Betriebswirtschaftslehre [2., unwesentlich veränderte Auflage. Reprint 2017] 9783486790924, 9783486237955

Vorweg: Hier stellt sich das BWL-Lehrbuch "2000" vor! Das Werk gibt dem Leser die Möglichkeit, sich elementare

217 6 97MB

German Pages 1170 [1172] Year 1996

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Teil I. Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau
Erster Abschnitt. Grundlagen
Zweiter Abschnitt. Betriebliche Produktionsfaktoren
Dritter Abschnitt. Betriebliche Planung
Vierter Abschnitt. Rechtsform, Organisation und Standort
Teil II. Unternehmensführung und Funktionen des Operativbereiches
Fünfter Abschnitt. Unternehmensführung (Management)
Sechster Abschnitt. Beschaffung
Siebenter Abschnitt. Produktion
Achter Abschnitt. Absatz
Teil III. Rechnungslegung für den Operativbereich
Neunter Abschnitt. Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie
Zehnter Abschnitt. Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung
Elfter Abschnitt. Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis
Zwölfter Abschnitt. Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis
Teil IV. Finanzbereich
Dreizehnter Abschnitt. Handelsrechtliche Rechnungslegung
Vierzehnter Abschnitt. Besteuerung der Unternehmen
Fünfzehnter Abschnitt. Finanzierung
Sechzehnter Abschnitt. Investitionsrechnung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Recommend Papers

Betriebswirtschaftslehre [2., unwesentlich veränderte Auflage. Reprint 2017]
 9783486790924, 9783486237955

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Betriebswirtschaftslehre Von

Dr. rer. nat. Rolf Schwinn Univ.-Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre unter Mitarbeit von

Dr. Andreas Südkamp

2., unwesentlich veränderte Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - dP-Einheitsaufnahme Schwinn, Rolf: Betriebswirtschaftslehre / von Rolf Schwinn. Unter Mitarb. von Andreas Südkamp. - 2., unwesentlich veränd. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1996 ISBN 3-486-23795-0

© 1996 R Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München

ISBN 3-486-23795-0

Vorwort Das vorliegende Buch soll dem Leser die Möglichkeit geben, sich elementare betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse anzueignen sowie wichtige betriebswirtschaftliche Methoden kennenzulernen, sie zu verstehen und anzuwenden. Es soll in betriebswirtschaftliches Denken einführen und richtet sich vornehmlich an Studenten im Grundstudium, die sich mit den Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre vertraut machen wollen oder müssen. Damit sind gleichermaßen Studenten der wirtschaftswissenschaftlichen Fachrichtungen sowie der ingenieur- und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachrichtungen angesprochen. Daneben soll das Buch auch denen eine Hilfe bieten, die als Nichtbetriebswirte in der Praxis mit betriebswirtschaftlichen Problemem konfrontiert werden. Das Buch ist in vier Teile mit insgesamt sechzehn Abschnitten untergliedert. Die einzelnen Abschnitte bauen aufeinander auf, können jedoch auch einzeln gelesen werden, wobei die zahlreichen Querverweise hilfreich sein können. Bei der Darstellung wurde nach Möglichkeit versucht, eine einheitliche Begrifflichkeit und Symbolik durchzuhalten. Im ersten Teil werden allgemeine grundlegende und funktionsübergreifende Begriffe und Probleme der Betriebswirtschaftslehre behandelt (Grundlagen, Produktionsfaktoren, Planung, Aufbauelemente). Der zweite Teil befaßt sich mit der Unternehmensführung und den Funktionen des Operativbereichs (Beschaffung, Produktion, Absatz). Den Inhalt des dritten Teils bildet die Rechnungslegung für den Operativbereich, d. h. die Kosten- und Leistungsrechnung auf der Grundlage der Produktions- und Kostentheorie. Schließlich bildet der Finanzbereich (mit der Handelsrechtlichen Rechnungslegung und den Funktionen der Finanzierung und Investition) einschließlich der Unternehmensbesteuerung den vierten Teil des Buches. Wenngleich alle wesentlichen betriebswirtschaftlichen Teilbereiche in der Darstellung berücksichtigt werden, erfahren einige dieser Teilbereiche eine schwerpunktmäßige Behandlung. Zu letzteren zählen die Kosten- und Leistungsrechnung, die Investitionsrechnung (insbesondere Wirtschaftlichkeitsrechnung), die Produktionswirtschaft einschließlich der Qualitätskontrolle und der Anlagenerhaltung sowie die Unternehmensforschung (Operations Research). Der Verfasser hat sich bemüht, die Stoffauswahl auf das wesentliche zu beschränken. Eine Vielzahl von Beispielrechnungen soll den dargestellten Stoff auch für den Anfänger ohne Vorkenntnisse durchschaubar machen. Aufgrund der Breite des darzustellenden Stoffes war es häufig nicht möglich, auf Primärquellen zurückzugreifen. Daher wird in den zahlreichen Fußnoten gleichermaßen auf Klassiker der Betriebswirtschaftslehre, Monographien, Zeitschriftenaufsätze, Handwörterbücher und Lehrbücher Bezug genommen. Die angegebenen Quellen bieten die Möglichkeit, spezielle Problemstellungen zu vertiefen. Abschließend soll denen gedankt werden, die bei der Fertigstellung des Buches mitgeholfen haben: Frau Dipl.-Math. Petra Hausigk-Südkamp für das Korrekturlesen des Manuskripts, für die Überprüfung der Beispielrechnungen und für konstruktive Verbesserungsvorschläge zur formalen und didaktischen Gestaltung; Herrn Dipl.-Kfm. Mathias Schellhorn für die inhaltliche Überprüfung einzelner Abschnitte und konkrete Hinweise zur Präzisierung der Darstellung; Herrn Dr. oec. mont. Ulf D. Jaeckel, Herrn

VI

Vorwort

Dipl.-Kfm. Hermann Roemer, Heim Dipl. Wirtsch.-Ing. Heinz-Eckart Klingelhöfer und Herrn Dipl.-Kfm. Albert Tillmann für die kritische Durchsicht einzelner Abschnitte und Anregungen zur Verbesserung des Manuskripts. Ferner gilt der Dank den Herren cand. ing. Yefang Zhang und cand. ing. Jörg Thormann für Vorarbeiten bei der Realisierung zahlreicher Abbildungen auf dem Rechner sowie Frau cand. inf. Angelika Berger, Frau cand. math. Nicole Mehrtens, Frau Petra Emst und Herrn cand. ing. Holger Pätschinsky für die Anfertigung von Schreibarbeiten. Ein besonderer Dank gebührt Herrn Dipl.-Volkswirt M. Weigert vom Oldenbourg Verlag für die Förderung dieses Lehrbuches und die gezeigte Geduld bis zur Fertigstellung des Werkes.

Rolf Schwinn

Inhaltsübersicht Vorwort Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Teil I Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau 1. Abschnitt

Grundlagen

2. Abschnitt

Betriebliche Produktionsfaktoren

3. Abschnitt

Betriebliche Planung

4. Abschnitt

Rechtsform, Organisation und Standort Teil II Oberste Unternehmensleitung und Funktionen des Operativbereiches

5. Abschnitt

Oberste Unternehmensleitung

6. Abschnitt

Beschaffung

7. Abschnitt

Produktion

8. Abschnitt

Absatz Teil III Rechnungslegung für den Operativbereich

9. Abschnitt

Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

10. Abschnitt

Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

11. Abschnitt

Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis

12. Abschnitt

Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis Teil IV Finanzbereich

13. Abschnitt

Handelsrechtlicher Jahresabschluß

14. Abschnitt

Besteuerung der Unternehmung

15. Abschnitt

Finanzierung

16. Abschnitt

Investitionsrechnung

Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau Erster Abschnitt: Grundlagen 1. Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 1.1 Wirtschaft und Wirtschaftlichkeitsprinzip 1.2 Betriebe als wesentliche Träger des Wirtschaftsprozesses 1.2.1 Zum System der produktiven Faktoren 1.2.2 Betriebstypologie 1.2.3 Betrieb und Wirtschaftsordnung 1.2.4 Gesamtwirtschaftliche Güter- und Geldströme 2. Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft 2.1 Stellung der Betriebswirtschaftslehre im Rahmen der Wissenschaftssystematik 2.2 Betriebswirtschaftliche Modelle und Erkenntnisgewinnung 3. Betriebswirtschaftliche Grundbegriffe 3.1 Zeitpunktbezogene Bestandsgrößen 3.2 Zeitraumbezogene Strömungsgrößen 3.3 Rentabilität, Wirtschaftlichkeit und Produktivität 3.3.1 Rentabilität 3.3.2 Wirtschaftlichkeit 3.3.3 Produktivität 4. Grundkonzeptionen einer gestaltungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 4.1 Überblick 4.2 Systemansatz 4.3 Entscheidungsansatz 4.4 Marketingansatz 4.5 Human Concept 4.6 Konzept einer Arbeitsorientiertcn Einzelwirtschaftsichre (AOEWL) 4.7 Sonstige Ansätze 4.8 Das Verhältnis der verschiedenen Konzeptionen zueinander 5. Ziele in Unternehmungen 5.1 Begrifflicher Bezugsrahmen 5.1.1 Zieldimensionen 5.1.2 Ziclbeziehungen 5.1.3 Zielkategorien 5.2 Ziele als Entscheidungsobjekte in Unternehmungen 5.2.1 Ziele und Zielproblcme im Individualbereich 5.2.2 Prozeß der betriebswirtschaftlichen Zielbildung 5.2.3 Arten von Untemchmungszielen 5.3 Beziehungen zwischen den Erfolgszielen Literaturhinweise

1 2 2 5 5 7 8 11 14 14 16 17 17 18 20 20 21 22 23 23 23 26 32 32 33 34 34 35 35 35 35 36 38 38 39 40 41 44

Zweiter Abschnitt: Betriebliche Produktionsfaktoren 1. Der Elementarfaktor Menschliche Arbeitsleistung als Gegenstand betrieblicher Personalpolitik 1.1 Personalwirtschaftliche Grundmodelle für den Elcmentarfaktor Menschliche Arbeitsleistung 1.1.1 Träger abhängiger Arbeitsleistung 1.1.2 Mechanistisches Grundmodell 1.1.3 Sozialwissenschaftliches Grundmodell 1.2 Instrumente der Personalpolitik 1.2.1 Begriff und Überblick 1.2.2 Personalauswahl 1.2.3 Schaffung optimaler Arbeitsbedingungen 1.2.4 Entgeltpolitik 2. Betriebsmittel 2.1 Einführung 2.2 Technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer 2.3 Kapazität und Kapazitätsausnutzung 2.4 Betriebsmittelzeit 2.5 Abschreibungen 2.5.1 Begriff der Abschreibungen 2.5.2 Abschreibungsursachcn und Bestimmungsfaktoren der planmäßigen Abschreibungsbeträge 2.5.3 Abschreibungsmethoden

45 46 46 46 47 48 49 49 50 51 52 72 72 72 73 75 75 75 76 77

X

Inhaltsverzeichnis

3. Werkstoffe 3.1 Werkstoffzeit 3.2 Materialausbeute Literaturhinweise

82 82 83 84

Dritter Abschnitt: Betriebliche Planung 1. Grundfragen der betrieblichen Planung 1.1 Hinführung 1.1.1 Begriff, Zwecke, Wesen und Arten der Planung 1.1.2 Phasenschema der Planung 1.2 Planungsbereiche und Abhängigkeiten 2. Strategische Planung 2.1 Bedeutung der strategischen Planung 2.2 Strategische Geschäftsfelder 2.3 Methoden zur Beurteilung von strategischen Geschäftsfeldern und zur Auswahl von Strategien 2.3.1 Lückenanalyse 2.3.2 Lebenszyklusanalyse 2.3.3 Erfahrungskurvenanalyse 2.3.4 Portfolioanalyse 3. Instrumentarium der Planung 3.1 Statistische Grundlagen 3.1.1 Grundbegriffe: Ereignis, Häufigkeit, Wahrscheinlichkeit, Zufallsvariablc, Verteilungsfunktion 3.1.2 Parameter der Verteilung einer Zufallsgröße: Erwartungswert, Momente, Lageparameter 3.1.3 Theoretische Wahrscheinlichkeitsverteilungen 3.1.4 Stichprobentheorie 3.2 Prognoseverfahren 3.2.1 Einführung 3.2.2 Heuristische Prognoseverfahren 3.2.3 Prognosen auf der Grundlage der cxponcnticllcn Glättung 3.3 Problemgruppen und Lösungsmethoden der Unternehmensforschung (Operations Research) 3.3.1 Überblick 3.3.2 Ersatzprobleme 3.3.3 Lagerhaltungsprobleme 3.3.4 Kurzfristige Produklionsprogrammplanungsprobleme 3.3.5 Mischungsprobleme 3.3.6 Transportprobleme 3.3.7 Zuordnungsprobleme 3.3.8 Rundreiseprobleme 3.3.9 Rucksackprobleme (Knapsack-Probleme) 3.3.10 Warteschlangenprobleme 3.3.11 Terminplanungsprobleme Literaturhinweise

85 86 86 86 89 94 96 96 96 97 97 98 98 99 102 102

104 105 111 113 113 115 119 130 130 131 132 137 143 146 151 155 158 161 167 173

Vierter Abschnitt: Rechtsform, Organisation und Standort 1. Rechtliche Strukturierung 1.1 Grundlagen der Rechtsformentscheidung 1.2 Rechtsformaltemativen 1.2.1 Rechtsformaltemativen des Privatrechts 1.2.2 Öffentliche Unternehmungen 1.3 UnternehmenszusammenschlUsse 1.3.1 Begriff, Arten und Ziele von Unternehmenszusammenschlüssen 1.3.2 Darstellung einzelner Untemehmenszusammenschlüsse 2. Organisatorische Strukturierung 2.1 Grundlagen 2.1.1 Organisatorische Problemstellung 2.1.2 Begriffe und Aufgaben der Organisation 2.2 Aufbauorganisation 2.2.1 Gestaltungselemente der Organisationsstmkuir 2.2.2 Organisatorische Grundstrukturcn der Aufbauorganisation 2.3 Ablauforganisation 2.3.1 Überblick 2.3.2 Strukturierung des Arbeitsprozesses 2.3.3 Arbeitsanalyse 2.3.4 Arbeitssynthese 2.4 Beziehungen zwischen Aufbau- und Ablauforganisation

175 177 177 178 178 194 197 197 198 203 203 203 204 206 206 216 220 220 220 221 221 222

102

Inhaltsverzeichnis 3. Standortwahl 3.1 Einführung 3.1.1 Problemdefinition 3.1.2 Standonproblematik 3.1.3 Standortfaktorenlehre 3.2 Standortmodelle für Industriebetriebe 3.2.1 Übersicht 3.2.2 Analytische Modelle 3.2.3 Heuristische Modelle 3.3 Empirische Befunde zur Standortwahl Literaturhinweise

XI 223 223 223 223 224 225 225 225 231 233 234

Teil II: Unternehmensführung und Funktionen des Operativbereiches Fünfter Abschnitt: Unternehmensführung (Management) 1. Begriff der Unternehmensführung 2. Führung als Institution 2.1 Managementhierarchie 2.2 Willensbildung und Arbeitsteilung innerhalb der obersten Unternehmensleitung 2.2.1 Überblick 2.2.2 Gcstallungsformcn der obersten Unternehmensleitung 3. Führung als Funktion 3.1 Funktionen der Unternehmensführung 3.1.1 Überblick 3.1.2 Kemfunktionen 3.1.3 Sachbezogene FUhrungsfunktionen 3.1.4 Personenbezogene FUhrungsfunktionen 3.2 Führung und Führungsstile 3.2.1 Führungsinhalt 3.2.2 Führungsumfang 3.3 Managementmodelle (Management-by-Konzepte) 4. Personalwirtschaftliche Konfliklhandhabung (Mitbestimmung) 4.1 Einführung 4.2 Ebenen und Gegenstände der Mitbestimmung 4.3 Gesetzliche Mitbestimmung auf Untcmehmensebcne 4.3.1 Montanmitbestimmung 4.3.2 Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz 1952 4.3.3 Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 4.3.4 Mitbestimmung auf Untcmehmensebcne im Vergleich 4.4 Schwerpunkte der Mitbestimmung auf betrieblicher Ebene Liteniturhinwcise

237 238 239 239 240 240 241 247 247 247 247 249 252 255 255 257 259 264 264 265 266 266 268 268 269 272 274

Sechster Abschnitt: Beschaffung 1. Begriff und Bestimmungsgroßen der Beschaffung 1.1 Begriff der Beschaffung 1.2 Bestimmungsgrößen der Beschaffung 1.2.1 Beschaffungszicle 1.2.2 Strukturmerkmale der Unternehmung 1.2.3 Planung anderer Funktionsbereiche der Unternehmung 1.2.4 Merkmale des BcschafTungsmarktes 2. Grundsatzentscheidungen für die Beschaffungsplanung 2.1 ABC-Analyse 2.2 Prinzipien der Bereitstellung 3. Entscheidungen in der Beschaffungsplanung 3.1 Hilfsmittel zur Materialbedarfscrmittlung 3.1.1 Überblick über die Arten des Materialbedarfs 3.1.2 Verfahren zur Materialbedarfscrmittlung 3.1.3 Programmgebundene Verfahren zur Materialbedarfscrmittlung 3.2 Modelle der Bestellmengenplanung 3.2.1 Grundmodell zur Bestimmung der optimalen Bestellmenge 3.2.2 Optimale Bestellmenge bei Rabattstaffelung 3.2.3 Optimale Bestellmenge unter Nebenbedingungen 3.3 Alternative Lagerhaltungspolitiken Literaturhinweise

275 276 276 277 277 278 279 279 279 279 281 282 282 282 283 284 288 288 289 290 291 294

XII

Inhaltsverzeichnis

Siebenter Abschnitt: Produktion 1. Grundlagen 1.1 Produktion und Produktions wirtschart 1.2 Überblick über die Produktionswirtschaft 1.3 Prozeßtypen der Fertigung 1.4 Organisationstypen der Fertigung 1.4.1 Übersicht 1.4.2 Werkstattfertigung 1.4.3 Fließfertigung 1.4.4 Gegenüberstellung von Werkstatt- und Fließfertigung 1.4.5 WeitereOrganisationstypen der Fertigung 2. Entscheidungsbereiche der Produktionsplanung 2.1 Überblick 2.2 Langfristige Produktionsplanung 2.2.1 Ausstattungsplanung 2.2.2 Produktfeldplanung 2.3 Mittel- und kurzfristige Produktionsplanung 2.3.1 Produktionsprogrammplanung 2.3.2 Produktionsprozeßplanung 2.4 Interdependenzen zwischen den Produktionsteilplänen 3. Arbeitsvorbereitung 3.1 Begriff und Aufgaben der Arbeitsvorbereitung 3.2 Fertigungsplanung 3.2.1 Einleitende Fertigungsplanung 3.2.2 Fertigungsablaufplanung 3.2.3 Bedarfs- und Kostenplanung 3.3 Fertigungssteuerung 3.3.1 Bereitstellung 3.3.2 Lenkung der Fertigung 4. EDV-gestUtzte Produktionsplanung und -Steuerung 4.1 Klassische Systeme der Produktionsplanung und -Steuerung (PPS-Systeme) 4.1.1 Ursache für den Aufbau komplexer PPS-Systeme 4.1.2 Konzept der klassischen PPS-Systeme 4.1.3 Bewertung der klassischen PPS-Systeme 4.2 Neuere praxisorientierte Konzepte der Produktionsplanung und -Steuerung 4.2.1 PPS-Systeme mit Bestandsrcgelung 4.2.2 PPS-Systeme mit Engpaßplanung 4.2.3 Fortschrittszahlen-Konzcpt 4.2.4 Retrograde Terminierung 4.2.5 Einsatzbedingungen für EDV-gestütztc PPS-Systeme 4.3 Computer Integrated Manufacturing (CIM) 4.3.1 Wesentliche Merkmale von CIM 4.3.2 Komponenten von CIM 4.3.3 Vorläufige Bewertung von CIM 5. Anlagenerhaltung 5.1 Grundlagen der Anlagenerhaltung 5.1.1 Stellung der vorbeugenden Instandhaltung im System der Anlagenerhaltungsmaßnahmen 5.1.2 Typen der Verschleißwirkung 5.2 Strategien der Instandhaltung 5.2.1 Elementare Basisstrategien der Reparaturplanung 5.2.2 Bewertung der Strategien 5.2.3 Beispielrechnung 5.3 Schlußfolgerungen 6. Qualität und Qualitätskontrolle 6.1 Qualitätsbegriff und Qualitätsarten 6.2 Qualitätssicherung 6.2.1 Aufgaben der Qualitätssicherung 6.2.2 Qualitätsplanung 6.2.3 Qualitätssteuerung 6.3 Qualitätsförderung Literaturhinweise

295 297 297 299 301 304 304 305 306 307 308 311 311 312 312 312 313 313 314 315 317 317 318 318 319 321 323 323 324 331 331 331 332 334 336 336 343 345 346 347 348 348 353 357 359 359 359 361 363 363 364 365 369 370 370 372 372 372 374 389 391

Inhaltsverzeichnis

x m

Achter Abschnitt: Absatz 1. Einführung 1.1 Grundlagen 1.1.1 Absatz, Absatzwirtschaft und Marketing 1.1.2 Markt, Angebotsfunktion, Nachfragefunktion 1.1.3 Marktklassifikation 1.1.4 Preiselastizität der Nachfrage 1.2 Informationsbasis von Marketingentscheidungen 1.2.1 Verhaltensanalysen 1.2.2 Marketingforschung und Absatzprognose 1.3 Marktsegmentierung 1.4 Überblick Uber die Marketinginstrumente 2. Preispolitik 2.1 Preispolitische Symbole 2.2 Preispolitik des Monopolbetricbes (Angebotsmonopol) 2.2.1 Preis-Absatz-Funktion 2.2.2 Preispolitisches Grundmodell der Gewinnmaximierung 2.2.3 Einfluß von Änderungen in der Kostenstruktur auf das Verhalten des Monopolbetriebes 2.3 Preispolitik bei vollkommener Konkurrenz 2.3.1 Bestimmung des Gleichgewichtspreises 2.3.2 Preispolitisches Grundmodell der Gewinnmaximierung 2.4 Preispolitik bei polypolistischc Konkurrenz 2.4.1 Preis-Absatz-Funktion 2.4.2 Preispolitisches Grundmodell der Gewinnmaximierung 2.5 Preispolitik bei oligopolistischcr Konkurrenz (Angebotsoligopol) 2.5.1 Angebotsoligopol auf vollkommenem Markt 2.5.2 Preispolitik bei oligopolistischer Konkurrenz auf unvollkommenen Märkten 2.6 Kritische Würdigung der klassischen Preislheorie 2.7 Preisuntergrenzen und ihre Bestimmung 2.7.1 Begriff der Preisuntergrenze 2.7.2 Bestimmung der Preisuntergrenzen 2.8 Praxisorientierte Preisfestlegung 2.8.1 Prinzipien der Preisbestimmung 2.8.2 Preispolitische Strategien 3. Präferenzpolitik 3.1 Produkt- und Sortimentspolitik 3.1.1 Grundlagen der Produkt- und Sortimentspolitik 3.1.2 Produktinnovation 3.1.3 Produktvariation 3.1.4 Produktelimination 3.1.5 Produktdiversifikation 3.2 Werbung 3.3 Distributionspolilische Entscheidungstatbestände 4. Planung des Marketingmix Literaturhinweisc

39S 396 396 396 397 398 402 404 404 405 406 407 411 411 412 412 413 415 417 417 418 421 421 423 425 425 426 427 428 428 429 432 432 434 438 438 438 446 450 451 452 453 454 456 458

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich Neunter Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie 1. Einführung 1.1 Abgrenzung der Produktions- und Kostentheorie gegenüber der Produktion als Grundfunktion... 1.2 Aufgaben der Produktions- und Kostentheorie 2. Produktionstheorie 2.1 Produktionstheoretische Grundlagen 2.1.1 Grundbegriffe der Produktionstheorie 2.1.2 Beziehungen zwischen den Input- und Outputvariablcn der Produktionsfunktion 2.1.3 Betriebswirtschaftliche Anforderungen an die Pioduktionstheorie 2.2 Produktionsfunktion vom Typ A 2.2.1 Voraussetzungen für die Produktionsfunktion vom Typ A 2.2.2 Formale Darstellung der Produktionsfunktion vom Typ A 2.2.3 Minimalkostenkombination 2.2.4 Zur Bedeutung der Produktionsfunktion vom Typ A 2.3 Produktionsfunktion vom Typ B (GUTENBERG-Funktionen) 2.3.1 Charakterisierung der Produktionsfunktion vom Typ B 2.3.2 Analyse der Input-Output-Bezichungen 2.3.3 Produktionsfunktion vom Typ B als System von Faktoreinsatzfunktionen

459 460 460 460 461 461 461 463 466 467 467 468 471 476 477 477 478 486

XIV

Inhaltsverzeichnis

2.3.4 Aktionsparameter der Produktionsfunktion vom Typ B 2.3.5 LEONTIEF-Produktionsfunktion als Sonderfall der GUTENBERG-Funktion 2.3.6 Zur Bedeutung der Produktionsfunktion vom Typ B 2.4 Weitere Produktionsfunktionen 3. Kostentheorie 3.1 Kostentheoretische Grundlagen 3.1.1 Kostenbegriff und Kosteneinflußgrößen 3.1.2 Fixe und variable Kosten 3.1.3 Kostenverläufe 3.1.4 Begriff der Kostenremanenz 3.2 Beschäftigung als Kosteneinflußgröße 3.2.1 Kostenmodelle auf der Grundlage der Produktionsfunktion vom Typ A 3.2.2 Kostenmodelle auf der Grundlage der Produktionsfunktion vom Typ B 3.3 Betriebsgröße als Kosteneinflußgröße 3.3.1 Begriff der Betriebsgröße und Arten ihrer Variation 3.3.2 Kostenverlauf bei multipler Betriebsgrößenvariation 3.3.3 Kostenverlauf bei mutativer Betriebsgrößenvariation 3.4 Sonstige Kosteneinflußgrößen 3.4.1 Faktorqualitäten 3.4.2 Faktorpreise 3.4.3 Fertigungsprogramm Literaturhinweise

489 490 491 492 495 495 495 497 499 502 504 504 512 526 526 526 529 531 531 532 532 534

Zehnter Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung 1. Kosten- und Leistungsrechnung als Teilgebiet des betrieblichen Rechnungswesens 1.1 Begriff, Teilgebiete und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens im Überblick 1.2 Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens 1.2.1 Übersicht 1.2.2 Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand, Kosten 1.2.3 Einzahlungen, Einnahmen, Ertrag, Leistung 1.2.4 Zahlungssaldo, Finanzsaldo, Gesamterfolg, Betriebsergebnis 1.2.5 Korrespondierende Bewegungs- und Bestandsrechnungen 1.3 Merkmale der Kosten- und Leistungsrechnung 1.3.1 Vorbemerkung 1.3.2 Zwingende Merkmale 1.3.3 Fakultative Merkmale 2. Begriffe, Aufgaben, Zwecke und Konzeptionen der Kosten- und Lcistungsrechnung 2.1 Begriffe der Kosten- und Leistungsrcchnung 2.1.1 Problematik und Varianten des Kosten- und des Leistungsbegriffs 2.1.2 Spezielle Kostenkategorien 2.2 Aufgaben und Zwecke der Kosten- und Leistungsrechnung 2.2.1 Überblick über die Aufgaben der Kosten- und Lcistungsrechnung 2.2.2 Einzelne Hauptzwecke der Kosten- und Lcistungsrechnung 2.3 Konzeptionen der Kosten- und Leistungsrechnung 2.3.1 Gliederung der Kosten- und Leistungsrcchnung 2.3.2 Grundprinzipien der Verrechnung 2.3.3 Überblick über die Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung 2.3.4 Kosten- und Leistungsrechnung und Controlling Literaturhinweise

535 536 536 540 540 540 547 552 553 555 555 555 557 559 559 559 562 569 569 570 572 572 576 577 579 580

Elfter Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 1. Istkosten- und Istleistungsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 1.1 Istkostenrechnung 1.1.1 Kostenartenrechnung 1.1.2 Kostenstellenrechnung 1.1.3 Kostentragerrechnung 1.2 Istleistungsrechnung (Isterlösrechnung) 1.2.1 Überblick 1.2.2 Erlösartenrechnung 1.2.3 Erlösstellenrechnung 1.2.4 Erlösträgerstückrechnung 1.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 1.3.1 Aufgaben und Überblick 1.3.2 Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung 1.4 Kritische Beurteilung der Istkosten- und Isterlösrechnung sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf der Basis von Istdaten

581 583 583 583 612 650 682 682 682 685 686 687 687 689 700

Inhaltsverzeichnis 2. Normalkoslen- und Normalleistungsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 2.1 Normalkostenrechnung 2.1.1 Einführung 2.1.2 Sekundärkostenrechnung auf der Grundlage von Normalkosten 2.1.3 Kostenträgerstückrechnung bei Zuschlagskalkulation auf der Grundlage von Normalkosten 2.1.4 Betriebsabrechnungsbogen (BAB) und Beschäftigungsschwankungen 2.2 Normalleistungsrechnung 2.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 2.4 Kritische Beurteilung der Normalkosten- und Normalerlösrechnung sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf der Basis von Normaldaten 3. Plankosten- und Planleistungsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 3.1 Plankostenrechnung 3.1.1 Formen der Plankostenrechnung 3.1.2 Aufbau und Durchführung der Plankostcnrechnung 3.1.3 Systeme der Plankostenrcchnung 3.2 Planleistungsrechnung (Planerlösrechnung) 3.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 3.4 Kritische Beurteilung der Plankosten- und Plancrlösrechnung sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf der Basis von Plandaten Literaturhinweise Zwölfter Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis 1. Grundlagen 1.1 Mängel der traditionellen Vollkostenrechnung 1.1.1 Vollkosten - Teilkosten und Vollerlöse - Teilerlöse 1.1.2 Mängel der traditionellen Vollkostenrcchnung im einzelnen 1.2 Verfahren der Kostenauflösung 1.2.1 Vorbemerkung 1.2.2 Buchhalterische Methode 1.2.3 Mathematische Methode 1.2.4 Methode der Korrclationsrcchnung 1.3 Überblick über die Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis 2. Istkosten- und Istleistungsrechnung auf Teilkostenbasis 2.1 Direct Costing 2.1.1 Istkostenrechnung und Istleistungsrechnung 2.1.2 Kurzfristige Erfolgsrechnung 2.1.3 Aussagewert des Direct Costing 2.2 Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung 2.2.1 Istkostcnrechnung und Istleistungsrechnung 2.2.2 Kurzfristige Erfolgsrechnung 2.2.3 Aussagewert der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung 2.3 Istkosten- und Istleistungsrechnung auf der Basis relativer Einzelkosten mit differenzierter Gemeinkostcnbchandlung 2.3.1 Islkostenrechnung und Istleistungsrechnung 2.3.2 Kurzfristige Erfolgsrechnung: RIEBEL'sche Deckungsbeitragsrechnung 2.3.3 Aussagewert der RIEBEL'schen Dcckungsbeitragsrechnung 2.4 Kritische Beurteilung des Direct Costing, der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung und der RIEBEL'schen Deckungsbeitragsrechnung 3. Plankosten- und Plancrlösrechnung auf Teilkostenbasis 3.1 Flexible Plankostcnrechnung als Grcnzkostcnrcchnung (Grenzplankostenrcchnung) 3.1.1 Abweichungsarten im Rahmen der Grenzplankostenrcchnung 3.1.2 Vorgehensweise beim Einsatz der Grenzplankostenrcchnung 3.1.3 Beispiel einer Plankalkulation auf der Basis von Voll- und Grenzkosten 3.2 Plancrlösrechnung 3.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung als Plandeckungsbeitragsrechnung 3.3.1 Vorbemerkung 3.3.2 Plandeckungsbeitragsrechnung auf der Basis der Grenzplankostenrechnung 3.3.3 Plandeckungsbeitragsrechnung auf der Basis relativer Einzelkosten und -erlöse 3.4 Kritische Beurteilung der Plankosten-, Planerlös- und kurzfristigen Planerfolgsrechnung Literaturhinweise

XV 703 703 703 704 706 708 710 710 712 714 714 714 715 717 728 730 732 735

737 738 738 738 739 742 742 742 743 744 747 749 749 749 751 758 772 772 774 776 779 779 781 783 784 787 787 787 788 789 790 791 791 791 792 792 794

XVI

Inhaltsverzeichnis

Teil IV: Finanzbereich Dreizehnter Abschnitt: Handelsrechtliche Rechnungslegung 795 1. Grundlagen der handelsrechtlichen Rechnungslegung 797 1.1 Begriff des Jahresabschlusses bei Einzeluntemchmungen, Personen- und Kapitalgesellschaften „797 1.2 Bilanzbegriff, Bilanzfunktionen und Bilanzarten 799 1.3 Grundzüge handelsrechtlicher Buchfilhmngsvorschriftcn 802 1.4 Inventur und Inventar 803 1.5 Ableitung des Jahresabschlusses aus Buchhaltung und Inventar 805 1.5.1 System der doppelten Buchführung (Doppik) 805 1.5.2 Kontensystem 808 1.5.3 Organisation der Buchführung 814 1.6 Grundsatze ordnungsmäßiger Buchführung und Bilanzierung 816 1.6.1 Überblick 816 1.6.2 Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung i.e.S 816 1.6.3 Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung 817 1.7 Bewertungsgrundsätze 819 1.8 Handelsrechtliche Wertbegriffe 823 1.8.1 Überblick 823 1.8.2 Handelsrechtliche Wertbcgriffe für Aktiva 824 1.8.3 Basiswerte für Passiva 828 2. Bilanz großer Kapitalgesellschaften 829 2.1 Gesetzliche Gliederung der Bilanz (§ 266 HGB) 829 2.1.1 Gliederung der Aktivseite der Bilanz 829 2.1.2 Gliederung der Passivseite der Bilanz 832 2.2 Bewertung im Rahmen der Bilanzierung 836 2.2.1 Bewertung des Bilanzvermögens 836 2.2.2 Bewertung des Eigen- und des Fremdkapitals 843 3. Gewinn- und Verlustrechnung großer Kapitalgesellschaften 845 3.1 Aufgaben und Gestaltungsformcn der Gewinn- und Verlustrechnung 845 3.1.1 Aufgaben der Gewinn- und Verlustrechnung 845 3.1.2 Gestaltungsformen der Gewinn- und Verlustrechnung 845 3.2 Grandaufbau der Gewinn- und Verlustrechnung 846 3.2.1 Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB 846 3.2.2 Ergebniskomponenten im Überblick 849 3.2.3 Finanzergebnis 850 3.2.4 Außerordentliches Ergebnis 851 3.3 Ermittlung des Betriebsergebnisses 851 3.3.1 Positionen bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses 851 3.3.2 Die Ermittlung des Betriebsergebnisses nach dem Gesamtkosten- und dem Umsatzkostenverfahren in der Gegenüberstellung 854 3.3.3 Umsatz- und Gesamtkostenverfahren der Gewinn- und Verlustrechnung im Vergleich 858 4. Handelsrechtlicher Jahresabschluß im Überblick 861 4.1 Bestandteile und Zwecke des Jahresabschlusses 861 4.1.1 Bilanz 861 4.1.2 Gewinn- und Verlustrechnung 861 4.1.3 Anhang 861 4.1.4 Lagebericht 863 4.2 Aufstellung, Prüfung und Veröffentlichung des Jahresabschlusses 864 4.2.1 Aufstellung des Jahresabschlusses 864 4.2.2 Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses 865 4.2.3 Veröffentlichung des Jahresabschlusses 866 5. Grundzüge der Bilanzpolitik und Bilanzanalyse 868 5.1 Bilanzpolitik 868 5.1.1 Ziele der Bilanzpolitik 868 5.1.2 Instrumente der Bilanzpolitik 870 5.2 Bilanzanalyse 872 5.2.1 Ziel der Bilanzanalyse 872 5.2.2 Instrumente der Bilanzanalyse 873 5.3 Grenzen der Bilanzpolitik und Bilanzanalyse 875 Literaturhinweise 876 Vierzehnter Abschnitt: Besteuerung der Unternehmen 1. Grundlagen der Unternehmensbesteuerung 1.1 Gegenstand und Aufgaben der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre im Rahmen der Betriebswirtschaftslehre 1.2 Rechtsquellen der Unternehmensbesteuerung 1.3 Besteuerungsprinzipien

877 878 878 879 880

Inhaltsverzeichnis

xvn

1.4 Wichtige Begriffe der Steuerlchre 1.5 Systematik der Steuerarten 2. Überblick über die betrieblich relevanten Steuerarten 2.1 Ertragsteuern 2.1.1 Einführung 2.1.2 Einkommensteuer 2.1.3 Körperschaftsteuer 2.1.4 Gewerbeertragsteuer 2.2 Substanzsteuem 2.2.1 Überblick 2.2.2 Vermögensteuer 2.2.3 Gewerbekapitalsteuer 2.3 Verkehr- und Verbrauchsteuern 2.3.1 Überblick 2.3.2 Umsatzsteuer 3. Zur Bedeutung der Besteuerung im Rahmen betrieblicher Entscheidungen 3.1 Einfluß der Besteuerung auf die Aufbauclcmente des Betriebes 3.2 Einfluß der Besteuerung auf die betrieblichen Hauptfunktionen 3.3 Steuerbilanzplanung und Steuerbilanzpolitik Literaturhinwcise

881 883 888 888 888 888 891 893 895 895 896 897 898 898 899 901 901 903 904 906

Fünfzehnter Abschnitt: Finanzierung 1. Grundlagen 1.1 Begriffe der Finanzierung und Investition 1.2 Finanzierung und betrieblicher Umsatzprozeß 1.3 Besondere Anlässe der Finanzierung 2. Finanzierungsziele und Finanzkennzahlen 2.1 Finanzierungsziele 2.2 Finanzkennzahlen 2.2.1 Begriff und Aufgaben von Finanzierungsregeln 2.2.2 Bestandsgrößenorienticrtc Kennzahlcn 2.2.3 Stromgrößcnoricnticrtc Kennzahlcn 3. Finanzplanung 3.1 Grundlagen der Finanzplanung 3.1.1 Gegenstand und Ziele der Finanzplanung 3.1.2 Teilpläne der Finanzplanung 3.2 Einzelne Planungsbereiche 3.2.1 Kapitalbindungs- und bedarfsplanung 3.2.2 Finanzplanung im engeren Sinn 3.2.3 Tägliche Finanzdispositionsrcchnung 3.3 Beispielrechnung für die Finanzplanung im engeren Sinn 4. Finanzierungsarten 4.1 Überblick über die Finanzierungsarten 4.1.1 Gliederung nach der Kapitalherkunft 4.1.2 Gliederung nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber 4.2 Einlagen- bzw. Beteiligungsfinanzierung 4.2.1 Eigenkapitalbeschaffung der Einzclunternchmung und der Personengesellschaften 4.2.2 Eigenkapitalbeschaffung der Kapitalgesellschaften 4.3 Kreditfinanzierung 4.3.1 Grundlagen 4.3.2 Langfristige Kreditfinanzierung 4.3.3 Kurzfristige Fremdfinanzierung 4.3.4 Kreditsubstitute 4.4 Selbstfinanzierung '. 4.4.1 Offene Selbstfinanzierung 4.4.2 Stille Selbstfinanzierung 4.5 Finanzierung durch Pensionsrückstellungcn 4.6 Finanzierung aus Abschreibungen 4.6.1 Einführung 4.6.2 Erweiterung der Periodenkapazität aus Abschreibungsgegenwerten 4.6.3 Erweiterung der Gesamtkapazität aus Abschreibungsgegenwerten 4.7 Sonstige Vorgänge der Innenfinanzierung sowie Finanzinnovationen 5. Kriterien der Finanzierungsentscheidungen 5.1 Planung des Finanzierungsmix 5.2 Leverage-Effekt 5.3 Vergleiche zwischen Beteiligungs-, Fremd- und Selbstfinanzierung Literaturhinweise

907 909 909 911 914 916 916 918 918 919 921 924 924 924 924 925 925 927 928 930 933 933 933 934 936 936 937 945 945 949 959 967 969 969 971 973 976 976 978 984 985 988 988 989 992 9%

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Sechzehnter Abschnitt: Investitionsrechnung 1. Grundlagen der Investitionsrechnung 1.1 Begriff der Investition 1.2 Investitionsarten 1.3 Klassifikation von Investitionsentscheidungen 1.4 Prozeß der Investitionsentscheidung 1.5 Ziele von Investitionsentscheidungen 1.6 Übersicht über die Methoden der Investitionsrechnung 2. Entscheidungskriterien der Wirtschaftlichkeitsrechnung 2.1 Überblick 2.2 Entscheidungskritcrien auf der Grundlage von kalkulatorischen Durchschnittsgrößen (Statische Kalküle) 2.2.1 Kosten 2.2.2 Gewinn 2.2.3 Rentabilität 2.2.4 Amortisationsdauer 2.3 Entscheidungskritcrien auf der Grundlage von Einzahlungen und Auszahlungen (Dynamische Kalküle) 2.3.1 Finanzmathematische Grundlagen 2.3.2 Kapitalwcrt und Kapitalwertfunktion 2.3.3 Annuität 2.3.4 Interner Zinssatz 2.3.5 Amortisationsdauer 3. Partialmodelle für Einzelinvestitionsentscheidungen und Auswahlproblcme bei sicheren Erwartungen 3.1 Statische Modelle 3.1.1 Kostenvergleichsrechnung 3.1.2 Gewinnvergleichsrechnung 3.1.3 Rentabilitälsvergleichsrechnung 3.1.4 Amortisationsvergleichsrechnung 3.2 Dynamische Modelle 3.2.1 Kapitalwertmethode 3.2.2 Annuitätenmethode 3.2.3 Methode des internen Zinssatzes 3.2.4 Amortisationsvergleichsrechnung 3.3 Beurteilung statischer und dynamischer Partialmodelle 4. Erweiterungen der Kapitalwertmethode für Einzclinvestitionscntschcidungen und Auswahlproblcme 4.1 Überblick 4.2 Berücksichtigung von Steuern 4.3 Vollständige Finanzpläne 4.4 Berücksichtigung unsicherer Erwartungen 4.4.1 Überblick 4.4.2 Risikoanalyse: Simulatives Verfahren von HERTZ 5. Optimale Nutzungsdauer und optimaler Ersatzzeitpunkt 5.1 Einführung in die Problemstellung und Überblick über die Verfahren 5.2 Bestimmung der optimalen Nutzungsdauer 5.2.1 Durchschnittskostcnmelhode 5.2.2 Kapitalwertmethode 5.3 Bestimmung des optimalen Ersatzzeitpunktes 5.3.1 Kostenvergleichsrechnung 5.3.2 Kapitalwertmethode 6. Investitionsprogrammentscheidungen 6.1 Bestimmung von Investitionsprogrammen bei sicheren Erwartungen 6.1.1 Überblick 6.1.2 Einperiodenmodell von H. ALBACH 6.2 Bestimmung von Investitionsprogrammen bei unsicheren Erwartungen 7. Untemehmensbewertung 7.1 Begriff, Anlässe und Funktionen der Untemehmensbewertung 7.1.1 Begriff und Anlässe der Untemehmensbewertung 7.1.2 Funktionen der Untemehmensbewertung 7.2 Grundlagen der Bewertungsverfahren 7.3 Bewertungsverfahren der Praxis Literaturhinweise

997 999 999 1000 1002 1003 1005 1006 1010 1010 1010 1010 1011 1011 1014 1015 1015 1016 1020 1022 1024 1026 1026 1026 1028 1030 1031 1032 1032 1037 1040 1043 1044 1048 1048 1048 1052 1056 1056 1058 1064 1064 1065 1065 1066 1076 1076 1079 1083 1083 1083 1085 1090 1092 1092 1092 1092 1095 1097 1101

Literaturverzeichnis

1103

Stichwortverzeichnis

1117

Abkürzungsverzeichnis Abb. Abs. AC AfA AG AklG AN AO AOEWL AR AuslInvG AZO BAB BB BDI begr. BetrVG BewG BFH BFuP BGA BGB BHO BKT bzw. CAD CAE CAM CAP CAQ CIM CNC CPM const d. h. DAG DB DBW DGB DIHT DIN DM DNC DSlR e. V. EBK EDV EG eG ErbSt ESt EStDV EStG EStR etc. f. ff. FA FGO FIFO FVG GbR GenG GewEst

Abbildung Absatz Adaptive Control Absetzung dir Abnutzung Aktiengesellschaft Aktiengesetz Arbeitnehmer Abgabenordnung Arbeitsorientierte Einzelwirtschaftslehre Aufsichtsrat Auslandsinvestitionsgesctz Arbeitszeitordnung Betriebsabrechnungsbogen Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Bundesverband der Deutschen Industrie begründet Betriebsverfassungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Betriebs- und Geschäftsausstattung Bürgerliches Gesetzbuch Bundeshaushaltsordnung Betriebskalendertag beziehungsweise Computer Aided Design Computer Aided Engineering Computer Aided Manufacturing Computer Aided Planning Computer Aided Quality Assurance Computer Integrated Manufacturing Computerized Numerical Control Critical Path Method konstant das heißt Deutsche Angestellten Gewerkschaft Der Betrieb (Zeitschrift) Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift) Deutscher Gewerkschaftsbund Deutscher Industrie- und Handelstag Deutsche Industrie-Norm Deutsche Mark Direct Numerical Control Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) eingetragener Verein Eröffnungsbilanzkonto Elektronische Datenverarbeitung Europäische Gemeinschaften eingetragene Genossenschaft Erbschaft- und Schenkungsteuer Einkommensteuer Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien etcetera folgende (Seite) folgende (Seiten) Finanzamt Finanzgerichtsordnung first in first out Gesetz Uber die Finanzverwaltung Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Gewerbeertragsteuer

XX GewKst GewO GewStG GG ggfGKR GmbH GmbHG Goß GrESt GrSt GuV GWB H HGB HIFO Hrsg. hrsg. IKR i. Vb. JIT KiSt KEF KfzSt KG kg KGaA km KRP KSt KSlG KWG kWh LE LIFO LOFO LSP LStR m2 m3 ME Min. MitbestG MontanMitbestG MPM MTM NC Nr. OC OHG OPT OUL P PERT PPS PS PSh PubIG RAP RE REFA RS S. S SBK SKE sog.

Abkürzungsverzeichnis Gewerbekapitalsteuer Gewerbeordnung Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinschafts-Konten rahmen der Industrie Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Gesetz Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Grunderwerbsteuer Grundsteuer Gewinn und Verlust Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) Haben Handelgesetzbuch highest in first out Herausgeber herausgegeben Industrie-Kontenrahmen in Verbindung Just in Time Kirchensteuer Kapazitätserweiterungsfaktor Kraftfahrzeugsteuer Kommanditgesellschaft Kilogramm Kommanditgesellschaft auf Aktien Kilometer Kostenrechnungs-Praxis (Zeitschrift) Körperschaftsteuer Körperschaftsteuergesetz Kreditwesengesetz Kilowattstunde Leistungseinheiten last in first out lowest in first out Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (1953) Lohnsteuerrichtlinien Quadratmeter Kubikmeter Mengeneinheiten Minuten Mitbestimmungsgesetz Montanmitbestimmungsgesetz METRA-Potential-Mehode Methods Time Measurement Numerical Control Nummer Operationscharakteristik Offene Handelgesellschaft Optimized Production Technology Oberste Unternehmensleitung Passiva Program Evaluation and Review Technique Produktionsplanung und -Steuerung Pferdestärke PS-Stunden Publizitätsgesetz Rechnungsabgerenzungsposten Rechnungseinheiten Reichsausschuß für Arbeitszeitermittlung (seit 1924), Reichsausschuß Arbeitsstudien (seil 1936), heute (seit 1948): Verband fiir Arbeitsstudii Rückstellungen Seite Soll Schlußbilanzkonto Steinkohleeinheiten sogenannte(n)

Abkürzungsverzeichnis Sp. Std., STD TBL TDM u. a. u. a. m. u.E. u. U. USt UStG VA VEBA verr. VersSt vgl.

von

VSt VStG VSlR VVaG VZ WF WG WiSt WISU z.B. ZfB ZfbF ZfhF

Spalte Stunde Teilbereichsleitung Tausend DM unter anderem und anderes mehr unseres Erachtens unter Umständen Umsatzsteuer Umsatzsteuergesetz Vermögensa ufsicllung Vereinigte Elektrizität- und Bergwerks-AG verrechnete Versicherungsteucr vergleiche Vollständiger Finanzplan Vermögenssteuer Vermögenssteuergesetz Vermögensteuerrichtlinien Versicherungsvercin auf Gegenseitigkeit Vcranlagungszeitraum Work Factor Wechselgesetz Wirtschaftswissenschaftliches Studium (Zeitschrift) Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift) zum Beispiel Zeitschrift filr Betriebswirtschaft Zeitschrift filr betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung

XXI

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau Erster Abschnitt: Grundlagen 1. Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 1.1 Wirtschaft und Wirtschaftlichkcitsprinzip 1.2 Betriebe als wesentliche Träger des Wirtschaftsprozesses 1.2.1 Zum System der produktiven Faktoren 1.2.2 Betriebstypologie 1.2.3 Betrieb und Wirtschaftsordnung 1.2.4 Gesamtwirtschaftliche Güter- und Geldströme 2. Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft 2.1 Stellung der Betriebswirtschaftslehre im Rahmen der Wissenschaftssystematik 2.2 Betriebswirtschaftliche Modelle und Erkenntnisgewinnung 3. Betriebswirtschaftliche Grundbegriffe 3.1 Zeitpunklbczogcne Bestandsgrößen 3.2 Zeitraumbezogene Strömungsgrößen 3.3 Rentabilität, Wirtschaftlichkeit und Produktivität 3.3.1 Rentabilität 3.3.2 Wirtschaftlichkeit 3.3.3 Produktivität 4. Grundkonzeptionen einer gestaltungsorientierten Betriebswirtschaftslehre 4.1 Überblick 4.2 Systemansatz 4.3 Entschcidungsansatz 4.4 Marketingansatz 4.5 Human Conccpt 4.6 Konzept einer Arbeitsorienticrtcn Einzclwirtschaftslchre (AOEWL) 4.7 Sonstige Ansätze 4.8 Das Verhältnis der verschiedenen Konzeptionen zueinander 5. Ziele in Unternehmungen 5.1 Begrifflicher Bezugsrahmen 5.1.1 Zieldimensionen 5.1.2 Zielbeziehungen 5.1.3 Zielkategorien 5.2 Ziele als Enlscheidungsobjekle in Unternehmungen 5.2.1 Ziele und Zielprobleme im Individualbereich 5.2.2 Prozeß der betriebswirtschaftlichen Ziclbildung 5.2.3 Arten von Untemehmungszielen 5.3 Beziehungen zwischen den Erfolgszielen Literaturhinweise

2 2 5 5 7 8 11 14 14 16 17 17 18 20 20 21 22 23 23 23 26 32 32 33 34 34 35 35 35 35 36 38 38 39 40 41 44

2

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

1. Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 1.1 Wirtschaft und Wirtschaftlichkeitsprinzip Ausgangspunkt jeglichen Wirtschaftens sind die Bedürfnisse der Menschen. Unter Bedürfnis versteht man den Wunsch nach Minderung oder Beseitigung eines empfundenen Mangelzustandes. Menschen haben eine Vielzahl unterschiedlicher Bedürfnisse (vgl. Abb. 1). Während die menschlichen Bedürfnisse nahezu unbegrenzt sind, gilt dies für die zur Bedürfnisbefriedigung geeigneten Mittel, die Güter genannt werden, in der Regel nicht. Güter sind von Natur aus begrenzt und in der Regel im Verhältnis zu den nahezu unbegrenzten menschlichen Bedürfnissen knapp. Luxus-G. (z. B. Segeljacht) nach der Stellung in der menschlichen Werthierarchie

nach der Dasei nsbedeutung

Bedarfsbefriedigung Kaufkraft (Geld) erforderlich

GehobeneG. (z.B. Stereo-Anlage) Kultur-G. (z. B. Bücher) Lebensnotwendige G. (z. B. Getränke)

Winschaftsgütcr nach der Verwendungsart

nach der Bewußtscinslagc

nach der Nutzungsdauer

Konsum-G. (z. B. Brot) Investiti ons-G. (z. B. Baukran) Kurzlebige G. (z. B. Seife) Langlebige G. (z. B. Auto)

Güter nach der Art der Nutzungsabgabc

nach dem Zeilbezug des Auftretens

Bedürfnisbefriedigung: Kaufkraft (Geld) nicht erforderlich

nach der Originalität freie Güter

nach der Trägerzahl

nach der Beweglichkeit

nach der Ausstattung mit Nennwert

VcTbrauchs-G. (z. B. Obst) Gebrauchs-G. (z.B. Waschmaschine) Abgeleitete G. (z.B. Rechtsanspruch) Ursprüngliche G. (z. B. Sachgüter) Immobile G. (2. B. Grundstücke) Mobile G. (z. B. Kraftfahrzeug) Nominal-G. (z. B. Geld) Real-G. (Immaterielle G. oder Materielle G.)

Abb. 1: Bedürfnisse und Güter (In A n l e h n u n g an F E D E R M A N N , R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976). S. 23)

1. Abschnitt: Grundlagen

3

Man unterscheidet bei den Gütern zwischen freien Gütern und Wirtschaftsgütern (vgl. Abb. 1). Freie Güter sind die Ausnahme von der Regel, daß Güter knapp sind. Sie sind zwar aufgrund der Endlichkeit des Planeten Erde auch nur begrenzt, jedoch im Verhältnis zu den Bedürfnissen nach diesen Gütern im Überfluß vorhanden (z. B. Luft). Daher kann man freie Güter erhalten, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen. Der Preis eines freien Gutes ist Null. Wirtschaftsgüter dagegen sind knapp. Sie zeichnen sich außerdem dadurch aus, daß sie prinzipiell erreichbar sind und Nutzen stiften. Der Nutzen eines knappen Gutes ist der positive Beitrag des Gutes zur Bedürfnisbefriedigung. Man erhält Wirtschaftsgüter nur, wenn man eine Gegenleistung erbringt. Dies geschieht in den meisten Fällen durch eine Bezahlung in Form von Geld. Wirtschaftsgüter haben also einen Preis, der größer als Null ist. Ob es sich bei einem Gut um ein freies Gut oder ein Wirtschaftsgut handelt, ist zeit- und ortsabhängig (z. B. Trinkwasser), also keine einem Gut wesensmäßig zugehörige Eigenschaft. Das Auseinanderklaffen zwischen nahezu unbegrenzten menschlichen Bedürfnissen und der Knappheit der Wirtschaftsgüter zwingt dazu, die vorhandenen Güter mit dem Ziel zu verwenden, eine möglichst hohe Bedürfnisbefriedigung zu erreichen. Da sich eine optimale Bedürfnisbefriedigung nicht von selbst einstellt, sind Entscheidungen darüber zu treffen, wie die knappen Güter eingesetzt werden sollen. Aus der Anzahl aller möglichen Handlungsalternativen ist die bestgeeignete auszuwählen. Träger dieser Entscheidungen sind die sogenannten Wirtschaftseinheiten. Wirtschaftseinheiten sind private Haushalte, öffentliche Haushalte und Betriebe. Ein privater Haushalt ist eine Wirtschaftseinheit, in der im wesentlichen Güter konsumiert, d. h. gebraucht oder verbraucht werden. Daneben werden auch Güter für den Eigengebrauch oder -verbrauch erstellt. Öffentliche Haushalte sind die Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden), die Sozialversicherungsträger usw. Aufgabe der öffentlichen Haushalte ist die Erstellung von Gütern besonderer Art wie etwa innere und äußere Sicherheit und soziale Absicherung. Betriebe schließlich sind planvoll organisierte Wirtschaftseinheiten, in denen unter Einsatz von Gütern, die Produktionsfaktoren genannt werden, Güter erstellt (hergestellt, produziert) und abgesetzt werden. 1 Statt von Gütern spricht man auch von Leistungen, wobei Sachleistungen (Sachgüter) und Dienstleistungen unterschieden werden. Aufgabe der Betriebe ist demnach die Leistungserstellung und Leistungsverwertung unter Einsatz von Produktionsfaktoren. Gemeinsam ist den Wirtschaftseinheiten, daß sie im Rahmen der Leistungserstellung (Produktion), der Leistungsverwertung (Absatz) oder des Konsums von Gütern Entscheidungen über den Gütereinsatz treffen, um eine optimale Bedürfnisbefriedigung zu erreichen, mit anderen Worten: daß sie wirtschaften. Wirtschaften ist also ein Rationalverhalten zur optimalen Bedürfnisbefriedigung durch den Nutzen knapper Güter. Die Gesamtheit aller menschlichen Tätigkeiten, die der Bedürfnisbefriedigung durch den Einsatz knapper Güter dienen, nennt man Wirtschaft. Die Wirtschaft ist der Untersuchungsgegenstand der Wirtschaftswissenschaften. Eine spezielle Wirtschaftswissenschaft ist die Betriebswirtschaftslehre, deren Untersuchungsgegenstand das Wirtschaften in Betrieben ist. Für Betriebe sind allerdings nicht sämtliche menschlichen Bedürfnisse von Interesse, sondern nur die, die sich auf konkrete Güter beziehen und mit Kaufkraft ausgestattet sind, so daß mit der Zahlung eines Preises als Gegenleistung für die abgesetzten Güter gerechnet werden kann. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 2.

4

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Man spricht hier von Bedarf. Dementsprechend handelt es sich beim Wirtschaften eines Betriebes um ein Rationalverhalten zur optimalen Bedarfsbefriedigung durch den Nutzen knapper Güter. 2 Die Begriffe Betrieb einerseits und Unternehmen oder Unternehmung andererseits werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur unterschiedlich voneinander abgegrenzt. 3 Wir schließen uns hier GUTENBERG an, nach dem es sich bei einer Unternehmung (einem Unternehmen) um einen Betrieb in einer marktwirtschaftlichen Ordnung handelt. 4 In einer marktwirtschaftlichen Ordnung kann man also Betrieb, Unternehmung und Unternehmen gleichsetzen. Die Bezeichnung Unternehmung (Unternehmen) soll in Übereinstimmung mit anderen Abgrenzungen dann benutzt werden, wenn die Wirtschaftseinheit Betrieb vorwiegend unter rechtlichen, organisatorischen, ökonomischen, finanziellen oder erwerbswirtschaftlichen Aspekten betrachtet wird. Untersuchungsgegenstand dieser Einführung in die Betriebswirtschaftslehre ist der Betrieb, wobei häufig Bezug auf den Industriebetrieb genommen wird. Ein Industriebetrieb ist ein Sachleistungsbetrieb, also ein Betrieb, der vorwiegend Sachgüter erstellt. Auch Handwerksbetriebe sind Sachleistungsbetriebe. Betriebszweck eines Industriebetriebs ist die Gewinnung von Rohstoffen oder die Veredelung oder Verarbeitung von Sachgütern. Die bereits erwähnte Knappheit der Güter und das Streben nach einer optimalen Bedürfnisbefriedigung zwingen dazu, Entscheidungen über eine alternative Güterverwendung zu treffen. Es erscheint daher bei Güterknappheit ein Handeln in folgenden drei Varianten vernünftig (rational): 1. einen möglichst hohen Ertrag (Nutzen) mit einem gegebenen Aufwand an Wirtschaftsgütern zu erzielen (Maximumprinzip), 2. mit möglichst niedrigem Aufwand einen bestimmten Ertrag (Nutzen) zu erzielen (Minimumprinzip), 3. das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag (Nutzen) möglichst günstig zu gestalten (generelles Extremuniprinzip). Die Begriffe Aufwand und Ertrag werden dabei ohne exakte inhaltliche Festlegung gebraucht. „Alle drei Formulierungen sind Ausdruck des sog. ökonomischen Prinzips, wobei letztere die allgemeinste Version ist und die ersten beiden als Spezialfälle einschließt: Wirtschaftlich optimal handeln heißt also nichts anderes, als Extremwerte zu realisieren und zwar generell im Sinne eines möglichst günstigen Verhältnisses zwischen Aufwand und Ertrag." 5 Das ökonomische Prinzip kann mengenmäßig oder wertmäßig formuliert werden. Im ersten Fall geht es um die Relation zwischen dem Aufwand an Produktionsfaktoren und dem Güterertrag, im zweiten Fall um die Relation zwischen Geldaufwand und Geldertrag. „Das ökonomische Prinzip (Wirtschaftlichkeitsprinzip) ist ein rein formales Prinzip, das keinerlei Aussagen über die Motive oder die Zielsetzungen des wirtschaftlichen Handelns macht. Ein Unternehmer kann beispielsweise nach dem ökonomischen Prinzip handeln, um den größtmöglichen Gewinn zu erzielen, ein anderer, um die Güterversorgung der Allgemeinheit zu verbessern, ein Dritter, um wirtschaftliche Macht zu 2 3 4 5

Vgl. FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 22. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 12 f. Vgl. GUTENBERG, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, (1958), S. 188. SCHIERENBECK, H.: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, (1993), S. 3.

5

1. Abschnitt; Grundlagen

erlangen usw. Es gibt ungezählte Beweggründe für die Beachtung des ökonomischen Prinzips. Doch sagt das Prinzip nichts über die Motive aus, sondern charakterisiert lediglich die Art der Durchführung des wirtschaftlichen Handelns." 6

1.2 Betriebe als wesentliche Träger des Wirtschaftsprozesses 1.2.1 Z u m S y s t e m der p r o d u k t i v e n

Faktoren

Im Rahmen der Bedürfnisbefriedigung spielen, wie bereits erwähnt, neben den konsumierenden Haushalten die produzierenden Betriebe eine entscheidende Rolle. Da jeder Betrieb als eine Kombination von produktiven Faktoren (Produktionsfaktoren) interpretiert werden kann,7 liegt es nahe, eine Systematisierung dieser produktiven Faktoren vorzunehmen. Im Ergebnis dieser Überlegungen hat das von GUTENBERG vorgeschlagene System der produktiven Faktoren eine relativ weite Verbreitung gefunden (vgl. Abb. 2). In diesem System wird zwischen den Elementarfaktoren (menschliche Arbeitsleistung, Betriebsmittel, Werkstoffe) und den dispositiven Faktoren (Geschäfts- und Betriebsleitung, Planung und Betriebsorganisation) unterschieden. 8 System der produktiven Faktoren

Elcmenlarfaktoren Menschliche Arbeitsleistung

Betriebsmittel

dispositive Faktoren

Werkstoffe

Geschäfts- und Betriebsleitung

Planung

Betriebsorganisation

Abb. 2: System der produktiven Faktoren (nach E. GUTENBERG) Der Elementarfaktor „Menschliche Arbeitsleistung" beinhaltet ausschließlich die objektbezogenen Arbeitsleistungen, nicht dagegen die dispositiven Arbeitsleistungen. „Unter objektbezogenen Arbeitsleistungen werden alle diejenigen Tätigkeiten verstanden, die unmittelbar mit der Leistungserstellung, der Leistungsverwertung und mit finanziellen Aufgaben in Zusammenhang stehen, ohne dispositiv-anordnender Natur zu sein." 9 So zählen beispielsweise zur objektbezogenen Arbeit die Tätigkeiten eines Hochöfners, eines Chemiefacharbeiters und eines Programmierers. Der zweite Elementarfaktor umfaßt die Betriebsmittel, häufig auch Arbeits- und Betriebsmittel genannt. Unter diesem Begriff „sollen alle Einrichtungen und Anlagen verstanden werden, welche die technische Voraussetzung betrieblicher Leistungserstellung, insbesondere also der Produktion bilden." 10 In diese Gruppe gehören beispielsweise betrieblich genutzte Grundstücke und Gebäude, maschinelle Apparaturen unter und über Tage, Industrieöfen, Kraftmaschinen, Computersysteme und WerkzeugeDen dritten Elementarfaktor bilden schließlich die Werkstoffe. Dies sind vor allem die Stoffe, „die als Ausgangs- und Grundstoffe für die Herstellung von Erzeugnissen zu

6 7 8 9 10

WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 2. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 3. Vgl. GUTENBERG, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, (1958), S. 23. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 3. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 3 f.

6

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

dienen bestimmt sind." 11 Zu den Werkstoffen zählen Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, Halb- und Fertigerzeugnisse, Einbauteile und Handelswaren. Wenden wir uns nun den dispositiven Faktoren zu. Sie resultieren aus der Tatsache, daß die Produktion durch eine Kombination der Elementarfaktoren nicht von selbst geschieht, sondern das Ergebnis eines bewußten menschlichen Gestaltens nach ganz bestimmten Prinzipien darstellt. Hier sind die bereits erwähnten dispositiven Arbeitsleistungen angesiedelt, von denen man spricht, „wenn es sich um Arbeiten handelt, die mit der Leitung und Lenkung der betrieblichen Vorgänge in Zusammenhang stehen. Die Befugnis, Betriebsangehörigen Anweisungen zu geben, stammt aus dem Direktionsrecht, das der Geschäftsleitung zusteht." 12 Unter dem Begriff der Geschäfts- und Betriebsleitung wird dabei diejenige Instanz verstanden, „die die Kombination der produktiven Faktoren in Werkstatt und Büro täglich vollzieht, sei es unter marktwirtschaftlichen oder Planwirtschaft!ichen Bedingungen, sei es in einem Wirtschaftssystem, welches das Eigentum an den Produktionsmitteln anerkennt oder ablehnt. Dieser ganz besonderen kombinativen Funktion wegen sollen daher die Arbeitsleistungen der mit der Geschäfts- und Betriebsführung betrauten Personen aus dem Elementarfaktor Arbeit ausgegliedert werden und dem vierten Faktor Geschäfts- und Betriebsleitung zugewiesen werden." 1 3 Die Geschäftsund Betriebsleitung hat also die Aufgabe, den gesamten Prozeß der Leistungserstellung und -Verwertung planend und gestaltend zu steuern. Hier sind die Begriffe Planung und Betriebsorganisation von entscheidender Bedeutung. „.Planung' im weiteren Sinne bedeutet, den Betriebs- und Vertriebsprozeß, auch den finanziellen Bereich von den Zufälligkeiten frei zu machen, denen die Entwicklung der wirtschaftlichen und technischen Daten in den innerbetrieblichen und außerbetrieblichen Bereichen ausgesetzt ist. ... Zur Aufgabe der Geschäfts- und Betriebsleitung gehört aber nicht nur, das betriebspolitisch Gewollte in die rationalen Formen betrieblicher Planung umzugießen, sondern auch, das Geplante in dem Betriebe selbst durchzusetzen und zu verwirklichen." 1 4 Letzteres ist Gegenstand der Betriebsorganisation. Die vorstehende Schematisierung der produktiven Faktoren aus betriebswirtschaftlicher Sicht weicht erheblich von derjenigen ab, wie sie in der volkswirtschaftlichen Theorie üblich ist. Die Berechtigung hierfür leitet sich aus der Tatsache ab, daß es im ersten Falle darum geht, Grundlagen für eine mögliche Analyse des Betriebsprozesses zu schaffen, während im zweiten Falle die Entwicklung einer volkswirtschaftlichen Theorie der Einkommensbildung und -Verteilung im Mittelpunkt der Überlegungen steht. 1 5 Es fehlt nicht an Vorschlägen zur Erweiterung und Vervollkommnung des GUTENBERGschen Systems. 16 Als wesentliche Gründe hierfür werden u. a. angeführt: 17

11 GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band (1979), S. 4 f. Hilfs- und Betriebsstoffe werden hier, im Gegensatz zu GUTENBERG, nicht den Betriebsmitteln, sondern den Werkstoffen zugeordnet. Vgl. dazu auch WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 91 f., der als zusätzlichen dispositiven Faktor die Überwachung nennt. 12 GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 3. 13 GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 6. 14 GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 7. 15 Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 4. 16 Vgl. WEBER, H. K.: Zum System produktiver Faktoren, (1980), S. 1056 ff. 17 Vgl. WEBER, H. K.: Zum System produktiver Faktoren, (1980), S. 1059.

1. Abschnitt: Grundlagen

7

1. Die scharfe gedankliche Trennung zwischen ausführender und dispositiver Arbeit ist in der Realität problematisch, da beide Arbeiten von der gleichen Person ausgeübt werden können. 2. Problematisch ist die Einordnung der Prozesse der Planung und der Betriebsorganisation als Planungsvollzug bei den dispositiven Faktoren. 3. Das System ist zu vervollständigen, insbesondere um Dienstleistungen, Umweltgüter, Informationen und einen monetären Faktor 18 zu erweitern. Ein entsprechender Systemvorschlag, der diese Ergänzungen und Verfeinerungen berücksichtigt, liegt vor. 19 An dieser Stelle wird jedoch darauf verzichtet, die über das GUTENBERGsche System hinausgehenden Denkansätze zu vertiefen. 1.2.2

Betriebstypologie

Entsprechend der Vielzahl der in unserer marktwirtschaftlichen Ordnung existierenden Betriebe sind auch die Gliederungsmöglichkeiten vielfältig. Eine Typenbildung der Betriebe ist nach folgenden Gesichtspunkten sinnvoll und üblich (vgl. Abb. 3): 1. Formalzielsetzung, 2. Art der erstellten Leistung, 3. Vorherrschender Produktionsfaktor, 4. Rechtsform der Betriebe, 5. Betriebsgröße, 6. Nationaler Wirkungskreis. Nach der Formalzielsetzung ist zu unterscheiden zwischen erwerbswirtschaftlichen Betrieben (oberstes Ziel: Gewinnmaximierung), genossenschaftlichen Betrieben (Personenvereinigungen mit wirtschaftlichen Förderungsaufgaben), gemeinwirtschaftlichen Betrieben (oberstes Ziel: volkswirtschaftliche Bedarfsdeckung) und gemeinnützigen Betrieben (oberstes Ziel: Verfolgung von gemeinnützigen Zwecken). Nach der Art der erstellten Leistung differenziert man zwischen Sachleistungsbetrieben und Dienstleistungsbetrieben. Sachleistungsbetriebe, bei denen es sich vorwiegend um Industrie- und Handwerksbetriebe handelt, können unterteilt werden in Rohstoffgewinnungsbetriebe (z. B. Bergwerksunternehmen), Produktionsmittelbetriebe (z. B. Unternehmen des Maschinenbaus) und Verbrauchsgüterbetriebe (z. B. Lebensmittelindustrie). Zu den Dienstleistungsbetrieben zählen Handelsbetriebe, Bankbetriebe, Verkehrsbetriebe, Versicherungsbetriebe, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Steuerberatungsbetriebe, Hotels, Gaststätten, u. a. m. Nach dem vorherrschenden Produktionsfaktor kann zweckmäßigerweise differenziert werden zwischen arbeitsintensiven Betrieben (z. B. Baugewerbe), bodenintensiven Betrieben (z. B. Land- und Forstwirtschaft), anlagenintensiven Betrieben (z. B. Bergwerksbetriebe und Hüttenwerke), materialintensiven Betrieben (z. B. Autoindustrie), energieintensiven Betrieben (z. B. Aluminiumherstellung), informationsintensiven Betrieben (z. B. Pressedienst) und (Geld-)kapitalintensiven Betrieben (z. B. Banken).

18 19

Vgl. dazu DEPPE, H.-D.: Eine Konzeption wissenschaftlicher Bankbctricbslchre, (1978), S. 83. Vgl. WEBER, H. K.: Zum System produktiver Faktoren, (1980), S. 1061 ff.

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau erwerbswirtschaftliche Betriebe nach der grundsätzlichen Formalziclsctzung

genossenschaftliche Betriebe -

gemeinwirtschaftliche Betriebe gemeinnützige Betriebe Sachleistungsbetriebe

nach der Art der erstellten Leistung Dienstleistungsbetriebe arbeitsintensive Betriebe bodenintensive Betriebe anlagenintensive Betriebe nach dem vorherrschenden Produktionsfaktor (FaktorinlcnsiUU)

materialintensive Betriebe energieintensive Betriebe infoimalionsinlcnsivc Betriebe L (Geld-) kapitalintensive Betriebe private Betriebe

nach der RechlsCorm der Betriebe L

öffcntlich-rcchüichc Betriebe Großbetriebe

nach der Betriebsgröße

Mittelbetriebe Kleinbetriebe nationale Betriebe

nach dem nationalen Wirkungskreis internationale Betriebe

Abb. 3: Betriebstypen (In Anlehnung an FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 27)

Hinsichtlich der Rechtsform der Betriebe ist zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Betrieben zu unterscheiden. 20 Als Maßstab für die Betriebsgröße wird häufig die Anzahl der Beschäftigten gewählt, ohne damit allerdings eindeutige Größenklassen für Klein-, Mittel- und Großbetriebe zu definieren. Weiterhin ist nach dem nationalen Wirkungskreis zu differenzieren zwischen internationalen Betrieben, die sich durch ständig grenzüberschreitende Aktivitäten auszeichnen, und nationalen Betrieben, deren Tätigkeiten sich auf das eigene Land beschränken. 21 1.2.3 B e t r i e b und

Wirtschaftsordnung

Wenn wir den Betrieb als Kombination von Produktionsfaktoren charakterisieren, so ist es sicherlich interessant, nach den Tatbeständen zu fragen, welche den Betrieb be20 21

Vgl. dazu im einzelnen S. 177 ff. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 15 f., sowie FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 35.

1. Abschnitt: Grundlagen

9

einflussen. 22 Geschieht dies unter dem Aspekt, ob diese vom jeweils historisch gegebenen Wirtschaftssystem unabhängig sind oder nicht, so kann man in Anlehnung an GUTENBERG erstere als systemindifferente, letztere als systembezogene Bestimmungsgrößen bezeichnen. 23 Zu den systemindifferenten Bestimmungsgrößen gehören zweifelsfrei die Produktionsfaktoren. Jeder Industriebetrieb hat die Aufgabe, unabhängig von der gerade herrschenden Wirtschaftsordnung, in der er existiert, die vorhandenen Elementarfaktoren Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe miteinander zu kombinieren. systemindifferentc Bestimmungsgrößen

systembezogene Beslimmungsgrößen

Autonomieprinzip Produktionsfaktoren

Marktwirtschaftlicher Betrieb

erwertjswirtschaftliches Prinzip Prinzip des Privateigentums an Produktionsmitteln

Wirlschaftlichkcitsprinzip zentraler Volkswirtschaftsplan

Finanzielles Gleichgewicht

Planwirtschaftlicher Betrieb

Prinzip der Planerfüllung Prinzip des Gemeineigentums an Produktionsmitteln

Abb. 4: Die Bestimmungsfaktoren des Betriebes (In Anlehnung an WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 10)

Dieser Kombinationsprozeß hat nach dem rein formalen Wirtschaftlichkeitsprinzip zu erfolgen, unabhängig davon, auf welche Zielsetzungen hin die Betriebe in unterschiedlichen Wirtschaftssystemen ausgerichtet sind. So wird ein marktwirtschaftlicher Betrieb in der Regel den größtmöglichen Gewinn anstreben, während ein planwirtschaftlicher Betrieb bestrebt sein wird, ein bestimmtes Produktionssoll zu erfüllen. In beiden Fällen ist jedoch das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu beachten, so daß dieses folgerichtig ebenfalls in die Gruppe der systemindifferenten Bestimmungsgrößen eingeordnet wird. Schließlich ist als dritter systemindifferenter Bestimmungsfaktor das finanzielle Gleichgewicht zu nennen. Hierunter ist der Sachverhalt zu verstehen, daß ein Betrieb auf Dauer seine Existenz nur sichern kann, wenn er in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Das gilt sowohl für marktwirtschaftliche Ordnungen, wo das finanzielle Gleichgewicht in der Regel aus der Ertragskraft des Betriebes zu sichern ist, als auch für Zentralverwaltungswirtschaften, wo bei Nichteinhaltung dieses Prinzips gegebenenfalls der Staat finanziell eingreift.

2 2

23

Zu den folgenden Ausführungen vgl. Abb. 4 sowie WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 5 ff. Vgl. G U T E N B E R G , E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 9 f. und S. 4 5 7 ff.

10

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Was die systembezogenen Bestimmungsgrößen betrifft, so sind für die Betriebe in marktwirtschaftlichen Ordnungen das Autonomieprinzip, das erwerbswirtschaftliche Prinzip sowie das Privateigentum an Produktionsmitteln zu nennen. Unter dem Autonomieprinzip ist die Tatsache zu verstehen, daß der Betrieb autonom seinen Wirtschaftsplan auf der Grundlage der Marktgegebenheiten festlegen kann, d. h. im Rahmen der gegebenen Rechtsordnung orientiert der Betrieb seinen Wirtschaftsplan an den Preisen der Produktionsfaktoren sowie an den Preisen, die für die produzierten Güter am Markt erzielbar sind, ohne daß der Staat durch Lenkungsvorschriften in die betriebliche Handlungsweise eingreifen kann. Dabei sind der Grad der Knappheit von Produktionsfaktoren und produzierten Gütern, die Dringlichkeit der Bedürfnisse sowie die Kaufkraft der Nachfrage von entscheidender Bedeutung. Richtschnur seines Handelns ist für den Betrieb das erwerbswirtschaftliche Prinzip, d. h. er wird bestrebt sein, den gesamten Prozeß der Leistungserstellung und Leistungsverwertung am Gewinnmaximum auszurichten bzw. am Ziel, einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften. Im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse an den Produktionsmitteln ist das Privateigentum dominierendes Prinzip, d. h. die Bereitstellung von Eigenkapital führt zu Eigentum an den mit Hilfe dieses Eigenkapitals beschafften Produktionsmitteln. Dem steht nicht die Tatsache entgegen, daß Führungsentscheidungen nicht von den Eigentümern selbst, sondern von speziell eingesetzten Führungsorganen getroffen werden können, die nicht Eigentümer sind und die ihre Legitimation dafür aus gesetzlichen Vorschriften oder vertraglichen Vereinbarungen ableiten (Beispiele: Vorstand einer Aktiengesellschaft, Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sonstige leitende Angestellte, Arbeitnehmer im Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft aufgrund der Mitbestimmungsgesetze). Wenn auch das Prinzip des Privateigentums an den Produktionsmitteln überwiegend in der betrieblichen Praxis der Bundesrepublik Deutschland anzutreffen ist, so darf nicht übersehen werden, daß aus übergeordneten politischen Gesichtspunkten bei vielen Betrieben, insbesondere Großbetrieben, die Eigentumsrechte teilweise oder ausschließlich beim Staat liegen (Volkswagen, Ruhrkohle, Post, Bahn). Marktwirtschaftliche Ordnungen weisen sowohl Vorteile als auch Nachteile auf. 24 Zu den Vorteilen zählt ein Höchstmaß an persönlicher Freiheit, das gekennzeichnet ist durch die Autonomie unternehmerischer Entscheidungen und durch die Garantie des Privateigentums sowie des Privaterbrechts. Der Zwang zur unverzüglichen Nutzung des technischen Fortschritts, hervorgerufen durch einen fortwährenden Wettbewerb, hat zu einer Wohlstandssteigerung geführt, wie diese in keiner anderen bisher existierenden Wirtschaftsordnung erreicht werden konnte. Die Nachteile können in drei Schwerpunkten zusammengefaßt werden: Zum einen können Konzentrationsvorgänge größeren Ausmaßes den Wettbewerb einschränken bzw. gegebenenfalls sogar völlig beseitigen. Unvertretbar hohe Einkommensunterschiede führen zweitens zu ungleicher Vermögensverteilung und legen damit den Keim zu sozialen Spannungen. Schließlich können konjunkturelle Schwankungen in Zeiten der Hochkonjunktur Preissteigerungen, Geldentwertung und Überbeschäftigung, in Zeiten der Rezession Massenarbeitslosigkeit zur Folge haben.

24

Zu den folgenden Ausführungen vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 6 ff.

1. Abschnitt: Grundlagen

11

Die in der Bundesrepublik praktizierte „soziale Marktwirtschaft" dient dem Ziel, „die genannten Schwächen der freien, durch staatliche Maßnahmen nicht beeinflußten Marktwirtschaft zu beseitigen. Dazu bedarf es auf Gesetz beruhender Eingriffe des Staates in den Wirtschaftsablauf, die insoweit systemkonform sind, als sie dazu dienen, das Funktionieren des Wettbewerbs zu sichern und die dem System immanenten Faktoren, die zu sozialen Spannungen führen können, abzubauen." 25 Zur Verfolgung dieses Ziels werden beispielsweise Konzentrationsprozesse, die die Beschränkung bzw. Beseitigung des Wettbewerbs zum Inhalt haben, durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in engen Grenzen gehalten. Ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung wird durch gesetzliche Umverteilungs- und Einkommenssicherungsmaßnahmen korrigiert, während wirtschafts- und steuerpolitische Maßnahmen bewirken sollen, daß negative Folgen von Konjunkturschwankungen abgeschwächt werden bzw. die Konjunkturschwankungen selbst möglichst günstig beeinflußt werden. Wenden wir uns nun den Zentralverwaltungswirtschaften (zentralistischen Planwirtschaften) zu. An die Stelle des Autonomieprinzips tritt hier eine Leistungserstellung, die durch die Vorgaben des zentralen Wirtschaftsplans hinsichtlich Menge, Art und zeitlicher Abfolge weitgehend festgelegt ist. Die organisatorische Selbständigkeit der Betriebe wird in erheblichem Maße eingeschränkt. Der einzelne Betrieb orientiert sich nicht am erwerbswirtschaftlichen Prinzip, sondern am Prinzip der Planerfüllung. Das Prinzip des Privateigentums an den Produktionsmitteln ist absolut außer Kraft gesetzt, es gilt das Prinzip des Gemeineigentums. Ein Markt, insbesondere für die Preisbildung nach dem Knappheitsprinzip, existiert nicht. Die Preise werden behördlich festgelegt. Bei einer Bewertung der Vor- und Nachteile der Zentralverwaltungswirtschaften wird neben prinzipiellen Einwänden häufig die Tatsache als besonders negativ herausgestellt, daß es sich bei dem vorgegebenen Produktions-Soll gewöhnlich um ein Mindest-Soll handelt, „das .übererfüllt' werden kann, ja für dessen Übererfüllung sogar Titel, Medaillen und Geldprämien verliehen werden. Gerade das Antreiben zur .Übererfüllung' ist aber die Ursache für Kosten der Überbeschäftigung, für überhastetes Arbeitstempo, Qualitätsverschlechterungen, Ausschuß usw." 26 Andererseits zeigt die offen ausgewiesene Arbeitslosenzahl bei weitem nicht die Ausmaße, die in marktwirtschaftlichen Ordnungen aktuell sind, wobei dieser Vorteil häufig durch eine verdeckte Arbeitslosigkeit in den Betrieben erkauft wird. Bei aller Vorsicht, die man einer subjektiven Wertung entgegenbringen muß, und mit aller Einschränkung kann aufgrund der praktischen Erfahrung die Aussage gewagt werden, daß marktwirtschaftliche Ordnungen eher geeignet sind, dem Streben nach Wohlstand zu entsprechen. 1.2.4 G e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e Güter- und

Geldströme

Die zunehmende Arbeitsteilung der Wirtschaftsprozesse bei der Erstellung konsumfähiger Produkte läßt die Anzahl der Betriebe und Produktionsstufen, die an diesen Prozessen beteiligt sind, immer weiter steigen.27 Dem Veredelungsprozeß von der Urproduktion bis zum Konsum entspricht ein (Real-)Güterstrom, dem ein Geldstrom 25 2 6 27

WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 7. W Ö H E , G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 9. Zu den folgenden Ausrührungen vgl. SCHIERENBECK, H.: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, (1993), S. 2 0 ff.

12

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

(Nominalgüterstrom) gegenübersteht. Letzterer resultiert aus dem Tausch Geld gegen Ware auf den einzelnen Produktionsstufen. Diese Zusammenhänge können vereinfachend in einem 2-Sektoren-Modell dargestellt werden. 28 1

Konsumgüter (Güter)

1

Konsumausgaben (Geld)

^ Betriebe

Haushalte Arbeitseinkommen (Geld)

/ L Arbeitsleistungen (Guter)

Abb. 5: Schema des einfachen Wirtschaftskreislaufes Aus der Abb. 5 geht hervor, daß die Haushalte den Betrieben Arbeitsleistungen zur Verfügung stellen und als Gegenleistung dafür Arbeitseinkommen beziehen. Diese Geldeinnahmen fließen wieder als Konsumausgaben an die Betriebe zurück, im Gegenstromprinzip für die von den Betrieben erhaltenen Konsumgüter. Damit ist der einfache Wirtschaftskreislauf abgebildet. Geld- und Kapitalmarkt Eigcnkapital Einlagen

Frcmdkapital

Entnahmen Gewinne

Tilgung Zinsen

Kredite

- 4 -

Rechnungswesen Finanzbereich Bestand liquider Mittel

dispositiver Faktor

Personalbestand

Betriebe Leistungscrstellung

Anlagenbestand

Absatzmarkt

Lager unfertiger Erzeugnisse

Elementarfaktoren

Leistungsverwer tung Lager fertiger Erzeugnisse

Werk stofflager

Haushalte

Finanzbereich Rechnungswesen

Steuern Gebühren Beiträge

j

Zuschüsse Subventionen

Güterbewegungen —• Finanzbewegungen

Staat

Abb. 6: Güter- und Geldbewegungen im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit (In Anlehnung an WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 11)

28

Vgl. S C H I E R E N B E C K , H.: Grundzüge der Betriebswirtschaflslchrc, (1993), S. 20.

1. Abschnitt Grundlagen

13

Eine detailliertere Darstellung der Geld- und Güterströme eines einzelnen Betriebes unter Berücksichtigung des Beschaffungs-, Geld- und Kapital- sowie des Absatzmarktes und des Staates ist der Abb. 6 zu entnehmen. Faßt man sämtliche Betriebe zum Wirtschaftssektor Unternehmungen zusammen und schließt die Beziehungen zum Ausland ein, so erhält man die Geldströme, die in Abb. 7 dargestellt sind.

Löhne und Gehälter Gewinne. Dividenden u. Zinsen

Exporte

5 Z VERMÖGENSRECHNUNG

4 V 4

Steuern Unvcncillc Importe

Abschreibungen

/

Ersparnis des Staates"

AUSLAND

TS

"Kapitalexport

Abb. 7: Der Wirtschaftskreislauf in der Bundesrepublik Deutschland (In Anlehnung an SCHNEIDER, E.: Einführung in die Wirtschaftstheorie. Teil 1. (1969), S. 123)

Für das Jahr 1961 wurden für diese Geldströme folgende Zahlen festgestellt: 29 Die privaten Haushalte empfingen vom Staat 21 Mrd. DM an Löhnen und Gehältern und 38 Mrd. DM an Transferzahlungen (Zahlungen zum Zwecke der Einkommensverteilung: Pensionen und Unterstützungen), außerdem von den Unternehmungen 71 Mrd. DM an Gewinnen, Dividenden, Zinsen und 129 Mrd. DM an Löhnen und Gehältern, also insgesamt 259 Mrd. DM. Dieser Betrag wurde wie folgt verwendet: 55 Mrd. DM für Steuern, Beiträge zur Sozialversicherung u. ä., 177 Mrd. DM für privaten Konsum und 27 Mrd. DM für Ersparnisse der Haushalte. Der Staat empfing 55 Mrd. DM an Steuern, Beiträgen zur Sozialversicherung u. ä. von den Haushalten und 60 Mrd. DM Steuern von den Unternehmungen, also insgesamt 115 Mrd. DM, und verwendete diese Summe wie folgt: 21 Mrd. DM für Löhne und Gehälter, 38 Mrd. DM für Transferzahlungen an die Haushalte, 3 Mrd. DM für Zinsen für Staatsschuld und Subventionen, 22 Mrd. DM für staatlichen Konsum, 26 Mrd. DM für Ersparnisse und 5 Mrd. DM für Transferzahlungen ans Ausland, summiert also 115 Mrd. DM. 29

Vgl. S C H N E I D E R , E.: Einführung in die Wirtschaftsthcorie. Teil 1, (1969), S. 123.

14

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Auch für das Ausland waren die Zahlungsströme ausgeglichen: Den aus Transferzahlungen in Höhe von 5 Mrd. DM, Importen von 67 Mrd. DM und Kapitalexport von 2 Mrd. DM insgesamt resultierenden Zahlungen an das Ausland in Höhe von 74 Mrd. DM stand ein entgegengesetzter gleich hoher Zahlungsstrom gegenüber, der in den Exporten begründet war. Die Brutto-Investitionen in den Unternehmungen in Höhe von 83 Mrd. DM und der Kapitalexport in Höhe von 2 Mrd. DM wurden aus den Ersparnissen der Haushalte in Höhe von 27 Mrd. DM, unverteilten Gewinnen in Höhe von 5 Mrd. DM, Abschreibungen der Unternehmungen in Höhe von 27 Mrd. DM und aus den Ersparnissen des Staates in Höhe von 26 Mrd. DM finanziert. Schließlich flössen den Unternehmungen 359 Mrd. DM (Privater Konsum: 177 Mrd. DM, Bruttoinvestitionen: 83 Mrd. DM, Zinsen für Staatsschuld und Subventionen: 3 Mrd. DM, Staatlicher Konsum ohne Löhne und Gehälter des Staates: 22 Mrd. DM, Exporte: 74 Mrd. DM) zu, ein Gesamtbetrag, der in gleicher Höhe auch wieder abfloß (Löhne und Gehälter: 129 Mrd. DM, Gewinne, Dividenden, Zinsen: 71 Mrd. DM, unverteilte Gewinne: 5 Mrd. DM, Abschreibungen: 27 Mrd. DM, Importe: 67 Mrd. DM, sowie Steuern: 60 Mrd. DM).

2. Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft 2.1 Stellung der Betriebswirtschaftslehre im Rahmen der Wissenschaftssystematik Fragt man nach der Stellung der Betriebswirtschaftslehre im Rahmen der traditionellen Wissenschaftssystematik, so ist eine entsprechende Einordnung aus der Abb. 8 ersichtlich. Bezeichnet man mit dem Begriff Wissenschaft ein System geordneter allgemeingültiger Erkenntnisse über einen abgegrenzten Gegenstand, so kann hinsichtlich des Umfangs dieses Gegenstandes zunächst zwischen Universalwissenschaft und Einzelwissenschaften unterschieden werden. Letztere bilden den Oberbegriff für die Formalwissenschaften, deren Aussagen Wahrheit im logischen Sinne beanspruchen, und die Realwissenschaften, die sich mit realen Erscheinungen befassen und deren Aussagen faktisch überprüfbar sind. Zu den Realwissenschaften zählen neben den Naturwissenschaften und den Ingenieurwissenschaften auch die Kulturwissenschaften, welche als eine Untergruppe die Sozialwissenschaften umfassen, also jenen Wissenschaftsbereich, der die Beziehungen zwischen Menschen zum Inhalt hat. Bestandteil der Sozialwissenschaften sind die Wirtschaftswissenschaften in Form der Volkswirtschaftslehre und der Betriebswirtschaftslehre. Bei beiden wissenschaftlichen Teildisziplinen geht es darum, über knappe Mittel bei alternativ möglichen Verwendungen in zweckmäßiger Weise zu disponieren. 30 Aus den wechselseitigen Beziehungen zwischen Betrieben und Haushalten einerseits sowie aus der Einordnung der Betriebe in eine bestimmte Rechtsordnung und Volkswirtschaft andererseits werden unmittelbar die Beziehungen deutlich, die zwischen den sozialwissenschaftlichen Teildisziplinen bestehen. Insbesondere existieren enge Querverbindungen zu den Verhaltenswissenschaften (u. a. Soziologie, Psychologie, Arbeitswissenschaft), die sich um eine Erklärung und Prognose des menschlichen Verhaltens bemühen. Schließlich sind in diesem Zusammenhang die Teildisziplinen der Mathematik und Logik zu erwähnen, deren Beziehungsgeflecht zur Betriebswirt30

Vgl. F E D E R M A N N , R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 34.

1. Abschnitt Grundlagen

15

schaftslehre seinen Niederschlag insbesondere in den quantitativen Methoden der Unternehmensforschung findet.

Abb. 8: Wissenschaftssystematik (In Anlehnung an FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftsichre. (1976), S. 35)

16

Teil I: Bclriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

2.2 Betriebswirtschaftliche Modelle und Erkenntnisgewinnung Das Bestreben der betriebswirtschaftlichen Forschung besteht u. a. darin, „mit Hilfe von Modellen die komplexen Zusammenhänge der wirtschaftlichen Wirklichkeit zu vereinfachen, um sie überschaubar zu machen und um am Modell zur Erkenntnis von Grundzusammenhängen und Prozessen zu gelangen, die in den konkreten Betrieben durch die Vielzahl der Einflüsse verdeckt sind." 31 Unter einem Modell versteht man eine die Wirklichkeit vereinfachende Abbildung realer Erscheinungen. nach dem Aussagcnlypus des Modells

nach dem Sichcrhcitsgrad der Modcllgrößcn

Erklärungsmodcll Entscheidungsmodell deterministisches Modell stochastischcs Modell statisches Modell (Zcitpunktmodell)

nach dem zeitlichen Bezug dynamisches Modell (Zcitfolgcmodcll)

nach dem U m f a n g einbezogener relevanter Größen

Totalmodcll Partialmodcll bildhaftes Modell

nach dem Zcichcncharaktcr der Modcllgrößcn

symbolisches Modell

r

verbales Modell

1-

formales Modell

-

Abb. 9: Klassifikationsmöglichkeiten von Modellen (In Anlehnung an FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 43)

Verschiedene Klassifikationsmöglichkeiten von Modellen als Hilfsmittel für die betriebswirtschaftliche Theoriebildung sind der Abb. 9 zu entnehmen. Das Erklärungsmodell beinhaltet die Gewinnung von Aussagen über die regelmäßigen Beziehungen zwischen abhängigen und unabhängigen Variablen, während das Entscheidungsmodell (Gestaltungs-, Optimierungsmodell) die Gewinnung von Aussagen über zielgerichtete Handlungsmöglichkeiten zum Inhalt hat. Je nachdem, ob den Modellen einwertig bestimmte Größen oder mehrwertig bestimmte, d. h. mit Wahrscheinlichkeiten behaftete, Größen zugrunde liegen, unterscheidet man zwischen deterministischen und stochastischen Modellen. Beziehen sich die Größen eines Modells auf einen bestimmten Zeitpunkt und lassen sie den Zeitablauf unberücksichtigt, so bezeichnet man das Modell als statisch. Berücksichtigen die Modellgrößen dagegen den Zeitablauf, indem sie sich auf mehrere Zeitpunkte bzw. Zeiträume beziehen, so liegt ein dynamisches Modell vor. Erfaßt ein Modell alle relevanten Größen eines Untersuchungsgegenstandes, so trägt es die Bezeichnung Totalmodell. Wird im Modell jedoch nur eine Teilmenge der relevanten Größen erfaßt, so liegt ein Partialmodell vor. Basiert ein Modell auf der bildhaften Abbildung der Größen (z. B. ein Globus), so bezeichnet man dieses Modell als ikonisches oder bildhaftes Modell. Die symbolischen (nicht bildhaften) Modelle gliedern sich in verbale Modelle und formale Modelle (Kalküle). In ersteren werden die Merkmale qualitativ, d. h. in Worten und Sätzen

31

W Ö H E , G.: E i n f ü h r u n g in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 36 f.

1. Abschnitt: Grundlagen

17

ausgedrückt, während letztere mit quantitativen, in mathematischen Symbolen ausgedrückten Merkmalen arbeiten. 32 Da in der betrieblichen Praxis den formalen Entscheidungsmodellen eine besondere Bedeutung zukommt, soll an Hand der Abb. 10 am Beispiel eines Entscheidungsmodells der Prozeß der Erkenntnisgewinnung durch Modellbildung demonstriert werden.

Abb. 10: Erkenntnisgewinnung durch Modellbildung (In Anlehnung an FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 45)

Den Ausgangspunkt im Ablaufschema der Abb. 10 bildet das zu untersuchende praktische Entscheidungsproblem. Von diesem werden zunächst die problemrelevanten Größen isoliert und als Modellgrößen abgebildet. Im Anschluß daran wird eine Problemlösung mit Hilfe eines Modellalgorithmus erzeugt. In einem weiteren Schritt transformiert man das gewonnene Ergebnis wieder in die Realität. Nach diesem Schritt liegt ein Lösungsvorschlag für das Problem der Realsphäre vor. Dieser Lösungsvorschlag wird realisiert (gegebenenfalls im Experiment). Anschließend ist zu überprüfen, ob der Lösungsvorschlag und seine Realisierung tatsächlich das gewünschte Lösungsoptimum darstellen. Fällt diese Überprüfung posititv aus, so ist der Prozeß der Erkenntnisgewinnung beendet. Dagegen muß bei negativem Ergebnis der Lösungsalgorithmus korrigiert werden. 33

3. Betriebswirtschaftliche Grundbegriffe 3.1 Zeitpunktbezogene Bestandsgrößen Das Betriebsgeschehen findet seinen zahlenmäßigen Niederschlag in zeitraumbezogenen Strömungsgrößen, die die Güter- und Geldbewegungen im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit abbilden, und in zeitpunktbezogenen Bestandsgrößen, die einen Überblick über die Bestände des Unternehmens zu einem Stichtag geben sollen. Durch diese Strömungs- und Bestandsgrößen sollen die finanziellen Vorgänge zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt, aber auch die wirtschaftlichen Vorgänge im Unternehmen selbst zahlenmäßig abgebildet werden. 34 Die wichtigsten zeitpunktbezogenen Bestandsgrößen finden sich in der Bilanz wieder. 32 33 34

Vgl. FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 42. Vgl. FEDERMANN, R.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1976), S. 44. Für eine tiefergehende Betrachtung einiger dieser Grundbegriffe im Rahmen des betrieblichen Rechnungswesens vgl. S. 540 ff.

18

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Die Unternehmen sind verpflichtet, am Schluß eines jeden Geschäftsjahres die Grundstücke, Forderungen und Schulden, den Betrag des baren Geldes sowie die sonstigen Vermögensgegenstände genau zu verzeichnen und dabei den Wert der Vermögensgegenstände und Schulden anzugeben. Ein solches Verzeichnis heißt Inventar. Aus dem Inventar läßt sich die Bilanz als Gegenüberstellung von Vermögen und Kapital zum Stichtag (Bilanzstichtag) erstellen (vgl. Abb. 11). Aktiva Anlagevermögen Umlaufvermögen Summe Aktiva T Kapital-Verwendung

Bilanz zum.... Eigenkapital Fremdkapital Summe Passiva

Passiva

Î Kapital-Herkunft

Abb. 11: Grundaufbau der Bilanz Die Passivseite der Bilanz weist die Herkunft des in das Unternehmen investierten Kapitals aus. Unter Kapital wird „der wertmäßige Ausdruck für die Gesamtheit der Sach- und Finanzmittel, die der Unternehmung (zu einem bestimmten Zeitpunkt) zur Verfügung stehen, verstanden." 35 Dabei unterscheidet man nach der Rechtsstellung des Investors zwischen Eigenkapital und Fremdkapital. Das Eigenkapital resultiert aus den von den Eigentümern der Unternehmung zur Verfügung gestellten Mitteln. Man spricht hier auch von Unternehmerkapital oder Beteiligungskapital. Das Fremdkapital (Gläubigerkapital) besteht aus allen von Dritten dem Unternehmen überlassenen Mitteln. Die Aktivseite der Bilanz zeigt die Kapitalverwendung in Form des Vermögens des Unternehmens. Das Vermögen ist die Gesamtheit aller im Unternehmen eingesetzten Wirtschaftsgüter und Geldmittel. Dabei unterscheidet man Anlagevermögen und Umlaufvermögen. Beim Anlagevermögen handelt es sich um Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmen auf eine längere Dauer zu dienen bestimmt sind. Das Umlaufvermögen bilden die Wirtschaftsgüter, die gewöhnlich innerhalb eines kurzen Zeitraums in die Produktion eingehen oder umgesetzt werden (Vorräte, Forderungen, kurzfristig gehaltene Wertpapiere und Zahlungsmittel). Weitere wichtige Bestandsgrößen sind der Geldbestand und der Geldvermögensbestand. Der Geldbestand (Zahlungsmittelbestand, Bestand liquider Mittel) setzt sich zusammen aus Bargeld und Sichtguthaben (Guthaben bei der Bundesbank, täglich fällige Guthaben bei Kreditinstituten). Das Geldvermögen ergibt sich aus Geldbestand, Forderungsbestand und Bestand an Verbindlichkeiten (Schulden): Geldvermögen = Geldbestand + sonstige Forderungen - Verbindlichkeiten

(1)

3.2 Zeitraumbezogene Strömungsgrößen Die zeitraumbezogenen Strömungsgrößen, die in Geldeinheiten zu messen sind, sollen die Güter- und Geldbewegungen im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit abbilden. Man unterscheidet positive Strömungsgrößen, negative Strömungsgrößen und die Salden dieser Strömungsgrößen. Die Salden erhält man als Differenz aus den positiven und negativen Strömungsgrößen. Zu den positiven Strömungsgrößen zählen die Einzahlungen, die Einnahmen, der Ertrag und die Betriebsleistung (die Leistungen). Negative Strömungsgrößen sind die Auszahlungen, die Ausgaben, der Aufwand und die Kosten. Die entsprechenden Salden sind der Zahlungssaldo, der Finanzsaldo, der pagatorische Erfolg und der kalkulatorische Erfolg. 35

SCHIERENBECK, H.: Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, (1993), S. 297.

1. Abschnitt: Grundlagen

19

Nun bestehen nicht unerhebliche Unterschiede in Inhalt und Umfang der einzelnen Strömungsgrößen. Sie resultieren aus der Tatsache, daß zum einen der geldliche Aspekt, zum anderen der güterwirtschaftliche Aspekt im Vordergrund steht. Die Folge sind geldliche (monetäre) und güterwirtschaftliche (bonitäre) Erklärungen der Strömungsgrößen. Dies wirkt sich unter anderem in unterschiedlichen Erfolgsbegriffen (pagatorischer Erfolg, kalkulatorischer Erfolg) aus. Ist der Erfolg positiv, so spricht man von Gewinn und je nach Bezugsgröße von Perioden-, Abteilungs- und Stückgewinn; entsprechend bezeichnet man einen negativen Erfolg als Verlust. Betrachten wir zunächst den pagatorischen Periodenerfolg (Gesamterfolg). Die positive Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen bildet den pagatorischen Gewinn oder Jahresüberschuß, der in der Gewinn- und Verlustrechnung ermittelt wird. Dabei ist Aufwand „der Wert aller verbrauchten Güter und Dienstleistungen pro Periode, der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und bewertungsrechtlicher Konventionen in der Finanzbuchhaltung verrechnet wird" 36 , während Ertrag für den „Wert aller erbrachten Leistungen pro Periode, der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und bewertungsrechtlicher Konventionen in der Finanzbuchhaltung verrechnet wird" 37 , steht. Wenden wir uns nun den negativen Strömungsgrößen Auszahlungen und Ausgaben sowie den positiven Strömungsgrößen Einzahlungen und Einnahmen zu. Unter Auszahlung versteht man den Abgang liquider Mittel (d. h. von Bargeld und Sichtguthaben) pro Periode. Eine Auszahlung ist also eine Verminderung des Geldbestands. Entsprechend versteht man unter Einzahlung den Zugang liquider Mittel pro Periode. Sie ist gleichbedeutend mit einer Erhöhung des Geldbestands. Die Differenz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen ist der Zahlungssaldo. Jede Verminderung des Geldvermögens stellt eine Ausgabe, jede Erhöhung des Geldvermögens eine Einnahme dar. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ist der Finanzsaldo. Ausgaben und Auszahlungen bzw. Einnahmen und Einzahlungen hängen wie folgt zusammen: 38 Ausgaben

= + + -

Auszahlungen Schuldenzunahmen ohne begleitende Einzahlung Forderungsabnahmen ohne begleitende Einzahlung Auszahlungen mit begleitender Forderungszunahme Auszahlungen mit begleitender Schuldenabnahme

(2a)

Einnahmen = + + -

Einzahlungen Forderungszunahmen ohne begleitende Auszahlung Schuldenabnahmen ohne begleitende Auszahlung Einzahlungen mit begleitender Forderungsabnahme Einzahlungen mit begleitender Schuldenzunahme

(2b)

Die Abgrenzung zwischen Ausgaben und Aufwand bzw. Einnahmen und Ertrag resultiert aus der Überlegung, daß der Gewinn eines Unternehmens vor Ablauf der gesamten Lebensdauer zu bestimmen ist. Folglich muß die gesamte Lebensdauer in Teilperioden (Jahre) zerlegt werden, für die der jeweilige Gewinn zu ermitteln ist. Diese Vorgehensweise führt dazu, daß nicht alle geschäftlichen Aktivitäten vollständig innerhalb der einzelnen Perioden abgewickelt werden können (schwebende Geschäf36 37 38

HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Leistungsrechnung, (1977), S. 16. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Leistungsrechnung, (1977), S. 16. Vgl. WEBER, H.K.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen. Band 1, (1988), S. 41 f.

20

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

te). So kauft beispielsweise ein Unternehmen in einer Periode eine Maschine (Ausgabe), die auch in mehreren späteren Perioden genutzt wird (Aufwand), oder es nimmt Fertigprodukte auf Lager (Ertrag), um sie in späteren Perioden zu verkaufen (Einnahmen). So ist es nur zweckmäßig, daß derartige Einnahmen und Ausgaben den „richtigen" Perioden als Ertrag bzw. Aufwand zuzurechnen sind. Aufwendungen sind somit periodisierte Ausgaben, Erträge periodisierte Einnahmen. Während die Begriffe Auszahlung, Ausgabe, Aufwand sowie Einzahlung, Einnahme und Ertrag die geldlichen Deutungen der Strömungsgrößen zum Ausdruck bringen, knüpfen die Begriffe Kosten und Leistungen an die Mengenbewegungen des betriebswirtschaftlichen Wertumlaufs an und stellen somit die güterwirtschaftlichen Erklärungen der Strömungsgrößen dar. Dabei soll mit dem Begriff der Kosten der Wert aller im Rahmen der eigentlichen betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung verbrauchten Güter und Dienstleistungen pro Periode verstanden werden. Diese Definition schließt den Werteverzehr für die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft ein. Den Kosten stehen die Leistungen, auch Betriebsleistung oder (wertmäßiger) Erlös genannt, gegenüber, die den Wert aller im Rahmen der eigentlichen betrieblichen Tätigkeit erbrachten Sachund Dienstleistungen umfassen. Von den Leistungen abzugrenzen ist der Umsatz. Der Umsatz (pagatorischer Erlös) stellt den geldlichen Gegenwert der am Markt abgesetzten Sach- und Dienstleistungen dar. Die Differenz zwischen Leistung und Kosten wird als (kalkulatorisches) Betriebsergebnis oder kalkulatorischer Erfolg bezeichnet. Da die Verzinsung des Eigenkapitals aus dem pagatorischen Gewinn erfolgt, sind die Eigenkapitalzinsen als Bestandteil des pagatorischen Gewinns anzusehen. Von einigen Autoren wird die Ansicht vertreten, daß neben den Eigenkapitalzinsen auch die Fremdkapitalzinsen Gewinnbestandteile darstellen. Der um den Betrag der Fremdkapitalzinsen vermehrte pagatorische Gewinn wird als Kapitalgewinn bezeichnet. 39 Kapitalgewinn = Pagatorischer Gewinn + Fremdkapitalzinsen (3)

3.3 Rentabilität, Wirtschaftlichkeit und Produktivität 3.3.1

Rentabilität

Bildet man den Quotienten aus Erfolg und eingesetztem Kapital, so liefert dies die Kapitalrentabilität; wählt man dagegen den Umsatz als Bezugsgröße, so ergibt dies die Umsatzrentabilität (Umsatzgewinnrate): 40 Kapitalrentabilität = f ^ f j

(4)

Umsatzrentabilität = u ^ s a f z

(5)

Je nachdem, ob sich die Kapitalrentabilität auf das Eigen-, Fremd- oder Gesamtkapital bezieht, ist diese Rentabilitätsgröße entsprechend zu modifizieren: Bei der Bestimmung der Eigenkapitalrentabilität ist für das Kapital lediglich das Eigenkapital einzusetzen, während im Zähler der pagatorische Gewinn steht. Für die Berechnung der Fremdkapitalrentabilität wird der Quotient aus gezahlten Fremdkapitalzinsen und Fremdkapital gebildet. Die Fremdkapitalrentabilität entspricht somit dem durch39 4 0

Vgl. HEINEN, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, (1985), S. 109. Vgl. GUTENBERG, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, (1958), S. 31 f.

