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German Pages 507 [512] Year 1995
Oldenbourgs Lehr- und Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Quantitative Betriebswirtschaftslehre Lehrbuch der modellgestützten Unternehmensplanung Von Universitätsprofessor
Dr. Friedrich Hanssmann
4., unwesentlich veränderte Auflage
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CLP-Einheitsaufnahme Hanssmann, Friedrich: Quantitative Betriebswirtschaftslehre : Lehrbuch der modellgestützten Untemehmensplanung / von Friedrich Hanssmann. - 4., unwesentlich veränd. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1995 (Oldenbourgs Lehr- und Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) ISBN 3-486-23374-2
© 1995 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3 - 4 8 6 - 2 3 3 7 4 - 2
Inhaltsverzeichnis Vorwort Verzeichnis der Kurzfallstudien Verzeichnis der Praktika
VII XI XI
Operativer Teil
1
Abschnitt I: Einleitung Kapitel 1: Operative und strategische Unternehmensplanung
3 3
Abschnitt II: Produktionsplanung bei festen Kapazitäten Kapitel 2: Klassifikation der Produktionssysteme Kapitel 3: Belegungsplanung bei Massenfertigung: Statischer Fall Kapitel 4: Belegungsplanung bei Massenfertigung: Dynamischer Fall Kapitel 5: Belegungsplanung bei Einzelfertigung Kapitel 6: Informationssysteme zur Steuerung der Einzelfertigung Kapitel 7: Steuerung einmaliger Fertigungsprojekte
8 8 9 16 23 33 40
Abschnitt III: Neuplanung der Produktionskapazitäten Kapitel 8: Simultane Produktions- und Kapazitätsplanung Kapitel 9: Auslegungsplanung bei entkoppelter Fertigung Kapitel 10: Auslegungsplanung bei Fließbandfertigung Kapitel 11: Planung der Personalkapazität
52 52 62 64 66
Abschnitt IV: Lagerhaltung Kapitel 12: Kostenoptimale Lieferbereitschaft durch modellgestützte Lagerdisposition Kapitel 13: Lagerhaltungssimulation als Implementierungstest Kapitel 14: Datenbeschaffung f ü r die modellgestützte Lagerdisposition . . . .
71
Abschnitt V: Distribution Kapitel 15: Gestaltung des Distributionsflusses bei festen Anlagen Kapitel 16: Planung der distributionsrelevanten Anlagen
92 92 97
Abschnitt VI: Absatz Kapitel 17: Klassifikation der Marketingmodelle und Ermittlung von Marktreaktionsfunktionen Kapitel 18: Preisgestaltung Kapitel 19: Einsatz des Vertriebspersonals Kapitel 20: Werbung und Verkaufsförderung Kapitel 21: Planung des „marketing mix" Kapitel 22: Neugestaltung des „Vertriebssystems" Kapitel 23: P r o d u k t - u n d Sortimentsgestaltung
113
Abschnitt VII: Investition Kapitel 24: Auswahl und Dimensionierung unabhängiger Projekte: Statische Modelle
71 78 82
113 118 129 139 150 170 182 196 196
VI
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 25: Auswahl und Dimensionierung unabhängiger Projekte: Dynamische Modelle Kapitel 26: Auswahl und Dimensionierung abhängiger Projekte
213 219
Abschnitt VIII: Finanzierung Kapitel 27: Kostenoptimale Deckung des kurzfristigen Finanzbedarfs Kapitel 28: Langfristige Finanzplanung Kapitel 29 : Simultane Investitions- und Finanzierungsplanung
226 226 234 248
Strategischer Teil
253
Abschnitt I: Strategisches Management: Begriff und Prozeß Kapitel 1: Was ist Strategie? Kapitel 2: Warum strategische Planung? Kapitel 3: Strategisches Management als Prozeß
255 255 258 265
Abschnitt II: Planungsmethodik Kapitel 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden Kapitel 5: Zielplanung und Stoßrichtung Kapitel 6: Strategische Alternativen: Quasi-analytische Methoden Kapitel 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden Kapitel 8: EDV-Unterstützung des strategischen Managements Kapitel 9: Methodische Fehlkonzeptionen
270 270 284 287 299 328 332
Abschnitt III: Unternehmensstrategie Kapitel 10: Beitrag der Unternehmensleitung Kapitel 11: Optimierung des bestehenden Portfolios Kapitel 12: Management kritischer Ressourcen>Finanzierung Kapitel 13: Aufbau neuer Geschäfte
338 338 339 362 394
Abschnitt IV: Geschäftsfeldstrategie Kapitel 14: Produkt- und Preisstrategie Kapitel 15: Marktstrategie, insbesondere Marktsegmentierung Kapitel 16: Abschreckungs- und Eintrittsstrategien
401 401 408 415
Abschnitt V: Funktionale Strategien Kapitel 17: Unternehmensmodelle mit größerer funktionaler Tiefe Kapitel 18: Vertriebsstrategie>Absatzwege Kapitel 19: Produktion>Logistik Kapitel 20: Technologie) Forschung und Entwicklung
421 421 427 430 433
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung
438
Literaturverzeichnis Sachverzeichnis
490 495
Vorwort Dieses Buch ist in erster Linie für Studierende der Betriebswirtschaft geschrieben. Die quantitative Modellierung ist heute aus Lehre und Praxis der Betriebswirtschaft nicht mehr wegzudenken. Sie hat die betriebliche Planung und Entscheidungsvorbereitung in weiten Bereichen revolutioniert. Dennoch fehlt es nach wie vor an Lehrbüchern, die der quantitativen Modellierung den zentralen Platz einräumen, ohne zugleich ihren betriebswirtschaftlichen Charakter zu verlieren. Der Autor möchte daher ein modellorientiertes, betriebswirtschaftliches Buch vorlegen, das vorwiegend auf den quantitativ interessierten Studierenden der Betriebswirtschaft zugeschnitten ist. Er ist überzeugt, daß die Modellierung im Rahmen allgemeiner betriebswirtschaftlicher Vorlesungen nur relativ oberflächlich behandelt werden kann. Soll dem Studierenden eine ausreichende Kompetenz in modellgestützter Planung und Entscheidungsvorbereitung vermittelt werden, so bedarf es einer speziellen Betriebswirtschaftslehre, die die Modellierung in den Mittelpunkt stellt. Die meisten deutschen Universitäten haben eine solche unter der Bezeichnung Operations research eingeführt. Nach den Empfehlungen der „Kommission Operations Research" des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft soll dieses Fach folgende Schwerpunkte aufweisen: 1. Mathematische Verfahren 2. Methodik der Modellbildung und -implementierung 3. Anwendungen der Modellierung in der Betriebswirtschaft Die Beziehung des vorliegenden Buches zu diesem Stoffprogramm soll kurz erläutert werden. Während eine Fülle guter Lehrbuchliteratur über mathematische Verfahren existiert, herrscht in den beiden anderen Themenkreisen ausgesprochener Mangel. Mit meiner „Einführung in die Systemforschung" habe ich versucht, ein Lehrbuch für den zweiten Themenkreis zu schaffen. Die jetzt vorliegende „Quantitative Betriebswirtschaftslehre" ist als Lehrbuch für den dritten Themenkreis gedacht. Aus der Thematik des Buches ergibt sich eine gewisse Einschränkung des betriebswirtschaftlichen Stoffes: es sollte keine lückenlose allgemeine Betriebswirtschaftslehre, sondern eine Auswahl betriebswirtschaftlicher Probleme geboten werden, deren Lösung mit Hilfe von Modellen möglich und lohnend ist. Hierzu zählt heute eine große Zahl grundlegender Probleme in allen klassischen Funktionalbereichen sowie auf Unternehmensebene. Vom Standpunkt der allgemeinen Führungsfunktionen liegt der Schwerpunkt dieser Probleme bei der Planungsfunktion, und zwar auf operativer und strategischer Ebene. Der Inhalt des Buches könnte daher auch als „modellgestützte operative und strategische Unternehmensplanung" umrissen werden. Das Werk möchte nicht zuletzt einen Beitrag zur Konzeption und Unterstützung der strategischen Unternehmensplanung leisten, die derzeit sehr stark im Fluß ist. Das Buch gliedert sich in einen operativen und strategischen Teil. Die Abgrenzung der operativen von der strategischen Betrachtungs- und Planungsebene erfolgt in Kapitel 1. In teilweiser Abweichung von den Gepflogenheiten habe ich mich entschlossen, die Abgrenzung ausschließlich auf formale Kriterien zu stützen. Bei dieser Sichtweise unterscheiden sich strategische und operative Planung im wesentlichen durch den Aggregationsgrad der zu planenden Merkmale, was auto-
VIII
Vorwort
matisch charakteristische Unterschiede in der „Spezifität", Fristigkeit und Bewertung der zu planenden M a ß n a h m e n nach sich zieht. So gesehen ist operative Planung mit relativ disaggregierten, konkreten M a ß n a h m e n , strategische Planung mit relativ hochaggregierten, abstrakten (d. h. unspezifischen) M a ß n a h m e n befaßt. Selbstverständlich ist der Übergang fließend. Die weiteren Kapitel des operativen Teils sind der modellgestützten Planung in den betrieblichen Funktionalbereichen gewidmet. Der Stoff ist daher nach Funktionalbereichen gegliedert. Wie bereits betont, k o m m t eine Auswahl betrieblicher Planungsprobleme zur Darstellung, deren Lösung mit Hilfe von Entscheidungsmodellen möglich und lohnend ist. Es handelt sich daher eher um fallweise als um umfassende Planung. Die umfassende operative Planung, die bis zur Planerfolgsrechnung und Planbilanz reicht und erheblicher Massen-Datenverarbeitung bedarf, ist nicht Gegenstand dieses Buches. Die umfassende operative Planung erlaubt selten eine explizite Betrachtung von Entscheidungsalternativen, wie sie f ü r den Einsatz von Entscheidungsmodellen Voraussetzung ist. Dagegen bietet eine fallweise operative Planung erhebliches Modellierungspotential. Im übrigen habe ich mich bei der Auswahl des Stoffes von den Gesichtspunkten der Operationalität und praktischen Bewährung leiten lassen. Deshalb wurde auch eine größere Anzahl von Kurzfallstudien in den Text eingeschoben, die über erfolgreiche Anwendungen zuvor behandelter Modellierungskonzepte berichten. Dem Studenten werden zu den meisten Kapiteln Übungsaufgaben geboten, ferner eine Reihe aufwendigerer „ P r a k t i k a " , die gewöhnlich Computerunterstützung erfordern und am besten in kleinen G r u p p e n am Terminal durchzuführen sind. Im wesentlichen ausgeklammert bleibt die EDV-Implementierung der modellgestützten Planung. Zentraler Lehrgegenstand ist die Modellierung betriebswirtschaftlicher Sachverhalte und Probleme, wobei freilich die Möglichkeiten der EDV-Implementierung im Auge behalten werden. Im strategischen Teil wird die Abgrenzung zur operativen Planung nochmals aufgegriffen und vertieft. Die grundsätzliche Notwendigkeit der strategischen Planung wird untersucht. Anschließend werden gängige Varianten des strategischen Planungsprozesses kritisch erörtert und Vorschläge zur Gestaltung des Prozesses unterbreitet. D a r a u s ergeben sich die Möglichkeiten der Modellunterstützung auf der strategischen Planungsebene. Zunächst wird ein relativ allgemeines und flexibles strategisches Modell einer ganzen Unternehmung entwickelt. Dieses bildet die Grundlage f ü r zahlreiche Ausgestaltungen. Hierdurch entstehen strategische Planungsmodelle f ü r wenige und zahlreiche Alternativstrategien, f ü r ganze Unternehmungen und f ü r Teilbereiche, f ü r funktional und divisional bzw. nach strategischen Geschäftseinheiten gegliederte Unternehmungen. Besondere Aufmerksamkeit wird den Finanzsimulationen ganzer Unternehmungen („corporate Simulation models") sowie den neuesten Entwicklungen quantitativer Modelle zur strategischen Portfolio-Politik gewidmet. Auch der strategische Teil enthält einige relativ umfangreiche „ P r a k t i k a " zur Einübung des Stoffes. Ich danke allen wissenschaftlichen Mitarbeitern, die d a s quantitative betriebswirtschaftliche L e h r p r o g r a m m an der Universität München über viele Jahre mitgetragen und mitgestaltet und damit zum Werden dieses Buches beigetragen haben. Besonderer D a n k gebührt Dr. K. Wilde, der eine erste Ausarbeitung der Kapitel
Vorwort
IX
über den Absatzbereich fertigte, Diplom-Kaufmann M. Fackler, der große Sorgfalt auf das Literaturverzeichnis und die Zitate verwendete und manchen Fehler entdeckte, sowie allen Mitarbeitern, die Korrektur gelesen haben. Frau Röcklmeier stellte das Manuskript in mühsamer, tatkräftiger und gewissenhafter Arbeit fertig. Auch ihr sei besonders gedankt. F. Hanssmann
Vorwort zur 3. Auflage Auch in der dritten Auflage bleibt es das Ziel dieses Buches, die Möglichkeiten und Grenzen quantitativer Modellierung in der Betriebswirtschaft darzustellen. Quantitative Entscheidungsmodelle sind ihrem Wesen nach prädestiniert, vor allem die betriebswirtschaftliche Planung zu unterstützen. Denn Planung ist letztlich eine Summe von Entscheidungen. Daher befaßt sich das Buch schwerpunktmäßig mit operativer und strategischer Unternehmensplanung. Der operative Teil ist nach Funktionalbereichen gegliedert. Für jeden Funktionalbereich werden die wichtigsten, in der Praxis auftretenden Planungsentscheidungen abgehandelt und entsprechende Entscheidungsmodelle dargestellt. Immer wieder eingestreute Kurzfallstudien illustrieren die praktische Umsetzbarkeit und den Praxiserfolg dieser Modellkonzeptionen. Die im operativen Bereich besonders wichtige EDV-technische Implementierung der Entscheidungsmodelle ist nicht Gegenstand dieses Buches. Der Nachdruck liegt vielmehr auf der Formulierung betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge und Probleme, die für alles weitere schlechthin entscheidend ist. Es gilt das Motto: Betriebswirtschaftliches Denken vor Datentechnik. Der strategische Teil wurde für diese Auflage völlig neu bearbeitet. Gerade im Bereich des strategischen Managements hat es in den letzten Jahren eine Bewegung weg von der „Analytik" und hin zum „Visionären" gegeben. So sehr es zutrifft, daß strategische Planung nicht nur analytisch sein kann, sollte es auch gesehen werden, daß sie nicht nur visionär sein kann. Extreme, die Gegenseite abwertende Positionen sind der Sache nicht dienlich. Für die Lösung des Energiedilemmas hat meines Wissens noch niemand eine überzeugende Vision vorschlagen können, so daß die systematische Analyse und Bewertung der erkennbaren Handlungsalternativen bleibt. Generell bin ich der Überzeugung, daß systematische Analyse und Bewertung der Handlungsalternativen einen festen Platz in der strategischen Planung behalten sollte. Das Buch bietet hierfür sowohl ein quasi-analytisches (Portfolio-Analyse) als auch ein quantitativ-prognostisches Instrumentarium auf Basis von Entscheidungsmodellen an. Voraussetzung für die Anwendung strategischer Entscheidungsmodelle ist allerdings, daß strategische Konzeptionen nicht vage, abstrakt und visionär bleiben, sondern bis zur Ebene konkreter strategischer Handlungsalternativen ausformuliert werden. D a n n eröffnet sich auch auf strategischer Ebene ein bedeutendes Potential für Entscheidungsmodelle. Das Buch präsentiert eine größere Anzahl solcher Modelle für die Ebenen der Unternehmensstrategie, der Geschäftsfeldstrategie und der funktionalen Strategien. Ein Anhang von sieben ausführlicheren Fallstudien, die von der Produkt- und
X
Vorwort
Kapazitätsstrategie bis zur Abschreckungs- und Akquisitionsstrategie reichen, illustriert die Umsetzbarkeit der allgemeinen Konzeptionen in konkreten Situationen. Die Fallstudien sollen unterstreichen, daß eine Formulierung konkreter strategischer Handlungsalternativen möglich ist und eine modellgestützte Analyse dieser Alternativen sehr lohnend sein kann. Ich wünsche, daß das Buch auch in der neuen Auflage viele Leser überzeugt, daß problemorientierte quantitative Modellierung in der operativen und strategischen Planung einen Beitrag zu leisten hat, der durch nichts zu ersetzen ist. F. Hanssmann
Verzeichnis der Kurzfallstudien 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.
Bereinigung der Produktlinie in einem Verarbeitungsbetrieb Werkstattsimulation im laufenden Betrieb bei Bethlehem Steel Echtzeit-Produktionsplanung in der Automobilindustrie Planung eines vierten Stahlröhrenwerkes bei Babcock & Wilcox Verbesserung der M a s c h i n e n b e m a n n u n g bei Becton-Dickinson Personalplanung f ü r den telefonischen Buchungsdienst bei Q u a n t a s Airlines E i n f ü h r u n g modellgestützter Lagerdisposition Lagerdisposition und Distributionsplanung i m o n line-Betrieb bei Booth Fisheries L K W - T o u r e n p l a n u n g bei Anderson-Clayton F o o d s Integriertes Produktions- und Distributionsmodell bei Agrico Chemical Co. Einsatzplanung f ü r Luftfrachtagenten einer Fluggesellschaft mit C A L L P L A N Ökonometrisches marketing mix-Modell im on-line-Betrieb bei einer französischen Ölfirma Planung der Wertpapierinvestitionen f ü r einen Pensionsfonds Entwicklung einer Angebotsstrategie f ü r Bodenschätze Kurzfristige Finanzdisposition im G r o ß v e r s a n d h a u s Quelle Entscheidungsmodell f ü r verfrühte Einlösung von Schuldverschreibungen (bonds) bei American Telephone and Telegraph Pfandbriefemission durch Bankers Trust Co.
