhaus

Prognose

Logistikkoo perationen Einkauf Quelle:

Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 253

phy. Distr.

UZ

1

Planung

106

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

(3) Organisationstyp III: Die durch den Organisationstyp III gekennzeichnete Form der Aufbauorganisation fand im wesentlichen in den späten 80er Jahren und den 90er Jahren Anwendung. Jetzt liegt eine Konzentration der Logistikaufgaben vor, so daß der Systemzusammenhang der Logistik voll zum Tragen kommt. Die „Logistikleitung" wird durch die Stäbe „Systemplanung" und „Controlling" unterstützt.

Objektorientierte bzw. divisionale

Logistikaußauorganisation

Neben den drei Formen der funktionalen Aufbauorganisation für Logistikunternehmen werden in der Literatur auch drei grundlegende Formen der objektorientierten bzw. divisionalen Aufbauorganisation (Spartenorganisation) diskutiert:33 Abb. 25: Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation Typ I (zentral)

Quelle: Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 254 (1) Organisationstyp I: Die zentrale Zusammenfassung der Logistikaufgaben über alle Sparten (Divisionen) ist bei geringer Anzahl der Sparten mit relativ geringem Umsatz der einzelnen Sparten, bei geringer Anzahl der Produktionsstätten und/oder bei geringer Dezentralisierung der funktionalen Aufgaben in den Sparten sinnvoll. Es könnte auch eine eigene Logistiksparte oder gar ein separates Unternehmen für die Wahrnehmung der Logistikaufgaben gebildet werden.

33

Vgl. Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 2 5 3 - 255

Unternehmensgründung

107

Abb. 26: Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation Typ II (dezentral)

Quelle: Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 254 Abb. 27: Objektorientierte bzw. divisionale Logistikaufbauorganisation Typ III (zentral/dezentral)

= Linienbeziehung Quelle:

= funktionale Beziehung

Pfohl, H.-Ch.: Logistiksysteme, S. 254

108

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

(2) Organisationstyp II: Die dezentrale Eingliederung der Logistik innerhalb der Sparten ist bei relativ großen Unternehmen mit sehr eigenständigen Sparten sinnvoll, weil sich die Logistikaufgaben der einzelnen Sparten sehr stark unterscheiden. Es entsteht allerdings ein deutlicher Nachteil für ein Gesamtkonzept „Logistik". Synergieeffekte eines Gesamtkonzeptes können nicht genutzt werden. (3) Organisationstyp III: Die zentrale/dezentrale (gemischte) Eingliederung der Logistik versucht die Nachteile der reinen dezentralen Eingliederung zu vermeiden. Es entstehen dadurch aber neue Koordinationsprobleme, weil einige Logistikaufgaben zentralisiert und andere dezentralisiert wahrgenommen werden.

Plurale

Leitungsinstanzen

Die traditionellen Organisationsformen gehen vom Prinzip aus: eine Stelle - eine Person. In der modernen Organisationspraxis setzt sich allerdings das Prinzip durch, die wichtigen Leitungsstellen mit mehreren Personen zu besetzen. Es werden plurale Instanzen 34 geschaffen. Beim Begriff plurale Leitungsinstanzen muß beachtet werden, daß nicht jede Besetzung einer Leitungsstelle mit mehreren Personen automatisch zur Schaffung einer pluralen Leitungsinstanz fuhrt. Es müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, auf die im folgenden näher einzugehen ist. Plurale Leitungsinstanzen sind Gruppen, mehrere gleichrangige Personen mit einheitlicher Zielsetzung und gemeinsamer Zielverantwortung. Einige Autoren sprechen auch von einem Team. Sind die genannten Bedingungen nicht erfüllt, so liegt nur ein Kollektiv vor. In der Literatur werden theoretische Bedingungen diskutiert, die für eine Überlegenheit der pluralen Instanzen gegenüber singularen Instanzen sprechen. Es wird dabei im wesentlichen auf das Suchmodell von Hofstätter zurückgegriffen. Daher ist das Suchmodell kurz anhand seiner Grundannahmen zu charakterisieren. Ob diese theoretischen Bedingungen allerdings die Überlegenheit bzw. die größere Effizienz von pluralen Leitungsinstanzen in der Praxis belegen können, muß bezweifelt werden. Es ist fraglich, ob die theoretischen Bedingungen in der Praxis vorliegen oder hergestellt werden können. Zudem ist zu prüfen, ob in der Praxis nicht noch andere Einflußgrößen bestehen, die die theoretisch höhere Effizienz pluraler Leitungsinstanzen kompensieren. Das Hofstätter-Modell dient dem Auffinden von versteckten Gegenständen. Es basiert auf den folgenden Annahmen: 35 (1) Die Gruppenmitglieder haben einen uneingeschränkten und ständigen Informationsund Meinungsaustausch (Kommunikationsbedingung). (2) Die Gruppenmitglieder erarbeiten die Lösung unabhängig von einander (Unabhängigkeitsbedingung). (3) Die von einem Gruppenmitglied gefundene Lösung wird von allen Mitgliedern als Lösung akzeptiert (Akzeptanzbedingung). 34

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 186 - 191

35

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 38 ff.

Unternehmensgründung

109

Auf der Basis der Annahmen des Suchmodells von Hofstätter läßt sich mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung zeigen, daß der Sucherfolg einer Gruppe mit der Größe der Personenzahl steigt. Aus diesem Grunde sollte eine Gruppe (theoretisch) unendlich groß sein. A u s praktischer Sicht ist allerdings eine strikte Begrenzung der Gruppengröße notwendig. Folgende Gründe sprechen für diese Reduzierung: die Kosten steigen mit zunehmender Gruppengröße; die Kommunikation wird mit zunehmender Gruppengröße erschwert bzw. unmöglich; mit zunehmender Gruppengröße erhöhen sich Diskussions- und Informationszeit. Die Größe von Gruppen sollte daher eher klein sein. Zudem ist zu beachten, daß wegen möglicher Pattsituationen immer eine ungerade Mitgliederzahl ausgewählt werden sollte. In der Literatur werden in der Regel Gruppen von fünf bis sieben Personen als praktikabel und effizient angesehen. Bei der Zusammenstellung einer Gruppe sind die im folgenden dargestellten Überlegungen zu beachten: 3 6 - die Mitglieder müssen untereinander frei von Animositäten sein; - der Erfahrungsbereich und die Ausbildungsrichtung der Mitglieder sollten unterschiedlich, aber nicht so unterschiedlich sein, daß die Verständigung unmöglich bzw. die Akzeptanzbedingung nicht erfüllt wird; - die Rang- und die Statusunterschiede der Mitglieder sollten gering sein, damit die Unabhängigkeitsbedingung gewährleistet ist; - die Mitglieder sollten ein hohes intellektuelles Niveau haben; das intellektuelle Niveau sollte in der Gruppe nicht weit auseinander liegen, weil sonst einige Personen dominant werden; - das fähigste Mitglied sollte zum Gruppenleiter bestimmt werden; - der freie Informations- und Meinungsaustausch, sowie die Einhaltung der gewählten Abstimmungsregeln muß sichergestellt werden; - die Sitzungszeit ist zu begrenzen. - die rationelle Verwendung der Sitzungszeit ist durch geordneten, streng an der Sache orientierten Sitzungsablauf sicherzustellen; notfalls ist die Redezeit zu begrenzen; - Minderheiten müssen vor dem Druck der Mehrheit geschützt werden, um die Unabhängigkeitsbedingung sicherzustellen; - die Mitglieder müssen vor Konsequenzen ihrer individuellen Entscheidung geschützt werden; - der G r u p p e n z w a n g ist durch Vetorecht, Sondervoten, Protokollierung der Minderheitenmeinung und geheime Abstimmungen abzubauen; - es ist sicherzustellen, daß nicht gruppenkonformes Verhalten, sondern die Zahl und die Qualität der Diskussionsbeiträge als Mitgliedsleistung zählt; - Kontakte der Gruppe zu Außenstehenden sind zu fördern, um unerwünschte Effekte der Gruppendynamik abzubauen;

36

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 40 f.

110

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- zwischen Diskussion und Entscheidung ist eine Pause einzulegen, um die Beachtung der Akzeptanzbedingung zu fördern. Abschließend ist festzuhalten, daß plurale Leitungsinstanzen singularen Instanzen nicht immer überlegen sind. Die Überlegenheit muß durch eine Vielzahl von Bedingungen und Verhaltensregeln sichergestellt werden. Diese Bedingungen, Regeln und die Eigentümlichkeit der gruppengestützten Entscheidungsprozesse bewirken, daß sich plurale Instanzen nicht für Routineaufgaben und nicht für Entscheidungen unter Zeitdruck eignen, weil sie zu teuer sind und zu langsam arbeiten.

Gruppenorientierte

Organisationsformen

Als gruppenorientierte Organisationsformen werden in der Literatur unter anderem die folgenden diskutiert: 3 7 die Projektorganisation, die überlappenden Gruppen und das KollegenModell. Neben diesen Organisationsformen, die im allgemeinen für größere Gruppen A n w e n d u n g finden, werden in der Literatur eine Vielzahl von Organisationsformen für kleine Gruppen (wie z.B. das Lernstatt-Modell und die Qualitätszirkel) erörtert. Auf diese Organisationsformen soll in diesem Rahmen nicht explizit eingegangen werden. Alle drei zuerst genannten Organisationsformen basieren auf der Idee der theoretischen Überlegenheit der Gruppe als plurale Instanz gegenüber der singularen Leitungsinstanz. Die drei Organisationsformen sollen im folgenden kurz beschrieben werden. Projektorganisation befaßt sich mit zeitlich befristeten, regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrenden Aktivitäten, die als Projekte bezeichnet werden. Die Besonderheit von Projekten ist ihre inhaltliche Einmaligkeit, wie z.B. eine Rationalisierungsstudie, ein Werbefeldzug oder die Errichtung einer neuen Produktionsstätte zeigen. Ein Projekt wird von einer Projektgruppe durchgeführt. Der Gruppenleiter ist Vorgesetzter und Projektleiter. In Ausnahmefallen kann eine Projektgruppe selbst von einer pluralen Instanz, einem Lenkungsausschuß, geleitet werden. Der Lenkungsausschuß setzt sich zum Teil aus Linienangehörigen und zum Teil aus Mitgliedern der Projektgruppe zusammen. In der Praxis kommen im wesentlichen drei Formen der Projektorganisation zum Tragen: die reine Projektorganisation, die Matrix-Projektorganisation und die Einfluß-Projektorganisation. Bei einer reinen Projektorganisation bestimmt der Projektleiter die Gruppenmitglieder, die aus ihren bisherigen Tätigkeiten im Unternehmen herausgenommen oder als externe Mitarbeiter gewonnen und dem Projektleiter unterstellt werden. Dabei kann es durchaus sein, daß der bisherige Vorgesetzte die Disziplinarbefugnis über die Mitarbeiter behält. Rangunterschiede gibt es in der Projektgruppe nicht. Die Verantwortung für das Projekt und die Ergebnisse hat j e d o c h der Projektleiter allein. Dieser Tatbestand soll insbesondere bei kom-

37

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 1 8 6 - 1 9 1

Unternehmensgründung

111

plexen und/oder neuen Aufgaben von Vorteil sein, weil so kürzere Realisationszeiten bewirkt werden. Von Nachteil sind hingegen die Machtkämpfe zwischen der Projektgruppe und Leitungsinstanzen um knappe Ressourcen. Problematisch ist insbesondere bei langfristigen Projekten die Wiedereingliederung der Gruppenmitglieder in die früheren Abteilungen. Bei der Matrix-Projektorganisation wird die Projektgruppe gemäß der Grundstruktur der Matrixorganisation gebildet. Im allgemeinen bekommt der Projektleiter das objektbezogene Weisungsrecht, das verrichtungsorientierte Weisungsrecht erhält eine Linieninstanz. Problematisch ist die Formulierung einer Vortrittsregel. Die Vorteile der Matrix-Projektorganisation zeigen sich bei gleichzeitiger Bearbeitung von mehreren Projekten, wie es im Forschungs- und Entwicklungsbereich oder in der Beratungsbranche üblich ist. Die Einfluß-Projektorganisation wird als die schwächste Form der Verselbständigung des Projektes im Unternehmen angesehen. Der Projektleiter erhält nur eine temporäre Stabsfunktion. Es sind die mit der Verwirklichung eines Projektes beauftragten Linieninstanzen zu beraten und in Einzelfallen, z.B. zur Termineinhaltung, zu kontrollieren.

Das Modell der überlappenden Gruppen („Linking Pins") Das Modell der überlappenden Gruppen (Likert) beruht auf der Verallgemeinerung der Idee der pluralen Besetzung von Leitungsinstanzen. Es soll mit den überlappenden Gruppen eine höhere Beteiligung von Mitarbeitern im Unternehmen bei Entscheidungen und sonstigen Leitungsaufgaben erreicht werden. Die Besonderheit der überlappenden Gruppen sind die "linking pins". Dies sind Personen, die einerseits Leiter ihrer Gruppe und andererseits Mitglieder in einer übergeordneten Gruppe sind. Sie haben eine Verbindungsfunktion auszuüben und sollen dadurch die Kommunikation sowie die Koordination im Unternehmen verbessern. Um im Unternehmen bzw. in den einzelnen Gruppen, die Entscheidungsunfähigkeit zu verhindern, haben im Modell der überlappenden Gruppen die Gruppenleiter in Pattsituationen das Recht, eine für alle Gruppenmitglieder verbindliche Entscheidung herbeizuführen.

Das Kollegen-Modell

(Colleague-Model)

Das Kollegen-Modell (Golembiewski) faßt die Linieninstanzen und die Stäbe zu einer "colleague-group" zusammen. Die "colleague-group" ist allerdings nicht für alle Entscheidungen, sondern nur für Entscheidungen mit hohem Stellenwert und/oder hoher Komplexität (substantive issues) zuständig. Die Routineentscheidungen und die unstrittigen Entscheidungen (technical issues) werden weiterhin durch singulare Instanzen innerhalb einer Gruppe getroffen. Mehrere "coileague-groups" können zu einem "colleague-team" zusammengefaßt werden. Das Kollegen-Modell kann als Versuch angesehen werden, die Unternehmensorganisation wieder stärker zu integrieren, indem Stab und Linie zu einer Gruppe zusammengelegt werden. Die Nachteile des Kollegen-Modells sind: 38

' 8 Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 189

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- die hohen Koordinationskosten; - die intransparente Organisationsstruktur; - die Unmöglichkeit, immer in "technical issues" und "substantive issues" zu unterscheiden; - das Kollegen-Modell kann die Schwierigkeiten pluraler Leitungsinstanzen nicht beheben.

4.9.1.4 Veränderung der Form der Aufbauorganisation im Unternehmenslebenszyklus Ein Unternehmen, seine Strukturen und die in ihm ablaufenden Prozesse sind nicht unveränderbar. Im V e r l a u f e der Zeit treten in allen Bereichen Veränderungen auf, die Anpassungen in den anderen Bereichen erfordern. Daher ist eine in der Gründungsphase gefundene Aufbauorganisation eines Unternehmens nicht unbedingt für alle anderen Phasen des Unternehmenslebenszyklus optimal. Die im Unternehmen auftretenden Veränderungen im Verlaufe des Lebenszyklus erfordern eine Anpassung der Aufbauorganisation. In Abb. 28 ist der Zusammenhang zwischen Form der Aufbauorganisation und Lebenszyklus eines Unternehmens dargestellt. Der Lebenszyklus eines Unternehmens wird an vier Unternehmenstypen bzw. verschiedenen Phasen festgemacht. Der Lebenszyklus ist eine Beziehung zwischen der Zeit die ein Unternehmen existiert und der Unternehmensgröße bzw. dem Unternehmenswert. Diese Beziehung wird durch eine zunächst ansteigende und später sinkende oder eventuell auch weiter ansteigende Kurve widergespiegelt. Die vier Unternehmenstypen, die den Unternehmenslebenszyklus begleiten, sind das Pionierunternehmen, das Wachstumsunternehmen, das Reifeunternehmen und das Wendeunternehmen. In der Gründungsphase bezeichnet man das Unternehmen als Pionierunternehmen, das Neuland betritt. Es schließt sich die Unternehmensführungsphase an, die durch Wachstum des Unternehmens gekennzeichnet ist, spricht man von einem Wachstumsunternehmen. Diese Phase kann durchaus weiterlaufen bis ein Reifeunternehmen vorliegt. Es kann aber auch aufgrund des Unternehmenswachstums die Erweiterungsphase einsetzen . Diese Phase kann durch Kooperations- und Fusion gekennzeichnet sein. Setzt dann die Sanierungs- und/oder Auflösungsphase ein, wird das entsprechende Unternehmen als Wendeunternehmen bezeichnet. Diesen Unternehmenstypen bzw. den Phasen des Unternehmenslebenszyklus lassen sich Formen der Aufbauorganisation zuordnen,' 9 die als charakteristisch, aber nicht anwendungsbedingend f ü r den jeweiligen Unternehmenstyp bzw. die jeweilige Lebenszyklusphase anzusehen sind. Zu Beginn der Gründungsphase ist eine Linienorganisation typisch, die gegen Ende der Gründungsphase durch eine Stab-Linienorganisation ersetzt wird. In der Unternehmensführungsphase ist dann eine funktionale Organisation charakteristisch. Sie wird von einer Projektorganisation abgelöst, der wiederum eine Matrixorganisation folgt. Beim Übergang zur Erweiterungsphase mit Kooperation und Fusion ist eine Divisionalorganisation 39

Vgl. G o m e z , P . / Z i m m e r m a n n , T.: Unternehmensorganisation, 3. Aufl., Frankfurt/Main, N e w York

1997, S. 176

Unternehmensgründung

113

typisch, die von einer Tensororganisation abgelöst wird. In der Sanierungs- und Auflösungsphase, aber auch schon in der Erweiterungsphase sind schließlich die Holding-, die Allianzund die Clusterorganisation die charakteristischen Formen der Aufbauorganisation. Abb. 28:

Zusammenhang zwischen Formen der Aufbauorganisation und Unternehmenslebenszyklus

Unternel imensgröße/-wert i

Pionierunternehmen

Gründungsphase

Wachstumsunternehmen

Reifeunternehmen

Zejt Wendeunter nehmen

UnternehmensfiH rungs-/Erweiterungs Sanierungs-/ Auflösungs-

Linienorganisation Stab-LinienQuelle:

funktionale Org. Projekt-

Matrix-

Divisional-

phase Hol dingAllianzTensorClusterorg.

eigene Darstellung nach Gomez, P./ Zimmermann, T.: Unternehmensorganisation, S. 170, 176

Die drei letztgenannten Formen der Aufbauorganisation wurden bisher nicht behandelt. Da sie sich nicht auf die Konstruktion der Aufbauorganisation für ein, sondern für mehrere Unternehmen beziehen, werden sie erst in den Teilen „Unternehmenserweiterung" und „Unternehmensauflösung" dargestellt (s.u.).

114

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

4.9.2 Wahl der Ablauforganisation N a c h d e m die Aufbauorganisation festgelegt wurde und damit das Organisationssystem ges c h a f f e n wurde, das über die Verteilung der Mitarbeiter im Unternehmen entscheidet, ist nun der Organisationsprozeß zu strukturieren. Die im Unternehmen ablaufenden Prozesse sind in Phasen zu zerlegen und eine optimale Reihenfolge der Phasen zu finden. Im folgenden wird als Beispiel der Organisationsprozeß behandelt. Die anderen, im Unternehmen ablaufenden Prozesse, wie der Produktionsprozeß, wären entsprechend zu behandeln. Sie wären in Phasen zu gliedern und die optimale Reihenfolge der Phasen festzulegen.

4.9.2.1 Der Organisationsprozeß und seine Phasen Die Struktur des Organisationsprozesses bestimmt seine Effizienz. Die Phasenstruktur des Organisationsprozesses ist logisch aber nicht zwingend. Bei Bedarf kann durchaus eine Phase übersprungen oder wiederholt werden. Die folgende Struktur des Organisationsprozesses gilt als Standard: 4 0 (1) Auswerten von Auslöseinformationen (2) Schätzung der problembestimmenden Einflußgrößen (3) Festlegung des Lösungsumfangs und der zeitlichen Geltungsdauer (4) Analyse des organisatorischen Istzustandes (5) Vorläufiger System- bzw. Subsystementwurf (6) Ermittlung und Berücksichtigung von Restriktionen (7) Bewertung alternativer Lösungsentwürfe (8) Organisationsentscheidung und Durchsetzung (9) Organisationskontrolle

Das Auswerten von

Auslöseinformationen

Das Vorliegen und Auswerten von Auslöseinformationen bildet den Ausgangspunkt für Überlegungen zur Veränderung der Unternehmensorganisation. Die auslösenden Informationen können Beobachtungen über bestehende organisatorische Reibungserscheinungen oder aber auch in die Z u k u n f t gerichtete Überlegungen sein. Ein Ausgangspunkt für Veränderungen der Organisationsstruktur kann z.B. das Nichterreichen von gesetzten Zielen sein. D.h. die Ausgangsinformationen stammen aus einer Kontrolle der Zielerreichung. Ein anderer Ausgangspunkt sind grundsätzliche Überlegungen, z.B. in Folge einer Fusion, die aufgrund der Größenveränderung des Unternehmens eine Anpassung der Unternehmensorganisation erfordert. Als Fazit zeigt sich, daß organisatorische Probleme durch einen Vergleich der

40

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 142 - 159

Unternehmensgründung

115

Ziele (Sollwerte) mit den Istwerten (Kontrolle) oder durch das Aufdecken einer künftigen organisatorischen Lücke erkannt werden.

Das Schätzen von problembestimmenden

Einflußgrößen

Im zweiten Schritt der Organisationsveränderung sind die problembestimmenden Einflußgrößen abzuschätzen. Mögliche Einflußgrößen sind im folgenden aufgelistet. Bei der Abschätzung der Auswirkungen der verschiedenen Einflußgrößen muß berücksichtigt werden, daß die Auswirkungen in der Regel nicht unabhängig sind, sondern sich gegenseitig bedingen und überschneiden. Die folgenden Einflußgrößen können für das Organisationsproblem bestimmend sein: 41 - die Zahl der relevanten Branchen; - die absolute Unternehmensgröße; - das Wachstum des Unternehmens; - der Diversifikationsgrad (Breite der Produktpalette); - der Grad der Internationalisierung; - das Führungskonzept oder Führungssystem; - die Geschwindigkeit und der U m f a n g des Datenflusses im Unternehmen; - die Veränderung im Kommunikationssystem; - die Veränderung des Mechanisierungs- bzw. Automatisierungsgrades; - der Formalisierungsgrad von Planung, Organisation und Kontrolle.

Die Festlegung des Umfangs einer Lösung und ihrer Geltungsdauer Über den U m f a n g einer Lösung können keine Aussagen getroffen werden. Bezüglich der zeitlichen Geltungsdauer einer Lösung ist es möglich, Aussagen aufgrund der zeitlichen Veränderung wichtiger Einflußgrößen abzuleiten. Veränderungen, die Rückschlüsse hinsichtlich der zeitlichen Geltungsdauer einer Organisationsstruktur zulassen, sind: 42 - die Geschwindigkeit des Wachstums des Unternehmens; - die Erhöhung der Diversifikation; - die Expansion der Auslandsaktivitäten; - die Erhöhung des Mechanisierungs- und Automatisierungsgrades; - die vermehrte Einstellung von Führungspersonal. Ferner spielen die Kosten der Organisationsveränderung sowie die Gewinnentgänge während der Einfuhrungsphase der neuen Organisation eine Rolle. Der häufigste Fehler in der Praxis ist, daß der Gestaltungs- und Veränderungsanspruch an die organisatorische Lösung auf eine zu große Geltungsdauer ausgelegt wird und die Veränderungen für zu viele Proble41 42

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 143 f. Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensfuhrung, S. 145

116

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

me simultan Abhilfe bringen sollen. Die Reibungsverluste während und nach der Einführungsphase übersteigen dann die Gewinne, die durch Veränderung bewirkt werden.

Die Analyse der bestehenden

Organisation

Die Analyse der bestehenden Organisation, auch als Istanalyse bezeichnet, soll die fur die bestehende Organisation relevanten Fakten zusammenstellen. Die Istanalyse besteht aus den folgenden fünf Einzelschritten: 4 3 - die Analyse von Aufgaben und Arbeitsabläufen (Arbeitsanalyse); - die Analyse der Funktionen der Führungspersonen; - die Analyse des Kommunikationssystems und der Kommunikationsabläufe; - die Vollständigkeitsprüfung; - die Auswertung der vorgenannten Analysen hinsichtlich organisatorischer Hemmnisse und Fehlleistungen. D i e Ergebnisse der Istanalyse dienen mehreren Zwecken: den Initiatoren des Organisationsprozesses soll ein Entwurf der bestehenden Organisationsstruktur vorgelegt werden; es sollen Modifikationen ab- und eingeleitet werden und den Betroffenen soll die Lösung sowie ihr Zweck vermittelt werden.

Der vorläufige System- bzw.

Subsystementwurf

In diesem Schritt ist eine neue vorläufige Organisation bzw. sind die Subsysteme zu entwerfen. Eine detaillierte Anleitung zum Entwurf einer Organisation kann nicht gegeben werden. Eine Theorie der Suche nach Problemlösungen gibt es nicht. Der Suchvorgang ist daher offen und das Ergebnis fraglich. Es muß stets nach Alternativen gesucht werden, die eventuell eine bessere Lösung darstellen.

Die Ermittlung und Berücksichtigung

von Restriktionen

Lösungen haben grundsätzliche Restriktionen. Für die Organisation werden in der Literatur die folgenden sieben Restriktionen gesehen: 4 4 - quantitative Restriktionen; - qualitative Restriktionen; - informative Restriktionen; - zielkonfliktbedingte Restriktionen; - technologisch-produktionsmäßig bedingte Restriktionen; - psychologisch bedingte Restriktionen; - institutionelle Restriktionen, d.h. solche, die aus Subsystemen heraus wirken. 43

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 145

44

Vgl. Kuhn, A.: U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g , S. 153

Unternehmensgründung

Die Bewertung alternativer

117

Lösungsentwürfe

Die Bewertung der alternativen Lösungsentwürfe soll die Auswahl der besten Lösung ermöglichen. Zur Bewertung sind geeignete Bewertungskriterien notwendig. Sie werden in diesem Fall Sekundärkriterien genannt, weil für die Bewertung einer Organisation keine als direkte Bewertungskriterien akzeptierten Kriterien vorliegen. Für die Bewertung einer Organisation sind die folgenden zehn Sekundärkriterien üblich: 45 - Organisationskosten; - Gewinn; - Input-Output-Relation; - Nutzen-Kosten-Verhältnis; - Regelungs- bzw. Formalisierungsgrad; - Kontrollspanne; - Rangstufenzahl; - Zentralisierungsgrad bzw. Zentralitätsindex; - Fehlerhäufigkeit; - Schnelligkeit von Entscheidungsprozessen. Außer den Bewertungskriterien müssen zur Bewertung einer Organisation noch Bewertungsmethoden herangezogen werden. Auf Bewertungsmethoden soll in diesem Rahmen nicht eingegangen werden. Zu erwähnen sind: - die Scoringmethoden, - die Nutzwertanalyse, - die Kostenwirksamkeitsanalyse und - die Kosten-Nutzen-Analyse.

Die Organisationsentscheidung

und die

Durchsetzung

Nach Bewertung der Organisationsalternativen ist die mit der besten Bewertung auszuwählen und durchzusetzen. Die Einführung und Durchsetzung der neuen Lösung ist in der Praxis oft mit Problemen verbunden. Erfahrungsgemäß scheitern viele Neuerungen am Widerstand der Betroffenen und/oder am Unvermögen der Beteiligten. Der Phase der Durchsetzung ist daher eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Um eine neue Organisation einzuführen, stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung: 4 6 die „en-bloc"-Einflihrung; die stufenweise (sukzessive) Einführung und führung unter vorübergehender Beibehaltung der alten Organisation. Die Realisierungsphase wird in folgende Schritte unterteilt: 45

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 156

46

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 157

die parallele Ein-

118

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

- die Aufstellung einer lückenlosen Dokumentation (Darstellung der Veränderungen); - die Information der betroffenen Mitarbeiter im Unternehmen mit Hilfe der dokumentierten Fakten; - die Schulung der Mitarbeiter, die Einführung in neue Abläufe oder die Hilfe beim Ausführen neuer Tätigkeiten; - das Abhalten von Schulungs- und Ausbildungskursen über das neue System, - die Durchfuhrung von Probeläufen, Probedurchgängen oder sonstigem "on-line-training".

Die

Organisationskontrolle

Den Abschluß einer Organisationsveränderung bildet die Organisationskontrolle. In Großunternehmen ist die Organisationskontrolle eine ständige Einrichtung. Sie soll eine eingeführte Organisation auf ihre Funktionsfahigkeit hin überprüfen. Bei neuen Organisationen ist die Organisationskontrolle besonders wichtig, um noch bestehende Mängel identifizieren und beheben zu können. Die Organisationskontrollen stellen einen Spezialfall der üblichen Unternehmenskontrollen dar, die in j e d e m Unternehmen durchgeführt werden. Es handelt sich um einen Vergleich der Planwerte mit den Istwerten und einer sich anschließenden Abweichungsanalyse. Die Organisationskontrolle läßt sich in folgende Schritte zerlegen, deren Reihenfolge eingehalten werden muß: - die Darstellung der Zielsetzung und des Zielumfanges (Sollwerte) der Organisationsveränderung; - die Bestimmung der Meßmethode und der Sekundärkriterien; - die Ermittlung, ob die Sollwerte erreicht wurden. Wurden die Sollwerte nicht erreicht, sind zusätzlich noch folgende weitere Schritte notwendig: 4 7 - die Überprüfung, ob die vorgegebenen Bedingungen richtig erarbeitet und berücksichtigt sind; - die Überprüfung, ob die Organisationslösung mit den bestehenden Restriktionen vereinbarist; - die Ermittlung sonstiger Störungen und Reibungserscheinungen; - die Ü b e r p r ü f u n g der Eignung der Aufgabenträger; - die Ermittlung, ob die Schulung und die Vorbereitung der betroffenen Mitarbeiter ausreichend war; - die Auswertung von eventuell eingegangenen Beschwerden; - die Überprüfung, ob die Geltungsdauer der neuen Lösung noch nicht überschritten ist; - die Analyse, ob Mitarbeiterkündigungen durch die Organisationsänderung bedingt sind.

47

V g l . Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 158

Unternehmensgründung

119

4.9.3 Die Aufgaben der Ablauforganisation Außer den Phasen der Ablauforganisation sind die Aufgaben der Ablauforganisation zu behandeln. Die in der Literatur dokumentierten Aufgaben der Ablauforganisation 4 8 lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) Arbeitsverteilung und Leistungsabstimmung: - Festlegung von Arbeitsgängen, - Zuordnung der Objekte zu den Produktiveinheiten als Arbeitsträger, - Festlegung des Grades der Arbeitsteilung, - Bestimmung der Produktionsgeschwindigkeit, - Bestimmung der Leistungstakte und - Fließbandabstimmung oder Bandangleichung. (2) Gruppierung der Arbeitsmittel: - Festlegung der Stärke der Arbeitsgruppen und - Z u s a m m e n f a s s u n g der Maschinen zu einer Werkstatt oder Fertigungslinie. (3) Bestimmung von Reihenfolgen: - Bestimmung der Folge der Arbeitsgänge, - Bestimmung der Maschinenfolge und - Bestimmung der Auftragsfolge oder der Maschinenbelegung. (4) Lösung von Transportproblemen . - Bestimmung der Transportwege, - Bestimmung der Transportlose und - Bestimmung der Transportmittel.

4.9.4 Die Ziele der Ablauforganisation Mit der Gestaltung der Ablauforganisation verfolgt ein Unternehmen bestimmte Ziele. 49 Dies sind die folgenden Ziele: (1) Allgemeine Ziele: - Gewährleistung von Effektivität, - Gewährleistung von Effizienz und - S c h a f f u n g der Voraussetzungen zur Erreichung der Unternehmensziele (Gewinnmaximierung, Kostenminimierung, Erlösmaximierung, Quantitätsmaximierung, Qualitätsmaximierung, Minimierung der Umweltbelastungen). (2) Auftragsorientierte Ziele:

48

Vgl.

u.a. Küpper,

H.-U./Helber, S.: Ablauforganisation

in Produktion

Stuttgart 1995, S. 3 7 - 4 9 49

V g l . u.a. Küpper, H . - U . / H e l b e r , S.: Ablauforganisation ..., S. 4 9 - 61

und Logistik, 2.

Aufl.,

120

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- M i n i m i e r u n g der D u r c h l a u f z e i t , - M i n i m i e r u n g der W a r t e z e i t , - M i n i m i e r u n g der Z y k l u s z e i t , - Minimierung der Transportzeit, - T e r m i n e i n h a l t u n g und - Minimierung der Stückkosten. (3) A r b e i t s t r ä g e r o r i e n t i e r t e Ziele: - M a x i m i e r u n g d e r d u r c h s c h n i t t l i c h e n A u s l a s t u n g der g e s a m t e n Kapazität, - Minimierung der Gesamtbelegungszeit, - Minimierung der Leerzeiten, - M i n i m i e r u n g d e r R ü s t z e i t e n s u m m e und - M i n i m i e r u n g der K o s t e n (s.o.).

4.9.5 Die Instrumente der Ablauforganisation Z u r E r r e i c h u n g d e r Z i e l e d e r A b l a u f o r g a n i s a t i o n stehen e i n e m U n t e r n e h m e n I n s t r u m e n t e 5 0 z u r V e r f ü g u n g . In der L i t e r a t u r w e r d e n die I n s t r u m e n t e z u m Teil auch als V e r f a h r e n , M e t h o den u n d M o d e l l e b e z e i c h n e t . D a s zeigt, d a ß eine klare T r e n n u n g z w i s c h e n I n s t r u m e n t e n und V e r f a h r e n e t c . nicht i m m e r m ö g l i c h ist. Ein Ü b e r b l i c k ü b e r die I n s t r u m e n t e der A b l a u f o r g a n i s a t i o n ist im f o l g e n d e n g e g e b e n : (1) I n s t r u m e n t e z u r E r m i t t l u n g und P r o g n o s e von D a t e n der A b l a u f o r g a n i s a t i o n : - K o s t e n - und L e i s t u n g s r e c h n u n g , A b s a t z p l a n , M a t e r i a l r e c h n u n g , P e r s o n a l e i n s a t z p l a n , F e r t i g u n g s p r o g r a m m p l a n , B e t r i e b s d a t e n e r f a s s u n g und - Z e i t a u f n a h m e mittels R E F A - V e r f a h r e n . (2) I n s t r u m e n t e z u r B e s c h r e i b u n g , P r o g n o s e und Ü b e r w a c h u n g von P r o z e ß a b l ä u f e n : - A r b e i t s p l ä n e und A r b e i t s k a r t e n , - R e i h e n f o l g e m a t r i z e n und R e i h e n f o l g e g r a p h e n , - B a l k e n - u n d G a n t t d i a g r a m m e und - M o d e l l e z u r A b b i l d u n g v o n P r o z e ß a b l ä u f e n hinsichtlich P r o d u k t i o n s z e i t e n und - m e n g e n . (3) Instrumente zur Entscheidungsunterstützung: - M o d e l l e d e r A r b e i t s v e r t e i l u n g und L e i s t u n g s a b s t i m m u n g , - M o d e l l e z u r P l a n u n g v o n L o s g r ö ß e n , B e s t e l l m e n g e n und S i c h e r h e i t s b e s t ä n d e n , - M o d e l l e z u r R e i h e n f o l g e - und M a s c h i n e n b e l e g u n g s p l a n u n g , - Modelle der Projektplanung, - M o d e l l e d e r T r a n s p o r t - und T o u r e n p l a n u n g und - P r o d u k t i o n s p l a n u n g s - und - s t e u e r u n g s - ( P P S - ) S y s t e m e .

50

Vgl. u.a. Küpper, H.-U./Helber, S.: Ablauforganisation .., S. 61 - 88

Unternehmensgründung

121

4.9.6 Ausgewählte Methoden der Ablauforganisation Aus der Vielzahl der Methoden der Ablauforganisation soll nur eine kleine Auswahl behandelt werden. Diese Auswahl ist im folgenden dargestellt. Für einige Instrumente werden auch Anwendungsbeispiele erörtert. (1) (2) (3) (3.1) (3.2) (3.3) (4) (5) (6)

Vorgangs(sammel)listen Balken-/Ganttdiagramme Netzpläne und Netzplantechniken CPM-Methode PERT-Methode MPM-/VKN-Methode Verfahren zur Zeitaufnahme bzw. -messung Arbeitszuordnungsmodelle Modelle zur Losgrößenbestimmung

Die Vorgangssammellisten bilden die Basis für die Erstellung von Balken-/Ganttdiagrammen und Netzplänen. Vorgangssammellisten, Balken-/Ganttdiagramme und Netzpläne werden traditionell manuell erstellt. Heute kann ihre Erstellung auch EDV-gestützt unter Verwendung von Standardsoftware erfolgen. Fast alle bekannten Software-Pakete sind entsprechend ausgelegt. Aber auch für die anderen Instrumente der Ablauforganisation sind heute EDV-Programme verfugbar. Balken-/Ganttdiagramme werden benutzt, um den zeitlichen Ablauf von Vorgängen, z.B. die Produktion von Gütern, darzustellen. In Abb. 29 ist ein Balken-/Ganttdiagramm veranschaulicht. Aus einem Balken-/Ganttdiagramm ist nicht nur der zeitliche Ablauf von Vorgängen zu erkennen, sondern es sind auch entsprechende Auswirkungen zu ermitteln. Im hier gewählten Fall der Darstellung des Produktionsablaufes von Gütern können Rückschlüsse auf die Kapazitätsauslastung gezogen und gegebenenfalls weitere notwendige Maßnahmen abgeleitet werden. Eine andere Form der graphischen Darstellung von Vorgängen ist der Netzplan. Bei Netzplänen kommt die räumliche Struktur der Vorgänge zum Ausdruck, während im Balken/Ganttdiagramm die zeitliche Struktur veranschaulicht wird. Die zeitliche Struktur wird jedoch in Netzplänen nicht vernachlässigt. Sie wird durch Rechenvorgänge ermittelt, die aus einem Netzplan ableitbar sind. Die auf der Basis eines Netzplanes möglichen Rechenvorgänge werden als Netzplantechniken bzw. -methoden bezeichnet. In der Literatur wird eine Vielzahl solcher Methoden behandelt. Hier soll lediglich kurz auf die grundlegenden Methoden eingegangen werden.

122

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 29: Balken-/Ganttdiagramm Vorgänge zur Produktion eines Gutes 1

Vorgang 5 Vorgang 4 Vorgang 3 Vorgang 2 Vorgang 1

O

l

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12 Tage

Quelle: eigene Darstellung Abb. 30: Ablauforganisation mittels Netzplan

EL = Eingangslager

AL = Absatzlager

Quelle: eigene Darstellung Zunächst ist die CPM-Methode (Critical Path Method; deutsch: VPN = Vorgangspfeilnetz) zu erwähnen. Bei dieser Methode werden Vorgänge durch Pfeile und Ereignisse durch Knoten dargestellt. Ebenfalls zu den grundlegenden Methoden der Netzplanung zählt die PERT-Methode (Program Evaluation and Review Technique; deutsch: EKN = Ereignisknotennetz). In diesem Fall erfolgt die Darstellung der Ereignisse durch die Knoten, während die Pfeile die Reihenfolge der Ereignisse anzeigen. Die dritte grundlegende Netzplanmethode ist

Unternehmensgründung

123

d i e M P M - M e t h o d e (Metra Potential M e t h o d ; deutsch: V K N = V o r g a n g s k n o t e n n e t z ) . V o r g ä n g e w e r d e n bei dieser M e t h o d e durch Knoten dargestellt. D i e P f e i l e v e r a n s c h a u l i c h e n die Reihenfolgebedingungen.

4.9.6.1 Die CPM-Methode D i e G r u n d z ü g e der N e t z p l a n t e c h n i k s o l l e n am B e i s p i e l der C P M - M e t h o d e erörtert w e r d e n : N a c h der A u f s t e l l u n g e i n e s N e t z p l a n e s (Strukturanalyse) erfolgt d i e Z e i t b e r e c h n u n g in vier Stufen. 5 1 1. Schritt: B e r e c h n u n g der frühesten Zeiten (FZ;) und der spätesten Zeiten (SZ,) für alle Knoten. 1.1 B e r e c h n u n g der frühesten Zeiten: A m A n f a n g s k n o t e n wird mit der Zeit 0 b e g o n n e n und in P f e i l r i c h t u n g fortlaufend d i e frühesten Zeiten FZj für d i e n a c h f o l g e n d e n Knoten g e m ä ß der f o l g e n d e n Formel berechnet: ( 1 9 ) FZj = m a x (FZ; + d,,) mit i = Index für die v o r a u s g e h e n d e n Knoten d,j = V o r g a n g s d a u e r der V o r g ä n g e i-j D i e früheste Zeit FZ des letzten K n o t e n s bildet g l e i c h z e i t i g die G e s a m t d u r c h l a u f z e i t / G e s a m t projektzeit. 1.2 B e r e c h n u n g der spätesten Zeiten: D i e spätesten Z e i t e n SZ[ w e r d e n entsprechend a u s g e hend v o m letzten Knoten berechnet: ( 2 0 ) SZ| = min (SZj - d„) 2. Schritt: B e r e c h n u n g v o n j e vier V o r g a n g s z e i t e n aus den im v o r a n g e h e n d e n Schritt berechneten Ereigniszeiten: früheste A n f a n g s z e i t FAZij = FZj späteste A n f a n g s z e i t SAZ f j = SZj - dy früheste Endzeit

FEZy = FZj + d,j

späteste Endzeit

SEZjj = SZj

3. Schritt: F e s t l e g u n g v o n Pufferzeiten für j e d e n V o r g a n g : Gesamtpuffer

51

GPjj = SZj - FZj - d^

freier Puffer

FP y = FZj - FZ, - d,j

u n a b h ä n g i g e r Puffer

UPij = m a x

FZj - SZ, - d|j i-

Vgl. Zimmermann, W.: Operations Research, 8. Aufl., München u.a. 1997, S. 1 7 - 2 2

124

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

4. Schritt: Ermittlung der Vorgänge mit dem Gesamtpuffer „Null". Dies sind die kritischen Vorgänge. Kantenfolgen bzw. Pfade vom Anfang bis zum Ende des Projektes, die aus kritischen Vorgängen bestehen, heißen kritische Pfade. Alle kritischen Pfade sind gleich lang. Ihre Länge entspricht der Gesamtprojektzeit. Ziel der Netzplanmethoden ist es, die Vorgänge mit dem Gesamtpuffer „Null" zu identifizieren, da diesen Vorgängen von der Planung her besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muß. Es müssen Maßnahmen getroffen werden, die bei unvorhergesehenen Verzögerungen die zeitliche Abstimmung erhalten. Werden solche Maßnahmen nicht getroffen, bewirken die Verzögerungen den Stillstand. Die folgenden Vorgänge können nicht durchgeführt werden. Es entstehen entsprechende Kosten, die es aufgrund des ökonomischen Prinzips zu vermeiden gilt.

4.9.6.2 Das REFA-Verfahren zur Zeitaufnahme Die Darstellung der Netzplantechnik hat gezeigt, daß eine Voraussetzung zur Erstellung eines Netzplanes die Kenntnis der Dauer der einzelnen Vorgänge ist. Die Messung der Zeit bzw. die Zeitaufnahme bildet daher einen wichtigen Schritt in der Ablauforganisation. Ein von REFA 1992 entwickeltes Verfahren zur Zeitaufnahme gilt heute als Standardverfahren. 5 2 Es soll im folgenden kurz beschrieben werden. Ausgangspunkt der Zeitaufnahme ist die Aufteilung der Auftragszeit in Komponenten Rüst- und Ausführungszeit. Beide Komponenten werden weiter in die Subkomponenten Grund-, Erholungs- und Verteilzeit gegliedert. Es ergibt sich somit folgendes Gliederungsschema für die Auftragszeit: 5 3 1.

Auftragszeit

1.1

Rüstzeit

1.1.1 Rüstgrundzeit 1.1.2 Rüsterholzeit 1.1.3 Rüstverteilzeit 1.2

Ausflihrungszeit

1.2.1 Grundzeit 1.2.2 Erholzeit 1.2.3 Verteilzeit Dabei stellt die Verteilzeit die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Sollzeiten dar. Während die Grund- und Erholungszeiten durch direkte Zeitmessung bestimmt werden, sind die Verteilzeiten über die Soll- bzw. Vorgabezeiten zu ermitteln. Hierfür ist von REFA ein Standardprogramm erarbeitet worden, das aus folgenden fünf Hauptschritten besteht: 54

52

Vgl. REFA: Methodenlehre des Arbeitsstudiums, Teil 2: Datenermittlung, 7. Aufl., M ü n c h e n 1992

53

Vgl. REFA: Methodenlehre ..., S. 42

54

Vgl. R E F A : Methodenlehre ..., S. 42

Unternehmensgründung

125

1. Beschreibung der zu messenden Arbeit 2. M e s s u n g der Grundzeiten 3. Leistungsgradbeurteilung 4. Ermittlung der Verteilzeiten 5. Berechnung der Sollzeiten Die Beurteilung des Leistungsgrades (LG) erfolgt anhand der folgenden Formel: gemessene Ist-Leistung (21) L G =

• 100 vorgestellte Normalleistung

4.9.6.3 Ein einfaches Modell der Arbeitszuordnung N a c h d e m die Dauer bzw. die Soll-/Vorgabezeiten der einzelnen Vorgänge bzw. Aufträge ermittelt sind, müssen sie auf die im Unternehmen zur Verfügung stehenden Arbeitsträger (Menschen, Werkzeuge bzw. Maschinen) verteilt werden. Hierzu sind eine Reihe von Modellen der Arbeitsverteilung bekannt. In diesem Rahmen soll lediglich auf das einfachste Modell der Arbeitszuordnung Bezug genommen werden. Der einfachste Fall der Arbeitszuordnung ist die isolierte Planung der Arbeitsverteilung. 5 5 Verschiedene Aufträge werden auf mehrere Personen oder Arbeitsträger verteilt. Gesucht wird die Arbeitsverteilung, die die Summe der Bearbeitungszeiten oder -kosten aller Aufträge minimiert. Die Zuordnungsprobleme bei der Abstimmung der Fließfertigung (Logistik) sind komplexer, der einfache Fall veranschaulicht aber das Problem am besten. Der einfachste Fall der Arbeitsverteilung geht von den folgenden f ü n f Annahmen aus: 56 (1) Die Anzahl der Aufträge ist bekannt und gleich der Zahl der Arbeitsträger. (2) Jeder Arbeitsträger kann jeden Auftrag ausführen. (3) Jeder Arbeitsträger muß einen Auftrag übernehmen. (4) Die Bearbeitungszeiten oder -kosten für die Aufträge sind nicht für alle Arbeitsträger gleich. (5) Die Summe der Bearbeitungszeiten oder -kosten ist zu minimieren. Auf der Basis dieser fünf Annahmen kann das folgende Modell der isolierten Arbeitsverteilung formuliert werden: I (22) Min Z = I

J X c,j Xjj

i=lj=l

55

Vgl. Küpper, H.-U./Helber, S.: Ablauforganisation ..., S. 91 - 93

56

Vgl. Küpper, H.-U./Helber, S.: Ablauforganisation ..., S. 91 f.

126

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

mit den N e b e n b e d i n g u n g e n J (23)Zx1J=l

Vi

j=l

Vj

( 2 4 ) I Xy = 1 i=l

Vij

( 2 5 ) Xy e "i 0,11* mit Z

Bearbeitungszeit oder -kosten

i=

1 , I

j =

1,...,I

Index der Aufträge Index der Arbeitsträger Bearbeitungszeit oder -kosten von Auftrag i bei Arbeitsträger j

x,,

Entscheidungsvariable: 1, wenn Auftrag i Arbeitsträger j zugeordnet wird; sonst 0

D i e Zielfunktion ( 2 2 ) fordert, daß die Summe der Bearbeitungszeiten oder -kosten minimiert wird. D i e G l e i c h u n g ( 2 3 ) besagt, daß jeder Auftrag i einem Arbeitsträger j zugeordnet werden muß. G l e i c h u n g ( 2 4 ) fordert, daß jedem Arbeitsträger ein Auftrag zugeordnet wird. Gleichung ( 2 5 ) ist die Zuordnungs- bzw. Nichtnegativitätsbedingung. Für dieses Modell gibt es spezielle Lösungsverfahren. Es kann aber auch ein Verfahren zur Lösung des klassischen Transportproblems herangezogen werden, da die Arbeitsverteilung einen einfachen Spezialfall des Transportproblems darstellt.

4.9.6.4 Ein Modell der statischen Losgrößenbestimmung Eine weitere A u f g a b e der Ablauforganisation ist, festzulegen, w e l c h e M e n g e von einem Produkt in einem Arbeitsgang hergestellt werden soll. Es ist die Losgröße zu bestimmen. V o n der Vielzahl der in der Literatur bekannten Modelle zur Losgrößenbestimmung soll in diesem Rahmen nur ein M o d e l l der statischen Losgrößenbestimmung 5 7 vorgestellt werden. Dieses Modell geht von f o l g e n d e n fünf Annahmen aus: (1) Herstellung eines Gutes (Produktes) mit unendlich hoher Fertigungsgeschwindigkeit. (2) Es liegt eine in der Zeit konstante Nachfrage vor, die ohne Verzug befriedigt werden muß. (3) D i e Lagerkosten sind proportional zum mittleren zeitlichen Bestand. (4) Jeder Rüstvorgang ist mit Rüstkosten verbunden. (5) D i e Summe aus Rüst- und Lagerkosten j e Zeiteinheit ist zu minimieren.

57

Vgl. Küpper, H . - U . / H e l b e r , S.: Ablauforganisation ..., S. 136 - 141

127

Unternehmensgründung

Da die Fertigungsgeschwindigkeit unendlich hoch und die Nachfrage bekannt sowie zeitlich konstant ist, wird immer dann ein Los der Größe q aufgelegt, wenn der Lagerbestand abgebaut ist. Der Bedarf kann dann ohne Fehl- und Verzugsmengen gedeckt werden, da sich der Lagerbestand aufgrund der unendlich hohen Fertigungsgeschwindigkeit sofort auf den maximalen Wert q erhöht. Der Verlauf des Lagerbestandes über die Zeit ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Aus Abb. 31 ersieht man, daß bei zeitlich gleichmäßigem Lagerabbau der durchschnittliche Lagerbestand gleich der halben Losgröße q/2 ist. Nach x Zeiteinheiten wird jeweils ein Los aufgelegt, das bei einer Bedarfsrate von d Mengeneinheiten pro Zeiteinheit immer die Größe q = xd haben muß. Abb. 31: Entwicklung des Lagerbestandes bei unendlicher Fertigungsgeschwindigkeit Lagerbestand q

q/2

Zeit x Quelle:

Küpper, H.-U./Helber, S.: Ablauforganisation ..., S. 137

Die Kosten K in Geldeinheiten pro Zeiteinheit setzen sich wie folgt zusammen: (26) K = K r + K| mit Kr = Rüstkosten Ki = Lagerkosten Die Rüstkosten ermitteln sich aus dem Rüstkostensatz s und der Anzahl d/q an Rüstvorgängen pro Zeiteinheit:

128

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

d (27) K r = s — q Die Lagerkosten ergeben sich aus dem mittleren Bestand q/2 multipliziert mit dem Lagerkostensatz h pro Mengen und Zeiteinheit: 1 (28) K, = — q h

2 Damit ergeben sich Gesamtkosten von: d

1

(29) K = s — + — q

qh

2

Die Kurvenverläufe von Gesamtkosten, Rüst- und Lagerkosten sind in Abb. 32 dargestellt. Differenziert man Gleichung (29) nach q und löst nach q auf, so erhält man die Formel für die optimale Losgröße:

Durch Einsetzen der Formel (30) in Formel (29) erhält man die Formel zur Berechnung der minimalen Kosten:

Unterstellt man realistischerweise endliche Fertigungsgeschwindigkeit, so geht Formel (30) in Formel (32) über: 2 sd (32) q* = ' h(l

d )

mit i = Fertigungsgeschwindigkeit Setzt man i = oo, so geht Formel (32) wieder in Formel (30) über.