1. Abschnitt: Grundlagen

21

schnittlichen Zinssatz für das Fremdkapital. Schließlich sind für die Bildung der Gesamtkapitalrentabilität dem Gewinn wieder die auf das Fremdkapital gezahlten Zinsen hinzuzufügen und diese Summe durch das Gesamtkapital zu dividieren. Unter Berücksichtigung der Formeln (3) und (4) können die Begriffe der Eigen- und der Gesamtkapitalrentabilität wie folgt formuliert werden: . . . ...... pagatorischer Gewinn (6) Eigenkapitalrentabihtat = Eigeriicapltai _ . . . Kapitalgewinn Gesamtkapitalrentabilitat = G e ^ a m t ^ a p i t a l

(7)

Die Kapitalumlaufgeschwindigkeit (die Kapitalumschlagsgeschwindigkeit, der Kapitalumschlag) ist der Quotient aus Umsatz und Kapital. Sie gibt an, wie häufig pro Periode das gebundene Kapital durch den Umsatz umgeschlagen wird. Damit läßt sich die Kapitalrentabilität als Produkt aus Umsatzgewinnrate und Kapitalumlaufgeschwindigkeit darstellen: . . ...... Erfolg Umsatz .„. Kapitalrentabihtat = •

c ann c er

''

'

'

pagatorische Gewinn größer als Null ist.

Bei der Kennzahl relative Wirtschaftlichkeit setzt man die absoluten Wirtschaftlichkeiten zweier Tätigkeitsalternativen A und B zueinander ins Verhältnis. In diesem Fall muß für den Vergleich der Tätigkeitsalternativen für die Situation, daß Alternative A der Alternative B vorzuziehen ist, gelten: Aufwand A , . , . , „ 1x51 l e l c h e m E r t r a Aufwand B < 1 ß S oder Erfrag B 41

>

^

^

gleichem Aufwand.

Vgl. GUTENBERG, E.: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, (1958), S. 27 f., WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 48 f., sowie KAHLE, E.: Produktion, (1991), S. 9 ff.

22

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Der Quotient aus Sollkosten und Istkosten stellt eine spezielle Ausprägung der relativen Wirtschaftlichkeit dar: „ , . , . Sollkosten Relative Wirtschaftlichkeit = j s t fc o s t e n (11) Istkosten sind nachträglich festgestellte Größen, während Sollkosten Vorgabecharakter haben. Je geringer die Istkosten im Verhältnis zu den Sollkosten sind, desto höher ist die relative Wirtschaftlichkeit. Wirtschaftlichkeitskennzahlen machen keine Aussage darüber, ob das Verhältnis der eingesetzten Größen optimal im Sinne des ökonomischen Prinzips ist. Bei Kenntnis dieses Optimums kann die Wirtschaftlichkeit als Maßgröße für die Einhaltung des ökonomischen Prinzips eingesetzt werden. 42 3.3.3

Produktivität

Bildet man das Verhältnis aus mengenmäßigem Ertrag (gemessen in t, kg, Stück) und mengenmäßigem Einsatz an Produktionsfaktoren (gemessen in Arbeitsstunden, Betriebsmittelstunden oder Werkstoffeinheiten), so kennzeichnet diese Kennzahl die Produktivität (technische Wirtschaftlichkeit). 43

=Ay(l-y)2 =Ay(l-y)3 = A y (1- y)'"1

-

(16)

Für die Restbuchwerte liefert dies: B! B2 B3

= A-A y =A(l-y)i-A(l-y)iy =A(l-y)2-A(l-y)2y

B,=

= A(l- y)1 =A(l-y)2 =A(l-y)3 = A(l- y)1

(17)

Ist das Ende der Nutzungsdauer erreicht, so muß der Restbuchwert B n auf den Liquidationserlös L n abgesunken sein. Unter Berücksichtigung von Gleichung (17) bedeutet dies: Bn = Ln = A ( l - y ) n

(18)

Daraus folgt: y=

(19)

Aus den Gleichungen (16) und (17) geht hervor, daß bei geometrisch-degressiver Abschreibung Abschreibungsbeträge und Restbuchwerte degressiv fallen. C. Progressive Abschreibung Diese Abschreibungsmethode geht davon aus, daß der Werteverzehr mit zunehmender Nutzungsdauer zunimmt. Auch hier kann analog zur degressiven Abschreibung zwischen arithmetischer und geometrischer Variante unterschieden werden. Für die Berechnung der Abschreibungsbeträge und daraus folgend der Restbuchwerte können die entsprechenden Gleichungen für die degressive Abschreibung herangezogen werden. Die Verrechnung hat jedoch in umgekehrter Reihenfolge zu erfolgen, d. h. beginnend mit den niedrigsten Abschreibungsbeträgen werden alle folgenden (und höherwertigen) nacheinander abgearbeitet. D. Variable Abschreibung Die variable Abschreibung, auch Leistungsabschreibung genannt, geht davon aus, daß aufgrund im Zeitablauf unterschiedlicher Inanspruchnahme des Betriebsmittels auch dessen Wertminderung variiert. Das liefert: K A ,t = ^ - K L ,

(20)

Beträgt beispielsweise der geschätzte Leistungsvorrat eines LKW 200.000 km bei einem Anschaffungswert von 100.000 DM und wurden in der Abrechnungsperiode t 12.350 km gefahren, so ergibt dies für diese Periode laut Gleichung (20) einen Abschreibungsbetrag in Höhe von 6.175 DM.

81

2. Abschnitt: Betriebliche Produktionsfaktoren

Abschließend sollen die lineare Abschreibung sowie die beiden Varianten der degressiven Abschreibung an einem Beispiel demonstriert werden. Mit A = 500.000 DM, n = 8 Jahre und Lg = B 8 = 50.056 DM liefert Gleichung (19) y = 0,25, Gleichung (13) A K a = 12.498 D M und Gleichung (10) K A = 56.243 DM. Die daraus resultierenden Ergebnisse für K A t und B t sind in der Abb. 33 tabellarisch und in den Abb. 34 und 35 graphisch dargestellt. AbschreibungsbeträRe geometrisch- arithmetischdegressiv degressiv 125.000,00 56.243,00 99.987,52 93.750,00 56.243,00 87.489,08 70.312.50 56.243,00 74.990,64 56.243,00 52.734,38 62.492,20 56.243,00 39.550,78 49.993.76 56.243,00 29.663,09 37.495,32 56.243,00 22.247,31 24.996,88 56.243.00 16.685,49 12.498,44

Jahr

linear

1 2 3 4 5 6 7 8

linear 443.757,00 387.514,00 331.271,00 275.028,00 218.785,00 162.542,00 106.299,00 50.056,00

Restbuchwerte geometrischdegressiv 375.000,00 281.250,00 210.937,50 158.203,12 118.652,34 88.989,25 66.741,94 50.056,45

arithmetischdegressiv 400.012.48 312.523.40 237.532,76 175.040,56 125.046,80 87.551.48 62.554.60 50.056,16

Abb. 33: Abschreibungsbeträge und Restbuchwerte bei linearer und degressiver Abschreibung 150000

100000

-o- linear geometrisch-degressiv

- ¡S 50000

arithmetisch-degressiv -o
2 ' a u t Gleichung (58) mit m = 1 xt+m = *2+i = x 3 = 3,715 + 0,555 • 1 = 4,27, wobei anschließend gegenüber dem wahren Wert x 3 = 3,933 ein Prognosefehler von 0,337 festzustellen ist. Der x 3 -Wert bildet nunmehr die Basis für die nächste Prognose x 4 (1963): = 0,5 • 3,933 + 0,5 • 3,160 = 3,5465 ¡§32

= 0,5 • 3,5465 + 0,5 • 2,605 = 3,0758 a 3 = 2 • 3,5465 - 3,0758 = 4,0172 6 3 = 3,5465 - 3,0758 = 0,4707 Daraus folgt für 1963 der Prognosewert x4: x 4 = 4,0172 + 0,4707 = 4,4879, was zu einem neuerlichen Prognosefehler in Höhe von 0,3719 führt. Die Gesamtheit der Ergebnisse ist in der Abb. 24 zusammengestellt. Die Qualität der Prognosewerte x t ist auch aus der Abb. 23 zu ersehen. Besteht die Notwendigkeit, die Prognose auf mehr als ein Jahr auszudehnen (m > 1), so wird der letzte Wert der Zeitreihe linear fortgeschrieben. So würde sich der Prognosewert für 1984 bestimmen zu: x 2 1 + 4 = x 2 5 = ä 2 1 + 4&2i = 9,9369 + 4 • 0,4937 = 11,9117 Abschließend sollen noch die Kennzahlen MAA und WMQA (vgl. Gleichungen (38a) und (38b)) als Maß für die Prognosegüte ermittelt werden. Da die Werte xj, x 2 , x 2 sowie e 2 dem Prozeßanlauf dienen, werden sie wiederum nicht berücksichtigt. Daraus folgt mit T = 19 MAA = 0,26 und WMQA = 0,35.

3. Abschnitt: Betriebliche Planung A X t

Jahr

t

*t

1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

3,1600 3,7150 3,9330 4,1160 4,5680 4,8000 5,1740 5,0500 5,5580 5,7500 6,3200 6,5320 6,9000 7,3300 6,7500 7,0600 7,6500 8,3500 8,9000 9,6500 9,8800 —



3,7150 4,2700 4,4880 4,5867 4,9457 5,1731 5,5106 5,3869 5,7797 6,0145 6,5771 6,8654 7,2222 7,6608 7,1078 7,1901 7,7681 8,5831 9,2786 10,1078 10,4310

* %

et —

0,0000 -0,3370 -0,3720 -0,0187 -0,1457 0,0009 -0,4606 0,1711 -0,0297 0,3055 -0,0451 0,0346 0,1078 -0,9108 -0,0478 0,4599 0,5819 0,3169 0,3714 -0,2278

3,1600 3,7150 4,0173 4,2090 4,5727 4,8364 5,1738 5,1652 5,5152 5,7574 6,2436 6,5433 6,8914 7,3030 6,9777 7,0719 7,5350 8,2045 8,8208 9,5571 9,9369





*

0,5550 0,5550 0,4708 0,3778 0,3731 0,3366 0,3369 0,2217 0,2645 0,2571 0,3334 0,3222 0,3308 0,3578 0,1301 0,1181 0,2331 0,3786 0,4578 0,5507 0,4937 —

Abb. 24: Prognoseergebnisse (Aus HANSMANN, K.-W.: Kurzlchrbuch Prognoseverfahren, (1983), S. 39)

130

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

3.3 Problemgruppen und Lösungsmethoden der Unternehmensforschung (Operations Research) 3.3.1

Überblick

Für die Behandlung und Lösung komplexer Planungsprobleme ist die Kenntnis mathematischer Lösungsmethoden häufig sehr hilfreich. Solche Methoden stellt die Unternehmensforschung (Operations Research, Optimalplanung) bereit. Unter dem Begriff Operations Research (Optimalplanung) soll „die Anwendung von mathematischen Methoden zur Vorbereitung optimaler Entscheidungen verstanden werden." 82 Nach dieser Definition, die sich weitgehend in der Praxis durchgesetzt hat, ist noch keine genaue Abgrenzung des Begriffsinhaltes möglich. Diese Tatsache ist jedoch für die weiteren Ausführungen unerheblich, da es hier nur darum gehen kann, anhand von einigen ausgewählten Beispielen Anwendungsbereiche und Wirkungsweise der Optimalplanung zu demonstrieren. Für diese Auswahl, die zwangsläufig nur sehr unvollkommen sein kann, bieten sich zwei unterschiedliche Vorgehens weisen an: Einmal kann ausgehend von der Darstellung des umfangreichen mathematischen Instrumentariums der anschließende Einstieg in die Anwendung auf praxisrelevante Planungsprobleme gesucht werden (methodenorientiertes Vorgehen); zum anderen kann der erste Schritt in einer Systematisierung und Beschreibung der praxisrelevanten Probleme bestehen, auf die im Anschluß daran das mathematische Lösungsinstrumentarium exemplarisch angewendet wird (problemorientiertes Vorgehen). Daneben erlauben diese beiden extremen Vorgehensweisen eine Vielzahl von Zwischenformen. Für die weiteren Überlegungen soll der problemorientierten Vorgehensweise der Vorzug gegeben werden. Das bedeutet, daß aus den Problemgruppen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Ersatzprobleme, Lagerhaltungsprobleme, Kurzfristige Produktionsprogrammplanungsprobleme, Mischungsprobleme, Transportprobleme, Zuordnungsprobleme, Rundreiseprobleme, Rucksackprobleme (Knapsack-Probleme) mit Unteilbarkeitsbedingung, Warteschlangenprobleme, Terminplanungsprobleme

jeweils ein Demonstrationsbeispiel ausgewählt und erläutert wird, wobei die Auswahl nach dem Kriterium erfolgt, möglichst viele Lösungsmethoden vorstellen zu können. 83 Bei dieser Vorgehensweise, die sehr willkürlich ist, bleibt die Standortproblematik zunächst ausgespart. Sie ist ein Gegenstand des nächsten Abschnitts. 82 83

MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 1. Zur Vertiefung des angesprochenen Stoffes sei auf einige Publikationen verwiesen: CHURCHMAN, C.W., ACKOFF, R.L. und ARNOFF, E.L.: Operations Research, (1971), SASIEN1, M„ Y A S P A N , A. und FRIEDMAN, L.: Methoden und Probleme der Unternehmensforschung, (1965), DÜCK, W. und BLIEFERNICH, M. (Hrsg.): Operationsforschung. Band 1, (1971), Band 2, (1972), Band 3, (1973),. MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), MEYER, M. und HANSEN, K.: Planungsverfahren des Operations Research, (1985), N E U M A N N , K. und MORLOCK, M.: Operations Rcscarch, (1993), ZIMMERM A N N , W.: Operations Research (1990), DOMSCHKE, W. und DREXL, A.: Einführung in Operations Research, (1991).

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

3.3.2

131

Ersatzprobleme

Gegenstand der Ersatztheorie ist die Behandlung von Situationen, in denen die Leistungsfähigkeit (Nutzenstiftung) von Sachanlagegegenständen (Betriebsmitteln) langsam mit der Zeit abnimmt oder plötzlich auf Null abfällt. Dabei ist die Zielsetzung die Bestimmung von optimalen Aktionen, um das ursprüngliche Leistungsniveau wiederherzustellen, sowie von optimalen Zeitpunkten und Zeitdauern für diese Aktionen. Die überwiegenden, wenn auch nicht ausschließlichen Gründe für derartige Abnutzungserscheinungen ergeben sich aus Verschleißursachen. Im ersten Falle, d. h. bei allmählicher Abnahme der Nutzenstiftung, gelingt es nicht selten, zumindest für einen gewissen Zeitraum das gleiche Leistungsniveau der Anlagen durch einen Mehrverbrauch an Einsatzfaktoren aufrechtzuerhalten. Für die Lösung von Problemen mit abnehmender Nutzenstiftung ist das Instrumentarium der Investitionsrechnung in besonderer Weise geeignet. 8 4 Bei dem hier ausschließlich behandelten zweiten Fall, d. h. bei Anlagen mit konstanter Nutzenstiftung, die plötzlich auf Null absinkt (z. B. Glühbirnen), ist dagegen nur durch die Vornahme vorbeugender oder nachträglicher Ersatzmaßnahmen das gleiche Leistungsniveau sicherzustellen. Die Aufgabe der Ersatztheorie besteht nun u. a. darin, die richtigen Zeitpunkte für die Durchführung dieser Ersatzaktivitäten festzulegen. Neben den beiden vorstehend erläuterten Standardsituationen ist eine Vielzahl praktischer Ersatzprobleme denkbar, die sich keiner der beiden Standardsituationen eindeutig zuordnen lassen. Kennzeichnend ist für diese zumeist, daß die Wahrscheinlichkeitsrechnung beim Lösungsprozeß eine entscheidende Rolle spielt, was an folgendem Beispiel demonstriert werden soll: 85 Alter in Monaten 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Wahrscheinlichkeit eines Versagens Alter in Wahrscheinlichkeit eines Versagens im nächsten Monat Monaten im nächsten Monat 0,05 16 0,00 0,00 17 0,01 0,00 18 0,01 0,00 19 0,01 0,00 20 0,01 0,00 21 0,01 0,00 22 0,01 0,00 23 0,015 0,00 24 0,015 0,00 0,020 25 0,00 26 0,025 0,00 27 0,030 0,00 28 0,035 0,00 29 0,040 0,00 30 und mehr 0.710 0,00 Total 1,00

Abb. 25: Verteilung der Batterielebensdauer Ein Unternehmen stellt Autobatterien mit Selbstkosten von 100 DM/Stück her. Die Entwicklung der Lebensdauer der Batterien ist der Abb. 25 zu entnehmen. Aus dieser geht hervor, daß in den ersten 30 Monaten nach der Herstellung im Durchschnitt 29% der Batterien ausfallen. Die Garantieleistung des Unternehmens besteht nun darin, in Abhängigkeit von den Zeitpunkten der jeweiligen Ausfälle Vergütungen in unterschiedlicher Höhe zu gewähren: Versagt die Batterie im ersten Monat nach dem 84 85

Vgl. S. 1076 ff. Das Zahlenbeispiel ist entnommen aus SASIENI, M., YASPAN, A. und F R I E D M A N , L.: Methoden und Probleme der Unternehmensforschung, (1965), S. 126 f.

132

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Kauf, so wird der volle Preis vergütet, fällt die Batterie im zweiten Monat nach dem Kauf aus, so beträgt die Vergütung 29/30 des Kaufpreises, bei Ausfall im dritten Monat 28/30 des Kaufpreises usw. Schließlich erhalten die Kunden für Batterien, die im dreißigsten Monat nach dem Kauf ausfallen, noch 1/30 des ursprünglichen Kaufpreises zurückvergütet. Für Batterien, die eine Lebensdauer von mehr als 30 Monaten aufweisen, wird keine Vergütung gezahlt. Dabei wird unterstellt, daß die Batterien sofort nach der Herstellung verkauft werden, ihr Alter beim Verkauf also gleich Null ist. Wie hoch muß der Preis für die Batterien festgelegt werden, damit das Unternehmen durch die Herstellung und den Verkauf derselben weder Gewinn noch Verlust erzielt? Es sei P der gewünschte Preis, der weder zu Gewinn noch zu Verlust führt, Pi die Wahrscheinlichkeit, daß eine neue Batterie während des (i + l)-ten Monats nach dem Verkauf ausfällt. Die durchschnittliche Vergütung für die ausgefallenen Batterien berechnet sich zu i

-Pi = J ö

i=0

i=0

- j>Pi = ° ' 0 9 0 8 3

p

Der Preis P bestimmt sich aus der Summe der Selbstkosten und der erwarteten Vergütung für die ausgefallenen Batterien: P = 100 + 0,09083 P P = 109,99 DM Das Unternehmen würde also mit einem Preis von rund 110 DM kalkulieren. 3.3.3

Lagerhaltungsprobleme

Die allgemeine Funktion der Lagerhaltung besteht in der Schaffung eines Ausgleichs zwischen zwei aufeinanderfolgenden Prozessen, die entweder mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder aber zu unterschiedlichen Zeiten ablaufen. Diese Pufferfunktion der Lagerhaltung wird immer dann erforderlich, wenn der Output des ersten Systems nicht an den Input des folgenden zweiten Systems zeitlich angepaßt ist. Eine derartige Entkoppelung von Systemen hat zwei Vorteile zur Folge: Zum einen können die Aktivitäten in den einzelnen funktional verbundenen Systemen unabhängig voneinander entwickelt und durchgeführt werden; zum anderen kann eine Übertragung von Störungen von einem System auf ein anderes weitgehend ausgeschaltet werden.86 Betrachtet man einmal den betrieblichen Material- und Produktfluß, so ist eine Vielzahl möglicher Lager denkbar, wie Abb. 26 beispielhaft demonstrieren soll. Viele praktische Lagerhaltungsprobleme sind so kompliziert in ihren wechselseitigen Abhängigkeiten, daß die exakten mathematischen Hilfsmittel versagen oder zu aufwendig sind. In diesen Fällen kann häufig die Simulation hilfreich sein. Diese Lösungsmethode hat im wesentlichen die modellmäßige Nachbildung der Wirklichkeit, das wiederholte Durchspielen dieses Modells sowie die Gewinnung von Rückschlüssen auf das Verhalten der Realität zum Inhalt. Das folgende Beispiel mag dies demonstrieren. 87

86 87

Vgl. BAMBERGER, I.: Lager und Lagerhaltung, (1975), Sp. 2423 ff. Vgl. MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 451 ff.

133

3. Abschnitt: B e t r i e b l i c h e P l a n u n g

Halbfabrikat Teil X

^flaschinc^

Halbfabrikat Teil Y

^laschine^

3 3. f

I

l l

Kunden

A

Abb. 26: Lager im betrieblichen Material- und Produktfluß (Aus BAMBERGER, I.: Lager und Lagerhaltung, (1975), Sp. 2426)

134

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Ein Unternehmen der Getränkebranche verfügt über eine konstante Produktionskapazität von 1.200 t pro Woche. Da der Bedarf in den Sommerwochen starken Schwankungen unterliegt und in besonders heißen Perioden auch die Kapazität überschreiten kann, sind Sicherheitsbestände anzulegen, um das Unternehmen lieferbereit zu halten. Marktuntersuchungen haben nun für die dreizehn Sommerwochen von Anfang Juni bis Ende August gezeigt, daß man die Realität relativ gut abbilden kann, wenn man für jede Woche sechs Bedarfsmengen angibt, die jeweils gleichwahrscheinlich sind. So zeigt die Abb. 27 beispielsweise, daß in der zehnten Woche die Bedarfsmengen 800 t, 900 t, 1.000 t, 1.100 t, 1.200 t und 1.300 t jeweils mit der Wahrscheinlichkeit von 1/6 auftreten. Die von Woche zu Woche teilweise schwankenden Mengen resultieren u. a. aus unterschiedlichen Witterungsbedingungen. Sechs gleichwahrschcinliche Bedarfsmengen in t 2 4 5 3 900 700 800 1.000 1.000 700 800 900 1.100 1.200 900 1.000 1.000 1.200 1.300 1.100 1.000 1.100 1.200 1.300 1.300 1.400 1.100 1.200 1.100 1.200 1.300 1.400 900 1.000 1.100 1.200 800 900 1.000 1.100 1.100 1.200 900 1.000 1.000 1.200 1.300 1.100 900 1.100 1.200 1.000 900 1.100 1.200 1.000

1 600 600 800 900 900 1.000 1.000 800 700 800 900 800 800

W o c h e Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

6 1.100 1.100 1.300 1.400 1.400 1.500 1.500 1.300 1.200 1.300 1.400 1.300 1.300

Abb. 27: Die gleichwahrscheinlichen Bedarfsmengen der dreizehn Sommerwochen (Aus MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Rescarch, (1973), S. 453)

Da laut Voraussetzung die sechs alternativen Bedarfsmengen in jeder der dreizehn Wochen gleich wahrscheinlich sind, kann die Simulation mit einem regelmäßigen Würfel erfolgen: Wird eine Eins gewürfelt, gilt die Zahl der ersten Spalte der Abb. 27, bei einer Zwei die Zahl der zweiten Spalte, usw. Die Ergebnisse eines Simulationslaufes sind in der Abb. 28 ausgewiesen. Woche Nr. 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Endlagerbestand in t 4

.

Produktionsmenge in t 3 .

1.100 800 1.000 1.000 1.300 1.200 1.400 900 800 1.000 1.200 1.200 1.300

1.100 800 1.100 1.200 1.200 1.200 1.200 900 800 1.100 1.200 1.200 1.200

-

Wülfelzahl 1 .

Bedarfsmenge in t 2

6 3 3 2 5 3 5 2 2 3 4 5 6

-

-

100 300 200 200 . -

100 100 100 -

Abb. 28: Ergebnisse eines Simulationslaufes (In Anlehnung an MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 454)

Die Produktionsmengen der Spalte 3 in der Abb. 28 berechnen sich wie folgt: Der Bedarf in der dreizehnten Woche überschreitet die Produktionskapazität um 100 t,

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

135

die somit in einer vorangehenden Woche zusätzlich produziert werden müssen. Da in der zwölften und elften Woche der jeweilige Bedarf der Produktionskapazität entspricht, sind diese 100 t in der zehnten Woche über den Bedarf dieser Woche hinaus zu produzieren, was zu einer Produktionsmenge von 1.000 t + 100 t = 1.100 t führt. In der neunten und achten Woche sind Produktions- und Bedarfsmengen gleich. In der siebten und fünften Woche überschreitet der Bedarf die Produktionskapazität um 200 t bzw. 100 t. Diese insgesamt 300 t sind zusätzlich in der vierten Woche (200 t) und in der dritten Woche (100 t) zu produzieren. In der zweiten und ersten Woche sind Produktions- und Bedarfsmengen wiederum gleich. Die Endlagerbestände in der Spalte 4 ergeben sich unmittelbar aus den Zahlenwerten der Spalten 2 und 3. Nun kann ein einziger Simulationslauf nicht repräsentativ dafür sein, um die Zusammenhänge zwischen Lieferbereitschaft und Endlagerbeständen aufzuzeigen. Vielmehr ist zu diesem Zweck eine Vielzahl von Simulationsläufen, in aller Regel auf einer Datenverarbeitungsanlage durchgeführt, erforderlich. Die Ergebnisse von eintausend derartigen Simulationsläufen finden sich in Abb. 29. Woche Häufigkeit, mit der in 1.000 Durchlaufen ein Häufigkeit, DurchTheore- Erforderlicher Erforderlicher Nr. mit der ein schnittlich Endlagertisch EndlagerEndlagerbestand von R t erforderlich war positiver erforder- erforder- bestand bei bestand bei Endlagcrlicher lichcr 99%-iger 95%-iger bestand Endlagcr- EndlagcrLieferLiefer^forderlich bestand bestand bereilschaft bereitschaft D_ R war in t in t in t in t 100|200|3001400|5001600|7001800|900 |l 000 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

1

2

9 45 150 148 153 156 157 166 40 162 187 156 174

9 27 104 188 159 159 183 8 11 50 143 25

4 4 2 15 16 8 8 36 100 75 118 9 8 167 112 165 38 2 3 4 6 17 10 2 25 3

5

6 -

7 29 54 53 72 3 1

7

3 3 21 28 36 30

8

9

10

-

-

-

-

1 6 10 4

-

6 1

-

-

-

.

3 11 15 18 4 1

1

-

-

-

-

2

-

11

12

27 117 447 624 640 701 547 180 61 239 357 181 174

6,5 29,0 118,2 180,1 186,5 200,1 119,2 20,4 9,8 35,3 55,6 20,6 17,4

13 1.500 1.600 1.700 1.600 1.400 1.200 900 600 500 500 400 200 100

14 200 500 700 800 700 600 400 200 200 300 300 200 100

15 0 200 500 600 600 500 300 100 100 200 200 100 100

Abb. 29: Die Ergebnisse von eintausend Simulationsläufen (In Anlehnung an MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 455 und 459)

In den ersten zehn Spalten ist die Häufigkeit ausgewiesen, mit der bei eintausend Durchläufen ein Endlagerbestand von R t analog der Spalte 4 in Abb. 28 erforderlich war. Für die achte Woche lautet das Ergebnis offensichtlich: Von eintausend Fällen waren in vierzig Fällen ein Endlagerbestand von 100 t, in elf Fällen ein Endlagerbestand von 200 t, in vier Fällen ein Endlagerbestand von 300 t und in sechs Fällen ein Endlagerbestand von 400 t erforderlich, d. h. in einundsechzig Fällen war ein Endlagerbestand größer Null notwendig, um die Lieferbereitschaft des Unternehmens sicherzustellen. Diese kumulierten Häufigkeitswerte sind in der Spalte 11 für jede Woche einschließlich des Anfangsbestandes ausgewiesen. Der durchschnittlich erforderliche Endlagerbestand in der Spalte 12 berechnet sich als gewogenes arithmetisches Mittel aus den Spalten 1 bis 10. Für den -Anfangsbestand der ersten Woche liefert dies beispielsweise: 0,009 • 100 t + 0,009 • 2001 + 0,004 •3001 + 0,002 • 400 t + 0,003 • 600 t = 6,5 t.

136

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grandlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Der theoretisch maximal erforderliche Endlagerbestand in der Spalte 13 ist kein Simulationsergebnis, sondern resultiert aus der Beantwortung der Frage: Wie hoch muß der Endlagerbestand mindestens jeweils sein, damit das Unternehmen in 100 % aller Fälle lieferbereit ist? Zu diesem Zweck ist in der Abb. 27 davon auszugehen, daß jeweils die maximale Menge (also Spalte 6) nachgefragt wird. Addiert man die Bedarfsmengen dieser Spalte 6, so ergibt sich der maximale Gesamtbedarf für dreizehn Wochen in Höhe von 17.100 t. In diesen Wochen können jedoch maximal 13 • 1.200 t = 15.600 t produziert werden. Die Differenz von 1.500 t muß somit als Anfangsbestand vorhanden sein (erste Zahl der Spalte 13 in Abb. 29). Die restlichen Zahlen dieser Spalte lassen sich dann einfach ermitteln. So gilt beispielsweise für die erste Woche: Anfangsbestand 1.5001, Produktion 1.2001, maximaler Bedarf 1.1001, also Endlagerbestand 1.5001 + 1.200 t - 1.1001 = 1.600 t. Die Datenkonstellation, daß in jeder der dreizehn Wochen bei jeweils sechs Alternativen pro Woche (Abb. 27) der maximale Bedarf eintritt, kommt einmal innerhalb von 6 1 3 Alternativen vor. Das heißt aber nichts anderes, als daß die 100 %-ige Lieferbereitschaft durch weit überdimensionierte Lagerbestände erkauft wird, was zu einer wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Kapitalbindung führt. Die Konsequenz aus diesen Überlegungen wird daher sein, an Stelle der absoluten Lieferbereitschaft eine hinreichende Lieferbereitschaft zu setzen, die zwar gewisse Fehlmengen zuläßt, dafür aber die Kapitalbindung auf ein vertretbares Maß reduziert. So ist beispielsweise die Beantwortung der Frage interessant: Wie hoch sind die Endlagerbestände in den einzelnen Wochen festzulegen, wenn nur in weniger als zehn von eintausend Fällen der Bedarf nicht befriedigt werden kann, d. h. von einer Lieferbereitschaft von 99 % ausgegangen wird? Die Antwort liefert die Auswertung der Abb. 29 wie folgt: Man addiert für jede Woche zeilenweise beginnend in der Spalte 10 nach links die Häufigkeiten jeweils solange, bis die Summe die Zahl 10 gerade noch nicht überschreitet. Der R-Wert, der in der Kopfzeile der unmittelbar vorangehenden Spalte ausgewiesen ist, stellt dann den erforderlichen Endlagerbestand dar. Für den Anfangsbestand (Woche 0) liefert dies 3 + 2 + 4 < 10 (Addition bis einschließlich Spalte 3), R-Wert oberhalb der Spalte 2 2001; für Woche 4 ergibt sich 1 + 4 < 10 (Addition bis einschließlich Spalte 8), R-Wert oberhalb der Spalte 7 700 t, usw. Alle diesbezüglichen Werte sind in der Spalte 14 der Abb. 29 ausgewiesen. Gibt man sich an Stelle einer 99%-igen mit einer 95%-igen Lieferbereitschaft zufrieden, läßt man also zu, daß in bis zu fünfzig von eintausend Fällen der Bedarf größer ist als der Bestand, so ist entsprechend zu verfahren. Die Ergebnisse finden sich in der Spalte 15 der Abb. 29. Aus einem Vergleich der Spalten 13, 14 und 15 wird deutlich, in welchem Ausmaß tendenziell die erforderlichen Endlagerbestände bei abnehmender Lieferbereitschaft ebenfalls abnehmen. Das vorliegende Simulationsbeispiel diente zu Demonstrationszwecken. Notwendig ist in diesem Fall die Simulation als Lösungsinstrument nicht. Mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsrechnung gelingt es, die exakten Ergebnisse an Stelle der Simulationsergebnisse zu gewinnen. 88

88

Vgl. MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 456 ff.

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

3.3.4 Kurzfristige

137

Produktionsprogrammplanungsprobleme

Derartige Probleme sind dadurch charakterisiert, daß bei gegebenen Produktionskapazitäten über die Zusammensetzung des Produktionsprogramms, d. h. über Art und Menge der innerhalb künftiger Perioden zu fertigenden Produkte, zu entscheiden ist, wobei als Zielkriterium beispielsweise die Summe der Deckungsbeiträge oder der Gewinn maximiert werden soll.89 Ein Beispiel mag dies demonstrieren:90 Ein Unternehmen produziert und verkauft zwei Produkte. Für Produkt 1 kann bei mengenunabhängigen variablen Kosten von 700 DM/Mengerteinheit ein mengenunabhängiger Erlös von 1.000 DM/Mengeneinheit erzielt werden, was einem Deckungsbeitrag von 300 DM/Mengeneinheit entspricht. Für Produkt 2 lauten die entsprechenden Werte 2.500 DM/Mengeneinheit und 3.000 DM/Mengeneinheit, was zu einem Deckungsbeitrag von 500 DM/Mengeneinheit führt. Aus den erzielten Deckungsbeiträgen sind monatliche Fixkosten von 36.000 DM zu decken, darüber hinausgehende Deckungsbeiträge speisen den zu maximierenden Gewinn. Für die Produktion stehen drei Maschinen zur Verfügung. Maschine A weist eine monatliche Kapazität von 170 Std. auf, die entsprechenden Werte für die Maschinen B und C lauten 150 Std. und 180 Std. Die Fertigung einer Mengeneinheit von Produkt 1 benötigt eine Stunde auf Maschine A, eine Stunde auf Maschine B und Null Stunden auf Maschine C. Die entsprechenden Werte für Produkt 2 lauten zwei Stunden auf Maschine A, eine Stunde auf Maschine B und drei Stunden auf Maschine C. Gefragt ist nach dem gewinnmaximalen Produktionsprogramm. Das entsprechende mathematische Modell lautet: 300 X! + 500 x 2 Ix, + 2x2 lx, + 1 x2 3 x2 x i > 0, x 2

< < < >

- 36.000 170 150 180 0

-> Max

(59a) (59b) (59c)

Das System (59) stellt ein Modell der linearen Planungsrechnung (linearen Optimierung) dar, das mit Hilfe der Simplex-Methode auf rechnerischem Weg gelöst werden kann. Die Gleichung (59a) ist die Zielfunktion, die Ungleichungen (59b) und (59c) sind die Nebenbedingungen (Kapazitätsrestriktionen bzw. Nichtnegativitätsbedingungen). Probleme mit nur zwei Strukturvariablen (wie das des vorliegenden Beispiels) sind jedoch nicht nur rechnerisch, sondern auch graphisch lösbar. Um dies zu zeigen, tragen wir die Ungleichungen (59b) in ein xj-xj-Koordinatensystem ein (vgl. Abb. 30). Zusammen mit den Nichtnegativitätsbedingungen für die beiden Strukturvariablen xj und x 2 wird ein zulässiger Lösungsbereich eingegrenzt, der durch die Eckpunkte 0, P 1( P 2 , P3 und P 4 markiert ist. Als nächstes ist eine beliebige Iso-Gewinnlinie einzuzeichnen. Eine Iso-Gewinnlinie repräsentiert die Gesamtheit aller X)-X2-Kombinationen, die zum selben Gewinn führen. In der Abb. 30 ist die Iso-Gewinnlinie für den Gewinn G = 3.000 dargestellt. Diese wird solange parallel verschoben, bis sie gerade noch den letztmöglichen aller Eckpunkte des zulässigen Lösungsbereiches trifft. Es ist dies der Punkt P3 (130/20), die zugehörige Iso-Gewinnlinie lautet G max = 13.000. 89

90

Der Deckungsbcitrag eines Produktes ist als Differenz zwischen Stückcrlös und variablen StUckkosten definiert, vgl. dazu S. 751 f. Das Beispiel ist entnommen aus MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 91 ff.

138

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Abb. 30: Graphische Lösung des zweidimensionalen Optimierungsbeispiels Nunmehr wenden wir uns der rechnerischen Lösung unseres Problems zu. 91 Zu diesem Zweck werden zunächst die U n g l e i c h u n g e n in (59b) durch Einführung der Schlupf- oder Leerlaufvariablen y A , y B und yc in Gleichungen umgewandelt. Diese Schlupfvariablen geben die nicht ausgenutzte Kapazität der drei Maschinen an. Auch für sie gilt, wie für die Strukturvariablen x j und X2, die Nichtnegativitätsbedingung, denn negative Werte würden bedeuten, daß die Nutzungszeit größer als die Kapazität ist. Die Variable G interpretieren wir formal als die Schlupfvariable der Zielfunktion, für sie gilt jedoch die Nichtnegativitätsbedingung nicht. Daraus folgt: Maximiere G unter den Bedingungen G - 300 xj - 500 x 2 = -36.000 (I) 170 (II) + 2X2 yA + 150 Cm) yB + + x2 180 (IV) + 3 X yc 2 > 0 yA. yß. yc. x i > x 2 Sieht man einmal von der Zielfunktion ab, so enthält das Gleichungssystem n = 2 Strukturvariable und m = 3 Schlupfvariable, d. h. m + n = 5 Variable in m = 3 Gleichungen. Dieses unbestimmte Gleichungssystem mit unendlich vielen Lösungen wird für genau m Variable (Basisvariable) lösbar, wenn die restlichen n Variablen (Nichtbasisvariablen) gleich Null gesetzt werden. Die Basisvariablen bezeichnet man auch als die Basis einer Lösung. Für den E i n s a t z d e r Simplex-Methode ist nun die Kenntnis der Tatsache von Bedeutung, daß, sieht man einmal vom Fall der Degeneration ab, das Gleichungssystem (60) ein zweidimensionales (allgemein: n-dimensionales, n = Anzahl der Strukturvariablen) konvexes Polyeder aufspannt, in welchem die Optimallösung einen Eckpunkt

91

Die Beschreibung der Lösungsprozedur hält sich eng an MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 100 ff.

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

139

92

bildet. Der Ausgangspunkt der Simplex-Methode ist zunächst der Koordinatenursprung - vorausgesetzt, daß dieser zum zulässigen Lösungsraum gehört. Das bedeutet, daß die Strukturvariablen X] und X2 als Nichtbasisvariable gleich Null gesetzt werden. Die Basislösung kann dann unmittelbar aus dem Gleichungssystem (60) abgelesen werden: G = -36.000, y^ = 170, yg = 150, yc = 180. Die Nutzungszeiten sind, da nicht produziert wird, Null; die Leerlaufzeiten entsprechen den Maschinenkapazitäten, der Gewinn ist gleich den negativen fixen Kosten. Im nächsten Schritt kann nun die ökonomisch unbefriedigende Ausgangslösung mit Hilfe der Simplex-Methode dadurch verbessert werden, daß man einen benachbarten Eckpunkt des zulässigen Lösungsraumes untersucht. Das Wechseln zu einem benachbarten Eckpunkt geschieht, wie man zeigen kann, dadurch, daß genau eine Basisvariable durch eine Nichtbasisvariable ersetzt wird. Für unser Beispiel ist nun zunächst die Frage zu klären, welche Nichtbasisvariable in die Basis eintreten soll. Da die Strukturvariable X2 pro Mengeneinheit einen höheren Zuwachs an Deckungsbeitrag verspricht als die Strukturvariable xj, wählen wir X2 als neue Basisvariable. Auswahlkriterium ist also der betragsmäßig größte negative Koeffizient der Zielfunktion. Man bezeichnet die Spalte, in der die neue Basisvariable steht, als Pivotspalte. In dem Bestreben, x 2 einen möglichst hohen Wert zu geben, um den Gewinn kräftig zu erhöhen, stoßen wir aufgrund der Gleichungen (II) - (IV) im Gleichungssystem (60) schnell an Grenzen. So darf wegen der Nichtnegativitätsbedingung für y A x 2 höchstens den Wert 85 annehmen. Für y B und yc folgt analog x 2 < 150 und x 2 < 60. Die Maschine C stellt somit die schärfste Restriktion dar. Die entsprechende Zeile (IV) bezeichnet man als Pivotzeile. Die Variable x 2 ist neue Basisvariable; sie wird gegen die bisherige Basisvariable yc, die gleich Null geworden ist, ausgetauscht. Die Variable y c wird damit zur Nichtbasisvariablen. Charakteristisch für die Simplex-Methode ist die Vorgehensweise, nach jedem derartigen Variablentausch die Gleichungen so umzurechnen, daß die Basisvariablen in jeweils einer anderen Gleichung mit dem Koeffizienten Eins auftreten, während die Nichtbasisvariablen beliebig in allen Gleichungen auftreten dürfen. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, daß die Werte der Basisvariablen direkt auf den rechten Seiten ablesbar sind, da die Nichtbasisvariablen jeweils den Wert Null aufweisen. Es liegt nun nahe, für diese Umformung die gleichen Methoden einzusetzen, wie sie sich bei der Lösung linearer Gleichungssysteme bewährt haben. Die Vorgchcnswcise der E l i m i n a t i o n s m e t h o d e bei d e r L ö s u n g l i n e a r e r G l e i c h u n g s s y s t e m e soll an einem einfachen Beispiel demonstriert werden. Zu lösen ist das Gleichungssystcm: 2XJ

+

2X2

+

3

=

26

(I)

4xj

+

x2

-

4X

x3

=

19

(II)

3xi

-

x2

+

2x3

=

11

WO

(61a)

Wir wählen die Gleichung (I) als Pivotgleichung und eliminieren im ersten Schritt die Variable x j aus den restlichen Gleichungen (II) und GH), wobei sie in der Gleichung (I) mit dem Koeffizienten 1 steht. Das liefert; xj

x2

+

2x3

=

13

-

3x2

-

9x3

=

-33

-

4X2

-

4x 3

=

+

ö'

=2I)

(ir

= II

(in1

- 41')

(61b)

=111-31')

Im zweiten Schritt sei Gleichung (II') im Gleichungssystcm (61b) die Pivotgleichung, die Variable x 2 wird eliminiert:

92

Zur Vertiefung vgl. etwa BLOECH, J.: Lineare Optimierung für Wirtschaftswissenschaftler, (1974), S. 17 ff.

140

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Belricbsaufbau

xj

x2

x3

+

3X3

8x3

=

2

= 1 1 = 16

(I"

=r-H")

(IT (nr

=- | i r ) =nr+4ii")

(61c)

Im dritten Schritt wird nun die Variable X3 eliminiert bei Wahl der Glcichung (III") als Pivotgleichung. Dies liefert: xj = 4 ( I ' " = I " + III"') x2

= x3

5

=

2

(II"'

=11"-3111'")

(Iir"

=|lll")

(61d)

Damit liegt die Lösung des linearen Gleichungssystems vor.

Wendet man nun im Rahmen der Simplex-Methode die Eliminationsmethode auf das Gleichungssystem (60) an, so gelangt in einem ersten Schritt die Variable x 2 an Stelle von y c in die Basis. Die bisherige Basisvariable y c wird also durch die neue Basisvariable x 2 verdrängt. Für die Pivotgleichung y c + 3x 2 = 180 wird dies erreicht, indem diese Gleichung durch 3 dividiert und die Variablen x 2 und y c vertauscht werden, was zur Gleichung x 2 + 1/3 yc = 60 führt. Zur Elimination der neuen Basisvariablen x 2 aus allen anderen Gleichungen wird dann im nächsten Schritt diese Gleichung entsprechend oft zu den anderen Gleichungen addiert bzw. von ihnen subtrahiert: G

-

300 X! +

yA

+

x,

-

yB

+

Xl

x2

^ y

=

-6.000

(T

= I + 500IV')

fyc

=

50

(IT

=11-2IV')

-

¿yc

=

90

(nr

=111-IV)

+

±yc

=

60

(IV

=1IV)

c

(62a)

Das Gleichungssystem (62a) kann wie folgt interpretiert werden: Von Produkt 2 werden 60 Mengeneinheiten produziert. Dabei wird die Anlage C voll ausgelastet, während bei den Anlagen A und B noch Leerlaufkapazitäten von 50 bzw. 90 Stunden vorhanden sind. Die Produktion führt zu einem Gewinn von minus 6.000 DM. Wir wollen diese Lösung als Produktionsprogramm I bezeichnen. Das Produktionsprogramm I kann also wie folgt charakterisiert werden: xi = 0 und x 2 = 60. Aus dem negativen Vorzeichen des Koeffizienten von x j in der Gleichung (I') im Gleichungssystem (62a) ist ersichtlich, daß der Gewinn offenbar gesteigert werden kann, wenn die Variable x j in die Basis gelangt. Die Xj-Spalte wird somit neue Pivotspalte. Für die Beantwortung der Frage, welchen Wert x j maximal annehmen kann, ohne daß y A bzw. y B negative Werte annehmen, wirkt die Gleichung (II') am schärfsten ( x j < 50 gegenüber X! < 90 in Gleichung (III')). Das aber bedeutet, daß die Gleichung (II') Pivotzeile wird, Xj auf 50 begrenzt wird und die zu Null gewordene Variable y A aus der Basis eliminiert und Nichtbasisvariable wird. Die entsprechenden Rechenoperationen führen zum Produktionsprogramm II.

fyc

G

+

300 y A

-

Xl

+

yA

-

-

YA +

-



+

=

9.000

(IM

= I' + 300 II")

50

01" = 11')

40

(III" = III' -II")

(62b)

6 0 (IV" = IV) i * Das bedeutet: Von Produkt 1 werden 50 Mengeneinheiten, von Produkt 2 60 Mengeneinheiten bei voller Kapazitätsauslastung der Maschinen A und C hergestellt und *2

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

141

verkauft. Maschine B weist dagegen noch eine Leerlaufzeit von 40 Stunden auf. Der Gewinn steigt auf 9.000 DM. Aus der Gleichung (I") im Gleichungssystem (62b) ist ersichtlich, daß die Gewinnsituation weiter verbessert werden kann, wenn die bisherige Leerlaufzeit der Maschine C von Null erhöht wird. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Aussage resultiert aus dem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis zwischen Maschinen und Produkten und kann wie folgt erklärt werden: Die Erhöhung von y c um eine Einheit führt laut Gleichung (II") zu einer Erhöhung von Xi um 2/3 Einheiten (Deckungsbeitragserhöhung: 2/3 • 300 DM = 200 DM) und laut Gleichung (IV") zu einer Verminderung von x 2 um 1/3 Einheiten (Deckungsbeitragsminderung: 1/3 • 500 DM = 500/3 DM). Im Ergebnis aber bedeutet dies 200 D M - 500/3 D M = 100/3 D M Deckungsbeitrag, der entsprechend dem Koeffizienten von y c in der Gleichung (I") zusätzlich entsteht, wenn die Leerlaufzeit der Maschine C um eine Stunde erhöht wird. Die y ^ Spalte wird somit neue Pivotspalte. Zur Frage der neuen Pivotzeile ist festzuhalten: Bei Erhöhung von y c wird die Basisvariable Xj überhaupt nicht negativ (Gleichung (II")), die Basisvariable yß von y c = 120 an (Gleichung (III")) und die Basisvariable x 2 von y c = 180 an (Gleichung (IV")). Das heißt, die Gleichung (III") greift am schärfsten, y c wird die neue Basisvariable und nimmt den Wert 120 an, sie verdrängt die Variable y B aus der Basis, die zur Nichtb a s i s v a r i a b l e n wird. Die e n t s p r e c h e n d e n R e c h e n o p e r a t i o n e n f ü h r e n z u m Gleichungssystem (63):

G

+

x

i yc x 2

+

200 y A +

100 y B =:

yA + 3 ya +

2y B =

yA

-

3yß = yB =

13.000 (i'130 120 20

= r+^nr")

ai'" = n" + |iii'") (III'" = 3 in") (IV"' = IV"-|lII"')

(63)

Das Produktionsprogramm III lautet offenbar x, = 130, x 2 = 20, y c = 120, G = 13.000 DM. Aus den positiven Koeffizienten der Zielfunktion (Gleichung (I"')) erkennen wir, daß das optimale Produktionsprogramm vorliegt. Ein Vergleich der zeichnerischen Lösung mit der rechnerischen Lösung zeigt, daß der Punkt P3 dem optimalen Produktionsprogramm III entspricht, während der Koordinatenursprung mit der Ausgangslösung, der Punkt P i mit dem Produktionsprogramm I und der Punkt P 2 mit dem Produktionsprogramm II übereinstimmt. Abschließend sei für die rechnerische Lösung auf die Tableau-Form hingewiesen, die die Kontrolle des Rechenganges bei den einzelnen Iterationsschritten erheblich erleichtert. Für unser Beispiel ist das zugehörige Tableau in der Abb. 31 ausgewiesen. In der Kopfzeile stehen die Strukturvariablen und die Schlupfvariablen, die Abkürzung R. S. steht für „rechte Seite" der Gleichungen. Gleichung I entspricht der Zielfunktion (vgl. dazu Gleichungssystem (60)). Die Spalte ganz links enthält die jeweiligen Basisvariablen. In Übereinstimmung mit dem Rechengang sind dies im Ausgangstableau die Schlupfvariablen. Ist eine Variable Basisvariable, so stehen in der entsprechenden Spalte nur eine 1 und sonst Nullen, einschließlich der Zielfunktionszeile. U m die Lösung zu bestimmen, fixiert man die 1 in diesen Spalten und liest in der gleichen Zeile in der R.S.-Spalte den zugehörigen Wert der Basisvariablen ab. Alle Nichtbasisvariablen haben den Wert Null.

142

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

Ausgangstablcau

YA yß yc

x "1 2 1 2 1 1 0 (3) -300 (-500) 0 (1) 1 0 1 0

T. I

yA yß x 2

T. II

(-300) X 1 1 0 yß x 0 2 0

T. III

yc x 2

yA 1 0 0 0 1 0 0

yß 0 1 0 0 0 1 0

0 0 0 1 0

0 1 -1 0 300

0 0 1 0 0

R.S. yc 0 170 II 0 150 in 1 180 IV 0 -36.000 I .2 50 II' = 11-2 IV' 3 _1 90 III' = III - IV' 3 1 60 IV" = 1IV 3 500 -6.000 I' = I + 500 IV' 3 .2 50 II" = ir 3 40 III' = iir - i r 1 60 IV' = IV' 3 9.000 I" = I' + 300 II" 0 130 II" = II" + 1 III'"

1

0

-1

2

0 0

0 1

-3 1

3 -1

1 0

0

0

200

100

0

Lösunpen X]=0 x2=0 G=-36.000

yA=170 yB=150 y c =180

xj=0 x2=60 G=-6.000

y A =so y B =90

xj=50 x2=60 G=9.000

yA=o y B =40

X[=130

y A =o

X2=20 120 III' ' = 3 III" 20 IV' ' = IV" - l III'" G=13.000 13.000 1"' = I" + IfiS III"'

yc=o

yc=o

y B =o y c =120

Abb. 31: Simplex-Tableau für die Beispielrechnung Für die einzelnen Rechenoperationen gilt nun folgendes: Zunächst ist die Pivotspalte zu wählen. Wie bereits behandelt, ist es jeweils diejenige mit dem betragsmäßig größten negativen Wert (jeweils in runde Klammer gesetzt) in der Zielfunktionszeile (Zeile I, I' und I" in Abb. 31). Die Variable, die in der Kopfzeile (erste Zeile) dieser Pivotspalte steht, wird zur neuen Basisvariablen. Nun ist die Frage zu beantworten, welche bisherige Basisvariable an Stelle der neuen Basisvariablen zur Nichtbasisvariablen wird. Zu diesem Zweck wird zeilenweise (mit Ausnahme der Zielfunktionszeile) der Quotient nichtnegatives Element der R.S.-Spalte dividiert durch zeilengleiches positives Element der Pivotspalte gebildet und der kleinste nichtnegative Quotient ausgewählt. Nichtnegativ bedeutet in diesem Zusammenhang, daß der Nenner einen positiven Wert aufweisen und der Zähler positiv oder gleich Null sein muß. Im Ausgangstableau der Abb. 31 ist die x 2 -Spalte Pivotspalte. Die entsprechenden Quotienten lauten 170:2, 150:1, 180:3; der kleinste ist der letzte mit dem Wert 60. Die Zeile, die den kleinsten Wert liefert, heißt Pivotzeile und ist offenbar diejenige, die in Übereinstimmung mit dem bisherigen Rechengang die schärfste Beschränkung für die neue Basisvariable darstellt: Sie darf keinen größeren Wert als diesen kleinsten Quotienten annehmen, soll nicht die Nichtnegativitätsbedingung der bisherigen Basis variablen verletzt werden. Geht man in der Pivotzeile ganz nach links, so findet man dort die bisherige Basisvariable, die zur Nichtbasisvariablen werden soll. Im Ausgangstableau ist dies die Variable y^. Das Kreuzungselement von Pivotspalte und Pivotzeile heißt Pivotelement (ebenfalls in runde Klammer gesetzt). An diesem Pivotelement ist unmittelbar abzulesen, welche beiden Variablen am Basistausch beteiligt sind. Die einzelnen Rechenschritte, die jeweils mit dem Ziel durchgeführt werden, daß für jede Basislösung in allen Spalten der Basisvariablen nur jeweils eine 1 und sonst nur Nullen stehen, gehen aus der Abb. 31 eindeutig hervor. Da in der Zielfunktionszeile des Tableaus III (Zeile I'") nur noch positive Zahlen in den Spalten der Strukturvariablen und der Schlupfvariablen auftreten, ist mit diesem Tableau die Optimallösung erreicht.

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

3.3.5

143

Mischungsprobleme

Mischungsprobleme treten in nahezu allen Branchen auf. Exemplarisch seien nur die Chemische Industrie, die Erdölwirtschaft (insbesondere die Raffineriebetriebe) sowie Aufbereitungsanlagen von Bergwerksunternehmen genannt. Ein einfaches Beispiel soll die Struktur eines Mischungsproblems verdeutlichen: 93 In einer Mischung sollen drei Substanzen i = 1, 2, 3 mindestens mit den Mengenanteilen M,, und zwar M! = 240 Mengeneinheiten, M 2 = 220 Mengeneinheiten und M 3 = 210 Mengeneinheiten, enthalten sein. Ausgangspunkt für die Herstellung der Mischung sind zwei Einsatzfaktoren j = 1, 2, in denen die erforderlichen Substanzen in unterschiedlichen Mengen enthalten sind. Bezeichnet für j = 1, 2 qj den Faktorpreis des Einsatzfaktors j, und geben die Koeffizienten ay an, wieviel Mengeneinheiten der Substanz i in einer Mengeneinheit des Einsatzfaktors j enthalten sind, so wird diejenige Mischung gesucht, die zu minimalen Gesamtkosten führt. Dabei soll von folgenden Daten ausgegangen werden: Einsatzfaktor 1: a ^ = 8; a 2 1 = 4; a 3 j = 2; qi = 30 Einsatzfaktor 2: a 1 2 = 3; a 2 2 = 4; a 3 2 = 6; q 2 = 20. Das entsprechende Modell der Linearen Planungsrechnung lautet, wenn für j = 1, 2 Tj die Menge des Einsatzfaktors j bezeichnet: 30 r, 8r, 4r, 2r, Tl.

20 r 2 3 rr22 + 4r2 + 6 r2 T2 +

+

—>

> > > > 100

240 (64)

8rj + 3r 2 = 240

4r t + 4r 2 = 220 2rj + 6r 2 = 210

Abb. 32: Graphische Lösung des zweidimensionalen Mischungsproblems In Anlehnung an Abb. 30 suchen wir zunächst auf graphischem Wege die optimale Lösung. Zu diesem Zweck werden die Ungleichungen des Systems (64) in einem r r r 2 -Koordinatensystem graphisch dargestellt (vgl. Abb. 32). Im Anschluß daran wird 93

Das Zahlenbeispicl stammt aus BLOECH, J.: Lineare Optimierung für Wirtschaftswissenschaftler, (1974), S. 12 ff.

144

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

eine willkürlich gewählte Iso-Kostenlinie (im Beispiel K = 1.800) so lange parallel verschoben (hier in Richtung Koordinatenursprung), bis gerade noch der letzte Eckpunkt des zulässigen Lösungsbereiches berührt wird. W i e aus der graphischen Lösung unmittelbar ablesbar ist, lautet die optimale Lösung: rj = 15, r 2 = 40, K m i n = 1.250. Wenden wir uns nun der rechnerischen Lösung zu. Dabei fällt zunächst die Tatsache ins Auge, daß im Gegensatz zum Beispiel der kurzfristigen Produktionsprogrammplanung der Abb. 3 0 beim Mischungsproblem der Koordinatenursprung nicht zum zulässigen Lösungsbereich gehört. Damit ist die Simplex-Methode „in reiner Form" nicht mehr anwendbar. Eine Möglichkeit zur rechnerischen Lösung besteht nun darin, die Simplex-Methode durch einen Kunstgriff zur M-Methode zu erweitern. 94 Zu diesem Zweck werden in die Restriktionen des Systems ( 6 4 ) zunächst ganz analog zum Produktionsprogrammplanungsproblem die Schlupfvariablen yj eingeführt: 8 rj + 4 rj + 2rj +

3 r2 4r26r2-

yi y2 y3

= = =

240 220 210

(I) (II) (III)

(65a)

Würde man jetzt wie bei der Ausgangslösung des Produktionsprogrammplanungsproblems alle Schlupfvariablen y, als Basisvariable bestimmen, so würde die Nichtnegativitätsbedingung für die Schlupfvariablen verletzt ( y j = -240, y 2 = -220, y 3 = -210). Zur Bestimmung einer zulässigen Ausgangslösung geht die M-Methode nun wie folgt vor: Zunächst werden in das Gleichungssystem (65a) nichtnegative künstliche Variable h j , h 2 und h 3 aufgenommen. Im Anschluß daran wird die Zielfunktion im System (64) erweitert, und zwar um die Schlupfvariablen mit den Zielfunktionskoeffizienten Null und um die künstlichen Hilfsvariablen h j , h 2 und h 3 , die alle mit dem sehr hohen Kostenwert M gewichtet werden. Diese hohen Zielfunktionskoeffizienten M gewährleisten, daß die künstlichen Variablen, die die erste Basislösung bilden, im Verlaufe des Lösungsprozesses mit Vorrang aus der Basis verdrängt werden und als Nichtbasisvariablen mit dem Wert Null keinen Einfluß auf die optimale Lösung ausüben. Somit erhält man offenbar das Gleichungssystem (65b): Minimiere Z j = K unter den Bedingungen K = 30rj + 2 0 r 2

+0y,

8 r j + 3 r2 4 r j + 4 r2 2r, + 6 r 2

ri.

r2>

+ 0y2

+ 0y3

y, -

yi-

+Mh, +Mh2 +

y2

y*

+ -

y3

y3-

+Mh3

h,

hi>

h2

h 2.

+

h3

= 240

(I1)

= 220

(II 1 ) ( 6 5 b )

= 210

(III')

h3 > o

Für die Bestimmung einer zulässigen Ausgangslösung werden zunächst die Gleichungen (I') bis (III") im Gleichungssystem (65b) mit M multipliziert und addiert. Dies ist notwendig, um sicherzustellen, daß die Zielfunktionskoeffizienten der Basisvariablen h j , h 2 und h 3 den Wert Null haben. Erst dann kann der Algorithmus gestartet werden. Das liefert: Z 2 = 14 Mr! + 13 Mr 2 - M yi - M y 2 - M y 3 + M hj + M h 2 + M h 3 = 670 M . Im Anschluß daran wird die Differenz Z = Z j - Z 2 gebildet: Z = ( 3 0 - 14 M)r, + ( 2 0 - 1 3 M)r 2 + My, + My 2 + My 3 + 0 h! + 0 h 2 + 0 h 3 = - 6 7 0 M . 9 4

Zum mathematischen Hintergrund vgl. etwa B L O E C H , J . : Lineare Optimierung für Wirtschaftswissenschaftler, ( 1 9 7 4 ) , S . 124 f. und S. 130 ff. (Bcispielrechnung).

3. Abschnitt: Betriebliche Planung

145

Das liefert für das Ausgangstableau in Anlehnung an Abb. 31: r

h, h

?

h

?

r

l

2

h

2

R.S.

3

y2

y3

3

-i

0

0

1

0

0

240

4

4

0

-l

0

0

1

0

220

0

0

-i

0

0

1

210

0

0

0

2

6

30

20

-14M

-13M

Z

h

hl

yi

8

M

M

M

-670M

Abb. 33: Ausgangstableau für das zweidimensionale Mischungsproblem In Übereinstimmung mit unserer bisherigen Vereinbarung stehen in den Spalten der Basisvariablen jeweils nur eine 1 und in allen anderen Zeilen dieser Spalten einschließlich der Zielfunktionszeile nur Nullen. Zur Erreichung der Optimallösung wird nun ausgehend vom Ausgangstableau mit der normalen Simplex-Methode weitergerechnet. Der Lösungsprozeß ist in Tableauform in Abb. 34 zusammengestellt. 2

yi

yi

y3

h?,

hl

R.S.

(8)

3

-i

0

0

1

0

0

240

h j

4

4

0

-i

0

0

1

0

220

h

2

6

0

0

-i

0

0

1

210

h

(30

20

0

0

0

-14M)

-13M

M

1

3 8

0

0

0

3 2

_i 8 1 2

-l

0

0

l 4

0

-i

- J M

M

M

0

_ i 7

0

0

8 21

1

1 21

r

Aus-

hl

gangs-

h

la-

h

blcau

3

Z

r

T. 1

2

l

h h

2

3

Z

'1 T.

II

h r

2

2

Z

r

T.III

l

y3 r

l

2

Z

r

0 0 0

M

1 4

0

" 4" +

1 7

-1 0

+

f

" f r

M

i 3

= 2 4 0

2

=

220

3

=

210

0

0

30

rj =

1

0

100

h

2

=

100

0

1

150

h

3

=

150

0

0

J M

1 14

" 21 10

30

-900 -250M

0 1

4 " 21

L&ungsii

-670M 1 8

Ii 4

0

1

M

hl

ui 7

_ 10 21

200 7

r

200 7

h

4

0

21

.i

0

M

-SM)



0

15

i - 20

0

+ | M

+

135

_ 1 14

| M

l

= ~ 2

= f

-1.150 - f

M

1

0

0

0

4 3

-iL 10

1

- i 3

21. 10

-1

60

y

0

1

1 3

.2 3

0

" 13

2 3

0

40

r2=40

0

0

2

0

-2

.1 2

1 2

+

M

+ M

15 3

=60

-1.250 + M

Abb. 34: Simplex-Tableau für die Beispielrechnung Im Tableau III sind die Zielfunktionskoeffizienten aller Nichtbasisvariablen positiv. Damit ist die optimale Lösung erreicht. Setzt man die Werte für die Variablen in die ursprüngliche Zielfunktion ein (Systeme (64) bzw. (65b)), so liefert dies den minimalen Zielfunktionswert K m i n = 1.250.

146

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

3.3.6

Transportprobleme

Transportprobleme spielen im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Praxis eine große Rolle. Gegenstand der Transportproblematik ist die Bestimmung der optimalen (in der Regel: kostenminimalen) Transportzuordnungen eines homogen Gutes von einer Menge Angebotsorte (Lieferorte) zu einer Menge Nachfrageorte (Bedarfsorte).« Als Beispiel unterstellen wir, daß fünf Förderanlagen F), F2, F3, F4, F 5 einer Unternehmung des Steinkohlenbergbaus drei räumlich voneinander getrennte Aufbereitungsanlagen Aj, A2 und A3 mit Rohförderung beliefern. 96 Kann man davon ausgehen, daß für jede fördernde Schachtanlage die Möglichkeit besteht, jede Aufbereitungsanlage zu beschicken, so existieren offensichtlich fünfzehn mögliche Transportbeziehungen, wie Abb. 35 zeigt.

Abb. 35: Übersicht über die möglichen Transportbeziehungen Die maximalen Förderleistungen der Anlagen Fj, F 2 , F 3 , F 4 , bzw. F 5 je Zeiteinheit sollen 40, 32, 18, 50 bzw. 58 Mengeneinheiten betragen. Ferner sollen die Kapazitäten der Aufbereitungsanlagen Ai, A 2 bzw. A 3 j e Zeiteinheit auf 62, 43 bzw. 93 Mengeneinheiten ausgelegt sein. Ein Vergleich zeigt, daß die gesamte Aufbereitungskapazität je Zeiteinheit von 198 Mengeneinheiten genau der Summe der maximalen Förderleistungen je Zeiteinheit entspricht. Die konstanten Frachtkostensätze (in DM/Mengeneinheit) sind in Abb. 36 fixiert. A

/>

Ai 10

A2 5

F2

8

12

2

F?

11

3

6

F4

5

7

4

F5

9

3

13

Fl

7

Abb. 36: Matrix der Frachtkostensätze Es seien xjj die von der Förderanlage i zur Aufbereitungsanlage j zu transportierende Kohlenmenge (i = 1,2,..., 5; j = 1,2,3), ky die Einheitskosten für den Transport einer Mengeneinheit von der i-ten Förderanlage zur j-ten Aufbereitungsanlage (i = 1,2,..., 5; j = 1, 2, 3), d; die maximale Förderleistung der Förderanlage i je Zeiteinheit (i = 1,2,..., 5), bj die Kapazität der Aufbereitungsanlage j je Zeiteinheit (j = 1,2,3). Damit kann folgendes Modell der Linearen Planungsrechnung formuliert werden:

95 96

Vgl. MÜLLER-MERBACH, H.: Operations Research, (1973), S. 264. Das Zahlenbeispiel ist entnommen aus ANGERMANN, A.: Entscheidungsmodelle, (1963), S. 167 ff.

3. Abschnitt: Betriebliche Planung 5

Z = 2 I

147

3 k

ü

Xy

Min

i=ij=i x

ll

+ x

21+x31

+x

41

+ x

51

x 1 2 + x22+ X32+ X42+ x52 X 1 3 + X 2 3 + X 3 3 + X 4 3 + X53 X

+x12

11 X

+x

21 X

+*13 +

22 + x

31 X41

x

x

x

23 +

x

33

+ X42 X

x

x

32

51 x

+ X43 x

+ x

x

x

x

x

x

52

+ x

x

x

X u , 21> 31> 41> 51» 12> 22> 32> 42> 5 2 ' 1 3 ' 23> 33> 43> 5 3 -

x

53

= b, = b2 = b3 =d, (66) =d 2 =d 3 = d4 = d5

0

Ein leistungsfähiges Verfahren zur Lösung von linearen Transportproblemen stellt die Distributionsmethode (Stepping-Stone-Methode) dar. Vorausgesetzt wird dabei eine zulässige Ausgangsverteilung, für deren Aufstellung wir das Nordwesteckenprinzip wählen. 97 Dies bedeutet, daß links oben beginnend die Felder zeilenweise unter Berücksichtigung der Beschränkungen für bj und dj mit entsprechenden Fördermengen Xy belegt werden. Für unser Beispiel ergibt sich dementsprechend eine Ausgangsverteilung, wie sie in der Abb. 37 ausgewiesen ist. Setzt man die Werte der Ausgangsverteilung in die Zielfunktion ein, so liefert dies Z = 4 0 - 1 0 + 22- 8 + 1012 + 18 - 3 + 15 - 7 + 35 • 4 + 58 • 13 = 1.749. Fl F2 F3

Al 40

A2

22

10 18

40

15

F4 F5 62

43

32 18 35

50

58

58 198

93

Abb. 37: Verteilung I (Ausgangsverteilung) Nunmehr steht die Prüfung der Frage an, ob die Ausgangsverteilung diejenige ist, die zu minimalen Kosten führt. Die Frage ist zu bejahen, wenn nachgewiesen werden kann, daß sich bei keiner Abänderung der Ausgangsverteilung Kostenersparnisse ergeben. Dabei sind nur solche Änderungen der Ausgangsverteilung zulässig, welche den Verteilungsbedingungen entsprechen. Ausgangspunkt für diese Prüfung sind die mit Zahlen besetzten Felder der Abb. 37, die im folgenden als B-Felder bezeichnet werden. Für alle nicht besetzten Felder der Abb. 37 - im folgenden als L-Felder bezeichnet - werden sogenannte Kostenveränderungswerte ermittelt, die den Wert der Kostenveränderung angeben, wenn auf der bisher noch nicht belegten Transportbeziehung eine Mengeneinheit zusätzlich transportiert wird. Für das Kriterium der Vorteilhaftigkeit (V) bzw. der Nachteiligkeit (N) gilt nun: Ist der Kostenveränderungswert eines L-Feldes negativ, so zeigt dies an, daß die insgesamt aufgetretene Kostensumme (im Beispiel 1.749 Geldeinheiten) mit jeder auf dieser Transportbeziehung transportierten Mengeneinheit in Höhe des negativen Wertes reduziert werden kann. Es ist daher von Vorteil, dieses Feld im Rahmen der vorgegebenen Verteilungsbedingungen möglichst stark zu belegen. Entsprechend folgt für ei97

Zu den folgenden Ausführungen vgl. ANGERMANN, A.: Entscheidungsmodelle, (1963), S. 170 ff.

148

Teil I: Betriebswirtschaftliche Grundlagen und grundsätzliche Überlegungen zum Betriebsaufbau

nen positiven Kostenveränderungswert eines L-Feldes, daß die Transportbeziehung unter keinen Umständen aktiviert werden sollte, da eine derartige Maßnahme zu einer Kostenerhöhung führen würde, dessen Ausmaß sich je transportierter Mengeneinheit nach dem positiven Kostenveränderungswert richtet. Nimmt der Kostenveränderungswert für ein L-Feld den Wert 0 an, so besagt dies, daß im Falle einer Aktivierung dieser Transportbeziehung weder eine Kostenverbesserung noch eine Kostenverschlechterung erreicht werden kann. Die Regeln für die Bestimmung der Kostenveränderungswerte in Form von Vorteils- bzw. Nachteilswerten - im folgenden als VN-Werte bezeichnet - sind die folgenden: 1. Ausgangspunkt ist das L-Feld, für das der VN-Wert berechnet werden soll. Es wird nun das nächste B-Feld in der gleichen Zeile aufgesucht, welches eine vertikale Richtungsänderung zu einem wiederum besetzten Feld erlaubt. Von letzterem ausgehend ist wiederum das nächste B-Feld in der gleichen Zeile aufzusuchen, das eine vertikale Richtungsänderung zu dem L-Feld oder zu einem weiteren besetzten Feld gestattet. Nach dieser Vorschrift ist jeweils der kürzeste Pfad festzulegen, der zurück bis in die Spalte des Ausgangsfeldes führt. Im Rahmen dieser Prozedur dürfen dazwischen liegende B-Felder übersprungen werden. 2. Die Felder entlang des kürzesten Pfades sind abwechselnd mit Plus- und Minuszeichen zu versehen. Man beginnt bei dem L-Feld, das den Ausgangspunkt darstellt, mit einem Pluszeichen, denn dieses Feld repräsentiert eine Transportbeziehung, deren Aktivierung zu zusätzlichen Einheitskosten je transportierter Mengeneinheit führt. Den festgelegten Vorzeichen entsprechend ist nun der Kostenveränderungswert entlang des kürzesten Pfades zu berechnen. Beispielsweise erhält man für das L-Feld (F]/A3) den Pfad +(F,/A3) - (F4/A3) + (F4/A2) - (F2/A2) + (Fj/A,) - (F,/A,) mit dem Kostenveränderungswert + 7 - 4 + 7 - 1 2 + 8 - 10 = - 4 nach Maßgabe der Abb. 36. In Abb. 38 ist der kürzeste Pfad, der zur Bestimmung des Kostenveränderungswertes für das Feld F1/A3 führt, skizziert. AL FL F2 F

-

- >

1 +

->

2000 bis 10000: (jeweils bis zu 6:6 oder 8:8 oder 2 „weitere Mitglieder" 10:10 und ein,.Neutraler") b) > 10000 bis 20000: a) < 20 Mill. DM: (4+l):(4+l):l 8:8 oder 10:10 :) >20000: b) > 20 - 50 Mill. DM: 10:10 wie a) oder (6+l):(6+l):l :) > 50 Mill. DM: wie b) oder (8+2):(8+2): 1 [§§ 76 I, 77 I in Verb, mit [§§41,91 § 95 AktG] rss 1 1 . 7 ii 6 [§§ 76 II, 77 I] [§§4 1, II, 6,91 |§§ 7 II, 15 III 1 2 3 4 5 6 7 6 8 10 5 7 10 Unterparität (1/3) der Arbeitnehmcr-(AN-)Repräscntanten im AR 3 21 Grund- bzw. Stammkapital Grund- bzw. Stammkapital a) < 3 Mill.DM: 2:1 oder 4:2 oder 6:3 b) > 3 bis 20 Mill. DM: wie a) oder 8:4 oder 10:5 c) > 2 0 Mill. DM: wie b) oder 12:6 oder 14:7

7 8

1

Parität (1/2) der ANRepräsentanten im AR

1 >1 >1 >1 >1 >1

>1

>1

51

1

2

3

1 >1 >1 >1 >1 >1

>1

51

>1

1

1

1

2

3

4

1

1

2

9 0

0

10 0

0

11 0

0

>1 d eine Wahrscheinlichkeit, die kleiner oder höchstens gleich einer vorgegebenen Schranke a ist (0 < a < 1), d. h. P(I~X • - H o l S d ) < a so liegt eine signifikante oder statistisch gesicherte Abweichung d vor, die zur Ablehnung der Hypothese H 0 führt. Ist dem betrachteten Ereignis dagegen eine Wahrscheinlichkeit zuzuordnen, die größer als a ist, so bezeichnet man die Abweichung als zufällig oder nicht signifikant, mit der Konsequenz, daß H 0 nicht abgelehnt wird. Die Größe a wird auch als Signifikanzniveau oder Irrtumswahrscheinlichkeit bezeichnet, das Komplement S = 1 - a heißt statistische Sicherheit. 146 In Abb. 55 sind die Wahrscheinlichkeiten P(I~X - Hol ^ 0.075) (schraffiert) und P(I~XHo' ^ 0,150) (kreuzschraffiert) dargestellt. Dabei zeigt sich, daß mit größeren, d. h. statistisch ungünstigeren Abweichungen d = I x - Ho' kleinere Wahrscheinlichkeitswerte korrespondieren, während größere Wahrscheinlichkeitswerte zu kleineren Abweichungen gehören.

145

146

Zu den folgenden Ausführungen vgl. STORM, R.: Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik und statistische Qualitätskontrolle, (1986), S. 141 ff. und S. 156 ff. Vgl. STORM, R.: Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathemaüsche Statistik und statistische Qualitätskontrolle, (1986), S. 157 ff. Bei gegebenem a wird im Durchschnitt in 100%a aller Fälle eine falsche Entscheidung getroffen, d. h. die Hypothese wird abgelehnt, obwohl sie richtig ist. Die Größe a ist somit identisch mit dem Produzentenrisiko im Rahmen der Attributenkontrolle.

385

7. Abschnitt: Produktion f(x)

1 H o - 0 , 1 5 0 MO-0,075

Ho

HO+0,075

Ho + 0 , 1 5 0

x

Abb. 55: Darstellung der Wahrscheinlichkeiten P(| X - Hol > d) für d = 0,075 und d = 0,15 (Aus STORM, R.: Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik und statistische Qualitätskontrolle, (1986), S. 157)

Für die rechnerische Handhabung der Wahrscheinlichkeitsermittlung gilt: P(d < I"X - Mol) =

Vül) =2 [1- * ( £ Vü)l =

(23)

Setzen wir z = ^ Vn, so können bei bekannten Werten für d, a und n aus der Abb. 15 des dritten Abschnitts die entsprechenden Werte (z) abgelesen werden.147

Abb. 56: Kritischer Bereich K für die Hypothese H0: |i =

bei zweiseitigem Test

(Aus STORM, R.: Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematische Statistik und statistische Qualitätskontrolle, (1986), S. 160)

Eine wesentliche Vereinfachung in der praktischen Handhabung der Gleichung (23) ergibt sich aus folgender Überlegung (vgl. Abb 56). Das Intervall -Z, a XQ, so wird Gewinn erzielt, und zwar in dem Maße steigend, in welchem sich die Absatzmenge x der Kapazitätsgrenze x K a p nähert. An der Kapazitätsgrenze erreicht der Gewinn seinen maximalen Wert. Der maximale Stückgewinn CF der Abb. 21 liefert, multipliziert mit der Absatzmenge x = x K a p > den maximalen Gesamtgewinn BD in der Abb. 22. Die vorstehenden Überlegungen gelten jedoch nur für den Fall, daß die Gesamterlösfunktion und die Gesamtkostenfunktion sich im Kapazitätsbereich 0 < x < XKap schneiden. Trifft dies nicht zu, d. h. verläuft in der Abb. 22 die Gesamterlösfunktion in diesem Bereich vollständig unterhalb der Gesamtkostenfunktion, so bedeutet dies, daß überhaupt kein Gewinn erzielt wird.

Mx)

pto K'(x) k(x)

pto

K'(x)

0

x0

xKap

x

Abb. 21: Gewinnmaximierung bei vollkommener Konkurrenz mit linearem Gesamtkostenverlauf (Stückkostenbetrachtung) L E(x) K(x)

D

R

^ ^ ^

B "~K«

x

Kap x

Abb. 22: Gewinnmaximierung bei vollkommener Konkurrenz mit linearem Gesamtkostenverlauf (Gesamtkostenbetrachtung) Wenden wir uns nun dem nichtlinearen Gesamtkosten verlauf zu und beschränken uns auf einen S-förmigen Verlauf (vgl. Abb. 23 und 24). Wie aus Abb. 23 hervorgeht, schneidet die Grenzkostenfunktion K'(x) die Preisgerade p(x) in den Punkten A j und A2, was hinsichtlich des Gewinns zu zwei Extremwerten bei den Absatzmengen x = x 0 und x = x g führt. Abb. 24 zeigt, daß x = x 0 offensichtlich das Verlustmaximum, x = x g dagegen das Gewinnmaximum darstellt. Aus beiden Abbildungen ist weiterhin ersichtlich, daß die Stückkostenfunktion k(x) die Preisgerade p(x) in den Punkten Q j und Q 2 und die Erlösfunktion E(x) die Gesamtkostenfunktion K(x) in den Punkten R j und R 2 bei jeweils den gleichen Abszissen werten x = Xj und x = x2 schneiden.

420

Teil II: Untemehmensfiihrung und Funktionen des Operativbcrcichcs

Abb. 23: Gewinnmaximierung bei vollkommener Konkurrenz mit S-förmigem Gesamtkostenverlauf (Stückkostenbetrachtung)

Abb. 24: Gewinnmaximierung bei vollkommener Konkurrenz mit S-förmigem Gesamtkostenverlauf (Gesamtkostenbetrachtung)

8. Abschnitt: Absatz

421

Das bedeutet: Unterschreitet die Absatzmenge die untere Gewinnschwelle x = xj oder überschreitet sie die obere Gewinnschwelle x = x 2 , so erleidet der Betrieb Verluste. Beide Gewinnschwellen grenzen die sogenannte Gewinnlinse ein, d. h. sie markieren das Intervall xj < x < x 2 alternativer Absatzmengen, bei denen der Betrieb Gewinn erzielt. In diesem Intervall liegt auch das Gewinnmaximum x = x g . Dies ist der Abszissenwert, bei dem die Tangente an die Gesamtkostenkurve im Punkt B parallel zur Erlöskurve verläuft (vgl. Abb. 24). Analoges gilt hinsichtlich des Verlustmaximums beim Tangentialpunkt H. Multipliziert man den Stückgewinn A 2 F mit der Absatzmenge x g , so erhält man den Gesamtgewinn BD. Aus der Abb. 23 ergibt sich außerdem, daß die Stückkostenfunktion k(x) an der Stelle x = x q ihr Minimum annimmt. An dieser Stelle gilt K'(x) = k(x).

2.4 Preispolitik bei polypolistische Konkurrenz 2.4.1

Preis-Absatz-Funktion

Die polypolistische Konkurrenz (atomistische Konkurrenz auf unvollkommenem Markt) gehört neben dem Angebotsoligopol auf unvollkommenem Markt zu den in der Realität am häufigsten vorkommenden Marktformen. Zum Verlauf der PreisAbsatz-Funktion bei polypolistischer Konkurrenz führen folgende Überlegungen. 52 Wird ein Gut von vielen Betrieben angeboten, so kann der Fall eintreten, daß trotz der Homogenitätsbedingung, also der absoluten Gleichartigkeit der betrachteten Güter, aufgrund mangelnder Markttransparenz der vollkommene Markt zum unvollkommenen wird, mit der Konsequenz, daß unterschiedliche Preise für das gleiche Gut möglich und durchsetzbar werden. Diese Tendenz zur Marktunvollkommenheit wird häufig noch verstärkt durch die Existenz sachlicher und persönlicher Präferenzen hervorgerufen, beispielsweise durch hohes Qualitätsniveau der Waren, zuverlässigen Kundendienst, günstige Liefer- und vorteilhafte Zahlungsbedingungen, freundliche Bedienung, bevorzugter Standort. Verfügt ein Unternehmen über ein qualitativ gut ausgeprägtes akquisitorisches Potential, so besteht die Möglichkeit, den Preis für ein homogenes Gut innerhalb gewisser Grenzen nach oben und nach unten zu variieren, ohne daß es einerseits Kunden an die Konkurrenz abgeben muß und ohne daß es andererseits Kunden aus dem Kundenstamm der konkurrierenden Anbieter abziehen kann. Maßvolle Preissenkungen haben lediglich zur Folge, daß nunmehr Käufer dieses Gut erwerben, die es bisher aufgrund des höheren Preises noch nicht nachgefragt haben. Überschreitet dagegen der Preis für das Gut eine bestimmte obere Grenze, so werden voraussichtlich Kunden aus dem Kundenstamm des Unternehmens zur Konkurrenz abwandern. Unterschreitet der Preis andererseits eine untere Grenze, so wird dies zur Konsequenz haben, daß Käufer aus dem Käuferstamm der konkurrierenden Anbieter dem betrachteten Unternehmen als neue Käufer zuwandern. Diese Überlegungen haben zu der von GUTENBERG entwickelten zweifach geknickten Preis-Absatz-Funktion geführt, die in die drei Abschnitte A, B und C zerfällt, wobei der Abschnitt C vom Abschnitt B durch den unteren Grenzpreis Pi und der Abschnitt A vom Abschnitt B durch den oberen Grenzpreis p 2 getrennt werden.

52

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 311 ff., GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Zweiter Band, (1984), S. 238 ff., WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 671 ff., sowie WÖHE, G„ KAISER, H. und DÖRING, U.: Übungsbuch zur Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1986), S. 239 ff.

422

Teil II: Untemchmensftlhrung und Funktionen des Operativbereiches

Die Abschnitte A und C bezeichnet man als den oberen atomistischen und den unteren atomistischen Bereich, während der Abschnitt B die Bezeichnung monopolistischer Bereich trägt (vgl. Abb. 25). Für die drei Abschnitte der Preis-Absatz-Funktion wird idealtypisch jeweils ein linearer Verlauf unterstellt.

A Oberer atomistischcr Bereich

Preiserhöhung Schon bei geringfügiger Preiserhöhung geht die Nachfrage stark zurück. Der Nachfragerückgang setzt sich aus drei Komponenten zusammen: (1) Kunden verringern die Nachfrage; (2) andere Kunden stellen Nachfrage ein; (3) wieder andere Kunden wechseln zu einem anderen Anbieter über. Das Schwergewicht des Nachfrageverlustes liegt bei diesem dritten Kundenkreis, auf den das akquisitorische Potential angesichts des hohen Preises nicht mehr einwirkt.

B Monopolistischer Bereich

Eine Preiserhöhung innerhalb des monopolistischen Bereichs führt zu einem vergleichsweise schwachen NachfrageverlusL Der Anbieter büßt nur die Kundenkreise (1) und (2) ein. Kein Nachfrager läuft zur Konkurrenz über. Der Kundenkreis (3) bleibt also dem Anbieter kraft seines akquisitorischen Potentials erhalten. Zwischen den Anbietern findet kein Nachfrageraustausch statt

C Unterer atomistischer Bereich

Schon bei geringfügiger Preiserhöhung geht die Nachfrage stark zurück. Alle drei Kundenkreise sorgen für den Nachfragerückgang. Das Schwergewicht liegt beim Kundenkreis (3). Bei diesem Personenkreis handelt es sich um Nachfrager, die zu ihren früheren Anbietern zurückkehren. Die Ursache dieser Rückwanderung liegt im abnehmenden Preisvorteil dieses Anbieters und im akquisitorischen Potential der übrigen Anbieter.

Preissenkung Schon bei geringfügiger Preissenkung steigt die Nachfrage stark an. Die Nachfragesteigerung setzt sich aus drei Komponenten zusammen: (1) Kunden vermehren die Nachfrage; (2) andere Personen treten erstmals als Nachfrager auf; (3) wieder andere Kunden wechseln von einem anderen Anbieter über. Das Schwergewicht der Nachfragesteigerung liegt bei diesem dritten Kundenkreis. Es handelt sich hierbei um Nachfrager, die wegen des ursprünglich hohen Preises zu anderen Anbietern übergelaufen waren und die jetzt zurückkehren. Die Ursache für diese Rückwanderung liegt im abnehmenden Preisnachteil dieses Anbieters und im erneuten Wirksamwerden seines akquisitorischen Potentials. Eine Preissenkung innerhalb des monopolistischen Bereichs führt zu einer vergleichsweise schwachen Nachfragesteigerung. Der Anbieter gewinnt nur den Kundenkreis (1) und (2) hinzu. Die Preissenkung weicht nämlich so wenig vom Leitpreis p + ab, daß das akquisitorische Potential der Konkurrenzbetriebe ausreicht, um deren Nachfrager von einer Abwanderung zu diesem Anbieter abzuhalten. Zwischen den Anbietern findet kein Nachfrageraustausch stau. Schon bei gerinfügiger Preissenkung steigt die Nachfrage stark an. Alle drei Kundenkreise sorgen für die Nachfragesteigerung. Das Schwergewicht liegt beim Kundenkreis (3). Die Preisabweichung vom Leitpreis p + ist jetzt so groß, daß das akquisitorische Potential der Konkurrenten nicht mehr ausreicht, um die Nachfrager von einer Abwanderung zu diesem Anbieter abzuhalten.

Abb. 26: Preisänderungen und ihre mengenmäßigen Konsequenzen bei polypolistischer Konkurrenz (Aus WÖHE, G., KAISER, H. und DÖRING, U.: Übungsbuch zur Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1986), S. 240)

423

8. Abschnitt: Absatz

Der Preis p* in Abb. 25 repräsentiert einen festgelegten Ausgangspreis, auf den in Abb. 26 zurückgegriffen wird. Davon zu unterscheiden ist der Leitpreis p + , der dem Preis des Marktführers oder dem Preis des Branchendurchschnitts entspricht. Dieser Leitpreis repräsentiert die Preisvorstellung, die von den Nachfragern akzeptiert wird und sich am Markt durchgesetzt hat. Der im Rahmen der Preispolitik betriebsindividuell festzulegende Preis entspricht nun diesem Leitpreis oder aber weicht mehr oder weniger stark von diesem ab. Preisänderungen und deren mengenmäßige Konsequenzen werden in Abb. 26 schematisiert und zusammengefaßt. 2.4.2 Preispolitisches G r u n d m o d e l l der

Gewinnmaximierung

Nunmehr soll auch für die polypolistische Konkurrenz das Modell zur Bestimmung des Gewinnmaximums diskutiert werden. Aus Gründen der Vereinfachung beschränken wir uns auf einen linearen Gesamtkostenverlauf. Verlaufen die drei Abschnitte der Preis-Absatz-Funktion ebenfalls linear, so ergeben sich für die Gesamterlösfunktion drei parabolische Kuppeln. Die zugehörige Grenzerlösfunktion E'(x) verläuft stückweise linear fallend, und als Optimierungsbedingung gilt, wie bereits schon behandelt, die Gleichung K'(x) = E'(x). Wie bestimmt sich jedoch die gewinnmaximale Menge x, wenn für mehrere Abszissenwerte Grenzkosten und Grenzerlöse übereinstimmen? Zur Lösung dieser Frage betrachten wir Abb. 27 und 28. 53 In Abb. 27 sind die drei Abschnitte der Preis-Absatz-Funktion p(x) für die Intervalle 0 < x < XQ, XQ ^ x x 2 , die zugehörigen Abschnitte der Grenzerlösfunktion sowie die Grenzkostenfunktion, in Abb. 28 die drei Abschnitte der Erlösfunktion U](x), U 2 (x) und U3(x) für die drei Intervalle sowie die Gesamtkostenfunktion K(x) dargestellt. Betrachten wir beispielsweise die Ordinate in der Abb. 27, so stehen die Strecken OR für die Grenzkosten, OS für die Grenzerlöse und damit die Streckendifferenz RS für den Grenzgewinn im Koordinatenursprung. Gestaltet sich für irgendeinen Punkt der Abszisse diese Differenz negativ, so liegt ein Grenzverlust vor. Von besonderer Bedeutung sind nun die Abszissenwerte x = X] und x = x 3 , bei denen die Grenzerlösfunktion E'(x) im monopolistischen Bereich und im unteren atomistischen Bereich die Grenzkostenfunktion K'(x) schneidet, und der Abszissenwert x = x 2 , der den Übergang zwischen diesen beiden Bereichen darstellt. Die Argumentationskette ist die folgende: Nimmt der Absatz bei x = 0 beginnend zu, so fällt der Grenzgewinn im oberen atomistischen Bereich zunächst schwach, um dann beim Übergang in den monopolistischen Bereich sehr viel stärker abzunehmen (vgl. Abb. 27). Dies setzt sich fort bis zum Abszissenwert x = xj und hat seine Ursache in der Tatsache, daß der Grenzerlös bei konstanten Grenzkosten erst langsam und dann steil abfällt. Da im Intervall 0 < x < Xj der Grenzgewinn immer positiv ist, nimmt der Gesamtgewinn bis zum Abszissenwert x = Xj zu. An der Stelle x = Xj sind Grenzkosten und Grenzerlös gleich groß (Punkt A,). An dieser Stelle liegt ein relatives Gewinnmaximum vor. Wächst der Absatz über x = Xj hinaus, so werden die Grenzerlöse weiter sinken und die Grenzkosten unterschreiten. Für den Gesamtgewinn hat dies zur Folge, daß dieser beginnend beim relativen Gewinnmaximum an der Stelle x = x j bis zur Stelle x = x 2 abnimmt. An dieser Stelle hört in dem Beispiel die Verlustzunahme auf. Hat die Ver53

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Zweiter Band, (1984), S. 267 ff.

424

Teil II: UntemehmensfUhrung und Funktionen des Operativbereiches

lustzunahme zu einer Aufzehrung des relativen Gewinnmaximums geführt, so repräsentiert diese Stelle ein relatives Verlustmaximum. Hat dagegen die Verlustzunahme das relative Gewinnmaximum nicht aufgezehrt, so stellt die Stelle x = X2 ein relatives Gewinnminimum dar. Diese Stelle ist somit immer ungünstiger als die Stelle X = Xj.

Abb. 27: Gewinnmaximierung bei polypolistischer Konkurrenz (Grenzkostenbetrachtung)

(Gesamtkostenbetrachtung) Übersteigt der Absatz die Menge x = X2, so sind hier die entstehenden Grenzgewinne wieder positiv, da die Grenzerlösfunktion oberhalb der Grenzkostenfunktion verläuft. Damit stellt sich die Frage, ob ein die Absatzmenge x = X2 überschreitender Absatz insgesamt zu einem höheren Gewinn führen kann als der Gewinn, der an der Stelle x = x t erzielbar ist. Zur Beantwortung der Frage betrachten wir Abb. 27. In dieser Abb. markiert die schraffierte Fläche I im Intervall 0 < x < x j die Summe der

425

8. Abschnitt: Absatz

Grenzgewinne, also den Gesamtgewinn, der bei einer Absatzmenge x = X! erzielt werden kann. Analog repräsentiert die schraffierte Fläche II die Summe der Grenzverluste, also den Gesamtverlust zwischen den Absatzmengen X] und x 2 . Die schraffierte Fläche III steht für die Summe der Grenzgewinne zwischen den Absatzmengen x 2 und x 3 . An der Stelle x = x 3 (Punkt A 2 ), an der gleichermaßen wie an der Stelle x = x¡ Grenzkosten und Grenzerlös gleich groß sind, liegt ein weiteres relatives Gewinnmaximum vor. Für einen Vergleich dieser beiden relativen Gewinnmaxima gilt nun: Ist die Summe der Grenzgewinne im Intervall x 2 bis X3 und damit die schraffierte Fläche III größer als die Summe der Grenzverluste im Intervall x¡ bis x 2 , repräsentiert durch die schraffierte Fläche II, dann weist die Absatzmenge x = x 3 einen höheren Gesamtgewinn auf als die Absatzmenge x = X[. Ist dagegen die schraffierte Fläche II größer als die schraffierte Fläche III, wie dies für die Abb. 27 zutrifft, dann stellt die Absatzmenge x = X] die günstigere Gewinnsituation dar. Erweist sich von den beiden relativen Gewinnmaxima x = x j und x = x 3 das letztere als das absolute Gewinnmaximum, so bedeutet das aber auch in der Regel eine erhebliche Ausweitung des Absatzes. In der betrieblichen Praxis dürfte von den beiden gewinnoptimalen Alternativmengen X] und X3 die erstere die wahrscheinlichere sein. Diese Aussage resultiert aus zwei Überlegungen: Zum einen wirkt das Intervall X! < x < x 2 der Grenzverluste preispolitisch als Bremse, d. h. ein Unternehmen wird kaum bereit sein, Preissenkungen vorzunehmen, wenn es über Erkenntnisse darüber verfügt, daß eine derartige Maßnahme mit hoher Wahrscheinlichkeit zu zusätzlichen Verlusten führen wird. Zum anderen dürfte das Kostenniveau der Betriebe in der Regel eine Höhe aufweisen, die es verbietet, eine derart nachhaltige Preissenkung vorzunehmen, um den erforderlichen Mehrabsatz, der zur Überwindung des Bereichs der Grenzverluste erreicht werden müßte, zu realisieren. Weiterhin spricht für die Absatzmenge x = xj, daß die gegebenen technischen Produktionskapazitäten die Fertigung der Menge x = x 3 häufig gar nicht zulassen. Ein Übergang auf die größere Menge x = x 3 hätte daher in aller Regel die Durchführung von Erweiterungsinvestitionen zur Voraussetzung. Diese nehmen zum einen in nicht unerheblichem Maße Zeit in Anspruch; zum anderen ist nicht von vornherein sicher, daß die aus diesen Investitionen resultierenden Konsequenzen in jedem Fall vorteilhaft sind.

2.5 Preispolitik bei oligopolistischer Konkurrenz (Angebotsoligopol) 2.5.1 A n g e b o t s o l i g o p o l auf v o l l k o m m e n e m

Markt

Ein Angebotsoligopol ist dadurch charakterisiert, daß vielen kleinen Nachfragern wenige mittelgroße Anbieter gegenüberstehen. 54 Reduziert sich die Anzahl der anbietenden Unternehmen auf zwei, so liegt der einfachste Fall des Oligopols, das Dyopol vor. Oligopole sind für den Fall des vollkommenen Marktes nicht eindeutig erklärt. Diese Erkenntnis ergibt sich aus den folgenden Überlegungen: 55 Jeder Oligopolist verfügt über die Möglichkeit, Preispolitik mit Hilfe einer Mengenoder einer Preisvariation zu betreiben. Entwickelt ein Oligopolist derartige Aktivitäten, so führt dies zu Änderungen auf dem Absatzmarkt, mit der Konsequenz, daß die 54 55

Vgl. MEFFERT, H.: Maiketing, (1986), S. 315. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Zweiter Band, (1984), S. 273 ff., TIETZ, B.: Marketing, (1989), S. 213 ff. sowie MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 315 ff.

426

Teil II: Untemehmensfühmng und Funktionen des Operativbcreiches

Konkurrenten zwangsläufig preispolitische Gegenmaßnahmen ergreifen, die dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip der Gewinnmaximierung entsprechen. Mithin ist für das Oligopol eine Abfolge von Wirkungen und Rückwirkungen, hervorgerufen durch die mengen- und preisverändernden Aktivitäten eines (oder mehrerer) preispolitisch aktiver Oligopolisten und dessen Konkurrenten kennzeichnend. Entscheidend ist nun die Tatsache, daß die preis- und mengenpolitischen Reaktionen der Konkurrenten nicht bekannt sind. An die Stelle der vollkommenen Information müssen somit Erwartungshaltungen über mögliche Reaktionen der Konkurrenz treten. Dadurch entfällt die Möglichkeit, eindeutige Entscheidungen zu treffen, da nicht mehr alle Variablen, die die Gewinnfunktion beeinflussen, im Entscheidungsfeld des Entscheidungsträgers liegen. Das Kriterium der vollkommenen Markttransparenz als eine wesentliche Voraussetzung des vollkommenen Marktes wird somit verletzt. Bezeichnen x die Mengen, p die Preise, K die Kosten, E die Erlöse und G die Gewinne, so können die wechselseitigen Abhängigkeiten für ein Dyopol mit den beiden konkurrierenden Anbietern A und B wie folgt dargestellt werden: X

A =

GA = G

A

X

A(PA>PB)

E

A

- K

B = XB(PA,PB)

GB = E

A

= PAXA "

X

K

A(XA)

GA = PAXA(PA»PB) - K A ( X A(PA.PB))

B

-K

(11) (12)

B

G B = PBXB - KB(XB)

(13)

G b = pBxB(pA,pB) - KB(xB(pA,pB))

(14)

Auf die Darstellung entsprechender Modelle mit alternativen Erwartungsstrukturen wird hier verzichtet. 2 . 5 . 2 P r e i s p o l i t i k bei oligopolistischer K o n k u r r e n z unvollkommenen Märkten

auf

Im folgenden wird eine in der Praxis beobachtbare Situation beschrieben, die sich auf einen unvollkommenen Markt bei wirtschaftsfriedlichem Verhalten der Oligopolisten bezieht. 56 Sie basiert auf der Unterstellung, daß es dem Oligopolisten im Rahmen seiner Präferenzpolitik möglich ist, für seine Preis-Absatz-Funktion einen spezifischen preispolitischen Spielraum zu schaffen, der nach oben und nach unten begrenzt ist. Im Ergebnis führt diese Unterstellung zu einer Preis-Absatz-Funktion, die jener bei polypolistischer Konkurrenz ähnlich ist (vgl. Abb. 29).

den oberen Grenzpreis P2 vom oberen atomistischen Bereich A und durch den unteren Grenzpreis pi vom unteren atomistischen Bereich C abgegrenzt wird. Der reaktionsfreie Bereich B ist analog dem monopolistischen Bereich bei polypolisti56

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 317 ff., sowie GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Zweiter Band, (1984), S. 290 ff.

8. Abschnitt: Absatz

427

scher Konkurrenz Folge der Unvollkommenheit des Marktes. Seine Größe wächst in dem Maße, in welchem die Undurchschaubarkeit des Marktes und die Präferenz für das betrachtete Gut bei den Kunden des Oligopolisten zunehmen und die Substituierbarkeit dieses Gutes abnimmt. Im reaktionsfreien Bereich B kann sich der Oligopolist preispolitisch wie ein Monopolist verhalten, ohne mit störenden Reaktionen der Konkurrenz rechnen zu müssen. Diese Konkurrenzreaktionen sind erst dann zu erwarten, wenn der Oligopolist den oberen Grenzpreis über- bzw. den unteren Grenzpreis unterschreitet. Die Stärke dieser Konkurrenzreaktionen kann dazu führen, daß die Preis-Absatz-Funktion in den Bereichen A und C steiler verläuft, als dies für die beiden atomistischen Bereiche bei polypolistischer Konkurrenz zutrifft. Dies ist Ausdruck der Tatsache, daß Preisänderungen in gleicher Höhe für das Oligopol relativ geringere Mengenänderungen zur Folge haben als solche bei polypolistischer Konkurrenz.

2.6 Kritische Würdigung der klassischen Preistheorie Eine kritische Bewertung der vorstehend entwickelten preispolitischen Modelle hat davon auszugehen, daß diese zwar in der Lage sind, formallogisch eine optimale Preisfindung zu gewährleisten. Andererseits ist jedoch die Tatsache nicht zu übersehen, daß diesen Modellen realitätsfremde Prämissen zugrunde liegen, mit der Konsequenz, daß sie für reale Preisentscheidungen nicht einsetzbar sind. Die wesentliche Kritik kann in den folgenden Punkten zusammengefaßt werden 57 : 1. Im Mittelpunkt steht die kurzfristige Betrachtungsweise. Primäres Ziel ist die kurzfristige Gewinnmaximierung, die für den Betrachtungszeitraum von einer konstanten Nachfrage und von konstanten Kosten ausgeht. Tatsächlich unterliegen diese beiden Größen einer laufenden Veränderung. Auch bleiben die für die Praxis wesentlichen Ziele wie hoher Marktanteil, hoher Umsatz und verstärkte Marktdurchdringung unberücksichtigt. 2. Die Modelle sind deterministisch und statisch. Die deterministische Betrachtungsweise unterstellt, daß für die Entscheidungsfindung vollkommene Information gegeben ist. Tatsächlich sind die Entscheidungen jedoch unter Risiko oder Unsicherheit zu treffen. Statische Modelle betrachen nur eine einzige Periode und lassen mehrperiodische, dynamische Entwicklungen außer acht. 3. Die Modelle nehmen nur eine einstufige Marktbetrachtung vor und berücksichtigen nur ein Einzelprodukt. Der Handel bleibt ausgeschlossen, das Problem optimaler Handelsspannen wird ausgeklammert, und eine Preispolitik für mehrere Produkte im Rahmen eines Sortiments bleibt unbeachtet. 4. Es wird stets nur von einer Individualentscheidung ausgegangen, obwohl häufig mehrere Personen am Entscheidungsprozeß beteiligt sind. Auch wird für die Individualentscheidung Rationalverhalten unterstellt. Das bedeutet, daß beispielsweise psychologische Kaufdeterminanten ausgeklammert bleiben. 5. Staatliche Preisvorschriften können die Unterstellung einer freien Preisbildung widerlegen. 6. Marktprozesse nehmen Zeit in Anspruch. Die Annahme unendlich großer Informations- und Reaktionsgeschwindigkeiten geht an der Realität vorbei. 7. Die Gesamtheit der möglichen Marketingaktivitäten im Konsumentenbereich wird auf den Preisaspekt verengt. Wesentliche Marketinginstrumente bleiben unberücksichtigt. 57

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 323 f.

428

Teil II: Untemehmensflihrung und Funktionen des Operativbereiches

Die Schwächen der klassischen Preistheorie haben dazu geführt, daß für die praxisorientierte Preisfestlegung ganz bestimmte Preisbestimmungsprinzipien entwickelt wurden, von denen man annimmt, daß sie der Beschreibung der Realität sehr nahe kommen. Bevor diese Prinzipien im einzelnen erläutert werden, ist das Problem der Preisuntergrenzen etwas ausführlicher zu behandeln.

2.7 Preisuntergrenzen und ihre Bestimmung 2.7.1 B e g r i f f der

Preisuntergrenze

Die Preisuntergrenze stellt ,jene Entgelthöhe dar, bei deren Unterschreitung der Verzicht auf den Güterverkauf in einem bestimmten Zeitpunkt die Zielsetzung(en) des Wirtschaftssubjekts besser erfüllt als der Verkauf des Gutes" 58 . Das Problem der Preisuntergrenze hängt von der Kostenstruktur des Unternehmens ab und ist von seiner Marktposition und seiner Marktform grundsätzlich unabhängig. Unter dem Aspekt des Betrachtungszeitraums wird ausgehend von Kostengesichtspunkten zwischen lang- und kurzfristigen Preisuntergrenzen unterschieden. 59 Die langfristige Preisuntergrenze wird durch einen Preis charakterisiert, der gerade noch die gesamten Stückkosten eines Produktes deckt. Dabei ist der Gewinn gleich Null. Diese Festlegung resultiert aus der Überlegung, daß ein Unternehmen in marktwirtschaftlichen Ordnungen auf Dauer nur überleben kann, wenn für ein bestimmtes Produkt, zumindest jedoch für das gesamte Produktionsprogramm, vollkostendeckende Preise erzielbar sind. Diese Preisuntergrenze stellt somit einen unteren Schwellenwert dar, der langfristig unter gar keinen Umständen unterschritten werden darf. Von der kurzfristigen Preisuntergrenze, auch Betriebsminimum genannt, spricht man dann, wenn ein Unternehmen bei gegebener Kapazität für ein Produkt einen Preis erzielen kann, der gerade noch die variablen Kosten deckt. Das sind die Kosten, die bei einer Produktionsstillegung vermieden werden können. Diese Festlegung resultiert aus der Überlegung, daß bei kurzfristiger Betrachtungsweise die fixen Kosten ohnehin anfallen und daß die Produkte solange noch einen Beitrag zur Deckung der fixen Kosten leisten, solange der erzielbare Preis größer ist als die variablen Kosten. Bei nicht ausgenutzter Kapazität kann es daher kurzfristig für ein Unternehmen betriebswirtschaftlich sinnvoll sein, Produkte zu fertigen und abzusetzen, deren Preise größer oder gleich der kurzfristigen Preisuntergrenze sind. Erst wenn diese Grenze unterschritten wird, ist die Produktion einzustellen. Von besonderer Bedeutung sind Preisuntergrenzen für Entscheidungen, welche die Weiterproduktion bzw. Stillegung von Betriebsteilen sowie die Annahme bzw. Ablehnung von Zusatzaufträgen zum Inhalt haben. Diese Entscheidungen werden sehr häufig im Rahmen der Deckungsbeitragsrechnung getroffen. 60

58 59 60

RAFFÉE, H.: Preisuntergrenzen, (1974), Sp. 1693. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 301 ff. Zur Dcckungsbeitragsrechnung vgl. S. 751 ff.

8. Abschnitt: Absatz

429

2.7.2 B e s t i m m u n g der Preisuntergrenzen Nunmehr soll die Bestimmung der Preisuntergrenzen an Hand von zwei Beispielen demonstriert werden. 61 Dem ersten Beispiel liegt ein linearer Gesamtkostenverlauf zugrunde, das zweite Beispiel geht von einem S-förmigen Gesamtkostenverlauf aus. Als Marktform wählen wir die atomistische Konkurrenz auf vollkommenem Markt. Das bedeutet, daß wir von einem konstanten Preis, dem Gleichgewichtspreis, ausgehen. Stimmen die Grenzkosten K'(x) und die variablen Stückkosten k v (x) überein, d. h. liegt ein linearer Gesamtkostenverlauf vor, so können die Zusammenhänge mit Hilfe der Abb. 30 und 31 veranschaulicht werden. In ihnen stellt x = x«ap die Kapazitätsgrenze dar. In der Abb. 30 repräsentieren der Punkt Q den Preis p = P3, der gleich den Stückkosten k(x) ist, und der Punkt M den Preis p = P5, der gleich den variablen Stückkosten k v (x) ist, jeweils bei gleichem Abszissenwert x = x K a p . Analog stellen in der Abb. 31 der Punkt Q* den Erlös Eßix) dar, der betragsmäßig den Gesamtkosten K(x) entspricht, und der Punkt M* den Erlös E 5 (x), der betragsmäßig den variablen Kosten K v (x) entspricht, jeweils an der Stelle x = x Kap .

Abb. 30: Bestimmung der Preisuntergrenzen bei linearem Gesamtkostenverlauf (Stückkostenbetrachtung)

(Gesamtkostenbetrachtung)

61

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Zweiter Band, (1984), S. 229 ff., sowie WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 662 ff.