Verzeichnis der Praktika 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Auftragsfertigung Netzplantechnik Elektrizitätserzeugung Fernwärmeerzeugung Distribution BRANDAID Wertpapierinvestition Simulation mit dem Kennzahlenmodell Berechnungen mit dem statischen Kennzahlenmodell Vergleich der internen Entwicklung und Akquisition
Operativer Teil
Abschnitt I: Einleitung Kapitel 1: Operative und strategische Unternehmensplanung Dieses Buch befaßt sich mit quantitativen Methoden der Unternehmensplanung. Es ist üblich, operative und strategische Unternehmensplanung zu unterscheiden. Bevor wir uns dieser Abgrenzung zuwenden, stellen wir einige allgemeine Bemerkungen zum Begriff und Zweck der Planung voran. Planung läßt sich definieren als (vorläufiges oder endgültiges) Aktionsprogramm für die Zukunft. Sie erfüllt einen doppelten Zweck. Wird der Plan befolgt, so steuert er die Aktionen eines Individuums oder einer Organisation. Unklarheit über die nächsten Schritte und damit verbundener Stillstand und Leerlauf werden vermieden. Dies ist der Zweck der Steuerungsfunktion der Planung. Weiterhin beinhaltet jede Planung eine Auswahl aus Planalternativen, also eine Entscheidung. Der Planung fallt daher die weitere Aufgabe zu, sich um hohe Effektivität bezüglich der Ziele der Organisation zu bemühen. Darauf zielt die Auswahlfunktion der Planung. Psychologie des Planungsprozesses Planung ist eine zweckgerichtete menschliche Tätigkeit. Sie scheint einem eigentümlichen psychologischen Schema zu folgen, bei dem der menschliche Geist eine stufenweise Konkretisierung des Planes vornimmt. Durch diesen Prozeß arbeitet er sich allmählich zur „Aktionsebene" herunter. Ein Beispiel soll dies illustrieren. Will ein Abiturient seine Berufsausbildung planen, so erwägt er zunächst einige Berufsbilder und entscheidet sich für eines von diesen. Auf der nächsten Stufe vergleicht er die Universitäten oder Ausbildungsstätten für den gewählten Beruf und trifft unter diesen eine Wahl. Danach schreibt er sich ein und entscheidet sich für bestimmte Kurse. Erst jetzt kann er seinen Stundenplan erstellen, der seine täglichen Aktivitäten steuert. In moderner Planungsterminologie entspricht die Wahl eines Berufsbildes einem „strategischen" Plan, die Aufstellung des Stundenplans einem „operativen" Plan. Der strategische Plan zeichnet sich dadurch aus, daß er einerseits relativ unspezifisch und abstrakt bleibt: er läßt noch vieles offen und legt noch keine konkreten Aktionen fest. Der operative Plan holt dies nach: er füllt den strategischen Rahmen mit konkreten Aktionen aus. Da diese Vorgänge in der menschlichen Psychologie fest verwurzelt scheinen, kann man davon ausgehen, daß sich alle menschliche Planungsaktivität als Konkretisierungsprozeß vom Unspezifischen zum Spezifischen, also von einer strategischen zu einer operativen „Ebene" vollzieht. Auch die Unternehmensplanung läßt trotz aller Komplexität dieses einfache psychologische Muster immer wieder deutlich hervortreten. Es bedarf jedoch im Rahmen der Unternehmensplanung besonderer Erläuterung. Was ist strategische Unternehmensplanung? Strategische Unternehmensplanung ist mit der Festlegung relativ unspezifischer, hochaggregierter und abstrakter qualitativer und quantitativer Merkmale der Un-
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Operativer Teil
ternehmung befaßt. Die Festlegung der Produktsparten ist qualitativer Natur, die Verteilung der Vertriebsressourcen auf die Sparten ist ein quantitatives Merkmal. Da sich solche hochaggregierten „ Rahmen bedingungen" der Unternehmensaktivität in der Regel nur langsam verändern lassen, muß strategische Planung zugleich langfristig sein. Sie hat sich daher ebenso mit gegenwärtigen wie mit zukünftigen Tätigkeitsbereichen zu befassen, die typischerweise einen unterschiedlichen „Reifegrad" relativ zum Markt aufweisen. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Tätigkeiten unterschiedlichen Reifegrades muß ein Hauptanliegen strategischer Unternehmensplanung sein. Die zweckmäßig zu verwendenden hochaggregierten Beschreibungsmerkmale hängen vom Reifegrad eines Tätigkeitsbereichs ab. Für das „laufende Geschäft" kann sich ein umsatzmäßiger Rahmen empfehlen, für ein neu aufzubauendes Geschäft kommt möglicherweise für viele Jahre nur der geplante Entwicklungsaufwand als Beschreibungsmerkmal in Frage. Ein typischer strategischer Plan könnte daher folgendes aussagen. Die Umsatzentwicklung des laufenden Geschäfts soll der allgemeinen Marktentwicklung bis zur Erreichung der Kapazitätsgrenzen folgen. Die Kapazitäten sollen jedoch nicht mehr erweitert werden. Die durch das laufende Geschäft freigesetzten Investitionsmittel werden zum Aufbau eines neuen Geschäftszweiges verwendet, während der Laufzeit des Plans überwiegend für Forschung und Entwicklung sowie Personalausbildung. Für einen dritten Bereich mittleren Reifegrades, der das Entwicklungsstadium im wesentlichen hinter sich hat, soll eine Produktionskapazität eingerichtet werden. Während der Laufzeit wird nur eine mäßige Umsatzentwicklung erwartet. Hochaggregierte Umsätze, Kapazitäten, Entwicklungsaufwendungen sind Beispiele der relativ unspezifischen Merkmale der strategischen Ebene. Was ist operative Unternehmensplanung? Operative Planung läßt sich definieren als „Operationalisierung" des strategischen Plans für die nähere Zukunft. Unter Operationalisierung verstehen wir die Ausfüllung des relativ unspezifischen strategischen Planungsrahmens durch spezifische und konkrete Maßnahmen, die als Aktionsprogramme für die mittlere und untere Führungsebene geeignet und kommunizierbar sind. Der operative Plan ist also kein unabhängiger Plan für sich, sondern stellt die Konkretisierung der ersten Schritte des strategischen Planes dar. Diese auf Aktion zielende Konkretisierung zu weit in die Zukunft zu treiben, hat angesichts der zu erwartenden Revisionen keinen Sinn. Es sollte nunmehr deutlich sein, daß der operative Plan sowohl langfristig und umfassend wirksame („strategische") als auch nur kurzfristig und begrenzt wirksame („taktische") Maßnahmen umfaßt; strategische Maßnahmen jedoch in stärkerer Konkretisierung als im strategischen Plan. Wir illustrieren anhand des vorstehenden Beispiels. Für das „laufende Geschäft" würde der operative Plan unter anderem die Aufgliederung des Umsatzes und der Produktion nach einzelnen Produkten,vielleicht auch deren Verteilung auf die vorhandenen Produktionsanlagen sowie die zugehörigen finanziellen Resultate ausweisen. Dagegen ist die vorgeordnete Entscheidung der Fortführung des laufenden Geschäfts eine ausgesprochen strategische Maßnahme,zugleich aber zentraler Bestandteil des operativen Planes. Für den neu aufzubauenden Geschäftsbereich würde der operative Plan die Aufteilung der zugeteilten Mittel auf einzelne Entwicklungsvorhaben festlegen. Auch hier erkennen wir strategische und taktische Maßnahmen im Verbund. Die Errichtung der neuen
K a p . 1 : Operative und strategische Unternehmensplanung
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Produktionskapazität für den dritten Bereich ist wiederum eine strategische Maßnahme; sie wäre innerhalb des operativen Plans nach Standorten und Aufbauphasen zu konkretisieren, besonders wenn im strategischen Plan auf eine räumliche und zeitliche Gliederung des Kapazitätszuwachses verzichtet und mehr auf den Endzustand abgestellt wurde. Alternativ können Standort und Größe neuer Kapazitäten schon im strategischen Plan festgelegt werden. Je nach Situation werden also manche strategischen Maßnahmen vom operativen Plan übernommen, andere aber erst geplant oder ausgestaltet. Diese Ausgestaltung vollzieht sich auf einer stärker disaggregierten, aber immer noch hochaggregierten „zweiten strategischen Ebene". Beispiele hierfür sind außer der bereits erwähnten Dimensionierung und Lozierung von Produktionskapazitäten die Auswahl bestimmter Produktionstechnologien, Neueinführung oder Einstellung einzelner Produkte, Gestaltung der Absatzwege und Verkaufsbezirke. Der operative Plan kann also Maßnahmen unterschiedlicher Detaillierung und Konkretisierung enthalten, die sich überdies in der Länge ihrer zeitlichen Wirkung unterscheiden. Das größte Detail findet sich gewöhnlich im Bereich des „laufenden Geschäfts", das daher den größten Teil des operativen Plans auszumachen pflegt. Besonders detaillierte Maßnahmen, die überdies nur sehr kurzfristig wirksam sind, bezeichnen wir als „dispositive Maßnahmen". Eine wöchentliche Produktionsplanung oder die Bestellplanung für ein Lager geben Beispiele ab. Wir rechnen die so definierte Disposition mit zur operativen Planung. Die „Planungsperiode", für die gewisse Maßnahmen eingeplant werden, kann nicht immer so lang sein, daß sie auch alle Auswirkungen der ersten Entscheidungen und Maßnahmen umfaßt. Doch leuchtet es unmittelbar ein, daß sie sich an der Realisationsdauer und Wirkungsdauer der geplanten Aktionen orientieren muß, also für die strategische Planung am längsten, für die Disposition am kürzesten ausfallen wird. Bild 1 illustriert die Relation zwischen Aggregationsgrad der Planung und Länge der Planungsperiode. Typische Größenordnungen für die Länge der Planungsperiode sind 10 Jahre Aggregationsgrad
Bild 1
Relation zwischen Aggregationsgrad und Länge der Planungsperiode
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Operativer Teil
für die strategische Planung, 1 - 3 Jahre für die operative Planung und Bruchteile eines Jahres (Monate, Wochen oder Tage) für die Disposition. Teilpläne Aufgrund der Größe und Komplexität einer Unternehmung müssen sowohl strategische als auch operative Pläne aus Teilplänen zusammengesetzt werden, wobei deren Zusammenhänge zu berücksichtigen sind. Daraus ergibt sich das „Abstimmungsproblem". Besonders geläufig sind funktionale Teilpläne wie Absatz-, Produktions- und Finanzpläne. Darüber hinaus haben sich interfunktionale Querschnittpläne als zweckmäßig erwiesen, die gewisse Vorgänge aus verschiedenen Funktionalbereichen zusammenfassen. Der bekannteste Querschnittplan dürfte der Investitionsplan sein, der die Investitionsvorgänge in allen Funktionalbereichen zusammenfaßt. Noch umfassender ist der gesamte Ausgabenplan, dessen Festschreibung für das erste Planjahr zur Budgetierung führt. Auch Personal-, Materialund Energiepläne lassen sich als Querschnittpläne auffassen. Es kommt auf diese Weise zu einer mehrfachen Erfassung der gleichen Vorgänge, wenn auch von verschiedenen Gesichtspunkten. Decken die Teilpläne die gesamte Unternehmensaktivität ab, so sprechen wir von umfassender oder „geschlossener" Planung, andernfalls von Teilplanung oder „offener" Planung. Ein Sonderfall der Teilplanung ist die fallweise Planung, die den Charakter einer „ad hoc-Studie" hat: sie befaßt sich mit einem bestimmten, gerade aktuellen Problem. Planungsmodalitäten Die geschlossene Planung bedient sich gewöhnlich einer Planungsperiode fester Länge, die alljährlich um ein weiteres Jahr in die Zukunft verlagert wird. Man spricht daher von „rollierender Planung" auf jährlicher Basis. Häufig existiert ein Planungskalender, der die Planungsaktivitäten innerhalb eines Jahres bis zur Erstellung des nächsten rollierenden Plans programmiert. Die Implementierung erfolgt so, daß jeweils das erste Jahr eines Planes realisiert wird, während die späteren Planabschnitte vorläufigen Charakter haben und der Revision unterliegen. Die offene Planung ist nicht an einen rollierenden Rhythmus oder Planungskalender gebunden. Doch zeigt sich auch hier der Erfolg der Planung darin, ob die ersten Schritte des Plans realisiert werden. Die späteren Schritte sollten mit Rücksicht auf zwischenzeitlich zuwachsende Informationen grundsätzlich als vorläufig und korrigierbar gelten. Modell- und EDV-Unterstützung der Unternehmensplanung Jegliche Planung impliziert Entscheidungen, obwohl diese für die späteren Planabschnitte nur vorläufiger Natur sind. Daher geben Entscheidungsmodelle, welche per definitionem der Analyse und Bewertung von Entscheidungsalternativen durch Vorausberechnung ihrer Konsequenzen dienen, höchst relevante Planungshilfen ab. „Modellgestützte Planung" liegt vor, wenn die schließliche Auswahl einer Planalternative mit Hilfe von Entscheidungsmodellen bewerkstelligt wurde. Als Entscheidungsmodell bezeichnen wir ein Rechenwerk, das die folgenden Eigenschaften aufweist:
Kap. 1 : Operative und strategische Unternehmensplanung
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1. Das Verhältnis Zahl der bewertbaren Planalternativen Zahl der Dateneingaben ist größer als 1. Als eine Dateneingabe bezeichnen wir dabei die minimale Datenmenge, die zur Auswertung einer bestimmten Planalternative erforderlich ist. Die vorstehende Eigenschaft besagt, daß das Modell mehr Alternativen bewerten kann, als es Dateneingaben erfordert. Je größer das Verhältnis dieser beiden Größen, desto leistungsfähiger ist das Modell. Voraussetzung ist die folgende zweite Eigenschaft. 2. Das Rechenwerk enthält nicht nur definitorische Relationen, sondern auch echte Entscheidungsvariable, die durch den Planer als Entscheidungen (nicht als Schätzungen) zu fixieren sind. Dieses Buch befaßt sich nur mit „echten" Planungsmodellen, die die vorstehenden Eigenschaften aufweisen. Viele fälschlich als Modelle bezeichnete Rechenwerke und zugehörige softwarePakete enthalten nur definitorische Relationen wie Gewinn = Umsatz — Kosten. Umsatz und Kosten müssen für jede Planalternative neu geschätzt werden; für jede Alternative ist eine eigene Dateneingabe erforderlich. Derartige Rechenwerke sind Tautologien und sollten nicht als Modelle bezeichnet werden. Sie bilden keine spezifische reale Situation ab. Diese spiegelt sich nur in den eingegebenen Daten. Bei diesem Entwicklungsstand kann noch nicht von modellgestützter Planung gesprochen werden, auch wenn die zugehörige EDV-Unterstützung intensiv und hochentwickelt ist. Bei echter Modellunterstützung sind überdies weitergehende EDV-Fähigkeiten erforderlich als bei definitorischen Relationen. Die EDV-Unterstützung der modellgestützten Planung ist nicht Gegenstand dieses Buches. Der Nachdruck liegt auf der durch echte Planungsmodelle gegebenen Planungslogik. Es versteht sich von selbst, daß eine modellgestützte Planungsprozedur intensiver EDV-Unterstützung bedarf und häufig - so im Bereich der kurzfristigen Disposition - eine Einbettung in anspruchsvolle Informationssysteme erfordern kann. Viele EDV-Hersteller bieten bereits einschlägige software-Produkte an, die mathematische Dispositionsmodelle als integrale Bestandteile enthalten. Das vorliegende Buch vermittelt daher dem Studierenden auch wichtige Grundlagen zur Beurteilung derartiger software-Produkte. Gliederung des Stoffes Entsprechend der üblichen Gliederung operativer Pläne wurden auch die zugehörigen Planungsmodelle nach Funktional- und Querschnittbereichen geordnet. Eine schwerpunktmäßige Zuordnung ist in der Regel möglich, auch wenn die Auswirkungen der modellierten Maßnahmen über einen bestimmten Bereich hinausreichen. Den damit angesprochenen Systemzusammenhängen des unmittelbar betroffenen Bereichs wird nach den Grundsätzen der Systemforschung Rechnung getragen. Begriff und Methodik der Systemforschung sind in Hanssmann (1978) ausführlicher dargestellt. Als ersten funktionalen Teilplan nehmen wir den Produktionsplan in Angriff. Modellgestützte Produktionsplanung muß auf einer klaren Konzeption des zugrundeliegenden „Produktionssystems" aufbauen. Wir beginnen daher mit einer Strukturierung der hauptsächlichen Produktionssysteme.
Abschnitt II: Produktionsplanung bei festen Kapazitäten Kapitel 2: Klassifikation der Produktionssysteme Ein System zeichnet sich durch Abhängigkeiten zwischen seinen Teilen aus. Wichtige Teilaspekte eines Produktionssystems sind die Produktionsressourcen und der Produktionsbedarf. Man erkennt unschwer starke Wechselwirkungen zwischen diesen Elementen. Beispielsweise verursachen die Produktionskapazitäten der Anlagen Wechselwirkungen zwischen den um sie konkurrierenden Ansprüchen. Damit ist ein zentraler Systemaspekt gegeben. Die Lösung dieser Koordinationsprobleme, gleichgültig ob sie mit oder ohne Modellunterstützung erfolgt, erfordert in jedem Fall ein Informationssystem. Anlagen und direktes Personal, Informationssystem und zugehöriges indirektes Personal, Produktionsleitung sowie die zahlreichen Wechselwirkungen zwischen diesen Teilen unterstreichen den Charakter des soziotechnischen Systems (siehe Bild 1). Auf den Systemcharakter weist auch die starke Kommunikation hin, die innerhalb des Produktionsbereichs festzustellen ist. Klassifikation der Produktionssysteme 1. Art der Produkte. Die planerischen Möglichkeiten innerhalb eines Produktionssystems hängen in erster Linie von der Art der Produkte ab. Ein Massenprodukt zeichnet sich durch hohe Standardisierung aus, ist in der Regel lagerbar und wird in großen Stückzahlen produziert. Ein Einzelprodukt ist nicht standardisiert, sondern wird nach Kundenspezifikationen hergestellt. Lagerhaltung ist daher in der Regel nicht sinnvoll; die Produktion muß gewöhnlich in kleinen Stückzahlen erfolgen. Das einmalige Produkt oder Projektprodukt weist dieselben Eigenschaften auf, wird jedoch in extrem geringen Stückzahlen, in der Regel nur in einem Exemplar, produRohstoffe
Investitionsgüter
Persona]»
Anlagen Direktes
Personal
Informationssystem Indirektes
Personal
Leitung
Bild 1
Produktionssystem
«Personal
«Information
K a p . 3 : Belegungsplanung bei Massenfertigung: Statischer Fall
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ziert und bindet gleichzeitig sehr große Ressourcen innerhalb des Produktionssystems. 2. Art des Materialflusses. Wir unterscheiden den kontinuierlichen Materialfluß, wie er beispielsweise in chemischen Prozessen aufzutreten pflegt, vom diskreten (unterbrochenen) Materialfluß, wie er sich typischerweise in der Teilefertigung findet. 3. Gestaltungsspielraum der Planung. Häufig sind die Produktionskapazitäten kurzfristig begrenzt; dann beschränkt sich der Gestaltungsspielraum innerhalb des Systems auf die Nutzung vorhandener Anlagen und Verfahren. Langfristig stellt sich das Problem der Neuplanung der Anlagen und Verfahren, wobei auf künftige Nutzungen abzustellen ist. 4. Aggregationsstufe. Ein Produktionssystem kann auf hoher oder niedriger Aggregationsstufe betrachtet werden. Die höchste Aggregationsstufe ergibt sich bei Zusammenfassung aller Produkte zu einem fiktiven Produkt; das System wird dann künstlich als Einproduktbetrieb angesehen. Wir stehen dann an der Grenze der strategischen Betrachtungsweise. 5. Planungsmethoden. Die Koordinations- und Planungsprobleme innerhalb eines Produktionssystems lassen sich mit konventionellen oder modellgestützten Methoden lösen, freilich mit unterschiedlicher Lösungsqualität. Beide Methoden bedürfen in der Regel der EDV-Unterstützung, müssen also an ein automatisiertes Informationssystem angeschlossen werden, das die Daten bereitstellt und die Berechnungen ausführt. Doch lassen sich die eigentlichen Planungsmethoden relativ unabhängig von ihrer EDV-Implementierung erörtern. Dies wird in den folgenden Ausführungen geschehen. Jedenfalls steht die EDVImplementierung nicht im Vordergrund. Soweit modellgestützte Methoden herangezogen werden, dienen Wirtschaftlichkeit und Pünktlichkeit der Fertigung als hauptsächliche Zielkriterien, Einhaltung von Kapazitätsgrenzen und Qualitätsbedingungen bei gleichzeitiger Bedarfsdekkung als hauptsächliche Restriktionen. Die vorstehende Klassifikation der Produktionssysteme liegt der weiteren Gliederung des Stoffes zugrunde. Hinsichtlich des Gestaltungsspielraums beginnen wir mit dem einfacheren Problemkomplex der Nutzung vorhandener Anlagen und Verfahren bei Massen- und Einzelfertigung. Im Mittelpunkt des Interesses steht dann die Belegung vorhandener Anlagen mit Fertigungsaktivitäten.