Unternehmensgründung

129

Abb. 32: Verlauf der Kosten in Abhängigkeit von der Losgröße

Quelle:

Küpper, H.-U./Helber, S.: Ablauforganisation ..., S. 139

4.9.7 Die Veränderung der Ablauforganisation im Unternehmenslebenszyklus Nicht nur die Aufbauorganisation eines Unternehmens ist Veränderungen im Verlaufe des Unternehmenslebenszyklus unterlegen, sondern auch die Ablauforganisation. Insbesondere in der Wachstumsphase kann sich herausstellen, daß die bei der Unternehmensgründung gefundenen Ablauforganisation nicht mehr zweckmäßig ist. Das gestiegene Produktionsvolumen, aber auch Verbesserungen des Produktes können eine Veränderung der Ablauforganisation bedingen. Eine Veränderung der Ablauforganisation ist auf jeden Fall mit der Einführung von Logistikkonzepten im Unternehmen verbunden (s.o). Vor allem der im Rahmen des Logistikkonzeptes „Lean Production/Management" im Unternehmen zu installierende kontinuierliche Verbesserungsprozeß (kaizen) wird Veränderungen der Ablauforganisation mit sich bringen.

4.10 Personaleinstellung Ein Unternehmen benötigt bereits in der Gründungsphase Personal. Es muß für die Durchführung der vielen Tätigkeiten in der Gründungsphase Personal eingestellt werden. Da es nicht sinnvoll ist, wahllos Personal einzustellen, ist zunächst eine Personalbedarfsplanung vorzunehmen und dann das benötigte Personal zu beschaffen und einzustellen.

130

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

A u f die beiden Bereiche Personalbedarfsplanung und Personalbeschaffung wird näher in Teil 3, Abschnitt 9.9.4 und 9.9.5 eingegangen.

4.11 Beschaffung der Betriebsmittel und Werkstoffe Bereits in der Gründungsphase muß ein Unternehmen die Betriebsmittel, das sind Maschinen und Werkzeuge, beschaffen, damit der Betrieb anlaufen kann und zwischen Gründungsphase und Unternehmensführungsphase kein Stillstand eintritt. Gründungs- und Unternehmensflihrungsphase sollten nahtlos bzw. fließend ineinander übergehen. A u f die Details der B e s c h a f f u n g soll in diesem Zusammenhang nicht explizit eingegangen werden, da sie im Rahmen der Beschaffungslogistik (Teil 3, Abschnitt 9.2). behandelt werden. Die Betriebsmittel sind aber nicht nur zu beschaffen, sondern auch zu plazieren. Für die Maschinen sind Standorte im Unternehmen und eine Reihenfolge festzulegen, so daß ein optimaler Betrieb gewährleistet ist. Für die Werkzeuge sind Lager- und Einsatzorte zu bestimmen. Neben den Betriebsmitteln sind auch bereits Werkstoffe zu einzukaufen. Dies ist A u f g a b e der Materiallogistik, auf die später näher einzugehen ist (vgl. Teil 3, Abschnitt 9.2.2).

4.12 Die Unternehmensgründung N a c h d e m die Gründungsentscheidungen getroffen wurden und feststeht, daß ein Unternehmen gegründet werden soll, sind die Gründungsformalitäten zu erfüllen. Sie sind nicht für alle Unternehmen gleich. Die Gründungsformalitäten hängen vor allem von der f ü r das Unternehmen gewählten Rechtsform und von dem Tätigkeitsbereich (Wirtschaftsbereich bzw. der Branche) des Unternehmens ab. Für Unternehmen, die nach § 1 Abs. 2 HGB als Handelsgewerbe eingestuft werden, ist eine Eintragung in das Handelsregister vorgeschrieben. Nach § 29 HGB hat j e d e r K a u f m a n n seine Firma und den Ort seiner Handelsniederlassung bei dem für den Bezirk der Handelsniederlassung zuständigen Gericht, das das Handelsregister führt, zur Eintragung in dieses anzumelden. Die zur Anmeldung Pflichtigen Tatbestände müssen nach § 12 H G B vom Eintragungspflichtigen

(dem

Vollkaufmann

bzw.

der

Handelsgesellschaft)

in

öffentlich

(notariell) beglaubigter Form beim zuständigen Gericht vorgelegt werden. Die bei den zuständigen Gerichten geführten Handelsregister sind in zwei Abteilungen gegliedert. In der Abteilung A werden die Einzelkaufleute und die Personen(handels)gesellschaften geführt, während die Kapitalgesellschaften in die Abteilung B eingetragen werden. Neben der Firma und dem Ort der Handelsniederlassung werden weitere Tatbestände ins Handelsregister eingetragen. Zu diesen weiteren Tatbeständen zählen u.a. die Erteilung einer Prokura (§ 53 H G B ) , die Gründung einer offenen Handelsgesellschaft ( O H G ) (§ 106 HGB), die Anzahl der Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft ( K G ) (§ 162 HGB), die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ( G m b H ) sowie deren Geschäftsführer (§§ 7, 8 G m b H G ) und alle Änderungen.

131

Unternehmensgründung

Nicht ins Handelsregister eingetragen werden müssen gewerbliche Unternehmen, die dem handwerklichen oder dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen sind. Diese Unternehmen können jedoch nach §§ 2 und 3 HGB ins Handelsregister eingetragen werden. Dies gilt insbesondere, wenn aufgrund eines nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes das Unternehmen als Handelsgewerbe zu klassifizieren ist. Ein handwerkliches Unternehmen muß in die von der zuständigen Handwerkskammer zu f ü h r e n d e Handwerksrolle eingetragen werden. Ansonsten ist eine Ausübung des Gewerbes nicht zulässig. Die Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt nach den Bestimmungen der Handwerksordnung (HwO). Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle ist nach §§ 6 und 7 HwO, daß der Unternehmer in dem entsprechenden handwerklichen Beruf Meister ist oder eine dem Meister gleichgestellte andere deutsche P r ü f u n g (Diplom) besitzt. Hat der Unternehmer keine Meisterprüfung bzw. keine gleichwertige P r ü f u n g vorzuweisen, muß er für sein Unternehmen eine Rechtsform (z.B. die GmbH) wählen, die lediglich die Anstellung eines Meisters erfordert. Wird für das Unternehmen die Rechtsform einer Genossenschaft gewählt, so hat eine Eintragung in das Genossenschaftsregister zu erfolgen (§ 10 GenG). Die Rechtsform eines Vereins erfordert die Eintragung ins Vereinsregister (§§ 21, 55 BGB) oder die Verleihung der Rechtsfähigkeit durch den betreffenden Bundesstaat in dem der Verein seinen Sitz hat (§ 22 BGB). Beide Register werden bei dem f ü r den Bezirk, in dem die Genossenschaft ihren bzw. der Verein seinen Sitz hat, zuständigen Gericht geführt. Unternehmen, die in der Rechtsform einer Stiftung geführt werden, erhalten ihre Rechtsfähigkeit durch Genehmigung des Bundesstaates in dem sie ihren Sitz haben. Für Stiftungen, die ihren Sitz nicht in einem Bundesstaat haben, muß der Bundesrat die Genehmigung erteilen (§ 80 BGB). Neben der Eintragungspflicht in die entsprechenden Register besteht eine Gewerbeanmeldepflicht. Jeder Gewerbebeginn muß den zuständigen Behörden gemeldet werden. Zuständige Behörde ist j e nach Organisation einer Gemeinde das Bürgermeisteramt, die Gewerbepolizei oder das Ordnungsamt. Für die Ausübung verschiedener Gewerbe ist nicht nur die Anmeldung, sondern auch die G e n e h m i g u n g oder Erlaubnis notwendig. Bei den Genehmigungen wird zwischen einer persönlichen und seiner sachlichen Genehmigung unterschieden. Eine persönliche Genehmigung soll sicherstellen, daß der Gewerbetreibende bzw. Unternehmer bestimmte in seinem Beruf notwendige Qualifikationen, insbesondere Zuverlässigkeit, aufweist. U.a. ist für folgende gewerbliche Tätigkeiten eine persönliche Genehmigung erforderlich: Herstellung von Arzneimitteln, Schußwaffen und Munition sowie der Großhandel mit diesen Gütern, Inverkehrbringung

von

Arzneimitteln,

Handel

mit

alkoholischen

Getränken,

Führung

von

Schank-, Speisewirtschaften und Beherbergungsbetrieben, geschäftsmäßige Beförderung von Personen und Beförderung von Gütern im Straßenverkehr. Eine sachliche Genehmigung soll gewährleisten, daß beim Betreiben eines Gewerbes bzw. bestimmter Anlagen gesetzlich vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden. Eine

132

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

sachliche Genehmigung muß heute vor allem dann vorliegen, wenn durch den Betrieb Umweltschädigungen hervorgerufen werden. Der Unternehmer hat ferner, wenn er Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt, beim Arbeitsamt eine Betriebsnummer zu beantragen. Zudem sollte er Versicherungen abschließen, um sich vor Risiken zu schützen. Eine Pflichtversicherung besteht in Form der Mitgliedschaft in der zuständigen Berufsgenossenschaft. Darüber hinaus sollten folgende Versicherungen abgeschlossen werden: Versicherung gegen höhere Gewalt (Feuer, Explosion, Wasser, Sturm), Einbruch- und Diebstahlversicherung, Betriebsunterbrechungsversicherung, Versicherung gegen Betriebs-, Umwelt- und Produkthaftungspflicht; Firmenrechtsschutzversicherung, Versicherung gegen Forderungsausfälle, Versicherung gegen Störungen der Betriebs- und Funktionsbereitschaft von Hard- und Software sowie eventuell eine Versicherung gegen Auslandsrisiken. Schließlich sind sonstige Formalitäten, wie die Eröffnung von Bankkonten, die Einrichtung von Postfächern etc., zu erledigen. Wichtig ist auch die Aufstellung einer Gründungsbzw. Eröffnungsbilanz. Der Unternehmensgründung folgt die Betriebs- bzw. Geschäftseröffnung. Wenn alle Gründungsentscheidungen und -formalitäten abgeschlossen sind, kann das Unternehmen seine Tätigkeit aufnehmen. In der Regel erfolgt die Aufnahme der Unternehmenstätigkeit im Rahmen einer feierlichen Betriebs- bzw. Geschäftseröffnung, die durch entsprechende Marketingaktivitäten begleitet wird.

4.13

Unternehmensstrategien

4.13.1 Allgemeine Unternehmensstrategien Außer den Gründungsentscheidungen und -formalitäten sind Unternehmensstrategien zu behandeln, die bereits in der Gründungsphase festzulegen sind. Es wird zwischen Wettbewerbs-, Produktions-, Innovations-, Organisations- und Unternehmensführungsstrategien unterschieden. Es sind generelle Strategien, für die sich ein neu gegründetes Unternehmen entscheiden kann, um sich eine Position an Markt zu schaffen. Es sind Strategien, die ein Überleben am Markt trotz Konkurrenz sichern helfen. Neue Unternehmen müssen die Marktsituation bzw. die Wettbewerbsposition in die sie hineinwachsen analysieren und für sich zweckmäßige Strategien aufstellen, um Reaktionen und Positionskämpfe potentieller Konkurrenten, die Verhandlungsmacht von Lieferanten und Kunden sowie auf die Existenz und das Auftreten von Substitutionsprodukten zielorientiert reagieren zu können. Porter schlägt die folgenden drei Wettbewerbsstrategien vor: 58 Kostenführerschaft, zentration auf Schwerpunkte und Einsatz des marketingpolitischen Instrumentariums.

Kon-

Die Strategie der Kostenführerschaft besagt, daß das neue Unternehmen sein Produkt mit niedrigeren Kosten pro Stück herstellt und/oder auf den Markt bringt als alle Konkurrenten.

58

Vgl. Porter, M.E.: Wettbewerbsstrategie, Frankfurt/M. 1993, S. 25 ff.

133

Unternehmensgründung

Die Kostenführerschaft hat zwei Effekte. Einmal wird die eigene Gewinnsituation absolut verbessert und zweitens wird die Gewinnsituation gegenüber den Konkurrenten relativ verbessert. Diese Effekte lassen sich mit Hilfe der Break-Even-Point-Analyse darstellen. Inwieweit sich auch eine absolute Verbesserung der Gewinnsituation gegenüber den Konkurrenten erzielen läßt, hängt davon ab, ob sich die Kostenführerschaft in eine Preis- und Mengenführerschaft ausweiten läßt. In der Regel wird eine Preissenkung, die aufgrund der geringeren Kosten möglich ist, aus marktstrukturellen Gründen nicht sinnvoll sein. Eine Preissenkung würde die Konkurrenten ebenfalls zu einer Preissenkung veranlassen, so daß eine Preissenkungsspirale beginnt, die erst mit der Insolvenz der Unternehmen endet. Aus diesem Grund werden Preissenkungskämpfe meistens vermieden. Anders ist dies, wenn ein Unternehmen eine Monopolstellung hat. Ein Monopolist kann den Preis senken, um eine höhere Absatzmenge zu erzielen, da er keine Reaktion von Konkurrenten zu erwarten hat (vgl. Teil 3, Abschnitt 9.4.5.1 „ Marketing: Preispolitik"). Die Strategie Konzentration auf Schwerpunkte wird auch als Strategie der Ausnutzung von Marktnischen bezeichnet. Das neue Unternehmen konzentriert sich in diesem Fall auf bestimmte Nachfragesegmente, auf bestimmte Produkte und/oder regional

abgegrenzte

Märkte. Die Strategie des Einsatzes des marketingpolitischen Instrumentariums ist darauf abgestellt, dem neuen Unternehmen durch besseren, gezielteren Einsatz der marketingpolitischen Instrumente Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu sichern. Zu den marketingpolitischen Instrumenten zählen die Preis-, die Produkt-, die Distributions- und die Kommunikationspolitik mit den Bereichen Werbung, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit und Sponsoring (vgl. Teil 3, Abschnitt 9.4 „Marketing"). Die Produktionsstrategie bietet dem neuen Unternehmen die Wahl zwischen verschiedenen Produktionstypen. In der Literatur wird generell zwischen zwei Produktionstypen unterschieden. Es kann durchaus zu einer feinen Unterteilung der Produktionstypen übergegangen werden. Die beiden generellen Produktionstypen sind in Abb. 33 charakterisiert. Es wird zwischen einem Produktionstyp für wenige Produkte (Typ 1) und einem Produktionstyp für viele Produkte (Typ 2) unterschieden (vgl. Abb.

33).

Die Innovationsstrategie baut darauf, daß ein neues Unternehmens sich durch die Verwirklichung einer Innovation einen Vorteil gegenüber bereits am Markt operierenden Unternehmen verschaffen kann. Innovationen sind als Produkt- und Verfahrensinnovation möglich. Eine Produktinnovation liegt vor, wenn ein neues Produkt auf den Markt gebracht wird. Von einer Verfahrensinnovation spricht man, wenn für ein bekanntes Produkt ein neues Produktionsverfahren (Produktionstechnik) in einem Unternehmen eingesetzt wird. Innovationen setzen in der Regel intensive Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung voraus.

134

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 33: Produktionstypen Anzahl der Produkte

Typ 1 (wenige)

Vielfalt der Produkte Absatzstruktur Produktionsprozeß Automatisierung Maschinen Intensität

Massenprodukte anonyme Marktproduktion Fließfertigung teilautomatisiert Spezialmaschinen anlageintensiv

Typ 2 (viele) Kleinserien, Einzelfertigung Auftragsfertigung Werkstattfertigung nicht- oder teilautomatisiert Universalmaschinen arbeitsintensiv

Quelle: Wolf, K.-H: Existenzgründung und Existenzsicherung, Bonn 1997, S. 89 Die Organisationsstrategie zielt darauf ab, eine bessere, effektivere und effizientere Aufbau- und Ablauforganisation für das neue Unternehmen zu finden, als sie bei den bisher am Markt aktiven Unternehmen realisiert wurde. Insbesondere ist der Erkenntnis Rechnung zu tragen, daß in den einzelnen Lebensphasen eines Unternehmens unterschiedliche Organisationsformen angemessen sein können (vgl. Teil 2, Abschnitt 4.9.1.4). Die Unternehmensführungsstrategie ist umfassender und will für das neue Unternehmen eine bessere, effektivere und effizientere Unternehmensführung, bestehend aus Unternehmensplanung, Unternehmensorganisation und Unternehmenskontrolle, verwirklichen als es die Konkurrenten bisher konnten (vgl. Teil 3, Abschnitt 6, 7 und 8). Zusammenfassend kann man alle genannten Strategien als Benchmarking bezeichnen. Benchmarking geht davon aus, daß ein Unternehmen das bessere, erfolgreichste Unternehmen am Markt analysiert und Strategien entwickelt und realisiert, um dieses zu übertreffen. Eine Methode zur Ableitung von Strategien und insbesondere von Strategien der Unternehmensplanung ist in Teil 3, Abschnitt 6.6.2.1 dargestellt. 4.13.2 Die Qualitätsstrategie Die Qualitätsstrategie hat, seit im Rahmen der Logistikkonzepte das „Total Quality Management" propagiert wird, für viele Unternehmen einen hohen Stellenwert. Die Verwirklichung der Qualitätsstrategie ist in vielen Fällen eine Voraussetzung für Unternehmen, um in Logistikkooperationen vertraglich eingebunden zu werden. Ausgangspunkt der Qualitätsstrategie sind in den U.S.A. und Japan entwickelte Qualitätskonzepte, auf die im folgenden einzugehen ist. Der amerikanische Ingenieur Crosby soll als einer der ersten erkannt haben, daß in einem Unternehmen nur etwa 10 Prozent der Fehler in der Produktion und in der Regel mehr als 90 Prozent der Fehler in anderen Unternehmensbereichen gemacht werden. Diese Erkenntnis war Anlaß, das Konzept der Qualitätssicherung auf das gesamte Unternehmen auszudehnen.

Unternehmensgründung

135

Die Entwicklung umfassender Qualitätskonzepte wird vor allem Crosby, 5 9 Deming, 6 0 Feigenbaum 6 1 und Juran 6 2 zugeschrieben. Auf der Basis des Konzeptes der Qualitätssicherung wurde in den USA in den 70er Jahren das Konzept des "Total Quality Control" (TQC) bzw. des "Company wide Quality Control" ( C Q C ) entwickelt. In Japan ging man noch einen Schritt weiter und bezog sich nicht nur auf die Qualitätsund Prozeßkontrolle im gesamten Unternehmen, sondern faßte auch die Managementaufgabe unter die Qualitätssicherung. Es entstanden in Japan zu Beginn der 80er Jahre erste Ansätze des "Total Quality Management" (TQM). Als Wegbereiter dieser Konzepte wird Ishikawa 6 3 angesehen. Unter "Total Quality Management" wird ein integrierter, auf das gesamte Unternehmen ausgerichteter Führungsansatz verstanden. Es besteht eine Identifikation der Unternehmensleitung mit der Qualitätsphilosophie, und das Qualitätsziel ist in das Zielsystem der Unternehmenspolitik integriert. Mit Hilfe der Managementinstrumente setzt die Unternehmensleitung das Qualitätsbewußtsein auf allen Unternehmensebenen durch, so daß das Konzept "Total Quality Management" im gesamten Unternehmen realisiert wird. Im Gegensatz zur Qualitätssicherung, die ausschließlich auf die Realisierung der objektiven (technischen), durch Normen festgelegten Qualität ausgerichtet ist, ist das Konzept "Total Quality Management" auch kundenorientiert. Es werden die Qualitätsanforderungen des Kunden berücksichtigt. Sie sollen optimal erfüllt werden, so daß auch die subjektive Qualität im Konzept erfaßt wird. Diese generelle Beschreibung der unternehmensweiten Qualitätspolitik, die schließlich zum "Total Quality Management" geführt hat, trifft selbstverständlich nicht alle Facetten, die die verschiedenen Autoren ihren jeweiligen Konzepten zuschreiben. Daher sollen kurz die Auffassungen einiger Autoren dargestellt werden, um die Unterschiede und Schwerpunkte zu verdeutlichen. In der Regel sind die Unterschiede und Schwerpunkte von der Qualitätsdefinition des Autors abhängig. Crosby 6 4 geht von vier Geboten aus, um die Qualität im Unternehmen anzustreben:

59

V g l . C r o s b y , P.B.: Quality is Free. T h e Art o f M a k i n g Quality Certain, N e w York 1979;

vgl. auch Crosby, P.B.: Qualität 2 0 0 0 , M ü n c h e n , W i e n 1 9 9 4 60

Vgl. D e m i n g , W.E.: Out of the Crisis: Quality, Productivity and C o m p e t i t i v e Position, Cambridge

(Mass.) 1986 61

Vgl. F e i g e n b a u m , A . V . : Total Quality Control, 3. Aufl., N e w York u.a. 1 9 8 3

62

V g l . Juran, J.M.: Juran's Quality Control H a n d b o o k , 4. Aufl., N e w Y o r k 1 9 8 8 ;

v g l . auch Juran, J.M.: Der neue Juran - Qualität v o n A n f a n g an, Landsberg/Lech 1 9 9 3 63

V g l . Ishikawa, K.: Quality Control in Japan, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 52. Jg. ( 1 9 8 2 ) , S.

1 1 0 4 - 1107; v g l . auch Ishikawa, K.: What is Total Quality Control, E n g l e w o o d Cliffs ( N . J . ) 1985 64

V g l . Crosby, P.B.: Qualität ist machbar, 2. A u f l . , London u.a. 1990, S. 6 8 - 9 3 ;

vgl. auch Crosby, P.B.: Qualität 2 0 0 0 , S. 2 8 ff., 4 3 ff., 6 0

ff., 140, 146

136

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

(1) Qualität ist Erfüllung von Anforderungen, (2) Qualität wird durch vorbeugende Maßnahmen und nicht durch Prüfung erzielt, (3) Qualität wird durch die Erfüllung der Null-Fehler-Strategie (zero-defect-strategy) verwirklicht und (4) Qualität ist erreicht, wenn die Kosten für die Nichterfüllung der Anforderungen abgebaut sind. Das Qualitätsmanagementkonzept von Crosby basiert auf drei Grundprinzipien: die Mitarbeiter zum Erfolg fuhren, die Lieferanten zum Erfolg führen und die Kunden zum Erfolg führen. Für die Einführung eines unternehmensweiten Qualitätskonzepts hat Deming 6 5 ein Vierzehnpunkteprogramm aufgestellt, das entsprechende Handlungsanweisungen für Betriebe enthält. Die wichtigsten Punkte sind die Einbeziehung des T o p Managements und die Erfassung der Qualitätsanforderungen der Nachfrager sowie die Durchführung der Qualitätskontrolle mit Hilfe statistischer Methoden. Ein sehr umfassendes Konzept der unternehmensweiten Qualitätskontrolle legt Feigenbaum 6 6 vor. Dieses Konzept läßt sich in 40 Prinzipien komprimieren. Es enthält viele Elemente, die sich auch in Konzepten anderer Autoren finden. Feigenbaum 6 7 hat durch seinen 1956 erschienenen Artikel zum Thema "Total Quality Control" viele Autoren beeinflußt. Die wichtigsten Elemente in Feigenbaums Qualitätskonzept sind: 68 (1) Qualität wird durch die Anforderungen der Nachfrager bestimmt, (2) im Unternehmen ist jeder, vom Top Management bis zur operativen Ebene, für die Gewährleistung der Qualität verantwortlich, (3) Qualität wird nicht nur in der Produktion, sondern auch im Marketing, in der Entwicklung, der Konstruktion, dem Einkauf etc. erzeugt, (4) die einzelnen Abteilungen eines Unternehmens müssen gemeinsam Qualität erzeugen (interfunktionale Zusammenarbeit), (5) ein wichtiger Aspekt der Gewährleistung von Qualität sind die Qualitätskosten, und (6) zur Erzeugung von Qualität muß das soziale System berücksichtigt werden. Wesentlich einfacher ist die Qualitätskonzeption von Juran 6 9 . Für ihn ist Qualität "fitness for use". Damit will er sagen, daß ein Gut dann Qualität hat, wenn es die Anforderungen des Nachfragers erfüllt. Das ist der Fall, wenn das Gut gebrauchsbereit ist.

65

Vgl. Deming, W.E.: Out of the Crisis: Quality, Productivity and Competitive Position, S. 2 3 f.

66

Vgl. Feigenbaum, A.V.: Total Quality Control, S. 823 - 829

67

Vgl. Feigenbaum, A.V.: Total Quality Control, in: Harvard Business Review, Vol. 34 (1956), N o . 6,

S. 93 - 101 68

Vgl. Feigenbaum, A.V.: Total Quality Control ..., S. 11 - 25, insbes. S. 11 f., 22, 24

69

Vgl. Juran, J.M.: Der neue Juran - Qualität von Anfang an, insbes. S. 21, 27 ff., 196 f.;

vgl. auch Juran, J.M.: Juran's Quality Control Handbook

Unternehmensgründung

137

D a e s v i e l e N a c h f r a g e r m i t u n t e r s c h i e d l i c h e n A n f o r d e r u n g e n gibt, m u ß ein U n t e r n e h m e n überprüfen, ob die hergestellten Güter den Anforderungen der N a c h f r a g e r entsprechen. Die P r ü f u n g e r f o l g t m i t H i l f e d e r M a r k t f o r s c h u n g , die i h r e E r k e n n t n i s s e a n d i e A b t e i l u n g e n P r o d u k t e n t w i c k l u n g , F e r t i g u n g u n d V e r k a u f w e i t e r g i b t . S i n d d i e E r k e n n t n i s s e in d a s h e r g e s t e l l t e G u t u m g e s e t z t , ist d i e A b t e i l u n g M a r k t f o r s c h u n g w i e d e r an d e r R e i h e , d i e E r f ü l l u n g d e r A n f o r d e r u n g e n zu ü b e r p r ü f e n . J u r a n s p r i c h t d a h e r v o n e i n e r Q u a l i t ä t s s p i r a l e , m i t d e r e n H i l f e "fitness for use" erzeugt wird. Für das Qualitätsmanagement konstatiert Juran einen dreistufigen Prozeß (Trilogie), der sich a u s Q u a l i t ä t s p l a n u n g , Q u a l i t ä t s r e g e l u n g u n d Q u a l i t ä t s v e r b e s s e r u n g z u s a m m e n s e t z t . Die j a p a n i s c h e A u f f a s s u n g von unternehmensweiten Qualitätskonzepten wird durch die M e i n u n g v o n I s h i k a w a 7 0 d e u t l i c h . I s h i k a w a d e f i n i e r t s e c h s E l e m e n t e als B a s i s f ü r ein u n t e r nehmensweites Qualitätskonzept: ( 1 ) Q u a l i t ä t s t e h t an e r s t e r Stelle, (2) Qualität heißt, E r f ü l l u n g der A n f o r d e r u n g e n der K u n d e n , (3) Qualität wird nur durch Einbeziehung aller wichtigen betrieblichen Funktionen erreicht (interfunktionales Management, interfunktionale Teams), (4) Qualität wird letztendlich nur durch kontinuierliche Verbesserung erzielt ("kaizen"), (5) Qualität wird nur durch E i n b e z i e h u n g aller U n t e r n e h m e n s e b e n e n gewährleistet (partizipatives M a n a g e m e n t ) und (6) Qualität wird nur durch Berücksichtigung der Bedingungen des sozialen Systems verwirklicht. In d e r P r a x i s h a t d i e Q u a l i t ä t h e u t e e i n e g r o ß e B e d e u t u n g . D i e s e B e d e u t u n g wird v o r allem d u r c h d i e A n f o r d e r u n g e n an L o g i s t i k u n t e r n e h m e n d e u t l i c h . V o n

Logistikunternehmen

w i r d h e u t e e i n e q u a l i t a t i v h o c h w e r t i g e L e i s t u n g g e f o r d e r t . Die L o g i s t i k u n t e r n e h m e n m ü s s e n d a h e r Q u a l i t ä t s s i c h e r u n g u n d Q u a l i t ä t s m a n a g e m e n t b e t r e i b e n . D a s S c h l a g w o r t heißt - w i e gesagt - "Total Quality M a n a g e m e n t " . Die Logistikunternehmen müssen nicht nur eine qualitativ h o c h w e r t i g e Leistung erbringen, sondern auch durch eine Qualitätszertifizierung nachw e i s e n , d a ß sie in d e r L a g e s i n d , d a u e r h a f t q u a l i t a t i v h o c h w e r t i g e L e i s t u n g e n zu e r s t e l l e n und g e f o r d e r t e Qualitätsstandards zu erfüllen. Q u a l i t ä t s ü b e r w a c h u n g s - und Qualitätsüberprüf u n g s i n s t i t u t i o n e n m i t e n t s p r e c h e n d e n D a c h o r g a n i s a t i o n e n sind in d e n letzten J a h r e n w e l t weit entstanden. U m d e n Q u a l i t ä t s g e d a n k e n zu v e r b r e i t e n und d i e G ü t e r q u a l i t ä t s t ä n d i g z u haben die Qualitätsinstitutionen aus N o r d a m e r i k a , Japan und E u r o p a den

verbessern,

Weltqualitätstag

ins L e b e n g e r u f e n . S e i t 1989 ist d e r z w e i t e D o n n e r s t a g im N o v e m b e r W e l t q u a l i t ä t s t a g . D i e U n t e r n e h m e n s o l l e n an d i e s e m T a g an d i e s t ä n d i g e V e r b e s s e r u n g d e r Q u a l i t ä t i h r e r L e i s t u n gen erinnert werden.

70

Vgl. Ishikawa, K.: Quality Control in Japan, S. 1104 - 1107;

vgl. auch Ishikawa, K.: What is Total Quality Control

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

138

Bei der dargestellten Forderung nach ständiger Qualitätsverbesserung entsteht notgedrungen die Frage, w a r u m diese massive Forderung nach Qualität besteht. Es könnte der Eindruck entstehen, die bisher auf dem Weltmarkt angebotenen Güter seien qualitativ minderwertig. Da dies sicherlich nicht der Fall ist, muß die aktuelle Forderung nach Qualität einen anderen Grund haben. Der Grund für die Forderung nach Qualität ergibt sich aus den Anforderungen des Logistikkonzepts "Just-in-Time". "Just-in-Time" funktioniert nur, wenn die einzelnen Logistikpartner in der Logistikkette die von ihnen geforderte Leistung in der gewünschten Qualität erbringen. Folgendes Beispiel dient der Verdeutlichung des Zusammenhangs: Autos werden heute "Just-in-Time" produziert. Die einzelnen Automobilzulieferer liefern die Autoteile bis an die Produktionsstraße. Zum Teil sind sie auch bereits für die Montage der Zulieferteile zuständig. Die "Just-in-Time"-Produktion eines Autos kann nur funktionieren, wenn die Zulieferteile keine Fehler aufweisen. Ein Fehler bedeutet schlechte Qualität, aber auch, daß die Produktionsstraße angehalten werden muß, bis ein neues fehlerloses Zulieferteil herbeigeschafft worden ist. Der Stillstand einer Automobilproduktionsstraße ist mit hohen Kosten verbunden. Diese Kosten übersteigen die Kosten f ü r das Zulieferteil und in der Regel auch die Kosten der Qualitätssicherung sowie des Qualitätsmanagements. Ein schlechter Qualitätsstandard der Zulieferteile verursacht aber nicht nur Kosten, sondern beeinträchtigt das hinter dem Logistikkonzept "Just-in-Time" stehende Rationalisierungsbestreben. Die Beeinträchtigung des Rationalisierungsbestrebens wird bewußt und in seiner Bedeutung einschätzbar, wenn

man sich das

Rationalisierungskriterium

des

"Just-in-Time"-

Konzeptes in Erinnerung ruft. Das Rationalisierungskriterium ist die Zeit und die mit ihr verbundenen Kosten. Das heißt, Nachbesserungen zur Herstellung der geforderten Qualität der Zulieferteile beanspruchen auf alle Fälle Zeit und verwässern damit nicht nur das Rationalisierungskonzept "Just-in-Time", sondern bewirken seine Funktionsunfahigkeit. Der Qualitätsgedanke und die Erfüllung der geforderten Qualitätsnormen hat daher im Rahmen der Logistik einen sehr hohen Stellenwert. Die Produzenten verlangen von ihren Zulieferern die Qualitätszertifizierung, also den Nachweis, daß sie dauerhaft die gewünschte Qualitätsnorm erfüllen können. Dieser Zusammenhang sei noch einmal am Beispiel einer Spedition verdeutlicht: Speditionen werden heute meist Logistikdienstleister genannt. Ihre Aufgabe ist es, u.a. die Zulieferteile vom Zulieferer zum Produzenten "Just-in-Time " zu transportieren. Das "Just-in-Time"-Konzept kann nur funktionieren, wenn die Zulieferteile zur rechten Zeit unbeschädigt beim Produzenten an der Produktionsstraße angeliefert werden. Wichtig ist, hervorzuheben, daß die rechtzeitige Zulieferung nicht "schnell fahren", sondern rechtzeitig losfahren heißt. Doch leider wird gerade im Transportbereich das Logistikkonzept "Just-in-Time" noch häufig falsch interpretiert und als schnell fahren mißverstanden. Dies hat das "Just-in-Time"-Konzept insbesondere bei Umweltschützern und Verkehrssicherheitsexperten

in Mißkredit gebracht. Verspätete, beschädigte und verunfallte

Transporte bewirken einen Stillstand der Produktionsstraße und sind daher, im Rahmen der "Just-in-Time"-Kooperation von Logistikunternehmen zu vermeiden. Von den Speditionen

Unternehmensgründung

139

wird folglich eine qualitativ hochwertige Leistung gefordert. Speditionen müssen durch Zertifizierung nachweisen, daß sie das geforderte qualitativ hohe Leistungsniveau auf Dauer halten können. Eine nicht zertifizierte Spedition hat heute Schwierigkeiten, in Logistikkooperationen eingebunden zu werden. Die Richtlinien für die Zertifizierung sind in der DIN EN ISO 9000 bis 9004 festgelegt. DIN steht für Deutsches Institut für N o r m u n g und ISO für International Standard Organisation. Die Klassifizierung DIN ISO besagt, daß der deutsche und der internationale Standard gleich sind. Diese Richtlinien für die Qualitätsanforderungen sind internationaler Standard, der auch für die Europäische Union in Form der Europäischen Norm, abgekürzt EN, gilt. Bei diesen Richtlinien handelt es sich um branchenunabhängige Leitfäden zur Einführung eines Qualitätsmanagements.

4.13.3 Die Veränderung der Strategien im Verlaufe des Unternehmenslebenszyklus Mit der Veränderung der Unternehmenspolitik und der Unternehmensziele, die der Situation des Unternehmens in den einzelnen Phasen des Unternehmenslebenszyklus anzupassen sind, verändern sich auch die Strategien eines Unternehmens. In den einzelnen Phasen des Unternehmenslebenszyklus sind spezielle auf die Unternehmensgründung, die Unternehmensführung, die Unternehmenserweiterung, die Unternehmenssanierung und die Unternehmensauflösung bezogene Strategien für ein Unternehmen relevant.

140

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Kontrollfragen zu Teil 2 1. Welche Anlässe können zur Unternehmensgründung führen? 2. Nennen Sie für die Unternehmensgründung wichtige Förderprogramme! 3. Welche Bedeutung hat die Marktanalyse für die Unternehmensgründung? 4. Nennen Sie wichtige Gründungsentscheidungen! 5. W a s versteht man unter Unternehmensphilosophie und unter Unternehmenskultur? 6. Skizzieren Sie eine Zielhierarchie für ein Unternehmen! 7. Unterscheiden Sie monetäre und nichtmonetäre Unternehmensziele! 8. Welche Bedeutung haben Indikatoren? 9. Welche Vorteile bietet die Rechtsform der stillen Gesellschaft für ein Unternehmen? 10. Welche Vorteile bietet die Rechtsform der GmbH f ü r ein Unternehmen? 11. Welche Vorteile bietet die Rechtsform der AG für ein Unternehmen? 12. Beschreiben Sie die grundsätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten für ein Unternehmen! 13. Nennen Sie die wichtigsten Standortfaktoren (-kriterien)! 14. Nennen Sie Methoden der Standortplanung! 15. Skizzieren Sie ein dreistufiges Einliniensystem der Aufbauorganisation! 16. Skizzieren Sie ein zweistufiges Mehrliniensystem der Aufbauorganisation! 17. Skizzieren Sie ein dreistufiges verrichtungsorientiertes System der Aufbauorganisation! 18. Skizzieren Sie ein dreistufiges objektorientiertes System der Aufbauorganisation! 19. Charakterisieren Sie die Matrixorganisation! 20. W a s versteht man unter einer Tensororganisation? 21. Welche Gründungsformalitäten hat ein Unternehmensgründer zu beachten? 22. A u f welchen Strategien kann eine Unternehmensgründung beruhen? 23. W a s versteht man unter der Kostenführerschaftsstrategie?

3. Teil: Unternehmensführung/Management Die zweite Phase des Unternehmenslebenszyklus ist die Unternehmensfiihrung. Das in der ersten Phase gegründete Unternehmen muß von der Unternehmensleitung erfolgreich durch die „Klippen" des sich ständig verändernden Umfeldes geführt bzw. gemanagt werden. Um diese Aufgabe zu erfüllen, hat die Unternehmensleitung eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen, auf die im folgenden näher einzugehen ist. Dynamische, internationale (weltweite, globale) Märkte mit wachsendem Konkurrenzdruck und schnell voranschreitendem technischen Fortschritt erfordern spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten der Unternehmensleiter/Manager hinsichtlich der Unternehmensführung. Unternehmensleiter/ Manager können sich nicht nur auf ihr Gespür bzw. Gefühl für den Markt verlassen. Sie benötigen Informationen und Methoden, um im Rahmen einer systematischen Unternehmensfiihrung die richtigen Entscheidungen zu treffen. Aufgrund einer Reihe von gravierenden Veränderungen des Umfeldes, ist eine steigende Bedeutung der systematischen Unternehmensfiihrung zu erkennen. Zu diesen Veränderungen zählen: der EG/EU-Binnenmarkt, die Deutsche Vereinigung, die politische und wirtschaftliche Umorientierung des Ostblocks, die Erhöhung des internationalen Wettbewerbs durch erstarkende Schwellenländer, die Veränderungen der Weltwirtschaftsordnung, die Globalisierung der Märkte, die Sättigung vieler Märkte, die kürzeren Produktlebenszyklen, die steigenden Ansprüche der Nachfrager (Anforderungen an die Qualität der Produkte) und die verstärkte Diskussion der Umweltsituation. Die gestiegene Bedeutung der systematischen Unternehmensführung erfordert entsprechende Reaktionen der Unternehmensleitungen. Die Unternehmensleiter müssen eine spezielle Verhaltensweise zeigen, die von Porter' wie folgt beschrieben wird: (1) Unternehmensleiter glauben an den Wandel. Sie wissen, wie der Wettbewerb verändert werden kann. Sie akzeptieren bei der Durchsetzung der Veränderungen keine Beschränkungen. (2) Unternehmensleiter geben ihrem Unternehmen die Kraft, um sich den Aufgaben des Wettbewerbs zu stellen, um anspruchsvolle Bedürfnisse der Nachfrager zu erfüllen und um vor allem Fortschritte zu machen. (3) Unternehmensleiter finden für ihr Unternehmen die entsprechenden Wege, um Engpässe zu beseitigen, die den Informationsfluß erschweren und Innovationen behindern. (4) Unternehmensleiter bremsen und bewirken auch Zwänge von außen, um Wandel zu induzieren. (5) Unternehmensleiter legen Wettbewerb sehr weit aus und sehen ihr nationales Umfeld als Bestandteil des Wettbewerbserfolges an. (6) Sie tun alles, um dieses Umfeld zu verbessern und geeignete (oft schwerwiegende) staatliche Maßnahmen zu erwirken. (7) Unternehmensleiter werden daher häufig mit Staatsmännern verglichen, obwohl sie ihr Handeln anders betreiben als Staatsmänner. (8) Unternehmensleiter denken im internationalen Kontext, wenn sie ihren wahren Wettbewerbsvorteil bemessen und die Strategien festlegen, um ihren Wettbewerbsvorteil zu erhöhen. ' Vgl. Porter, M.E.: Nationale Wettbewerbsvorteile, Wien 1993, S. 55 ff., 154, 596 ff., 633

142

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Porter ist der Meinung, daß das von ihm aufgezeigte Führungsverhalten in vielen Unternehmen verloren gegangen ist. Seiner Meinung nach schätzen zu viele Unternehmen und zu viele Manager die wahren Grundlagen des Wettbewerbsvorteils falsch ein. Sie beschränken sich auf die Verbesserung des finanziellen Ergebnisses, gehen den Staat um Hilfe an und suchen Stabilität durch Bündnisse (strategische Allianzen) zu erreichen. Zudem sind sie bestrebt, Fusionen mit Konkurrenten herzustellen. Porter glaubt, daß diese Art der Unternehmensführung weder für die Unternehmen noch für ihr Heimatland gut ist. Seiner Meinung nach erfordert die Wettbewerbswirklichkeit heute ein gezielteres Vorgehen. Unternehmensführung nach Porter heißt, sein Unternehmen so zu fuhren, daß es im (internationalen) Wettbewerb Vorteile hat. Das wesentliche Instrument, um Wettbewerbsvorteile zu schaffen, sind Innovationen, die Wandel mit sich bringen! Porter empfiehlt eine Unternehmensstrategie bzw. eine Strategie der Unternehmensfuhrung, die die folgenden Erkenntnisse berücksichtigt: (1) Ein Wettbewerbsvorteil ergibt sich prinzipiell aus Verbesserung, Innovation und Veränderung. (2) Ein Wettbewerbsvorteil erstreckt sich auf die gesamte Wertschöpfungs-(Logistik-)kette. (3) Ein Wettbewerbsvorteil ist nur durch ständige Verbesserung (japanisch: „kaizen ") zu erhalten. (4) Die Erhaltung eines Wettbewerbsvorteils erfordert, daß seine Quellen ausgeschöpft werden. (5) Die Erhaltung eines Wettbewerbsvorteils bedarf nicht zuletzt eines globalen Strategieansatzes. Ein Unternehmen sollte nach Porter nicht dem Wettbewerbsdruck ausweichen, sondern die Herausforderung des Wettbewerbs suchen. Es sollte dazu u.a. folgende Möglichkeiten nutzen: (1) An die anspruchsvollsten Kunden und Vertriebskanäle verkaufen. (2) Die Kunden mit den schwierigsten Bedürfnissen auswählen. (3) Normen aufstellen, die die strengsten Bestimmungen oder Produktstandards übertreffen (Motto: doppelt so gut und halb so teuer). (4) Sich bei den fortschrittlichsten und auch international ausgerichteten Zulieferern des Inlandes eindecken. (5) Beschäftigte als Dauermitarbeiter behandeln. (6) Herausragende Wettbewerber zum Vorbild nehmen (Benchmarking). (7) Die Kunden und Absatzkanäle mit den Bedürfnissen, die sich am stärksten an der Zukunft orientieren, erkennen und beliefern. (8) Alle auftretenden neuen Kunden oder Absatzkanäle prüfen. (9) Die Standorte wählen, deren Bedingungen denen anderer Orte überlegen sind (z.B. Orte mit höheren Umweltstandards, höherer sozialer Sicherheit). (10) Trends bei den Faktorkosten entdecken und ausnutzen. (11) Ständige Beziehungen zu Forschungszentren und den besonders begabten Wirtschaftssubjekten pflegen. (12) Alle Konkurrenten studieren, vor allem die neuen und unkonventionellen. (13) Einige Außenseiter in das Führungsteam integrieren. Die Ausführungen von Porter zur Unternehmensführung sind geeignet, das Verhalten der Unternehmensleiter zu beeinflussen. Für die Unternehmensführung benötigen die Unternehmensleiter aber nicht nur eine spezielle Einstellung, sondern auch Kenntnisse über die Aufgaben und Instrumente der Unternehmensführung. Auf die Aufgaben und Instrumente der Unternehmensführung ist im folgenden unter dem Titel „Grundlagen der Unternehmensführung" einzugehen.

Unternehmensführung

143

5. Grundlagen der Unternehmensführung In den Grundlagen der Unternehmensführung sind die Basis, die Aufgaben und die Instrumente der Unternehmensführung zu behandeln. Nach den Grundlagen sind dann die allgemeinen Bereiche der Unternehmensführung zu erörtern. Dies sind die Bereiche Unternehmensplanung, Unternehmensorganisation und Unternehmenskontrolle. Aus diesen Bereichen der Unternehmensfuhrung ergibt sich auch die Definition von Unternehmensführung. Danach ist Unternehmensfuhrung die Planung, Organisation und Kontrolle der Prozesse bzw. A b l ä u f e in einem Unternehmen.

5.1 Basis und Aufgaben der Unternehmensführung Die Basis der Unternehmensführung ist der Produktionsfaktor Arbeit bzw. die menschliche Arbeitskraft, der bzw. die in diesem Fall dispositiv eingesetzt wird. Der Produktionsfaktor Arbeit wird also nicht objektbezogen zur Erstellung eines Gutes eingesetzt, sondern zur Gestaltung der im Unternehmen ablaufenden Prozesse. Um die Funktion der Arbeit als Träger der Unternehmensführung zu erläutern, wird zunächst einmal das Unternehmen als System von Produktionsfaktoren mit unterschiedlichen Aufgaben dargestellt. Das Unternehmen ist ohne Menschen nicht denkbar. Es ist daher als soziales System mit Handlungsautonomie aufzufassen. Die in einem Unternehmen ablaufenden Aktivitäten lassen sich schematisch darstellen. Das Unternehmen ist ein System von Produktionsfaktoren, in dem aus den Produktionsfaktoren, auch als Input klassifiziert, Endprodukte hergestellt werden, die man als Output bezeichnet. Mit Hilfe von Input (Produktionsfaktoren) wird in einem Transformationsprozeß (Produktionsprozeß) Output (Endprodukte) erzeugt. Es werden Güter (Sachgüter und Dienstleistungen) produziert. In dem Produktionssystem Unternehmen werden die im folgenden genannten Produktionsfaktoren zur Produktion von Gütern benötigt: Arbeit, Boden und Kapital. Die Produktionsfaktoren werden häufig auch als Elementarfaktoren bezeichnet. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird neben der oben dargestellten Klassifizierung der Produktionsfaktoren auch die folgende Unterteilung der Produktionsfaktoren vertreten:

Arbeit, Betriebsmittel

und Werkstoff. Auf der Grundlage dieser Klassifizierung 2 der Produktionsfaktoren läßt sich eine Systematik erarbeiten, die die Aufgaben bzw. Einsatzarten (-möglichkeiten) der Produktionsfaktoren verdeutlicht. 2

Die Klassifizierung der Produktionsfaktoren wird u.a. von Gutenberg vertreten. Sie wurde allerdings

von vielen Autoren variiert. Vgl. u.a. H o p f e n b e c k , W.: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, 9. Aufl., Landsberg/Lech 1995, S. 43; Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 9; Pelz, W.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, München, Wien 1995, S. 34

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Bei detaillierter Betrachtung der Produktionsfaktoren ergibt sich die folgende Systematik: Arbeit zeigt sich in dieser Systematik als der einzige Produktionsfaktor der objektbezogen und dispositiv eingesetzt werden kann. Für die Unternehmensfiihrung ist Arbeit als dispositiver Faktor von Bedeutung. Man kann die Bedeutung des Produktionsfaktors Arbeit für die Unternehmensfiihrung noch besser ausdrücken, wenn man sagt, Unternehmensfiihrung bzw. strategische Planung ist dispositive Arbeit. • Betriebsmittel werden für die Produktion des Endprodukts benötigt, gehen aber nicht in das Endprodukt ein; • W e r k s t o f f e gehen bei der Produktion in das Endprodukt ein. Die Möglichkeit den Produktionsfaktor Arbeit objektbezogen und dispositiv einzusetzen, erwächst aus der Fähigkeit des Menschen zu denken und aus dem Ehrgeiz des Menschen, Gedachtes auch in die Tat umzusetzen, sich selbst zu verwirklichen. Es folgt die doppelte Verwendbarkeit des Produktionsfaktors "Arbeitskraft". Von „objektbezogener Arbeit" spricht man, wenn vom Produktionsfaktor Arbeit die Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten gefordert werden, die unmittelbar für die Leistungserstellung, die Leistungsverwertung und f ü r die Abwicklung finanzieller Aufgaben notwendig sind. Allgemein ausgedrückt handelt es sich um ausführende Tätigkeiten. Als Beispiele können die folgenden Tätigkeiten aufgezählt werden: die Arbeit an einer Hobel-, Dreh- oder Werkbank, die Arbeit eines Buchhalters, Lagerarbeiters etc., die Führung einer Verhandlung zur Sachmittelbeschaffung oder zum Verkauf von hergestellten Gütern. Der Produktionsfaktor Arbeit wird hingegen als „dispositive Arbeit" eingesetzt, wenn es darum geht, Arbeiten auszuführen, die im Zusammenhang mit der Leitung und Lenkung der betrieblichen Vorgänge stehen. Zudem muß die Befugnis, Anweisungen zu erteilen, mit diesen Arbeiten verbunden sein. Arbeit als dispositiver Faktor wird also für die Unternehmens-, Geschäfts- bzw. Betriebsleitung eingesetzt. Aus dieser zentralen Stellung des dispositiven Produktionsfaktors Arbeit im betrieblichen Geschehen lassen sich seine Aufgaben ableiten (derivare, lat. "ableiten"). Dies sind die folgenden vier abgeleiteten bzw. derivativen Aufgaben: (1) Leitung: Lenkung des Unternehmens in gewünschte Bahnen mittels Weisung und Vorgabe von globalen Führungsinformationen wie Unternehmensphilosophie, Unternehmensziele, Unternehmensgrundsätze, Unternehmensstrategien, Führungsstil, Managementtechnik etc. (2) Planung: Entwurf einer Ordnung, in der die im Unternehmen stattfindenden Prozesse ablaufen sollen, um die vorgegebenen Ziele mit einem bestimmten Genauigkeitsgrad zu erreichen. Es werden die hinsichtlich der einzelnen Ziele zu erreichenden Werte, die Planbzw. S o l l w e r t e , festgelegt. (3) Organisation: Umsetzung von gezielten (geplanten) Handlungen in den konkreten betrieblichen Prozessen, um die gesetzten Plan- bzw. Sollwerte zu realisieren. Hierzu ist - wie in Teil 2 gezeigt - eine A u f b a u - und Ablauforganisation notwendig.

Unternehmensführung

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(4) Kontrolle: Ermittlung der Ergebnisse (Istwerte) der betrieblichen Prozesse unter Berücksichtigung der speziellen Handlungen und Überprüfung der Ergebnisse an den Plan- bzw. Sollwerten (Soll-Ist-Vergleich), um den Handlungserfolg festzustellen und daraus Rückschlüsse für neue Handlungen abzuleiten. Die vier Aufgaben des dispositiven Produktionsfaktors Arbeit stehen in einem Beziehungszusammenhang. Es zeigen sich sogenannte Vor- und Rückkoppelungen. Die Rückkopp l u n g e n ergeben sich aus der vierten A u f g a b e der Kontrolle, die nur Sinn macht, wenn die Ergebnisse der Kontrolle auch in der auf die Kontrolle folgenden Wirtschaftsperiode im Unternehmen umgesetzt werden. Als Fazit ist festzuhalten, daß der dispositive Produktionsfaktor Arbeit die produktive Kraft im Unternehmen darstellt, die den betrieblichen Leistungserstellungs- und Verwaltungsprozeß in Bewegung setzt, für die Ausrichtung verantwortlich ist und die ausgewählte Richtung verfolgen bzw. ansteuern muß. Diese Aufgabenzuordnung wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur allgemein mit dem Begriff "Unternehmensführung", "Management" oder auch „strategische Planung" belegt. Die Unternehmensführung unterteilt sich in zwei Gebiete, in denen die aufgeführten Aufgaben zu erfüllen sind: die personenbezogene Führungsaufgabe (Menschenführung) und die sachbezogene Führungsaufgabe. Außer den beiden Gebieten der Unternehmensführung sind drei Ebenen zu erwähnen, auf denen die Unternehmensführung aktiv wird. Dies sind die folgenden Ebenen: die Güter-, die Prozeß- und

die Systemebene. Durch Kombination der

Gebiete und Ebenen der Unternehmensführung erhält man die Aktivitätsfelder der Unternehmensführung. 1 Um den Tatbestand der Unternehmensführung noch konkreter zu beschreiben, sollen die Eigenschaften von Unternehmensführungsentscheidungen näher charakterisiert werden. Führungsentscheidungen werden im allgemeinen an den folgenden fünf Merkmalen festgemacht: - Sie haben ein hohes Maß an Selbständigkeit, Entscheidungsbefugnis und Verantwortung, - es sind richtungsweisende Grundsatzentscheidungen, - die hohe Bedeutung für Bestand und Erfolg des Unternehmens besitzen, - es sind komplexe Entscheidungen, die die Kenntnis des Gesamtzusammenhangs erfordern, - die Entscheidungen sind zudem nicht auf untergeordnete Mitarbeiter delegierbar. Um ihre Aufgaben in den aufgezeigten Feldern zu erfüllen, stehen der Unternehmensführung eine Reihe von Instrumenten (Mitteln) zur Verfügung. Die unten dargestellten Instrumente nutzt die Unternehmensführung zur zielorientierten Gestaltung und Steuerung des sozialen Systems Unternehmen. Die Unternehmensführung hat zu entscheiden, welche Instrumente sie in welchem Umfang zur Erreichung der gesetzten Ziele anwendet. Durch die Führungsentscheidungen zum Einsatz der Instrumente wird die Unternehmenspolitik gestaltet. Die Instrumente bilden die Hilfsmittel der Unternehmenspolitik. 1

Vgl. u.a. Kuhn, A.: Unternehmensfiihrung, S. 2 f.