430

Teil II: Untemchmensfahmng und Funktionen des Operativbcreiches

Ausgangspunkt der Betrachtung ist der Preis p = pj. Nimmt der Preis ab, so verringert sich auch der Stückgewinn RQ, wobei die gewinnmaximale Absatzmenge stets an der gleichen Stelle, nämlich der Kapazitätsgrenze x = x K a p liegt (vgl. Abb. 30). Erreicht der Preis das Niveau p = p3, so ist der Gewinn an der Stelle x = x K a p gleich Null, mit den Konsequenzen P3 = k(x Kap ) und E3(x Kap ) = K(xk 3P ) (vgl. Abb. 31). Während in dieser Situation vom Erlös noch die Gesamtkosten gedeckt werden, bleibt beim Preis p = P4 ein gewisser Fixkostenanteil ungedeckt. Sinkt der Preis schließlich auf den Wert p = P5, werden nur noch die variablen Kosten gedeckt. Das bedeutet, daß die Erlösfunktion Es(x) im Abstand der fixen Kosten parallel zur Gesamtkostenfunktion K(x) verläuft. Somit repräsentieren der Punkt M die kurzfristige Preisuntergrenze und der Punkt Q die langfristige Preisuntergrenze. Wenden wir uns nun einem S-förmigen Gesamtkostenverlauf zu. Zur Demonstration betrachten wir die Abb. 32 und 33. Sinkt der Preis von p = pi über p = p 2 bis hin zu p = P5, so nimmt die gewinnmaximale Absatzmenge als Schnittpunkt von Grenzerlös E'(x) (E'(x) = p) und Grenzkosten K'(x) ebenfalls ab. Damit geht ein Rückgang des Stückgewinns einher, mit der Konsequenz, daß im Punkt Q (x = xq und p = P3) überhaupt kein Gewinn mehr entsteht. In dieser Situation wird die Erlösgerade E 3 (x) zur Tangente an der Gesamtkostenfunktion K(x) (vgl. Abb. 33), die Grenzkosten K'(x) und die Stückkosten k(x) stimmen in diesem Punkt überein, wobei letztere hier ihr Minimum erreichen (vgl. Abb. 32). Da der Preis p = P3 in Verbindung mit der zugehörigen Absatzmenge x = x q es gestattet, gerade noch die Kosten zu decken, ohne einen Gewinn zu realisieren, aber auch ohne in die Verlustzone zu geraten, stellt der Punkt Q die langfristige Preisuntergrenze dar. Setzen wir die Preissenkung fort, d. h. sinkt der Preis unter den Wert p = p 3 , so kann nur noch ein Teil der fixen Kosten gedeckt werden. Schließlich tritt an der Stelle x = x m und p = p 5 , also im Punkt M, die Situation ein, daß überhaupt kein Beitrag mehr zur Deckung der fixen Kosten geleistet wird. Die Gesamterlösfunktion E 5 (x) wird zur Tangente an der Funktion der variablen Kosten K v (x) (vgl. Abb. 33), bei der zugehörigen Absatzmenge x = x m stimmen die Grenzkosten K'(x) und die variablen Durchschnittskosten k v (x) überein. Letztere erreichen an der Stelle x = x m ihren minimalen Wert (vgl. Abb. 32). Da der Preis p = p 5 und die zugehörige Absatzmenge x = x m es gestatten, gerade noch die variablen Kosten zu decken, repräsentiert der Punkt M die kurzfristige Preisuntergrenze. Unterschreitet der Preis den Wert p = p 5 , so wird unabhängig vom Verlauf der Gesamtkostenfunktion K(x) in aller Regel eine Betriebsstillegung erfolgen müssen. Bei einem Preisniveau p 5 < p < p 3 ist dagegen eine Weiterbeschäftigung, zumindest für eine begrenzte Zeit, möglich.

8. Abschnitt: Absatz

Abb. 32: Bestimmung der Preisuntergrenzen bei S-förmigem Gesamtkostenverlauf (Stückkostenbetrachtung)

Gesamtkostenverlauf (Gesamtkostenbetrachtung)

431

432

Teil II: UnlcmehmensfUhrung und Funktionen des Operativbercichcs

2.8 Praxisorientierte Preisfestlegung 2.8.1 P r i n z i p i e n der

Preisbestimmung

2.8.1.1 Kostenorientierte

Preisbestimmung

(Kostenprinzip)

Die Preisfestlegung in der Praxis orientiert sich sehr stark an Prinzipien, die die Risikobereitschaft der Entscheidungsträger in die Überlegungen einbeziehen. Entsprechend einer verschiedenartigen Umweltlage können kostenorientierte, nachfrageorientierte sowie konkurrenz- und branchenorientierte Preisbestimmungsprinzipien im Vordergrund stehen. Betrachten wir zunächst die kostenorientierte Preisbestimmung. Obwohl in marktwirtschaftlichen Ordnungen in der Regel kein direkter Zusammenhang zwischen Absatzpreisen und Kosten existiert, kommt den Daten der Kostenrechnung bei der Preisfestsetzung in der Praxis eine große Bedeutung zu. Für die an den Unternehmenskosten orientierte Preisfestsetzung sind zwei Vorgehensweisen zu unterscheiden: 1. Kostenpreise (Kosten + Gewinnzuschlag), 62 2. Vorgabepreise. Bei Kostenpreisen ergibt sich der Preis eines Produktes aus den Stückkosten, die im Handel dem Einstandspreis entsprechen, plus einem Gewinnzuschlag, der einen festen Prozentsatz der Kosten ausmacht. Die Höhe dieses Gewinnzuschlags richtet sich nach Risikogesichtspunkten und wird häufig mit Hilfe von Faustregeln bestimmt. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt vor allem in der relativ einfachen Handhabung. Dies wird erkauft mit dem schwerwiegenden Nachteil, daß starre Gewinnzuschläge häufig nicht zu einer optimalen Preispolitik führen. Bei Vorgabepreisen resultiert der Preis aus der Forderung, bei einem geschätzten Absatzvolumen eine bestimmte Rentabilität des eingesetzten Kapitals zu erreichen. Diese Preisfestsetzung erfolgt in vier Schritten und soll an Hand der Abb. 34 beispielhaft erläutert werden. E(x) K(x) 3000-

2000

1000-

100

200

300

x

500 "Kap

Abb. 34: Ermittlung des Vorgabepreises 62

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 325 ff.



x

433

8. Abschnitt: Absatz

Im ersten Schritt erfolgt die Schätzung des Verlaufs der Gesamtkostenfunktion. Sie möge die Gleichung K(x) = 1.000 + 2,5x haben. Im zweiten Schritt wird das Absatzvolumen in der betrachteten Planperiode als Prozentsatz der Kapazität prognostiziert. Letztere betrage x K a p = 500 Mengeneinheiten. Der Absatz wird auf x* = 400 Mengeneinheiten, also auf 80% von x K a p geschätzt. Im dritten Schritt wird die VorgabeRentabilität festgelegt. Sie betrage 25%. Die Bezugsgröße stellen die Gesamtkosten an der Stelle x* = 400 dar, die 2.000 Geldeinheiten betragen. Diese Kosten werden als Kapitaleinsatz interpretiert. Der entsprechende Gewinn soll also 500 Geldeinheiten betragen. Schließlich ist im vierten Schritt der entsprechende Produktpreis zu bestimmen. Aus dem dritten Schritt ist bekannt, daß ein Erlös von 2000 + 500 = 2500 Geldeinheiten erzielt werden muß. Bei einem Absatz von 400 Mengeneinheiten ergibt das einen Produktpreis von 6,25 Geldeinheiten pro Stück. Dieses Verfahren der Vorgabepreise offenbart einen schwerwiegenden Mangel: Der Preis resultiert aus der Schätzung des Absatzes. Dabei ist der Absatz eine Funktion des Preises. Die bestehende Wechselwirkung zwischen Preis und Absatz kann dazu führen, daß der festgelegte Vorgabepreis zu hoch oder zu niedrig ist, mit der Konsequenz, daß die geschätzte Absatzmenge am Markt verfehlt wird. 2.8.1.2 Nachfrageorientierte Preisbestimmung

(Wertprinzip)

Die nachfrageorientierte Preisbestimmung hat ihren Bezugspunkt in der konkreten Nachfragesituation. 63 Im Detail geht es beispielsweise um Antworten auf die Fragen nach der Einschätzung des Produktes durch die Konsumenten, nach dem Ruf von Anbieter, Hersteller oder Händler, nach dem Preis, den die Käufer zu zahlen bereit sind, u. a. m. Diese Antworten bilden zunächst die Grundlage für die Nutzenerwartung der Konsumenten und damit auch für die Wertvorstellung, die sich aus der Bedürfnisbefriedigung ableitet. Eine hohe Nutzenerwartung geht in der Regel mit einer hohen Nachfrage einher. In diesem Fall wird ein hoher Preis verlangt. Umgekehrt korrespondieren eine geringe Wertvorstellung und damit eine geringe Nachfrage mit niedrigen Preisen. Die Preisfestlegung erfolgt also völlig losgelöst von Kostenaspekten. In der Realität hängen die Preise zum einen von den Kosten und zum anderen vom Markt ab, wenngleich zwischen diesen Größen kein starrer Zusammenhang besteht. Ein vom schwedischen Nationalökonomen CASSEL in die Literatur eingeführtes Beispiel soll diesen Sachverhalt veranschaulichen. „Ein Reisebüro bestellte für mehrere aufeinanderfolgende Wochenenden Sonderzüge mit jeweils 400 Plätzen - alle 2. Klasse - bei der Bahn und verpflichtete sich, für jeden Zug 2500 DM zu zahlen. Für den ersten Sonntag setzte das Reisebüro den Preis auf 20 DM fest. Es kamen 125 Teilnehmer. Die Erlöse betrugen mit 2500 DM ebensoviel wie die Kosten (Verwaltungsgemeinkosten für entsprechende Büroarbeiten sollen vernachlässigt werden). Da das Reisebüro aber an diesem Projekt etwas verdienen wollte, erhöhten seine Disponenten den Preis auf 30 DM. Am nächsten Sonntag nahmen 50 Personen an der Sonderfahrt teil. Das Ergebnis war also eine Einnahme von 1500 DM und damit ein Verlust von 1000 DM. Daraufhin stellten die Disponenten des Reisebüros fest, daß die Durchschniuskosten 50 DM pro Person (2500 : 50) betragen würden, ihr Unternehmen die Reisenden jedoch für nur 30 DM beförderte. Um endlich einen Gewinn zu erzielen, erhöhten sie abermals den Preis auf 60 DM mit dem Ergebnis, daß der Zug am folgenden Sonntag nur 6 Reisende beförderte. Der Verlust steigerte sich jetzt auf 2140 DM (2500 - 60 - 6). Nach diesem Debakel traten die Disponenten erneut zusammen und verwarfen ihr Selbstkostenkonzept als unsinnig mit dem Argument, daß ihre Preisentscheidungen auf der Grundlage von Selbstkosten nur Verluste mit sich gebracht hätten. Sodann setzten sie den Preis auf 10 DM herab. Der Erfolg war überraschend. Die Zahl der Reisenden betrug auf der nächsten Sonderfahrt 400. Es entstand also ein Überschuß von genau 1500 DM. Das Erstaunlichste dieser Prcisentscheidung waren aber die auf 6,25 DM pro Person (2500:400) gesunkenen Selbstkosten." 6 4 63 64

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 328 ff. Dieses Beispiel ist entnommen aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 329.

434

Teil II: Unternehmensführung und Funktionen des Operativbcreiches

Aus dem Beispiel wird ersichtlich, daß eine ausschließlich kostenorientierte Preisbestimmung keine geeignete Grundlage für die Preisbildung ist. Denn die stufenweise Erhöhung der Platzpreise von 20 DM über 30 DM auf 60 DM läßt den folgenschweren Zusammenhang außer acht, der zwischen der Anzahl der verkauften Plätze und dem Platzpreis besteht, mit der Konsequenz, daß jede Preiserhöhung steigende Verluste zur Folge hat. Erst die Berücksichtigung des Wertprinzips, die im Ergebnis zu einer Festlegung des Platzpreises von 10 DM führt, ermöglicht dem Reisebüro den Übergang von der Verlust- in die Gewinnzone. Generell sollte sich daher die Preisgestaltung in Abhängigkeit von der speziell vorliegenden Situation am Kosten- wie am Wertprinzip orientieren, um zu gewährleisten, daß über einen dauerhaften Absatz die Erlöse langfristig die Kosten decken und zusätzlich einen bestimmten Gewinn erbringen. Auf dem Wege hin zu diesem Ziel hat sich in der Praxis der Einsatz der Deckungsbeitragsanalyse bewährt, der es mit großem Erfolg gelingt, die Zusammenhänge zwischen Kosten, Absatz und Gewinn darzustellen und auszuwerten. 65 2.8.1.3 K o n k u r r e n z - und branchenorientierte

Preisbestimmung

Die konkurrenz- und branchenorientierte Preisbestimmung löst sich im Gegensatz zu den beiden vorstehend erläuterten Prinzipien von einer festen Beziehung zwischen Preis auf der einen sowie Kosten und Nachfrage auf der anderen Seite. 66 Orientierungspunkt ist vielmehr ein Leitpreis. Dieser Preis, der dem Durchschnittspreis der Branche oder dem Preis des Marktführers entspricht, kann zwar um geringfügige Beträge unter- oder überschritten werden; charakteristisch ist jedoch die Tatsache, daß der einmal festgelegte Leitpreis auch dann beibehalten wird, wenn die Kosten- oder Nachfragesituation sich verändert. Dieses Preisbestimmungsprinzip bedeutet praktisch den Verzicht auf eine aktive Preispolitik. An ihre Stelle tritt das Prinzip einer Risikominimierung. Denn man kann in der Regel davon ausgehen, daß der Leitpreis eine Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals garantiert. Damit entfällt ein Motiv für einen Preiskampf. Eine Orientierung der Preisfestlegung an einem Leitpreis findet in der Praxis vornehmlich dort statt, wo ein Markt für homogene Güter vorliegt bzw. die Intensität der Konkurrenzbeziehungen sehr groß ist. 2.8.2 P r e i s p o l i t i s c h e

Strategien

Unter einer preispolitischen Strategie versteht man die Aktivitäten, die für einzelne Produkte im Verlauf ihrer begrenzten Lebensdauer (Produktlebenszyklus) geplant werden. 67 Die folgenden vier preispolitischen Strategien sind am häufigsten in der Praxis anzutreffen: 1. Prämien- und Promotionspreispolitik, 2. Penetrations- und Abschöpfungspreispolitik, 3. Strategien der Preisdifferenzierung, 4. Strategie des preispolitischen Ausgleichs.

65 66 67

Zur Deckungsbeitragsanalysc vgl. S. 758 ff., insbesondere S. 777 ff. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 333. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 334 ff. Zum Begriff des Produkllcbcnszyklus vgl. S. 439.

8. Abschnitt: Absatz

435

Unter Prämienpreispolitik versteht man die Ansetzung relativ hoher Preise bei hoher Produktqualität. Diese Preispolitik wird flankiert und unterstützt durch andere Marketingmaßnahmen wie spezielle Werbeaktivitäten und Vertriebssysteme sowie ein hohes Serviceniveau. Prämienpreispolitik ist typisch für Luxusprodukte. Im Gegensatz dazu setzt die Promotionspreispolitik relativ niedrige Preise an. Bei dieser Preispolitik, die vor allem die Preisempfindlichkeit des Konsumenten im Auge hat, ist der Preis ein wesentliches Werbeargument. Promotionspreispolitik wird beispielsweise für bestimmte Kameras eingesetzt. Die Penetrationspreispolitik verfolgt das Ziel, mit relativ niedrigen Preisen kurzfristig Massenmärkte mit hohen Absatzzahlen zu erschließen. Daneben sollen die niedrigen Penetrationspreise, die zu späteren Zeiten schrittweise erhöht werden, mögliche Konkurrenten abschrecken. Der Einsatz der Penetrationspreispolitik ist dann empfehlenswert, wenn man davon ausgehen kann, daß eine hohe Preiselastizität der Nachfrage auf dem Neuproduktmarkt vorliegt und daß sich die Gewinnsituation der Unternehmung bei hoher Betriebsmittelauslastung infolge der Kostendegression verbessert. Nachteilig kann sich dagegen eine häufig zu beobachtende relativ große Amortisationsdauer für die Investitionen in das Neuprodukt auswirken. Im Gegensatz zur Penetrationspreispolitik versteht man unter Abschöpfungspreispolitik die Ansetzung relativ hoher Preise für ein Neuprodukt in der Einführungsphase bei niedrigen Absatzmengen und hohen Stückkosten. Mit zunehmender Markterschließung und wachsendem Konkurrenzdruck geht eine schrittweise Senkung der Preise einher. Der Einsatz der Abschöpfungspreispolitik empfiehlt sich, wenn ein entsprechender Kosumentenkreis existiert, der bereit ist, die hohen Preise zu zahlen, wenn das Produkt in der Gefahr ist, relativ schnell zu veralten, bzw. wenn die hohen Einführungspreise die Erzielung hoher Deckungsbeiträge ermöglichen. Der Nachteil dieser Strategie kann darin bestehen, daß die mit hohen Preisen verbundenen Wachstums- und Gewinnchancen möglicherweise Konkurrenten anlocken. Typische Beispiele für den erfolgreichen Einsatz der Abschöpfungspreispolitik sind Fernsehgeräte und Computer. Unter Preisdifferenzierung versteht man den Sachverhalt, daß von verschiedenen Kundengruppen für ein gleiches Produkt verschieden hohe Preise gefordert werden. Auf diese Weise ist eine differenzierte Marktbearbeitung möglich. Die Preisdifferenzierung ist an die folgenden Voraussetzungen gebunden: 1. Es besteht die Möglichkeit, die Konsumenten in Gruppen einzuteilen, die sich unter personellen, sachlichen oder räumlichen Gesichtspunkten voneinander unterscheiden. Es ist ferner möglich, die entsprechenden Märkte zu segmentieren und die einzelnen Konsumentengruppen zu isolieren. 2. Es herrscht ein unvollkommener Markt. 3. Die Marktmacht ist groß genug, um die Preisdifferenzierung betreiben zu können. Im Rahmen der Preistheorie wird zwischen der Preisdifferenzierung bei gegebener Marktaufteilung und bei willkürlicher Marktaufteilung unterschieden. Bei der Preisdifferenzierung bei gegebener Marktaufteilung (vertikale Preisdifferenzierung) bilden die einzelnen Marktsegmente, d. h. die Käufer verschiedener Preisschichten, die Daten der Preispolitik. Dagegen geht es bei der PreisdifTerenzierung bei willkürlicher Marktaufteilung (horizontale Preisdifferenzierung) darum, diese Marktsegmente erst dadurch zu bilden, daß man Käufer zusammenfaßt, die bereit sind, den gleichen Preis für ein Gut zu zahlen.

436

Teil II: Unternehmensrührung und Funktionen des Operativberciches

Der Zweck der Bildung von Preisklassen für verschiedene Marktsegmente liegt in der Abschöpfung der Konsumentenrente. Unter der Konsumentenrente versteht man das Produkt aus der Absatzmenge und einer Preisdifferenz. Diese resultiert aus dem Preis, den ein Käufer maximal zu zahlen bereit ist (Nachfragepreis), und dem tatsächlich gezahlten Marktpreis. Zur Veranschaulichung dient die Abb. 35. 68 Aus dieser geht hervor, daß die Preis-Absatz-Funktion für ein Gut in Form der Geraden R1R2 gegeben ist. Wird nun die Grundvariante A 0 eines Produktes mit der Gesamtmenge x = XQ zum Preis p = Po abgesetzt, so liefert das einen Erlös, der dem Rechteck O X Q A O P O entspricht. In der Preis-Absatz-Funktion kommt jedoch die Tatsache zum Ausdruck, daß bestimmte Käufer bereit sind, für das betrachtete Produkt einen höheren Preis zu zahlen. Der Anbieter entspricht dieser Bereitschaft, indem er zwei zusätzliche Produktvarianten A j und A2 in das Programm aufnimmt, die zu den Preisen p = pj bzw. p = p 2 angeboten werden. Die Gesamtabsatzmenge für die drei Produktvarianten AQ, AJ und A 2 möge konstant bleiben und der ursprünglichen Absatzmenge der Grundvariante A 0 entsprechen. Damit erfolgt eine Zerlegung der ursprünglichen Gesamtabsatzmenge x = XQ in drei Teilmengen: Eine erste Käufergruppe kauft die Produktvariante A 2 mit der Menge x = x 2 zum Preis p = P2. Eine weitere Käufergruppe kauft die Produktvariante A j mit der Menge x = Xj-X2 zum Preis p = pj. Schließlich kauft die Restgruppe die Grundvariante AQ mit der Menge x = x 0 -xi zum Preis p = p0. Die schraffierten Rechtecke der Abb. 35 repräsentieren die Konsumentenrente, die im vorliegenden Beispiel abgeschöpft wird. Die theoretisch maximal abschöpfbare Konsumentenrente entspricht dem Flächeninhalt des Dreiecks P O A Q R ] .

68

Vgl. DORNIEDEN, U.: Produktpolitik, (1976), S. 72 f.

8. Abschnitt: Absatz

437

Die Strategie des preispolitischen Ausgleichs zielt darauf ab, die Komplementaritätsbeziehungen zwischen den Artikeln eines Sortiments bestmöglich zu nutzen. Das bedeutet konkret: Setzt sich das Sortiment aus Artikeln zusammen, deren Absatz teilweise zur Erzielung von Gewinnen führt, teilweise jedoch auch die Entstehung von Verlusten nach sich zieht, so hat der preispolitische Ausgleich eine auf Kostendeckung ausgerichtete Kompensation von gewinn- und verlustbringenden Artikeln zum Ziel. Soll für das gesamte Sortiment insgesamt mindestens eine Deckung der Vollkosten erreicht werden, dann müssen die Gewinne der erfolgreichen Artikel mindestens so groß sein wie die Verluste der nicht erfolgreichen Artikel. Bezeichnen n n* Xj Xj* g, Vj so muß

t i=l

Anzahl der erfolgreichen Artikel Anzahl der nicht erfolgreichen Artikel Absatzmenge des erfolgreichen Artikels i (Ausgleichsträger) Absatzmenge des nicht erfolgreichen Artikels i (Ausgleichsnehmer) Stückgewinn des Artikels i Stückverlust des Artikels i die folgende Beziehung gelten:

K

i Si - 1 Xi* Vj > 0 i=l

(15)

438

Teil II: Unlernehmensfühning und Funktionen des Operativberciehes

3. Präferenzpolitik 3.1 Produkt- und Sortimentspolitik 3.1.1 G r u n d l a g e n der Produkt- und

Sortimentspolitik

3 . 1 . 1 . 1 B e g r i f f e u n d Ziele der P r o d u k t - und

Sortimentspolitik

Mit dem Begriff der Produktpolitik wird die Gesamtheit der Aktivitäten zusammengefaßt, die eine marktgerechte Gestaltung des Produktprogramms zum Inhalt hat. 69 Sehr häufig umfaßt dieses Programm eine Vielzahl verschiedenartiger Produkte. In diesem Zusammenhang sind die Begriffe Produktklasse, Produktart und Produktmarke von besonderer Bedeutung. 70 Die Produktklasse stellt einen generellen Oberbegriff dar (z. B. Rasierklingen, Zigaretten, Seife) und umfaßt verschiedene Produktarten. Beispielsweise gehören zur Produktklasse Zigaretten die Produktarten Filterzigaretten und filterlose Zigaretten. Die Produktart (beispielsweise Filterzigaretten) ist der Oberbegriff für verschiedene Produktmarken (beispielsweise Philip Morris, Marlboro). Produktmarken stellen homogene Güter dar, die unter Verwendung einer einheitlichen Marke angeboten werden. Bei dieser Marke kann es sich beispielsweise um einen Namen oder ein Design handeln. Bezogen auf eine Unternehmung unterscheidet man Produktlinie und Produktprogramm mit den Dimensionen Programmbreite und Programmtiefe. Unter einer Produktlinie versteht man eine Gruppe von Produkten, die dadurch charakterisiert ist, daß diese Produkte aufgrund bestimmter Kriterien ein enges Beziehungsgeflecht aufweisen. 71 Diese Kriterien können beispielsweise produktionstechnische Zusammenhänge oder Bedarfszusammenhänge sein. Waschmittel und Kosmetikartikel stellen derartige Produktlinien dar. Die Gesamtheit der Produkte einer Unternehmung bildet das Produktprogramm. Dabei trifft die Programmbreite eine Aussage über die Anzahl der Produktlinien und der Produktarten, die im Programm enthalten sind. Die Programmtiefe ist ein Maß für die Ausführungsvielfalt innerhalb einer Produktlinie. Diese Vielfalt stellt sich in Form unterschiedlicher Typen und Modelle dar. Wenden wir uns nun der Sortimentspolitik zu. 72 Der Begriff des Sortiments ist insbesondere im Bereich der Handelsbetriebe verbreitet. Analog zur Produktpolitik wird im Rahmen der Sortimentspolitik die Frage beantwortet, welche Produkte in einer Planungsperiode angeboten werden sollen. Der Begriff des Sortiments im Handelsbetrieb entspricht dem Begriff des Produktprogramms im Industriebetrieb. In analoger Weise entsprechen die Warengruppen eines Sortiments den Produktlinien eines Produktprogramms. Während die Sortimentsbreite die Anzahl der Warengruppen eines Sortiments beschreibt, trifft die Sortimentstiefe eine Aussage über die Anzahl der Artikel pro Warengruppe. Fragt man nach den Zielen, die mit Hilfe der Produkt- und Sortimentspolitik verfolgt werden, so sind zu nennen: 73 1. Wachstumsziele im Hinblick auf die Größen Umsatz, Gewinn und Kapitalwert. 2. Gewinnziele im Hinblick auf die Größen Deckungsbeitrag und Kapitalrentabilität. 69 70 71 72 73

Zur Produktpolitik vgl. BERNDT, R.: Marketing 2, (1992), S. 20 ff. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 361. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 402 f. Zur Sortimentspolitik vgl. BERNDT, R.: Marketing 2, (1992), S. 112. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 362 ff.

8. Abschnitt: Absatz

439

3. Steigerung des Firmenwerts (Goodwills) durch Übernahme der Marktführerschaft (Technologische Überlegenheit, hohes Produkt- und Markenimage). 4. Verbesserung der Wettbewerbsposition durch Erhöhung des Marktanteils und Qualitätsführerschaft. 5. Sicherheitsstreben und Risikostreuung durch Verbreiterung des Kundenkreises sowie durch konjunkturellen und saisonalen Beschäftigungsausgleich. 6. Auslastung von Leerkapazitäten im Produktions- und Marketingbereich. 7. Nutzung von Rationalisierungspotentialen sowie von gemeinsam erarbeiteten Gruppenproblemlösungen (Synergieeffekte). Abschließend soll an dieser Stelle kurz auf die Entscheidungstatbestände der Produktpolitik eingegangen werden. 74 Dabei handelt es sich um die Produktinnovation, die Produktvariation, die Produktelimination und die Produktdiversifikation. Bei der Produktinnovation stehen die Änderungsprozesse einer Unternehmung im Mittelpunkt, die mit der Entwicklung von neuen Produkten verbunden sind. Gegenstand der Produktvariation ist die Veränderung der Eigenschaften von bereits auf dem Markt befindlichen Produkten mit dem Ziel, diese Produkte attraktiver zu gestalten (Produktmodifikation) oder die Produkte bedarfsgerecht bestimmten Marktsegmenten anzupassen (Produktdifferenzierung). Die Produktelimination bedeutet eine Aussonderung von Produkten. Diese Programmbereinigung ist das Ergebnis systematischer Programmanalysen. Von Produktdiversifikation wird gesprochen, wenn ein Unternehmen neue Märkte erschließt, auf denen zusätzliche Produkte angeboten werden. 3.1.1.2

Produktlebenszyklusanalyscn

Die Tatsache, daß für jedes Produkt die Gefahr besteht, durch ein besseres vom Markt verdrängt zu werden, und dieser Fall letztendlich auch immer eintritt, hat zur Folge, daß alle Produkte jeweils nur eine begrenzte Lebenserwartung haben. 75 Eine Analyse dieser begrenzten Produktlebensdauer, auch als Produktlebenszyklus bezeichnet, zeigt, daß ein derartiger Lebenszyklus in mehrere voneinander abgrenzbare Phasen zerfällt. Es hat sich in diesem Zusammenhang als sinnvoll erwiesen, zwischen den fünf Phasen Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung sowie Degeneration zu unterscheiden. Betriebswirtschaftlich interessant ist der Verlauf der Größen Umsatz U(t), Grenzumsatz U'(t), Umsatzgewinnrate Gu(t) = G(t)/U(t) und Werbequote W(t) als Funktion der Zeit über die genannten fünf Phasen hinweg. Dabei wird der Grenzumsatz im Gegensatz zur bisherigen Definition als Umsatzänderungsbetrag hinsichtlich der Zeit und nicht hinsichtlich der Menge betrachtet. Die Werbequote ist in diesem Zusammenhang die Verhältniszahl aus Werbekosten und Umsatz. Zur Veranschaulichung betrachten wir die Abb. 36. Sie dient als Grundlage zur Beschreibung der fünf Phasen.

74 75

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 364 ff. Zur Produktlebenszyklusanalyse vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 368 ff., KOTLER, P. und BLIEMEL, F.: Marketing-Management, (1992), S. 539 ff., BERNDT, R.: Marketing 2, (1992), S. 28 ff., FREUDENMANN, H.: Planung neuer Produkte, (1965), S. 7 ff., sowie DORNIEDEN, U.: Produktpolitik, (1976), S. 23 ff. Vgl. auch S. 98.

440

Teil II: Untcrnehmensfiihrung und Funktionen des Operativbercichcs

phase

phase

phasc

phase

phase

Abb. 36: Abgrenzung der Phasen des Lebenszyklus (In Anlehnung an FREUDENMANN, H.: Planung neuer Produkte, (1965), S. 8)

Einführungsphase: Die Einführung eines Produktes schließt den Prozeß der Produktgestaltung ab. Nunmehr muß sich entscheiden, ob die ursprüngliche Produktidee in ein marktreifes Produkt transformiert werden konnte. Mit dieser Phase beginnen die eigentlichen Marktinvestitionen. Diese betreffen vor allem die Werbung, zumal dann, wenn ein aufwendiger Werbefeldzug für die Markteinführung eines Produktes betrieben wird. Zum anderen erfordert in dieser Phase die Verkaufsförderung erhebliche Investitionen. Wählt man beispielsweise eine Penetrationspreispolitik zur Erschließung des Marktes, so wirken die damit verbundenen relativ niedrigen Preise verlustverstärkend. Gleiches gilt für Produkte, die aufgrund von sogenannten Kinderkrankheiten konzeptionelle Nachbesserungen erforderlich machen. Insgesamt ist diese Phase in der Regel charakterisiert durch im Zeitablauf zunehmenden Umsatz, ebenfalls zunehmenden Grenzumsatz, abnehmender Werbequote sowie durch eine allgemeine Verlustsituation, da die Gesamtheit der Erlöse nicht ausreicht, die Gesamtheit der Kosten zu decken. Diese Verlustbeträge nehmen tendenziell ab mit der Konsequenz, daß am Ende der Einführungsphase zum Zeitpunkt t = tj die Gewinnschwelle erreicht wird. An dieser Stelle weisen der Gewinn und folglich auch die Umsatzgewinnrate den Wert Null auf. Während des Zeitraumes 0 < t < t] liegt eine monopolistische Marktstruktur bei unelastischer Nachfrage vor. Wachstumsphase: Absatzpolitik, Tests, Berichte in entsprechenden Publikationsorganen sowie die Flüsterpropaganda zufriedener Kunden haben im Verlaufe der Einführungsphase das Produkt immer weiteren Kreisen bekannt gemacht. Mit Beginn der Wachstumsphase treten sehr häufig Konkurrenzunternehmungen in den Markt ein. Das bedeutet, daß die monopolistische Marktstruktur sich zur oligopolistischen Marktstruktur wandelt. Dabei wird die bisher starre Preiselastizität der Nachfrage zunehmend elastischer. Charakteristisch ist für diese Phase, daß mit Hilfe der Produktvariation der Erzeugnisse hinsichtlich Form, Qualität, technischer Ausgestaltung sowie mit Hilfe preispolitischer Aktivitäten neue Käuferschichten erschlossen werden. Das hat eine starke Expansion des Marktes zur Folge. Es ist ratsam, bereits in diesem Stadium ein neues Produkt einzuführen, insbesondere dann, wenn es sich um kurzlebige Güter handelt. Denn nur durch ein sorgfältig geplantes Markterneuerungsprogramm

8. Abschnitt: Absatz

441

kann eine kontinuierliche Gewinnentwicklung sichergestellt werden. Insgesamt ist diese Phase dadurch charakterisiert, daß der Umsatz weiter steigt und die Umsatzfunktion am Ende der Wachstumsphase im Zeitpunkt t = t2 ihren Wendepunkt erreicht. Zu diesem Zeitpunkt weisen der Grenzumsatz und die Umsatzgewinnrate ihren maximalen Wert auf, während die Werbequote auf ihr Minimum absinkt. Reifephase: Sie ist gekennzeichnet durch eine weitere absolute Marktausdehnung. Das Produkt ist nun zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Immer noch treten konkurrierende Anbieter in den Markt ein. Es entwickelt sich eine polypolistische Marktstruktur, die Nachfrage wird noch elastischer. Ein starker Wettbewerb führt dazu, daß der Umsatz nunmehr langsamer wächst, der Grenzumsatz ebenso wie die Umsatzgewinnrate abnehmen. Mit einer leicht erhöhten Werbequote wird häufig versucht, die Abnahme der Umsatzgewinnrate zu bremsen. Die Wahl des Zeitpunktes t = t 3 unterliegt einer gewissen Willkür, da die Reifephase von der sich zeitlich anschließenden Sättigungsphase nicht exakt abgrenzbar ist. Sättigungsphase: Marktstruktur und Preiselastizität verändern sich gegenüber der Reifephase nicht. Da die Nachfrage nahezu stagniert, wächst der Umsatz nur noch in geringem Umfang etwa bis zur Mitte dieser Phase. Er erreicht dort seinen maximalen Wert, d. h. der Grenzumsatz sinkt an dieser Stelle auf Null ab. Zeitlich schließen sich leichte Umsatzrückgänge an. Auch die Funktion der Umsatzgewinnrate weist während dieser Phase eine leicht abnehmende Tendenz auf. Da in dieser Situation eine Marktausdehnung in der Regel nicht mehr möglich ist, versuchen die Unternehmen, durch erhöhte Werbeanstrengungen und durch Produktvariation die relativ günstige Gewinnsituation über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Degenerationsphase: Der Zeitpunkt t = t 4 markiert den Beginn der Degenerationsphase, wobei eine klare Abgrenzung gegenüber der zeitlich vorangehenden Phase auch hier nicht möglich ist. Zunehmend schrumpfende Umsätze, einhergehend mit einer weiteren Abnahme der Umsatzgewinnrate, prägen die Entwicklung in dieser Phase. Ein sich verschärfender Wettbewerb ist die Folge, der im Ergebnis weniger rationell arbeitende Anbieter aus dem Markt ausscheiden läßt. Die Marktstruktur wird zunehmend oligopolistisch, die Preiselastizität nimmt ab. Fragt man nach den Gründen, die zur Einleitung der Degenerationsphase führen können, so sind u. a. technischer Fortschritt, wirtschaftliche Überholung, gesetzliche Maßnahmen und gestiegene Kaufkraft zu nennen. Diese Gründe können, insbesondere dann, wenn sie kombiniert und damit sich wechselseitig verstärkend auftreten, unter Umständen zu einem rapiden Zusammenbruch des Marktes führen. In diese Kategorie ist beispielsweise der vor einigen Jahrzehnten erfolgte Zusammenbruch des Motorradmarktes einzuordnen. Haben der Funktionswert des Umsatzes, vor allem jedoch der Umsatzgewinnrate, ein bestimmtes kritisches Niveau erreicht, das in unserem Beispiel durch den Zeitpunkt t = ts charakterisiert wird, dann muß das Produkt aufgegeben werden. Es leuchtet unmittelbar ein, daß die Kenntnis des Lebenszyklus eines Produktes unter dem Aspekt einer zeitgerechten Einleitung von wohldosierten Marketingaktivitäten von erheblichem Vorteil sein kann. Entsprechend umfangreiche und aufwendige U n t e r s u c h u n g e n wurden in der Praxis durchgeführt. In der Abb. 37 sind derartige Untersuchungen für verschiedene Branchen dargestellt. Ein Vergleich zeigt, daß ein Lebenszyklus mehrere Jahre (z. B . Automobilindustrie), aber auch nur wenige Wochen oder Monate (z. B . Schallplattenindustrie) umfassen kann (vgl. Abb. 37).

442

Teil II: UntemehmensfOhning und Funktionen des Operativbereiches

(Aus SIMON, H.: Preismanagement, (1992), S. 244)

8. Abschnitt: Absatz

443

Ohne Anspruch auf Allgemeingültigkeit wird man sagen können, daß in dem Maße, in welchem die Dauer des Produktlebenszyklus abnimmt, das Erfordernis steigt, präzise und detaillierte Informationen über den Zyklusverlauf zu gewinnen. Unterzieht man das Konzept des Produktlebenszyklus einer abschließenden Bewertung, so ist vor allem folgendes festzuhalten: 76 1. Dieses Konzept kann nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Es dürfte Produkte geben, deren „Lebenslauf' von anderen Kriterien bestimmt wird. Das betrifft sowohl die einzelnen Phasen als auch deren zum Teil sehr unscharfe gegenseitige Abgrenzung. 2. Lebenszyklen unterliegen nicht nur zeitlichen Gesetzmäßigkeiten. Sie können vielmehr zum Teil in erheblichem Umfang durch absatzpolitische Aktivitäten beeinflußt werden. Gerade das letzte Kriterium macht es empfehlenswert, dem Konzept des Produktlebenszyklus im Hinblick auf den Einsatz geeigneter Marketinginstrumente erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Das gilt insbesondere unter dem Aspekt, daß in jüngster Zeit in zunehmendem Maße schrumpfende Zykluslängen verbunden mit steigenden Umsätzen zu beobachten sind. 77 Damit wächst die Gefahr, daß Fehlentscheidungen im Marketingbereich eine existenzbedrohende Dimension erreichen können. 3 . 1 . 1 . 3 P r o g r a m m - und

Sortimentsanalysen

Liegt ein Mehrproduktunternehmen vor, so können Lebenszyklusanalysen einzelner Produkte eine recht zweckmäßige Vorstufe von Programm- und Sortimentsanalysen sein. 78 Diese werden mit dem Ziel durchgeführt, wesentliche Informationen, welche die einzelnen Produkte des Programms bzw. des Sortiments betreffen, in verdichteter Form bereitzustellen, um auf diese Weise der langfristigen Gewinnsicherung zu dienen. Das gilt insbesondere für die Produkte, die in besonderer Weise zu fördern oder aber aus dem Programm bzw. Sortiment zu eliminieren sind. Unter dem Oberbegriff der Programmanalysen, häufig auch als P r o g r a m m strukturanalysen bezeichnet, zählen Analysen zur Altersstruktur, Umsatzstruktur, Kundenstruktur und zur Deckungsbeitragsstruktur. A l t e r s s t r u k t u r a n a l y s e n empfehlen sich insbesondere dann, wenn sich das Programm bzw. Sortiment eines Unternehmens aus Produkten zusammensetzt, die schnell überholt sein können. Beispiele hierfür sind die Waschmittel- und die Kosmetikindustrie. In all diesen Fällen ist anknüpfend an die Betrachtung der Produktlebenszyklen verstärkt die Frage zu untersuchen, welcher Phase die einzelnen Produkte zuzuordnen sind und welche Produktlebenserwartungen daraus im einzelnen resultieren. Das Ziel besteht darin, durch einen Vergleich dieser Werte und deren Zusammenfassung Informationen über die Altersstruktur des Programms bzw. Sortiments zu gewinnen. Als ideal ist eine Altersstruktur anzusehen, wie sie in der Abb. 38 dargestellt ist. Diese wird durch die Tatsache charakterisiert, daß ein relativ hoher Anteil junger Produkte tendenziell günstige Wachstumschancen in Aussicht stellt.

76 77 78

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 372 f. Vgl. BRAUN, C.-F. von: Die Beschlcunigungsfalle, (1991), S. 51 ff. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 374 ff.

444

Teil II: Untemehmensfiihrung und Funktionen des Operativbereiches Lebenserwartung in Jahren Verfall

Elimination Sättigung

Reife

Wachstum

Einführung Zahl der Erzeugnisse (Artikel) (a)

Umsatzbeitrag in Umsalzcinheitcn (b) Bruttoerfolgsbeitrag (c)

Abb. 38: Ideale Altersstruktur eines Programms bzw. Sortiments (Aus GROSCHE, K.: Das Produktprogramm, seine Änderungen und Ergänzungen, (1967), S. 150)

Produkte mit nur noch geringer Lebenserwartung stellen den bei weitem kleinsten Anteil am Programm bzw. Sortiment dar. Dagegen dominieren Produkte mit relativ großer Lebenserwartung mit der Konsequenz, daß die höchsten Umsatzbeiträge von den in der Reifephase befindlichen Produkten geliefert werden und der Bruttoerfolgsbeitrag (Deckungsbeitrag) in der Wachstumsphase kumuliert, um dann anschließend leicht abzunehmen. Umgekehrt wäre eine ungünstige Altersstruktur eines Programms bzw. Sortiments gekennzeichnet durch das Fehlen einer ausreichenden Anzahl von Produkten mit einer relativ hohen Lebenserwartung, verbunden mit relativ schlechten Aussichten hinsichtlich der Sicherung von Wachstum und Gewinn für die Zukunft. Sichtbar würde dieser Sachverhalt unter anderem dadurch, daß der Einführungsphase nur relativ wenige Produkte zugeordnet sind. Da der Umsatz eine wichtige Kenngröße der Produkt- und Sortimentspolitik darstellt, sind aus der Umsatzentwicklung wesentliche Hinweise auf die Marktentwicklung abzuleiten. So interessiert vor allem die Beantwortung der Frage, wie sich anteilsmäßig der Gesamtumsatz auf die einzelnen Produkte bzw. Produktgruppen verteilt. Zu diesem Zweck bildet man eine Liste, in welcher das Produkt bzw. die Produktgruppe an erster Stelle steht, welches bzw. welche den höchsten Umsatzanteil aufweist. Weisen zwei oder mehrere Produkte den gleichen Umsatzanteil auf, so erhält das Produkt den vorderen Listenplatz, welches hinsichtlich der Fertigung die geringere prozentuale Produktionskapazität in Anspruch nimmt. An der letzten Stelle der Liste steht das Produkt mit dem geringsten Umsatzanteil. Trägt man die kumulierten Umsatzanteile der einzelnen Produkte nach Maßgabe der aufgestellten Liste in Abhängigkeit von der in Anspruch genommenen kumulierten prozentualen Produktionskapazität auf, so erhält man das sogenannte Umsatzprofil eines Programms bzw. Sortiments (vgl. Abb. 39).

445

8. Abschnitt: Absatz Umsatz (%) D

100 95

80

40

°

10

25

60 100 Produktionskapazität (%)

Abb. 39: Umsatzprofil eines Programms bzw. Sortiments (Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 377)

In dieser Abbildung werden vier Produkte in der Reihenfolge I vor II vor III vor IV mit den prozentualen Umsatzanteilen 40%, 40%, 15% und 5% betrachtet. Die zugehörigen in Anspruch genommenen prozentualen Produktionskapazitäten betragen 10%, 15%, 35% und 40%. Der Kantenzug 0ABCD liefert das entsprechende Umsatzprofil. Typisch für Verbrauchermärkte ist eine Entwicklung, nach der diese 80% ihres Umsatzes mit nur 20% ihres Sortiments erzielen. Die Verteilung der prozentualen Produktionskapazität auf die einzelnen Produkte ist für Produktionsunternehmen insofern von besonderer Bedeutung, als die Zahlenwerte wesentliche Hinweise darauf geben können, welche produktionswirtschaftlichen Konsequenzen sich beispielsweise aus einem starken Umsatzrückgang ergeben können. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, daß analoge Überlegungen, wie sie zum Umsatzprofil führen, bereits im Rahmen der ABC-Analyse von entscheidender Bedeutung waren. 79 Während beim Umsatzprofil die Zuordnung von prozentualen Umsatzanteilen auf die prozentualen Produktionskapazitäten im Vordergrund steht, geht es bei der Kundenstruktur um die Beantwortung der Frage, wie sich der Umsatz prozentual auf einzelne Kunden bzw. Kundengruppen verteilt. Stehen also bei der Umsatzstruktur die Hauptumsatzträger im Mittelpunkt des Interesses, so sind es hier die Hauptkundengruppen. Behält man die Ordinate der Abb. 39 bei und ersetzt die Abszisse durch den prozentualen Anteil einzelner Kunden bzw. Kundengruppen, so erhält man das Kundenprofil. Aus diesem kann unter anderem die Frage beantwortet werden, wie ein Kundenausfall auf die Umsatz- bzw. Gewinnsituation durchschlägt. Die Erkenntnis, daß Informationen über Alters-, Umsatz- und Kundenstrukturen wesentliche Grundlagen für Marketingentscheidungen liefern, geht einher mit der Erkenntnis, daß diese Informationen noch nichts über die Erfolgswirksamkeit aussagen. Konsequenterweise bedarf es somit einer Ergänzung in Form der produktbezogenen Erfolgsanalyse. Das klassische Instrument der kurzfristigen Betrachtungsweise ist hierfür die Deckungsbeitragsanalyse. 80 Prinzipiell gilt: Je höher die Deckungsbeiträge sind, je schneller tragen sie die fixen Periodenkosten ab, je frühzeitiger werden sie zu reinen „Gewinnbeiträgen", je stärker steigt der Nettogewinn als Differenz zwischen dem Preis und den gesamten Stückkosten. 79 80

Vgl S. 279 f. Zur Deckungsbeitragsanalyse vgl. S. 759 ff., insbesondere S. 777 ff.

446

Teil II: Unternehmensführung und Funktionen des Operativbereiches

Die Unterschiedlichkeit der Fragestellungen im Rahmen der Erfolgsanalyse macht es erforderlich, neben dem Deckungsbeitrag pro Produkteinheit die modifizierten Deckungsbeitragskennzahlen Deckungsbeitrag je 1 DM proportionale Kosten (Erfolgskoeffizient) sowie Deckungsbeitrag vom Nettoerlös (Bruttoerlös minus Erlösschmälerung) zu betrachten. 81 3.1.2

Produktinnovation

3 . 1 . 2 . 1 P r o z e ß der

Neuproduktplanung

Unter Überlebens- und Wachstumsaspekten der Unternehmung ist die Produktinnovation, d. h. die Entwicklung und Einführug von Neuprodukten, von zentraler Bedeutung. 82 Im Mittelpunkt der Neuproduktplanung steht das Aufzeigen und Umsetzen von produktpolitischen Alternativen. Dabei sind jeweils die Chancen und Risiken transparent zu machen und gegeneinander abzuwägen. Inhaltlich handelt es sich bei Produktinnovationen um schlecht-strukturierte Entscheidungsprobleme, die sich vielfach nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten mit Hilfe numerischer Ausdrücke beschreiben lassen. Das hat dazu geführt, daß der Prozeß der Neuproduktplanung sehr häufig in Form von offenen Entscheidungsmodellen abläuft, wobei wesentliche Bestandteile dieser Modelle einfache oder verschachtelte Regelkreise darstellen, also das Prinzip der Rückkopplung besonders wichtig ist.

(Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 381) 81 82

Vgl. im einzelnen dazu MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 379. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 379 ff.

8. Abschnitt: Absatz

447

Im Prozeß der Neuproduktplanung bilden die Produktideengewinnung und die Produktbewertung unverzichtbare Bausteine f ü r die Verwirklichung der Produktideen. Die Prozeßstruktur ist dem Flußdiagramm der Abb. 40 im einzelnen zu entnehmen. Zum Komplex der Gewinnung von Neuproduktideen gehören zum einen die Ideensammlung und zum anderen die Ideenproduktion. Erstere speist sich aus externen Ideenquellen (z. B. Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, Beanstandungen) und internen Ideenquellen (z. B. Forschungs- und Entwicklungsabteilung, Marketingabteilung). Letztere sind das Ergebnis von Fragenkatalogen, Funktionsanalysen oder Brainstorming. Liegen Neuproduktideen vor, so sind sie anschließend einer Groboder Vorauswahl zu unterziehen. Die Produktbewertung zerfällt in die Vorauswahl der Produktideen (Screening) und die Wirtschaftlichkeitsanalyse. 3 . 1 . 2 . 2 V o r a u s w a h l von P r o d u k t i d e e n

(Screening)

Für die Prüfung von Neuproduktideen findet häufig die Methode der Wertanalyse Anwendung. 83 Diese Methode wird in der DIN 69910 aus dem Jahre 1973 wie folgt definiert: „Wertanalyse ist das systematische Durchdringen von Funktionsstrukturen mit dem Ziel einer abgestimmten Beeinflussung von deren Elementen (z. B. Kosten, Nutzen) in Richtung einer Wertsteigerung. Sie bietet methodische Hilfe sowohl für eine Entscheidungsvorbereitung (z. B. Abgrenzen von Aufgaben, Beschreiben der Funktionen, Finden von Lösungen) als auch für die Verwirklichung im Rahmen der vorgegebenen Zielsetzungen." 84 Eine Bewertung von Neuprodukten, die mit Hilfe der Wertanalyse durchgeführt wird, hat u. a. die folgenden Fragen zu beantworten: 85 1. Welche Funktion muß das Neuprodukt erfüllen und welche Hilfsfunktionen weist es auf? 2. Ist das Neuprodukt entbehrlich? 3. Welche anderen Produkte könnte das Neuprodukt ersetzen? 4. Welche Kosten verursacht das Neuprodukt? 5. Welche Zeit ist bis zur Markteinführung erforderlich? Neben der Wertanalyse haben in jüngster Zeit in verstärktem Maße Modelle der Nutzwertanalyse (Scoring-Modelie), also Punktbewertungsmodelle, für die Bewertung von Produktideen Anwendung gefunden. 86 Unter diesen spielt das gewichtete Punktbewertungsmodell von O'MEARA eine besondere Rolle. 87 In Abb. 41 werden die vier Faktorgruppen Markttragfähigkeit, Lebensdauer, Produktionsmöglichkeiten und Wachstumspotential unterteilt in 15 Subfaktoren, beginnend mit dem Subfaktor „Erforderliche Absatzwege" und endend mit dem Subfaktor „Erwartete Zahl an Endverbrauchern". Für jeden Subfaktor sind 2, 4, 6, 8 oder 10 Punkte zu vergeben, wobei mit jeweils höherer Punktzahl die Wertigkeit zunimmt. Für jeden Produktvorschlag wird nun eine Bewertung vorgenommen, die unter Berücksichtigung von Wahrscheinlichkeitsüberlegungen und der Gewichtung der Faktoren über einen 83 84 85 86

87

Vgl. NIESCHLAG, R„ DICHTL, E. und HÖRSCHGEN, H.: Marketing, (1991), S. 198. Zitiert nach JEHLE, E.: Wertanalyse, (1991), S. 288. Vgl. WILD, J.: Product Management, (1973), S. 169. Die grundlegenden Arbeitsschritte bei der Durchführung der Nutzwertanalyse wurden bereits am Beispiel der heuristischen Standortplanung demonstriert, vgl. S. 232 f. Vgl. O'MEARA, J. T.: Selecting Profitable Products, (1961), S. 83 ff., SÄBEL, H.: Produktpolitik in absatzwirtschaftlicher Sicht, (1971), S. 90 ff., sowie MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 386 ff.

Teil II: Untemehmensfühning und Funktionen des Operativbereiches

448

mehrstufigen Aggregierungsprozeß in einen Gesamtpunktwert einmündet. Gesucht ist das Produkt, das den höchsten Gesamtpunktwert aufweist. Auf eine beispielhafte Demonstration wird an dieser Stelle verzichtet. sehr gut ( 1 0 )

gut(8)

durchschnittlich

schlecht ( 4 )

sehr s c h l e c h t ( 2 )

(6) I.

Markttragfähigkeit

A.

Erforderliche Absatzwege

B . B e z i e h u n g zur bestehenden Produktgruppe

ausschließlich gegenwärtige

überwiegend gegenwärtige

zur Hälfte gegenwärtige

überwiegend neue

ausschließlich neue

Vervollständigung der zu s c h m a l e n Produktgruppe

Abrundung der Produktgruppe

cinfügbar in die Produktgruppe

stofflich mit der Produktgruppe verträglich

unverträglich m i t der Produktgruppe

C.

Preis-Qualitäts- Preis liegt unter vcrhftltnis d e m ähnlicher Produkte

Preis liegt z. T . unter dem ähnlicher Produkte

Preis entspricht dem ähnlicher Produkte

Preis liegt z. T . über dem ähnlicher Produkte

Preis liegt m e i s t über dem ähnlicher Produkte

D.

Konkurrenzfähigkeit

Produktcigcns c h a f t c n werblich verwertbar und Konkurrenzprodukten überlegen

mehrere werblich bedeutsame Produkteigenschaften sind Konkurrenzprodukten überlegen

werblich bedeutsame Produkteigen Schäften entsprechen den Konkurrenzprodukten

einige überlegene Produkteigcnschaften

k e i n e überlegenen Produkteigenschaften

E.

Einfluß auf Umsatz der alten Produkte

steigert Umsatz unterstützt U m der alten Produkte satz der alten Produkte

kein E i n f l u ß

behindert U m s a t z der alten Produkte

verringert U m s a t z der alten Produkte

II.

Lebensdauer

A.

Haltbarkeit

groß

überdurchschnittlich

durchschnittlich

relativ gering

s c h n e l l e Veralterung zu erwarten

B.

Marktbreite

Inland und Export

breiter Inlandsmarkt

breiter R c g i o n a l markt

enger R e g i o n a l markt

enger Spezialmarkt

geringe

etliche

starke

C.

Saisoneinflüsse keine

kaum

D.

Exklusivität

Patentschutz

z. T . Patentschutz Nachahmung schwierig

Produktion mit stilliegenden Anlagen

Produktion mit vorhandenen A n lagen

vorhandene Anla- teilweise neue A n - völlig neue A n l a gen können z. T . lagen notwendig gen erforderlich verwendet werden

im wesentlichen vorhanden

teilweise erst zu beschaffen

in erheblichen Umfang zu beschaffen

gänzlich neu zu beschaffen

b e i E x k l u s i v l i e f e - bei bisherigen r a n t e n erhältlich Lieferanten erhältlich

von einem Neuljcfcranten zu beziehen

von mehreren Neulieferanten zu beziehen

von vielen N e u lieferanten zu beziehen

Befriedigung neuer Bedürfnisse sehr h o h e r Investitionsbedarf

erhebliche Produkt v erbesserung hoher Investitionsbedarf

gewisse ProduktVerbesserung durchschnittlicher I n v e s t i t i o n s bedarf

geringe Produktverbesserung geringer Investitionsbedarf

keine Produktyerbesserung kein Investitionsbedarf

starke Zunahme

geringe Zunahme

Konstanz

geringe A b n a h m e

erhebliche Abnahme

Nachahmung teuer Nachahmung leicht und billig

III. Produktionsmöglichkeiten A . Benötigte Produktionsmittel

B . Benötigtes Per- vorhanden sonal und techn. Wissen C.

Benötigte Rohstoffe

IV. Wachstumspotential A.

Marktstcllung

B.

Markteintritt

C . Erwartete Z a h l an Endverbrauchern

Abb. 41: Faktorgruppen und Subfaktoren in einem Punktbewertungsmodell (Aus M E F F E R T , H.: Marketing, ( 1 9 8 6 ) , S . 3 8 8 f.)

Bei einer Bewertung dieses Modells werden neben den zweifellos positiven Aspekten vor allem drei kritische Punkte aufgeführt: Zunächst ist es immer problematisch, subjektive Wahrscheinlichkeitswerte „richtig" festzustellen. Außerdem sind die in der Abb. 41 aufgeführten Kriterien nicht in jedem Fall überschneidungsfrei. Schließlich stellt sich auch hier das Problem der angemessenen Gewichtung der Faktoren.

8. Abschnitt: Absatz

3.1.2.3

449

Wirtschaftlichkeitsanalyse

Hat eine Produktidee die Hürde der Vorauswahl mit Erfolg genommen, so muß sie sich als Voraussetzung zur Markteinführung anschließend einer Wirtschaftlichkeitsanalyse unterziehen. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Beantwortung von zwei Fragestellungen von Bedeutung: 88 1. Wie hoch muß die Absatzmenge pro Periode (Break-Even-Absatz) mindestens sein, damit der Erlös die mit Entwicklung, Produktion und Absatz eines Produktes verbundenen Kosten deckt? 2. Wie groß ist die Amortisationszeit, d. h. wie lange dauert es bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem die bis dahin kumulierten Deckungsbeiträge genauso groß sind wie die bis dahin kumulierten Fixkosten? Bezeichnen E(x) den Erlös einer Planperiode und K(x) die dieser Planperiode zuzurechnenden Kosten, so ergibt sich als Bestimmungsgleichung für den BreakEven-Absatz E(x) = K(x) (16) Liegen der Stückpreis p, die konstanten variablen Stückkosten k v und die Fixkosten K f pro Planperiode fest, so folgt für den Break-Even-Absatz x B mit Hilfe der Gleichung (16) p • x B = K f + k v•. x B (16a) (16b) x B (P - k v ) = Kf xB - - ! ~ p - kv Graphisch ist dieser Sachverhalt aus der Abb. 42 ersichtlich.

0

(17)

xB

Abb. 42: Break-Even-Analyse Bezeichnet XQ den erwarteten Gesamtabsatz des Neuproduktes in der Planperiode, so berechnet sich der erwartete Gewinnbeitrag G(x) zu G(x) = ( p - k v ) ( x 0 - x B ) (18) Gilt XQ > x B , so spricht das für die Einführung des Neuproduktes; gilt dagegen x 0 < x B , so ist von seiner Einführung abzuraten. Bezeichnen K f( die Fixkosten in der Planperiode t, xt den Absatz in der Periode t und t s die Amortisationsdauer, so ergibt sich als Bestimmungsgleichung für die Amortisationsdauer t s ¿ K f t = X(p-kv)xt t=i

88

t=i

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 390 ff.

(19)

450

Teil II: Untemehmensfiihrung und Funktionen des Operativbcreiches

Bezeichnet n die erwartete Lebensdauer des Neuproduktes, und gilt n > t s , so spricht dies für seine Einführung; gilt dagegen n < t s , so ist von seiner Einführung abzuraten. 89 3.1.3

Produktvariation

Produktvariationen treten zum einen in der Form der Produktmodifikation und zum anderen in der Form der Produktdifferenzierung auf. 90 Die Produktmodifikation stellt i. a. eine Produktverbesserung dar. Sie ist dadurch charakterisiert, daß das Ausgangsprodukt zugunsten der verbesserten Variante aufgegeben wird. Sowohl die Anzahl der Produktlinien als auch die Anzahl der Produkte innerhalb der einzelnen Produktlinien bleiben konstant. 91 Die Gesamtheit der Elemente, auf die sich eine Produktverbesserung beziehen kann, ist in der Abb. 43 zusammengestellt.

Abb. 43: Elemente eines Produktes (Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 366)

Die Produktdifferenzierung hat die Veränderung eines Ausgangsproduktes um eine oder mehrere Produktvarianten zum Inhalt. Da das Ausgangsprodukt im Programm bleibt, erhöht sich die Anzahl der einzelnen Produkte innerhalb einer Produktlinie. Dagegen bleibt die Anzahl der Produktlinien konstant. Maßnahmen der Produktdifferenzierung stehen in engem Zusammenhang mit der Bildung von Marktsegmenten. Dabei ist es unternehmensseitig erstrebenswert, daß für die einzelnen Segmente relativ unelastische Preis-Absatz-Funktionen existieren, welche die Gefahr klein halten, durch Preiserhöhungen Kunden in beträchtlichem Umfang zu verlieren. Betrachtet man die Situation, daß eine Produktgrundvariante A durch eine Variante B ergänzt wird, so bedürfen zwei Effekte einer besonderen Aufmerksamkeit: Der Partizipationseffekt ist dadurch charakterisiert, daß als Folge einer vorgenommenen Produktdifferenzierung Kunden (angelockt durch die neue Variante B), gewonnen werden, die bisher noch nicht bei dem Unternehmen gekauft haben. Vom Substitutionseffekt spricht man dagegen dann, wenn Kunden, die bisher die Grundvariante A gekauft haben, auf diese verzichten und auf die Variante B überwechseln. 89 90 91

Zur Amortisationszeit vgl. im einzelnen S. 1014. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 390 ff. Vgl. DORNIEDEN, U.: Produktpolitik, (1976), S. 29.

8. Abschnitt: Absatz

451

Bezeichnen DB den Bruttogewinn (Gesamtdeckungsbeitrag), db A bzw. db B die Stückdeckungsbeiträge der Produkte A bzw. B, x B die durch den Partizipationseffekt neu gewonnene Nachfrage und x- B die infolge des Substitutionseffektes von Produkt A auf Produkt B überwechselnde Nachfrage, dann gilt das Entscheidungskriterium DB = x B • db B - x- B (db A - db B ) > 0

(20)

In dieser Gleichung, die für db B > db A immer positive Werte liefert, bleiben fixe Kosten bzw. Entwicklungskosten unberücksichtigt. 3.1.4

Produktelimination

Die Tatsache, daß jedes Produkt einer Veralterung unterliegt und der Fall der Produktelimination irgendwann immer eintritt, zwingt dazu, das Produktprogramm bzw. Sortiment laufend im Hinblick auf eliminierungsverdächtige Produkte zu überprüfen. 9 2 Eine systematische Überprüfung hat sich an quantitativen und qualitativen Kriterien zu orientieren. Zu den quantitativen Kriterien zählen 1. Umsatzrückgang und/oder sinkender Marktanteil entsprechend der Phasenzuordnung des Produktes innerhalb seines Lebenszyklus, 2. Prozentual geringer Umsatzanteil des Produktes am Gesamtumsatz, 3. Abnehmender Deckungsbeitrag, 4. Abnehmende Kapitalumschlagsgeschwindigkeit, 5. Abnehmende Kapitalrentabilität. Qualitative Kriterien sind 1. Störungen und Schwachstellen im Produktionsablauf, 2. Reparaturanfälligkeit der Produkte einhergehend mit einer Schädigung des Firmenimage, 3. Nachlassende Wirkung der Marketingaktivitäten, 4. Veränderung der Bedarfsstruktur, 5. Änderung gesetzlicher Vorschriften. Als konkrete Entscheidungshilfen bei der Durchführung der Produktelimination werden zum einen ein sogenannter Produktbewertungsbogen und zum anderen die Deckungsbeitragsrechnung eingesetzt. Während letztere im Rahmen der Kostenund Leistungsrechnung behandelt wird, gestaltet sich der Einsatz des Produktbewertungsbogens wie folgt (vgl. Abb. 44). Zunächst ist jeder der insgesamt sieben zu beantwortenden Fragestellungen ein Gewichtungsfaktor zuzuordnen, der die Bedeutung der einzelnen Fragestellung im Rahmen der Gesamtproblematik ausdrücken soll. Im Anschluß daran wird die Beantwortung der Fragen vorgenommen, wobei dieser als Bewertung bezeichnete Vorgang mit Hilfe einer numerischen Skala erfolgt, die von 0 bis 1 reicht. Multipliziert man für jede Fragestellung diese Bewertungsziffer mit dem eingeführten Gewichtungsfaktor und addiert man anschließend diese sieben Werte, so erhält man den Produktbeibehaltungsindex. Problematisch gestalten sich beim Einsatz des Produktbewertungsbogens die Festlegung der Gewichtungsfaktoren sowie die Fixierung des Grenzwertes, der über Beibehaltung bzw. Elimination des Produktes entscheidet.

92

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 399 ff.

452

Teil II: Unternehmensführung und Funktionen des Operativbereiches Produkt Nr. Modell Nr. Datum Gewichtung (G)

Bewertung (B)

1 Was ist das zukünftige Marktpotential für dieses Produkt 2

Wieviel könnte durch Produktveränderung gewonnen werden?

3

Wieviel könnte durch Maiketing-Strategie-Veränderung gewonnen werden? Wieviel nutzbare Managementzeit könnte durch das Ausscheiden dieses Produktes freigesetzt werden?

4

5 Wie gut sind die alternativen Möglichkeiten der Firma? 6 Wieviel trägt das Produkt über seine direkten Kosten hinaus zurGcmeinkostendcckung bei? 7 Wieviel trägt das Produkt zum Verkauf anderer Produkte bei?

nicung

0

2

4

6

g

,' 0

mchts

!o

.2

A

'.6

.8

1.0 e>ncn gr. Teil G2B 2 =

n,chüi

lo

.2

'4

'.6

.8

1.0 einen gr. Teil G 3 B 3 =

'2

'4

'' 6

'8

l'0

!o

.2

.4

'.6

!8

1.0 einen gr. Teil G 5 B 5 =

lo

.2

.4

'.6

.8

1.0 einen gr. Teil G 6 B 6 =

lo

.2

.4

'.6

.8

1.0 einen gr. Teil G 7 B 7 =

gr/Teil mchts

mchls

hoch

Schrwe,

GIB! =

"B

G4B4 =

Produkt-Bcibchaltungs-Indcx

Abb. 44: Produktbewertungsbogen (Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 400)

3.1.5

Produktdiversifikation

Die auf Produktprogrammausweitung ausgelegte Produktdiversifikation stellt ein wesentliches Mittel auf dem Wege der Wachstumssicherung von Unternehmen dar. 93 Sie ist Ausdruck einer Politik, Umsatz und Gewinn aus einer Vielzahl von Quellen zu speisen, deren Veränderungen weitgehend voneinander unabhängig sind. Diese Politik der Risikostreuung kann zum einen auf der eigenen Forschungs- und Entwicklungsarbeit und zum anderen auf dem Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen oder deren ganzheitliche Übernahme basieren. Das sich infolge der Maßnahmen der Diversifikation entwickelnde Wachstum kann in drei Richtungen initiiert werden: 94 Von horizontaler Diversifikation spricht man dann, wenn anknüpfend an ein bereits bestehendes Programm bzw. Sortiment von Erzeugnissen weitere Produkte in das Programm aufgenommen werden, die mit den ursprünglichen Produkten in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Dieser sachliche Zusammenhang kann beispielsweise darin bestehen, daß gleiche Werkstoffe und verwandte Technik eingesetzt werden oder daß der gleiche Abnehmerkreis betroffen ist. Bei der vertikalen Diversifikation steht die Vergrößerung der Tiefe des Leistungsprogramms im Mittelpunkt. Das gilt sowohl im Hinblick auf den Absatz der bisherigen Produkte als auch im Hinblick auf die Herkunft von Rohstoffen und Betriebsmitteln. Laterale Diversifikation stellt einen Vorstoß in absolutes Neuland insoweit dar, als zwischen bisherigen und neuen Produkten überhaupt kein sachlicher Zusammenhang mehr besteht. Diese Form der Diversifikation birgt die größten Chancen, aber auch die größten Risiken in sich.

93 94

MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 367. Vgl. dazu auch S. 197.

8. Abschnitt: Absatz

453

3.2 Werbung Die Werbung ist ein wesentlicher Bestandteil des Kommunikationsmix. Sie wird definiert als „absichtliche und zwangfreie Form der Beeinflussung, welche die Menschen zur Erfüllung der Werbeziele veranlassen soll" 95 . In diesem Zusammenhang sind generelle und spezielle Werbeziele zu unterscheiden. 96 Zu den generellen Werbezielen gehören 1. die Erhaltung und Sicherung des Absatzes, 2. die Erweiterung des Marktanteils, 3. die Abwehr von Bedrohungen des eigenen Marktanteils durch die Konkurrenz. Spezielle Werbeziele sind 1. die Bekanntmachung eines neuen Produktes bei einer bestimmten Zielgruppe, 2. die Erhöhung des Bekanntheitsgrades eines bereits eingeführten Produkts, 3. die Umsatzsteigerung in verkaufsschwachen Gebieten. Auf dem Wege hin zur Erreichung dieser Ziele hat die Werbung folgende Funktionen zu erfüllen: 97 1. Information: Das Produkt soll bekannt gemacht werden bei gleichzeitiger Erhöhung der Markttransparenz. 2. Suggestion: Im Zentrum steht die Beeinflussung des Seelenlebens mit der Absicht, den Kaufwiderstand weitgehend auszuschalten. 3. Repräsentation: Sie dient der Selbstdarstellung von Produkt und Unternehmen. 4. Bedarfsweckung: Das Verbraucherverhalten soll dahingehend beeinflußt werden, daß neue Bedürfnisse entstehen. 5. Absatzerleichterung: Die Anbahnung von Verkaufsabschlüssen soll unterstützt werden. Zur Durchführung der Absatzwerbung kann sich ein Unternehmen einer Vielzahl von Werbemitteln bedienen. Hierzu zählen: Werbeplakate, Werbeanzeigen, Werbedrucke, Leuchtwerbemittel, Werbefunk und -fernsehsendungen, Werbeveranstaltungen in Form von Waren- und Kostproben sowie die Ausstattung der Geschäftsräume. 98 Jedes Werbemittel benötigt einen Werbeträger. Hierunter ist eine Person oder Institution zu verstehen, welche die Werbebotschaft an den umworbenen Personenkreis heranträgt. Werbeträger können somit Druckereien, Filmproduzenten sowie Rundfunk* und Fernsehanstalten sein. 99

95 96 97 98 99

BEHRENS, K.C.: Absatzwerbung, (1976), S. 12. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 451 ff. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 689. Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 473. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 698.

454

Teil II: Untemehmensführung und Funktionen des Operativbereiches

3.3 Distributionspolitische Entscheidungstatbestände Wesentliche Entscheidungstatbestände des Distributionsmix betreffen das System der Absatzkanäle sowie die logistischen Systeme (vgl. Abb. 45). 100 Distibutionspolitisehe Entscheidungen

- Absatzwege - Absatzmiulcr - Außendienstmitarbeiter

Distributionsgrad

\

- Transportmittel - Venricbslager - Standort

— —





— W

4

Liefcrberei bere tschaft

Erlöse

4

Kosten

Abb. 45: Entscheidungstatbestände der Distributionspolitik (Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 425)

Die Gestaltung der logistischen Systeme umfaßt die Wahl der Transportmittel einschließlich der Transportwege, Lagerhaltungsentscheidungen im Vertriebsbereich hinsichtlich der Bestellmengen, Bestellzeitpunkte und Sicherheitsbestände sowie Standortentscheidungen über Größe und Lokalisierung von Umschlags- und Auslieferungslagern. Dabei ist eine simultane Lösung von Standort-, Transport- und Lagerhaltungsproblemen anzustreben, um die zwischen diesen drei Problembereichen bestehenden wechselseitigen Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Zu orientieren hat sich diese Lösung an Kostenkriterien, wobei Fehlmengen und die daraus resultierenden entgangenen Gewinne in Form von Opportunitätskosten in den Lösungsansatz einzubeziehen sind. Entscheidungen in logistischen Systemen sind vergleichsweise leicht strukturierbar und damit einer Kalkülisierung weitgehend zugänglich. Zur Entscheidungsvorbereitung kann das Instrumentarium der Unternehmensforschung mit Erfolg eingesetzt werden. Die Gestaltung des Systems der Absatzkanäle hat die Wahl der Absatzwege, d. h. die Entscheidung über die vertraglichen und kommunikativen Beziehungen der Distributionsmitglieder, die Wahl der Art und Anzahl der einzuschaltenden Absatzmittler, die Ausgestaltung der vertraglichen Bindungen sowie die Wahl der Art und Anzahl der einzusetzenden Außendienstmitarbeiter zum Inhalt. Für die Wahl der Absatzkanäle sind drei Grundtypen denkbar (vgl. Abb. 46).

100

Vgl. MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 422 ff.

8 . Abschnitt: Absatz

455

Abb. 46: Grundtypen von Absatzkanälen (Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 425)

Grundtyp I ist dadurch charakterisiert, daß die Verkaufsorgane des Herstellers X Kontakt zum Absatzmittler in Form von selbständigen Handelsvertretern haben. Diese verkaufen die Produkte des Herstellers X an die Einzelhändler. Grundtyp II stellt den klassischen Absatzkanal, beginnend bei den Verkaufsorganen des Herstellers Y über den Großhandel zum Einzelhandel dar. Grundtyp III zeichnet sich dadurch aus, daß die Verkaufsorgane des Herstellers Z direkt unter Ausschluß des Handels verkaufen. Während Grundtyp III als direkter Absatzweg bezeichnet wird, stellen die Grundtypen I und II indirekte Absatzwege dar. Im Gegensatz zu Entscheidungen in logistischen Systemen sind Entscheidungen über das System der Absatzkanäle nur schwer strukturierbar. Entsprechend schwierig gestaltet sich eine Formalisierung derartiger Probleme. Die Methoden der Unternehmensforschung treten als Lösungsinstrumentarium in den Hintergrund, es dominieren subjektive und intuitive Komponenten. Wie die Abb. 45 zeigt, bestehen zwischen den Systemen der Absatzkanäle und den logistischen Systemen wechselseitige Abhängigkeiten. So findet der Distributionsgrad, d. h. das Ausmaß der Erhältlichkeit eines Produktes im Handel, seine logistische Entsprechung in der Lieferbereitschaft.

Teil II: Untemehmensfiihmng und Funktionen des Operalivbcrciches

456

4. Planung des Marketingmix In den bisherigen Ausführungen wurden die einzelnen Marketinginstrumente in einem großen Überblick isoliert vorgestellt. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sind nun im Rahmen der Planung des Marketingmix alle absatzpolitischen Instrumente so aufeinander abzustimmen, daß die Unternehmens- und Marketingziele möglichst hohe Zielerreichungsgrade aufweisen. 101 Das Marketingmix beinhaltet „die zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffene Auswahl von Marketinginstrumenten in einer bestimmten Ausprägung." 102 Die Qualität des Marketingmix hängt davon ab, in welchem Maße es gelingt, die zur Verfügung stehenden Marketinginstrumente koordiniert einzusetzen. Die wesentlichen Elemente dieses sehr komplex strukturierten Abstimmungsproblems sind aus der Abb. 47 ersichtlich.

Ï X, 7

unternehmerisches Ziclsystcm

Oberziel

funktionale Unterziele

Marketingziele

Strategien

Marketingplan

I

Festlegung d e s Aktivitätsniveaus

längerfristig kurzfristig

Allokationsprozeß

Marketing-Mix Produktmix

|

Distributionsmix

ï

Kontrahierungsmix

Kommunikationsmix

11 Markt

Störungen

JZ

Marketingforschung mißt Marktrealisation Ist = Soll?

ja

Abb. 47: Elemente des Marketingmix (In Anlehnung an MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 509)

Den Ausgangspunkt bilden die als Ergebnis von Zielbildungsprozessen aus den Unternehmenszielen abgeleiteten Marketingziele. Aus diesen wird ein langfristiger Marketingplan entwickelt, in welchem eine Entscheidung hinsichtlich des absatzbezogenen Aktivitätsniveaus getroffen wird. Das betrifft die Festlegung aller strategischen Maßnahmen und entspricht überall dort, wo Aufwendungen bzw. Kosten den Marketingaktivitäten zugeordnet werden können, dem Marketingbudget. Diese Zuweisung der finanziellen Mittel auf die einzelnen Marketingaktivitäten wird als Allokationsprozeß bezeichnet. Als Ergebnis dieser Vorgehens weise liegen für jede Marketingaktivität ihr quantitatives und qualitatives Niveau fest.

101 102

V g l . B E R N D T , R.: M a r k e t i n g 2 , (1992), S. 3 9 4 ff., sowie M E F F E R T , H . : M a r k e t i n g , (1986), S. 5 0 8 ff. M E F F E R T , H.: M a r k e t i n g , (1986), S. 116.

8. Abschnitt: Absatz

457

Für die Gesamtplanung des Marketingmix hat es sich in Anlehnung an LIPSON, DARLING und REYNOLDS als zweckmäßig erwiesen, ein zweiphasiges Modell einzusetzen (vgl. Abb. 48). 103 Phase 1 repräsentiert die von Marketingmanagern durchzuführende produktorientierte Grobplanung. Hier geht es vor allem darum, die Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten der zu betrachtenden Entscheidungsvariablen auf ein überschaubares und handhabbares Maß zu reduzieren. Phase 2 ist durch die von Informationsspezialisten durchzuführende produktorientierte Feinplanung charakterisiert. Sie erfolgt auf der Grundlage quantitativer Entscheidungsmodelle, zumeist in Form von umfangreichen Simulationsmodellen.

Abb. 48: Zweistufiges Vorgehen bei der Bestimmung des Marketingmix (Aus MEFFERT, H.: Marketing, (1986), S. 518)

103

Vgl. LIPSON, H.A., DARLING, J.R., und REYNOLDS, F.D.: A Two-Phase Interaction Process for Marketing Model Construction, (1970), S. 34 ff.

458

Teil II: Unternehmensftlhrung und Funktionen des Operativbereiches

Literaturhinweise BEHRENS, K. C : Absatzwerbung, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1976 BERNDT, R.: Marketing 2. Marketing-Politik, 2., verbesserte Auflage, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hongkong, Barcelona, Budapest 1992 BRAUN, C.-F. von: Die Beschleunigungsfalle, Zeitschrift für Planung 1991, S. 51 - 70 DORNIEDEN, U.: Produktpolitik, in DORNIEDEN, U„ SCHEIBLER, A. und WEIHRAUCH, J. (Hrsg.): Studienhilfe für Operatives Marketing, Heft 2, Wiesbaden 1976 FREUDENMANN, H.: Planung neuer Produkte, Stuttgart 1965 GROSCHE, K.: Das Produjctprogramm, seine Änderungen und Ergänzungen, Berlin 1967 GÜMBEL, R.: Absatz, in TIETZ, B. (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974 GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftsichre. Zweiter Band: Der Absatz, 17. Auflage, BerlinHeidelberg-New York-Tokyo 1984 HILL, W. und RIESER, ].: Marketing-Management, Bern und Stuttgart 1990 JACOB, H.: Der Absatz, in JACOB, H. (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Handbuch für Studium und Prüfung, 5., überarbeitete Auflage, Wiesbaden 1988 JEHLE, E.: Wertanalyse. Ein System zur Lösung komplexer Systeme, WiSt 1991, S. 287 - 294 KOTLER, P. und BLIEMEL, F.: Marketing-Management. Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 7., vollständig neu bearbeitete und für den deutschen Sprachraum erweiterte Auflage, Stuttgart 1992 LIPSON, H.A., DARLING, J.R., und REYNOLDS, F.D.: A Two-Phase Interaction Process for Marketing Model Construction, in MSU Business Topics 1970, S. 34 - 44 MEFFERT, H.: Marketing. Grundlagen der Absatzpolitik, 7., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1986 MEYER, C.W.: Vertrieb, in TIETZ, B. (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974 NIESCHLAG, R„ DICHTL, E. und HÖRSCHGEN, H.: Marketing, 16., durchgesehene Auflage, Berlin 1991 O'MEARA, J.T.: Selecting Profitable Products, Harvard Business Review 1 - 1961, S. 83 - 89 RAFFÉE, H.: Preisuntergrenzen, in TIETZ, B. (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974 SÄBEL, H.: Produktpolitik in absatzwirtschafllicher Sicht. Grundlagen und Entscheidungsmodclle, Wiesbaden 1971 SCHÄFER, E.: Absatzwirtschaft, in TIETZ, B. (Hrsg.): Handwörterbuch der Absatzwirtschaft, Stuttgart 1974 SCHNEIDER, E.: Einführung in die Wirtschaftslhcorie. II. Teil: Wirtschaftsplänc und wirtschaftliches Gleichgewicht in der Vetkehrswirtschaft, 6., verbesserte Auflage, Tübingen 1960 SIMON, H.: Preismanagement. Analyse - Strategie - Umsetzung, 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1992 TIETZ, B.: Marketing, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Düsseldorf 1989 WILD, J.: Product Management. Ziele, Kompetenzen und Arbcitstechniken des Produktmanagers, 2. Auflage, München 1973 WÖHE, G., KAISER, H. und DÖRING, U.: Übungsbuch zur Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5., überarbeitete Auflage, München 1986 WÖHE, G. unter Mitarbeit von DÖRING, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 17., überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1990

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich Neunter Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie 1. Einführung 460 1.1 Abgrenzung der Produktions- und Kostentheorie gegenüber der Produktion als Grundfunktion... 460 1.2 Aufgaben der Produktions- und Kostenthcorie 460 2. Produktionstheorie 461 2.1 Produktionstheoretische Grundlagen 461 2.1.1 Grundbegriffe der Produktionstheorie 461 2.1.2 Beziehungen zwischen den Inpul- und Outputvariablcn der Produktionsfunktion 463 2.1.3 Betriebswirtschaftliche Anforderungen an die Produktionstheorie 466 2.2 Produktionsfunktion vom Typ A 467 2.2.1 Voraussetzungen für die Produktionsfunktion vom Typ A 467 2.2.2 Formale Darstellung der Produktionsfunktion vom Typ A 468 2.2.3 Minimalkostenkombinaüon 471 2.2.4 Zur Bedeutung der Produktionsfunktion vom Typ A 476 2.3 Produktionsfunktion vom Typ B (GUTENBERG-Funktionen) 477 2.3.1 Charakterisierung der Produktionsfunktion vom Typ B 477 2.3.2 Analyse der Input-Output-Bcziehungcn 478 2.3.2.1 Verbrauchsfunktionen 478 2.3.2.2 Optimaler Leistungsgrad 484 2.3.3 Produktionsfunktion vom Typ B als System von Faktorcinsatzfunktionen 486 2.3.4 Aktionsparameter der Produktionsfunktion vom Typ B 489 2.3.5 LEONTIEF-Produktionsfunktion als Sonderfall der GUTENBERG-Funktion 490 2.3.6 Zur Bedeutung der Produktionsfunktion vom Typ B 491 2.4 Weitere Produktionsfunklionen 492 3. Kostenthcorie 495 3.1 Kostcntheorclische Grundlagen 495 3.1.1 Kostenbegriff und Kosteneinflußgrößen 495 3.1.2 Fixe und variable Kosten 497 3.1.3 Kostenverläufe 499 3.1.4 Begriff der Kostenremanenz 502 3.2 Beschäftigung als Kosteneinflußgröße 504 3.2.1 Kostenmodellc auf der Grundlage der Produktionsfunktion vom Typ A 504 3.2.1.1 Vorbemerkungen 504 3.2.1.2 Kostcnmodcll auf der Grundlage der partiellen Variation eines Faktors 505 3.2.1.3 Kostenmodclle auf der Grundlage von zwei variierbaren Faktoren 508 3.2.1.3.1 Kostenmodcll auf der Grundlage einer linear-homogenen Produktionsfunktion 508 3.2.1.3.2 Kostcnmodcll auf der Grundlage einer nichtlinear-homogencn Produktionsfunktion 511 3.2.2 Kostcnmodelle auf der Grundlage der Produktionsfunktion vom Typ B 512 3.2.2.1 Vorbemerkungen 512 3.2.2.2 Kostenverlauf bei intensitätsmäßiger Anpassung 513 3.2.2.3 Kostenverlauf bei zeitlicher Anpassung 516 3.2.2.4 Kostenverlauf bei quantitativer Anpassung und unverändertem Potentialfaktorbestand 518 3.2.2.5 Kombinationsmäglichkciten verschiedener Anpassungsarten 519 3.2.2.5.1 Kostenverlauf bei zeitlich-intensitätsmäßiger Anpassung 519 3.2.2.5.2 Kostenverlauf bei quantitativ-zeitlicher Anpassung 521 3.2.2.6 Kostenverlauf bei selektiver Anpassung 522 3.2.2.7 Beispiclrechnung 523 3.3 Betriebsgröße als Kosteneinflußgröße 526 3.3.1 Begriff der Betriebsgröße und Arten ihrer Variation 526 3.3.2 Kostenverlauf bei multipler Betriebsgrößenvariation 526 3.3.3 Kostenverlauf bei mutativer Betriebsgrößenvariation 529 3.4 Sonstige Kosteneinflußgrößen 531 3.4.1 Faktorqualitäten 531 3.4.2 Faktorpreise 532 3.4.3 Fertigungsprogramm 532 Literaturhinweise 534

460

Teil III: Rechnungslegung für den Operalivbereich

1. Einführung 1.1 Abgrenzung der Produktions- und Kostentheorie gegenüber der Produktion als Grundfunktion Bei der Darstellung der Funktionen des Operativbereiches kommt der Funktion der Produktion eine zentrale Bedeutung zu. Im Mittelpunkt stehen hier die Produktionsplanung und ihre Entscheidungsbereiche, die ablauforganisatorische Strukturierung der Produktionsprozesse, Fragen der Arbeitsvorbereitung, klassische und neuere Systeme der EDV-gestützten Produktionsplanung und -Steuerung, der Problemkreis der Anlagenerhaltung sowie Fragen der Qualität und Qualitätskontrolle. 1 Im Gegensatz dazu geht die Produktions- und Kostentheorie von der folgenden Grundüberlegung aus: Jeder Produktionsprozeß stellt eine Kombination der Elementarfaktoren (menschliche Arbeitsleistung, Betriebsmittel und Werkstoffe) zum Zwecke der Leistungserstellung dar, wobei die Entscheidung über die Art der Kombination vom dispositiven Faktor getroffen wird. Dies wirft die Frage auf, ob beispielsweise eine bestimmte, fest vorgegebene Produktmenge pro Zeiteinheit mit Hilfe von technologisch verschiedenartigen Faktorkombinationen erstellt werden kann. Bei positiver Beantwortung stellt sich dann unmittelbar die Anschlußfrage, in welcher Weise wirtschaftliche Tatbestände (wie beispielsweise Faktorpreise) die endgültige Festlegung der Faktorkombination unter dem Aspekt einer optimalen Entscheidung beeinflussen können. Für diese Entscheidung ist folglich die Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten, die die Faktorkombinationen betreffen, unabdingbare Voraussetzung. 2

1.2 Aufgaben der Produktions- und Kostentheorie Mit der vorstehend getroffenen Abgrenzung zwischen der Produktions- und Kostentheorie und der Produktion wird zugleich auch das Aufgabengebiet der Produktionsund Kostentheorie abgesteckt. „Aufgabe der Produktionstheorie ist es, die mengenmäßigen Beziehungen zwischen dem Einsatz an Produktionsfaktoren und der Menge ausgebrachter Leistungen zu erklären und die Einflußgrößen auf den Faktorverbrauch aufzuzeigen." 3 Gesucht sind die Gesetzmäßigkeiten der Faktorkombinationen, das Ergebnis bilden Produktionsfunktionen, deren Ermittlung die eigentliche Aufgabe der Produktionstheorie darstellt. Eine Produktionsfunktion beschränkt sich auf die Analyse von Mengenrelationen. Sie stellt als reine Produktivitätsbetrachtung die unverzichtbare Grundlage der sich anschließenden und auf der Produktionstheorie aufbauenden Kostentheorie dar. „In der Kostentheorie wird der zu Faktorpreisen bewertete Input (Kosten) dem mengenmäßigen Output gegenübergestellt." 4 Diese Gegenüberstellung erfolgt unter dem Aspekt einer dreifachen Aufgabenerfüllung: 5 1. Analyse der Gesetzmäßigkeiten zwischen dem Output und den Kosten auf der Grundlage vorher aufgestellter Produktionsfunktionen. 2. Aufzeigen der Möglichkeiten, die für eine Beeinflussung der Kosten existieren. Dies hat zu erfolgen mit dem Ziel, diejenige Kombination von Produktionsfaktoren 1 2 3 4 5

Vgl. S. 297 ff. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 298. ADAM, D.: Produktions- und Kostentheorie, (1977), S. 1. ADAM, D.: Produktions- und Kostenthcoric, (1977), S. 1. Vgl. ADAM, D.: Produktions- und Kostentheorie, (1977), S. 1.

9. Abschnitt; Grundzüge der Produktions- und Kostenlhcorie

461

zu bestimmen, welche es gestattet, eine nach Art und Umfang vorgegebene Ausbringungsmenge mit möglichst geringen Kosten zu realisieren (ökonomisches Prinzip). 3. Ermittlung jener Wertansätze für die Faktorverbräuche, die bestmöglich geeignet sind, die knappen Produktionsfaktoren den Verwendungsmöglichkeiten zuzuführen, die insgesamt eine optimale Erreichung der Unternehmensziele ermöglichen (Kostenwerttheorie). Für die weiteren Überlegungen ist es zunächst notwendig, die wesentlichen produktionstheoretischen Grundlagen zu erläutern sowie einige Grundbegriffe der Produktionstheorie, insbesondere den bereits genannten Begriff der Produktionsfunktion, zu definieren.

2. Produktionstheorie 2.1 Produktionstheoretische Grundlagen 2.1.1 G r u n d b e g r i f f e d e r

Produktionstheorie

Die gesetzmäßigen Beziehungen zwischen Faktoreinsatz und Faktorertrag werden im Rahmen der Produktionstheorie mit Hilfe von Produktionsfunktionen erfaßt und dargestellt. „Eine Produktionsfunktion beschreibt formal den Zusammenhang zwischen dem mengenmäßigen Ertrag (Output, Ausbringung, produzierte Menge, Produktionsvolumen) und den für die Erstellung diese Ertrages eingesetzten Produktionsfaktormengen." 6 Die Produktionsfunktion stellt somit ein System von Produktivitätsbeziehungen dar. Mit n s Rj r. xu läßt

den Bezeichnungen Anzahl der eingesetzten Produktionsfaktorarten, Anzahl der erstellten Produktarten, Art des eingesetzten Produktionsfaktors (i = 1, 2,..., n) Einsatzmenge der i-ten Produktionsfaktorart (i = 1, 2,..., n) Erstellte Ertragsmenge der Produktart u (u = 1, 2,..., s) sich eine Produktionsfunktion folgendermaßen darstellen: 7

x u = f(r lf r 2 ,...,r n ) (u = 1,2,..., s) da) oder r (lb) i = g(x1,x2,...,xs) (i = 1,2,..., n) ( l a ) repräsentiert die Gesamtertragsfunktionen, während (lb) für die Gesamtverbrauchsfunktionen oder Faktoreinsatzfunktionen steht. Gleichung (lb) stellt die Umkehrung der Gleichung (la) dar. Von Interesse ist nun die Frage, welchen Einfluß Veränderungen des Faktoreinsatzes auf den Faktorertrag ausüben. Zur Beantwortung werden im allgemeinen Gesamt-, Durchschnitts- und Grenzgrößen herangezogen. Aus Gründen der einfachen Darstellung beschränken sich die folgenden Überlegungen weitgehend auf den Einproduktbetrieb. Für diesen Fall ist das Symbol x u in den Gleichungen (la) und ( l b ) durch x zu ersetzen: x = f(r,,r 2 ,...,r n ) oder (i= 1.2,..., n) = gto 6 7

HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlchre, (1983), S. 190. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaflsliche Kostcnlchre, (1983), S. 190 f.

(2a) (2b)

462

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Ausgangspunkt ist die in der Gleichung (2a) dargestellte Produktionsfunktion als Produktivitätsbeziehung zwischen den gesamten Faktoreinsatzmengen und der gesamten produzierten Menge. Unterstellt man für alle Größen eine unendliche Teilbarkeit, also stetige Zusammenhänge, so besteht mit Hilfe der Differentialrechnung die Möglichkeit, die Auswirkungen einer infinitesimal kleinen Änderung einer unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable, also auf den (mengenmäßigen) Ertrag, zu bestimmen. Diese Auswirkungen werden mit den Begriffen der Grenzproduktivität und des Grenzproduktes erfaßt. 8 Die Grenzproduktivität (der Grenzertrag) einer Produktionsfaktorart i ist der Quotient aus der infinitesimal kleinen Ertragsänderung dx und der diese Ertragsänderung auslösenden infinitesimal kleinen Änderung der Einsatzmenge 3r, der betrachteten Produktionsfaktorart i. Hierbei wird unterstellt, daß die Einsatzmengen aller übrigen n - 1 Faktorarten konstant bleiben. Die Grenzproduktivität ist mathematisch somit der Differentialquotient ^ r . Multipliziert man diesen Differentialquotienten mit der infinitesimal kleinen Faktoreinsatzmengenänderung dr ; , so liefert das Produkt die durch die Variation von rt ausgelöste Ertragsmengenänderung. Diese wird als partielles Grenzprodukt der Faktorart i bezeichnet und ist mathematisch das Differential der Ertragsfunktion. Addiert man die partiellen Grenzprodukte aller Einsatzfaktoren, so liefert diese Summe das totale Grenzprodukt: 9 n

(3) Hält man die Faktoreinsatzmengen r ],..., r ¡.j, r i + 1 ,..., r n konstant, variiert also nur die Einsatzmenge r,, so ist es üblich, durch eine statistische Durchschnittsbildung den Durchschnittsertrag ei des Faktors Rj in der Weise zu ermitteln, daß der Ertrag auf die Einheit der Einsatzmenge r; bezogen wird: „ x f ( r 1 , , . . , r i . 1 , r i , r i + 1 , ...,r n ) e; - r . r.

W

Die Kennzahl ej trägt auch die Bezeichnung Produktivität oder technische Wirtschaftlichkeit. 10 Der Kehrwert von ej wird als Produktionskoeffizient ß, bezeichnet: (5) Dieser Koeffizient gibt an, wieviel Mengeneinheiten q des variablen Faktors Rj erforderlich sind, um eine Ertragseinheit herzustellen.11

8

'

10 11

Vgl. STEFFEN, R.: Produktions- und Kostentheorie, (1983), S. 27 f. Einige Autoren verwenden die Begriffe der Grenzproduktivität und des Grenzertrages nicht synonym. Während der Begriff der Grenzproduktivität einheitlich verwendet wird, verwenden sie die Bezeichnungen „partieller Grenzertrag" und „totaler Grenzertrag" für die hier definierten Begriffe des partiellen Grenzproduktes und des totalen Grenzproduktes. Vgl. etwa GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 306, insbesondere S. 310 f., sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 191. Vgl. S. 22. Vgl. HEINEN, E.: Produklions- und Kostentheorie, (1988), S. 232.

9. Abschnill: Grundziige der Produktions- und Kostentheorie

2 . 1 . 2 Beziehungen zwischen Produktionsfunktion

den I n p u t - und O u t p u t v a r i a b l e n

463

der

Betrachtet man die Beziehungen zwischen den Input- und Outputvariablen der Produktionsfunktion, so bietet sich eine Systematisierung in dreifacher Hinsicht an: 12 1. Stellt man die Frage nach der Art der Beziehungen zwischen den Faktoreinsatzmengen einerseits und den Ausbringungsmengen andererseits, so muß zwischen unmittelbaren und mittelbaren Produktionsfaktor-Produkt-Beziehungen differenziert werden. 2. Wählt man als Kriterium die Fragestellung, ob die zur Erreichung einer bestimmten Outputmenge notwendigen Faktoreinsatzmengen untereinander eine technisch bedingte Kopplung aufweisen oder nicht, so ist hinsichtlich der Art dieser Beziehungen zwischen der Limitationalität und der Substitutionalität zu unterscheiden. Hierbei geht es im Unterschied zu 1. um Beziehungen zwischen verschiedenen Produktionsfaktoren, wobei die Outputseite eine konstante Größe darstellt. 3. Mit dem Begriff der Homogenität der Produktionsfunktion wird eine Aussage darüber getroffen, in welcher Weise die Outputmenge zunimmt, wenn die in konstanten Verhältnissen zueinander stehenden Faktoreinsatzmengen ebenfalls zunehmen. Hierbei handelt es sich also analog zu 1. wiederum um Produktionsfaktor-Produkt-Beziehungen. Unmittelbare Produktionsfaktor-Produkt-Beziehungen zwischen den variablen Faktoreinsatz- und Ausbringungsmengen liegen beispielsweise vor bei Rohstoffen (feste Anzahl von m 2 Bretter für die Fertigung eines Schrankes), bei den Rädern eines Kraftfahrzeuges oder bei den Armaturen eines maschinellen Aggregats. Derartige Beziehungen finden ihren Niederschlag häufig in Stücklisten, die eine Aussage darüber treffen, welche Mengen der verschiedenen Werkstoffarten erforderlich sind, um eine oder mehrere Enderzeugniseinheiten zu fertigen. 13 Oft verhalten sich diese Einsatzmengen proportional zu den Ausbringungsmengen, d. h. die Produktionskoeffizienten der eingesetzten Faktorarten sind konstant. 14 Diese unmittelbaren Input-OutputRelationen gelten jedoch nur für einen Teil der variablen Einsatzfaktoren. Betrachtet man einmal den Schmiermittelverbrauch, die Energieaufnahme oder den Verschleiß, so zeigt sich, daß diese Faktoreinsatzarten nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar über die zwischengeschalteten Maschinen, die für die Produktion eingesetzt werden, in die technischen Outputeinheiten eingehen. Dabei hängen in der Regel die Verbrauchsmengen von den technischen Eigenschaften der Aggregate und Arbeitsplätze und von der Produktionsgeschwindigkeit ab, und zwar in einer streng gesetzmäßigen Weise. Charakteristisch für die mittelbaren Produktionsfaktor-ProduktBeziehungen zwischen den variablen Faktoreinsatzmengen und den Ausbringungsmengen ist also die Tatsache, daß zwischen Input und Output betriebliche Teileinheiten in Form von Betriebsmitteln und Arbeitsplätzen zwischengeschaltet sind, in denen die Beziehungen zwischen Faktoreinsatz- und Ausbringungsmengen wie in einem Prisma gebrochen werden. 15 Stehen die Faktoreinsatzmengen einer Produktionsfunktion in einem technisch bindenden Einsatzverhältnis zur Ausbringung, so spricht man von Limitationalität. 12

13 14 15

Vgl. HEINEN, E.: Bctricbswirtschaftsliche Kostenlchre, (1983), S. 215 ff., sowie ADAM, D.: Produktionsund Kostentheorie, (1977), S. 3 ff. Vgl. S. 284 f. Vgl. HEINEN, E.: Bctriebswirtschaflsliche Kostenlchre, (1983), S. 217. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 326 ff.

464

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Diese Situation ist beispielsweise dann gegeben, wenn für die Ausbringung einer Erzeugniseinheit technisch zwingend acht Mengeneinheiten eines Rohstoffes, zwanzig Energieeinheiten sowie zwei Zeiteinheiten für die Bearbeitung auf einer Maschine einzusetzen sind. Charakteristisch für die Limitationalität ist die Tatsache, daß durch den verstärkten Einsatz eines einzelnen Einsatzfaktors der Produktionsfunktion kein zusätzlicher mengenmäßiger Ertrag erwirtschaftet werden kann. Soll ein Mehrertrag erreicht werden, so ist das nur möglich, wenn ein vermehrter Einsatz aller Einsatzfaktoren erfolgt, und zwar nach Maßgabe der vorliegenden technischen Beziehungen. Für das vorstehende Beispiel bedeutet dies: Sollen zwei Erzeugniseinheiten ausgebracht werden, so ist hierfür der Einsatz von sechzehn Mengeneinheiten des Rohstoffs, vierzig Energieeinheiten sowie vier Zeiteinheiten für die Bearbeitung auf der Maschine erforderlich. Limitationalität heißt nicht, daß in jedem Fall die Produktionskoeffizienten konstant sein müssen. 16

• Abb. 1: Limitationale Produktionsfunktion In Abb. 1 ist eine limitationale Produktionsfunktion für zwei Einsatzfaktoren R j und R2 dargestellt. 17 In dieser Abb. repräsentiert die Gerade OP] in der r]-r 2 -Ebene die Einsatzmengenverhältnisse der Faktoren R j und R 2 , für die in diesem Beispiel die konstante Relation r t : r 2 = 3 : 2 gilt. Soll beispielsweise die Ausbringungsmenge x = PjA realisiert werden und bezeichnen r 1 bzw. r 2 die maximal verfügbaren Einsatzmengen der Einsatzfaktoren R j bzw. R 2 , so kann dieser Output nur durch die Einsatzmengen r j = r ! und r 2 = r 2 ' erbracht werden. Da der Einsatzfaktor R! an der Stelle r j = r j den Engpaß darstellt, kann die Differenzmenge r 2 - r 2 ' des Einsatzfaktors R 2 nicht für eine Outputsteigerung eingesetzt werden. Die Gerade OA stellt die limitationale Produktionsfunktion dar, die Linie OP t trägt die Bezeichnung Prozeßgerade. Sie ist die Spur der limitationalen Produktionsfunktion in der r r r 2 -Ebene. Mit dem Begriff der Substitutionalität wird der Sachverhalt beschrieben, daß die Einsatzfaktoren einer Produktionsfunktion untereinander ausgetauscht werden können, ohne daß durch eine derartige Maßnahme der mengenmäßige Ertrag verändert wird.

16 17

Vgl. ADAM, D.: Produktions- und Kostentheorie, (1977), S. 4. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 533 f.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

465

Mit der Substitution ist zugleich eine Änderung der Produktionskoeffizienten verbunden. Liegt eine substitutionale Produktionsfunktion vor, so besteht die Möglichkeit, die Ausbringungsmenge dadurch zu verändern, daß man die Einsatzmenge eines Faktors variiert, während die Einsatzmengen aller anderen Einsatzfaktoren konstant gehalten werden. M a n spricht in diesem Fall von partieller Faktorvariation. Die Produktionstheorie unterscheidet zwei Arten der Substitutionalität. Ist der Austausch von Einsatzfaktoren einer Produktionsfunktion nur innerhalb bestimmter Grenzen möglich, so bezeichnet man diesen Sachverhalt als periphere, partielle oder Randsubstitution. Sie schließt den vollständigen Ersatz eines Einsatzfaktors durch einen anderen aus. Von alternativer oder totaler Substitution spricht man dann, wenn ein Einsatzfaktor durch die endliche Vermehrung der Einsatzmenge eines anderen Faktors total verdrängt werden kann. Liegt dieser Fall vor, dann erfolgt zugleich der Übergang von einer Produktionsfunktion auf eine andere. 1 8 Die beiden Arten der Substitutionalität sollen an Hand der Abb. 2 und 3 demonstriert w e r d e n . 1 9 Dargestellt ist jeweils eine Ertragsisoquante für eine Produktionsfunktion mit peripherer Substitution (Abb. 2) und mit alternativer Substitution (Abb. 3). Eine Ertragsisoquante ist der geometrische Ort für alle r r r 2 - K o m b i n a t i o n e n , die zum selben Ertrag führen. r

2 9-

Abb. 2: Periphere Substitution

Abb. 3: Alternative Substitution

Die Abb. 2 geht von der Produktionsfunktion x = "Vrj • r 2 aus. Betrachtet wird die Ertragsisoquante x = x* = 2, die den geometrischen Ort für alle r i - r 2 - K o m b i n a t i o n e n darstellt, die zum Ertrag x = x* = 2 führen. All diesen Kombinationen ist gemeinsam, daß v o n jeder Faktoreinsatzart eine Einsatzmenge größer Null verlangt wird. Der Abb. 3 liegt die Produktionsfunktion x = 4 r j + 2r 2 zugrunde, wobei die Ertragsisoquante x = x* = 16 betrachtet wird. Die fallende Gerade + 2 r 2 = 16 stellt den geometrischen Ort für alle r ^ - K o m b i n a t i o n e n dar, die zum Ertrag x = x* = 16 führen. Das gilt auch für die beiden Extremfälle r j = 0, r 2 = 8 bzw. r j = 4, r 2 = 0, in denen jeweils ein Einsatzfaktor total verdrängt wird. Derartige Ertragsisoquanten können auch Ausprägungen aufweisen, die nichtlinear und dann meist konvex zum Ursprung verlaufen. In der betriebswirtschaftlichen Literatur hat es sich eingebürgert, eine limitationale Produktionsfunktion mit variablen Produktionskoeffizienten als G L J T E N B E R G Funktion oder Produktionsfunktion vom Typ B zu bezeichnen. Dagegen trägt eine limitationale Produktionsfunktion mit konstanten Produktionskoeffizienten die Be18 19

Vgl. ADAM, D.: Produktions- und Kostentheoric, (1977), S. 4. Vgl. STEFFEN, R.: Produktions- und Kostcnthcoric, (1983), S. 25 ff.

466

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Zeichnung LEONTIEF-Funktion. Für eine Produktionsfunktion, die durch periphere Substitution und zusätzlich durch einen ertragsgesetzlichen Verlauf charakterisiert ist, verwendet man die Bezeichnung Produktionsfunktion vom Typ A. 20 Eine Produktionsfunktion x = f(rj,r2,...,rn) bezeichnet man als homogen vom Grade t, wenn eine Zahl t existiert, so daß für jede Zahl X > 0 die Bedingung (6) gilt:21 fox = f(kx 1 M 2 > ...M n )

(6)

Diese Gleichung bringt die Gesetzmäßigkeit zum Ausdruck, daß die Ausbringung mit dem Faktor X1 wächst, wenn man die Einsatzmengen aller Produktionsfaktoren mit dem Faktor X multipliziert. Man spricht hier auch von Niveauvariation. Die Zahl t bezeichnet man als Homogenitätsgrad. Nimmt t den Wert 1 an, so liegt eine Produktionsfunktion homogen vom Grade 1 vor, eine sogenannte linear-homogene Produktionsfunktion. In diesem Fall führt eine Ver-A.-fachung (X = 1,2, 3,...) der Faktoreinsatzmengen zu einer Ver-X-fachung der Ausbringungsmenge, oder anders ausgedrückt: Die Skalenerträge, also die Ausbringungszuwächse Ax als Funktion von X , sind konstant. Produktionsfunktionen mit t < 1 heißen unterlinear-homogen, solche mit t > 1 überlinear-homogen. Im ersten Fall sinken die Skalenerträge mit wachsendem X, im zweiten Fall nehmen die Skalenerträge ebenfalls zu, wenn X steigt. In der Praxis sind die LEONTIEF-Funktionen, d. h. linear-homogene Produktionsfunktionen mit konstanten Produktionskoeffizienten, von großer Bedeutung. 2 . 1 . 3 Betriebswirtschaftliche Anforderungen an die Produktionstheorie Eine Aufgabe der Produktionstheorie ist es, realistische Erklärungsmodelle für praktische Produktionsprozesse bereitzustellen. Damit stellt sich die Frage, welche Anforderungen sich aus diesem Realitätsbezug ergeben. Diese können in sechs Punkten zusammengefaßt werden:22 1. In den Produktionsfunktionen müssen die wichtigsten Entscheidungstatbestände, die einen Einfluß auf den Faktorverbrauch ausüben, erfaßt werden. Die Produktionsfunktionen sollen ein möglichst vollständiges Abbild aller betrieblichen Entscheidungen ermöglichen, die einen Einfluß auf das Mengengerüst der Kosten ausüben. 2. Die Forderung, daß sich jeder Produktionsfaktor einer Produktionsfunktion nur auf qualitativ gleiche Verbrauchsgrößen beziehen darf, resultiert aus der Notwendigkeit, daß nur gleiche und nicht unterschiedliche Faktorqualitäten unter einem Produktionsfaktor subsumiert werden dürfen. Ein ungeeigneter Produktionsfaktor für eine betriebswirtschaftliche Produktionsfunktion ist beispielsweise der Faktor „Arbeit", da dieser in unterschiedlichen Qualitäten auftreten kann. An die Homogenität der Produktionsfaktoren sind somit strenge Maßstäbe anzulegen. 3. Die Transformation von Produktionsfaktoren in Outputfaktoren vollzieht sich häufig im Rahmen sehr komplexer technologischer Prozesse. Ein realistisches Abbild der Prozeßstruktur kann jedoch nur dann gelingen, wenn die Produktionsfunktion die diesen Prozessen zugrundeliegenden chemischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten explizit berücksichtigt. Die Produktionsfunktion bedarf inso20

21 22

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 303, sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 236 ff. Vgl. ADAM, D.: Produktions- und Kostentheoric, (1977), S. 4 f. Vgl. ADAM, D.: Produktions- und Kostentheoric, (1977), S. 5 f.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

467

weit einer technischen Fundierung, als alle wesentlichen technischen Einflußgrößen in ihren Funktionszusammenhang eingebaut werden müssen. 4. Die produktionstheoretischen Überlegungen dürfen sich nicht darauf beschränken, Erklärungsmodelle für das Mengengerüst der Kosten in Einproduktbetrieben zu entwickeln. Die Modellüberlegungen müssen sich vielmehr auf alle Formen des Mehrproduktbetriebes, z. B. auch auf die Kuppelproduktion, beziehen. 5. In vielen Produktionsbetrieben durchlaufen Rohstoffe und Halbfabrikate eine Vielzahl von Produktionsstufen, ehe sie als marktfähige Produkte veräußert werden können. Die Produktionsfunktion muß daher in der Lage sein, diese Mehrstufigkeit in ihrem funktionalen Aufbau zu berücksichtigen. 6. Schließlich ist zu fordern, daß die Produktionstheorie Modelle zur Verfügung stellt, die sich nicht auf eng begrenzte (substitutionale, limitationale) Prozeßstrukturen beschränken, sondern offen sind für die Darstellung der Vielfalt empirischer Prozesse. Die folgenden Ausführungen dienen der Behandlung der Produktionsfunktionen vom Typ A und B und beschränken sich weitgehend auf einstufige Einproduktbetriebe. Sie finden ihren jeweiligen Abschluß in der Beurteilung der Fragestellung, inwieweit diese beiden Produktionsfunktionen den vorstehend formulierten Anforderungen entsprechen. Damit stellt sich dann auch die Frage nach der Entwicklung weiterer Produktionsfunktionen.