Kapitel 3: Belegungsplanung bei Massenfertigung: Statischer Fall Bei Massenfertigung haben wir es mit relativ wenigen, standardisierten, lagerbaren Produkten j = 1 , . . . , m zu tun. Der Marktbedarf rj des einzelnen Produkts ist im zeitlichen Rahmen der operativen Planung relativ gut prognostizierbar. Wir betrachten den Bedarf zunächst „statisch", d. h. bezogen auf einen relativ kurzen Zeitabschnitt wie das nächste Jahr, den nächsten Monat oder die nächste Woche. Wir machen ferner die „Synchronisierungsannahme": der in diesem Zeitabschnitt anfallende Marktbedarf soll auch im gleichen Zeitabschnitt produziert werden.
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Operativer Teil
Wir verfügen über Anlagen, Prozesse (Verfahren), Prozeßstufen, die wir mit Fertigungsaktivitäten belegen können. Wir sprechen allgemein von belegbaren „Fertigungskategorien" i = 1 , . . . , n und führen entsprechende Belegungsmengen Xj als Entscheidungsvariable ein. Jede Menge x ; bezieht sich auf ein ganz bestimmtes Endprodukt, Halbfabrikat, oder Rohmaterial. Schließlich bezeichne pj den durchschnittlichen Verkaufspreis des Endprodukts j in der Planungsperiode, U den Umsatz, V die durch die Belegungen hervorgerufenen variablen Kosten, F die Fixkosten der vorhandenen Anlagen. Wir werden den Gewinn G in der Planungsperiode als Wirtschaftlichkeitskriterium verwenden. Offenbar weist er folgende Struktur auf: (1)
G = U(r 1 ? . . . , r J P l , . . . , p j - V ( x 1 ; . .., x n ) - F
Mit den üblichen Linearitätsannahmen können wir schreiben: (2)
G=SPjrj-IvIx,-F j
i
Als Problemtyp I bezeichnen wir den Fall, daß der Marktbedarf rj durch vorgelagerte Entscheidungen und Prognosen fest gegeben ist. Der entscheidungsabhängige Teil der Zielfunktion reduziert sich dann m t r d i e variablen Kosten: (3)
z = Xvixi
(variable Kosten)
i
Als Problemtyp II bezeichnen wir den Fall, daß die Bedarfsgrößen r, noch gestaltbar sind. Es existiert also Spielraum auf dem Markt. In diesem Fall reduziert sich der entscheidungsabhängige Teil der Zielfunktion auf den sogenannten „Dekkungsbeitrag", die Differenz zwischen Umsatzerlösen und variablen Kosten: (4)
z = £ pj rj - £ Vj xi j
(Deckungsbeitrag)
i
In beiden Fällen ist dafür zu sorgen, daß die Belegungsmengen mit den Bedarfsmengen abgestimmt sind (Bedarfsrestriktionen) und die Belegungen innerhalb der vorgegebenen Kapazitätsgrenzen erfolgen (Kapazitätsrestriktionen). Beispiel Problemtyp I: Ölraffinerie Zentrale Produktionseinrichtung einer Ölraffinerie ist eine Destillationsanlage, die Rohöl durch Kuppelproduktion in verschiedene Endprodukte zerlegt. Ihre Kapazität wird zweckmäßig durch die Rohölmenge gemessen, dieje Zeiteinheit (etwa je Monat) raffiniert werden kann. Der Produktionsprozeß selbst kann in hochaggregierter Form modelliert werden, nämlich durch Definition von „Ergiebigkeitskoeffizienten", die die Bruchteile einer Tonne Rohöl angeben, welche als jeweilige Endprodukte erscheinen. Wir werden vier hochaggregierte Endprodukte betrachten (z. B. Benzin, leichtes Heizöl usw.) und vier entsprechende Ergiebigkeitskoeffizienten einführen. Eine weitere Eigentümlichkeit ist, daß die gleiche Destillationsanlage in verschiedenen „Prozessen" gefahren werden kann, die in der Regel verschiedene Rohölarten erfordern und sich durch unterschiedliche Ergiebigkeitskoeffizienten auszeichnen. Denken wir uns die Bedarfsmenge ^ [t/M] für die vier Endprodukte gegeben, so ist die Belegung der Prozesse i durch entsprechende Rohölmengen x, [t/M] das ei-
11
Kap. 3: Belegungsplanung bei Massenfertigung: Statischer Fall
gentliche Planungsproblem. Bei jedem Prozeß fallen variable Kosten proportional zur Rohölmenge an. In Bild 1 sind daher unter den Belegungsmengen X; entsprechende variable Kostenkoeffizienten [DM/t] angegeben, die in die Zielfunktion z eingehen. Im nächsten Block der Tabelle sind unter jedem Prozeß vier Ergiebigkeitskoeffizienten angegeben. Mit ihrer Hilfe läßt sich der gesamte Ausstoß eines bestimmten Endprodukts als lineare Funktion der Belegungsmengen berechnen. Er darf nicht geringer sein als die entsprechende Bedarfsmenge. Diese Bedarfsrestriktionen sind aus Bild 1 leicht abzulesen. In der letzten Zeile ist eine Kapazitätsrestriktion formuliert: die Summe der Rohölbelegungen darf die monatliche Rohölkapazität von 500 Tonnen nicht überschreiten. Darüber hinaus sind Verfügbarkeitsgrenzen für einzelne Rohölarten angegeben. Die kostenoptimale Belegung läßt sich durch lineare Optimierung des Modells von Bild 1 ermitteln. Die resultierende Lösung kann nur als ein monatlicher „Rahmenplan" angesehen werden, der durch tägliche Dispositionsentscheidungen ausgefüllt werden muß. Bei der Wahl der täglich zu fahrenden Prozesse ist nicht nur darauf zu achten, daß das Planziel des Rahmenplans im Laufe eines Monats erreicht wird: auch Fehlmengen und Lieferschwierigkeiten bei einzelnen Endprodukten müssen vermieden werden. Die praktische Erfahrung hat gezeigt, daß sich diese Probleme innerhalb eines berechneten Rahmenplans befriedigend lösen lassen. Die Ersparnisse gegenüber konventionellen Belegungsmethoden betrugen einige Prozent der variablen Kosten. In einem (wohl extremen) Fall beliefen sie sich auf $ 15.000/Tag. Aus einer ähnlichen Anwendung in der Lebensmittelindustrie wurden Ersparnisse von $ 500.000/Jahr berichtet. Die Kosten für elektronische Berechnungen sind vernachlässigbar, nicht jedoch diejenigen für die Modellentwicklung, Datenbeschaffung und Implementierung. Ähnliche Modelle zur Minimierung der variablen Kosten können auch unter Einbeziehung von Mischungsverfahren zur Herstellung von weiteren Endprodukten oder der Rohmaterialmischung (Stahlindustrie!) sowie der Möglichkeit der Bild 1
Modell der Ölraffinerie
Rohölmenge Variable Kosten
Bedarfsrestriktionen
4
1
2
1
x2
0,40
0,80
0,60
1 ,00
Prozeß
X
3 x
3
x
4
X
5
Summe
Einheit
5
-
t
0,28
DM/t
i: Z
0,6
0,5
0,4
0,4
0,3
> 170
0,2
0,2
0,3
0,1
0,3
>
85
>
20
0,1
0,2
0,2
>
85
0,2 0,2
0,3
< 100
1
< 100
1
K a p a z i t ä t s - oder Verfügbarkeitsrestriktionen
1 1
10 s t
1
1
1 1
< 200 1
< 100
1
< 500
II
12
Operativer Teil
Fremdfertigung formuliert werden. Auch die Belegung landwirtschaftlicher Produktionsflächen mit Erzeugnisarten läßt sich analog behandeln. Beispiel Problemtyp II: Textilbetrieb Ein Textilbetrieb möge sechs Gruppen von Bettdecken herstellen, die wir mit j = 1 , . . . , 6 bezeichnen. Jedes Endprodukt muß eine bestimmte Maschinenfolge durchlaufen, die wir kurz als ein „Verfahren" bezeichnen. Für die Gruppen 1,3 und 5 kommen je zwei alternative Verfahren in Frage. Wir haben daher insgesamt neun wöchentliche Belegungsmengen X; [m/W] zu planen, die mit den Bedarfsmengen ^ wie folgt zusammenhängen: (5)
r
i = xx + x
(6)
r
2
=
(7)
r
3
= x4 + x5
(8)
r
4
= *6
(9)
r
5
= x7 + x
(10)
r
6
=
2
x3
8
Xg
Die Bedarfsmengen liegen jedoch diesmal nicht fest, sondern können innerhalb gewisser Marktspielräume frei gewählt werden. Wir nehmen an, es seien nur die beiden folgenden Eingrenzungen durch Mindest- und Höchstmengen gefordert: (11) (12)
r
3 + r4 = 7 70^r5+r6^15
Wie wir gesehen haben, muß als Zielfunktion der Deckungsbeitrag dienen, der eine Funktion der Bedarfs- und Belegungsmengen ist. Wir können jedoch mit den Belegungsmengen x¡ allein auskommen, da die Bedarfsmengen nach Gl. (5)- (10) durch sie substituierbar sind. Wir ordnen jeder Belegungsmenge einen Deckungsbeitragskoeffizienten zu, der sich aus dem Verkaufspreis des Endprodukts, zu dem die Belegungsmenge beiträgt, sowie dem variablen Kostenkoeffizienten des belegten Prozesses zusammensetzt. Letzterer ergibt sich durch Zusammenfassung der variablen Kosten, die auf den einzelnen Prozeßstufen entstehen. Somit entspricht jeder Belegungsmenge x¡ ein wohldefinierter Deckungsbeitragskoeffizient, der aus Bild 2, Zeile 3 ersichtlich ist. Wir kommen zu den Kapazitätsrestriktionen. Es existieren fünf Maschinengruppen k = 1, . .., 5 mit wöchentlichen Kapazitäten Tk [h/W]. Prozeß i benötigt je Einheit der Belegungsmenge die Stückzeit t ¡k . Diese Stückzeiten sind in Bild 2 in jeder Prozeßspalte i für die jeweils betroffenen Maschinen k angegeben. Daraus ergibt sich ohne Schwierigkeit die gesamte zeitliche Belastung einer Maschine k durch alle Belegungsmengen, ferner die entsprechende Kapazitätsrestriktion. Die Marktrestriktionen sind im untersten Teil von Bild 2 eingetragen. Das bezüglich des Dekkungsbeitrags optimale Produktions- und Absatzprogramm ergibt sich wieder durch lineare Optimierungsrechnung. Datenprobleme. Die Beschaffung der Daten für ein derartiges Modell kann erheblichen Aufwand erfordern. Eine Systematik der Produkte, die eine Zusammenfassung in nicht zu zahlreiche Gruppen gestattet, muß häufig erst entwickelt wer-
13
Kap. 3: Belegungsplanung bei Massenfertigung: Statischer Fall
den. Alle produktbezogenen Daten, die später zu erheben sind, sind als entsprechend gewichtete Durchschnitte der in der Produktgruppe vertretenen Varianten aufzufassen. Die Stückzeiten t ik sind auf allen Stufen k auf die Einheit des Endprodukts zu beziehen. Deswegen kann es nötig sein, die in den einzelnen Stufen entstehenden Abfallfaktoren zu erheben und zu berücksichtigen. Bei der einzelnen Maschine muß die Produktionsgeschwindigkeit erfaßt werden. Die Erfassung der effektiven Maschinenkapazitäten Tk erfordert realistische Betriebszeiten unter Berücksichtigung von Ausfällen, Pausen, Rüstzeiten (die ihrerseits vom Produktmix abhängen). Die Ermittlung der Koeffizienten v( erfordert eine Trennung der fixen und vaiablen Kosten. Da diese vom Rechnungswesen fast durchweg nicht getrennt ausgewiesen werden, ist u. U. mühsame Pionierarbeit zu leisten. Die Abtrennung der belegungsunabhängigen Kosten wie Abschreibungen, Gemeinkosten u. ä. ist verhältnismäßig einfach. Einwandfrei variable Kosten wie direkte Löhne, Energie- und Materialverbrauch sowie Abfallkosten sind für sämtliche Produktionsstufen (Maschinen k) eines bestimmten Verfahrens zu erfassen und zu konsolidieren. Bei einer Zwischenkategorie von Kostenarten wie Beleuchtung und Heizung, die in eine Grauzone zwischen fixen und variablen Kosten fallen, sind schwierige Abgrenzungsprobleme zu lösen. Mit Rücksicht auf verschiedene Produktvarianten und ihre relative Häufigkeit kann eine gewichtete Durchschnittsbildung der erfaßten Daten innerhalb einer Produktgruppe notwendig werden. In einem Textilbetrieb erwies sich diese Kostenerhebung als mühsamste, aber auch fruchtbarste Phase der Studie, die sich aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse zur Kostenstruktur bereits selbst rechtfertigte. Die Schätzung des Marktbedarfs erfolgte durch die Verkaufsabteilung. Es wurde jedoch ein Vergleich der gelieferten Daten mit einer einfachen Trendextrapolation durchgeführt und bei allzu großen Abweichungen vom Trend eine Korrektur durch Aussprache herbeigeführt. Bild 2
Modell des Textilbetriebs
Prozeß*
Endproduktmengen
Beitragskoeffizienten
1
X
1
101
2
X
2
98
15,3
3
x
3
4
X
4
60
68
17,6
18,9
20,2 Kapazitätsrestriktionen
0,30
5 50
Marktrestriktionen
0, 30
5
X
5
6
X
6
65
81
21,6
2 1,6
7
X
8
7
55
X
8
9
X
Summe
Einheit
-
100m
9
-
z
DM/100m
52
58
O fN w-i l> '< -nCCN OM - v(Oi> •0\fN©©fN©00 i n rj N - - n " — —— c-, • i r- m ' ) fN fN m oo i i O r-i ' — rJ"(N(NO Ii nM o->DMOOi ^ t^OOOOl^-r^-Tt ©sC©fN\OsOt"-fNOOt-os 00• ( -)• m0\ ^© > «n — r- oofNrI r-H W o OO tz> íí W Pí oJ CU Ol,
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H Z * D o è è 5?£ x3 °>-Z O w u u< K Dh 1 S H CJ
&
7 z < £ _ S o z O Pu o¿ c¿ h p q
138
Operativer Teil
m 0.6 0 -
0.500.400.300.20
0.10/
/
/
/
/
/
/
m = (A.67x-4.75 1/100 X
0 0 Bild 6
(28)
2
U
6
8
10
12
14
16
Empirischer Zusammenhang zwischen Marktanteil und Besuchszahl/Abnehmer mit eingepaßten Kurven (5 Jahre, 689 Abnehmer)
m = c+ d
1
Dabei bedeutet y die Besuchshäufigkeit je Abnehmer bei der Konkurrenz, während c, d und n konstante Parameter bezeichnen. Der Ansatz entspricht einer S-förmigen Reaktionskurve, die bei wachsendem Einsatz x vom Sockelwert c auf den Sättigungswert c -I- d des Marktanteils ansteigt, wobei y konstant gedacht ist. Empirische Daten für fünf Jahre lagen, wie Bild 6 zeigt, im linearen Bereich der Reaktionskurve, so daß die Parameterwerte c = 0,20 und d = 0,40 subjektiv geschätzt werden mußten. Hierauf aufbauend wurde y (zeitlich konstant angenommen) zusammen mit n regressionsanalytisch bestimmt. Dabei ergaben sich die runden Werte n = 4 u n d y = 10. Die entsprechende S-förmige Reaktionskurve ist ebenfalls in Bild 6 eingetragen. Man kann nun mit alternativen zukünftigen Werten von y experimentieren und Untersuchungen über den gewinnoptimalen Vertretereinsatz x* der eigenen Firma durchführen. Wegen des hohen Exponenten n macht es sich bezahlt, mehr zu tun als die Konkurrenz (x > y). Übungsaufgaben zu Kapitel 19 1. Angenommen, die Konversions- und Haltewahrscheinlichkeiten in der Fallstudie PENSTOCK seien von der Größe des Kunden abhängig, und zwar so, daß größere Kunden zur Erreichung der gleichen Wahrscheinlichkeiten mehr Aufwand erfordern. Man setze eine plausible Relation an und entwickle ein Lösungsverfahren (mit Zahlen bei spiel) zur optimalen Verteilung des Zeitbudgets der Vertreter. Eventuell sind die Kunden zu gruppieren. 2. Angenommen, die Konkurrenz reagiert auf verstärkten Vertretereinsatz durch Gegenmaßnahmen, die die Erfolgswahrscheinlichkeit des eigenen Vertretereinsat-
Kap. 20: Werbung und Verkaufsförderung
139
zes herabsetzen. Da diese Reaktionen unsicher sind, formuliere man ein Modell mit drei Szenarien der Konkurrenzreaktion und überlege, wie man unter diesen Umständen eine Verteilung des Zeitbudgets der Vertreter erarbeiten könnte. 3. Für das CALLPLAN-Modell führe man ein Zahlenbeispiel mit drei Verkaufsgebieten durch.