146

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

5.2 Instrumente der Unternehmensführung Die Instrumente, die den Unternehmensleitern für die Unternehmensfiihrung zur V e r f ü g u n g stehen, sind die Unternehmensfuhrungstheorien, die Führungsstile, das Managementgrid (Verhaltensgitter) und die Managementtechniken.

Diese vier Instrumente haben unter-

schiedliche Bedeutung für die Unternehmensführung. Die Unternehmensfuhrungstheorien gelten als nicht ausreichend fundiert, um auf ihrer Basis Unternehmensführung betreiben zu können. Daher kommt den anderen drei Instrumenten mehr Bedeutung zu. Dennoch sind die Unternehmensfuhrungstheorien darzustellen, um die unterschiedlichen Ansatzpunkte aufzuzeigen.

5.2.1 Unternehmensführungstheorien Bevor auf die verschiedenen Unternehmensfuhrungstheorien eingegangen wird, ist zu klären, was unter Führung zu verstehen ist. Dabei werden die Begriffe Führung und Unternehmensf ü h r u n g gleichgesetzt. Der Begriff Führung wird in der Literatur mindestens in zweierlei Weisen bzw. verschiedenen Inhalten benutzt. 4 Führung wird in einer weiten und einer engen Begriffsauslegung verwendet. Die weite Begriffsauslegung setzt Führung gleich mit Beeinflussung, Steuerung und Lenkung von Institutionen oder Systemen, wie z.B. einer Unternehmung. Die enge Begriffsauslegung versteht unter Führung die Beeinflussung von Personen oder Mitarbeitern. Beide Auslegungen haben im Rahmen der Unternehmensführung ihre Bedeutung. Zunächst wird von der engen Begriffsauslegung ausgegangen. Bei der Erörterung von Unternehmensfuhrungstheorien, Führungsstilen, dem Managementgrid und den

Manage-

menttechniken wird der Begriff Führung auf die Beeinflussung von Mitarbeitern eines Unternehmens bezogen. Dabei wird unter Personen- bzw. Mitarbeiterführung die zielbezogene, interpersonelle Verhaltensbeeinflussung durch Kommunikation verstanden. Die K o m m u n i kation findet in Form von Aufträgen, Anweisungen, Empfehlungen, Vorschlägen, Lob, Tadel etc. statt. Obwohl es eine umfangreiche Literatur zur Personen- und Mitarbeiterführung gibt, liegt bis heute keine übergreifende Auswertung und keine Ausarbeitung einer geschlossenen Führungstheorie vor. Statt der Erörterung einer Führungstheorie kann daher nur eine Darstellung der wesentlichen Ansätze zur Entwicklung einer Führungstheorie erfolgen. Als die wesentlichen Ansätze zur Entwicklung einer Führungstheorie werden die Eigenschaftstheorien, die Verhaltenstheorien, die Situationstheorien und die Interaktionstheorien 5 angesehen. Diese vier generellen Ansätze sind im folgenden zu behandeln.

4

Vgl. u.a. Kuhn, A.: Unternehmensfiihrung, S. 1 f.

5

Vgl. Jung, H.: Personalwirtschaft, München, Wien 1995, S. 4 0 7 ff.

Unternehmensführung

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Die Eigenschaftstheorien (Trait Approach) werden als die ältesten Führungstheorien angesehen. Basis der Eigenschaftstheorien ist die Annahme, daß nur die Person Führungsperson sein kann, die die Eigenschaften aufweist, die als Führungseigenschaften eingestuft werden. G e m ä ß dieser Theoriengruppe entscheidet die Persönlichkeitsstruktur eines Menschen über seine Fähigkeit, Führungsperson zu sein. In empirischen Untersuchungen konnte die Gültigkeit der Eigenschaftstheorien bisher nicht untermauert werden. Die Versuche scheiterten an der Bestimmung allgemeingültiger Führungseigenschaften. Die Verhaltenstheorien (Behavioral Approach) versuchen, das Verhalten von erfolgreichen Führungspersonen zu erklären, statt ihre Eigenschaften aufzulisten. Allerdings konnte auch diese Theoriegruppe keine geschlossene Führungstheorie entwickeln, da keine eindeutigen Verhaltensmuster f ü r den Führungserfolg identifiziert werden konnten. Eine beachtliche Weiterentwicklung in der Erklärung der Führung gelang im Rahmen der Situationstheorien (Situational Contingency Approach). Diese Theorien beruhen auf der Annahme, daß Führung von situativen Einflußfaktoren abhängig ist. Für die Unternehmensfuhrung wurden fünf Gruppen von Einflußfaktoren als bedeutsam herausgearbeitet. Dies sind personenspezifische Einflüsse, aufgabenspezifische Einflüsse, Positionsmacht, Mitarbeiterbeziehungen und sozio-kulturelle Umfeldeinflüsse. Die Interaktionstheorien können als die am weitesten entwickelten Führungstheorien eingestuft werden. Sie basieren auf der Annahme, daß es Interaktionen zwischen Führern und Geführten gibt. Diese Interaktionen werden neben den situativen Einflußfaktoren zur Erklärung von Führung herangezogen. Als Vorteil dieser Theoriegruppe wird die Einbeziehung aller f ü r die Führung bedeutsamen Größen erwähnt. Aufgrund dieses Vorteils ergibt sich eine mangelnde Operationalität dieser umfassenden Theorien mit dem deutlichen Nachteil, daß keine direkt praxisrelevanten Handlungsanweisungen abgeleitet werden können. Da keine geschlossene Führungstheorie bekannt ist, können Führungssysteme, die in der Praxis zur A n w e n d u n g kommen, auch auf keine geschlossene theoretische Fundierung basiert werden. Die in der Praxis angewandten Führungssysteme sind daher alle sehr eng ausgelegt und vor allem an Praktikabilitätserwägungen ausgerichtet. Aus diesem Grund sind widersprüchliche Handlungsanweisungen nicht auszuschließen und es ergibt sich die Notwendigkeit, die Führungssysteme gemäß einheitlichen, theoretisch begründeten Kriterien beurteilen zu können. Im folgenden sollen daher in Anlehnung an die Vorgehensweise von Kuhn 6 zunächst die Elemente von Führungssystemen erörtert werden, um einen Kriterien- bzw. Anforderungskatalog zu formulieren, an dem Führungssysteme beurteilt werden können. Bevor auf die Elemente von Führungssystemen eingegangen wird, ist zunächst der Begriff Führungssystem zu klären. Unter einem Führungssystem wird ein System verstanden, das aus Elementen und aus der Verknüpfung dieser Elemente zu einem Ganzen besteht. Die Elemente, die ein Führungssystem ausmachen, sind im folgenden dargestellt. 6

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 223 ff.

148

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Führungssysteme zeichnen sich durch die folgenden acht Elemente und deren Verknüpfung aus: 7 - Aussagen über Ziele, Voraussetzungen, Annahmen und Anwendungsbereich, - Aussagen über Handlungsempfehlungen des Systems (z.B. in Form von Prinzipien und Leitsätzen), - Aussagen über Subsysteme der Führung, insbesondere über Zielbildungssystem, Planungssystem, Kontrollsystem, Informationssystem sowie Organisations- und Koordinationssystem, - Aussagen über den Einsatz von Führungsinstrumenten (z.B. Mitarbeitergespräch, Stellenbeschreibung, Leistungsstandards, Budgets, Funktionendiagramme), - Struktur des Anreiz- und Entlohnungssystems, - Struktur des Personalbeurteilungs- und Personalentwicklungssystems, - zugestandener Umfang ausgeübter Positionsmacht und - Ausmaß der Aufgabenstrukturierung. Die Darstellung der Elemente von Führungssystemen zeigt, daß sich Führungssysteme durch eine Vielfalt von verschiedenen Elementen auszeichnen. Diese Elemente können global wie folgt charakterisiert werden: Teilweise sind die Elemente identisch, sie überschneiden sich (z.B. Aussagen über den Einsatz von Führungsinstrumenten und Struktur des Personalbeurteilungs- und Personalentwicklungssystems); teilweise sind die Elemente so global, daß sie deutlich über den eigentlichen Tatbestand der Charakterisierung der Personen- bzw. Mitarbeiterflihrung hinausgehen und sich im Grenzfall auf die Unternehmensführung insgesamt beziehen (z.B. zugestandener Umfang ausgeübter Positionsmacht). Für die Beurteilung von Führungssystemen müssen Kriterien bzw. Anforderungen gefunden werden, die den Zielen und Aufgaben von Führungssystemen gerecht werden. In der Regel werden folgende sieben Kriterien bzw. Anforderungen zur Beurteilung von Führungssystemen herangezogen: Operationalität und Transparenz, Vollständigkeit, Standardisierung und Formalisierung; Flexibilität (modellinterne Differenzierungsmöglichkeit), Beteiligungsmaß der Mitarbeiter an Entscheidungsvorbereitungen ihres Vorgesetzten, wissenschaftliche Begriindbarkeit der Empfehlungen bzw. Aussagen und Widerspruchsfreiheit.

5.2.2 Unternehmensführungsstile Die Elemente der Führungssysteme charakterisieren das System. Das Verhalten der Menschen, der Unternehmensleiter, wird hingegen anhand des Führungsstils charakterisiert. Der Führungsstil ist die Art des Verhaltens eines Vorgesetzten gegenüber seinen Untergebenen. Es ist ein grundsätzliches, einheitliches und personelles Verhaltensmuster. Durch den Führungsstil prägt der Vorgesetzte die Beziehung zu seinen Mitarbeitern. 7 8

Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 223 Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 226 f.

Unternehmensfiihrung

149

In der Literatur werden die folgenden Führungsstile dargestellt. 9 Es wird prinzipiell zwischen autoritären und demokratischen Führungsstilen unterschieden: — Autoritärer Führungsstil bedeutet, daß der Vorgesetzte Entscheidungen ohne Mitwirkung seiner Mitarbeiter fällt. Letztere haben die Beschlüsse des Vorgesetzten hinzunehmen und auszuführen. Der autoritäre Führungsstil kennt zwei Unterformen, die jeweils zwei Ausprägungen haben. Es handelt sich um den persönlichkeitsorientierten Führungsstil mit den Ausprägungen charismatischer und patriarchischer Führungsstil sowie um den entpersönlichten Führungsstil mit den Ausprägungen autokratischer und bürokratischer Führungsstil. — Ein charismatischer Führungsstil liegt vor, wenn der Führer seinen Führungsanspruch aus der Einmaligkeit, z.B. der Gottähnlichkeit, seiner Person ableitet. Er verlangt von den Geführten jedes Opfer. — Ein patriarchischer Führungsstil liegt vor, wenn der Führer als alleiniges Führungsorgan im Unternehmen, z.B. als Gründer oder dessen Nachfolger, agiert. Zwischen dem Unternehmensführer und seinen Mitarbeitern besteht ein "Vater-Kinder-Verhältnis", das dazu führt, daß sich die Mitarbeiter auf die ausfuhrenden Tätigkeiten im Unternehmen beschränken und dem Unternehmensführer die leitenden Tätigkeiten ohne Mitspracherecht überlassen. Als Gegenleistung erwarten die Mitarbeiter vom Unternehmensfiihrer, daß er sie wie ein Patriarch versorgt. Der Patriarch bzw. der Unternehmensführer hat also mit seinen leitenden Tätigkeiten auch eine Sorgepflicht übernommen. -- Ein autokratischer Führungsstil liegt vor, wenn die Führung der Untergebenen nicht direkt durch den Führer, sondern durch ein hierarchisch aufgebautes Führungs- bzw. Machtsystem erfolgt. Die Führung bzw. die Macht übt der autokratische Führer allerdings allein aus (z.B. im absolutistischen Staat). — Ein bürokratischer Führungsstil liegt vor, wenn die indirekte Führung der Untergebenen nicht durch einen Führer, sondern über eine unpersönliche Hierarchie von bürokratischen Instanzen (Macht-, Verwaltungsapparat) erfolgt, die ihren Führungsanspruch mittels einer Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Richtlinien, Anordnungen etc. sowie mit Hilfe von systematischen, standardisierten Kontrollen und Gegenkontrollen durchsetzen. In einem bürokratischen System wird Führungsanspruch aus der fachlichen Qualifikation abgeleitet. — Demokratisch ist das Führungsverhalten, wenn mehr oder weniger intensive Mitwirkungsformen der Geführten bei Entscheidungen vorgesehen sind. Der demokratische Führungsstil wird in die Unterformen partizipativer, kooperativer, kollektiver und „laissez-faire" Führungsstil unterteilt: Ein partizipativer Führungsstil basiert auf einer nicht-formalisierten Mitwirkung der Untergebenen. Es besteht ein Mitspracherecht der Geführten an den Entscheidungen des Unternehmensführers, das als unkompliziert, lose oder zwanglos zu bezeichnen ist. Beim kooperativen Führungsstil entscheidet im Prinzip eine

9

Vgl. u.a. Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 4 1 4 f.

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A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Gruppe, die sich aus dem Führer und den Geführten zusammensetzt. Der Führer bzw. der Vorgesetzte tritt als Koordinator der Gruppe nach innen und nach außen auf. Der Führer erteilt zwar die Aufträge, doch sind Einwendungen seitens der Geführten bzw. Mitarbeiter jederzeit möglich. Begründete Einwendungen haben eine Abänderung der Aufträge zur Folge. Insgesamt kann beim kooperativen Führungsstil von einer stärkeren Mitbestimmung bzw. einem stärkeren Mitentscheidungsrecht der Geführten gesprochen werden. Ein kollektiver Führungsstil ist dann gegeben, wenn in der Gruppe von Führer und Geführten eine Aufhebung der Unterscheidung von Führungsperson und Geführten vorliegt. In diesem Fall kann nicht mehr von einem Mitentscheidungsrecht der Geführten gesprochen werden. Es handelt sich um ein gemeinsames Entscheidungsrecht. Liegt ein „laissez-faire" Führungsstil vor, so existiert kein Vorgesetzter im eigentlichen Sinne. Es ist kein Führungsverhalten zu erkennen. Der Führer bzw. Vorgesetzte ist lediglich bestrebt, eine Situation bzw. ein Betriebsklima zu erzeugen, in der bzw. in dem die Mitarbeiter arbeiten können. Es handelt sich um den Grenzfall der Führung, weil eine Verhaltensbeeinflussung der Mitarbeiter durch den Unternehmensfiihrer nicht oder nicht mehr vorliegt. In einem Unternehmen kommt nicht immer unbedingt ein Führungsstil zur Anwendung. A u f unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlichen Bereichen eines Unternehmens können durchaus verschiedene Führungsstile zur Anwendung kommen. Welcher Führungsstil in der Praxis am häufigsten angewandt wird, ist schwer zu sagen. Empfehlungen beziehen sich in der Regel auf den demokratischen Führungsstil in der kooperativen Ausprägung. Dabei wird meist eine nach Unternehmensebenen (Hierarchiestufen) unterschiedlich

intensive

Mitwirkung der Mitarbeiter an den Entscheidungen der Unternehmensfuhrer bzw. Vorgesetzten empfohlen. Führungsstile sind lediglich eine Klassifizierungsmöglichkeit für die unterschiedlichen Verhaltensweisen der Unternehmensführer bzw. ihres Beziehungsverhältnisses zu ihren Mitarbeitern. Sie dürfen keinesfalls als Führungssysteme interpretiert werden. Um als Führungssysteme zu dienen, sind die Führungsstile nicht geeignet, da sie über Regelungen, w i e sie ein umfassendes Führungssystem benötigt, nicht verfügen. Eine Beurteilung der Führungsstile an den dargestellten Anforderungen an ein Führungssystem würde zu keiner positiven Einschätzung führen. Führungsstile gelten zwar als allgemeinverbindlich, aber nicht als praktikable Führungssysteme. Den Anspruch, ein Führungssystem darzustellen, können nur die später zu beschreibenden Managementtechniken erfüllen. Diese Managementtechniken verfügen über ein entsprechend intensiv ausformuliertes Regelungskonzept, um als Führungssysteme eingestuft zu werden.

5.2.3 Das Verhaltensgitter Bevor auf die Managementtechniken eingegangen wird, ist zunächst noch ein Klassifizierungsverfahren von Führungsverhalten zu beschreiben, das als Verhaltensgitter („Managerial Grid") bezeichnet wird. Ziel des Verhaltensgitters ist es, zu zeigen, daß ein Führungsstil

Unternehmensfuhrung

151

dann als ideal zu bezeichnen ist, wenn er sich gleichzeitig durch eine hohe Orientierung an der A u f g a b e (Sachorientierung) und eine hohe Orientierung an den Bedürfnissen der Mitarbeiter (Personenorientierung) auszeichnet. A n h a n d des Verhaltensgitters wird das Führungsverhalten bezüglich der zwei Kriterien „Sachorientierung" und „Personenorientierung" beurteilt. Beide Kriterien werden auf einer Skala im Bereich 0 bis 9 gemessen. Dabei ist 9 die höchstmögliche Einschätzung eines Führungsverhaltens hinsichtlich eines der beiden genannten Kriterien. Beispielhaft werden f ü n f Arten von Führungsverhalten beschrieben (vgl. Abb. 34)\w (1) Der Führungsstil 1.9 wird als „Glacehandschuh-Management" bezeichnet. Er zeichnet sich durch eine niedrige Sachorientierung und eine hohe Personenorientierung aus. Der Unternehmensführer nimmt in diesem Fall sehr stark Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter. Die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Betriebsklima sind daher entsprechend positiv ausgeprägt. (2) Der Führungsstil 9.9, als „Team-Management" benannt, verbindet hohe Sachorientierung mit hoher Personenorientierung. Es wird eine hohe Arbeitsleistung von pflichtbewußten Mitarbeitern gefordert, die durch Vertrauen und gegenseitige Anerkennung honoriert wird. Das Betriebsklima ist daher trotz hoher Anforderungen an das Leistungsvermögen aller Mitarbeiter als positiv einzuschätzen. (3) Der Führungsstil 5.5 ist unter dem N a m e n „Organisations-Management" in der Literatur bekannt. Er gilt als Kompromiß zwischen Sach- und Personenorientierung. Beide Orientierungen sind mittelmäßig ausgeprägt. Es wird eine angemessene Leistung der Mitarbeiter gefordert, die durch ein zufriedenstellendes Betriebsklima abgesichert wird. (4) Der Führungsstil 1.1, als „Überlebens-Management" betitelt, zeichnet sich durch eine geringe Sach- und eine geringe Personenorientierung aus. Es werden geringe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter gestellt. Die Mitarbeiter leisten gerade soviel, um noch im Unternehmen gehalten zu werden. Der geringe Leistungsanspruch führt zu einem geringen Leistungswillen und zu einem geringen Interesse am Unternehmen. Daher ist auch das Betriebsklima nicht gerade als positiv einzustufen. (5) Der Führungsstil 9.1 wird als „Befehl-Gehorsam-Management" bezeichnet. Die Sachorientierung ist hoch und die Personenorientierung niedrig ausgeprägt. Es wird das Maximum an Arbeitsleistung gefordert, ohne auf menschliche Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Das Betriebsklima ist folglich auf einen Minimalwert abgesenkt. Das Verhaltensgitter stellt das Führungsverhalten 9.9 „Team-Management" als optimal heraus, da bei maximaler Anforderung an die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter auch gleichzeitig die maximale Personenorientierung, die maximale Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitarbeiter, erfolgt.

10

Vgl. Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 4 1 8 ff.

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Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 34: Verhaltensgitter („Managerial Grid") Personenorientierung i i

9 - 1.9 Führungsverhalten „Glacehandschuh-Management"

5-

9.9 Führungsverhalten „Team-Management"

5.5 Führungsverhalten „Organisations-Management"

1 _ 1.1 Führungsverhalten

9.1 Führungsverhalten

„Überlebens-Management" 0 Quelle:

1 1

„Befehl-Gehorsam-Management" Sachorientierung

1 9

Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 419

5.2.4 Unternehmensführungstechniken Führungssysteme werden in der Literatur auch als Führungskonzepte, Führungsprinzipien, Managementprinzipien oder -techniken bezeichnet. Zum Teil ist der Übergang zu den Unternehmensführungsmodellen fließend. Zunächst sollen Managementtechniken bzw. Unternehmensführungstechniken behandelt werden. Managementtechniken stellen eine Ansammlung von mehr oder weniger vielen Verhaltensvorschriften dar, die dem Management eines Unternehmens helfen sollen, die Führungsaufgabe zu bewältigen. Allen in der Literatur bekannten Managementtechniken ist gemein, daß die ableitbaren Handlungsanweisungen sich nicht nur auf die Personen- bzw. Mitarbeiterführung und damit auf die Unternehmensführung im engeren Sinne, sondern auch auf allgemeine Organisationsprinzipien und damit auf die Unternehmensführung im weiteren Sinne beziehen. Die Vielzahl der in der Literatur bekannten Managementtechniken macht eine vollständige und umfassende Behandlung aller Techniken unmöglich. Es soll in diesem Rahmen daher nur eine kleine Auswahl an Managementtechniken vorgestellt werden. Generell kann gesagt werden, daß alle Managementtechniken davon ausgehen, daß der Führungsprozeß in den Funktionen Zielfindung, Planung, Entscheidung, Realisierung und Kontrolle abläuft. Zudem ist generell festzustellen, daß die Führung von Menschen immer und überall den gleichen Gesetzmäßigkeiten, Bedingungen und Schwierigkeiten gegenübersteht. Die Managementtechniken gleichen sich daher in gewisser Hinsicht. Sie unterscheiden sich in der Regel nur

Unternehmensführung

153

hinsichtlich der gesetzten Schwerpunkte und stellen jeweils unterschiedliche (eine oder mehrere) Funktionen des Führungsprozesses in den Mittelpunkt. Neben diesen grundsätzlichen Gemeinsamkeiten und prinzipiellen Unterschieden von Managementtechniken sind schließlich noch ergänzend zu den oben dargestellten eher wissenschaftlichen Anforderungen an Führungssysteme noch vier praxisorientierte Anforderungen an Managementtechniken zu behandeln. An Managementtechniken sind folgende vier praxisorientierte Anforderungen zu stellen: Gute Verständlichkeit, gute Realisierbarkeit, ausreichende Flexibilität und gute Grundlage zur Mitarbeiterbeurteilung. Im folgenden sollen die Managementtechniken „ M a n a g e m e n t by Objectives", „Management by Exception", „Management by Delegation", „Management by Decision Rules", „Management by Results", „Management by Systems", Management by Participation"; ,,Management by Motivation", ,,Management by Logistics" und „Management by EcoLogistics" dargestellt werden. Diese Managementtechniken werden alle durch die Buchstabenfolge Mb mit dem Zusatz eines weiteren charakterisierenden Buchstabens, wie z.B. O für „Objectives", abgekürzt. Die Techniken können daher auch zusammenfassend durch die Abkürzung „ M b X " bezeichnet werden.

5.2.4.1 Management by Objectives (MbO) Eine häufig angewandte Managementtechnik ist die Führung durch Zielvereinbarung. Diese Managementtechnik wird auch als „Management by Objectives", kurz MbO, bezeichnet. Grundgedanke dieser Managementtechnik ist, daß Ziele und nicht klar zu definierende Aufgaben als Steuerungsgrößen im Mittelpunkt eines Führungssystems stehen müssen. Bei dieser Managementtechnik wird versucht, die Mitarbeiter eines Unternehmens durch Beteiligung am Zielbildungs- bzw. -findungsprozeß und an der Ableitung ergänzender Maßnahmen, z.B. aus den Bereichen Motivation, Anreizsysteme, Aufstiegserwartungen, Karriereplanung und Personalbeurteilung, zur Identifikation mit den Unternehmenszielen und -aktivitäten zu bewegen. Die Zielbildung im Rahmen der Managementtechnik „Management by Objectives" beginnt bei den langfristigen Zielen, die die Basis für die strategische Planung bilden. Aus den langfristigen Zielen werden dann die Ziele f ü r die taktische und die operative Planung entwickelt. Schließlich werden aus den Zielen für die operative Planung die kurzfristigen Ziele für jeden einzelnen Mitarbeiter abgeleitet. Im Rahmen der so festgelegten Einzelziele besteht für jeden Mitarbeiter Handlungsfreiheit. Die Managementtechnik „Management by Objectives" gewährt den Mitarbeitern zwar Handlungsfreiheit im Rahmen der gesetzten Ziele, auf eine Kontrolle der Zielerreichung wird hingegen nicht verzichtet. Die Kontrolle ist auch nach wie vor Aufgabe des Vorgesetzten. Allerdings wird nicht j e d e einzelne Entscheidung bzw. Aktivität, sondern nur noch das Ergebnis anhand eines Soll-Ist-Vergleiches kontrolliert. Der Soll-Ist-Vergleich, also die Gegenüberstellung der erzielten Ergebnisse und der vorgegebenen Ziele, dient einerseits zur

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A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

regelmäßigen Ü b e r p r ü f u n g der Angemessenheit der Ziele und andererseits zur Beurteilung der Qualität der Leistungen der Mitarbeiter. Z u s a m m e n f a s s e n d kann festgehalten werden, daß sich die Managementtechnik „Management by Objectives" ( M b O ) aus vier Hauptbestandteilen zusammensetzt: Festlegung von Zielen, regelmäßige Ü b e r p r ü f u n g der Angemessenheit der Ziele und gegebenenfalls Anpassung der Ziele, Beteiligung der Mitarbeiter an der Zielfindung und Handlungsfreiheit der Mitarbeiter im Rahmen der festgesetzten Ziele, Kontrolle des Zielerreichungsgrades und Beurteilung der Leistung der Mitarbeiter durch die Vorgesetzten auf der Basis von Soll-IstVergleichen. Abschließend ist die Managementtechnik „Management by Objectives" zu beurteilen. Hierzu wird auf die sieben oben dargestellten Anforderungen an Führungssysteme zurückgegriffen. Es ist zu prüfen, inwieweit die Managementtechnik „Management by Objectives" die sieben Kriterien bzw. Anforderungen erfüllt und folglich als geeignetes oder weniger geeignetes Führungssystem eingestuft werden kann. Die Beurteilung der Managementtechnik „Management by Objectives" ist im folgenden dargestellt." Die Beurteilung des M b O an den oben dargestellten Anforderungen fällt wie folgt aus: - Die Ableitung von Zielen gewährleistet eine gewisse Operationalität und Transparenz der Unternehmensführung, jedoch wird in der Regel die Steuerwirkung von Zielen überschätzt und ein hochorganisiertes Planungs- und Kontrollsystem aufgebaut, um die Funktionsfähigkeit der Managementtechnik zu gewährleisten; - die Vollständigkeit von M b O ist umstritten, weil es zwar möglich ist, ein vollständiges Zielsystem für die Unternehmensfuhrung abzuleiten, die Vollständigkeit j e d o c h bei Beteiligung der Mitarbeiter in der Regel nicht erreicht werden kann; - der Standardisierungs- und Formalisierungsgrad von M b O wird in der Literatur als gering eingestuft, weil zu wenig Vorgaben für die Strukturierung der Zielableitung etc. gemacht werden; - die Flexibilität von M b O wird hingegen als hoch eingeschätzt, weil M b O auch in Unternehmen ohne Gewinnmaximierungsziel anwendbar ist; - die Mitarbeiterbeteiligung ist durch die Beteiligung bei der Zielfindung gegeben; - die wissenschaftliche Begründung von M b O ist gegeben, da Menschen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zielorientiert agieren; - die Widerspruchsfreiheit ist in bezug auf die Ziele nur in Sollgrenzen gegeben und in bezug auf d i e Maßnahmen zur Zielerreichung kaum erreichbar.

" Vgl. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 232 ff.

155

Unternehmensfíihrung

5.2.4.2 Management by Exception (MbE) Eine weitere Managementtechnik ist das „Management by Exception", kurz MbE genannt. Im Rahmen dieser Managementtechnik basiert die Unternehmensfíihrung auf dem Ausnahmeprinzip. Es ist also zwischen einem Normalfall und einem Ausnahmefall in der Unternehmensfíihrung zu unterscheiden. Der Normalfall wird durch die Vorgabe von Entscheidungs- und Ermessensspielräumen definiert. Die Spielräume werden entweder durch Entscheidungsparameter, wie z.B. die Begrenzung der Entscheidungsbefugnis eines Mitarbeiters auf die Bestellung von Materialien bis zu einer festgelegten Auftragshöhe von 100.000 D M , oder durch Handlungsergebnisse, wie z. B. die Einhaltung eines festgelegten Produktionskostenniveaus von X Prozent eines kalkulierten Marktpreises, bestimmt. Mit Erreichung der Grenze eines vorgegebenen Spielraumes wird der Normalfall verlassen und es tritt der Ausnahmefall ein, für den der Mitarbeiter keine Handlungsvollmacht mehr besitzt. Bei Erreichen des Ausnahmefalls erfolgt eine Rückdelegierung der Handlungsvollmacht an den Vorgesetzten. Der Vorgesetzte wird gemäß der Managementtechnik „Management by Exception" nur noch in Ausnahmefällen, also dann, wenn die Entscheidungsparameter oder Handlungsergebnisse nicht im festgelegten Entscheidungsspielraum des Mitarbeiters liegen, mit der Entscheidung betraut. Wichtig ist bei dieser Managementtechnik die Riickdelegation der Entscheidungskompetenz. Die Rückdelegation erfolgt nicht durch den Vorgesetzten. Es ist im Gegenteil die Aufgabe des Mitarbeiters, zu entscheiden, wann ein Ausnahmefall vorliegt und eine Rückdelegation notwendig wird. Der Mitarbeiter braucht im Normal- bzw. Routinefall, also wenn keine Überschreitungen der definierten Spielräume vorliegen, seinen Vorgesetzten nicht über die aktuelle Lage zu informieren und kann selbständig agieren. Ziel der Managementtechnik „Management by Exception" (MbE) ist eine Entlastung der oberen Unternehmensebenen von Routineaufgaben. Diese Entlastung ist allerdings nicht ohne entsprechende Kontrolle denkbar. Auch die Managementtechnik „Management by Exception" läßt sich zusammenfassend anhand von vier Hauptbestandteilen beschreiben: Entwicklung von Richtwerten bzw. -linien zur Abgrenzung von Normal- und Ausnahmefallen (z.B. werden einem Mitarbeiter Investitionsentscheidungen bis zu einer Höhe von 100.000 DM zugestanden), Vorgabe von Zielen (Sollwerten) für die jeweils untergeordnete Führungsebene, Kontrolle der untergeordneten Ebene mittels Durchführung eines Soll-Ist-Vergleiches

mit einer anschließenden Abwei-

chungsanalyse, Tätigwerden des(r) Vorgesetzten nach Rückdelegation der Entscheidungskompetenz durch den Mitarbeiter in Ausnahmefällen bzw. -Situationen. Schließlich ist auch das „Management by Exception" anhand der oben gesetzten sieben Anforderungen auf seine Eignung als Führungssystem hin zu überprüfen. Diese Manage-

156

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

m e n t t e c h n i k w i r d in d e r L i t e r a t u r a n h a n d d e r o b e n v o r g e g e b e n e n A n f o r d e r u n g e n w i e f o l g t beurteilt:12 - D i e O p e r a t i o n a l i t ä t u n d T r a n s p a r e n z ist n i c h t u n b e d i n g t g e g e b e n , d a R e g e l n f ü r d a s T ä t i g w e r d e n d e s V o r g e s e t z t e n n i c h t f ü r a l l e A u s n a h m e f ä l l e im V o r a b d e f i n i e r t w e r d e n

können.

I n s b e s o n d e r e bei V e r ä n d e r u n g e n in d e r U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n m ü s s e n n e u e R e g e l n g e f u n d e n w e r d e n . Es sind auch Fälle denkbar, auf die das Regelwerk nicht a n g e w e n d e t werden k a n n . Z u d e m b e s t e h t a u f g r u n d d e s E r m e s s e n s s p i e l r a u m s f ü r d i e R ü c k d e l e g a t i o n an d e n V o r gesetzten eine gewisse Intransparenz. - D i e V o l l s t ä n d i g k e i t ist n i c h t g e g e b e n , w e i l das M b E g r ö ß t e n t e i l s d i e R e g e l u n g v o n F ü h r u n g s e n t s c h e i d u n g e n , w i e z.B. hinsichtlich der Planung, Zielsetzung, Kontrolle, und Organis a t i o n , als g e g e b e n v o r a u s s e t z t u n d l e d i g l i c h g l o b a l z w i s c h e n N o r m a l - u n d A u s n a h m e f a l l unterscheidet. - D i e S t a n d a r d i s i e r u n g und F o r m a l i s i e r u n g ist a u f g r u n d d e r g l o b a l e n E i n t e i l u n g in N o r m a l und A u s n a h m e f a l l sowie des dadurch begründeten Fehlens von Einzelregelungen nicht überzeugend. - D i e F l e x i b i l i t ä t ist a u f g r u n d d e r e i n f a c h e n U n t e r s c h e i d u n g z w i s c h e n R o u t i n e - u n d A u s n a h m e f a l l g e g e b e n , d a mit dieser U n t e r t e i l u n g j e d e m Sachverhalt und j e d e r Führungssituation im U n t e r n e h m e n e n t s p r o c h e n w e r d e n k a n n . - D e r B e t e i l i g u n g s g r a d d e r M i t a r b e i t e r an E n t s c h e i d u n g e n ist h i n s i c h t l i c h d e r R o u t i n e a r b e i ten g e g e b e n . D a d i e M i t a r b e i t e r a b e r n i c h t an d e r E r s t e l l u n g d e r A u s n a h m e r e g e l n

beteiligt

s i n d , ist d e r B e t e i l i g u n g s g r a d d e r M i t a r b e i t e r i n s g e s a m t zu n i e d r i g . - D i e w i s s e n s c h a f t l i c h e B e g r i i n d b a r k e i t d e s M b E ist nicht g e g e b e n , w e i l g e m ä ß

wissen-

s c h a f t l i c h e n E r k e n n t n i s s e n v i e l e V o r g e s e t z t e eine m a n g e l n d e D e l e g a t i o n s b e r e i t s c h a f t ( s e l b s t für Routinearbeiten) haben. - D i e W i d e r s p r u c h s f r e i h e i t d e s M b E w i r d in der L i t e r a t u r f o r m a l als g e g e b e n a n g e s e h e n . Es w e r d e n j e d o c h Z w e i f e l g e ä u ß e r t , o b in d e r P r a x i s e i n e w i d e r s p r u c h s f r e i e A n w e n d u n g d e s M b E m ö g l i c h ist, d a d i e s u b j e k t i v e I n t e r p r e t a t i o n d e s A u s n a h m e b e g r i f f s zu W i d e r s p r ü c h e n führen kann.

5.2.4.3 Management by Delegation (MbD) A l s u m f a s s e n d e M a n a g e m e n t t e c h n i k gilt d a s „ M a n a g e m e n t b y D e l e g a t i o n " , k u r z M b D g e nannt. Die wohl bekannteste Variante der Managementtechnik F ü h r u n g durch

Delegation

d ü r f t e d a s " H a r z b u r g e r M o d e l l " ( H M ) s e i n . D i e s e s M o d e l l ist e n g v e r w a n d t m i t d e r M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by E x c e p t i o n " ( M b E ) u n d d e r M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t b y O b j e c t i v e s " ( M b O ) . E s w i r d e i n e U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g im E i n v e r n e h m e n m i t d e n Mitarbeitern

12

angestrebt.

Man

kann

auch

Vgl. u.a. Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 489 ff.;

Kuhn, A.: Untemehmensführung, S. 230 ff.

sagen,

es

wird

die

Abkehr

vom

autoritär-

Unternehmensführung

157

p a t r i a r c h i s c h e n F ü h r u n g s s t i l z u g u n s t e n e i n e s d e m o k r a t i s c h - k o o p e r a t i v e n F ü h r u n g s s t i l s verfolgt. D i e s e s M a n a g e m e n t m o d e l l und die M a n a g e m e n t t e c h n i k M b D w o l l e n in erster Linie die oben bereits e r w ä h n t e m a n g e l n d e D e l e g a t i o n s b e r e i t s c h a f t der V o r g e s e t z t e n ü b e r w i n d e n . Es wird d a h e r die Ü b e r t r a g u n g von klar d e f i n i e r t e n A u f g a b e n b e r e i c h e n mit D e l e g a t i o n von K o m p e t e n z und V e r a n t w o r t u n g an die M i t a r b e i t e r im U n t e r n e h m e n vertreten. Den M i t a r b e i tern w e r d e n g e m ä ß M b D und H M genau b e s c h r i e b e n e , f e s t e A u f g a b e n b e r e i c h e mit e n t s p r e c h e n d e x a k t a b g e g r e n z t e n K o m p e t e n z e n z u g e w i e s e n . D u r c h die D e l e g a t i o n von E n t s c h e i d u n g e n soll eine E n t l a s t u n g der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g von den R o u t i n e a u f g a b e n e r f o l g e n . Z u d e m soll die d a m i t e r r e i c h t e b e s s e r e A u s n u t z u n g d e r D e t a i l k e n n t n i s s e d e r M i t a r b e i t e r eine M o t i v a t i o n s f ö r d e r u n g b e z w e c k e n . Es darf j e d o c h nicht ü b e r s e h e n w e r d e n , d a ß die g e n a u e Z u w e i s u n g von T ä t i g k e i t s - b z w . V e r a n t w o r t u n g s b e r e i c h e n an die M i t a r b e i t e r den F o r m a l i s m u s und den B ü r o k r a t i s m u s im U n t e r n e h m e n fördert. Z u d e m wird ein starres R e s s o r t d e n k e n bewirkt. D a s H a r z b u r g e r M o d e l l kann a n h a n d der f o l g e n d e n sieben H a u p t b e s t a n d t e i l e c h a r a k t e r i siert w e r d e n : 1 3 D e l e g a t i o n v o n E n t s c h e i d u n g s k o m p e t e n z e n an die M i t a r b e i t e r eines U n t e r n e h m e n s , T r e n n u n g von H a n d l u n g s v e r a n t w o r t u n g und F ü h r u n g s v e r a n t w o r t u n g des(r) V o r g e setzten, e x a k t e S t e l l e n b e s c h r e i b u n g e n zur D e f i n i t i o n e i n d e u t i g a b g e g r e n z t e r A u f g a b e n mit entsprechendem

Ermessensspielraum,

Wahrnehmung der Führungsverantwortung

mittels

D i e n s t a u f s i c h t und K o n t r o l l e der E r g e b n i s s e , R e g e l u n g der A u s n a h m e f ä l l e ( w i e bei M b E ) d u r c h Dienst- b z w . M i t a r b e i t e r b e s p r e c h u n g e n , V o r g a b e von Zielen ( S o l l w e r t e n ) f ü r j e d e n M i t a r b e i t e r im U n t e r n e h m e n , w e n n dies praktikabel ist, S t a n d a r d i s i e r u n g der A r b e i t s a b l ä u f e d u r c h a l l g e m e i n e F ü h r u n g s a n w e i s u n g e n und e t w a 3 1 5 E i n z e l a n w e i s u n g e n (Regeln). Im f o l g e n d e n ist auf die B e u r t e i l u n g des H a r z b u r g e r M o d e l l s in d e r L i t e r a t u r e i n z u g e h e n . Die B e u r t e i l u n g d e s H a r z b u r g e r M o d e l l s an den o.g. A n f o r d e r u n g e n fällt w i e f o l g t aus: - Die O p e r a t i o n a l i t ä t und T r a n s p a r e n z des H M ist d u r c h die vielen R e g e l u n g e n und die restriktive I n f o r m a t i o n der M i t a r b e i t e r e i n g e s c h r ä n k t . - Die V o l l s t ä n d i g k e i t ist nicht in allen B e r e i c h e n g e g e b e n , da t r o t z d e r Vielzahl der R e g e l u n gen nicht alles geregelt w e r d e n kann. - Die S t a n d a r d i s i e r u n g und F o r m a l i s i e r u n g ist im V e r g l e i c h zu a n d e r e n M a n a g e m e n t t e c h n i ken und - m o d e l l e n a u f g r u n d d e r vielen R e g e l u n g e n als hoch e i n z u s t u f e n . - Die Flexibilität ist a u f g r u n d der vielen R e g e l u n g e n n o t g e d r u n g e n e i n g e s c h r ä n k t . - Der B e t e i l i g u n g s g r a d der M i t a r b e i t e r an E n t s c h e i d u n g e n ist e i n g e s c h r ä n k t , d a sie n i c h t bei V e r ä n d e r u n g e n d e r O r g a n i s a t i o n , D e l e g a t i o n von M a ß n a h m e n , I n f o r m a t i o n e n , der Z i e l f i n d u n g ( S o l l w e r t f e s t l e g u n g ) , d e r E r s t e l l u n g v o n M a ß n a h m e n k a t a l o g e n , kreativen A u f g a b e n s o w i e E n t s c h e i d u n g e n über M e t h o d e n und S t a n d a r d s der K o n t r o l l e im U n t e r n e h m e n m i t w i r ken. 13

Vgl. u.a. Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 491, 496 - 499;

Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 239 ff.

158

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- Die wissenschafiiche Begründbarkeit ist nur zum Teil gegeben, da das H M nicht die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Motivationstheorie berücksichtigt. - Die Widerspruchsfreiheit ist nicht gegeben, da die hohe Standardisierung und Bürokratisierung sowie die Nichtbeteiligung der Mitarbeiter an kreativen Aufgaben dem Anspruch der Mitarbeiterbeteiligung entgegenlaufen. Der angestrebte demokratisch-kooperative Führungsstil wird folglich nicht erreicht. Abschließend kann zusammenfassend festgehalten werden, daß das Harzburger Modell ( H M ) in der Literatur wegen seiner Leistungsfähigkeit einerseits von vielen Befürwortern zu hoch eingestuft und andererseits wegen seiner Schwächen von vielen Gegnern zu stark kritisiert wird. Extreme Kritiker behaupten, das Harzburger Modell verschleiere traditionelle Herrschafts- bzw. Machtstrukturen und sei daher als Führungsfassade einzustufen. Trotz dieser vielleicht überzogenen Kritik ist das Harzburger Modell von den bisher behandelten Managementtechniken die mit dem höchsten Formalisierungs- bzw. Ausbaugrad. Es kommt damit dem rezeptorientierten Denken der Praktiker entgegen und findet aufgrund dieser Tatsache viele Anhänger in der Praxis.

5.2.4.4 Management by Decisión Rules (MbDR) Eine Managementtechnik, die einen Schritt weiter geht, als die Managementtechnik „Management by Decisión", ist die Technik „Management by Decisión Rules" (MbDR). 1 4 Diese Technik baut auf der Idee auf, daß für die Delegation von Entscheidungen entsprechende Entscheidungsregeln vorgegeben werden müssen. Diese Entscheidungsregeln sind aus dem Zielsystem des jeweiligen Unternehmens abzuleiten. Die Kritik an dieser Managementtechnik geht von der Überlegung aus, daß eine vollständige Vorgabe von Entscheidungsregeln für alle denkbaren Entscheidungssituationen nur bei vollständiger Information und Vorhersage möglich wäre. Dieser Fall ist aber als unrealistisch einzustufen. Die Managementtechnik ist folglich nur für Routineentscheidungen operational. Zudem ist zu bemängeln, daß die Technik keine Anweisungen bzw. Methoden zur Auswahl von anwendungsrelevanten Entscheidungsregeln vorgibt.

5.2.4.5 Management by Results (MbR) Die Managementtechnik „Management by Results" (MbR) 1 5 unterstellt, daß eine einfache Delegation von Entscheidungen an Mitarbeiter keine optimale Lösung ist. Es wird zusätzlich eine ständige ergebnisorientierte Überwachung der Mitarbeiter gefordert. Diese Managementtechnik geht davon aus, daß eine effiziente Mitarbeiterführung und eine daraus resultierende Leistungssteigerung des Unternehmens nur durch Delegation von Entscheidungen an die Mitarbeiter und gleichzeitige ergebnisorientierte Leistungskontrolle der Mitarbeiter er14

Vgl. u.a. W ö h e , G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 137

15

Vgl. u.a. W ö h e , G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 139

Unternehmensführung

159

reicht werden kann. Nachteilig an dieser Managementtechnik ist, daß die Kontrolle durch die Vorgesetzten erfolgt. Damit kann eine Tendenz zur Anwendung überhöhter und demotivierender Leistungsnormen als Ausgangsbasis f ü r die Leistungskontrolle entstehen. Zudem wird ein autoritärer Führungsstil begünstigt, der in einem demokratischen Umfeld leistungsmindernd wirken kann. Um diese Nachteile zu vermindern, sollten die Leistungsnormen unter Mitwirkung der Mitarbeiter festgelegt werden. Dennoch bleibt das Problem, die Unternehmensleistung auf einzelne Mitarbeiter umzulegen bzw. die Leistung der einzelnen Mitarbeiter im Rahmen des Gesamterfolges eines Unternehmens zu bewerten.

5.2.4.6 Management by Systems (MbS) Des weiteren ist auf die Managementtechnik „Management by Systems", kurz als M b S bezeichnet, 1 6 einzugehen. Diese Managementtechnik zeichnet sich durch die Anwendung des Systemansatzes aus. Unternehmensführung ist gemäß dieser Technik systemorientierte Führung. Das Unternehmen wird als System betrachtet, das aus einer S u m m e von Teilen und Beziehungen zwischen diesen Teilen besteht, die insgesamt ein Ganzes bilden. Ein System als Ganzes ist auch nur mittels einer Managementtechnik zu fuhren, die alle Teile des Ganzen und alle Beziehungen zwischen den Teilen im Kontext des Ganzen berücksichtigt. Die Managementtechnik „Management by Systems" will mit dem Systemdenken das Ressortdenken im Unternehmen überwinden, das vor allem durch die

Managementtechnik

„Management by Delegation" und insbesondere durch das Harzburger Modell (HM) gefördert wird. Das Ressortdenken bewirkt, daß Systemzusammenhänge im Rahmen der Unternehmensflihrung nicht erkannt werden, da die Mitarbeiter in den vielen Abteilungen und Bereichen jeweils nur in einem Teilsystem agieren und denken. Die Managementtechnik „Management by Systems" versucht hingegen Gemeinsamkeiten eines Unternehmens, die für alle Abteilungen und Bereiche von Bedeutung sind, in den Mittelpunkt der Unternehmensf ü h r u n g zu stellen. Eine Gemeinsamkeit, die alle Abteilungen und Bereiche eines Unternehmens tangiert, ist z.B. der Umweltschutz. Den umweltpolitischen Anforderungen kann ein Unternehmen am besten entsprechen, wenn es die Verhaltensweisen und Aktivitäten aller Abteilungen und Bereiche bündelt und als System einheitlich auf die Anforderungen der Umweltpolitik und die diesbezüglichen Erwartungshaltungen der Kunden reagiert. Andererseits soll das Systemdenken im Unternehmen dazu führen, dem Kunden sogenannte Komplettlösungen bzw. Systempakete anzubieten. Eine Beurteilung der Managementtechnik „Management by Systems" nach den oben dargestellten Anforderungen liegt in der Literatur nicht vor. Die Beurteilung muß daher weniger allgemeingültig und mehr subjektiv vorgenommen werden. Die subjektive Beurteilung der Managementtechnik „Management by Systems" (MbS) anhand der sieben oben dargestellten Anforderungen fällt wie folgt aus: 16

Vgl. u.a. Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 494 f.

160

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- O p e r a t i o n a l i t ä t und T r a n s p a r e n z sind i n s b e s o n d e r e bei k o m p l e x e n S y s t e m e n nicht u n b e d i n g t g e g e b e n , sie m ü s s e n d u r c h z u s ä t z l i c h e M a ß n a h m e n , w i e z.B. eine E D V - g e s t ü t z t e V a r i ante d e r M a n a g e m e n t t e c h n i k , hergestellt w e r d e n ; - d i e V o l l s t ä n d i g k e i t ist a u f g r u n d d e s S y s t e m a n s a t z e s f o r m a l g e g e b e n , in der P r a x i s ist die A n f o r d e r u n g V o l l s t ä n d i g k e i t d e n n o c h nicht z w a n g s l ä u f i g erfüllt; - d i e S t a n d a r d i s i e r u n g und F o r m a l i s i e r u n g kann e i g e n t l i c h nur bei E D V - U n t e r s t ü t z u n g gewährleistet sein; - d i e Flexibilität ist eigentlich e b e n f a l l s n u r bei E D V - U n t e r s t ü t z u n g v o r h a n d e n ; - h i n s i c h t l i c h d e s B e t e i l i g u n g s g r a d e s d e r Mitarbeiter w e r d e n keine A u s s a g e n g e t r o f f e n , e i n e E i n s c h ä t z u n g ist d a h e r nicht m ö g l i c h ; - d i e w i s s e n s c h a f t l i c h e B e g r ü n d b a r k e i t ist g e g e b e n , da die M a n a g e m e n t t e c h n i k auf d e m w i s s e n s c h a f t l i c h f u n d i e r t e n S y s t e m a n s a t z basiert; - d i e W i d e r s p r u c h s f r e i h e i t ist f o r m a l a u f g r u n d d e s S y s t e m a n s a t z e s g e g e b e n , in d e r P r a x i s kann v e r m u t l i c h n u r e i n e W i d e r s p r u c h s f r e i h e i t in S o l l g r e n z e n erreicht w e r d e n .

5.2.4.7 Management by Participation (MbP) Die M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by P a r t i c i p a t i o n " ( M b P ) 1 7 stellt die B e t e i l i g u n g d e r M i t a r b e i t e r an d e r A u f s t e l l u n g der U n t e r n e h m e n s z i e l e in den M i t t e l p u n k t . E s w i r d d a v o n a u s g e g a n g e n , d a ß M i t a r b e i t e r , die zu v e r f o l g e n d e n Z i e l e selbst mit erstellt h a b e n , sich mit d i e s e n Zielen i d e n t i f i z i e r e n und d a h e r zu e i n e r höheren L e i s t u n g motiviert sind. I n w i e w e i t Z i e l e an sich f ü r d i e O p t i m i e r u n g v o n E n t s c h e i d u n g e n d i e n e n k ö n n e n w u r d e b e r e i t s bei d e r M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by O b j e c t i v e s " ( M b O ) erörtert. Die dort v o r g e b r a c h t e Kritik, ist auf d i e M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by P a r t i c i p a t i o n " zu übertragen.

5.2.4.8 Management by Motivation (MbM) Die M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by M o t i v a t i o n " ( M b M ) 1 8 geht v o n m ü n d i g e n M i t a r b e i t e r n aus, d e r e n B e d ü r f n i s s e a n h a n d d e r von M a s l o w e n t w i c k e l t e n

Bedürfnispyramide

f e s t z u l e g e n sind. Es w i r d unterstellt, d a ß m o n e t ä r e A n r e i z e zur L e i s t u n g s m o t i v a t i o n von den Mitarbeitern nur kurzfristig wirken. Verhaltensorientierte bzw. nicht-monetäre Leistungsanreize w i r k e n h i n g e g e n längerfristig, weil g e m ä ß d e r g e n a n n t e n B e d ü r f n i s p y r a m i d e bei den M i t a r b e i t e r n d a s B e d ü r f n i s der S e l b s t v e r w i r k l i c h u n g v o r r a n g i g ist. D i e M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by M o t i v a t i o n " e m p f i e h l t d a h e r einen M a ß n a h m e n k a t a l o g z u r l a n g f r i s t i g e n M o t i v a t i o n der Mitarbeiter: (1) Z u o r d n u n g v o n g r o ß e n und e i g e n s t ä n d i g e n V e r a n t w o r t u n g s b e r e i c h e n f ü r die M i t a r b e i t e r , (2) B e t e i l i g u n g d e r M i t a r b e i t e r an d e r A u f s t e l l u n g der a n z u s t r e b e n d e n Z i e l e und 17 18

Vgl. u.a. Kuhn, A.:Unternehmensführung, S. 236 Vgl. u.a. Jung, H.: Personalwirtschaft, S. 495 f.