2.2 Produktionsfunktion vom Typ A 2.2.1 V o r a u s s e t z u n g e n für die P r o d u k t i o n s f u n k t i o n vom Typ A Die Tatsache, daß die Faktoreinsatzmengen bei der Produktionsfunktion vom Typ A in gewissen Grenzen variierbar sind, ein gegebener Ertrag also durch den Einsatz verschiedenartiger Faktorkombinationen erreichbar ist, weist die Produktionsfunktion als eine kombinierte technisch-ökonomische Problematik aus, da neben den technologischen Gesetzmäßigkeiten auch die Faktorpreise die Faktorproportionen beeinflussen. 23 Sucht man die günstigste Kombination der Faktoreinsatzmengen, so wird es zweckmäßig sein, den Beitrag isoliert darzustellen, den jeder einzelne Einsatzfaktor der vorgegebenen Faktorkombination zur Erzielung des Gesamtoutputs leistet. Im konkreten Einzelfall heißt das, jeweils alle Einsatzfaktoren bis auf einen in ihren Einsatzmengen konstant zu halten und hervorgerufene positive oder negative Outputänderungen allein dem variierten Faktor zuzurechnen (partielle Faktorvariation). An einem naturwissenschaftlichen Sachverhalt, dem sogenannten BOYLE-MARIOTTEschen Gesetz, nach dem für ein ideales Gas bei konstanter Temperatur das Gasvolumen dem Gasdruck umgekehrt proportional ist, kann diese Vorgehensweise demonstriert werden. Ändert man nun die Größen Druck und Temperatur gleichzeitig, so ändert sich das Gasvolumen. Hält man dagegen jeweils eine der beiden Größen Druck oder Temperatur konstant, so kann man bei Veränderung der jeweils anderen Größe die daraus resultierende Änderung des Gasvolumens in eindeutiger Weise der sie auslösenden Druck- bzw. Temperaturänderung zuordnen. Beschränkt man sich nun auf infinitesimal kleine Änderungen der beiden Größen Druck und Temperatur, so liefert die Addition der vorstehend isoliert ermittelten beiden Funktionswertänderungen des Gasvo-

23

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 303 f.

468

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

lumens einen Ausdruck, der die Änderung des Gasvolumens in Abhängigkeit von den beiden Größen Druck und Temperatur beschreibt. Kennzeichnend für die Produktionsfunktion vom Typ A sind die Möglichkeit einer peripheren Substitution und die Annahmen über die Ertragszuwächse bei zunehmendem Einsatz eines Produktionsfaktors bei Konstanz aller übrigen Produktionsfaktoren. Diese beiden Aspekte können wie folgt beschrieben werden: 24 1. Eine gegebene Ausbringungsmenge x kann durch unterschiedliche Mengenkombinationen der Faktorarten erbracht werden. Betrachtet man den ZweiFaktoren-Fall und wählt als Ausgangspunkt eine bestimmte ri-r2-Kombination für die Erzeugung der Ausbringungsmenge x, so besteht die Möglichkeit, eine Verminderung Ari des Faktors Ri durch eine bestimmte Vermehrung Ar2 des Faktors R2 auszugleichen. Dabei dürfen die Einsatzmengen der Faktoren jedoch nicht bis auf Null absinken. 2. Vermehrt man sukzessive die Einsatzmenge eines Produktionsfaktors bei Konstanz der Einsatzmengen aller übrigen Einsatzfaktoren, so führt diese Vorgehensweise zunächst zu steigenden Ausbringungszuwächsen (Ertragszuwächsen) und später zu abnehmenden Ausbringungszuwächsen (Ertragszuwächsen). Dies bezeichnet man als ertragsgesetzlichen Verlauf der Produktionsfunktion oder Ertragsgesetz. Die wesentlichen Voraussetzungen der Produktionsfunktion vom Typ A sollen nun kurz dargestellt werden: 1. Die Produktionsdauer liegt fest. Das schließt eine zeitliche Anpassung aus. 2. Die eingesetzten Produktionsfaktoren sind peripher substituierbar. 3. Die Produktionsfaktoren sind beliebig teilbar und können um beliebig kleine Mengen vermehrt oder vermindert eingesetzt werden. 4. Das erzeugte Produkt ist von gleichbleibender Qualität. 5. Es wird ein Einproduktbetrieb betrachtet. 6. Der ertragsgesetzliche Verlauf der Produktionsfunktion gilt für den Gesamtbetrieb, d. h. die Beziehung zwischen Faktoreinsatz und Ausbringung wird global für den gesamten Betrieb untersucht. Die isolierte Betrachtung einzelner Betriebsmittel, Betriebsmittelkomplexe oder Arbeitsplätze ist im Rahmen der Produktionsfunktion nicht möglich. 2.2.2 F o r m a l e D a r s t e l l u n g der P r o d u k t i o n s f u n k t i o n v o m T y p A Variiert man den i-ten von n Produktionsfaktoren und hält die übrigen n - 1 Faktoren mit ihren Einsatzmengen konstant, so zeigt die Abb. 4 den nach dem Ertragsgesetz unterstellten Zusammenhang zwischen der Einsatzmenge rj des variablen Einsatzfaktors Rj und dem Ertrag x. 25 Die Abb. 4 enthält darüber hinaus die Durchschnittser3x tragsfunktion ei, die Grenzproduktivitätsfunktion ^ r sowie die zweite partielle Ableitung

24 25

d2x

der Gesamtertragsfunktion.

'

Vgl. ADAM, D.: Produktions- und Kostenlhcorie, (1977), S. 6 f. Zur formalen Darstellung der Produktionsfunktion vom Typ A vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 303 ff., HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 192 ff., sowie ADAM, D.: Produklions- und Kostenlhcorie, (1977), S. 6 ff.

469

9. Abschnitt: Gnindztlgc der Produktions- und Kostcntheorie i

L

X

X

di 3r

i

a2x

I. Phase

Sri2

/

II. Phase

f

III. Phase

I V . Phase

dj Abb. 15: Auf die Einheit der Laufzeit umgerechnete Verbrauchsfunktion für den Kraftstoffverbrauch einer Verbrennungskraftmaschine Im folgenden sollen exemplarisch die Einsatzbedingungen der menschlichen A r beitskraft diskutiert werden. Wenn vom Produktionsfaktor menschliche Arbeitskraft gesprochen wird, so muß grundsätzlich bedacht werden, daß nicht der arbeitende Mensch selber, sondern das von ihm zur Verfügung gestellte Arbeitspotential als Einsatzfaktor im Sinne der Produktionstheorie gilt. Verzehrt wird dieses Potential, indem der Betrieb von der ihm gebotenen Möglichkeit Gebrauch macht, menschliche Ar4 2

Vgl. Gleichung (5), S. 462.

482

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

beitskraft zu nutzen. Stellt man die Frage nach der Messung des Mengenverzehrs an Arbeitspotential im Rahmen der Produktionstheorie, so ist es zweckmäßig, an die Lohnformen anzuknüpfen. 4 3 Unter diesen sollen der Zeitlohn und der Zeitakkordlohn betrachtet werden. Beginnen wir mit dem Zeitlohn. Dieser ist dadurch charakterisiert, daß der Betrieb dem Arbeiter innerhalb der betrieblichen Teileinheit j pro Zeiteinheit, also beispielsweise pro Anwesenheitsstunde, einen bestimmten Geldbetrag vergütet. Dieser Geldbetrag ist unabhängig davon, ob der Arbeiter während der Stunde Anwesenheitszeit fünf, zehn oder zwanzig Produktionsvorgänge durchgeführt hat, also unabhängig von der physikalisch-technischen Leistung dj. Bezugsgröße für den Verzehr an menschlichem Arbeitspotential ist die Anwesenheitszeit. Bezeichnet pjj die Anwesenheitsminuten des Arbeiters in der betrieblichen Teileinheit j je Produktionsvorgang, so gilt offenbar, daß mit steigender Intensität dj bei konstanter Anwesenheitszeit die Größe py abnimmt (vgl. Abb. 16). Dagegen bleibt der Faktorverzehr pro Anwesenheitsstunde konstant. Das heißt, die auf die Einheit der Anwesenheitszeit umgerechnete Verbrauchsfunktion, deren Ordinate sich durch Multiplikation von Abszisse und Ordinate der Abb. 16 ergibt, weist den in Abb. 17 dargestellten Verlauf auf, wobei r;j für den Zeitverzehr des Arbeiters in der betrieblichen Teileinheit j für die Durchführung der Produktionsvorgänge und tj für die Anwesenheitszeit des Arbeiters stehen.

Minuten P.-vorgang

Produklionsvorpanpe Stunde

Abb. 16: Technische Verbrauchsfunktion f ü r Zeitlohnarbeit r,j Minnen Stunde

Produktionsvorpänpe Stunde

Abb. 17: Auf die Arbeitsstunde bezogene Verbrauchsfunktion bei Zeitlohnarbeit Behält man die Abszisse der Abb. 16 und 17 bei und bewertet die Arbeitsminuten der Ordinaten (Mengengerüst) monetär mit dem entsprechenden Lohnsatz, so erhalten die Ordinaten die Dimensionen DM/Produktionsvorgang bzw. DM/Stunde. Das entspricht den Abb. 18c und 18a des 2. Abschnitts. 44 Aus dem Vergleich der Abb. 18c und 18a des 2. Abschnitts einerseits und der Abb. 16 und 17 andererseits wird die Ähnlichkeit der Kurvenverläufe sichtbar.

43 44

Vgl. s. 63 ff. Vgl. S. 65.

483

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

Betrachten wir nun den Zeitakkordlohn. Bei dieser Lohnform wird dem Arbeiter eine bestimmte Anzahl von Akkordminuten für den erfolgreichen Vollzug eines Produktionsvorgangs vorgegeben. Dieser Vorgabewert wird verbraucht, d. h. der Verzehr an menschlichem Arbeitspotential kann in Akkordminuten ausgedrückt werden. Bezeichnet py die je Produktionsvorgang verbrauchten Akkordminuten des Arbeiters in der betrieblichen Teileinheit j, so ist diese Kennzahl unabhängig von der physikalisch-technischen Leistung dj konstant. Das liefert den Funktionsverlauf der Abb. 18.

Wird dagegen der Faktorverbrauch an Akkordminuten auf die Stunde Arbeitszeit umgerechnet, so bedeutet dies: Beträgt beispielsweise der Zeitakkordvorgabewert für die Durchführung eines Produktionsvorgangs zwölf Minuten, so resultieren aus dj = 5 Produktionsvorgänge/Stunde 60 Akkordminuten/Arbeitsstunde, aus dj = 10 Produktionsvorgänge/Stunde 120 Arbeitsminuten pro Arbeitsstunde, usw. Bezeichnen Tij den Faktorverzehr an Akkordminuten des Arbeiters in der betrieblichen Teileinheit j für die Durchführung der Produktionsvorgänge und tj die Arbeitszeit des Arbeiters, dann ergibt dies den Funktionsverlauf der Abb. 19. Die Ordinatenwerte dieser Abbildung resultieren aus den Produkten der Abszissen- und Ordinatenwerte der Abb. 18. Dabei entspricht die Steigung der Geraden der Abb. 19 dem konstanten Wert der Abb. 18. Auch beim Zeitakkord führt eine monetäre Bewertung der Ordinaten der Abb. 18 und 19 zu den im Rahmen der Lohnformen behandelten Abb. 21c und 21a des 2. Abschnitts. 45 p-

4i

Akk.-Min. P.-vorgang

• Produktionsvorpilnpe Stunde

Abb. 18: Technische Verbrauchsfunktion für Zeitakkord

u

Produktionsvorpänpe Stunde

j

Abb. 19: Auf die Arbeitsstunde bezogene Verbrauchsfunktion für Zeitakkord

484

Teil III: Rechnungslegung für den Opcraüvbcrcich

2.3.2.2 Optimaler

Leistungsgrad

Für jede betriebliche Teileinheit existieren so viele technische Verbrauchsfunktionen, wie Faktorarten verzehrt werden. Beschränkt sich die Betrachtung auf nur eine Faktorart und ist die zugehörige technische Verbrauchsfunktion dadurch charakterisiert, daß sie einen Minimalwert aufweist, so stellt der zugehörige Leistungsgrad zugleich auch den optimalen (wirtschaftlichsten, günstigsten) Leistungsgrad dar. Diese Schlußfolgerung ergibt sich aus der Tatsache, daß eine ökonomische Bewertung der technischen Verbrauchsfunktion zu einem Minimalwert führt, dessen Abszissenwert keine Änderung gegenüber der technischen Verbrauchsfunktion aufweist. Werden dagegen von einer betrieblichen Teileinheit mehrere Faktorarten verzehrt, so liegt der optimale Leistungsgrad offenbar an der Stelle, an der die Summe der mit ihren Preisen bewerteten Faktoreinsatzmengen je physikalischer Arbeitseinheit ein Minimum annimmt.46 Mit den Bezeichnungen 7i¡ Preis der je Mengeneinheit der Faktoreinsatzart i (i = 1,2,..., n) Pij Verzehrsmenge der Faktorart i je physikalischer Arbeitseinheit in der betrieblichen Teileinheit j (i = 1,2,..., n; j = 1,2,..., m) k¡j Kosten der Faktoreinsatzart i je physikalischer Arbeitseinheit in der betrieblichen Teileinheit j (i = 1,2 n; j = 1,2,..., m) kj Kosten je physikalischer Arbeitseinheit in der betrieblichen Teileinheit j (j = 1,2, ..., m) dj Physikalisch-technische Leistung der betrieblichen Teileinheit j (j = 1,2,..., m) erhält man bei insgesamt n Faktorarten mit mittelbaren oder unmittelbaren Produktionsfaktor-Produkt-Beziehungen folgenden Ausdruck für die Kosten je physikalischer Arbeitseinheit in der betrieblichen Teileinheit j: n k

n

n

j = X k ü = X n i • Pü = 5 > i • f ij( d j) i=l i=l i=l

(19a)

wobei der Ausdruck k

ij =

• Pij =

• fij(dj)

(19b)

die Kosten der Faktoreinsatzart i je physikalischer Arbeitseinheit in der betrieblichen Teileinheit j darstellt. Zur Bestimmung des Minimums der Gleichung (19a) ist diese nach dj zu differenzieren und gleich Null zu setzen. 47 Das ergibt: n

(20) Für den Fall n = 2 liefert die Gleichung (20): (21a)

4 6

47

Zum optimalen Leistungsgrad vgl. KILGER, W.: Produktions- und Kostenlheorie, (1972), S. 61 ff., sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlchrc, (1983), S. 224 ff. Für die Bestimmung der Art des Extrcmums muß zusätzlich die zweite Ableitung gebildet werden.

485

9. Abschnitt: Grundzilge der Produktions- und Kostenlheorie

52 «r

dfij(dj) ddj df 2 i(di) dd:

(21b)

und in Verbindung mit Gleichung (14b) 71! • dpij + n 2 • dp 2 j = 0 bzw. Jt! • dpij = - %2 • dp 2 j

(21c) (21d)

Da die Preise 71; stets positive Werte aufweisen, kann die materielle Bedeutung der Gleichung (21d) wie folgt interpretiert werden: Der optimale Leistungsgrad liegt dann vor, wenn eine Leistungssteigerung um eine Einheit zu einer Erhöhung der Kosten durch den Einsatz des einen Einsatzfaktors um den gleichen Betrag führt, in welchem sich die Kosten durch den Einsatz des zweiten Einsatzfaktors verringern, oder allgemein ausgedrückt: Das Optimum liegt bei dem Leistungsgrad, an welchem sich die Kostenzuwächse aus steigenden Verbrauchsfunktionen durch Kostenverringerungen aus abnehmenden Verbrauchsfunktionen gerade ausgleichen. 48 Für die geometrische Bestimmung des optimalen Leistungsgrades ist wie folgt vorzugehen: Zunächst werden die Ordinatenwerte der technischen Verbrauchsfunktionen mit den zugehörigen Preisen der Einsatzfaktoren multipliziert. Das liefert nach Maßgabe der Gleichung (19b) die ökonomisch bewerteten Verbrauchsfunktionen kjj. Diese werden über der physikalisch-technischen Leistung dj aufgetragen. Im Anschluß daran erfolgt die Addition der Ordinatenwerte ky nach Maßgabe der Gleichung (19a). Diese Funktion kj wird ebenfalls über der physikalisch-technischen Leistung dj aufgetragen. Abschließend erfolgt die Ermittlung des Leistungsgrades, der das Minimum der kj-Funktion bestimmt. Dieser Leistungsgrad ist der optimale Leistungsgrad. Aus Abb. 20 geht hervor, daß das Leistungsoptimum für Faktorart 1 bei di und das für Faktorart 2 bei d 2 liegt. Dies führt schließlich zum optimalen Leistungsgrad d 0 . lj + k 2j + k 3j

Abb. 20: Geometrische Bestimmung des optimalen Leistungsgrades einer betrieblichen Teileinheit

48

Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Bctriebswirlschaftlehre, (1990), S. 592.

486

Teil III: Rechnungslegung für den Operalivbereich

2 . 3 . 3 P r o d u k t i o n s f u n k t i o n vom T y p B als S y s t e m von F a k t o r einsatzfunktionen Die Produktionsfunktion vom Typ B baut auf technischen Verbrauchsfunktionen auf. Gleichwohl sind beide Funktionen begrifflich streng voneinander zu trennen. Der wesentliche Unterschied zwischen einer technischen Verbrauchsfunktion und der Produktionsfunktion vom Typ B besteht in der Tatsache, daß eine technische Verbrauchsfunktion den Zusammenhang zwischen einer von insgesamt n Arten des Faktoreinsatzes j e physikalischer Arbeitseinheit in einer betrieblichen Teileinheit und der physikalisch-technischen Leistung beschreibt, in der Produktionsfunktion dagegen die gemeinsame Gegenüberstellung aller n Arten des Faktoreinsatzes auf der einen Seite und der Ausbringungsmenge auf der anderen Seite erfolgt. 49 Für die Herleitung der Produktionsfunktion vom Typ B knüpfen wir an Gleichung (14a) an. Mit dieser wird bekanntlich der funktionale Zusammenhang zwischen der Einsatz- bzw. Verzehrsmenge der Faktorart i je physikalischer Arbeitseinheit in einer betrieblichen Teileinheit j und der physikalisch-technischen Leistung beschrieben. Dabei wird für die unmittelbaren Input-Output-Beziehungen unterstellt, daß der Quotient ry/bj konstant ist. Löst man unter der Voraussetzung, daß die betriebliche Teileinheit j über einen längeren Zeitraum mit einer konstanten physikalisch-technischen Leistung dj produziert, Gleichung (14a) nach der Verzehrsmenge rjj auf, r

ij = fij(dj) • bj = Pij • bj

(22)

so stellt die Gleichung (22) den proportionalen Zusammenhang zwischen dem Verbrauch rjj der Faktorart i in der betrieblichen Teileinheit j und der erbrachten Arbeit bj dar. Diese erweiterte Verbrauchsfunktion bezeichnet man als Faktoreinsatzfunktion. 50 Sie gibt unter der Voraussetzung einer konstanten physikalisch-technischen Leistung dj an, welche Verzehrsmenge rjj von einer Faktoreinsatzart i erforderlich ist, wenn eine betriebliche Teileinheit j insgesamt bj physikalische Arbeitseinheiten erbringen soll. Da bei einer konstanten physikalisch-technischen Leistung dj der Ausdruck p^ = rjj/bj ebenfalls eine Konstante darstellt, läßt sich eine Faktoreinsatzfunktion im bj-nj-Koordinatensystem als eine Gerade darstellen, die im Koordinatenursprung beginnt und mit der Steigung pij ansteigt. Greift man das Beispiel der Abb. 13 auf, d. h. betrachtet man eine u-förmige technische Verbrauchsfunktion, und wählt man zur Demonstration einmal fünf Leistungsgrade djo, dji, dj 2 , dj3, und dj4 (vgl. Abb. 21), so führt das zu den drei Faktoreinsatzfunktionen der Abb. 22. Aus dieser geht in Verbindung mit Abb. 21 hervor, daß mit Ausnahme des optimalen Leistungsgrades djo für jeweils zwei der restlichen vier betrachteten Leistungsgrade der Mengenverzehr pro Arbeitseinheit gleich ist (piji = pij3; Pij2= Pij4). Daher werden hier jeweils zwei hinsichtlich des Faktorverzehrs gleichwertige Leistungsgrade durch eine Faktoreinsatzfunktion repräsentiert. Liegt im Gegensatz zur Abb. 21 eine technische Verbrauchsfunktion vor, die parallel zur Abszisse verläuft, d. h. ist die auf die physikalische Arbeitseinheit bezogene Verzehrsmenge einer Faktorart unabhängig von der physikalisch-technischen Leistung konstant, so resultiert daraus für die gesamte technische Verbrauchsfunktion eine einzige Faktoreinsatzfunktion. Sie weist einen im Koordinatenursprung beginnenden linear ansteigenden Verlauf auf, wobei ihre Steigung der Konstanten pij entspricht. Diese zuletzt geschilderte Situation trifft für alle unmittelbar von der Ausbringungs49 50

Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlchrc, (1983), S. 230 ff. Vgl. KILGER, W.: Produktions- und Kostentheorie, (1972), S. 63 ff.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

487

menge abhängigen Faktorarten zu, also für Faktorarten mit unmittelbaren Produktionsfaktor-Produkt-Beziehungen.

Kann man davon ausgehen, daß eine Faktorart i nicht nur an einer betrieblichen Teileinheit (Maschine, Arbeitsplatz), sondern an mehreren verzehrt wird, so folgt für die Gesamtverzehrsmenge r; dieser Faktorart R; im betrachteten Betrieb in Abhängigkeit von der jeweils festgelegten physikalisch-technischen Leistung und der erforderlichen Anzahl von physikalischen Arbeitseinheiten m

'i = £ fij(dj) bj (23) j=i Damit kann das System der Faktoreinsatzfunktionen in allgemeiner Form wie folgt formuliert werden: m ri = £fij(dj)-bj (i=l,2,...,n) (24) j=i Setzt man Gleichungen (IIa) und (12) in das Gleichungssystem (24) ein, so erfaßt dieses Gleichungssystem den gesamten Faktormengenverzehr in Abhängigkeit von der erstrebten Ausbringungsmenge. Damit beschreibt die Gleichung (25) die Produktionsfunktion vom Typ B für den Cinproduktbetrieb: m ri = £

f i j ( ^ ) ajx

( i = 1,2,..., n)

(25)

488

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Für einen Mehrproduktbetrieb ist die Gleichung (12) wie folgt zu modifizieren: bju = a j u ' x u (u = 1,2,..., s) (26) In Gleichung (26) stehen aj u für die Anzahl der physikalischen Arbeitseinheiten, die für das Bearbeiten einer Mengeneinheit der Produktart u mit Hilfe der betrieblichen Teileinheit j erforderlich sind, x u für die Anzahl der Mengeneinheiten, die von der Erzeugnisart u hergestellt werden sollen und bj u für die Anzahl der physikalischen Arbeitseinheiten, die insgesamt für die Durchführung des Fertigungsauftrages mit der Menge x u von der betrieblichen Teileinheit j erbracht werden müssen. Ein Beispiel soll diese Zusammenhänge verdeutlichen. 51 In einem Zweiproduktbetrieb werden auf einer Drehbank j Dreharbeiten einer ganz bestimmten Art durchgeführt. Die Technologie schreibt vor, daß für ein Einbauteil der Produktart 1 ein Drehvorgang (Produktionsvorgang) einmal, dagegen für ein Einbauteil der Produktart 2 derselbe Drehvorgang zweimal durchzuführen ist. Es gilt also für jede Erzeugniseinheit der Produktart 1 aji = 1 Produktionsvorgang, für jede Erzeugniseinheit der Produktart 2 aj2 = 2 Produktionsvorgänge. Sollen nun insgesamt von der Erzeugnisart 1 xi = 5.000 Stück und von der Erzeugnisart 2 x 2 = 10.000 Stück hergestellt werden, so bedeutet dies für die erforderlichen Arbeitseinheiten nach Maßgabe der Gleichung (26): bji = 5.000 bzw. b j2 = 20.000 Produktionsvorgänge. Führen wir die Gleichungen (26) in die Gleichung (24) ein und betrachten wir s Erzeugnisarten, so folgt daraus für die Produktionsfunktion vom Typ B f ü r den Mehrproduktbetrieb: m

'i = £

f

ij(dj)(aj,x, + a j 2 x 2 + ...+ a j s x s )

(i = 1,2

n)

(27a)

0 = 1 , 2 , . . . , n)

(27b)

j=i

oder vereinfacht formuliert: m r

s

i=S S

f

.j( d j) • a ju x u

j=l u=l

Verbal ist die Gleichung (27b) wie folgt zu interpretieren: 52

Verzchrsmcnge der Faktorart i in Abhängigkeit von den Erzeugnismengen xj bis x s

51 52

Summe der Produkte über alle m Betriebsmittel und alle s Erzeugnisarten

Verzchrsmcnge der Faktorart i Anzahl der phyam Betriebsmittel j sikalischen pro physikalischer Arbeitseinheiten x für die Bearbeitung x Arbeitseinheit einer Mengencinheil nach Maßgabe der der Produktart u Verbrauchsfunktion mit Hilfe des bei gewühlter Bctricbsmittels j physikalischer Leistung

Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlehrc, (1983), S. 235. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlehrc, (1983), S. 236.

Anzahl der gefertigten Mcngencinheiten der Produktart u

9. Abschnitt: Grundzilge der Produklions- und Kostcntheorie

489

2.3.4 A k t i o n s p a r a m e t e r der P r o d u k t i o n s f u n k t i o n v o m T y p B Ändert sich für ein Unternehmen die Absatzsituation, so zwingt dies die Unternehmensleitung, die Produktionsmenge an diese Situation anzupassen. Geht man von gegebenen z-Situationen aus, so ist die hergestellte Produktionsmenge x abhängig von der 1. Anzahl M der sich im betrieblichen Einsatz befindenden gleichartigen Maschinen, 2. ökonomischen Leistung d*, 3. Betriebszeit t. Danach ergibt sich x = M • d* • t (28) Gleichung (28) gibt an, welche Größen die in einer Produktionsperiode hergestellte Produktionsmenge eines Gesamtbetriebes oder eines Betriebsteils bestimmen. 53 Damit ist sie zugleich die Grundlage für eine Schematisierung der Anpassungsprozesse. Diese können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Kurzfristige Anpassungsprozesse sind dadurch charakterisiert, daß die Betriebsgröße konstant bleibt. Gegenstand der Anpassung ist dann die unterschiedliche Inanspruchnahme der Kapazitäten der Betriebsmittel sowie der menschlichen Arbeitsleistung. Dabei unterscheidet man zwischen intensitätsmäßiger, zeitlicher und quantitativer Anpassung. 54 Bei langfristigen Anpassungsprozessen steht die Betriebsgröße selbst zur Disposition. Diese Differenzierung macht zugleich deutlich, daß bei kurzfristigen Anpassungsprozessen Änderungen der Gesamtkosten durch Beschäftigungsvariationen (Änderung der Kosteneinflußgröße Beschäftigungsgrad) hervorgerufen werden, während derartige Kostenänderungen bei langfristigen Anpassungsprozessen auf Betriebsgrößenvariationen (Änderung der Kosteneinflußgröße Betriebsgröße) zurückzuführen sind. 55 Während erstere hier unter dem Aspekt der Aktionsparameter der Produktionsfunktion vom Typ B im Vordergrund stehen und kurz skizziert werden sollen, erfolgt die Erläuterung der letzteren im Rahmen der Darstellung des Zusammenhangs zwischen Betriebsgröße und Kostenhöhe. 56 Von intensitätsmäßiger Anpassung spricht man dann, wenn bei unveränderter Betriebszeit und unveränderter Anzahl der sich im betrieblichen Einsatz befindenden gleichartigen Maschinen der Betrieb seine Ausbringung durch eine Variation der ökonomischen Leistung d* erhöht oder verringert. In diesem Fall werden in der Gleichung (28) die Größen M und t konstant gehalten und die Größe x durch die Größe d* gesteuert. Eine zeitliche Anpassung liegt vor, wenn bei unveränderter Anzahl der sich im betrieblichen Einsatz befindenden gleichartigen Maschinen und bei konstanten ökonomischen Leistungsgraden die Ausbringung eines Betriebes durch eine Veränderung der Betriebszeit t erhöht oder vermindert wird. Für die Gleichung (28) bedeutet dies, daß bei Konstanz der Größen M und d* die Größe t die Größe x steuert. Von quantitativer Anpassung spricht man dann, wenn bei unveränderter Betriebszeit und konstanten ökonomischen Leistungsgraden der Betrieb seine Ausbringung 53 54

55 56

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 356. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 356, ADAM, D.: Produktions- und Kostentheorie, (1977), S. 16, sowie KILGER, W.: Produktions- und Kostentheorie, (1972), S. 94 ff. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 506. Vgl. S. 526 ff.

490

Teil III: Rechnungslegung für den Operalivbereich

durch einen vorübergehenden Einsatz stillgelegter Maschinen bzw. durch eine vorübergehende Stillegung tätiger Maschinen erhöht oder verringert. In diesem Fall werden in der Gleichung (28) die Größen d* und t konstant gehalten und die Größe x durch die Größe M gesteuert. Die quantitative Anpassung ist gekennzeichnet durch die Kurzfristigkeit der Maßnahme bei Vorliegen von funktionsgleichen Maschinen, also von Maschinen mit gleicher technischer Beschaffenheit. 57 Bei einem Beschäftigungsrückgang werden Kapazitäten stillgelegt, aber in Bereitschaft gehalten. Nicht mehr benötigten Arbeitskräften wird eine anderweitige Beschäftigung übertragen. Bei einer Beschäftigungszunahme werden die stillgelegten Kapazitäten und anderweitig Beschäftigten wieder aktiviert. Werden dagegen im Rahmen von Investitionsvorhaben neue Produktionskapazitäten geschaffen, also zusätzliche Maschinen angeschafft, bzw. werden bisher eingesetzte Maschinen auf Dauer ausgemustert, dann verändert sich die Betriebsgröße selbst. In diesem Fall bewegen wir uns im Rahmen langfristiger Anpassungsmaßnahmen.58 Weisen die funktionsgleichen Maschinen unterschiedliche Verbrauchsfunktionen auf, d. h. stimmen sie im Hinblick auf das Mengengerüst nicht mehr überein, dann geht die quantitative Anpassung in die Sonderform der selektiven Anpassung über. Im Rahmen dieser Anpassungsentscheidungen muß dann nach Kostengesichtspunkten die Einsatzreihenfolge der Maschinen bzw. die Reihenfolge ihrer Stillegung bestimmt werden. 59 Jeder Betrieb steht vor der Aufgabe, den Einsatz der technisch möglichen Anpassungsprozesse zu optimieren. Das heißt: Alle Aktionsparameter sind mit dem Ziel festzulegen, daß die verlangte Ausbringung x mit den geringsten Kosten produziert wird. Die Lösung dieser Aufgabe ist der Kostentheorie zuzuordnen. 2 . 3 . 5 L E O N T I E F - P r o d u k t i o n s f u n k t i o n als Sonderfall der GUTENBERG-Funktion Bei der LEONTIEF-Produktionsfunktion handelt es sich um eine linear-limitationale Produktionsfunktion mit konstanten Produktionskoeffizienten. 60 Dieser Sachverhalt läßt sich an Hand einer Umformung der Gleichung (25) veranschaulichen: r- m i = l fijidjj-aj (29) j=i In der Gleichung (29) repräsentieren die Quotienten r¡/x die Produktionskoeffizienten der n eingesetzten Faktorarten. Bei Konstanz der physikalisch-technischen Leistung dj und der Anzahl der Arbeitseinheiten pro Erzeugniseinheit aj müssen auch die Produktionskoeffizienten konstant sein, d. h. unabhängig von der Variation der Erzeugnismenge x. Die Produktion einer bestimmten Erzeugnismenge ist also nur in Form einer bestimmten Mengenkombination der Einsatzfaktoren möglich. Die Charakterisierung der LEONTIEF-Produktionsfunktion als Sonderfall der G U T E N B E R G - F u n k t i o n knüpft an die technischen Verbrauchsfunktionen der GUTENBERG-Funktion an. Dabei sind drei Fälle zu unterscheiden. 57

58

59 60

Dieser Fall ist identisch mit dem Fall B bei GUTENBERG. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 380. Unter dem Aspekt des Kapazitätsabbaus ist diese Situation identisch mit dem Fall A bei GUTENBERG. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 380. Vgl. zur selektiven Anpassung S. 522 f. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehrc, (1983), S. 236 ff.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostenlheorie

491

Erstens ist die LEONTIEF-Produktionsfunktion geeignet für die quantitative Beschreibung von empirischen Produktionsprozessen, die sich zwar grundsätzlich durch eine u-förmige technische Verbrauchsfunktion auszeichnen, die aber aufgrund konstruktiver Merkmale nur auf einen einzigen Leistungsgrad hin ausgelegt sind. So ist es üblich, Elektromotoren für eine bestimmte Leistung zu konstruieren, welche bei einer ganz bestimmten Drehzahl erbracht wird. Die technische Verbrauchsfunktion entartet somit zu einem einzigen Punkt. Für diesen gilt dann, daß der Faktormengenverzehr proportional zur Ausbringungsmenge und zur Produktionszeit ist. Zweitens deckt die LEONTIEF-Produktionsfunktion alle empirischen Prozesse ab, die dadurch charakterisiert sind, daß alle technischen Verbrauchsfunktionen parallel zur dj-Abszissenachse verlaufen, also von den veränderbaren und tatsächlich auch veränderten Leistungsgraden der betrieblichen Teileinheiten unabhängig sind. An dieser Stelle sind die Stücklisten anzuführen, die beispielsweise eine Aussage darüber treffen, wieviel Einbauteile einer bestimmten Art für die Fertigung einer Enderzeugniseinheit benötigt werden. Drittens eignet sich die LEONTIEF-Produktionsfunktion für die quantitative Beschreibung von empirischen Produktionsprozessen, die dadurch charakterisiert sind, daß zwar grundsätzlich verschiedene Leistungsgrade realisiert werden können, aus organisatorischen Gründen jedoch auf die Inanspruchnahme dieser Vielfalt zugunsten eines einzigen und ganz bestimmten Leistungsgrades verzichtet wird. Dieser Leistungsgrad resultiert aus einer optimalen Abstimmung des Verbundes der eingesetzten Produktionsfaktoren unter den gegebenen Umständen. Auch hier liegen offenbar technische Verbrauchsfunktionen vor, die zwar nicht parallel zur dj-Abszissenachse verlaufen müssen, auf denen jedoch nur ein einziger Punkt interessant ist. Als Beispiel sei die Fließbandfertigung genannt: Zwar kann der arbeitende Mensch in gewissen Grenzen schneller oder langsamer arbeiten, seinen Leistungsgrad also verändern. Der fertigungstechnische Verbund aller am Fertigungsprozeß beteiligten Produktionsfaktoren zwingt den Menschen in der Regel jedoch zu einer relativ konstanten Leistungsabgabe. 2.3.6 Z u r B e d e u t u n g der P r o d u k t i o n s f u n k t i o n v o m T y p B Eine kritische Beurteilung der Produktionsfunktion vom Typ B hat sich an der Frage zu orientieren, wie umfassend und vollständig sie empirische Produktionsverhältnisse erfassen und beschreiben kann. Die Beantwortung dieser Frage muß auch unter dem Blickwinkel des Vergleichs mit der Produktionsfunktion vom Typ A erfolgen. Die Vorzüge der Produktionsfunktion vom Typ B gegenüber der Produktionsfunktion vom Typ A können in vier Punkten zusammengefaßt werden: 61 1. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, daß es der Produktionsfunktion vom Typ B durch die Entwicklung und Einbeziehung von Verbrauchsfunktionen gelingt, produktionstheoretische Aussagen technisch zu fundieren. Im Gegensatz zur Produktionsfunktion vom Typ A, die den Gesamtbetrieb als Einheit betrachtet, ist diese Produktionsfunktion in der Lage, durch Aufspalten des gesamten betrieblichen Produktionsprozesses bzw. des Betriebes in betriebliche Teileinheiten (Maschinen, maschinelle Anlagen, Arbeitsplätze) die Beziehungen zwischen Verzehrsmengen und Erzeugnismengen schärfer zu durchdringen und zu formalisieren. Das ist vor allem wichtig im Hinblick auf die noch zu entwickelnden Kostenmodelle. 61

Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlehrc, (1983), S. 240 f.

492

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

2. Die Produktionsfunktion vom Typ A, die sich nur auf den Einproduktbetrieb bezieht, weist die Ausbringungsmenge als einzige Variable aus, über die das Ausmaß des Faktorverzehrs beeinflußbar ist. Bei der Produktionsfunktion vom Typ B tritt in realitätsnaher Fortentwicklung die Intensität als zweite Variable, die auf den Faktorverzehr Einfluß ausübt, in die Betrachtung ein. 3. Sowohl die Produktionsfunktion vom Typ A als auch die vom Typ B stellen statische Produktionsfunktionen dar. Das bedeutet, daß zwar eine endliche Produktionsgeschwindigkeit unterstellt wird, die Veränderungen der Modellvariablen im Zeitablauf einschließlich deren Verknüpfung zu verschiedenen Zeitpunkten jedoch unberücksichtigt bleibt. 62 Zwar wird die Zeitvariable in der Produktionsfunktion vom Typ B nicht explizit erfaßt. Sie findet jedoch im Gegensatz zur Produktionsfunktion vom Typ A indirekt Berücksichtigung durch die Einführung des Leistungsgrades als einer auf die Zeit bezogenen Größe. 63 4. In der Praxis ist eine Vielzahl von Fällen, möglicherweise die Mehrheit aller Produktionsprobleme, durch eine limitationale Beziehung zwischen Faktormengenverzehr und Ausbringung charakterisiert. Die Produktionsfunktion vom Typ B kann diese Zusammenhänge erklären, die Produktionsfunktion vom Typ A dagegen nicht.

2.4 Weitere Produktionsfunktionen Wenngleich die Vorzüge der Produktionsfunktion vom Typ B gegenüber der vom Typ A für die Beschreibung industrieller Fertigungsprozesse unbestritten sind, so darf dieser Sachverhalt jedoch nicht den Blick auf die Tatsache verstellen, daß auch die Produktionsfunktion vom Typ B zu eng ausgelegt ist, um der Realität aller technologischen Prozesse hinreichend zu entsprechen. So sind beispielsweise technologische Prozesse denkbar, die substitutionalen Gesetzmäßigkeiten unterliegen und damit von der Produktionsfunktion vom Typ B nicht erfaßt werden können. Auch steht die Produktionstheorie häufig vor Fragestellungen, deren Beantwortung eine weitere Detaillierung der Produktionsbeziehungen, wie sie in der Produktionsfunktion vom Typ B ihren Niederschlag finden, verlangen. Diese und ähnliche Überlegungen haben dazu geführt, durch die Entwicklung neuer bzw. erweiterter Produktionsfunktionen das Instrumentarium der Produktionstheorie zu vergrößern. Diese Überlegungen sollen im folgenden ansatzweise kommentiert werden. 64 Die von HEINEN entwickelte Produktionsfunktion vom Typ C knüpft an die von GUTENBERG entwickelte Produktionsfunktion vom Typ B an und greift zusätzlich charakteristische Merkmale der sogenannten engineering production function auf. 65 Während die Produktionsfunktion vom Typ B vorwiegend auf mechanisch-technologischen Vorgängen basiert, stehen bei der zeitlich parallel entwickelten engineering production function chemisch- oder biologisch-technologische Vorgänge im Mittelpunkt des Interesses. HEINEN versucht beide Bereiche zu verbinden, wobei der mechanisch-technologische Bereich noch dahingehend erweitert wird, daß nunmehr 62 63 64

65

Vgl. ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktions- und Koslcnlheoric, (1990), S. 59. Vgl. ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktions- und Kostcnlheorie, (1990), S. 172. Vgl. BOTTA, V.: Betriebswirtschaftliche Produktionsfunktioncn, (1986), S. 113 ff., FANDEL, G.: Produktion I, (1991), S. 119 ff., insbesondere S. 191 ff., sowie ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktions- und Kostentheorie, (1990), S. 58 ff. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 244 ff., FANDEL, G.: Produktion I, (1991), S. 120 ff., sowie ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktions- und Kostentheorie, (1990), S. 104 und S. 170 ff.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

493

Stillstands-, Anlauf-, Leerlauf- und Bremsphasen eines Prozesses in die Betrachtung einbezogen werden. GUTENBERG beschränkt sich dagegen nur auf den Faktorverbrauch während der eigentlichen Bearbeitungsphase. Für die Produktionsfunktion vom Typ C sind zwei Charakteristika von besonderer Bedeutung: 1. Der Gesamtprozeß der betrieblichen Leistungserstellung wird in sogenannte Elementarkombinationen zerlegt. Eine solche ist definiert als ein Basisprozeß mit einer eindeutigen Beziehung zwischen ökonomischer und technischer Leistung sowie zwischen technischer Leistung und Produktionsfaktorverbrauch. Bedingt die zu erstellende Endproduktmenge den mehrmaligen Vollzug derartiger Elementarkombinationen, so wird der Zusammenhang mit Hilfe sogenannter Wiederholungsfunktionen hergestellt. 2. Der im Rahmen der Verbrauchsfunktionen der Produktionsfunktion vom Typ B benutzte durchschnittliche Leistungsgrad wird aufgegeben zugunsten des Momentan-Leistungsgrades. Diesem Schritt liegt die Überlegung zugrunde, daß beispielsweise ein Auto konstant mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h eine Stunde lang fahren kann oder aber eine halbe Stunde im Stau steht und anschließend eine halbe Stunde konstant mit 160 km/h fährt. In beiden Fällen beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit 80 km/h, die Benzinverbräuche pro Stunde bzw. pro km sind jedoch für beide Alternativen unterschiedlich. Der Momentan-Leistungsgrad hebt auf die Leistung jedes Augenblicks ab. Aufbauend auf dem Momentan-Leistungsgrad gelingt es, den Produktionsfaktorverbrauch mit Hilfe von Zeitbelastungsdiagrammen und Faktoreinsatzfunktionen zu ermitteln. Da die Produktionsfunktion vom Typ C es im Gegensatz zu den statischen Produktionsfunktionen vom Typ A und B gestattet, die Entwicklung der Modellgrößen im Zeitablauf zu berücksichtigen, bezeichnet man sie auch als kinetische Produktionsfunktion. 66 . Die von KLOOCK entwickelte Produktionsfunktion vom Typ D geht analog der Produktionsfunktion vom Typ C von Elementarkombinationen aus, die eindeutige Beziehungen zwischen den eingesetzten Faktormengen und dem technischen Leistungsgrad der Betriebsmittel einerseits und zwischen diesem Leistungsgrad und den Ausbringungsmengen andererseits repräsentieren. 67 Im Gegensatz zur LEONTIEFProduktionsfunktion, die von konstanten Produktionskoeffizienten, also für jede Produktionsstelle von linearen Input-Output-Transformationsbeziehungen ausgeht, erweitert KLOOCK diesen Ansatz durch den Einbau nichtlinearer Transformationsbeziehungen auf der Basis der GUTENBERGschen Verbrauchsfunktion, d. h. er unterstellt variable leistungsabhängige Produktionskoeffizienten. Zwei zusätzliche Erweiterungen führt KLOOCK in seine Modellbetrachtung ein: Zum einen wird im Gegensatz zur Produktionsfunktion vom Typ B die Mehrstufigkeit der Produktionsprozesse berücksichtigt. Zum anderen erfährt die Produktionsfunktion vom Typ C durch die Berücksichtigung mehrstufiger Produktionsprozesse mit zyklischer Verflechtung eine wesentliche Vervollkommnung. Unter zyklischer Verflechtung versteht man in diesem Zusammenhang die Prozeßsituation, daß die Ausbringungsmenge einer nachgelagerten Leistungsstelle als Faktoreinsatz in einem vorgelagerten Betriebsbereich benötigt wird. Die Produktionsfunktion vom Typ D gilt als statisches 66 67

Vgl. ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktion- und Kostcnlheoric, (1990), S. 59 und S. 169. Vgl. FANDEL, G.: Produktion I, (1991), S. 145 f., sowie ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktionsund Kostentheorie, (1990), S. 219 f.

494

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Modell, in der die LEONTIEF-Produktionsfunktion sowie die Produktionsfunktionen vom Typ B und C enthalten sind. Die von KÜPPER entwickelte Produktionsfunktion vom Typ E stellt ein dynamisches Modell dar, das es gestattet, Variable, die auf verschiedene Zeitpunkte datiert sind, zu verknüpfen, um auf diese Weise einen intertemporalen Kausalzusammenhang herzustellen. 68 Dieses an die Produktionsfunktion vom Typ D anknüpfende Modell stellt einen Ansatz dar, der neben den Mengenstrukturen der Produktionsprozesse auch Zeitstrukturen und organisationsbedingte Raumstrukturen berücksichtigt und abbildet, wobei letztere durch den jeweiligen Zeitbedarf in Zeitstrukturen überführt werden. Die Dynamisierung besteht in der Berücksichtigung von Lagerbeständen und ihren Veränderungen sowie in der Einbeziehung von Liege-, Transport- und Verweilzeiten. Als bisher letzter Ansatz zur Formulierung einer dynamischen Produktionsfunktion ist die von MATTHES entwickelte Produktionsfunktion vom Typ F zu betrachten. 69 Sie bezieht sich auf die Fertigungsstruktur von Projekten, deren Elemente untereinander vernetzt sind. Sie knüpft an die Produktionsfunktionen vom Typ C und E an, wobei in starkem Maße finanzwirtschaftliche Tatbestände in die Betrachtung einbezogen werden. Die Vernetzungsstruktur wird mit Hilfe der Netzplantechnik abgebildet. Bei den Produktionsfunktionen vom Typ A bis F handelt es sich um deterministische Produktionsmodelle. Das bedeutet die Unterstellung, daß sich die Produktionsabläufe hinsichtlich der geltenden produktiven Gesetzmäßigkeiten unter sicheren Erwartungen vollziehen. 70

68

69 70

Vgl. ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produklions- und Kostcnlheorie, (1990), S. 59 f. und S. 211 ff., sowie BOTTA, V.: Betriebswirtschaftliche Produktionsfunktionen, (1986), S. 117. Vgl. ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produklions- und Kostcnlheorie, (1990), S. 214 f. Vgl. FANDEL, G.: Produktion I, (1991), S. 30.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostenlheorie

495

3. Kostentheorie 3.1 Kostentheoretische Grundlagen 3.1.1 Kostenbegriff und Kosteneinflußgrößen Am Beginn der kostentheoretischen Überlegungen steht die Frage nach dem verwendeten Kostenbegriff und den Kosteneinflußgrößen. Der Kostenbegriff wurde bereits an anderer Stelle eingeführt.71 Danach sind Kosten der Wert aller im Rahmen der eigentlichen betrieblichen Leistungserstellung und -Verwertung (einschließlich der

Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft) verbrauchten Güter und Dienstleistungen pro Periode (wertmäßiger Kostenbegriff). Kosteneinflußgrößen sind die Größen, welche im wesentlichen die Höhe der Kosten der Produktion bestimmen. Man unterscheidet die Haupt-Kosteneinflußgrößen Beschäftigung, Faktorqualitäten, Faktorpreise, Betriebsgröße und Produktionsprogramm. 72 Bei den Haupt-Kosteneinflußgrößen Beschäftigung, Faktorqualitäten und Faktorpreise steht der kurzfristige Aspekt im Vordergrund. Bei ihnen wird davon ausgegangen, daß ein Betrieb von bestimmter Größe mit bestimmtem Produktionsprogramm gegeben ist. Diese drei Haupt-Kosteneinflußgrößen werden auch unter dem Oberbegriff der unmittelbaren Kosteneinflußgrößen zusammengefaßt. Betrachtet man das Produktionsgeschehen dagegen unter einem etwas längerfristigen Aspekt, so sind die unmittelbaren Kosteneinflußgrößen um die Haupt-Kosteneinflußgrößen Betriebsgröße und Produktionsprogramm zu erweitern. Letztere tragen auch die Bezeichnung mittelbare Kosteneinflußgrößen.73 Die Kosteneinflußgröße Beschäftigung gibt Auskunft über die Nutzung der quantitativen Kapazität, insbesondere der Periodenkapazität, und wird in diesem Zusammenhang in Form von zwei Ausprägungen verwandt: Zum einen als Beschäftigungsgrad, also als Quotient aus Ist-Produktion und Kann-Produktion, der mit der Zahl 100 multipliziert Werte zwischen 0% (Stillstand) und 100% (Maximalkapazität) annehmen kann; zum anderen als absolute Zahl (Stück, t, m3), die kleiner oder im Höchstfall gleich der Maximalkapazität ist.74 Die Möglichkeit der Unternehmen, auf veränderte Absatzsituationen zu reagieren, wurde an anderer Stelle unter dem Oberbegriff der Anpassungsprozesse zusammengefaßt.75 Hier sind es vor allem die kurzfristigen Anpassungsprozesse in Form der intensitätsmäßigen und zeitlichen Anpassung, welche nach Maßgabe der ihnen zugrunde liegenden Verbrauchsfunktionen einen erheblichen Einfluß auf die Kostenhöhe ausüben. Betrachten wir nun die Kosteneinflußgröße Faktorqualitäten. Konkurrieren mehrere Betriebe der gleichen Branche miteinander, die das gleiche Produktionsprogramm aufweisen, so wird die Kostensituation des Betriebes am günstigsten sein, der mit der bestqualifizierten Belegschaft, den qualitativ besten Werkstoffen und der besten technischen Ausrüstung das Produktionsprogramm realisiert. Bei den Änderungen der Faktorqualitäten, wie sie in der Praxis anzutreffen sind, ist zwischen oszillativen Schwankungen, trendartigen Verschiebungen und sprunghaften Änderungen des qualitativen Faktorpotentials zu differenzieren. Bei den oszillativen Schwankungen 71 72 73 74

75

Vgl. S. 20. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 344 ff. Vgl. ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktion- und Kostentheorie, (1990), S. 165 ff. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftsliche Kostenlehre, (1983), S. 450 f.; zu den Begriffen der quantitativen Kapazität, der Periodenkapazität sowie des Beschäftigungsgrades vgl. S. 73 f. Vgl. S. 489 f.

496

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

des qualitativen Faktorpotentials handelt es sich um ein relativ kurzfristiges Wechselspiel von Wertminderungen und Maßnahmen der Instandhaltung beim Produktionsfaktor Betriebsmittel sowie um kurzfristige Rhythmusänderungen hinsichtlich der Ergiebigkeit des Produktionsfaktors menschliche Arbeit. Diese positiven und negativen Abweichungen von einem durchschnittlichen Qualitätsstandard gleichen sich auf Dauer aus, mit der Konsequenz, daß sie keine trendartigen Hebungen und Senkungen des Kostenniveaus verursachen. Im Gegensatz dazu sind die trendartigen Verschiebungen des qualitativen Faktorpotentials, die stetig verlaufen, mit Änderungen des Kostenniveaus verbunden. Die sprunghaften (mutativen) Änderungen des qualitativen Faktorpotentials gehen einher mit wesentlichen fertigungstechnischen und organisatorischen Umstellungen der Produktionskapazität und üben einen erheblichen Einfluß auf das Kostenniveau aus.76 Die Bedeutung der Kosteneinflußgröße Faktorpreise ist offensichtlich. Der wertmäßige Kostenbegriff bringt die Tatsache zum Ausdruck, daß Kosten sowohl eine Mengen- als auch eine Wertkomponente beinhalten. Entsprechend sind Kosten immer das Produkt aus Mengen und Preisen. Das gilt für alle drei Elementarfaktoren, d. h. also die Betriebsmittel- und Werkstoffpreise sowie die Arbeitsentgelte einschließlich der eingesetzten zugehörigen Mengengrößen. Änderungen der Faktorpreise schlagen unmittelbar auf das Kostenniveau eines Betriebes durch. 77 Wenden wir uns nun den mittelbaren Kosteneinflußgrößen zu. Eine Änderung der Kosteneinflußgröße Betriebsgröße liegt beispielsweise vor, wenn durch Investitionsmaßnahmen zusätzliche Kapazitäten geschaffen oder wenn bereits vorhandene Anlagen ausgemustert werden. Eine unmittelbare Beziehung zwischen einer Veränderung der Betriebsgröße und einer Änderung des Kostenniveaus ist jedoch nicht zwingend gegeben. So wird eine Erweiterung der Betriebsgröße, die darin besteht, daß eine bestimmte Menge völlig funktionsgleicher und kostengleicher Anlagen um völlig identische Anlageneinheiten vermehrt wird, keinen Einfluß auf das Kostenniveau ausüben, da die Faktorbeschaffenheit unverändert bleibt. Führt man dagegen eine Änderung der Betriebsgröße beispielsweise dadurch herbei, daß hinsichtlich der qualitativen und quantitativen Kapazität völlig neuartige Maschinen angeschafft bzw. neuartige Verfahren eingesetzt werden, so beeinflussen derartige Maßnahmen zweifellos das Kostenniveau eines Betriebes. 78 Betrachten wir abschließend die Kosteneinflußgröße Produktionsprogramm. In aller Regel sind die Einrichtungen eines Betriebes auf ein ganz bestimmtes Produktionsprogramm ausgelegt. Dies schließt jedoch nicht aus, daß das ursprüngliche Produktionsprogramm im Verlauf der Zeit hinsichtlich seiner Zusammensetzung mehr oder weniger starken Veränderungen unterliegt. Tritt dieser Fall ein, so hängt es vom Grad der Elastizität der Betriebsmittel ab, ob eine weitgehend reibungslose Anpassung an die veränderte Programmstruktur gelingt oder nicht. 79 Generell gilt, daß eine Verschlechterung der Produktionsbedingungen durch mangelhafte Eignung der Betriebsmittel für die veränderte Programmstruktur zu einer negativen Beeinflussung des Kostenniveaus des Betriebes führt. 80

76

77 78 79 80

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 344 f., sowie ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktions- und Kostentheorie, (1990), S. 167. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 346. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 346. Zum Begriff der Elastizität (Flexibilität) von Betriebsmitteln vgl. S. 72. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 347.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

497

3.1.2 Fixe und variable Kosten In den bisherigen Ausführungen war immer dann von variablen Kosten die Rede, wenn diese sich im Rahmen von Beschäftigungsschwankungen ebenfalls ändern. In diese Gruppe gehören beispielsweise die Kosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie die Energiekosten. Da die Erhöhung oder Verringerung der Ausbringungsmenge eines Betriebes einen entscheidenden Einfluß auf die Höhe der variablen Kosten hat, sind diese Kosten im Hinblick auf kurzfristige Entscheidungen, die die Beschäftigung betreffen, entscheidungsrelevante Kosten. Im Gegensatz dazu werden alle Kosten, die von der Beschäftigung unabhängig sind, als fix bezeichnet. Hierzu zählen beispielsweise die Mietkosten sowie die Gehälter für die Unternehmensleitung. Da diese fixen Kosten zum einen Voraussetzung für die Sicherung der Produktionsbereitschaft des Betriebes sind und zum anderen kurzfristige Entscheidungen über die Produktionsmenge somit nicht unmittelbar beeinflussen, sind sie bezogen auf Beschäftigungsentscheidungen entscheidungsirrelevante Kosten. 81 Es wäre jedoch völlig falsch, aus diesen Aussagen den Schluß zu ziehen, daß alle variablen Kosten Entscheidungen über die Produktion beeinflussen, alle fixen Kosten dagegen nicht. Vielmehr muß man der Tatsache Rechnung tragen, daß eine bestimmte Kostenart nicht in jedem Fall variabel und eine andere Kostenart nicht in jedem Fall fix ist. So existiert eine Vielzahl von Kostenarten, die in bestimmten Entscheidungssituationen fixen Charakter aufweisen, während die gleichen Kostenarten in anderen Entscheidungssituationen variabel sind. Bestimmend für die Beantwortung der Frage, ob eine Kostenart als fix oder variabel einzuordnen ist, sind im wesentlichen die beiden Kriterien Fristigkeit des Entscheidungszeitraums und Teilbarkeit der Produktionsfaktoren. Das erste Kriterium ist die Fristigkeit des Entscheidungszeitraums. Grundsätzlich gilt, daß mit zunehmender Länge der betrachteten Zeitperiode die Kosten immer stärker variablen Charakter annehmen. Langfristig sind alle Kosten variabel. So stellen beispielsweise die Gehaltskosten für den Zeitraum der Kündigungsfrist fixe Kosten dar. Betrachtet man dagegen den Zeitraum von einem Jahr, so sind praktisch alle Personalkosten variabel, da die Kündigungsfrist sich in aller Regel nicht über einen derart langen Zeitraum erstreckt. Ähnliche Situationen können bei einer Betriebsstillegung auftreten. Tritt dieser Fall ein, ohne daß bei Inanspruchnahme von Fremdkapital dieses zurückgezahlt werden kann, so müssen auch weiterhin Fremdkapitalzinsen entrichtet werden. Sie stellen, da ihre Höhe unabhängig von der Beschäftigung ist, fixe Kosten dar. Stellt andererseits jedoch eine Betriebsveräußerung eine zusätzliche und realisierbare Handlungsalternative dar, so sind die Fremdkapitalzinsen als variable Kosten zu betrachten. Die Beantwortung der Frage, ob Kosten fix oder variabel sind, ist also von der jeweiligen betrieblichen Entscheidungssituation abhängig. Das zweite Kriterium für die Unterscheidung von fixen und variablen Kosten besteht in der mangelnden Teilbarkeit der Produktionsfaktoren. Eine vollständige Teilbarkeit der Produktionsfaktoren wird beispielsweise bei der Produktionsfunktion vom Typ A unterstellt und läßt diese zur Abbildung und Erklärung industrieller Prozeßstrukturen weitgehend als ungeeignet erscheinen. Die mangelnde Teilbarkeit der Produktionsfaktoren ist der Grund dafür, daß bestimmte Kosten nicht kontinuierlich, sondern sprunghaft steigen. Diese Kosten zeichnen sich dadurch aus, daß sie zunächst 81

Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 546 ff.

498

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

für ein bestimmtes Beschäftigungsintervall fix sind, mit der Ausweitung der Beschäftigung dann plötzlich ansteigen, um dann wiederum auf dieser neuen Höhe für ein weiteres Beschäftigungsintervall fest zu bleiben. Verfügt beispielsweise ein Unternehmen über vier gleichartige Maschinen, so fallen pro Periode u. a. fixe Kosten in Höhe der kalkulatorischen Abschreibungen für diese vier Maschinen an. Ist der Betrieb aufgrund starker Nachfrage gezwungen, eine fünfte Maschine anzuschaffen, so steigen infolge zusätzlicher Maschinenabschreibungen die fixen Kosten sprunghaft an, um anschließend für ein bestimmtes Beschäftigungsintervall, das von der quantitativen Periodenkapazität dieser fünften Maschine bestimmt wird, konstant zu bleiben. Die soeben beschriebenen Kosten bezeichnet man als Sprungkosten oder intervallfixe Kosten. 82 Generell kann für deren Verlauf festgehalten werden: In dem Maße, in welchem die Teilbarkeit der Produktionsfaktoren zunimmt und die zugehörigen Beschäftigungsintervalle kleiner werden, erfolgen um so häufiger die Sprünge mit der Konsequenz, daß die festen Sprungkosten sich den variablen Kosten annähern. Für die weitere Analyse der beschäftigungsfixen Kosten greifen wir das vorstehende Beispiel wieder auf, dem infolge der gestiegenen Nachfrage die Anschaffung einer fünften Maschine zugrunde liegt. 83 Weist diese fünfte Anlage beispielsweise eine Periodenkapazität von 1.000 Mengeneinheiten pro Periode auf, werden jedoch entsprechend der vorliegenden Nachfrage nur 700 Mengeneinheiten gefertigt, so stellen 70% der auf die Maschine entfallenden fixen Kosten in Form von kalkulatorischen Abschreibungen Nutzkosten dar, während 30% der Maschinenabschreibungen als Leerkosten bezeichnet werden. Sinkt die Produktionsmenge auf 0 Mengeneinheiten bzw. steigt auf 1.000 Mengeneinheiten, so liegen im ersten Fall 0% Nutzkosten und 100% Leerkosten, im zweiten Fall 100% Nutzkosten und 0% Leerkosten vor (vgl. Abb. 23).

K

• "Kap

x

Abb. 23: Zusammenhang zwischen Nutz- und Leerkosten bei einem Betriebsmittel Mit den Bezeichnungen x x Kap Kf Kflvi(x) KfL(x) gilt: Kf

Ausbringung, Produktionsmenge, Beschäftigung Quantitative Periodenkapazität des Betriebsmittels Fixe Kosten (Abschreibungen pro Periode) Nutzkosten der Periode Leerkosten der Periode - K(N(x) + Kjl(X)

(30) (31)

82 83

Zum Verlauf dieser Kosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung vgl. Abb. 24b. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 348 ff., sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 512 ff.

9. Abschnitt: Grandzüge der Produktions- und Kostentheorie

Kfl/x) = ( x K a p - x ) ^

499

(32)

Leerkosten sind also feste Kosten nicht aufgrund der Tatsache, daß sie ihrem Wesen nach fix sind, sondern als Folge der Tatsache, daß der Produktionsfaktor Betriebsmittel nicht teilbar ist. Dieser Sachverhalt verbietet eine stufenlose Anpassung der Kosten an Beschäftigungsschwankungen und läßt nur eine sprunghafte Anpassung zu. Gleiche Überlegungen, wie sie hier für den Produktionsfaktor Betriebsmittel durchgeführt wurden, gelten auch für den Produktionsfaktor Arbeit. So bestehen beispielsweise die Gehaltskosten eines Verkäufers pro Tag, der aufgrund seiner Kapazität während seines Acht-Stunden-Tages 40 Kunden bedienen könnte, infolge mangelnder Nachfrage jedoch tatsächlich nur 10 Kunden bedient, aus 75% Leerkosten und 25% Nutzkosten. Bilden wir die erste Ableitung der Gleichungen (31) und (32) nach der ProduktionsdK (x) K menge x, so liefert dieses die Grenznutzkosten K f ^ ' M = — ^ — = und die Grenzleerkosten KIL n'M =

dx

=-

XRap

Abschließend bleibt zur Frage der Entscheidungsrelevanz der Sprungkosten festzuhalten: Hat der Betrieb sich mit der Entscheidung über die Anschaffung eines beschränkt teilbaren Produktionsfaktors für einen zusätzlichen Produktionsmengenbereich festgelegt, so sind die Sprungkosten innerhalb jedes Beschäftigungsintervalls fix, also entscheidungsirrelevant. Wird diese Festlegung jedoch dahingehend aufgehoben, daß die Veräußerung des Produktionsfaktors selbst zur Disposition steht, dann werden die intervallfixen Kosten zu variablen Kosten, d. h. sie sind dann entscheidungsrelevant. 3.1.3

Kostenverläufe

Nachdem die fixen und variablen Kosten einer etwas detaillierteren Analyse im Hinblick auf ihre Entscheidungsrelevanz unterzogen wurden, stehen nunmehr mögliche Kostenverläufe im Mittelpunkt der Betrachtung. Dabei geht es um die Gesamtkosten K(x) in Abhängigkeit von der Beschäftigung x, die Durchschnittskosten (StückkoK(x) dK(x) 8 4 sten, Kosten pro Mengeneinheit) k(x) = — ~ sowie die Grenzkosten K'(x) = ^ . Prinzipiell können die folgenden Kostenverläufe, aufgeteilt nach variablen und fixen Kosten, unterschieden werden. 85 Für die variablen Kosten: 1. Ein proportionaler Verlauf liegt vor, wenn jede relative Beschäftigungsänderung (%) zur gleichen relativen Kostenänderung (%) führt. Eine Vervielfachung der Ausbringungsmenge bedingt auch eine entsprechende Vervielfachung der Kosten. Die Kostenkurve verläuft, beginnend im Ursprung, linear steigend. 2. Von einem degressiven Verlauf spricht man, wenn die relative Beschäftigungsänderung (%) größer ist als die relative Kostenänderung (%). Nehmen die Kosten mit wachsender Beschäftigung zu, so liegt ein degressiv steigender Kostenverlauf vor. Geht dagegen eine Beschäftigungszunahme mit einer Kostenabnahme einher, 84 85

Diese Größen wurden bereits im Rahmen der Preispolitik behandelt. Vgl. dazu S. 411 f. Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 23 ff.

500

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

so ist der Kostenverlauf degressiv fallend. In beiden Fällen verhalten sich die Kosten unterproportional zur Ausbringungsmenge. 3. Ein progressiver Verlauf liegt vor, wenn die relative Beschäftigungsänderung (%) kleiner ist als die relative Kostenänderung (%). Auch hier ist zwischen progressiv steigendem und progressiv fallendem Kostenverlauf zu unterscheiden. Die Kosten verhalten sich in beiden Fällen überproportional zur Ausbringungsmenge. Für die fixen Kosten: 1. Von einem fixen Verlauf spricht man, wenn jede Beschäftigungsänderung zu einer Kostenänderung von Null führt. Schwanken die Ausbringungsmengen, so ändern sich dadurch die Kosten nicht und bleiben konstant. 2. Ein intervallfixer Verlauf ist dadurch charakterisiert, daß sich die Kosten innerhalb bestimmter Beschäftigungsintervalle fix verhalten, beim Überschreiten der oberen Intervallgrenzen sprunghaft ansteigen, um dann wiederum für eine Intervallänge konstant zu bleiben, jedoch auf einem höheren Niveau. In Abb. 24a sind die drei Varianten proportionaler, degressiv steigender und progressiv steigender Verlauf der variablen Gesamtkosten einschließlich der zugehörigen Durchschnitts- und Grenzkosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung abgebildet. Die Abb. 24b beinhaltet die Darstellung des fixen und des intervallfixen Gesamtkostenverlaufs einschließlich der zugehörigen Durchschnitts- und Grenzkosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung. Den Abb. 24a und 24b liegen die folgenden Gleichungen zugrunde: Kostenverlauf

K v (x) bzw. Kf(x)

proportional steigend

K v (x) = x

kv(x)=l

K v '(x) = 1

K v (x) = Vx

k v (x) = - p Vx

Ky'(x) -

progressiv steigend

K v (x) = x 2>3

k v (x) = x >.3

K v '(x) = 2,3 x

fix (konstant)

KKx)=l

kKx)=^

K f '(x) = 0

degressiv steigend

k v (x) bzw. kf{x)

intervallfix

^ (0,6 für 0° (Produkteinheiten/Stunde) und k v2 (d 2 * opt ) = 4,0 (DM/Produkteinheit) 2. Entscheidungen über den Anlageneinsatz bei unterschiedlichen Produktionsmengen a) Da aufgrund eines unveränderlichen Potentialfaktorbestandes die fixen Kosten nicht entscheidungsrelevant sind, ist die Entscheidung über den Anlageneinsatz mit Hilfe der variablen Stückkosten zu treffen. Die Ergebnisse für das erste Problem zeigen, daß es zweckmäßig ist, die kostengünstigere Anlage 1 mit dem optimalen Leistungsgrad di* o p t = 3,0 einzusetzen und bei maximaler Einsatzdauer 24 Produkteinheiten zu fertigen. Anlage 1 ist also bei optimalem Leistungsgrad acht Stunden pro Tag einzusetzen. Dabei fallen variable Gesamtkosten in Höhe von K v (24) = 24k v i(d 1 * o p t ) = 241,3 = 31,2 DM/Tag an. b) Würden beispielsweise x = 25 Produkteinheiten pro Tag auf der Anlage 1 gefertigt, so würde diese Fertigung acht Stunden lang mit dem Leistungsgrad di* = ^o Produkteinheiten/Stunde erfolgen. Aufgrund des Verlaufs der vorliegenden Kostenfunktion k vl (d!*) in Form einer nach oben geöffneten Parabel gilt k v l ( y ) > k v l (3). Die variablen Stückkosten k v l (di*) für d j * > 3 sind nun abzuwägen gegenüber den variablen Kosten k v2 (d 2 *), die beim Übergang auf die Anlage 2 entstehen und günstigstenfalls 4 DM/Produkteinheit betragen würden. Offensichtlich ist prinzipiell so vorzugehen, daß zunächst die kostengünstigere Anlage so lange intensitätsmäßig angepaßt wird, bis die Kosten der letzten auf dieser Anlage gefertigten Produkteinheit, d. h. also die Grenzkosten, auf den Betrag anwachsen, der entsteht, wenn diese Produkteinheit auf der kostenungünstigeren Anlage bei deren optimalem ökonomischen Leistungsgrad d 2 * opt gefertigt würde. Die Grenzkosten bestimmen sich hier aus der ersten Ableitung der variablen Kosten K v l ( x ) (DM/Tag) nach der Ausbringung x (Produkteinheiten/Tag). 126 Da die verlangte Produktionsmenge x = 32 nicht mehr beim optimalen Leistungsgrad di* o p t während einer täglichen Einsatzzeit von acht Stunden auf der kostengünstigeren Anlage 1 gefertigt werden kann, ist die Relation dKyi(x) > . dx ? k v2(d 2 0pt) - 4 zu bilden, wobei K v ] (x) (DM/Tag) die variablen Kosten der Produktionsmenge x (Produkteinheiten/Tag) kennzeichnet, die auf der Anlage 1 bei intensitätsmäßiger Anpassung gefertigt wird. Ist die linke Seite dieser Relation größer als die rechte, so bedeutet das den zusätzlichen Einsatz von Anlage 2. Aufgrund einer unterstellten maximalen achtstündigen Einsatzzeit der Anlagen pro Tag gilt für die Produktionsmenge x auf der Anlage 1: A *

di

= 8*

K v i(x) = k v i(di*)-x = (0,3 dj* 2 -1,8 d ^ + 4>x = 0,3 ( | ) 2 x - l , 8 | x + 4 x

126

Vgl. BRAUER, K.M.: Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1971), S. 165.

525

9. Abschnitt: GrundzUge der Produktions- und Kostentheorie

d x

- K-vi W -

6 4

x" - g

x+4

und damit K V1 '(32) = 4. Da 32 Produkteinheiten auf Anlage 1 bei einem Leistungsgrad von dj* = 4 gefertigt werden können, bedeutet dies, daß die Anlage 2 nicht eingesetzt und die Anlage 1 mit di* = 4 intensitätsmäßig angepaßt wird. Die variablen Gesamtkosten betragen KV(32) = 32 k v l (4) = 32-1,6 = 51,2 DM/Tag. c) Für x = 40 (di* = 5) betragen die Grenzkosten für die Anlage 1 entsprechend der vorliegenden Gleichung K v l '(40) = 8,5. Sie sind damit größer als k v 2 (d 2 * o p t ) = 4 (DM/Produkteinheit). Folglich sind 32 Produkteinheiten auf der Anlage 1 mit di* = 4 (Produkteinheiten/Stunde) und die restlichen 8 Produkteinheiten auf der Anlage 2 mit d 2 * op t = 4 (Produkteinheiten/Stunde) zu fertigen. Anlage 1 wird somit acht Stunden, Anlage 2 zwei Stunden eingesetzt. Hier liegt also eine kombinierte selektiv-zeitliche Anpassung vor. Die zugehörigen variablen Gesamtkosten belaufen sich auf KV(40) = KVL(32) + KV2(8) - kVL(4)-32 + kV2(4)-8 = 51,2 (DM/Tag) +

32,0

(DM/Tag) K v (40) = 83,2 (DM/Tag) K(x) 200-

0 -| 0

1

1——i io

1

1

24

1

32

1

r - •x

40

Abb. 45: Kombination von zeitlicher, intensitätsmäßiger und selektiver Anpassung 3. Ermittlung der Gesamtkostenfunktion K(x) im Intervall 10 < x < 40 Für den Verlauf der Gesamtkostenfunktion K(x) im Intervall 10 < x < 40 folgt: - Zunächst fallen fixe Gesamtkosten K f = K f l + K ß = 100 DM an. - Im Intervall 10 < x < 24 wird die Anlage 1 eingesetzt und mit d 1 * opl = 3 (Produkteinheiten/Stunde) zeitlich angepaßt. Das bedeutet, daß die Anlage 1 je nach der verlangten Anzahl x (Produkteinheiten/Tag) zwischen 3 | und 8 Stunden täglich eingesetzt wird. - Im Intervall 24 < x < 32 wird Anlage 1 acht Stunden pro Arbeitstag eingesetzt und in Abhängigkeit von x zwischen d]* o p t = 3 (Produkteinheiten/Stunde) und di* = 4 (Produkteinheiten/Stunde) intensitätsmäßig angepaßt. - Im Intervall 32 < x < 40 wird Anlage 1 mit d ^ = 4 (Produkteinheiten/Stunde) acht Stunden pro Arbeitstag eingesetzt. Dies liefert 32 Produkteinheiten/Tag. Zusätzlich wird die Anlage 2 im Rahmen einer selektiv-zeitlichen Anpassung bis zu zwei Stunden mit d 2 * op t = 4 (Produkteinheiten/Stunde) in den Produktionsprozeß eingegliedert. Das ergibt weitere 0 bis 8 Produkteinheiten/Tag.

526

-

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Für den Verlauf der Gesamtkostenfunktion K(x) bedeutet dies im Intervall 10 < x < 24 einen bei K(10) = K f + 10k v l (di* o p t ) = 1 1 3 DM beginnenden linearen Anstieg mit der Steigung k v l (di* o p t ) = 1,3. Im Intervall 24 < x < 32 schließt sich ein nichtlineares Kurvenstück an. Im Intervall 32 < x < 40 steigt K(x) wiederum linear mit der Steigung k v2 (d2* 0 p t ) = 4 (vgl. Abb. 45).

3.3 Betriebsgröße als Kosteneinflußgröße 3.3.1 Begriff der Betriebsgröße und Arten ihrer

Variation

Versteht man unter der Betriebsgröße die betriebliche quantitative Kapazität, also das betriebliche Leistungspotential, dann stellen Betriebsgrößenvariationen langfristige Anpassungsmaßnahmen dar, die Veränderungen des Potentialfaktorbestandes beinhalten. 1 2 7 Bei Beschäftigungsrückgang erfolgt somit ein Kapazitätsabbau durch Verkauf der nicht in Anspruch genommenen Betriebsmittel und durch Entlassung der nicht mehr benötigten Arbeitskräfte. Bei Beschäftigungszunahme sind zusätzliche Betriebsmittel anzuschaffen und zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen. Generell gilt, daß durch derartige Bestandsvariationen die Höhe der hinsichtlich der Einflußgröße Beschäftigung fixen Kosten festgelegt wird. Dabei handelt es sich um Kosten, die hinsichtlich der Einflußgröße Betriebsgröße variabel sind. Im Rahmen von Veränderungen der Betriebsgröße können in produktionstechnischer und organisatorischer Hinsicht zwei Grundtypen unterschieden werden: Die multiple und die mutative Betriebsgrößenvariation. Erfolgt eine Betriebsgrößenvariation allein dadurch, daß die Anzahl der bisher eingesetzten Potentialfaktoren erhöht oder vermindert wird, ohne daß sich die Art dieser Potentialfaktoren verändert, dann handelt es sich um eine multiple Betriebsgrößen Variation. Diese Problematik stellt sich sowohl für Betriebe, die durch funktionsgleiche Betriebsmittel mit gleicher Kostenstruktur charakterisiert sind, als auch für Betriebe, die funktionsgleiche Betriebsmittel mit verschiedenartiger Kostenstruktur einsetzen. Im zweiten Fall spricht man auch von selektiver Anpassung bei veränderlichem Potentialfaktorbestand. Ändern sich dagegen die angewandten Produktionsverfahren und damit die eingesetzten Produktionsfaktoren, so führt dies zu einer mutativen Betriebsgrößenvariation. Diese Definitionen haben zur Konsequenz, daß bei einer multiplen Betriebsgrößenvariation die Faktorqualitäten in ihrem Niveau unverändert bleiben, während bei einer mutativen Betriebsgrößenvariation auch die Faktorqualitäten einer Veränderung unterworfen sind. 3.3.2 Kostenverlauf

bei multipler

Betriebsgrößenvariation

Die Betrachtung des Kostenverlaufs bei multipler Betriebsgrößenvariation bezieht sich zunächst auf eine betriebliche Situation, die durch funktionsgleiche Betriebsmittel mit gleicher Kostenstruktur charakterisiert ist. 128 Aufgrund dieser Einschränkung ist es irrelevant, welche der bisher eingesetzten Betriebsmittel bei einem Beschäftigungsrückgang zu veräußern und welche Betriebsmittel bei einer Beschäftigungsausweitung neu anzuschaffen sind. Gleiches gilt hinsichtlich der Qualität der zur Disposition stehenden Arbeitskräfte.

127 128

Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlehrc, (1983), S. 593 ff. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 541 ff.

527

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

w

0

2w

3w

4w

x

Abb. 46: Kostenverlauf bei multipler Betriebsgrößenvariation bei vier gleichartigen Betriebsmitteln Zur Veranschaulichung dieser Situation greifen wir auf das Beispiel der Abb. 39 zurück, in dem vier funktions- und kostengleiche Betriebsmittel eines Einproduktbetriebes betrachtet werden (vgl. Abb. 46). Jedes Betriebsmittel verfügt über eine quantitative Periodenkapazität von w Einheiten und verursacht fixe Kosten in Höhe von K f j (j = 1, 2, 3, 4), wobei Kfi = K ß = K ß = Kf 4 = Kf* gilt. Die variablen Stückkosten sind für alle Betriebsmittel konstant und betragen k v . Da jedes Betriebsmittel laut Voraussetzung maximal die Produktionsmenge x = w herzustellen gestattet, gilt für die variablen Kosten K v j ( x ) (j = 1, 2, 3, 4) bei Vollauslastung jeder Anlage K v ] ( w ) = K v 2 ( w ) = K V 3(W) = K v 4 ( W ) = K v ( w ) =wk v . Macht nun die Beschäftigungslage die Vollauslastung aller vier Betriebsmittel erforderlich, so wird diese Situation repräsentiert durch den Punkt P 8 . Die zugehörigen Kosten betragen K ( 4 w ) = 4 K f * + 4 w k v . Geht die Beschäftigung auf die Ausbringungsmenge x = 3w zurück, so werden die Anlage 4 veräußert und die zugehörigen fixen Kosten Kf 4 abgebaut. Diese Situation wird repräsentiert durch den Punkt Pg mit den zugehörigen Kosten K(3w) = 3-Kf* + 3 w k v . In entsprechender W e i s e erhält man die Punkte P 4 , P 2 und 0 mit den zugehörigen Kosten K ( 2 w ) = 2-Kf* + 2 w k v , K(w) = Kf» + w k v und K(0) = 0. Wie unmittelbar einsichtig ist, liegen die Punkte 0, « Kf* P4.

und

?8 auf der Geraden K(x) = (k v +

x an den Stellen x = 0, x = w, x =

2w, x = 3w und x = 4w. Die nur begrenzten Variationsmöglichkeiten der Beschäftigung bei rein multipler Anpassung in Form diskreter Sprünge der Größe x = w zwingt häufig zu einer Kombination von Maßnahmen der multiplen und zeitlichen Anpassung. 1 2 9 Soll beispielsweise die Produktionsmenge x = x j hergestellt werden, so wird gegenüber Punkt Pg die Anlage 4 veräußert und die Anlage 3 bei optimalem Leistungsgrad zeitlich angepaßt. Diese Situation wird in der Abb. 4 6 repräsentiert durch den Punkt P*. Die zugehörigen Kosten betragen K ( x j ) = 3-Kf* + X] k v . Die Kombination von multipler und zeitlicher Anpassung findet offensichtlich ihren Niederschlag in der treppenartigen Gesamtkostenfunktion, die ausgehend vom Punkt 0 über die Punkte P j , P 2 , P3, P 4 , P5, P * , P 6 und P 7 zum Punkt P 8 führt. Wenden wir uns nun der selektiven Anpassung bei veränderlichem Potentialfaktorbestand zu, d. h. der Anpassung bei Existenz funktionsgleicher Betriebsmittel mit verschiedenartiger Kostenstruktur. Geht die Beschäftigung zurück, so sind zunächst 129

Vgl. die analogen Überlegungen bei unveränderlichem Potentialfaktorbestand, S. 521 f.

528

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

die am unwirtschaftlichsten arbeitenden Betriebsmittel aus dem Produktionsprozeß auszuscheiden und zu veräußern. Liegt dagegen eine Beschäftigungsausweitung vor, so sind die am wirtschaftlichsten arbeitenden Betriebsmittel anzuschaffen und in den Produktionsprozeß einzugliedern. In diesem Zusammenhang ist dann (anders als bei selektiver Anpassung mit unveränderlichem Potentialfaktorbestand) eine Anlage wirtschaftlicher als eine andere, wenn die auf die Ausbringungseinheit bezogene Summe aus fixen und variablen Kosten geringer ist als bei der Vergleichsanlage. Kombiniert man die selektive Anpassung mit der zeitlichen Anpassung, so ist die Auswahl der Anlagen, die mit 100%-iger Kapazitätsauslastung gefahren werden bzw. bei optimalem Leistungsgrad zeitlich angepaßt werden, mit dem Ziel zu treffen, daß die insgesamt geforderte Ausbringungsmenge zu minimalen Gesamtkosten hergestellt wird. Dabei können mehrere optimale Lösungen auftreten. Kostenfunklion Ki(x) = 400 + 40x K 2 (X) = 300 + 50X K3(X) = 200 + lOOx

Anlage j 1 2 3

Quantitative Periodenkapazität wi = 5 W2 = 4

w3 = 2

Abb. 47: Daten der Beispielrechnung Am Beispiel eines Einproduktbetriebes mit drei funktionsgleichen Anlagen mit verschiedenartiger Kostenstruktur soll dieser Sachverhalt erläutert werden (vgl. die Abb. 47, 48 und 49). Maximal können x = 11 Ausbringungseinheiten hergestellt werden. In diesem Fall sind alle drei Anlagen mit maximaler Kapazität einzusetzen, was zu Kosten von insgesamt K ( l l ) = 1.500 DM führt. Reduziert sich die geforderte Ausbringungsmenge auf x = 10 Einheiten, so ist es am günstigsten, die Anlagen 1 und 2 voll auszulasten und die Anlage 3 nur 50% der möglichen Einsatzzeit bei optimalem Leistungsgrad arbeiten zu lassen. Das liefert K(10) = 1.400 DM. Für x = 9 ist bei Vollauslastung der Anlagen 1 und 2 die Anlage 3 ganz aus dem Produktionsprozeß auszugliedern, was zu K(9) = 1.100 DM führt. Wie der in Abb. 48 protokollierte Lösungsprozeß zeigt, existieren für die Mengen x = 7, x = 6 und x = 2 mehrere kostenoptimale Lösungen. Eine optimale Gesamtlösung für das Intervall 0 < x < 11 ist in Abb. 49 graphisch dargestellt. In dieser repräsentiert der im Koordinatenursprung 0 beginnende und im Punkt P n endende Kantenzug die Verbindungslinie aller Optimalpunkte für die möglichen Ausbringungsmengen x. Erforderliche Ausbringungsmenge x 11 10 9 8

g

Produktion auf Anlage 1 5 5 5 5 5 5 5 -

Produktion auf Anlage 2 4 4 4 3 2

-

4 -

-

-

5

2

-

-

1

-

-

-

-

2 1 2

-

5 4 3

-

Produktion auf Anlage 3 2 1

4 3 2

-

. 2 1

Gesamtkosten 1.500 1.400 1.100 1.050 1.000 1.000 900 900 600 500 450 400 400 300

Entsprechender Punkt in Abb. 49 Pll Pío P9 P8 P7 Pfi P5 P4 P3 P2 Pl

Abb. 48: Optimale Anlagenschaltung bei alternativen Ausbringungsmengen

529

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

KM 1500

1000-

500Kfl.

KßKß.

0 03

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

> 11

x

Abb. 49: Darstellung einer optimalen Anlagenschaltung

3.3.3 Kostenverlauf bei mutativer Betriebsgrößenvariation Erfolgt eine Anpassung an veränderte Beschäftigungslagen durch eine Variation der Produktionsverfahren, so bezeichnet man dies als mutative Betriebsgrößenvariation. 1 3 0 Eine solche Situation liegt beispielsweise vor, wenn ein Stahlwerk vom Warm- zum Kaitwalzverfahren übergeht, ein Bergwerksunternehmen die Schachtförderung von Gestell- auf Gefäßförderung umstellt oder aber wenn ein Unternehmen die Anzahl seiner Beschäftigten dadurch erhöht, daß es zusätzlich Facharbeiter mit besonders hohem Spezialisierungsgrad auf besondere Verrichtungen hin einstellt. Produktionstechnisch bedeutet dies, daß jeder Variationsschritt als Übergang zu einer neuen Produktionsfunktion zu interpretieren ist. Insgesamt wird also eine Abfolge von Produktionsfunktionen betrachtet, die entsprechende Kostenfunktionen zur Folge haben. Im Rahmen der mutativen Betriebsgrößenvariation sind zwei Fälle zu unterscheiden. Einmal erfolgt der Übergang auf modernere Produktionsverfahren durch eine Verbesserung der Qualität des Faktors Arbeit und/oder des Faktors Betriebsmittel und/oder des Faktors Werkstoffe unter Beibehaltung der ursprünglichen Technologie. Das aber bedeutet, daß Kombinationen von Elementarfaktoren unterschiedlicher Qualität gleichzeitig am Produktionsprozeß beteiligt sind. Die Variation der Produktionsverfahren bewirkt somit ausschließlich eine Kapazitätserweiterung. Zum anderen besteht auch die Möglichkeit, daß modernere Produktionsverfahren die bisher eingesetzte Technologie verdrängen. In diesem zweiten Fall ist der vorgenommene Kapazitätsersatz häufig mit einer Kapazitätserweiterung gekoppelt, muß es jedoch nicht zwangsläufig sein. Gegenstand unserer weiteren Betrachtung ist der zweite Fall. Typisch für mutative Betriebsgrößenvariationen sind zum einen die höhere Wirtschaftlichkeit von Anlagen mit hoher quantitativer Periodenkapazität und zum anderen die größeren Möglichkeiten der Spezialisierung. Der durch technischen Fort130

Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 541 ff., sowie STEFFEN, R.: Produktions- und Kostentheorie, (1983), S. 129 ff.

530

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

schritt verursachte Übergang zu neuen Produktionsverfahren ist in der Regel gekoppelt mit sinkenden variablen Stückkosten und höheren Fixkosten infolge hoher Anschaffungsauszahlungen. Zur beispielhaften Demonstration betrachten wir vier Kombinationsmöglichkeiten von Elementarfaktoren und ihre kostenmäßigen Konsequenzen im Rahmen kurzfristiger Anpassungsprozesse. Auf der Grundlage konstanter Produktionskoeffizienten, beispielsweise in Form einer zeitlichen Anpassung bei optimalem Leistungsgrad, führt dies zu linearen Kostenverläufen, die durch die Funktionen K,(x) = Kf, + kvj-x (i = 1, 2, 3, 4) mit K n < K ß < K ß < K f 4 unf k v 4 < k v 3 < k v 2 < k v l charakterisiert sind (vgl. Abb. 50). Verfolgt man das Ziel der Kostenminimierung, so erhält man die folgende Zuordnung von Produktionsmengenintervallen und Faktorkombinationen (Produktionsverfahren): 0 Xj X2 x3

< x < xt : < x < X2 : < x < X3 : < x < x4 :

Produktionsverfahren Produktionsverfahren Produktionsverfahren Produktionsverfahren

1 2 3 4

Erweitert man die Überlegungen dahingehend, daß man nicht vier, sondern beliebig viele Produktionsverfahren unterstellt, so verdichtet sich der Streckenzug durch P j , P 2 , P3, P4, P5 zur Umhüllungskurve S, die eine stetige Funktion darstellt. Sie ist das Ergebnis der praxisfremden Unterstellung, daß jede noch so geringfügige Änderung der Produktionsmenge zugleich auch eine Verfahrensänderung zur Folge hat. Die Kostengeraden Kj(x) bis K 4 (x), die Maßnahmen der kurzfristigen Anpassung repräsentieren, werden auch als Short-run-Kostenkurven bezeichnet, während die die langfristige Anpassung markierende Umhüllungskurve S die Bezeichnung Long-runKostenkurve trägt. 131 k(x:

>1

1

l x,

x2

x3

L> x ^

Abb. 50: Gesamtkostenverlauf bei mutativer Betriebsgrößenvariation

131

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 394 ff., sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlehre, (1983), S. 523 ff.

9. Abschnitt: Grundzüge der Produktions- und Kostentheorie

531

3.4 Sonstige Kosteneinflußgrößen 3.4.1

Faktorqualitäten

Neben der Beschäftigung und der Betriebsgröße führt GUTENBERG die Kosteneinflußgrößen Faktorqualitäten, Faktorpreise und Produktionsprogramm auf. Wenden wir uns zunächst den Faktorqualitäten zu. 132 Die Qualität der von einem Betrieb erzeugten Produkteinheiten hängt in hohem Maße von der Qualität der eingesetzten Produktionsfaktoren ab. Diese weisen häufig erhebliche Qualitätsunterschiede auf, die entsprechende kostenmäßige Konsequenzen nach sich ziehen können. Das gilt sowohl für die elementaren als auch für die dispositiven Faktoren. Betrachten wir daher kurz die produktiven Effekte, die vom Einsatz der menschlichen Arbeitskraft, der Betriebsmittel sowie der Werkstoffe abhängen. Beim produktiven Effekt menschlicher Tätigkeit kann zwischen subjektiven und objektiven Einflußfaktoren unterschieden werden: Unter dem Begriff der subjektiven Einflußfaktoren wird die Gesamtheit der Umstände zusammengefaßt, die in der Person des arbeitenden Menschen und seiner Eignung für die Ausführung bestimmter Verrichtungen begründet sind. Kriterien wie körperliche Verfassung, Willensstärke, das Verhältnis zu den Arbeitskollegen sowie die Beziehung zur Arbeit gehören in diese Kategorie. Den objektiven Einflußfaktoren sind die Beherrschung der Arbeitstechnik, die Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie die Beschaffenheit der Arbeitsumwelt zuzurechnen. Losgelöst von den subjektiven und objektiven Einflußfaktoren wirkt auch die Höhe des Arbeitsentgeltes bestimmend auf den produktiven Effekt menschlicher Tätigkeit im Betrieb. Das qualitative Niveau des Elementarfaktors Betriebsmittel sowie existierende qualitative Unterschiede werden vorwiegend charakterisiert durch das technische Leistungsvermögen sowie die Eignung für die Durchführung konkreter Aufgaben im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung. Bestimmungsgründe für die Leistungsfähigkeit der Betriebsmittel sind das Ausmaß ihrer durchschnittlichen Abnutzung, der Standard ihrer Modernität und der Grad ihrer Betriebsfähigkeit. Die Qualität des Elementarfaktors Werkstoffe wird weitgehend determiniert durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften. Bereits geringe Abweichungen der Parameter von den Normwerten, beispielsweise in Fragen der Belastbarkeit oder Temperaturanfälligkeit, können erhebliche kostenmäßige Konsequenzen zur Folge haben. Wenn es die Aufgabe der dispositiven Faktoren ist, die Elementarfaktoren mit dem Ziel maximaler Ergiebigkeit zu kombinieren, dann leuchtet die Tatsache unmittelbar ein, daß qualitative Schwächen der dispositiven Faktoren das Kostenniveau eines Unternehmens nicht unberührt lassen. So liegt wohl keine Fehleinschätzung vor, wenn man die Ansicht vertritt, daß negative Kostenentwicklungen, die man vordergründig dem Qualitätsniveau der Elementarfaktoren zurechnet, nach dem Verursachungsprinzip den dispositiven Faktoren anlastbar sein können.

132

Vgl. S. 495 f., sowie GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 394 ff., HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostcnlehre, (1983), S. 523 ff.

532

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbcreich

3.4.2

Faktorpreise

Durch die Beziehung, daß Kosten das Produkt aus Faktoreinsatzmengen und Faktorpreisen sind, ist der Einfluß der Faktorpreise auf die Kosten evident. 133 Bei der Kostenanalyse kann nun zwei unterschiedlichen Betrachtungsweisen gefolgt werden: 1. Die Faktorpreise gelten als unveränderlich. Dann spiegeln die zugehörigen Kostenfunktionen lediglich das Mengengerüst der Kosten wider. 2. Die Faktorpreise sind veränderlich. Dann üben sie zusätzlich einen Einfluß auf die Gestalt der zugehörigen Kostenfunktionen aus. Wählt man die zweite Betrachtungsweise, d. h. werden die Faktorpreise als Änderungsparameter eingesetzt, so kann zwischen direkter und indirekter Beeinflussung der Produktionskosten unterschieden werden. Bei der direkten Beeinflussung der Produktionskosten unterscheidet man zwei Fälle: Im ersten Fall wird unterstellt, daß der Faktorpreis ein Marktdatum darstellt und damit nachfrageunabhängig ist. Als Beispiel sei der Gleichgewichtspreis bei vollkommener Konkurrenz genannt. Der zweite Fall umfaßt die in der Praxis häufig anzutreffende Situation, daß Faktorpreisänderungen durch unterschiedliche Nachfragemengen nach Einsatzfaktoren verursacht werden. Von einer indirekten Beeinflussung der Produktionskosten durch eine Variation der Faktorpreise spricht man dann, wenn der Betrieb aufgrund der Preisänderung veranlaßt wird, eine andere Kosteneinflußgröße ebenfalls zu variieren. So kann eine Preissenkung dazu führen, daß der Betrieb nunmehr qualitativ bessere Produktionsfaktoren einsetzt. Die Substitution eines Produktionsfaktors kann möglicherweise die Folge einer derartigen Maßnahme sein. 3.4.3

Fertigungsprogramm

Als letzte der genannten Kosteneinflußgrößen sei kurz das Fertigungsprogramm, häufig auch als Produktionsprogramm bezeichnet, erläutert. 134 Im Vordergrund steht in diesem Zusammenhang die kurzfristige oder operative Programmplanung, d. h. die Festlegung der in einer Periode herzustellenden Produktarten und Produktmengen einer ganz bestimmten Qualität.135 Der Problemkreis Kosteneinflußgröße Fertigungsprogramm kann in Anlehnung an GUTENBERG nach Standardisierungs- und Typisierungsgesichtspunkten, unter dem Aspekt der fertigungstechnischen Elastizität sowie im Zusammenhang mit der Frage der optimalen Losgröße diskutiert werden. Im Rahmen der Standardisierungs- und Typisierungsgesichtspunkte bezeichnet man als kritisches Standardisierungs- und Typisierungsmaß denjenigen Katalog von Produktarten, der unter den Aspekten der innerbetrieblichen, kosten- und erlösmäßigen Gegebenheiten des Betriebes günstigstenfalls auzustreben ist. Diese Problemstellung konkretisiert sich in der Frage nach der optimalen Artikelzahl. 136

133

134

135 136

Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 415 ff., sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 549 ff. Vgl. GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre. Erster Band, (1979), S. 144 ff., sowie HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 531 ff. Vgl. auch S. 137 ff. Vgl. HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre, (1983), S. 532.

9. Abschnitt: Grundztlge der Produktions- und Kostentheorie

533

Stellt sich infolge der Marktentwicklung die Notwendigkeit einer qualitativen Variation des Fertigungsprogramms, so ist das Ausmaß der fertigungstechnischen Elastizität, d. h. der Anpassungsfähigkeit der Elementarfaktorkombinationen an veränderte Produktionsbedingungen, eine bestimmende Kosteneinflußgröße.137 Schließlich kann die Los- bzw. Auftragsgröße, d. h. die Anzahl der Erzeugniseinheiten, die in einem Produktionsgang zu fertigen ist, erheblich auf die Kostenhöhe einwirken. In diesem Zusammenhang gilt es diejenige Losgröße zu bestimmen, bei der die auf die Produkteinheit bezogenen Gesamtkosten minimal sind.138 Abschließend ist zum Problemkreis Kosteneinflußgrößen darauf hinzuweisen, daß häufig mehrere dieser Einflußgrößen auf die Kosten simultan einwirken.

137 138

Zum Begriff der fertigungstechnischen Elastizität vgl. S. 72. Vgl. S. 318 f.

534

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Literaturhinweise ADAM, D.: Produktions- und Kostentheorie, 2., Überarbeitete Auflage, Tübingen - Düsseldorf 1977 BOTTA, V.: Betriebswirtschaftliche Produktionsfunktionen. Ein Überblick, WiSt 1986, S. 113 - 119 BRAUER, K.M. (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Anleitungen zum Grundstudium mit Aufgaben, Übungsfällen und Lösungshinweisen, Würzburg - Wien 1971 BERTELSMANN Lexikon in vier Bänden. Zweiter Band, Gütersloh 1954 ELLINGER, T. und HAUPT, R.: Produktions- und Kostentheorie, 2., neu bearbeitete Auflage, Stuttgart 1990 FANDEL, G.: Produktion I. Produktions- und Kostcnthcoric, 3., neu bearbeitete Auflage, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris und Tokyo 1991 GUTENBERG, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre: Erster Band: Die Produktion, 23. unveränderte Auflage, Bcrlin-Heidelberg-New York 1979 HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, 2. Auflage, München 1977 HEINEN, E.: Betriebswirtschaftliche Kostenlehre. Kostenlheorie und Kostenentscheidungen, 6., verbesserte und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1983 HEINEN, E.: Produktions- und Kostentheorie, in JACOB, H. (Hrsg.): Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Handbuch für Studium und Prüfung, 5., überarbeitete Auflage, Wiesbaden 1988 KAHLE, E.: Produktion, 3., völlig neu bearbeitete Auflage, München und Wien 1991 KILGER, W.: Produktions- und Kostentheorie, Wiesbaden 1972 LÜCKE, W. Produktionstheorie, in KERN, W. (Hrsg.): Handwörterbuch der Produktionswirtschaft, Stuttgart 1979 SCHWEITZER, M. und KÜPPER, H.-U.: Produktions- und Kostentheorie der Unternehmung, Reinbek bei Hamburg 1974 STEFFEN, R.: Produktions- und Kostenlheorie, Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1983 WÖHE, G. unter Mitarbeit von DÖRING, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 17., überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1990

Zehnter Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung 1. Kosten- und Leistungsrechnung als Teilgebiet des betrieblichen Rechnungswesens 1.1 Begriff, Teilgebiete und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens im Überblick 1.2 Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens 1.2.1 Übersicht 1.2.2 Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand, Kosten 1.2.3 Einzahlungen, Einnahmen, Ertrag, Leistung 1.2.4 Zahlungssaldo, Finanzsaldo, Gesamterfolg, Betriebsergebnis 1.2.5 Korrespondierende Bewegungs- und Bestandsrechnungen 1.3 Merkmale der Kosten- und Lcistungsrcchnung 1.3.1 Vorbemerkung 1.3.2 Zwingende Merkmale 1.3.3 Fakultative Merkmale 2. Begriffe, Aufgaben, Zwecke und Konzeptionen der Kosten- und Leistungsrechnung 2.1 Begriffe der Kosten- und Leistungsrechnung 2.1.1 Problematik und Varianten des Kosten- und des Leistungsbegriffs 2.1.1.1 Problematik und Varianten des Kostenbegriffs 2.1.1.2 Problematik und Varianten des Leistungsbegriffs sowie dessen Beziehung zum Erlösbegriff 2.1.2 Spezielle Kostenkategorien 2.1.2.1 Vorbemerkung 2.1.2.2 Kostenkategorien im einzelnen 2.2 Aufgaben und Zwecke der Kosten- und Leistungsrechnung 2.2.1 Überblick über die Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung 2.2.2 Einzelne Hauptzwecke der Kosten- und Leistungsrechnung 2.3 Konzeptionen der Kosten- und Leistungsrechnung 2.3.1 Gliederung der Kosten- und Lcistungsrcchnung 2.3.2 Grundprinzipien der Verrechnung 2.3.3 Überblick über die Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung 2.3.4 Kosten- und Leistungsrechnung und Controlling Litcraturhinweise

536 536 540 540 540 547 552 553 555 555 555 557 559 559 559 559 561 562 562 562 569 569 570 572 572 576 577 579 580

536

Teil III: Rechnungslegung für den Operalivbercich

1. Kosten- und Leistungsrechnung als Teilgebiet des betrieblichen Rechnungswesens 1.1 Begriff, Teilgebiete und Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens im Uberblick Jedes Unternehmen ist in den Geld- und Güterkreislauf einer Volkswirtschaft eingebunden. Aus dieser Tatsache resultiert ein nahezu unüberschaubares Beziehungsgeflecht zwischen allen Beteiligten, das die Institutionalisierung eines formellen Informationssystems zur Informationsgewinnung und Informationsverarbeitung erforderlich macht. Dieses institutionalisierte Informationssystem wird als betriebliches Rechnungswesen bezeichnet, dessen Einsatz der Erhöhung der Transparenz des Beziehungsgeflechtes sowie darauf aufbauend der zielorientierten Gestaltung der Geldund Güterbeziehungen dient. Faßt man die Gesamtheit der Aufgaben zusammen, die zu diesem Zweck erfüllt werden müssen, so kann die folgende Definition abgeleitet werden: „Als betriebliches Rechnungswesen bezeichnet man die systematische, regelmäßig und/oder fallweise durchgeführte Erfassung, Aufbereitung, Auswertung und Übermittlung der das Betriebsgeschehen betreffenden quantitativen Daten (Mengen- und Wertgrößen) mit dem Ziel, sie für Planungs-, Steuerungs- und Kontrollzwecke innerhalb des Betriebes sowie zur Information und Beeinflussung von Außenstehenden (z. B. Eigenkapitalgebern, Gläubigern, Gewerkschaften, Staat) zu verwenden." 1 Es hat sich in der Praxis eingebürgert, im Rahmen des betrieblichen Rechnungswesens unter dem Aspekt des Informationsgegenstandes und der Informationsempfänger zwischen externem Rechnungswesen und internem (innerbetrieblichem) Rechnungswesen zu unterscheiden (vgl. Abb. I). 2 Betriebliches Rechnungswesen

Abb. 1: Aufgabenschwerpunkte und Informationsempfanger des betrieblichen Rechnungswesens (In Anlehnung an HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 6)

Im Mittelpunkt des externen Rechnungswesens steht die Abbildung aller finanziellen Vorgänge, die zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt ablaufen. Der Begriff der Umwelt fungiert in diesem Zusammenhang als Sammelbezeichnung für alle Partner des Unternehmens auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten, für Kapitalgeber und Kapitalnehmer sowie für den Staat. Entsprechend zählen zu den Empfan1 2

HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 4. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 4 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

537

gern der Informationen des externen Rechnungswesens Eigentümer, Gläubiger, Belegschaft, Lieferanten, Kunden, Fiskus, Behörden, Öffentlichkeit sowie die Unternehmensleitung. Das externe Rechnungswesen dient vorrangig in Form des noch zu erläuternden Jahresabschlusses der vergangenheitsorientierten Dokumentation und Rechenschaftslegung, für deren Gestaltung umfangreiche handels- und steuerrechtliche Vorschriften existieren. Die Zahlenwerte des externen Rechnungswesens werden veröffentlicht. Im Mittelpunkt des internen (innerbetrieblichen) Rechnungswesens steht die Abbildung der wirtschaftlichen Vorgänge im Unternehmen selbst. Empfänger der Informationen des internen Rechnungswesens ist ausschließlich die Unternehmensleitung. Es dient der Planung, Steuerung und Kontrolle des Betriebsgeschehens vorrangig mit dem Ziel, den Verzehr der Produktionsfaktoren und die daraus resultierende Entstehung von Produkten (Leistungen) mengen- und wertmäßig zu erfassen und die Leistungserstellung im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit zu überwachen. Für den Aufbau und die inhaltliche Ausgestaltung des internen Rechnungswesens existieren, sieht man einmal von speziellen Aufgaben der Kostenrechnung ab, 3 keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Im Gegensatz zum externen Rechnungswesen werden die Informationen des internen Rechnungswesens nicht veröffentlicht. Sie dienen der obersten Unternehmensleitung zur Aufgabenerfüllung. Fragt man nach den Teilgebieten des betrieblichen Rechnungswesens, so ist in der betriebswirtschaftlichen Literatur keine einheitliche Untergliederung zu erkennen. In Abhängigkeit von Schwerpunkteinschätzung und Wertung werden zwei bis sechs Teilgebiete unterschieden. 4 In Modifizierung der Einteilung nach HABERSTOCK wird im folgenden von fünf Teilbereichen des betrieblichen Rechnungswesens ausgegangen: 5 1. Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung: Die wesentlichen Aufgaben der Geschäftsoder Finanzbuchhaltung bestehen in der 1. Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung zur Ermittlung des Gesamterfolgs, 2. Aufstellung der Bilanz zur Ermittlung der Vermögens- und Schuldbestände, 3. Bereitstellung von Daten für dispositive Sonderrechnungen, etwa im Rahmen der Finanz- und Liquiditätsplanung. Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanz bilden neben dem bei Kapitalgesellschaften und Genossenschaften hinzutretenden Anhang den Jahresabschluß. Dieser dient der Rechenschaftslegung über die Erfolgs- und Vermögenslage der Unternehmung sowie der Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns. Darüberhinaus hat die Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung die erforderlichen Bemessungsgrundlagen für die Besteuerung bereitzustellen sowie aus besonderen Anlässen Sonderbilanzen zu erstellen. Inhalt und Aufgaben der Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung sind Gegenstand eines besonderen Abschnitts. 6

3

4

5

6

Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Bewertung von Lagerbestünden für die Wertansätze in der Bilanz, vgl. S. 824 ff. Vgl. beispielsweise DELLMANN, K.: Rechnungswesen, Systematik des, (1981), Sp. 1415 ff., WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 955 f., sowie HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 10. Zu den folgenden Ausführungen vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 10 ff. Vgl. S. 797 ff.

538

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

2. Kosten- und Leistungsrechnung einschließlich kurzfristiger Erfolgsrechnung: Die Kosten- und Leistungsrechnung (oder Kosten- und Erlösrechnung) einschließlich der kurzfristigen Erfolgsrechnung dient im wesentlichen vier Hauptzwecken: 1. Preiskalkulation und Preisbeurteilung, 2. Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, 3. Bereitstellung von Zahlenmaterial für Entscheidungsrechnungen, 4. Bestandsbewertung und Erfolgsermittlung. Diese Zwecke werden in diesem Abschnitt an anderer Stelle ausführlich diskutiert. 7 3. Planungsrechnung: Die Planungsrechnung bezieht sich auf alle Betriebsbereiche einer Unternehmung und umfaßt alle Berechnungen, die die Vorbereitung unternehmerischer Entscheidungen zum Inhalt haben. Als Beispiele seien genannt: 1. Entscheidung über die Durchführung einer Investition, 2. Entscheidung hinsichtlich der Wahl eines Standortes, 3. Entscheidung über Annahme oder Ablehnung eines Auftrages, 4. Entscheidung hinsichtlich der Alternative Eigenfertigung oder Fremdbezug, 5. Entscheidung über eine kostenminimale Maschinenbelegung. Im Rahmen der Planungsrechnung werden in zunehmendem Maße die Methoden der Unternehmensforschung als Lösungshilfen eingesetzt. 8 4. Betriebsstatistik: Die Betriebsstatistik dient der Zusammenstellung und Auswertung von Zahlen, die für das Unternehmen von Bedeutung sind und nicht bereits schon laufend in anderen Teilen des betrieblichen Rechnungswesens verarbeitet werden. Als Beispiele sind die Erstellung von Kennziffern wie Lagerumschlagshäufigkeit und Produktivität sowie das Aufstellen von Kosten-, Umsatz-, Unfalloder Kranken Statistiken zu nennen. 5. Material-, Lohn- und Gehalts- sowie Anlagenabrechnung: Die Material-, Lohnund Gehalts- sowie Anlagenabrechnung gehört zu den Sondergebieten des betrieblichen Rechnungswesens. Im Mittelpunkt steht die mengen- und wertmäßige Erfassung der wichtigsten Produktionsfaktoren. So erfaßt die Materialabrechnung (Lagerbuchhaltung) zum einem die Bestände und zum anderen die Zu- und Abgänge der Werkstoffe. Bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung ist zwischen der Brutto- und der Nettoabrechnung zu unterscheiden. Erstere dient der Ermittlung von Personalaufwand und -kosten, in letzterer werden die an die Arbeitnehmer auszuzahlenden Beträge bestimmt. In der Anlagenabrechnung (Anlagenoder Betriebsmittelkartei bzw. Anlagen- oder Betriebsmitteldatei) geht es um die Erfassung der Bestände an Betriebsmitteln einschließlich ihrer Veränderungen sowie um die Erfassung der entsprechenden Aufwendungen und Kosten. Daneben sind in der Anlagenabrechnung alle wesentlichen technischen und wirtschaftlichen Daten der Betriebsmittel gespeichert. Hierzu zählen insbesondere die voraussichtliche Nutzungsdauer und die entsprechenden Abschreibungsbeträge. Die wesentlichen Richtungen der Datenströme zwischen den fünf Teilbereichen des betrieblichen Rechnungswesens sind aus Abb. 2 ersichtlich. Aus dieser Abbildung geht hervor, daß zwischen der Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung einerseits und der Kosten- und Leistungsrechnung einschließlich der kurzfristigen Erfolgsrech7 8

Vgl. S. 570 ff. Zu den Methoden der Unternehmensforschung vgl. S. 130 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

539

nung andererseits enge wechselseitige Verflechtungen existieren, was einen entsprechenden umfangreichen Datenaustausch zur Folge hat. So sind die Bestände an Halb- und Fertigfabrikaten sowie die vom Unternehmen erstellten und für die eigene Produktion eingesetzten Maschinen und Werkzeuge in der im Rahmen der Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung zu erstellenden Bilanz mit Herstellungskosten zu bewerten, die in der Kostenrechnung ermittelt werden müssen. 9 Andererseits erfaßt die Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung zwar die in einer Periode verbrauchten Aufwandsarten, ihre Verteilung auf die einzelnen Kostenträger (die einzelnen Endprodukte und Leistungen des Betriebs) ist jedoch Aufgabe der Kostenrechnung. Auch stellt die Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung die Erlöswerte für die kurzfristige Erfolgsrechnung zur Verfügung.