Kapitel 20: Werbung und Verkaufsförderung Wie in Kap. 17 ausgeführt, gelingt es relativ selten, historische Daten so von Störeinflüssen zu bereinigen, daß die Wirkung der Werbung auf ökonometrischem Wege, d. h. durch Regressionsanalyse von Zeitreihen, zu isolieren ist. Kann dieses Ziel jedoch erreicht werden, so eröffnen sich besonders lohnende Einsichten, die auch mehr Allgemeingültigkeit beanspruchen können, als sie mit stark situations- und zeitpunktgebundenen experimentellen und subjektiven Methoden erzielbar ist. Makromodelle mit ökonometrisch geschätzter Reaktionsfunktion Ein erfolgreicher ökonometrischer Ansatz erfordert stets produkt- und marktspezifische Überlegungen über die Wirksamkeit von Störgrößen sowie der Werbung selbst. Die einschlägigen Grundsätze lassen sich daher am besten am konkreten Beispiel erläutern. Beispiel der Kaufhauswerbung. Eine Studie von Levinson (1953) befaßt sich mit der kurzfristigen Zeitungswerbung einer Kaufhausfirma in einem bestimmten Einzugsgebiet, die auf sofortigen Kauferfolg abzielt. Einsichten in die Umsatzwirksamkeit dieser Werbung wären für die Firma in mehrfacher Hinsicht sehr wertvoll gewesen. Die methodischen Überlegungen erstreckten sich über eineinhalb Jahre, bis deutlich wurde, daß das Problem im Prinzip ökonometrisch lösbar und die notwendigen historischen Daten vorhanden oder beschaffbar waren. Sollte das durch Werbemaßnahmen verursachte, zusätzliche Umsatzvolumen ermittelt werden, so galt es, „Scheinerfolge" der Werbung durch zeitliche Vorverlagerung von Umsätzen und/oder Umsatzverlagerungen zwischen verschiedenen Abteilungen des Kaufhauses zu berücksichtigen. Notwendigerweise mußten also Umsatzdaten für das gesamte Kaufhaus für einen längeren Zeitraum herangezogen werden. Zum Problem der Scheinerfolge tritt dasjenige der Störeinflüsse hinzu. Man konnte davon ausgehen, daß die Umsätze vom Wetter, von der Jahreszeit, der Wirtschaftslage u. a. beeinflußt waren. Eine Vorwegbereinigung der Umsatzzeitreihen von diesen Einflüssen schien aussichtslos. Da jedoch die Konkurrenz den gleichen Einflüssen unterliegt, postulierte man, daß das Verhältnis des eigenen Umsatzes zum Konkurrenzumsatz einerseits von den Störgrößen unabhängig, andererseits durch die Werbung der eigenen Firma sowie der Konkurrenz geprägt war. Man erfaßte daher die Umsätze der eigenen Firma und der Konkurrenz für eine größere Anzahl von Perioden (Wochen). Die Erfassung des Werbeaufwandes der Konkurrenz gelang durch Messung des Anzeigenraums, den die Konkurrenzfirmen belegt hatten. Ökonometrischer Ansatz. Aufgrund vorstehender Überlegungen ging man versuchsweise davon aus, daß das Verhältnis der von Werbewirkung bereinigten Umsätze des eigenen Unternehmens und der Konkurrenz zumindest kurzfristig annähernd konstant sei:
140 (1)
Operativer Teil
B./B; » c
Dabei bedeuten: B, = von Werbewirkung bereinigter eigener Umsatz in Woche t B,' = von Werbewirkung bereinigter Konkurrenzumsatz in Woche t c = zeitlich konstanter Parameter Man beachte, daß diese bereinigten Umsätze aus den Rohdaten nicht entnommen werden können. Weiterhin machte man die vereinfachende Annahme, daß der zusätzliche, durch Werbung bedingte Umsatz im relevanten Bereich dem Werbeaufwand proportional sei: (2)
W t = zw,
(3)
W,' = z'w,'
Dabei bedeuten: W, = werbungsbedingter zusätzlicher Umsatz des eigenen Unternehmens in Woche t W,' = werbungsbedingter zusätzlicher Umsatz der Konkurrenz in Woche t w, = eigener Werbeaufwand in Woche t w,' = Werbeaufwand der Konkurrenz in Woche t z = „Zugkraftfaktor" der eigenen Werbung z' = „Zugkraftfaktor" der Konkurrenzwerbung Zeitliche Verschiebungen zwischen Werbung und Werbewirkung wurden versuchsweise als vernachlässigbar angesehen. Inwieweit die Annahmen, die in diesem Modell enthalten sind, der Realität entsprachen, mußte sich u.a. durch die statistische Qualität der Koeffizientenschätzung erweisen. Um die unbekannten Modellparameter c, z, z' schätzen zu können, müssen wir von den tatsächlichen Umsatzdaten U, und U, (für die Firma bzw. Konkurrenz) ausgehen. Aus Gl. 1 sowie den vorstehenden Definitionen folgt: (4) w
U . - W, B,/B,' = — « c
' '
u; - w ;
Durch Umformung des rechtsstehenden Teils der Gl. 4 erhalten wir: (5)
U, = W, + c ( U , ' - W,')
Substituieren wir nunmehr Gl. 2 und 3 in Gl. 5, so ergibt sich folgender Regressionsansatz : (6)
U, = zw, + cU,' — cz'w,'
Aufgrund dieser Relation konnten die unbekannten Koeffizienten regressionsanalytisch geschätzt werden. Man verwendete Rohdaten für 16 Wochen, die nach Ausscheidung „abnormaler" Wochen (mit zusätzlicher Postwerbung oder sonstigen Besonderheiten) übrigblieben. Man erhielt folgende numerische Werte: c j,xjtgB
t=i j
Für jede zulässige Budgetverteilung kann der wirtschaftliche Erfolg nach Gl. 29 und 30 im Dialog berechnet werden. Das Programmpaket bietet überdies eine realistische Optimierungsroutine, die auch kompliziertere Budgetrestriktionen zuläßt, beispielsweise die Berücksichtigung von Rabattstaffeln bei Mehrfachbelegung von Medien. Selbstverständlich kann das Modell auf mehrere Marktsegmente (Gruppen von Zielpersonen) mit unterschiedlichen Parametern erweitert werden. Beim praktischen Modelleinsatz fallen Rechenkosten in der Größenordnung von 1% des Budgets an. Die hierdurch erreichten Zielverbesserungen gegenüber konventionell entwickelten Media-Plänen beliefen sich dagegen auf 5-20%. Beurteilung. M E D I A C umfaßt nahezu alle im Rahmen der Media-Planung bedeutsamen Faktoren: marktsegmentspezifische Marktpotentiale und Werbewirkungen, Vergessenseffekte, Mediakosten, Saisonalität von Marktpotential und Mediennutzung, Kontaktverteilungen über die Zielpersonen und die Zeit, Überschneidungen der Nutzerschaft verschiedener Medien. In einer erweiterten Version werden auch die Auswirkungen der Konkurrenzwerbung berücksichtigt (Lodish,
150
Operativer Teil
1971-2). M E D I A C zeigt, daß auch komplexe Prozesse mit Erfolg und zur Zufriedenheit der Praxis modelliert werden können. Allerdings bewegt sich das Modell aufgrund seiner Komplexität am Rande dessen, was an Dateninput gefordert werden kann. Gestaltung und Auswahl von Werbemitteln Gestaltung und Auswahl von Werbemitteln sind überwiegend von qualitativen Faktoren abhängig und einer quantitativen Modellierung nur schwer zugänglich. Doch kann die Auswahlentscheidung durch Werbemitteltests und eine entsprechende mathematisch-statistische Analyse der Testergebnisse abgesichert werden (Henderson et al., 1961). Daß unter besonderen Voraussetzungen Rahmenrichtlinien für die Gestaltung von Werbemitteln mit Hilfe quantitativer Verfahren abgeleitet werden können, zeigt eine von Lee und Burkart (1960) für die Fluggesellschaft BEA durchgeführte Studie. Gross (1967) entwickelte ein sehr interessantes quantitatives Modell zur Aufteilung eines gegebenen Werbebudgets auf Schöpfung eines Werbemittels einerseits und Verbreitung der Werbung andererseits. Übungsaufgaben zu Kapitel 20 1. In einem zweidimensionalen Diagramm plaziere man einige Kombinationen von nationalem Werbeaufwand und nationalem Umsatz, die hochgerechnete Ergebnisse von Experimenten in Teilgebieten darstellen sollen. Man passe eine Kurve vom Exponentialtyp ein und führe die Rechnung mit geeigneten Zahlen bis zum optimalen nationalen Werbebudget durch. 2. Man erläutere die unterschiedlichen Annahmen des A D B U D G - und des MEDIAC-Modells. 3. Für ein bestimmtes einzelnes Werbemedium sei die Gültigkeit des MEDIACModells unterstellt. Nach Expertenschätzungen erstrecke sich die zeitliche Nachwirkung der Werbekontakte lediglich auf drei Perioden, und zwar mit den Gewichten 1,0; 0,5; 0,25. Ferner besteht die Möglichkeit, das Medium in jeder Periode in drei unterschiedlichen Aufwandsstufen (z.B. Anzeigengrößen) zu belegen, wobei die Kontakterzeugung proportional zum Aufwand angenommen wird. Die jährlichen Mittel reichen gerade aus, um das Medium in allen Perioden (Monaten) auf der untersten Stufe zu belegen. Man untersuche, ob eine gleichmäßige oder pulsierende Werbung günstiger ist. 4. Man untersuche die Problematik der pulsierenden oder gleichmäßigen Werbung bei Unterstellung des ADBUDG-Modells. 5. Ist das ADBUDG-Modell als Simulationsmodell geeignet?
Kapitel 21: Planung des „marketing mix" Das Zusammenwirken aller absatzpolitischen Instrumente im „marketing mix" ist schwieriger zu verstehen und zu modellieren als die Wirkung eines einzelnen Instruments. Andererseits steigen die Aussichten, eine Marktreaktionsfunktion aus histo-
Kap. 21 : Planung des „marketing mix"
151
rischen Daten zu gewinnen, weil mehr Einzelgrößen zur Erklärung der Vergangenheit herangezogen werden. Dieser Vorteil betrifft insbesondere den ökonometrischen Modelltyp. Ökonometrische Makromodelle Wir betrachten beispielhaft ein Konsumgut, daß vom Hersteller über den Einzelhandel mit Preisbindung vertrieben wird. Der Preis zählt also zu den Entscheidungsvariablen des Herstellers. Ein typischer ökonometrischer Modellansatz könnte von folgenden absatzpolitischen Einflußgrößen ausgehen: PR, PR,' WE, DIS,
= = = =
durchschnittlicher Preis in Periode t durchschnittlicher Preis der Konkurrenz in Periode t Werbeaufwand in Periode t Distributionsgrad in Periode t, gemessen als Bruchteil der Einzelhandlungsgeschäfte im Marktgebiet, die das Produkt führen
Der Marktanteil MA t der Herstellerfirma könnte versuchsweise wie folgt angesetzt werden: (1)
MA, = a M A , _ ! + bPR,/PR t ' + cWE, + d W E , ^ + eDIS,
Dieser Ansatz geht von der Vermutung einer zeitlichen Nachwirkung des einmal erreichten Marktanteils sowie einer zeitlichen Nachwirkung der Werbung aus; der Einfluß der Konkurrenz wird mit Ausnahme des Konkurrenzpreises nicht explizit modelliert. Erst eine Regressionsanalyse mit entsprechenden Signifikanztests kann zeigen, ob ein derartiger Ansatz die historische Entwicklung befriedigend erklärt. Gewöhnlich ist eine größere Anzahl von Ansätzen erforderlich, bis ein befriedigendes Ergebnis gefunden wird. Der Vielgestaltigkeit möglicher Ansätze ist prinzipiell keine Grenze gesetzt. Das entscheidende Wort spricht jeweils der statistische Test, verbunden mit Sachlogik zur Rechtfertigung von Kausalitätsannahmen. Die konkrete Vertriebssituation (Art des Produkts, Branche usw.) sollte naturgemäß in einen ökonometrischen Ansatz einfließen. Beispielsweise ist zu erwägen, welcher Instrumente sich die Konkurrenz hauptsächlich bedient, ob der Preis weitgehend marktbestimmt ist und als Entscheidungsvariable ausscheidet, welche Größen den Distributionseffekt am besten beschreiben usw. Beispielsweise benutzt Meier zu Selhausen (1976) die Zahl der Zweigstellen einer Bank als maßgebliche Distributionsvariable. Die nachstehend geschilderte Studie des Benzinmarktes bedient sich der Zahl der Tankstellen, die ein Hersteller im Marktgebiet unterhält. Kurzfallstudie 12: Ökonometrisches marketing mix-Modell im on line-Betrieb bei einer französischen Ölfirma Das Modell betrifft den sehr wettbewerbsintensiven Benzinmarkt. Da keine nennenswerten Preisunterschiede zwischen konkurrierenden Firmen existierten, kamen Distribution und Werbung als hauptsächliche absatzpolitische Instrumente der Firma in Frage. Unter Aufsicht der OR-Gruppe entstand ein ökonometrisches Modell, das zunächst die historische Entwicklung des Marktanteils erklären sollte. Der Marktanteil einer Periode wurde als lineare Funktion des Tankstellenanteils und des Anteils sonstiger Verkaufsstellen in der gleichen Zeitperiode, des Werbeanteils in der gleichen Periode sowie in der Vorperiode, des Marktanteils der Vorperiode und einer Korrekturgröße angesetzt. Die Regressionsanalyse ergab statistisch signifikante Koeffizienten für alle genannten Einflußgrößen. Die Leitung war von der ausgezeichneten Qualität des fits beeindruckt und sah manche Überzeugung bestätigt, beispielswei-
152
Operativer Teil
se die Existenz einer zeitlichen Nachwirkung der Werbung. Durch intensive retrospektive Tests dieser Art wurde ein wichtiger Schritt zur Akzeptanz des Modells durch die Leitung getan. Das Modell wurde nicht unbesehen auf die Zukunft übertragen. Nicht nur die Maßnahmen der Konkurrenz, sondern auch etwaige Produktivitätsänderungen der eigenen Maßnahmen und die daraus resultierenden Änderungen der Koeffizienten des Modells waren vorauszuschätzen. Der Werbeleiter zögerte zunächst zu kooperieren, da er hauptsächlich mit Kreativität und qualitativen Aspekten der Werbung befaßt war, während das Modell die Wirkung der Werbung relativ zu anderen Instrumenten ansprach. Man entwickelte einen Produktivitätsindex der Werbung und gab damit dem Werbeleiter die Möglichkeit, seine Einschätzung künftiger Werbewirksamkeit zum Ausdruck zu bringen und am Modell konstruktiv mitzuarbeiten. Auch für das Verteilungsnetz (Tankstellenanteil) wurde ein Produktivitätsfaktor geschätzt. Bei der Schätzung von Produktivitätsfaktoren fließen Vergleiche mit der Konkurrenz sowie den entsprechenden Koeffizienten des Konkurrenzmodells ein, ferner wurde eine Marktforschungsfirma regelmäßig zur Beurteilung des Verkaufsförderungsmaterials der Firma mit herangezogen. Ein on-line-Programm fragt die revidierten Koeffizienten und Kostendaten des Modells sowie eine vorgeschlagene Strategie hinsichtlich der absatzpolitischen Instrumente ab. Dann berechnet es die Entwicklung des Marktanteils und ermöglicht damit eine frühzeitige Beurteilung der Auswirkungen von Konkurrenzmaßnahmen und anderer Veränderungen im Markt. Es unterstützt ferner die Planung einer günstigen Gegenreaktion. Harte Budgetgrenzen und die Notwendigkeit, Marketingkosten sorgfältig zu rechtfertigen, überzeugten schließlich die Leitung, daß es sich lohnte, das Modell einzusetzen. Die Nutzung des Modells durch die Leitung hat seither drastisch zugenommen (Lambin, 1972).