Unternehmensführung

161

( 3 ) w e i t g e h e n d e A n w e n d u n g d e s P r i n z i p s d e r E i g e n k o n t r o l l e statt d e s P r i n z i p s der F r e m d kontrolle durch den Vorgesetzten. Trotz der teilweisen empirischen Bestätigung der von M a s l o w geschaffenen G r u n d a n n a h m e n hinsichtlich der Motivationsanreize, bleibt der Erfolg dieser

Managementtechnik

w e i t g e h e n d von der Persönlichkeitsstruktur d e r Vorgesetzten und der M i t a r b e i t e r sowie von d e r s o z i a l e n S i t u a t i o n u n d d e n s o z i a l e n N o r m e n , g e m ä ß d e n e n sich M e n s c h e n

verhalten,

abhängig.

5.2.4.9 Management by Logistics (MbL) D i e b i s h e r in d e r L i t e r a t u r d a r g e s t e l l t e n M a n a g e m e n t t e c h n i k e n , k u r z als M b X

bezeichnet,

b e r ü c k s i c h t i g e n n i c h t d i e E r k e n n t n i s s e d e r L o g i s t i k . D a h e r ist es n u r f o l g e r i c h t i g e i n e M a n a g e m e n t t e c h n i k zu fordern, die den Logistikansatz aufgreift. Diese M a n a g e m e n t t e c h n i k w ä r e a l s „ M a n a g e m e n t b y L o g i s t i c s " ( M b L ) zu b e z e i c h n e n . Im f o l g e n d e n s o l l e n d i e G r u n d z ü g e e i n e s „ M a n a g e m e n t by L o g i s t i c s " a u f g e z e i g t w e r d e n . B e r ü c k s i c h t i g t w e r d e n d a b e i die b e i d e n L o g i s t i k k o n z e p t e „ J u s t - i n - T i m e " u n d „ L e a n

Pro-

duction/Management".19 Die M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t b y Logistics" basiert auf d e m

Grundgedanken,

daß das M a n a g e m e n t eines Unternehmens optimale Entscheidungen gemäß der Ganzheitl i c h k e i t s l e h r e a n z u s t r e b e n hat. D i e E n t s c h e i d u n g m ü s s e n d a s ö k o n o m i s c h e O p t i m u m

mit

d e m t e c h n i s c h e n u n d d e m i n f o r m a t o r i s c h e n O p t i m u m v e r e i n e n . D i e V e r b i n d u n g b z w . Integ r a t i o n d e r drei O p t i m a l i t ä t s v o r s t e l l u n g e n f ü h r t zu e i n e r e r w e i t e r t e n S i c h t w e i s e d e r M a n a g e m e n t a u f g a b e n , die eine Effizienzsteigerung bewirkt. Um diese Effizienzsteigerung

im

U n t e r n e h m e n zu v e r w i r k l i c h e n , m u ß d a s M a n a g e m e n t m e h r e r e P r i n z i p i e n im U n t e r n e h m e n d u r c h s e t z e n : D i e s sind d a s F l i e ß p r i n z i p , d a s S u p e r m a r k t p r i n z i p , d a s H o l p r i n z i p , d a s K a n banprinzip, das Kontrollprinzip, das Qualitätsprinzip und das Leanprinzip. D e r M a t e r i a l f l u ß e i n e s U n t e r n e h m e n s ist s o w e i t w i e m ö g l i c h g e m ä ß d e m F l i e ß p r i n z i p zu o r g a n i s i e r e n . A l l e M a t e r i a l i e n sollten m ö g l i c h s t im F l u ß sein. D i e s ist d e r Fall, w e n n k e i n e B e s t ä n d e a u f L a g e r v o r g e h a l t e n w e r d e n . D a s aus d e r N a t u r ü b e r t r a g e n e F l i e ß p r i n z i p ist in U n t e r n e h m e n n i c h t i m m e r in R e i n f o r m zu v e r w i r k l i c h e n . In v i e l e n F ä l l e n w e r d e n

Sicher-

h e i t s b e s t ä n d e b e n ö t i g t o d e r es ist s i n n v o l l , B e s t ä n d e a u s S p e k u l a t i o n s g r ü n d e n z u h a l t e n . D a s F l i e ß p r i n z i p s o l l t e a b e r in U n t e r n e h m e n s o w e i t w i e m ö g l i c h d u r c h g e s e t z t w e r d e n . D i e V e r w i r k l i c h u n g d e s F l i e ß p r i n z i p s im U n t e r n e h m e n e r f o r d e r t d i e A n w e n d u n g d e s S u p e r m a r k t p r i n z i p s . M i t H i l f e d e s S u p e r m a r k t p r i n z i p s w i r d im U n t e r n e h m e n e i n e V e r ä n d e r u n g d e r P l a n u n g u n d S t e u e r u n g e r r e i c h t . D e r Z u l i e f e r e r h a t j e t z t M a t e r i a l f e h l b e s t ä n d e im U n t e r n e h m e n zu e r k e n n e n und selbständig w i e d e r a u f z u f ü l l e n . Für die E r k e n n u n g der Materialf e h l b e s t ä n d e ist e i n i n t e g r i e r t e s I n f o r m a t i o n s s y s t e m n o t w e n d i g , d a s d e m Z u l i e f e r e r d i e F e h l b e s t ä n d e a n z e i g t . U m e i n i n t e g r i e r t e s I n f o r m a t i o n s s y s t e m zu s c h a f f e n , m u ß im U n t e r n e h m e n

19

Vgl. Teil 1, Abschnitt 1.2.1

162

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

das H o l p r i n z i p durchgesetzt w e r d e n . Die D u r c h s e t z u n g des Holprinzips im U n t e r n e h m e n bedeutet, d a ß eine m a t e r i a l v e r b r a u c h e n d e Stelle sich das benötigte Material bei der materialproduzierenden bzw. materialbereitstellenden Stelle abholt und nicht bringen läßt. Z u d e m wird der I n f o r m a t i o n s f l u ß an den M a t e r i a l f l u ß gekoppelt, so daß „sich s e l b s t s t e u e r n d e " Regelkreise nach d e m K a n b a n p r i n z i p entstehen. Damit ändert sich auch die K o n t r o l l e im U n t e r n e h m e n . Es wird ein n e u e s Kontrollprinzip a n g e w a n d t , das mit g e r i n g e r e m E r f a s s u n g s a u f w a n d arbeitet als f r ü h e r a n g e w a n d t e Kontrollprinzipien. Es wird j e t z t nur noch der Input und d e r O u t p u t eines vernetzten Regelkreises kontrolliert. Dies setzt w i e d e r u m voraus, d a ß das Qualitätsprinzip z u m Tragen k o m m t . Jeder Regelkreis darf nur noch Gutteile an den f o l g e n d e n Regelkreis weitergeben. Er m u ß eine definierte Produktqualität o h n e A b w e i c h u n gen (Nullfehlerprinzip 2 0 ) auf Dauer und in der geforderten M e n g e erreichen. Schließlich ist d a s Leanprinzip im U n t e r n e h m e n zu verwirklichen. G e m ä ß d e m Leanprinzip sind schlanke Strukturen im U n t e r n e h m e n durchzusetzen. Die schlanken Strukturen beziehen sich im w e s e n t l i c h e n auf d a s Personal in den einzelnen Abteilungen eines Untern e h m e n s . M a n hat festgestellt, daß kleine Abteilungen b z w . T e a m s e f f i z i e n t e r arbeiten als große. Dies hat in der Praxis bereits bei vielen U n t e r n e h m e n dazu geführt, d a ß im Personalbereich vier Ebenen der U n t e r n e h m e n s h i e r a r c h i e wegrationalisiert wurden. 2 1 D i e D u r c h s e t z u n g der M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by Logistics" erfordert nicht nur die V e r w i r k l i c h u n g der genannten Prinzipien, sondern auch die V e r w i r k l i c h u n g des Logistikansatzes in den verschiedenen U n t e r n e h m e n s b e r e i c h e n . In der Literatur wird auch von Logistikbausteinen g e s p r o c h e n . Es handelt sich dabei um die folgenden drei Bausteine: integrierte I n f o r m a t i o n s v e r a r b e i t u n g , F e r t i g u n g s s e g m e n t i e r u n g und p r o d u k t i o n s s y n c h r o n e Bes c h a f f u n g . D i e drei B a u s t e i n e sind nicht immer alle in einem U n t e r n e h m e n und auch nicht i m m e r alle vollständig zu verwirklichen. O f t kann der Logistikansatz nur teilweise im Untern e h m e n a n g e w a n d t w e r d e n . Je u m f a n g r e i c h e r der Logistikansatz im U n t e r n e h m e n verwirklicht w e r d e n kann, desto größer ist die Logistiktiefe. 2 2

20

Vgl. Witte, H. u.a.: Fehlerkennzahlensystem: Null-Fehler im Umschlag, in: Logistik heute, 18. Jg. (1996), S. 5 8 - 6 1 ; Witte, H. u.a.: Ein Fehlerkennzahlensystem zur Verwirklichung der Null-Fehler-Strategie in der Distribution, in: Praxishandbuch Materialwirtschaft und Logistik in der Praxis, Augsburg 1997, Teil 9, Kap. 9.4.1; Witte, H.: FSYS - Fehlerkennzahlensystem für das Qualitätsmanagement in Logistikbetrieben, in: Materialfluß & Logistik, ti - Technologie-Informationen Niedersächsischer Hochschulen, 3/98, S. 3 21 A.9.\,Abb.9 Vgl. Teil 2, Abschnitt 22 Vgl. Witte, H.: Logistiktiefe - Ein Maß für den Anwendungsumfang von Logistik, in: Praxishandbuch Materialwirtschaft und Logistik in der Praxis, Augsburg 1998, Kap. 2.3

Unternehmensfuhrung

163

5.2.4.10 Management by Eco-Logistics (MbE-L) Der Logistikansatz wird als ganzheitlicher A n s a t z bezeichnet, weil er die w i s s e n s c h a f t l i c h e n Disziplinen T e c h n i k , Informatik und Ö k o n o m i e miteinander verbindet. Bei kritischer Betrachtung fallt allerdings auf, daß der Ganzheitlichkeitsaspekt nicht k o n s e q u e n t zum T r a g e n k o m m t . Der U m w e l t s c h u t z g e d a n k e spielt heute eine wichtige Rolle, so d a ß v o n einem g a n z heitlichen A n s a t z eigentlich nur dann gesprochen werden kann, wenn auch der U m w e l t schutzgedanke berücksichtigt wird. D a h e r ist die M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by Logistics" zu erweitern und neben den drei genannten w i s s e n s c h a f t l i c h e n Disziplinen auch die Ökologie in die M a n a g e m e n t t e c h n i k zu integrieren. Es ist dann von einem „ M a n a g e m e n t by E c o - L o g i s t i c s " ( M b E - L ) zu sprechen. Die F o r d e r u n g nach einer M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by E c o - L o g i s t i c s " ergibt sich aus der K o m b i n a t i o n des Logistikansatzes und des umweltorientierten Ansatzes der Betriebswirtschaftslehre. Die M a n a g e m e n t t e c h n i k geht k o n f o r m mit der Forderung ein offensives, statt ein d e f e n s i v e s U m w e l t m a n a g e m e n t im U n t e r n e h m e n zu verwirklichen. 2 3

5.2.5 UnternehmensführungsmodeIle/-konzepte N e b e n den M a n a g e m e n t t e c h n i k e n sind eine Vielzahl von M a n a g e m e n t m o d e l l e n in der Literatur bekannt, w i e z.B. das im R a h m e n der M a n a g e m e n t t e c h n i k „ M a n a g e m e n t by Delegatio n " b e h a n d e l t e H a r z b u r g e r M o d e l l , d a s St. Galler M a n a g e m e n t k o n z e p t , das 7-S-Modell, das Züricher M o d e l l etc. In diesem Z u s a m m e n h a n g soll lediglich a u f das Modell der M a n a g e m e n t a k a d e m i e M ü n chen 2 4 ( M A M ) und das St. Galler M a n a g e m e n t k o n z e p t eingegangen werden. Z u d e m wird ein eigenes Konzept, das M o n d o r f e r M a n a g e m e n t k o n z e p t dargestellt.

5.2.5.1 Das Harzburger Modell Das H a r z b u g e r M o d e l l ( H M ) , das bereits in Teil 3, Abschnitt 5.2.4.3 M a n a g e m e n t by Delegation ( M b D ) dargestellt wurde, zeigt, daß d e r Ü b e r g a n g von den M a n a g e m e n t t e c h n i k e n zu den M a n a g e m e n t m o d e l l e n und -konzepten fließend ist. A n d e r e r s e i t s zeigt sich auch, d a ß eine M a n a g e m e n t t e c h n i k einen bestimmten A n s a t z p u n k t f ü r das M a n a g e m e n t bietet, der aber keinesfalls f u r die L ö s u n g der k o m p l e x e n A u f g a b e U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g / M a n a g e m e n t ausreicht. Es ist daher notwendig, im R a h m e n der L e h r e u m f a s s e n d e r e M a n a g e m e n t m o d e l l e darzustellen und sie in der Praxis a n z u w e n d e n .

23 24

Vgl. Teil 1, Abschnitt 1.2.2 Vgl. u.a. Hub, H.: Unternehmensfuhrung, 2. Aufl., Wiesbaden 1988, S. 166 f.

164

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

5.2.5.2 Das Modell der Managementakademie München Das MAM-Modell ist auch unter dem Namen DIB-Modell bekannt, weil die Managementakademie München früher zum Deutschen Institut für Betriebswirtschaft (DIB) gehörte. Das Modell ist weitgehend identisch mit dem SIB-Modell des Schweizerischen Instituts für höhere kaufmännische Bildung (SIB). Abb. 35: Das MAM-Modell

Leitbild: E w

Managementtechniken zur ^ Führung und Förderung von Mitarbeitern Führungsgrundsätze

r

G

^ Managementtechniken Manager-Verhalten - MbO

zur Planung und Steuerung des Unternehmens

- MbD - MbP

Unternehmensziele

- MbE Analyse der Führungsorganisation

- MbR ergibt: M b M

Funktionsbeschreibungen

Analyse der Leitungsorganisation Planung, Budgetierung, Standards of Performance

Führungsinformationen ManagementinformationsMitarbeiterbeurteilung und -förderung

system Controlling

Quelle:

Hub, H.: Unternehmensführung, S. 166

Die Bestandteile des MAM-Modells sind aus der folgenden Abbildung (vgl. Abb. 55) zu entnehmen. Aus Abb. 35 geht hervor, daß das MAM-Modell aus vier Bestandteilen zusammengesetzt ist. Dies sind die Bestandteile Leitbild, Managementtechniken zur Führung und Förderung der Mitarbeiter, die Managerverhaltensweisen sowie die Managementtechniken zur Planung und Steuerung des Unternehmens. Im Leitbild spiegelt sich eine Unterneh-

Unternehmensfuhrung

165

mensphilosophie wider, die den Sinn der Führung eines Unternehmens in der Verwirklic h u n g von Wachstum, Entwicklung und Gewinn sieht. Die ersten Buchstaben dieser drei Begriffe ergeben das Wort „ W E G " . Daher wird das Leitbild des M A M - M o d e l l s als „ W E G " Leitbild bezeichnet. Es fallt auf, daß eine Orientierung des Modells am Umweltschutzgedanken fehlt. Aus heutiger Sicht wäre das Leitbild auf das „WEGU"-Leitbild zu erweitern. D i e Abb. 35 zeigt unter dem „WEG"-Leitbild im Prinzip eine Brücke oder einen Schreibtisch, die auf zwei Pfeilern bzw. der auf zwei Konsolen ruht. Die beiden Brückenpfeiler bzw. Konsolen beinhalten die Managementtechniken zur Führung und Förderung von Mitarbeitern sowie die Managementtechniken zur Planung und Steuerung des Unternehmens. Die beiden Brückenpfeiler bzw. Konsolen haben jeweils fünf Unterteilungen (Schubladen) für die verschiedenartigen Techniken, die in den beiden Bereichen der Unternehmensfuhrung, dem personenbezogenen und dem sachbezogenen Bereich, benötigt werden (vgl. Abb. 35). Der Brückenbogen, als Verbindung des personen- und des sachbezogenen Bereiches der Unternehmensfuhrung, gibt den Führungsstil der Unternehmensführer bzw. Vorgesetzten wider. Dieser wird aus den Managementtechniken „Management by Objectives" (MbO), „Management by Delegation" (MbD), „Management by Participation" (MbP), „Management by Exception" (MbE) und „Management by Results" (MbR) abgeleitet. Die optimale Kombination der Führungsstile aus diesen Managementtechniken findet sich im „Management by Motivation" (MbM). D i e beiden Brückenpfeiler bzw. Konsolen werden auch als Instrumentenpfeiler bezeichnet und mit zwei Werkzeugkästen verglichen, die in ihren fünf Abteilungen bzw. Schubladen die Managementinstrumente, „Managementtools", vorhalten. Die in Abb. 35 benutzten Begriffe auf den Schubladen sind lediglich als Oberbegriffe bzw. Labels anzusehen. Welche Instrumente ein Unternehmen in die Schubladen packen will, um sie für die Anwendung bereitzuhalten, muß j e d e s Unternehmen für sich entscheiden. D i e Beurteilung des MAM-Modells anhand der oben vorgegebenen Anforderungen liegt nicht in der Literatur vor. Daher muß auch in diesem Fall eine eher subjektive Beurteilung erfolgen. Prinzipiell ist zum M A M - M o d e l l zu sagen, daß es abschließend schwer zu beurteilen ist, da es sich um ein Rahmenmodell handelt, das j e nach Unternehmen aus vorgegebenen Bestandteilen bzw. Bauteilen zu einem unternehmensspezifischen Modell zusammengesetzt werden kann. Inwieweit dennoch eine Beurteilung des M A M - M o d e l l s an den sieben vorgegebenen Anforderungen möglich ist, wird sich im folgenden zeigen. Die subjektive Beurteilung des MAM-Modells ergab die im folgenden dargestellten Ergebnisse: - Die Operationalität und Transparenz kann generell nicht beurteilt werden, es kommt auf die spezifische Ausformulierung des Rahmenmodells an; - die Vollständigkeit ist formal gegeben, muß aber nicht zwangsläufig in der Praxis gegeben sein;

166

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

- die Standardisierung und Formalisierung kann nicht beurteilt werden, da es sich um ein Rahmenmodell handelt; - die Flexibilität ist bei einem Rahmenmodell prinzipiell gegeben, muß im spezifischen Anwendungsfall jedoch nicht zwangsläufig vorliegen; - der Beteiligungsgrad der Mitarbeiter hängt von der spezifischen Ausformulierung des Modells ab, dürfte jedoch im Normalfall hoch sein, da das Führungsverhalten aus den verschiedenen Managementtechniken abgeleitet wird; - die wissenschaftliche Begründbarkeit ist nicht unbedingt gegeben, da sie bei einigen Bestandteilen des Rahmenmodells vorliegt, bei anderen nicht; - die Widerspruchsfreiheit ist ebenfalls nicht für alle Bestandteile gegeben. Auf die Beurteilung der einzelnen Bestandteile des MAM-Modells soll nicht noch einmal Bezug genommen werden. Es wird diesbezüglich auf die vorgehenden Abschnitte verwiesen.

5.2.5.3 Das St. Galler Managementkonzept Das St. Galler Managementkonzept 25 ist eine Weiterentwicklung des St. Galler Managementmodells. 26 Die Weiterentwicklung wurde vorgenommen, um dem komplexer gewordenen Unternehmensumfeld und seiner erhöhten Veränderungsrate Rechnung zu tragen. Das St. Galler Managementkonzept besteht aus drei Komponenten: der ganzheitlichen Betrachtungsweise, der Integration von Vielfältigkeiten und der Kreierung eines Denkmusters für die Handhabung von Systemen. Aufgrund der ganzheitlichen Betrachtungsweise wird das Unternehmen als System aufgefaßt, das sich aus drei abgrenzbaren Problemfeldern zusammensetzt, die im Rahmen eines ganzheitlichen Managements bearbeitet werden müssen. Die drei Problemfelder sind die normative, die strategische und die operative Dimension eines Unternehmens. Die Integration von Vielfältigkeiten unterstellt, daß bei der Lösung der Managementprobleme eines Unternehmens die drei genannten Problemfelder bzw. Dimensionen nicht isoliert werden können, sondern die Beziehungszusammenhänge zwischen ihnen berücksichtigt werden müssen. Die Kreierung eines Denkmusters erfolgt mit der Zielsetzung, dem Management eine Hilfe zur Entwicklung einer Philosophie zu geben, die im Unternehmen umsetzbar ist. Das St. Galler Managementkonzept stellt einen Rahmen dar, in dem die Entscheidungsprobleme des Managements eines Unternehmens gelöst werden können. Die Struktur bzw. der Grundgedanke und damit die prinzipielle Vorgehensweise im Rahmen des Konzeptes ist in Abb. 36 dargestellt. Zunächst ist festzustellen, daß die Managementprobleme auf drei Ebenen angesiedelt werden. Dies sind die normative, die strategische und die operative Ebene. Auf jeder Ebene gibt es jeweils drei Problemfelder: Auf der normativen Ebene sind dies

25

V g l . Bleicher, K.: D a s K o n z e p t Integriertes M a n a g e m e n t - Das St. Galler M a n a g e m e n t - K o n z e p t , 4.

A u f l . , Frankfurt/New Y o r k 1996, insbes. S. 7 0 ff. 26

V g l . Ulrich, H./Krieg, W.: D a s St. Galler M a n a g e m e n t M o d e l l , 3. Aufl., Bern 1 9 7 4

Unternehmensführung

167

die U n t e r n e h m e n s v e r f a s s u n g , die Unternehmenspolitik und Unternehmenskultur. Die Prob l e m f e l d e r der strategischen Ebene heißen Organisationsstrukturen einschließlich

Manage-

m e n t s y s t e m e , P r o g r a m m e u n d P r o b l e m v e r h a l t e n . Die P r o b l e m f e l d e r , o r g a n i s a t o r i s c h e P r o z e s s e e i n s c h l i e ß l i c h D i s p o s i t i o n s s y s t e m e , A u f t r ä g e u n d F ü h r u n g s v e r h a l t e n , sind h i n g e g e n a u f d e r o p e r a t i v e n E b e n e a n g e s i e d e l t . D i e P r o b l e m f e l d e r a u f d e n drei E b e n e n lassen sich in drei

Problembereiche

zusammenfassen.

Die ersten

genannten

P r o b l e m f e l d e r bilden

die

S t r u k t u r e n e i n e s U n t e r n e h m e n s , d i e an d r i t t e r S t e l l e s p i e g e l n d a s V e r h a l t e n im U n t e r n e h m e n a u f d e n d r e i E b e n e n w i d e r u n d d i e an z w e i t e r S t e l l e g e n a n n t e n P r o b l e m f e l d e r lassen sich a l l e a l s A k t i v i t ä t e n im U n t e r n e h m e n b e z e i c h n e n . D i e s e A k t i v i t ä t e n s i n d f ü r d i e U n t e r n e h m e n s e n t w i c k l u n g verantwortlich. Sie bestimmen, w e l c h e E n t w i c k l u n g ein U n t e r n e h m e n durchlaufen wird. Abb.

36:

S t r u k t u r d e s St. G a l l e r M a n a g e m e n t k o n z e p t e s horizontale Integration

normative

Unternehmens-

Unternehmens-

Dimension

verfassung

politik

strategische Dimension

Organisations-

Unternehmenskultur

Programme

Problemverhalten

Aufträge

Führungsverhalten

strukturen Managementsysteme

operative Dimension

Organisatorische Prozesse Dispositionssysteme Strukturen

\

Aktivitäten

/

Verhalten

Unternehmensentwicklung

Quelle:

0'

B l e i c h e r , K.: Das Konzept Integriertes Management, S. 383

U m f ü r ein U n t e r n e h m e n e r f o l g r e i c h e E n t s c h e i d u n g e n z u t r e f f e n , s i n d d i e E n t s c h e i d u n g e n in d e n e i n z e l n e n P r o b l e m f e l d e r n n i c h t isoliert zu t r e f f e n , s o n d e r n e s ist e i n e i n t e g r i e r t e

168

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Lösung anzustreben. Die Integration hat über die Ebenen (vertikal) und über die Problembereiche (horizontal) zu erfolgen. Das St. Galler Managementkonzept bildet genau wie das Managementmodell der Managementakademie München einen Rahmen, der bestimmte Elemente vorgibt und ansonsten einem Unternehmen sehr viel Spielraum für die konkrete Ausgestaltung des Rahmens läßt. Die Beurteilung eines Rahmenkonzeptes fallt schwer, weil die Konkretisierung fehlt. Ein Vorteil der fehlenden Konkretisierung ist hingegen die bestehende Flexibilität des Konzeptes, das auf jedes Unternehmen und seine Problemlage zugeschnitten werden kann.

5.2.5.4 Ein eigenes Managementkonzept: Das Mondorfer Managementkonzept Die Darstellung der Managementtechniken, -modelle und -konzepte gibt Anlaß den Versuch der Entwicklung eines eigenen Managementkonzeptes zu wagen. Dieses Konzept soll als „Mondorfer Managementkonzept" (MMK) bezeichnet werden. Bei diesem Konzept kann es sich in Anlehnung an das Managementmodell der Managementakademie München und das St. Galler Managementkonzept nur um ein Rahmenkonzept handeln, das Spielräume für die konkrete Ausformulierung unter Berücksichtigung der speziellen Problemlage jedes Unternehmens läßt. Bei der Ausformulierung des „Mondorfer Managementkonzepts" ist zu berücksichtigen, daß alle dargestellten Managementtechniken einzelne Kriterien bzw. Elemente in den Mittelpunkt stellen. Die Techniken ergänzen sich bzw. bauen aufeinander auf. Es sind daher wie beim Managementmodell der Managementakademie München alle Techniken zu berücksichtigen. Ferner ist wie beim St. Galler Managementkonzept eine vertikale Integration über die Unternehmensebenen und eine horizontale Integration über die Unternehmensbereiche anzustreben. Die Struktur des unter den genannten Voraussetzungen formulierten „Mondorfer Managementkonzepts" ist in der folgenden Abb. 39 dargestellt. Das „Mondorfer Managementkonzept" (MMK) geht davon aus, daß die vertikale Integration im Unternehmen über vier Ebenen vorzunehmen ist. Dies sind die normative, die strategische, die taktische und die operative Ebene. Aufgrund der Verwirklichung des „Lean"Gedankens in den Unternehmen, der im Bereich der Personallogistik zur Reduzierung der Ebenen in der Personalhierarchie führt und insbesondere zum Personalabbau auf den traditionellen mittleren Ebenen, sind die strategische und die taktische Ebene enger zusammengerückt. Ihre Aufgaben sind nicht mehr klar zu trennen. Die horizontale Integration hat über drei Bereiche zu erfolgen. Dies sind auf der normativen Ebene die Unternehmensphilosophie, die Unternehmensverfassung bzw. -grundsätze und die Unternehmenskultur. In allen drei Bereichen werden die normativen Grundlagen für die Unternehmenspolitik gelegt. Die Integration der drei Bereiche erfolgt in der Unternehmenspolitik. Die Unternehmenspolitik ist auf der strategischen bzw. langfristig orientierten Ebene angesiedelt. Die normativen Aussagen der drei Bereiche auf der vorgelagerten Ebene werden

Unternehmensführung

169

also für die strategische bzw. langfristige Orientierung des Unternehmens integriert und zu einem Konzept, das Unternehmenspolitik genannt wird, verarbeitet. Abb. 37: Struktur des Mondorfer Managementkonzepts horizontale Integration normative Ebene

Unternehmensphilosophie

Unternehmensverfassung/ -grundsätze

Unternehmenskultur

' v e r

Unternehmenspolitik strategische Ebene taktische Ebene operative Ebene

Organisation Managementtechniken Problemlösungsverhalten Gestaltung der sachbezogenen Strukturen und Prozesse

Ziele/Strategien Pläne Kontrolle Entscheidungen Aufträge Durchführung

t Führungsverhalten Führungsstile

i k a 1 e I n t e g

Managementtechniken Problemlösungsverhalten

\ Aktivitäten / Gestaltung der per\ (Maß/ sonenbezogenen Struk\nahmen) / turen und Prozesse (Verhalten/V erhaltensbeeinflussung)

r a t 1

Unternehmenserfolg Phasen des Produktlebenszyklus Phasen des Unternehmenslebenszyklus Phasen der Konjunktur/allgemeine Wirtschaftsentwicklung, Branchenentwicklung, regionale Entwicklung Umfeldstrukturen Quelle:

eigene Darstellung

Bei der Erstellung des unternehmensspezifischen Konzepts „Unternehmenspolitik" sind nicht nur die normativen Aussagen der vorgelagerten Ebene zu berücksichtigen, sondern

170

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

auch die R a h m e n b e d i n g u n g e n unter denen das entsprechende U n t e r n e h m e n operiert. Diese R a h m e n b e d i n g u n g e n werden d u r c h die Strukturen des U m f e l d s gesetzt. D a r ü b e r hinaus sind f ü r d a s U n t e r n e h m e n relevante T a t b e s t ä n d e , wie die k o n j u n k t u r e l l e Lage, die allgemeine W i r t s c h a f t s e n t w i c k l u n g , die B r a n c h e n - und die regionale Entwicklung, zu beachten. A b e r auch I n f o r m a t i o n e n über den Produktlebenszyklus, den U n t e r n e h m e n s z y k l u s und den Untern e h m e n s e r f o l g sind bei der Erstellung des Konzepts „ U n t e r n e h m e n s p o l i t i k " zu berücksichtigen. D i e U n t e r n e h m e n s p o l i t i k ist ein auf der strategischen Ebene angesiedeltes R a h m e n k o n zept, d a s noch auf der strategischen E b e n e wieder in drei Bereiche, die w i e d e r u m zu integrieren sind, verfällt. Diese A u f t e i l u n g bleibt auf der taktischen und auf der operativen E b e n e erhalten. Die drei Bereiche sind die Gestaltung der sachbezogenen Strukturen und Prozesse im U n t e r n e h m e n , die G e s t a l t u n g der personenbezogenen Strukturen und Prozesse im Untern e h m e n s o w i e die Aktivitäten b z w . M a ß n a h m e n . A u f der strategischen und der taktischen Ebene sind im Bereich Gestaltung der s a c h b e z o g e n e n Strukturen und Prozesse die Organisation, also die A u f b a u - und die Ablauforganisation, d e s U n t e r n e h m e n s v o r z u n e h m e n s o w i e die geeigneten M a n a g e m e n t t e c h n i k e n a u s z u w ä h len u n d einzusetzen. Im Bereich der Gestaltung der p e r s o n e n b e z o g e n e n Strukturen und Prozesse sind a u f den beiden genannten E b e n e n das Führungsverhalten und die Führungsstile f e s t z u l e g e n und a n z u w e n d e n . Z u d e m sind ebenfalls M a n a g e m e n t t e c h n i k e n a u s z u w ä h l e n und einzusetzen. Im Bereich der Aktivitäten sind schließlich auf den beiden erwähnten Ebenen Ziele, Strategien und Pläne aufzustellen s o w i e die Kontrolle d u r c h z u f ü h r e n . Ferner sind aus den Zielen, Strategien und Plänen Entscheidungen abzuleiten und e n t s p r e c h e n d e A u f t r ä g e zu formulieren. A u f der operativen Ebene wird in den beiden Bereichen G e s t a l t u n g der sach- und person e n b e z o g e n e n Strukturen und Prozesse j e w e i l s ein Unternehmens- und mitarbeiterspezifisches Problemlösungsverhalten erwirkt. M i t diesem Problemlösungsverhalten w e r d e n dann die sich aus den beiden genannten Bereichen ergebenden Aktivitäten bzw. M a ß n a h m e n umgesetzt. Diese Aktivitäten bzw. M a ß n a h m e n bewirken den U n t e r n e h m e n s e r f o l g . D e r U n t e r n e h m e n s e r f o l g ist a b e r nicht nur von den Aktivitäten bzw. M a ß n a h m e n und d e m dahinterstehenden Problemlösungsverhalten abhängig, sondern auch von der P h a s e d e s P r o d u k t l e b e n s z y k l u s , der P h a s e des Unternehmenslebenszyklus, der Phase der K o n j u n k t u r , der a l l g e m e i n e n W i r t s c h a f t s e n t w i c k l u n g , der Branchen- und der regionalen

Entwicklung

s o w i e den U m f e l d s t r u k t u r e n b z w . -bedingungen. Entsprechend d e m U n t e r n e h m e n s e r f o l g ist in d e r nächsten W i r t s c h a f t s p e r i o d e die Unternehmenspolitik des U n t e r n e h m e n s zu verändern. Bei der N e u f o r m u l i e r u n g der Unternehmenspolitik sind auch V e r ä n d e r u n g e n hinsichtlich d e r Phasen des Produkt- und U n t e r n e h m e n s l e b e n s z y k l u s , der Phasen der K o n j u n k t u r , der a l l g e m e i n e n W i r t s c h a f t s e n t w i c k l u n g , d e r Branchen- und regionalen E n t w i c k l u n g s o w i e des U m f e l d e s zu berücksichtigen. D a s „ M o n d o r f e r M a n a g e m e n t k o n z e p t " ( M M K ) ist also nicht statisch, sondern d y n a m i s c h . Die V e r ä n d e r u n g e n der einzelnen T e i l k o m p o n e n t e n in der Zeit werden berücksichtigt. Z u m

Unternehmensfiihrung

171

Teil werden Informationen hinsichtlich der Teilkomponenten als Ausgangswerte (Vorkoppelung) und als Anpassungswerte (Rückkoppelung) benötigt.

6. Unternehmensplanung Die Unternehmensplanung ist ein wichtiger Bereich der Unternehmensführung. In einem Verfahren, das Informationen „top down" und „bottom up" integriert, wird ein Unternehmensplan erstellt. Der zuerstellende Unternehmensplan gliedert sich in Teilpläne, dies sind die Pläne der einzelnen betrieblichen Funktionsbereiche. Der Unternehmensplan und seine Teilpläne müssen die Unternehmenspolitik und ihre Ziele, Strategien sowie ihre sonstigen Elemente (Unternehmensphilosophie, Unternehmenskultur) berücksichtigen. Für die Unternehmensplanung müssen von daher Informationen von oben, von der Unternehmensleitung, vorgegeben werden. Diese Informationen sind mit den von unten, von der operativen Ebene, kommenden Informationen bzw. Plänen, zu einem Unternehmensplan zu integrieren. Im Kapitel „Unternehmensplanung" sind folgende Aspekte zu behandeln: Grundlagen der Unternehmensplanung, Phasen der Unternehmensplanung, Grundsätze der Unternehmensplanung, Phasen des Entscheidungsprozesses, Aufgaben der Unternehmensplanung, Ziele der Unternehmensplanung, Instrumente der Unternehmensplanung und Methoden der Unternehmensplanung.

6.1 Grundlagen der Unternehmensplanung Die Unternehmensplanung kann hierarchisch abgegrenzt, d.h. den verschiedenen Managementebenen im Unternehmen zugeordnet werden. Es ist dann zwischen der strategischen Unternehmensplanung, die von der Unternehmensleitung bzw. dem oberen Management vorgenommen wird, der taktischen Unternehmensplanung und der operativen Unternehmensplanung zu unterscheiden. Die taktische Unternehmensplanung fällt in den Aufgabenbereich des mittleren Managements und die operative Unternehmensplanung fällt dem unteren Management zu. Die Notwendigkeit bzw. der Zwang zur Planung eines Unternehmens ergibt sich aus der Komplexität und der Veränderung des Umfeldes. Ein Unternehmen muß sich langfristig auf dieses Umfeld einstellen, d.h. es muß langfristig bzw. strategisch planen. Die Chancen und die Risiken des unternehmerischen Handelns sind aus einer komplexen Datenmenge, die Umfeld- und Unternehmenssituation beschreiben, abzuleiten. Der strategischen Unternehmensplanung liegen Ziele zugrunde, die wie folgt beschrieben werden können: (1) Erkennen von Trends für Kosten, Erlöse und Gewinne; (2) Erkennen von Chancen und Risiken sowie (3) Ableitung von Handlungsalternativen zur Erreichung bestimmter Zielsetzungen. Strategische Unternehmensplanung kann auch als eine Tätigkeit aufgefaßt werden, die versucht, die von einem Unternehmen gewünschte Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit zu

172

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

verwirklichen. Basis der strategischen Unternehmensplanung ist die Beschreibung und Festlegung von realisierbaren Unternehmenszielen. Die strategische Unternehmensplanung kann unterschiedlich gestaltet sein. Ihr Formalisierungsgrad hinsichtlich Aufbau, Inhalt und Ablauf ist prinzipiell von der Unternehmensgröße abhängig. Aber auch die Einstellung der Unternehmensleitung zur Formalisierung spielt eine Rolle für die konkrete Ausgestaltung der strategischen Unternehmensplanung in einem Unternehmen. Prinzipiell ist zwischen einer Unternehmensplanung zu unterscheiden, die auf der Messung der notwendigen Daten beruht und einer Unternehmensplanung, die auf die Messung dieser Daten verzichtet. Die zweite Form der Unternehmensplanung kann als rein verbale, intuitive Unternehmensplanung nach Gefühl bezeichnet werden. Das Fingerspitzengefühl und die Markterfahrung spielen eine dominante Rolle. Diese Form der Unternehmensplanung ist eher für Kleinstunternehmen typisch. Die erste Form der Unternehmensplanung kann entsprechend dem Meßniveau der Planung in verschiedenen Subformen vorkommen. Es ist zwischen nichtmetrischer und metrischer Messung zu unterscheiden. Insgesamt ergeben sich in Abhängigkeit vom Meßniveau die folgenden Subformen der Unternehmensplanung, die nach ansteigendem

Meßniveau

bzw. anspruchsvollerer Messung aufgeführt sind: (1)

Unternehmensplanung auf der Basis nichtmetrischer Meßwerte

(1.1) Unternehmensplanung auf der Basis nominaler Meßwerte (1.2) Unternehmensplanung auf der Basis ordinaler Meßwerte (2)

Unternehmensplanung auf der Basis metrischer Meßwerte

(2.1) Unternehmensplanung auf der Basis intervallskalierter Meßwerte (2.2) Unternehmensplanung auf der Basis differenzskalierter Meßwerte (2.3) Unternehmensplanung auf der Basis verhältnisskalierter Meßwerte (2.4) Unternehmensplanung auf der Basis kardinaler (absolutskalierter) Meßwerte Die Unternehmensplanung auf der Basis von Meßwerten sollte grundsätzlich bestrebt sein, stets Meßwerte auf dem höchstmöglichen Meßniveau zu verwenden. Da nicht immer alle benötigten Daten auf dem höchsten bzw. auf dem gleichen Niveau gemessen werden können, sind - sofern möglich - Transformationen der Daten durchzuführen oder die Anwendung eines niedrigeren, für alle Daten gleichen Meßniveaus zu verwirklichen. Das höchste Meßniveau, das durch die kardinale bzw. absolute Messung repräsentiert wird, ist in der Regel nicht anwendbar, da nur wenige Tatbestände (z.B. das Alter eines Menschen) einer kardinalen Messung unterzogen werden können. Für ökonomische Tatbestände wird sehr häufig die A n w e n d u n g der verhältnisskalierten Messung, insbesondere mittels einer additiven Verhältnisskala angestrebt. Allerdings gibt es in der Ökonomie auch Tatbestände, die lediglich einer ordinalen Messung unterzogen werden können. Der Formalisierungsgrad und damit die Form bzw. die Subform der Unternehmensplanung wird außer von den oben erwähnten Tatbeständen von den zur V e r f ü g u n g stehenden

Unternehmensführung

173

Methoden zur Datenerfassung und -Verarbeitung und ihren meßtheoretischen Voraussetzungen bzw. Anforderungen bestimmt. Der Bezugsrahmen der strategischen Unternehmensplanung sind einerseits die Prognosen hinsichtlich der Veränderung des Umfeldes und andererseits die Fakten, die durch die Unternehmenspolitik geschaffen werden. Die Umfeldprognosen, die Unternehmenspolitik und die strategische Unternehmensplanung sind wiederum die Bezugsgrößen einer gesteuerten Unternehmensentwicklung (Corporate Development). Nicht alle Prognosen hinsichtlich der Veränderungen des Umfeldes können vom Unternehmen selbst durchgeführt werden. Dies gilt vor allem für die Prognosen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Nur große Unternehmen sind in der Lage eigene gesamtwirtschaftliche Prognosen zu erstellen. In der Regel müssen kleine und mittlere Unternehmen, die von den großen Wirtschaftsinstituten angefertigten gesamtwirtschaftlichen Prognosen als Basis für ihre unternehmensbezogenen Prognosen übernehmen. Auf der Basis der gesamtwirtschaftlichen Prognosen hat ein Unternehmen seine eigenen Vorstellungen hinsichtlich der grundsätzlichen unternehmensspezifischen Verhaltensweisen im Wirtschaftsprozeß zu formulieren. Insbesondere sind die Ziele der Unternehmenspolitik auf diesen Entscheidungsrahmen abzustimmen. Aber auch die geplanten Aktivitäten eines Unternehmens sind durch Analyse und Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Prognosen unter Berücksichtigung der eigenen Ziele sowie des Markt- und Leistungspotentials zu fixieren und auf bestimmte Wirkungsfelder zu konzentrieren. Für die strategische Unternehmensplanung gilt prinzipiell die Aussage, je umfangreicher und genauer die Prognosedaten, j e spezifischer kann die Unternehmenspolitik ihre Ziele und Aktivitäten formulieren. Die strategische Unternehmensplanung wird damit formalisierter und intensiver. Die strategische Unternehmensplanung hinsichtlich der Ziele und Aktivitäten der Unternehmenspolitik kann in zwei Bereiche unterteilt werden: die Ziel- und die Ausführungsplanung. Die Aufgabe der Zielplanung besteht in der Festlegung der langfristigen Ziele der Unternehmenspolitik. Es werden im Rahmen der Unternehmenspolitik die Strategievorstellungen des Unternehmens abgesteckt. Die Ausführungsplanung befaßt sich hingegen mit der Zielrealisierung. Es werden die Aktivitäten bzw. Maßnahmen zur optimalen Erreichung der gesetzten Ziele ausgewählt. Die Unternehmensplanung läßt sich nach dem Zeitraum auf den sie sich bezieht in die langfristige, mittelfristige und kurzfristige Planung unterscheiden. 27 Die langfristige Unternehmensplanung stellt Pläne auf, deren Planungshorizont in der Regel fünf Jahre überschreitet. Der Planungshorizont kann durchaus bis zu zehn Jahren umfassen. Die mittelfristige Unternehmensplanung bezieht sich auf einen Planungszeitraum von einem bis zu fünf Jahren. Die kurzfristige Unternehmensplanung erstellt Pläne mit Fristen unter einem Jahr in Form von Jahres-, Monats- und/oder Wochenplänen.

27

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 110 f.;

Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1133

174

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre D i e Z e i t a n g a b e n f ü r d i e drei g e n a n n t e n F r i s t i g k e i t e n d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g v a r i i e r e n

in d e r L i t e r a t u r . D i e s e r T a t b e s t a n d e r g i b t s i c h aus u n t e r s c h i e d l i c h e n E i n s c h ä t z u n g e n , d i e a u s Erfahrungen aus verschiedenen

B r a n c h e n r e s u l t i e r e n . E s l e u c h t e t u n s c h w e r ein, d a ß

der

Z e i t b e z u g u n d d a m i t d i e F r i s t i g k e i t d e r P l a n u n g z.B. in d e r M o d e b r a n c h e ( B e k l e i d u n g ) e i n a n d e r e r ist a l s in d e r C o m p u t e r b r a n c h e o d e r d e m S t a h l b a u ( S c h i f f s b a u , M a s c h i n e n b a u ) . N e b e n zeitlichen K o m p o n e n t e n b e s t i m m e n auch inhaltliche und f o r m a l e Kriterien

die

A b g r e n z u n g u n t e r s c h i e d l i c h e r A r t e n d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g . In d e r L i t e r a t u r w e r d e n n a c h d e m I n h a l t z w i s c h e n drei bis f ü n f P l a n u n g s e b e n e n und d a m i t A r t e n d e r P l a n u n g u n t e r s c h i e d e n . Z u m T e i l d e c k t sich d i e i n h a l t l i c h e mit d e r z e i t l i c h e n A b g r e n z u n g . In d e r H i e r a r c h i e d e r P l a n u n g s e b e n e n w i r d an o b e r s t e r S t e l l e d i e R a h m e n p l a n u n g g e s e t z t . D i e R a h m e n p l a n u n g h a t d i e g l o b a l e A u f g a b e , die G r u n d s ä t z e d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k f e s t z u l e g e n . D i e K o n k r e t i s i e r u n g d i e s e r g l o b a l e n G r u n d s ä t z e ist A u f g a b e d e r n a c h f o l g e n d e n Planungsebenen.28 A u f d e r n ä c h s t e n H i e r a r c h i e s t u f e n a c h d e r R a h m e n p l a n u n g ist d i e s t r a t e g i s c h e P l a n u n g angesiedelt. Sie hat die A u f g a b e n , d e r U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g Unterlagen zur

Bestimmung

u n d F e s t l e g u n g l a n g f r i s t i g e r Z i e l e b z w . S t r a t e g i e n zu l i e f e r n . D i e s e Z i e l e s i n d z u m e i s t p r o j e k t o r i e n t i e r t . D e r G ü l t i g k e i t s z e i t r a u m d e r Z i e l e liegt bei e i n e m Z e i t h o r i z o n t v o n f ü n f bis z e h n J a h r e n . Z w e c k d e r s t r a t e g i s c h e n U n t e r n e h m e n s p l a n u n g ist d e r A u f b a u v o n E r f o l g s p o t e n t i a l e n f ü r d a s l a n g f r i s t i g e Ü b e r l e b e n des U n t e r n e h m e n s a m M a r k t . N o c h e i n e H i e r a r c h i e s t u f e n i e d r i g e r a n g e s i e d e l t ist d i e t a k t i s c h e P l a n u n g . Sie e r s t r e c k t s i c h a u f d i e T e i l p h a s e n e i n e r S t r a t e g i e . Es w i r d z . B . d i e E i n f ü h r u n g e i n e s n e u e n P r o d u k t e s über d i e Phasen E n t w i c k l u n g bis zur Marktreife, I n v e s t i t i o n s m a ß n a h m e n , Finanzierung, Pers o n a l b e r e i t s t e l l u n g u n d B e r e i t s t e l l u n g d e r n a c h g e f r a g t e n P r o d u k t m e n g e g e p l a n t . Es h a n d e l t s i c h b e i d e r t a k t i s c h e n P l a n u n g um d i e m i t t e l f r i s t i g e A u s g e s t a l t u n g d e r l a n g f r i s t i g e n S t r a t e gie A u f b a u von Erfolgspotentialen. Der Planungshorizont umfaßt einen Zeithorizont

von

e i n e m b i s zu f ü n f J a h r e n . N a c h der taktischen

P l a n u n g f o l g t in d e r P l a n u n g s h i e r a r c h i e

die operative

Planung.

Z w e c k d e r o p e r a t i v e n P l a n u n g ist d i e A u s s c h ö p f u n g d e r v o n d e r s t r a t e g i s c h e n P l a n u n g a u f gezeigten und von der taktischen Planung ausgestalteten Erfolgspotentiale. Die operative P l a n u n g ist p e r i o d e n o r i e n t i e r t u n d b e z i e h t s i c h a u f e i n e n Z e i t h o r i z o n t bis zu e i n e m J a h r . E s w e r d e n k u r z f r i s t i g Z i e l e , M a ß n a h m e n und Mittel f ü r e i n z e l n e T e i l b e r e i c h e d e s U n t e r n e h m e n s festgelegt. Z u d e m sollen die K o n s e q u e n z e n aus den geplanten Aktivitäten a u f g e z e i g t werden. A u f der untersten H i e r a r c h i e s t u f e der P l a n u n g s e b e n e n folgt schließlich die dispositive P l a n u n g . S i e legt d e t a i l l i e r t e T e r m i n e u n d D a t e n f ü r alle b e t r i e b l i c h e n F u n k t i o n s b e r e i c h e f e s t und dient somit der situationsnahen S t e u e r u n g des Unternehmens. Der Zeithorizont der disp o s i t i v e n P l a n u n g ist s e h r k u r z f r i s t i g . M i t H i l f e d e r d i s p o s i t i v e n P l a n u n g k a n n e i n e A d - H o c A n p a s s u n g an den P l a n u n g s p r o z e ß beeinflussende V e r ä n d e r u n g e n erfolgen. Allerdings m u ß

28

Vgl. u.a. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1133 f.

Unternehmensführung

175

e r w ä h n t w e r d e n , d a ß d i e s e v i e r t e P l a n u n g s e b e n e n i c h t v o n allen A u t o r e n g e s e h e n w i r d . O f t w e r d e n in d e r L i t e r a t u r n u r drei P l a n u n g s e b e n e n h e r a u s g e s t e l l t . S c h l i e ß l i c h k a n n d i e U n t e r n e h m e n s p l a n u n g in d i e G e s a m t - u n d in d i e T e i l p l a n u n g u n t e r s c h i e d e n w e r d e n . 2 9 D i e G e s a m t p l a n u n g b e z i e h t sich a u f d a s g e s a m t e U n t e r n e h m e n u n d e r stellt e i n e n U n t e r n e h m e n s p l a n . D i e T e i l p l a n u n g b e z i e h t s i c h h i n g e g e n a u f a u s g e w ä h l t e T e i l bereiche (Funktionsbereiche oder Sparten) eines U n t e r n e h m e n s . Es werden Teilpläne erstellt wie z.B. Absatz- bzw. Marketingpläne, Fertigungs- bzw. Produktionspläne,

Personalpläne,

Beschaffungspläne und/oder Finanzpläne. Z w i s c h e n der G e s a m t - und der T e i l p l a n u n g besteht ein Z u s a m m e n h a n g : der G e s a m t p l a n läßt s i c h in d i e T e i l p l ä n e z e r l e g e n und d i e T e i l p l ä n e l a s s e n sich z u m G e s a m t p l a n i n t e g r i e r e n . A u s d i e s e m Z u s a m m e n h a n g e r g i b t sich e i n g e g e n s e i t i g e r A b s t i m m u n g s b e d a r f , d i e P l ä n e k ö n n e n n i c h t isoliert v o n e i n a n d e r e r s t e l l t w e r d e n . D e r G e s a m t p l a n m u ß u.a. a n den l a n g f r i stigen M ö g l i c h k e i t e n des A b s a t z m a r k t e s ausgerichtet sein. Der Marketingplan muß seinerseits die V o r g a b e n des G e s a m t p l a n e s berücksichtigen. A u s diesem A b s t i m m u n g s b e d a r f ergibt sich, daß der G e s a m t p l a n kurzfristig v o m s c h w ä c h s t e n Teilplan determiniert wird. Dieser T a t b e s t a n d k a n n v o n d e r s t r a t e g i s c h e n P l a n u n g j e d o c h n i c h t a u f D a u e r a k z e p t i e r t w e r d e n . D i e U n t e r n e h m e n s p l a n u n g w i r d d a h e r v e r s u c h e n , d e n S c h w a c h p u n k t in d e r P l a n u n g zu b e heben. Aus dieser V e r h a l t e n s w e i s e resultiert das "Ausgleichsgesetz der Planung".30 D i e s e s G e s e t z b e s a g t , d a ß ein E n g p a ß k u r z f r i s t i g d i e G e s a m t p l a n u n g a u f sich e i n r e g u l i e r t . L a n g f r i s t i g b e s t e h t j e d o c h d i e T e n d e n z , d i e s e n E n g p a ß b e r e i c h ( T e i l p l a n ) in d e r U n t e r n e h mensplanung (Gesamtplan) auf das Niveau der anderen Teilbereiche (Teilpläne) einzuregulieren, so d a ß der G e s a m t p l a n nicht m e h r determiniert wird. E s w u r d e im v o r h e r i g e n A b s c h n i t t g e z e i g t , d a ß d i e T e i l p l a n u n g e n u n d d i e G e s a m t p l a n u n g e i n e s U n t e r n e h m e n s in e i n e m b e s t i m m t e n Z u s a m m e n h a n g s t e h e n . H i n s i c h t l i c h d e r T e i l p l ä n e k a n n d i e V o r s t e l l u n g e n t w i c k e l t w e r d e n , d a ß alle T e i l p l ä n e g l e i c h z e i t i g e r s t e l l t ( S i m u l t a n p l a n u n g ) o d e r j e w e i l s f ü r s i c h erstellt ( S u k z e s s i v p l a n u n g ) w e r d e n , w o b e i d i e a n d e r e n T e i l pläne als D a t u m gelten. Hinsichtlich der gegenseitigen A b s t i m m u n g der T e i l p l ä n e und des G e s a m t p l a n e s k o m m t e s zu e i n e r s t ä n d i g e n V o r - u n d R ü c k k o p p e l u n g z w i s c h e n T e i l - u n d G e s a m t p l a n u n g . D i e e i n z e l n e n F u n k t i o n s b e r e i c h e b z w . S p a r t e n e i n e s U n t e r n e h m e n s m ü s s e n ihre T e i l p l ä n e s t ä n d i g mit d e m G e s a m t p l a n des U n t e r n e h m e n s abstimmen. Dieser A b s t i m m u n g s p r o z e ß kann als Iteration a u f g e f a ß t w e r d e n , die eigentlich nie z u m Stillstand k o m m t . Lediglich w e n n

ein

G e s a m t p l a n f i x i e r t ist, k o m m t es v o r ü b e r g e h e n d zu e i n e r B e r u h i g u n g d e r I t e r a t i o n e n . D e r P l a n u n g s p r o z e ß im U n t e r n e h m e n l ä u f t d a h e r n a c h d e m " P r i n z i p d e r g l e i t e n d e n P l a n u n g " ab. Die a u f einen b e s t i m m t e n Z e i t r a u m b e z o g e n e n Pläne (Teil- und

Gesamtpläne)

werden unter Beachtung der neuesten Entwicklungen ständig aufeinander abgestimmt und fortgeschrieben.