Abb. 2: Die Teilbereiche des betrieblichen Rechnungswesens und die wesentlichen Richtungen der Datenströme (In Anlehnung an HABERSTOCK, L.: GrundzUgc der Koslcn- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 11)

Das Teilgebiet der Material-, Lohn- und Gehalts- sowie Anlagenabrechnung ist systematisch zwischen der Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung und der Kosten- und Leistungsrechnung anzusiedeln. An erstere liefert sie das Zahlenmaterial über Bestände und Aufwendungen, an letztere die entsprechenden Kostenwerte. Die Teilgebiete der Planungsrechnung und der Betriebsstatistik werden gleichermaßen mit Daten aus der Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung sowie der Kosten- und Leistungsrechnung gespeist. So können im Rahmen einer Investitionsplanung sowohl Kosten als auch Zahlungsgrößen von Bedeutung sein. Auch ist es denkbar, daß das Teilgebiet der Betriebsstatistik Daten zur Verfügung stellt, die mit Hilfe der mathematischen Statistik in Erwartungswerte transformiert werden und beispielsweise in Form von Umsatzprognosen in die Investitionsplanung Eingang finden. Unternimmt man den Versuch, die fünf Teilbereiche des betrieblichen Rechnungswesens in die Abb. 1 unter dem Aspekt einer Zuordnung zum externen bzw. internen Rechnungswesen einzugliedern, so wird man summarisch die Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung dem externen Rechnungswesen zuweisen, während die anderen vier Teilbereiche unter dem Oberbegriff des internen Rechnungswesens subsumiert werden können. Diese Zuordnung ist jedoch nicht in jedem Falle eindeutig. So müßte die Kostenrechnung, die zusammen mit der Leistungsrechnung den wesentlichen Bestandteil des internen Rechnungswesens darstellt, für den Fall dem externen Rechnungswesen zugeordnet werden, daß sie für die Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen eingesetzt wird. 9

Vgl. S. 824 ff.

540

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbereich

In den folgenden Ausführungen steht die Kosten- und Leistungsrechnung einschließlich der kurzfristigen Erfolgsrechnung im Mittelpunkt. Der Aufbau derartiger Rechnungssysteme setzt jedoch die Kenntnis der wesentlichen Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens und ihre überschneidungsfreie Abgrenzung voraus.

1.2 Grundbegriffe des betrieblichen Rechnungswesens 1.2.1

Übersicht

Für die Beschreibung der vielfältigen im Rahmen des betrieblichen Rechnungswesens erfaßten Zahlungs- und Leistungsvorgänge hat die betriebswirtschaftliche Terminologie die folgenden vier Begriffspaare entwickelt: 10 1. Auszahlungen - Einzahlungen 2. Ausgaben - Einnahmen 3. Aufwand - Ertrag 4. Kosten - Leistung Diese Begriffe bezeichnet man als Strömungsgrößen 11 oder als Wertbewegungsgrößen 12 . Dabei handelt es sich um Zahlungs- und Leistungsvörgänge, die innerhalb einer bestimmten Zeitperiode ablaufen und die jeweils zu Periodenbeginn an einem bestimmten Bestand (Anfangsbestand) anknüpfen und zum Periodenende in einen bestimmten Bestand (Endbestand) einmünden. Differenziert man zwischen positiven Strömungsgrößen (Einzahlung, Einnahme, Ertrag, Leistung) und negativen Strömungsgrößen (Auszahlung, Ausgabe, Aufwand, Kosten), so führen erstere zu einer Bestandserhöhung und letztere zu einer Bestandsverminderung. Bildet man die Differenz zwischen den positiven Strömungsgrößen und den zugehörigen negativen Strömungsgrößen einer Periode, so markiert dieser Wert das Ausmaß der Bestandsveränderung während dieser Periode. Diese Überlegungen zeigen, daß die zeitraumbezogenen Strömungsgrößen, die den Inhalt sogenannter Bewegungsrechnungen bilden, zweckmäßigerweise ergänzt werden durch zeitpunktbezogene Bestandsgrößen, die im Mittelpunkt sogenannter Bestandsrechnungen stehen. Im folgenden sollen zunächst die Strömungsgrößen etwas näher erläutert werden. 1.2.2 A u s z a h l u n g e n , A u s g a b e n , A u f w a n d , K o s t e n Betrachten wir zunächst die negativen Strömungsgrößen Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand und Kosten. Ihre Diskussion geht von der Annahme aus, daß alle Produktionsfaktoren käuflich erworben und durch die Hingabe von Geld finanziell abgegolten werden. Die über diesen Normalfall hinausgehenden Vorgänge wie beispielsweise die Beschaffung von Gütern durch Naturaltausch oder unentgeltliche Güterzugänge (Schenkungen) bleiben unberücksichtigt. 13 Ausgangspunkt unserer Überlegungen sind die Auszahlungen. Wie zu zeigen und in der Abb. 3 zusammenfassend dargestellt ist, können die drei anderen negativen Strömumgsgrößen aus den Auszahlungen durch Addition bzw. Subtraktion von Korrekturposten entwickelt werden. Der Begriff der Auszahlung ist problemlos zu inter10 11 12 13

Vgl. dazu auch die Ausführungen S. 18 ff. Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 964. Vgl. WEBER, H.K.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen. Band 1, (1988), S. 4 f. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 64 ff.

541

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung

pretieren. Wir wollen unter einer Auszahlung den „Abgang liquider Mittel (Bargeld und Sichtguthaben) pro Periode" 14 verstehen. Wird in einem Unternehmen eine Auszahlung getätigt, so beinhaltet dieser Vorgang eine Übertragung von Geld oder von anderen Zahlungsmitteln an andere Wirtschaftssubjekte. Im Ergebnis bedeutet dies für die Unternehmung eine Verminderung der Bestände an Bar- und/oder Sichtguthaben, also eine Verminderung des Geldbestands.

Liquiditütsrechnung

1 2a

+

2b +

Überleitung z u r Finanzierungsrechnung

2c

2d

2c Finanzierungsrechnung

3 4a

=

Überleitung zur Erfolgs- 4 b rechnung 4c

+

4d

+

Erfolgsrechnung

5 = 6 6a 6b 6c Überleitung zur Kosten- 7 + rechnung

Kostenrechnung

7a 7b 7c 8 + 9 =

Zahlenbeispiel 500.000 50.000

A U S Z A H L U N G E N DER P E R I O D E Geldwert (Anschaffungspreis) jener G lilcrzugängc d e r Periode, die erst in spateren Perioden bezahlt werden (Giitcrzugang jetzt, Zahlung später) Geldwert (Anschaffungspreis) jener Gütcrzugünge der Periode, die 30.000 bereits in früheren Perioden bezahlt worden waren (Güterzugang ietzt, Z a h l u n g früher) Auszahlungen der laufenden Periode, die eine Begleichung von 60.000 Verbindlichkeiten aus GUIcrzugüngen vorangehender Perioden darstellen (Zahlung jetzt, Güterzugang früher) Auszahlungen der laufenden Periode, die eine Vorauszahlung für 40.000 Güterzugünge nachfolgender Perioden darstellen (Zahlung jetzt, Güterzugang spülcr) Rein finanzwirtschaftliche A u s z a h l u n g e n , wie z. B. Darlchcnshin- 100.000 gabe und Kreditrückzahlung A U S G A B E N DER P E R I O D E 380.000 Ausgaben der Periode, die bereits in früheren Perioden erfolgswirk10.000 sam waren, wie z. B. bei Z a h l u n g e n , f ü r die früher Rückstellungen gebildet worden waren (Ausgaben jetzt, A u f w a n d früher) Ausgaben der Periode, soweit sie erst in späteren Perioden erfolgs40.000 wirksam sind, wie z. B. der auf spätere Perioden entfallende Teil einer Investitions-Ausgabe (Ausgabe jetzt, A u f w a n d spülcr) in d e r laufenden Periode crfolgswirksame Ausgaben früherer Peri5.000 oden, wie z. B. Abschreibungen ( A u f w a n d jetzt, Ausgaben früher) 100.000 in d e r laufenden Periode crfolgswirksame Ausgaben zukünftiger Perioden, w i e z. B. bei Bildung von Rückstellungen ( A u f w a n d jetzt, Ausgaben später) A U F W A N D DER P E R I O D E 435.000 neutraler A u f w a n d i. c. S. 53.000 betriebsfremder Aufwand (z. B. Spende) 5.000 außerordentlicher Aufwand (z. B. Feuerschäden) 40.000 periodenfremder Aufwand (z. B. Stcucr-Nachbelaslung) 8.000 Zusatzkostcn als Kosten, die sich nicht von Ausgaben bzw. A u f 162.000 w a n d ableiten, ermittelt als Opportunitätskoslen kalkulatorischer Untcrnchmerlohn kalkulatorische Eigenkapitalzinsen kalkulatorische Eigenmicte (Anderskosten - bcwcrtungsbcdinRter neutraler A u f w a n d ) K O S T E N DER PERIODE

100.000 50.000 12.000 4.000 548.000

Abb. 3: Bedeutung und Inhalt der Begriffe Auszahlungen, Ausgaben, Aufwand und Kosten (In Anlehnung an HUMMEL. S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1. (1986), S. 65)

Kauft nun beispielsweise ein Unternehmen Waren, die es erst in der Folgeperiode bezahlen wird, oder erhält das Unternehmen in der laufenden Periode Waren, die bereits in der Vorperiode vorausbezahlt wurden, so sind Güterzugang und Zahlungsmittelabgang nicht mehr periodengleich. Um diese zeitlichen Diskrepanzen auszugleichen, ist es notwendig, den Begriff der Auszahlungen zum Begriff der Ausgaben weiterzuentwickeln. Während Auszahlungen auf den Zeitpunkt des Zahlungsmittelabflusses abstellen, geht es bei den Ausgaben um den Zeitpunkt des Güterzugangs. Folge14

H A B E R S T O C K , L.: Grundzüge d e r Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 16.

542

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbercich

richtig umfaßt der Begriff der Ausgaben einer Periode auch die Auszahlungen dieser Periode. Dieser Wert ist jedoch in der Weise zu korrigieren, daß die Gesamtheit der entgeltlich erworbenen Güterzugänge dieser Periode in den Ausgaben erfaßt wird. Analog sind Güterzugänge früherer oder zukünftiger Perioden, die in dieser Periode nachträglich oder im voraus bezahlt werden, aus den Ausgaben auszuklammern. 15 Daneben sind auch die rein flnanzwirtschaftlichen Auszahlungen, wie z. B. die Hingabe eines Darlehens (Auszahlung mit begleitender Forderungszunahme) oder die Rückzahlung eines Kredits (Auszahlung mit begleitender Schuldenabnahme) von den Auszahlungen der Periode zu subtrahieren. Insgesamt stellt jede Ausgabe eine Verminderung des Geldvermögens dar. Die Entwicklung der Ausgaben aus Auszahlungen einschließlich der erwähnten Korrekturposten soll nun an Hand eines Zahlenbeispiels erläutert werden, wobei auf das Schema der Abb. 3 zurückgegriffen wird: In einem Unternehmen fallen innerhalb einer Periode Auszahlungen in Höhe von 500.000 DM an (Zeile 1 der Abb. 3). Dieser Betrag teilt sich auf in 400.000 DM für die Bezahlung von Güterzugängen aus Vorperioden, der laufenden sowie zukünftigen Perioden und 100.000 DM für die Rückzahlung eines aufgenommenen Darlehens. Zusätzlich zu dieser Position kauft die Unternehmensleitung in der Periode eine Maschine für 50.000 DM, die aber vertragsgemäß erst in der Folgeperiode zu bezahlen ist (Zeile 2a der Abb. 3). Ferner ging eine Warenlieferung während der betrachteten Periode ein, deren finanzieller Gegenwert in Höhe von 30.000 DM bereits in der Vorperiode bezahlt wurde (Zeile 2b der Abb. 3). Der bereits notierte Auszahlungsbetrag in Höhe von 400.000 DM enthält einen Betrag von 60.000 DM für die Begleichung einer Warenschuld aus der Vorperiode (Zeile 2c der Abb. 3) sowie eine Vorauszahlung von 40.000 DM für eine Maschine, deren Lieferung für die nächste Periode vereinbart wurde (Zeile 2d der Abb. 3). Damit bestimmen sich die Ausgaben der betrachteten Periode zu 500.000 DM + 50.000 DM + 30.000 DM - 60.000 DM - 40.000 DM - 100.000 DM = 380.000 DM (Zeile 3 der Abb. 3). Dieser Betrag repräsentiert den Anschaffungswert aller innerhalb der betrachteten Periode zugegangenen Güter, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Bezahlung. Neben den Begriffen der Auszahlungen und der Ausgaben ist der Begriff des Aufwandes von besonderer Bedeutung. Auf diesem Begriff basiert u. a. die im Rahmen des externen Rechnungswesens (Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung) jährlich zu erstellende Gesamterfolgsrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung). Aufwand soll den „Wert aller verbrauchten Güter und Dienstleistungen pro Periode, der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und bewertungsrechtlicher Konventionen in der Finanzbuchhaltung verrechnet wird" 16 bezeichnen. Der Wert des Aufwandes kann aus dem Wert der Ausgaben abgeleitet werden. Dabei ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß zwischen diesen beiden Begriffen sachliche und zeitliche Divergenzen existieren. Eine sachliche Divergenz liegt vor, wenn erfolgsunwirksame Ausgaben zu berücksichtigen sind, die in keiner Periode zu Aufwand führen (z. B. Kauf eines Grundstücks). Dieser Fall ist in Abb. 3 nicht aufgeführt. Hinsichtlich der zeitlichen Divergenzen, also des zeitlichen Auseinanderfallens von Ausgaben und Aufwand, können vier Fälle unterschieden werden, die beispielhaft demonstriert werden sollen: In der laufenden Periode ist eine in früheren Perioden gebildete Rückstellung für erwartete Prozeßkosten in Höhe von 10.000 DM zahlungs15 16

Zum Zusammenhang der Begriffe Auszahlung und Ausgabe vgl. auch S. 19, Glcichung (2a). HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 16.

543

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung 17

wirksam geworden (Zeile 4a der Abb. 3). Die in der laufenden Periode zum Preis von 50.000 DM angeschaffte Maschine wird bei einer geschätzten Nutzungsdauer von 5 Jahren linear abgeschrieben, mit der Konsequenz, daß in dieser Periode der Abschreibungsbetrag von 10.000 DM als erfolgswirksamer Aufwand zu verrechnen ist. Der Differenzbetrag in Höhe von 40.000 DM wird dagegen erst in späteren Perioden erfolgswirksam (Zeile 4b der Abb. 3). Aus einer früheren Investition müssen in der laufenden Periode Abschreibungen in Höhe von 5.000 DM verrechnet werden (Zeile 4c der Abb. 3). In Erwartung des Eintretens von Bergschäden in naher Zukunft und daraus resultierender Zahlungsverpflichtungen erfolgt in der laufenden Periode die Rückstellung eines Betrages in Höhe von 100.000 DM (Zeile 4d der Abb. 3). Insgesamt berechnet sich der Aufwand der betrachteten Periode zu 380.000 DM 10.000 DM - 40.000 DM + 5.000 DM + 100.000 DM = 435.000 DM (Zeile 5 der Abb. 3). Somit repräsentiert der Aufwand eines Zeitabschnittes die Gesamtheit der periodisierten erfolgswirksamen Ausgaben und stellt den Geldwert der in dieser Periode verbrauchten Güter dar. Betrachten wir abschließend den Begriff der Kosten, der wie der Aufwandsbegriff eine verbrauchsbezogene Größe darstellt. Unter Kosten soll der „Wert aller verbrauchten Güter und Dienstleistungen pro Periode und zwar für die Erstellung der .eigentlichen' (typischen) betrieblichen Leistungen" 18 verstanden werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von bewertetem sachzielbezogenem Güterverzehr der Periode. 19 Bei dieser Definition handelt es sich um den wertmäßigen Kostenbegriff. 20 Die Begriffe Aufwand und Kosten sind inhaltlich nicht identisch. Bei der Ableitung der Kosten aus dem Aufwand ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß Aufwendungen existieren, die keine Kosten sind, und daß es Kosten gibt, die nicht aus Aufwendungen entwickelt werden können. Da spezielle Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens jedoch eine genaue Abgrenzung der Begriffe Aufwand und Kosten erfordern, sollen diese Zusammenhänge an Hand der Abb. 4 etwas detaillierter erläutert werden. In dieser sind die Felder la, lb, 2, 3a und 3b zu unterscheiden. AUFWAND Neutraler Aufwand i. w. S. Zwcckaufwand (Aufwand nicht zugleich Kosten) (Aufwand zugleich Kosten) Neutraler Aufwand Bcwcrtungsbedingtci i. e. S. neutraler Aufwand (Aufwand, dem (Aufwand, dem Kokeine Kosten sten in anderer Höhe gegenüberstehen) gegenüberstehen) la

lb

3a

3b

Anderskosten Zusatzkosten (Kosten, denen Auf- (Kosten, denen kein wand in anderer HöAufwand he gegenübersteht) gegenübersteht) Grundkosten Kalkulatorische Kosten (Kosten zugleich Aufwand) (Kosten nicht zugleich Aufwand) KOSTEN

Abb. 4: Abgrenzung von Aufwand und Kosten a n Anlehnung an KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrcchnung, (1991), S. 33) 17 18 19 20

Zum Begriff der Rückstellung vgl. S. 834 f. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 16. Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 26. Zur Problematik und zu den Varianten des Kostenbegriffes vgl. S. 559 ff.

544

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbcrcich

Das Feld la umfaßt die neutralen Aufwendungen i. e. S., also die Aufwendungen, denen überhaupt keine Kosten gegenüberstehen. Zu den neutralen Aufwendungen i. e. S. zählen die betriebsfremden (sachzielfremden), die außerordentlichen und die periodenfremden Aufwendungen. Betriebsfremde (sachzielfremde) Aufwendungen stellen Aufwendungen dar, die nichts mit dem eigentlichen Betriebszweck zu tun haben. Zu diesen Aufwendungen zählen beispielsweise Spenden. Als außerordentliche Aufwendungen werden solche Aufwendungen bezeichnet, die entweder sehr sporadisch anfallen (beispielsweise Reparaturen) oder aber unvorhersehbar bzw. in außerordentlicher Höhe eintreten (z. B. Kursverluste oder Feuerschäden). Von periodenfremden Aufwendungen spricht man dann, wenn beispielsweise Aufwendungen zwar in früheren Perioden verursacht, aber übersehen wurden und in der laufenden Periode verrechnet werden. Zu diesen Aufwendungen zählen beispielsweise Steuernachbelastungen. Im Gegensatz zum Güterverzehr, der zu neutralen Aufwendungen i. e. S. führt, wird der kostenwirksame Güterverzehr durch die Begriffe sachzielbezogen, ordentlich und periodenbezogen charakterisiert. Der Güterverzehr ist sachzielbezogen, wenn er in unmittelbarem Zusammenhang mit dem unternehmerischen Sachziel steht, er ist ordentlich, wenn er im Rahmen des üblichen Betriebsablaufs zu erwarten ist, und er ist periodenbezogen, wenn er durch die Erstellung von Gütern der betrachteten Periode verursacht ist. 21 Bildet man nun die Begriffspaare sachzielbezogen - sachzielfremd, ordentlich - außerordentlich und periodenbezogen - periodenfremd, so kann an Hand der Abb. 5 die Abgrenzung des kostenwirksamen Güterverzehrs und des Güterverzehrs, der zu neutralen Aufwendungen i. e. S. führt, geometrisch interpretiert werden. In dieser Abbildung repräsentiert der durch die Eckpunkte A, B, C, D, E, F, G und H (C ist verdeckt) charakterisierte und mit unterbrochenen Linien begrenzte Würfel den gesamten Güterverzehr pro Periode, während der durch drei schraffierte Flächen gekennzeichnete und mit durchgezogenen Linien begrenzte Würfel dem kostenwirksamen Güterverzehr entspricht. Die Volumendifferenz aus beiden Würfeln stellt den Güterverzehr dar, der zu neutralen Aufwendungen i. e. S. führt. ".

A

Ordernlieh

u

Periodenfremd

Außer- B ordentlich

Abb. 5: Abgrenzung des kostenwirksamen Güterverzehrs (Aus KLOOCK. I., SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Lcistungsrcchnung, (1991), S. 34)

Feld 2 der Abb. 4 repräsentiert Aufwendungen, die zugleich auch Kosten darstellen, da sie dem eigentlichen Betriebszweck dienen. Man spricht auch von kostengleichem Aufwand bzw. von aufwandsgleichen Kosten. Diese Kosten tragen die Bezeichnung Grundkosten, der zugehörige Aufwand heißt Zweckaufwand. In dieses Feld gehören beispielsweise die Akkordlöhne oder der bewertete Materialverbrauch. 21

Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Lcistungsrcchnung, (1991), S . 3 4 f.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

545

Mit den Feldern lb, 3a und 3b der Abb. 4 werden die für das betriebliche Rechnungswesen bedeutsamen kalkulatorischen Kosten berücksichtigt. Diese sind zwar im Rahmen der Kostenartenrechnung Gegenstand detaillierter Erörterung, 22 zum Verständnis der Abb. 4 bedarf es jedoch bereits an dieser Stelle einer kurzen inhaltlichen Begriffsbestimmung. Kalkulatorische Kosten werden eigens für kostenrechnerische Zwecke ermittelt. Man differenziert sie in Zusatzkosten und Anderskosten. Während Zusatzkosten durch die Tatsache charakterisiert sind, daß ihnen überhaupt kein Aufwand gegenübersteht, stellen Anderskosten kalkulatorische Kosten dar, denen Aufwand in anderer Höhe gegenübersteht, der bewertungsbedingte neutrale Aufwand. 2 3 Zu den Zusatzkosten zählen der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen und die kalkulatorische Eigenmiete. Anderskosten umfassen die kalkulatorischen Abschreibungen und die kalkulatorischen Wagnisse. Betrachten wir zunächst die Zusatzkosten, d. h. das Feld 3b der Abb. 4.24 Im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften darf in Personengesellschaften und Einzelunternehmungen die Mitarbeit der Inhaber aus handels- und steuerrechtlichen Gründen nicht durch eine Gehaltszahlung abgegolten werden, da diese Zahlungen steuerlich nicht abzugsfähig sind. Die Abgeltung der Arbeitsleistung erfolgt vielmehr aus dem Gewinn, mit der Konsequenz, daß kein Aufwand entsteht. Diese Betrachtungsweise kann jedoch für die Kostenrechnung nicht übernommen werden, da ein tatsächlicher Verbrauch von Produktionsfaktoren stattfindet und bei einer Nichtberücksichtigung derselben die Selbstkosten zu niedrig ausgewiesen werden. Zur Vermeidung dieser Inkonsequenz wird daher in der Kostenrechnung als Entgelt für die Arbeitsleistung der Betriebsführung bei Personengesellschaften und bei Einzelunternehmungen ein kalkulatorischer Unternehmerlohn verrechnet. Erfolgt die Finanzierung der unternehmerischen Aktivitäten durch Eigen- und Fremdkapital, so sind für die Überlassung des Fremdkapitals Zinsen zu zahlen, die in der Geschäftsbuchhaltung als Aufwand (Zweckaufwand) und in der Kostenrechnung als Kosten (Grundkosten) verrechnet werden. Dagegen wird das Eigenkapital dem Unternehmen zinslos zur Verfügung gestellt, mit der Konsequenz, daß in der Geschäftsbuchhaltung dafür auch kein Zinsaufwand verrechnet werden darf. Gleiche Überlegungen wie beim kalkulatorischen Unternehmerlohn führen dazu, daß der Faktorverbrauch durch den Ansatz von kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen berücksichtigt wird. Während Personengesellschaften und Einzelunternehmungen für die Anmietung von Räumen eine finanzielle Abgeltung in Form von Mietzahlungen vornehmen, entfällt diese Zahlung für die gewerbliche Nutzung von Privaträumen. Analog zu den kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen wird für die Überlassung der Privaträume in der Kostenrechnung eine kalkulatorische Eigenmiete in die Kosten eingerechnet. Hinter dem Ansatz von Zusatzkosten in Form eines kalkulatorischen Unternehmerlohns, kalkulatorischer Eigenkapitalzinsen und einer kalkulatorischen Eigenmiete steht die gemeinsame Vorstellung, daß die Arbeitskraft der Inhaber, das Eigenkapital sowie die Privaträume auch einer alternativen Verwendung gegen Entgelt zugeführt werden können. Die aufgrund des Verzichts auf alternative Einsatzmöglichkeiten entgehenden Erträge bezeichnet man als Opportunitätskosten. 22 23 24

Vgl. S. 599 ff. Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 20. Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 19 f. sowie S. 80.

546

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbereich

Wenden wir uns nun den Anderskosten zu, die in Abb. 4 durch das Feld 3a repräsentiert werden, das seine Entsprechung im Feld l b der gleichen Abbildung findet. 25 Aufwand und Kosten können betragsmäßig dadurch voneinander abweichen, daß ein bestimmter Güterverzehr in der Geschäftsbuchhaltung als Aufwand in anderer Höhe ausgewiesen wird, als dies in der Kostenrechnung in Form von Kosten geschieht. Bilden beispielsweise im ersten Fall aus bilanziellen Gründen die Anschaffungskosten der Betriebsmittel die Basis für die Berechnung der Abschreibungen, so stellen für die Kostenrechnung häufig die Wiederbeschaffungskosten der Betriebsmittel die Abschreibungsbasis dar. Letzteres erfolgt dann zumeist unter der Zielsetzung der Substanzerhaltung, wobei mehrheitlich die Wiederbeschaffungskosten höher sind als die Anschaffungskosten. Entscheidet man sich beispielsweise für die Methode der linearen Abschreibung, so resultieren aus dieser Entscheidung höhere Abschreibungsbeträge in der Kostenrechnung als in der Geschäftsbuchhaltung, oder anders ausgedrückt: Die kalkulatorischen Abschreibungen (als Anderskosten) weisen eine andere Höhe auf als die bilanziellen Abschreibungen (als bewertungsbedingter neutraler Aufwand). Jedes unternehmerische Handeln unterliegt ganz bestimmten Risiken, die im ungünstigsten Fall dazu führen können, daß ein Werteverzehr von erheblichem Ausmaß unvorhersehbar eintritt. Sofern ganz spezielle Wagnisse nicht durch Fremdversicherungen abgedeckt sind, besteht die Möglichkeit, die bestehenden Risiken in Form von kalkulatorischen Wagnissen in der Kostenrechnung zu berücksichtigen. Dabei orientiert sich die Ermittlung entsprechender Wagnissätze an statistischen und wahrscheinlichkeitstheoretischen Überlegungen. Beispielsweise kann sich dieser Wagnissatz im Rahmen der Produktionswirtschaft (Fertigungswagnis) auf die zu erwartenden Gewährleistungsaufwendungen beziehen, wobei nicht selten diese Aufwendungen auf die zugehörige Umsatzhöhe bezogen werden. Aus entsprechenden Prozentsätzen der Vergangenheit können dann umsatzabhängige kalkulatorische Wagniskosten abgeleitet werden, die mit hoher Wahrscheinlichkeit eine andere Höhe aufweisen, als die dann effektiv eingetretenen Gewährleistungsaufwendungen. Nunmehr kehren wir zur Abb. 3 (Zeile 5) zurück, um unser Zahlenbeispiel abzuschließen. Zu diesem Zweck unterstellen wir, daß in der betrachteten Periode ein betriebsfremder Aufwand in Form einer Spende in Höhe von 5.000 DM erfolgt (Zeile 6a der Abb. 3), ein außerordentlicher Aufwand in Form eines Feuerschadens in Höhe von 40.000 DM zu berücksichtigen ist (Zeile 6b der Abb. 3) sowie ein periodenfremder Aufwand in Höhe von 8.000 DM Berücksichtigung finden muß, der aus der Tatsache resultiert, daß aufgrund einer Betriebsprüfung dieser Betrag an Steuern für frühere Perioden zu zahlen ist (Zeile 6c der Abb. 3). Die betrachtete Unternehmung wird beispielsweise in Form einer Einzelunternehmung geführt, in welcher der Eigentümer 100.000 DM als kalkulatorischen Unternehmerlohn (Zeile 7a der Abb. 3), 50.000 DM als kalkulatorische Eigenkapitalzinsen (Zeile 7b der Abb. 3) und 12.000 DM als kalkulatorische Eigenmiete (Zeile 7c der Abb. 3) für die betrachtete Periode in Ansatz bringt. Die in der Abb. 3 (Zeile 4c) berücksichtigten bilanziellen Abschreibungen in Höhe von 5.000 DM resultieren aus der Unterstellung, daß in einer früheren Periode eine Investition in Form einer Maschine getätigt wurde, deren Anschaffungskosten 50.000 DM betragen und die über 10 Jahre linear abgeschriebenen werden soll. Da 25

Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 72 f. sowie S. 80 f.

10. Abschnitt: Grandlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

547

im Falle der Wiederbeschaffung jedoch von einem Preis in Höhe von 70.000 DM ausgegangen wird, bestimmen sich die kalkulatorischen Abschreibungsbeträge unter sonst gleichen Bedingungen zu 7.000 DM jährlich. Der Betrag von 5.000 DM ist also in den Betrag von 7.000 DM umzubewerten. In den Aufwendungen der Abb. 3 (Zeile 5) sind auch effektive Gewährleistungsaufwendungen in Höhe von 3.000 DM enthalten. Aufgrund statistischer Überlegungen wurden jedoch kalkulatorische Wagniskosten in Höhe von 5.000 DM in Ansatz gebracht. Der Betrag von 3.000 DM ist also ebenfalls umzubewerten, und zwar in den Betrag von 5.000 DM. Somit ergibt sich für die neutralen Aufwendungen i. e. S. ein Betrag von 5.000 DM + 40.000 DM + 8.000 DM = 53.000 DM (Zeile 6 der Abb. 3). Die Zusatzkosten addieren sich zu 100.000 DM + 50.000 DM + 12.000 DM = 162.000 DM (Zeile 7 der Abb. 3). Der Saldo aus Anderskosten und bewertungsbedingtem neutralem Aufwand ist mit dem zusätzlichen Betrag in Höhe von 7.000 DM - 5.000 DM + 5.000 DM 3.000 DM = 4.000 DM (Zeile 8 der Abb. 3) zu berücksichtigen. Insgesamt bestimmen sich die Kosten der Periode zu 435.000 DM (Zeile 5 der Abb. 3) - 53.000 DM (Zeile 6 der Abb. 3) + 162.000 (Zeile 7 der Abb. 3) + 4.000 DM (Zeile 8 der Abb. 3) gleich 548.000 DM (Zeile 9 der Abb. 3). 1.2.3 E i n z a h l u n g e n , E i n n a h m e n , Ertrag,

Leistung

Wenden wir uns nun der Diskussion der positiven Strömungsgrößen Einzahlungen, Einnahmen, Ertrag und Leistung zu. Auch diese erfolgt unter der Annahme des entgeltlichen Verkaufs der Produkte. Eine Veräußerung der Produkte in Form eines Naturaltausches bleibt dagegen unberücksichtigt. 26 Anknüpfend an die Einzahlungen können die drei anderen positiven Strömungsgrößen durch die Einführung von Korrekturposten aus diesen abgeleitet werden. Eine Zusammenfassung dieser Entwicklungsschritte, deren Ableitung analog zu den negativen Strömungsgrößen erfolgt, bildet den Gegenstand der Abb. 6. Wir wollen unter einer Einzahlung den ,.Zugang liquider Mittel (Bargeld und Sichtguthaben) pro Periode" 27 verstehen. Sie stellt eine negative Auszahlung dar und entsteht beispielsweise durch Barverkauf von Fertigerzeugnissen. Einzahlungen führen zu einer Vermehrung der Bestände an Bar- und/oder Sichtguthaben, also des Geldbestands. Da zwischen den Geld- und Güterbewegungen zeitliche Diskrepanzen auftreten, muß der Begriff der Einzahlungen zum Begriff der Einnahmen weiterentwickelt werden. Diese zeitlichen Diskrepanzen liegen beispielsweise dann vor, wenn Erzeugnisse, die in der betrachteten Periode verkauft werden, vereinbarungsgemäß erst in einer späteren Periode bezahlt werden oder bereits in einer vergangenen Periode vorausbezahlt wurden. In Analogie zu den negativen Strömungsgrößen Auszahlungen und Ausgaben hebt der Begriff der Einzahlungen auf den Zeitpunkt des Zahlungsmittelzuflusses ab, während der Begriff der Einnahmen sich am Zeitpunkt des Güterabgangs orientiert. Daher müssen die Einzahlungen einer Periode in der Weise korrigiert werden, daß die Gesamtheit der entgeltlich veräußerten Güterabgänge der betrachteten Periode auch in der gleichen Periode als Einnahmen erfaßt werden. Entsprechend sind Güterabgänge früherer oder zukünftiger Perioden, die in der betrachteten Peri-

26 27

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 77 ff. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 16.

548

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

ode bezahlt werden, aus den Einnahmen auszuklammern. 28 Daneben sind auch die rein flnanzwirtschaftlichen Einzahlungen, wie z. B. eingehende Tilgungsbeträge für ehemals gewährtes Darlehen (Einzahlung mit begleitender Forderungsabnahme) oder Einzahlungen aus der Inanspruchnahme eines Kredits (Einzahlung mit begleitender Schuldenzunahme) von den Einzahlungen der Periode zu subtrahieren. Insgesamt stellt jede Einnahme eine Erhöhung des Geldvermögens dar.

Liquiditätsrechnung

1 2a + 2b +

Überleitung zur Finanzierungsrcchnung

2c

2d 2e Finanzierungsrechnung

3 = 4a +

4b + Überleitung zur Erfolgsrechnung

4c

Erfolgsrechnung

5 = 6 6a 6b

Überleitung zur Leistungsrechnung

Leistungsrechnung

6c 7

+

8 9

+ =

EINZAHLUNGEN DER PERIODE Geldwert (Verkaufspreis) jener G Ulcrabgänge der Periode, die von den Abnehmern erst in späteren Perioden bezahlt werden (Güterabgang jetzt, Zahlung spater) Geldwert (Verkaufspreis) jener Gülerabgänge der Periode, die von den Abnehmern bereits in früheren Perioden vorausbezahlt worden waren (Güterabgang jetzt, Zahlung früher) Einzahlungen der laufenden Periode, die eine Begleichung von in früheren Perioden entstandenen Kundcnfordeningcn infolge von Warenlieferungen darstellen (Zahlung jetzt, Gülerabgang früher) Einzahlungen der laufenden Periode, die eine Vorauszahlung für Gülerabgänge nachfolgender Perioden darstellen (Zahlung jetzt, Güterabgang später) Rein finanzwirtschaftliche Einzahlungen, wie z. B. eingehende Tilgungsbeträge für ehemals gewährtes Darlehen oder Einzahlungen aus der Inanspruchnahme eines Kredits EINNAHMEN DER PERIODE Geldwert (Herstellungskosten) für in der laufenden Periode erfolgswirksame Leistungen, die überhaupt nicht zu Einnahmen führen, weil sie bestimmungsgemäß nicht verkauft werden, wie z. B. bei sclbslcrstclltcn Anlagen und anderen aktivierten Eigenleistungen (Ertrag jetzt, aber nie Einnahme) Geldwert (Herstellungskosten) für in der laufenden Periode erfolgswiiksame Leistungen, die erst in späteren Perioden verkauft werden und erst dann zu Einnahmen führen, wie Zugänge zum Bestand an fertigen und unfertigen Erzeugnissen (Ertrag jetzt, Einnahme später) Geldwert (Herstellungskosten) für erfolgswirksame Gülerabgänge in der laufenden Periode, die dem Halb- oder Fcrtigfabrikatclager entnommen wurden und schon in Vorperioden (zum Zeitpunkt ihres Lagerzugangs) in Höhe ihrer aktivierten Herstellungskosten als Ertrag ausgewiesen worden waren (Einnahme jetzt, Ertrag früher) ERTRAG DER PERIODE neutraler Ertrag i. e. S. betriebsfremder Ertrag (z. B. zugeflossene, nicht rückzahlbare staatliche Zuschüsse) außerordentlicher Ertrag (z. B. beim Verkauf aller Anlagen zu einem Preis, der über dem Restbuchwert liegt) periodenfremder Erlrag (z. B. nachträgliche Steuerrückvergütungen) Zusatzleistungen als Leistungen, denen kein Erlrag gegenübersteht (z. B. bei Erzeugnissen, die in einer bestimmten Periode hergestellt und verschenkt werden) (Andersleistungen - bewertungsbedingter neutraler Ertrag) LEISTUNG DER PERIODE

Zahlenbeispiel 900.000 150.000

100.000 150.000 200.000

3.000

797.000 20.000

30.000

17.000

830.000 40.000 12.000 18.000 10.000 10.000

20.000 820.000

Abb. 6: Bedeutung und Inhalt der Begriffe Einzahlungen, Einnahme, Ertrag und Leistung (In Anlehnung an HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 78)

Die Ableitung der Einnahmen aus Einzahlungen soll anhand eines Zahlenbeispiels erläutert werden. Dabei greifen wir auf das Schema der Abb. 6 zurück. In einem Unternehmen umfassen die Einzahlungen einer Periode den Betrag von 900.000 DM 28

Zum Zusammenhang der Begriffe Einzahlung und Einnahme vgl. auch S. 19, Gleichung (2b).

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

549

(Zeile 1 der Abb. 6). Ein Teil der in dieser Periode verkauften Güter im Wert von 150.000 DM soll vereinbarungsgemäß erst in der folgenden Periode bezahlt werden (Zeile 2a der Abb. 6), während ein anderer Teil dieser Güter im Wert von 100.000 DM bereits in der Vorperiode bezahlt wurde (Zeile 2b der Abb. 6). Weiterhin waren in der Vorperiode Güter im Wert von 150.000 DM verkauft worden, während die entsprechende Forderung in der laufenden Periode beglichen wird (Zeile 2c der Abb. 6). Schließlich wird für die folgende Periode ein Güterverkauf im Wert von 200.000 DM vereinbart, die Bezahlung erfolgt aber bereits in dieser Periode im voraus (Zeile 2d der Abb. 6). Beide Positionen im Wert von insgesamt 350.000 DM sind bereits in den notierten Einzahlungen in Höhe von 900.000 DM enthalten. Weiter wollen wir annehmen, daß von einem Geschäftspartner in der laufenden Periode Tilgungsbeträge in Höhe von 3.000 DM eingehen, die aus einem in der Vorperiode vom Unternehmen gewährten Darlehen resultieren (Zeile 2e der Abb. 6). Damit bestimmen sich die Einnahmen der betrachteten Periode zu 900.000 DM + 150.000 DM + 100.000 DM 150.000 DM - 200.000 DM - 3.000 DM = 797.000 DM (Zeile 3 der Abb. 6). Dieser Betrag repräsentiert den Veräußerungswert aller innerhalb der betrachteten Periode verkauften Güter, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Bezahlung. Betrachten wir nun den Begriff der Ertrages. Unter Ertrag soll der „Wert aller erbrachten Leistungen pro Periode, der aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und bewertungsrechtlicher Konventionen in der Finanzbuchhaltung verrechnet wird" 29 verstanden werden. Bei der Ableitung des Ertrages aus den Einnahmen muß die Tatsache berücksichtigt werden, daß beide Begriffe sachlich und zeitlich auseinanderfallen können. Eine sachliche Divergenz liegt vor, wenn erfolgsunwirksame Einnahmen in keiner Periode zu einem Ertrag führen (z. B. Verkauf eines Grundstücks zum Buchwert). Dieser Fall ist in Abb. 6 nicht aufgeführt. Eine weitere sachliche Divergenz ist dann gegeben, wenn in dieser Periode erbrachte Leistungen weder jetzt noch später zu Einnahmen führen, da kein Verkauf beabsichtigt ist (Zeile 4a der Abb. 6). Beispielhaft wollen wir unterstellen, daß eine für die Eigennutzung selbsterstellte Maschine mit einem Wert von 20.000 DM in der laufenden Periode aktiviert wird. Zeitliche Divergenzen treten auf, wenn Güter auf Vorrat produziert werden, deren Verkauf erst in zukünftigen Perioden erfolgt (Zeile 4b der Abb. 6), oder wenn Güter aus dem Lager verkauft werden, die bereits in Vorperioden gefertigt wurden (Zeile 4c der Abb. 6). Im ersten Fall soll der Wert der Lagerzugänge 30.000 DM betragen, im zweiten Fall wollen wir von einem Wert der Lagerabgänge in Höhe von 17.000 DM ausgehen. Insgesamt berechnet sich anknüpfend an die Zeile 3 der Abb. 6 der Ertrag der betrachteten Periode zu 797.000 DM + 20.000 DM + 30.000 DM - 17.000 DM = 830.000 DM (Zeile 5 der Abb. 6). Somit repräsentiert der Ertrag eines Zeitabschnitts die Summe der periodisierten erfolgswirksamen Einnahmen. Abschließend wollen wir den Begriff der Leistung betrachten, für den sich auch die Begriffe Betriebsleistung und (wertmäßiger) Erlös eingebürgert haben. 30 Unter Leistung (Betriebsleistung) soll der „Wert aller erbrachten Leistungen pro Periode im Rahmen der .eigentlichen' (typischen) betrieblichen Tätigkeit" 31 verstanden werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von bewerteter sachzielbezogener Gü29 30 31

HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 16. Zur Problematik und zu den Varianten des Leistungsbegriffs vgl. S. 561. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 16.

550

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbcrcich

tererstellung pro Periode. 32 Im Vordergrund steht bei dieser Definition der wertmäßige LeistungsbegrifT. Bei der Ableitung der Leistungen aus den Erträgen muß der Tatsache Rechnung getragen werden, daß Erträge existieren, die keine Leistungen darstellen, und daß es Leistungen gibt, die nicht aus Erträgen entwickelt werden können. Die genaue Abgrenzung der Begriffe Ertrag und Leistung soll an Hand der Abb. 7, die in Analogie zur Abb. 4 aufgebaut ist, etwas detaillierter erläutert werden. In dieser Abbildung sind wiederum die Felder la, lb, 2 , 3 a und 3b zu unterscheiden. ERTRAG Zweckertrag Neutraler E rtrag i. w . S. (Ertrag zugleich Leistung) (Ertrag nicht zu gleich Leistung) Bewertungsbedingtei Neutraler Ertrag neutraler Ertrag i. e. S. (Ertrag, dem Lei(Ertrag, dem keine stung in anderer H ö Leistung h e gegenübersteht) gegenübersteht) la

lb

3a

3b

Andcrslcistung Zusatzleistung (Leistung, der Ertrag (Leistung, der kein in anderer H ö h e Ertrag gegengegenübersteht) übersteht) Gnindleislung (Leistung zugleich Ertrag)

Kalkulatorische Leistung (Leistung nicht zugleich Ertrag) LEISTUNG

Abb. 7.: Abgrenzung von Ertrag und Leistung (In Anlehnung an KLOOCK, J., SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Koslcn- und Lcislungsrcchnung, (1991), S. 39)

Das Feld la beinhaltet die neutralen Erträge i. e. S., also die Erträge, denen überhaupt keine Leistungen gegenüberstehen. Die neutralen Erträge i. e. S. untergliedern sich in betriebsfremde (sachzielfremde), außerordentliche und periodenfremde Erträge. Erträge sind betriebs- oder sachfremd, wenn die zugrundeliegende Gütererstellung nicht dem Sachziel des Unternehmens dient. Dieser Fall liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Bergwerksunternehmen seinen Mitarbeitern Werkswohnungen zur Miete überläßt. Von außerordentlichen Erträgen spricht man dann, wenn diese in außergewöhnlicher Höhe oder unregelmäßig anfallen. In diese Kategorie gehört zum Beispiel die Ertragserzielung eines Automobilunternehmens durch Wertpapiergeschäfte. Periodenfremde Erträge liegen vor, wenn diese zwar aus dem Betriebsprozeß resultieren, aber nicht in der laufenden Periode verursacht wurden. Zu denken ist in diesem Zusammenhang beispielsweise an eine Gewerbesteuerrückerstattung. Im Gegensatz zur Gütererstellung, die zu neutralen Erträgen i. e. S. führt, wird die leistungswirksame Gütererstellung in Analogie zum kostenwirksamen Güterverzehr durch die Begriffe sachzielbezogen, ordentlich und periodenbezogen charakterisiert. Eine sachzielbezogene Gütererstellung liegt vor, wenn es sich bei den erstellten Gütern um Produkte handelt, die dem unternehmerischen Sachziel entsprechen, oder wenn die erstellten Güter für die Erstellung der Produkte des Sachziels notwendig sind. Die Gütererstellung ist ordentlich, wenn diese im Rahmen des üblichen Betriebsablaufes erwartet werden kann, und sie ist periodenbezogen, wenn sie in der betrachteten Periode zur Erstellung von Leistungen führt. 33 Bildet man wiederum die Begriffspaare sachzielbezogen - sachzielfremd, ordentlich - außerordentlich und pe3 2 3 3

V g l . K L O O C K , J „ S I E B E N , G . u n d S C H I L D B A C H , T.: Koslcn- und Leistungsrechnung, (1991), S. 36. V g l . K L O O C K , J „ S I E B E N , G. u n d S C H I L D B A C H , T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 36 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

551

riodenbezogen - periodenfremd, so kann an Hand der Abb. 8 die Abgrenzung der leistungswirksamen und der leistungsunwirksamen Gütererstellung geometrisch interpretiert werden. In Abb. 8 steht der durch die Eckpunkte A, B, C, D, E, F, G und H (C ist verdeckt) charakterisierte und mit unterbrochenen Linien begrenzte Würfel für die gesamte Gütererstellung der Periode, während der durch die drei schraffierten Flächen charakterisierte und mit durchgezogenen Linien begrenzte Würfel die Gütererstellung repräsentiert, die zu Leistungen führt. Die Volumendifferenz aus beiden Würfeln entspricht der leistungsunwirksamen Gütererstellung, die sich im neutralen Ertrag i. e. S. wiederfindet. *,

Periodenfremd

j A

Ordernlieh

fremd

Außer- B ordentlich

Abb. 8: Abgrenzung der leistungswirksamen Gütererstellung (Aus KLOOCK, 3., SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 40)

Feld 2 der Abb. 7 steht für den Ertrag, der zugleich auch Leistung ist. Es handelt sich somit um leistungsgleichen Ertrag bzw. um ertragsgleiche Leistung. Die Leistung trägt die Bezeichnung Grundleistung, der zugehörige Ertrag heißt Zweckertrag. Die Felder lb, 3a und 3b der Abb. 7 repräsentieren die Tatsache, daß analog zu den kalkulatorischen Kosten der Abb. 4 die kalkulatorische Leistung im Rahmen des betrieblichen Rechnungswesens zu berücksichtigen ist. Die kalkulatorische Leistung wird eigens zum Zwecke der Leistungsrechnung ermittelt. Zu unterscheiden sind Zusatzleistungen und Andersleistungen. Zusatzleistungen sind durch die Tatsache charakterisiert, daß ihnen überhaupt kein Ertrag gegenübersteht, während Andersleistungen Leistungen darstellen, denen Ertrag in anderer Höhe gegenübersteht, der bewertungsbedingte neutrale Ertrag. 34 Eine Zusatzleistung liegt beispielsweise dann vor, wenn Güter in der laufenden Periode hergestellt und verschenkt werden. In diesem Fall entstehen sachzielbezogene Güter, denen aber keine Einnahmen und damit auch keine Erträge gegenüberstehen. In Abb. 7 wird diese Situation durch das Feld 3b charakterisiert. Eine Andersleistung kann beispielsweise aus unterschiedlichen Wertansätzen für bereits fertiggestellte, aber noch nicht abgesetzte Güter resultieren. So gelten für diese Lagerbestände hinsichtlich ihrer Bewertung in der Handels- und Steuerbilanz ganz bestimmte, gesetzlich festgelegte Vorschriften, die in jedem Fall eingehalten werden müssen. 35 Da in der Leistungsrechnung jedoch diese Bewertungsvorschriften für die Lagerbestände nicht gelten, kann die Bewertung dieser Güter mit zukünftigen Einnahmen zu Andersleistungen führen, also zu Zahlenwerten, die mit den entsprechenden Werten der

3 4 35

Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 39 ff. Zu den Wertansätzen in der Finanzbuchhaltung vgl. S. 841.

552

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Finanzbuchhaltung nicht übereinstimmen. Diese Situation wird in Abb. 7 durch das Feld 3a repräsentiert, dem in der gleichen Abbildung das Feld lb entspricht. Nunmehr kehren wir zur Abb. 6 (Zeile 5) zurück, um das Zahlenbeispiel zum Abschluß zu bringen. So sollen in der betrachteten Periode betriebsfremde Erträge in Form von Mieteinnahmen in Höhe von 12.000 DM anfallen (Zeile 6a der Abb. 6). Weiterhin sind in dieser Periode aus Wertpapiergeschäften resultierende außerordentliche Erträge in Höhe von 18.000 DM (Zeile 6b der Abb. 6) und periodenfremde Erträge in Form einer Steuerrückerstattung in Höhe von 10.000 DM (Zeile 6c der Abb. 6) zu berücksichtigen. Damit addieren sich die neutralen Erträge zu insgesamt 40.000 DM (Zeile 6 der Abb. 6). Als Zusatzleistung fällt ein Sortiment von Bekleidungsartikeln im Wert von 10.000 DM an, das an das Rote Kreuz verschenkt wird (Zeile 7 der Abb. 6). Ins Lager gebrachte Fertigerzeugnisse, die erst in späteren Perioden verkauft werden sollen, werden nach den gesetzlichen Vorschriften in der Finanzbuchhaltung mit 30.000 DM angesetzt (Zeile 4b der Abb. 6). Die entsprechende Bewertung dieser Position in der Leistungsrechnung führt zu einem Betrag von 50.000 DM. Folglich ist diese Andersleistung dadurch zu berücksichtigen, daß der Betrag von 30.000 DM in den Betrag von 50.000 DM umgewertet wird (Zeile 8 der Abb. 6). Insgesamt bestimmen sich die Leistungen der Periode zu 830.000 DM (Zeile 5 der Abb. 6) - 40.000 DM (Zeile 6 der Abb. 6) + 10.000 DM (Zeile 7 der Abb. 6) + (50.000 DM - 30.000 DM) (Zeile 8 der Abb. 6) gleich 820.000 DM (Zeile 9 der Abb. 6).

1.2.4 Zahlungssaldo, Finanzsaldo, Gesamterfolg, Betriebsergebnis Nachdem in den vorangehenden Ausführungen die negativen und positiven Strömungsgrößen jeweils getrennt diskutiert und die Beziehungen zwischen diesen Größen verdeutlicht wurden, sollen nunmehr die jeweils korrespondierenden Größen gegenübergestellt und zusammengefaßt werden. 36 Zu diesem Zweck bedienen wir uns der Abb. 9, wobei auf Abb. 3 und Abb. 6 zurückgegriffen werden soll. Für die betrachteten Begriffspaare Auszahlungen - Einzahlungen, Ausgaben - Einnahmen, Aufwand - Ertrag und Kosten - Leistung können vier Salden gebildet werden, deren Erfassung im Rahmen periodenbezogener Bewegungsrechnungen erfolgt und die wie folgt definiert sind:

=

=

=

=

400.000 797.000 380.000 417.000 830.000 435.000 395.000 820.000 548.000 272.000

Abb. 9: Zahlungssaldo, Finanzsaldo, Gesamterfolg, Betriebsergebnis (Aus HUMMEL, S. und MÄNNEL. W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 91) 36

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 88 ff.

II

Einzahlungen Auszahlungen ZAHLUNGSSALDO ALS EINZAHLUNGS- BZW. AUSZAHLUNGSUBERSCHUSS Einnahmen Ausgaben FINANZSALDO ALS EINNAHMEN- BZW. AUSGABENÜBERSCHUSS Erträge Aufwendungen GESAMTERFOLG ALS PAGATORISCHER GEWINN ODER VERLUST Leistungen Kosten BETRIEBSERGEBNIS ALS KALKULATORISCHER ERFOLG

u» *o

Zahlcnbeispiel

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung

553

Die Differenz zwischen Einzahlungen und Auszahlungen bezeichnet man als Zahlungssaldo bzw. in Abhängigkeit vom Vorzeichen dieser Differenz als Einzahlungsoder Auszahlungsüberschuß. Einzahlungen und Auszahlungen stellen Veränderungen des Geldbestandes (Zahlungsmittelbestandes, Bestandes liquider Mittel) dar. Im betrachteten Zahlenbeispiel beträgt der Zahlungssaldo 900.000 DM minus 500.000 DM gleich 400.000 DM. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben wird als Finanzsaldo bzw. in Abhängigkeit vom Vorzeichen dieser Differenz als Einnahmen- oder Ausgabenüberschuß bezeichnet. Einnahmen und Ausgaben stellen Veränderungen des Geldvermögens dar. Das Geldvermögen ergibt sich aus dem Geldbestand, indem man die sonstigen Forderungen addiert und die Verbindlichkeiten subtrahiert. Das betrachtete Zahlenbeispiel geht von einem Finanzsaldo in Höhe von 797.000 DM minus 380.000 DM gleich 417.000 DM aus. Die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand bezeichnet man als Gesamterfolg bzw. in Abhängigkeit vom Vorzeichen dieser Differenz als pagatorischen Gewinn oder pagatorischen Verlust. Mit dem Begriff pagatorisch belegt man eine Größe bzw. eine Rechnung, wenn sie an Zahlungsvorgänge anknüpft, also Geldströme zum Inhalt hat. Gesamterfolg bedeutet, daß in dieser Größe alle Erfolgskomponenten berücksichtigt und zusammengeführt werden. Im vorliegenden Zahlenbeispiel beträgt der Gesamterfolg 830.000 DM minus 435.000 DM gleich 395.000 DM. Die Differenz zwischen Leistung und Kosten wird als (kalkulatorisches) Betriebsergebnis oder als kalkulatorischer Erfolg bezeichnet. 37 Mit dem Begriff kalkulatorisch belegt man eine Größe bzw. eine Rechnung, wenn sie nicht an Zahlungsvorgänge anknüpft, sondern Realgüterbewegungen, also beispielsweise den Rohstoffzugang, zum Inhalt hat. 38 Der kalkulatorische Erfolg bildet das Ergebnis des dem eigentlichen Betriebszweck dienenden Leistungserstellungsprozesses. Für den Aufbau der (kalkulatorischen) Betriebsergebnisrechnung stehen das Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren zur Verfügung. 39 Bei beiden Verfahren steht einer Kostengröße eine jeweils speziell zu interpretierende Erlösgröße gegenüber. Im betrachteten Zahlenbeispiel beträgt der kalkulatorische Erfolg 820.000 DM minus 548.000 DM gleich 272.000 DM. 1.2.5 K o r r e s p o n d i e r e n d e B e w e g u n g s - und

Bestandsrechnungen

Wie bereits weiter oben vermerkt wurde, findet jede zeitraumbezogene Bewegungsrechnung ihre Entsprechung in einer zeitpunktbezogenen Bestandsrechnung (vgl. Abb. 10). Während die Ermittlung des Zahlungssaldos im Rahmen der Liquiditätsrechnung erfolgt, korrespondiert diese zeitraumbezogene Rechnung mit der zeitpunktbezogenen Geldbestandsrechnung. Bei letzterer geht es vor allem um die Fixierung von Kassenbeständen, Bundesbankguthaben sowie um die täglich fälligen Guthaben bei Kreditinstituten. Das Rechnen mit Einzahlungen und Auszahlungen ist von besonderer Bedeutung für die Beurteilung von Investitionsvorhaben, für das Erstellen und Über37

38

39

Im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung wird ein pagatorisches Betriebsergebnis ermittelt, vgl. dazu S. 845 ff. Zu den Begriffen pagatorisch und kalkulatorisch vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986). S. 8 f. Das Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren werden unter dem Oberbegriff der „kurzfristigen Erfolgsrechnung" detailliert behandelt, vgl. dazu S. 689 ff.

554

Teil III: Rechnungslegung für den Operalivbercich

wachen von Finanzplänen sowie für die Rechnungslegung bestimmter öffentlicher Unternehmen. 4 0 Dem im Rahmen der zeitraumbezogenen Finanzierungsrechnung ermittelten Finanzsaldo entspricht die zeitpunktbezogene Geldvermögensrechnung, in der es um die Fixierung der Geld-, Forderungs- und Kreditbestände geht. KALKULATORISCHE RECHNUNGEN

PAGATORISCHE RECHNUNGEN EinzahlungsAuszahlungsRechnungen

EinnahmenAusgabenRcchnungen

Aufwands-, Ertrags- und Erfolgsrcchnung

Kosten-, Erlös- und Ergebnisrechnung

LIQUIDITÄTSRECHNUNG 1 V

FINANZIERUNGSRECHNUNG 1 1

GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG

BETRIEBSERGEBNISRECHNUNG

Vermögens- und Kapitalrcchnung

kalkulatorische Vermögens- und Kapitalrcchnung INTERNE BILANZ

Gcldbcstandsrechnung

Geld-, Forderungsund Kreditbestandsrechnung

4

HANDELS- UND STEUERBILANZ

T

Abb. 10: Miteinander korrespondierende Bewegungs- und Bestandsrechnungen (Aus HUMMEL, S. und MÄNNEL. W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 89)

Die Ermittlung des Gesamterfolgs im Rahmen der zeitraumbezogenen Gewinn- und Verlustrechnung korrespondiert - zumindest in erster Näherung - mit der zeitpunktbezogenen Vermögens- und Kapitalrechnung in Form der Bilanz. 41 Die Einschränkung resultiert aus der Tatsache, daß in den Bilanzen, die mehrere aufeinanderfolgende Geschäftsjahre betreffen, nicht nur Erträge und Aufwendungen, sondern auch Zahlungs- und Kreditvorgänge ihren Niederschlag finden. Folgerichtig tangieren Gewinn- und Verlustrechnung und Liquiditäts- und Finanzierungsrechnung die Bilanz in Form der Handels- und Steuerbilanz. Die zeitraumbezogene Betriebsergebnisrechnung findet ihre Entsprechung in der zeitpunktbezogenen kalkulatorischen Vermögens- und Kapitalrechnung. Sie hat die Gegenüberstellung derjenigen Vermögens- und Kapitalteile zum Inhalt, die betriebsnotwendig sind, also unmittelbar der Leistungserstellung und -Verwertung dienen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von interner Bilanz. Die das Betriebsergebnis nicht berührenden betriebsfremden, außerordentlichen und periodenfremden Erfolgskomponenten werden getrennt ermittelt, und zwar innerhalb der sogenannten neutralen Ergebnisrechnung. Während die pagatorischen Rechnungen in Form der Liquiditäts-, Finanzierungs- sowie Gewinn- und Verlustrechnung schwerpunktmäßig dem externen Rechnungswesen zuzuordnen sind, stellen die kalkulatorischen Rechnungen das Hauptelement der vorwiegend intern orientierten Rechnungslegung dar.

40 41

Zu den Methoden der Investitionsrechnung sowie zur Finanzplanung vgl. S. 1015 ff. bzw. S. 924 ff. Vgl. dazu S. 797 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung

555

1.3 Merkmale der Kosten- und Leistungsrechnung 1.3.1

Vorbemerkung

Die Bedeutung der Kosten- und Leistungsrechnung macht es erforderlich, ihre Stellung innerhalb des internen Rechnungswesens in geeigneter Weise herauszuarbeiten. Zu diesem Zweck bedient man sich besonderer Merkmale, die zum einen typische Wesenszüge dieser Rechnung charakterisieren und sie zum anderen von den weiteren Teilen des betrieblichen Rechnungswesens abgrenzen. In diesem Zusammenhang unterscheidet man zwingende und fakultative Merkmale. Zwingende Merkmale zeichnen sich dadurch aus, daß sie wesensmäßig der Kosten- und Leistungsrechnung zugehörig sind. Ihre Existenz ist folglich bei jeder Variante dieser Rechnung nachweisbar. Fakultative Merkmale treten zusätzlich hinzu und legen die konkrete Ausprägung der jeweiligen Variante der Kosten- und Leistungsrechnung fest. Da die Kosten- und die Leistungsrechnung in die kurzfristige Erfolgsrechnung einmünden, wird mit der folgenden Systematisierung zugleich auch eine Aussage über die Stellung der kurzfristigen Erfolgsrechnung im Rahmen des internen Rechnungswesens festgelegt. 1.3.2 Z w i n g e n d e

Merkmale

Die zwingenden Merkmale der Kosten- und Leistungsrechnung können in sechs Aussagen zusammengefaßt werden, deren Kern zumindest teilweise bereits in den bisherigen Ausführungen angedeutet wurde: 42 1. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist ein Teilgebiet des internen Rechnungswesens. Diese Aussage begründet sich aus der Tatsache, daß die Kosten- und Leistungsrechnung die im Rahmen des innerbetrieblichen Kombinationsprozesses eingesetzten produktiven Faktoren unter zwei Aspekten betrachtet: Sie erfaßt zum einen mengen- und wertmäßig den Verzehr oder die Inanspruchnahme dieser Produktionsfaktoren und zum anderen die daraus resultierende mengen- und wertmäßige Leistungserstellung und -Verwertung in Form verkaufsfähiger Produkte. Neben der Erfolgsermittlung dienen die Zahlenwerte der Kosten- und Leistungsrechnung den Führungskräften des Unternehmens auch zur Kontrolle der Wirtschaftlichkeit sowie zur Vorbereitung vielfältiger Entscheidungen im Produktions- und Absatzbereich. All diese Informationen sind in der Regel nicht für unternehmensfremde Personen bestimmt. 2. Bei der Kosten- und Leistungsrechnung handelt es sich um eine kalkulatorische Rechnung. Das bedeutet, daß im Mittelpunkt des Abbildungsinteresses nicht die Zahlungsmittelbewegungen, sondern die Realgüterbewegungen stehen. Dieser Betrachtungsweise steht nicht die Tatsache entgegen, daß zum Zwecke des Vergleichs von heterogenen Produktionsfaktoren (beispielsweise Arbeit und Rohstoff) neben der Verzehrsmenge auch deren Geldwert festgehalten wird. Gleiches gilt für die Betrachtung der Leistungen, die zunächst mengenmäßig erfaßt und anschließend wertmäßig abgebildet werden. 3. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist eine überwiegend kurzfristige Rechnung ohne Berücksichtigung des Zeitfaktors in Form der Diskontierung (Abzinsung auf einen Bezugszeitpunkt). Im Mittelpunkt der Kosten- und Leistungs42

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 7 ff.

556

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

rechnung stehen Entscheidungen, die den Einsatz bzw. die Verwendung von Produktionsfaktoren betreffen, über die das Unternehmen bereits verfügt. Es geht also nicht um die Schaffung von Kapazitäten bzw. Betriebsmittelausstattungen, sondern um Festlegungen hinsichtlich ihrer Inanspruchnahme. Derartige Entscheidungen über die Kapazitätsauslastung (Beschäftigung) werden unter kurzfristigen Aspekten betrachtet. Damit werden die Prozesse des Güterverzehrs und der Leistungserstellung losgelöst von ihrer zeitlichen Erstreckung erfaßt und bewertet. Hierbei wird von der Tatsache abstrahiert, daß möglicherweise Güterverzehr und Leistungserstellung zu verschiedenen Zeitpunkten stattfinden. Damit entfällt in der Kosten- und Leistungsrechnung auch die Notwendigkeit der Diskontierung von Rechengrößen auf denselben Zeitpunkt zum Zwecke der Vergleichbarkeit. Die Kosten- und Leistungsrechnung steht diesbezüglich im Gegensatz zu den langfristigen Kapazitätsentscheidungen im Rahmen der (dynamischen) Investitionsrechnung, in welcher die Diskontierung von Zahlungsgrößen ein wesentliches Element darstellt.43 4. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist eine Erfolgsrechnung. Stellt man die den Produktionsfaktorverbrauch wertmäßig erfassende Kostenrechnung der die erzeugten Produkte wertmäßig erfassenden Leistungsrechnung gegenüber, so geschieht dies im Rahmen der kurzfristigen Erfolgsrechnung. Das Ergebnis bildet den kalkulatorischen Erfolg, der auch als (kalkulatorisches) Betriebsergebnis bzw. als kalkulatorisches Ergebnis bezeichnet wird. Dabei kann die Bezugsgröße dieses kalkulatorischen Erfolgs sehr unterschiedlich sein. So kann sich der Erfolg auf einzelne Produkte, Produktgruppen, Kundengruppen, Geschäftsbereiche oder aber auf die gesamte Tätigkeit einer Unternehmung während einer Periode beziehen. Der im Rahmen der kurzfristigen Erfolgsrechnung zu bestimmende kalkulatorische Erfolg ist streng zu trennen vom pagatorischen Jahreserfolg, der in der Gewinnund Verlustrechnung ermittelt wird. Wenngleich beide Rechenwerke noch Gegenstand detaillierter Ausführungen sind, 44 so soll bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß sich beide Erfolgsgrößen nicht decken, auch wenn sie sich auf dasselbe Jahr beziehen. Diese Tatsache leitet sich aus den unterschiedlichen Rechenzwecken ab, die beide Rechnungen verfolgen. Während die kalkulatorische Erfolgsrechnung ein Hilfsmittel zur Steuerung der Betriebsprozesse in der Hand der Unternehmensleitung darstellt, soll die extern orientierte Jahreserfolgsrechnung beispielsweise Einsichten über das allgemeine Betriebsgeschehen vermitteln und den Kapitalgebern als Entscheidungsgrundlage für die Beantwortung der Frage dienen, ob eine Kapitalanlage in dem betrachteten Unternehmen als sinnvoll zu erachten ist. 5. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist schwerpunktmäßig eine laufend erstellte Rechnung. Unter dem Aspekt der Wiederholbarkeit kann zwischen laufenden und fallweisen Rechnungen unterschieden werden. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist in beiderlei Ausprägungen anzutreffen, wobei jedoch eindeutig die erstere dominiert. Im Zentrum steht die chronologische und laufende Erfassung aller Prozesse des Faktorverzehrs und der Leistungserstellung, wie sie logisch und technologisch determiniert sind. Diese Erfassung schlägt sich in regelmäßigen Berichten, Auswertungen und Analysen nieder. Daneben treten fallweise kostenrechnerische Aufgaben auf, z. B. wenn ein Spezialauftrag zu kalkulieren ist. 4 3 44

Zu den Methoden der dynamischen Investitionsrechnung vgl. S. 1015 ff. Vgl. S. 687 ff. und S. 845 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung

557

6. Die Kosten- und Leistungsrechnung ist eine vorwiegend freiwillig durchgeführte Rechnung. Sieht man einmal von den gesetzlichen Vorschriften für die Preiskalkulation bei öffentlichen Aufträgen sowie für die Bewertung von Beständen an Halb- und Fertigerzeugnissen in der Handels- und Steuerbilanz ab, so herrscht absolute Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Institutionalisierung und der Durchführung der Kosten- und Leistungsrechnung. Für ihre konkrete Ausgestaltung kann auf die nachfolgend diskutierten fakultativen Merkmale zurückgegriffen werden. 1.3.3 F a k u l t a t i v e

Merkmale

Die fakultativen Merkmale der Kosten- und Leistungsrechnung lassen sich in fünf Aussagen zusammenfassen: 45 1. Die Kosten- und Leistungsrechnung kann in Form einer Vor- und/oder Nachrechnung aufgebaut sein. Betrachtet man das vergangene betriebliche Geschehen, so geschieht dies in Form einer Nachrechnung, die auch als Ist-Rechnung bezeichnet wird. Hat man dagegen erwartete oder erwünschte Vorgänge im Auge, so vollzieht sich deren Behandlung in Form einer Vorrechnung, die auch die Bezeichnung Plan-, Soll- oder Prognoserechnung tragen kann. In konkreter Ausprägung dieser Begriffe bezeichnet man als Ist-Kosten- und Leistungsrechnung die mengen- und wertmäßige Erfassung des bereits abgeschlossenen Faktorverzehrs und der bereits erfolgten Leistungserstellung im nachhinein. Beziehen sich dagegen Faktorverzehr und Leistungserstellung auf die Zukunft, dann vollzieht sich die Vorrechnung als Plan-Kosten- und Leistungsrechnung. Ist-Kosten- und Leistungsrechnung und Plan-Kosten- und Leistungsrechnung stehen insoweit in einem Ergänzungsverhältnis, als aus der Gegenüberstellung geplanter Sollwerte und tatsächlich eingetretener Istwerte, also aus sogenannten Soll-Ist-Vergleichen, Alternativen für zukünftiges Handeln ableitbar sind. Das bedeutet für die Praxis, daß eine Plan-Kosten- und Leistungsrechnung neben eine Ist-Kosten- und Leistungsrechnung tritt. Die Alternative ist die Existenz einer alleinigen Ist-Kostenund Leistungsrechnung mit dem zwangsläufigen Verzicht auf alle zukunftsbezogenen Kosten- und Leistungsüberlegungen. 2. Die Kosten- und Leistungsrechnung kann in Form einer Stück- und/oder Periodenrechnung durchgeführt werden. Bezieht man die Rechnung auf das Stück bzw. auf den Auftrag, so möchte man Erkenntnisse darüber gewinnen, welche Kosten je Einheit entstehen, welcher Verkaufspreis zu fordern ist, ob sich bei gegebenem Verkaufspreis die Produktion überhaupt lohnt oder wieviel pro Stück bzw. pro Auftrag zu verdienen ist. Diese Erkenntnisse sind wichtig, wichtiger ist jedoch die Beantwortung der Frage, welche Kosten insgesamt in einer Periode für ein Produkt, eine Produktgruppe oder für einen Geschäftsbereich angefallen sind und welche kalkulatorischen Erfolge für die einzelnen Bezugsgrößen in der betrachteten Periode erzielt werden konnten. Jede Stückrechnung ist also durch eine Periodenrechnung zu ergänzen. Umgekehrt müssen etwa die Kosten der Betriebsleitung zunächst periodisiert werden, um diese dann anschließend auf das Stück oder den Auftrag umlegen zu können. Daraus folgt, daß die Entscheidung nicht lautet: Stückrechnung oder Periodenrechnung, sondern Stückrechnung und Periodenrechnung.

45

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 12 ff.

558

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

3. Die Kostenrechnung im Rahmen einer Kosten- und Leistungsrechnung kann in Form einer Voll- und/oder Teilkostenrechnung durchgeführt werden. Grundsätzlich ist festzuhalten, daß sowohl in der Kosten- und Leistungsrechnung auf Vollkostenbasis (Nettoergebnisrechnung) als auch in der Kosten- und Leistungsrechnung auf Teilkostenbasis (Bruttoergebnisrechnung) sämtliche Kosten berücksichtigt werden. Beide Systeme der Kosten- und Leistungsrechnung unterscheiden sich dagegen erheblich in dem Umfang, in welchem die erfaßten Kosten auf die einzelnen Produkte verrechnet werden. Am Beispiel eines Fotokopiergerätes läßt sich dieser Unterschied sehr plausibel demonstrieren: Der Betreiber eines gemieteten Kopiergerätes verkauft im Monat 2.000 Kopien zum Stückpreis von 0,45 DM. An den Vermieter sind eine monatliche stückzahlunabhängige Miete in Höhe von 400 DM sowie für jede angefertigte Kopie 0,10 DM zu zahlen. Gefragt ist nach der Gewinnhöhe pro Kopie und pro Monat. Der Vollkostenrechner subtrahiert vom vollen Verkaufspreis in Höhe von 0,45 DM die vollen Stückkosten. Diese setzen sich aus den stückzahlabhängigen Kosten in Höhe von 0,10 DM und den stückzahlunabhängigen Kosten in Höhe von 0,20 DM (400 DM dividiert durch 2.000 Stück) zusammen. Das führt zu einem Nettogewinn (Stücknettogewinn) in Höhe von 0,15 DM und damit zu einem monatlichen Nettogewinn von 300 DM. 46 Der Teilkostenrechner zieht dagegen vom Verkaufspreis nur einen Teil aller Kosten ab, wobei dieser Teil jedoch genau definiert ist. Dieser Teil beinhaltet gerade die Kosten, die dann anfallen, wenn genau eine zusätzliche Kopie angefertigt wird, also 0,10 DM. Das liefert einen Bruttogewinn (Stückbruttogewinn) in Höhe von 0,35 DM und einen monatlichen Bruttogewinn von 700 DM. Zieht man von diesem die monatliche Miete ab, so führt das zum monatlichen Nettogewinn von 300 DM. An dieser Stelle muß jedoch vor einem Trugschluß gewarnt werden: Die Übereinstimmung beider Rechnungen im Hinblick auf den monatlichen Nettogewinn ist nicht zwingend. In der betrieblichen Praxis weichen nicht nur die Stückgewinne (Stückverluste) wie im vorstehenden Beispiel, sondern auch die Periodengewinne (Periodenverluste) beider Rechnungssysteme voneinander ab. Diese Differenzen resultieren vor allem aus einer unterschiedlichen Bewertung von Lagerbestandsveränderungen von Halb- und Fertigfabrikaten. Die Kriterien für die Entscheidung über ein geeignetes System der Kosten- und Leistungsrechnung werden später diskutiert. 47 4. Die Kosten- und Leistungsrechnung kann als Dokumentations- und/oder Entscheidungsrechnung durchgeführt werden. Gegenstand der Dokumentationsrechnung ist die realitätsgetreue Darstellung des stück- und/oder periodenbezogenen Faktorverzehrs und der entsprechenden Leistungserstellung. Sie ist nachträglich feststellender Natur und hat sich an den Kriterien der Vollständigkeit, Objektivität, Korrektheit und Nachprüfbarkeit zu orientieren. Im Ergebnis liefert diese Rechnung Informationen über einen Sachverhalt. Die historisch später entwickelte Entscheidungsrechnung stellt dagegen Informationen für einen bestimmten Verwendungszweck zur Verfügung. Sie dient der Vorbereitung und Unterstützung dispositiver Entscheidungen der Unternehmensleitung, wie sie beispielsweise in den Fragestellungen Eigenfertigung oder Fremdbezug von Bauteilen bzw. Kauf oder Miete von Anlagen ihren Ausdruck finden. Die Frage Dokumentations46 47

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 14 f. Vgl. S. 569 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

559

oder Entscheidungsrechnung ist folglich im Hinblick auf die zu verfolgenden Ziele zu beantworten. Da in der Regel in jedem Unternehmen Dokumentationsaufgaben wahrzunehmen und Entscheidungen zu treffen sind, dominiert in der betrieblichen Praxis die parallele Existenz beider Varianten. 5. Die Kosten- und Leistungsrechnung kann in buchhalterischer oder statistischtabellarischer Form durchgeführt werden. Die Geschäfts- oder Finanzbuchhaltung als der historisch älteste Teil des betrieblichen Rechnungswesens war geprägt durch das erprobte Verfahren der doppelten Buchhaltung. Für den später erfolgten Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung lag daher die Übernahme dieses Verfahrens nahe, was seinen Niederschlag in der Bezeichnung Betriebsbuchhaltung fand. Die Starrheit und Schwerfälligkeit dieser Methode sowie die hieraus resultierende Notwendigkeit, für die vielfaltigen Aufgaben in zunehmendem Umfang Nebenrechnungen durchführen zu müssen, forcierten die Überlegungen hinsichtlich einer Methodenverbesserung. Als Ergebnis dieser Entwicklung wird heute mehrheitlich die Kosten- und Leistungsrechnung in statistisch-tabellarischer Form durchgeführt. In dieser Organisationsform ist besonders darauf zu achten, daß ausreichende Schnittstellen existieren, die eine erforderliche Abstimmung zwischen der Kosten- und Leistungsrechnung einerseits und der Geschäftsoder Finanzbuchhaltung andererseits ermöglichen. In zunehmendem Maße wird die elektronische Datenverarbeitung bei der Durchführung der Kosten- und Leistungsrechnung eingesetzt. Die EDV-gestützte Kosten* und Leistungsrechnung hat zum einen ihre Ausprägung in modernen Online-Systemen gefunden, die unter Einsatz von Bildschirmgeräten im Dialogbetrieb die gewünschten Zahlenwerte liefern. Zum anderen treten immer stärker Überlegungen in den Vordergrund, die die Konzipierung der Kosten- und Leistungsrechnung bis hin zum gesamten betrieblichen Rechnungswesen als computergestützte Datenbank zum Inhalt haben.

2. Begriffe, Aufgaben, Zwecke und Konzeptionen der Kosten- und Leistungsrechnung 2.1 Begriffe der Kosten- und Leistungsrechnung 2 . 1 . 1 Problematik und Varianten des Kosten- und des Leistungsbegriffs 2.1.1.1 P r o b l e m a t i k und V a r i a n t e n des K o s t e n b e g r i f f s In der kostenrechnerischen Diskussion sind im wesentlichen zwei Ausprägungen des Kostenbegriffs festzustellen, deren spezielle Fixierung sich jeweils am Rechnungszweck bzw. an der theoretischen Ausgangsposition orientiert: Der pagatorische Kostenbegriff und der wertmäßige Kostenbegriff. 48 Der pagatorische Kostenbegriff basiert auf Zahlungsvorgängen, konkret auf Auszahlungen, die ausschließlich durch Güterverbräuche verursacht werden. Pagatorische Kosten stellen somit das Entgelt dar, welches für die Anschaffung der zum Verbrauch bestimmten Produktionsfaktoren entrichtet werden muß. Sie sind leistungsbezogen und schließen beispielsweise Tilgungsauszahlungen, die durch entsprechende Einzahlungen aus der Kreditinanspruchnahme kompensiert werden, aus. 48

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL.W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 73 ff.

560

Teil III: Rechnungslegung für den Operalivbercich

Der pagatorische Kostenbegriff ist hinsichtlich seiner Geldkomponente eindeutig bestimmt. Nach dieser Kosteninterpretation stellen die bereits diskutierten Zusatzkosten in Form der kalkulatorischen Unternehmerlöhne und der kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen keine Kosten dar, da sie nicht aus Auszahlungen ableitbar sind. Pagatorische Kosten stellen also leistungsbezogenen Aufwand dar. 49 Eine andere Betrachtungsweise liegt dem wertmäßigen Kostenbegriff zugrunde, für den folgende drei Merkmale charakteristisch sind: 1. Vorliegen eines Güterverbrauchs. Während der Begriff des Gutes hier alle knappen und nutzenstiftenden Sachgüter, Dienstleistungen, Rechte sowie Geld- und Darlehenswerte (im Sinne von Finanzkapital) umschließt, bezeichnet der Begriff des Verbrauchs neben dem eigentlichen physischen Verzehr die Nutzung und Inanspruchnahme der Güter. 2. Sachziel- oder Leistungsbezogenheit des Güter Verbrauchs. Der Güterverbrauch muß ausschließlich dem Sachziel dienen, also orientiert sein auf die Leistungserstellung und -Verwertung sowie auf die Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft. 3. Bewertung des Güterverbrauchs. Der Güterverbrauch muß einer in Geldeinheiten ausgedrückten Bewertung unterzogen werden, um die heterogenen Güterverbräuche in der gleichen Dimension messen und vergleichen zu können. Die Gleichsetzung der Kosten mit dem bewerteten sachzielbezogenen Güterverzehr hat zur Konsequenz, daß der wertmäßige Kostenbegriff im Gegensatz zum pagatorischen Kostenbegriff hinsichtlich seiner Geldkomponente nicht mehr eindeutig bestimmt ist. Vielmehr können in Abhängigkeit vom Rechnungszweck verschiedene Wertansätze für die Bewertung herangezogen werden. Nach dem Verständnis des wertmäßigen Kostenbegriffs haben anders als beim pagatorischen Kostenbegriff Zusatzkosten in Form der kalkulatorischen Unternehmerlöhne und der kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen durchaus Kostencharakter. Der hinsichtlich seiner Geldkomponente mehrdeutige wertmäßige Kostenbegriff wirft zwangsläufig die Frage nach dem Kriterium für die Wertfestsetzung auf. Dabei ist prinzipiell so vorzugehen, daß der leistungsbezogene Güterverbrauch pro Periode mit dem Nutzen bewertet wird, der bei einem anderen Einsatz der betrachteten Produktionsfaktoren erzielt werden könnte. Für die aus dem Nicht-Nutzen-Können anderer Alternativen resultierenden Erfolgseinbußen wurde bereits der Begriff der Opportunitätskosten eingeführt. Die Bestimmung dieser Kostenwerte kann jedoch zu erheblichen Schwierigkeiten führen, die zum näherungsweisen Ansatz von Opportunitätskosten zwingen. 50 Stellt man abschließend die beiden Kostenkategorien 51 pagatorische Kosten - wertmäßige Kosten einerseits sowie Grundkosten - kalkulatorische Kosten andererseits gegenüber, so gelten die folgenden wechselseitigen Beziehungen (vgl. Abb. 11): Grundkosten sind gleichzeitig pagatorische und wertmäßige Kosten, während Zusatzkosten nur den wertmäßigen Kosten zuzurechnen sind. Anderskosten sind ebenfalls wertmäßige Kosten, die diesen entsprechenden bewertungsbedingten neutralen Aufwendungen zählen tendenziell zu den pagatorischen Kosten. Kriterium für die endgültige Fixierung des Kostenbegriffs und die Verwendung dieses Kostenbegriffs ist letztlich der Rechenzweck, der mit der Kostenrechnung verfolgt wird. 49 50

Vgl. HEINEN, E. und DIETEL, B.: Kostenrechnung, (1991), S. 1167. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 71 f. und S. 119.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

Grundkosten Bewertungsbedingter neutraler Aufwand

(Zwcckaufwand)

561

Wertmäßige Kosten Kalkulatorische Kosten Anderskosten | Zusatzkosten

Pagatorische Kosten

Abb. 11: Beziehungen zwischen verschiedenen Kostenkategorien 2.1.1.2

Problematik und V a r i a n t e n des L e i s t u n g s b e g r i f f s sowie dessen B e z i e h u n g z u m E r l ö s b e g r i f f

Im Rahmen der Kosten- und Leistungsrechnung werden den Kosten einer Periode die Leistungen derselben Periode gegenübergestellt Der Begriff der Leistung ist jedoch aufgrund seiner Vieldeutigkeit nicht unproblematisch. Denn während die Kosten unabhängig vom jeweiligen Kostenbegriff eine ökomomische Wertgröße darstellen, fehlt diese Eindeutigkeit beim Leistungsbegriff. So betrachtet man die Leistung einerseits als mengenmäßiges Ergebnis der Produktion, andererseits als den in Geld ausgedrückten Wert dieser Ausbringung. 52 Es wäre daher empfehlenswert, unabhängig von geübter Praxis eine begriffliche Eindeutigkeit dadurch herzustellen, daß man den Begriff der Leistung auf die mengenmäßige Ausbringung einer Periode beschränkt, während man das monetäre Äquivalent, also den in Geld ausgedrückten Wertzuwachs, als Erlös bezeichnet. Folgerichtig bietet sich dann in Analogie zum Kostenbegriff eine Differenzierung in pagatorische Erlöse und wertmäßige Erlöse an. Als pagatorische Erlöse (Umsatzerlöse, Verkaufserlöse, Umsatz) wollen wir sämtliche bare oder kreditorische Einnahmen des Betriebes bezeichnen, die aus der Verwertung von Gütern oder Leistungen resultieren. Zentraler Bestandteil dieser Erlöse ist das Entgelt für die vom Betrieb erstellten und an den Markt abgegebenen Leistungen, also der wertmäßige Umsatz der Periode. 53 In jedem Fall handelt es sich hierbei um einen hinsichtlich seiner Geldkomponente eindeutigen Erlösbegriff. Anders verhält es sich mit dem diesbezüglich offenen wertmäßigen Erlösbegriff, der hier mit dem Begriff der Leistung als in Geld ausgedrückter Wert der Ausbringung gleichgesetzt werden soll. Bezüglich des Wertansatzes bietet es sich beispielsweise für Wiedereinsatzleistungen, also für selbsterstellte Anlagen, die zur Nutzung im eigenen Betrieb bestimmt sind, an, diese mit kalkulatorischen Erlösen zu bewerten, etwa in Höhe zu erwartender Nettoerlöse im Falle des Verkaufs oder aber in Höhe aktivierter Herstellungskosten. 54 Gleiches gilt für Lagerbestandszugänge. In Analogie zu den Opportunitätskosten ist es auch denkbar, Opportunitätserlöse für die Bewertung in Ansatz zu bringen. Diese resultieren beispielsweise aus der Tatsache, daß man unerwünschte Güterarten nur deshalb weiterverarbeitet, um die Kosten ihrer Vernichtung einzusparen. Aber ähnlich wie bei den Opportunitätskosten stellt sich auch bei den Opportunitätserlösen die Problematik ihrer Ermittlung. Auch für die Leistungsseite des Betriebes gilt, daß die endgültige Fixierung des Erlösbegriffs vom speziell vorliegenden Rechenzweck bestimmt wird.

51 52 53 54

Zum Begriff der Kostenkategorie vgl. S. 562. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 83 ff. Vgl. MÄNNEL, W.: Zur Gestaltung der Erlösrcchnung, (1983), S. 121 ff. Herstellungskosten spielen im Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung eine Rolle. Sie sind in der Regel nicht mit den Hcrstellkosten der Kosten- und Lcistungsrcchnung identisch, vgl. dazu S. 825 f.

562

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbcrcich

2.1.2 Spezielle 2.1.2.1

Kostenkategorien

Vorbemerkung

Wenngleich für den Aufbau einer Erfolgsrechnung Kosten wie Leistungen (wertmäßige Erlöse) gleichermaßen wichtig sind, so zeigen doch Theorie und Praxis, daß der Schwerpunkt der Diskussion eindeutig auf die Kosten gelegt wurde und wird. Das gilt sowohl für die inhaltliche Abgrenzung des Kostenbegriffs als auch für die Definition von unterschiedlichen Kostenkategorien. Bei diesen Kostenkategorien handelt es sich um eine Menge von Kostenunterbegriffen, die jeweils nach ganz bestimmten Merkmalskombinationen präzisiert und operationalisiert werden. 55 Es empfiehlt sich, für die Aufspaltung des Gattungsbegriffs Kosten in verschiedene Kostenkategorien diejenigen Kriterien einzusetzen, die eine zielorientierte Weiterverrechnung der Kosten in der Kosten- und Leistungsrechnung ermöglichen. In den nachfolgenden Ausführungen steht die Definition dieser verschiedenen Kostenkategorien und ihre beispielhafte Erläuterung im Mittelpunkt. Dabei werden zur schärferen wechselseitigen Abgrenzung jeweils korrespondierende Kostenkategorien einander gegenübergestellt. 56 2.1.2.2 Kostenkategorien

im e i n z e l n e n

Für die weitere Betrachtung empfiehlt es sich, die Kosten nach insgesamt neun Kriterien zu differenzieren: 1. Wählt man als Differenzierungskriterium die Art der verbrauchten Produktionsfaktoren, so kann zwischen Personalkosten, Stoffkosten, Betriebsmittelkosten sowie Fremdleistungskosten einschließlich öffentlicher Abgaben unterschieden werden. Diese einzelnen Kostengrößen werden vor allem unter dem Aspekt ihrer Erfassung detailliert im Rahmen der Kostenartenrechnung diskutiert. 57 2. Nach den betrieblichen Funktionen können die Kosten unterteilt werden in Beschaffungskosten, Fertigungskosten, Vertriebskosten und Verwaltungskosten. Auf diese Differenzierung wird ausführlich im Rahmen der Kostenstellenrechnung eingegangen. 5 8 3. Wählt man als Differenzierungskriterium die Art der Verrechnung, so ist zwischen Einzel- und Gemeinkosten zu unterscheiden. Hierbei geht es in letzter Konsequenz um die Zurechnung bzw. Zurechenbarkeit von Kosten auf bestimmte Kalkulationsobjekte. Häufig stehen Preiskalkulationen im Mittelpunkt, und hier insbesondere Überlegungen zur Beantwortung der Frage, welche Bestandteile der Gesamtkosten sich exakt den Kalkulationsobjekten zurechnen lassen und welche anderen Gesamtkostenbestandteile nur über eine willkürliche Schlüsselung den Kalkulationsobjekten angelastet werden können. Bei den Kalkulationsobjekten kann es sich um einzelne Stücke, einzelne Aufträge oder Lose, aber auch z. B. um Kostenstellen handeln. Kostenstellen sind betriebliche Teilbereiche, die als Orte der Kostenentstehung aufgefaßt werden. Für die einzelnen Kostenstellen werden die jeweils verursachten Kosten erfaßt und ausgewiesen. 55 56

57 58

Vgl. SCHWEITZER, M.: Kostenkategorien, (1981), Sp. 1045. Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 63 ff., sowie HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 96 ff. Vgl. S. 583 ff. Vgl. S. 612 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leislungsrcchnung

563

Allgemein sind Einzelkosten die Kosten, die direkt auf die einzelnen Kalkulationsobjekte zurechenbar sind. Bei einer speziell auf die Kostenträgerrechnung ausgerichteten Betrachtungsweise bezeichnet man als Kostenträgereinzelkosten (oder auch kurz und ungenau Einzelkosten) diejenigen Kosten, die direkt den einzelnen Kostenträgern zugerechnet werden können. Sie müssen dem Verursachungsprinzip in hohem Maße entsprechen und werden aus der Kostenartenrechnung ohne eine Verrechnung über die Kostenstellen unmittelbar auf die Kostenträger kalkuliert. 59 Ein klassisches Beispiel für Kostenträgereinzelkosten sind die Materialeinzelkosten, etwa der bewertete Holzverbrauch in der Möbelindustrie. Von Sondereinzelkosten spricht man dann, wenn diese nicht pro Stück, sondern nur pro Auftrag erfaßbar sind. So zählen die Kosten für Lizenzgebühren, Modelle oder Spezialwerkzeuge zu den Sondereinzelkosten der Fertigung, die Kosten für Verpackungsmaterial sowie Frachtkosten zu den Sondereinzelkosten des Vertriebs. Im Gegensatz zu den Einzelkosten bezeichnet man als Gemeinkosten (bzw. Kostenträgergemeinkosten) diejenigen Kosten, die nicht direkt, sondern nur indirekt den einzelnen Kalkulationsobjekten (bzw. Kostenträgern) zurechenbar sind. Da diese Kosten nicht von einem Kalkulationsobjekt allein verursacht werden, sondern mehrere Kalkulationsobjekte betreffen, kann das Verursachungsprinzip nicht eingehalten werden. Aus diesem Grunde werden die Kostenträgergemeinkosten abrechnungstechnisch zunächst aus der Kostenartenrechnung in die Kostenstellenrechnung übernommen und dort im Hinblick auf eine (willkürliche) Verteilung auf die Kostenträger aufbereitet. Klassische Beispiele für Kostenträgergemeinkosten sind die Gehälter der Unternehmensleitung sowie die für Gebäude und Anlagen verrechneten Abschreibungen. Von unechten Gemeinkosten spricht man dann, wenn die Kosten zwar prinzipiell direkt erfaßbar sind, aus Gründen der abrechnungstechnischen Vereinfachung aber nicht direkt erfaßt werden, also wie Gemeinkosten behandelt werden. Beispiele für unechte Kostenträgergemeinkosten können Energiekosten sowie Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe sein. 4. Wählt man das Verhalten der Kosten bei Beschäftigungsschwankungen, so ist zwischen fixen und variablen Kosten zu unterscheiden. Diese Differenzierung wurde bereits in der Kostentheorie angesprochen 60 und bezieht sich ausdrücklich auf die Kosteneinflußgröße Beschäftigung, wobei Beschäftigung (bzw. Beschäftigungsgrad) für die Ausnutzung (bzw. den Ausnutzungsgrad) der Kapazität in Form von Anlagen, Kostenstellen, Betriebsbereichen bis hin zum gesamten Unternehmen steht. Aus diesem Grunde haben sich auch die Begriffe beschäftigungsfixe und beschäftigungsvariable Kosten eingebürgert. Daneben tragen die beschäftigungsfixen Kosten auch die Bezeichnung leistungsunabhängige Kosten, während die beschäftigungsvariablen Kosten auch als Leistungskosten bezeichnet werden. Während sich die Leistungskosten gewissermaßen automatisch in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad ändern (beispielsweise die Material- und Energiekosten), so bedeutet diese Aussage im Umkehrschluß nicht, daß die leistungsunabhängigen Kosten absolut unveränderlich sind (beispielsweise die Personal- und Mietkosten). So lassen sich unter mittel- und langfristigen Gesichtspunkten diese beschäftigungsunabhängigen Kosten durchaus durch Maßnahmen der Kapazitätserweiterung und/oder des Kapazitätsabbaus beeinflussen, wenn dies in den meisten Fällen auch nur sprunghaft und in bestimmten Intervallen ge59

60

Zu dem Begriff Verursachungsprinzip sowie zu den Begriffen Kostcnartenrcchnung, Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung vgl. im einzelnen S. 576 und S. 572 ff. Vgl. S. 497 ff.

564

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

schehen kann. Zu denken ist beispielsweise an eine Reduzierung von beschäftigungsfixen Personalkosten unter Berücksichtigung von Kündigungsfristen. 5. Wählt man die Entscheidungsorientierung als Differenzierungsmerkmal für die Kosten, so sind relevante und irrelevante Kosten voneinander abzugrenzen. 61 Als relevant bezeichnet man diejenigen Kosten, die zusätzlich entstehen, wenn eine geplante Aktivität realisiert wird, und die entfallen, wenn man auf die Durchführung der geplanten Aktivität verzichtet. Für das Auftreten relevanter Kosten ist somit ausschließlich eine bestimmte Entscheidung maßgeblich. Existiert dagegen ein Werteverzehr unabhängig von der Realisierung der geplanten Aktivität so spricht man von irrelevanten Kosten. Ein Beispiel soll die Ausführungen zu 4. und 5. verdeutlichen. Betrachtet wird eine Maschinenfabrik mit integriertem Gießereibetrieb, die ein Einheitsgußteil, im folgenden als Teil A bezeichnet, zum Preis von 240 DM fremdbezieht. In der fabrikeigenen Gießerei wird ein Spezialgußteil, im folgenden als Teil B bezeichnet, hergestellt, das einen Stückdeckungsbeitrag, d. h. einen Erlösüberschuß über die pro Produkteinheit direkt zurechenbaren Kosten, in Höhe von 500 DM erwirtschaftet. Die Herstellung eines Teiles B nimmt auf der entsprechenden Anlage fünf Minuten in Anspruch. Fertigungstechnisch könnte auch das bisher fremdbezogene Teil A auf der gleichen Anlage produziert werden wie das Teil B, wobei die Herstellungsdauer für das Teil A vier Minuten betragen würde. Da die Zulieferfirma eine Preissteigerung von 33 1/3 % für das Teil A angekündigt hat, stellt sich für die Maschinenfabrik die Frage, ob sie das Teil A zum neuen Stückpreis von 320 DM weiter fremdbeziehen oder aber vom Fremdbezug zur Eigenfertigung übergehen soll. Beim Übergang zur Eigenfertigung sind pro Stück für Teil A Vollkosten in Höhe von 200 DM in Ansatz zu bringen. Die beschäftigungsvariablen und mengenproportionalen Kosten für ein Teil A betragen 120 DM. Die Beantwortung der Frage nach der Höhe der relevanten Kosten bei Eigenfertigung von Teil A wird entscheidend von der Tatsache beeinflußt, ob die bisherige Fertigung von Teil B auf der betrachteten Anlage diese kapazitätsmäßig voll auslastet oder nicht. Im ersten Fall, also in der Engpaßsituation, würde die Eigenfertigung von Teil A die Fertigung von Teil B zumindest teilweise verdrängen (entweder - oder). Im zweiten Fall, also bei Existenz freier Anlagenkapazität, würde die Produktion von Teil A zusätzlich erfolgen (sowohl - als auch). Untersuchen wir zunächst den zweiten Fall (freie Anlagenkapazität). Für diesen sind die mengenproportionalen Eigenfertigungskosten in Höhe von 120 DM die zusätzlich anfallenden Kosten und damit relevante Kosten. Dagegen müssen die Vollkosten der Eigenfertigung in Höhe von 200 DM als irrelevante Kosten angesehen werden, da in ihnen auch anteilige Gemeinkosten enthalten sind, die unabhängig von der Entscheidung Eigenfertigung oder Fremdbezug anfallen, beispielsweise Gehälter im Bereich der Produktion. Für den Fremdbezug sind die Kosten in Höhe von 320 DM relevante Kosten, die Kosten in Höhe von 240 DM hingegen irrelevante Kosten, da letztere für die anstehende und in die Zukunft reichende Entscheidung ohne Einfluß bleiben. Der Vergleich der relevanten Kosten bei Eigenfertigung in Höhe von 120 DM mit den relevanten Kosten bei Fremdbezug in Höhe von 320 DM zeigt, daß im Falle der Unterbeschäftigung, also bei freier Anlagenkapazität, der Alternative Eigenfertigung unter dem Aspekt der Kostenminimierung der Vorzug zu geben ist. 61

Zu den folgenden Ausführungen vgl. auch S. 497.

10. Abschnitt: Grandlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

565

Kommen wir zu dem ersten Fall zurück (Engpaßsituation). Wird durch die Herstellung von Teil B die Anlagenkapazität der fabrikeigenen Gießerei vollständig ausgelastet, so bestehen die relevanten Kosten der Eigenfertigung von Teil A zum einen aus den mengenproportionalen Eigenfertigungskosten in Höhe von 120 DM. Zum anderen sind bei der Eigenfertigung von Teil A in den Werteverzehr auch jene Erfolgseinbußen einzukalkulieren, die aus der Notwendigkeit resultieren, durch eine Reduzierung der Produktions- und Absatzmenge von Teil B freie Anlagenkapazität für die Fertigung von Teil A zu schaffen. Aufgrund der Zahlen des Beispiels entgehen der Maschinenfabrik für jede Minute, die die Anlage für die Herstellung von Teil A freigestellt wird, somit Erfolge von 100 DM (500 DM dividiert durch 5 Minuten gleich 100 DM pro Minute). Die Herstellung jedes Teiles A führt also im Engpaßfall zu einem verdrängten Deckungsbeitrag in Höhe von 100 DM multipliziert mit 4 Minuten gleich 400 DM. Unter Berücksichtigung dieser Opportunitätskosten bestimmen sich die relevanten Kosten der Eigenfertigung zu 120 DM plus 400 DM gleich 520 DM, welche mit den relevanten Kosten des Fremdbezugs, also 320 DM zu vergleichen sind. Als Ergebnis folgt, daß im Falle der Vollauslastung der Anlagenkapazität von einem Wechsel vom Fremdbezug zur Eigenfertigung unter Kosten- und Erfolgsgesichtspunkten abzuraten ist. 6. Bildet der Zeitbezug das Differenzierungsmerkmal für die Kosten, so ist zwischen Ist-, Normal- und Plankosten zu unterscheiden. Im Zusammenhang mit dem Begriff der Plankosten treten drei weitere bedeutsame Kostenkategorien auf: Sollkosten, Standardkosten und Budgetkosten. Obwohl alle drei Kostenkategorien im Rahmen der Plankostenrechnung von Bedeutung sind, 62 soll ihre Definition und wechselseitige Abgrenzung bereits an dieser Stelle erfolgen. Istkosten sind effektive, innerhalb einer Periode angefallene Kosten eines Kalkulationsobjekts. Als mit Ist-Preisen bewertete Ist-Verbrauchsmengen können sie erst dann erfaßt werden, wenn der Güterverbrauch bereits erfolgt ist. Zufällige Schwankungen hinsichtlich der Mengen und Preise schlagen sich voll bei der Berechnung der Istkosten nieder. Derartige mengenspezifische Schwankungen können beispielsweise ihre Ursache in Maschinendefekten und dem daraus resultierenden erhöhten Energieverbrauch haben, während gestiegene Rohstoffpreise möglicherweise das Ergebnis einer veränderten Börsenlage sind. Während für Auftragsmaterial, das speziell zur Herstellung bestimmter Produkte bereitgestellt wird, die Ist-Preise und Ist-Verbrauchsmengen eindeutig bekannt sind, ist die Erfassung der Istkosten bei Vorratsmaterial, das in der Vergangenheit zwar mit gleicher Qualität, aber in unterschiedlichen Mengen zu unterschiedlichen Preisen angeliefert wurde, insoweit problematisch, als es die Frage zu beantworten gilt, mit welchem Anschaffungspreis die effektiv verbrauchten Mengen bewertet werden sollen. Auf diese Problematik wird unter dem Aspekt der Bewertungsvereinfachungsverfahren im Rahmen der Kostenartenrechnung näher eingegangen. 63 Eine andere Problematik stellt sich bei den Betriebsmitteln, und hier speziell bei der Betrachtung der planmäßig ermittelten periodenbezogenen Abschreibungsbeträge. Hierbei handelt es sich keinesfalls um reine Istkosten, da erst am Ende der Nutzungsdauer der Anlagen feststeht, welche Abschreibungsbeträge insgesamt zu verrechnen sind. Diese wenigen Beispiele zeigen, daß es streng genommen keine reine Istkostenrechnung geben kann. 62 63

Vgl. S. 714 ff. Vgl. S. 590 ff.

566

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbercich

Als Normalkosten werden Kosten bezeichnet, die sich als Durchschnitt der Istkosten vergangener Perioden ergeben. Das gilt sowohl für die Mengen- als auch für die Wertkomponenten. So kann beispielsweise zum einen die Beantwortung der Frage interessant sein, auf welchen Betrag sich der durchschnittliche Rohstoffverbrauch beläuft, der für eine Enderzeugniseinheit zu veranschlagen ist. Zum anderen ist auch die Antwort auf die Frage von Bedeutung, welcher Rohstoffdurchschnittspreis sich in der Vergangenheit eingependelt hat. Das Fernhalten von Schwankungen und Zufälligkeiten von der laufenden Kostenrechnung hat zur Folge, daß das Rechnen mit Normalkosten zu einer Kostennivellierung führt. Das Rechnen mit Normalkosten gestaltet sich einfacher als das Rechnen mit Istkosten, und der Rechenablauf wird beschleunigt. Diesem Vorteil steht jedoch der Nachteil gegenüber, daß mit dem Ansatz von Normalkosten bewußt auf die Möglichkeit verzichtet wird, die aus der Kostenrechnung ferngehaltenen Schwankungen der Istkosten kostenarten-, kosten stellen- oder kostenträgerbezogen zu kontrollieren. Das zwingt zu Kontrollen außerhalb der Kostenrechnung. Plankosten sind für eine Abrechnungperiode im voraus geplante Kosten, bei denen unter Zugrundelegung des wertmäßigen Kostenbegriffs sowohl das Mengengerüst (Verzehrsmengen) als auch das Wertgerüst (die Preise der Kostengüter) geplante Größen sind. Ausgangspunkt ist dabei die Planbeschäftigung der Kostenstellen. Plankosten leiten sich nicht aus Vergangenheitswerten ab. Sie resultieren vielmehr aus einer leistungsbezogenen Unternehmensplanung und orientieren sich an detaillierten Planungsüberlegungen auf der Grundlage von Verbrauchsund Zeitstudien sowie von technischen Berechnungen. Plankosten gehen von einem angestrebten optimalen Betriebsablauf für den betrachteten Planungszeitraum aus und haben insoweit Vorgabecharakter. Als Sollkosten sollen die in der Regel auf eine Kostenstelle bezogenen planmäßigen Kostenvorgaben für die jeweilige Istbeschäftigung bezeichnet werden. Sie ergeben sich durch Umrechnung der Plankosten auf die Istbeschäftigung. Stimmt die nachträglich festgestellte Istbeschäftigung mit der im voraus festgestellten Planbeschäftigung überein, dann sind Sollkosten und Plankosten gleich. Sollkosten charakterisieren diejenigen Kosten, die in Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad unter der Voraussetzung eines wirtschaftlichen Verhaltens entstehen sollen. Als Standardkosten bezeichnet man in der Regel die auf die Kostenträgereinheit bezogenen Plankosten, vorrangig die geplanten Herstellkosten pro Leistungseinheit. 64 Die Ermittlung des Mengen- und Zeitgerüsts dieser Standardkosten setzt bei Industriebetrieben bei den Stücklisten der zu fertigenden Erzeugnisse an, die deren Zusammensetzung aus Einzelteilen im Detail beschreiben. 65 Die Stücklisten sowie die im Rahmen der Arbeitsvorbereitung zu erarbeitenden Vorgabezeiten, Arbeitsgangfolgen und Durchlaufsequenzen orientieren sich an ingenieurmäßigen Standards wie beispielsweise Gewichtsmengen für Rohmaterial sowie Lohn- und Maschinenstunden, die mit hoher Genauigkeit festgelegt und anschließend durch Bewertung in Standardkosten überführt werden. 66 Standardkosten können somit auf der Grundlage exakter Analysen leistungsbezogen bestimmt werden. Mit Budgetkosten bezeichnet man gewöhnlich die für einen bestimmten Zeitraum pro Kostenstelle geplanten Kosten. Durch Multplikation der kostenträgerbezoge64 65 66

Zum Begriff der Herstellkosten vgl. S. 626. Zum Begriff der Stückliste vgl. S. 284. Zum Problemkreis der Arbeitsvorbereitung vgl. S. 317 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung

567

nen Standardkosten mit den geplanten Leistungseinheiten, die in einer Kostenstelle planmäßig produziert werden sollen, erhält man die Plankosten der betrachteten Kostenstelle und insoweit keine inhaltliche Differenzierung zu den ebenfalls kostenstellenbezogenen Budgetkosten. Aus diesem Grunde verwendet man den Begriff der Plankosten als Oberbegriff und reserviert den Begriff der Budgetkosten für jene Kostenstellen, für die sich keine verursachungsgerechten Ieistungsbezogenen Standards ermitteln lassen. Das ist vorwiegend im Vertriebs- und Verwaltungsbereich der Fall. Im Gegensatz zu den Standardkosten muß man sich bei den Budgetkosten mit mehr oder weniger genauen Schätzwerten begnügen, da für ihre Ermittlung eine Leistungsmessung nicht oder nur sehr schwer durchführbar ist. Der Begriff der Standardkosten bleibt den Kostenstellen vorbehalten, in denen derartige leistungsbezogene Standards nach dem Verursachungsprinzip nachweisbar sind. Das gilt vor allem für den Material- und Fertigungsbereich. 7. Wählt man als Differenzierungsmerkmal der Kosten die Art der Kostenerfassung, so sind aufwandsgleiche Kosten und kalkulatorische Kosten zu unterscheiden. Erstere, welche auch die Bezeichnung Grundkosten tragen, machen normalerweise den größten Teil der Kosten aus. Sie stimmen mit den entsprechenden Zahlen der Finanzbuchhaltung überein. Dagegen werden die kalkulatorischen Kosten ausschließlich zum Zwecke der Kostenrechnung ermittelt. Sie werden im Rahmen der Kostenartenrechnung noch detaillierter behandelt 8. Fragt man nach der Herkunft der Kostengüter, so muß zwischen primären und sekundären Kosten differenziert werden. Den primären Kosten, die auch als ursprüngliche oder einfache Kosten bezeichnet werden, liegen Faktormengen zugrunde, die der Betrieb von außen bezogen hat und die damit aus Lieferungen von den Beschaffungsmärkten resultieren. Als Beispiele für primäre Kosten können Lohn- und Materialkosten sowie Abschreibungen angeführt werden. Dagegen stellen die sekundären Kosten, die auch als gemischte, zusammengesetzte oder abgeleitete Kosten bezeichnet werden, das geldmäßige Äquivalent des Verbrauchs an innerbetrieblichen Leistungen dar. Diese sekundären Kosten sind als Preis zu betrachten, den jene Kostenstellen entrichten müssen, die diese innerbetrieblichen Leistungen in Anspruch nehmen. Sekundäre Kosten entstehen abrechnungstechnisch in der Kostenstellenrechnung. 67 Für die Erstellung innerbetrieblicher Leistungen sind sowohl primäre als auch sekundäre Kostengüter erforderlich. Beispiele für sekundäre Kosten sind Kosten der Energieversorgung durch ein betriebseigenes Kraftwerk sowie Kosten für die Durchführung von Reparaturleistungen, die durch betriebseigene Werkstätten ausgeführt werden. 9. Schließlich besteht die Möglichkeit, die Kosten nach Kostenträgern oder Kostenträgergruppen in Form von Einzelaufträgen, einzelnen Produkten und einzelnen Produktgruppen zu unterscheiden. Das liefert beispielsweise die Kosten des Produktes 1 oder 2 bzw. der Produktgruppe A oder B. Stellt man die Frage, nach welchen der vorstehenden Kriterien die Kosten in der Kostenrechnung gegliedert werden, so wird man sehr schnell zu der Erkenntnis kommen, daß in Abhängigkeit vom Rechnungszweck alle neun Kriterien ihre Bedeutung haben. Dabei werden entsprechend den Teilen der Kostenrechnung entweder kostenartenorientierte oder kostenstellenorientierte oder kostenträgerorientierte Kriterien stärker in den Vordergrund treten. 67

Zur Kostenstellenrechnung vgl. S. 612 ff.