Experimentelle Makromodelle Ökonometrische Ansätze können trotz Berücksichtigung mehrerer Einflußgrößen unbefriedigende Zusammenhänge ergeben. Auch das Kausalitätsproblem bereitet nicht selten erhebliche Schwierigkeiten. In dieser Situation bietet ein Querschnittexperiment einen interessanten Ausweg. Auch Längsschnittexperimente mit zeitlicher Variation der Vertriebsmaßnahmen kommen in Frage. In beiden Fällen ist das Experiment so anzulegen, daß eine ausreichende Variationsbreite der Einflußgrößen sichergestellt ist, wie sie bei historischen Längs- oder Querschnittdaten häufig fehlt. Zur Analyse der experimentellen Daten bieten sich wiederum statistische Verfahren, namentlich die multiple Regressionsanalyse und die Varianzanalyse, an. Querschnittexperiment bei Du Pont. Hintergrund dieser Studie war die außerordentliche Unsicherheit des Managements hinsichtlich der Wirkung der Werbemaßnahmen, für die jährlich etwa 30 Mio $ aufgewandt wurden. Bald zeigte sich jedoch die zusätzliche Bedeutung anderer Marketingmaßnahmen. Für die Studie wurde zunächst ein Konsumgut mit nationaler Distribution ausgewählt, für das die Nachfrage auf eine relativ kurze Verkaufssaison im Frühjahr beschränkt war (Übertragungseffekte vernachlässigbar). Das Produkt befand sich im Reifestadium des Lebenszyklus, die Nachfrage war relativ stabil. Um die nötige Variationsbreite sicherzustellen, investierte man in jeweils drei Bezirken die „normalen" bzw. zweieinhalbfachen bzw. vierfachen Werbeausgaben (ADV). Außerdem erhob man in allen neun Bezirken zwei weitere mutmaßliche Einflußgrößen des Kaufverhaltens: AVL = „availability" (Anteil der Händler, die Du Pont-Marke führen) DP = „dealer push" (Anteil der Händler, die normalerweise die Du PontMarke empfehlen)
Kap. 21: Planung des „marketing mix"
153
Bei dieser Erhebung wirkte ein Marktforschungsinstitut durch Telefonbefragung der Händler mit. Schließlich erhob man auch den in jedem Bezirk erzielten Marktanteil. Bei der Auswertung der Testergebnisse wagte man trotz statistischer Bedenken einen Regressionsansatz mit drei Variablen: (2)
MS = a + b t AVL + b 2 D P + b 3 ADV
Nach Einführung normierter Koeffizienten stellte sich heraus, daß der direkte Einfluß der Werbung (b 3 ) relativ gering war. Der wichtigste Einfluß war beim Faktor AVL festzustellen. Doch korrelierten sowohl AVL als auch DP mit ADV. Demnach ist denkbar, daß Werbung sowohl direkt als auch indirekt über die beiden anderen Einflußgrößen wirkt. Nach diesen Ergebnissen wurde die Empfehlung formuliert, künftige Maßnahmen zur Beeinflussung des Marktanteils schwerpunktmäßig auf den Distributionsbereich zu konzentrieren. Dementsprechend wurden zusätzliche Untersuchungen zur Steigerung der Distributionsdichte angeregt. Ferner führte man einen prospektiven Test des Modells im Rahmen eines Folgeexperiments durch. Das Modell sagte die erzielten Marktanteile innerhalb 1% voraus. Längsschnittexperiment in einem deutschen Supermarkt. Klotz (1976) führte unter Mitwirkung der Firma Unilever ein Längsschnittexperiment in einem Verbrauchermarkt durch, das sich über mehrere Wochen erstreckte. Einer von zwei Supermärkten diente als Kontrollobjekt, während der andere wechselnden Kombinationen absatzpolitischer Maßnahmen unterworfen wurde. Die Variation betraf hauptsächlich Preise, Werbung (im Schaufenster) sowie Verkaufsförderung (Ansagen im Verkaufsraum, besondere Ausstellungen wie Zweitplazierung). Das Experiment wurde auf eine bestimmte Produktgruppe (Speiseöle) beschränkt. Um etwaige Verschiebungen und Substitutionen der Nachfrage mitzuerfassen, mußten die Absatzmengen aller Marken (nicht nur der jeweils geförderten) sorgfältig durch tägliche Zählungen beobachtet werden. Die Analyse der experimentellen Daten eröffnete interessante Einsichten in die Effizienz der verschiedenen Einzelmaßnahmen sowie ihres Zusammenwirkens. Es wurden starke synergistische Wirkungen zwischen den Maßnahmen entdeckt (Bild 1). Die Ergebnisse legten einige unmittelbare Folgerungen nahe, die alsbald in die Tat umgesetzt wurden. Subjektive Makromodeile mit Eichung: BRAND AID Das von Little (1974) Anfang der 70er Jahre entwickelte marketing mix-Modell B R A N D A I D ist als Planungshilfe für Produktmanager im Bereich der abgepackten Konsumgüter gedacht. Es betrifft also die in Bild 2 skizzierten absatzpolitischen Maßnahmen eines Herstellers. Etwaige zusätzliche Maßnahmen der Einzelhändler unterliegen nicht der Kontrolle des Herstellers und tragen zur Unsicherheit der Marktreaktion bei. Die Marktreaktionsfunktionen werden, ähnlich wie bei MEDIAC, mit Hilfe subjektiver Schätzungen, kombiniert mit Modell-Eichungen anhand historischer Daten, gewonnen. Gesamtmodell. Das Gesamtmodell soll der Abschätzung des Deckungsbeitrags DB dienen, der vom fraglichen Produkt in T Perioden erwirtschaftet wird: (3)
D B = ¿ g(t)m(t)S(t)-£c(i,t) i= i L i
154
Operativer Teil
Produktgruppe:
Dosensuppen
MA-MA (\forphase) %• 59,9
57.4
38,1 32,4
3Q0
4,3
WA
aoboCo a, bg Co
b, c 0: (11)
B' = E' + F ' - I o = W ' - I
0
Der Barwert des Investoreinkommens aus Eigenkapital ist also identisch mit dem Überschuß des Marktwerts der Unternehmung über die Sofortinvestition. Da letztere feststeht, ist die Maximierung von B' im Bereich E > 0 äquivalent der Maximierung des Marktwerts der Unternehmung. Dieser kann also ebensogut als Entscheidungskriterium für die optimale Finanzstruktur dienen, sofern die Gründung der Firma überhaupt stattfindet. Wir definieren weiter den Gesamtkapital-Kostensatz (12)
«=
Dieser stellt einen gewichteten Durchschnitt des Eigen- und Fremdkapitalzinssatzes dar, wobei die Gewichte durch die Anteile der Marktwerte des Eigenbzw. Fremdkapitals am gesamten Marktwert gegeben sind. Nach Gl. 12 sowie Gl. 8 und 9 bestätigt man leicht, daß gilt: (13)
Y W' = —
e
Da auch Y festliegt, ist die Maximierung von W ' äquivalent der Minimierung des Gesamtkapital-Kostensatzes. Dieser kann also ebensogut als Entscheidungskriterium für die optimale Finanzstruktur dienen, sofern die Gründung überhaupt stattfindet. Optimaler Verschuldungsgrad bei variablen Zinsfüßen. Wir nehmen nun an, daß die Zinsfüße i und k mit steigendem Verschuldungsgrad (14)
z=
F -
selbst steigen. Um ein konkretes Beispiel zu haben, legen wir folgende Relation zugrunde: (15)
i = 0 , 0 3 +0,08 z2
(16)
k = 0,10 + 0 , 1 5 z 2
Ferner sei I 0 = 900000 [GE] und Y = 100000 [GE/J], Der Marktwert dieser Unternehmung errechnet sich nach Gl.8 bis 10 wie folgt: (17)
Y-iF W' = — + F k
Dividieren wir durch die Konstante I 0 und berücksichtigen Gl. 15 und 16, so nimmt unsere Zielfunktion folgende Gestalt an: 1 / 9 - 0 , 0 3 z - 0 , 0 8 z3 (18)
W 7 I
°=
0,10 + 0 , 1 5 z 2
+ Z
Der optimale Verschuldungsgrad kann nun durch Tabellierung dieser Funktion ermittelt werden. Er ergibt sich als
Kap. 28: Langfristige Finanzplanung (19)
237
z* = 0,23
Wie Bild 1 zeigt, ist das Optimum sehr flach, besonders wenn man den Kapitalkostensatz q in Betracht zieht. In diesem konkreten Fall dürfte daher der Einhaltung des optimalen Verschuldungsgrades keine allzu große Bedeutung zukommen. Bild 1 Berechnung des optimalen Verschuldungsgrades z [%]
W [GE]
Q[%]
23,0* 29,5 38,0
1067833 1063200 1047156
9,37 9,41 9,55
* optimaler Wert Mehrere Fremdkapitalien. Unterscheiden wir etwa zwei Fremdkapitalien F j und F 2 mit unterschiedlichen Zinssätzen ^ und i 2 , so verallgemeinert sich Gl. 17 wie folgt: (20)
W' =
Y — i, F , — i 2 F 2 — + Ft + F2 k
In diesem Fall können die Zinsfüße nicht nur vom Verschuldungsgrad, sondern auch vom Anteil der einzelnen Fremdkapitalien an der gesamten Verschuldung abhängen. Ferner können Restriktionen f ü r die Beträge der Fremdkapitalien bestehen. Sind alle diese Relationen gegeben, so ist wiederum eine Maximierung des Marktwerts bezüglich der unabhängigen Variablen F t und F 2 möglich. Sind diese festgelegt, so ergibt sich das Eigenkapital automatisch. Von Bedeutung ist auch der Fall, daß umgekehrt das Eigenkapital (und damit auch das gesamte Fremdkapital) zuerst festgelegt wird, beispielsweise indem sich der Unternehmer um keinerlei Finanzierungstheorie kümmert. Soll nun aber der Marktwert bezüglich der noch verbleibenden Freiheitsgrade, also der Variablen F i und F 2 , maximiert werden, so zeigt Gl. 20, daß dies der Minimierung der mit k diskontierten Zinszahlungen äquivalent ist. Wegen der angenommenen zeitlichen Invarianz reduziert sich das Problem auf Minimierung der jährlichen Zinskosten. Im Falle festliegenden Eigenkapitals kehren wir also zum Kriterium der Finanzierungskosten im engeren Sinne zurück. Beziehung zur Eigenkapitalrentabilität. Auch die Eigenkapitalrentabilität gilt als wichtige Kennziffer zur Bewertung von Kapitalstrukturen. Wir wollen untersuchen, ob die Orientierung an dieser G r ö ß e zu ähnlichen Empfehlungen führt wie die bisher besprochenen Kriterien. Die Eigenkapitalrentabilität ist unter unseren Annahmen wie folgt definiert: Y-i(Io-E) (21)
EKR =
E
für E > 0
nicht definiert f ü r E = 0 Man prüft leicht nach, daß diese Funktion unter Voraussetzung von Gl. 5 sowie eines konstanten Zinsfußes i mit fallendem Eigenkapital E monoton wächst und f ü r E = 0 den Wert oo annimmt (siehe Bild 2). Die Maximierung der Eigenkapitalrentabilität führt also, ebenso wie die Maximierung des Marktwerts der Unterneh-
238
Operativer Teil
mung, auf eine möglichst hohe Bemessung des Fremdkapitals. Im Falle mehrerer Fremdkapitalien (bei bereits festliegendem Eigenkapital) führt sie ebenso wie die Maximierung des Marktwerts auf eine Minimierung der Zinskosten. Doch handelt es sich hier um Sonderfälle. Schon aus dem unterschiedlichen Bau der Zielfunktion in Gl. 21 gegenüber Gl. 2 läßt sich vermuten, daß Rentabilität und Marktwert nicht generell zur gleichen Kapitalstruktur führen. Ein konkretes Beispiel soll dies erläutern. Wir nehmen bei konstantem Kalkulationszinsfuß k einen vom Verschuldungsgrad abhängigen Fremdkapitalzins i an: . Io
für 0 < E < I 0
(22) nicht definiert
für E < 0 und E = I 0
Setzt man Gl. 22 in Gl. 2 ein, so ergibt sich (23)
B' =
Y-i(Io-E) k Y k
-E
io Io iojS -E + kE
Daraus folgt durch Differentiation dB' (24)
i 0 Io
d E ^ "
, 1
Die Nullstelle E* der Ableitung ergibt sich ohne Schwierigkeit wie folgt:
239
Kap. 28: Langfristige Finanzplanung
(25) Unter der plausiblen Annahme (26)
i0 < k
liegt sie zwischen 0 und I 0 . Die Prüfung der zweiten Ableitung ergibt, daß es sich um ein Maximum (der Größe B' bzw. des Marktwerts W') handelt. Setzen wir dagegen Gl. 22 in Gl. 21 ein, so ergibt sich (27)
Y io lo 'o Iq EKR = - + E E _ Y + i p I p _ iolo E2
E
daraus folgt durch Differentiation: dEKR _ (28)
Y + ipIp _ 2 i 0 I 0
~dE~-
E2
Die Nullstelle E* der Ableitung ergibt sich ohne Schwierigkeit wie folgt: (29) V
E* =
2 i 0 In 5-5— Y + i0I0
Die Prüfung der 2. Ableitung ergibt, daß es sich um ein Maximum (der Eigenkapitalrentabilität) handelt. Daß die Lösungen von Gl. 29 und Gl. 25 sehr verschieden ausfallen können, soll folgendes Zahlenbeispiel verdeutlichen: Y = 0,1 I 0 ; i 0 = 0,05; k = 0,20. Die Maximierung des Marktwerts erfolgt bei E* = I 0 /2, die der Eigenkapitalrentabilität bei E* = 2I 0 /3. Einige Werte der beiden Zielfunktionen sind in den entsprechenden Spalten von Bild 3 tabelliert. Bild 3
E
Verschiedene Finanzierungskriterien in Abhängigkeit von der Höhe des Eigenkapitals (Zahlenbeispiel) l
W
EKR
B'
G'
- 0
OO
— CO
— oo
— oo
— oo
I 0 /2 2I 0 /3 Io
0,100 0,075 0,050
0,75 I 0 0,71 I 0 0,50 I 0
0,10 0,11 0,10
- 0,25 I 0 - 0 , 2 9 I0 - 0 , 5 0 I0
I - 0,25 I, I - 0,29 I, I - 0,50 I,
n/d
n/d
n/d
0
0
I
Anmerkung: n/d = nicht definiert
Wir halten fest: Maximierung des Marktwerts und Maximierung der Eigenkapitalrentabilität widersprechen sich im allgemeinen und führen zu unterschiedlichen Empfehlungen hinsichtlich der Kapitalstruktur. Sofern die Firma überhaupt gegründet werden soll, ist dem Marktwert, der im wesentlichen das diskontierte Investor-
240
Operativer Teil
einkommen aus Eigenkapital widerspiegelt, eindeutig der Vorzug zu geben, die Maximierung der Eigenkapitalrentabilität also abzulehnen. Ob die Firma allerdings gegründet werden soll, ergibt sich aus den beiden genannten Kriterien überhaupt nicht, da sie für den Fall der Nichtgründung nicht definiert sind. Erst die Größe B' (diskontiertes Investoreinkommen) bringt Klarheit : nach Bild 3 ist sie im Falle der Gründung durchweg negativ und nimmt im Falle der Nichtgründung ihren größten Wert an. Zum gleichen Ergebnis führt die Betrachtung des gesamten diskontierten Investoreinkommens G', wenn man annimmt, daß der Investor auch außerhalb der Firma zu einem Zinssatz k investieren kann. Hat er insgesamt ein Investitionsbudget I zur Verfügung, so gilt offenbar für den mit k diskontierten Gesamtgewinn: (30)
G'=
I _ E
I
+
Y-i(I0-E) k
f Ü r E >
°
für E = 0
Durch Vergleich von Gl. 30 und Gl. 2 erkennt man sofort, daß sich die Größen B' und G ' durchweg nur um die Konstante I unterscheiden. Beide Kriterien führen zur Empfehlung der Nichtgründung, im Falle der Gründung jedoch zur Empfehlung eines Eigenkapitalanteils von 50% in Übereinstimmung mit allen anderen Entscheidungskriterien außer der Eigenkapitalrentabilität. Es sind also nur die diskontierten Investoreinkommen B oder G' (aus Eigenkapital oder insgesamt) völlig unverfängliche Finanzierungskriterien. Folgerungen für operationale Modelle. Operationale Modelle werden sich vom vorstehenden theoretischen Modell häufig dadurch unterscheiden, daß die zeitliche Invarianz aufgegeben und eine endliche Planungsperiode zugrundegelegt wird. Dennoch sind alle in Bild 3 genannten Kriterien (außer der Eigenkapitalrentabilität) im Prinzip anwendbar, wenn man noch gewisse Annahmen über die Vorgänge jenseits der Planungsperiode macht. Manchmal wird angenommen, daß der am Ende der Planungsperiode erreichte Zustand zeitlich invariant andauert oder die Firma liquidiert wird oder die weitere Zukunft zunächst ignoriert werden kann. Im Rahmen eines operationalen Modells muß man sich für eine bestimmte Möglichkeit dieser Art entscheiden. Die Eigenkapitalrentabilität kann, da sie zeitlich variiert, nur als Zeitreihe oder zeitlicher Durchschnitt berechnet werden. Sie war als Entscheidungskriterium abzulehnen, kann jedoch als interessante Kennziffer innerhalb eines operationalen Modells mitgeführt werden. Unter den theoretisch einwandfreien Entscheidungskriterien geben wir auch für operationale Modelle der Größe B', also dem mit den Kapitalkosten k diskontierten, aus der Firma bezogenen Einkommen des Eigenkapitalinvestors wegen seiner besonderen Einfachheit den Vorzug. Bei zeitlicher Variabilität der Verhältnisse kann dieses Kriterium noch eine Modifikation erfordern, insofern im Lauf der Zeit weitere Eigenkapitalinvestoren hinzukommen können. Eine Erweiterung des Investorenkreises unterliegt selbst der Planung und Entscheidung. Vom Standpunkt der „Altinvestoren" kann sie eine unliebsame Konkurrenz bedeuten, da die (im Vergleich zum Fremdkapital) höheren Renditeerwartungen der Neuinvestoren das Einkommen der Altinvestoren schmälern. Bei dynamischen Modellen empfiehlt es sich daher, vom aus der Firma bezogenen diskontierten Einkommen der Altinvestoren auszugehen.
Kap. 28: Langfristige Finanzplanung
241
Operationales Modell zur einmaligen Finanzierung eines Objekts: Beispiel Eigenheimfinanzierun g Wir betrachten einen Fall der „gebundenen" Finanzierung: die Finanzmittel für die Anschaffung eines bestimmten Kapitalgutes - etwa eines Eigenheims - sollen bereitgestellt werden. Die erforderliche Investition sei I 0 . Die Eigenkapitalbeteiligung E 0 des Investors liege bereits fest. Der Investor kann verschiedene Arten i von Darlehen aufnehmen, die sich in den Zinsfüßen Z; sowie den Laufzeiten L, und Tilgungsplänen unterscheiden: rit sei der im Jahre t zurückzuzahlende Bruchteil der aufgenommenen Schuld x;. Der Investor steht vor der Frage, welche Darlehensbeträge Xj er aufnehmen soll. Ein konkretes Beispiel wäre die Frage nach der richtigen Höhe eines Bauspardarlehens und einer Hypothek zur Gebäudefinanzierung. Der Investor möge aus dem Objekt kein unmittelbares Einkommen herleiten, vielmehr müsse er die Finanzierung aus anderweitig verfügbarem Einkommen e 0 bestreiten. Wir verstehen e 0 als zeitlich gleichbleibende Belastungsgrenze für Finanzierungszahlungen. Offensichtlich gilt die Finanzierungsbedingung (31)
E 0 + £ x i = Io i
Ferner darf die Belastung des Investors durch Zinszahlungen und Tilgungszahlungen das verfügbare Einkommen e 0 in keinem Jahr überschreiten. Wir schreiben diese Bedingung nur für das erste Jahr in der Annahme, daß die Belastungen im zeitlichen Verlauf nicht zunehmen, sondern allenfalls konstant bleiben, wie es bei Bauspardarlehen und Hypotheken der Fall ist. Dann gilt die Belastungsbedingung: (32)
Xfe+rjx^e,,
Da die Summe der Fremdkapitalien festliegt, wählen wir nach Gl. 20 die diskontierten Zinszahlungen als Entscheidungskriterium. Die Zinszahlungen sinken im Lauf der Zeit auf den Wert null ab. Die Diskontierung ist also nicht so einfach wie in Gl. 20 vorzunehmen. Da überdies Unklarheit über den Kapitalkostensatz k besteht, sehen wir zunächst von einer Diskontierung ab und setzen die einfache Summe der Zinszahlungen als Bewertungskriterium an. Durch Multiplikation der jeweiligen Schuldsalden im Jahre t mit den Zinssätzen ergeben sich folgende Zinskosten: (33)
C =
— r
i,t
ü
—
•••
— r
i,t-i) x i
= X>iXiZ s it i t Hierbei bezeichnet (34)
sit = l - r
i t
- ... — r i t t _ t
den am Ende der Periode t verbleibenden Schuldsaldo je aufgenommener Geldeinheit. Wie aus Gl. 33 ersichtlich, ist die Zielfunktion in den Entscheidungsvariablen linear, so daß das geschilderte Problem der optimalen Fremdfinanzierung mit linearer Optimierung gelöst werden kann.