29

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 111 f.

30

Vgl. Gutenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Bd.: Die Produktion, S. 163 ff.

176

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

D i e Unternehmensplanung bezieht sich nicht nur auf einen Zeitraum, sondern auch auf ein Planungsfeld. Unter einem Planungsfeld ist ein sachlich abgegrenzter Bereich zu verstehen, auf den sich die durch die Planung vorbereiteten Handlungen beziehen. In der Regel sind die Planungsfelder die betrieblichen Teil- bzw. Funktionsbereiche eines Unternehmens. Es gibt aber durchaus auch Planungsfelder außerhalb eines Unternehmens. Ein typisches Beispiel f ü r ein Planungsfeld außerhalb des Unternehmens ist ein Konkurrenzunternehmen, mit dem eine Fusion oder eine Kooperation ansteht. Die Unternehmensplanung bezieht sich schließlich auf unterschiedliche Arten von Plänen. Es wird zwischen Maßnahmen-, Wert- und Mengenplänen unterschieden. M a ß n a h m e n p l ä n e sind Pläne, die sich z.B. auf die Gestaltung der Vorschriften für ein bestimmtes Vorgehen beziehen wie es in Checklisten, Bedienungsanleitungen, Benutzungsund Verhaltensvorschriften beschrieben ist. In Mengenplänen werden z.B. Beschaffungs-, Produktions- und Absatzmengen etc. festgelegt. Wertpläne sind z.B. Kosten- und Erlöspläne. Die Unternehmensplanung läßt sich also nach verschiedenen Kriterien in verschiedene Bereiche bzw. Ebenen eingeteilt. Die verschiedenen Bereiche/Ebenen sind im Rahmen der Organisation eines Unternehmens auch verschiedenen Trägern zuzuordnen. Grundsätzlich ist festzuhalten, daß die einzelnen Planungsbereiche/-ebenen auf unterschiedlichen Managementebenen abgewickelt werden. D i e strategische Unternehmensplanung ist dem (oberen) Top-Management vorbehalten, während sich das (mittlere) Middle-Management um die taktische Unternehmensplanung bemüht. Das (untere) Lower-Management ist für die operative und eventuell auch für die dispositive Planung zuständig. In der Regel liegt die dispositive Planung bei der ausführenden Ebene im Unternehmen. A l s Organisationsformen der Unternehmensplanung werden in der Literatur das Planungskomitee, der Planungsstab auf Führungs- bzw. Bereichsebene, die zentrale bzw. dezentrale Planung und die duale Organisation erörtert.

6.2 Phasen der Unternehmensplanung Die Unternehmensplanung ist keine Tätigkeit im Unternehmen, die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt stattfindet. Die Unternehmensplanung hat hingegen ständig statt zu finden, um die permanenten Veränderungen im Unternehmensumfeld berücksichtigen zu können. Untern e h m e n s p l a n u n g ist daher als Prozeß aufzufassen. Dieser Planungsprozeß wird in der Literatur im allgemeinen in die folgenden sechs Stufen bzw. Phasen unterteilt, die hierarchisch und logisch aufeinander aufbauen. Die Anzahl und Reihenfolge muß in der Planungspraxis jedoch nicht immer unbedingt eingehalten werden. Es werden im allgemeinen folgende Phasen unterschieden: 3 1

j|

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 105

Unternehmensführung

177

(1) Zielformulierung (2) Prognose (3) Alternativplanung (4) Eventualplanung (5) P l a n u n g s r e c h n u n g und E n t s c h e i d u n g (6) Sollvorgabe In d e r P h a s e d e r Z i e l f o r m u l i e r u n g sind d i e v o n d e r U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g v o r g e g e b e n e n g l o b a l e n U n t e r n e h m e n s z i e l e u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r P r o g n o s e n f ü r d e n j e w e i l i g e n Plan u n g s z e i t r a u m u n d P l a n u n g s b e r e i c h zu k o n k r e t i s i e r e n ( Z i e l p l a n u n g ) . D i e s e K o n k r e t i s i e r u n g d e r Z i e l e hat s o k o n k r e t zu e r f o l g e n , d a ß d i e A u s f ü h r u n g s p l a n u n g d i r e k t d i e z u r Z i e l e r r e i c h u n g n o t w e n d i g e n A k t i v i t ä t e n b z w . M a ß n a h m e n a b l e i t e n k a n n . D i e g l o b a l e n Z i e l e sind d a h e r in T e i l z i e l e zu u n t e r g l i e d e r n . D i e K o n k r e t i s i e r u n g g e h t ü b e r H a u p t - b z w . O b e r z i e l e u n d Z w i s c h e n z i e l e bis zu U n t e r z i e l e n ( v g l . T e i l 2, A b s c h n i t t 4 . 2 . 3 ) . In d e r P r o g n o s e p h a s e w e r d e n f ü r d e n P l a n u n g s z e i t r a u m d i e V e r ä n d e r u n g e n aller w i c h t i gen, für das Unternehmen entscheidungsrelevanten

G r ö ß e n ( V a r i a b l e n ) ermittelt. Für die

P r o g n o s e n w i r d e i n I n f o r m a t i o n s s y s t e m ( v g l . Teil 3, A b s c h n i t t 9 . 6 ) b e n ö t i g t , in d e m alle relevanten Daten, z.B. Konjunkturverlauf, politische und gesellschaftliche Normen, Marktdaten etc., ( D a t e n b a n k ) gespeichert sind. Z u d e m m u ß das System über eine

Methodenbank

v e r f ü g e n , u m a u f d i e f ü r d i e P r o g n o s e n n o t w e n d i g e n P r o g n o s e m e t h o d e n z u r ü c k g r e i f e n zu können. E s z e i g t s i c h j e t z t , d a ß d i e in d e r L i t e r a t u r v o r g e g e b e n e R e i h e n f o l g e d e r P h a s e n d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g n i c h t z w a n g s l ä u f i g ist. D i e P r o g n o s e n w e r d e n b e r e i t s in d e r e r s t e n P h a s e bei d e r Z i e l k o n k r e t i s i e r u n g b e n ö t i g t . F ü r d i e P r o g n o s e m ü s s e n h i n g e g e n d i e Z i e l e u n d d a m i t d i e P r o g n o s e g r ö ß e n f e s t l i e g e n . Z w i s c h e n d e r e r s t e n u n d d e r z w e i t e n P h a s e ist f o l g l i c h k e i n e z w i n g e n d e R e i h e n f o l g e f e s t z u l e g e n . B e i d e P h a s e n b e d i n g e n sich g e g e n s e i t i g u n d m ü s s e n in einem mehrphasigen Vor- und Rückkoppelungsprozeß aufeinander abgestimmt werden. In d e r R e g e l s t e h e n e i n e m U n t e r n e h m e n v e r s c h i e d e n e M ö g l i c h k e i t e n z u r E r r e i c h u n g d e r gesetzten Ziele zur V e r f ü g u n g . Die verschiedenen Möglichkeiten bzw. Alternativen nicht i m m e r alle bekannt. Daher m u ß mit Hilfe geeigneter Planungstechniken

sind

systematisch

n a c h d e n A l t e r n a t i v e n g e s u c h t w e r d e n , d i e d a n n in e i n e m K a t a l o g d e r f ü r d i e Z i e l e r r e i c h u n g zur V e r f ü g u n g stehenden Möglichkeiten zusammenzustellen sind. In d e r P h a s e d e r A l t e r n a t i v p l a n u n g k o m m e n

Methoden wie Brainstorming,

Scenario-

w r i t i n g , D e l p h i , S e e r , S y n e k t i k , S e n s i t i v i t y T r a i n i n g , M o r p h o l o g i e s t u d i e n etc. z u m E i n s a t z , die als kreativitätsfördernde und s t r u k t u r f o r m e n d e M e t h o d e n gelten.32 D i e P h a s e d e r E v e n t u a l p l a n u n g ist a l s e i n e N a c h b e r e i t u n g s p h a s e a n z u s e h e n . Es w e r d e n noch e i n m a l die G ü t e , die A n g e m e s s e n h e i t u n d die Aktualität, der den einzelnen alternativen Möglichkeiten zugrundeliegenden Informationen, überprüft. Der Datensatz des Informations28

Vgl. zu diesen Methoden u.a. Witte, H. u.a.: Kritische Auseinandersetzung mit den Methoden und

Modellen zur Bewertung von Verkehrsinvestitionen, Opladen 1978, S. 47 - 53

178

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

systems wird geprüft und dann die einzelnen von der Alternativplanung aufgezeigten Möglichkeiten zur Zielerreichung bestätigt oder verworfen. In der Phase der Planungsrechnung wird der wahrscheinliche Zielerreichungsgrad für die einzelnen Alternativen ermittelt. Die Alternativen werden gemäß der Höhe ihres Zielerreichungsgrades in eine Rangfolge gebracht. Die Alternative mit dem höchsten Zielerreichungsgrad erhält den ersten Rangplatz, die mit dem zweithöchsten Zielerreichungsgrad den zweiten Rangplatz usw. Bei Sicherheit hinsichtlich des Eintritts des ermittelten Zielerreichungsgrades wird die Alternative mit dem höchsten Zielerreichungsgrad verwirklicht. Ist der Eintritt des Zielerreichungsgrades nicht mit Sicherheit vorherzusagen, kommen andere Entscheidungsregeln zum Tragen (vgl. Teil 3, Abschnitt 6.7.2). A u f der Basis der Planungsrechnung erhält die Unternehmensfiihrung die für die Entscheidung notwendigen Informationen. Das Ergebnis der Planungsrechnung ist die Vorgabe der im Rahmen der Unternehmensfiihrung durchzusetzenden Alternative, die unter bestimmten Bedingungen den höchsten Zielerreichungsgrad gewährleistet. Im Prinzip ist durch die Planungsrechnung der einer Entscheidung vorausgehende Auswahlprozeß vollzogen. Da es sich jedoch noch um die Entscheidungsvorbereitung handelt, die vom Nichtentscheidungsträger erstellt wurde, steht nicht fest, ob sich die Unternehmensf ü h r u n g diesem Wahlakt anschließt. Die Unternehmensführung als Entscheidungsträger, der die Entscheidung zu verantworten hat, kann durchaus zu einer anderen Wahl kommen und eine andere als die von der Planungsrechnung vorgeschlagene Alternative verwirklichen. In diesem Fall liegen andere Einschätzungen der Rahmenbedingungen seitens der Unternehm e n s f ü h r u n g vor. Ist die Entscheidung für eine Alternative gefallen, so ändert sich der Charakter der Unternehmensplanung. Durch die mit der Entscheidung verbundene Festlegung auf bestimmte Maßnahmen wird aus dem Alternativplan der für alle ausführenden Mitarbeiter des Unternehmens verbindliche Sollplan. Mit dem Sollplan wird gleichzeitig die Möglichkeit zur Planungskontrolle geschaffen. Die Kontrolle hat am Ende des Planungszeitraumes mit Hilfe eines Soll-Ist-Vergleiches festzustellen, wie gut die Entscheidungen waren bzw. in welchem A u s m a ß der erwartete Zielerreichungsgrad eingetreten ist.

6.3 Grundsätze der Unternehmensplanung Die Unternehmensplanung steht unter Erfolgszwang. Erfolg kann nicht grundsätzlich garantiert werden. Es können aber Vorkehrungen getroffen werden, um den Erfolg sehr wahrscheinlich zu machen. Diese Vorkehrungen bestehen in der Vorgabe einer Planungssystematik. Die Planungssystematik wird in der Literatur durch die Abfassung von Planungsgrundsätzen vorgegeben. In der betriebswirtschaftlichen Literatur werden in der Regel die folgenden sechs Grundsätze der Unternehmensplanung dargestellt: 33 " Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 106 - 109; Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 172 f.

(1) Grundsatz

der

Vollstän-

Unternehmensführung

179

digkeit, (2) Grundsatz der Genauigkeit, (3) Grundsatz der Eindeutigkeit, Einfachheit und Klarheit, (4) Grundsatz der Kontinuität und Permanenz der Anpassung, (5) Grundsatz der Elastizität bzw. Flexibilität und (6) Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Gemäß dem Grundsatz der Vollständigkeit sind alle Alternativen, Ereignisse, Tatbestände und Vorgänge, die für das Endergebnis von Bedeutung sind, in die Planung einzubeziehen. Dieser Grundsatz fordert alle relevanten Daten für die Entscheidung aufzubereiten und zu nutzen. Ein unvollständiger Datensatz kann nicht gewährleisten, daß die beste Alternative zur Verwirklichung gelangt. Die beste Alternative kann gar nicht oder nur unvollständig im Datensatz repräsentiert sein, so daß ihre Überlegenheit gegenüber den anderen Alternativen von der Unternehmensplanung nicht aufgezeigt werden kann. Der Grundsatz der Genauigkeit fordert, daß die Unternehmensplanung möglichst genau arbeiten soll. Der Planungszeitraum soll genau festgelegt sein. Die benötigten Daten sollen möglichst genau sein. Dabei wird keine absolute Genauigkeit, sondern eine relative und ausreichende Genauigkeit, eine Genauigkeit in Sollgrenzen gefordert. Eine absolute Genauigkeit ist in der Ökonomie in der Regel aufgrund der Problemzusammenhänge nicht zu verwirklichen. Die Genauigkeit der Planung ist auch vom Meßniveau abhängig, daß für den Planungstatbestand zur Anwendung kommen kann. Eine nichtmetrische Messung ist logischerweise nicht so genau wie eine metrische. Die Genauigkeit der Planung ist auch unter dem Aspekt Zweck der Planung zu betrachten. Im Prinzip gilt der Grundsatz, daß j e d e Planung so genau durchzuführen ist, wie es der Planungszweck erfordert. Eine Rahmenplanung ist notgedrungen nicht so genau zu determinieren wie eine Detailplanung. Der Grundsatz der Eindeutigkeit, Einfachheit und Klarheit fordert, daß die Unternehmensplanung so eindeutig, einfach und klar ist, daß sie bzw. der von ihr vorgegebene Plan von sämtlichen Mitarbeitern und Führungskräften im Unternehmen verstanden werden kann. Jeder Mitarbeiter muß jederzeit in der Lage sein, seine Arbeit im Unternehmen auf die Erreichung des Planungsoptimums abzustellen. Der Grundsatz der Kontinuität und Permanenz der Anpassung besagt, daß die Unternehmensplanung als Führungsinstrument einerseits in gleicher Art und Weise ständig und nicht nur gelegentlich zum Einsatz kommen muß. Andererseits muß sie eine systematische Entscheidungsvorbereitung bewirken, so daß die Planungen aufeinanderfolgender Perioden trotz Veränderungen nahtlos ineinander übergehen. Der Grundsatz der Elastizität bzw. Flexibilität ist für die Unternehmensplanung von großer Bedeutung. Dieser Grundsatz kann - wenn überhaupt ein Grundsatz hervorzuheben ist als der zentrale Grundsatz angesehen werden. Dieser Grundsatz soll die Anpassung der Unternehmensplanung an die sich ständig verändernden und nicht sicheren Umfeldsituationen gewährleisten. Um dieser Forderung gerecht zu werden, kommen in der Praxis der Unternehmensplanung verschiedene Techniken zum Tragen. Dies sind u.a. der Einbau von Planungsreserven, die Bereitstellung von Eventualplänen, die überlappende (rollierende) Planung und der Aufschub von Entscheidungen.

180

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit fordert von der Unternehmensplanung die Einhaltung des ökonomischen Prinzips. Die mit der Unternehmensplanung verbundenen Kosten sollen stets kleiner sein als die bewirkten Nutzen (N > K). Dieser Grundsatz kann einerseits auf die Unternehmensplanung selbst und andererseits auf die von ihr ausgelösten Maßnahmen der Unternehmenspolitik bezogen werden. Die Ermittlung der Nutzen und Kosten ist nicht in jedem Fall eindeutig. Die KostenNutzen-Analyse bietet die methodische Basis zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit (vgl. Teil 3, Abschnitt 6.7.5.1). Die Diskussion der Vor- und Nachteile dieser M e t h o d e offenbart die Schwierigkeiten einer exakten Wirtschaftlichkeitsberechnung.

6.4 Phasen des Entscheidungsprozesses im Unternehmen Unternehmensplanung ist Entscheidungsvorbereitung. Da die vorbereiteten Entscheidungen im Unternehmen umgesetzt werden müssen, also Entscheidungen zu treffen sind, ist auch auf den Entscheidungsprozeß und seine Phasen einzugehen. Zur Entscheidungsvorbereitung wird eine Entscheidungstabelle aufgestellt, in der alle entscheidungsrelevanten

Informationen

enthalten sein müssen. Um eine Entscheidungstabelle zur Entscheidungsvorbereitung aufstellen zu können, müssen Informationen vorliegen. Informationen gelten daher als Grundlage der Entscheidung. Information kann als zweckorientiertes Wissen bezeichnet werden, das der Unternehmensleitung bzw. Entscheidungsträgern als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung steht. Eine Entscheidung ist folglich immer nur so gut, wie die ihr zugrunde liegenden Informationen. Für die Unternehmensführung müssen

sogenannte Führungsinformationen

vorliegen.

Führungsinformationen werden üblicherweise in zwei Kategorien eingeteilt: 34 - Interne Führungsinformationen sind Informationen über die betrieblichen Funktionsbereiche. - Externe Führungsinformationen sind hingegen Daten aus verschiedenen Märkten sowie ökonomische, politische und soziale Informationen aus dem Umfeld des Unternehmens. Informationen können weiterhin in zwei Arten unterteilt werden: 3 5 - Informationen für Basisentscheidungen (einmalig und aperiodisch), z.B. f ü r die Auswahl neuer Standorte, für Make-or-buy-Entscheidungen, für Diversifikation etc. - Informationen flir Steuerungs- und Führungsentscheidungen (regelmäßig und periodisch), z.B. Daten aus dem Rechnungswesen. Da j e d e s Zuviel an Informationen die Übersicht erschwert und j e d e s Zuwenig an Informationen zu unvollkommenen oder fehlerhaften Entscheidungen führt, sind folgende Anfor-

34

V g l . u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 8 4

35

V g l . u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 8 4 f.

181

Unternehmensführung

d e r u n g e n an F ü h r u n g s i n f o r m a t i o n e n zu stellen: 3 6 F ü h r u n g s i n f o r m a t i o n e n sollten f o r m e l h a f t kurz und u n k o m p l i z i e r t sein. Sie sollten u n z w e i d e u t i g und a u s s a g e f ä h i g sein. Sie sollten schnell v e r f ü g b a r und aktuell sein. Sie m ü s s e n u m f a s s e n d und z u v e r l ä s s i g sein. U m die f ü r die U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g n o t w e n d i g e n I n f o r m a t i o n e n in der e r f o r d e r l i c h e n M e n g e und Q u a l i t ä t b e r e i t z u s t e l l e n , ist im U n t e r n e h m e n ein I n f o r m a t i o n s s y s t e m a u f z u b a u e n . Der A u f b a u eines b e t r i e b l i c h e n I n f o r m a t i o n s s y s t e m s , d a s die G e s a m t h e i t aller I n f o r m a t i o n s b e z i e h u n g e n in d e r U n t e r n e h m u n g regelt, setzt eine u m f a s s e n d e A n a l y s e dieser B e z i e h u n g e n v o r a u s . E s ist e i n e I n f o r m a t i o n s a n a l y s e n o t w e n d i g . E i n e I n f o r m a t i o n s a n a l y s e hat zu klären: 3 7 W O im U n t e r n e h m e n , W E L C H E I n f o r m a t i o nen, W A N N b e n ö t i g t w e r d e n und W E R sie bereitzustellen hat. M i t d e m A u f b a u eines I n f o r m a t i o n s s y s t e m s im U n t e r n e h m e n w e r d e n vor allem d i e drei Ziele verfolgt: das quantitative Optimum (das M a x i m u m unter bestimmten

Bedingungen),

d a s q u a l i t a t i v e O p t i m u m und d a s K o s t e n - N u t z e n - O p t i m u m h i n s i c h t l i c h d e r I n f o r m a t i o n s b e r e i t s t e l l u n g zu e r r e i c h e n . E n t s c h e i d e n b e d e u t e t , eine b e w u ß t e (zielorientierte) W a h l h a n d l u n g z w i s c h e n v e r s c h i e d e nen M ö g l i c h k e i t e n zu v o l l z i e h e n . Gibt es n u r eine M ö g l i c h k e i t , f ü r o d e r gegen die sich d i e P e r s o n zu e n t s c h e i d e n hat, so liegt eine triviale E n t s c h e i d u n g vor. Zielorientierte E n t s c h e i d u n g e n w e r d e n als r a t i o n a l e E n t s c h e i d u n g e n b e z e i c h n e t . U n t e r n e h m e r i s c h e E n t s c h e i d u n g e n sind auch b e w u ß t e (zielorientierte) W a h l h a n d l u n g e n , d i e f ü r das U n t e r n e h m e n d a s o p t i m a l e W i r t s c h a f t s e r g e b n i s h e r b e i f ü h r e n sollen. Das o p t i m a l e W i r t s c h a f t s e r g e b n i s ist dann erzielt, w e n n die gesetzten U n t e r n e h m e n s z i e l e

verwirklicht

w e r d e n , also d e r h ö c h s t e Z i e l e r r e i c h u n g s g r a d eintritt. D a bei u n t e r n e h m e r i s c h e n E n t s c h e i d u n g e n u.a. a u f g r u n d von U n w ä g b a r k e i t e n im U n t e r n e h m e n s u m f e l d der Z i e l e r r e i c h u n g s g r a d nicht mit S i c h e r h e i t v o r a u s g e s a g t w e r d e n k a n n , besteht ein s o g e n a n n t e s U n t e r n e h m e r r i s i k o . S t r e n g g e n o m m e n m u ß z w i s c h e n u n t e r n e h m e r i s c h e n E n t s c h e i d u n g e n bei

Unsicherheit

und bei Risiko u n t e r s c h i e d e n w e r d e n . E n t s c h e i d u n g e n bei R i s i k o liegen vor, w e n n ü b e r d e n Eintritt d e s Z i e l e r r e i c h u n g s g r a d e s w a h r s c h e i n l i c h k e i t s b e d i n g t e A u s s a g e n getroffen w e r d e n k ö n n e n . K ö n n e n hinsichtlich des Eintritts d e s Z i e l e r r e i c h u n g s g r a d e s k e i n e W a h r s c h e i n l i c h k e i t s w e r t e a n g e g e b e n w e r d e n , so liegen E n t s c h e i d u n g e n bei U n s i c h e r h e i t vor. N e b e n den v e r s c h i e d e n e n A r t e n der E n t s c h e i d u n g w e r d e n in d e r Literatur v e r s c h i e d e n e P h a s e n d e s E n t s c h e i d u n g s p r o z e s s e s a b g e g r e n z t . D i e E n t s c h e i d u n g wird also a l s P r o z e ß interpretiert, der in e i n e r b e s t i m m t e n Z e i t s p a n n e a b l ä u f t , die sich w i e d e r u m in v e r s c h i e d e n e T e i l b e r e i c h e , sprich P h a s e n , unterteilt. Die E n t s c h e i d u n g ist d e m n a c h k e i n e Aktion, d i e sich n u r in e i n e m Z e i t p u n k t abspielt. Die v e r s c h i e d e n e n Phasen d e s b e t r i e b l i c h e n E n t s c h e i d u n g s p r o z e s s e s sind unten d a r g e stellt. D a d i e s e P h a s e n n a c h e i n a n d e r a b l a u f e n , wird in d e r Literatur m a n c h m a l auch v o n einem sog. A b l a u f t h e o r e m g e s p r o c h e n , g e m ä ß dem der A b l a u f e i n e r betrieblichen E n t s c h e i -

36 37

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 85 f. Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 86

182

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

dung bestimmt ist. In der Regel werden vier Phasen des betrieblichen Entscheidungsprozesses gesehen. Die erste Phase unterteilt sich wiederum in vier Subphasen. Inwiefern die Phasen gemäß dem Ablauftheorem zwangsläufig aufeinander folgen müssen oder nicht, bleibt o f f e n . Sicherlich ist die Reihenfolge logisch, aber nicht zwangsläufig. Die Entscheidungsvorbereitung oder die Kontrolle können in der Praxis durchaus fehlen. Auch die Subphasen der Entscheidungsvorbereitung müssen sicherlich nicht immer zwangsläufig aufeinander f o l g e n . Eventuell ist ein paralleles Ablaufen einzelner Subphasen denkbar. D i e Zwangsläufigkeit der Phasen des betrieblichen Entscheidungsprozesses dürfte vermutlich dann nicht gegeben sein, wenn es sich um Routineentscheidungen handelt. Die häufige Wiederholung von Entscheidungen kann Anlaß sein, die eine oder andere Subphase auszulassen, da keine neuen Erkenntnisse bzw. Ergebnisse zu erwarten sind. Der betriebliche Entscheidungsprozeß gliedert sich in die folgenden Phasen: 3 8 I. Entscheidungsvorbereitungsphase a) Problemstellungs- bzw. Anregungsphase b) Phase der Problemanalyse c) Suchphase d) Beurteilungsphase II. Entscheidungsphase III. Durchsetzungsphase IV. Kontrollphase In der Regel hat die Unternehmensleitung für die im Rahmen der Unternehmensführung notwendigen

Entscheidungen

die Wahl

zwischen

mehreren

Verhaltensweisen.

In

der

Spieltheorie werden diese Verhaltensweisen als Strategien bezeichnet. D a aber auch das Umfeld der Unternehmung, also die Konkurrenten, die Kunden, die Lieferanten und der Staat, zwischen verschiedenen Strategien auswählen kann, ist dem Untern e h m e n meist nicht genau bekannt, auf welche Konstellationen die zu treffenden Entscheidungen stoßen. Daher sind die Entscheidungen auf bestimmte Trend-, Aktions-, Verhaltensund Reaktionserwartungen zu basieren. Für diese Erwartungen im Rahmen des unternehmerischen Entscheidungsprozesses sind stets Sicherheitsgrade im voraus zu bestimmen, die angeben, inwieweit die Erwartungen eintreten bzw. erfüllt werden. Es ist zwischen sicheren Erwartungen, Risikoerwartungen und unsicheren Erwartungen zu unterscheiden. Sichere Erwartungen und damit Entscheidungen bei Sicherheit liegen vor, wenn

der

Unternehmensleitung

bzw.

dem

Entscheidenden

jede

Handlungsalternative

(Strategie) des Umfeldes bekannt ist. Der Unternehmensleitung stehen in diesem Fall so gute Informationen zur Verfügung, daß beim Einsatz einer gewählten Strategie das erwartete Erg e b n i s mit Sicherheit eintritt.

38

V g l . Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 66 f.

Untemehmensfuhrung

183

V o n R i s i k o e r w a r t u n g e n spricht m a n , w e n n d e r Eintritt eines g e w ü n s c h t e n

Ergebnisses

nicht sicher ist, d e r U n t e r n e h m e n s l e i t u n g b z w . d e m E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r a b e r ein W a h r s c h e i n l i c h k e i t s w e r t f ü r den Eintritt des E r g e b n i s s e s vorliegt. Die U n t e r n e h m e n s l e i t u n g stützt ihre E n t s c h e i d u n g e n in d i e s e m Fall a u f eine m e ß b a r e U n s i c h e r h e i t d e r E r w a r t u n g e n , a u f einen Wahrscheinlichkeitswert. U n s i c h e r e E r w a r t u n g e n liegen schließlich vor, w e n n der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g b z w . d e m Entscheidungsträger

kein e m p i r i s c h ermittelter W e r t ( M e ß w e r t )

über die

Eintrittswahr-

s c h e i n l i c h k e i t d e s g e w ü n s c h t e n E r g e b n i s s e s b e k a n n t sind. Es k ö n n e n a l s o ü b e r die K o n s e quenzen einer Entscheidung keine definitiven Aussagen gemacht werden. Unsichere Erwart u n g e n w e r d e n in d e r Literatur in zwei K a t e g o r i e n eingeteilt: s u b j e k t i v u n s i c h e r e E r w a r t u n gen u n d o b j e k t i v u n s i c h e r e E r w a r t u n g e n . Bei s u b j e k t i v u n s i c h e r e n E r w a r t u n g e n sind die I n f o r m a t i o n e n , die f ü r die E n t s c h e i d u n g z u r V e r f ü g u n g s t e h e n , so u n g e n a u und l ü c k e n h a f t , d a ß die U n t e r n e h m e n s l e i t u n g b z w . d e r E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r das Eintreten des E r g e b n i s s e s bzw. die K o n s e q u e n z e n der E n t s c h e i d u n g nur a u f G r u n d s u b j e k t i v e r S c h ä t z u n g e i n e s W a h r s c h e i n l i c h k e i t s w e r t e s a n g e b e n kann. O b j e k t i v u n s i c h e r e E r w a r t u n g e n liegen d a n n vor, w e n n die U n t e r n e h m e n s l e i t u n g b z w . d e r E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r keinen A n h a l t s p u n k t hat, um die W a h r s c h e i n l i c h k e i t d e s Eintritts d e r e r w a r t e t e n E r g e b n i s s e zu m e s s e n o d e r zu schätzen. Liegen o b j e k t i v u n s i c h e r e E r w a r t u n g e n b z w . E n t s c h e i d u n g e n bei o b j e k t i v e r U n s i c h e r h e i t vor, so kann sich d i e U n t e r n e h m e n s l e i t u n g b z w . d e r E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r mit H i l f e s o g e n a n n t e r E n t s c h e i d u n g s t a b e l l e n o d e r E n t s c h e i d u n g s r e g e l n eine strukturierte E n t s c h e i d u n g s v o r b e r e i t u n g e r a r b e i t e n . D i e in d e r L i t e r a t u r b e k a n n t e n E n t s c h e i d u n g s r e g e l n k ö n n e n h i n s i c h t l i c h ihrer Z i e l s e t z u n g und H i l f e s t e l l u n g bei E n t s c h e i d u n g e n der U n t e r n e h m e n s l e i t u n g w i e folgt charakterisiert werden: 1. D i e meisten E n t s c h e i d u n g s r e g e l n basieren in b e z u g a u f die I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g und d a s E n t s c h e i d u n g s v e r h a l t e n a u f zu e i n f a c h e n A n n a h m e n . 2. D i e meisten R e g e l n sind nicht in d e r Lage, die u n t e r s c h i e d l i c h e R i s i k o b e r e i t s c h a f t d e r einz e l n e n E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r zu b e r ü c k s i c h t i g e n . 3. D i e meisten R e g e l n unterstellen nur e i n s t u f i g e E n t s c h e i d u n g e n . I n s g e s a m t g e s e h e n bleibt f e s t z u h a l t e n , d a ß die E n t s c h e i d u n g s t h e o r i e b i s h e r noch keine absolut erfolggarantierenden Entscheidungsregeln vorgeben konnte. Die

Entscheidungsre-

geln k ö n n e n d a s U n t e r n e h m e r r i s i k o b z w . d a s spezifisch " U n t e r n e h m e r i s c h e " d e r U n t e r n e h m e n s l e i t u n g b z w . d e s E n t s c h e i d u n g s t r ä g e r s nicht ersetzen, da die i n d i v i d u e l l e Risikobereits c h a f t eine v o n d e r f o r m a l e n E n t s c h e i d u n g s l o g i k k a u m f a ß b a r e u n t e r n e h m e r i s c h e

Eigen-

s c h a f t ist. T r o t z dieser S c h w ä c h e e r m ö g l i c h e n E n t s c h e i d u n g s r e g e l n e i n e rationale D u r c h d r i n g u n g d e r k o m p l e x e n E n t s c h e i d u n g e n und tragen zur T r a n s p a r e n z d e r E n t s c h e i d u n g s p r o z e s s e in U n t e r n e h m e n bei.

184

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

6.5 Aufgaben und allgemeine Ziele der Unternehmensplanung Die A u f g a b e d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g ist es, einen U n t e r n e h m e n s p l a n a u f z u s t e l l e n , der a u s v e r s c h i e d e n e n T e i l p l ä n e n b e s t e h t . Die Teilpläne m ü s s e n alle T e i l b e r e i c h e e i n e s U n t e r n e h m e n s b z w . alle b e t r i e b l i c h e n F u n k t i o n e n b e r ü c k s i c h t i g e n b z w . r e p r ä s e n t i e r e n . D e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n d seine T e i l p l ä n e sollen V o r g a b e n enthalten, mit w e l c h e n I n s t r u m e n t e n d i e Z i e l e e i n e s U n t e r n e h m e n s e r f o l g r e i c h und ö k o n o m i s c h v e r w i r k l i c h t w e r d e n k ö n n e n . D i e V o r g a b e n m ü s s e n k o n k r e t e M a ß n a h m e n b z w . Aktivitäten a u f z e i g e n . D a s Ziel d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g ist d i e K o o r d i n i e r u n g der T e i l b e r e i c h e eines U n t e r n e h m e n s , d e r T e i l p l ä n e und d e r e i n z e l n e n M a ß n a h m e n , um d i e U n t e r n e h m e n s z i e l e mit d e m h ö c h s t m ö g l i c h e n Z i e l e r r e i c h u n g s g r a d zu verwirklichen. Dabei ist als w e i t e r s Ziel d a s ö k o n o m i s c h e n P r i n z i p zu realisiseren, d a m i t die U n t e r n e h m e n s p l a n u n g das zuerst g e n a n n t e Ziel mit d e m g e r i n g s t e n M i t t e l e i n s a t z erreicht.

6.6 Instrumente der Unternehmensplanung U m ihre a l l g e m e i n e n Z i e l e zu e r r e i c h e n , benötigt die U n t e r n e h m e n s p l a n u n g g e e i g n e t e Ins t r u m e n t e . D i e s e I n s t r u m e n t e sind spezielle Ziele, Strategien und v o r allem M e t h o d e n . A u f d i e s e I n s t r u m e n t e und ihren E i n s a t z ist im folgenden n ä h e r e i n z u g e h e n . A u ß e r d e m ist d e r Z u s a m m e n h a n g v o n U n t e r n e h m e n s p l a n u n g und U n t e r n e h m e n s p o l i t i k darzustellen.

6.6.1 Ableitung von speziellen Zielen für die Unternehmensplanung Für d i e V e r w i r k l i c h u n g e i n e r rationalen (zielorientierten) U n t e r n e h m e n s p l a n u n g Ziele

39

müssen

b e s t i m m t w e r d e n . D i e s e Ziele legen d i e R i c h t u n g der U n t e r n e h m e n s p l a n u n g fest. D i e

Z i e l e der U n t e r n e h m e n s p l a n u n g sind direkt aus den Zielen d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k a b z u l e i ten. Sie k o n k r e t i s i e r e n d i e s e Z i e l e auf der nächst t i e f e r l i e g e n d e n Z i e l e b e n e , d e n Zielen d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g . A u f die A b l e i t u n g d e r Ziele wird nicht n ä h e r e i n g e g a n g e n . Es w i r d a u f d i e A u s s a g e n zur A b l e i t u n g von Zielen der U n t e r n e h m e n s p o l i t i k v e r w i e s e n (vgl. Teil 2, A b s c h n i t t 4.2.3).

6.6.2 Ableitung von Strategien für die Unternehmensplanung U m d i e g e s e t z t e n Ziele zu e r r e i c h e n , hat die U n t e r n e h m e n s p l a n u n g e n t s p r e c h e n d e Strategien a b z u l e i t e n . Strategien sind also W e g e , um Ziele zu v e r w i r k l i c h e n . U m Strategien erstellen zu k ö n n e n , m ü s s e n M e t h o d e n zur A b l e i t u n g von Strategien b e k a n n t sein. Im f o l g e n d e n soll d a h e r eine M e t h o d e z u r A b l e i t u n g von Strategien und a u s g e w ä h l t e U n t e r n e h m e n s s t r a t e g i e n dargestellt werden.

39

Vgl. u.a. Kuhn, A.: Unternehmensführung, S. 28 ff.

Unternehmensführung

185

6.6.2.1 S t r a t e g i e f i n d u n g Zur Ableitung bzw. Entwicklung von Strategien dient die TOWS-Analyse 40 (vgl. Abb. 38), die als eine Form der Portfolio-Analyse zu bezeichnen ist. Abb. 38: Strategiefindung mittels der TOWS-Analyse

innere Stärken

innere Schwächen

externe Chancen

SO-Strategien

WO-Strategien

externe Bedrohungen

ST-Strategien

WT-Strategien

Quelle:

Günther, H.-O./Tempelmeier, H.: Produktion und Logistik, S. 36

Die TOWS-Analyse geht von einer Vier-Felder-Matrix aus, die durch die kombinatorischen Klassifizierungen innere Stärken und innere Schwächen eines Unternehmens sowie externe Chancen und externe Bedrohungen gebildet werden. Es ergeben sich vier Felder einer Matrix, die SO-, WO-, ST- und WT-Strategien identifizieren (vgl. Abb. 38). Innere Stärken eines Unternehmens sind z.B. Kapitalausstattung, Kundenstamm und technisches Know-how. Die inneren Schwächen eines Unternehmens zeigen sich z.B. an veralteten Maschinen, überalterten Produkten oder einem schlechten Vertriebsnetz. Externe Chancen für ein Unternehmen bedeuten z.B. neue Märkte, neue Technologien oder das Fallen von Handelsschranken. Externe Bedrohungen für ein Unternehmen sind hingegen z.B. das Auftreten ausländischer Billiganbieter oder Währungsschwankungen. Entsprechend der Einordnung eines Unternehmens in die Klassifizierungsmöglichkeiten der Vier-Felder-Matrix lassen sich für ein Unternehmen Strategien aus den folgenden vier Strategiegruppen entwickeln: (1) SO-Strategien (strengths/opportunities): Bei internen Stärken und externen Chancen liegt der Idealfall vor, der zur Ableitung von Strategien zur Sicherung der erreichten Position und zur Nutzung der Wachstumschancen ermuntert. (2) WO-Strategien (weakness/opportunities): Im Fall interner Schwächen und externer Chancen können mittels Strategien für gezielte Investitionen und Weiterentwicklungen die Schwächen abgebaut und die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden. 40

ff.

Vgl. u.a. Günther, H.-O./Tempelmeier, H.: Produktion und Logistik, 2. Aufl., Berlin u.a. 1995, S. 35

186

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

(3) ST-Strategien (strengths/threats): Liegen interne Stärken und externe Bedrohungen vor, so sind Strategien zur Nutzung der vorhandenen Stärken abzuleiten, um z.B. durch kundengerechtere Produktion und kürzere Lieferzeiten die extern vorhandenen (Markt-)Risiken abzubauen. (4) WT-Strategien (weakness/threats): Beim Überwiegen von internen Schwächen und externen Bedrohungen bzw. Risiken sind meist Defensivstrategien angebracht, wie z.B. der Abschluß von Verträgen über langfristige Zusammenarbeit oder die Aufgabe gefährdeter Unternehmensbereiche. Zur Strategiefindung sind auch andere Formen der Portfolio-Analyse anwendbar wie z.B. das Boston-Portfolio. Zudem kann die Ableitung von Strategien auch mit Hilfe der „Strategic-Issue-AnaIysis"-Methode, der Wirkungskettenanalyse, der Verbundanalyse (Conjoint-Analysis), der Konkurrenzanalyse etc.41 erfolgen.

6.6.2.2 Ausgewählte Strategien Eine Strategie wird auf der Basis von Zielen gefunden. Zum Teil wird in der Literatur die Zielformulierung mit zur Strategieformulierung gezählt, d.h. Ziel und Strategie liegen nahe beieinander. Ein Ziel und eine Strategie sind trotzdem deutlich zu trennen. Eine Strategie ist ein Weg ein langfristiges Ziel, ein strategisches Ziel, zu erreichen. Es gibt verschiedene Strategietypen: gesellschaftliche Strategien, Unternehmensstrategien, Markteintrittsstrategien, Wertschöpfungsstrategien etc. Das Auffinden von Unternehmensstrategien ist Aufgabe der strategischen Planung bzw. der Unternehmensführung. Als wichtigste Literatur gilt das Buch vom früheren Lockheed Strategen Igor Ansoff „Corporate Strategy", in dem Details und Checklisten für die computergestützte Entwicklung von Strategien vorgegeben sind. 42 In der Literatur diskutierte Strategien sind u.a.: (1) Verbrannte Erde (scorched-earth defence): Es handelt sich dabei um eine Abwehrstrategie gegen eine Unternehmensübernahme. Es werden Teile des eigenen Unternehmens zerstört bzw. verkauft, so daß das Unternehmen, das die Übernahme anstrebt, das Interesse verliert. Später werden die verkauften Teile des Unternehmens zurückgekauft. Dazu wurden sie vorher bewußt an ein befreundetes Unternehmen verkauft, das den Rückkauf zuläßt. (2) Kronjuwelen: Als Kronjuwelen wird eine Abwehrstrategie bezeichnet, die den Verkauf der besten Teile des Unternehmens, z.B. an befreundete Unternehmen, empfiehlt, so daß der Angreifer sein Interesse verliert. (3) Pac-man Defence: Pac-man Defence ist eine Abwehrstrategie gemäß der dem angreifenden Unternehmen selbst ein Angebot zur Übernahme durch das angegriffene Unternehmen gemacht wird, um abzuschrecken. 41 42

Vgl. Hopfenbeck, H.: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, S. 630 ff. Vgl. Ansoff, H.I.: Corporate Strategy, New York 1965, insbes. S. 94 ff., 148 ff., 176 ff.

Unternehmensfiihrung

187

(4) Giftpillen (poison pill): Als Giftpillen bezeichnet man eine Abwehrstrategie bei der das angreifende Unternehmen verschiedene Abwehrmaßnahmen schlucken muß, die ihm die Übernahme verleiden sollen. Solche Maßnahmen sind u.a. die Aufnahme hoher Kredite, um sie als Dividende auszuschütten, oder die Ausgabe von Vorzugsaktien, die nach der Übernahme mit einem hohen Aufschlag eingetauscht werden können. (5) Shark repellant: Unter „shark repellant" wird eine Abwehrstrategie verstanden, bei der durch das Verbreiten von Gerüchten, z.B. daß im Falle der Übernahme den Leitenden Mitarbeitern Abfindungen in Millionenhöhe zustehen etc., das angreifende Unternehmen abgeschreckt werden soll. (6) Strategisches Bündnis (strategische Allianz): Als strategisches Bündnis wird eine Strategie bezeichnet, die unterstellt, daß die Zusammenarbeit von Unternehmen aufgrund von economies of scope bzw. Verbundvorteilen stark macht.

6.6.3 Aufstellung des Unternehmensplans und seiner Teilpläne Die Koordination der Unternehmensfiihrung hinsichtlich der Teilbereiche eines Unternehmens spiegelt sich auch in der Integration der Einzelpläne der Teilbereiche zu einem Gesamtplan wider. Die widerspruchslose Verzahnung und Abstimmung der Einzelpläne im Gesamtplan ist einer der ersten Schritte zur Verwirklichung der gesetzten Ziele. Die Einzelpläne, die jeweils einen Teilbereich eines Unternehmens repräsentieren, sind zum Gesamtplan eines Unternehmens zusammenzufassen. Die Einzelpläne und ihre Integration zum Unternehmensplan sind noch einmal in Abb. 39 veranschaulicht. Die Pläne wurden auf vier Ebenen angesiedelt, um die Bedeutung der Einzelpläne zu unterstreichen. Einzelpläne, die auf der gleichen Ebene angeordnet wurden, kommt die gleiche Bedeutung zu. Auf die Ebene des Unternehmensplanes wurden der Logistikplan, der Qualitätsplan und der Umweltplan gehoben. Diesen drei Plänen kommt übergeordnete Bedeutung zu. Die entsprechenden Bereiche stehen also nicht grundlos in der Betriebswirtschaftslehre in der aktuellen Diskussion. Die Bedeutung dieser Pläne für die anderen Einzelpläne sollte nicht unterschätzt werden. Sie enthalten Vorgaben bzw. Restriktionen für die anderen Einzelpläne. In der Praxis werden die entsprechenden Bereiche als „Chefsache" gehandelt. Der Informationsplan wurde auf der vierten Ebene hervorgehoben, weil auch er für alle anderen Teilbereiche bzw. Einzelpläne Vorgaben macht. Trotz dieser Hervorhebung einzelner Pläne sollte nicht davon ausgegangen werden, daß einzelne Pläne für das Unternehmen wichtiger sind als andere. Diese Vorstellung führt zu falschen Schlußfolgerungen und Handlungen. Es ist die Vorstellung zu vertreten, daß alle Pläne für den Unternehmenserfolg gleich wichtig sind. Nur das über den Gesamtplan integrierte und abgestimmte Agieren aller Unternehmensbereiche sichert langfristig den Erfolg. Jeder Einzelplan ist somit als ein Rad im Getriebe zu bezeichnen, das nur funktioniert, wenn sich alle Räder im gleichen Takt drehen.

188

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 39: Der Unternehmensplan und seine Teilpläne

Quelle:

eigene Darstellung

6.6.4 Zusammenhang von Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik stehen in einem direkten und intensiven Zusammenhang. Dieser Zusammenhang kann in zwei Komponenten zerlegt werden: eine Vorkoppelung und eine Rückkoppelung. Eine Vorkoppelung zwischen Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik besteht, weil Unternehmensplanung bei der Erstellung des Unternehmensplans und seiner Teilpläne die von der Unternehmenspolitik gesetzten Ziele zu berücksichtigen hat. Aber auch die Unternehmensphilosophie und die Unternehmenskultur, die als Basis der Unternehmenspolitik gelten, sind von der Unternehmensplanung zu respektieren und zu beachten. Eine Rückkoppelung zwischen Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik besteht in der Form, daß die Unternehmenspolitik die von der Unternehmensplanung ausgearbeiteten Pläne und die sich daraus ergebenden Maßnahmen übernimmt und umsetzt. Das kann auch beinhalten, daß die ursprünglichen Ziele der Unternehmenspolitik, die Unternehmensphilos-

Unternehmensfíihrung

189

phie und U n t e r n e h m e n s k u l t u r an die V o r g a b e n d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g a n g e p a ß t w e r d e n (müssen).

6.7 Methoden der Unternehmensplanung Für d i e A u f s t e l l u n g von U n t e r n e h m e n s p l ä n e n und ihrer T e i l p l ä n e sind viele I n f o r m a t i o n e n n o t w e n d i g . D i e s e I n f o r m a t i o n e n w e r d e n mit geeigneten M e t h o d e n b e s c h a f f t . Im R a h m e n d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g sind u.a. P r o g n o s e - , B e w e r t u n g s - und A u s w a h l m e t h o d e n s o w i e Ents c h e i d u n g s t a b e l l e n b z w . -regeln a n z u w e n d e n . Ein Ü b e r b l i c k über d i e w i c h t i g s t e n M e t h o d e n d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g wird im f o l g e n d e n Abschnitt g e g e b e n . A u f g r u n d d e r Vielzahl d e r in d e r Literatur b e k a n n t e n M e t h o d e n m u ß d i e D a r s t e l l u n g der M e t h o d e n auf e i n e n Ü b e r b l i c k begrenzt werden.

6.7.1 Überblick über die Planungsmethoden D i e U n t e r n e h m e n s p l a n u n g benötigt z u r L ö s u n g ihrer P l a n u n g s a u f g a b e n M e t h o d e n . D i e B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e hat a u s d i e s e m G r u n d eine Vielzahl von M e t h o d e n e n t w i c k e l t . D i e M e t h o d e n d i e n e n u n t e r s c h i e d l i c h e n P l a n u n g s a u f g a b e n und besitzen ein s p e z i f i s c h e s Leis t u n g s v e r m ö g e n . Die U n t e r n e h m e n s p l a n u n g hat zu e n t s c h e i d e n , w e l c h e d e r vielen M e t h o d e n sie einsetzt. A u s w a h l k r i t e r i e n sind die b e s t m ö g l i c h e E r f ü l l u n g d e r j e w e i l i g e n P l a n u n g s a u f gabe. Prinzipiell versteht m a n unter P l a n u n g s m e t h o d e n , - v e r f a h r e n b z w . - t e c h n i k e n H i l f s m i t t e l , mit d e r e n H i l f e d a s M a n a g e m e n t die im R a h m e n der P l a n u n g zu b e w ä l t i g e n d e n A u f g a b e n b e s s e r und s c h n e l l e r lösen kann. Die P l a n u n g s m e t h o d e n k ö n n e n in k o n v e n t i o n e l l e u n d m o d e r n e M e t h o d e n u n t e r s c h i e d e n w e r d e n . Zu den k o n v e n t i o n e l l e n P l a n u n g s m e t h o d e n

zählen

u.a. K a r t e n - und F o r m u l a r s ä t z e , Listen und Statistiken, G r a p h i k e n und Plantafeln ( G a n t t d i a g r a m m e = B a l k e n d i a g r a m m e ) . Die m o d e r n e n P l a n u n g s m e t h o d e n k ö n n e n in m a t h e m a t i s c h a n s p r u c h s v o l l e r e und w e n i g e r a n s p r u c h s v o l l e M e t h o d e n g r u p p i e r t w e r d e n . E i n e e i n d e u t i g e Z u o r d n u n g einer P l a n u n g s m e t h o d e zu e i n e r M e t h o d e n g r u p p e ist nicht i m m e r m ö g l i c h , d a viele M e t h o d e n nach d e m P r i n z i p e i n e s M e t h o d e n r a h m e n s j e nach P l a n u n g s a u f g a b e u n d A n s p r u c h s n i v e a u u n t e r s c h i e d l i c h a n s p r u c h s v o l l a u s f o r m u l i e r t w e r d e n k ö n n e n . Die m a t h e m a t i s c h a n s p r u c h s v o l l e r e n M e t h o d e n zählen zum B e r e i c h O p e r a t i o n s R e s e a r c h . D i e s e r B e reich wird in der Regel in d i e drei S u b b e r e i c h e N e t z p l a n t e c h n i k , W a r t e s c h l a n g e n t h e o r i e und S i m u l a t i o n gegliedert. A l l e drei S u b b e r e i c h e u m f a s s e n ein s p e z i f i s c h e s M e t h o d e n s e t . Z u den m a t h e m a t i s c h w e n i g e r a n s p r u c h s v o l l e n P l a n u n g s m e t h o d e n w e r d e n u.a. die B r e a k E v e n - P o i n t - A n a l y s e , d i e A B C - A n a l y s e , die W e r t a n a l y s e e i n s c h l i e ß l i c h d e r G e m e i n k o s t e n w e r t a n a l y s e und die P o r t f o l i o a n a l y s e gezählt. Die Vielzahl d e r in d e r b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e n L i t e r a t u r b e k a n n t e n P l a n u n g s m e t h o d e n kann in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g nicht b e h a n d e l t w e r d e n . A u f die im f o l g e n d e n Ü b e r b l i c k e r w ä h n t e n M e t h o d e n soll hier e i n g e g a n g e n w e r d e n :

190 • • •• •• • • •• •• • •• •• •• •• ••

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Entscheidungsregeln Operations Research Methoden Netzplantechnik (NPT) Theorie der Warteschlangen Simulation Nutzen-Kosten-Analyse Kosten-Nutzen-Analyse Nutzwertanalyse sonstige Methoden Break-Even-Point-Analyse ABC-Analyse Wertanalyse Gemeinkostenwertanalyse Portfolio-Analyse

6.7.2 Entscheidungstabellen und -regeln Die Entscheidungstabelle ist eine Technik, um die Entscheidungslogik komplexer Entscheidungssituationen und die entsprechenden Informationsverarbeitungsprozesse darzustellen. Entscheidungstabellen ermöglichen die zusammenfassende Darstellung der für eine Entscheidung relevanten Ziele (oder Umfeldzustände), Alternativen, möglichen Ergebnisse (Nutzen) und Entscheidungsregeln. Die Unternehmensleitung bzw. der Entscheidungsträger kann aus der Entscheidungstabelle für unterschiedliche Konstellationen die Handlungsfolgen erkennen und die Entscheidung daran orientieren. Die Darstellung einer Entscheidungstabelle erfolgt üblicherweise in Matrixform. Es hat sich folgendes Standardformat herausgebildet (vgl. Tab. 3): Tab. 3: Grundschema einer Entscheidungstabelle Ziele

ZI

Z2

Z3

Nil N21 N31 Nnl

N12 N22 N32 Nn2

N13 N23 N33 Nn3

Zm

Alternativen AI A2 A3 An Quelle:

. .. .. ..