568

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbereich

Von besonderem Interesse für die weiteren Überlegungen ist die Beantwortung der Frage nach den Beziehungen zwischen den beiden Begriffspaaren Kostenträgereinzel- und Kostenträgergemeinkosten einerseits sowie variable und fixe Kosten andererseits. Zur Veranschaulichung dieser Zusammenhänge betrachten wir Abb. 12. 68 Aus dieser können die folgenden Aussagen abgeleitet werden:

Abb. 12: Beziehungen zwischen verschiedenen Kostenbegriffen a) Fixe Kosten sind immer Kostenträgergemeinkosten. So sind Anlagenabschreibungen in Form von Zeitabschreibungen von der Beschäftigung unabhängig und können auch nicht den auf den Anlagen gefertigten Produkten verursachungsgerecht direkt zugerechnet werden. b) Kostenträgereinzelkosten sind immer variable Kosten. Betrachtet man beispielsweise die Materialeinzelkosten, so können diese den Kostenträgern verursachungsgerecht direkt zugerechnet werden. Dabei entfallen auf zwei Kostenträgereinheiten (z. B. Fertigprodukte) insgesamt doppelt so hohe Materialeinzelkosten wie auf eine Kostenträgereinheit. Bei den Materialeinzelkosten handelt es sich somit um proportionale beschäftigungsvariable Kosten. c) Kostenträgergemeinkosten können fixe und variable Kostenbestandteile enthalten. Während sich der erste Teil dieser Aussage inhaltlich mit Aussage a) deckt, betrachten wir für den zweiten Teil dieser Aussage die Kosten, die beispielsweise dadurch entstehen, daß für den Einsatz von Auslieferungsfahrzeugen eines Versandhauses Treibstoff verbraucht wird. Beim bewerteten Treibstoffverbrauch handelt es sich zweifellos um variable Kosten, die auf den Wert Null absinken, wenn diese Fahrzeuge im Depot stehen. Andererseits können die Treibstoffkosten eines Auslieferungsfahrzeugs, die durch die Belieferung verschiedener Kunden aus einer mit heterogenen Gütern zusammengesetzten Ladung entstehen, nicht verursachungsgerecht den einzelnen transportierten Gütern direkt zugerechnet werden. Unter dem Aspekt der Zurechenbarkeit handelt es sich bei dem bewerteten Treibstoffverbrauch somit um Kostenträgergemeinkosten. d) Variable Kosten können Kostenträgereinzel- oder Kostenträgergemeinkosten sein. Der erste Teil dieser Aussage deckt sich inhaltlich mit Aussage b), während der zweite Teil aus der Argumentation im vorstehenden Punkt c) resultiert.

68

Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 65.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

569

2.2 Aufgaben und Zwecke der Kosten- und Leistungsrechnung 2 . 2 . 1 Überblick über die Aufgaben der Kosten- u n d Leistungsrechnung Der wesentliche Inhalt der Kosten- und Leistungsrechnung besteht in der Verfolgung des Weges der Produktionsfaktoren im betrieblichen Kombinationsprozeß, der rechnerischen Erfassung des durch die Leistungserstellung und Leistungsverwertung verursachten Werteverzehrs sowie in der Kenntnisvermittlung über die erzeugten Leistungen. Sie ist damit gleichermaßen Informations- und Lenkungsinstrument. Summarisch können die daraus resultierenden allgemeinen Aufgaben wie in Abb. 13 dargestellt systematisiert werden. 69 . Danach sind die Darstellungsaufgabe, die Prognoseaufgabe, die Vorgabeaufgabe und die Kontrollaufgabe zu unterscheiden.

Abb. 13: Systematisierung der Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung Die Darstellungsaufgabe, d. h. die zahlenmäßige Abbildung des Werteverzehrs und der zugehörigen Leistungsentstehung, findet ihren Niederschlag zum einen in der Dokumentation und zum anderen in der Lieferung von Anregungsinformationen. Die Dokumentation ist beispielsweise die Voraussetzung für die Berechnung des Wertes von Lagerbestandsveränderungen und die Ermittlung der Herstellkosten von selbsterstellten Anlagen. Daneben kann eine sorgfältige Dokumentation der Kosten- und Leistungsrechnung auch als Anknüpfungspunkt für Entlohnungs- und Beförderungskonsequenzen dienen. Anregungsinformationen sind beispielsweise geeignet, um auf betriebliche Mißstände hinzuweisen und Überlegungen hinsichtlich alternativer Lösungen einzuleiten. Im Mittelpunkt der Prognoseaufgabe steht die Bereitstellung von Informationen über die voraussichtlichen Konsequenzen von Entscheidungen. Hierzu zählen beispielsweise Entscheidungen zu Fragestellungen wie Eigenfertigung oder Fremdbezug von Zwischenprodukten, Annahme oder Ablehnung eines Auftrags sowie Kauf oder Miete eines Betriebsmittels. Daneben stellt die Kosten- und Leistungsrechnung Daten für die statische Investitionsrechnung zur Verfügung. 70 Die Vorgabeaufgabe, die zusammen mit der Prognoseaufgabe zur Planungsaufgabe zusammengefaßt werden kann, resultiert aus der Tatsache, daß größere Unternehmen zumeist dezentral organisiert sind. Das hat zur Konsequenz, daß die Umsetzung von auf der Ebene der Unternehmensleitung getroffenen Entscheidungen nachgelagerte Teilentscheidungen erfordert. Dabei erweist es sich häufig als zweckmäßig, den nachgeordneten Abteilungen bzw. Stellen statt detaillierter Anweisungen bestimmte einzuhaltende Zielgrößen vorzugeben, z. B. die Sollkosten pro Stück oder pro Periode. 71 69 70 71

Vgl. HEINEN, E. und DIETEL, B.: Kostenrechnung, (1991), S. 1162 ff. Zur Differenzierung zwischen statischer und dynamischer Invcstitionsrechnung vgl. S. 1008. Vgl. in diesem Zusammenhang S. 566.

570

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbereich

Schließlich steht im Vordergrund der Kontrollaufgabe die Überwachung und Beseitigung erkannter Störungen. Diese Aufgabe wird zumeist in Form von Soll-Ist-Vergleichen wahrgenommen, wobei das Ausmaß der festgestellten Abweichungen den Umfang entsprechender Kompensationsmaßnahmen bestimmt. 2 . 2 . 2 Einzelne H a u p t z w e c k e der Kosten- und

Leistungsrechnung

In den vorstehenden Ausführungen ging es darum, die allgemeinen Aufgaben der Kosten- und Leistungsrechnung summarisch zu formulieren. In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, an welchen konkreten Problemstellungen sich diese Aufgabenerfüllungen festmachen läßt. Zur Diskussion stehen somit die Hauptzwecke der Kosten- und Leistungsrechnung. Zu diesen zählen die: 7 2 1. Kalkulation der betrieblichen Leistungen unter dem Gesichtspunkt der Preiskalkulation und Preisbeurteilung, 2. Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, 3. Bereitstellung von Zahlenmaterial für Entscheidungsrechnungen, 4. Bestandsbewertung und Erfolgsermittlung. Kalkulation der betrieblichen Leistungen unter dem Gesichtspunkt der Preiskalkulation und Preisbeurteilung. Im Mittelpunkt steht hier die Ermittlung der Selbstkosten durch Zurechnung der Kosten auf die einzelnen Leistungen. Die Selbstkosten stellen einen Einflußfaktor auf die Preispolitik dar, neben den als weitere Einflußfaktoren die Bedarfs- und Nachfrageverhältnisse und die Konkurrenzsituation treten. 73 In marktwirtschaftlichen Ordnungen bestimmen sich die Preise durch den Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Folglich ist der Zusammenhang zwischen Verkaufspreis und Kosten recht lose. Trotzdem spielen die Selbstkosten für die Preiskalkulation keine unwesentliche Rolle. So gibt es Unternehmen, die den Selbstkosten ihrer Produkte bzw. Artikel einen gewünschten Gewinn zuschlagen und auf diese Weise einen Verkaufspreis kalkulieren. Eine derartige Vorgehensweise läßt sich jedoch nur dann durchsetzen, wenn die Nachfrager relativ preisunempfindlich sind und der betrachtete Artikel sich nur unzureichend mit Konkurrenzprodukten vergleichen läßt. Weiterhin ist immer wieder festzustellen, daß Kostengrößen für die Preisargumentation, letztlich mit der Konsequenz einer neuerlichen Preisfestsetzung, eingesetzt werden. So begründet man beispielsweise Preiserhöhungen in Form von erhöhten Tarifen für elektrische Energie, Wasserverbrauch, öffentlichen Nahverkehr usw. häufig durch den Hinweis auf eingetretene Kostenerhöhungen, etwa im Personalbereich. Gleichwohl liegt der Hauptzweck der Selbstkostenermittlung im besonderen und der Kostenrechnung im allgemeinen nicht in der Preiskalkulation, sondern in der Preisbeurteilung. Hierbei geht es im wesentlichen um drei Problemgruppen: 1. Beurteilung der Verkaufspreise für die erzeugten Produkte. Diese beschränkt sich im wesentlichen auf den Einsatz der Kostenrechnung zur Bestimmung von P r e i s u n t e r g r e n z e n . 7 4 In diesem Fall stellt sie Informationen zur Beantwortung der Frage zur Verfügung, welcher Preis mindestens im konkreten Einzelfall zu for7 2

7 3 7 4

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 26 ff., KLOOCK, J „ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 13 ff., W E B E R , H.K.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen. Band 2, (1990), S. 7 ff., sowie HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kostenund Erfolgsrechnung, (1977), S. 10 f. Zur Preispolitik, insbesondere zur praxisorientierten Preisfestlegung vgl. S. 4 3 2 ff. Zum Begriff der Preisuntergrenze und ihrer Bestimmung vgl. S. 428 ff.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrcchnung

571

dem ist, um keinen Verlust zu erleiden. Hier geht es also um die Fixierung einer Mindestpreisforderung bzw. um die Entscheidung, ob zu einem gegebenen Preis ein Auftrag angenommen werden soll oder nicht. 2. Beurteilung der Einkaufspreise für die zu beschaffenden Einsatzstoffe. Im Rahmen der Beurteilung der Einkaufspreise stellt sich unter anderem das Problem, welcher Preis maximal für den Bezug eines Einsatzstoffes bezahlt werden darf, wenn der Verkaufspreis des entsprechenden Endproduktes gegeben ist, die Kosten der Weiterverarbeitung festliegen und ein bestimmter Gewinn erwirtschaftet werden soll. 3. Beurteilung von Verrechnungspreisen für innerbetriebliche Leistungen. Bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen für innerbetriebliche Leistungen fehlt der Güteraustausch zwischen Unternehmen und Umwelt. Da somit keine tatsächlichen Preise gefordert und bezahlt werden, stellt sich für den innerbetrieblichen Leistungsaustausch das Problem seiner Verrechnung. Liefert beispielsweise ein Hochofenwerk Roheisen an ein Stahlwerk, so muß die Höhe der Gut- bzw. Lastschrift bei beiden Austauschpartnern festgelegt werden. Diese Entscheidung kann sich an den Selbstkosten oder an anderen Kostengrößen orientieren. Kontrolle der Wirtschaftlichkeit. Für die Kontrolle des Produktionsfaktorverzehrs und der Leistungsentstehung sind eine Reihe von Vergleichsmaßstäben und Kennzahlen entwickelt worden, die vielfach die Bezeichnung Wirtschaftlichkeit tragen. 75 Dabei werden die Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitskontrolle mit zwei Zielrichtungen durchgeführt: 1. Kontrolle ausgewählter Kostenarten und der Kostenstruktur. Hierbei vergleicht man beispielsweise die Entwicklung verschiedener Kostenarten (Energiekosten, Arbeitskosten) des gleichen Unternehmens über verschiedene Perioden (Zeitvergleich) oder aber die Zahlenwerte der gleichen Periode in verschiedenen Betrieben (Betriebsvergleich). Aus dem Betriebsvergleich läßt sich z. B. die Beantwortung der Frage ableiten, inwieweit der bewertete prozentuale Anteil der einzelnen Kostenarten an den Gesamtkosten einer Periode vom Branchendurchschnitt abweicht. Da diesen Vergleichen jedoch ein objektiver Maßstab fehlt, sind ihre Ergebnisse auch nur bedingt brauchbar. Sie werden daher in zunehmendem Umfang ersetzt durch Soll-Ist-Vergleiche, in denen objektiv ermittelte Plangrößen (z. B. Sollkosten) den tatsächlich eingetretenen Istgrößen (z. B. Istkosten) gegenübergestellt werden. 2. Kontrolle der Abteilungs- und Verantwortungsbereiche. Deren Notwendigkeit resultiert aus der Erkenntnis, daß es nicht ausreicht, global für einen Betrieb Unwirtschaftlichkeiten festzustellen. Diese müssen vielmehr lokalisiert werden, um Abweichungen von Vorgabewerten den zugehörigen Verantwortungsbereichen zuordnen zu können. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Wirtschaftlichkeitskontrollen in Form von abteilungs- und kostenstellenbezogenen Rechnungen durchgeführt werden. Dabei ist darauf zu achten, daß die Kostenstellenleiter nur für jene Kosten zur Verantwortung gezogen werden, deren Höhe sie beeinflussen können. So trägt ein Werkstattmeister sicherlich Verantwortung für Werkzeugverschleiß und Ausschußproduktion, nicht jedoch für die Höhe der Zahlungen, die für die Versicherung der Anlagen in seiner Werkstatt zu entrichten sind.

75

Vgl. in diesem Zusammenhang S. 21 f.

572

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbcrcich

Bereitstellung von Zahlenmaterial für Entscheidungsrechnungen. Im Mittelpunkt steht hier die Bewertung von zwei oder mehreren Alternativen. Dabei kann es sich beispielsweise um die Wahl zwischen verschiedenen Fertigungsverfahren im Maschinenbau oder verschiedenen Abbauverfahren im Bergbau handeln. Ähnlich strukturierte Probleme sind die Wahl zwischen Eigenfertigung und Fremdbezug oder die Wahl zwischen verschiedenen Absatzmethoden. Allen Problemstellungen gemeinsam ist die Erarbeitung von erwarteten Kosten- und/oder Erlöswerten, also von Prognoseinformationen, deren Qualität unmittelbar auf die Qualität der Entscheidungsrechnungen durchschlägt. Bestandsbewertung und Erfolgsermittlung. Mit dem Begriff der Bestandsbewert u n g wird die Aufgabe der Kosten- und Leistungsrechnung umrissen, Wertansätze für fertige und unfertige Erzeugnisse sowie für selbsterstellte Anlagen zur Verfügung zu stellen. Diese Problematik stellt sich beispielsweise dann, wenn der Hersteller von Kühlschränken in einer Periode mehr Kühlschränke produziert als er absetzt oder ein Fabrikant von Lastkraftwagen einige dieser Exemplare nicht verkauft, sondern dem betriebseigenen Fuhrpark zuführt. Diese Bewertungsproblematik tritt sowohl in der externen Rechnungslegung (in Form der Bilanzierung von Vorratsvermögen und der Aktivierung von selbsterstellten Maschinen im Anlagevermögen zum Bilanzstichtag) als auch in der internen Rechnungslegung bei der Kostenrechnung auf. In beiden Fällen berührt diese Bewertung die Höhe des zu bestimmenden Erfolgs. Das gilt sowohl für die Jahreserfolgsrechnung (Gewinn- und Verlustrechnung) als auch für die kurzfristige Erfolgsrechnung (Betriebsergebnisrechnung). Neben den skizzierten vier Hauptzwecken der Kosten- und Leistungsrechnung kann diese auch für die Lösung von Sonderaufgaben eingesetzt werden. Hierzu zählt beispielsweise die Bemessung der Höhe von Schadensersatzforderungen. Stellt man abschließend die Frage nach der Rangordnung der Hauptzwecke der Kosten- und Leistungsrechnung im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Praxis, so kann die Antwort nicht generell und eindeutig ausfallen. In vielen Unternehmen wird der Kalkulationsaspekt unter dem Gesichtspunkt der Preisbeurteilung im Vordergrund stehen. In anderen Unternehmen kann dieser Gesichtspunkt weit in den Hintergrund treten und vom Hauptzweck einer Kontrolle der Wirtschaftlichkeit dominiert werden. Letzteres gilt beispielsweise für den deutschen Steinkohlenbergbau.

2.3 Konzeptionen der Kosten- und Leistungsrechnung 2.3.1 G l i e d e r u n g der Kosten- und

Leistungsrechnung

Die Kostenrechnung und die Leistungsrechnung (Erlösrechnung) stellen die zentralen Schwerpunkte des internen Rechnungswesens dar. Hinzu tritt die aus beiden Rechnungen resultierende kurzfristige Erfolgsrechnung (kalkulatorische Betriebsergebnisrechnung). Von wesentlicher Bedeutung für die weiteren Überlegungen ist nun die Beantwortung der Frage, aus welchen Teilen diese Rechnungen sich zusammensetzen und welche Beziehungen zwischen diesen Teilen im einzelnen bestehen. Zur Erläuterung betrachten wir Abb. 14.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

573

| Kosten-, ErlOs- und Ergebnisrechnung |

Kostenrechnung

Ergebnisrechnung nach Untemehmensbcreichen • differenzierende periodcnbezogcne Ergebnisrechnung

Kostenstellenrcchnung

Erlösrechnung Erlösstellenrcchnung

4-

Kostemrägerjechnung

nach Leistungen • differenzierende Ergebnisrcchnung

Erlösträgerrcchnung.

[periodcnbezogen^

-•jperiodenbezogenl^-

^riodenbezogen|

stückbezogen

-•l

slilckbezogen

slilckbezogen Erlösqucllen^ rechnung

Abb. 14: Zusammenhänge zwischen den Teilen der Kosten-, Erlös- und Ergebnisrechnung (Aus MÄNNEL, W.: Erlösrcchnung, (1990), S. 253)

Wenden wir uns zunächst der Kostenrechnung zu, die entsprechend dem Abrechnungsgang in die drei Stufen Kostenartenrechnung, Kostenstellenrechnung und Kostenträgerrechnung eingeteilt werden kann. 76 Sie beginnt mit der Erfassung der primären Kostenarten in der Kostenartenrechnung und endet in der Kostenträgerrechnung, wobei, wie Abb. 14 deutlich macht, ein Teil der Informationen (die Kostenträgereinzelkosten) direkt aus der Kostenartenrechnung in die Kostenträgerrechnung übernommen wird, während ein anderer Teil der Informationen (die Kostenträgergemeinkosten) erst den Umweg über die Kostenstellenrechnung nehmen muß, bevor sie in die Kostenträgerrechnung eingehen. 77 Im Mittelpunkt der Kostenartenrechnung steht die Aufgabe, den mengenmäßigen Verzehr der Produktionsfaktoren während einer Abrechnungsperiode (beispielsweise in einem Monat) zu erfassen, diesen zu bewerten und für die weitere Verrechnung aufzubereiten. Die Daten für die Kostenartenrechnung stammen aus der Geschäftsbuchhaltung und/oder aus vorgelagerten Hilfsrechnungen. Bei letzteren handelt es sich in der Regel um die Nebenbuchhaltung der Elementarfaktoren, also die Material-, die Lohn- und Gehalts- sowie die Anlagenabrechnung. Die Fragestellung der Kostenartenrechnung lautet somit: Welche Kosten sind insgesamt in welcher Höhe angefallen? Für die Durchführung der Kostenstellenrechnung wird die Unternehmung in Teilbereiche eingeteilt, die die Orte der Kostenentstehung repräsentieren. Auf diese als Kostenstellen bezeichneten Teilbereiche werden die während einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten verrechnet. Dabei stehen im Mittelpunkt die Kosten, die nicht pro Einheit des Endproduktes, sondern pro räumlich und/oder funktional abgegrenzte Abteilung anfallen. Die Fragestellung der Kostenstellenrechnung lautet somit: Wo sind welche Kosten in welcher Höhe angefallen?

76

77

Vgl. in diesem Zusammenhang HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 18 ff., HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 53 f. und S. 100 f., sowie KILGER, W.: Einführung in die Kostenrechnung, (1987), S. 13 ff. Zur Differenzierung dieser beiden Informationsströme vgl. auch S. 583 ff.

574

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

D i e Kostenträgerrechnung schließt die Kostenrechnung ab. In ihr werden die in einer Abrechnungsperiode angefallenen Kosten verwendungsbezogen auf die Kostent r ä g e r (die einzelnen Endprodukte und Leistungen des Betriebs) verteilt und ausgewiesen. Im Zentrum steht also die Ermittlung der Stückkosten. Die Fragestellung der Kostenträgerrechnung lautet somit: Wofür sind welche Kosten in welcher Höhe p r o Stück angefallen? Diese Fragestellung ist charakteristisch für die stückbezogene Betrachtungsweise, also die Kalkulation. Letztere trägt daher auch die Bezeichnung K o s t e n t r ä g e r s t ü c k r e c h n u n g bzw. Selbstkostenrechnung. Daneben existiert die zeitbezogene Betrachtungsweise in Form der Kostenträgerzeitrechnung, die in einer Periodenrechnung die nach Produkt- und Leistungsarten gegliederten Kosten, welche innerhalb einer Abrechnungsperiode insgesamt angefallen sind, ermittelt. Betrachten wir nun die Erlösrechnung (Leistungsrechnung), für die sich analog zur Kostenrechnung empfiehlt, eine Erlösarten-, eine Erlösstellen- und eine Erlösträgerrechnung zu konzipieren. 7 8 Ausgangspunkt ist jedoch eine Erlösquellenrechnung (vgl. Abb. 14), in welcher festgehalten wird, von welchen Kunden bzw. Kundengruppen dem Betrieb leistungswirtschaftliche Entgelte zufließen. Wenden wir uns zunächst der E r l ö s a r t e n r e c h n u n g zu. Sie hat den Sachverhalt zu erfassen, daß viele Unternehmen ihren Kunden für jeweils gleiche Produktarten unterschiedliche Absatzpreiskonditionen einräumen, die wesentlich von der Nachfrage und den Zahlungsbedingungen abhängen. Als Differenzierungsmerkmal für unterschiedliche E r l ö s a r t e n können beispielsweise Wechselkursschwankungen im Exportgeschäft, Mengen-, Natural- und Funktionsrabatte sowie Skonti herangezogen werden. Generell gilt, daß mit Ausnahme von Grundgebühren, konstanten Stückerlösen und Wechselkursschwankungen die gesamten Erlösarten zu Erlösminderungen führen. In Analogie zur Kostenrechnung bietet sich eine Unterteilung in Einzel- und Gemeinerlöse an. Einzelerlöse lassen sich nach dem Verursachungsprinzip den abgesetzten Produkten direkt zuordnen (z. B . der j e Produkteinheit anfallende konstante Stückpreis) und können daher direkt in die Erlösträgerrechnung überführt werden. Versagt dagegen die verursachungsgerechte direkte Produktzuordnung, liegen also Gemeinerlöse vor, beispielsweise in Form von Rabatten für Produktbündel, so ist zweckmäßigerweise die weitere Behandlung der Gemeinerlöse in einer Erlösstellenrechnung vorzunehmen. Zusammengefaßt kommt der Erlösartenrechnung die Aufgabe zu, die einzelnen Erlösarten aufzuzeigen und zu klassifizieren sowie wertmäßig zu erfassen. Die Fragestellung der Erlösartenrechnung lautet somit: Welche Erlöse sind insgesamt in welcher Höhe angefallen? Für die Durchführung der Erlösstellenrechnung ist es erforderlich, die Unternehmung in die Teilbereiche aufzugliedern, in denen Erlöse durch bestimmte Absatzmarktkonstellationen entstanden sind. Als Differenzierungsmerkmal für die Bildung derartiger Erlösstellen können Produktarten, Produktartengruppen, Kunden, Kundengruppen, Marktsegmente oder Teilmärkte herangezogen werden. Die Aufgabe der Erlösstellenrechnung besteht darin, ausgehend von den durch die jeweiligen Erlösstellen gekennzeichneten Absatzmengen und Absatzmarktkonstellationen (Rabatte, Skonti) mit Hilfe der Erlösarten die Erlöse jeder Stelle zu bestimmen. 79 Das betrifft zum einen die Einzelerlöse für die abgesetzten Produktarten einer Erlösstelle, zum an7 8

7 9

Zu den folgenden Ausführungen vgl. MÄNNEL, W.: Erlösrechnung, ( 1 9 9 0 ) , S. 253 ff., M Ä N N E L , W . : Zur Gestaltung der Erlösrcchnung, ( 1 9 8 3 ) , S . 119 ff., K L O O C K , J „ S I E B E N , G. und S C H I L D B A C H , T.: K o sten- und Leistungsrechnung, ( 1 9 9 1 ) , S. 150 ff., sowie E N G E L H A R D T , W.H.: Einnahmen und Erträge, ( 1 9 8 1 ) , Sp. 4 5 9 f. Vgl. in diesem Zusammenhang S. 685 f.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

575

deren die Erlöse, die im Hinblick auf die einzelne Produktart Gemeinerlöse, für die Stelle selbst jedoch Einzelerlöse sind. Daneben können Stellengemeinerlöse auftreten, die erhebliche Zurechnungsprobleme bereiten können. In derartigen Situationen sind dann andere, vom Verursachungsprinzip zwangsläufig abweichende Methoden der Zurechnung der Gemeinerlöse auf einzelne Erlösstellen einzusetzen. Liegen für eine Abrechnungsperiode alle Erlösarten für jede Erlösstelle wertmäßig fest, ist also die Zurechnung der Erlösarten auf die Erlösstellen abgeschlossen, so bedeutet dies auch den Abschluß der Erlösstellenrechnung. Denn im Gegensatz zur Kostenrechnung existieren in der Erlösrechnung keine Güterbeziehungen zwischen den Erlösstellen. Zusammenfassend läßt sich somit die Fragestellung der Erlösstellenrechnung wie folgt formulieren: Wo sind welche Erlöse in welcher Höhe angefallen? Betrachten wir abschließend die Erlösträgerrechnung. Erlösträger sind primär die Absatzleistungen einer Unternehmung. Die Erlösträgerrechnung kann analog zur Kostenrechnung stückbezogen oder zeitbezogen betrachtet werden. Im ersten Fall, d. h. bei der Erlösträgerstückrechnung, besteht die Aufgabe, die Stückerlöse für jede Produktart zu ermitteln. Diese Problematik ist einfach zu lösen bei Produktarten, für die nur Einzelerlöse anfallen. Treten dagegen Gemeinerlöse hinzu, so stellt sich die Frage der Zurechnung und ihrer Methodik, die definitionsgemäß nicht mehr dem Prinzip der Verursachung entsprechen kann. Die Fragestellung der Erlösträgerstückrechnung lautet somit: Wofür sind welche Erlöse in welcher Höhe pro Stück angefallen? Im zweiten Fall, also bei der zeitbezogenen Betrachtungsweise, geht es um die Ermittlung der Gesamterlöse einer Abrechnungsperiode. Sie werden ermittelt aus der Multiplikation aus Stückerlösen und Absatzmengen für jede Produktart, und dies zusammengefaßt für alle Produktarten. Man könnte für diese Aufgabenerfüllung in Analogie zur Kostenrechnung auch den Begriff der Erlösträgerzeitrechnung wählen. Bei einem Vergleich der Kosten- und der Erlösrechnung sind neben Differenzierungen im Detail zwei wesentliche Unterschiede festzuhalten: 1. Während die Ausgestaltung der Kostenrechnung in betriebswirtschaftlicher Theorie und Praxis sehr weit fortgeschritten ist, hat man der Erlösrechnung bisher nicht die ihrer Bedeutung angemessene Aufmerksamkeit gewidmet. Ein geschlossenes System der Erlösrechnung existiert zur Zeit noch nicht. 2. Für die Durchführung der Kostenrechnung ist eine progressive Vorgehensweise charakteristisch: Der Weg des Faktor Verzehrs wird ausgehend von der Kostenartenrechnung über die Kostenstellenrechnung bis hin zur Kostenträgerrechnung verfolgt. Dagegen ist der Anknüpfungspunkt für die Erlösrechnung die Erlösquellenrechnung. Deren Ergebnisse müssen anschließend in der Erlösträgerrechnung den Kalkulationsobjekten zugeordnet werden, für die diese Entgelte als Einzelerlöse erfaßt werden können. Insoweit ist für die Durchführung der Erlösrechnung eine retrograde Vorgehens weise typisch. Schließlich zeigt Abb. 14, daß die Kosten- und die Erlösrechnung in die Betriebsergebnisrechnung, auch als kurzfristige Erfolgsrechnung bezeichnet, einmünden. Diese Ergebnisrechnung kann sowohl in Form einer nach Unternehmensbereichen differenzierenden periodenbezogenen Rechnung als auch in Form einer nach Leistungen differenzierenden Rechnung aufgebaut sein. In den nachfolgenden Ausführungen wird das Schwergewicht auf der Kostenrechnung liegen.

576

Teil III: Rechnungslegung Tür den Opcrativbcrcich

2.3.2 G r u n d p r i n z i p i e n der

Verrechnung

Bei der Erläuterung der Kosten- und Erlösrechnung wurde bereits an mehreren Stellen die Zurechnungsproblematik angesprochen. 80 In all diesen Fällen sind Verfahrensentscheidungen über die Frage zu treffen, welche Kosten- bzw. Erlöselemente einem bestimmten Kalkulationsobjekt, beispielsweise einer Fertigerzeugniseinheit, zugerechnet werden dürfen oder sollen. So interessieren die Unternehmensleitung die Kosten für die Herstellung eines Produktes, der erzielbare Stückerlös bzw. der bilanzielle Wert von Lagerbeständen. Das dominierende Grundprinzip der Verrechnung ist das Verursachungsprinzip, das dem Ziel folgt, nachweisbar und sachlich überzeugende Zusammenhänge der Kostenund Erlösrechnung zu unterlegen. Es besagt, daß die Kosten und Erlöse nur denjenigen Kosten- und Erlösstellen bzw. Kosten- und Erlösträgern zugerechnet werden dürfen, die diese Kosten und Erlöse kausal verursacht haben. Diese eindeutig klingende Formulierung kann sich jedoch schnell als Leerformel erweisen, da der Begriff der Ursache inhaltlich durchaus mehrdeutig interpretierbar sein kann. 81 Folglich bedarf es klarer Regeln für die Durchführung der Zurechnung. Das Verursachungsprinzip hat seine Präzisierung im Proportionalitätsprinzip erfahren. Es besagt, daß die Zurechnung aufgrund nachgewiesener proportionaler Beziehungen zwischen Kosten und Erzeugniseinheiten (bzw. Kosten und bestimmten Einflußgrößen) erfolgen soll. An dieser Stelle sei jedoch angemerkt, daß aus der statistischen Feststellung linearer Einflußgrößenbeziehungen nicht zwingend geschlossen werden darf, daß zwischen den Größen in jedem Fall eine ursächliche Gesetzlichkeit der linearen Verknüpfung besteht, etwa zwischen Erzeugnisausbringung und Faktorverbrauch. Aus den bisherigen Überlegungen wissen wir, daß definitionsgemäß für die Zurechnung von Gemeinkosten und Gemeinerlösen das Verursachungsprinzip versagt. Der Zwang zur Zurechnung erfordert deshalb hilfsweise den Einsatz anderer Prinzipien. Zu diesem Zweck sind unter dem Oberbegriff der Anlastungsprinzipien zwei weitere Prinzipien entwickelt worden: das Tragfähigkeitsprinzip und das Durchschnittsprinzip. Das Tragfähigkeitsprinzip orientiert sich am Belastbarkeitsargument: In welchem Ausmaß können die in Frage kommenden Kalkulationsobjekte beispielsweise mit bestimmten Kostenanteilen belastet werden? Als Maßstab für die Anlastungsbeträge gelten häufig die von den Kalkulationsobjekten erzielbaren Absatzpreise oder Deckungsbeiträge. Das Durchschnittsprinzip folgt dem Gleichmäßigkeitspostulat, das beispielsweise einmündet in die Frage: Wie hoch sind die Durchschnittskosten, die auf jedes der in Frage kommenden Kalkulationsobjekte entfallen? Die Notwendigkeit des Einsatzes der beiden vorstehend definierten Hilfsprinzipien bedingt die Einsicht, die Ergebnisse dieser Rechnungen mit entsprechend kritischer Distanz zu betrachten. Das gilt insbesondere für die Schlußfolgerungen, die aus diesen Ergebnissen gezogen werden.

80

81

Vgl. dazu HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 52 ff., sowie HABERSTOCK, L.: Grundzilge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 55 f. Vgl. hierzu HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1990), S. 54.

10. Abschnitt: Grundlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

577

2 . 3 . 3 Überblick über die S y s t e m e der Kosten-, Leistungs- u n d Erfolgsrechnung Eine Schematisierung der vielfältigen Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung erfolgt in der Regel zunächst im Hinblick auf zwei Kriterien: nach dem Sachumfang und nach dem Zeitbezug. 82 Im Hinblick auf den Sachumfang ist zu differenzieren zwischen den beiden Vorgehensweisen, die gesamten Kosten und/oder Erlöse auf die Kostenträger (Erlösträger) umzulegen oder nicht. Im ersten Fall führt dies zu den Systemen der Vollkostenrechnung, der Volleistungsrechnung (Vollerlösrechnung) und den daraus abgeleiteten bzw. ableitbaren Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf Vollkostenund Vollerlösbasis. Im zweiten Fall, in welchem nur ein Teil der Kosten (eventuell auch der Erlöse) auf die Kostenträger (Erlösträger) umgelegt wird und ein anderer Teil von der Umlage ausgenommen bleibt, bezeichnet man folgerichtig die entsprechenden Systeme als solche der Teilkostenrechnung (der Teilleistungsrechnung oder Teilerlösrechnung) sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf Teilkostenbasis (und eventuell auf Teilerlösbasis). Das Differenzierungsmerkmal Sachumfang wird überlagert vom Differenzierungsmerkmal Zeitbezug. Bei letzterem werden die Kategorien Ist (Gegenwart), Normal (Durchschnitt der Vergangenheit) und Plan (Zukunft) unterschieden. Für den Kostenbegriff wurden die entsprechenden Definitionen der Ist-, Normal- und Plankosten bereits eingeführt. 83 Analog stehen die Begriffe Istleistungen (Isterlöse), Normalleistungen (Normalerlöse) und Planleistungen (Planerlöse) für die in der Gegenwart erzielten Leistungen, die aus durchschnittlichen Vergangenheitswerten resultierenden und damit zu erwartenden Leistungen sowie die planmäßig in der Zukunft eintretenden Leistungen. Auf der Grundlage der Differenzierungsmerkmale Sachumfang und Zeitbezug ist eine Vielzahl von Systemen der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung entwickelt worden. Eine Übersicht vermittelt Abb. 15. Die leeren Felder dieser Abbildung repräsentieren Sachumfang-Zeitbezug-Zuordnungen, für die keine geschlossenen Systeme nachweisbar sind. Für die weitere Behandlung der einzelnen Systeme wird eine Unterscheidung vorgenommen, die sich an der mittig gezogenen waagerechten Linie der Abb. 15 orientiert. Die dadurch entstehende obere Hälfte dieser Abbildung faßt die Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis zusammen. Analog repräsentiert die untere Hälfte dieser Abbildung die entsprechenden Systeme auf Teilkostenbasis. Betrachten wir zunächst die Systeme auf Vollkosten- und Vollerlösbasis. Die klassische Vollkosten- und Leistungsrechnung und die daraus abgeleitete kurzfristige Erfolgsrechnung auf der Grundlage von Ist-Daten stellen die grundlegenden Systeme der Nachrechnung dar. Sie werden einschließlich der Prozeßkostenrechnung entsprechend ihrer Bedeutung im nachfolgenden Abschnitt ausführlich dargestellt. Es schließt sich eine Beschreibung der Normalkosten- und der Normalleistungsrechnung 82

83

Zu den nachfolgenden Ausführungen vgl. insbesondere HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 42 ff., HEINEN, E. und DIETEL, B.: Kostenrechnung, (1991), S. 1203 ff., KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 60 ff., sowie HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 56 ff. Vgl. S. 565 ff.

578

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbcrcich

auf Vollkosten- und Vollerlösbasis an. Darauf folgt eine Einführung in die starre und die flexible Plankostenrechnung. Diese Ausführungen werden ergänzt durch eine Betrachtung des Einsatzes der Prozeßkostenrechnung für Zweche der Kostenplanung. Eine kurze Erläuterung der Planleistungs- und der Planerfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis schließt diesen Abschnitt ab. Die Systeme der Teilkostenrechnung sind Gegenstand einer teilweise ausführlichen Darstellung im übernächsten Abschnitt. Das gilt für die Teilkostenrechnung auf der Basis von Istkosten, die entsprechende Isterlösrechnung und die kurzfristige Erfolgsrechnung (Deckungsbeitragsrechnung) in Form des einstufigen und mehrstufigen Direct Costing und die Erfolgsrechnung mit relativen Einzelkosten und -erlösen. Die entsprechenden zukunftsbezogenen Rechnungen sind die Grenzplankostenrechnung sowie die Planerlösrechnung und die Planerfolgsrechnung auf der Basis von Teilkosten sowie Voll- oder Teilleistungen. Dabei werden als Varianten der Plandeckungsbeitragsrechnung das Direct Costing auf der Basis der Grenzplankostenrechnung und die Planerfolgsrechnung mit relativen Einzelkosten und -erlösen unterschieden. Zeitbezug

talsät ;hlich

planmäßig eintretende erfahrungsgemä IS zu erwartende und tati ächlich und tati ächlich erzielte entstandene erzielte erzielte entstandene entstandene Leistungen Werteverzehre Leistungen Leistungen Werteverzehre Werteverzehre Plan- und Normal- und Plan- und Normal- und Istkosten Istleistungen Sachumfang Istleistungen Istleistungen Istkosten Istkosten a) Klassische Klassische Lei- Normalkostcn- Normala) starre u. fle- PlanleistungsVollkosten- stungsrechnung rechnung auf leistungsxible Voll- rechnung auf rcchnung auf Vollerlös- Vollkostenrechnung auf plankostcn- Vollerlösbasis basis Umlage sämtbasis VoIIcrlösbasis rechnung licher Kosten b) Prozeßb) Prozcßund Erlöse auf kostenkostenrechnung die Kostenträger rcchnung (Erlösträger) kurzfristige (Ist-)Erfolgsrechkurzfristige Erfolgsrechnung Planerfolgsrechnung auf der nung auf Vollkosten- und Voll- auf der Basis von Normaldaten Basis flexibler Plankosten und erlösbasis Planleistungen auf Vollkostenund VoIIcrlösbasis a) Gesamtkostenverfahren b) Umsatzkostenverfahren Umlage nur Teilkostenrcch- Isterlöseines Teils der nung auf der rechnung Kosten auf die Basis von IstKostenträger kosten kurzfristige Erfolgsrechnung (Deckungsbcitragsrechnung) nur variable a) Einstufiges Direct Costing Kosten var. Kosten und b) Mehrstufiges Direct Costing Fixkostenblöcke nach c) Rechnung mit relativen EinBezugsobjekten zelkosten und -erlösen

Grenzplankostenrechnung

Planerlösrcchnung

Planerfolgsrcchnung auf der Basis von Teilkosten (Plandeckungsbeitragsrechnung) a) Direct Costing auf der Basis der Grenzplankostenrechnung c) Rechnung mit relativen Einzelkosten und -erlösen

Abb. 15: Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnungssysteme

10. Abschnitt: Grandlagen der Kosten- und Leistungsrechnung

2.3.4 Kosten- u n d L e i s t u n g s r e c h n u n g und

579

Controlling

Der aus den USA stammende Begriff des Controlling hat erst in jüngster Zeit Eingang in die hiesige betriebswirtschaftliche Theorie und Praxis gefunden. Controlling ist eng mit dem Begriff der Führung verknüpft. Die Funktion des Controlling „besteht im Kern in der Koordination des Führungsgesamtsystems zur Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung. Sie bezieht sich insbesondere auf die Gestaltung und Überwachung des Planungs-, Kontroll- und Informationssystems." 84 Gegenstand des Controlling sind alle Bereiche und Ebenen der Unternehmung. Seinen Ausgangspunkt hat das Controlling im betrieblichen Rechnungswesen genommen, mit dem Ziel, dieses zu einem zielorientierten Führungsinstrument auszugestalten. In diesem Zusammenhang ist es die Aufgabe des innerbetrieblichen Rechnungswesens, die Entscheidungsträger des Unternehmens mit quantitativen Informationen zu versorgen. Dabei bilden die ergebnisorientierten Rechnungssysteme in Form der Kosten- und Leistungsrechnung eine wesentliche Grundlage der innerbetrieblichen Planung, Steuerung und Kontrolle. Da jedes Controllingsystem auf die Bereitstellung derartiger Planungs- und Kontrollinformationen angewiesen ist, wird die Kosten- und Leistungsrechnung zu einem unverzichtbaren Bestandteil desselben. Während sich in der betrieblichen Praxis das Controlling bereits als betriebswirtschaftliche Teildisziplin etabliert hat, befindet es sich wissenschaftlich derzeit erst am Anfang einer fundierten theoretischen Durchdringung. Entsprechend intensiv gestaltet sich auch die Diskussion im Hinblick auf den Einbau der Kosten- und Leistungsrechnung als integrativer Bestandteil eines umfassenden Controlling-Konzeptes. 85

84

85

KÜPPER, H.-U., WEBER, J. und ZÜND, A.: Zum Verständnis und Selbstverständnis des Controlling, (1990), S. 283. Vgl. in diesem Zusammenhang auch HORVÄTH, P.: Controlling, (1981), Sp. 364 f. Vgl. beispielsweise WEBER, J.: Controlling der Kostenrechnung, (1990), S. 203 ff.

580

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Literaturhinweise DELLMANN, K.: Rechnungswesen, Systematik des, in KOSIOL, E „ CHMIELEWICZ, K. und SCHWEITZER, M. (Hrsg.): Handwörterbuch des Rechnungswesens, 2., völlig neu gestaltete Auflage, Stuttgart 1981 ENGELHARDT, W.H.: Einnahmen und Erträge, in KOSIOL, E„ CHMIELEWICZ, K. und SCHWEITZER, M. (Hrsg.): Handwörterbuch des Rechnungswesens, 2., völlig neu gestaltete Auflage, Stuttgart 1981 HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, 2., verbesserte Auflage, München 1977 HEINEN, E. und DIETEL, B.: Kostenrechnung, in HEINEN, E. (Hrsg.): Industricbctricbslehre. Entscheidungen im Industriebetrieb, 9., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1991 HORVÄTH, P.: Controlling, in KOSIOL, E „ CHMIELEWICZ, K. und SCHWEITZER, M. (Hrsg.): Handwörteibuch des Rechnungswesens, 2., völlig neu gestaltete Auflage, Stuttgart 1981 HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1. Grundlagen, Aufbau und Anwendung, 4., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1986 KILGER, W.: Einführung in die Kostenrechnung, 3., durchgesehene Auflage, Wiesbaden 1987 KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, 6., überarbeitete und erweiterte Auflage, Düsseldorf 1991 KÜPPER, H.-U., WEBER, J. und ZÜND, A.: Zum Verständnis und Selbstverständnis des Controlling. Thesen zur Konsensbildung, ZfB 1990, S. 281 - 293 MÄNNEL, W.: Erlösrcchnung, KRP 1990, S. 253 - 255 MÄNNEL, W.: Zur Gestaltung der Erlösrechnung, in CHMIELEWICZ, K. (Hrsg.): Entwicklungslinien der Kosten- und Erlösrechnung, Stuttgart 1983 SCHWEITZER, M.: Kostenkategorien, in KOSIOL, E„ CHMIELEWICZ, K. und SCHWEITZER, M. (Hrsg.): Handwörterbuch des Rechnungswesens, 2., völlig neu gestaltete Auflage, Stuttgart 1981 WEBER, H.K.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen. Band 1: Bilanz und Erfolgsrcchnung, 3., neubearbeitete Auflage, München 1988 WEBER, H.K.: Betriebswirtschaftliches Rechnungswesen. Band 2: Kosten- und Lcistungsrechnung, 3., neubearbeitete Auflage, München 1991 WEBER, J.: Controlling der Kostenrechnung - Zur Notwendigkeit des Einsatzes von Controlling-Instrumenten zur strategischen und operativen Ausrichtung der Kostenrechnung, KRP 1990, S. 203 - 208 WÖHE, G. unter Mitarbeit von DÖRING, U.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftsichre, 17., überarbeitete und erweiterte Auflage, München 1990

Elfter Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 1. Istkosten- und Istlcistungsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 1.1 Istkostenrechnung 1.1.1 Kostenartenrcchnung 1.1.1.1 Aufgaben der Kostenartenrcchnung 1.1.1.2 Gliederung der Kostenarten 1.1.1.3 Erfassung und Verrechnung der wichtigsten Kostenarten 1.1.1.3.1 Stoffkosten 1.1.1.3.1.1 Vorbemerkung 1.1.1.3.1.2 Erfassung der Stoffverbrauchsmengen 1.1.1.3.1.3 Bewertung der Stoffverbrauchsmengen 1.1.1.3.2 Pcrsonalkosten 1.1.1.3.3 Fremdleistungskosten und öffentliche Abgaben 1.1.1.3.4 Bctriebsmittelkosten (Kalkulatorische Abschreibungen) 1.1.1.3.4.1 Grundfragen 1.1.1.3.4.2 Bestimmung der Abschreibungssumme 1.1.1.3.4.3 Ermittlung des Abschreibungszeitraums 1.1.1.3.4.4 Festlegung der Abschreibungsmclhodc 1.1.1.3.5 Sonstige kalkulatorische Kosten 1.1.1.3.5.1 Kalkulatorische Zinsen 1.1.1.3.5.2 Kalkulatorischer Untemchmcrlohn und kalkulatorische Eigenmiete 1.1.1.3.5.3 Kalkulatorische Wagnisse 1.1.1.4 Zusammenfassung der Kostenarten 1.1.2 Kostenstellenrechnung 1.1.2.1 Aufgaben und Abrechnungsschritte der Kostenstellenrechnung 1.1.2.2. Einteilungsmöglichkeiten der Kostenstcllcn 1.1.2.2.1. Allgemeine Kriterien für die Bildung von Kostenstellen 1.1.2.2.2 Grundsätze der Kostenstellengliederung 1.1.2.2.3 Abrechnungstechnisch bedeutsame Typen von Kostenstellen 1.1.2.2.4 Kostcnstellensystematikcn der Praxis 1.1.2.3 Verteilungsproblematik und Kostcnschlilssel bei der Behandlung der Kostenträgergemeinkosten in der Kostenstcllenrcchnung 1.1.2.4 Bctriebsabrechnungsbogcn (BAB) 1.1.2.4.1 Aufgaben, Aufbau und Arbeitsschrilte 1.1.2.4.2 Bildung von Kalkulationssätzen (Zuschlags- bzw. Verrechnungssätzen) 1.1.2.4.3 Praktisches Beispiel für einen Bctriebsabrechnungsbogcn 1.1.2.5 Innerbetriebliche Lcistungsverrechnung 1.1.2.5.1 Begriff und Problematik der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung 1.1.2.5.2 Grundtypen innerbetrieblicher Leistungsströme 1.1.2.5.3 Gcsamtleislungsbczogcne und cinzclleistungsbezogcne Kostenverrcchnung 1.1.2.5.4 Gesamtleistungsbezogene Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen 1.1.2.5.4.1 Verrechnung einstufiger, einseitiger innerbetrieblicher Leistungsströme 1.1.2.5.4.1.1 Summarische Kostenstellcnumlagc 1.1.2.5.4.1.2 Kostenstcllcnumlagc mit Durchrechnung der Kostenartenstruktur 1.1.2.5.4.1.3 Nach Kostenartengruppen differenzierende Kostcnstellcnumlage 1.1.2.5.4.2 Verrechnung mehrstufiger, einseitiger innerbetrieblicher Leistungsströme 1.1.2.5.4.2.1 Kostenstellenumlageverfahren in der Variante des Stufcnleiterverfahrcns 1.1.2.5.4.2.2 Kostenstellenumlageverfahren in der Variante des Anbauverfahrens 1.1.2.5.4.2.3 Kostenstellenumlageverfahren in der Variante des Sprungverfahrens 1.1.2.5.4.3 Verrechnung wechselseitiger Leistungsverfiechtungen in Form des Gleichungsverfahrens 1.1.2.5.5 Einzelleistungsbezogene Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen 1.1.2.5.5.1 Kostenartenverfahren 1.1.2.5.5.2 Kostenstellenausgleichsverfahrcn 1.1.2.5.5.3 Kostenträgerverfahren 1.1.2.5.6 Verfahren der innerbetrieblichen Lcistungsverrechnung in der Gegenüberstellung 1.1.3 Kostenträgcrrcchnung 1.1.3.1 Inhalt und Aufgaben der Kostenträgcrrcchnung 1.1.3.2 Abrechnungsvorgänge und Abrechnungsfolgen der Kostenträgcrrcchnung 1.1.3.3 Kalkulationsverfahren 1.1.3.3.1 Systematik der Kalkulationsverfahren 1.1.3.3.2 Divisionskalkulationen 1.1.3.3.2.1 Divisionskalkulationen im engeren Sinn 1.1.3.3.2.2 Äquivalenzziffernkalkulation

583 583 583 583 585 588 588 588 589 590 596 598 599 599 600 600 602 604 604 608 609 610 612 .612 614 614 615 615 616 618 621 621 622 624 627 627 629 630 631 631 631 632 633 .635 635 637 638 640 642 642 643 645 646 650 650 651 655 655 658 658 663

1.1.3.3.3 Zuschlagskalkulationen 666 1.1.3.3.3.1 Summarische Zuschlagskalkulation 666 1.1.3.3.3.2 Differenzierende Zuschlagskalkulation als Lohnzuschlagskalkulation 667 1.1.3.3.3.3 Differenzierende Zuschlagskalkulation als Bezugsgrößcnkalkulation 670 1.1.3.3.3.4 Differenzierende Zuschlagskalkulation als Maschinenstundcnsatzrechnung 672 1.1.3.3.4 Kuppclkalkulationen 674 1.1.3.3.4.1 Restwertverfahren 674 1.1.3.3.4.2 Verteilungsverfahren 675 1.1.3.3.5 Prozeßkostenkalkulation 676 1.1.3.3.6 Einflußgrößen auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens 680 1.2 Istleistungsrechnung (Istcrlösrechnung) 682 1.2.1 Überblick 682 1.2.2 Erlösartenrechnung 682 1.2.3 Erlösstellenrechnung 685 1.2.4 Erlösträgerstückrechnung 686 1.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 687 1.3.1 Aufgaben und Überblick 687 689 1.3.2 Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung 1.3.2.1 Gesamtkostenverfahren 689 1.3.2.2 Umsatzkostenverfahren 691 1.3.2.3 Vergleichende Beurteilung des Gesamtkosten- und des Umsatzkostenverfahrens 692 1.3.2.4 Beispiclrcchnung 694 1.3.2.4.1 Daten der Beispielrechnung 694 1.3.2.4.2 Ermittlung des kalkulatorischen Periodcnerfolgs nach dem Gesamtkostenverfahren....696 1.3.2.4.3 Ermittlung des Periodenerfolgs nach dem Umsatzkostenverfahren 699 1.4 Kritische Beurteilung der Istkosten- und Istcrlösrechnung sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf der Basis von Istdaten 700 2. Normalkosten- und Normalleistungsrechnung auf Vollkostcn- und Vollcrlösbasis 703 2.1 Normalkostenrechnung 703 2.1.1 Einführung 703 2.1.2 Sekundärkostenrechnung auf der Grundlage von Normalkostcn 704 2.1.3 KostenträgerstUckrechnung bei Zuschlagskalkulation auf der Grundlage von Normalkosten 706 2.1.4 Betriebsabrechnungsbogen (BAB) und Beschäftigungsschwankungen 708 2.2 Normalleistungsrechnung 710 2.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 710 2.4 Kritische Beurteilung der Normalkostcn- und Normalcrlösrcchnung sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf der Basis von Normaldaten 712 3. Plankosten- und Planleistungsrechnung auf Vollkostcn- und Vollcrlösbasis 714 3.1 Plankostenrechnung 714 3.1.1 Formen der Plankostenrechnung 714 3.1.2 Aufbau und Durchführung der Plankostenrechnung 715 3.1.2.1 Vorgehensweise der Plankostcnrechnung 715 3.1.2.2 Ablaufschema der Plankostenrechnung 716 3.1.3 Systeme der Plankostenrechnung 717 3.1.3.1 Starre Plankostenrechnung 717 3.1.3.2 Flexible Plankostenrechnung als Vollkostenrcchnung 718 3.1.3.2.1 Sollkostcnfunktion und Abweichungsarten 718 3.1.3.2.2 Vorgehensweise beim Einsatz der flexiblen Plankostenrechnung als Vollkostenrechnung 721 3.1.3.3 Prozcßkostenrcchnung 722 3.1.3.3.1 Entstehung der Prozeßkostenrechnung 722 3.1.3.3.2 Ziele der Prozeßkostenrcchnung 723 3.1.3.3.3 Struktureller Aufbau der Prozeßkostenrechnung 724 3.1.3.3.3.1 Bezugsgrößenwahl 724 3.1.3.3.3.2 Ermittlung der Prozeßkostensätze 725 3.1.3.3.3.3 Prozeßorientierte Kostenkontrolle 726 3.1.3.3.3.4 Prozeßorientierte Kalkulation 726 3.1.3.3.4 Darstellung und Kritik der Prämissen der Prozcßkostenrechnung 727 3.2 Planleistungsrechnung (Planerlösrechnung) 728 3.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 730 3.4 Kritische Beurteilung der Plankosten- und Planerlösrechnung sowie der kurzfristigen Erfolgsrechnung auf der Basis von Plandatcn 732 Literaturhinweise 735

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 583

1. Istkosten- und Istleistungsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 1.1 Istkostenrechnung 1.1.1

Kostenartenrechnung

1.1.1.1 A u f g a b e n der

Kostenartenrechnung

Die Kostenartenrechnung bildet abrechnungstechnisch den ersten Teil der Kostenrechnung (Betriebsbuchhaltung). 1 Die Aufgabe der Kostenartenrechnung besteht in der systematischen Erfassung und Ausweisung sämtlicher mit der Erstellung und Verwertung betrieblicher Leistungen innerhalb einer Abrechnungsperiode anfallenden Kosten, gegliedert nach einzelnen Kostenarten. Die Kriterien dieser Erfassung sind Vollständigkeit, Eindeutigkeit und Überschneidungsfreiheit. Inhalt und Ausgestaltung der Kostenartenrechnung werden durch die folgenden beiden Zielrichtungen bestimmt: 1. Der Hauptzweck besteht in der Überführung von Kostendaten in die Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. 2. Der Nebenzweck besteht in der Möglichkeit, durch Zeit- und Betriebsvergleiche Informationen über den relativen Anteil einzelner Kostenarten an den Gesamtkosten zu gewinnen und mögliche Unwirtschaftlichkeiten aufzudecken. Datenquellen für die Kostenartenrechnung sind zunächst die Finanzbuchhaltung sowie die Lohn- und Gehalts- und die Materialbuchhaltung für die Bereitstellung der Grundkosten, die unmittelbar aus den Aufwendungen (Zweckaufwand) abgeleitet werden können. Darüber hinaus bietet es sich an, die kalkulatorischen Abschreibungen der Betriebsmittel und die kalkulatorischen Zinsen für das im Anlagevermögen gebundene Kapital, also die entsprechenden zu verrechnenden Anders- und Zusatzkosten, aus der Anlagenbuchhaltung zu übernehmen. Dagegen müssen die Wertansätze für andere kalkulatorische Kostenarten wie kalkulatorischer Unternehmerlohn, kalkulatorische Eigenmiete sowie kalkulatorische Wagnisse in speziellen, ausschließlich für die Kostenartenrechnung zu erstellenden Sonderrechnungen ermittelt werden. Diese Notwendigkeit resultiert aus der Tatsache, daß diese Wertansätze nicht unmittelbar aus buchhalterisch dokumentierbaren Geschäftsvorfällen ableitbar sind. Die Stellung der Kostenartenrechnung im Rahmen der Kostenrechnung und die abrechnungstechnischen Schritte bei der Verrechnung der Kosten von der Kostenarten- über die Kostenstellen- in die Kostenträgerrechnung, wie sie für die Vollkostenrechnung typisch sind, können an Hand der Abb. 1 demonstriert werden. 2 Danach erfolgt zunächst die separate Erfassung der gesamten primären Kostenarten hinsichtlich ihrer Mengen- und Wertkomponenten. Diese werden anschließend in Kostenträgereinzelkosten und Kostenträgergemeinkosten aufgespalten. 1

2

Zur Kostenartenrechnung vgl. insbesondere HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 128 ff., KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 66 ff., HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung. (1977), S. 62 ff., HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 45 ff., HEINEN, E. und DIETEL, B.: Kostenrechnung, (1991), S. 1206 ff., KILGER, W.: Einführung in die Kostenrechnung, (1987), S. 69 ff., sowie WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 1222 ff. Zur Abb. 1 vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 130, und HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 88 und S. 109.

584

Teil III: Rechnungslegung filr den Opcrativbereich scpcrate Erfassung der verschiedenen primären Kostenarten I X X KOSTENARTENRECHNUNG I Kostenträgergemeinkosten

| Kostenträgereinzelkostcn | [_

KOSTENSTELLENRECHNUNG

Primärkostenerfassung für die Kostenslcllen

I Vorkostenstcllen

III

]

[

Endkostenstcllcn M

Fl

F2

F3

VW

v

Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen

M

X

T

F2

F3

X

X

VW

X

Zuschlags- bzw. Verrechnungssätze der Endkostenstcllcn

-1

1

1

C=E

KOSTENTRÄGERRECHNUNG 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Kalkulationsclcmente Matcrialeinzclkosten Matcrialgemeinkostcn Matcrialkostcn Fertigungseinzclkostcn Fcrtigungsgemeinkoslen Sondercinzelkostcn der Fertigung Fertigungskosten Herstellkosten VerwaltunRsgemcinkosten Vertriebsgemeinkostcn Sondereinzelkosten des Vertriebs Selbstkosten

Kostenträger

I

I I

1

Abb. 1: Abrechnungstechnische Schritte bei der Verrechnung der Kosten von der Kostenarten- über die Kostenstellen- in die Kostenträgerrechnung Die Kostenträgereinzelkosten fließen direkt, d. h. unter Umgehung der Kostenstellenrechnung, in die Kostenträgerrechnung ein. Dagegen werden die Kostenträgergemeinkosten zunächst in der Weise in die Kostenstellenrechnung übernommen, daß ihre Erfassung und Ausweisung jeweils in den Kostenstellen erfolgt, in denen ihr Anfall verursacht wurde bzw. zu verantworten ist. Kostenträgergemeinkosten werden also prinzipiell als Kostenstelleneinzelkosten ausgewiesen. Dieses Prinzip wird jedoch in der Praxis nicht selten dadurch umgangen, daß Betriebe aus Gründen der abrechnungstechnischen Vereinfachung eine Vorverteilung von Kostenarten vornehmen. Konkret bedeutet dies: Verzicht auf eine Kostensammlung in einer Kostenstelle mit

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 58S

anschließender Anlastung von Kostenbestandteilen im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung nach Maßgabe der in Anspruch genommenen Leistungen. Anstelle dessen Aufteilung der Kosten bereits im ersten Rechenschritt nach Maßgabe festliegender Schlüssel auf die einzelnen Kostenstellen, beispielsweise Aufteilung der Gebäudekosten in Form von Abschreibungen, Mieten und Heizungskosten nach Quadratmetern Nutzfläche. Eine derartige Vorgehensweise schlüsselt Kosten, die im Prinzip als Kostenstelleneinzelkosten erfaßbar sind, bereits bei ihrem erstmaligen Ausweis in der Kostenstellenrechnung als Kostenstellengemeinkosten auf und legt sie anteilig um. Eine derartige Vorgehensweise ist nicht unproblematisch und birgt Mängel und Gefahren. 3 Wie bereits erläutert wurde, ist für die abrechnungstechnischen Schritte der Kostenrechnung eine zeitliche Reihenfolge in der Weise bestimmend, daß die Kostenstellenrechnung zwischen der zeitlich vorgeschalteten Kostenartenrechnung und der zeitlich nachgeschalteten Kostenträgerrechnung positioniert ist. Die Dominanz dieser Reihenfolge schließt jedoch nicht aus, daß Aufgaben der Kostenarten- und der Kostenstellenrechnung einerseits sowie der Kostenarten- und der Kostenträgerrechnung andererseits zeitlich parallel durchgeführt werden. So fixiert man zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung einer Kostenart gleichzeitig auch die Kostenstelle, in welcher diese Kostenart verbraucht wurde und die entsprechenden Kostenstelleneinzelkosten auszuweisen sind. In analoger Weise geht man vor, wenn für die Erledigung eines Kundenauftrags ein spezieller Rohstoff eingekauft und unmittelbar anschließend verbraucht wird. In diesem Fall erfolgt bei der Erfassung der Kostenart gleichzeitig die Fixierung des Kostenträgers, dem sich diese Kosten als Einzelkosten direkt zurechnen lassen. Dieser Sachverhalt ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Verknüpfung der einzelnen Teile der Kostenrechnung, wie sie in Abb. 1 ausgewiesen ist und auf die bei der weiteren Darstellung der Kostenrechnung immer wieder zurückgegriffen wird. 1.1.1.2 G l i e d e r u n g der

Kostenarten

Für die Kostenartenrechnung ist die Differenzierung nach der Herkunft der Kostengüter in primäre und sekundäre Kosten von grundlegender Bedeutung. Gegenstand der Kostenartenrechnung ist ausschließlich die Erfassung primärer Kosten, während die sekundären Kosten, resultierend aus dem Wiedereinsatz selbsterstellter innerbetrieblicher Leistungen, beispielsweise in Form eigenerzeugter Energie und selbsterstellter Anlagen, in diesem Teil der Kostenrechnung unberücksichtigt bleiben. Für die Gliederung der primären Kostenarten existieren keine bindenden Vorschriften. Vielmehr hat jedes Unternehmen diese Gliederung an seinen speziellen Informationsbedürfnissen auszurichten. Steht die diesbezügliche Entscheidung fest, so ist die Gliederung der Kostenarten in einem Kostenartenplan der Unternehmung festzuhalten. Um jedoch eine möglichst weitgehende Einheitlichkeit bei der Aufstellung von Kostenartenplänen zu erreichen, existiert ein Vorschlag für alle Industrieunternehmen in Form des Gemeinschaftskontenrahmens der Industrie (GKR), welcher in der Kontenklasse 4 einen Gliederungsvorschlag enthält, der in Abb. 2 dargestellt ist. Aus dieser Abbildung geht hervor, daß der Gliederungssystematik mehrere Kriterien zugrunde liegen. So finden wir dort zum einen die Differenzierung nach der Art der verbrauchten Produktionsfaktoren, wenn beispielsweise zwischen Stoff- und 3

Vgl. S. 738 ff.

586

Teil III: Rechnungslegung filrden Operativbereich

Personalkosten unterschieden wird. Die Differenzierung zwischen Grundkosten und kalkulatorischen Kosten geht auf das Unterscheidungsmerkmal Wertkomponente der Kosten zurück, während die Kostenart Bürokosten auf den Ort des Kostenanfalls abhebt. Deutlich wird aber auch, daß das Schema der Abb. 2 über das Erfassen und Systematisieren der primären Kosten hinausgeht, wenn in der Kostenartengruppe 49 die innerbetriebliche Kosten- und Leistungsverrechnung, also die Verrechnung von Sekundärkosten enthalten ist. Stoffverbrauch-Sammelkonto Einsatzstoffe Fertigungsstoffe Klein- und Normteile Bestandteile (Einbauteile), Zwischenerzeugnisse und dergleichen Handelswaren Auswärtige Bearbeitung Stoffe für innerbetriebliche Leistungen Hilfsstoffe Betriebsstoffe Vcrpackungsstoffe (z.B. Kisten- und Lattenholz, Nägel, Bandeisen usw.) Werkzeuge und dergleichen Stoffverbrauch (ohne Brennstoffe und Energien) Feste, flüssige und gasförmige Brennund Treibstoffe Energie und dergleichen Brennstoffe, Energie und dergleichen Stoffkosten und dergleichen Löhne-Sammclkonto (einschließlich Lohnabschlagszahlungen) Fertigungslöhne Löhne für innerbetriebliche Leistungen Hilfslöhne Betrieblich bedingte, bezahlte Wartezeiten Lohnarbeitszuschläge und besondere Zulagen Bezahlte Freizeit Gehälter Löhne und Gehälter Gesetzliche und tarifliche Sozialkosten Freiwillige Sozialkosten Andere Personalkostcn Sozialkosten und andere Personalkostcn Personalkostcn und dergleichen

400 401-402 403-404 405 406 407 408 409 410-411 412-415 416 417-419 40-41 420-424 425-429 42 40-42 430 431 432 433-435 436 437 438 439 43 440 441-447 448 44 43-44

Instandhaltung Allgemeine Dienstleistungen Entwicklungs-, Versuchs- und Konstruktionskosten Mehr- bzw. Minderkosten Instandhaltung, verschiedene Leistungen und dergleichen Steuern Abgaben, Gebühren und dergleichen Beiträge und Spenden Versicherungsprämien Steuern, Gebühren, Beiträge, Versicherungsprämien und dergleichen Raum-, Maschinenmicten und dergleichen Verkehrskosten Bürokosten Werbe- und Vcrtrclerkoslcn Finanzspesen und sonstige Kosten Mieten, Verkehrs-, Büro-, Werbekosten und dergleichen Betriebsbedingte Abschreibungen Betriebsbedingte Zinsen Betriebsbedingte Wagnisprämien Kalkulatorischer Unlemchmerlohn Sonstige kalkulatorische Kosten Kalkulatorische Kosten Sondereinzelkosten Innerbetriebliche Kosten- und Lcistungsverrcchnung Sammclkonto, zeitliche Abgrenzung Sammelkonto Kostenarten Innerbetriebliche Kosten- und Lcistungsvcrrechnung, Sondereinzelkosten und Sammelverrcehnungen

450454 455 456 457-459 45 460-463 464467 468 469 46 470471 472475 476 477478 479 47 480 481 482 483 484 48 490494 495497 498 499 49

Abb. 2: Gliederung der Kostenarten innerhalb der Kontenklasse 4 des Gemeinschaftskontenrahmens der Industrie (Aus HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 134)

Eine von dieser Gliederungssystematik abweichende Variante zeigt Abb. 3. In dieser Abbildung dominiert das Bemühen, die Gliederung der Gesamtkosten eines Unternehmens nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren (Personalkosten, Anlagenkosten, Materialkosten) vorzunehmen und dieses Gliederungsprinzip auch durchgängig beizubehalten. Viele Unternehmen beschränken sich auf einen Kostenartenplan. In der Praxis ist jedoch häufig der Tatbestand anzutreffen, daß aufgrund verschiedenartiger Auswertungsinteressen mehrere unterschiedliche Kostenartensystematiken parallel zueinander existieren.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Lcistungs- u n d Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis Zeitlöhne Akkordlöhne Grundlöhne Zusatzcntgelte Löhne A r b e i t g e b e r n tei Ic SozialvcrsicherunR Beiträge zur Berufsgenossenschaft Behindertenabgabe sonstige Lohnnebenkosten Lohnnebenkosten Lohnkosten Gehälter Gehaltsncbcnk osten Gchaltskostcn AusbildungsverRütung Heimarbeiterlöhne sonstige Sondcrcntgclte Sondcrcntgelte Personalleasing PERSONALKOSTEN planmäßiRe AbschrcibunRcn Grundstückspachlen Raummictcn

Z

AnlaRenvorhaltunRskosten InstandhaltunRskostcn FeuervcrsicherunRen Einbruch- und Dicbstahlvcrsicherungen sonstiRe VcrsichcrunRen Grundstück- und Gebäudeversicherung Gebühren und Steuern Grundstücke und Gebäude planmäßiRe Abschreibungen geringwertige Wirtschaftsgüter Maschinenmicten und -leasing AnlaRenvorhaltunRskosten InstandhallunRsmaterial Fremdinstandhaltung Instandhaltungskosten Maschinenversichemng Gebühren und Steuern Maschincnkostcn Kosten sonstiger Anlagen ANLAGENKOSTEN Z

587

Handelswaren Fertigungsmaterial Fertigungsstoffe Instandhaltungsmatcrial BUromaterial sonstige Materialien MATERIALKOSTEN Z Treibstoffe Kohle sonstige EnerRicträRcr Energieträger Strom ENERGIEKOSTEN Z Fremdfertigung Fremdtransporte Bewirtung Reise- und Übemachtungskosten Vcrtrcterkoslcn Fremdakquisition sonstige Dienstleistungen (i.e.S.) D I E N S T L E I S T U N G S K O S T E N (i.e.S.) Z Produkthaftpflicht Warcnkrcditvcrsichcrung gcsamtuntemehmcnsbczoficne Versicherungen sonstige Versicherungen VERSICHERUNGSKOSTEN z Lizenzgebühren Konzessionen und Patentgebühren Kosten sonstiger fremder Rechte KOSTEN FREMDER RECHTE z BEITRÄGE, GEBÜHREN, ZÖLLE U N D STEUERN Eigcnkapitalzinsen Fremdkapital/.insen Kosten des Kapitalverkehrs sonstige K a p i t a l i s t e n KAPITALKOSTEN z Werbematerial Rundfunk- und Fernsehwerbung WERBEKOSTEN SONSTIGE KOSTEN

z z

Abb. 3: Beispiel für einen Kostenartenplan zur Primärkostenerfassung mit einer Gliederung nach der Art der eingesetzten Produktionsfaktoren (Aus HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 136)

Neben der vorstehend diskutierten Systematisierung der primären Kostenarten und deren Konkretisierung in Kostenartenplänen stellt sich die Frage nach der Art der Ü b e r n a h m e dieser Kostenarten aus vorgelagerten Rechenkreisen in die Kostenartenrechnung. Für die Beantwortung dieser Frage soll zwischen der Finanzbuchhaltung einerseits sowie der Lohn- und Gehalts-, Anlagen- und Materialbuchhaltung (also den Nebenbuchhaltungen der Elementarfaktoren) andererseits unterschieden werden. Die Übernahme der Kosteninformationen aus den Nebenbuchhaltungen der Elementarfaktoren ist Gegenstand nachfolgender Ausführungen. Für die Finanzbuchhaltung als Datenlieferant der aufwandsgleichen Kosten bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten für die informatorische Verzahnung mit der Kostenartenrechnung: Einmal kann die Erfassung der aufwandsgleichen Kosten so organisiert sein, daß jeder Geschäftsvorfall einer Abrechnungsperiode, der zugleich

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

588

Aufwand und Kosten in gleicher Höhe auslöst, sowohl in der Finanzbuchhaltung als auch parallel und simultan in der Kosten(arten)rechnung verbucht wird. Eine derartige Vorgehensweise hat als Vorteile die ständige Aktualität sowie die Möglichkeit direkter Kontrolle. Diesen Vorteilen stehen die Nachteile eines hohen Erfassungs- und Rechenaufwandes gegenüber, die jedoch durch den Einsatz leistungsfähiger EDVKonzepte reduziert werden können. Bewertet man diese Vorgehensweise unter dem Aspekt ihres Einsatzes in der Praxis, so ist festzustellen, daß die Unternehmen mehrheitlich einen anderen Weg der informatorischen Verzahnung von Finanzbuchhaltung und Kostenartenrechnung wählen. Nach diesem werden die für eine Aufwandsart insgesamt innerhalb einer Abrechnungsperiode, in der Regel monatlich, angefallenen Beträge verbucht und zum Periodenende summarisch in die Kosten(arten)rechnung übernommen. Dabei kehren sich die Vor- und Nachteile der ersten Variante um. 1.1.1.3 E r f a s s u n g und Verrechnung der wichtigsten

Kostenarten

1.1.1.3.1 Stoffkosten 1.1.1.3.1.1 Vorbemerkung Für den alle beweglichen materiellen Güter (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Betriebsstoffe, Werkzeuge, fremdbezogene Teile, Handelswaren sowie Büroartikel) umfassenden Begriff der Materialien hat sich, insbesondere für den Bereich der Industrie, der Begriff der Stoffe eingebürgert. 4 Entsprechend werden die Begriffe Materialkosten und Stoffkosten synonym verwandt. 5 Die Entscheidung über die Art und Weise der Weiterverrechnung der Stoffkosten in der Kostenrechnung hängt wesentlich von der Beantwortung der Frage ab, ob man die bewerteten Stoffverbräuche ausschließlich kostenträgerbezogen oder aber zusätzlich kostenstellenbezogen erfaßt, d. h. in den Kostenstellen ausweist, in denen die Stoffverbräuche für die Herstellung der Produkte erfolgen. Während die Rohstoffe kostenträgerbezogen erfaßt, ihre bewerteten Verbrauche also als Kostenträgereinzelkosten den Kostenträgern direkt zugeordnet werden, dominiert bei Hilfs- und Betriebsstoffen die kostenstellenbezogene Erfassung der bewerteten Verbrauche. Hilfsstoff- und Betriebsstoffkosten werden folglich als Kostenträgergemeinkosten erfaßt und über Kalkulationssätze im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung weiterverrechnet. 6 Die Erfassung der Stoffkosten erfolgt in zwei Schritten: Zunächst werden die Stoffverbrauchsmengen festgestellt. An diesen ersten Schritt schließt sich die Bewertung dieser Verbrauchsmengen an. Organisatorisch sind an diesem Prozeß die Materialbuchhaltung (Materialabrechnung), die Betriebsabrechnung (als Oberbegriff für die Kostenarten- und die Kostenstellenrechnung) und die Finanzbuchhaltung beteiligt. In der Materialbuchhaltung werden die Stoffverbrauchsmengen ermittelt. Die Finanzbuchhaltung liefert das erforderliche Zahlenmaterial für die Bewertung, und die Betriebsabrechnung nimmt diese Bewertung vor und führt die Weiterverarbeitung der Kostenwerte durch. Die weiteren Überlegungen befassen sich zunächst mit den Methoden zur Ermittlung der Stoffverbrauchsmengen.

4

5 6

Zum Begriff der Stoffe vgl. SCHWEITZER, M. und KÜPPER. H.-U.: Systeme der Kostenrechnung, (1991), S. 117, sowie VODRAZKA, K.: Materialkosten, Abrechnung der, (1981), Sp. 1170. Vgl. beispielsweise HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 67. Vgl. hierzu auch SCHWEITZER, M. und KÜPPER. H.-U.: Systeme der Kostenrechnung, (1991), S. 148.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leislungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 589

1.1.1.3.1.2 Erfassung der Stoffverbrauchsmengen Für die Erfassung der Stoffverbrauchsmengen haben sich drei Methoden herausgebildet, die Inventurmethode, die Skontrationsmethode und die Rückrechnung. Inventurmethode (Befundrechnung, Bestandsdifferenzrechnung). Bei der Inventurmethode basiert die Materialerfassung auf einer am Ende jeder Periode durchgeführten körperlichen Bestandsaufnahme. Dabei bestimmt sich der Materialverbrauch in einem bestimmten Zeitraum nach der Beziehung: Materialverbrauch der Periode = Ist-Anfangsbestand + Zugang - Ist-Endbestand Der Ist-Anfangsbestand repräsentiert den Lagervorrat zu Beginn der Periode, seine Höhe resultiert aus dem Ergebnis der Inventur am Ende der Vorperiode. Der Zugang stellt die Lagerbestandserhöhung während der Periode dar und liegt in Form von Aufzeichnungen vor. Der Ist-Endbestand, also der Lagervorrat zum Ende der Periode, resultiert wiederum aus einer körperlichen Bestandsaufnahme. Sicher ist die Inventurmethode in der Lage, bei sorgfältiger Durchführung eine exakte Aussage über nicht mehr vorhandene Stoffmengen zu treffen. Offen bleibt jedoch die Beantwortung der Frage, ob diese Stoffe ausschließlich für die Leistungserstellung eingesetzt wurden oder aber in Form von Schwund, Verderb oder Diebstahl in Abgang zu stellen sind. Als weitere Nachteile sind die Tatsachen zu registrieren, daß die körperliche Bestandsaufnahme einen erheblichen Arbeitsaufwand verursacht und daß ihre im Rahmen der Finanzbuchhaltung einmal im Jahr gesetzlich vorgeschriebene Durchführung für die Zwecke der Kostenrechnung nicht ausreicht, da diese eine möglichst laufende, zumindest aber monatlich durchgeführte Verbrauchsermittlung verlangt. Auch legt eine zentral für alle Stoffarten institutionalisierte Lagerhaltung nicht offen, in welchen Kostenstellen und für welche Kostenträger die Stoffe im einzelnen verbraucht wurden. Skontrationsmethode (Fortschreibungsmethode). Gerade der zuletzt genannte Nachteil der Inventurmethode kann dadurch eliminiert werden, daß man mit Hilfe von Materialentnahmescheinen die Lagerabgänge nach Stoffarten differenziert aufzeichnet. Bei der in der Praxis weit verbreiteten Skontrationsmethode werden auf diesen Materialentnahmescheinen die stoffverbrauchende Kostenstelle und der Kostenträger festgehalten, für dessen Herstellung die betreffende Stoffart eingesetzt werden soll. Letzteres kann jedoch nur unter der Voraussetzung geschehen, daß zum Zeitpunkt der Lagerentnahme der Kostenträger bereits bekannt ist. Mit dem Materialverbrauch in einem bestimmten Zeitraum ergibt sich dann folgende Beziehung: Soll-Endbestand = Ist-Anfangsbestand + Zugang - Abgang Während der Zugang, also die Lagerbestandserhöhung der Periode, wiederum in Form von Aufzeichnungen vorliegt, resultiert die Größe des Lagerabgangs während der Periode aus der Summe der Entnahmemengen laut Materialentnahmescheinen. Der Anfangsbestand der Periode, der zugleich wiederum den Endbestand der Vorperiode darstellt, resultiert aus einer körperlichen Bestandsaufnahme am Ende der Vorperiode. Der auf diese Weise bestimmte buchmäßige Soll-Endbestand kann kontrolliert werden, indem man beispielsweise jährlich den Ist-Bestand mit Hilfe einer Inventur ermittelt. Durch die Gegenüberstellung beider Bestandswerte besteht die Möglichkeit, nicht leistungsbedingte Stoffverbräuche transparent werden zu lassen. Der Einsatz der Fortschreibungsmethode kann sich sehr aufwendig gestalten. Zur Unterstützung der Materialbuchhaltung stehen jedoch verschiedene Varianten von EDVStandard-Software zur Verfügung.

590

Teil III: Rechnungslegung für den Opcralivbereich

Rückrechnung (retrograde Methode). Sind die Verbrauchsmengen einzelner Stoffarten derart determiniert, daß diese in Form von Standardverbräuchen in Stücklisten und/oder Rezepturen festgehalten werden können, bietet sich für die Erfassung der Lagerabgänge die Rückrechnung an. Nach dieser Methode bestimmt sich dann der Materialverbrauch in einem bestimmten Zeitraum nach der Beziehung: Materialverbrauch der Periode = Summe der Produkte aus den produzierten Stückzahlen der Periode und den jeweiligen Sollverbrauchsmengen pro Stück Da von dieser Sollgröße die tatsächlichen Stoffverbräuche jedoch mehr oder weniger stark abweichen können, sollte zumindest in größeren zeitlichen Abständen mit Hilfe einer Inventur die Istverbrauchsmenge als Kontrollgröße ermittelt werden. Zusammenfassend kann man feststellen, daß in dem Maße die Genauigkeit der Analyse des Stoffverbrauchs steigt, in welchem alle drei Methoden kombiniert miteinander eingesetzt werden. 1.1.1.3.1.3 Bewertung der Stoffverbrauchsmengen Die Bewertung von Stoffverbrauchsmengen und die Bewertung von Stoffvorräten stehen in einem engen Zusammenhang. Die Beantwortung der Frage, in welcher Weise die Gegenstände des Vorratsvermögens zu bewerten sind, ist insbesondere für die Aufstellung der Bilanz von entscheidender Bedeutung. 7 Prinzipiell gilt hier der Grundsatz der Einzelbewertung, d. h. jeder einzelne Gegenstand des Vorratsvermögens ist gesondert zu erfassen und mit dem historischen Anschaffungspreis zu bewerten. Doch sind abweichend vom Grundsatz der Einzelbewertung für bestimmte Arten von Vermögensgegenständen vereinfachte Verfahren der Bewertung zulässig. Der Einsatz dieser Bewertungsvereinfachungsverfahren geht weit über die Bewertung des Materialverbrauchs hinaus. An dieser Stelle werden sie nur unter dem Aspekt des Materialverbrauchs betrachtet, so daß hier von den Bewertungsvereinfachungsverfahren nur die Verfahren der Gruppen- und der Sammelbewertung zu diskutieren sind. 8 Eine Zusammenstellung der unterschiedlichen Verfahren zur Bewertung von Materialverbräuchen im Rahmen der Kostenrechnung ist aus Abb. 4 ersichtlich. Bewertung des Materialverbrauchs Gruppenbewertung

Sammclbcwertung

Von historischen Anschaffungspreisen unabhängige Bewertung

Abb. 4: Verfahren zur Bewertung von Materialverbräuchen Mit Hilfe der Gruppenbewertung besteht die Möglichkeit, annähernd gleichartige und gleichwertige Materialien zu einer Gruppe zusammenzufassen und diese gemeinsam zu bewerten. So können die Bestandsveränderungen und Verbrauche in der Weise erfaßt und bewertet werden, daß sie gewogen und mit einem Durchschnittspreis pro Gewichtseinheit (z. B. pro t oder pro kg) angesetzt werden. Diese Vorgehensweise macht es überflüssig, dem Lager entnommene und verbrauchte Stoffeinheiten, beispielsweise in Form von Schrauben, einzeln zu zählen. Es ist dazu jedoch notwendig, bestimmte Materialkostenarten zusammenzufassen, was den Erfassungsaufwand und die Erfassungsgenauigkeit gleichermaßen reduziert. 7 8

Vgl. S. 840 ff. Zu den Bewertungsvereinfachungsverfahren und zur Bewertung des Materialverbrauchs vgl. HEINEN, E. und KUPSCH, U.: Rechnungslegung, (1991), S. 1402 ff., EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 253 ff., sowie HUMMEL, S. und MÄNNEL, U.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 146 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 591

Vor einer Analyse der weiteren Verfahren zur Bewertung von Materialverbräuchen ist es notwendig, beim Materialverbrauch zwischen Auftragsmaterial und Vorratsmaterial zu differenzieren. Von Auftragsmaterial spricht man dann, wenn dieses aufgrund vorliegender individueller Kundenaufträge speziell zu deren Realisierung bereitgestellt wird. Die Lagerdauer dieses Auftragsmaterials strebt gegen Null. Auch kommt ihre Wiederbeschaffung nur höchst selten in Betracht. Als Wertansatz dienen die Anschaffungskosten. Sie ergeben sich aus dem Einstandspreis, vermindert um Preisnachlässe und vermehrt um die Anschaffungsnebenkosten. Zum Vorratsmaterial zählen beispielsweise alle Standardmaterialien und Normteile, die für Unternehmen etwa mit Sorten-, Serien- oder Massenfertigung in großen Mengen bereitgestellt werden müssen. Dies bedingt häufig eine umfangreiche Lagerhaltung mit der Konsequenz, daß die Lagerabgänge in entsprechender Weise wieder aufzufüllen sind. Verfahren der Sammclbcwcrtung zur Bewertung von wiederzubcschaffcndcm Vonatsmatcrial Bewertung mit Durchschnittspreisen Bewertung mit dem gewogenen arithmetischen Mittel historischer Anschaffungspreise

Bewertung mit gleitenden Durchschnittspreisen

Bewertung mit unter Verwendung von Vcrbrauchsfolgeverfahren ermittelten Preisen zeitorientierte Verfahren FIFO

LIFO

wertoricnticrte Verfahren HIFO

LOFO

Abb. 5: Verfahren der Sammelbewertung Für die Bewertung der Verbrauche von wiederzubeschaffenden Vorratsmaterialien eignen sich in besonderer Weise die Verfahren der Sammelbewertung, die im Überblick in der Abb. 5 ausgewiesen sind. Danach können zwei Gruppen unterschieden werden: Verfahren- bzw. Methoden, die sich an der Bewertung mit Durchschnittspreisen orientieren, und Verfahren, die eine Bewertung mit Preisen vornehmen, die sich aus fiktiven Verbrauchsfolgen ableiten lassen. Letztere gliedern sich in zeitorientierte und wertorientierte Verfahren. Die Verfahren FIFO (First in - first out) und LIFO (Last in - first out) gehören in die Gruppe der zeitorientierten Verbrauchsfolgeverfahren, während die Verfahren HIFO (Highest in - first out) und L O F O (Lowest in - first out) den wertorientierten Verbrauchsfolgeverfahren zuzurechnen sind. Zu den Verfahren auf der Grundlage von Durchschnittspreisen zählen die Bewertung mit dem gewogenen arithmetischen Mittel historischer Anschaffungspreise und die Bewertung mit gleitenden Durchschnittspreisen. Alle sechs Bewertungsverfahren sollen an Hand eines Zahlenbeispiels, dessen Daten der Abb. 6 zu entnehmen sind, demonstriert werden. Dabei beträgt der Planungshorizont drei Monate, d. h. es wird beispielsweise das erste Quartal eines bestimmten Jahres betrachtet. Der Durchschnittspreis gilt für den Anfangsbestand, die Anschaffungspreise sind für die Zugänge zu zahlen. Anfangsbestand Zugang am Monatsanfang Monatsverbrauch Monatsendbestand Durchschnitts- bzw. Anschaffungspreis

Dimension (ME) (ME) (ME) (ME) (DM/ME)

Januar

Februar

März

700 800 900 36

1000 600 1300 24

900 1200 1000 32

1000

30

Abb. 6: Daten für die Beispielrechnung

592

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbcreich

Als erstes Verfahren der Sammelbewertung soll die Bewertung mit dem gewogenen arithmetischen Mittel historischer Anschaffungspreise betrachtet werden. Dieses Verfahren geht von der Fiktion aus, daß der Anfangsbestand und die einzelnen Beschaffungslosgrößen jeweils in der gleichen Relation sowohl in die Verbrauchsquanten als auch in den Lagerbestand eingehen. Im einzelnen ist die Vorgehensweise die folgende (vgl. Abb. 7): Menge ME

Preis Wert DM/ME DM 1.000 30 Anfangsbestand 30.000 Zugang Januar 700 36 25.200 Zugang Februar 1.000 24 24.000 Zugang Marz 900 32 28.800 Gesamtmenge: 3.600 Wert 108.000 108.000 DM Durchschnittspreis - 30 DM/ME M E Wert der Verbrauche: (800 ME + 600 ME + 1.200 ME) 30 DM/ME = 78.000 DM Wert des Endbeslandcs: 1.000 ME • 30 DM/ME = 30.000 DM

Abb. 7: Bewertung mit dem gewogenen arithmetischen Mittel historischer Anschaffungspreise Zunächst werden Anfangsbestand und monatliche Zugänge mit ihrem Durchschnittsbzw. Anschaffungspreis gewichtet. Die Summe dieser Produkte wird anschließend durch die Summe aus Anfangsbestand und Zugängen dividiert und liefert im Beispiel einen Durchschnittspreis von 30 DM/ME. Mit diesem sind dann die Verbrauche und der Endbestand zu bewerten. Liegen inflationäre Zeiten vor, so kann das dazu führen, daß die für die einzelnen Stoffarten ermittelten Durchschnittspreise erheblich unter den Anschaffungspreisen liegen, die für die zuletzt eingegangenen Beschaffungsquanten zu zahlen sind. Um zu verhindern, daß sich auf diese Weise die Kostenrechnung zum Zeitpunkt des Materialverbrauchs zu stark von den Wiederbeschaffungspreisen löst, besteht die Möglichkeit, das vorstehend geschilderte Verfahren dadurch zu verfeinern, daß man zur Bewertung mit gleitenden Durchschnittspreisen übergeht (vgl. Abb. 8, Abweichungen in der Rechnung durch Rundungsfehler). Bei diesem Verfahren ermittelt man beispielsweise nach jedem Stoffzugang einen neuen Durchschnittswert, mit dem der jeweilige Materialverbrauch bewertet wird. Mit einer derartigen Fortschreibung kann eine weitgehende Aktualisierung der Durchschnittspreise erreicht werden. MoAnfangsbestand Zugang Verbrauch Endbcsland Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert nat Menge Preis ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 30 30.000 700 36 25.200 800 32,47 25.976 900 32,47 29.224 Febr. 900 32,47 29.224 1.000 24 24.000 600 28,01 16.806 1.300 28,01 36.418 März 1.300 28,01 36.418 900 32 28.800 1.200 29,64 35.574 1.000 29,64 29.644 I 2.600 78.000 2.600 78.356 1.000 29,64 29.644 1. Durchschnittspreis: 2. Durchschnittspreis: 3. Durchschnittspreis: (30.000 + 25.200) DM (29.224 + 24.000) DM (36.418 + 28.800) DM (1.000 + 700) M E -J2'4/ ( 9 0 0 + 1.000) ME (1.300 + 900) ME DM/ME DM/ME DM/ME

Abb. 8: Bewertung mit gleitenden Durchschnittspreisen Wenden wir uns nun den Verfahren zu, die eine Bewertung mit unter Verwendung von Verbrauchsfolgen ermittelten Preisen vornehmen. Für diese Verfahren ist generell charakteristisch, daß sie jeweils eine fiktive Verbrauchsfolge hinsichtlich der

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 593

innerhalb einer Periode bereitgestellten Stoffmenge unterstellen. Es ist nicht notwendig, daß diese fiktive Verbrauchsfolge tatsächlich realisierbar ist. Die Bewertung der Stoffverbräuche sowie der Stoffbestände kann periodenbezogen (gesamtperiodenbezogen) oder permanent (teilperiodenbezogen) durchgeführt werden. Im ersten Fall werden Verbrauch und Bestand nur einmal am Ende des betrachteten Zeitraumes (hier am Ende des Quartals) bewertet, während im zweiten Fall eine fortlaufende Erfassung und Bewertung des Stoffverbrauchs nach Maßgabe der fiktiven Verbrauchsfolge erfolgt. Als erstes wollen wir die zeitorientierten Verfahren behandeln und hier zunächst die FIFO-Methode beschreiben, die auf der Fiktion basiert, daß die zuerst beschafften Stoffe auch zuerst verbraucht werden. Plausibel ist diese unterstellte Verbrauchsfolge dann, wenn es sich um Stoffe handelt, die möglichst nicht veralten sollen, also ein reines Durchgangslager vorliegt. Wir wollen das bekannte Zahlenbeispiel der Abb. 6 zunächst für die gesamtperiodenbezogene Variante betrachten. Aus Abb. 9a geht hervor, daß sich der Lagerbestand Ende März auf 1.000 ME einstellt. Er besteht nach Maßgabe der gewählten Verbrauchsfolge aus dem gesamten Zugang zu Beginn des Monats März sowie aus 100 ME aus dem Zugang zu Beginn des Monats Februar und weist daher einen Wert in Höhe von 31.200 DM auf. Der Wert des gesamten Verbrauchs des Quartals beträgt dementsprechend 76.800 DM. Betrachten wir nun die teilperiodenbezogene Variante der FIFO-Methode. Aus Abb. 9b geht im Detail hervor, wie sich der Endbestand Ende März in Höhe von 1.000 ME im Wert von 31.200 DM aufbaut. Beide Varianten der FIFO-Methode führen mengen- und wertmäßig stets zum gleichen Materialverbrauch und zum gleichen Endbestand. MoZugang Verbrauch Endbestand Anfangsbestand Wert Menge Preis Wert nat Menge Preis Wert Menge Preis Wert Menge Preis ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 30 30.000 700 36 25.200 800 30 24.000 Febr. 1.000 24 24.000 200 30 6.000 400 36 14.400 März 900 32 28.800 100 24 2.400 300 36 10.800 900 32 28.800 900 24 21.600 £ 2.600 78.000 2.600 76.800 1.000 31.200

Abb. 9a: FIFO-Methode, gesamtperiodenbezogene Variante MoZugang Verbrauch Endbestand Anfangsbcsland Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert nat Menge Preis Wert Menge Preis ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 30 30.000 700 36 25.200 900 31.200 800 30 24.000 Febr. 24 24.000 900 31.200 1.000 200 30 6.000 1.300 34.800 400 36 14.400 Mäiz 1.300 900 32 28.800 34.800 300 36 10.800 100 24 2.400 900 24 21.600 900 32 28.800 2.600

78.000 2.600

76.800 1.000

Abb. 9b: FIFO-Methode, teilperiodenbezogene Variante

31.200

594

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Wenden wir uns nun dem zweiten zeitorientierten Verfahren, der LIFO-Methode, zu. Dieses Verfahren geht von der Unterstellung aus, daß innerhalb einer Periode prinzipiell die zuletzt bereitgestellten Stoffmengen zuerst verbraucht werden. Diese Unterstellung findet in der Praxis ihre konkrete Entsprechung bei der Bevorratung von Schüttgütern in Lagerbehältern. Monat

Anfangsbestand Menge Preis Wert ME DM/ME DM

Januar 1.000

30

30.000

Zugang Menge Preis ME DM/ME

Weit DM

Verbrauch Menge Preis Wert ME DM/ME DM

Endbestand Menge Preis Wert ME DM/ME DM

700

36

25.200

800

32

25.600

Febr.

1.000

24

24.000

100 500

32 24

3.200 12.000

März

900

32

28.800

500 700

24 36

12.000 25.200

1.000

78.000

1.000

Z

2.600

78.000 2.600

30

30.000 30.000

Abb. 10a: LIFO-Methode, gesamtperiodenbezogene Variante Monat

Anfangsbestand Menge Preis Wert ME DM/ME DM

Zugang Menge Preis ME DM/ME

Wert DM

Verbrauch Menge Preis Wert ME DM/ME DM

Januar 1.000

30

30.000

700

36

25.200

700 100

Febr.

900

30

27.000

1.000

24

24.000

Miliz

1.300

36.600

900

32

28.800

I

2.600

Endbestand Menge Preis Weit ME DM/ME DM

36 30

25.200 3.000

900

600

24

14.400

1.300

300 900

24 32

7.200 28.800

900 100

78.600

1.000

78.000 2.600

27.000 36.600 30 24

27.000 2.400 29.400

Abb. 10b: LIFO-Methode, teilperiodenbezogene Variante Betrachten wir zunächst die gesamtperiodenbezogene Variante an Hand des bisherigen Zahlenbeispiels (vgl. Abb. 10a). In dieser Abbildung wird aufgrund der fiktiven Verbrauchsfolge so getan, als könnten die Verbrauchsmengen der Monate Januar bis März in der Gesamthöhe von 2 . 6 0 0 M E durch die Zugangsmengen zu Beginn dieser drei Monate mit ebenfalls 2 . 6 0 0 ME gedeckt werden, mit der Konsequenz, daß der Anfangsbestand in Höhe von 1.000 ME unangetastet bleibt. Tatsächlich kann jedoch der Stoffverbrauch im Monat Januar nur dann gedeckt werden, wenn 100 M E aus diesem Anfangsbestand entnommen werden. Komplettieren wir nun die Betrachtung dieser Verbrauchsfolge in Form der teilperio d e n b e z o g e n e n V a r i a n t e . In Abb. 10b tritt die vorstehend geschilderte Widersprüchlichkeit nicht auf. Zwar stimmen für die Abb. 10a und 10b die mengenmäßigen Endbestände zahlenmäßig überein, nicht jedoch die Höhe der beiden Wertansätze. Wenden wir uns abschließend den beiden wertorientierten Verfahren, der HIFOund der LOFO-Methode zu, beide ebenfalls in den zwei möglichen Varianten. Die HIFO-Methode basiert auf der Unterstellung, daß dem Lager prinzipiell zunächst die Teilmengen für die Produktion entnommen werden, für deren Beschaffung die höchsten Preise zu zahlen waren. Die gesamtperiodenbezogene Variante dieser fiktiven Verbrauchsfolge ist aus der Abb. I I a ersichtlich, während die teilperiodenbezogene Variante ihren Niederschlag in der Abb. I I b findet. Den Endpunkt der Beispielrechnungen bildet die L O F O - M e t h o d e . Diese Verbrauchsfolge geht von der Fiktion aus, daß dem Lager prinzipiell zunächst die Teilmengen für die Produktion entnommen werden, für deren Beschaffung die niedrigsten Preise zu entrichten waren. Die gesamtperiodenbezogene Variante ist in Abb. 12a, die teilperiodenbezogene Variante in Abb. 12b dargestellt.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 595 Verbrauch Zugang Endbestand MoAnfangsbestand Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert nat Menge Preis Wert Menge Preis ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 700 36 25.200 30 30.000 700 36 25.200 100 32 3.200 Febr. 600 32 19.200 1.000 24 24.000 Märe Z

900 2.600

32

28.800

200 1.000

78.000 2.600

32 30

6.400 30.000 1.000

24

84.000 1.000

24.000 24.000

Abb. IIa: HIFO-Methode, gesamtperiodenbezogene Variante MoZugang Verbrauch Anfangsbestand Endbestand nat Menge Preis Wert Menge Preis Weit Menge Preis Wert Menge Preis Wert ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 30 30.000 700 36 25.200 700 36 25.200 900 27.000 100 30 3.000 Febr. 900 27.000 1.000 24 24.000 600 30 18.000 1.300 33.000 März 1.300 33.000 900 32 28.800 900 32 28.800 300 30 9.000 1.000 24 24.000 £ 84.000 1.000 2.600 78.000 2.600 24.000

Abb. IIb: HIFO-Methode, teilperiodenbezogene Variante MoVerbrauch Anfangsbestand Zugang Endbestand nat Menge Preis Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 30 30.000 700 36 25.200 800 24 19.200 Febr. 200 24 4.800 1.000 24 24.000 400 30 12.000 März 600 30 18.000 900 32 28.800 300 32 9.600 600 32 19.200 700 36 25.200 I 73.200 1.000 2.600 78.000 2.600 34.800

Abb. 12a: LOFO-Methode, gesamtperiodenbezogene Variante MoAnfangsbestand Zugang Verbrauch Endbestand nat Menge Preis Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert Menge Preis Wert ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM ME DM/ME DM Januar 1.000 30 30.000 700 36 25.200 800 30 24.000 900 31.200 Febr. 900 31.200 1.000 24 24.000 600 24 14.400 1.300 40.800 März 1.300 40.800 900 32 28.800 400 24 9.600 200 30 6.000 300 32 9.600 600 32 19.200 700 36 25.200 Z 73.200 1.000 2.600 78.000 2.600 34.800

Abb. 12b: LOFO-Methode, teilperiodenbezogene Variante Aus einem Vergleich der zeit- und wertorientierten Verfahren können die folgenden beiden generellen Aussagen abgeleitet werden: 9 1. In Zeiten kontinuierlich ansteigender Preise führt die HIFO-Methode zu gleichen Ergebnissen wie die LIFO-Methode. 2. In Zeiten kontinuierlich fallender Preise führt die HIFO-Methode zu gleichen Ergebnissen wie die FIFO-Methode. Im Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung wird noch einmal auf die Bewertungsvereinfachungsverfahren einzugehen sein. Dabei wird vor allem die gesetz-

Vgl. WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 1079 f., sowie HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 152 ff.