242
Operativer Teil
Operationales Modell zur fortlaufenden Finanzierung einer Firma: Finanzsimulation Wir kehren nun wieder zur Finanzierung einer ganzen Firma zurück und nehmen eine volle Dynamisierung der Problematik vor. An die Stelle einer gegebenen Anfangsinvestition I 0 , der lediglich Ersatzinvestitionen folgen, tritt nunmehr eine gegebene zeitliche Entwicklung der Vermögensbilanz BVt für eine Planungsperiode t = 1,..., T. An die Stelle des zeitlich gleichbleibenden Einkommens Y tritt eine gegebene Entwicklung des Gewinns vor Zinsen und Steuern, G,°. Das Symbol G, ist für den Gewinn nach Abzug der Zinsen reserviert. Um konkret zu sein, gehen wir von einer Aktiengesellschaft aus. Entscheidungsvariable. Die langfristige Finanzplanung hat die Aufgabe, die Vermögensbilanz BV, in jedem Jahr zu finanzieren. Hierzu kommen, wie aus der Bilanzgleichung bekannt, ein (zeitlich veränderliches) Eigenkapital sowie (zeitlich veränderliche) Fremdkapitalien in Frage. Indem wir einerseits das Eigenkapital in Grundkapital und Rücklagen aufteilen und andererseits ein langfristiges und kurzfristiges Fremdkapital unterscheiden, erhalten wir folgende Entscheidungsvariable zur Kapitalstruktur am Ende der Periode t: K, R, F,1 F,2
= = = =
Grundkapital Rücklagen langfristiges Fremdkapital (Zinssatz z 1 ) kurzfristiges Fremdkapital (Zinssatz z 2 )
Da die Rücklagen u. a. durch Gewinnthesaurierung erhöht werden können, führen wir zusätzlich folgende Entscheidungsvariable ein: TES, = Thesaurierungssatz Periode t, d.h. Bruchteil des Periodengewinns G„ der zur Thesaurierung bestimmt wird. Da wir von Herabsetzungen des Grundkapitals absehen wollen, gelten insgesamt die folgenden formalen Restriktionen (t = 1,..., T): (35)
K,
K,_
t
(36)
Fi.F.^O
(37)
0 ^ TES, ^ 1
Da in jeder Periode neue Finanzierungsentscheidungen zu treffen sind, die die Kapitalstruktur der Vorperiode verändern, empfiehlt es sich, alle interessierenden Zustandsvariablen und Stromgrößen von Periode t — 1 auf Periode t fortzuschreiben, also ein Simulationsmodell zu konstruieren. Fortschreibung der Zustandsvariablen. Die Zustandsvariablen der Kapitalstruktur (außer R t ) können unmittelbar als Entscheidungsvariable aufgefaßt werden. Sie bedürfen also keiner Fortschreibung. Die Veränderung der Rücklagen gegenüber der Vorperiode t — 1 hängt dagegen mittelbar von der Entscheidungsvariablen TES t sowie der Grundkapitalerhöhung in Periode t ab. Wir führen noch folgende Bezeichnungen ein: T = Steuersatz auf zur Thesaurierung bestimmte Gewinne EMP, = Emissionspreis je Einheit neuen Grundkapitals, die in Periode t aufgenommen wird Indem wir die Rücklagenzugänge aus Gewinnthesaurierung und aus dem Agio der Neuemission berücksichtigen, ergibt sich folgende Fortschreibung der Rücklagen:
Kap. 28: Langfristige Finanzplanung
(38)
243
R, = R,_ i + (1 — T)TES,G, + (EMP,-1)(K,-K,-1)
Fortschreibung der Stromgrößen. Unter den interessierenden Stromgrößen steht der Periodengewinn G, (nach Zinsen, aber vor Steuern), der bereits in Gl. 38 einging, vornean. Seine Berechnung hängt von einer Annahme über die Basis der Verzinsung ab. Wird etwa der in Periode t zu verzinsende Schuldsaldo als Durchschnitt der zu Anfang und zu Ende der Periode vorhandenen Fremdkapitalbestände angesetzt, so gilt (39)
G, = G,° — z
1
F1
4-
F1 2
1
~
2,2
F 2 -I- F 2
Der nicht thesaurierte Teil des Gewinns wird als Dividende ausgeschüttet. Es sei a = Steuersatz auf zur Ausschüttung bestimmte Gewinne Die Dividendenausschüttung beträgt also (40)
DA, = (1 - -n 0 0 ,2 'ü c d ( Ä ~Ö P. UH G X 0 c 0d d>•0ß Cl. G E 0 E .00 Vi 0 3 u O 0 T3 0 u -C .r; i-i -t-» O O •> o Hl ü -g • öS c o Ä -c o Sd 5O1 Ü e S .3 g cd g -o •S oe M60" G 00 es s .5 N N N .S 'S .a 'S c a es c cd CS > O2cl, o 8 o£
-o g s03 t»s 00 .g • S CS 00 G cfl u u E u < u §o c d c v- c« G öö D ¿H « T3 s g ooS00 C O » s a-S e .3 oo c/i o C CS 13 XI 00 s o cd u E o 00 e * Ü 8 8 2 § Q« ^ o ao < S ü a , " < .S
O U -O Ii B cd 3 O «Iiu3 £> cd DS D. O3 W D CH l O•a 0
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1 t Sd O Cfl > 2 u 05 -O
35 es S cd
o
272 Bild 2 Nr. 1 2 3 4 5
Strategischer Teil Beurteilungsfaktoren der Firma aus der Sicht des Kunden Beschreibung
Bewertung
Liefert stets gleichbleibende Qualität Bietet hohe Liefersicherheit Bietet insgesamt eine günstige Wirtschaftlichkeit Ist bei Lieferungen sehr flexibel Preisgünstigkeit
6 7 8 9 10
Wickelt Sonderaufträge qualitativ sicher ab Verfügt über großes anwendungstechnisches Know How Unterstützt mich bereitwillig bei Anwendungsproblemen Hat einen guten technischen Außendienst Informiert mich schnell und umfassend über neue Verfahren
11 12 13 14 15
Hat eine gute anlagentechnische Beratung Hat ein gutes Labor Hat einen guten kaufmännischen Außendienst Hat einen guten kaufmännischen Innendienst Bietet eine umfangreiche Produktpalette
Profile können auch nach Marktsegmenten differenziert werden. Sie weisen dann Wege zur Konzentration der Strategie auf Segmente, in denen die Firma aus Kundensicht besondere Stärken besitzt, während Segmente mit schwacher Firmenposition aufgegeben werden können. Quasi-analytische Positionierungsmethoden Die zu besprechenden quasi-analytischen Positionierungsmethoden zeichnen sich dadurch aus, daß 1. nicht nur eine Bewertung der Wettbewerbsposition in einem Markt, sondern auch der Attraktivität des Marktes selbst versucht wird. 2. zahlreiche Einflußfaktoren durch Gewichtung zu einem kompakten Maß der Marktattraktivität bzw. Wettbewerbsposition zusammengefaßt werden. 3. eine theoretische Fundierung der Einflußfaktoren der Marktattraktivität und Wettbewerbsposition versucht wird. Eine Umsetzung in Checklisten und Fragebögen steht erst am Ende dieser methodischen Überlegungen. Theoretische Fundierung der Einflußgrößen der Marktattraktivität und Wettbewerbsposition. Das einflußreichste, bekannteste und aktuellste theoretische Konzept der Marktattraktivität ist zweifellos dasjenige von Porter (1985). Er sieht die Attraktivität eines Marktes bzw. einer Branche abhängig von fünf Faktoren („competitive forces") und bemerkt dazu: „The collective strenght of these forces determines the ultimate profit potential in the industry" (Porter, 1985, S. 3). Bild 3 zeigt die fünf Faktoren im Überblick: • • • • •
Rivalität der im Markt etablierten Firmen Käufermacht Lieferantenmacht Substitutionsbedrohung Eintrittsbedrohung
273
Kap. 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden Potentielle Konkurrenten Eintrittsbedrohung
i
Konkurrenten in der Branche Lieferantenmacht Lieferanten
(^
Käufermacht Käufer
Rivalität der existierenden Firmen
T
Substitutionsbedrohung Substitute Bild 3
Fünf Bestimmungsfaktoren der Marktattraktivität nach Porter (1983)
Offensichtlich handelt es sich um komplexe Konzepte, die einer Zerlegung in konkretere und einfachere Faktoren fähig und bedürftig sind, ehe an eine Umsetzung in Checklisten und Fragebögen gedacht werden kann. Diese Zerlegung soll hier nicht systematisch, sondern nur beispielhaft für den einzigen Faktor „Eintrittsbedrohung" illustriert werden. Porter nennt folgende Unterfaktoren, die als „Eintrittsbarrieren" für neu in den Markt drängende Firmen fungieren können: • • • • • • •
Notwendigkeit der Nutzung von Größendegressionen Produktdifferentiationen im Markt und resultierende Kundentreue hoher Kapitalbedarf Umstellungskosten beim Kunden schwieriger Zugang zu Distributionskanälen Kostennachteile (unabhängig von Größendegressionen) Einfluß der öffentlichen Hand auf Neueintritte
Es leuchtet ein, daß alle fünf Hauptfaktoren in ähnlicher Weise in konkretere Unterfaktoren zerlegt werden können, so daß eine (u. U. mehrstufige) hierarchische Struktur von Einflußgrößen entsteht. Im Prinzip sollte es möglich sein, auf jeder Ebene Gewichtungen einzuführen sowie eine punktmäßige Bewertung der relativ konkreten Faktoren der untersten Ebene vorzunehmen. Durch Nutzung der hierarchischen Gewichtungsstruktur läßt sich dann eine einzige Meßzahl (Punktbewertung) der Marktattraktivität bzw. Wettbewerbsposition aufbauen. Umsetzung in Checklisten und Fragebögen. Tatsächlich arbeiten die meisten Checklisten und Fragebögen nach diesem Prinzip, gleichgültig, ob der theoretische Hintergrund von Porter oder ein anderer theoretischer Rahmen benutzt wird oder die Einflußfaktoren mehr oder weniger frei konzipiert sind. Bild 4 zeigt ein Beispiel eines Fragebogens, in den einige der Porter'sehen Einflußgrößen eingegangen sind. In diesem Fall wird nur eine (meist qualitative) Bewertung der Einflußgrößen der Marktattraktivität abgefragt, aber keine Gewichtung. Stattdessen soll der Befragte
274 Bild 4
Strategischer Teil Erhebungsbogen für Marktattraktivität und Wettbewerbsposition und den Zusammenhang zum wirtschaftlichen Erfolg
Vorwort
Betrieblicher Erfolg, beispielsweise meßbar durch Return on Investment (ROI), variiert stark zwischen verschiedenen Märkten, aber auch zwischen Wettbewerbern im gleichen Markt. Wie groß ist der Spielraum des Return on Investment in einem bestimmten Markt? Wie kann er durch Verbesserung der Wettbewerbsposition über den Marktdurchschnitt angehoben werden? Derartige brisante Fragen sollen durch die vorliegende Erhebung über „Betriebliche Erfolgsfaktoren" beantwortet werden. Wollen Sie sich an der Erhebung beteiligen, so bitten wir Sie, folgendes zu beachten. Der Erhebungsbogen soll für einen relativ homogenen Geschäftsbereich, am besten eine strategische Geschäftseinheit, ausgefüllt werden. Ein Geschäftsbereich bedient einen relativ klar umrissenen „Markt" mit identifizierbaren Mitbewerbern. Falls Ihre Unternehmung mehrere Geschäftsbereiche umfaßt, ist ein solcher für die Erhebung auszuwählen. Die Fragen zu diesem Geschäftsbereich gliedern sich in drei Hauptgruppen: I. Attraktivität des Marktes, den die Geschäftseinheit bedient II. Wettbewerbsposition der Geschäftseinheit III. Kenngrößen des wirtschaftlichen Erfolges (z. B. ROI) Bei jeder Frage ist entweder eine qualitative oder quantitative Beantwortung vorgesehen. Im qualitativen Fall findet folgende 5-Punkte-Skala Verwendung, wobei der mittlere Punkt einem durchschnittlichem Bestand entspricht: Schwach
0
0
Stark
0
0
0
Im quantitativen Fall wird eine Größe für den Markt insgesamt und für das eigene Geschäft abgefragt: Markt (0)
Wir
Bei den Kenngrößen spielt der Begriff des „Investment" oder investierten Kapitals eine besondere Rolle. Er ist definiert als Summe aus Anlagevermögen und Umlaufvermögen. Der Begriff „Betriebsergebnis vor Steuern" schließt neutrale Erträge und Zinsen aus. „Return on Investment (ROI)" oder Kapitalrendite ist definiert als Betriebsergebnis/Investment. Die Auswertung der Antworten wird so erfolgen, daß je eine Meßgröße für „Marktattraktivität" und „Wettbewerbsposition" entwickelt und der Zusammenhang beider Größen mit dem ROI geklärt wird. Im einzelnen wird der Beitrag zahlreicher Einzelfaktoren zur Marktattraktivität und Wettbewerbsposition untersucht werden, so daß Einblicke in mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsposition und des ROI zu erwarten sind. Anmerkung: Dieser Fragebogen ist für die Betriebe der güterproduzierenden Industrie gedacht
275
Kap. 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden
ERHEBUNGSBOGEN Die folgenden Fragen beziehen sich auf eine Geschäftseinheit und den von ihr bedienten Markt. Die geographische Abgrenzung des Marktes sollte so erfolgen, daß ein Marktvolumen angegeben und die hauptsächlichen Konkurrenten identifiziert werden können. Etwaige Umsätze Ihres Geschäfts außerhalb des abgegrenzten Marktes werden separat abgefragt und gehen nicht in Ihren Marktanteil ein. Grenzen Sie nun Ihren Markt auf einer der folgenden Ebenen ab: Regional: Europäisch:
0 0
National: Weltweit:
0 0
I. Marktattraktivität A. Intensität des Wettbewerbs 1. Zahl der Anbieter mit Marktanteil größer 5% 2. Konzentration der Anbieter 3. Kapazitätsauslastung (%) 4. Aggressivität im Markt
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
5. Intensität des Wettbewerbs insg.
0
0
0
0
0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
Reife 0 0
0
Abstieg 0 0 0 0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1. Verhandlungsposition Lieferanten 2. Verhandlungsposition und Konzentration Abnehmer 3. Staatliche Auflagen und Einflußnahmen 4. Gewerkschaftliche Einflüsse
0
0
0
0
0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
5. Attraktivität des Umfeldes
0
0
0
0
0
B. Technologische Situation 1. 2. 3. 4.
Technologischer Wandel - Produkte Substitutionsgefahr von außerhalb Technologischer Wandel - Verfahren Stellung im Markt-Lebenszyklus Entstehung 0 Wachstum 0 5. Bedeutung neuer Anwendungsfelder 6. Unterstützung durch Komplementärtechnologien 7. Technologische Situation insgesamt C. Umfeld
276
Strategischer Teil
D. Zusammenfassung Gewichte der Teilbereiche für die gesamte Marktattraktivität: 1. Intensität des Wettbewerbs 2. Technologische Situation 3. Umfeld
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
4. Bewertung der Marktattraktivität insgesamt
0
0
0
0
0
£. Marktbeschreibung
Größte drei Konkurrenten 1 2 3
1. Umsatz innerhalb Marktgrenzen (Mio. DM/J) 1982 . wir 0 1983 . wir 0 1984 . wir 0 1985 . wir 0 1986 . wir 0 2. Umsatz außerhalb Marktgrenzen (Mio. DM/J) 1982 . wir 1983 . wir 1984 . wir 1985 . wir 1986 . wir 3. Marktcharakter Commodity 0 Spezialisierung 0 Mischform 0 4. Anbieterstruktur: Oligopolistisch 0 Fragmentiert 0 5. Absatzwege (überwiegend): Handel 0 Direktvertrieb 0 6. Güterklasse Kurzlebige Konsumgüter 0 Dauerhafte Konsumgüter 0 Investitionsgüter 0 Materialien/Vorprodukte 0 II. Wettbewerbsposition Die Antworten auf folgende Fragen verstehen sich als 5-Jahresdurchschnitte. Bei Vergleichen mit der Konkurrenz auf der 5-Punkte-Skala entspricht der Mittelpunkt dem Marktdurchschnitt. A. Marketing 1. Qualität unserer Produkte/Dienstleistungen aus Kundensicht 2. Wir betonen gezielte Segmentauswahl und -anpassung 3. Preise (im Vergleich m. Branchenschnitt)
0
0
0
0
0
0 0 1.00
0
0
0 wir
277
Kap. 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden
4. Leistung/Preis (im Vergleich m. Branchenschnitt) 5. Marketingaufwand (% Umsatz) 6. Anteil Direktvertrieb (% Umsatz)
1.00
wir
Gewichte für Wettbewerbsposition im Marketing: 7. Qualität der Produkte/Dienstleistungen 8. Preise 9. Leistung/Preis 10. Marketingaufwand
0 0 0 0
0 0 0 0
0 0 0 0
0 0 0 0
0 0 0 0
11. Wettbewerbsposition Marketing insgesamt
0
0
0
0
0
B. Forschung und Entwicklung 1. F &E-Aufwand (% Umsatz) 2. Fokussierung auf zukunftsträchtige Produkttechnologien 3. Fokussierung auf zukunftsträchtige Verfahrenstechnologien
. wir
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
4. Wettbewerbsposition F & E insgesamt
0
0
0
0
0
1. Technischer Stand der Anlagen 2. Standort- und Rohmaterialsituation 3. Einfluß von Größendegression und Lernkurve 4. Flexibilität bei Bedarfsschwankung
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0 0 0
0
0
0
0
0
5. Wettbewerbsposition Produktion insgesamt
0
0
0
0
0
.0
C. Produktion
6. 7. 8. 9.
Produktionskosten (% Umsatz) Vorleistungen (% Umsatz) Investment (% Umsatz) AfA (% Umsatz)
. . . .
•0 •0 .0 .0
wir wir wir wir
D. Führung und Organisation 1. Marktkenntnis des Managements 0 2. Strategische Konzeption Kostenführerschaft 0 Fokussierung
0
0
0
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Differentiation 0 Mischform
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278
Strategischer Teil
3. Zusammenarbeit zwischen den Funktionen 4. Zusammenarbeit mit dem Kunden (z.B. Produktentwicklung) 5. Spielraum für kleine Gruppen, Dezentralisation, unkonventionelle Organisation 6. Innovationsklima 7. Wettbewerbsposition Führung und Organisation insgesamt 8. 9. 10. 11. 12.