Nim N2m N3m Nnm

eigene Darstellung

In einer Entscheidungstabelle werden die Ziele (ZI bis Zm), die Alternativen (AI bis An) und die möglichen Nutzen (N11 bis Nnm), die mit einer Entscheidung für eine Alternative verbunden sind, dargestellt.

Unternehmensführung

191

Um auf der Basis einer Entscheidungstabelle eine Entscheidung zu treffen, muß eine Entscheidungsregel herangezogen werden, die unter den gegebenen Bedingungen die optimale Entscheidung herbeiführt. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird eine Vielzahl von Entscheidungsregeln diskutiert 43 . Es kann nur eine Auswahl vorgestellt werden.

6.7.2.1 Die Maximin-Regel Gemäß der Maximin-Regel wird die Alternative aus der Entscheidungstabelle ausgewählt, die das Maximum der Zeilenminima bildet. Es wird also die Alternative gewählt, die die beste von den unvorteilhaften Bewertungen, eben der Minima, hinsichtlich der möglichen Nutzen ausweist. In dem in Tab. 4 veranschaulichten Beispiel wird die Alternative 3 ausgewählt, weil sie hinsichtlich der Zeilenminima, also der jeweils schlechtesten Bewertung einer Alternative, mit 17 die höchste Bewertung aufweist bzw. den höchsten Nutzen bewirkt. Die Maximin-Regel ist sehr pessimistisch orientiert, da sie sich an den schlechtesten Bewertungen bzw. den ungünstigsten Bedingungen des Umfeldzustandes (UZ) ausrichtet. Damit soll sichergestellt werden, daß ein Mindesterfolg eintritt. Tab. 4: Entscheidungstabelle Beispiel Maximin-Regel UZ1

UZ2

UZ3

AI

20

40

8

8

A2

25

15

28

15

A3

17

21

38

Quelle:

Zeilenminima

©

eigene Darstellung

6.7.2.2 Die Maxmax-Regel Die Maxmax-Regel wählt genau entgegengesetzt der Maximin-Regel die Alternative mit dem Maximum der Zeilenmaxima aus. Diese Regel ist also sehr optimistisch orientiert. Es wird die Alternative gewählt, die die beste der vorteilhaften Bewertungen aufweist. Im gewählten Beispiel (vgl. Tab. 5) wird Alternative 1 gewählt. Sie hat mit einem Wert von 40 die höchste Bewertung. Sie sollte den höchsten Nutzen herbeiführen.

43

Vgl. u.a. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 179 - 185

192

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Tab. 5: Entscheidungstabelle Beispiel Maxmax-Regel UZ1 UZ2 UZ3

Zeilenmaxima

AI

20

40

8

A2

25

15

28

28

A3

17

21

38

38

Quelle:

eigene Darstellung

6.7.2.3 Die Pessimismus-Optimismus-Regel Die Pessimismus-Optimismus-Regel vereint die Vorgehensweisen der beiden ersten Regeln. Für die Entscheidung werden jetzt sowohl das Zeilenminima als auch das Zeilenmaxima bestimmt. Allerdings werden alle Zeilenmaxima mit einem Faktor X und alle Zeilenminima mit einem Faktor (1 - X) multipliziert. Aus der Summe der so veränderten Zeilenmaxima und -minima wird das Maximum ausgewählt. Das in Tab. 6 dargestellte Beispiel basiert auf den Werten aus Tab. 4 und Tab. 5. Für X wurde der Wert 0,4 gewählt. Entsprechend ergibt sich für den Faktor (1- X) der Wert 0,6. Nach Multiplikation und Summation, gemäß der oben angegebenen Vorschrift, wird aus den durch Summation ermittelten Werten der maximale Wert bestimmt und die mit diesem Wert verbundene Alternative ausgewählt. In dem in Tab. 6 dargestellten Beispiel ist dieses die Alternative (A3). Diese Alternative läßt den höchsten Nutzen erwarten. Tab. 6: Entscheidungstabelle Beispiel Pessimismus-Optimismus-Regel (X = 0,4) Zeilenmaxima

Zeilenminima

AI

40 x 0,4 = 16

8x0,6=

A2

28 x 0,4 = 11,2

15x0,6= 9

A3

38 x 0,4 = 15,2

17 x 0,6 = 10,2

Quelle:

4,8

Summe 20,8 20,2

CED

eigene Darstellung

6.7.2.4 Die Regel des kleinsten Bedauerns Die Regel des kleinsten Bedauerns geht von einer relativ pessimistischen Beurteilung des Umweltzustandes aus. Es wird die Alternative gewählt, die von den bestmöglichen Bewer-

Unternehmensführung

193

tungen das geringste Risiko bedeutet. Es wird also von den Zeilenmaxima der kleinste Wert gewählt. Tab. 7: Entscheidungstabelle Beispiel Regel des kleinsten Bedauerns

UZ1 UZ2 UZ3 AI

20

40

8

A2

25

15

28

A3

17

21

38

Quelle:

Zeilenmaxima 40

CED 38

eigene Darstellung

Im in Tab. 7 dargestellten Beispiel wird die Alternative A2 gewählt. Sie weist bei den Zeilenmaxima mit 28 den geringsten Wert auf. Es wird auf der Basis der maximalmöglichen Nutzen der Alternativen, die ausgewählt, die unter diesen Bedingungen den geringsten Nutzen erwarten läßt.

6.7.2.5 Die Regel des unzureichenden Grundes Die Regel des unzureichenden Grundes wird dann angewandt, wenn über den Eintritt der verschiedenen Umweltzustände keine Wahrscheinlichkeitswerte vorliegen. Es wird eine subjektive Gewichtung eingeführt (meist eine Gleichgewichtung) und die Alternative mit dem vermutlichen Nutzenmaximum gewählt. In Tab. 8 sind die Werte aus Tab. 7 übernommen worden. Die Nutzen wurden gewichtet. In diesem Fall wurde keine Gleichgewichtung unterstellt, sondern den drei Gewichten die Werte 0,5; 0,3 und 0,2 zugeordnet. Wichtig ist, daß sich die Werte der Gewichte zu eins addieren. Die Summe der gewichteten Nutzen ist in Tab. 8 unter der Rubrik „Summe" dargestellt. Es wird gemäß der Summe der gewichteten Nutzen die Alternative AI gewählt. Sie läßt den höchsten Nutzen erwarten. Tab. 8: Entscheidungstabelle Beispiel Regel des unzureichenden Grundes

UZ1 UZ2 UZ3 gl

g2

g3

Al

20

40

8

A2

25

15

28

A3

17

21

38

Quelle:

eigene Darstellung

Zeilenmaxima

Summe 1

40

GD 38

10

+ 1 2 + 1,6 =

12,5 + 4,5 + 5,6 =

22,6

8,5 + 6,3 + 7,6 =

22,4

mit gl = 0,5; g2 = 0,3 und g3 = 0,2

194

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

6.7.2.6 Die Einstimmigkeitsregel (Pareto- oder Veto-Regel) Die Einstimmigkeitsregel wird angewandt, wenn mehrere Entscheidungspersonen (P) die Entscheidung zu treffen haben. Die Regel erfordert für die Wahl einer Alternative, daß sich alle Entscheidungspersonen für diese Alternative entscheiden. Die Regel gewährt ein Vetorecht. Keine Entscheidungsperson kann überstimmt werden. Jede Entscheidungsperson hat die Möglichkeit, eine nicht akzeptable Entscheidung durch ihr Veto zu verhindern. Dies ist dann wichtig, wenn nicht alle Entscheidungspersonen den gleichen Nutzen aus einer Alternative ziehen können. Benachteiligungen können in diesen Fällen durch das Vetorecht abgewendet werden. Tab. 9: Entscheidungstabelle Beispiel Einstimmigkeitsregel

PI P2

P3

AI

1

1

1

A2

2

3

2

A3

3

2

3

Summe

o 7

7

Quelle: eigene Darstellung Das in Tab. 9 dargestellte Beispiel zeigt, daß sich alle drei Entscheidungspersonen (PI, P2, P3) für die Alternative AI entscheiden. Diese Alternative wird von allen Entscheidungspersonen in der Bewertung auf Rangplatz 1 gesetzt bzw. mit der niedrigsten Bewertungsziffer 1 belegt. Da Einstimmigkeit vorliegt, eine abweichende Bewertung besteht nicht, wird Alternative AI gewählt.

6.7.2.7 Mehrheitsregeln Außer der Einstimmigkeitsregel werden in der Literatur verschiedene Mehrheitsregeln erörtert. Sie gelten als demokratisch. Die Mehrheit liegt vor, wenn ein vorher festgelegter Prozentsatz der Entscheidungspersonen, der größer als 50 Prozent ist, sich für eine bestimmte Alternative ausspricht. Die Minderheit der Entscheidungspersonen hat die Entscheidung zu akzeptieren. Diskutiert werden die einfache Mehrheitsregel (die 50,1-Prozent-Regel), die qualifizierte Mehrheitsregel (die Zwei-Drittel-Regel, 66,65ü7. Prozent) und beliebige X-ProzentMehrheitsregeln. Für die Festlegung einer beliebigen X-Prozentregel wird ein Prozentsatz zwischen 50,1 und 99,9 Prozent für die Bestimmung der Mehrheit ausgewählt. In der Praxis kommen jedoch meist die einfache oder die qualifizierte Mehrheitsregel zur Anwendung. Aus der Men-

Unternehmensführung

195

ge der X-Prozentregeln kommt lediglich der Drei-Viertel-Regel (75-Prozent-Regel) größere Bedeutung zu.

6.7.2.8 Entscheidungsregel bei Sicherheit Wenn der Eintritt eines Umfeldzustandes sicher ist (Eintrittswahrscheinlichkeit p = 1), dann wird die Alternative gewählt, die den höchsten Nutzen bzw. Erfolg verspricht. Dies ist die Alternative mit der höchsten Bewertung. Der Eintritt anderer Umfeldzustände ist nicht möglich (Eintrittswahrscheinlichkeit p = 0). Tab. 10: Entscheidungstabelle Beispiel Entscheidungsregel bei Sicherheit

UZ1 UZ2 UZ3 p=l

p=0 p=0

AI

20

40

8

A2

25

15

28

A3

17

21

38

Quelle:

Zeilenmaxima

40 d

D 38

eigene Darstellung

G e m ä ß Tab. 10 sind die Umfeldzustände UZ2 und UZ3 nicht möglich. Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit beträgt p = 0. Der Umfeldzustand UZ1 ist hingegen sicher. Er hat die Eintrittswahrscheinlichkeit p =1. Entsprechend wird jetzt Alternative AI gewählt, weil sie bei Eintritt des Umfeldzustandes UZ1 die höchste Bewertung aufweist bzw. den höchsten Nutzen erwarten läßt (vgl. Tab. 10).

6.7.2.9 Die Daumenregel Die Daumenregel ist eine in der Praxis häufig angewandte Entscheidungsregel. Diese Regel ist nicht formal ausformuliert. Es wird aufgrund von Erfahrungen und Fingerspitzengefühl entschieden, ohne die Entscheidungssituation vorher in einer Entscheidungstabelle darzustellen und eine angemessene Entscheidungsregel zu suchen. Gründe für die Anwendung der Daumenregel sind: Unkenntnis der Entscheidungstabellentechnik, Informationsmangel und/ oder Zeitmangel. Die Daumenregel ist die Entscheidungsregel, die die eigentlichen unternehmerischen Eigenschaften am stärksten zum Tragen kommen läßt. Dafür ist diese Regel am schwächsten theoretisch fundiert.

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

196

6.7.3 Operations Research Methoden Was unter Operations Research (OR) zu verstehen ist, ist in der Literatur nicht zweifelsfrei geklärt. Die Abgrenzungsversuche der verschiedenen Autoren führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die globale A u f g a b e des Operations Research ist eindeutig mit der Entwicklung und dem Einsatz mathematischer Methoden zur Unterstützung von betrieblichen Planungs- und Entscheidungsprozessen beschrieben. Nicht eindeutig ist, auf welche Phasen des Planungs- und Entscheidungsprozesses sich Operations Research beziehen soll. Sicher ist, daß zum Operations Research 4 4 alle mathematischen Methoden gezählt werden, die einer Lösung betrieblicher Planungs- und Entscheidungsaufgaben dienen. Alle im Rahmen des Operations Research behandelten Planungsaufgaben werden nach dem folgenden Schema abgewickelt: (1) Formulierung des Problems, (2) Entwurf eines mathematischen Modells, das das Problem logisch strukturiert, (3) Erarbeitung von Lösungen für das Modell, (4) Ü b e r p r ü f u n g des Modells, der zugrundegelegten Bedingungen und der aus dem Modell abgeleiteten Lösungen an den Tatbeständen der Wirklichkeit, (5) Vorsorge für eine Überwachung und Kontrolle der Veränderungen einzelner Variablen des Modells und (6) Übertragung der optimalen Lösung auf das reale Problem. Ziel des Operations Research ist es, für die Planungs- und Entscheidungsaufgaben optimale Lösungen zu finden. Hierzu werden die mathematischen Optimierungsmethoden herangezogen, die ausformuliert als Optimierungsmodelle, auf der Basis der Modellbestandteile Zielfunktion, Nebenbedingungen und Nichtnegativitätsbedingung, alle Planungs- und Entscheidungsalternativen einschätzen, um die jeweils optimale Alternative zu bestimmen. D i e im Rahmen des Operations Research eingesetzten Methoden können nicht in allen Fällen exakte Lösungen für Planungs- und Entscheidungsaufgaben ableiten. Häufig ist die wirklichkeitsgetreue Abbildung der Planungs- und Entscheidungsaufgaben im Modell zu komplex. Es kann sein, daß es für diese Fälle keine mathematischen Optimierungsmethoden gibt oder daß der notwendige Rechenaufwand zu hoch ist. Dann müssen Näherungslösungen, die unter vereinfachenden Annahmen zustande kommen, akzeptiert werden.

6.7.3.1 Netzplantechnik Netzplantechnik ( N P T ) ist ein zusammenfassender Begriff für Methoden, die zur Analyse, Planung, D u r c h f ü h r u n g und Kontrolle von Maßnahmen bzw. Projekten auf der Basis der

44

V g l . u.a. C h u r c h m a n , C . W . / A c k o f f , R.L./Arnoff, E.L.: Operations Research, München, Wien 1971

Unternehmensführung

197

Graphentheorie benutzt werden. 4 5 Die Netzplantechnik umfaßt ein Set von Methoden, die der übersichtlichen Darstellung komplexer Großvorhaben auf der Grundlage einer detaillierten Projektanalyse sowie der zeitlichen Abwicklung und Überwachung des Vorhabens dienen. Die Netzplantechnik besteht in der Regel aus den im folgenden dargestellten Phasen, die zum Teil simultan ablaufen können und zwischen denen es Vor- sowie Rückkoppelungen geben kann. Die Phasen der Netzplantechnik sind: (1) Strukturanalyse und -planung, (2) Zeitanalyse und -planung, (3) Kapazitätsanalyse und -planung, (4) Kostenanalyse und -planung, (5) Liquiditätsanalyse und -planung sowie (6) D u r c h f ü h r u n g und Kontrolle

6.7.3.2 Die Theorie der Warteschlangen Unter dem Begriff Warteschlangentheorie 4 6 (Bedienungstheorie, waiting line theory) werden Methoden zusammengefaßt, die zur Minimierung der Wartezeiten und damit der Minimierung von Warteschlangen in Bedien- bzw. Abfertigungssystemen herangezogen werden. Die Warteschlangen bilden das Hauptanwendungsgebiet des Operations Research. Warteschlangen sind Phänomene, die bei Transaktionen in unregelmäßigen und oft unkontrollierbaren Zeitabständen an Engpässe (Abfertigungseinheiten, Bedienstationen) auftreten. In vielen Bedien- bzw. Abfertigungssystemen sind die Ankunftszeiten und die Abfertigungszeiten (Bedienungszeiten) der Abfertigungs- bzw. Bedienobjekte zufälligen Schwankungen unterlegen. Als Folge entstehen Wartezeiten und Stauungen (Warteschlangen). Aufgabe der Warteschlangentheorie ist es, Aussagen über die Länge der Wartezeit, die Anzahl der Wartenden und die Auslastung bzw. Anzahl der notwendigen Bedienungsstationen zu machen. Die Warteschlangentheorie geht auf H.K. Erlang (1909) zurück, der Stauungen im Telefonnetz von Kopenhagen untersuchte. Heute ist die Warteschlangentheorie zu einem mathematischen Ansatz ausgebaut worden, der auf der Wahrscheinlichkeitstheorie basiert. Wenn f ü r ein Abfertigungs- bzw. Bediensystem die Größen Ankunftszeit und Abfertigungszeit der Objekte sowie die Anzahl der Bedienstationen bekannt sind, können mit Hilfe der Methoden der Warteschlangentheorie die mittlere Warteschlangenlänge, die Wartezeit und die Aufenthaltszeit (Verweildauer) der Objekte an den Abfertigungsstationen sowie die Wahrscheinlichkeit der verschiedenen möglichen Warteschlangenlängen berechnet werden. Das Ziel der Warteschlangentheorie ist es, die Gesamtkosten eines Wartesystems zu minimieren. Die Gesamtkosten setzen sich aus den Verweilkosten (Wartezeit und Bedienzeit),

45

Vgl. Teil 1, Abschnitt 2.2.5.1

46

Vgl. u.a. C h u r c h m a n , C . W . / A c k o f f , R.L./Arnoff, E.L.: Operations Research, S. 355 - 4 3 7

198

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

den Verlustkosten (abgewiesene Transaktionen) und den Kosten der Bedienstationen zusammen. Wartesysteme sind in der betrieblichen Praxis sehr häufig. Beispiele für Wartesysteme sind Patienten im Wartezimmer, die auf die Behandlung durch den Arzt warten und Kunden an der Kasse, die auf die Abfertigung an der Kasse warten. Warteschlangen bilden sich, wenn Güter-, Personen- oder Informationsströme einen oder mehrere Engpässe passieren müssen und die Ankunfts- und/oder Abfertigungszeiten unterschiedlich verteilt sind, wie es bei Bearbeitungsstellen (Maschinen, Kassen, Mautstellen), Kontrollstellen, Auslieferungsstellen etc. der Fall ist. Mit Hilfe der Methoden der Warteschlangentheorie können folgende Fragestellungen beantwortet werden: - Wie groß ist die durchschnittliche Schlangenlänge? - Wie groß ist die durchschnittliche Wartezeit? - Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß ein Objekt länger als eine bestimmte Zeit warten muß? - Wie lange sind die einzelnen Abfertigungsstellen ohne Beschäftigung? Das zentrale Problem der Warteschlangentheorie ist die optimale Dimensionierung von Engpässen bzw. von Abfertigungsstationen. Die optimale Dimensionierung der Stationen bewirkt die Minimierung der Gesamtkosten eines Wartesystems. Die Anwendung der Methoden der Warteschlangentheorie setzt voraus, daß die Verteilung der Transaktionen bekannt ist. Ist die Verteilung nicht bekannt, werden Lösungen mittels Simulationen angestrebt.

6.7.4 Die Simulation Die Simulation kommt in drei Varianten vor: (1) als Planspiel (gambling-simulaüon), (2) als Mensch-Maschine-Simulation (man-machine-simulation) und (3) als reine Maschinenoder Computersimulation (pure machine Simulation). Die mathematische Basis der Simulation ist die Wahrscheinlichkeitstheorie. Für die Verteilung der zu ermittelnden Werte einer Größe wird eine Rechteckverteilung zwischen 0 und 1 angenommen, so daß sich j e d e Stichprobe durch Zufallszahlen zwischen 0 und 1 darstellen läßt. Die Simulation ist die Grundlage für die Konstruktion von Simulationsmodellen, die als Erklärungs-, Prognose- und Optimierungsmodell ausgelegt sein können. Die Simulation kann grob in vier Stufen untergliedert werden: 4 7 (1) Modellkonstruktion, (2) Lösung, (3) Gültigkeitstest und (4) Experiment (Simulation des Modells). In der ersten Stufe der Simulation ist zunächst ein Modell zu entwerfen, daß die zu lösende Aufgabe im Zusammenhang des realen Systems möglichst genau abbildet. Dann wird das Modell gelöst, d.h. der Computer reproduziert das Verhalten des im Modell abgebildeten Systems. Im dritten Schritt wird das Ergebnis, die Lösung, getestet. Es wird mit der Realität verglichen und gegebenenfalls verbessert. Mit dem verbesserten Modell wird dann schließ47

Vgl. u.a. Koxholt, R.: Die Simulation - ein Hilfsmittel der Unternehmensforschung, München, Wien 1967, S. 19 f.

Unternehmensführung

199

lieh experimentiert bzw. simuliert, d.h. man variiert die Werte der Modellvariablen und ihre Beziehungsverhältnisse oder es werden neue Variablen in das Modell eingebaut. Als Vorteile der Simulation werden in der Literatur gesehen: die Objektivierung der Methode wegen der hochgradigen Formalisierung, die Standardisierung der Methode, die rationelle Verfahrensweise wegen der Wiederholung der Vorgänge, die Kombinierbarkeit mit anderen Verfahren und die Erhöhung des Lernprozesses sowie der Rationalität bei der Entscheidung. Nachteilig an der Simulation ist der langwierige und kostspielige Anwendungsprozeß, die Tatsache, daß fiir viele Bereiche noch keine ausgereiften Modelle vorliegen, die für Laien geringe Transparenz sowie das große Manipulationspotential.

6.7.5 Die Nutzen-Kosten-Analysen Eine Methodengruppe, die in der Literatur nicht unbedingt zum Operations Research gezählt wird, sind die Nutzen-Kosten-Analysen. Der Begriff Nutzen-Kosten-Analysen ist als Oberbegriff anzusehen für die vielen in der Literatur bekannten Varianten und Modifikationen der traditionellen Kosten-Nutzen-Analyse. Diese Methoden werden zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen der Unternehmensführung bzw. der

Unternehmenspolitik

eingesetzt. In diesem Rahmen sollen aus der Gruppe der Nutzen-Kosten-Analysen zwei Methoden behandelt werden: die traditionelle Kosten-Nutzen-Analyse und die Nutzwertanalyse.

6.7.5.1 Die Kosten-Nutzen-Analyse Die Ursprünge der Kosten-Nutzen-Analyse 4 8 liegen vermutlich in Frankreich. Um 1844 hat der französische Straßen- und Brückenbauingenieur Dupuit bereits seine Projekte nach Kosten- und Nutzenkriterien geplant. Der Durchbruch der Kosten-Nutzen-Analyse in Wissenschaft und Praxis vollzog sich erst in den 30iger Jahren dieses Jahrhunderts während der Weltwirtschaftskrise. In den USA wurde eine neue Wirtschaftspolitik, als „New Deal" bezeichnet, entwickelt, um die Krise zu überwinden. Die neue Wirtschaftspolitik wurde von einer neuen staatlichen Finanzpolitik begleitet, die sich durch ein Planning-Programming- and Budgeting-System ( P P B S ) auszeichnete. Im Rahmen des PPBS kam die Kosten-Nutzen-Analyse zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit öffentlicher Projekte zum Einsatz. In den 30iger Jahren wurden in den U S A vor allem wasserwirtschaftliche Projekte mit Hilfe von Kosten-Nutzen-Analysen beurteilt. Heute wird die Kosten-Nutzen-Analyse nicht nur in der staatlichen Finanzpolitik eingesetzt, sondern in allen Politikbereichen (z.B. Verkehrs-, Umweltpolitik) und in der betrieblichen Praxis. Die Vorgehensweise im Rahmen der Kosten-Nutzen-Analyse wird im dargestellten Ablaufschema verdeutlicht (vgl. Abb. 40). Es gilt folgende Symbolerklärung:

48

Vgl. Witte, H.: Die Integration monetärer und nichtmonetärer Bewertungen, Berlin 1989, S. 1 5 - 2 3

200

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 40: Ablaufschema der Kosten-Nutzen-Analyse

Quelle: eigene Darstellung W = Wirtschaftlichkeit einer Alternative, Maßnahme (Projekt) n = Nutzenkriterium c = Kostenkriterium d = Diskontierungsrate t = Index der Wirtschaftsperioden, t = 1, ..., T T = Lebensdauer einer Alternative, Maßnahme i = Index der Alternativen, Maßnahmen, i = 1,..., I j = Index der Bewertungskriterien, j = 1, ..., J

Unternehmensführung

201

m i t j = 1, ..., m Index der Nutzenkriterien und j = m+1, ..., J Index der Kostenkriterien R = Rangplatz in der Rangfolge der Alternativen, Maßnahmen (Projekte) gemäß der Höhe der Wirtschaftlichkeit (gemäß Nutzen-Kosten-Differenz oder Nutzen-Kosten-Verhältnis)

6.7.5.2 Die Nutzwertanalyse Die Ursprünge der Nutzwertanalyse 4 9 dürften in den USA zu suchen sein. Es ist vor allem die Rand Corporation in Santa Monica zu erwähnen. Die Wissenschaftler dieser und anderer Institutionen haben sich intensiv mit der multikriteriellen Analyse beschäftigt. Daher wird in der Literatur auch häufig der Begriff multikriterielle Analyse benutzt. Die Ursprünge der Nutzwertanalyse sind aufgrund dieser Begriffsparallelität nicht klar. Unabhängig von dieser Tatsache hat sich heute der Begriff Nutzwertanalyse f ü r eine bestimmte Methode in der Literatur durchgesetzt. Die Wurzeln der Nutzwertanalyse liegen allerdings weniger in der Ökonomie als in der Psychometrie, die sich wesentlich länger und intensiver mit der multikriteriellen Forschung auseinandergesetzt hat. Die Nutzwertanalyse hat sich in der Betriebspraxis vor allem im Grenzgebiet von Ökonomie und Technik durchgesetzt. Die Vorteile der Nutzwertanalyse liegen in der Möglichkeit, auch nicht monetär erfaßbare Größen in die Bewertung einzubeziehen. Damit ergibt sich gleichzeitig der Nachteil der Methode. Die rein monetär ausgerichtete Wirtschaftlichkeitsberechnung wird verwässert. D a s Vorgehen im Rahmen der Nutzwertanalyse geht aus dem folgenden Ablaufschema (vgl. ABB. 41) hervor. Zu erwähnen ist, daß die Nutzwertanalyse anders als die vorher behandelte Methode, die Kosten-Nutzen-Analyse, eigentlich keine Methode ist, sondern ein methodischer Rahmen, der j e nach Anforderung des Untersuchungsfalles mit unterschiedlichen Methoden ausgefüllt werden kann. Lediglich das Prinzip aller Nutzwertanalysen ist gleich. Für das Ablaufschema der Nutzwertanalyse gilt folgende Symbolerklärung: N W = Gesamtnutzwert einer Alternative nw = Teilnutzwert einer Alternative bezüglich eines Bewertungskriteriums g = Gewicht eines Bewertungskriteriums A = Alternative z = Bewertungs- (Ziel-) kriterium i = Index der Alternativen, i = 1,..., I j =

Index der Bewertungskriterien, j = 1, ..., J

R = Rangplatz in der Rangfolge der Alternativen gemäß der Höhe des Gesamtnutzwertes

49

Vgl. Witte, H.: Die Integration monetärer und nichtmonetärer Bewertungen, S. 23 - 27

202

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Abb. 41: Ablaufschema der Nutzwertanalyse unternehmenspolitische Ziele

unternehmenspolitische Entscheidungen (Alternativen) Z

1

Al

Z

A2

Z

11 21

zl!



z

2

... zJ

z

12 22

...

z

¿2

...

z Z

u

2J

... zIJ 1

z

2 82

... zJ ... gJ

nwj2

A2

ll nw2i

n\V22

... ...

nwjj nw2j

AI

nwlj

nwl2

...

nwIJ

Z

1 gl

Al

nw

Zusammenfassung der Teilnutzwerte mit Hilfe einer Entscheidungsregel J (34) NWj = S gjj • nwjj j=l Erstellung einer Rangfolge der Alternativen R j ... N W j R 2 ••• N W 2 R, ... Nw, Quelle:

eigene Darstellung

Unternehmensführung

203

6.7.6 Sonstige Methoden 6.7.6.1 Die Break-Even-Point-Analyse Die Break-Even-Point-Analyse 5 0 ermittelt den Punkt, an dem die Kosten und Erlöse eines Unternehmens gleich sind. Dieser Punkt wird als Break-Even-Point (= Toter Punkt) bezeichnet. An diesem Punkt ist der Gewinn des Unternehmens gleich Null. Unterhalb des BreakEven-Points macht das Unternehmen Verlust. Die Kosten sind größer als die Erlöse. Oberhalb des Break-Even-Points erwirtschaftet ein Unternehmen Gewinn. Die Erlöse sind größer als die Kosten. Eng verbunden mit der Break-Even-Point-Analyse ist die Deckungsbeitragsrechnung. Sie liefert der Unternehmensführung Informationen darüber, welchen Beitrag eine Absatzeinheit zur Deckung der fixen Kosten leistet. Es gilt die Aussage, daß solange der Preis einer Absatzeinheit eines Gutes über den variablen Stückkosten liegt, zumindest ein Teil der fixen Kosten gedeckt wird, die durch die Einstellung der Produktion dieser Absatzeinheit nicht hätten vermieden werden können. Es sei denn, der Betrieb wäre stillgelegt worden. Die Berechnung des Break-Even-Points (BEP) gibt die Absatzmenge an, bei der einerseits Kosten und Erlöse gleich sind und andererseits die Summe der erzielten Deckungsbeiträge dem Fixkostenblock gleich ist. Es ist die Produktions-/Leistungsmenge (x) zu berechnen, bei der die Erlöse gerade die Kosten decken. Definitionen: E = Erlöse (wertmäßiger Umsatz U) K g = Gesamtkosten Kf = Fixkosten k v = variable Kosten p = Preis x = Menge Ausgangsgleichungen: (35) E = p • x

und

Ziel:

(37) E = K g (s.o.) g

Weg:

(38) p • x = k v • x + Kf

(39) p • x - k v • x = Kf (40)

50

(36) K „ = K f + k ,

| - k v -x x ausklammern

Kf=x(p-kv)

Vgl. u.a. Hopfenbeck, W.: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Managementlehre, S. 846 - 848, 854 -859

204

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Kf

(41) x =

p-kv (42) d = p - kv d (43) — = P

d = Deckungsbeitrag p - kv P

d — = Deckungsbeitragssatz P

Der Deckungsbeitragssatz gibt den Anteil des Deckungsbeitrags d am Preis p an. Abb. 42: Graphische Bestimmung des Break-Even-Points (BEP) E, K, p

93.098 Quelle:

eigene Darstellung

Unternehmensführung

205

6.7.6.2 Die ABC-Analyse Die A B C - A n a l y s e 5 1 dient d e r B e s t i m m u n g eines M e n g e n - W e r t - V e r h ä l t n i s s e s ( M W V ) , d a s zur E i n g r u p p i e r u n g von M a t e r i a l i e n , T e i l e n , G ü t e r n , U n t e r n e h m e n s b e r e i c h e n etc. in die drei K l a s s e n A, B und C h e r a n g e z o g e n w i r d . D i e A - K l a s s e z e i c h n e t sich durch e i n e n g e r i n g e n m e n g e n m ä ß i g e n Anteil, aber einen h o hen W e r t a n t e i l , d e r ihr z u g e o r d n e t e n M a t e r i a l i e n an den g e s a m t e n M a t e r i a l i e n , aus. In die B K l a s s e w e r d e n die M a t e r i a l i e n etc. mit e i n e m mittleren m e n g e n m ä ß i g e n Anteil und e i n e m mittleren W e r t a n t e i l an den g e s a m t e n M a t e r i a l i e n etc. e i n g e o r d n e t . E n t s p r e c h e n d w e r d e n in die C - K l a s s e die M a t e r i a l i e n etc. mit e i n e m hohen m e n g e n m ä ß i g e n Anteil, aber e i n e m geringen W e r t a n t e i l an den g e s a m t e n Materialien etc. e i n g r u p p i e r t . D a s M W V gibt A u f s c h l u ß d a r ü b e r , w e l c h e Anteile am G e s a m t w e r t z. B. d e r v e r b r a u c h t e n M a t e r i a l i e n a u f e i n z e l n e M a t e r i a l a r t e n o d e r - g r u p p e n e n t f a l l e n und w e l c h e n

prozentualen

Anteil die e i n z e l n e n M a t e r i a l a r t e n o d e r - g r u p p e n an der G e s a m t z a h l d e r Materialien h a b e n . Z u r E r m i t t l u n g d e s M W V sind z.B. die e i n z e l n e n M a t e r i a l a r t e n o d e r - g r u p p e n nach ihren W e r t e n zu o r d n e n , w o b e i im a l l g e m e i n e n d e r W e r t e v e r z e h r e i n e r P e r i o d e z u g r u n d e gelegt w i r d . Es e r f o l g t d a n n eine Z u s a m m e n f a s s u n g d e r nach a b n e h m e n d e n W e r t e n g e o r d n e t e n M a t e r i a l a r t e n b z w . - g r u p p e n zu den drei g e n a n n t e n K l a s s e n . J e d e K l a s s e beinhaltet eine bes t i m m t e A n z a h l von M a t e r i a l a r t e n , deren M e n g e n - und W e r t a n t e i l e an d e r G e s a m t z a h l b z w . d e m G e s a m t w e r t d e r M a t e r i a l a r t e n b z w . - g r u p p e n zu ermitteln sind. D i e A n a l y s e d e r M a t e r i a l i e n etc. nach d e r M e n g e n - W e r t - R e l a t i o n ergibt in der Regel, d a ß ein v e r h ä l t n i s m ä ß i g g r o ß e r Anteil an den V e r b r a u c h s w e r t e n a u f nur e i n e n geringen M e n g e n a n t e i l entfallt. A u s d i e s e m G r u n d e ist d i e A n w e n d u n g e i n e s detaillierten und mit h o h e m V e r w a l t u n g s a u f w a n d v e r b u n d e n e m W e r t e r m i t t l u n g s v e r f a h r e n s n u r bei Materialien etc. sinnvoll, d e r e n Anteil am W e r t e v e r z e h r g r o ß ist. Bei M a t e r i a l i e n etc. mit g e r i n g e m W e r t a n t e i l werden möglichst einfache Verfahren angewandt. G e n e r e l l e r Z w e c k d e r A B C - A n a l y s e ist es, zu e r m i t t e l n , w e l c h e n m e n g e n - und w e r t m ä ß i g bedeutenden

V o r g ä n g e n b z w . A b l ä u f e n im U n t e r n e h m e n b e s o n d e r e A u f m e r k s a m k e i t zu

w i d m e n ist und w e l c h e V o r g ä n g e bzw. A b l ä u f e im Interesse e i n e r w i r t s c h a f t l i c h e n Untern e h m e n s f u h r u n g mit w e n i g e r A u f m e r k s a m k e i t b z w . A u f w a n d geplant, organisiert und k o n trolliert w e r d e n k ö n n e n . S p e z i e l l e A n w e n d u n g s g e b i e t e der A B C - A n a l y s e sind u.a. d i e U m s a t z a n a l y s e nach K u n den, B r a n c h e n , L ä n d e r n etc., d i e B e s c h a f f u n g s a n a l y s e nach ä h n l i c h e n Kriterien o d e r d e r A u f b a u d e s B i l a n z v e r m ö g e n s nach Alter u n d / o d e r W e r t . D i e V o r g e h e n s w e i s e im R a h m e n d e r A B C - A n a l y s e soll an e i n e m Beispiel aus d e m B e reich d e r M a t e r i a l b e s c h a f f u n g vorgestellt w e r d e n . Es ist d i e F r a g e zu klären, w e l c h e r Anteil am G e s a m t w e r t d e r v e r b r a u c h t e n M a t e r i a l i e n auf die e i n z e l n e n M a t e r i a l a r t e n oder - g r u p p e n

51

Vgl. u.a. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 302 - 306

206

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

entfällt. Im Beispiel wird von 10 Materialarten mit unterschiedlichem Verbrauch und unterschiedlichen Beschaffungspreisen ausgegangen. Die Durchführung der ABC-Analyse erfolgt in drei Schritten: 1. Schritt: Erfassung der Materialarten in aufsteigender Nummernfolge (laufende Numerierung) für die EDV-Bearbeitung und Ermittlung des Verbrauchs der einzelnen Materialarten in einer Periode (Tag, Woche, Quartal, Jahr etc.) nach Menge und Wert. 2. Schritt: Anordnung der Materialarten nach der Höhe des wertmäßigen Verbrauchs in der Periode sowie Bildung der Mengen- und Wertgruppen. 3. Schritt: Graphische Darstellung der in Schritt 2 erzielten Ergebnisse mit Hilfe einer Konzentrationskurve (Lorenz-Kurve) oder einer Darstellung anhand maßstäblicher Flächen. Tab. 11: Beispiel ABC-Analyse (Reihenfolge nach laufenden Nummern) Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Verbrauch 1.100.000 230.000 9.000 1.000.000 11.000 2.000 3.000 100 200 6.000

in ME St. St. St. St. St. St. St. St. St. St.

Gesamt

Pr/ME 0,04 0,20 1,10 0,60 0,80 4,50 20,00 40,00 15,00 10,10

Kosten/Per. Reihenfolge 2 440.000,46.000,5 9.900,6 600.000,1 8.800,8 7 9.000,60.000,4 9 4.000,3.000,10 60.600,3 1.241.300,-

Quelle: eigene Darstellung Die Einteilung in drei Wertklassen ist nicht zwingend. Unterscheiden sich die benötigten Materialarten wertmäßig nur geringfügig, so kann die Bildung von nur zwei Wertklassen sinnvoll sein. Bei größeren Wertunterschieden kann hingegen eine Einteilung in mehr als drei Klassen angebracht sein. In der Praxis werden in der Regel die folgenden Wertgrenzen für die Abgrenzung der Klassen benutzt: A-Klasse: 60 - 85 % Wertanteil B-Klasse: 20 - 25 % Wertanteil C-Klasse: 5 - 15 % Wertanteil

Unternehmensführung

207

Tab. 12: Beispiel ABC-Analyse (Reihenfolge nach Verbrauchswerten) R.flg.

Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Kosten/Per.

in %

4 1 10 7 2 3

600.000,440.000,60.900,60.000,46.000,9.900,-

6 5 8 9

9.000,8.800,4.000,3.000,-

48,4 35,5 4,9 4,8 3,7 0,8 0,7 0,7 0,3

1.241.300,-

Wert (%)

Menge (%)

A 83,9

20,0

B 13,4

30,0

C 2,7

50,0

100,0

100,0

0,2 100,0

Die Mengenprozentwerte sind auf die Anzahl der Güter (=10) bezogen! Quelle:

eigene Darstellung

Um die Lorenz-Kurve zu bilden, müssen die in Tab. 12 berechneten Prozentwerte in kumulierte Werte transformiert werden. Die kumulierten Werte für die Wert- und Mengenanteile der drei Klassen A, B und C sind in Tab. 13 ausgewiesen. Tab. 13: Kumulierte Wert-und Mengenanteile bei der ABC-Analyse %-Anteil Wert

%-Anteil Menge

kumulierte Anteile Wert

kumulierte Anteile Menge

0

0

A

83,9

A

20

83,9

20

B

13,4

B

30

97,4

50

C

2,7

C

50

100

100

Quelle:

eigene Berechnung

Mit Hilfe der kumulierten Wert- und Mengenanteile kann die in Abb. 43 dargestellte Lorenz-Kurve gezeichnet werden. Sie verdeutlicht, zu welchem Wertanteil einer Klasse welcher Mengenanteil gehört. Es wird das Mengen-Wert-Verhältnis ( M W V ) für die einzelnen Klassen veranschaulicht. Aus der (graphischen) Darstellung des Mengen-Wert-Verhältnisses können z.B. die folgenden Schlußfolgerungen abgeleitet werden: Alle in die A-Klasse eingeordneten Materialien sind besonders sorgfältig zu behandeln. Es können daher u.a. folgende Maßnahmen zur Anwendung kommen: Markt-, Preis- und Kostenstrukturanalysen, besondere Bestellvorbereitung, aufwendige exakte Dispositionsverfahren, fertigungssynchrone Anlieferung, präzise

208

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Bestandsführung und -Überwachung, genaue Terminkontrollen, Durchführung von Wertanalysen etc. Abb. 43: Lorenz-Kurve kumulierte Anteile Menge

Demgegenüber werden Materialien, die in die C-Klasse eingruppiert wurden nach dem Prinzip der Arbeitsvereinfachung und Aufwandsreduzierung behandelt. Es erfolgt daher u.a. eine grobe Lagerbuchführung, es gibt hohe Sicherheitsbestände und größere Bestellmengen sowie die Anwendung einfacher, grober Dispositionsverfahren. Für die B-Materialien ist ein Mittelweg zu finden. Der Planungs-, Organisations- und Kontrollaufwand ist zu reduzieren, ohne die Genauigkeit zu sehr zu vernachlässigen. Die ABC-Analyse kann zur ABC-XYZ-Analyse bzw. zur ABC-RSU-Analyse erweitert werden. Dies wird u.a. im Rahmen der Logistik getan, um Materialien zu klassifizieren, die in das Logistikkonzept „Just-in-Time" einzubeziehen sind. 52 Neben der ABC-Klassifizierung erfolgt eine weitere Klassifizierung der Materialien/Güter etc. hinsichtlich der Regelmäßigkeit bzw. Unregelmäßigkeit ihres Bedarfs bzw. Verbrauchs. In die X- bzw. R-Klasse werden die Materialien mit einem regelmäßigen Verbrauch und daher relativ sicheren Prognosewerten für den zukünftigen Verbrauch eingruppiert. Die Y- bzw. S-Klasse enthält die Materialien mit schwankendem Verbrauch und folg52

Vgl. u.a. W i l d e m a n n , H.: Das Just-In-Time-Konzept, S. 191 - 196

Unternehmensfuhrung

209

lieh relativ unsicheren Prognosewerten für den künftigen Verbrauch. In die Z- bzw. U-Klasse gehören schließlich die Materialien mit einem unregelmäßigen Verbrauch und daher sehr unsicheren Vorhersagewerten für den Verbrauch in der Zukunft. Durch Kombination der ABC- und der XYZ- bzw. RSU-Klassifizierung ergeben sich nun für die Eingruppierung der Materialien die folgenden neun Klassen, die zur Ableitung von Strategien für die einzelnen Materialklassen bzw. -gruppen geeignet sind: AX, AY, AZ, BX, BY, BZ, CX, CY und CZ bzw. AR, AS, AU, BR, BS, BU, CR, CS und CU (vgl. Tab. 14). Tab. 14: ABC-XYZ- bzw. ABC-RSU-Klassifizierung

A B C

X R

Y S

Z

AX AR BX BR CX CR

AY AS BY BS CY CS

AZ AU BZ BU CZ CU

u

R= regelmäßig; S schwankend; U = unregelmäßig Quelle: eigene Darstellung

6.7.6.3 Die Wertanalyse Die Leistungen eines Unternehmens - Sachgüter und Dienstleistungen - dienen dem Kunden zur Lösung bestimmter Probleme. Der Kunde stellt an die Problemlösung bestimmte Ansprüche, er erwartet einen bestimmten Nutzen. Diesen Nutzen möchte der Kunde zu minimalen Kosten bzw. zum minimalen Preis. Die Wertanalyse 53 ' ist eine Methode, um zu prüfen, ob ein Sachgut oder eine Dienstleistung die Eigenschaften besitzt, die dem Kunden den erwarteten Nutzen zu den geringsten Kosten gewährleisten und das Gut daher für den Kunden einen entsprechenden Wert hat. Die Wertanalyse zeichnet sich durch die folgenden zwei Merkmale aus: (1) die Funktionsorientierung, d.h. die vom Kunden gewünschten Funktionen des Sachgutes oder der Dienstleistung werden identifiziert und als Ansatzpunkte für die Wertanalyse herausgestellt, und (2) die Kostenorientierung. Durch den Einsatz der Wertanalyse sollen das Kostenbewußtsein und der Verbesserungswille im Unternehmen gestärkt werden. Die Durchsetzung von Verbesserungen im Unternehmen auf der Basis der Wertanalyse erfordern aus zwei Gründen eine Teamorientierung bzw. Teamarbeit. Einerseits ist ein Team eher in der Lage, 53

Vgl. u.a. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 306 - 309

210

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Verbesserungsmöglichkeiten zu erkennen und andererseits können mit einem Team Ressortschranken überwunden werden. Da in einem Team alle betroffenen Abteilungen eines Unternehmens vertreten sind, wird ein integrativer Lösungsansatz möglich. Die Wertanalyse beruht auf einer Systematik. Es wird in verschiedenen, genau definierten Schritten versucht, eine Problemlösung zu erreichen. Diese Schritte sind bei der Darstellung des Ablaufs der Wertanalyse näher zu beschreiben (s.u.). Die Wertanalyse dient letztlich zur Verbesserung des Wirtschaftsergebnisses in allen Unternehmensbereichen. Ausgehend von den Funktionen eines Gutes wird durch die systematische Analyse und Planung in einem Team unter Anwendung von Kreativitätstechniken eine Verbesserung der Erlös-Kosten-Relation angestrebt. Damit erhält die Wertanalyse die gleiche Zielsetzung wie die Kosten-Nutzen-Analyse. Die Wertanalyse kann u.a. angewandt werden, um Produktionsverfahren und Produktionsorganisationen auf eine möglichst hohe Wirtschaftlichkeit hin zu entwickeln (value engineering) oder umzugestalten (value analysis). Das Vorgehen im Rahmen der Wertanalyse ist durch die VDI-Richtlinie VDI-2801 vereinheitlicht. Diese Richtlinie bildet die Grundlage für die Deutsche Norm DIN 69912 Wertanalyse - Begriff und Methoden.

Die Organisation der Wertanalyse Eine unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg einer Wertanalyse ist, wie oben erwähnt, die Team- bzw. Gruppenarbeit. Ein Wertanalyseteam sollte sich stets aus Mitgliedern der einzelnen Verantwortungs- bzw. Funktionsbereiche zusammensetzen. Dies sind die Bereiche, die unmittelbar oder mittelbar mit dem Wertanalyseobjekt (Gut) in Berührung stehen, wie u.a. der Einkauf, die Forschung und Entwicklung, die Konstruktion, die Arbeitsvorbereitung, die Produktion, das Rechnungswesen, das Marketing etc. Bei besonderen Problemen, die von den unternehmensinternen Teammitgliedern nicht gelöst werden können, ist es wichtig und notwendig externe Spezialisten und/oder Zulieferer mit in das Team einzubeziehen. Informationen hinsichtlich fremd bezogener Materialien (Teile) können häufig nur vom Zulieferer gegeben werden, der über wertvolle, spezielle Informationen verfügt. Den Wertanalytikern kommt in der Praxis im allgemeinen eine wichtige Stellung zu, da die Ergebnisse der Wertanalysen für das Unternehmen von weitreichender Bedeutung sind. Wertanalytiker benötigen eine Doppelqualifikation. Sie müssen technische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse besitzen. Den folgenden drei Punkten sollte bei der Durchführung von Wertanalysen besondere Beachtung gewidmet werden: (1) der Schaffung einer eigenen Stabssielle, (2) der Besetzung dieser Stabssielle und (3) der Zusammensetzung des Wertanalyseteams. Für das Team "Wertanalyse" ist eine eigene Stabsstelle bzw. -abteilung zu schaffen, die der Unternehmensleitung direkt unterstellt wird. Damit erreicht man eine Unabhängigkeit von den Linieninstanzen bzw. deren Leitern. Außerdem erhält das Wertanalyseteam die in vielen Fällen notwendige Rückendeckung durch die Unternehmensleitung. Das Wertanalyse-

Unternehmensführung

211

team sollte je nach Unternehmensgröße von einem oder mehreren Teamleitern geführt werden. Es kann also eine singulare oder eine plurale Stellenbesetzung vorgenommen werden. Die Teamleiter müssen einerseits die Analysetechnik beherrschen und andererseits psychisch geeignet sein, ein Team von Mitarbeitern zu führen und für ungewohnte Tätigkeiten zu motivieren. Das Wertanalyseteam sollte aus Mitarbeitern aller der Bereiche, die für die zu untersuchenden Objekte Informationen geben können, bestehen. Dem Team sollten in der Regel nicht mehr als sechs Mitarbeiter aus dem Unternehmen angehören. Zu diesen sechs internen Informanten können dem Team noch eine nicht genau festgelegte Anzahl externer Informanten zugeordnet werden. Dem Team sollten nur solche Mitarbeiter zugeordnet werden, die auf gleicher hierarchischer Ebene im Unternehmen stehen und über Teamgeist verfügen. Zu starke und zu schwache Persönlichkeiten dürfen dem Team nicht zugeordnet werden. Die Teamarbeit könnte sonst behindert werden.