596

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

liehe Zulässigkeit und die Praxisrelevanz dieser Verfahren im Rahmen des externen Rechnungswesens interessieren. 10 Bei einer von historischen Anschaffungspreisen unabhängigen Bewertung von Materialverbräuchen werden die Verbrauchsmengen mit Wertansätzen bewertet, die unabhängig von den tatsächlichen Anschaffungspreisen gebildet werden. Dabei kommen für wiederzubeschaffende Materialien zukünftige Wiederbeschaffungspreise oder feste Verrechnungspreise und für nicht wiederzubeschaffende Materialien Opportunitätskosten oder Opportunitätserlöse in Frage. 11 1.1.1.3.2 Personalkosten Die in der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung bzw. Lohn- und Gehaltsabrechnung angesiedelte Aufzeichnung und Erfassung der Personalkosten dient im wesentlichen folgenden Aufgaben: 1 2 1. Ermittlung der Entgelte, die an die Mitarbeiter für ihre Tätigkeit im Unternehmen zu zahlen sind, 2. Bestimmung der an die Sozialversicherungsträger, an die Berufsgenossenschaft und andere Institutionen abzuführenden sozialen Abgaben, 3. Ermittlung der entgeltbezogenen Steuern, die vom Arbeitgeber an die Finanzbehörden zu entrichten sind. In der betrieblichen Praxis hat sich nun eine Untergliederung der Personalkosten innerhalb der Kostenartenrechnung eingebürgert, wie sie beispielhaft in der Abb. 13 ausgewiesen ist. Das dieser Abbildung zugrundeliegende Schema weist, sieht man einmal von den Personalleasinggebühren (Leihgebühren) ab, eine Dreiteilung in Lohnkosten, Gehaltskosten und Sonderentgelte auf. Betrachten wir zunächst den Block der Lohnkosten, die sich wiederum in die beiden Bereiche Löhne und Lohnnebenkosten aufspalten. Zu den Löhnen zählen die Grundlöhne und die Zusatzlöhne. Der Grundlohn stellt das Basisentgelt für die Arbeitsleistung dar, die vom Arbeitnehmer im Unternehmen erbracht wird. Dieses Entgelt orientiert sich an der Lohnform und kann dementsprechend als Zeit-, Akkordoder Prämienlohn gezahlt werden. Daneben ist bei den Grundlöhnen eine Differenzierung zwischen Fertigungs- und Hilfslöhnen typisch. Während erstere aus der unmittelbaren Herstellung der Erzeugnisse resultieren, werden letztere für Arbeiten gezahlt, die nur mittelbar an der Leistungserstellung mitwirken. Die Zusatzlöhne in Form von leistungsabhängigen und leistungsunabhängigen Zulagen sowie Prämien und sonstigen Zusatzlöhnen orientieren sich an ganz bestimmten Merkmalen der Arbeitsleistung. Derartige Merkmale können beispielsweise sein: Erforderliche Qualifikation (Qualifikationszulagen), Art der Arbeit (Erschwerniszulagen) oder Zeitpunkt der Arbeitserbringung (Sonn- und Feiertagszuschläge). Bei den Lohnnebenkosten ist zwischen gesetzlichen Sozialkosten und freiwilligen Sozialkosten zu unterscheiden. Zu den gesetzlichen Sozialkosten, die aus gesetzlichen Vorschriften resultieren, zählen insbesondere die Arbeitgeberanteile zur Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung und die Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Auch umfaßt diese Gruppe gewöhnlich die tariflich vereinbarten Sozialleistun10 11 12

Vgl. S. 841 f. Vgl. dazu HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 155 ff. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 156 ff., SCHWEITZER, M. und KÜPPER, H.-U.: Systeme der Kostenrechnung, (1991), S. 115 ff., sowie HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 69 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Lcistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis

597

gen. Bei den freiwilligen Sozialkosten kann zwischen primären und sekundären Sozialkosten differenziert werden. Während erstere durch Leistungen verursacht werden, die dem Arbeitnehmer direkt zugute kommen (z. B. Unterstützungszahlungen bei Geburten, Jubiläumsgeschenke), handelt es sich bei letzteren um Kosten, die auf Leistungen zurückgehen, welche den Arbeitnehmern zur gemeinsamen Nutzung angeboten werden (z. B. Sanitätsstation und Werksfürsorge). Fertigungslöhne Meister- und Vorarbeiterlöhne Hilfs- und Aushilfslöhnc Hilfslöhne Zeitlöhne Akkordlöhne Prämienlöhne sonstige Grundlöhne Grundlöhne Leistungszulagen Oualifikationszulagen Erschwerniszulagen Funktionszulagen Schwcrbchindertenzulagcn Ausglcichszulagcn Anlcrn- und Einarbeitungszulagen Zulagen für Arbeitskleidung sonstige Zulagen leistungsabhängige Zulagen Uberstundenzuschläge Sonn- und Feicrtagszuschläge Schichtzuschläge sonstige Zuschläge leistungsunabhängige Zulagen Leistungszusatzprämien Kostenersparnisprämien Tcrminei nhal tungsprüm icn sonstige Prämien Prämien sonstige Zusatzlöhne Zusatzlöhne Löhne Krankcnvcrsicherungsbeilräge Rentcnversicherungsbciträge Arbeitslosenversicherungsbeiträge Aibcitgcbcranleile Sozialversicherung gesetzliche Unfallversicherung Konkursausfallgeld sonstige Beitrage zur Bcrufsgcnossenschaft Beiträge zur Berufsgenossenschaft

Urlaubsentgclte 13./14. Monatsentgell Mutterschaftsgeld Altersversorgung und Unterstützung Abfindungen Essens- und Fahrgcldzuschüsse sonstige Lohnnebenkosten Lohnnebenkosten LOHNKOSTEN

Z

tarifliche Gehälter Angcstclltcnentgeltc Vorstandsvergütungen außertarifliche Gehälter Grundgehälter Zulagen Zuschläge sonstige Zusatzgehälter Zusatzgehälter Gehälter Direktversicherungen sonstige Gchaltsncbenkostcn Gehaltsncbenkostcn GEHALTSKOSTEN

Z

Grundcntgelle Nebenkosten Ausbildungsvcrgütung Grundcntgcltc Leistungszulage Heimarbeiterzulage sonstige Zulagen Zulagen Arbcitgcbcranleile Sozialversicherung Vermögenswiiksamc Leistungen sonstige Nebenkosten Nebenkosten Heimarbeiterlöhne sonstige Sonderentgelte SONDERENTGELTE PERSONALLEASING

Z z

Behindertenabgabe Vermögenswirksame Leistungen

Abb. 13: Beispielhafte Untergliederung der Personalkosten (Aus HUMMEL, S. und MÄNNEL. W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 158)

Wenden wir uns nun kurz den Gehaltskosten zu. Als Gehalt werden die nach Zeitabschnitten bemessenen, in der Regel monatlichen Arbeitsvergütungen bezeichnet, die insbesondere an Angestellte zu zahlen sind. Auch bei den Gehaltskosten ist analog zu den Lohnkosten eine Unterteilung in die beiden Bereiche Gehälter und Gehaltsnebenkosten üblich. Zu den Gehältern zählen die Grundgehälter und die Zusatzgehälter. Wenngleich die inhaltliche Ausgestaltung der Begriffe Grundgehälter, Zusatzgehälter und Gehaltsnebenkosten von den entsprechenden Begriffen Grund-

598

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

löhne, Zusatzlöhne und Lohnnebenkosten teilweise abweicht, so besteht im Hinblick auf die weiteren Betrachtungen nicht die Notwendigkeit, diese Unterschiede im einzelnen darzustellen. Schließlich können bei den Personalkosten noch die Sonderentgelte bedeutsam sein, die sich aus Ausbildungsvergiitungen, Heimarbeiterlöhnen und sonstigen Sonderentgelten zusammensetzen. Bei der Verrechnung der Personalkosten werden diese teilweise als Kostenträgereinzelkosten und teilweise als Kostenträgergemeinkosten behandelt. Sofern Lohnkosten einer Erzeugniseinheit oder einem Auftrag direkt zurechenbar sind, liegen Lohneinzelkosten vor. In diesen, vorwiegend im Fertigungsbereich auftretenden Situationen, bietet sich eine Behandlung dieser Fertigungslöhne als Kostenträgereinzelkosten an. Dagegen stellen alle anderen Lohn- und Gehaltskosten Kostenträgergemeinkosten dar. Sie sind kostenstellenbezogen zu erfassen und nach Maßgabe entsprechender Schlüssel den Kostenträgern anzulasten. Eine besondere Abrechnungsproblematik ergibt sich bei den Personalkosten aufgrund der Tatsache, daß sich beispielsweise Urlaubs-, Krankheits- oder Feiertagslöhne ungleichmäßig auf die einzelnen Monate des Jahres verteilen. Bei einer zeitlich genauen Verbuchung dieser Löhne besteht die Gefahr, daß infolge dieser Unregelmäßigkeiten die Aussagefähigkeit der Kostenrechnung stark eingeschränkt wird. Zur Vermeidung dieser Gefahr werden diese stoßweise anfallenden Personalkostenanteile zunächst geschätzt. Im Anschluß daran verrechnet man diese Beträge dann im Verhältnis zu der jeweils in der Abrechnungsperiode gezahlten Lohn- und Gehaltssumme in die Kosten. Auf einem speziell einzurichtenden Abgrenzungskonto sind die verrechneten Beträge und die tatsächlichen Zahlungen gegenüberzustellen. 1.1.1.3.3 Fremdleistungskosten und öffentliche Abgaben Der hier sehr weit gefaßte Begriff der Fremdleistungskosten beinhaltet alle Kosten, die aus Lieferungen von außenstehenden Dienstleistungsunternehmen und von bestimmten Sachleistungsunternehmen resultieren. 13 Diese Lieferungen können beispielsweise in Reparatur-, Transport-, Rechtsberatungs-, Werbe-, Versicherungs-, Prüfungsleistungen sowie in Leistungen auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung bestehen. Ferner werden den Fremdleistungskosten Pachten und Mieten sowie die Kosten für Gas, Wasser und Strom zugerechnet. Öffentliche Abgaben sind in Form von Gebühren, Beiträgen und Steuern von den Unternehmen an die öffentliche Hand abzuführen. 14 Gebühren und Beiträge fallen aufgrund einer Inanspruchnahme und Nutzung von Dienstleistungen der öffentlichen Hand an. Soweit diese Dienstleistungen in einer unmittelbaren Beziehung zur betrieblichen Leistungserstellung stehen, stellen die Beiträge und Gebühren zweifelsfrei Kosten dar. Dagegen ist die Situation bei den Steuern differenzierter zu betrachten. So sind die die Gewinnanteile der Gesellschafter besteuernde Einkommensteuer und die von der Einkommensteuer abhängende Kirchensteuer keine Kosten. Dies gilt in der Regel auch für die Körperschaftsteuer, welche die Gewinnsteuer für juristische Personen darstellt. Die Vermögensteuer kann überhaupt nur Kostencharakter haben, soweit sie 13 14

Vgl. HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 70 f. Vgl. HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 68 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 599

sich auf das betriebsnotwendige Vermögen bezieht. Auch den Objektsteuern (Gewerbesteuer, Grundsteuer) und den Verkehrsteuern (Kraftfahrzeugsteuer, Grunderwerbsteuer usw.) kann nur Kostencharakter zugesprochen werden, soweit der Besteuerung betriebsnotwendige Tatbestände zugrunde liegen. 15 Bei der Erfassung der Fremdleistungskosten sowie der öffentlichen Abgaben sind häufig Probleme der zeitlichen Abgrenzung abrechnungstechnisch zu berücksichtigen. 1.1.1.3.4 Betriebsmittelkosten (Kalkulatorische Abschreibungen) 1.1.1.3.4.1 Grundfragen Der Elementarfaktor Betriebsmittel wurde bereits an anderer Stelle eingehend behandelt. 16 Bekanntlich führt der Einsatz bzw. die Verwendung von Betriebsmitteln in Form von Maschinen und maschinellen Anlagen, aber auch von Gebäuden und Grundstücken, nicht zu einem direkten vollständigen Verzehr. Sieht man einmal von den Grundstücken ab, so erstreckt sich dieser Verzehr vielmehr über mehrere Perioden (Jahre). Dabei stellt sich die Problematik der Erfassung sowohl der Mengenais auch der Wertkomponenten dieser Betriebsmittel sowie der Verteilung des bewerteten Güterverzehrs der Betriebsmittel auf die einzelnen Abrechnungsperioden. Abrechnungstechnisch erfolgt das in Form der kalkulatorischen Abschreibungen. Die Bemessung dieser kalkulatorischen Abschreibungen stellt im Gegensatz zur Festlegung der bilanziellen Abschreibungen „auf den betriebsnotwendigen anteiligen Verzehr der Nutzenpotentiale ab, die Anlagegegenstände in sich tragen." 17 Damit stellt sich zugleich die Frage nach den Betriebsmittelkosten insgesamt. Zu diesen zählen neben den kalkulatorischen Abschreibungen die kalkulatorischen Zinsen für das in den Betriebsmitteln gebundene Kapital, Instandhaltungskosten, bestimmte Kostensteuern sowie Betriebsmittelversicherungen. 18 Die Ermittlung der Betriebsmittelkosten erfolgt ebenso wie die Bemessung der bilanziellen Abschreibungen in der Anlagenabrechnung (Anlagenbuchhaltung, Betriebsmittelabrechnung). 19 Da in der Regel die kalkulatorischen Abschreibungen alle anderen Komponenten der Betriebsmittelkosten an Bedeutung weit überragen, soll im folgenden nur auf die kalkulatorischen Abschreibungen eingegangen werden. 20 Von den Bestimmungsfaktoren für die Höhe der planmäßigen Abschreibungen 21 ist die Frage des Zeitpunktes der Anschaffung bzw. Herstellung des Betriebsmittels (erste oder zweite Jahreshälfte) lediglich aus handels- und steuerrechtlicher Sicht in der Finanzbuchhaltung von Bedeutung, betrifft also nur die bilanziellen Abschreibungen. Alle übrigen Bestimmungsfaktoren sind auch für die Bemessung der kalkulatorischen Abschreibungen von erheblicher Relevanz. Diese Bestimmungsfaktoren (Ausgangswert des Betriebsmittels, Restwert nach Ablauf der Nutzungsdauer, Abschreibungszeitraum, Abschreibungsmethode) werden im folgenden erläutert. 15 16 17 18 19

20

21

Vgl. HABERSTOCK, L.: GrundzUge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 71. Vgl. S. 72 ff. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 163. Vgl. auch S. 75 ff. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 162 ff. Vgl. HABERSTOCK, L.: GrundzUge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 72 f., sowie HEINEN, E. und DIETEL, B.: Kostenrechnung, (1991), S. 1210 f. Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 81 ff., sowie HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 55. Vgl. Abb. 32, S. 78.

600

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

1.1.1.3.4.2 Bestimmung der Abschreibungssumme Der Begriff der Abschreibungssumme beschreibt den Gesamtbetrag, der auf die einzelnen Teilperioden des Abschreibungszeitraums zu verteilen ist. Dabei orientiert sich die Bemessung dieses Gesamtbetrages am Bestreben der Unternehmen nach Substanzerhaltung. Das bedeutet eine Vornahme der kalkulatorischen Abschreibungen mit dem Ziel, aus den Abschreibungsgegenwerten (d. h. den in den Verkaufserlösen enthaltenen und verdienten Abschreibungen) alle Ersatzinvestitionen in vollem Umfang zu finanzieren, ohne daß zu diesem Zweck zusätzliche eigene und/oder fremde Finanzmittel in Anspruch genommen werden müssen. Demzufolge knüpft die Festlegung der Abschreibungssumme regelmäßig an den Wiederbeschaffungskosten der Betriebsmittel zum Ersatzzeitpunkt an. Dieser Preis, der für die Wiederbeschaffung einer gleichwertigen Ersatzanlage zu entrichten ist, liegt insbesondere für langlebige Anlagegüter über den Anschaffungs- oder Herstellungskosten derselben, wenn anhaltende Preissteigerungen die wirtschaftliche Entwicklung charakterisieren. Neben den Kriterien der Wiederbeschaffung von Anlagen fließen mit unterschiedlicher Gewichtung die folgenden weiteren Aspekte in die Bemessung der Abschreibungssumme ein: 1. Gewinnvorstellungen, die in der Auffassung zum Ausdruck kommen, daß erst in einer Situation, die durch die Sicherstellung der erforderlichen Reinvestitionen und damit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens charakterisiert ist und die die Erzielung von Überschüssen gewährleistet, die Voraussetzung für eine Gewinnerwirtschaftung erfüllt ist. 2. Finanzierungsvorstellungen, die je nach den prozentualen und absoluten Anteilen von Eigen- und Fremdkapital über die Höhe der Fremdkapitalzinsen mittelbar auf die Höhe des Wiederbeschaffungspreises Einfluß nehmen können. Für die Bemessung der Abschreibungssumme ist neben dem Wiederbeschaffungspreis weiterhin die Tatsache zu berücksichtigen, daß am Ende der Nutzungsdauer des vorhandenen Betriebsmittels möglicherweise noch ein Resterlöswert (Restverkaufs-, Veräußerungs- bzw. Liquidationserlös) erzielt werden kann, der den Wiederbeschaffungspreis des Betriebsmittels dann um den entsprechenden Betrag reduziert. Die vorstehend beschriebenen Einflußgrößen belegen, daß im Einzelfall für die Bemessung der kalkulatorischen Abschreibungen aufgrund betriebsspezifischer Finanzstrukturen und Gewinnvorstellungen unternehmensindividuelle Überlegungen maßgebend sein müssen. 1.1.1.3.4.3 Ermittlung des Abschreibungszeitraums Die Festlegung des Abschreibungszeitraums muß sich an den Erfahrungen der Vergangenheit und an vorsichtigen Zukunftseinschätzungen orientieren. Während für die Festlegung der bilanziellen Abschreibungen vom Bundesfinanzministerium erarbeitete, nicht rechtsverbindliche, aber gleichwohl anerkannte und praktizierte Abschreibungs-Richtsätze in Form von AfA-Tabellen existieren, 22 bestehen bei den kalkulatorischen Abschreibungen derartige Vorgaben nicht. Vergleiche aus der Praxis zeigen, daß für die Bemessung der bilanziellen Abschreibungen die Nutzungsdauer aus Gründen der kaufmännischen Vorsicht im allgemeinen eher zu niedrig angesetzt

22

Vgl. S. 838 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 601

wird, wohingegen die den kalkulatorischen Abschreibungen zugrunde gelegte Nutzungsdauer zumeist höhere Werte aufweist. 23 Für die Ermittlung des Abschreibungszeitraums sind Überlegungen in zweierlei Richtungen anzustellen: Zum einen wird man sich am Anlagentyp und am branchentypischen Einsatzfeld der einzelnen Anlagen orientieren. Bei dieser Einschätzung geht man von der Erwartung aus, daß der Betrieb der betreffenden Anlage hinsichtlich aller einflußrelevanter Daten wie Verschleißfortschritt, Kosten, Reparaturanfälligkeit usw. zu Durchschnittswerten führt. Diese Betrachtungsweise wird überlagert von der Mitberücksichtigung der speziellen Einsatzbedingungen, wie sie beispielsweise im Standort sowie der zeitlichen oder intensitätsmäßigen Inanspruchnahme zum Ausdruck kommen können. Erst aus der Gesamtbewertung dieser Tatbestände kann die endgültige Bestimmung des Abschreibungszeitraumes resultieren. Aber selbst sorgfältigste Planungsüberlegungen können keine Gewähr dafür bieten, daß der vorbestimmte Abschreibungszeitraum und die tatsächliche Nutzungsdauer einer Anlage übereinstimmen. Daher soll abschließend noch auf eine hiermit zusammenhängende Problematik eingegangen werden, die häufig in der Praxis auftritt und wie folgt beschrieben werden kann: Im Verlauf der Nutzung eines Betriebsmittels stellt sich heraus, daß sich der ursprünglich bestimmte Wert für den Abschreibungszeitraum dieses Betriebsmittels als falsch erweist, mit den zwei möglichen Konsequenzen, daß die effektive Nutzungsdauer größer oder kleiner als die ursprünglich geplante Nutzungsdauer ist. Da aus Gründen einer vorsichtigen Schätzung eher die erste Alternative eintreten wird, soll diese für den Fall einer linearen Abschreibung exemplarisch dargestellt werden. 24 Die Nutzungsdauer für eine Anlage mit dem Anschaffungswert A = 10.000 DM (Abschreibungsbasis) wird auf n = 8 Jahre prognostiziert. Nach einer Zeitspanne von t = 6 Jahren stellt sich heraus, daß die Nutzungsdauer ursprünglich falsch eingeschätzt wurde und nach jetzigem Erkenntnisstand n = 10 Jahre betragen wird. Für den Kostenrechner ergeben sich daraus drei denkbare Alternativen: a) Der bisherige jährlich konstante Abschreibungsbetrag in Höhe von KA,t = 1.250 DM wird bis zum Ablauf des zehnten Jahres beibehalten. Man schreibt also insgesamt 2.500 DM zuviel ab. b) Der am Ende des sechsten Jahres noch bestehende Restbuchwert in Höhe von BÖ = 2.500 DM wird gleichmäßig über die verbleibende vierjährige Restnutzungsdauer konstant mit jährlich KA,t = 625 DM abgeschrieben. Man schreibt also genau den ursprünglichen Anschaffungswert ab. c) Man ermittelt den ursprünglich richtigen jährlichen Abschreibungsbetrag aus den Größen A = 10.000 DM und n = 10 Jahre. Dieser Wert K A , t = 1.000 DM wird für die verbleibende vierjährige Restnutzungsdauer jährlich in Ansatz gebracht. Man schreibt somit insgesamt 1.500 DM zuviel ab. Welche Alternative hat der Kostenrechner nun zu wählen? Da sich die Bemessung der kalkulatorischen Abschreibungen definitionsgemäß an dem verursachungsgemäßen Werteverzehr orientiert, sollte der Variante c) der Vorzug gegeben werden, da nur sie die Restnutzungsdauer der Anlage entsprechend belastet. Die Konsequenzen der drei Alternativen hinsichtlich der Entwicklung der jährlichen Abschreibungsbeträge und der Restbuchwerte sind in Abb. 14. und 15 dargestellt. 23 24

Vgl. MOEWS, D.: Kosten, kalkulatorische, (1972), Sp. 2276. Das nachfolgende Zahlenbeispiel ist entnommen aus LÜCKE, W.: Fchlschätzung der Nutzungsdauer in der kalkulatorischen Abschreibung, (1959), S. 61 ff. Zur benutzten Symbolik vgl. S. 78.

602

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich (b)

(a) K

A.t

1. Jahr

1.250

6. Jahr 7. Jahr 8. Jahr 9. Jahr 10. Jahr Summe

1.250 1.250 1.250 1.250 1.250 12.500

Bt 8.750 2.500 1.250 0 -1.250 -2.500

K

A.t

1.250 1.250 625 625 625 625 10.000

(c) Bt 8.750 2.500 1.875 1.250 625 0

K

A.t

1.250 1.250 1.000 1.000 1.000 1.000 11.500

Bt 8.750 2.500 1.500 500 -500 -1.500

Abb. 14: Alternative Abschreibungs- und Restbuchwertverläufe

Abb. 15: Graphische Darstellung alternativer Restbuchwertverläufe (In Anlehnung an LÜCKE, W.: Fehlschätzung der Nutzungsdauer in der kalkulatorischen Abschreibung, (1959), S. 62)

Wird die Abschreibungsdauer zu optimistisch eingeschätzt oder ergeben sich Fehlschätzungen für den Anschaffungswert A oder für den Liquidationserlös Ln» so ist in gleicher Weise zu argumentieren. In jedem Fall führt die richtige kostenrechnerische Konsequenz dazu, daß entweder insgesamt zuviel oder zuwenig abgeschrieben wird. In Verknüpfung mit der Finanzbuchhaltung bucht man diese zuviel oder zuwenig verrechneten Beträge als neutrale Erträge bzw. neutrale Aufwendungen in der Kontenklasse 2 ab, während die kostenmäßige Konsequenz derartiger Fehleinschätzungen mit Hilfe der kalkulatorischen Wagnisse erfaßt werden. 25 1.1.1.3.4.4 Festlegung der Abschreibungsmethode Liegen Abschreibungssumme und -Zeitraum fest, so sind zwei notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen f ü r die Beantwortung der Frage erfüllt, auf welche Art und Weise die Aufteilung der Abschreibungssumme auf den Abschreibungszeitraum vorgenommen werden soll. Während die hierfür existierenden grundsätzlichen Möglichkeiten bereits an anderer Stelle ausführlich diskutiert wurden, 2 6 geht es hier um die Frage der Bedeutung dieser Methoden und ihrer Konsequenzen für die Kostenrechnung. Unmittelbar verbunden mit der Festlegung der Abschreibungsmethode ist die Frage nach der Messung des Nutzenpotentials von Anlagen, wobei es darum geht, den planmäßig vorhersehbaren betriebsnotwendigen Verzehr der bestehenden Nutzenpotentiale in der Kostenartenrechnung zu erfassen. Schwierigkeiten bereitet dabei die Tatsache, daß häufig mehrere Abschreibungsursachen nebeneinander existieren 27 25

26 27

Vgl. HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 105 f. Zur Gliederung der Kontenklassen für die Finanzbuchhaltung vgl. S. 814 f., zur Frage der kalkulatorischen Wagnisse vgl. S. 609 f. Vgl. S. 77 ff. Zum Komplex der Abschreibungsursachcn vgl. Abb. 31, S. 77.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 603

und diese im Zusammenwirken eine Veränderung des Leistungspotentials von Anlagen bewirken. Für die Messung derartiger Nutzenpotentiale von Anlagen gilt generell: 1. Resultiert der Verschleiß ausschließlich aus dem gebrauchsbedingten Einsatz der Anlagen, gestaltet sich also der Verschleiß leistungsabhängig, so stellt die Totalkapazität, also das maximal mögliche Leistungsvolumen, den geeigneten Maßstab für die Messung des Nutzenpotentials dar. 28 Das gilt beispielsweise dann, wenn man die gesamte Laufleistung von Autoreifen über deren Lebensdauer in km veranschlagt. In all diesen Fällen verrechnet man leistungsbezogene kalkulatorische Abschreibungen (variable Abschreibungen). Diese Abschreibungen, die variable Kosten darstellen, werden in dem Umfang in einer Abrechnungsperiode verrechnet, in welchem das Leistungsvolumen in Anspruch genommen wird. 2. Resultiert die sukzessive Abnahme des Nutzenpotentials ausschließlich aus zeitbedingtem Verschleiß, gestaltet sich der Verschleißfortschritt also leistungsunabhängig, so ist dieses Nutzenpotential insgesamt in Zeiteinheiten (Jahren) zu messen. Dieser Sachverhalt gilt für sehr viele Betriebsmittel, zumal der leistungsbedingte Verschleiß in der Regel durch Maßnahmen der planmäßigen Instandhaltung kompensiert wird und seine ökonomische Entsprechung in den Instandhaltungskosten findet. In all diesen Fällen werden in der Kostenrechnung zeitbezogene kalkulatorische Abschreibungen verrechnet, die fixe Kosten darstellen. 3. Kann die sukzessive Abnahme des Nutzenpotentials einer Anlage nicht eindeutig auf gebrauchsbedingte oder zeitbedingte Verschleißursachen zurückgeführt werden, liegen also sowohl nutzungsbedingte als auch zeitbedingte Minderungen des Nutzenpotentials vor, so kann man diesem Sachverhalt beispielsweise in der Weise entsprechen, daß eine gebrochene Abschreibung vorgenommen wird: Teilweise unterliegt die Anlage einer leistungsbezogenen Abschreibung, teilweise wird sie zeitbezogen abgeschrieben. Den Einsatz dieser gebrochenen bzw. gespaltenen Abschreibung finden wir beispielsweise in Betrieben des Güterkraftverkehrs, die ihre Lastkraftwagen 50% zeitabhängig und 50% kilometerabhängig abschreiben. 29 Bei den vorstehend diskutierten zeitbezogenen kalkulatorischen Abschreibungen werden unter Methodengesichtspunkten lineare, degressive und progressive Abschreibungen unterschieden. 30 Hinsichtlich einer Festlegung auf jeweils eine dieser drei möglichen Varianten sind die folgenden Überlegungen von Bedeutung: Der Ansatz von linearen Abschreibungen in der Kostenartenrechnung stellt in der Praxis den Regelfall dar. Die daraus resultierende gleichmäßige Verteilung der Abschreibungssumme auf die einzelnen Teilperioden des Abschreibungszeitraums ist rechnerisch einfach zu gestalten und entspricht dem für die Kostenrechnung charakteristischen Normalisierungs- bzw. Egalisierungsstreben. Dieses besagt, daß jeder Zeitabschnitt (Jahr, Monat, Tag) gleichmäßig, d. h. hier also mit dem gleichen Abschreibungsbetrag, belastet wird. Als Konsequenz daraus stellt sich für jeden Zeitabschnitt der wirtschaftlichen Nutzungsdauer dieselbe Vorgabe, die Finanzierung des Anlageneinsatzes aus den Erlösen zu erwirtschaften. 28 29

30

Zum Begriff der Totalkapazität vgl. auch S. 73. Zur gebrochenen Abschreibung vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 165 f., HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 58, AHLERT, D. und FRANZ, K.-P.: Industrielle Kostenrechnung, (1988), S. 62, sowie HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung II, (1986), S. 240 ff. Vgl. S. 77 ff.

604

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Auch die degressive Abschreibung kann unabhängig von der Frage, ob arithmetisch-degressiv oder geometrisch-degressiv abgeschrieben wird, dem Egalisierungsstreben der Kostenrechnung entsprechen. Das ist immer dann der Fall, wenn mit den degressiv fallenden Abschreibungsbeträgen progressiv ansteigende Anlagenerhaltungskosten in Form von Kosten für Inspektion, Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung in der Weise korrespondieren, daß die Summe aus Abschreibungsbeträgen und Anlagenerhaltungskosten einen konstanten oder zumindest nahezu konstanten Wert annimmt. Auch in diesem Fall wird gewährleistet, daß jede einzelne Teilperiode des Abschreibungszeitraumes kostenmäßig näherungsweise etwa die gleiche Belastung erfährt. Das häufig angeführte Argument für die degressive Abschreibung, bei dieser Abschreibungsmethode stimmten die Restbuchwerte der Anlagen recht gut mit dem Verlauf des Liquidationserlöses überein, ist gleichermaßen richtig wie für die Kostenrechnung unerheblich, weil ein Unternehmen primär auf Fortführung angelegt ist und folgerichtig die Betriebsmittel nicht vorrangig zur Veräußerung bestimmt sind. Von der Bedeutung her tritt die progressive Abschreibung vor allem hinter die lineare Abschreibung, aber auch hinter die degressive Abschreibung zurück. Ihre Anwendung dürfte sich auf jene seltenen Fälle beschränken, in denen mit gutem Grund angenommen werden kann, daß sich der Wertminderungsverlauf des Anlagegegenstandes tatsächlich progressiv gestaltet. Gleichwohl kann auch hier das Egalisierungsstreben der Kostenrechnung für den Kostenrechner der Anlaß sein, die Anwendung der progressiven Abschreibung in Erwägung zu ziehen. Dabei kann man sich auf folgende Überlegung stützen: Auf das in den Anlagen gebundene Kapital werden, wie noch zu erörtern sein wird, kalkulatorische Zinsen ermittelt und in der Kostenrechnung verrechnet. Dabei nimmt abschreibungsbedingt der Restbuchwert der Anlagen und damit die Verzinsungsbasis von Periode zu Periode ab. Korrespondieren nun die bei Vornahme progressiver Abschreibungen überproportional fallenden Restbuchwerte in der Weise mit den ebenfalls fallenden kalkulatorischen Zinsen auf das jeweils noch gebundene Kapital, daß die Summe aus progressiven Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen konstant oder nahezu konstant bleiben, so wird jede Teilperiode auch in etwa gleichem Umfang mit diesen Kosten belastet. Für die Summe aus kalkulatorischen Abschreibungen und kalkulatorischen Zinsen hat sich der Begriff Kapitaldienst eingebürgert. 1.1.1.3.5 Sonstige kalkulatorische Kosten 1.1.1.3.5.1 Kalkulatorische Zinsen Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt wurde, sind bei Zugrundelegung des wertmäßigen Kostenbegriffs neben den aufwandsgleichen Fremdkapitalzinsen auch Eigenkapitalzinsen in die Kostenrechnung einzubeziehen. Bezugsobjekt für den Ansatz von Zinsen sind also sowohl Eigen- als auch Fremdkapital. Die diesbezügliche Aufgabe der Kostenrechnung besteht nun in der Erfassung der kalkulatorischen Zinsen auf das für die Abwicklung der Leistungserstellung und -Verwertung erforderliche Gesamtkapital, das im Anlage- und Umlaufvermögen gebunden ist.31

31

Zum Problem der Erfassung der kalkulatorischen Zinsen vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 174 ff., HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 108 ff., sowie HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 61 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 605

Die Höhe der kalkulatorischen Zinsen wird durch die Beantwortung der beiden folgenden Fragestellungen bestimmt: 1. Welches ist die Bezugsgröße für die Bestimmung der Zinsen? 2. Wie ist der eigentliche Zinssatz zu bemessen? Bezugsgröße für die Bestimmung der Zinsen ist das Kapital, dessen Einsatz für die betriebliche Tätigkeit notwendig ist. Dieses betriebsnotwendige Kapital ist im betragsmäßig gleichen betriebsnotwendigen Vermögen gebunden. Da die unmittelbare Kenntnis des ersteren nicht vorliegt, geht man so vor, daß man dieses mittelbar über die Ermittlung des betriebsnotwendigen Vermögens bestimmt. Letzteres ist jedoch nicht identisch mit der Aktivseite der Handels- oder Steuerbilanz, da zum einen dort auch nicht betriebsnotwendige Vermögensteile ausgewiesen und zum anderen die handels- und steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften für die Kostenrechnung nicht maßgeblich sind. Ausgangspunkt für die Bestimmung des betriebsnotwendigen Vermögens sind die Gesamtvermögenswerte des Unternehmens, aus denen die nicht betriebsnotwendigen Teile wie stillgelegte Betriebsabteilungen, nicht genutzte Grundstücke usw. eliminiert werden müssen. Als Ergebnis erhält man die betriebsnotwendigen Teile des abnutzbaren und des nicht abnutzbaren Anlagevermögens sowie das betriebsnotwendige Umlaufvermögen. An dieser Stelle soll auf die nicht selten in der Literatur anzutreffende Auffassung eingegangen werden, die besagt, daß vom betriebsnotwendigen Vermögen noch das sogenannte Abzugskapital subtrahiert werden müsse, um das tatsächliche betriebsnotwendige Kapital zu erhalten. 32 In diesem Zusammenhang versteht man unter Abzugskapital das dem Unternehmen zinsfrei zur Verfügung gestellte Fremdkapital. Diese Auffassung ist wie folgt zu kommentieren: Der ursprüngliche Ansatz von kalkulatorischen Zinsen geht von der Ausschaltung der Finanzierungseinflüsse in der Kostenrechnung aus, also der Einflüsse, die aus einer verschiedenartigen Kapitalzusammensetzung resultieren. So könnte eine Einbeziehung dieser Einflüsse beispielsweise einen Vergleich von zwei gleichartig strukturierten und organisierten Betrieben mit identischer Güterproduktion in unzulässiger Weise verwässern. Mit dem Ansatz von Abzugskapital würde aber gerade dieser unerwünschte Finanzierungseinfluß in die Kostenrechnung wieder eingeführt. Als weiteres Kriterium ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß die wirkliche Zinsfreiheit des dem Unternehmen dienenden Fremdkapitals nicht immer erkennbar ist. Folgerichtig sollte das Abzugskapital bei der Bestimmung des betriebsnotwendigen Kapitals unberücksichtigt bleiben, also nicht subtrahiert werden. Im weiteren soll den Problemen bei der Bestimmung der Wertansätze für das betriebsnotwendige Anlagevermögen und das betriebsnotwendige Umlaufvermögen getrennt nachgegangen werden. Im Hinblick auf die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen können je nach Art des Wertansatzes für das abnutzbare Anlagevermögen drei Methoden unterschieden werden (vgl. Abb. 16): die Methode der Durchschnittswertverzinsung, die Methode der Restbuchwertverzinsung und die Methode der Resterlöswertverzinsung.

32

Vgl. LÜCKE, W.: Die kalkulatorischen Zinsen im betrieblichen Rechnungswesen, (1965), S. 6 ff.

606

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich Werte

Abb. 16: Zur Bestimmung der kalkulatorischen Zinsen Das K o n z e p t d e r Durchschnittswertverzinsung geht unter der Voraussetzung linearer Abschreibungen von der Unterstellung aus, daß im Durchschnitt die Hälfte des Ausgangswertes A einer Anlage, d. h. die Hälfte seiner Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, in diesem Betriebsmittel während seiner wirtschaftlichen Nutzungsdauer gebunden ist. Erfolgt im Laufe der Zeit keine Neubewertung der Anlagen, so sind die kalkulatorischen Zinsen konstant, und jede Teilperiode wird folglich mit dem gleich hohen Zinsbetrag belastet. Das Konzept der Restbuchwertverzinsung, für welches bei der Darstellung in Abb. 16 ebenfalls von einer linearen Abschreibung ausgegangen wird, unterstellt, daß die nach Maßgabe der verrechneten Abschreibungen verbleibenden Restbuchwerte B t der Anlagen die Basis für die Zinskostenberechnung bilden. Abnehmende Restbuchwerte haben nun zur Konsequenz, daß im Zeitablauf unabhängig von der gewählten Abschreibungsmethode und dem daraus resultierenden Restbuchwertverlauf immer niedrigere kalkulatorische Zinsen in der Kostenrechnung verrechnet werden. Das Konzept der Resterlöswertverzinsung (Liquidationserlösverzinsung) basiert auf der Unterstellung, daß der jeweilige Geldbetrag Lt, der bei einer Veräußerung der Anlage erzielt werden könnte, dasjenige zu verzinsende Kapital darstellt, das in dem Betriebsmittel gebunden ist. Dieser Resterlöswert wird analog zum Restbuchwert mit der Zeit abnehmen. Während der Restbuchwertverlauf jedoch von der Abschreibungsmethode abhängt und eindeutig bestimmt wird, also das Ergebnis einer (willkürlichen) Rechnung ist, sind für den jeweiligen Resterlöswert einer Anlage ihr B e triebszustand sowie die herrschenden Marktverhältnisse maßgebend. Stellt man nun diese drei Konzepte einander gegenüber, so ist festzustellen: Hebt man auf das die Kostenrechnung weitgehend prägende Egalisierungsstreben ab, so ist die Durchschnittswertverzinsung zu favorisieren. Der Umkehrschluß, nämlich die Behauptung, die Restbuchwertverzinsung widerspricht diesem Egalitätsstreben, ist nur begrenzt zulässig. Eine derartige Aussage würde die bereits erwähnte Tatsache ignorieren, daß fallende kalkulatorische Zinsen durch progressive Abschreibungen kompensiert werden und zu einem nahezu konstanten Kapitaldienst führen können. Aber auch, wenn man von der in der Praxis dominierenden linearen Abschreibung ausgeht, kann sich der Wert der kalkulatorischen Zinsen für die Gesamtheit aller Anlagen einer Unternehmung als im Zeitablauf konstant erweisen, selbst dann, wenn man die Restbuchwertverzinsung zugrundelegt. Dieser Tatbestand erklärt sich aus der in der Regel heterogenen Altersstruktur des gesamten Anlagenbestandes. Das bedeutet, daß die geringen Restbuchwerte älterer Anlagen kompensiert werden, mit der Konsequenz, daß über alle Anlagen betrachtet das im Durchschnitt gebundene Kapi-

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 607

tal nahezu konstant bleibt. Was nun die Resterlöswertverzinsung betrifft, so stellt sie keine in der Kostenrechnung dominierende Konzeption dar. Dagegen findet sie in Sonderrechnungen Anwendung, etwa wenn es um die Frage geht, ob eine Anlage weiterbenutzt oder ausgemustert werden soll. 33 Betrachten wir nun das betriebsnotwendige Umlaufvermögen. Auch hier existieren erhebliche Bewertungsprobleme, wenn man berücksichtigt, daß Zusammensetzung und Wert von beispielsweise Lagerbeständen, Forderungen und liquiden Mitteln zeitabhängig erheblichen Schwankungen unterworfen sind. Für die Ermittlung des durchschnittlich während einer Abrechnungsperiode gebundenen betriebsnotwendigen Umlaufvermögens geht man häufig so vor, daß man aus den Werten aus Anfangsund Endbeständen den arithmetischen Mittelwert bildet. Insgesamt ergibt sich bei Wahl der dominierenden Variante der Durchschnittswertverzinsung für das abnutzbare Anlagevermögen das folgende Berechnungsschema zur Bestimmung des betriebsnotwendigen Kapitals: Betriebsnotwendiges Anlagevermögen a) Nicht abnutzbare Teile (zu kalkulatorischen Ausgangswerten) b) Abnutzbare Teile (zu halben kalkulatorischen Ausgangswerten) + Betriebsnotwendiges Umlaufvermögen (zu kalkulatorischen Mittelwerten) = Betriebsnotwendiges Vermögen = Betriebsnotwendiges Kapital Als Produkt aus dem betriebsnotwendigen Kapital und dem Zinssatz berechnen sich dann die kalkulatorischen Zinsen. Die Beantwortung der Frage nach der Bemessung des Zinssatzes bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Geht man von der allerdings realitätsfremden Unterstellung aus, es wäre möglich, das betriebsnotwendige Anlage- und Umlaufvermögen exakt zu bestimmen, so ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß sich das zur Finanzierung des betriebsnotwendigen Vermögens eingesetzte Kapital in der Regel aus Eigenkapital und verschiedenen Fremdkapitalquellen mit unterschiedlich hohen Zinssätzen zusammensetzt. Diesen Sachverhalt kann man wohl kaum durch einen einheitlichen Zinssatz einfangen. Wenn zwangsläufig trotzdem die Notwendigkeit eines einheitlichen Zinssatzes für die Praxis existiert, so unterliegt seine Wertfestsetzüng nicht den Kriterien von richtig oder falsch. Vielmehr hat sich seine Bemessung am Kriterium der Plausibilität zu orientieren. So wählt man in der Praxis sehr häufig den landesüblichen Zinssatz oder einen Durchschnittszinssatz, der sich aus dem insgesamt in Anspruch genommenen Fremdkapital ergibt. Auch ist es üblich, den Kalkulationszinssatz an der teuersten Fremdkapitalkomponente festzumachen. Abschließend bleibt festzuhalten, daß es sich bei den kalkulatorischen Zinsen auf das betriebsnotwendige Kapital sowohl um Anders- als auch um Zusatzkosten handeln kann. Dieser Fall tritt ein, wenn sich das betriebsnotwendige Kapital aus Eigen- und Fremdkapital zusammensetzt. Reduziert sich dagegen der Fremdkapitalanteil auf Null, so stellen die kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen ausschließlich Zusatzkosten dar. Was nun die Zurechnung der kalkulatorischen Zinsen auf die einzelnen Kostenstellen und Kostenträger betrifft, so ist dies nach dem Verursachungsprinzip kaum möglich oder aber bei Durchführbarkeit mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Diese Zinsen werden daher meistens, auch unter dem Aspekt eines hohen Erfassungs33

Vgl. S. 1076 ff.

608

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbcreich

und Verrechnungsaufwandes, als Kostenstellen- und Kostenträgergemeinkosten betrachtet und nach Maßgabe bestimmter Schlüssel verrechnet. Im Rahmen des betrieblichen Rechnungswesens besteht die Notwendigkeit, die in der Kostenartenrechnung auf das betriebsnotwendige Kapital verrechneten kalkulatorischen Zinsen den aus der Inanspruchnahme von Fremdkapital resultierenden Zinsaufwendungen gegenüberzustellen. Zu diesem Zweck werden letztere in der Regel unter den neutralen Aufwendungen in der Kontenklasse 2 des Gemeinschaftskontenrahmens der Industrie (GKR) gesammelt und erfaßt. 1.1.1.3.5.2 Kalkulatorischer Unternehmerlohn und kalkulatorische Eigenmiete Der kalkulatorische Unternehmerlohn und die kalkulatorische Eigenmiete zählen neben den kalkulatorischen Zinsen auf das Eigenkapital zu den Zusatzkosten. 34 Sollen als Entgelte für die Arbeitsleistung der Unternehmensleitung bei Einzelunternehmungen und Personengesellschaften kalkulatorische Unternehmerlöhne in die Selbstkosten eingerechnet werden, so stellt sich die Frage ihrer Bemessung. Da es äußerst problematisch ist, die Festlegung derartiger Werte an branchenbezogenen Durchschnittswerten zu orientieren, kann in verstärktem Maße eine Tendenz beobachtet werden, die die Bemessung des kalkulatorischen Unternehmerlohns aus der Einkommenshöhe ableitet, die bei alternativer Tätigkeit hätte erzielt werden können. Diese auf das Prinzip der Opportunitätskosten zurückgehende Betrachtungsweise hat zur Folge, daß der kalkulatorische Unternehmerlohn (bei einem kalkulatorischen Gewinn der Höhe Null als Differenz von Leistung und Kosten) den Charakter einer Mindestgewinnvorgabe erhält. Jeder positive Wert des so definierten Gewinns stellt dann nur noch den Mehrgewinn dar, der zusätzlich zum kalkulatorischen Unternehmerlohn erwirtschaftet werden kann. Da eine derartige Mindestgewinnvorgabe nur nach subjektiven Kriterien bestimmbar ist, birgt diese Vorgehens weise die Gefahr in sich, daß der Ansatz kalkulatorischer Unternehmerlöhne unter reinen Kostengesichtspunkten betrachtet wird, mit der Konsequenz, daß die vorrangig erforderliche Diskussion zur Frage der Gewinn- und Einkommensentwicklung zwangsläufig in den Hintergrund tritt. Die Existenz dieser Problematik sollte jedoch nicht zu einer „Lösung" führen, die darin besteht, auf den Ansatz kalkulatorischer Unternehmerlöhne gänzlich zu verzichten. Wenden wir uns nun der kalkulatorischen Eigenmiete zu. Auch hier geht es darum, in die Selbstkosten ein kostenmäßiges Äquivalent für die Tatsache zu verrechnen, daß vom Unternehmen an den bzw. die Unternehmer für die unentgeltliche Nutzung von unternehmereigenen Grundstücken und Anlagen keine Zahlungen geleistet werden. Für die Bemessung der Miethöhe gelten analoge Überlegungen wie bei den kalkulatorischen Unternehmerlöhnen. Als vergleichbare Alternative kommt zum einen die Anmietung gleichwertiger Grundstücke und Anlagen in Betracht. Zum anderen können jedoch auch dem Opportunitätskostenprinzip folgend jene Werte als kalkulatorische Eigenmiete angesetzt werden, die sich bei anderweitiger Verwendung hätten erzielen lassen. Damit dominieren auch bei dieser kalkulatorischen Kostenart hinsichtlich der Bewertung analog den kalkulatorischen Unternehmerlöhnen die subjektiven Aspekte. In ähnlicher Weise stellt sich auch die Problematik des Gewinnbegriffs und seiner Interpretation. 34

Vgl. S. 545, HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 182 ff., sowie HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 112 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Lcistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 609

1.1.1.3.5.3 Kalkulatorische Wagnisse Der Begriff Wagnis umschließt alle Risiken, die in Form außerordentlicher Mehraufwendungen und/oder außerordentlicher Ertragseinbußen eintreten können. 35 Zu unterscheiden sind das allgemeine Unternehmerwagnis und spezielle Einzelwagnisse. Betrifft das Risiko die Unternehmung als Ganzes, so spricht man vom allgemeinen Unternehmerwagnis. In diese Kategorie gehören beispielsweise Rückschläge in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, plötzlich auftretende Nachfrageverschiebungen sowie der Eintritt unvorhersehbarer Preissteigerungsraten. Dieses Wagnis ist nicht kalkulierbar, seine Folgen zeigen sich letztendlich im Betriebsergebnis in Form von Gewinn oder Verlust. Seine Abgeltung erfolgt aus dem Gewinn. Angebotspreiskalkulationen berücksichtigen das allgemeine Unternehmerwagnis durch einen Gewinnzuschlag. Betreffen die Risiken dagegen ganz bestimmte Aktivitäten, Abteilungen oder Produkte aus einer Unternehmung, so bezeichnet man sie als spezielle Einzelwagnisse (betriebsbedingte Wagnisse). Ihre Abgeltung ist nun in zweifacher Weise möglich: Zum einen kann die Deckung durch Fremdversicherungen erfolgen. In diesem Fall werden die hierfür anfallenden Versicherungsprämien als pagatorische Kosten unter Berücksichtigung einer periodenbezogenen Abgrenzung unmittelbar in die Kostenartenrechnung einbezogen. Liegt dagegen keine Fremdversicherung vor, so tritt an ihre Stelle eine Art Selbstversicherung in der Weise, daß man den betrieblich verursachten Werteverzehr in Form kalkulatorischer Wagnisse berücksichtigt und verrechnet. Diese Selbstversicherung dient dem Ziel, einen langfristigen Ausgleich zwischen den tatsächlich eingetretenen Aufwendungen und den kalkulatorischen Wagniskosten anzustreben. Die kalkulatorischen Wagnisse sind bekanntlich den Anderskosten zuzurechnen. 36 Bevor die Art und Weise ihrer Ermittlung dargestellt wird, sollen die speziellen Einzelwagnisse etwas näher erläutert werden. Zu diesen zählen die folgenden Hauptgruppen: Beständewagnis, Produktionswagnis, Entwicklungswagnis, Vertriebswagnis sowie die sonstigen Wagnisse. - Das Beständewagnis umfaßt Lagerverluste bei Werkstoffen sowie Halb- und Fertigfabrikaten. Diese Verluste können beispielsweise aus einer Minderung der Qualität, Preissenkungen oder einer Verminderung der Quantität resultieren. - Das Produktionswagnis umfaßt eine ganze Bandbreite von Risiken. So zählen zum Produktionswagnis u. a. Mehrkosten aufgrund von Konstruktions- und Arbeitsfehlern, außergewöhnliche Schäden an den Betriebsmitteln, Kosten für Gewährleistungen oder für Verrechnungsdifferenzen, die aus Fehleinschätzungen der Abschreibungsbeträge resultieren. - Das Entwicklungswagnis trägt der Tatsache Rechnung, daß nicht selten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu Ergebnissen führen, die wirtschaftlich kaum verwendbar sind. Mit diesem Wagnis werden die Kosten für derart fehlgeschlagene Aktivitäten berücksichtigt. - Zum Vertriebswagnis zählen beispielsweise Forderungsausfälle gegenüber Kunden, von Kunden in Zahlung gegebene Wechsel, die zu Protest gehen, oder aber Währungsverluste. 35

36

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 178 ff., HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 113 ff., sowie HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 70 ff. Vgl. S. 546 und S. 76.

610 -

Teil HI: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

Schließlich umfassen die sonstigen Wagnisse betriebs- und branchentypische Risiken, etwa Risiken bei der Herstellung und Beförderung von Gift- und Explosivstoffen, oder aber Risiken, die bei Montage- und Abbrucharbeiten entstehen können.

Die in der Regel sehr ungleichmäßig auftretenden tatsächlichen Wagnisaufwendungen bewirken mehr oder weniger starke Erfolgsschwankungen. Würde man nun diese Aufwendungen periodengleich in die Kostenrechnung einbeziehen, so hätte das zur Folge, daß die Höhe des Betriebsergebnisses von Einflußgrößen (mit-)bestimmt wird, die sich nicht aus der direkten Leistungserstellung und -Verwertung in der j e weiligen Abrechnungsperiode ableiten lassen. U m nun das Betriebsergebnis von derartigen nicht gewünschten Einflußgrößen freizuhalten, wählt man folgende Vorgehensweise: Die tatsächlich auftretenden Wagnisaufwendungen werden in die neutrale Ergebnisrechnung übernommen und über die Kontenklasse 2 als betriebliche außerordentliche Aufwendungen verrechnet. Diese Wagnisaufwendungen werden in der Kostenrechnung durch Wagniskosten ersetzt, die monetär quantifizierte E r w a r t u n g s w e r t e darstellen, welche sich zum einen aus Erfahrungen der Vergangenheit ableiten und zum anderen zukünftige Entwicklungen berücksichtigen, soweit diese vorhersehbar sind. Abschließend soll ein Zahlenbeispiel den Ansatz kalkulatorischer Wagniskosten verdeutlichen: Aufgrund statistischer Erhebungen wurde festgestellt, daß in den vergangenen fünf Jahren Aufwendungen für Gewährleistungen in Höhe von insgesamt 1 2 0 . 0 0 0 DM angefallen sind. Die Selbstkosten der abgesetzten Produkte beliefen sich für den gleichen Zeitraum auf 2.000.000 DM. Das entspricht einem Wagnissatz von 6 % , d. h. auf 1 D M Selbstkosten entfielen im Durchschnitt 0,06 D M an Gewährleistungsaufwendungen. Die Selbstkosten der abgesetzten Produkte, für die das Unternehmen Gewährleistungsverpflichtungen übernommen hat, betragen in der laufenden Abrechnungsperiode 8 0 . 0 0 0 DM. Folglich sind bei einem Wagnissatz von 6 % 4 . 8 0 0 D M als kalkulatorische Wagnisse zu verrechnen. 1.1.1.4

Zusammenfassung

der

Kostenarten

Zum Abschluß der Kostenartenrechnung liegt es nahe, die im einzelnen behandelten wesentlichen Kostenarten zusammenzustellen und sie im Hinblick auf die Art der V e r r e c h n u n g (Kostenträgereinzel- oder Kostenträgergemeinkosten) sowie auf die Art ihres Verhaltens bei Beschäftigungsschwankungen (variable oder fixe Kosten) zu schematisieren. Der Sinn dieser Schematisierung liegt in der Tatsache begründet, daß gerade diese beiden Differenzierungsmerkmale für die weitere Erörterung der Kostenrechnung besonders wichtig sind. Wie sich zeigen wird, enthält das zu entwickelnde Schema nicht nur eindeutige Zuordnungen. E s läßt daher auch nur die Ableitung tendenzieller Aussagen zu (vgl. Abb. 17). Relativ einfach gestaltet sich die Zuordnung nach dem Kriterium Art der Verrechnung. So ist es wohl unstrittig, daß es sich bei den Werkstoffkosten für Einzelmaterialien, Arbeitskosten in Form reiner Akkordentlohnung sowie Abschreibungen in Form reiner Leistungsabschreibungen um Kostenträgereinzelkosten handelt, während alle anderen in der Abb. 17 ausgewiesenen Kostenarten Kostenträgergemeinkosten sind. Mehrdeutigkeiten bestehen jedoch zum Teil bei der Zuordnung nach dem Kriterium Art des Verhaltens bei Beschäftigungsschwankungen. So handelt es sich bei Einzelmaterialien und Hilfsstoffen, bei der Akkordentlohnung und bei der Leistungs-

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 611

abschreibung zweifelsfrei um variable Kosten. Im Gegensatz dazu können die Arbeitskosten in Form der Zeitentlohnung, die Abschreibungen in Form von Zeitabschreibungen sowie die zu verrechnenden Zinsen auf das im Anlagevermögen gebundene Kapital eindeutig den fixen Kosten zugeordnet werden. Alle anderen aufgeführten Kostenarten können dagegen sowohl fixen als auch variablen Charakter aufweisen. Im einzelnen ist dazu exemplarisch anzumerken: Dient der Einsatz von Betriebsstoffen etwa der Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft der Anlagen, also z. B. der Vermeidung von Rostbildung und der Verklebung einzelner Maschinenelemente, so führt das zu fixen Kosten. Andererseits nehmen die Betriebsstoffkosten mit steigender Leistung und Einsatzdauer der Betriebsmittel zu, die dann, wie etwa der bewertete Ölverbrauch beim Kraftfahrzeug, als variabel zu betrachten sind. Ahnlich müssen die auf das Umlaufvermögen zu verrechnenden Zinsen behandelt werden. Enthält das Umlaufvermögen Bestände an Rohstoffen und Halbfabrikaten, die direkt beschäftigungsabhängig in der Produktion eingesetzt werden, so haben sie variablen Charakter. Werden andererseits im Umlaufvermögen Sicherheitsbestände vorgehalten, so stellen die entsprechenden Zinsen fixe Kosten dar. Kosten, die aus Fremdleistungen resultieren, sind variabel, wenn etwa Transportleistungen beim Versand in Anspruch genommen werden. Sie sind fix, wenn ihnen beispielsweise ein zeitlich begrenzter Wartungsvertrag zugrundeliegt. Die Grundsteuer als Beispiel einer öffentlichen Abgabe stellt fixe Kosten dar, Abgaben für produktionsnotwendiges Brauchwasser sind variable Kosten. Schließlich können auch Wagniskosten fix oder variabel sein. Erstere resultieren beispielsweise aus Währungsrisiken, letztere etwa aus einer Ausschußproduktion. Kosten(2) (1) eigcnschaft Kosten trüger- KostenträgerKostenart gemeinkosten cinzclkoxien WcrkEinzclmalerialien X stoffHilfsstoffe X kosten Betriebsstoffe X Akkordentlohnung X Arbeitskosten Zeitentlohnung X Kalk. Lcistungsabschrcibung X Abschreibung Zeilabschreibung X Kalk. Umlaufvermögen X Zinsen Anlagevermögen X Kosten für Fremdleistungen X Abgaben X Wagniskosten X

(3) variable Kosten X X X X

(4) fixe Kosten

X X

X X X X X

X X X X X X

Abb. 17: Schematisierung der Kostenarten nach Art der Verrechnung und Verhalten bei Beschäftigungsschwankungen (In Anlehnung an HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 73)

Rückt man die bereits an anderer Stelle diskutierten Hauptzwecke der Kostenrechnung wieder ins Bewußtsein 37 und stellt diesen Vorgaben die möglichen Ergebnisse der Kostenartenrechnung gegenüber, so kann generell festgestellt werden: Die Kostenartenrechnung ist notwendig, aber nicht hinreichend für diese Zweckerfüllung. Sie hat eine spezielle Aussagen vorbereitende Funktion. Wesentliche Aufgaben, etwa die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit, kann sie nicht wahrnehmen. Die auf den Ergebnissen der Kostenartenrechnung aufbauende und in den folgenden Ausführungen zu diskutierende Kostenstellenrechnung ist, wie sich zeigen wird, bereits in der Lage, wesentlich konkretere Aussagen zu treffen. 37

Vgl. S. 570 ff.

612

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

1.1.2

Kostenstellenrechnung

1.1.2.1 A u f g a b e n und Abrechnungsschritte der Kostenstellenrechnung Nachdem in der Kostenartenrechnung die Kosten erfaßt und nach Kostenarten gegliedert worden sind, beantwortet die Kostenstellenrechnung die Frage nach den Orten ihrer Entstehung und daraus folgend ihrer diesbezüglichen betragsmäßigen Zuordnung. 38 Die Fragestellung nach den Orten der Kostenentstehung führt zum Begriff der Kostenstelle, die wie folgt definiert werden kann: Unter einer Kostenstelle versteht man einen von einem Meister oder einem Abteilungsleiter (allgemein: Kostenstellenleiter) verantwortlich geführten betrieblichen Teilbereich, der selbständig abgerechnet wird. Dabei werden die in ihr verursachten Kosten erfaßt und ausgewiesen. Hinzu treten häufig Aufgaben der Kostenplanung und der Kostenkontrolle. Die in einer Unternehmung nach ganz bestimmten noch zu untersuchenden Kriterien eingerichteten Kostenstellen stehen nicht beziehungslos in beliebiger Weise zueinander. Sie bilden vielmehr eine auf Dauer angelegte hierarchische Ordnung, eine sogenannte Kostenstellenhierarchie. Zur Demonstration betrachten wir Abb. 18. In dieser repräsentieren die Maschinen 1, 2 und 3 als eigenständige Kostenplätze die fünfte und damit unterste Ebene der Kostenstellenhierarchie. In diesen Kostenplätzen werden in der Regel die kalkulatorischen Abschreibungen, die Kosten für Anlagenversicherungen, soweit solche vorliegen, sowie die Personalkosten des jeder Anlage fest zugeordneten Bedienungspersonals direkt erfaßt.

Abb. 18: Kostenstellenhierarchie eines Maschinenbauunternehmens Wird die Kostenstelle „Numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen" beispielsweise von einem Meister geleitet, so stellen seine Gehaltskosten für diese Kostenstelle Kostenstelleneinzelkosten dar, während sie für die Kostenplätze auf Maschinenebene den Charakter von Gemeinkosten haben, die in einer Vollkostenrechnung den einzelnen Kostenplätzen in Form einer nicht verursachungsgerechten Schlüsselung angelastet werden. Dieses Wechselspiel von Einzel- und Gemeinkosten setzt sich bis zur obersten Ebene der Unternehmensleitung fort, d. h. für jeweils zwei unmittelbar benachbarte hierarchische Ebenen werden in der Regel die Einzelkosten der jeweils höheren Ebene zu Gemeinkosten auf der jeweils niedrigeren Ebene. 38

Zur Kostenstellenrechnung vgl. insbesondere HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 189 ff, KLOOCK, J „ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 106 ff., HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Leistungsrechnung, (1977), S. 82 ff., HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 118 ff., HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1987), S. 74 ff., sowie WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 1238 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Lcistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 613

Fragt man nun nach den Aufgaben, die die Kostenstellenrechnung zu erfüllen hat, so können diese in vier Punkten zusammengefaßt werden: 1. Kontrolle der Wirtschaftlichkeit an den Stellen, von denen die Kosten zu verantworten und zu beeinflussen sind. Diese Kontrolle stützt sich im wesentlichen auf Zeit- und Soll-Ist-Vergleiche. Letztere sind jedoch nur sinnvoll durchführbar, wenn parallel zur Istkostenrechnung auch eine Normal- und/oder Plankostenrechnung existiert. 2. Ermittlung von Kalkulationssätzen für die Kalkulation von Kostenträgern. So ergibt sich insbesondere bei einer unterschiedlichen Beanspruchung der Kostenstellen durch einzelne Produkte die Notwendigkeit, die Gesamtkosten des Betriebes den Kostenträgern möglichst verursachungsgerecht zuzurechnen. Die Forderung nach „erhöhter Kalkulationsgenauigkeit" findet jedoch zwangsläufig ihre Begrenzung in der Tatsache, daß vollkostenorientierte Kalkulationssätze (Zuschlags- bzw. Verrechnungssätze) keine verursachungsgerechte Kostenzurechnung gewährleisten können. 3. Harmonisierung der von der Unternehmensleitung den Kostenstellen vorgegebenen Kostenbudgets mit den kostenstellenbezogenen Kostenplänen und Kontrolle dieser Kostenbudgets innerhalb bestimmter Zeitabstände. 4. Bereitstellung von relevanten Kosten für Entscheidungsrechnungen, beispielsweise im Zusammenhang mit dem Einsatz von Methoden der Unternehmensforschung. Hinsichtlich der Beschreibung der abrechnungstechnischen Schritte der Kostenstellenrechnung knüpfen wir wieder an die Übersicht der Abb. 1 an. 39 Da die Kostenträgereinzelkosten, wie bereits beschrieben, um die Kostenstellenrechnung herum direkt in die Kostenträgerrechnung geführt werden, stehen im Mittelpunkt der Kostenstellenrechnung die Erfassung der den Kostenträgern nicht direkt zurechenbaren Kostenträgergemeinkosten und deren Aufbereitung zum Zwecke der Weiterverrechnung. Insgesamt kann man drei Arbeitsschritte unterscheiden: 1. Im ersten Arbeitsschritt erfaßt die Kostenstellenrechnung die gesamten primären Kostenträgergemeinkosten jeder Kostenstelle, d. h. es werden alle jene Kosten erfaßt und ausgewiesen, die in den einzelnen Kostenstellen infolge ihrer Inanspruchnahme anfallen. 2. Gegenstand des zweiten Arbeitsschrittes ist die innerbetriebliche Leistungsverrechnung (Sekundärkostenrechnung). Sie resultiert aus der Tatsache, daß ein Unternehmen neben seiner marktorientierten Leistungserstellung in Form von Marktleistungen und Außenaufträgen auch Leistungen zum Eigenverbrauch erstellt. Wird beispielsweise der Maschinenausfall einer Fertigungsabteilung durch die unternehmenseigene Anlagenerhaltung behoben, so fallen bei letzterer hierfür entsprechende Personal-, Material- und Energiekosten als primäre Kosten an, die im Zuge der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung dem Fertigungsbereich in Form von sekundären Kosten anzulasten sind. Diese innerbetriebliche Leistungsverrechnung wird so lange durchgeführt, bis die gesamten Gemeinkosten aller Vorkostenstellen auf die Endkostenstellen verteilt sind. 40 Ist diese Verteilung abgeschlossen, so kennt man für jede Endkostenstelle die Summe aus den primären und sekundären Kostenträgergemeinkosten, also die gesamten Kostenträgergemeinkosten. 39 40

Vgl. S. 584. Zur Definition von Vor- und Endkostcnstcllcn vgl. S. 616.

614

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

3. Im dritten Arbeitsschritt erfolgt für alle Endkostenstellen die Bildung von Kalkulationssätzen (Zuschlags- bzw. Verrechnungssätzen) durch die Gegenüberstellung von Bezugsgrößen und Kostenträgergemeinkosten. Diese Kalkulationssätze dienen der indirekten Weiterwälzung der Kostenträgergemeinkosten auf die einzelnen Kostenträger und bilden das Bindeglied zwischen der Kostenstellenund der Kostenträgerrechnung, und hier speziell für die Methoden der Zuschlagskalkulation. 1.1.2.2. E i n t e i l u n g s m ö g l i c h k e i t e n

der

Kostenstellen

1.1.2.2.1. Allgemeine Kriterien für die Bildung von Kostenstellen Die Notwendigkeit der Einrichtung von Kostenstellen wirft zugleich die Frage nach möglichen Kriterien ihrer Bildung auf. Im allgemeinen werden die folgenden vier Kriterien unterschieden: 41 räumliche Gesichtspunkte, funktionale Gesichtspunkte, Gesichtspunkte des Verantwortungsbereichs und abrechnungstechnische Gesichtspunkte. Bei der Bildung von Kostenstellen nach dem Kriterium räumliche Gesichtspunkte werden alle in einem gegebenen räumlichen Bereich vorhandenen produktiven Faktoren, beispielsweise alle Betriebsmittel einschließlich des zugehörigen Bedienungspersonals in einer Maschinenhalle, zu einer Kostenstelle zusammengefaßt. Erfolgt die Kostenstellengliederung nach funktionalen Gesichtspunkten, so bedeutet dies, daß unabhängig von der Kosten struktur Arbeitskräfte und Betriebsmittel, die funktional gleiche oder ähnliche Arbeitsgänge ausführen, in einer Kostenstelle gebündelt werden. Eine Kostenstellenbildung nach Verantwortungsbereichen zielt darauf ab, die Lösung von Kontrollaufgaben möglichst eindeutig dadurch zu gestalten, daß Kostenstelle und Verantwortungsbereich übereinstimmen. Werden schließlich Kostenstellen nach abrechnungstechnischen Gesichtspunkten gebildet, so bedeutet dies die Zusammenfassung von nur solchen produktiven Einheiten zu einer Kostenstelle, die eine annähernd gleiche Kosten struktur aufweisen. Dahinter verbirgt sich das Ziel einer möglichst konfliktfreien Kostenüberwälzung, die sich an der Inanspruchnahme der eingesetzten Faktoren orientiert. Neben diesen vier wesentlichen Kriterien für die Bildung von Kostenstellen tritt als weitere Einflußgröße die Frage nach der Tiefe der Kostenstellengliederung als Entscheidungsproblem hinzu. Die Antwort darauf hat sich an der Betriebsgröße, dem Leistungsprogramm und der Organisationsstruktur als den wesentlichen betriebsindividuellen Parametern zu orientieren und wird letztlich von dem gewünschten Genauigkeitsgrad bestimmt, mit welchem die Erfassung und Verrechnung der Kosten erfolgen soll. Strebt man einen möglichst hohen Genauigkeitsgrad an, so kann die Detailgliederung bis zu einzelnen Betriebsmitteln hinunterführen, die dann selbständige Kostenstellen bilden.

41

Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Lcistungsrechnung, (1991), S. 107 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 615

1.1.2.2.2 Grundsätze der Kostenstellengliederung Die Vielzahl der vorstehend diskutierten Einflußgrößen auf die Bildung von Kostenstellen schließt generelle und allgemeinverbindliche Aussagen aus. An ihre Stelle treten deshalb bestimmte Grundsätze, deren Berücksichtigung sich als zweckmäßig erwiesen hat: 42 1. Die Bestimmung von aussagefähigen kostenstellenbezogenen Kalkulationssätzen setzt voraus, daß sich eine weitgehende Proportionalität zwischen der in einer Kostenstelle erbrachten Leistung und den dadurch entstehenden Kosten nachweisen läßt. In dem Maße, in welchem diese Voraussetzung erfüllt wird, vereinfacht sich die möglichst verursachungsgerechte Kalkulation der Absatzleistungen in der Kostenträgerrechnung. Allerdings sind dieser Vorgehensweise, insbesondere im Verwaltungs- und Vertriebsbereich, enge Grenzen gesetzt. 2. Ein hoher Identitätsgrad von Kostenstelle und Verantwortungsbereich erleichtert die wirksame Durchführung von Wirtschaftlichkeitskontrollen. 3. Nur eine eindeutige, Überschneidungen ausschließende Kostenstellengliederung erfüllt den Grundsatz einer zweifelsfreien Kostenzuordnung. 4. Die Tiefe der Kostenstellengliederung ist als wirtschaftliches Problem zu betrachten. Sie hat dort ihre Grenze, wo der Vorteil der zusätzlichen Informationen hinter dem Nachteil des zusätzlichen Erfassungsaufwandes zurückbleibt. Die Grundsätze der Kostenstellenbildung sind in zweierlei Richtung konkretisiert worden: Zum einen haben sich unter dem Aspekt der Abrechnungstechnik ganz bestimmte Typen von Kostenstellen herausgebildet. Zum anderen kann eine Systematik von Kostenstellen bzw. Kostenstellengruppen beobachtet werden, die aus den Erfahrungen der Praxis resultiert und zur Entwicklung von ganz bestimmten Kostenstellenplänen geführt hat. Beide Aspekte sollen im folgenden erläutert werden. 43 1.1.2.2.3 Abrechnungstechnisch bedeutsame Typen von Kostenstellen Die Systematik von Kostenstellen nach abrechnungstechnischen Gesichtspunkten soll an Hand der Abb. 19 demonstriert werden. Aus dieser Abbildung geht hervor, daß zunächst zwischen Vorkosten- und Endkostenstellen zu differenzieren ist.

Abb. 19: Abrechnungstechnisch bedeutsame Typen von Kostenstellen (Aus HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 192)

42 43

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 198. Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 192 f. und S. 199 ff.

616

Teil III: Rechnungslegung ftlr den Operativbereich

Vorkostenstellen sind dadurch charakterisiert, daß sie Leistungen erbringen und diese an andere Kostenstellen abgeben. Diese Leistungen empfangenden Stellen werden mit den leistungserstellungsbedingten Kosten belastet. Vorkostenstellen bilden abrechnungstechnisch Zwischenglieder, die die Funktion einer Weiterwälzung von Kosten innerhalb der Kostenstellenrechnung zu erfüllen haben. Endkostenstellen sind dadurch charakterisiert, daß sie direkte Leistungen für die herzustellenden und abzusetzenden Produkte erbringen und die dabei erfaßbaren Kosten auf die Kostenträger verrechnen. Da Vorkostenstellen nur mittelbar bei der Herstellung und dem Absatz von Endprodukten mitwirken, bezeichnet man sie auch als Hilfskostenstellen. Von allgemeinen Hilfskostenstellen spricht man dann, wenn diese Stellen für sämtliche, zumindest j e doch für eine Vielzahl von Unternehmensbereichen Leistungen erbringen. Zu diesen Kostenstellen zählen beispielsweise die Gebäudeverwaltung, das Sanitätswesen und die Energieerzeugung. Dienen die von einer Kostenstelle erbrachten Leistungen nur jeweils einem einzigen Unternehmensbereich, so bezeichnet man diese Kostenstelle als unternehmensbereichsbezogene Hilfskostenstelle. Im Bereich der Fertigung wäre etwa die Arbeitsvorbereitung eine derartige Fertigungshilfskostenstelle. In ähnlicher Weise kann die Hilfskostenstelle Druckerei den sonstigen Unternehmensbereichen - hier speziell der Verwaltung - zugeordnet werden. Von besonderer Bedeutung sind die Endkostenstellen, die sich in Haupt- und Nebenkostenstellen aufgliedern. Hauptkostenstellen sind dadurch charakterisiert, daß sie an der Be- und Verarbeitung der das eigentliche Produktionsprogramm darstellenden Produkte beteiligt sind oder darüber hinausgehende nichtmaterielle Leistungen an diesen Produkten erbringen. In diese Kategorie von Kostenstellen gehören beispielsweise die zentrale Materialbeschaffung, der Walzbetrieb in einem Hüttenwerk oder die Montage in der Automobilindustrie. Im Gegensatz dazu werden in den Nebenkostenstellen Produkte be- bzw. verarbeitet, die nicht zum eigentlichen Produktionsprogramm gehören. Solche Produkte können beispielsweise Kuppelprodukte wie das Gas bei der Koksgewinnung oder aber Produkte aus der Verwertung minderwertiger Abfälle sein. Abschließend bleibt festzustellen, daß innerbetriebliche Leistungen zwar überwiegend von Hilfskostenstellen erbracht werden, aber nicht selten auch Haupt- und Nebenkostenstellen an der Bereitstellung von derartigen Leistungen beteiligt sind. 1.1.2.2.4 Kostenstellensystematiken der Praxis Die Kostenstellensystematiken in der Praxis orientieren sich schwerpunktmäßig an den Funktionen, d. h. Tätigkeitsbereichen, welche die zu fertigenden Produkte im Zuge ihrer Veredelung zu durchlaufen haben. Dabei werden Allgemeine Kostenstellen sowie Material-, Fertigungs,- Vertriebs- und Verwaltungskostenstellen unterschieden. In den Allgemeinen Kostenstellen erfolgt die Ausübung von Tätigkeiten, welche dem gesamten Betrieb dienen. Sie werden als Vorkosten- bzw. Hilfskostenstellen geführt, die ihre Kosten auf die Empfänger dieser Leistungen weiterverrechnen. Gegenstand der Materialkostenstellen sind die Beschaffung, Annahme, Lagerung und Ausgabe der Materialien. Diese erfahren hier weder eine Be- oder Verarbeitung, noch gehen sie direkt in die Endprodukte ein. Definitionsgemäß handelt es sich somit um Hilfskostenstellen. Gleichwohl werden sie in der Praxis fast ausnahmslos als End-

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 617

kostenstellen behandelt, mit der Konsequenz, daß die Verrechnung ihrer Kosten direkt auf die Kostenträger erfolgt. In den Fertigungskostenstellen werden Tätigkeiten durchgeführt, die sich mit der eigentlichen Leistungserstellung befassen. Diese Fertigungskostenstellen können zum einen als Endkostenstellen in Form von Fertigungshaupt- und Fertigungsnebenkostenstellen geführt werden. Zum anderen können sie Fertigungshilfskostenstellen darstellen. In Endkostenstellen werden Arbeitsverrichtungen unmittelbar an den zu fertigenden Produkten ausgeführt. Die entsprechenden Kosten dieser Stellen werden direkt auf die Kostenträger weiterverrechnet. Im Gegensatz dazu wälzen die Fertigungshilfskostenstellen ihre Kosten an andere, Leistungen empfangende Stellen weiter. Dies bedeutet eine nur mittelbare Verrechnung der Kosten auf die Kostenträger. Grundstücke, Gebäude Heizung Reinigung Immobilien Fcmsprcchvermittlungs7£ntrale Kantine Kindergarten Sportanlagen Sozialbcratung Sozialdienste Dampferzeugung Gaserzeugung Stromerzeugung Wasserversorgung Druckluftversorgung EnergiccrTcugung Fuhrpark Innentransport Transportwesen Schlosserei Elektrowerkstatt Bauabteilung Instandhaltung Planung Labor Konstruktionsabteilung Testwerkstatt Forschung und Entwicklung ALLG. HILFSKOSTENSTELLEN Einkaufsabteilung Rechnungsprilfstelle Einkauf Warenannahme Rohstofflager Hilfsstofflager Betriebsslofflager Warenausgabe Lager MATERIALKOSTENSTELLEN Produktionsplanung Arbeitsvorbereitung Werkzeug- und Masterbau Fertigbauteile Zwischenlager Fertigungshilfskostenstellen

Gießerei Dreherei Fräserei Galvanische Abteilung Stanzerei Bohrerei Schleiferei Schweißerei Montage Lackiererci Fertigungshauptkostenstellen Fcrtigungsncbenkostenstellen FERTIGUNGSKOSTENSTELLEN Innendienst - Inland Verkaufsgcbiet Nord Verkaufsgebiet West Verkaufsgebiet Süd Verkaufsgcbiet Ost Außendienst - Inland Verkauf Inland Innendienst - Ausland Außendienst - Ausland Verkauf Ausland Verkauf Werbung Versand VERTRIEBSKOSTENSTELLEN Geschäftsführung Rechtabteilung Lohn- und Gchaltsabteilung Ausbildungsabtcilung Personalabteilung Bilanzbuchhaltung Kontobuchhaltung Rechnungsprüfung Geschäflsbuchhaltung Materialabrechnung Lohn- und Gchaltsabrcchnung Anlagenrechnung Betriebsabrechnung Steuerabteilung Finanzabteilung Finanzen und Rechnungswesen EDV und Organisation VERWALTUNGSKOSTENSTELLEN

Abb. 20: Kostenstellenplan für einen Industriebetrieb (Beispiel) (Aus HUMMEL. S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986). S. 200)

618

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Das Tätigkeitsfeld der Vertriebskostenstellen erstreckt sich auf die Lagerung, den Verkauf und den Versand der Fertigerzeugnisse. Diese Kostenstellen werden regelmäßig als Endkostenstellen behandelt. Ihre Kosten werden unmittelbar den Kostenträgem angelastet. Zu den Verwaltungskostenstellen zählen alle Kostenstellen, die die Geschäftsführung und das Rechnungswesen im weitesten Sinn zum Inhalt haben. Beispiele sind die Interne Revision und die Finanzbuchhaltung. In der Regel werden auch diese Kostenstellen als Endkostenstellen betrachtet. Nicht selten faßt man die Funktionen des Vertriebs und der Verwaltung zu einer Endkostenstelle Vertrieb und Verwaltung zusammen. Das gilt insbesondere für kleine Unternehmen. Die nach Funktionen gegliederten Kostenstellen finden regelmäßig ihren Niederschlag in einem sogenannten Kostenstellenplan. Dabei handelt es sich um eine präzise, auf die betriebsindividuellen Verhältnisse ausgerichtete Zusammenstellung aller Kostenstellen. Die Abb. 20 zeigt ein Beispiel eines derartigen Kostenstellenplans für einen Industriebetrieb. 1.1.2.3 V e r t e i l u n g s p r o b l e m a t i k und Kostenschlüssel bei der Beh a n d l u n g der K o s t e n t r ä g e r g e m e i n k o s t e n in der Kostenstellenrechnung Liegt der Kostenstellenplan einer Unternehmung fest, dann müssen in der Kostenstellenrechnung die in einer Periode anfallenden Kostenträgergemeinkosten dieser Kostenstellen ermittelt werden. 44 Dabei ist man bemüht, möglichst viele Kostenarten als Kostenstelleneinzelkosten zu erfassen. Darüber hinaus existieren jedoch in der Regel auch Kostenstellengemeinkosten, die es notwendig machen, diese Gemeinkosten anteilsmäßig nach Bezugsgrößen oder Schlüsseln auf die einzelnen Kostenstellen zu verteilen. Das gleiche Erfordernis stellt sich auch für Kostenstelleneinzelkosten, die aus Vereinfachungsgründen nicht für jede Kostenstelle einzeln erfaßt werden. Das ist etwa dann der Fall, wenn in einem Industriebetrieb zwar die Stromkosten durch den Einbau von Zählern für die einzelnen Kostenstellen exakt ermittelt werden könnten, aufgrund der damit verbundenen beträchtlichen Kosten jedoch auf die Anschaffung von Stromzählern verzichtet wird. Man spricht in diesem Zusammenhang von unechten Kostenstellengemeinkosten. Die Verteilungsproblematik der Kosten, d. h. das Problem der Kostenschlüsselung, kann in der Kostenstellenrechnung in Form von drei Varianten auftreten: 1. Verteilung von Kostenträgergemeinkosten auf Kostenstellen: Hier geht es um die Verteilung der nicht als Kostenstelleneinzelkosten erfaßbaren bzw. erfaßten Kostenträgergemeinkosten auf die Vor- und Endkostenstellen. Dabei kann es sich beispielsweise um Urlaubslöhne, Sozialaufwendungen, Gewerbe- und Vermögensteuer, Strom- und Heizkosten, Mieten, Versicherungen, kalkulatorische Abschreibungen, kalkulatorische Zinsen und kalkulatorische Wagnisse handeln. 2. Kostenstellenumlage im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung: Bei der Kostenstellenumlage sind im Hinblick auf die Kostenträgerrechnung die Kosten, welche in den Vorkostenstellen anfallen, auf die Endkostenstellen zu verteilen. Dabei ist die Tatsache zu berücksichtigen, daß zwischen Vorkostenstellen sowie zwischen Vor- und Endkostenstellen wechselseitig Leistungen ausgetauscht werden können, welche zu Kosten führen, die nach Maßgabe der Leistungsinanspruchnahme den jeweiligen Kostenstellen angelastet werden müssen. 44

Vgl. SCHWEITZER, M. und KÜPPER, H.- U.: Systeme der Kostenrechnung, (1991), S. 160 ff., insbesondere S. 164 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis

619

3. Ermittlung von Kalkulationssätzen für Endkostenstellen: Bei der Bestimmung von Kalkulationssätzen für alle Endkostenstellen hat sich die Kostenschlüsselung an Kosteneinflußgrößen zu orientieren, die zu den Kosten der Endkostenstellen in einer proportionalen Beziehung stehen. In diesen Kalkulationssätzen kommt das prozentuale Verhältnis der Kosten in den Endkostenstellen zu den gewählten Bezugsgrößen zum Ausdruck. Bei der den vorstehenden drei Varianten zugrundeliegenden Kostenschlüsselung geht man vorrangig davon aus, daß die zwischen Kosten und der jeweiligen Bezugsgröße bzw. Kosteneinflußgröße unterstellte Proportionalität einer verursachungsgemäßen Zurechnung entspricht und daß die Kostenentwicklung von einer einzigen Bezugsgröße abhängt. Wenngleich diese Annahmen durch praktische Untersuchungen vielfach bestätigt sind, so muß doch darauf hingewiesen werden, daß sich auch nichtlineare Beziehungen zwischen Kosten und Bezugsgrößen nachweisen lassen und daß Gesetzmäßigkeiten existieren, infolge derer mehrere Einflußgrößen auf die Kostenentwicklung einwirken. So sind Situationen denkbar, wo beispielsweise die Heizkosten eines Raumes sich nicht mehr proportional zur Heizleistung verhalten, sondern sowohl von der Heizleistung als auch von der Außentemperatur und der Eigenwärme der sich in dem Raum aufhaltenden Personen abhängen. Wenngleich man sich bei der Existenz mehrerer Kosteneinflußgrößen häufig auf eine, in der Regel die wichtigste Einflußgröße beschränkt, so ist häufig aus Gründen der Genauigkeit eine relativ aufwendige Vorgehens weise nicht zu umgehen, die bei mehreren Einflußgrößen die herrschenden Gesetzmäßigkeiten zwischen diesen und den Kosten in kombinierten Schlüsseln berücksichtigt. Auch muß bei der Existenz nichtlinearer Beziehungen zwischen Kosten und Kosteneinflußgrößen von einer proportionalen Kostenverteilung abgewichen werden. Gemeinkostenarten Zusatzlöhnc Hilfslöhne Gehälter Freiwillige Sozialkosten Betriebsstoffkosten Biiromatcrialkosten Fremdrcparaturkosten Mieten Portokosten Eigenreparaturen Innerbetr. Transportkosten Arbeitsvorbereitung Kalk. Abschreibungen Kalk. Zinsen Lichtstrom Kraftstrom

Verteilungsmelhode direkt direkt direkt indirekt direkt direkt direkt indirekt direkt indirekt indirekt indirekt direkt direkt indirekt direkt

VcrtcilungsgrundlaKe Zusatzlohnscheine Stempelkarten Gchallslistcn Bruttolöhne und -gehälter Entnahmcschcine Entnahmcschcine Rechnungen qm Postausgangsbuch Reparaturstunden Tonnenkilometer Fertigungslöhne Werte der Anlagcnkoslen Werte der Anlagcnkoslen Zahl der Lampen kWh laut Zähler

Abb. 21: Direkte und indirekte Verteilung von Gemeinkostenarten auf Kostenstellen (In Anlehnung an HABERSTOCK, L.: Grunzllge der Kosten- und Erfolgsrechnung. (1977), S. 93)

Der Versuch einer Systematisierung der in der Praxis am häufigsten gebrauchten Kostenschlüssel hat zunächst zwischen Mengen- und Wertschlüsseln zu unterscheiden. Zur Gruppe der Mengenschlüssel gehören Zählgrößen (Anzahl der eingesetzten oder verkauften Produkte), Zeitgrößen (Fertigungsdauer, Rüstzeit, Maschinenstunden), geometrische Größen (Länge, Fläche, Rauminhalt), Gewichtsgrößen (Einsatzgewichte, Gewichte der produzierten und transportierten Mengen) sowie technische Maßgrößen (kW, PS, kWh, PSh, tkm, Kalorien). Die Gruppe der Wertschlüssel umfaßt Kostengrößen (Fertigungsmaterialkosten, Fertigungslohnkosten, Herstellkosten), Ein-

620

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbcieich

standsgrößen (Lagereingangswert, Lagerzugangswert), Absatzgrößen (Warenumsatz, Kreditumsatz), Bestandsgrößen (Bestandswert an Anlagen, Stoffen sowie Halb- und Fertigfabrikaten) sowie Verrechnungsgrößen (Verrechnungspreise). 45 In der Praxis werden bei der Verteilung von Kostenträgergemeinkosten auf die Kostenstellen Gemeinkostenarten unterschieden, die zum einen als Kostenstelleneinzelkosten direkt oder zum anderen als echte oder unechte Kostenstellengemeinkosten indirekt über Schlüsselgrößen den einzelnen Kostenstellen zugerechnet bzw. angelastet werden. Konkrete Beispiele für eine direkte und indirekte Verteilung sind in der Abb. 21 zusammengestellt. Für Mengenschlüssel ist eine Form der Kostenverteilung besonders geeignet, die sich an folgender Gleichung orientiert: Kostenanteil der Kostenstelle = Schlüsselzahl • Schlüsseleinheitskosten

(la)

Besteht die Aufgabe beispielsweise darin, die Stromkosten einer Periode nach Maßgabe der verbrauchten kWh auf die Kostenstellen zu verteilen, so repräsentiert die Anzahl der verbrauchten kWh jeder Kostenstelle ihre Schlüsselzahl. Die Schlüsseleinheitskosten erhält man, indem man die gesamten Stromkosten der Unternehmung durch die Summe der Schlüsselzahlen aller Kostenstellen, also durch den Gesamtverbrauch, dividiert. Beträgt etwa die Schlüsselzahl einer Kostenstelle 75.000 kWh, belaufen sich die gesamten Stromkosten auf 400.000 DM und der Gesamtverbrauch auf 5.000.000 kWh, so berechnet sich der Kostenanteil der betrachteten Kostenstelle bei Schlüsseleinheitskosten von 400.000 DM/5.000.000 kWh = 0,08 DM/kWh zu 75.000 kWh • 0,08 DM/kWh = 6.000 DM. Für Wertschlüssel wird eine Form der Kostenverteilung bevorzugt eingesetzt, die auf folgende Gleichung zurückgeht: T.

... „ Schlüsselzahl • Zuschlagsprozentsatz Kostenanteil der Kostenstelle = J Q Q —

., (lb)

Wird etwa verlangt, den Anteil der Urlaubslöhne einer Periode einer Kostenstelle zuzurechnen, so kann die Lohnsumme dieser Kostenstelle die Schlüsselzahl darstellen. Der Zuschlagsprozentsatz ergibt sich, wenn man die gesamten periodenbezogenen Urlaubslöhne des Unternehmens durch seine gesamte Lohnsumme der Periode dividiert. Kann man für eine Kostenstelle von einer Schlüsselzahl in Höhe von 100.000 DM ausgehen und betragen die unternehmensbezogenen Urlaubslöhne insgesamt 300.000 DM bei einer Gesamtlohnsumme von 4.000.000 DM, so berechnen sich der Zuschlagsprozentsatz zu 300.000 DM/4.000.000 DM • 100 = 7,5 und der Kostenanteil der betrachteten Kostenstelle zu 100.000 DM • 7,5 / 1 0 0 = 7.500 DM. Ist eine Kostenverteilung für Tatbestände vorzunehmen, die sich auf Dauer durch eine relative Konstanz der Bezugsgröße auszeichnen, etwa bei der Umlage nach rrß umbauten Raumes, so hat sich eine Mischform der Kostenschlüsselung herausgebildet, die sich an folgender Gleichung orientiert: .. , T, „ Kostensumme • Anteilsprozentsatz c Kostenanteil der Kostenstelle = JQQ

. (lc)

Während die Kostensumme den periodenbezogenen bewerteten Verbrauch des gesamten Unternehmens repräsentiert, beispielsweise die Heizkostensumme, gibt der Anteilsprozentsatz den mit 100 multiplizierten Quotienten aus der Schlüsselzahl der 45

Zur Vielfalt möglicher Schlüsselgrößen vgl. auch HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 218.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 621

betrachteten Kostenstelle und der Summe der Schlüsselzahlen für alle Kostenstellen wieder. Betragen etwa die gesamten Heizkosten des Unternehmens im Verlaufe einer Periode 50.000 DM bei insgesamt 700.000 m 3 umbauten Raumes und sind für die betrachtete Kostenstelle 140.000 m 3 in Rechnung zu stellen, so bestimmt sich der Anteilsprozentsatz zu 140.000 m 3 /700.000 m 3 • 1 0 0 = 20. Damit beläuft sich der Kostenanteil der Kostenstelle auf 50.000 DM • 20 / 100 = 10.000 DM. 1.1.2.4 Betriebsabrechnungsbogen

(BAB)

1.1.2.4.1 Aufgaben, Aufbau und Arbeitsschritte Die Betriebsabrechnung, d. h. die kostenstellenbezogene Erfassung und Verrechnung der Kostenarten, kann grundsätzlich in zwei Formen durchgeführt werden. 46 Zum einen besteht die Möglichkeit, unter Einsatz des Instrumentariums der doppelten Buchführung die Finanzbuchhaltung und die Betriebsbuchhaltung mit ihren Teilen Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung als Einkreissystem buchungstechnisch miteinander zu verknüpfen. Bei dieser kontenmäßigen Betriebsabrechnung ist jede Kostenstelle durch ein Konto charakterisiert, das im Soll die erfaßbaren Kostenarten und im Haben die Werte der abgegebenen Leistungen aufnimmt. Dem Vorteil eines einheitlichen Rechenwerks steht der Nachteil gegenüber, daß sich eine kontenmäßige Verbuchung vor allem bei größeren Unternehmen sehr aufwendig gestaltet. Überwiegen diese Nachteile, so ist es zum anderen möglich, den gesamten Buchungsprozeß in einem Zweikreissystem zu organisieren, und zwar dergestalt, daß die Kosten-, Leistungs- und Betriebsergebnisrechnung neben dem Kreis der Finanzbuchhaltung in einem gesonderten Rechenkreis dargestellt wird. In diesem wird die Betriebsabrechnung dann zumeist in tabellarisch-statistischer Form organisiert. Der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) stellt das Instrument dar, mit dessen Hilfe die tabellarisch-statistische Betriebsabrechnung durchgeführt wird. 47 Der Einsatz des Betriebsabrechnungsbogens im Rahmen einer reinen vollkostenorientierten Istkostenrechnung rückt von den vier formulierten Aufgaben der Kostenstellenrechnung 4 8 die Kalkulation der Kostenträger, konkret deren Nachkalkulation, in den Vordergrund. Das bedeutet: Ermittlung von Zuschlags- und/oder Verrechnungssätzen für alle Endkostenstellen, mit deren Hilfe dann in der Kostenträger(stück)rechnung die Kostenträgergemeinkosten den Kostenträgern angelastet werden können. Der Betriebsabrechnungsbogen stellt die Matrix dar, in deren Kopfzeile alle Vorund Endkostenstellen angeordnet sind. Ihre Reihenfolge wird durch den vorherrschenden Leistungsfluß bestimmt. Die erste Spalte erfaßt in den oberen Zeilen die gesamten primären Gemeinkostenarten, die zur mittelbaren Verteilung auf die Kostenträger anstehen.

4 6

47

48

Unter dem Begriff der Betriebsabrechnung werden mehrheitlich die Kostenarten- und die Kostenstellenrechnung zusammengefaßt. Vgl. etwa WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 961. Zum Betriebsabrechnungsbogen vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 202 ff., KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Lcistungsrechnung, (1991), S. 110 ff., KILGER, W.: Einführung in die Kostenrechnung, (1987), S. 170 ff., SCHWEITZER, M. und KÜPPER, H.-U.: Systeme der Kostenrechnung, (1991), S. 165 ff., HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 80 ff., WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 1251 ff., sowie HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 86 ff. Vgl. S. 613.

622

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbcreich

sekundäre primäre Gemein- Gemeinkosten kosten

KostenGemein^v4^nen kostenaiten

Vorkostenstellen

^ I i i 1

Endkostcnstcllcn

1. Ver jilung der primären Gemeinkosten auf die J K o s enstcllcn nach dem Verursachungsprinzip'N 1

1 1 1 2. Durchführung der innerbetrieblichen J I I I Leistungsverrechnung ( i b L ) ^ ' |

g" g 1 'S. s o I 3 « o n ^ S j. |

3. Bildung von Kalkulalionssätzen (Zuschlags- bzw. Vcrrechnungssätzcn) für die Endkostcnstcllcn

Abb. 22: Arbeitsschritte im BAB Die Arbeitsschritte im BAB sind aus Abb. 22 ersichtlich. Der erste Arbeitsschritt, die Verteilung aller primären Gemeinkosten auf die Vor- und Endkostenstellen, ist bereits diskutiert worden. Für den zweiten Arbeitsschritt, die Durchführung der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung, existiert eine Vielzahl von Methoden, die im folgenden erläutert werden sollen. Zuvor soll jedoch die Bildung der Zuschlags- und Verrechnungssätze für alle Endkostenstellen erläutert werden. Dieser dritte Arbeitsschritt baut auf den Ergebnissen des zweiten Arbeitsschrittes auf. 1.1.2.4.2 Bildung von Kalkulationssätzen (Zuschlags- bzw. Verrechnungssätzen) Kalkulationssätze stellen das Bindeglied zwischen der Kostenstellenrechnung und der Kostenträgerrechnung dar. In der Kostenstellenrechnung werden sie ermittelt, in der Kostenträgerrechnung erfolgt die Verrechnung der Kostenträgergemeinkosten auf die Kostenträger. 49 Bezeichnen Kj die Kostenträgergemeinkosten der Endkostenstelle j, Bj die Bezugsbasis der Endkostenstelle j und steht zj für den Kalkulationssatz der Endkostenstelle j, so gilt die Beziehung Zj = ~ j - 1 0 0 %

(2)

Inhaltlich gibt der Kalkulationssatz an, wieviel DM Gemeinkosten pro Einheit der Bezugsbasis in der Kostenträgerrechnung zu verrechnen sind. Im Nenner der Gleichung (2) können Wert-, Mengen- oder Zeitgrößen stehen. Ist Bj eine Wertgröße, so ist der Quotient dimensionslos (%), und man bezeichnet Zj als Zuschlagssatz. Handelt es sich bei Bj dagegen um eine Mengen- oder Zeitgröße, so weist der Quotient die Dimension DM/Mengeneinheit bzw. DM/Zeiteinheit auf. In beiden Fällen spricht man von Verrechnungssätzen. Die Gleichung (2) basiert auf der Unterstellung, daß zwischen den Größen Kj und Bj vollständige Proportionalität existiert, obwohl es sich bei Kj um Kostenträgergemeinkosten handelt. Auf die Problematik dieser Unterstellung wird an anderer Stelle eingegangen. 5 0 In der Mehrheit aller praktischen Fälle verhalten sich die Kostenträgergemeinkosten einer Endkostenstelle tatsächlich oder unterstellterweise proportional zu einer Bezugsgröße. Zwingen die Verhältnisse jedoch zu einer Aufgabe dieser Unterstellung, 49

50

Zur Bildung von Kalkulationssätzen vgl. HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 155 ff., sowie HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 247 ff. Vgl. S. 738 ff., sowie S. 700 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 623

so können pro Kostenstelle mehrere Bezugsgrößen ausgewählt werden. Beispielsweise hängen die Lagerhaltungskosten vom Wert, vom Gewicht und Volumen der gelagerten Güter ab. Wie bereits im Rahmen der Kostenstellensystematiken der Praxis erläutert wurde, werden häufig die Materialkostenstellen, die Fertigungskostenstellen, die Vertriebskostenstellen und die Verwaltungskostenstellen als Endkostenstellen behandelt, für die sich folgende Zuschlagssätze eingebürgert haben: 51 Materialgemeinkosten-Zuschlagssatz

= MSaldSoTten

Fertigungsgemeinkosten-Zuschlagssatz

= F^i^ngSSSostM

Vertriebsgemeinkosten-Zuschlagssatz

=

'

100%

"1 0 0 %

^HerstenTo'sten S t C " '

Verwaltungsgemeinkosten-Zuschlagssatz =

(3a) (3b)

(3c) . IQQ%

(3d)

In allen vier Gleichungen bedarf die Unterstellung einer jeweils proportionalen Beziehung zwischen Zähler und Nenner einer gewissen Interpretation. Für die auf den Materialbereich abzielende Gleichung (3a) ist die Unterstellung einer Abhängigkeit der Materialgemeinkosten vom Einzelmaterial nur bedingt gültig. Man differenziert deshalb zwischen einem mengenproportionalen Teil (z. B. Manipulationsarbeiten im Lager) und einem wertabhängigen Teil (beispielsweise Zinsen und Versicherungen), wobei man zusätzlich noch nach Materialarten unterscheiden kann. Im Fertigungsbereich kann die Gleichung (3b) die Beziehungen zwischen Fertigungsgemeinkosten und Bezugsbasis relativ exakt widerspiegeln. Zu denken ist hier an die lineare Beziehung zwischen Fertigungsgemeinkosten und Fertigungslöhnen insbesondere bei lohnintensiven Kostenstellen. Dagegen kann im Vertriebsbereich die Proportionalität zwischen den Vertriebsgemeinkosten und den Herstellkosten der abgesetzten Produkte nach Maßgabe der Gleichung (3c) nur sehr schwer nachgewiesen werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Genauigkeit dadurch zu erhöhen, daß man zwischen Produktgruppen oder Verkaufsbereichen differenziert. Am schlechtesten trägt die Gleichung (3d) im Verwaltungsbereich den tatsächlich dort existierenden Beziehungen zwischen den Verwaltungsgemeinkosten und den Herstellkosten der abgesetzten Produkte Rechnung. Die Ungenauigkeit der Gleichungen (3c) und (3d) sind u. a. eine Begründung für die bereits angeführte Tatsache, daß man für beide Bereiche einen gemeinsamen Zuschlagssatz bestimmt. Abschließend soll noch kurz der Einsatz von Verrechnungssätzen in der Kostenträgerrechnung gestreift werden. Die Kalkulation mit Verrechnungssätzen, insbesondere mit Maschinenstundensätzen, bietet sich beispielsweise bei automatisierten Abteilungen mit relativ kleinem Lohnkostenanteil an den Gesamtkosten an. In derartigen Situationen greift man gern auf Maschinenstunden als Mengenschlüssel zurück.

51

Zur Definition der Herstellkosten und der Selbstkosten vgl. S. 626.

624

Teil III: Rechnungslegung für den Opcrativbereich

1.1.2.4.3 Praktisches Beispiel für einen Betriebsabrechnungsbogen Die allgemeinen Ausführungen zum Betriebsabrechnungsbogen sollen abgeschlossen werden mit der Erläuterung eines einfachen, aber aussagefähigen Beispiels. 52 Zu diesem Zweck betrachten wir den praktischen Fall der Abb. 23, die einen ausgewählten BAB zur Durchführung der tabellarisch-statistischen Betriebsabrechnung darstellt. Diese Abbildung ist entsprechend den Aufgaben des BAB durch eine Dreiteilung charakterisiert: In den Zeilen 1 bis 16 erfolgt die Verteilung der primären Gemeinkosten auf alle Kostenstellen. Die Zeilen 18 bis 23 sind der innerbetrieblichen Leistungsverrechung vorbehalten. Schließlich sind in der Zeile 29 unter Berücksichtigung der Zahlenwerte der Zeilen 26 bis 28 die tatsächlichen Kalkulationssätze für alle Endkostenstellen ausgewiesen. Insgesamt werden zehn Kostenstellen betrachtet, davon drei Vorkosten- und sieben Endkostenstellen. Zu den Vorkostenstellen zählen die allgemeine Hilfskostenstelle Fuhrpark (Spalte 2), die allgemeine Fertigungshilfskostenstelle Produktionsplanung (Spalte 4) und die allgemeine Fertigungshilfskostenstelle Arbeitsvorbereitung (Spalte 5). Endkostenstellen sind die Materialkostenstelle (Spalte 3), die vier Fertigungshauptkostenstellen Dreherei (Spalte 6), Fräserei (Spalte 7), Bohrerei (Spalte 8) und Montage (Spalte 9), die Vertriebskostenstelle (Spalte 10) und die Verwaltungskostenstelle (Spalte 11). Die zur Verrechnung anstehenden primären Gemeinkosten ergeben sich aus der linken Spalte (Zeile 1 bis 16), die zugehörigen aus der Kostenartenrechnung übernommenen Zahlenwerte sind in der Spalte 1 ausgewiesen. Unterstellt wird, daß die Zahlenwerte der Spalte 1 mit einer Gesamtsumme in Höhe von 541.148 • 10 3 DM (Zeile 17) die Istwerte einer Abrechnungsperiode (beispielsweise eines Monats) repräsentieren. Die daran anknüpfenden Rechenoperationen, die am Ende der Abrechnungsperiode durchgeführt werden, sind folglich die Elemente einer Nachrechnung (Nachkalkulation). Gegenstand des ersten Arbeitsschritts ist nun die Verrechnung der Kostenträgergemeinkosten auf jene Vorkosten- und Endkostenstellen, in welchen sich ein entsprechender Güter- und/oder Dienstleistungsverzehr vollzogen hat. Diese Verrechnung erfolgt direkt, sofern es sich bei den Kostenträgergemeinkosten um Kostenstelleneinzelkosten handelt, oder aber indirekt, sofern die Kostenträgergemeinkosten den Charakter von echten oder unechten Kostenstellengemeinkosten aufweisen. Die Verrechnung der Kostenträgergemeinkosten orientiert sich an den Verteilungsschlüsseln der Abb. 21, wobei hier im konkreten Beispiel offenbleibt, welche Verteilungsgrundlage im einzelnen gewählt wurde. Im Ergebnis teilen sich beispielsweise die Hilfslöhne (Zeile 1) in Höhe von 82.816 (10 3 DM) auf in 4.618 (10 3 DM) für die allgemeine Hilfskostenstelle Fuhrpark, 2.200 (10 3 DM) für die Materialkostenstelle, 5.300 (10 3 DM) für die allgemeine Fertigungshilfskostenstelle Produktionsplanung, 3.724 (10 3 DM) für die allgemeine Fertigungshilfskostenstelle Arbeitsvorbereitung, 27.680 (10 3 DM) für die Fertigungshauptkostenstelle Dreherei, 13.890 (10 3 DM) für die Fertigungshauptkostenstelle Fräserei, 9.116 (10 3 DM) für die Fertigungshauptkostenstelle Bohrerei, 4.554 (10 3 DM) für die Fertigungshauptkostenstelle Montage, 2.202 (10 3 DM) für die Vertriebskostenstelle und 9.532 (10 3 DM) für die Verwaltungskostenstelle. Die gleiche Vorgehensweise gilt für die weiteren Zeilen bis Zeile 16.

52

Zur beispielhaften Erläuterung vgl. auch HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 240 ff.

- Ö

o CS | «0 CS

NC CI

iKostenfremderRechte ¡Beiträge, Gebühren, Zölle, Steuern

1

a\

CS

|

LL. ¿J o

s

lEnergiekosten

T>o 3) e §001 '0

§

1960*06

es 1 NC

| Instandhaltungsmaterial I Büromaterial | sonstige Materialien

sn

r-

ProArbeits- Dreherei Bohrerei Montage duktions- vorbeplanung reitung 2.2001| 5.3001 | 27.6801| 13.8901 | 4.5541| 2.2021| 1.790|| 12.4001| 9.64011 19.810|| 10.3221 | 1.746 1| 9.8501| 6.30011 12.05211 3.990|1 17.7001| 13364 1| 47.49011 24.21211 16.850 | [ 9.4201[ 7.9601| 38.3241| 40.2401| 50.970 |1 18.456 | 1 2701 | 2.6501| 650 I| | 4.0201 220| I 1.29411 1 3001 | 5.2961| 4.02011 1.6301 | 390 | 9.316| I 4.2801| 1.3971| 1.834|

VC

| 82.816|| 4.618 | 133411 1| 115.3261| 1 198.14211 5.95211 | 218.8601[ 21.468 | | | || 5.7401 13.953 | I| 1.2901 | 30.8531| 1| 22.79811 22.798 | | 21.7521I 4332|

rFertigungshauptkostens teilen

©

1 Gehälter

oo Endkostenstellen

o

VorEndkostens t. kostensL Allg. MaterialHilfskostenkostensL stelle Fuhr-park

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 625

es'

ON VO' VC

«n

NO p00 ON CS CN CS CS

BQ

t/3

CS

$

s

< P V BD

«3

es e

a E JS u

JS V 'C Ol

PQ

W3 « e

PQ

4>

C «A JS u

M

CÌ iS

Ä


i=l

Zur Demonstration betrachten wir das Zahlenbeispiel der Abb. 41. Die insgesamt in der Periode angefallenen Gesamtkosten belaufen sich auf 242.000 DM (Zeile 10, Abb. 41). Die Rechnungseinheiten (RE) (Zeile 12, Abb. 41) resultieren für jede Sorte aus dem jeweiligen Produkt aus abgesetzter Menge (Zeile 4, Abb. 41) und zugehöriger Äquivalenzziffer (Zeile 11, Abb. 41) und addieren sich zum Gesamtwert von 4.840 RE, der den Nenner in der Gleichung (7) repräsentiert (Zeile 12, Abb. 41). Dieser Wert besagt: Die Produktion von 2.000 LE der Sorte Si mit der Äquivalenzziffer 1,2,1.000 LE der Sorte S2 (Einheitssorte) mit der Äquivalenzziffer 1,0 und 1.600 LE der Sorte S3 mit der Äquivalenzziffer 0,9 ist kostenmäßig äquivalent der Produktion von 4.840 LE der Einheitssorte S 2 . Die Division der Gesamtkosten durch den Gesamtwert der Rechnungseinheiten liefert die Stückkosten der Einheitssorte S2 in Höhe von 50,00 DM/RE (Zeile 13, Abb. 41). Die Stückkosten der beiden anderen Sorten ergeben sich aus der Anwendung der Gleichung (7) (Zeile 15, Abb. 41), wobei der Quotient in dieser Gleichung die Stückkosten der Einheitssorte S 2 repräsentiert. Eine Kontrollrechnung zeigt, daß die Summe der Gesamtkosten jeder Sorte wieder zu dem Ausgangswert von 242.000 DM führt (Zeile 14, Abb. 41).

87

Zur Äquivalenzziffernkalkulation vgl. HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 173 ff., sowie HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 278 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 665 Mengen- und Kostenangaben 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

beschaffte Menge eingesetzte Menge ausgebrachte Menge abgesetzte Menge Lageizugang im Fertigproduktlager Beschaffungskosten Rohstoffkosten Fertigungskosten Verw.- und Vertriebskosten Gesamtkosten Aquivalenzziffcm Rechnungseinheiten StUckkosten pro Rechnungscinheit Gesamtkosten der Produktsorten Selbstkosten der Produktsorten

Dimension

Produktsorten S2 1.000 1.000 1.000 1.000 0

Si 2.000 2.000 2.000 2.000 0

LE LE LE LE LE DM DM DM DM DM RE 1,2 RE 2.400 DM/RE DM 120.000 DM/LE 60,00

S3 1.600 1.600 1.600 1.600 0

Kostensumme

3.000 59.000 162.000 18.000 242.000 1,0 1.000

0,9 1.440

50.000 50,00

72.000 45,00

4.840 50,00 242000

Abb. 41: Numerisches Beispiel für eine einstufige Äquivalenzziffernkalkulation Mengen- und Kostenangaben

Dimension

Produktsorten S

1 2.000 2.000 2.000 1.500 500

1 beschaffte Menge LE 2 LE eingesetzte Menge LE 3 ausgebrachte Menge 4 LE abgesetzte Menge 5 Lageizugang im Fcrtigproduktlager LE Beschaffung- und Ferii iungsbcrcich 6 KalkuBeschaffungskosten DM 7 lation Rohstoffkosten DM 8 Fertigungskosten DM Herstellkosten der ausgebrachten Mengen DM 9 10 der Aquivalenzziffcm RE 1,9 11 Rechnungseinheiten RE 3.800 12 Her- Herstellkosten pro Rechnungscinhcit DM/RE DM 13 stell- Herstellkosten der ausgebrachten Mengen 152.000 14 kosten Herstellkosten der ausgebrachten Mengen je LE DM/LE 76,00 15 - Hcrstellkostcn der Bestandserhöhung DM 38.000 16 Herstellkosten der abgesetzten Mengen DM 114.000 Verwaltungs- und Vcrtricbsbcreich 17 Kalku- Verwaltungs- und Vertriebskosten DM 18 lation Aquivalenzziffcm RE 1,0 19 der Rechnungseinheiten 1.500 RE 20 Verw.- Verwaltungs- und Vertriebskosten pro RE DM/RE 21 und Verwaltungs- und Vertriebskosten der abgesetzDM 6.000 Ver- ten Mengen 22 triebs- Verwaltungs- und Veitriebskosten der abgesetz- DM/LE 4,00 kosten ten Mengen pro Stück 23 Gesamtkosten der abgesetzten Mengen der Produktsorten DM 120.000 24 Selbstkosten der abgesetzten Mengen der Produktsorten DM/LE 80,00

s

2 1.000 1.000 1.000 800 200

Kostensumme 1.600 1.600 1.600 1.200 400 3.000 59.000 162.000 224.000

1,0 1.000

0.5 800

40.000 40,00 8.000 32.000

32.000 20,00 8.000 24.000

0,6 480

2,1 2.520

1.920

10.080

2,40

8,40

33.920 42,40

34.080 28,40

5.600 40,00 224.000 54.000 170.000 18.000 4.500 4,00 18.000

188.000

Abb. 42: Numerisches Beispiel für eine zweistufige Äquivalenzziffernkalkulation Nunmehr wird das Zahlenbeispiel der Abb. 41 dahingehend modifiziert, daß für alle Sorten Lagerzugänge im Fertigproduktlager zugelassen werden, produzierte und abgesetzte Mengen also nicht mehr übereinstimmen (Zeile 5, Abb. 42). Das macht den Einsatz einer zweistufigen Äquivalenzziffernrechnung erforderlich, in welcher in der ersten Stufe die Verrechnung der Herstellkosten erfolgt, während in der zweiten Stufe die Verwaltungs- und Vertriebskosten den Gegenstand der Kalkulation bilden.