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0 wir wir wir wir wir
Kosten der Zentrale (% Umsatz) Personalkosten gesamt (% Umsatz) Anzahl Beschäftigte gesamt Betriebsergebnis (% Umsatz) ROI (%)
E. Zusammenfassung Gewichte der Teilbereiche für die gesamte Wettbewerbsposition: 0 0 1. Marketing 0 0 2. F & E 3. Produktion 0 0 4. Führung und Organisation 0 0
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5. Wettbewerbsposition gesamt
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aufgrund seiner Bewertungen der Einflußgrößen auch eine zusammenfassende Bewertung der Marktattraktivität abgeben. Bei der Analyse des Fragebogens kann dann versucht werden, auf sinnvolle Gewichtungen der Einflußfaktoren (etwa statistisch) zu schließen. Natürlich könnte auch der umgekehrte Weg gegangen werden: Gewichte und Bewertungen werden erfragt, daraus ergibt sich die Marktattraktivität bzw. Wettbewerbsposition rechnerisch. Der auf die Wettbewerbsposition bezogene Teil des Fragebogens ist, wie weithin üblich, funktional gegliedert. In diesem Teil werden viele Bewertungen „relativ zur Konkurrenz" erfragt. Der Begriff der Konkurrenz bedarf im Einzelfall der Präzisierung. In diesem Fragebogen ist an den „durchschnittlichen Konkurrenten" gedacht. Die Abfrage einiger quantitativer Ergebnismerkmale - z.B. der Kapitalrendite eröffnet die Möglichkeit zu untersuchen, ob zwischen meßbaren wirtschaftlichen Erfolgskriterien und den eher abstrakten Konzepten der Marktattraktivität und Wettbewerbsposition ein meßbarer Zusammenhang besteht. Hierzu wäre allerdings eine größere Fragebogenaktion bei zahlreichen Firmen erforderlich, um das nötige statistische Material zusammenzutragen.
279
Kap. 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden
Darstellung in einer Positionierungsmatrix. Angenommen, eines der geschilderten Verfahren habe zu einer Bewertung der Marktattraktivität und Wettbewerbsposition auf einer Punktskala von 0 - 1 0 0 Punkten geführt. Trägt man beide Bewertungen in eine zweidimensionale Positionierungsmatrix ein, so entsteht ein anschauliches Bild der Ist-Position einer Geschäftseinheit (Bild 5). Existieren mehrere Geschäftseinheiten, so ist es üblich, jede Einheit durch einen Kreis darzustellen, dessen Fläche die (umsatzmäßige) Größe der Geschäftseinheit mißt. Damit entsteht ein Bild des gesamten „Geschäftsfeld-Portfolios" nach strategischer Ist-Position und Größe. Quantitative Referenzprojektionen Man kann die diagnostische Frage auch präziser stellen: wie sähe die Zukunft einer Geschäftseinheit aus, wenn die gegenwärtige Strategie („Nullstrategie") unverändert fortgesetzt würde? Von einer Beantwortung dieser Frage kann man sich wichtige Hinweise erwarten, welche Probleme künftig der Aufmerksamkeit bedürfen und durch veränderte Strategien gelöst werden sollten. Sie erfordert jedoch mehr und präzisere Analysen als die quasi-analytischen Methoden. Eine quantitative Referenzprojektion soll wichtige quantitative Ergebnisse darstellen, die von einer Fortsetzung der Nullstrategie zu erwarten sind. Solche Ergebnisse hängen sowohl von der Entwicklung der Umwelt (Wirtschaft, Technik, Gesellschaft, Konkurrenz) als auch den Eigenschaften der Nullstrategie ab. Die Umweltentwicklung unterliegt der Unsicherheit, so daß neben einem „Normalszenario" auch extreme Szenarien („Kontingenzen") zu erarbeiten sind. Die wesentli-
100 M
cd
hoch
M
LH cd
s
67 Strategische Geschäftseinheit A
mittel
(37/42) 33
iL
niedrig
33 niedrig
100
67 mittel
hoch Wettbewerbsposition
Bild 5
Ist-Position einer Geschäftseinheit
280
Strategischer Teil
chen Eigenschaften der Nullstrategie sind zu formulieren und mit den verschiedenen Umweltszenarien zur Interaktion zu bringen. Dies führt zu einer Darstellung der Ergebnisse der Nullstrategie und ihrer Unsicherheit, aus der Bedrohungen und Problemgebiete, kurz „Frühwarnungen", ablesbar sein sollten. Man könnte von einer „starren Extrapolation" der Nullstrategie sprechen. Beispiele einer starren Extrapolation. Schon lange hätte man durch eine grobe Extrapolation des Automobilbestandes, sogar durch eine, die wirkliche Entwicklung deutlich unterschätzende lineare Extrapolation, zur „Früherkennung" einer Luftverschmutzung kritischen Ausmaßes gelangen können. Durch solche Erkenntnisse wird die Planung auf Probleme gelenkt, um deren Lösung sie sich zu kümmern hat. Dem gleichen Zweck sollen ausgefeiltere statistische „Frühwarnsysteme" dienen. Sehr anschauliche Beispiele der starren Extrapolation liefert die Personalpolitik. Gewisse Praktiken der Besetzung von Positionen in großen Organisationen, z.B. Ernennung auf Lebenszeit in frühem Alter, lassen manchmal frappierende Folgerungen über groteske zukünftige Entwicklungen der Altersstruktur, langfristige Blockierung von Stellungen, Nachwuchs- und Abwanderungsprobleme und viele damit verbundene Schwierigkeiten der Personalpolitik zu. Auch auf der positiven Seite leistet die starre Extrapolation gute Dienste: war etwa eine Firma durch Innovation erfolgreich, so fragt es sich, ob sie diesen Weg fortsetzen kann, wann wieder eine Innovation fällig wäre, ob dies möglich scheint oder in Probleme führt. Die starre Extrapolation darf nicht deterministisch sein, sondern muß extreme Umweltzenarien („Kontingenzen") in Betracht ziehen. Bei der Kontingenz-Analyse richtet sich die Aufmerksamkeit des Planers auf Bedrohungen der Nullstrategie durch extreme externe Ereignisse. Er identifiziert einige hauptsächliche Einflußgrößen externer Natur, zieht Extremwerte in Betracht und stellt die heuristischen Fragen: was wären die Probleme unserer Organisation, wenn diese Ereignisse einträten, z.B. wenn eine massive Inflationsentwicklung bevorstünde, oder wenn dies alternativ nicht der Fall wäre; was, wenn eine Ölkrise oder allgemeinere Energiekrise einträte? In der Verkehrsplanung: welche Probleme sind zu erwarten, wenn der Verbrennungsmotor bereinigt werden kann oder alternativ nicht bereinigt werden kann? Kontingenzanalysen sind äußerst anregend für den Entwurf von Alternativplänen und flexibler Strategien unter Unsicherheit. Gap-Analyse. Ein besonders einfacher und beliebter Fall der starren Extrapolation ist die „gap-Analyse". Die gegenwärtige Produktlinie der Firma wird auf ihr zukünftiges Umsatzpotential angesichts der technischen und wirtschaftlichen Umweltentwicklung untersucht. Wegen der technischen und Marktlebenszyklen verläuft die über der Zeitachse projizierte Umsatzkurve zunächst steigend, erreicht einen Höhepunkt und fallt dann ab. Der Verlauf dieser starren Extrapolation wird gern mit einer vom Management gewünschten Wachstumskurve verglichen. Dabei tritt ein Zieldefizit („gap") zwischen beiden Kurven zutage, das Hinweise auf notwendige Aktivitäten zur Schließung der Lücke gibt. Insbesondere wird auch der Umfang der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten tangiert. Bei der starren Extrapolation der Umsatzkurve ist insbesondere die Entwicklung des Marktpotentials der existierenden Produktlinie und der hierdurch gegebenen Wachstumsgrenzen zu berücksichtigen. Diese wichtige Frage soll noch etwas ausführlicher behandelt werden.
Kap. 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden
281
Modellierung des Marktpotentials. Ein einfaches Modell kann bei der Projektion des Marktpotentials gute Dienste leisten. Der Markt sei in Kundengruppen i mit wirtschaftlichen Aktivitätsniveaus AKT i t im Jahre t strukturiert. Dann ist ein plausibler Modellansatz für das Marktpotential im Jahre t wie folgt formulierbar: (1)
MPt = £ ( c i t - s i t ) A K T i t i
hierbei messen die Nachfragekoeffizienten c die Gesamtnachfrage nach der betroffenen Güterklasse, die Koeffizienten s die Minderung dieser Nachfrage durch von der eigenen Firma nicht angebotene Substitutionsprodukte. Entwicklung des Marktpotentials bei gesättigtem Markt. Gilt der durch die Basisnachfrage definierte Markt als gesättigt, so ist das Marktpotential als Summe der Umsätze aller beteiligten Firmen meßbar. Historische Werte des Marktpotentials und der Aktivitätsniveaus einzelner Abnehmergruppen i können erhoben werden. Daraus ergeben sich nach Gl. 1 historische Werte der Koeffizienten cit und s it . Häufig gilt für die Vergangenheit sit = 0. Da das Basisbedürfnis nicht der technologischen Substitution unterliegt, kann weitgehende zeitliche Stabilität der Koeffizienten cit angenommen werden. Daher ist eine Prognose mit einfachen Verfahren der Zeitreihenextrapolation zulässig. Dagegen ist den Substitutionskoeffizienten nur durch subjektive Expertenschätzungen beizukommen. Hat man die „Endwerte" s iT für ein Zieljahr T geschätzt, so können die Zwischenwerte (etwa geometrisch) interpoliert werden. Greifen wir noch auf die Prognosen der Aktivitätsniveaus zurück, so ist die zeitliche Entwicklung des Marktpotentials nach Gl. 1 berechenbar. Fallbeispiel: Behälterstudie. Firma X stellt Glasbehälter her. Das Basisbedürfnis kann als „Verpackung und Aufbewahrung" gewisser Substanzen definiert werden. Es ist durch Behälter aller Art zu befriedigen. Daher wurde der gesamte Behältermarkt analysiert und in Abnehmergruppen i gegliedert. Historische Daten über Umsätze aller Behälterfirmen an die Abnehmergruppen wurden erhoben und die Nachfragekoeffizienten c u geschätzt und projiziert. Eine Bedrohung des gegenwärtigen Sortiments wurde besonders von seiten der gerade aufkommenden Plastikbehälter gesehen, die jedoch bisher nur 1% des Marktes für sich verbuchen konnten. Die subjektive Schätzung von Substitutionskoeffizienten sit erfolgte getrennt nach Abnehmergruppen etwa in der oben beschriebenen Weise. Berechnungen nach Gl. 1 ergaben ein zunächst noch steigendes, gegen Ende einer 10jährigen Planungsperiode aber schrumpfendes Marktpotential (siehe Bild 6). Die Nullstrategie schied daher schon an dieser Stelle als nicht akzeptabel aus. Entwicklung des Marktpotentials bei ungesättigtem Markt. Ist der durch die Basisnachfrage definierte Markt nicht gesättigt, so steigt der Umsatz einschlägiger Produkte auch bei stagnierenden wirtschaftlichen Aktivitätsniveaus weiter an: es finden sich noch neue Abnehmer; alte Abnehmer steigern ihren Verbrauch. Wir können zwar wie zuvor Marktpotential und Nachfragekoeffizienten historisch erheben, doch würden wir feststellen, daß die Koeffizienten cit nicht stabil sind, sondern systematisch wachsen. Ihre Prognose für die Zukunft erfordert Überlegungen zur Marktsättigung. Wir bezeichnen mit MP, das im Jahre t existierende „gesättigte Marktpotential" und mit c it die entsprechenden Nachfragekoeffizienten. Da der Markt noch nicht
282
Strategischer Teil
gesättigt ist, sehen wir von einer Substitutionsnachfrage ab und schreiben: (2)
M P , = X c i t AKT iitt
(t = 1, ..., T)
ie A
Für die Koeffizienten c it unterstellen wir zeitliche Stabilität. Die gesamte Nachfrage wächst dann proportional zu den Aktivitätsniveaus. Wir werden uns zunächst um Schätzung und Prognose der Koeffizienten c it bemühen. Hierzu wird jede Abnehmergruppe in hinsichtlich der Nachfrage homogenere Untergruppen zerlegt, beispielsweise in Größenklassen. Ist die Marktdurchdringung in einer Untergruppe sehr ungleichmäßig, so kann man versuchen, Abnehmer zu identifizieren, die bereits jetzt das Sättigungsniveau erreicht haben. Dann werden alle übrigen Abnehmer und potentiellen Abnehmer auf das Sättigungsniveau „hochgerechnet". Im einfachsten Fall kann das Sättigungsniveau als durchschnittlicher Umsatz an die besten x% einer Untergruppe abgeschätzt werden. Außer dieser Möglichkeit der „Marktdurchdringung" ist noch die mögliche „Marktbesetzung" zu berücksichtigen, also etwa der Prozentsatz der Mitglieder einer Untergruppe, der schließlich als Nachfrager auftreten wird. Damit können das gesättigte Marktpotential und die Koeffizienten c it für jedes zurückliegende Jahr ermittelt werden. Ist man gewillt, die zeitliche Stabilität der Koeffizienten von vornherein zu unterstellen, so genügt die Bestimmung des gesättigten Marktpotentials für ein einziges Jahr. Es kann dann proportional zum Wachstum der wirtschaftlichen Aktivitätsniveaus in die Zukunft projiziert werden. Dem gesättigten Marktpotential MP, ist das aktuelle Potential MP, gegenüberzustellen. Für die Zukunft ist zu beachten, daß die beiden Zeitreihen schließlich konvergieren müssen. Es sind verschiedene Übergangsfunktionen möglich, doch ist
Marktpotential (Mio $/J)
i
0 Bild 6
10
Entwicklung des Marktpotentials bei gesättigtem Markt
••t
Kap. 4: Ist-Positionierung: Diagnostische Methoden
283
die langfristige Entwicklung nicht zweifelhaft. Hat sich z. B. f ü r das Jahr 0 ergeben, daß (3)
M P 0 = 2,5 M P 0
und hat sich der Markt bisher einer 20%igen Wachstumsrate erfreut, so ist abzusehen, daß die Wachstumsrate in etwa fünf Jahren auf die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate zurückfallen m u ß (siehe Bild 7). Eine plausible Übergangsfunktion ist eingezeichnet. Fallbeispiel: EDV-Hersteller. Ein Hersteller von EDV-Anlagen strukturierte seinen Markt nach Abnehmerbranchen (SIC-Klassifikation) und innerhalb jeder Branche nach Größenklassen. Umsätze (Mietwert der Anlagen) wurden f ü r alle Firmen (bzw. „establishments") einer Größenklasse erhoben. Als M a ß der G r ö ß e diente häufig die Zahl der Beschäftigten. Innerhalb jeder Größenklasse schätzte man das Sättigungsniveau als durchschnittlichen Umsatz an die besten 10% der Kunden (Bild 8). Die gegenwärtige Marktbesetzung als Prozentsatz der Firmenzahl einer Größenklasse zeigte bei halblogarithmischer Darstellung eine gesetzmäßig abfallende Tendenz zu kleinen Untergruppen hin (Bild 9). Eine entsprechende Regressionslinie ist eingezeichnet. Es wurde geschätzt, d a ß eine 100% ige Marktbesetzung im Endstadium f ü r die Klassen 1, 2 und 3 möglich sei. U m die endgültige Marktbesetzung in den Gruppen 4 und 5 zu prognostizieren, wurde eine Parallele zur ursprünglichen Regressionsgeraden durch den soeben erwähnten Sättigungspunkt der G r u p p e 3 gelegt. Die Ermittlung des gesättigten Marktpotentials durch Hochrechnung ergab Resultate, die denen von Bild 7 recht ähnlich waren. Der Hersteller erkannte, daß die Möglichkeit einer hohen Wachstumsrate f ü r längere Zeit mit dem gegenwärtigen Sortiment und seinen technischen Nachfolgern nicht gegeben war. Sollte eine hohe Wachstumsrate längerfristig realisiert werden, so bedurfte es einer Erweiterung des Sortiments durch Entwicklung neuer Anwendungen.