Der Ablauf der Wertanalyse Der Ablauf der Wertanalyse wird im allgemeinen in sechs Schritte unterteilt: (1) die Vorbereitung, (2) die Ermittlung des Istzustandes, (3) die Kritik des Istzustandes, (4) die Ermittlung von Alternativen, (5) die Prüfung der Alternativen und (6) die Auswahl und Realisierung der optimalen Alternative. Bevor die Wertanalyse durchgeführt wird, ist zunächst das Objekt der Wertanalyse auszuwählen. Es sind die Aufgaben festzulegen. Das Wertanalyseteam ist zusammenzustellen und der zeitliche Ablauf der Wertanalyse ist zu planen. Diese Tätigkeiten dienen der Vorbereitung der Wertanalyse. Im zweiten Schritt der Wertanalyse sind alle verfügbaren Informationen über das Untersuchungsobjekt zu beschaffen. Es sind die Eigenschaften und die zu erfüllenden Funktionen des Untersuchungsobjektes zu identifizieren. Nicht zuletzt müssen die Kosten ermittelt werden. Im dritten Schritt erfolgt zum einen die Kritik der Funktionserflillung. Es wird geprüft, inwiefern die Eigenschaften die zu erfüllenden Funktionen tatsächlich erfüllen. Zum anderen erfolgt die Kritik der Kosten. Die Kosten sind auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen oder es sind Kostensenkungspotentiale zu identifizieren. Sowohl die Kritik der Funktionserfüllung als auch die Kritik der Kosten können bereits Anregungen für Verbesserungsvorschläge ergeben. Im vierten Schritt sind alternative Lösungen zu finden, die die Funktionen besser und/oder zu geringeren Kosten erfüllen. Zur Auffindung dieser Lösungen muß das Wertanalyseteam Kreativitätstechniken anwenden. Häufig wird auf das Brainstorming zurückgegriffen, bei dem zwanglos und ohne Systematik neue Lösungsvorschläge mittels Diskussion durch die Teammitglieder gefunden werden. Beim Auffinden neuer Lösungen spielt ihre Realisierbarkeit zunächst keine Rolle. Es sollen möglichst alle neuen Lösungen diskutiert werden, um keine Alternative zu vernachlässigen. Auch unkonventionelle Lösungen, die zunächst als nicht realisierbar erscheinen, können oftmals wesentliche Verbesserungen bewirken, wenn es gelingt entsprechenden Rahmenbedingungen für ihre Realisierbarkeit zu schaffen und/oder ihre Realisierbarkeit durch Modifikationen des

212

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

ursprünglichen Lösungsvorschlags zu gewährleisten. Im fünften Schritt der Wertanalyse sind die im vierten Schritt gefundenen alternativen Lösungen nun auf ihre Eignung zur Erfüllung der vorausgesetzten Funktionen hin zu überprüfen. Zudem sind die einzelnen Lösungsvorschläge auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu prüfen. Diese Prüfung ist insofern von Bedeutung, da eine Erhöhung der Wirtschaftlichkeit Ausgangspunkt der Wertanalyse ist. Im sechsten und letzten Schritt ist aus der Menge der alternativen Lösungen, die auszuwählen, die unter den Aspekten Funktionserfüllung und Kostenminimierung die beste ist. Diese Lösung ist zugleich auch für das anbietende Unternehmen die beste Lösung. Die ausgewählte Lösung ist daher vom Wertanalyseteam der Unternehmensleitung zur Realisierung vorzuschlagen. Wird die Lösung von der Unternehmensleitung akzeptiert, so wird die Lösung schließlich realisiert.

Die Arten der Wertanalyse Im folgenden soll kurz auf die drei wichtigsten Arten der Wertanalyse eingegangen werden. Es sind die „Value Analysis", das „Value Engineering" und die „Overhead Value Analysis". Die „Value Analysis" wird auch als Produkt-Wertanalyse bezeichnet. Sie bezieht sich auf Produkte, die sich in der laufenden Fertigung befinden. Die „Value Analysis" wird hauptsächlich dazu benutzt für den Einkauf der Materialien und die Konstruktion des Produktes bessere Lösungen zu finden. Die „Value Analysis" ist dann sinnvoll anzuwenden, wenn die analysierten Produkte einen hohen Materialwert aufweisen und kaum Wandlungen unterliegen. Außerdem sollte der Absatz der Produkte über einen angemessenen Zeitraum gesichert sein. Die Produkte dürfen also nicht am Ende ihres Produktlebenszyklus stehen. Das „Value Engineering" ist eine Form der Wertanalyse, die sich auf die Produktentwicklung bezieht. In der Literatur wird das „Value Engineering" auch als Konzeptanalyse bezeichnet. In diesem Fall setzt die Wertanalyse vor der A u f n a h m e der Produktion an. Es wird das Fertigungs- bzw. Absatzprogramm analysiert. Das „Value Engineering" bezieht sich folglich auf die Planungs- und Entwicklungsphase von Produkten. Der Vorteil des „Value Engineering" ist, daß durch die Ergebnisse keine Veränderungen bestehender Produktionsverhältnisse bzw. ablaufender Materialströme bewirkt werden. Die Kosten für die Veränderung aktueller Produktionsbeziehungen werden vermieden. Das „Value Engineering" hat daher einen großen Anwendungsbereich. Die "Overhead Value Analysis" oder „Value Administration" wird in der deutschsprachigen Literatur als Gemeinkostenwertanalyse, 5 4 Gemeinkosten-System-Engineering oder administrative Wertanalyse bezeichnet. Mit dieser Form der Wertanalyse wird das Ziel Reduzierung von Gemeinkosten bzw. Kostenträgergemeinkosten, insbesondere im Bereich von mit

Verwaltungsaufgaben

befaßten

Kostenstellen

verfolgt. Mit

der

Reduzierung

der

„Gemeinkosten" sollen Kosten vermindert werden, die nicht speziell einem Kostenträger zuzuordnen sind. In der Literatur wird auch von Verbundkosten gesprochen, die durch Ent54

Vgl. u.a. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1297 - 1300

Unternehmensführung

213

Scheidung bzw. gemäß einem zu findenden Prinzip oder Schlüssel auf die betroffenen Kostenträger aufzuteilen sind. Die Gemeinkostenwertanalyse wurde von der Unternehmensberatung McKinsey entwikkelt und 1975 in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt. Auf der Basis des NutzenKosten-Verhältnisses werden für jede Leistung der Gemeinkostenbereiche mit Hilfe von Kreativitätstechniken Möglichkeiten zur Einsparung von Kosten entwickelt, die zum Tragen kommen, ohne daß die Nutzen gesenkt werden. Die Gemeinkostenwertanalyse ist also eine Methode zur Identifizierung von Rationalisierungspotentialen bzw. zur Ableitung von Rationalisierungsstrategien. Die Gemeinkostenwertanalyse läuft prinzipiell nach dem eingangs dargestellten aus sechs Schritten bestehenden Schema ab. Ungeachtet dieses allgemeinen Ablaufschemas für Wertanalysen werden in der Literatur für die Gemeinkostenwertanalyse drei Phasen herausgestellt: Die 1. Phase ist die Vorbereitungsphase, die 2. Phase ist die Analysephase und die 3. Phase ist die Durchführungsphase. In der ersten Phase werden alle notwendigen Vorbereitungen für die Gemeinkostenwertanalyse getroffen, insbesondere ist das Personal zu schulen sowie die Projektorganisation und die Projektplanung vorzunehmen. Bei allen Kostenstellen werden von den jeweils Verantwortlichen die Leistungen und deren Kosten geschätzt. Die Kosten werden den geschätzten Nutzen gegenübergestellt (NutzenKosten-Verhältnis). Für die Leistungen mit den ungünstigsten Nutzen-Kosten-Verhältnissen werden Einsparungskonzepte und entsprechende Pläne entwickelt, die einem zentralen Planungsgremium übergeben werden. Dieses Gremium prüft die Rationalisierungspläne und diskutiert mit dem Betriebsrat die Möglichkeiten, die Pläne umzusetzen. Schließlich werden in der dritten Phase die identifizierten Rationalisierungspotentiale ausgeschöpft. Die Strategien werden in die Tat umgesetzt, in dem die Rationalisierungspläne bzw. -maßnahmen verwirklicht werden.

6.7.6.4 Die Portfolio-Analyse Die Portfolio-Analyse 5 5 ist eine Methode, um ohne großen Aufwand Strategien für die Unternehmensführung abzuleiten. In der Literatur werden eine Vielzahl von Ansätzen der Portfolio-Analyse behandelt. In der Regel wird in der Literatur auf die Boston-Portfoliomatrix Bezug genommen. Es handelt sich dabei um einen Ansatz der Portfolio-Analyse, der im Rahmen der Unternehmensberatung Boston Consulting Group entwickelt wurde. Dieser Ansatz hat mit der Zeit eine gewisse Popularität erfahren, so daß er in der Literatur gern als Referenzansatz für die Portfolio-Analyse gewählt wird. In diesem Rahmen soll daher auch auf diesen Ansatz eingegangen werden. Zudem sollen ein Qualitätsportfolio dargestellt werden.

55

Vgl. u.a. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 668 - 672

214

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Die

Boston-Portfoliomatrix

Dem Management von Mehrproduktunternehmen stellt sich häufig das Problem, daß die einzelnen Produkte bzw. Produktgruppen unterschiedlich erfolgreich sind und differenzierte Strategien erfordern, um ihrer jeweiligen Marktposition gerecht zu werden. Zur Auffindung unterschiedlicher Strategien für unterschiedlich erfolgreiche Produkte eignet sich die Portfolioanalyse, bei der ein Mehrproduktunternehmen als eine Gesamtheit aufgefaßt wird, die in strategische Geschäftseinheiten (SGE) zerlegt wird. Für jedes Produkt wird eine separate strategische Geschäftseinheit gebildet. Die einzelnen SGE weisen im allgemeinen unterschiedliche Marktchancen und -risiken auf. Um für strategische Geschäftseinheiten, die vor unterschiedlichen Situationen stehen aber als Gesamtheit zu behandeln sind, Strategien abzuleiten, gibt es in der Wirtschaftspraxis eine ganze Reihe unterschiedlicher Ansätze der Portfolio-Analyse. Bedeutung für die Praxis haben das Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio und das Marktattraktivität-Wettbewerbsvorteil-Portfolio erlangt. Der bekannteste Ansatz ist jedoch das Boston-Portfolio, bei dem es sich um ein Marktanteil-Marktwachstum-Portfolio handelt. Die in Abb. 44 dargestellte Boston-Portfoliomatrix ist eine Vier-Felder-Matrix. Durch die Achseneinteilungen niedriger und hoher relativer Marktanteil sowie niedriges und hohes relatives Marktwachstum ergeben sich vier Felder einer Matrix, die sich durch einen niedrigen relativen Marktanteil und ein niedriges relatives Marktwachstum, einen hohen relativen Marktanteil und ein niedriges relatives Marktwachstum, einen niedrigen relativen Marktanteil und ein hohes relatives Marktwachstum sowie durch einen hohen relativen Marktanteil und ein hohes relatives Marktwachstum auszeichnen. Ein Unternehmen kann jetzt seine Produkte bzw. seine strategischen Geschäftseinheiten gemäß den Achseneinteilungen klassifizieren und in die entsprechenden Felder der Matrix einordnen. Entsprechend der Höhe des relativen Marktanteils und des relativen Marktwachstums werden die in die einzelnen Felder eingeordneten Produkte als „Bad Dogs", „Cash Cows", „Question marks" und „Stars" bezeichnet (vgl. Abb. 44). Je nach der Positionierung innerhalb der Matrix lassen sich nun für die Produkte bzw. die strategischen Geschäftsfelder generelle Strategien ableiten. Für die vier Felder der Matrix bzw. den ihnen zugeordneten Produkten (strategischen Geschäftseinheiten) gelten die folgenden vier generellen Strategien: - Die Sterne (stars) sind Produkte mit hohem relativem Marktwachstum und hohem relativem Marktanteil. Es handelt sich um die künftigen Hauptprodukte des Unternehmens. Sie benötigen gegenwärtig hohe finanzielle Mittel, um langfristig zu "Milchkühen" zu werden, die dann ihrerseits finanzielle Mittel für die Förderung anderer Produkte freisetzen. Die generelle Strategie für diese strategische Geschäftseinheit heißt daher investieren. - Die Milchkühe (cash oder melting cows) sind Produkte mit hohem relativen Marktanteil und niedrigem relativem Marktwachstum. Sie erwirtschaften gegenwärtig einen hohen „cashflow". Es handelt sich um die aktuellen Hauptprodukte des Unternehmens. Da diese Produk-

Unternehmensführung

215

te von den künftigen Hauptprodukten abgelöst werden, lautet die generelle Strategie für die strategische Geschäftseinheit abschöpfen. Abb. 44: Schema des Boston-Portfolios relatives Marktwachstum h 0 c h

n i e d r i

Question Marks (Nachwuchsprodukte)

Stars (künftige Hauptprodukte)

Strategie: Markterschließung oder ? Bad Dogs (Problemprodukte)

Strategie: Investieren Cash Cows (aktuelle Hauptprodukte)

Strategie: Aussteigen

Strategie: Abschöpfen

niedrig

hoch

g

Quelle:

relativer Marktanteil

eigene Darstellung

- Die Fragezeichen (question marks) sind Produkte mit niedrigem relativen Marktanteil und hohem relativen Marktwachstum. Sie erfordern gegenwärtig hohe finanzielle Mittel. Diese Produkte sind die Nachwuchsprodukte des Unternehmens. Es ist gegenwärtig noch fraglich, welche der Produkte mal zu Sternen werden. Bei diesen Produkten muß daher sorgfältig abgewogen werden, welche Strategie eingeschlagen werden soll. Generell ist für diese strategische Geschäftseinheit zwischen den Strategien Markterschließung oder abwarten bis nichts tun zu entscheiden. - Die armen Hunde (poor oder bad dogs) sind Problemprodukte, die nicht oder nicht mehr zu den Hauptprodukten des Unternehmens zählen. Diese Produkte bringen dem Unternehmen zwar gegenwärtig keine Verluste. Doch kann dies in Zukunft der Fall sein. Daher heißt die generelle Strategie für diese strategische Geschäftseinheit aus dem Markt aussteigen.

216

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

Das

Qualitätsportfolio

Das Qualitätsportfolio 5 6 ist eine spezielle Form der Portfolio-Analyse, die im Rahmen des Qualitätsmanagements bzw. des „Total Quality Managements" zum Einsatz kommt. Es können mit Hilfe des Qualitätsportfolios Strategien für Produkte bzw. strategische Geschäftseinheiten hinsichtlich der anzubietenden Produktqualität abgeleitet werden. Dabei wird von der Qualitätsattraktivität und der Qualitätsstärke ausgegangen, die jeweils auf einer Skala im Bereich „null" bis „vier" gemessen werden. Mit der Qualitätsattraktivität ist die subjektive Qualitätskomponente gemeint, während sich die Qualitätsstärke auf die objektive bzw. technische Qualitätskomponente bezieht. Aufgrund der gewählten Skaleneinheiten für die Messung der Qualitätsattraktivität und der Qualitätsstärke ergibt sich eine 16-Felder-Matrix. Durch die aufsteigende Hauptdiagonale wird die 16-Felder-Matrix in zwei Bereiche getrennt (yg\.Abb. 45). Abb. 45: Das Qualitätsportfolio Qualitätsattraktivität

Quelle:

Dögl, R.: Strategisches Qualitätsmanagement im Industriebetrieb, S. 239

Auf der aufsteigenden Hauptdiagonalen sind Qualitätsattraktivität und Qualitätsstärke gleich groß. Die subjektive Qualität und die objektive Qualität sind also gleich groß. Auf der steigenden Hauptdiagonalen entspricht die vom Kunden gewünschte Qualität der vom Pro56

V g l . D ö g l , R.: S t r a t e g i s c h e s Q u a l i t ä t s m a n a g e m e n t im I n d u s t r i e b e t r i e b , G ö t t i n g e n 1 9 8 6 , S. 190 ff.

Unternehmensführung

217

d u k t g e w ä h r l e i s t e t e n Qualität. F ü r P r o d u k t e , die a n h a n d d e r Qualitätsattraktivität u n d d e r Q u a l i t ä t s s t ä r k e a u f d e r s t e i g e n d e n H a u p t d i a g o n a l e n d e r zu b i l d e n d e n Q u a l i t ä t s m a t r i x positioniert sind, ist folglich d i e a n g e b o t e n e Q u a l i t ä t k o n s t a n t zu halten. D i e H a u p t d i a g o n a l e stellt die Ideallinie dar. A b e r a u c h im N a h b e r e i c h links und rechts der Ideallinie ist d i e Strategie, die Q u a l i t ä t e i n e s G u t e s k o n s t a n t zu halten, d u r c h a u s a n w e n d b a r . Im Bereich links v o n d e r Ideallinie ist die Qualitätsattraktivität e i n e s P r o d u k t e s g r ö ß e r als die Q u a l i t ä t s s t ä r k e . D i e Q u a l i t ä t s a n s p r ü c h e d e r N a c h f r a g e w e r d e n nicht e r f ü l l t . Die Q u a l i t ä t des P r o d u k t e s ist d a h e r zu e r h ö h e n . Im B e r e i c h rechts v o n der Ideallinie ist h i n g e g e n d i e Q u a l i t ä t s s t ä r k e g r ö ß e r als d i e Q u a l i t ä t s a t t r a k t i v i t ä t . D i e Q u a l i t ä t s a n s p r ü c h e d e r N a c h f r a g e w e r d e n ü b e r e r f ü l l t . Die Q u a l i t ä t d e s P r o d u k t e s ist d a h e r zu senken. A u s d e m Q u a l i t ä t s p o r t f o l i o sind drei Strategien ableitbar: D i e erste Strategie im N a h b e r e i c h und a u f d e r Ideallinie heißt, Q u a l i t ä t halten. D i e b e i d e n a n d e r e n Strategien f ü h r e n zu einer V e r ä n d e r u n g der Qualität. L i n k s d e r Ideallinie heißt die S t r a t e g i e „ Q u a l i t ä t e r h ö h e n " und rechts d e r Ideallinie k o m m t die Strategie „ Q u a l i t ä t senken" zum Tragen.

7. Unternehmensorganisation Ein w e i t e r e r Bereich der U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g ist die U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n . D i e U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n besteht - wie oben a u s g e f ü h r t - aus den beiden T e i l b e r e i c h e n A u f bau- und A b l a u f o r g a n i s a t i o n . Die A u f b a u - und A b l a u f o r g a n i s a t i o n sind bereits in d e r G r ü n d u n g s p h a s e eines U n t e r n e h m e n s festgelegt w o r d e n . In der U n t e r n e h m e n s l e b e n s z y k l u s p h a s e „ U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g " ist zu p r ü f e n , o b d i e in d e r G r ü n d u n g s p h a s e f e s t g e l e g t e Organisatio n s f o r m f ü r ein U n t e r n e h m e n noch a n g e m e s s e n ist. Für die Ü b e r p r ü f u n g der A n g e m e s s e n heit d e r O r g a n i s a t i o n s f o r m ist a u f die g r u n d l e g e n d e n A u s f ü h r u n g e n zur O r g a n i s a t i o n in Teil 2, A b s c h n i t t 4.9 zu v e r w e i s e n . Diese A u s f ü h r u n g e n sollen in d i e s e m Z u s a m m e n h a n g nicht w i e d e r h o l t w e r d e n . Es ist lediglich auf G r ü n d e f ü r die V e r ä n d e r u n g der O r g a n i s a t i o n s f o r m einzugehen.

7.1 Aufbauorganisation Die F o r m der A u f b a u o r g a n i s a t i o n eines U n t e r n e h m e n s ist nicht k o n s t a n t ü b e r alle U n t e r n e h m e n s l e b e n s z y k l u s p h a s e n . Es hat sich gezeigt, d a ß f ü r die e i n z e l n e n P h a s e n des U n t e r nehmenslebenszyklus unterschiedliche Formen der Aufbauorganisation angemessen

sind.

D e r W a c h s t u m s p r o z e ß , den ein U n t e r n e h m e n d u r c h l ä u f t , f ü h r t zur V e r ä n d e r u n g der U n t e r n e h m e n s g r ö ß e , d e s U m s a t z e s , d e r P r o d u k t i o n s m e n g e etc. D i e s e V e r ä n d e r u n g e n können e i n e V e r ä n d e r u n g der A u f b a u o r g a n i s a t i o n e r f o r d e r n . Ein U n t e r n e h m e n hat d a h e r d i e A n g e m e s s e n h e i t d e r g e w ä h l t e n F o r m der A u f b a u o r g a n i s a t i o n z u m i n d e s t b e i m Ü b e r g a n g in e i n e n e u e P h a s e des U n t e r n e h m e n s l e b e n s z y k l u s zu ü b e r p r ü f e n . A u f F o r m e n der A u f b a u o r g a n i s a t i o n , die sich bei einer U n t e r n e h m e n s e r w e i t e r u n g anbieten, wird explizit in Teil 4, A b s c h n i t t 12.4 und 13.2.2 e i n g e g a n g e n .

218

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

7.2 Ablauforganisation Auch die Ablauforganisation eines Unternehmens wird im Regelfall nicht über alle Phasen des Unternehmenslebenszyklus konstant sein. Die Erhöhung der Produktionsmenge kann eine andere Form der Ablauforganisation bedingen. Auf die verschiedenen Formen der Ablauforganisation wird in Teil 3, Abschnitt 9.3 „Produktionslogistik" unter dem Stichwort Organisationstypen von Produktionssystemen (Teil 3, Abschnitt 9.3.4) eingegangen. Aber nicht nur die Erhöhung der Produktionsmenge kann eine Veränderung der Ablauforganisation bedingen. Die Notwendigkeit zur Veränderung der Ablauforganisation eines Unternehmens ergibt sich häufig aufgrund technologischer Veränderungen. Die Verbesserung einer Produktionstechnologie, die auch als technischer Fortschritt zu bezeichnen ist, kann eine Veränderung der Ablauforganisation bedingen. Das gleiche gilt für die Einführung neuer Unternehmenskonzepte, wie die Einführung von Logistikkonzepten oder der Einführung von Konzepten zur Verbesserung der Qualitäts- und Umweltstandards im Unternehmen. Beispiele für die Veränderung der Ablauforganisation in Folge der Verwirklichung von Logistikkonzepten und Konzepten zur Verbesserung der Qualitäts- und Umweltstandards sind u.a. in der Automobilindustrie zu finden.

7.3 Veränderung der Unternehmensorganisation im Verlaufe des Unternehmenslebenszyklus Auf die Veränderung der Aufbauorganisation im Verlaufe des Unternehmenslebenszyklus wurde bereits in Teil 2, Abschnitt 4.9.1.4 eingegangen. Auch die Ablauforganisation kann in den einzelnen Phasen des Unternehmenslebenszyklus Veränderungen unterlegen sein. Ein Unternehmen sollte zum Beispiel bei der Erweiterung der Produktpalette in der Wachstumsphase oder bei Fusionen die Angemessenheit der Ablauforganisation überprüfen und gegebenenfalls Veränderungen vornehmen. Häufig bedingt auch die Durchsetzung einer Qualitätsverbesserung des angebotenen Gutes die Veränderung der Ablauforganisation. Möglichkeiten zur Veränderung der Ablauforganisation ergeben sich in der Regel durch technischen Fortschritt im Bereich der Produktionsverfahren und Werkzeuge. Deutlich wird dieser Tatbestand am Beispiel des Einsatzes von Industrierobotern, die eine Vielzahl von Werkzeugen handhaben können. Es wird eine andere Ablauforganisation möglich als bei einer Fertigung mit vielen Maschinen, die jeweils nur Arbeitsvorgänge mit einem Werkzeug durchführen können.

8. Unternehmenskontrolle (Logistik-/Controlling) Als letzter Bereich der Unternehmensführung ist die Unternehmenskontrolle zu behandeln. Die Kontrolle muß von der Unternehmensleitung wahrgenommen werden, um das gesamte

Unternehmensführung

219

unternehmerische Geschehen, also alle im Unternehmen ablaufenden Tätigkeiten bzw. Prozesse, zu überwachen und gegebenenfalls Korrekturen vornehmen zu können. Die im Rahmen der Kontrolle notwendigen Tätigkeiten bzw. Aufgaben werden im allgemeinen, also bei entsprechend großen Unternehmen, nicht von der Unternehmensleitung selbst durchgeführt, sondern an Stabs- oder Linienstellen delegiert. Für den hier benutzten Begriff Kontrolle kann auch der Begriff Controlling und bei Logistikunternehmen der Begriff Logistikcontrolling benutzt werden. Eine Abgrenzung der Begriffe fällt in der Literatur sehr unterschiedlich aus. Es kann nicht auf alle Varianten eingegangen werden, um eine abschließende Klärung vorzunehmen. Es soll lediglich auf die Abgrenzung von Jung hingewiesen werden. 5 7 Zudem ist auf ein Abgrenzungsproblem zwischen den Begriffen Überwachung und Kontrolle hinzuweisen. 5 8 Auch diesbezüglich kann in diesem Zusammenhang keine letztendliche Klärung erreicht werden.

8.1 Ziele der Unternehmenskontrolle Mit der Kontrolle des unternehmerischen Geschehens ist das Aufgabenfeld der Unternehmenskontrolle grob umrissen. Neben dem Aufgabenfeld sind allerdings noch die Ziele der Kontrolle festzulegen. Die Festlegung der Ziele der Unternehmenskontrolle ist insofern von Bedeutung, da mit den Zielen festgelegt wird, was die Unternehmenskontrolle erreichen soll. In der Literatur werden im allgemeinen die folgenden sechs Ziele für die Unternehmenskontrolle herausgestellt. 5 9 1. Steuerung des Unternehmens auf der Basis der im Rahmen der Kontrolle ermittelten Abweichungen von den gesetzten Zielen (Sollwerten). 2. Vorbeugung gegen die stets bestehende Gefahr des Vermögensverlustes. 3. Sicherung der Erträge mittels ständiger Kontrolle der Wirtschaftlichkeit. 4. Gewährleistung eines rationellen Betriebsablaufes durch das Ermitteln von Rationalisierungspotentialen, Abbau von Schwachstellen und Fehlerquellen in der Planung und Organisation. 5. Gewährleistung des Einhaltens von staatlichen Gesetzen, Vorschriften und Richtlinien sowie von Anweisungen der Unternehmensleitung. 6. Beurteilung der Mitarbeiter des Unternehmens hinsichtlich ihrer fachlichen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten, um ihre Leistung im Rahmen der Dienstaufsicht anzuerkennen und ihre Fähigkeiten zu

fördern.

57

Vgl. Jung, H.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 1126 ff.

58

Vgl. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 180 ff.

59

Vgl. u.a. Korndörfer, W.: Unternehmensführungslehre, S. 180

220

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

8.2 Arten der Unternehmenskontrolle Bei der Kontrolle ist grundsätzlich zwischen technischer und kaufmännischer Kontrolle zu unterscheiden. In der Regel ergänzen sich beide Kontrollarten. Die kaufmännische Kontrolle kennt wiederum drei Unterformen, wie im folgenden gezeigt wird. 1. Technische Kontrolle (Qualitäts-, Fertigungskontrolle) 2.

K a u f m ä n n i s c h e Kontrolle

2.1 Z w a n g s l ä u f i g e Kontrolle (Doppelte Buchführung, EDV-Prüfprogramm) 2.2 Organisatorische Kontrolle (Überprüfung der Ausführung: z.B. der Bezahlung einer Rechnung) 2.3 Dispositive Kontrolle (Abhaken, Nachrechnen)

8.3 Kontrollkennzahlen Die Kontrolle erfolgt in der Regel in drei Schritten. Die Kontrollinstanzen führen zunächst eine Ergebniskontrolle durch. In diesem ersten Schritt werden für die einzelnen Tätigkeiten bzw. Prozesse die Ergebnisse anhand von Kennzahlen ermittelt. In einem zweiten Schritt erfolgt ein Vergleich der Ergebnisse (Istwerte) mit den Zielen (Sollwerten). Es werden die Abweichungen von Ist- und Sollwerten festgestellt. Der dritte Schritt dient der Feststellung der Ursachen für die Abweichungen (Abweichungsanalyse). U m den ersten Schritt der Kontrolle durchführen zu können, benötigen die Kontrollinstanzen Kennzahlen zur Ermittlung der Ergebnisse. Die Betriebswirtschaftslehre hat eine Vielzahl von Kennzahlen entwickelt, die der Unternehmenskontrolle dienen. Im folgenden soll eine Auswahl dieser Kennzahlen dargestellt werden. Es wird zwischen klassischen und modernen Kennzahlen unterschieden. Die klassischen Kennzahlen werden wiederum in einheits- bzw. mengenbezogene, wertbezogene und bilanzbezogene Kennzahlen unterteilt. Die klassischen Kennzahlen wurden bereits als Orientierungsgrößen der Betriebswirtschaftslehre behandelt (vgl. Teil 1, Abschnitt 1.7.3). Die Formeln für den Gewinn, die Produktivität, die Wirtschaftlichkeit und die Rentabilität sollen daher hier nicht noch einmal dargestellt werden. Folgende ausgewählte Kennzahlen dienen ergänzend zu den Orientierungsgrößen der Betriebswirtschaftslehre der Unternehmenskontrolle: - Klassische Kennzahlen: - A u f den bilanziellen Erfolg bezogene Kennzahlen: Betriebsgewinn (44) Rentabilität =

• 100

(Betriebsrentabilität)

betriebsnotwendiges Kapital 60

Vgl. u.a. W ö h e ; G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 43, 4 7 ff.

Unternehmensführung

221

A l l g e m e i n s p i e g e l t d i e R e n t a b i l i t ä t d a s V e r h ä l t n i s e i n e r E r f o l g s g r ö ß e z u m in e i n e r R e c h nungsperiode eingesetzten Kapital wider. Barbestand ( 4 5 ) L i q u i d i t ä t 1. G r a d e s =

• 100 kurzfristige Verbindlichkeiten Barbestand + kurzfristige Forderungen

( 4 6 ) L i q u i d i t ä t 2. G r a d e s =

• 100 kurzfristige Verbindlichkeiten Barbestand + kurzfr. Forderungen + Warenbestand

( 4 7 ) L i q u i d i t ä t 3. G r a d e s =

• 100 kurzfristige Verbindlichkeiten

D i e Liquidität gibt die Fähigkeit und Bereitschaft eines U n t e r n e h m e n s an, seine Z a h l u n g s v e r p f l i c h t u n g e n t e r m i n g e r e c h t u n d b e t r a g s g e n a u e r f ü l l e n zu k ö n n e n u n d zu w o l l e n . - Moderne Kennzahlen: (48) cash-flow = Gewinn (ohne Vortrag) + Wertberichtigungen + Rücklagen + Rückstellungen D e r „ c a s h - f l o w " stellt e i n e f i n a n z i e l l e S t r o m g r ö ß e d a r , d i e d e n in e i n e r W i r t s c h a f t s p e r i ode erfolgswirksam erwirtschafteten Zahlungsmittelüberschuß angibt. Die Ermittlung

des

„ c a s h - f l o w s " wird a n h a n d der G e w i n n - und V e r l u s t r e c h n u n g v o r g e n o m m e n . Der „ c a s h - f l o w " spiegelt die Innenfmanzierungskraft eines Unternehmens wider. Gewinn (49) ROI =

Umsatz •

Umsatz

investiertes Kapital

= Umsatzerfolg x U m s c h l a g des investierten Kapitals D e r „ r e t u r n on i n v e s t m e n t " ( R O I ) ist d a s V e r h ä l t n i s v o n G e w i n n z u m g e s a m t e n i n v e s t i e r ten Kapital. Es wird die E f f e k t i v v e r z i n s u n g bzw. die Kapitalrendite angegeben. (50) working capital (w.c.) = Dispositionsfonds = U m l a u f v e r m ö g e n - kurzfristige Verbindlichkeiten D a s „ w o r k i n g c a p i t a l " ist e i n e M e ß z a h l f ü r V e r ä n d e r u n g e n d e r L i q u i d i t ä t . Umlaufvermögen (51) Liquiditätskoeffizient (w.c.r.) = kurzfristige Verbindlichkeiten D e r L i q u i d i t ä t s k o e f f i z i e n t b z w . d i e „ w o r k i n g c a p i t a l r a t i o " ( w . c . r ) e r g ä n z t die A u s s a g e der Meßzahl „working capital".

222

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

8.4 Der Zusammenhang zwischen Produktivität, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität Die Kennzahlen, die im Rahmen der Unternehmenskontrolle zur Anwendung kommen, stehen nicht alle, aber zumindest teilweise in einem Zusammenhang. Dies sei am Beispiel der Kennzahlen Produktivität, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität aufgezeigt. Der Zusammenhang zwischen Produktivität, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität läßt sich ausgehend von einer Rationalisierungsmaßnahme wie folgt darstellen: Eine Rationalisierungsmaßnahme führt zu einer Erhöhung der Produktivität, weil durch die Rationalisierung entweder eine Erhöhung des Outputs bei Konstanz des Inputs oder eine Verminderung des Inputs bei Konstanz des Outputs erfolgt. Bei konstanten Produkt- und Faktorpreisen führt diese Erhöhung der Produktivität zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit, weil durch mehr Output oder weniger Input bei Konstanz der Kosten eine Erhöhung der Erlöse oder bei Konstanz der Erlöse eine Kostensenkung eintritt. Aufgrund der Formel (52) (52) G = E - K

mit G = Gewinn; E = Erlös; K = Kosten

erfolgt durch die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit eine Erhöhung der Rentabilität, weil durch die Erlössteigerung bzw. die Kostensenkung eine Gewinnerhöhung eintritt, die gemäß Formel (52) zu einer Rentabilitätssteigerung führt, wenn das Kapital konstant bleibt. Voraussetzung für die Gültigkeit der aufgezeigten Wirkungskette ist, daß die Preise konstant bleiben, denn sonst führt eine Erhöhung der Produktivität nicht unbedingt zu einer Erhöhung der Wirtschaftlichkeit. Die Wirkungskette versagt, wenn z.B. eine Erhöhung des Outputs durch fallende Produktpreise oder steigende Faktorpreise ausgeglichen wird. Die dargestellten Kennzahlen sind eine Auswahl aus einer Vielzahl von Kennzahlen. Alle dargestellten Kennzahlen beziehen sich auf das gesamte Unternehmen. Darüber hinaus gibt es natürlich auch Kennzahlen, die auf bestimmte Bereiche eines Unternehmens bezogen sind, wie z.B. personalwirtschaftliche Kennzahlen, beschaffungs- und lagerwirtschaftliche Kennzahlen, fertigungswirtschaftliche Kennzahlen, finanzwirtschaftliche Kennzahlen etc. Allen Kennzahlen ist gemein, daß sie nur quantitative Aussagen zulassen, also nur eine quantitative Kontrolle der Ziele bzw. Sollwerte ermöglichen. Die Kennzahlen reagieren alle sensibel auf Ungenauigkeiten bei der Datenerhebung. Die Kennzahlen können für folgende Arten von Vergleichen dienen: (1) für Soll-Ist-Vergleiche (Abweichungsanalysen), (2) für Periodenvergleiche (Zeitpunktvergleiche) und (3) für Betriebsvergleiche (zwischenbetriebliche, Branchenvergleiche).

Unternehmensfuhrung

223

8.5 Das Unternehmen als Regelkreis zwischen Planung, Organisation und Kontrolle Die abschließende Charakterisierung der aus den drei Bereichen Planung, Organisation und Kontrolle bestehenden Unternehmensfuhrung, läßt den Vergleich mit einem Regelkreis zu. Das Unternehmen kann in vereinfachter Form als Regelkreis interpretiert werden. 6 1 Ausgangspunkt des Regelkreises ist die Planung. Es werden zunächst die Ziele, die Planbzw. Sollwerte, für das Unternehmen festgelegt. In die Planung fällt auch die Entscheidungsvorbereitung und die Entscheidung, wie diese Ziele zu erreichen sind. Die Organisation ist mit der Durchführung der konkreten Maßnahmen zur Erreichung der gesetzten Ziele befaßt. Es werden die Istwerte geschaffen. Die Kontrolle schließlich überprüft die Ausfuhrung der Maßnahmen und stellt mit Hilfe eines Vergleiches der Soll- und Istwerte (Soll-IstVergleich, S-I-V) die Zielerreichung fest. Als Fazit des Soll-Ist-Vergleiches kommen drei generelle Ergebnisse in Frage: (1) Die Differenz zwischen Soll- und Istwerten ist gleich Null oder liegt im Toleranzbereich (2) Die Differenz zwischen Soll- und Istwerten liegt zwar außerhalb des Toleranzbereiches, ist aber nicht allzu groß. (3) Die Differenz zwischen Soll- und Istwerten ist sehr groß. Der Regelkreis schließt sich, indem die Ergebnisse der Kontrolle an den Ausgangspunkt, die Planung, gegeben werden und die Planung aufgrund der Ergebnisse eine neue Planung für die nächste Wirtschaftsperiode vornimmt. Es werden die Ziele, also die Plan- bzw. Sollwerte, für die nächste Wirtschaftsperiode festgelegt. Der im Regelkreis ablaufende Prozeß beginnt also wieder von vorne. Aus den oben dargestellten drei generellen Ergebnissen der Kontrolle ergeben sich drei Möglichkeiten für die Planung der neuen Wirtschaftsperiode. Wenn keine Abweichung zwischen Soll- und Istwerten festgestellt wurde, liegt aus dieser Sicht kein Grund vor, eine Veränderung der Sollwerte oder der Stellgrößen für die nächste Wirtschaftsperiode vorzunehmen. Liegt hingegen eine nicht allzu große Abweichung von Soll- und Istwerten außerhalb der Toleranzgrenze vor, so ist für die nächste Wirtschaftsperiode entweder eine Veränderung der Sollwerte oder der Stellgrößen (Maßnahmen) oder beides vorzunehmen. Dies gilt natürlich nur, wenn nicht andere Gründe gegen diese Anpassung der neuen Sollwerte an die Istwerte der Vorperiode sprechen. Ist schließlich die Abweichung von Soll- und Istwerten sehr groß, so muß überlegt werden, ob eine Anpassung überhaupt Erfolg haben kann. Wenn eine zu große negative Abweichung von Soll- und Istwerten besteht, kann es eventuell sinnvoller sein, das Unternehmen zu schließen. Die Veranschaulichung des Unternehmens als Regelkreis verdeutlicht einerseits die Aufgabe der Unternehmensführung, Anpassungen an Veränderungen herbeizuführen und andererseits das Potential für Flexibilität im Unternehmen. 61

Vgl. u.a. Hub, H.: Unternehmensfuhrung, S. 77 ff.

224

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

8.6 Der Zusammenhang von Unternehmensführung, Unternehmensleitung, Unternehmensplanung, Unternehmensorganisation und Unternehmenskontrolle U n t e r n e h m e n s f u h r u n g setzt sich aus den vier T e i l b e r e i c h e n U n t e r n e h m e n s l e i t u n g ,

Unter-

n e h m e n s p l a n u n g , U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n und U n t e r n e h m e n s k o n t r o l l e z u s a m m e n . U n t e r n e h m e n s f u h r u n g ist s o m i t ein O b e r b e g r i f f , dem d i e vier B e g r i f f e , die d i e B e r e i c h e identifiz i e r e n , u n t e r g e o r d n e t sind. U n t e r n e h m e n s f u h r u n g und U n t e r n e h m e n s l e i t u n g d ü r f e n folglich nicht als i n h a l t s g l e i c h e B e g r i f f e interpretiert bzw. benutzt w e r d e n . U n t e r n e h m e n s f u h r u n g ist d i e sach- und p e r s o n e n b e z o g e n e F ü h r u n g b z w . L e n k u n g e i n e s U n t e r n e h m e n s u n t e r Z u h i l f e n a h m e d e r U n t e r n e h m e n s l e i t u n g , der U n t e r n e h m e n s p l a n u n g , d e r U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n und der U n t e r n e h m e n s k o n t r o l l e . U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g b e z i e h t sich a u f alle ( F ü h r u n g s - ) E b e n e n und alle ( F u n k t i o n s - ) B e r e i c h e e i n e s U n t e r n e h m e n s . U n t e r n e h m e n s l e i t u n g ist h i n g e g e n L e i t u n g eines U n t e r n e h m e n s durch die V o r g a b e e i n e r k o n k r e t e n U n t e r n e h m e n s p o l i t i k , die als R a h m e n p o l i t i k f ü r alle ( F u n k t i o n s - ) B e r e i c h e gilt und f ü r die e i n z e l n e n ( F u n k t i o n s - ) B e r e i c h e zu s p e z i f i z i e r e n ist. A n d e r e r s e i t s hat d i e U n t e r n e h m e n s p o l i t i k die speziellen B e r e i c h e d e r U n t e r n e h m e n s p o l i t i k , w i e z.B. die B e s c h a f f u n g s - , die P r o d u k t i o n s - , die A b s a t z - o d e r die P e r s o n a l p o l i t i k , zu b e r ü c k s i c h t i g e n und zu integrieren. U n t e r n e h m e n s l e i t u n g bezieht sich nicht a u f alle ( F ü h r u n g s - ) E b e n e n e i n e s U n t e r n e h m e n s , s o n d e r n nur auf die L e i t u n g s e b e n e , d i e o b e r s t e F ü h r u n g s e b e n e . Z w i s c h e n d e r U n t e r n e h m e n s l e i t u n g und der v o n ihr v o r g e g e b e n e n

Unternehmenspolitik

und d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g , der U n t e r n e h m e n s o r g a n i s a t i o n und der U n t e r n e h m e n s k o n trolle gibt es e i n e V o r - und R ü c k k o p p e l u n g , w i e bereits oben am Beispiel d e r U n t e r n e h m e n s p l a n u n g a u s g e f ü h r t w u r d e (vgl. Teil 3, Abschnitt 6.1).

9. Spezielle Bereiche der Unternehmensführung Die s p e z i e l l e n B e r e i c h e a u f d i e sich U n t e r n e h m e n s f ü h r u n g bezieht, sind d i e b e t r i e b l i c h e n Funktionen

bzw. Funktionsbereiche.

Diese Bereiche

sind

Forschung

und

Entwicklung

( F & E ) , B e s c h a f f u n g , M a t e r i a l l o g i s t i k , P r o d u k t i o n , A b s a t z b z w . M a r k e t i n g , E n t s o r g u n g , Inf o r m a t i o n s w i r t s c h a f t , I n v e s t i t i o n s r e c h n u n g , F i n a n z w i r t s c h a f t , P e r s o n a l w i r t s c h a f t und C o n trolling. Z u d e m w ä r e der Bereich Logistik zu nennen. D i e s e r Bereich soll hier aber nicht als E i n z e l b e r e i c h h e r a u s g e s t e l l t w e r d e n , da L o g i s t i k k o n z e p t e als f u n k t i o n s b e r e i c h s ü b e r g r e i f e n d e K o n z e p t e a u s g e l e g t sind. Logistik t a n g i e r t folglich alle F u n k t i o n s b e r e i c h e . Dies zeigt sich u.a. d a r a n , d a ß v i e l f a c h z.B. nicht m e h r v o n M a t e r i a l w i r t s c h a f t o d e r P r o d u k t i o n s w i r t s c h a f t g e s p r o c h e n w i r d , s o n d e r n von Materiallogistik o d e r P r o d u k t i o n s l o g i s t i k . D i e s e n e u e n B e z e i c h n u n g e n mit d e m S u f f i x Logistik h a b e n sich a l l e r d i n g s derzeit noch nicht generell und auch nicht h i n s i c h t l i c h aller F u n k t i o n s b e r e i c h e d u r c h g e s e t z t . D i e g e n a n n t e n F u n k t i o n s b e r e i c h e m ü s s e n z u d e m n i c h t in j e d e m U n t e r n e h m e n v o r k o m m e n o d e r als e i g e n s t ä n d i g e B e r e i c h e in d e r A u f b a u o r g a n i s a t i o n d e s U n t e r n e h m e n s herausgestellt w e r d e n .

Untemehmensfiihrung

225

9.1 Forschung und Entwicklung Ein b e t r i e b l i c h e r F u n k t i o n s b e r e i c h , d e r in d e r Regel an erster Stelle g e n a n n t wird, ist d e r B e r e i c h F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g . D a P r o d u k t e und P r o d u k t i o n s v e r f a h r e n genau w i e die U n t e r n e h m e n selbst e i n e m L e b e n s z y k l u s unterliegen, ist es f ü r U n t e r n e h m e n von g r u n d l e g e n d e r B e d e u t u n g f ü r N e u e r u n g e n ( I n n o v a t i o n e n ) zu sorgen. D i e U n t e r n e h m e n m ü s s e n sys t e m a t i s c h und gezielt F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g betreiben, um den

wissenschaftlich-

t e c h n i s c h e n K e n n t n i s s t a n d durch t e c h n i s c h e n Fortschritt zu e r w e i t e r n . D e r t e c h n i s c h e Fortschritt ist die B a s i s f ü r N e u e r u n g e n . D i e I n d u s t r i e z w e i g e , die d e n w i s s e n s c h a f t l i c h - t e c h n i s c h e n Fortschritt b e s o n d e r s

stark

d u r c h e i g e n e F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g v o r a n t r e i b e n , w e r d e n in der Literatur als „ S c i e n c e b a s e d I n d u s t r i e s " b e z e i c h n e t . Im P r i n z i p ist F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g e i n e t e c h n i s c h e D i s z i p l i n . Es hat sich j e d o c h in der Praxis gezeigt, d a ß die F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g h e u t e d u r c h e i n e rein t e c h n i s c h e A u s r i c h t u n g nicht m e h r allen A n s p r ü c h e n g e r e c h t w e r d e n k a n n . In d e r F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g k o m m e n d a h e r z u n e h m e n d L o g i s t i k k o n z e p t e zum E i n s a t z , d i e T e c h n i k , I n f o r m a t i k und Ö k o n o m i e m i t e i n a n d e r v e r b i n d e n . Die Markt-, K u n d e n - und L e a n o r i e n t i e r u n g beginnt h e u t e in vielen U n t e r n e h m e n bereits in der F o r s c h u n g u n d Entw i c k l u n g . Z u d e m hat sich f ü r d i e F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g ein K o n z e p t h e r a u s k r i s t a l l i siert, d a s als „ S i m u l t a n e o u s E n g i n e e r i n g " b e z e i c h n e t w i r d . Die t e c h n i s c h e E n t w i c k l u n g w i r d h e u t e d u r c h parallele o r g a n i s a t o r i s c h e M a ß n a h m e n begleitet. Es w e r d e n sobald die E n t w i c k lung e i n e s n e u e s P r o d u k t e s in den E c k d a t e n festliegt, parallel d i e M a s c h i n e n - und W e r k z e u ge z u r P r o d u k t i o n d e s neuen P r o d u k t e s entwickelt. A u f diese Art und W e i s e kann die Zeit f ü r F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g deutlich v e r k ü r z t w e r d e n , w e n n die V o r a u s s e t z u n g dieser V o r g e h e n s w e i s e , d a ß die Eckdaten f ü r das n e u e Produkt tatsächlich f i x sind, eingehalten w i r d .

9.1.1 Aufgaben der Forschung und Entwicklung D e r B e r e i c h F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g ( F & E ) hat d i e A u f g a b e , das W i s s e n in den f ü r d a s U n t e r n e h m e n relevanten G e b i e t e n zu v e r t i e f e n und zu e r w e i t e r n , um die W e t t b e w e r b s f ä h i g keit d e s U n t e r n e h m e n s zu v e r b e s s e r n . Es sind vor allem n e u e P r o d u k t i o n s v e r f a h r e n und n e u e P r o d u k t e zu e n t w i c k e l n , die den steigenden A n s p r ü c h e n der N a c h f r a g e r hinsichtlich Preis, L e i s t u n g s f ä h i g k e i t , Q u a l i t ä t und U m w e l t f r e u n d l i c h k e i t g e r e c h t w e r d e n . D a F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g in vielen Fällen sehr kapitalintensiv sein kann, sind d i e U n t e r n e h m e n o f t a u f staatliche F ö r d e r u n g und die K o o p e r a t i o n mit a n d e r e n U n t e r n e h m e n und I n s t i t u t i o n e n a n g e w i e s e n . F o r s c h u n g und E n t w i c k l u n g ist in d e r Regel auch zeitintensiv. D a h e r e n t s t e h t bei kürzer w e r d e n d e n P r o d u k t l e b e n s z y k l e n und v e r k ü r z t e r M a r k t z e i t e i n e Z e i t f a l l e . D i e U n t e r n e h m e n m ü s s e n e i n e lange F o r s c h u n g s - und E n t w i c k l u n g s z e i t f i n a n z i e ren, h a b e n a b e r nur eine k u r z e M a r k t z e i t , um den A u s g a b e n s t r o m durch einen e n t s p r e c h e n den E i n n a h m e n s t r o m zu k o m p e n s i e r e n . Dieser Z e i t f a l l e v e r s u c h e n U n t e r n e h m e n durch den

226

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

Einsatz von Logistikkonzepten und des Konzeptes „Simultaneous Engineering" entgegen zu wirken. Insbesondere wird das Logistikkonzept „Just-in-Time" zur B e k ä m p f u n g der Zeitfalle benutzt. Kostensenkung und zeitliche Abstimmung sollen die Wertschöpfung in der Marktphase verbessern. Einen Schritt weiter geht das Logistikkonzept „Lean

Production/Manage-

ment". Durch eine schlanke Entwicklungsabteilung sollen die Entwicklungskosten und der Zeitaufwand während der Entwicklungsphase eines Produktes gesenkt werden (Teil 1, Abschnitt 1.2.1). In der Forschungs- und Entwicklungsphase sind aber nicht nur Zeit und Kosten einzusparen, sondern es ist auch auf ein Produktdesign zu achten, das eine Kostenminimierung in allen Bereichen der Wertschöpfungs- bzw. Logistikkette, wie z.B. beim Transport und der Entsorgung, ermöglicht.

9.1.2 Ziele der Forschung und Entwicklung Die Ziele der Forschung und Entwicklung lassen sich mit der zeitsparenden, kostengünstigen und umweltfreundlichen Entwicklung von neuen leistungsfähigen, qualitativ hochwertigen, umweltfreundlichen und kostengünstigen Produktionsverfahren und Produkten umschreiben. Es zeigt sich, daß die Bedingungen, die die Forschung und Entwicklung bei der Erreic h u n g ihres eigentliches Ziels, neue Produktionsverfahren und Produkte zu entwickeln, einhalten muß, zu ergänzenden Zielen geworden sind. Insbesondere die Bedingung umweltfreundliche Produktionsverfahren und Produkte zu entwickeln, ist heute als wichtiges Ziel der Forschung und Entwicklung zu sehen. Forschung und Entwicklung muß selbst auch umweltfreundlich betrieben werden. Ein weiteres Ziel der Forschung und Entwicklung, das durch die A n w e n d u n g von Logistikkonzepten stärker ins Blickfeld der Unternehmen gerückt ist, ist neue Produktionsverfahren und Produkte markt- und kundenorientiert zu entwickeln.

9.1.3 Strategien der Forschung und Entwicklung Um die Ziele der Forschung und Entwicklung zu erreichen, wenden die Unternehmen unterschiedliche und unternehmensspezifische Strategien an. Vier allgemeine Strategien, die von j e d e m Unternehmen angewendet werden können bzw. sollten, sind die Strategien „design to cost", „design to quality", „design to logistics" und „design to environment". Die Strategie „design to cost" ergibt sich aus dem Logistikkonzept „Lean Productio n / M a n a g e m e n t " . In Japan basiert das Konzept nicht nur auf dem „Lean"-Gedanken. Es wird bei der Entwicklung von neuen Produkten nicht nur eine schlanke Entwicklungsabteilung verwirklicht, sondern auch ein „target costing" angewandt. Für das zu entwickelnde Produkt wird ein realistischer Marktpreis festgelegt. Von diesem Marktpreis wird die gewünschte bzw. branchenübliche Gewinnspanne abgezogen, so daß sich eine Kostenobergrenze bzw.