666

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Die Gesamtkosten in Höhe von 242.000 DM (Zeile 10, Abb. 41) teilen sich auf in die Herstellkosten in Höhe von 224.000 DM (Summe der Zeilen 6 bis 8, Abb. 41) und die Verwaltungs- und Vertriebskosten in Höhe von 18.000 DM (Zeile 9, Abb. 41). Folglich werden in der ersten Stufe der Kalkulation in der Abb. 42 die Herstellkosten in Höhe von 224.000 DM (Zeile 9, Abb. 42) unter Berücksichtigung der zugehörigen Äquivalenzziffern (Zeile 10, Abb. 42) und der ausgebrachten Mengen (Zeile 3, Abb. 42) in analoger Weise wie bei der einstufigen Äquivalenzziffernkalkulation stückbezogen verrechnet (Zeile 14, Abb. 42). Die mit den stückbezogenen Herstellkosten bewerteten Lagerzugänge weisen einen Betrag von 54.000 DM (Zeile 15, Abb. 42) auf, während sich die Herstellkosten für die abgesetzten Produktmengen auf 170.000 DM belaufen (Zeile 16, Abb. 42). In der zweiten Stufe erfolgt die stückbezogene Verrechnung der Verwaltungs- und Vertriebskosten in Höhe von 18.000 DM (Zeile 17, Abb. 42) unter Berücksichtigung der zugehörigen Äquivalenzziffern (Zeile 18, Abb. 42) und der abgesetzten Mengen (Zeile 4, Abb. 42). Die Addition dieser Ergebnisse (Zeile 22, Abb. 42) zu den stückbezogenen Herstellkosten (Zeile 14, Abb. 42) ergibt die Selbstkosten der abgesetzten Produkte (Zeile 24, Abb. 42) und nach Multiplikation dieser Werte mit den zugehörigen Absatzmengen (Zeile 4, Abb. 42) die Gesamtkosten der abgesetzten Produkte (Zeile 23, Abb. 42). Kumuliert über alle drei Sorten liefert dies den Betrag von 188.000 DM. Addiert man in einer Kontrollrechnung zu diesem Betrag den Wert der Lagerbestandserhöhungen in Höhe von 54.000 DM (Zeile 15, Abb. 42), so ergibt sich folgerichtig die Gesamtkostensumme für die Abrechnungsperiode in Höhe von 242.000 DM. 1.1.3.33 Zuschlagskalkulationen 1.1.3.3.3.1 Summarische Zuschlagskalkulation Bei der summarischen Zuschlagskalkulation in ihrer einfachsten Form bilden die gesamten Kostenträgereinzelkosten die Zuschlagsbasis. Man bildet den Quotienten aus den gesamten Kostenträgergemeinkosten und den gesamten Kostenträgereinzelkosten einer Periode und erhält auf diese Weise den Zuschlagssatz. Dieser Vorgehensweise liegt die sehr problematische Unterstellung zugrunde, daß bei allen Kostenträgem ausnahmslos eine Proportionalität zwischen Kostenträgergemeinkosten und Kostenträgereinzelkosten besteht. Wir benutzen folgende Abkürzungen: n Xi K^j kj^j K^ Kpj kp ; Kp K^ KG ksi zs

Anzahl der Produkte Produktionsmenge (= Absatzmenge) des Produktes i der Periode Gesamte Materialeinzelkosten für das Produkt i (i = 1,2,..., n) Materialeinzelkosten pro Leistungseinheit des Produktes i (i = 1,2,..., n) Gesamte Materialeinzelkosten der Periode Summe der Fertigungslöhne für das Produkt i (i = 1,2,..., n) Lohneinzelkosten pro Leistungseinheit des Produktes i (i = 1,2,..., n) Summe der Fertigungslöhne der Periode Gesamte Kostenträgergemeinkosten für das Produkt i (i = 1,2,..., n) Gesamte Kostenträgergemeinkosten der Periode Selbstkosten je Leistungseinheit des Produktes i (i = 1,2,.... n) Zuschlagssatz der summarischen Zuschlagskalkulation

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 667

Unter Berücksichtigung dieser Symbolik gilt für die Selbstkosten ksi je Leistungseinheit des Produktes i: kSi = ( k E i

+

kpi)(l+T^)

(8a)

mit zs

= KE^KE • 1 0 0 %

(8b)

K

= K]y| + K | + K g

(8C) M

kpi

(8e) Bestandteile der Kalkulation 1

Materialeinzelkosten für das Produkt

2

Fertigungslöhne für das Produkt

Symbol

Dimension

E

DM

400

DM

600

K

Mi e K Fi

Betrag

3

Gesamteinzelkosten für das Produkt

DM

1.000

4

Gesamteinzelkostcn der Periode

DM

600.000

5

Gesamtgemeinkosten der Periode

KP

DM

900.000

6

Zuschlagssatz

ZS

%

150

7

Produzierte gleich abgesetzte Menge des Produktes

*i

LE

100

8

Materialeinzelkosten pro LeisUingseinheit des Produktes

E k Mi

DM/LE

9

Lohneinzclkoslcn pro LeisUingseinheit des Produktes

kE Fi kSi

DM/LE

6

DM/LE

25

10 Selbstkosten pro Lcistungseinheit des Produktes

4

Abb. 43: Numerisches Beispiel für eine summarische Zuschlagskalkulation Zur Demonstration betrachten wir das Zahlenbeispiel der Abb. 43. 88 Aus dieser ist ersichtlich, daß sich nach Maßgabe der Gleichung (8b) aus den Gesamtgemeinkosten (Zeile 5, Abb. 43) und den Gesamteinzelkosten (Zeile 4, Abb. 43) ein Zuschlagssatz in Höhe von 150% (Zeile 6, Abb. 43) bestimmen läßt. Mit Hilfe der Gleichung (8a) werden die Selbstkosten pro Leistungseinheit in Höhe von 25 DM/LE bestimmt. Die bereits an anderer Stelle formulierte Kritik an diesem sehr groben Verfahren läßt seinen Einsatz nur dort vertretbar erscheinen, wo die Kostenträgergemeinkosten, gemessen an den Kostenträgereinzelkosten, von untergeordneter Bedeutung sind. 89 1.1.3.3.3.2 Differenzierende Zuschlagskalkulation als Lohnzuschlagskalkulation Das allgemeine Schema der differenzierenden Zuschlagskalkulation wurde bereits an anderer Stelle an Hand eines Betriebsabrechnungsbogens erläutert. 90 Dabei war die Bildung von Zuschlagssätzen für alle Hauptkostenstellen typisch, wobei je nach Art der Hauptkostenstellen die Materialeinzelkosten, die Lohneinzelkosten oder die Herstellkosten die Zuschlagsbasis bildeten. Werden nun die Fertigungsgemeinkosten nach Fertigungskostenstellen differenziert und zu den jeweils zugehörigen Lohneinzelkosten ins Verhältnis gesetzt, so liefert das für jede Fertigungshauptkostenstelle einen Zuschlagssatz (vgl. Abb. 44 mit m Fertigungshauptkostenstellen). Diese Kalkulationsform bezeichnet man auch als differenzierende oder elektive Lohnzuschlags88 89 90

Vgl. EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 656 f. Vgl. S. 657. Vgl. insbesondere S. 622 ff.

668

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

kalkulation oder als Betriebszuschlagskalkulation. Ihr Fortschritt besteht in einer wesentlichen Verfeinerung der summarischen Zuschlagskalkulation. Folgerichtig hat diese Kalkulationsform in der kostenrechnerischen Praxis eine weite Verbreitung gefunden. Hauptkostcnstcl len Material Fertigung 1 Fertigung m Verwaltung Vertrieb Material- Material- Lohn- FertiLohn- FcrtiSondereinzelgemein- einzel- gungseinzcl- gungs- einzclkokosten kosten kosten einzelkosten gemein- stender koslen kosten Fertigung Materialkosten Fertigungskosten VcrHerstellkostcn VcrwalSondertriebs- einzelkotungsgemein- gemein- stendes kosten Vertriebs kosten Selbstkosten

Abb. 44: Allgemeines Schema der differenzierenden Lohnzuschlagskalkulation Die differenzierende Lohnzuschlagskalkulation orientiert sich am Kalkulationsschema der Abb. 44. In diesem gelten die folgenden Zuschlagsgrundlagen: Die Materialeinzelkosten für die Materialgemeinkosten, die Lohneinzelkosten für die Fertigungsgemeinkosten und die Herstellkosten für die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten. Wir benutzen folgende Abkürzungen: Anzahl der Produkte n m Anzahl der Fertigungskostenstellen kj^j Materialeinzelkosten pro LE des Produktes i k£jj Materialgemeinkosten pro LE des Produktes i k M i Materialkosten pro LE des Produktes i kpjj

Lohneinzelkosten pro LE des Produktes i in der Fertigungskostenstelle j

kpy kFij k|f

Fertigungsgemeinkosten pro LE des Produktes i in der Fertigungskostenstelle j Fertigungskosten pro LE des Produktes i in der Fertigungskostenstelle j Sondereinzelkosten der Fertigung pro LE des Produktes i

kFi kni kywi k^-j

Fertigungskosten pro LE des Produktes i Herstellkosten pro LE des Produktes i Verwaltungs(gemein)kosten pro LE des Produktes i Vertriebsgemeinkosten pro LE des Produktes i

kyxj Sondereinzelkosten des Vertriebs pro LE des Produktes i kvTi Vertriebskosten pro LE des Produktes i ZM Materialgemeinkostenzuschlagssatz ZFj Fertigungsgemeinkostenzuschlagssatz für die Fertigungskostenstelle j zvw Verwaltungsgemeinkostenzuschlagssatz ZVT Vertriebsgemeinkostenzuschlagssatz 91 ksi Selbstkosten je LE des Produktes i (i = 1, 2,..., n) Damit gilt entsprechend Abb. 44: 92

92

Zu den Definitionen der Zuschlagssätze zm. ZFj, z y w und ZVT v g'- Gleichungen (3a) - (3d), S. 623. Vgl. HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 180 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 669

ksi

+

i kpjj (1 + f g ) H

+

+

k g

S

+

k E

v Ti

(9a)

bzw. ksi = k H i + k v w i + kvTi

(9b)

kHi = k M i + k F i

(9c)

kMi = ^

(9d)

m k Fi = I k j=i k

Fij

=

i

+

F i j

kG + k|f

(9e)

kpij + ^Fij

(9f)

k V T i = kvGXi + k S E .

Bestandteile der Kalkulation 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Materialeinzelkosten pro LE des Produktes Materialgemeinkosten pro LE des Produktes Materialkosten pro LE des Produktes Lohneinzelkosten pro LE des Produktes in der FertiKungskostenstelle 1 Fertigungsgemeinkosten pro LE des Produktes in der FertiRungskostenstelle 1 Fertigungskosten pro LE des Produktes in der FertiRunfiskostenstelle 1 Lohneinzelkosten pro LE des Produktes in der Fertigungskostenstelle 2 Fertigungsgemeinkosten pro LE des Produktes in der FertiKungskostenstelle 2 Fertigungskosten pro LE des Produktes in der FertiEungskostenstelle 2 Sondereinzelkosten der Fertigung pro LE des Produktes Fertigungskosten insgesamt pro LE des Prod. Herstellkosten pro LE des Produktes Verwaltungsgemeinkosten pro LE des Produktes Verlriebsgemeinkosten pro LE des Produktes

(9g) Kosten- Kostenträgergemeinkosten KostenSym- trägerbol einzelZu- Zuschlags- Betrag summe kosten schlagssatz DM/LE basis DM/LE DM/LE % 80,00 80,00 k Mi ^ G i 1 6,40 8 6,40 k Mi Mi k 86,40 80,00 6,40 Mi E k Fil ö k Fil k

Fil E

k Fi2

100,00

100,00 "kfi

Fil

300

100,00

300,00

300,00

300,00

400,00 150,00

150,00 il Fi2

G k Fi2

250

375,00

375,00

375,00

525,00

Fi2

150,00

fcSE Fi

13,00

13,00

263,00 Hi 343,00 k VWi G k VTi Sondereinzelkostcn d. Vertriebs pro LE des Prod. uSE 21,94 15 VTi k 16 Vertriebskosten pro LE des Produktes VTi 21,94 k 17 Selbstkosten pro LE des Produktes Si 364,94

675,00 938,00 681,40 1024,40 102,44 102,44 51,22 51,22

10 11 12 13 14

k

kFi

k

k k

Hi Hi

10 5

21,94 51,22

73,16 835,06 1200,00

Abb. 45: Numerisches Beispiel für eine differenzierende Lohnzuschlagskalkulation

670

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Zur Demonstration ziehen wir das Zahlenbeispiel der Abb. 45 heran. 93 Betrachtet werden eine Materialkostenstelle mit dem Zuschlagssatz ZM = 8%, zwei Fertigungskostenstellen mit den Zuschlagssätzen z F1 = 300% und Zp2 = 250% sowie eine Verwaltungskostenstelle mit einem Zuschlagssatz von z v w = 10% und eine Vertriebskostenstelle mit einem Zuschlagssatz von z V t = 5%. Mit Hilfe der Gleichungen (9b) bis (9g) ergibt sich für die einzelnen Glieder der Gleichung (9a): k M i - kEj + m k

= kE j (1 m

= 86,40DM (Zeile 3, Abb. 45), _

Fi - £ k F i j + k f = £ kpjj (1 + j g j ) + k f = 938,00 DM (Zeile 11, Abb. 45), j=i

j=i

k S i = (86,40 DM + 938,00 DM) • 1,15 + 21,94 DM = 1200,00 DM (Zeile 17, Abb. 45). 1.1.3.3.3.3 Differenzierende Zuschlagskalkulation als Bezugsgrößenkalkulation Auch die differenzierende Lohnzuschlagskalkulation weist erhebliche Nachteile auf. 9 4 Ist etwa ein Betrieb durch einen hohen Mechanisierungs- und Automatisierungsgrad charakterisiert, so berechnen sich in der Regel extrem hohe Zuschlagssätze, mit der Konsequenz, daß bereits geringfügige Erfassungsungenauigkeiten erhebliche Kalkulationsfehler zur Folge haben können. Hinzu kommt, daß mit jeder Lohnerhöhung auch eine Änderung der Gemeinkostenzuschläge verbunden ist, was komplizierte Umrechnungen bedingt. Schließlich ist kritisch anzumerken, daß eine Proportionalitätsbeziehung eher zwischen den Fertigungsgemeinkosten und den Fertigungszeiten als zwischen den Fertigungsgemeinkosten und den Fertigungslöhnen unterstellt werden kann, sofern überhaupt eine Proportionalitätsbeziehung existiert. Diese schwerwiegenden Einwände haben dazu geführt, daß die Zuschlagskalkulation in zunehmendem Maße durch die Verrechnungssatzkalkulation, die auch die Bezeichnung Bezugsgrößenkalkulation trägt, verdrängt wird. 95 Für die Verrechnungssatzkalkulation gliedert man den Fertigungsbereich bis in einzelne Kostenplätze auf und kalkuliert die Fertigungskosten im Rahmen einer Kostenplatzrechnung auf die Bezugsgrößen, zu denen sie sich proportional verhalten. Verhalten sich sämtliche Kosten einer Fertigungskostenstelle zu einer einzigen Bezugsgröße, mit der die Kostenstellenleistung gemessen wird, proportional, so wird man sämtliche Kosten der Kostenstelle zusammenfassen und auch auf die Trennung zwischen Fertigungslöhnen und Fertigungsgemeinkosten verzichten. Bei Vorliegen mehrerer Bezugsgrößen für eine Kostenstelle differenziert man die Kosten der Kostenstelle nach den Bezugsgrößen, zu denen sie sich proportional verhalten. Man dividiert die gesamten Fertigungskosten einer Bezugsgrößenart in der Fertigungskostenstelle durch die Gesamtzahl der Bezugsgrößeneinheiten der Bezugsgrößenart in der Fertigungskostenstelle. Die Dimension des so ermittelten Verrechnungssatzes wird von der Dimension der Bezugsgröße bestimmt. Dabei tritt nicht selten der Fall ein, daß ein Teil der Kosten zeitproportional, ein anderer Teil der Kosten mengenproportional zu verrechnen ist. In Industriebetrieben werden zur Messung der Kostenstellenleistung sowohl Mengengrößen (Tonnen, Kilogramm, Stück) als 93 94 95

Vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 290. Vgl. beispielsweise WÖHE, G.: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, (1990), S. 1262 f. Zur Verrechnungssatzrechnung einschließlich Maschinenstundensatzrechnung vgl. HUMMEL, S. und MÄNNEL, W.: Kostenrechnung 1, (1986), S. 301 ff., sowie EISELE, W.: Tcchnik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 662 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 671

auch Zeitgrößen (Arbeitszeit, Maschinenlaufzeit), häufig auch miteinander kombiniert, eingesetzt. Für den Materialbereich sowie für die Verrechnung der Verwaltungs- und Vertriebskosten kann auch weiterhin die Zuschlagskalkulation eingesetzt werden. Zur formalen Darstellung werden folgende zusätzliche Abkürzungen eingeführt: Bpjs Gesamtzahl der Bezugsgrößeneinheiten der Bezugsgrößenart s in der Fertigungskostenstelle j (s = 1,2,..., Sj) Kpjs Gesamte Fertigungskosten der Bezugsgrößenart s in der Fertigungskostenstelle j zpj s Verrechnungssatz pro Bezugsgrößeneinheit der Bezugsgrößenart s in der Fertigungskostenstelle j (DM/ME; DM/ZE) bpijs Anzahl der Bezugsgrößeneinheiten der Bezugsgrößenart s für die Fertigung einer Leistungseinheit der Produktart i in der Fertigungskostenstelle j Damit gilt unter Berücksichtigung der bisher eingeführten Symbole für die Selbstkosten einer Leistungseinheit des Produktes i: 96 ksi = {

(1 + T & ) + 1 i j=l

b Fijs zpjs + k f } (1 +

+fg)

+ kSH.

(10a)

S=1

wobei gilt: ZFjs = i g

(10b) Symbol

Bestandteile der Kalkulation 1

Matcrialeinzelkosten pro LE des Produktes

2

Materialgcmeinkosten pro LE des Produktes

3

Materialkostcn pro LE des Produktes

4

Fertigungsbereich

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Bezugsgröße

kE Mi kG Mi k

Wert in DM je Anzahl der BeBezugszugsgrößengrößeneinheit cinhcitcn je LE 0,40

Durchsatzgewicht (kg) Bezugsgröße

5

1,40 4 Maschinenzeit (Min) Fertigungskosten pro LE des Produktes in der Fertigungskostenstelle 1 Bezugsgröße 0,50 Akkordzeit (Min) Bezugsgröße Anzahl der LE

12 2,40

1 Fertigungskosten pro LE des Produktes in der Fertigungskostenstelle 2 Fertigungskosten insgesamt pro LE des Produktes

16 Herstellkosten pro LE des Produktes 17 Verwaltungsgemeinkosten pro LE des Produktes 18 Vertriebsgemeinkosten pro LE des Produktes 19 Selbstkosten pro LE des Produktes

Z b

Zu- Zuschlags- Betrag Kostenschlagssatz summe basis % DM/LE DM/LE 10,00 10,00 . E Mi

10

1,00

Mi

F1J

Fill

2,00

2,00

5,60

5,60

Z b

F12 Fil2

k

b

Fi21 F21

6,00

6,00

Fi22 F22

2,40

2,40 8,40

Z

b

7,60

Fil

Z k

Fi2 kFj

16,00

k

27,00

Hi k VWi k

VTi k Si

kHi k

Hi

10

2 70

2,70

5

1,35

1,35 31,05

Abb. 46: Numerisches Beispiel für eine Bezugsgrößenkalkulation 96

1,00 11,00

Vgl. HABERSTOCK, L.: Kostenrechnung I, (1987), S. 184 f.

672

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Zur Demonstration betrachten wir das Zahlenbeispiel der Abb. 46. In dieser wird unterstellt, daß in der Fertigungskostenstelle 1 die Fertigungskosten zum einen der Bezugsgröße Durchsatzgewicht und zum anderen der Bezugsgröße Maschinenzeit proportional sind. Für die Fertigungskostenstelle 2 gilt die Annahme einer Proportionalität zwischen den Fertigungskosten und den Bezugsgrößen Akkordzeit und Anzahl der Leistungseinheiten. Die Materialgemeinkosten sowie die Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten werden nach dem Grundschema der differenzierenden Zuschlagskalkulation (vgl. Abb. 44) kalkuliert. Aus Gründen der Vereinfachung wird unterstellt, daß keine Sondereinzelkosten der Fertigung und auch keine Sondereinzelkosten des Vertriebs anfallen. Die Selbstkosten in Höhe von 31,05 DM/LE (Zeile 19, Abb. 46) ergeben sich schließlich als Summe aus den Materialkosten in Höhe von 11,00 DM/LE (Zeile 3, Abb. 46), den Fertigungskosten in Höhe von 16,00 DM/LE (Zeile 15, Abb. 46), den Verwaltungsgemeinkosten in Höhe von 2,70 DM/LE (Zeile 17, Abb. 46) und den Vertriebsgemeinkosten in Höhe von 1,35 DM/LE (Zeile 18, Abb. 46). 1.1.3.3.3.4 Differenzierende Zuschlagskalkulation als Maschinenstundensatzrechnung Die Maschinenstundensatzrechnung stellt eine spezielle Variante der Verrechnungssatzkalkulation dar. Sie wird vorrangig in anlagenintensiven Industrieunternehmen zur Kalkulation der Fertigungskosten herangezogen. Sie ist Resultat der Erkenntnis, daß bei hoher Anlagenintensität der Verbrauch zahlreicher Kostengüter im Bereich der Fertigung von der Laufzeit der Maschinen abhängt. Ihre Grundidee besteht darin, die nach Kostenstellen, Kostenplätzen und einzelnen Maschinen aufgegliederten Kostenträgergemeinkosten nach Maßgabe der in Anspruch genommenen Maschinenstunden auf die Kostenträger zu verteilen und die nicht den einzelnen Maschinen einer Kostenstelle zurechenbaren Gemeinkosten (Restgemeinkosten) mit Hilfe von Zuschlagssätzen auf die Fertigungseinzelkosten zu verrechnen. Zur Bestimmung der Maschinenstundensätze dividiert man die für die einzelnen Maschinen ermittelten Kostenträgergemeinkosten der Periode durch die dieser Periode zuzurechnenden Gesamtlaufzeiten der betreffenden Maschinen. Bei der Berechnung der Maschinenstundensätze sind vor allem die folgenden maschinenabhängigen Gemeinkostenarten zu berücksichtigen: 97 1. Kalkulatorische Abschreibungen, 2. Kalkulatorische Zinsen, 3. Instandhaltungskosten, 4. Raumkosten, 5. Energiekosten, 6. Werkzeugkosten, Kosten für Schmiermittel sowie Kosten für Maßnahmen der Überwachung, sofern diese Kosten ursächlich bei einer Maschine anfallen. Für die Berechnung der kalkulatorischen Abschreibungen unterstellt man einen linearen Abschreibungsverlauf, der Berechnung der kalkulatorischen Zinsen wird die Hälfte des Wiederbeschaffungswertes zugrundegelegt. Zur Erläuterung betrachten wir das Beispiel der Abb. 47a und 47b. 98

97 98

Vgl. MELLEROWICZ, K.: Neuzeitliche Kalkulationsvcrfahren, (1972), S. 28 ff. Vgl. EISHLE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 662 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 673 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Dimension Daten einer Karusseldrehbank DM Wiederbeschaffungspreis Jahre Geschätzte Nutzungsdauer h/Jahr Durchschnittliche Maschinenlaufzcit pro Jahr Kalkulatorischer Zinssatz % Reparaturkosten DM/Jahr Strombedarf pro Maschinenstunde kWh/h DM/kWh Preis pro Kilowattstunde Flächenbedarf der Maschine m* Raumkosten (Versicherung, Heizung, Beleuchtung, Reinigung, usw.) DM/m 2 u. Jahr Ermittlung des Maschinenstundensatzes DM/Jahr Abschreibungsbctrag pro Jahr DM/h Abschreibungsbctrag pro Maschinenstunde DM/h Kalkulatorische Zinsen pro Maschinenstunde Reparaturkosten pro Maschinenstunde DM/h Stromkosten pro Maschinenstunde DM/h Raumkosten pro Maschinenstunde DM/h DM/h Maschinenstundensatz

Betrag 120.000 8 1.500 8 600 9 0,16 12 30 15.000 10,00 3,20 0,40 1,44 0,24 15,28

Abb. 47a: Numerisches Beispiel für die Ermittlung eines Maschinenstundensatzes 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Daten der Kalkulation Dimension DM Fcrtigungsmaterial Matcrialgemcinkostenzuschlagssatz % Fertigungslöhne Karusseldrehbank DM Maschinenstundensatz Karusseldrehbank DM/h h Inanspruchnahme Karusseldrehbank Gemeinkostenzuschlagssatz Karusseldrehbank (Restgemeinkosten) % DM Fertigungslöhne Fräsmaschine Maschinenstundensatz Fräsmaschine DM/h Inanspruchnahme Fräsmaschine h Gemeinkostcnzuschlagssatz Fräsmaschine (Restgemeinkosten) % Verwaltungsgcmeinkostenzuschlagssatz % Vertriebsgemcinkostenzuschlagssatz % Ermittlung der Selbstkosten DM Fertigungsmaterial Materialgcmeinkosten DM Fertigungslöhne Karusseldrehbank DM Maschincnabhängige Fertigungsgcmcinkostcn Karusseldrehbank DM laut Maschinenstundensatz Restfertigungsgemeinkosten Karusseldrehbank DM DM Fertigungslöhne Fräsmaschine Maschinenabhängige Fertigungsgemeinkosten Fräsmaschine laut DM Maschinenstundensatz Restfertigungsgemeinkosten Fräsmaschine DM Herstellkosten DM Verwaltungsgemeinkosten DM DM Vertricbsgemcinkosten Selbstkosten DM

Kostensummt 24,00 8 64,00 15,28 2.5 78 42,00 12,40 1,5 96 10 5 24,00 1,92 64,00 38,20 49,92 42,00 18,60 40,32 278,96 27,90 13,95 320,81

Abb. 47b: Numerisches Beispiel für eine Maschinenstundensatzkalkulation Aus Abb. 47a geht durch einfache Rechnung hervor, daß sich für die betrachtete Karusseldrehbank ein Maschinenstundensatz von 15,28 DM/h (Zeile 16, Abb. 47a) ergibt. Dieser Wert wird nun benutzt, um ein Produkt zu kalkulieren, zu dessen Fertigung die vorstehend betrachtete Karusseldrehbank sowie eine zusätzliche Fräsmaschine mit einem gegebenen Maschinenstundensatz von 12,40 DM/h eingesetzt werden müssen. Die produkt- und maschinenspezifischen Daten sind der Abb. 47b (Zeile 1 - 12) zu entnehmen. Die maschinenabhängigen Fertigungsgemeinkosten der Karusseldrehbank betragen 38,20 DM (Zeile 16, Abb. 47b) und bestimmen sich als Produkt aus dem Maschinenstundensatz (Zeile 4, Abb. 47b) und der zeitlichen Inanspruchnahme der Drehbank (Zeile 5, Abb. 47b). Die Restfertigungsgemeinkosten dieser Ma-

674

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

schine betragen 49,92 DM (Zeile 17, Abb. 47b), sie machen bezogen auf die Fertigungslöhne 78% aus (Zeile 3 und 6, Abb. 47b). In gleicher Weise berechnen sich die maschinenabhängigen Fertigungsgemeinkosten und die Restgemeinkosten der Fräsmaschine (Zeile 19 u. 20, Abb. 47b). Die Summe der Kostenwerte in den Zeilen 13 20 ergibt die Herstellkosten in Höhe von 278,96 DM (Zeile 21, Abb. 47b), welche die Zuschlagsbasis für die Verwaltungs- und die Vertriebsgemeinkosten bilden. Mit der Bestimmung der Selbstkosten in Höhe von 320,81 DM ist die Kalkulation abgeschlossen. 1.1.3.3.4 Kuppelkalkulationen 1.1.3.3.4.1 Restwertverfahren Das Restwertverfahren, welches primär vom Durchschnittsprinzip ausgeht, findet dann Anwendung, wenn die Kuppelprodukte in ein Haupt- und in Nebenprodukte (oder Abfallprodukte) untergliedert werden können. Dabei wird das Hauptprodukt zum Träger der Gesamtkosten des Kuppelprozesses. Der Abrechnungsvorgang vollzieht sich in zwei Schritten: Fallen bei der Verwertung der Nebenprodukte Überschüsse (Nettoerlöse) an, so werden diese im ersten Schritt von den Gesamtkosten des Kuppelprozesses subtrahiert. Müssen dagegen zusätzliche Kosten für die Beseitigung der Nebenprodukte in Rechnung gestellt werden, so sind diese Kosten zu den Gesamtkosten des Kuppelprozesses im ersten Schritt zu addieren. Gegenstand des zweiten Schrittes ist die Verrechnung der verbleibenden Restkosten auf das Hauptprodukt. Sind Kosten und Erlöse der Nebenprodukte bekannt, so trifft die Restwertrechnung eine Aussage über die Höhe der Erlöse aus dem Verkauf der Hauptprodukte, die zur Deckung der Gesamtkosten der Periode erforderlich sind. Das im folgenden zu erläuternde Beispiel bezieht sich auf einen Hochofenprozeß in einem Hüttenwerk, in welchem Roheisen das Hauptprodukt und Gichtgas sowie Schlacke die Nebenprodukte bilden (vgl. Abb. 4 8 ) . " Eigentlicher Träger der Gesamtkosten ist das Hauptprodukt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17

Mengen- und Kostenangaben | Dimension | Beträge Hochofenprozeß Produktion von Roheisen t 15.000 Produktion von Gichtgas 280.000 m3 Produktion von Schlacke t 2.400 Gesamtkosten der Kuppelproduktion DM 27.200.000 Anschlußprozesse Weiterverarbeitung von Roheisen DM 3.375.000 Weiterverarbeitung von Gichtgas DM 4.000 Schlackebeseiligung DM 180.000 3 Verkaufspreis fiir Gichtgas 0,30 DM/m Kalkulation nach dem Restwertverfahren Gesamtkosten der Kuppelproduktion DM 27.200.000 - Nettoerlös des Gichtgases DM 84.000 + Kosten Weiterverarbeitung Gichtgas DM 4.000 + Kosten Schlackebeseitigung DM 180.000 + Weiterverarbeitung Roheisen DM 3.375.000 Gesamtkosten Roheisenproduktion DM 30.675.000 Selbstkosten pro Leistungseinheit 2.045 DM/t

Abb. 48: Numerisches Beispiel für das Restwertverfahren

99

Vgl. EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 666.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 675

Der Kalkulationsvorgang läuft nun wie folgt ab: Zunächst werden von den Gesamtkosten der Kuppelproduktion der Nettoerlös für den Verkauf des Gichtgases subtrahiert und die Kosten für die Weiterverarbeitung des Roheisens und des Gichtgases sowie für die Schlackebeseitigung addiert (Zeile 11-15, Abb. 48). Die so ermittelten Gesamtkosten der Roheisenproduktion (Zeile 16, Abb. 48) sind zur Produktionsmenge des Roheisens (Zeile 2, Abb. 48) ins Verhältnis zu setzen. Als Ergebnis erhält man die Selbstkosten pro t Roheisen. Der vorstehende Rechengang zeigt, daß das Restwertverfahren eine Variante der Divisionskalkulation darstellt. 1.1.3.3.4.2 Verteilungsverfahren Im Gegensatz zum Restwertverfahren wird das Verteilungsverfahren immer dann angewandt, wenn eine Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenprodukten nicht möglich ist, alle Kuppelprodukte also als gleichwertig erachtet werden. In diesem Fall spaltet man die gemeinsamen Kosten der Kuppelproduktion mit Hilfe einer oder mehrerer Schlüsselgrößen auf, wobei als Verteilungsmaßstäbe sehr häufig physikalische Größen oder Marktpreise (Abgabepreise) gewählt werden. Die Vorgehensweise bei dieser Schlüsselung orientiert sich an der bereits diskutierten Äquivalenzziffernrechnung, allerdings mit dem grundlegenden Unterschied, daß letztere auf dem Prinzip der Kostenverursachung, das Verteilungsverfahren dagegen auf dem Kostentragfähigkeitsprinzip basiert.

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

Mengen- und Kostenangaben | Dimension | Beträge Kuppelprozeß im Gaswerk Erzeugung von Koks 120.000 t kcal/t 5.000.000 Heizwert pro l Koks Abgabepreis abzüglich Weiterverarbeitungskosten pro t Koks DM/t 120 Erzeugung von Gas 75.000.000 m* 5.000 kcal/m 3 Heizwert pro m 3 Gas 0,24 DM/m 3 Abgabepreis abzüglich Wcitcrverarbcitungskosten pro m 3 Gas Gesamtherstellkosten des Kuppelprozesses DM 9.750.000 Kalkulation auf der Grundlage der Schlüsselgröße Heizwert Heizwert für die gesamte Koksmenge kcal 600.000.000.000 Heizwert für die gesamte Gasmenge kcal 375.000.000.000 kcal 975.000.000.000 Gesamtheizwert Herstellkosten pro kcal DM/kcal 0,00001 Herstellkosten pro t Koks DM/t 50 0,05 Herstellkosten pro m J Gas DM/m 3 Kalkulation auf der Grundlage der Schlüsselgröße Abgabepreis DM 14.400.000 Wert der gesamten Koksmenge DM Wert der gesamten Gasmenge 18.000.000 DM Gesamtwert 32.400.000 Herstellkosten pro DM DM/DM 0,300926 Herstellkosten für die gesamte Koksmenge DM 4.333.333 Herstellkosten für die gesamte Gasmenge DM 5.416.667 Herstellkosten pro t Koks DM/t 36,11 0,072222 Herstellkosten pro m 3 Gas DM/m 3

Abb. 49: Numerisches Beispiel für die beiden Varianten des Verteilungsverfahrens Am Beispiel eines Gaswerkes, das in einem Kuppelprozeß Koks und Gas erzeugt, soll das Verteilungsverfahren auf der Basis der Schlüsselgrößen Heizwert und Abgabepreis demonstriert werden (vgl. Abb. 49). 100 Betrachten wir zunächst die Kalkulation auf der Grundlage der Schlüsselgröße Heizwert. Aufbauend auf den Grund100

Vgl. EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 665.

676

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

daten des Kuppelprozesses (Zeile 1-7, Abb. 49) ergeben sich die Heizwerte für die gesamte Koks- und Gasmenge (Zeile 8-9, Abb. 49) aus den Produkten der Zahlenwerte der Zeilen 1 und 2 bzw. 4 und 5. Unter Berücksichtigung der Gesamtherstellkosten (Zeile 7, Abb. 49) und des Gesamtheizwertes (Zeile 10, Abb. 49) ergeben sich dann die Herstellkosten pro kcal (Zeile 11, Abb. 49) und aus der Multiplikation dieses Wertes mit den Zahlenwerten der Zeilen 2 bzw. 5 die Herstellkosten pro t Koks bzw. pro m3 Gas (Zeile 12-13, Abb. 49). Kalkulieren wir auf der Grundlage des Abgabepreises, so ändert sich das grundsätzliche Vorgehen nicht. Vielmehr treten nun an die Stelle der Zahlenwerte der Zeilen 8-10 die Zahlenwerte der Zeilen 14-16. Der Quotient aus den Gesamtherstellkosten (Zeile 7, Abb. 49) und dem Gesamtwert (Zeile 16, Abb. 49) liefert die Herstellkosten pro Werteinheit (Zeile 17, Abb. 49), die multipliziert mit den Zahlenwerten der Zeilen 14 bzw. 15 zu den Herstellkosten für beide Produkte führen (Zeile 18-19, Abb. 49). Setzt man diese Werte in Beziehung zu den Zahlenwerten der Zeilen 1 und 4, so ergeben sich die Herstellkosten pro t Koks bzw. pro m 3 Gas (Zeile 20-21, Abb. 49). Es leuchtet unmittelbar ein, daß Kalkulationen auf der Grundlage verschiedener Schlüsselgrößen auch zu verschiedenen Ergebnissen führen (vgl. die Zeilen 12 u. 20 bzw. 13 und 21, Abb. 49). 1.1.3.3.5 Prozeßkostenkalkulation Den Abschluß der Kalkulationbeispiele bildet die Prozeßkostenkalkulation als Element der Prozeßkostenrechnung. Bei der Prozeßkostenrechnung handelt es sich um einen weiterführenden Ansatz der Vollkostenrechnung mit dem Ziel einer vertieften Durchdringung des fixen Gemeinkostenblocks und daraus resultierend einer genaueren Zurechnung. Auf diese Weise sollen die Mängel der traditionellen Vollkostenrechnung weitgehend vermieden werden, insbesondere die der Zuschlagskalkulation. Die Grundidee der Prozeßkostenrechnung besteht in einer möglichst verursachungsgerechten Zurechnung der Kosten zu den Produkten über den Einsatz leistungsmengenbezogener Bezugsgrößen, sogenannter Kostentreiber. Das Bestreben geht dabei dahin, möglichst in allen Unternehmensbereichen derartige Kostentreiber aufzuspüren, unabhängig davon, ob die durch den Produktionsvorgang ausgelösten Aktivitäten und die dabei entstehenden Kosten direkt oder indirekt von der Ausbringung abhängen. Die Durchführung der Prozeßkostenkalkulation erfolgt in zwei Schritten: Im Mittelpunkt des ersten Schrittes steht die Beschaffung sämtlicher kostenstellenbezogener Informationen hinsichtlich der Art und des Umfangs aller physischen und wertmäßigen Teilprozesse. Zu diesen Informationen zählen beispielsweise: Anzahl der Materialbestellungen, Reklamationen und Rüststunden, Abschreibungsbeträge sowie Zinsen auf vorhandene Lagerbestände. Gegenstand des zweiten Schrittes ist dann die Untersuchung der Frage, in welcher Weise die im ersten Schritt ermittelten Tätigkeiten auf Mengenvariationen reagieren. Prozesse, deren Anzahl direkt oder indirekt von der Anzahl der produzierten Einheiten abhängt, werden als volumenabhängige bzw. leistungsmengeninduzierte Prozesse bezeichnet. Liegen keine derartigen Beziehungen vor, so spricht man von volumenunabhängigen bzw. leistungsmengenneutralen Prozessen. Für die leistungsmengeninduzierten Prozesse besteht die Aufgabe, die Bezugsgrößen aufzuspüren

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 677

und festzuhalten, für die nachweislich unterstellt werden kann, daß der Ressourcenverbrauch von der Anzahl der gefertigten Einheiten direkt oder indirekt abhängt. Diese Bezugsgrößen tragen auch die Bezeichnung Kostentreiber. Für die Kostenstelle Einkauf sind diese Zusammenhänge exemplarisch in der Abb. 50 dargestellt. 101 Prozesse Angebote einholen Bestellungen aufgeben Reklamationen bearbeiten Abteilung leiten

vom Volumen Kostcntrciber abhängig Anzahl der eingeholten Angebote abhängig Anzahl der Bestellungen abhängig Anzahl der Reklamationen unabhängig

Abb. 50: Aktivitäten und Kostentreiber Die Vorgehensweise der Prozeßkostenkalkulation ist nun die folgende. Zunächst werden die Kosten für die einzelnen Teilaktivitäten (z. B. Einholung von Angeboten) durch die zugehörigen Prozeßmengen (z. B. Anzahl der eingeholten Angebote) dividiert. Mit Hilfe der auf diese Weise ermittelten Prozeßkostensätze erfolgt die Zurechnung der Kostenträgergemeinkosten auf die Kostenträger für den Fall einer direkten Beziehung zwischen dem Ressourcenverbrauch und der Anzahl der produzierten Einheiten. Für den Fall einer indirekten Beziehung werden die Kostenträgergemeinkosten in dem Umfang jeweils den Kostenträgern angelastet, in welchem sie produktbezogene Leistungen von den indirekten Leistungsbereichen empfangen haben. Damit liegt die Gemeinkostenverteilung für die leistungsmengeninduzierten Prozesse fest. Was nun die Kosten betrifft, die aus leistungsmengenneutralen Prozessen resultieren, so müssen auch diese den Kostenträgern angelastet werden. Dies erfolgt mit Hilfe von Zuschlagssätzen oder Maschinenstundensätzen. Das folgende Zahlenbeispiel für eine Prozeßkostenkalkulation knüpft an eine sehr einfache Maschinenstundensatzrechnung an. 102 In der Analyse der Ergebnisse dieser Maschinenstundensatzrechnung werden deren Schwächen deutlich. Sie bilden den Ansatz zu Überlegungen, durch den Einsatz einer Prozeßkostenkalkulation die Kalkulationsgenauigkeit für das vorliegende Zahlenbeispiel zu erhöhen.

Materialeinzelkosten Produktionsmenge Gesamte Materialeinzelkosten Maschinenstundcn je LE Gesamte Maschinenstundcn Material gemeinkosten Fcrtigungsgcmcinkosten Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkostcn Maschinenstundensatz Materialgemeinkostenzuschlagssatz Verwaltungs- und Vertricbsgemcinkostcnzuschlagssatz

Dimension DM/LE LE DM h/LE h DM DM DM DM/h % %

Produkt A 400 10 4.000 4 40

Produkt B 1.000 10 10.000 20 200

Produkt C 400 100 40.000 4 400

Produkt D 1.000 100 100.000 20 2.000

Summe

220 154.000 2.640 61.600 396.000 152.900 150 40 25

Abb. 51a: Kalkulationsdaten Den Ausgangspunkt der Kalkulation bildet ein Mehrproduktunternehmen, das vier Einbauteile A, B, C und D herstellt. Aus Abb. 51a geht hervor, daß insgesamt Einzelmaterialkosten in Höhe von 154.000 DM bei einem Maschinenstundenverbrauch von 2.640 Stunden anfallen und daß Materialgemeinkosten in Höhe von 61.600 DM, Fertigungsgemeinkosten in Höhe von 396.000 DM und Verwaltungs- und Vertriebs101 102

Vgl. dazu HORVATH, P. und MAYER, R.: Prozeßkostenrechnung, (1989), S. 216 f. Vgl. FREIDANK, C . C . : Kostenrechnung, (1992), S. 164 ff., sowie LEHNEMANN, G. und WARNICK, B.: Erfassung und Kalkulation der Materialgemeinkostcn, (1992), S. 56 ff.

678

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

gemeinkosten in Höhe von 152.900 DM in Rechnung zu stellen sind. Der Quotient aus Fertigungsgemeinkosten und Maschinenstunden liefert einen Maschinenstundensatz von 150 DM/h. Bewertet man die erforderlichen Maschinenstunden mit diesem Maschinenstundensatz, so erhält man den Fertigungsgemeinkostenbetrag für jedes Produkt. Eine Maschinenstundensatzkalkulation für die vier Produktarten liefert die gesamten Selbstkosten pro Produktart. Durch Division durch die jeweiligen Produktmengen erhält man die Selbstkosten je Stück (vgl. Abb. 51b).

Materialeinzelkosten Materialgemeinkosten Fertigungsgemeinkosten Herstellkosten Verwaltung- und Vertriebsgemeinkosten Selbstkosten Selbstkosten je Stück

Dimension DM DM DM DM DM DM DM/LE

Produkt A 4.000 1.600 6.000 11.600 2.900 14.500 1.450

Produkt B 10.000 4.000 30.000 44.000 11.000 55.000 5.500

Produkt C 40.000 16.000 60.000 116.000 29.000 145.000 1.450

Produkt D 100.000 40.000 300.000 440.000 110.000 550.000 5.500

Summe 154.000 61.600 396.000 611.600 152.900 764.500

•> 1 1 Abb. 51b: Numerisches Beispiel für eine Maschinenstundensatzkalkulation

Die Ergebnisse der Abb. 51b sind wie folgt kritisch zu würdigen: 1. Aufgrund des hohen Verbrauchs an Maschinenstunden weist die Fertigungsgemeinkostensumme für das Produkt C einen Wert auf, der zehnmal so groß ist wie der entsprechende Wert für das Produkt A. Gleiches gilt im Verhältnis der Fertigungsgemeinkosten des Produktes D zu denen von Produkt B. 2. Die Selbstkosten pro Leistungseinheit stimmen für die Produkte A und C sowie B und D überein. Andererseits betragen die Produktmengen der Produkte A und B nur 10% der Produktmengen der Produkte C und D. Es ist also in keiner Weise eine Degression der Stückkosten mit zunehmender Ausbringungsmenge erkennbar. Das aber heißt nichts anderes, als daß sich die fixen Gemeinkosten proportional verhalten. Die Aussage des letzten Halbsatzes ist jedoch kostentheoretisch nicht haltbar. Faßt man diese Analyseergebnisse zusammen, so sind daraus im Hinblick auf eine Kalkulationsverbesserung im Rahmen einer Prozeßkostenrechnung die folgenden Schlußfolgerungen möglich (vgl. Abb. 51c): Kostentreiber

Produkt A 2 5 40 2

Produkt B 2 5 200 2

1 2 3 4

BeschaffungsvorRüngc Rüststunden Maschinenstunden Vertriebsvorgänge

5 6

Verbleibende Gemeinkosten (DM) Sonst. Materialgemeinkosten Sonst. Verw.- u. Vertriebsgemeinkosten

Produkt C 4 10 400 8

Produkt D 4 10 2.000 10

Prozeßmenge 12 30 2.640 22

Kosten (DM) 23.100 66.000 330.000 91.740

Prozeßkostensatz 1.925 2.200 125 4.170

Zuschlagssatz (%) Zuschlagsgrundlage (DM) 38.500 Materialeinzelkosten 154.000 25 61.160 Herste! Ikostcn 611.600 10

Abb. 51c: Daten für eine Prozeßkostenkalkulation Für einen Teil der Materialgemeinkosten läßt sich die Anzahl der Beschaffungsvorgänge als Kostentreiber identifizieren. Die Einkaufsabteilung wird für die Produkte A und B je zweimal, für die Produkte C und D je viermal aktiv. Bei insgesamt zwölf Aktivitäten und Gesamtkosten der Beschaffungsvorgänge in Höhe von 23.100 DM ergibt sich ein Prozeßkostensatz pro Beschaffungsvorgang von 1.925 DM (Zeile 1, Abb. 51c). Für die restlichen Materialgemeinkosten wird ein Materialgemeinkostenzuschlagssatz von 25 % ermittelt (Zeile 5, Abb. 51c).

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 679

In den Fertigungsgemeinkosten sind Rüstkosten in Höhe von 66.000 DM enthalten. Zu Beginn eines Produktionsvorganges ist jeweils eine Umrüstung der Anlage erforderlich. Dieser Rüstvorgang dauert für die Produkte A und B je 5 Stunden und für die Produkte C und D je 10 Stunden. Insgesamt besteht somit ein Bedarf von 30 Rüststunden. Dies liefert einen Prozeßkostensatz pro Rüststunde von 2.200 DM (Zeile 2, Abb. 51 c). Es erscheint vertretbar, für die restlichen Fertigungsgemeinkosten die Maschinenstunden als Kostentreiber zu betrachten. Aus der unterstellten proportionalen Beziehung zwischen den Gemeinkosten und der Anzahl der Maschinenstunden resultiert der Maschinenstundensatz von 125 DM je Maschinenstunde (Zeile 3, Abb. 51c). Schließlich sind für Produkte A und B je 2, für Produkt C 8 und für Produkt D 10 Vertriebsvorgänge erforderlich. Bei Kosten der Vertriebsvorgänge in Höhe von 91.740 DM liefert das einen Prozeßkostensatz pro Vertriebsvorgang von 4.170 DM (Zeile 4, Abb. 51c). Für die verbleibenden Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten ergibt sich ein Zuschlagssatz von 10 % (Zeile 6, Abb. 51c).

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Materialeinzelkostcn Kosten der Beschaffungsvorgänge Sonstige Materialgemeinkosten Rüstkosten Sonstige Fertigungsgemeinkosten Herstellkosten Kosten der Vertriebsvorgän^e Sonst. Verw.- und Vertriebsgemeinkosten Selbstkosten Selbstkosten je Stück

Dimension DM DM DM DM DM DM DM DM DM DM/LE

Produkt A 4.000 3.850 1.000 11.000 5.000 24.850 8.340 2.485 35.675 3.567,5

Produkt Produkt B C 10.000 40.000 3.850 7.700 2.500 10.000 22.000 11.000 25.000 50.000 52.350 129.700 8.340 33.360 5.235 12.970 65.925 176.030 6.592,5 1.760,3

Produkt D 100.000 7.700 25.000 22.000 250.000 404.700 41.700 40.470 486.870 4.868,7

Summe 154.000 23.100 38.500 66.000 330.000 611.600 91.740 61.160 764.500

Abb. 51d: Numerisches Beispiel für eine Prozeßkostenkalkulation Auf der Grundlage der neu eingeführten Kostentreiber Beschaffungsvorgänge, Rüststunden und Vertriebsvorgänge läßt sich die Prozeßkostenkalkulation wie folgt gestalten (vgl. Abb. 51d): Die Materialeinzelkosten werden unmittelbar aus der Abb. 51b übernommen (Zeile 1, Abb. 51d). Die Kosten der Beschaffungsvorgänge, die Rüstkosten, die sonstigen Fertigungsgemeinkosten und die Kosten der Vertriebsvorgänge ergeben als Produkte aus der Anzahl der Beschaffungsvorgänge, der Rüststunden, der Maschinenstunden und der Vertriebsvorgänge einerseits und den zugehörigen Prozeßkostensätzen andererseits. Die übrigen Gemeinkosten werden mit Hilfe der Zuschlagssätze auf die Produkte verrechnet. Es wird deutlich, wie sich die Gemeinkosten auf die einzelnen Produktarten aufteilen. Dividiert man schließlich die gesamten produktbezogenen Selbstkosten durch die Produktionsmengen, so liefert der jeweilige Quotient die Selbstkosten pro Stück (Zeile 9-10, Abb. 51d). Vergleicht man die Ergebnisse der beiden Kalkulationsverfahren (Abb. 51b und 51d), so kann man folgende Feststellung treffen: Der Realität entsprechend sinken die Selbstkosten pro Stück mit zunehmender Größe des Fertigungsloses bei der Prozeßkostenkalkulation. Dieser Sachverhalt resultiert aus der Berücksichtigung der indirekten Leistungsbereiche Beschaffung, Rüsten und Vertrieb. Dieser Aussage widerspricht nicht die Tatsache, daß die Selbstkosten für das Produkt C in der Abb. 51b geringer sind als in der Abb. 5 ld. Erklärt wird diese vordergründige Widersprüchlichkeit dadurch, daß auf das Produkt C ein vergleichsweise hoher Gemeinkostenanteil aus den indirekten Leistungsbereichen entfällt.

680

Teil III: Rechnungslegung fiir den Operativbercich

1.1.3.3.6 Ginflußgrößen auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens Fragt man nach den wichtigsten Einflußgrößen auf die Wahl des Kalkulationsverfahrens, so sind zu nennen: Die Rechnungsziele, die Programmeigenschaften und das Produktionsverfahren der Unternehmung. 103 Wenden wir uns zunächst den Rechnungszielen zu. Da die Kalkulationsverfahren bisher ausschließlich auf der Basis von Vollkosten diskutiert wurden, entsprechen sie nicht dem Verursachungsprinzip, sondern orientieren sich am Durchschnitts- oder Tragfähigkeitsprinzip. Infolgedessen liefern diese Verfahren auch keine brauchbaren Informationen für Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollprobleme eines Unternehmens. Dagegen sind sie geeignet, das Rechnungsziel „Bewertung von Beständen an Zwischen- und Endprodukten im Jahresabschluß" zu erfüllen, sofern sich diese Verfahren an den gesetzlichen Vorschriften ausrichten. Betrachten wir nun die Programmeigenschaften und die verschiedenen Produktionsverfahren. Im Rahmen der Programmeigenschaften hatten wir die Prozeßtypen Massen-, Sorten-, Chargen-, Serien- und Einzelfertigung unterschieden. 104 Hinsichtlich der Art des Produktionsverfahrens erweist es sich als zweckmäßig, zwischen der Anzahl der Produktionsstufen, der Vergenz des Produktionsverfahrens und der Kontinuität des Produktionsablaufs zu differenzieren. Die Anzahl der Produktionsstufen bestimmt sich nach der Anzahl der Arbeitsgänge, die zur Fertigung eines Produktes notwendig sind. Entsprechend unterscheidet man ein- und mehrstufige Produktionsverfahren. Mit dem Begriff der Vergenz wird ein Zusammenhang zwischen der Struktur des Produktionsverfahrens und der Kombination der Einsatzstoffe hergestellt. Erfordert die Erzeugung einer Produktart verschiedenartige Einsatzstoffe, so spricht man von einem konvergierenden Produktionsverfahren. Die Vereinigung unterschiedlicher Einsatzstoffe führt dazu, daß die Anzahl der erstellten Zwischenprodukte mit zunehmender Absatzreife abnimmt. Werden dagegen aus einem Einsatzstoff mehrere artmäßig verschiedene Produkte erzeugt, so liegt ein divergierendes Produktionsverfahren vor. Die Aufspaltung des ursprünglichen Einsatzstoffes hat zur Konsequenz, daß mit zunehmender Absatzreife die Anzahl der Produkte steigt. Läuft ein Produktionsverfahren über einen längeren Zeitraum hinweg ohne Unterbrechung ab, so bezeichnet man dieses als kontinuierliches Produktionsverfahren. Tritt dagegen im Produktionsablauf regel- und planmäßig eine Unterbrechung ein, die aus den technologischen Bedingungen des Verfahrens resultiert, so spricht man von einem diskontinuierlichen Produktionsverfahren. Abschließend sollen in einer Gegenüberstellung die Abhängigkeit der Kalkulationsverfahren von den verschiedenen Fertigungstypen und Produktionsverfahren erläutert werden (vgl. Abb. 52). Dabei repräsentieren die durchgezogenen Pfeile die überwiegend angewandten Kalkulationsverfahren, während die gestrichelten Pfeile für die Tatsache stehen, daß die so gekennzeichneten Kalkulationsverfahren weniger häufig eingesetzt werden. Ist für einen Fertigungstyp bzw. für ein Produktionsverfahren der Einsatz mehrerer Kalkulationsverfahren gebräuchlich, ohne daß hinsichtlich der Bedeutung dieser Kalkulationsverfahren eine Rangordnung aufgestellt werden kann, so wird dieser Sachverhalt ebenfalls durch gestrichelte Pfeile repräsentiert.

103 104

Vgl. SCHWEITZER, M. und KÜPPER, H.-U.: Systeme der Kostenrechnung, (1991), S. 233 ff. Vgl. Abb. 3, S. 301.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 681 Eine Produktart Massenproduktion

Sortenproduktion

Divisionskalkulation

Anzahl der Produktionsstufen

Mehrere Produktarten Chargenproduktion

Aquivalcnzkalkulation

7n

Vcrgcnz des Produktionsverfahrens

Serienproduktion

Einzelproduktion

Zuschlagskalkulation

r^—

Kontinuität des Produktionsablaufs

Produktionsverfahren

Abb. 52: Zuordnung der Kalkulationsverfahren zu den Prozeßtypen der Fertigung und zu den Produktionsverfahrenstypen Betrachten wir zunächst die Z u o r d n u n g von Fertigungstypen und Kalkulationsv e r f a h r e n . So wird bei Massenfertigung für die Ermittlung der Stückkosten nahezu ausschließlich die Divisionskalkulation eingesetzt. Dagegen überwiegt bei Sortenfertigung die Äquivalenzziffernrechnung, doch kommt bei diesem Fertigungstyp auch die Divisionskalkulation als Überschlagsrechnung zum Einsatz. Gleiches gilt für die Zuschlagskalkulation vorrangig dann, wenn der Grad an Übereinstimmung zwischen den einzelnen Sorten nicht sehr hoch ist. Während für die Chargenfertigung kein vorrangig eingesetztes Kalkulationsverfahren nachgewiesen werden kann, dominiert bei der Serienfertigung die Zuschlagskalkulation. Sind die Produkte einer Serie nicht völlig homogen, sondern gehören zu eng verwandten Sorten, so ist bei der Serienfertigung auch die Äquivalenzziffernrechnung anzutreffen. Das klassische Kalkulationsverfahren für die Einzelfertigung bildet die Zuschlagskalkulation. Wenden wir uns nun der Z u o r d n u n g von Produktionsverfahren u n d Kalkulationsverfahren zu. Während für die einstufige Produktion die ein- oder zweistufige Divisionskalkulation das klassische Kalkulationsverfahren darstellt, dominiert bei mehrstufiger Fertigung im Falle homogener bzw. nahezu homogener Produkte die mehrstufige Divisionskalkulation bzw. hilfsweise die mehrstufige Äquivalenzziffernrechnung. Ist der Übereinstimmungsgrad der einzelnen Produkte jedoch nur gering, wird die Zuschlagskalkulation eingesetzt. Produkte aus konvergierender Produktion können gleichermaßen mit Hilfe einer Divisions- wie mit einer Zuschlagsrechnung kalkuliert werden, während für Produkte aus divergierender Produktion die Zuschlagskalkulation hinter die Äquivalenzziffernkalkulation zurücktreten dürfte. Außerdem sind hier die Verfahren der Kuppelkalkulation von großer Bedeutung. Ist der Produktionsprozeß kontinuierlich organisiert, etwa im Fall der Massenfertigung, kann die Kostenverteilung auf die einzelnen Kostenträger mit Hilfe der Divisionskalkulation durchgeführt werden. Liegt dagegen eine diskontinuierliche Fertigung vor, so ist analog zur Chargenproduktion keine eindeutige Aussage hinsichtlich der Vorrangigkeit einzelner Kalkulationsverfahren möglich.

682

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

1.2 Istleistungsrechnung (Isterlösrechnung) 1.2.1

Überblick

Istleistungen sind die bewerteten sachzielorientierten (Ist-)Gütererstellungen eines Unternehmens. 105 Eine Differenzierung dieser Leistungen kann wie folgt vorgenommen werden (vgl. Abb. 53). Es ist zwischen Marktleistungen und innerbetrieblichen Leistungen zu unterscheiden. Ersteren liegen Güter zugrunde, die unmittelbar zu Erlösen geführt haben (endgültig realisierte Leistungen) oder führen werden (für den Absatz bestimmte, auf Lager genommene fertige oder unfertige Güter) und in der Erlösrechnung behandelt werden. Bei letzteren, die nicht unmittelbar zu Erlösen führen, handelt es sich um Güter, die in der Regel mit Kosten bewertet werden. Diese Güterbewertung erfolgt im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung unabhängig davon, wann diese Güter dem innerbetrieblichen Verbrauch zugeführt werden.

Abb. 53: Systematisierung der Leistungen Im folgenden wird eine Einschränkung der Betrachtung der Erlösrechnung insoweit vorgenommen, als nur die endgültig realisierten Leistungen im Rahmen der Erlösrechnung behandelt werden. Auf die Darstellung der Bestandsrechnung für die für den Absatz bestimmten, auf Lager genommenen fertigen und unfertigen Güter wird verzichtet. Anknüpfend an die bereits an anderer Stelle vorgenommene globale Differenzierung der Erlösrechnung in Erlösarten-, Erlösstellen- und Erlösträgerrechnung 1 0 6 sollen im folgenden die drei letztgenannten Begriffe beispielhaft demonstriert werden. 1.2.2

Erlösartenrechnung

Stellen die Absatzmengen der einzelnen Produktarten die Mengenkomponenten der Gütererstellung und die erzielten Absatzpreise die zugehörigen Wertkomponenten dar, so ergibt sich die hier zu betrachtende Istleistung als Produkt aus Istabsatzmenge und Istabsatzpreis. Der erzielte Absatzpreis ist jedoch für eine betrachtete Absatzproduktart durchaus nicht immer konstant. Vielmehr führt die Tatsache, daß Unternehmen ihren Kunden unterschiedliche Absatzpreiskonditionen für die gleiche Produktart gewähren, zu der Konsequenz, daß häufig für eine Produktart eine größere Anzahl von mengen- und wertbedingten Erlösarten in die Erlösartenrechnung einzubezie105

106

Vgl. S. 549 f., sowie KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 147. Vgl. S. 574 f.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 683

hen ist. Die wesentlichen Erlösarten sind in der Abb. 54 zusammengestellt und können in vier Hauptgruppen aufgegliedert werden. 107 In der ersten Hauptgruppe sind die Erlösarten erfaßt, deren Erlösbeträge von Menge und Wert unabhängig sind. Hierzu zählen beispielsweise die vom Absatz unabhängigen fixen Grundpreise (Grundgebühren), die konstanten Effektivpreise für Standardprodukte sowie die konstanten Preise für Einzelaufträge. Die zweite Hauptgruppe umfaßt die von Menge, Wert und Übernahme bestimmter Aufgaben abhängigen Erlösarten. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Mengenrabatte, beispielsweise in Form von Treuerabatten oder in Form von Boni in Abhängigkeit vom Gesamtumsatz eines Kunden während einer Periode. Weiter gehören in diese Gruppe die Naturalrabatte, bei denen als Funktion der nachgefragten Absatzmenge Gratismengen als Zugaben geliefert werden. Von weit geringerer Bedeutung sind häufig die Funktionsrabatte, die beispielsweise daraus resultieren, daß Absatzmittler das Unternehmen von bestimmten Funktionen, hier also Bemühungen zur Absatzförderung, entlasten. von Menge und Wert unabhängige Erlösartcn infolge von

arten

fixen Grundcrlösbcstandleilen (Grundgebühren) konstanten Stückpreisen der Standardproduktarten konstanten Stückpreisen für Einzelfertigungen Mengenrabatten

von Menge, Wert und Übernahme bestimmter Aufgaben abhängige Erlösartcn infolge von

Funktionsrabatten

von Zahlungsbedingungen abhängige Erlösartcn infolge von

schwankenden Wechselkursen (Exportgeschäft)

Naturalrabatten

Skonti

Forderungsausfällen für Produktlicferungen risikobedingte Erlösarten auf Grund von Erlösminderungen infolge von

Preisnachlässen für Minderungen der (garantierten) Qualität Schadcnscrsatzzahlungcn und Konventionalstrafen für verspätete oder mangelhafte Lieferungen Gutschriften für zurückgenommene Absatzprodukte

Abb. 54: Systematisierung der Erlösarten (In Anlehnung an KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Lcistungsrechnung, (1991), S. 152)

In der dritten Hauptgruppe sind die von Zahlungsbedingungen abhängigen Erlösarten anzusiedeln. Hierzu zählen zum einen die Skonti, also Preisnachlässe, die Unternehmen ihren Kunden bei Einhaltung von vorgegebenen Zahlungsterminen in Abhängigkeit vom Rechnungsbetrag einräumen. Weiterhin gehören in diese Gruppe die aus Wechselkursschwankungen sich ergebenden Erlösarten im Exportgeschäft. Schließlich umfaßt die vierte Hauptgruppe die risikobedingten Erlösarten aufgrund von Erlösminderungen. Hierzu zählen der Ausfall von Forderungen, die aus Produktlieferungen resultieren. Weiterhin sind in diese Kategorie Preisnachlässe einzuordnen, die aufgrund der Tatsache zu gewähren sind, daß eine garantierte Produkt107

Vgl. dazu KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leislungsrechnung, (1991), S. 152 ff.

684

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

qualität nicht eingehalten werden konnte. Neben Schadensersatzzahlungen und Konventionalstrafen für mangelhafte und/oder verspätete Lieferungen gehören in diese Gruppe auch die Gutschriften für zurückgenommene Absatzprodukte. Aufgabe der Erlösartenrechnung ist es, die aus einer oder aus mehreren Erlösarten sich zusammensetzenden Erlöse einer Produktart oder Produktgruppe zu erfassen, und zwar detailliert nach Erlösarten. Dabei empfiehlt sich eine Trennung in Einzelund Gemeinerlöse. Im Gegensatz zu den Einzelerlösen, die um die Erlösstellenrechnung herum den abgesetzten Produkten verursachungsgerecht zugerechnet werden, besteht die Notwendigkeit, die Gemeinerlöse, beispielsweise Funktions- und Auftragsrabatte sowie Skonti für Produktbündel, zunächst über eine Erlösstellenrechnung zu führen, um sie anschließend nach Maßgabe des Durchschnitts- oder Erlöstragfähigkeitsprinzips den verschiedenen Produkten zuzuordnen. Ein Zahlenbeispiel soll die Erlösartenrechnung illustrieren. 108 Zu diesem Zweck wird ein Unternehmen betrachtet, das innerhalb einer Periode die Produktarten A, B und C gefertigt hat. Aus der Erlösquellenrechnung 109 ergibt sich, daß diese Produkte an Großhandelsunternehmen (675.000 DM Einzelerlöse), an Einzelhandelsunternehmen (450.000 DM Einzelerlöse) und an Konsumenten (525.000 DM Einzelerlöse) abgesetzt wurden. Für die Gewährung der Gemeinerlöse gelten zwischen dem Unternehmen und den Abnehmern die folgenden Vereinbarungen: 1. Funktionsrabatte wurden Großhandelsunternehmen in Höhe von 20% und Einzelhandelsunternehmen in Höhe von 10% auf den Grundpreis der Produkte gewährt. Konsumenten erhielten keinen Funktionsrabatt. 2. Auftragsrabatte erhielten alle Kunden. Bezugsgröße für die Auftragsrabatte ist der Auftragsbruttoumsatz als Differenz von Bruttoumsatz (Menge mal Preis) und Funktionsrabatten. Dabei galt die folgende Rabattstaffel: Auftragsbruttoumsatz zwischen 50.000 und 100.000 DM: 3% Auftragsbruttoumsatz größer als 100.000 DM: 5% 3. Erfolgte die Zahlung innerhalb von acht Tagen, so erhielten alle Kunden 2% Skonto. Bezugsgröße für die Berechnung der Skonti sind die Auftragsnettoumsätze als Differenz von Auftragsbruttoumsatz und Auftragsrabatten. Die Buchhaltung lieferte folgende Zahlen: Der Auftragsbruttoumsatz der Großhandelsunternehmen lag durchweg über 100.000 DM. Für 75% des Auftragsnettoumsatzes wurde Skonto gewährt. Der Auftragsbruttoumsatz der Einzelhandelsunternehmen bewegte sich stets zwischen 50.000 DM und 100.000 DM, wobei für 50% des Auftragsnettoumsatzes Skonto gewährt wurde. Der Auftragsbruttoumsatz der Konsumenten lag unterhalb von 50.000 DM. Für 25% des Auftragsnettoumsatzes erhielten sie Skonto. Aus Abb. 55 geht hervor, daß sich durch Multiplikation von Stückpreisen (Zeile 1) und Absatzmengen der Periode (Zeile 2) die Einzelerlöse für jede Produktart ergeben (Zeile 3), die sich insgesamt zu einem Wert von 1.650.000 DM addieren (Zeile 4). In den Zeilen 5-7 sind verschiedene Gemeinerlöse in Form von Funktions- und Auftragsrabatten sowie Skonti ausgewiesen, die insgesamt einen Betrag von 233.398,50 108

109

Das Zahlenbeispiel ist entnommen aus KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 153 f. Zur Erlösquellenrechnung vgl. S. 574.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 685

ausmachen (Zeile 8). Subtrahiert man von den Gesamteinzelerlösen (Zeile 4) die erlösmindernden Gesamtgemeinerlöse (Zeile 8), so erhält man den Gesamterlös in Höhe von 1.416.601,50 DM (Zeile 9). 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Produkten Stückpreis (DM/Stück) Gesamtabsatz pro Periode (Stück) (DM) Einzelcrlöse (DM) Gesamteinzelerlöse Funktionsrabatte (DM) (DM) AuftraRsrabatte Skonti (DM) (DM) Gesamtgemeinerlöse (DM) Gcsamtcrlös

A 20 30.000 600.000

B 25 24.000 600.000 1.650.000,00 180.000,00 39.150,00 14.248,50 233.398,50 1.416.601,50

C 30 15.000 450.000

Abb. 55: Zahlenbeispiel für die Erlösartenrechnung 1.2.3

Erlösstellenrechnung

In der Erlösstellenrechnung erfolgt die zielorientierte Aufbereitung der Gemeinerlöse. Liegen die Ergebnisse der Erlösartenrechnung vor, d. h. ist die Erfassung aller angefallenen Erlösarten einer Periode abgeschlossen, so besteht die Aufgabe der Erlösstellenrechnung darin, zunächst nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, wie beispielsweise Produktarten oder Kundengruppen, Erlösstellen zu bilden und für diese dann anschließend auf der Grundlage der Istabsatzmengen sowie der Absatzmarktkonstellationen (Rabatte, Skonti) die Isterlöse zu bestimmen. 110 In diese Betrachtung sind gegebenenfalls die Einzelerlöse für die abgesetzten Produktarten der einzelnen Erlösstellen einzubeziehen. Erlösstellcn Erlös- SchlüsG roßhändl er E nzclhänd er summe sel Erlösarten A B C A B C 1 Absatz15.000 9.600 4.500 9.000 7.200 3.000 mengen (Stück) 2 Grund20 25 30 20 25 30 preise (DM) 3 Einzelcr1.650.000 300.000 240.000 135.000 180.000 180.000 90.000 löse (DM) 4 Funktions180.000 60.000 48.000 27.000 18.000 18.000 9.000 (1) rabatte (DM) 5 Auftrags39.150 12.000 9.600 2.430 5.400 4.860 4.860 (2) rabatte (DM) 6 Skonti 14.248,50 3.420 2.736 785,70 1.539 1.571,40 1.571,40 (3) (DM) 7 Summe der 233.398,50 75.420 60.336 33.939 24.431,40 24.431,40 12.215,70 Gemeincrlöse (DM)

K onsument cn A

B

C

6.000

7.200

7.500

20

25

30

120.000

180.000

225.000

0

0

0

0

0

0

600

900

1.125

600

900

1.125

(1) fester Prozentsatz für die einzelnen Kundengruppen (20%, 10%, 0%), (2) fester Prozentsatz in Abhängigkeit vom Auftragsbruttoumsatz (im Ergebnis 5%, 3%, 0%), (3) fester, einheitlicher Prozentsatz in Abhängigkeit vom Zahlungszeitpunkt (2% nur bei Skontoausnutzung)

Abb. 56: Zahlenbeispiel für die Erlösstellenrechnung (In Anlehnung an KLOOCK, J., SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 157)

In Fortführung des Zahlenbeispiels der Abb. 55 erfolgt eine Aufteilung des gesamten Absatzmarktes in die drei Kundengruppen Großhändler, Einzelhändler und Konsumenten. Eine weitere Untergliederung dieser drei Kundengruppen nach den Pro110

Vgl. S. 574 f., sowie KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 154 ff.

686

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

dukten A, B und C liefert einen Erlösstellenplan mit insgesamt neun Erlösstellen, der analog dem Betriebsabrechnungbogen (BAB) aufgebaut ist. 111 Die Erlösstellenrechnung soll nun anhand der Abb. 56 demonstriert werden, wobei die neun Erlösstellen als Quellen der Erlösentstehung den Bezugspunkt bilden. In der Zeile 1 dieser Abbildung sind die Istabsatzmengen ausgewiesen. So spaltet sich beispielsweise der Gesamtabsatz für das Produkt A in Höhe von 30.000 (Zeile 2, Abb. 55) in 15.000 im Großhandelsbereich, 9.000 im Einzelhandelsbereich und 6.000 im Konsumentenbereich auf. Eine Multiplikation dieser Zahlen mit den Grundpreisen (Zeile 2, Abb. 56) liefert die Einzelerlöse (Zeile 3, Abb. 56), die sich insgesamt auf 1.650.000 DM belaufen (Zeile 4, Abb. 55). Die Funktionsrabatte in Höhe von 180.000 DM (Zeile 5, Abb. 55; Zeile 4, Abb. 56) teilen sich wie folgt auf: Im Großhandelsbereich 60.000 DM für Produkt A, 48.000 DM für Produkt B und 27.000 DM für Produkt C (jeweils 20% der Einzelerlöse); im Einzelhandelsbereich jeweils 18.000 DM für die Produkte A und B sowie 9.000 DM für Produkt C (jeweils 10% der Einzelerlöse); die Konsumenten erhielten laut Voraussetzung keinen Funktionsrabatt. Die Auftragsrabatte betragen insgesamt 39.150 DM (Zeile 6, Abb. 55; Zeile 5, Abb. 56). Großhändler erhielten beispielsweise für das Produkt A auf den Auftragsbruttoumsatz in Höhe von 240.000 DM (Bruttoumsatz 300.000 DM minus Funktionsrabatt 60.000 DM) einen 5%-igen Auftragsrabatt in Höhe von 12.000 DM. Im Einzelhandel liegt der Auftragsrabatt beispielsweise für das Produkt C bei 2.430 DM (3% bezogen auf die Differenz 90.000 DM minus 9.000 DM). Auftragsrabatte wurden an Konsumenten nicht gezahlt. Als letzte Größe sind die Skonti in Höhe von 14.248,50 DM (Zeile 7, Abb. 55; Zeile 6, Abb. 56) auf die Erlösstellen zu verteilen. Im Großhandelsbereich bildet ein Anteil von 75% des Auftragsnettoumsatzes die Bezugsgrundlage der Skontoberechnung. Für Produkt A liefert das beispielsweise 0,75 • (300.000 DM - 60.000 DM - 12.000 DM) = 171.000 DM. Somit beträgt der Skontobetrag 3.420 DM. Im Konsumentenbereich ergibt sich für Produkt A beispielsweise die Bezugsgrundlage in Höhe von 0,25 • (120.000 DM - 0 DM - 0 DM) = 30.000 DM, was einem Skontobetrag von 600 DM entspricht. In der Zeile 7 der Abb. 56 ist ausgewiesen, wie sich die gesamten Gemeinerlöse in Höhe von 233.398, 50 DM auf die neun Erlösstellen aufteilen. Mit der Bereitstellung dieser Information ist die Erlösstellenrechnung abgeschlossen.

1.2.4

Erlösträgerstückrechnung

Im dritten und letzten Teil der Erlösrechnung geht es, sieht man einmal von dem zeitbezogenen Aspekt der Erlösträgerrechnung ab, im Rahmen der Erlösträgerstückrechnung um die Ermittlung der Stückerlöse für jede einzelne Produktart. 112 Fallen nur Einzelerlöse für die einzelnen Produktarten an, so bereitet die verursachungsgerechte Zurechnung keine Probleme. Existieren neben den Einzelerlösen auch Gemeinerlöse, so empfehlen sich analog zu den Kalkulationsverfahren der Kostenrechnung Verfahren auf der Grundlage der Zuschlags- oder Divisionsrechnung für die Bestimmung der Stückerlöse. Beispielsweise kann man eine Vorgehensweise wählen, nach der die Einzel- und Gemeinerlöse zusammengefaßt nach dem 111 112

Vgl. Abb. 22, S. 622. Vgl. S. 575, sowie KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrcchnung, (1991), S. 156 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 687

Durchschnittsprinzip auf die abgesetzten Mengen der Produktarten einer Erlösstelle verteilt werden. Auch ist es denkbar, die Gemeinerlöse auf der Basis spezieller Schlüsselgrößen den einzelnen Produktarten zuzurechnen. Mit dieser Aufzählung ist die Auswahl möglicher Zurechnungsvarianten keineswegs erschöpft. In Fortführung des Zahlenbeispiels der Abb. 56 wählen wir die folgende Vorgehensweise für die Ermittlung der Stückerlösminderungen: Zunächst bilden wir die Summe der Gemeinerlöse für jede Produktart. Das liefert (vgl. Zeile 7, Abb. 56): Produktart A:

75.420,00 DM + 24.431,40 DM + 600,00 DM = 100.451,40 DM

Produktart B:

60.336,00 DM + 24.431,40 DM + 900,00 DM = 85.667,40 DM

Produktart C:

33.939,00 DM + 12.215,70 DM + 1.125,00 DM = 47.279,70 DM.

Anschließend werden diese Gemeinerlössummen dem Durchschnittsprinzip folgend durch die insgesamt abgesetzten Mengen dividiert. Das ergibt folgende Erlösminderungen pro Stück: „ . . . 100.451,40DM Produktart A: 30 000 Stück Produktart B: 24 O ^ S t ü c ^

- ~3A4O8 A4 .. , > DM/Stuck

= 3

= 3,5695

DM

/Stück

ProduktartC: V s ^ o s ^ ü c l f = 3,1520DM/Stück Unter Berücksichtigung der Einzelerlöse ergeben sich dann die Stückerlöse wie folgt: Produktart A: 20,0000 DM/Stück - 3,3484 DM/Stück = 16,6516 DM/Stück Produktart B: 25,0000 DM/Stück - 3,5695 DM/Stück = 21,4305 DM/Stück Produktart C: 30,0000 DM/Stück - 3,1520 DM/Stück = 26,8480 DM/Stück Mit 16,65 DM/Stück, 21,43 DM/Stück und 26,85 DM/Stück liegen somit die Stückerlöse für die Produktarten A, B und C fest. Eine Kontrollrechnung, in welcher diese Stückerlöse mit den Absatzmengen multipliziert werden, führt zum Gesamterlös in Höhe von 1.416.601,50 DM (vgl. Zeile 9, Abb. 55).

1.3 Kurzfristige Erfolgsrechnung 1.3.1 A u f g a b e n und Überblick Die kurzfristige Erfolgsrechnung stellt die Verknüpfung zwischen der Kosten- und der Leistungsrechnung dar. 113 Sie beinhaltet die Gegenüberstellung der Kosten und Leistungen des gesamten Unternehmens für eine Periode, die zumeist einen Monat umfaßt, mit dem Ziel, den kalkulatorischen Erfolg der Periode als Differenz zwischen Leistungen und Kosten zu ermitteln. Neben der Bestimmung des kalkulatorischen Periodenerfolgs geht es vor allem darum, die Quellen des Erfolgs aufzudecken, also durch eine zweckmäßige Aufgliederung der Leistungen und Kosten sichtbar werden 113

Zur kurzfristigen Erfolgsrechnung vgl. KILGER, W.: Kurzfristige Erfolgsrechnung, (1962), HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 138 ff., EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 731 ff., HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 137 ff., sowie insbesondere KLOOCK, J., SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 159 ff.

688

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

zu lassen, in welchem Umfang die einzelnen Produkte zum Erfolg beigetragen haben. Neben der Bereitstellung von Zahlenmaterial für dispositive Zwecke besteht die Hauptaufgabe der kurzfristigen Erfolgsrechnung in der laufenden Kontrolle der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. Die konkrete Bestimmung des kalkulatorischen Periodenerfolgs bereitet dann keine Schwierigkeiten, wenn die gesamten in einer Periode hergestellten Fertigerzeugnisse auch während dieser Periode abgesetzt werden, keine Lagerbestandsveränderungen bei den Halbfertigerzeugnissen auftreten und auch keine innerbetrieblichen Güter hergestellt werden, die zu aktivieren sind. Für diese in der Praxis sehr selten auftretende Konstellation berechnet sich der kalkulatorische Periodenerfolg einfach als die Differenz aus den gesamten Umsatzerlösen der abgesetzten Produkte und den gesamten primären Kosten, die während der gleichen Periode entstanden sind. Mehrheitlich werden jedoch Bestandsveränderungen im Fertigerzeugnis- und Halbfertigerzeugnisbereich auftreten als Ergebnis der Tatsache, daß Produktion und Absatz einer Periode nicht übereinstimmen. Übersteigt beispielsweise im Fertigerzeugnisbereich die Absatzmenge einer Periode die Produktionsmenge derselben, wird also zusätzlich vom Lager verkauft, so ergibt sich der kalkulatorische Erfolg dieser Periode, indem man von den gesamten Umsatzerlösen der abgesetzten Produkte neben den gesamten primären Kosten dieser Periode auch die bewerteten Bestandsabnahmen an Fertigerzeugnissen, die primäre Kosten früherer Perioden darstellen, subtrahiert. Umgekehrt muß für den Fall, daß in einer Periode die Produktionsmenge die Absatzmenge übersteigt, das Fertigerzeugnislager also mengen- und wertmäßig zunimmt, den Umsatzerlösen der abgesetzten Produkte noch der Wert dieser Bestandszunahmen zugerechnet werden, von denen dann die gesamten primären Kosten der Periode zu subtrahieren sind, um den kalkulatorischen Periodenerfolg zu ermitteln. Die gleichen Tatbestände, wie sie vorstehend für den Fertigerzeugnisbereich diskutiert wurden, gelten analog für den Halbfertigerzeugnisbereich. Generell können die Ergebnisse dieser Überlegungen für beide Erzeugnisgruppen zu zwei Aussagen zusammengefaßt werden: 1. Ergeben sich am Ende einer Periode Bestandsveränderungen in Form von Bestandserhöhungen, so sind die Umsatzerlöse der abgesetzten Produkte um alle bewerteten Bestandszunahmen zu ergänzen. Abzüglich aller primären Kosten von dieser Größe ergibt sich der Periodenerfolg. 2. Führen die Bestandsveränderungen am Ende einer Periode zu Bestandsabnahmen, so ist für die Bestimmung des Periodenerfolgs von den Umsatzerlösen der abgesetzten Produkte eine Größe zu subtrahieren, die sich aus den gesamten primären Kosten dieser Periode sowie den bewerteten Bestandsabnahmen an fertigen und unfertigen Erzeugnissen zusammensetzt. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß neben der kurzfristigen Erfolgsrechnung die Jahreserfolgsrechnung in Form der Gewinn- und Verlustrechnung existiert. 114 So ist es Aufgabe dieser Unternehmensrechnung, durch Gegenüberstellung von Aufwendungen und Erträgen in der Gewinn- und Verlustrechnung sowie durch Eigenkapitalvergleich in der Bilanz den pagatorischen Jahreserfolg des Unternehmens in Form eines Gewinns oder Verlustes zu ermitteln. Dies legt vordergründig den Gedanken nahe, die bereits bestehende Jahreserfolgsrechnung zusätzlich als Kontroll- und Lenkungsinstrument der Geschäftsleitung einzusetzen und auf die Ent114

Zur Gewinn- und Vcrlustrcchnung vgl. im einzelnen S. 845 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollerlösbasis 689

wicklung einer eigenständigen kurzfristigen Erfolgsrechnung zu verzichten. Eine derartige Betrachtungsweise führt jedoch nicht zum Ziel. Vielmehr ist aus folgenden Gründen der Aufbau einer von der Geschäftsbuchhaltung losgelösten eigenständigen kurzfristigen Erfolgsrechnung unverzichtbar:115 1. Der im Rahmen der Geschäftsbuchhaltung ermittelte pagatorische Jahreserfolg ist erst am Beginn des darauffolgenden Jahres bekannt. Für kurzfristige dispositive Zwecke steht dieses Zahlenmaterial somit nicht zeitaktuell zur Verfügung. 2. Aus dem Gliederungsschema der Gewinn- und Verlustrechnung ist im allgemeinen nicht ersichtlich, welchen Beitrag die einzelnen Produkte, Produktgruppen sowie Betriebsbereiche zum Gesamterfolg geleistet haben. 3. Der kalkulatorische Erfolg stellt das Ergebnis der eigentlichen Leistungserstellung und Leistungsverwertung dar. Im Gegensatz dazu bestimmt die Gewinn- und Verlustrechnung den pagatorischen Gesamterfolg, d. h. also auch den aus der Gegenüberstellung von neutralen Erträgen und neutralen Aufwendungen resultierenden neutralen Erfolg. Ferner bleiben in der Gewinn- und Verlustrechnung die für die Ermittlung eines kalkulatorischen Erfolgs unverzichtbaren kalkulatorischen Größen einschließlich der damit verbundenen kalkulatorischen Abgrenzungen unberücksichtigt. 4. Die kurzfristige Erfolgsrechnung muß frei von speziellen handels- und steuerrechtlichen Bewertungsansätzen sein, wie sie in der Gewinn- und Verlustrechnung anzuwenden sind. 5. Die Gewinn- und Verlustrechnung ist in das System der doppelten Buchhaltung eingebettet. Die kurzfristige Erfolgsrechnung soll nicht starr an das System der doppelten Buchhaltung gekoppelt, sondern auch tabellarisch durchführbar sein. Im praktischen Einsatz der kurzfristigen Erfolgsrechnung, die grundsätzlich mit Ist-, Normal- oder Planwerten durchgeführt werden kann, haben sich das Gesamtkostenverfahren und das Umsatzkostenverfahren als zwei mögliche Verfahren herauskristallisiert. Beide Verfahren werden hier zunächst auf der Basis von Vollkosten sowohl in ihrem strukturellen Aufbau als auch an Hand von Beispielen erläutert. Gesamtkostenverfahren und Umsatzkostenverfahren unterscheiden sich wesentlich in der organisatorischen Durchführung sowie in der Darstellung des kalkulatorischen Erfolgs und seiner Analyse.116 Auf der Basis von Vollkosten führen beide Verfahren zum zahlenmäßig gleichen Ergebnis, was noch zu zeigen sein wird. 1.3.2 Verfahren der kurzfristigen Erfolgsrechnung 1.3.2.1

Gesamtkostenverfahren

Das Gesamtkostenverfahren stellt die älteste Form der kurzfristigen Erfolgsrechnung dar. Dabei werden von den Gesamtleistungen der Periode die Gesamtkosten der Periode subtrahiert.117 Wird die Kostenerfassung in Kontenform (auf dem Betriebsergebniskonto) durchgeführt, so erfolgt eine Sammlung der gesamten Kosten, nach Kostenarten gegliedert, auf der Sollseite des Betriebsergebniskontos.118 Dieser Tatbestand hat dem Verfahren den Namen Gesamtkostenverfahren verliehen. 115 116 117

118

Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 161. Vgl. HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 138. Zum Gesamtkostenverfahren vgl. HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 138 ff., EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 732 ff., sowie KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 161 ff. Zum Begriff des Kontos vgl. S. 806.

690

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Für die Bestimmung des kalkulatorischen Periodenerfolgs ist es neben der unveränderten Übernahme der primären Kosten und der Umsatzerlöse dieser Periode erforderlich, die periodengleichen Bestandsveränderungen zu berücksichtigen. Das bedeutet: Haben sich die Lagerbestände an Fertig- und/oder Halbfertigerzeugnissen und gegebenenfalls an zu aktivierenden innerbetrieblichen Gütern erhöht, so werden diese Bestandszugänge mit Herstellkosten bewertet und sind neben den Umsatzerlösen auf der Habenseite des Betriebsergebniskontos, die die gesamten Leistungen einer Periode aufnimmt, auszuweisen. Nehmen dagegen die Bestände an Fertigund/oder Halbfertigerzeugnissen ab, so müssen die ebenfalls mit Herstellkosten bewerteten Lagerbestandsabgänge neben den gesamten primären Kosten auf der Sollseite des Betriebsergebniskontos, die die gesamten Kosten einer Periode aufnimmt, ausgewiesen werden. 119 Schematisch zeigt das Betriebsergebniskonto nach dem Gesamtkostenverfahren folgendes Bild (vgl. Abb. 57): Soll

Haben

Gesamtkosten, strukturiert nach Kostenarten

Umsatzcrlöse, strukturiert nach Erzeugnisarten

Lagerbestandsabnahmen zu Herstellkosten

Lagerbestandszunahmen zu Herstellkosten

(als Saldo: kalkulatorischer Gewinn)

(als Saldo: kalkulatorischer Verlust)

Abb. 57: Betriebsergebniskonto Statistisch-tabellarisch ist das Gesamtkostenverfahren wie in Abb. 58 dargestellt aufgebaut: Umsatzerlösc der Periode + Lagerbestandszunahmen an unfertigen und fertigen Erzeugnissen (gegebenenfalls Beslandszugänge an zu „aktivierenden" innerbetrieblichen Gütern) der Periode, bewertet mit Herstellkosten - Lagerbestandsabnahme an unfertigen und fertigen Erzeugnissen der Periode, bewertet mit Herstellkosten - gesamte primäre Kosten der Periode

1 J > -*

Gesamte Istleistungen der Periode Gesamte Islkosten der Periode

Abb. 58: Statistisch-tabellarischer Aufbau des Gesamtkostenverfahrens Formal kann die Ermittlung des kalkulatorischen Periodenerfolgs nach dem Gesamtkostenverfahren wie folgt dargestellt werden, wobei angenommen wird, daß keine Herstellung von zu aktivierenden innerbetrieblichen Gütern erfolgt. Dabei sollen die folgenden Vereinbarungen getroffen werden: Ggv n N N-n m xai Xpi xjj Xpj Pi 119

Kalkulatorischer Periodenerfolg, ermittelt nach dem Gesamtkostenverfahren Anzahl der Fertigerzeugnisarten Summe der Anzahlen der Halb- und der Fertigerzeugnisarten Anzahl der Halbfertigerzeugnisarten Anzahl der primären Kostenarten Absatzmenge der i-ten Fertigerzeugnisart einer Periode (i = 1, 2,..., n) Produktionsmenge der i-ten Fertigerzeugnisart einer Periode (i = 1,2,..., n) verbrauchte Menge der i-ten Halbfertigerzeugnisart (i = n+1, n+2,..., N) Produktionsmenge der i-ten Halbfertigerzeugnisart (i = n+1, n+2,..., N) Stückerlös für die i-te Fertigerzeugnisart (i = 1, 2,..., n)

Was die Bewertung von Lagerbestandsveränderungen betrifft, so ist an dieser Stelle folgendes anzumerken: Eine Bewertung mit Herstellkosten ist für die kurzfristige Erfolgsrechnung nicht zwingend vorgeschrieben. Solange jedoch der Marktpreis der Erzeugnisse größer ist als die Herstellkosten, wird zu letzteren bewertet. Diese Vorgehensweise entspricht den Zwecken der Finanzbuchhaltung, in welcher im Rahmen der externen Rechnungslegung entsprechend dem Niederstwertprinzip der Ausweis nicht realisierter Gewinne zu verhindern ist. Vgl. S. 822, sowie HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrcchnung, (1977), S. 144.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Lcistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkosten- und Vollcrlösbasis 691

kni KP

Herstellkosten pro Einheit der i-ten Fertig- oder Halbfertigerzeugnisart 0 = 1 . 2 , —, N) Primäre Kostenartenbeträge der j-ten Art einer Periode (j = 1, 2,..., m)

Auf der Grundlage dieser Symbole folgt für den kalkulatorischen Periodenerfolg: n GGV = £ X i=l

a i P i

+

n £(

X p i

.

X a i ) k H i +

i=l

N m ¿ ( x h - x ^ k H i - ^ K f i=n+l

(11)

j=l

Der Inhalt der Gleichung (11) besagt: Der kalkulatorische Periodenerfolg ergibt sich aus den Umsatzerlösen zuzüglich der zu Herstellkosten bewerteten Bestandsveränderungen an Fertigerzeugnissen, zuzüglich der zu Herstellkosten bewerteten Bestandsveränderungen an Halbfertigerzeugnissen abzüglich aller primären Kosten. Die Gleichung (11) basiert auf der Voraussetzung, daß die Herstellkosten der betrachteten und der vorangegangenen Perioden gleich sind. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, so folgt daraus die Notwendigkeit, Lagerbestandsveränderungen mit Verrechnungspreisen zu bewerten, die aus den Herstellkosten abzuleiten sind. 1.3.2.2

Umsatzkostenverfahren

Im Gegensatz zum Gesamtkostenverfahren werden beim Umsatzkostenverfahren die Umsatzerlöse der abgesetzten Produktmengen den Selbstkosten der abgesetzten Produktmengen einer Periode gegenübergestellt. 120 Diese Selbstkosten tragen auch die Bezeichnung Unisatzkosten, was zur Bezeichnung Umsatzkostenverfahren geführt hat. Die Differenz aus den Umsatzerlösen und den Selbstkosten der abgesetzten Produkte einer Produktart liefert den Produkterfolg. Die Tatsache, daß die Selbstkosten und die Umsatzerlöse wesentliche Bestandteile des Umsatzkostenverfahrens darstellen, setzt die Existenz einer Kostenträgerstückrechnung für die Bestimmung der Selbstkosten und die Existenz einer Erlösträgerstückrechnung für die Ermittlung der Erlöse, jeweils bezogen auf die abgesetzten Produktmengen der betrachteten Periode, voraus. In Fortführung der Überlegung, daß im Rahmen des Gesamtkostenverfahrens die Lagerzugänge an Fertig- und Halbfertigerzeugnissen sowie zu aktivierende innerbetriebliche Güter lediglich mit Herstellkosten bewertet werden, also frei von Verwaltungs- und Vertriebskosten sind, ergibt sich die Schlußfolgerung, daß die Selbstkosten der abgesetzten Produktmengen die gesamten Verwaltungs- und Vertriebskosten einer Periode enthalten müssen. Schematisch zeigt das Betriebsergebniskonto nach dem Umsatzkostenverfahren das folgende Bild (vgl. Abb. 59): Haben Soll Kosten für die abgesetzten Produkte (Selbstkosten), Umsatzerlöse, strukturiert nach Erzeugnisarten die unter Einschaltung der Kostenstellenrechnung in der Kostenträgerstückrechnung ermittelt werden, strukturiert nach Erzeugnisarten (als Saldo: kalkulatorischer Gewinn)

(als Saldo: kalkulatorischer Verlust)

Abb. 59: Betriebsergebniskonto

120

Zum Umsatzkostenverfahren vgl. HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 140 ff., EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 735 f., sowie KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 162 f.

692

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

Statistisch-tabellarisch ist das Umsatzkostenverfahren aufgebaut, wie in Abb. 60 dargestellt: Umsatzerlöse der Periode Herstellkosten der abgesetzten Produkte der Periode Verwaltungs- und Vertriebskosten der Periode

-

\ *

Umsatzerlöse Selbstkosten der abgesetzten Produkte

Abb. 60: Statistisch-tabellarischer Aufbau des Umsatzkostenverfahrens Für die formale Darstellung des kalkulatorischen Periodenerfolgs nach dem Umsatzkostenverfahren greifen wir zum Teil auf die Symbole, wie sie bereits beim Gesamtkostenverfahren verwendet wurden, zurück. Mit den zusätzlichen Symbolen G1^ ksi

KprVV

Kalkulatorischer Periodenerfolg, ermittelt nach dem Umsatzkostenverfahren Selbstkosten pro Einheit der i-ten Fertigerzeugnisart der Periode (i = 1,2 n) Primäre Kostenartenbeträge des Verwaltungs- und Vertriebsbereichs der j-ten Art der Periode (j = 1,2,..., m)

bestimmt sich der kalkulatorische Periodenerfolg zu n

G^

n

m

= £ x,i P i - [ £ xai k H i + £ K f i=l n

i=l n

v

]

(12a)

j=l

= X xai Pi " £ xai ksi i=l i=l

(12b)

^¿Xaiipi-ksi) (12c) i=l Inhaltlich besagen die Gleichungen (12a-12c): Der kalkulatorische Periodenerfolg ergibt sich aus den Umsatzerlösen abzüglich der Herstellkosten der abgesetzten Produkte abzüglich der gesamten primären Verwaltungs- und Vertriebskosten, oder anders ausgedrückt: Der kalkulatorische Periodenerfolg ist gleich der Differenz aus Umsatzerlösen und Selbstkosten der abgesetzten Produkte. Für die Bewertung der Lagerbestandsveränderungen zu Herstellkosten gelten die gleichen Voraussetzungen, wie sie bereits für das Gesamtkostenverfahren im Anschluß an die Gleichung (11) formuliert wurden. 121 1 . 3 . 2 . 3 Vergleichende Beurteilung d e s Gesamtkosten- und des Umsatzkostenverfahrens Für eine Gegenüberstellung des Gesamtkosten- und des Umsatzkostenverfahrens sind die folgenden Punkte bedeutsam: 122 1. Ein großer Vorteil des Gesamtkostenverfahrens gegenüber dem Umsatzkostenverfahren ist die große Einfachheit seines rechnerischen Aufbaus und seiner praktischen Durchführung. Ohne Lagerbestandsveränderungen an Fertig- und/oder Halbfertigerzeugnissen und ohne Erstellung zu aktivierender innerbetrieblicher Güter ist beim Gesamtkostenverfahren eine detaillierte Kostenstellen- und Kostenträgerstückrechnung zur Ermittlung der Herstellkosten der Halb- und Fertigfabrikate nicht erforderlich. Vielmehr können die Kosten unmittelbar aus der Kostenartenrechnung übernommen werden. Da in der Praxis jedoch in aller Regel Be121 122

Vgl. S. 691. Vgl. KILGER, W.: Kurzfristige Erfolgsrechnung, (1962), S. 32 f., KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrechnung, (1991), S. 163 f., HABERSTOCK, L.: Grundzüge der Kosten- und Erfolgsrechnung, (1977), S. 142 f. und S. 146, sowie HUCH, B.: Einführung in die Kostenrechnung, (1986), S. 139 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, Leistungs- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 693

standsveränderungen berücksichtigt werden müssen, kann mehrheitlich auf eine detaillierte Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung nicht verzichtet werden. Das Umsatzkostenverfahren benötigt in jedem Fall eine vollständig ausgebaute Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung, um die Selbstkosten der abgesetzten Produkte zu bestimmen. 2. Im Gegensatz zum Gesamtkostenverfahren läßt sich das Umsatzkostenverfahren nur schwer in das Kontensystem der doppelten Buchhaltung einfügen. Für ihre Durchführung empfiehlt sich daher die statistisch-tabellarische Form. Allerdings bedingt diese Vorgehensweise eine besondere Rechnung für die Abstimmung mit der Finanzbuchhaltung. 3. Da im Rahmen des Gesamtkostenverfahrens Bestandsveränderungen in der Regel nicht rechnerisch ermittelt werden, bedarf es zu deren Bestimmung körperlicher Inventuren, die sehr arbeitsaufwendig sind und eine mögliche Fehlerquelle für eine verfälschte Erfolgsrechnung darstellen. Nach der „reinen Lehre" kann dagegen beim Umsatzkostenverfahren auf derartige Inventuren verzichtet werden, da man abrechnungstechnisch über die pro Periode produzierten und abgesetzten Mengen die Lagerbestandsveränderungen und folglich auch die Lagerbestände zum Periodenende erhält. Aus Gründen der Kontrolle sind jedoch, wenn auch nicht regelmäßige, so doch sporadische Inventuren zu empfehlen. 4. Während die vorstehend skizzierten drei Punkte nicht in jedem Fall und eindeutig eines der beiden Verfahren favorisieren, so spricht das Kriterium „Aussagefähigkeit der Erfolgsrechnung" eindeutig zugunsten des Umsatzkostenverfahrens. Während bei diesem die Erfolgsquellen des Unternehmens in der Weise sichtbar werden, daß sowohl die Umsatzerlöse als auch die Selbstkosten der abgesetzten Produkte nach Produkten, Produktarten oder Produktgruppen untergliedert werden, erfolgt beim Gesamtkostenverfahren eine derart eindeutige Produktzuordnung lediglich bei den Umsatzerlösen und den Bestandsveränderungen, nicht dagegen bei den Kosten. Damit entfällt beim Gesamtkostenverfahren die Möglichkeit, den Gesamterfolg in produktbezogene Teilerfolge aufzuspalten. Eine aussagefähige Erfolgsanalyse ist folglich nur mit Hilfe des Umsatzkostenverfahrens möglich. In diesem Zusammenhang soll bereits auf die Weiterentwicklung der kurzfristigen Erfolgsrechnung zum Umsatzkostenverfahren auf der Basis von Teilkosten hingewiesen werden. 123 Den Abschluß der Darstellung dieser beiden Verfahren soll der Nachweis bilden, daß unter gleichen Prämissen mit beiden Verfahren betragsmäßig der gleiche kalkulatorische Periodenerfolg ermittelt wird. 124 Zu diesem Zweck gehen wir von der folgenden Überlegung aus: Die Gesamtheit der primären Kosten einer Periode kann aufgefaßt werden als die Summe aller Herstellkosten und aller Verwaltungs- und Vertriebskosten dieser Periode. Das Mengengerüst der Herstellkosten bilden die gesamten Produktionsmengen der Fertigerzeugnisse und der Halbfertigerzeugnisse, soweit diese noch nicht verbraucht wurden und damit auch noch nicht in die Fertigerzeugnisse eingegegangen sind. Wir können also schreiben: m

n

123

Vgl. S. 753 ff. Vgl. KLOOCK, J„ SIEBEN, G. und SCHILDBACH, T.: Kosten- und Leistungsrcchnung, (1991), S. 261.

124

5>Pi i—1

k

Hi

+

m

X j=l

?

=

N

K

x

x h

S < pi - v i) kHi + £ K T i=n+l j=l

V V

(13a)

694

Teil III: Rechnungslegung fiir den Operativbereich

oder etwas umgestellt m

m

n

£KPr-£KPrVV = £xP'kHl+ j=l

j=l

i=l

N

£(xh_xh)kHi

(13b)

i=n+l

Nun betrachten wir die Gleichung (11) für das Gesamtkostenverfahren: n

n

N

m

G G V = £ Xai Pi + £ (Xpi -Xai) k H i + £ (x p h i - x ü i ) k H i - £ K P i=l i=l i=n+l j=l

in der wir die beiden ersten Glieder der rechten Seite wie folgt umformen: n

GGV = £

Xai

(Pi _kHi)

i=l

+

£

n Xpi k H i +

£

i=l

N

(xh

.xh) k H i . £

i=n+l

m K

P

(14)

j=l

In der Gleichung (14) werden nunmehr die zweite und dritte Summe durch die linke Seite der Gleichung (13b) ersetzt. Das liefert: GGV =

n £ Xai ( P i - k H i ) i=l n

GGV = £ i=l

1.3.2.4

Xai

m

m

+ S KP' - £ K f j=l m

j=l

v

m

- £ KP

(15a)

j=l n

n

m

i=l

i=l

j=l

( P i , k H i ) . £ KP rVV = £ Xai Pi - [ £ Xai kHi + £ K f j=l

V

] = G"V

(l5b)

Beispielrechnung

1.3.2.4.1 Daten der Beispielrechnung Für die Beispielrechnung wird ein Mehrproduktunternehmen betrachtet, das die folgenden vier Produkte fertigt: Stielpfannen, Wassertöpfe mit einem Durchmesser von 18 cm, Wassertöpfe mit einem Durchmesser von 34 cm sowie Dampfkochtöpfe. 125 Alle Erzeugnisse durchlaufen drei Produktionsstufen in der Reihenfolge Stanzerei, Formerei und Lackieren/Brennen. Der Produktionsdurchlauf erfolgt asynchron, d. h. hinter den Produktionsstufen Stanzerei und Formerei ist je ein Zwischenlager eingerichtet. Alle Produkte, die abschließend in der Produktionsstufe Lackieren/Brennen behandelt wurden und noch nicht verkauft werden, gehen ins Fertigerzeugnislager. Produkt Stielpfannen Wassertöpfe 0 18 cm Wassertöpfe 0 34 cm Dampfkochtöpfe

Stückerlös 19,50 19,20 28,70 63,00

Abb. 61: Absatzpreise der vier Produkte (Beispielrechnung) Kostenart 1 Fertigungsmaterial 2 FertiStanzerei 3 gungsFormerei 4 löhne Lackieren und Brennen 5 SondereinzelStielpfannen je Stück DM 0,30 kosten 6 Wassertöpfe 0 18 cm je Stück DM 0,40 7 des Vertriebs Wassertöpfe 0 34 cm je Stück DM 0,45 8 (Verpackung) Dampfkochtöpfe je Stück DM 3,20 9 Summe der Einzelkosten

DM 1.225.454,60 677.695,00 898.961,80 741.668,10 19.890,30 40.547,60 29.195,55 156.105.60 3.789.518,55

Abb. 62: Kostenträgereinzelkosten (Beispielrechnung) Das Zahlenbeispiel ist in leicht modifizierter Form entnommen aus EISELE, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens, (1993), S. 736 ff.

11. Abschnitt: Systeme der Kosten-, LeisUings- und Erfolgsrechnung auf Vollkostcn- und Vollerlösbasis 695

Die Absatzpreise, die für die vier Produkte erzielt werden können, ergeben sich aus Abb. 61. In den Abbildungen 62 und 63 sind die insgesamt angefallenen Kostenträgereinzel- und -gemeinkosten der abgelaufenen Abrechnungsperiode zusammengestellt. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Kostenart Hilfsstoffe Betriebsstoffe Gehälter Hilfslöhne Sozialaufwand InstandhaKunRsmateria) Strom Wasser Büromatcrial Abschreibungen Zinsen Steuern, AbRahen Versicherungen Werbekosten Summe der Gemeinkosten

DM 580.400 67.600 906.100 556.444 320.500 25.223 167.700 33.400 22.100 612.000 125.900 72.300 18.500 230.400 3.738.567

Abb. 63: Kostenträgergemeinkosten (Beispielrechnung) Die in der Abrechnungsperiode in den einzelnen Produktionsstufen erbrachten Produktionsmengen und die Bestandsveränderungen (jeweils gemessen in Produkteinheiten) sind in der Abb. 64 ausgewiesen. Aus dieser Abbildung geht beispielsweise hervor, daß bei Stielpfannen 60.798 Einheiten die Stanzerei durchlaufen, von denen 517 Einheiten ins Lager gehen. Folglich werden 60.281 Einheiten in der Formerei weiterverarbeitet. Danach durchlaufen diese zuzüglich 2.528 Einheiten, die vom der Formerei nachgeordneten Zwischenlager entnommen werden, die Produktionsstufe Lackieren/Brennen. Alle diese Einheiten sowie 3.492 Einheiten vom Fertigerzeugnislager werden verkauft. Der Gesamtabsatz an Stielpfannen beträgt in der betrachteten Abrechnungsperiode somit 66.301 Einheiten. Produktionsstufe Stanzerei Formerei Lackieren/Brennen

Produktionsmenge Lageibcstandsverändcnmn Produktionsmenge LaRerbestandsveränderunR Produktionsmenge LagerbestandsveränderunR AbsatzmenRe

Stielpfannen 60.798 +517 60.281 -2.528 62.809 -3.492 66.301

Wassertöpfe 0 18 cm 103.468 -681 104.149 +2.704 101.445 +76 101.369

Wassertöpfe 0 34 cm 59.400 -5.497 64.897 +1.912 62.985 -1.894 64.879

Dampfkochtöpfe 48.242 +2.176 46.066 -4.493 50.559 +1.776 48.783

Abb. 64: Produktionsmengen und Bestandsveränderungen (Beispielrechnung) Stan zerei Fon lerei Lackieren / Brennen Fertigungs- Fertigungs- Fertigungs- Fertigungs- Fertigungs- Fertigungs- Fertigungslohn lohn lohn zeit zeit zeit material (DM/St) (DM/St) (DM/St) (Min/St) (Min/St) (Min/St) (DM/St) Stielpfannen 3,40 2,40 3,00 2,5 Min. 1,20 50 Min. 8,0 Min. Wasserlöpfe 0 18 cm 2,65 1,80 13,0 Min. 2,40 4,5 Min. 1,80 60 Min. 5,55 2,00 17,5 Min. 70 Min. Wassertöpfe 0 34 cm 2,60 7,5 Min. 1,90 Dampfkochtöpfe 8,60 4,70 25,5 Min. 6,50 20,0 Min. 100 Min. 7,20 Produkt

Abb. 65: Einzelkosten und Fertigungszeiten je Einheit (Beispielrechnung) Die Abb. 65 enthält schließlich die Einzelkosten und Fertigungszeiten je Einheit, die die Erzeugnisse in den verschiedenen Produktionsstufen verursachen bzw. in Anspruch nehmen. Mit Hilfe der Daten in den Abbildungen 61 - 65 kann der kalkulatorische Periodenerfolg nach dem Gesamtkostenverfahren und nach dem Umsatzkostenverfahren bestimmt werden

696

Teil III: Rechnungslegung für den Operativbereich

1.3.2.4.2 Ermittlung des kalkulatorischen Periodenerfolgs nach dem Gesamtkostenverfahren Die Durchführung der kurzfristigen Erfolgsrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren führt zum Betriebsergebniskonto der Abb. 66, in welchem ein kalkulatorischer Periodengewinn in Höhe von 494.722,02 DM ausgewiesen ist (vorletzte Zeile auf der Sollseite). Im folgenden sollen die einzelnen Positionen der Abb. 66, die zu dieser Gewinnhöhe führen, im Detail erläutert werden. Soll Einzelkosten: Fertigungsmaterial Fertigungslöhne a) Stanzerei b) Formerei c) Lackieren und Brennen Sondcreinzclkosten des Vertriebs Gemeinkosten: Hilfsstoffe Betriebsstoffe Gehälter Hilfslöhne Sozialaufwand Instandhaltungsmaterial Strom Wasser BUromaterial Abschreibungen Zinsen Steuern, Abgaben Versicherungen Werbekosten Hcrstcllkostcn der Bestandsabnahmen Kalkulatorischer Periodengewinn

1.225.454,60 677.695,00 898.961,80 741.668,10 245.739,05 580.400,00 67.600,00 906.100,00 556.444,00 320.500,00 25.223,00 167.700,00 33.400,00 22.100,00 612.000,00 125.900,00 72.300,00 18.500,00 230.400,00 341.930,53 494.722,02 8.364.738,10

Haben Umsatzerlöse Stielpfannen Wassertöpfe 0 18cm Wassertöpfe 0 34cm Dampfkochlöpfc Hcrstcllkostcn der Bestandszunahmen

1.292.869,50 1.946.284,80 1.862.027,30 3.073.329,00 190.227,50

8.364.738,10

Abb. 66: Betriebsergebniskonto nach dem Gesamtkostenverfahren (Beispielrechnung) Die Einzelkosten der Sollseite wurden aus der Abb. 62 übernommen, wobei die Sondereinzelkosten des Vertriebs (Zeile 5-8) mit ihrer Summe in Höhe von 245.739,05 DM eingestellt sind. Diesen Einzelkosten schließen sich die Gemeinkosten an, die der Abb. 63 (Zeile 1-14) entnommen sind. Somit bleibt auf der Sollseite noch die Position „Herstellkosten der Bestandsabnahmen" zu erläutern. Dies wird im Augenblick zurückgestellt und im Zusammenhang mit der Erläuterung der Position „Herstellkosten der Bestandszunahmen" auf der Habenseite nachgeliefert. Betrachten wir zuvor die Umsatzerlöse auf der Habenseite. Sie ergeben sich durch Multiplikation der Absatzmengen der vier Erzeugnisarten (letzte Zeile der Abb. 64) mit den jeweiligen Stückerlösen (Abb. 61): Stielpfannen: Wassertöpfe 0 18 cm: Wassertöpfe 0 34 cm: Dampfkochtöpfe:

66.301 101.369 64.879 48.783

[Stück] [Stück] [Stück] [Stück]

• 19,50 [DM/Stück] = 1.292.869,50 [DM] • 19,20 [DM/Stück] = 1.946.284,80 [DM] • 28,70 [DM/Stück] = 1.862.027,30 [DM] • 63,00 [DM/Stück] = 3.073.329,00 [DM]

Abschließend müssen wir uns den Herstellkosten der Bestandsab- und -zunahmen zuwenden. Für die Bestimmung der Herstellkosten entwickeln wir den Betriebsabrechnungsbogen (BAB) der Abb. 67. 126

126

Zum BAB vgl. S. 621 ff.

'5 3 E >

/ // r



i V O) — (N es ^

8

Ö m

8 oo

ö CS

I

la X

ri

i

a

§

8 r-

«

8 r00

8