Unternehmensführung

227

ein K o s t e n z i e l ergibt. D i e s e s K o s t e n z i e l ist v o n d e r E n t w i c k l u n g s a b t e i l u n g einzuhalten. Z u r E r r e i c h u n g d i e s e s K o s t e n z i e l s w i r d die S t r a t e g i e „design to c o s t " a n g e w a n d t . 6 2 D i e B e d e u t u n g d e r Strategie „design to q u a l i t y " ergibt sich e b e n f a l l s a u s d e r A n w e n d u n g v o n L o g i s t i k k o n z e p t e n im U n t e r n e h m e n . Einerseits e r f o r d e r t das L o g i s t i k k o n z e p t „ J u s t - i n T i m e " v o n den in der L o g i s t i k k e t t e f l i e ß e n d e n Materialien ( V o r p r o d u k t e n ) eine hohe Q u a l i tät, ein v o r g e g e b e n e r

Standard darf nicht unterschritten w e r d e n

(Null-Fehler-Strategie),

d a m i t d e r M a t e r i a l f l u ß in d e r L o g i s t i k k e t t e nicht a u f g r u n d v o n nicht e i n g e p l a n t e r Z e i t zur Q u a l i t ä t s v e r b e s s e r u n g b z w . F e h l e r b e s e i t i g u n g zum Stillstand k o m m t . A n d e r e r s e i t s will L o gistik n i c h t nur R a t i o n a l i s i e r u n g s p o t e n t i a l e in der Logistikkette, s o n d e r n auch K u n d e n n u t z e n p o t e n t i a l e a u s s c h ö p f e n . D a z u sind die a n g e b o t e n e n P r o d u k t e in e i n e r Qualität a u f d e m M a r k t zu b r i n g e n , die den K u n d e n m a x i m a l e n N u t z e n stiftet. B e i d e Q u a l i t ä t s a s p e k t e sind bereits bei der E n t w i c k l u n g n e u e r P r o d u k t e zu b e r ü c k s i c h t i g e n . D i e s e r f o l g t durch d i e A n w e n d u n g d e r S t r a t e g i e „design to cost", g e m ä ß der bei d e r E n t w i c k l u n g n e u e r P r o d u k t e den v e r s c h i e d e n e n Q u a l i t ä t s a n s p r ü c h e n R e c h n u n g getragen w i r d . Es soll a u c h v e r m i e d e n w e r den, P r o d u k t e zu e n t w i c k e l n , d i e die Q u a l i t ä t s a n s p r ü c h e ü b e r e r f ü l l e n , d a die hohe Q u a l i t ä t von d e n N a c h f r a g e r n nicht h o n o r i e r t wird und die h ö h e r e n Q u a l i t ä t s k o s t e n nicht über e i n e n h ö h e r e n Preis g e d e c k t w e r d e n k ö n n e n . Zur F i n d u n g der a n g e m e s s e n e n Q u a l i t ä t von P r o d u k ten d i e n t d a s Q u a l i t ä t s p o r t f o l i o (vgl. Teil 3, A b s c h n i t t 6.7.6.4). E i n e a l l g e m e i n e r e Strategie ist die S t r a t e g i e „design to logistics". D i e s e Strategie e r f o r dert, d a ß bei d e r E n t w i c k l u n g n e u e r P r o d u k t e alle G e g e b e n h e i t e n in d e r Logistikkette ber ü c k s i c h t i g t w e r d e n , die f ü r e i n e n optimalen und k o s t e n m i n i m a l e n M a t e r i a l f l u ß von B e d e u t u n g sind. P r o d u k t e sollen u.a. so gestaltet sein, d a ß eine o p t i m a l e A u s n u t z u n g von T r a n s portverpackungen,

Transportgefäßen

und T r a n s p o r t m i t t e l n

sowie

Lagerhäusern

erreicht

wird. D i e vierte Strategie „design to e n v i r o n m e n t " f o r d e r t bei d e r E n t w i c k l u n g v o n neuen Prod u k t e n die B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r U m w e l t s c h u t z e r f o r d e r n i s s e . D i e P r o d u k t e und ihre V o r p r o d u k t e sollen u m w e l t f r e u n d l i c h entwickelt, u m w e l t f r e u n d l i c h p r o d u z i e r t , u m w e l t f r e u n d l i c h t r a n s p o r t i e r t , u m w e l t f r e u n d l i c h gelagert, u m w e l t f r e u n d l i c h k o n s u m i e r t ,

umweltfreundlich

recycelt und umweltgerecht entsorgt werden (können).

9.2 Beschaffungs- und Materiallogistik Die B e s c h a f f u n g s - und Materiallogistik sind zwei ähnlich s t r u k t u r i e r t e Bereiche, d i e sich h i n s i c h t l i c h d e r F u n k t i o n e t w a s u n t e r s c h e i d e n . Die B e s c h a f f u n g s l o g i s t i k hat d i e Betriebsmittel zu k a u f e n , w ä h r e n d d i e M a t e r i a l l o g i s t i k die W e r k s t o f f e e i n z u k a u f e n hat. Die F u n k t i o n b z w . d i e T ä t i g k e i t ist gleich ausgelegt, w ä h r e n d die B e z u g s g e g e n s t ä n d e d i f f e r i e r e n . B e s c h a f f u n g s - und M a t e r i a l l o g i s t i k sind folglich als e i g e n s t ä n d i g e B e r e i c h e h e r a u s z u s t e l l e n . D i e D a r s t e l l u n g d e r B e r e i c h e sollte so a u f e i n a n d e r a b g e s t i m m t w e r d e n , d a ß T a t b e s t ä n d e , d i e sich f ü r d e n E i n k a u f von B e t r i e b s m i t t e l n und W e r k s t o f f e n nicht u n t e r s c h e i d e n , n u r einmal be62

Vgl. u.a. Schmitz, U.: Lean Production ..., S. 20 f.

228

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

handelt werden. Daher werden die Methoden der Bedarfsermittlung nur im Abschnitt Materiallogistik erörtert.

9.2.1 Beschaffungslogistik Die Aufgaben der Beschaffung bzw. Beschaffungslogistik sind in der betriebswirtschaftlichen Literatur sehr unterschiedlich festgelegt. Daher vermischen sich die Aufgaben von Beschaffungs- und Materiallogistik. Eine Erörterung der Aufgaben beider Bereiche erfolgt im Abschnitt Materiallogistik. Hier soll daher nur auf die Bedeutung der Logistik für die Beschaffungs- und die Materiallogistik eingegangen werden. Das Logistikkonzept „Just-in-Time" basiert auf einer künden- bzw. auftragsorientierten Produktion. Güter werden erst produziert, wenn sie bereits verkauft sind. Der Kunde muß den Kaufvertrag unterschrieben. Dann läuft die Produktion an. Um die Kundenorientierung durchzusetzen, besteht das Logistikkonzept „Just-in-Time" aus drei Bausteinen: der produktionssynchronen Beschaffung, der Fertigungssegmentierung und der integrierten Informationsverarbeitung (Teil 1, Abschnitt 1.2.1). Im Rahmen der Beschaffungslogistik ist die produktionssynchrone Beschaffung von Interesse. Produktionssynchrone Beschaffung heißt, daß die Beschaffung auf den Produktionsprozeß abgestimmt ist. Eine Zwischenlagerung beim Produzenten soll vermieden werden, daher haben die Zulieferer synchron zum Produktionsprozeß anzuliefern. Stillstände des Produktionsprozesses sind zu vermeiden. Da das Logistikkonzept „Just-in-Time" innerhalb einer Wertschöpfungskette selten zu hundert Prozent verwirklicht ist, die Logistikkette also kürzer ist als die Wertschöpfungskette, kann nicht in allen Fällen kundenorientiert produziert werden. In diesen Fällen ist eine produktionssynchrone Beschaffung nicht notwendig. Die produktionssynchrone Beschaffung erfordert keine Bedarfsprognosen, da der Bedarf aufgrund der Auftragsorientierung bekannt ist. In den Fällen, in denen Logistikkonzepte nicht zum Tragen kommen, müssen allerdings Bedarfsprognosen vorgenommen werden, die mit Prognosefehlern behaftet sind. Auf die Möglichkeiten bzw. Methoden der Bedarfsprognose wird im Abschnitt Materiallogistik eingegangen.

9.2.2 Materiallogistik Die Materiallogistik befaßt sich ganz allgemein mit Materialien bzw. Stoffen. Im speziellen sind damit die Produktionsfaktoren gemeint, die als Werkstoffe bezeichnet werden. Dies sind die Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie die Halb- und Fertigfabrikate. Da diese Stoffe knapp sind und nicht für die Befriedigung aller Bedürfnisse im Unternehmen ausreichen, müssen sie in ein Konzept einbezogen werden, das die wirtschaftliche Verwendung dieser Stoffe sicherstellt. Die Entwicklung eines solchen Konzeptes ist traditionell die Aufgabe der Materialwirtschaft. Das Aufgabenspektrum bzw. die Funktion der Materialwirtschaft hat sich im Laufe

229

Unternehmensführung

d e r Zeit stetig verändert, so d a ß heute z w i s c h e n einer k l a s s i s c h e n , einer e r w e i t e r t e n , e i n e r integrierten M a t e r i a l w i r t s c h a f t und einer Materiallogistik u n t e r s c h i e d e n w e r d e n muß. Die k l a s s i s c h e M a t e r i a l w i r t s c h a f t bezieht sich auf die B e s c h a f f u n g , die L a g e r u n g und den T r a n s p o r t v o n W e r k s t o f f e n bis z u r V e r b r a u c h s s t e l l e im Betrieb. Die e r w e i t e r t e M a t e r i a l w i r t s c h a f t geht einen Schritt w e i t e r und bezieht auch die M a t e r i a l v e r t e i l u n g an den K u n d e n m i t in den B e g r i f f M a t e r i a l w i r t s c h a f t ein. Die integrierte M a t e r i a l w i r t s c h a f t erhebt den

An-

s p r u c h , eine Einheit h e r z u s t e l l e n und die M a t e r i a l w i r t s c h a f t in ein g r ö ß e r e s G a n z e s e i n z u b e z i e h e n . D i e integrative B e t r a c h t u n g geht v o m U n t e r n e h m e n als Einheit a u s und betont d i e Z u s a m m e n f a s s u n g aller betrieblichen F u n k t i o n s b e r e i c h e zu e i n e m G a n z e n . D e r A n s a t z will d i e isolierte B e t r a c h t u n g und H a n d l u n g s w e i s e e i n z e l n e r F u n k t i o n s b e r e i c h e ü b e r w i n d e n und strebt die E r h ö h u n g d e s U n t e r n e h m e n s e r f o l g e s durch die B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r W i r k u n g s z u s a m m e n h ä n g e z w i s c h e n den betrieblichen F u n k t i o n s b e r e i c h e n an. N o c h u m f a s s e n d e r ist d e r B e g r i f f Materiallogistik. Für diese B e g r i f f s a b g r e n z u n g w i r d all e r d i n g s k e i n e E r w e i t e r u n g der F u n k t i o n s b e r e i c h e h e r a n g e z o g e n , s o n d e r n eine E r w e i t e r u n g d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n D i s z i p l i n e n . A u ß e r d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n Disziplin Ö k o n o m i e w e r den j e t z t a u c h die beiden W i s s e n s c h a f t s d i s z i p l i n e n T e c h n i k und I n f o r m a t i k b e r ü c k s i c h t i g t und zu e i n e m g a n z h e i t l i c h e n A n s a t z z u s a m m e n g e f ü g t . Die E r w e i t e r u n g d e s L o g i s t i k a n s a t z e s ist in d e r E r w e i t e r u n g des O p t i m i e r u n g s a s p e k t e s zu sehen. In den älteren A n s ä t z e n w u r d e d e r B e r e i c h M a t e r i a l w i r t s c h a f t nur a u f der G r u n d l a g e des W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p s o p t i m i e r t . D i e s e r rein ö k o n o m i s c h e O p t i m i e r u n g s a n s a t z wird in der Logistik zu e i n e m A n s a t z e r w e i t e r t , d e r d a s ö k o n o m i s c h e mit d e m t e c h n i s c h e n und i n f o r m a t o r i s c h e n O p t i m u m v e r b i n d e t / ' 3 Allerdings reicht diese B e g r i f f s e n t w i c k l u n g z u m V e r s t ä n d n i s noch nicht aus. U m ein r i c h t i g e s V e r s t ä n d n i s von M a t e r i a l l o g i s t i k zu e r h a l t e n , m u ß noch eine A b g r e n z u n g von den b e i d e n B e g r i f f e n B e s c h a f f u n g s l o g i s t i k und E i n k a u f e r f o l g e n . Material m u ß natürlich b e s c h a f f t und eingekauft werden. Der B e g r i f f B e s c h a f f u n g erstreckt sich a u f die B e s c h a f f u n g d e r P r o d u k t i o n s f a k t o r e n e i n e s Unternehmens,

die als Betriebsmittel

(Maschinen,

Werkzeuge

und

Einrichtungen)

und

W e r k s t o f f e (s.o.) b e z e i c h n e t w e r d e n . Eine A u s n a h m e bilden lediglich die B e t r i e b s m i t t e l Gebäude.

Sie fallen

nicht

in den

Aufgabenbereich

der

B e s c h a f f u n g . Die

Werkstoffe

( M a t e r i a l i e n ) w e r d e n also nicht nur in d e r M a t e r i a l l o g i s t i k , s o n d e r n auch in der B e s c h a f f u n g s l o g i s t i k betrachtet. I n s o f e r n besteht ein Ü b e r s c h n e i d u n g s b e r e i c h z w i s c h e n M a t e r i a l l o gistik und B e s c h a f f u n g s l o g i s t i k . A n d e r e r s e i t s ist die B e s c h a f f u n g s l o g i s t i k a u f g r u n d d e r B e t r a c h t u n g d e r Betriebsmittel und W e r k s t o f f e , ein B e g r i f f d e r weiter g e f a ß t ist als der B e g r i f f M a t e r i a l l o g i s t i k . U n g e a c h t e t dieser T a t s a c h e wird in der b e t r i e b s w i r t s c h a f t l i c h e n L i t e r a t u r d i e M a t e r i a l w i r t s c h a f t b z w . -logistik h ä u f i g als ü b e r g e o r d n e t e r B e g r i f f g e s e h e n und d i e B e s c h a f f u n g b z w . B e s c h a f f u n g s l o g i s t i k als T e i l b e r e i c h der M a t e r i a l w i r t s c h a f t bzw. - l o g i s t i k behandelt.

63

Vgl. Jünemann, R.: Materialfluß und Logistik, S. 10

230

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

D e r Einkauf ist wiederum ein Teilbereich der Beschaffung. Die ausführenden (operativen) Tätigkeiten der Beschaffung werden unter dem Begriff Einkauf zusammengefaßt. Da Einkauf einen Teilbereich der Beschaffung darstellt, bezieht sich Einkauf auf die Produktionsfaktoren Betriebsmittel (außer Gebäude) und Werkstoffe. Einkauf ist somit auch ein Teilbereich der Materiallogistik. Inwieweit die Begriffsbildung in der Praxis der wissenschaftlichen Begriffsabgrenzung erfolgt oder nicht, ist bisher nicht durch empirische Untersuchungen belegt worden. Es kann die mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmende These vertreten werden, daß in der Unternehmenspraxis kein eindeutiger und systematischer Gebrauch der Begriffe Materialwirts c h a f t bzw. -logistik, Beschaffung bzw. Beschaffungslogistik und Einkauf vorliegt. Ein eindeutiger und systematischer Gebrauch der Begriffe ist für die Praxis auch nicht zwingend. Es ist hinreichend, daß j e d e s Unternehmen für seinen Bereich eine zweckmäßige bzw. operable Abgrenzung und A n w e n d u n g der Begriffe handhabt.

9.2.2.1 Ausgewählte Methoden der Materialbedarfsermittlung Eine Voraussetzung f ü r den wirtschaftlichen Umgang mit Materialien ist die B e s c h a f f u n g der optimalen Bedarfsmenge. Daher spielen die Methoden zur Materialbedarfsermittlung eine zentrale Rolle in der Materiallogistik. Die Materialbedarfsermittlung erfolgt nach Materialbedarfsarten. Dabei wird nach Bedarfsarten hinsichtlich der Ermittlung nach dem Ursprung und der Erzeugungsebene sowie nach Materialbedarfsarten hinsichtlich der Ermittlung

ohne

oder

mit

Berücksichtigung

der Bestände unterschieden.

Gemäß dem

Ur-

sprungsprinzip wird wiederum zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf differen•

64

ziert. Der Primärbedarf ist der Marktbedarf, der Bedarf an verkaufsfähigen Erzeugnissen bzw. Produkten. Der Sekundärbedarf ist der Bedarf an Rohstoffen (Teilen und Teilegruppen), der zur Fertigung des Primärbedarfs benötigt wird. Der Tertiärbedarf ist der Bedarf an Betriebsund Hilfsstoffen. G e m ä ß der oben behandelten Definition Material, ist als eigentlicher Materialbedarf die S u m m e von Sekundär- und Teritärbedarf zu verstehen. In der Praxis kommt allerdings der Ermittlung des Sekundärbedarfs, also des Bedarfs an Rohstoffen, die bedeutendere Aufgabe zu. Gemäß der Berücksichtigung der Bestände wird zwischen Brutto- und Nettobedarf unterschieden. Der Bruttobedarf ist der periodenbezogene Primär-, Sekundäroder Tertiärbedarf. Der Nettobedarf ist der Primär-, Sekundär oder Tertiärbedarf vermindert um die jeweiligen Bestände. Basis f ü r die Ermittlung des Sekundärbedarfs ist der Primärbedarf. Der Sekundärbedarf ist um die Durchlaufzeit der nachfolgenden Fertigungsstufen zeitlich gegenüber dem Primärbedarf verschoben. Ein untergeordnetes Teil muß folglich um die Vorlaufzeit früher als das übergeordnete Gruppenteil fertig sein. Die Vorlaufzeit und die Durchlaufzeit sind in vielen Fällen losgrößenabhängig. Dies gilt vor allem dann, wenn j e nach Losgröße unterschiedliche 64

Vgl. Hartmann, H.: Materialwirtschaft, 6. Aufl., Stuttgart 1993, S. 227 - 234

231

Unternehmensfuhrung

Fertigungsverfahren angewandt werden. Um den Sekundärbedarf zu decken, darf er nicht erst mit seinem Auftreten bekannt sein. Die Disposition hat vielmehr um die Beschaffungszeit des jeweiligen Materials früher zu erfolgen. Um zu disponieren, muß zunächst der Bedarf errechnet werden. Da die Bedarfsberechnung nur in bestimmten Zeitintervallen erfolgt, muß sie um diese Zeit vor der Disposition durchgeführt werden. Der Vorhersagezeitraum für den Bedarf muß mindestens diese Zeitspanne umfassen. Für die Materialbedarfsprognose stehen eine Vielzahl von Methoden zur Auswahl. Folgende Methodengruppen bzw. Methoden werden u.a. in der Literatur für die Materialbedarfsberechnung diskutiert: 65 1. 1.1 1.2 2. 2.1 2.1.1 2.1.2 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.3 2.4 3. 3.1 3.2

Deterministische Methoden Analytische Methoden Synthetische Methoden Stochastische Methoden Stochastische Methoden zur Bedarfsermittlung bei laufs Methode der gleitenden Durchschnitte Methode der exponentiellen Glättung 1. Ordnung Stochastische Methoden zur Bedarfsermittlung bei verlauf Lineare Regressionsanalyse Exponentielle Glättung 2. Ordnung Das Verfahren von Holt Stochastische Methoden zur Bedarfsermittlung bei lauf Stochastische Methoden zur Bedarfsermittlung bei Methoden der subjektiven Schätzung Methoden der Analogschätzung Methoden der Intuitivschätzung

konstantem Niveau des Bedarfsver-

trendförmig ansteigendem Bedarfs-

saisonal schwankendem Bedarfsversporadischem Bedarfsverlauf

Um den Materialbedarf, d.h. den Sekundärbedarf, mit einer deterministischen Methode zu berechnen, sind folgende Ausgangsdaten erforderlich: (1) Der Primärbedarf für eine bestimmte Periode bzw. einen Auftrag, (2) Daten aus Stücklisten (Rezepturen, Fertigungs-, Bauvorschriften, Arbeits-, Fertigungsplänen), um den Sekundärbedarf je Mengeneinheit zu ermitteln und (3) Daten der Ablaufplanung (Fristen-, Netzplan), um die zeitliche Verteilung des Sekundärbedarfs zu bestimmen. Die deterministische Bedarfsermittlung ist insbesondere bei stark differenzierten Fertigungsstrukturen aufwendig und vorbereitungsintensiv. Sie bietet allerdings die Vorteile 65

Vgl. u.a. Tempelmeier, H.: Material-Logistik, 3. Aufl., Berlin u.a. 1995, S. 39 - 105; Hartmann, H.: Materialwirtschaft, S. 235 - 294

232

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

niedriger Sicherheitsbestände sowie genauer Bestelltermine und -mengen. Ein Nachteil ist, daß Unsicherheiten bzw. Veränderungen nicht berücksichtigt werden. So werden Veränderungen des Produktionsprogramms (Stückzahlveränderungen, neue Erzeugnisse), der Konstruktion, der Durchlaufzeit (konstruktions- und fertigungsbedingte Änderungen) oder der Beschaffungszeit (Überschreitung der Liefer- und Transportzeit) nicht berücksichtigt. Die deterministischen Methoden der Materialbedarfsermittlung kommen dann zur Anwendung, wenn der Materialbedarf sicher ist. Dies ist der Fall, wenn aufgrund der Anwendung von Logistikkonzepten im Unternehmen auftragsorientiert produziert wird. 6 6 Die stochastischen Methoden der Materialbedarfsermittlung 6 7 werden bei nachfrage- bzw. prognoseorientierter Produktion angewandt. Im folgenden soll lediglich auf die stochastischen Methoden eingegangen werden. Dabei ist zwischen der Bedarfsermittlung bei konstantem Niveau des Materialverbrauchs, trendförmig ansteigendem Materialverbrauch, saisonal schwankendem Materialverbrauch und sporadischem Materialverbrauch zu unterscheiden.

Bedarfsermittlung

bei konstantem Niveau des

Materialbedarfsverlaufes

Ist der durchschnittliche Materialverbrauch im Zeitablauf konstant, bzw. schwankt die Zeitreihe des Materialverbrauchs regelmäßig um ein konstantes Niveau, dann kann die Zeitreihe für die Materialverbrauchsmenge anhand des folgenden Prognoseansatzes ermittelt werden: 6 8 (53)

y, = ß 0 + et

t = 1,2,...

mit y, = Materialverbrauch in Periode t ßo= konstanter Koeffizient (ist zu schätzen) e, = irreguläre Komponente t = Zeitindex (Perioden) U m den Prognoseansatz zu lösen, werden folgende vereinfachenden Annahmen getroffen: (1) Die Zufallsgröße s, ist „normalverteilt" mit dem Mittelwert E (2) Der Wert der irregulären Komponente

= 0 und der Varianz V

in Periode t ist unabhängig vom Wert in Periode

t-1 (d.h. es liegt keine Autokorrelation vor). Unter diesen beiden Annahmen ist der obige Prognoseansatz (53) zu lösen. Dazu muß der Koeffizient (Parameter) ß 0 durch einen numerischen Wert bo näherungsweise dargestellt werden. Da für die irregulären Schwankungen unterstellt wurde, daß ihr Mittelwert E ^e,j. = O

66

Vgl. zu den deterministischen Methoden u.a. Hartmann, M.: Materialwirtschaft, S. 2 3 7 - 258

67

Vgl. zu den stochastischen M e t h o d e n u.a. Hartmann, M.: Materialwirtschaft, S. 2 5 8 - 294;

T e m p e l m e i e r , H.: Material-Logistik, S. 39 - 105 68

Vgl. Tempelmeier, H.: Material-Logistik, S. 4 3 - 53

Unternehmensführung

233

ist, gleichen sich die Werte der Zufallsgröße im Betrachtungszeitraum aus. Es ist demnach nur noch der Koeffizient (Parameter) ß 0 zu schätzen. Die Schätzung von bo wird auf der Grundlage von empirischen Werten (bekannten Verbrauchswerten) vorgenommen. Diese Werte werden mittels verschiedener Verfahren aufbereitet: u.a. mit dem Verfahren der gleitenden Durchschnitte und der exponentiellen Glättung erster Ordnung. Hier soll lediglich auf das Verfahren der gleitenden Durchschnitte eingegangen werden. G e m ä ß dem Verfahren der gleitenden Durchschnitte wird die Prognosefunktion (53) durch die folgende Schätzfunktion ersetzt: (54)

y t ( l ) = b0 + 0

t = 1,2, ...

mit y, (1) = Prognosewert für die Materialbedarfsmenge in Periode (t + 1) Zur Prognose von b 0 werden nur die jüngsten Materialverbrauchsmengen herangezogen, weil das Modell sonst nur noch geringfügig auf Schwankungen eingeht (Gewicht des einzelnen Wertes in langen Zeitreihen ist gering). Ziel der Schätzung ist, Werte zu ermitteln, die eine möglichst geringe Abweichung vom tatsächlichen Verlauf der Werte in der Zeitreihe aufweisen. Dieses Ziel wird erreicht, indem man den Prognosefehler (55) e k = y k - pk

k = t - n+1, t - n+2,..., t

minimiert. Dabei ist e k = Prognosefehler in der Periode k y k = tatsächlicher Wert in der Periode k pk = prognostizierter Wert in der Periode k Die Minimierung des Gesamtprognosefehlers erfolgt nach dem Prinzip: minimiere die S u m m e aller quadratischen Prognosefehler (Abweichungen). Die A n w e n d u n g dieses Prinzips führt zu folgender Formel für die Berechnung von bo: 1 (56)

t

b0 = — I n

yk = pt+i

t=n, n+1, n+2,..

k=t-n+1

Gleichung (56) stellt den n-periodischen ungewogenen gleitenden Mittelwert einer Zeitreihe, bezogen auf den Zeitpunkt t, dar. Die Werte für n sollten zwischen 3 und 12 liegen. Damit ist sichergestellt, daß die Schwankungen in der Zeitreihe weder zu stark noch zu schwach berücksichtigt werden. Für die Berechnung der gleitenden Durchschnitte kann auf Standardsoftware zurückgegriffen werden. Als Nachteile der Methode sind zu erwähnen:

234

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- die letzten n Verbrauchswerte müssen für alle Verbrauchsmaterialien ermittelt werden - die Gleichgewichtung aller Werte der Zeitreihe ist unbefriedigend; die Schwankungen werden nicht wirklichkeitsgetreu wiedergegeben. Um den Nachteil der Methode der gleitenden Mittelwerte zu mindern, werden die Abweichungen von den einzelnen Verbrauchswerten gewichtet. Die jüngeren Werte erhalten ein stärkeres Gewicht als die älteren. Damit soll eine wirklichkeitsgetreuere Abbildung der Schwankungen in der Zeitreihe erfolgen. Den letzten Schwankungen wird somit mehr Bedeutung fiir die Prognose zuerkannt. Man spricht dann vom Verfahren der gewichteten gleitenden Durchschnitte, der Durchschnitte erster Ordnung oder der exponentiellen Glättung erster Ordnung. 69

Bedarfsermittlung bei trendförmig ansteigendem

Materialbedarfsverlauf

Bisher wurde unterstellt, daß das Niveau der Zeitreihe, die die Entwicklung des Materialbedarfs über die Zeit widerspiegelt, trotz regelmäßiger Schwankungen konstant ist. Nunmehr wird davon ausgegangen, daß die Zeitreihe des Materialverbrauchs trendförmig ansteigt und dabei regelmäßig, zufällig schwankt. 70 Man spricht davon, daß der Trend durch regelmäßige, zufallige Schwankungen überlagert ist. Die Zeitreihe des Verlaufs des Materialbedarfs wird unter diesen Bedingungen durch das folgende Modell bzw. die folgende Funktion abgebildet: ( 5 7 ) y u = ß 0 + ß, »k + ek

k = t-n+1,..., t

dabei zeigt ßo ßi k ek

den Achsenabschnitt der Trendgeraden, die Steigung der Trendgeraden, die Zeit (die unabhängige Variable) und die zufälligen Schwankungen

an. Um den Verlauf der Zeitreihe des Materialbedarfs in der Zukunft zu schätzen, müssen der Achsenabschnitt ß 0 und die Steigung ßi der Trendfunktion bekannt sein. Zur Schätzung dieser Größen auf der Basis empirischer Beobachtungswerte können u.a. die lineare Regression, 71 die exponentielle Glättung 2. Ordnung 72 und das Verfahren von Holt angewandt werden. Hier soll nur auf das Verfahren von Holt 73 eingegangen werden.

69 70 71 72 73

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Hartmann, H.: Materialwirtschaft, S. 275 - 283 Tempeimeier, H.: Material-Logistik, S. 54 - 74 Hartmann, M.: Materialwirtschaft, S. 287 - 288 Hartmann, ML: Materialwirtschaft, S. 283 - 287 Tempeimeier, H.: Material-Logistik, S. 73 f.

Unternehmensfuhrung

235

Die exponentielle Glättung 2. Ordnung wird von Holt als zu inflexibel eingeschätzt, weil nur ein Glättungsparameter benutzt wird. Er schlägt daher die A n w e n d u n g von zwei Glättungsparametern a und ß vor. Dann ergeben sich für den Achsenabschnitt b 0 und die Steigung bi der Trendgeraden folgende Gleichungen: (58) b„,t = a • y, + (1 - a ) (b0,,-i + b,.,.,)

t = 1,2, ...

(59) b,. t = ß(bo, t -bo,,-•) + (! + ß ) b , i l . 1

t = 1,2,...

Holt wendet die exponentielle Glättung erster Ordnung separat auf den Achsenabschnitt und die Steigung der Trendgeraden an. Für die Berechnung des Achsenabschnitts wird als letzter Prognosewert für die Periode t der um die letzte Schätzung der Steigung erhöhte Achsenabschnitt der Periode t-1 herangezogen. Zur Berechnung der Steigung wird die Differenz zwischen den letzten beiden Achsenabschnitten, also denen der Periode t und t-1, benutzt. Gardner hat in empirischen Untersuchungen gezeigt, daß das Verfahren von Holt häufig zu besseren Prognoseergebnissen führt als die exponentielle Glättung zweiter Ordnung.

Bedarfsermittlung bei saisonal schwankendem

Materialbedarfsverlauf

Allgemeine Saisonschwankungen liegen vor, wenn eine Zeitreihe in einem Zeitraum regelmäßig auftretende Auf- und Abwärtsbewegungen aufweist. Von Saisonschwankungen im engeren Sinne spricht man, wenn diese Schwankungen innerhalb eines Jahres vorkommen. Saisonschwankungen können konstant oder veränderlich sein. Bei den konstanten Saisonschwankungen ist wiederum zwischen absolut und relativ konstanten Saisonschwankungen zu unterscheiden. Relative Konstanz liegt bei steigendem Trendverlauf mit absoluter Vergrößerung der Schwankungen vor. Für die Prognose eines saisonal schwankenden Materialbedarfs werden u.a. die Methode der Zeitreihendekomposition (Ratio-to-Moving-Average-Methode), das Verfahren von Winters und die multiple lineare Regression herangezogen. 7 4 In diesem Zusammenhang soll lediglich auf die Methode der Zeitreihendekomposition eingegangen werden. Die Methode der Zeitreihendekomposition basiert auf der Berechnung von Saisonindizes mit deren Hilfe die Zeitreihe um die Saisoneinflüsse bereinigt wird. Die einfachste Darstellung der Methode lautet: y (60) y s = s mit y s = saisonbereinigte Materialverbrauchswerte

74

V g l . u.a. T e m p e l m e i e r , H.: Material-Logistik, S. 74 - 9 2

236

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre y = M a t e r i a l v e r b r a u c h s w e r t e mit S a i s o n e i n f l ü s s e n s = Saison index ( S a i s o n k o m p o n e n t e ) D i e S a i s o n k o m p o n e n t e w i r d w i e f o l g t berechnet:

1. Schritt: A u s d e m m u l t i p l i k a t i v e n Z e i t r e i h e n m o d e l l (61)Y = T * C « S * I mit Y = Materialverbrauchswert T = Trendkomponente (langfristiger Trend) C = K o n j u n k t u r k o m p o n e n t e ( m i t t e l f r i s t i g e zyklische S c h w a n k u n g e n ) S = S a i s o n k o m p o n e n t e ( S c h w a n k u n g e n innerhalb eines J a h r e s ) 1 = irreguläre K o m p o n e n t e (unregelmäßige Schwankungen) n i m m t man in e i n e m ersten Schritt die glatte K o m p o n e n t e T • C h e r a u s . D i e s e r f o l g t m i t H i l f e e i n e s zentrierten gleitenden D u r c h s c h n i t t s (12 W e r t e bei M o n a t s und 4 W e r t e bei Q u a r t a l s w e r t e n ) . A u f d i e s e Weise w e r d e n alle K o m p o n e n t e n aus d e r Zeitreihe h e r a u s g e f i l t e r t , d i e in e i n e m Z e i t r a u m , der kürzer als ein J a h r ist, w i e d e r h o l t a u f t r e t e n . 2. Schritt: In e i n e m z w e i t e n Schritt w i r d d i e u r s p r ü n g l i c h e Z e i t r e i h e d u r c h d i e im ersten S c h r i t t ermittelte glatte K o m p o n e n t e dividiert: T • C • S • I (62) S • I = T»C M a n erhält d i e Z e i t r e i h e S • I, die I n d i z e s a u f w e i s t , d i e den Saison- und irregulären E i n fluß widerspiegeln. 3. Schritt: S c h l i e ß l i c h w i r d in e i n e m dritten Schritt aus der Z e i t r e i h e S • I d i e i r r e g u l ä r e K o m p o n e n t e h e r a u s g e f i l t e r t . W e n n d a s S a i s o n m u s t e r stabil ( k o n s t a n t ) ist, kann die S a i s o n k o m p o n e n t e h e r a u s g e n o m m e n w e r d e n , i n d e m man als t y p i s c h e n S a i s o n i n d e x eines M o n a t s b z w . e i n e s Q u a r t a l s m den D u r c h s c h n i t t s m aller f ü r diesen M o n a t b z w . d i e s e s Q u a r t a l e r m i t telten S • I - W e r t e e r r e c h n e t : 1 n ( 6 3 ) s m = — I s • itn,

m = 1, 2, . . . , z

n t=l mit n = Anzahl der Jahre z = A n z a h l d e r S a i s o n p e r i o d e n in e i n e m J a h r L i e g t kein stabiles S a i s o n m u s t e r vor, so m u ß f ü r j e d e n S a i s o n i n d e x ein T r e n d b e r e c h n e t werden.

237

Unternehmensführung

Um die irregulären Einflüsse aus der Zeitreihe herauszunehmen, wird für j e d e s Quartal m (m = 1, 2, 3, 4) ein Durchschnitt aller S*I-Werte berechnet. Die Summe der Saisonfaktoren muß bei Quartalswerten genau 4 ergeben. Um dies sicherzustellen, müssen die Saisonfaktoren standardisiert werden. Dies erfolgt durch Multiplikation mit dem Faktor 4. Damit erhält man Saisonfaktoren, die sich zu 4 aufsummieren und einen Durchschnittswert von 1 haben. Die ermittelten Saisonfaktoren s, werden jetzt dazu benutzt, um die Beobachtungswerte der Zeitreihe y tm damit zu dividieren: ytm

(64) ySitm = — St

Man erhält somit die saisonbereinigten Werte y stlI1 bzw. die saisonbereinigte

Zeitreihe

T • C • I, die auch durch eines der bereits dargestellten Prognose verfahren geschätzt werden kann.

Bedarfsermittlung

bei sporadischem

Materialbedarfsverlauf

Ein sporadischer Materialbedarfsverlauf liegt vor, wenn in mehreren Perioden kein Bedarf für ein bestimmtes Material besteht. 73 In der Praxis kommt sporadischer Bedarf vor, wenn (1) es sich um untergeordnete Materialien handelt und die Losgröße der übergeordneten Materialien eine Zusammenballung der untergeordneten Materialien bedingt; (2) eine zu feine Periodeneinteilung gewählt wurde (z.B. Stunden, Tage); (3) die potentielle Nachfrage zu klein ist. Bei sporadischem Materialbedarfsverlauf sind die bisher dargestellten Prognoseverfahren (der exponentiellen Glättung) ungeeignet. Es entsteht ein zu großer Prognosefehler. Daher werden bei sporadischem Materialbedarfsverlauf andere Verfahren angewandt, die in der Lage sind, die Ursachen des sporadischen Bedarfsverlaufs zu berücksichtigen. Man unterscheidet folgende Gruppen von Verfahren: (1) Verfahren, die den Periodenbedarf in die Komponenten Anzahl der Aufträge und Bedarfsmenge j e Auftrag zerlegen, getrennt prognostizieren und durch Multiplikation die zukünftige Periodenbedarfsmenge ermitteln; (2) Verfahren, die den Periodenbedarf nach

Zeitpunkt und Menge erfassen und die Zeit-

spanne bis zum nächsten Auftreten eines Bedarfs und die entsprechende Menge prognostizieren. Hier soll ein Verfahren der zweiten Gruppe vorgestellt werden, das von Wedekind empfohlen wird. G e m ä ß diesem Verfahren ist zu jedem Prognosezeitpunkt t darüber zu entscheiden, ob f ü r den Prognosezeitraum w ein positiver Materialbedarf mittels des Verfahrens der 75

Vgl. u.a. Tempelmeier, H.: Material-Logistik, S. 93 - 100

238

A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre

exponentiellen Glättung erster Ordnung zu bestimmen ist. Fällt diese Entscheidung negativ aus, wird ein Bedarf von „Null" prognostiziert. Die Entscheidung f ü r einen positiven Bedarf oder einen von „Null", ist vom zu erwartenden Prognosefehler abhängig. Wedekind unterstellt, daß die Bedarfsabstände nach der Weibuliverteilung bestimmt werden. Diese Verteilung wird durch die folgende Funktion abgebildet: c

(65) F(x) = 1 - e R X ' x )

1

c > 0 und X > 0.

Der Vorteil der Weibullverteilung liegt in ihrer Flexibilität. Sie kann entsprechend der Werte für c und X sehr unterschiedliche Formen annehmen. Mit Hilfe der Weibullverteilung wird zu einem beliebigen Prognosezeitpunkt x für einen Prognosezeitraum w die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines positiven Materialbedarfs unter der Bedingung festgelegt, daß der letzte Bedarfszeitpunkt schon vor v Perioden war. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines positiven Materialbedarfs im Zeitraum w ergibt sich aus (66): (66) P "i nächster Bedarf in w|letzter Bedarf im Zeitpunkt t - v ^ = P w = P {v 3) kann man Näherungslösungen benutzen, die mit mindestens zwei Versuchszinssätzen operieren und anschließend eine Interpolation vorsehen. Für zwei Versuchszinssätze wird von der folgenden Formel ausgegangen: P2-P1 (116)r = q = p,-Co,

[%] C02 - Co:

mit r = interner Z i n s f u ß (= Diskontierungszinssatz = Abzinsungsfaktor q) Pi = Versuchszinssatz 1 p2 = Versuchszinssatz 2 Co, = Kapitalwert f ü r Versuchszinssatz 1 C02 = Kapitalwert für Versuchszinssatz 2 Gemäß der Internen-Zinsfuß-Methode ist ein Investitionsprojekt dann vorteilhaft, wenn der interne Z i n s f u ß mindestens so hoch wie oder höher als der Kalkulationszinssatz ist. Die Interne-Zinsfuß-Methode setzt sich aus zwei Schritten zusammen. Im ersten Schritt werden

172

Vgl. u.a. W ö h e , G.: Einfuhrung in die A l l g e m e i n e Betriebswirtschaftslehre, S. 7 6 2 - 7 6 4

Unternehmensführung

335

f ü r d i e beiden V e r s u c h s z i n s s ä t z e die K a p i t a l w e r t e ermittelt. D i e V o r g e h e n s w e i s e ist im P r i n z i p identisch mit der der K a p i t a l w e r t m e t h o d e . A l l e r d i n g s w e r d e n j e t z t d i e Zinsen, d i e A m o r t i s a t i o n und d a s noch nicht a m o r t i s i e r t e Kapital m i t b e r e c h n e t . Im zweiten Schritt wird auf der B a s i s d e r f ü r die beiden V e r s u c h s z i n s s ä t z e ermittelten K a p i t a l w e r t e d e r interne Z i n s f u ß b e s t i m m t . D i e B e s t i m m u n g d e s internen Z i n s f u ß e s k a n n rechnerisch gemäß Gleichung (116) oder graphisch erfolgen. F ü r die g r a p h i s c h e E r m i t t l u n g des internen Z i n s f u ß e s w e r d e n a u f der x - A c h s e die negativen und die p o s i t i v e n K a p i t a l w e r t e e i n g e t r a g e n und auf der y - A c h s e d i e d a z u g e h ö r e n d e n V e r s u c h s z i n s s ä t z e s o w i e d e r zu e r m i t t e l n d e interne Z i n s f u ß . D u r c h die E i n t r a g u n g d e r K a p i t a l w e r t e und d e r d a z u g e h ö r e n d e n V e r s u c h s z i n s s ä t z e w e r d e n die z w e i P u n k t e A und B bes t i m m t . V e r b i n d e t m a n die P u n k t e A und B m i t e i n a n d e r , erhält m a n im S c h n i t t p u n k t dieser V e r b i n d u n g s l i n i e mit der y - A c h s e den g e s u c h t e n internen Z i n s f u ß . Ein V e r g l e i c h v o n altern a t i v e n I n v e s t i t i o n s p r o j e k t e n e r f o l g t g e m ä ß d e r I n t e r n e n - Z i n s f u ß - M e t h o d e im Prinzip w i e bei d e r K a p i t a l w e r t m e t h o d e . Z u n ä c h s t w e r d e n die K a p i t a l w e r t e f ü r m i n d e s t e n s zwei V e r s u c h s z i n s s ä t z e ermittelt, g e g e b e n e n f a l l s unter B e r ü c k s i c h t i g u n g d e r

Differenzinvestition

(s.o.), dann wird g e m ä ß G l e i c h u n g ( 1 1 6 ) o d e r g r a p h i s c h der interne Z i n s f u ß bestimmt.

Annuitätenmethode M i t H i l f e der A n n u i t ä t e n m e t h o d e ' 7 3 w e r d e n die B a r w e r t e der I n v e s t i t i o n s s u m m e ( B W I ) und d e r R ü c k f l ü s s e ( B W R F ) in gleich h o h e J a h r e s b e t r ä g e u m g e r e c h n e t . D i e s e J a h r e s b e t r ä g e bez e i c h n e t man a l s A n n u i t ä t e n d e r Investition (AI) b z w . der R ü c k f l ü s s e ( A R F ) . Z u r U m r e c h n u n g b e n u t z t m a n W i e d e r g e w i n n u n g s f a k t o r e n ( W G F ) . Formal gilt: ( 1 1 7 ) AI = B W I » W G F (118) A R F = B W R F • W G F D i e V e r z i n s u n g d e s noch nicht a m o r t i s i e r t e n K a p i t a l s (p e ) ergibt sich aus d e r D i f f e r e n z d e r A n n u i t ä t e n der R ü c k f l ü s s e ( A R F ) und d e r A n n u i t ä t e n der I n v e s t i t i o n s s u m m e (AI). E s gilt: ( 1 1 9 ) A R F > AI, d a n n p e > p k ( 1 2 0 ) A R F = AI, dann p e = p k ( 1 2 1 ) A R F < AI, d a n n p e < p k W e n n d i e A n n u i t ä t der R ü c k f l ü s s e ( A R F ) größer, gleich o d e r kleiner d e r A n n u i t ä t der Inv e s t i t i o n s s u m m e (AI) ist, dann ist die V e r z i n s u n g des noch nicht a m o r t i s i e r t e n K a p i t a l s (p e ) g r ö ß e r , gleich o d e r kleiner als d e r K a l k u l a t i o n s z i n s f u ß (p k ). D i e A n n u i t ä t e n m e t h o d e sei an f o l g e n d e m Beispiel v e r d e u t l i c h t . G e g e b e n sind:

l7j

Vgl. u.a. Wöhe, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, S. 759 - 762

336

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

- der Kapitaleinsatz mit 50.000 DM, - d i e j ä h r l i c h e n R ü c k f l ü s s e v o n 15.000 D M über d i e P r o j e k t l e b e n s d a u e r , - d i e L e b e n s d a u e r von 5 J a h r e n und - d e r K a l k u l a t i o n s z i n s f u ß v o n 10 % . E s ist zu e r r e c h n e n , o b ein Investitionsprojekt mit diesen B a s i s d a t e n eine V e r z i n s u n g v o n 10 % e r w i r t s c h a f t e t . D i e A n n u i t ä t der R ü c k f l ü s s e ergibt sich ohne U m r e c h n u n g , da die R ü c k f l ü s s e f ü r die P r o j e k t l e b e n s d a u e r k o n s t a n t sind. ( 1 2 2 ) A R F = 15.000 D M / J a h r D i e A n n u i t ä t d e r I n v e s t i t i o n s s u m m e m u ß hingegen u m g e r e c h n e t w e r d e n . Es ergibt sich ( 1 2 3 ) AI = 5 0 . 0 0 0 • 0 , 2 6 3 8 = 1 3 . 1 9 0 D M / J a h r E s zeigt sich, d a ß d i e A n n u i t ä t der R ü c k f l ü s s e um 1.810 D M / J a h r h ö h e r ist als d i e A n n u i tät d e r I n v e s t i t i o n s s u m m e . D a r a u s folgt, d a ß die E f f e k t i v v e r z i n s u n g ü b e r d e m K a l k u l a t i o n s z i n s f u ß von 10 % liegt. D i e A n n u i t ä t e n m e t h o d e g e h t v o n den gleichen A n n a h m e n a u s w i e die K a p i t a l w e r t m e t h o de. D i e A n n u i t ä t e n m e t h o d e ist g e e i g n e t , w e n n d i e R ü c k f l ü s s e k o n s t a n t sind und d e r K a p i t a l e i n s a t z ü b e r m e h r e r e P e r i o d e n verteilt erfolgt. Z u d e m ist d i e M e t h o d e d a n n a n w e n d b a r , w e n n es d a r u m geht, e i n e alte und eine n e u e A n l a g e zu v e r g l e i c h e n ( E r s a t z p r o b l e m ) .

9.7.5 Investitionsrechnung für einzelne Projekte bei Unsicherheit Bei d e r R e a l i s i e r u n g v o n I n v e s t i t i o n s p r o j e k t e n sind die E r g e b n i s s e nicht i m m e r mit Sicherheit v o r h e r s a g b a r . H ä u f i g besteht U n s i c h e r h e i t hinsichtlich d e s Eintritts d e r g e w ü n s c h t e n E r g e b n i s s e . In d i e s e m Fall m ü s s e n I n v e s t i t i o n s r e c h n u n g s m e t h o d e n zur A n w e n d u n g k o m m e n , d i e m i t W a h r s c h e i n l i c h k e i t e n arbeiten. D i e W a h r s c h e i n l i c h k e i t e n können im Prinzip auf zwei W e g e n ermittelt w e r d e n : E r s t e n s a u f d e r B a s i s e i n e r e m p i r i s c h e n H ä u f i g k e i t s v e r t e i l u n g und z w e i t e n s a u f d e r Basis von s u b jektiven

Einschätzungen.

Investitionsrechnungsmethoden,

d i e auf der B a s i s v o n

s c h e i n l i c h k e i t s w e r t e n a r b e i t e n , sind die im f o l g e n d e n a u f g e l i s t e t e n V e r f a h r e n : 1.

M e t h o d e n der I n v e s t i t i o n s r e c h n u n g f ü r einzelne P r o j e k t e bei U n s i c h e r h e i t

1.1

Korrekturverfahren

1.2

Sensitivitätsanalyse

1.3

Risikoanalyse

1.3.1 M e t h o d e von H i l l i e r - H e e b i n k 1.3.2 S i m u l a t i o n s m e t h o d e 1.4

Entscheidungsbaummethode

Wahr-

Unternehmensführung

337

Von den genannten Verfahren soll in diesem Rahmen nur auf das Korrekturverfahren eingegangen werden. Bei diesem Verfahren wird die Unsicherheit in Risikokategorien berücksichtigt, die mit einem entsprechenden Kalkulationszinssatz versehen werden. In der Regel wird mit vier Risikokategorien gearbeitet, die nach dem Prinzip gebildet werden, j e höher das Risiko, desto höher der Kalkulationszinsfuß: 1 7 4 Kategorie I: Kategorie II: Kategorie III: Kategorie IV:

erschlossener Markt - bekanntes Produktionsverfahren: z.B. pk = 1 0 % erschlossener Markt - neues Produktionsverfahren: z.B. pk = 15 % neuer Markt - bekanntes Produktionsverfahren: z.B. pk = 25 % neuer Markt - neues Produktionsverfahren: z.B. pk = 30 %

Eine Variante des Korrekturverfahrens geht von der doppelten Diskontierung aus. Statt mit vier Risikokategorien mit unterschiedlichen Kalkulationszinssätzen wird mit einer zweifachen Diskontierung gearbeitet. Das Verfahren ist in Tab. 16 veranschaulicht. Aus Tab. 16 ist zu entnehmen, daß das geplante Investitionsprojekt in Höhe von 45.000 DM bei Sicherheit mit einem Diskontierungssatz von 20 % einen positiven Kapitalwert (+ 9.430 DM) aufweist und zu realisieren wäre. Bei Berücksichtigung der Unsicherheit durch eine zweite bzw. zusätzliche Diskontierung der aus der ersten Diskontierung erhaltenen Barwerte mit einem Satz von 10 %, also bei der Anwendung eines höheren, über 20 % liegenden Diskontierungssatzes, ergibt sich hingegen ein negativer Kapitalwert (- 4.414-DM). Das Investitionsprojekt sollte also bei Unsicherheit nicht verwirklicht werden. Tab. 16: Doppeltes Diskontierungsverfahren Jahr

Rückfluß Zeitwert

1. Diskontierung 20 o/ /o

Diskontierung 20 % Barwert

Abzinsungs -faktor 1

2 3 4

10.000 15.000 20.000 25.000

5

30.000

Summe

100.000

0,833 0,694 0,579 0,482 0,402

8.330 10.410 11.580 12.050 12.060

2. Diskontierung 10

Diskontierung 20 und

% Abzinsungs -faktor

10 % Barwert

0,909 0,826 0,751 0,683 0,621

7.572 8.599 8.696 8.230 7.489

- Kapitaleinsatz

54.430 45.000

40.586 45.000

= Kapitalwert

+9.430

-4.414

Quelle:

174

eigene Darstellung nach Blohm, H./Lüder, K.: Investition, S. 249

V g l . u.a. B l o h m , H . / L ü d e r , K.: I n v e s t i t i o n , S. 2 4 8 ff.

338

Allgemeine Betriebswirtschaftslehre

9.7.6 Investitionsrechnung für Investitionsprogramme bei Sicherheit Außer den Methoden der Investitionsrechnung f ü r einzelne Projekte gibt es eine Vielzahl von Methoden für die Bewertung von Investitionsprogrammen. Einen Überblick über diese Methoden, die bei Sicherheit angewandt werden, wird im folgenden gegeben: 1.

Methoden der Investitionsrechnung flir Investitionsprogramme bei Sicherheit

1.1

Klassische Ansätze der Kapitaltheorie (Simultanmodelle des Kapitalbudgets)

1.2

Kombinatorische Ansätze

1.2.1 Einperiodenmodell von Weingartner zur Bestimmung des optimalen Investitionsprogramms 1.2.2 Einperiodenmodell von Albach zur simultanen Bestimmung von Investitions- und Finanzierungsprogramm 1.2.3 Mehrperiodenmodell von Hax/Weingartner zur simultanen Bestimmung von Investitions- und Finanzierungsprogramm 1.2.4 Einfaches Mehrperiodenmodell zur simultanen Bestimmung von Investitions- und Produktionsprogramm 1.2.5 Komplexes Mehrperiodenmodell von Jacob zur simultanen Bestimmung von Investitions- und Produktionsprogramm In diesem Rahmen soll auf einen Ansatz der klassischen Kapitaltheorie eingegangen werden. Bei diesem Ansatz 1 7 5 wird unterstellt, daß der Kapitalmarktzins (Habenzins) f ü r aufgenommenes Kapital (Sollzins b) gleich dem Kapitalmarktzins für angelegtes Kapital (Habenzinssatz 1) ist. Ferner wird ein vollständiger Kapitalmarkt angenommen, auf dem beliebig viel Kapital angelegt und aufgenommen werden kann. Das optimale Investitionsprogramm umfaßt unter diesen Bedingungen alle Investitionsprojekte mit einem internen Zinssatz r > b = I. Ferner soll auf einen kombinatorischen Ansatz eingegangen werden. Dies ist das Einperiodenmodell von Weingartner zur Bestimmung des optimalen Investitionsprogramms bei gegebenem Produktionsprogramm und gegebenen Finanzmitteln. Weingartner 1 7 6 geht in seinem Modell von folgender Zielfunktion aus: n (124) X Cj • Xj = max j=1 Es handelt sich um ein lineares Programm, das mit Hilfe der Simplexmethode zu lösen ist. Zur Lösung des Programms müssen die n voneinander unabhängigen Investitionsprojekte Xj 175

Vgl. u.a. B l o h m , H./Lüder, K.: Investition, S. 289 f.

176

Vgl. Weingartner, H.M.: Mathematical Programming and the Analysis of Capital Budgeting Pro-

blems, E n g l e w o o d Cliffs (N.J.) 1963, S. 16 ff.

Unternehmensfiihrung

339

(j = 1, ..., n) und die n Kapitalwerte Cj (j = 1, ..., n) der Investitionsprojekte bekannt sein. Zudem müssen die Ausgaben a jt für die n Investitionsprojekte xj und die zur Verfügung stehenden Finanzmittel b, für alle Perioden t (t = 1, .. T) vorliegen. Ferner ist für den Maximierungsansatz zu berücksichtigen, daß jedes Investitionsprojekt nur einmal im Investitionsprogramm aufgenommen werden darf und nicht negativ sein darf. Somit sind für die obige Zielfunktion noch drei Nebenbedingungen zu formulieren: n (125) X aJt • Xj < b, j=l

(t = 1,..., T)

(126) Xj < 1

G=U-.n)

(127) xj > 0