Marktpotential (GE/J)
MPfc = gesättigtes Potential
MP
/
- erschlossenes Potential
/
^r=20%
0
5
10
Bild 7 Entwicklung des Marktpotentials bei ungesättigtem Markt
284
Strategischer Teil
5 Bild 8
4
-
3
2
1
Größenklassen nach Beschäftigten
Durchdringung des im Zeitpunkt 0 besetzten Marktes
Marktbe s etzung
(*) •
Ej
Bild 9
^
2
2
'j
Größenklassen nach Beschäftigten
Gegenwärtige und endgültige Marktbesetzung
Frühwarnsysteme
Die beschriebenen Referenzprojektionen können als Frühwarnsysteme im weitesten Sinne aufgefaßt werden. Die Interpretation der projizierten Größen, insbesondere im Hinblick auf Gefahren der Nullstrategie, bleibt jedoch nicht frei von subjektiven Elementen. In letzter Zeit sind auch Frühwarnsysteme entwickelt worden, die auf objektiven statistischen Zusammenhängen zwischen gefährlichen Ereignissen und zeitlich vorauslaufenden Indikatoren beruhen. Beispielsweise wurden Zusammenhänge zwischen Insolvenzen und finanzwirtschaftlichen Frühindikatoren erarbeitet. Der interessierte Leser wird auf die sehr umfangreiche Spezialliteratur verwiesen. Kapitel 5: Zielplanung und Stoßrichtung Aufgrund der diagnostischen Ergebnisse kann der mehrstufige Prozeß der Strategieentwicklung eingeleitet werden. Er beginnt mit einer Zielplanung, die angesichts der Ist-Positionierung und Ressourcenverfügbarkeit realistisch erscheint. Zielsetzungen können abstrakter oder quantitativer Natur sein. Abstrakte Zielsetzungen -
Kap. 5: Zielplanung und Stoßrichtung
285
wie Verbesserung oder Erhaltung der Wettbewerbsposition einer Geschäftseinheit gehen von den qualitativen und quasi-analytischen diagnostischen Ergebnissen aus. Quantitative Zielsetzungen - z. B. eine realistische Umsatzwachstumsrate werden zweckmäßig auf quantitative Referenzprojektionen, insbesondere des Marktpotentials, gestützt. Die Wahl einer abstrakten Zielsetzung ist von der Wahl einer strategischen Stoßrichtung kaum zu unterscheiden. Eine genaue Abgrenzung wird daher nicht versucht. Das bekannteste Beispiel abstrakter Zielsetzung und Stoßrichtung sind die „Normstrategien", die aus den quasi-analytischen Positionierungsergebnissen der „Portfolioanalyse" hergeleitet werden. Normstrategien als Stoßrichtungen In der Literatur gibt es zahlreiche Varianten einer Typisierung strategischer Geschäftseinheiten aufgrund ihrer Ist-Positionierung. Wir beschränken uns auf folgendes Beispiel. Angenommen, die Positionierung sei in einem zweidimensionalen Diagramm mit den Achsen Marktattraktivität und Wettbewerbsposition erfolgt, und beide Achsen seien in einen hohen und niedrigen Bereich unterteilt. Damit entsteht eine Vier-Felder-Matrix. Je nach dem Feld, in das eine Geschäftseinheit fällt, wird sie als Stern, Fragezeichen, Kuh oder Hund typisiert (Bild 1, obere Hälfte). Die untere Hälfte der Figur stellt die strategischen Stoßrichtungen („Normstrategien") dar, die aufgrund der Positionierung normalerweise zu empfehlen wären. Es leuchtet ein, daß für einen „Stern" mit hoher Marktattraktivität und hoher Wettbewerbsstärke eine Investitions- und Wachstumsstrategie zur vollen Ausbeutung dieser hervorragenden Position empfohlen wird. Ein „Fragezeichen" mit hoher Marktattraktivität, aber niedriger Wettbewerbsstärke kann vielleicht durch Verbesserung der Wettbewerbsposition zu einem „Stern" entwickelt werden („Repositionierung" als Stoßrichtung). Eine „Kuh" mit starker Wettbewerbsposition in einem nur noch wenig attraktiven Markt sollte „gemolken" werden, d.h. weitere Investitionen sollten unterbleiben, so daß nur noch „Abschöpfung" von Gewinnen stattfindet. Für einen „Hund" mit schwacher Position in einem wenig attraktiven Markt wird die Desinvestition empfohlen. Nach mancherlei Mißverständnissen haben die Vertreter der Portfolioanalyse betont, daß die Normstrategien mehr als Fragen denn als Antworten zu verstehen seien. Sie müssen im konkreten Fall nicht bindend sein. Sehr viel hängt von den strategischen Alternativen ab, die der weiteren Konkretisierung zu dienen vermögen. Stoßrichtungen innerhalb der Normstrategie Die Normstrategien sagen noch relativ wenig über die Art des angestrebten Konkurrenzvorteils aus. Im Zuge einer weiteren Ausgestaltung muß sich der Planer entscheiden, in welcher Richtung er seinen Konkurrenzvorteil suchen will: man könnte hier von einer zweiten Ebene der Stoßrichtung reden. Nach Porter (1985) gibt es im wesentlichen drei Arten von Konkurrenzvorteilen, die einen dauerhaften Erfolg verheißen: 1. Produktdifferentiation, d.h. Angebot von Produktvarianten, die den Kunden (aller Marktsegmente) einmalige Vorteile bieten, so daß höhere Preise verlangt werden können. Hierbei wird der gesamte Markt bedient. 2. Kostenführerschaft, d. h. Angebot einer einheitlichen, nicht nach Marktsegmenten differenzierten, auf das Grundbedürfnis des Marktes zugeschnittenen Pro-
286
Strategischer Teil
• Typisierung der SGE
H
Fragezeichen
Stern
N
Hund
Kuh
N
H
Marktattraktivität
Wettbewerbsposition
• Normstrategien Entwicklung/ Repositionierung
Investition/ Wachstum
Desinvestition
Abschöpfung
Bild 1 SGE-Normstrategien
duktkonzeption, die eine Minimierung der Kosten und des Preises ermöglicht. Auch hier wird der gesamte Markt bedient. 3. Fokussierung, d.h. Angebot einer Produktkonzeption, die den Bedürfnissen eines bestimmten Marktsegments in idealer Weise dient. Dabei können dem Segment, auf das man sich beschränkt, sowohl Differentiations- als auch Kostenvorteile geboten werden. Porter bezeichnet die drei Stoßrichtungen als „generische Strategien". Sie sind in Bild 2 anschaulich zusammengefaßt. Die generischen Strategien sind ähnlich allgemein wie die Normstrategien und daher immer noch als „Stoßrichtungen" oder Rahmenkonzeptionen aufzufassen. Dennoch sind sie in der Abstraktion eine Ebene tiefer anzusiedeln als die Normstrategien, was daraus ersichtlich ist, daß innerhalb einer bestimmten Normstrategie z. B. einer Investitions- und Wachstumsstrategie oder einer Repositionierungsstrategie - alle drei generischen Strategien vorstellbar sind. Dies zeigt auch die Liste strategischer Alternativen, die Porter z. B. für den Fall eines schrumpfenden Marktes nennt (Bild 3). Offensichtlich tragen diese Alternativen zum Teil Züge der Kostenführerschaft, zum Teil der Fokussierung.
Kap. 6: Strategische Alternativen: Quasi-analytische Methoden
287
Strategischer Vorteil Einmaligkeit des Produktes aus Kundensicht
Branchenweit
Niedrige Kostenposition
Differentiation
Kostenführerschaft
Strategische Zielgnippe Spezielles Segment
Fokussierung
Bild 2
Drei generische Strategien nach Porter (1986)
Bild 3
Strategische Alternativen in schrumpfenden Märkten
• Leadership Seek a leadership position in terms of market share • Niche Create or defend a strong position in a particular segment • Harvest Manage a controlled disinvestment taking advantage of strengths • Divest Quickly Liquidate the investment as early in the decline phase as possible
Strategische Alternativen Ob eine bestimmte Stoßrichtung und Art des angestrebten Konkurrenzvorteils zum Ziel führt, kann jedoch letztlich erst durch Formulierung konkreter strategischer Alternativen innerhalb der Stoßrichtung und deren Bewertung und Quantifizierung beurteilt werden. Diese Problematik wird Gegenstand der nächsten Kapitel sein.
Kapitel 6: Strategische Alternativen: Quasi-analytische Methoden Nach Festlegung einer strategischen Stoßrichtung und der zugehörigen Zielplanung stellt sich die Frage nach konkreten strategischen Alternativen. Idealerweise sollte ein Prozeß des Entwurfs und der Evaluierung strategischer Alternativen durchlaufen werden, an dessen Ende die Auswahl einer bestimmten Alternative steht. Tatsächlich ist in der Praxis eine systematische Analyse strategischer Alternativen äußerst selten. Meist geht der Planer intuitiv auf eine ihm plausible Aiternati-
288
Strategischer Teil
ve zu und unterwirft sie einer mehr oder weniger groben Evaluierung, die erweisen soll, ob die Zielsetzung mit dieser Alternative realisierbar ist. Sollte dies nicht der Fall sein, wird der Entwurfs- und Evaluierungsprozeß wiederholt, bis eine befriedigende Alternative gefunden ist („Satisfizierung"). Aber auch bei diesem Satisfizierungsprozeß sind die Teilphasen des Entwurfs, der Evaluierung und der Auswahl erkennbar und unvermeidlich. Wir werden zunächst einige methodische Überlegungen zur Entwurfsfunktion anstellen, die relativ allgemeingültig sind. In der Evaluierungsphase können zwei deutlich unterschiedliche methodische Wege eingeschlagen werden: die „Quasi-analytische Methodik" bedient sich einer mehr qualitativen und auf Ersatzkriterien (der ökonomischen Konsequenzen) beruhenden Bewertung, während die „quantitativ-prognostische Methodik" die letztlich interessierenden ökonomischen Konsequenzen der strategischen Alternativen zu prognostizieren versucht. In Kapitel 6 beschränken wir uns auf die quasi-analytischen Bewertungsmethoden. Die quantitativ-prognostischen Bewertungsmethoden werden in Kapitel 7 behandelt. Methodisches zur Entwurfsfunktion Der Entwurf von Alternativstrategien ist, wie oft betont wird, ein schöpferischer Prozeß. Dennoch gibt es methodische Grundsätze, die diesen Prozeß anregen und steuern können. Die Ergebnisse der diagnostischen Phase, insbesondere die erkannten Schwächen der Nullstrategie, bieten einen wichtigen heuristischen Ansatz. Iteration zur Behebung von Schwächen. Die Ergebnisse einer starren Extrapolation legen nicht nur Schwächen und Gefährdungen der Nullstrategie offen, sondern suggerieren fast mit Sicherheit Ideen zu ihrer Behebung. Die von Ackoff und Sagasti (1971) durchgeführte starre Extrapolation des Nahverkehrs in amerikanischen Städten bis zum Jahre 2000 führte zu dem Ergebnis, daß eine Fortsetzung der jetzigen Technologie des Individualverkehrs schon an den vorhandenen Flächenbegrenzungen scheitern muß. Das Ergebnis suggeriert fast automatisch die Schaffung eines sehr kleinen Stadtfahrzeugs als eine mögliche Alternative zur Behebung des Problems. Diese Vorgehens weise ist nicht auf die Evaluierung der Nullstrategie beschränkt. Jede bereits entworfene und im Rahmen des Satisfizierungsprozesses evaluierte Strategie kann ebenfalls die Erfindung weiterer Alternativen anregen. Auch die Kontingenz-Analyse läßt sich ähnlich nutzen. Ihre Ergebnisse beantworten die Frage: warum versagt eine Strategie in einem bestimmten Szenario und liefert in einem anderen gute Ergebnisse, während es bei einer Alternativstrategie vielleicht umgekehrt ist? Man bekommt damit heuristische Hinweise, wie technische Komponenten und andere Eigenschaften der Alternativstrategien zu kombinieren wären, um eine in beiden Szenarien einigermaßen gut funktionierende Strategie zu erhalten, sich also dem Ideal einer flexiblen Strategie zu nähern. Flexibilität kann man auch mit Hilfe von Alternativplänen anstreben, von denen jeder eine „Idealstrategie" für ein bestimmtes Szenario darstellt. Flexibilität ist allerdings nur dann gegeben, wenn ein „Umsteigen" zwischen den Alternativplänen möglich ist oder aber die Organisation über solche Reichtümer verfügt, daß sie die Alternativpläne parallel fahren kann. Iteration zur Nutzung von Stärken. Die Ergebnisse der qualitativen Stärken-Schwächen-Analyse (siehe diagnostische Funktion) können den Entwurf konkreter Stra-
Kap. 6: Strategische Alternativen: Quasi-analytische Methoden
289
tegien zur Nutzung der Stärken und Opportunitäten anregen. Auch dieser Prozeß dürfte meist iterativ verlaufen: eine bestimmte Strategie zur Nutzung von Stärken wird der Evaluierung unterworfen, wobei sich zunächst unbefriedigende Resultate (Schwächen) zeigen mögen. Diese werden dann wie im vorigen Abschnitt iterativ behoben. Nutzung der strategischen Stoßrichtung. Die gewählte Stoßrichtung regt gewöhnlich zu ihr passende strategische Alternativen an. So assoziiert man mit der Stoßrichtung „Investition und Wachstum" unwillkürlich bestimmte konkrete Alternativen, die von anderer Art sind als die Alternativen einer „Abschöpfungsstrategie". Hat man sich im Rahmen der Stoßrichtung auch bereits für eine der generischen Strategien Porters entschieden, so wird der Anregungseffekt verstärkt und konkretisiert. So ruft die strategische Rahmenkonzeption der „Kostenführerschaft" automatisch alle kostenreduzierenden strategischen Alternativen auf den Plan, z. B. die Einrichtung einer neuen Produktionstechnologie. Generell spielt die Art des angestrebten Konkurrenzvorteils eine wichtige heuristische Rolle bei der Erzeugung konkreter strategischer Alternativen. Nutzung der instrumentellen Strategiedefinition. In Kap. 1 wurde eine grobe Strukturierung der Instrumente angegeben, die der Strategiegestaltung dienen: Produkt- und Preispolitik; Marktpolitik; Logistik; Bündnis- und Abschreckungspolitik. Man kann versuchen, für jedes der Hauptinstrumente möglichst systematisch strategische Alternativen zu konzipieren, die in die strategische Rahmenkonzeption (Stoßrichtung, Konkurrenzvorteil) und zueinander passen. Von besonderer Bedeutung sind alternative Produktkonzeptionen, die zum angestrebten Konkurrenzvorteil (z. B.: Differentiationsvorteil) passen, sowie die Schaffung und Auswahl günstiger Marktsegmente. Porter (1986) empfiehlt, die gesamte Wertschöpfungskette und Infrastruktur der Firma auf Gestaltungsmöglichkeiten zu durchsuchen, die zur Realisierung des angestrebten Konkurrenzvorteils dienen können. Von besonderer Bedeutung sind simultane Gestaltungen mehrerer Phasen der Wertschöpfungskette, die sich einen günstigen Abtausch zwischen diesen Phasen zunutze machen, z. B. zwischen Produktions- und Standortstruktur einerseits und Distributionsstruktur andererseits. Solche übergreifenden günstigen Lösungen sind von der Konkurrenz schwerer nachzuahmen, als etwa eine technische Neuerung in einer einzelnen Phase. Sie bieten damit am ehesten die Möglichkeit eines dauerhaften, verteidigungsfähigen Konkurrenzvorteils. Quasi-analytische £valuierungsmethoden Quasi-analytische Methodik geht davon aus, daß eine Prognose der letztlich interessierenden Resultate einer Strategie wegen großer Unsicherheiten gewagt bis unmöglich sei. Sie zieht es daher vor, strategische Alternativen durch verbale und qualitative Beschreibung von Vorteilen und Nachteilen zu bewerten, wobei in manchen Fällen eine von Sachkennern vorzunehmende punktmäßige Bewertung und Gewichtung der Vor- und Nachteile gewagt wird. Im Idealfall entsteht also eine künstliche, punktmäßige Gesamtbewertung der konkurrierenden Alternativen, die aber den Weg zu einer bevorzugten Alternative weist. Es ist auch möglich, daß einige der Vor- und Nachteile in natürlichen, quantitativen Einheiten gemessen werden, so etwa die Wachstumsrate eines für die Firma neuen Marktsegments, in welches sie bei einer bestimmten Alternative der Markt-
290
Strategischer Teil
Strategie eintreten würde. Aber trotz solcher Teilquantifizierungen entsteht kein prognostisches Gesamtbild, sondern nur die geschilderte Gesamtbewertung in Punkten. Die punktmäßig bewerteten Vor- und Nachteile spielen die Rolle von Ersatzkriterien, die an die Stelle der letztlich interessierenden, aber schwer zu prognostizierenden ökonomischen Konsequenzen treten. Eine unter Umständen umfangreiche Liste von Ersatzkriterien - mit oder ohne zusammenfassende Punktbewertung und -gewichtung - ist typisch für die quasi-analytische Methodik. Nur am Rande dieser Methodik finden sich - meist subjektive - Quantifizierungen ökonomischer Konzequenzen, z. B. subjektive Prognosen der Umsatz- und Gewinnentwicklung. Dies geschieht jedoch meist erst, nachdem die bevorzugte strategische Alternative mit Hilfe der geschilderten gröberen Methoden bereits gewählt ist. Auch dieser Stufenprozeß - Vorauswahl mit gröberen Methoden, nachfolgende Quantifizierungen der Konsequenzen - ist ein Charakteristikum quasi-analytischer Methodik. Auch die geschilderten gröberen quasi-analytischen Bewertungen müssen der Unsicherheit Rechnung tragen. Dies kann mit Hilfe explizit definierter, alternativer Umweltszenarien oder durch direkte Bewertung der Unsicherheit einzelner Vorund Nachteile geschehen. Auf die Szenariotechnik werden wir später zurückkommen. Zunächst geben wir einige besonders bekannte Beispiele quasi-analytischer Ansätze ohne Szenariotechnik an, die auf Ansoff (1966) zurückgehen. Expansionsalternativen innerhalb der eigenen Branche („internal appraisal" nach Ansoff). Bevor sich eine Firma zur Diversifikation entschließt, sollte sie nach Ansoff (1966) alle Möglichkeiten innerhalb der eigenen Branche ausschöpfen. Beispielsweise könnten alternative Produkt- und Segmentierungsstrategien geprüft werden, ob sie eine Erreichung der strategischen Ziele gestatten. Die von Ansoff vorgeschlagenen Ziele („objectives") betreffen hauptsächlich die ökonomischen Auswirkungen und deren Störanfälligkeit. Bild 1 zeigt eine diesen Zielen entsprechende Liste von Ersatzkriterien, die an die Stelle eines - nicht vorhandenen - einzigen quantitativen Bewertungskriteriums treten. „Objectives" entstehen durch Zielrestriktionen, wie sie beispielhaft in der letzten Spalte angegeben sind. Ein Prozeßdiagramm des „internal appraisal" zeigt Bild 2. Die am Beginn stehende Liste von Zielen („objectives master list") kann beispielsweise Bild 1 entsprechend gedacht werden. Die starre Extrapolation der Nullstrategie erscheint unter der Bezeichnung „current forecast". Ihre Ergebnisse können Zieldefizite („gaps") offenlegen, die bei einzelnen Positionen von Bild 1 bestehen. Sind Defizite recht groß, so werden die Ziele u.U. revidiert und damit die Defizite nach unten korrigiert. Um das revidierte Zieldefizit auszufüllen, soll das Potential der jetzigen Branche (industry potential) voll ausgeschöpft werden. Eine Liste der Stärken und Schwächen der Firma - relativ zur „idealen Firma" der gleichen Branche - dient als Anregung für den Entwurf von „Expansionsstrategien". Derjenige Teil des Defizits, der durch Expansionsstrategien abgedeckt werden kann, wird als „expansion gap" bezeichnet. Das dann noch verbleibende Defizit heißt „diversification gap". Ist das letztere nicht mehr sehr groß, so werden unter Umständen nochmals die Ziele revidiert, so daß ein Abbruch des Prozesses ohne den schwerwiegenden Diversifikationsschritt möglich wird. Im anderen Falle wird Diversifikation unausweichlich.
Kap. 6: Strategische Alternativen: Quasi-analytische Methoden Bild 1
291
Ersatzkriterien zur Beurteilung brancheninterner Alternativstrategien Beispiele von Zielrestriktionen:
1. Stilistische Kriterien Meist qualitative Ausschlußkriterien 2. Ökonomische Kriterien Marktpotential Marktanteil Umsatz Gewinn Eigenkap. Rentabilität 3. Störanfälligkeit der ökonomischen Kriterien a) Marktbedingt Abhängigkeit von einzelnen Kunden Abhängigkeit von einzelnen Branchen Preisschwankungen Einfluß der Saisonalität Einfluß des Konjunkturzyklus
keine Verbrauchsgüter
>20% >
8 % W.Rate
> 10%
< 5% < 10%
±20% + 15%
b) Technisch bedingt Breite der technischen Basis
>
2 Technologien
c) Finanziell bedingt Barliquidität Eigenkapitalanteil
> >
2:1 0.55
4. Soziale Kriterien Arbeitsplätze Umweltbelastungen u.a.m.
Diversifikationsalternativen („external appraisal" nach Ansoff): Angenommen, die brancheninterne Analyse habe die Notwendigkeit der Diversifikation nahegelegt. Da Diversifikation die Firma in eine neue Branche führt, sind im Prinzip viele „Zielbranchen" zu evaluieren. Dies erfordert wieder andere Ersatzkriterien, als sie für die brancheninterne Analyse verwendet wurden. Zunächst ist zu beachten, daß die Kriterien von Bild 1 firmenbezogen und schon deswegen nicht anwendbar sind, solange nur von der Attraktivität alternativer Branchen die Rede ist (eine Ausnahme bildet das Marktpotential). Es ist aber möglich, die Kriterien von Bild 1 für alle Firmen einer Zielbranche zu aggregieren bzw. Durchschnittswerte zu bilden. Durchschnittswerte sind u. U. durch Angaben über die Streuung (etwa der Eigenkapitalrentabilität in einer Zielbranche) zu ergänzen. Mit solchen Informationen wird sicher ein Indiz gegeben, wie gut eine Beteiligung der Firma an einer Zielbranche hinsichtlich der Kriterien von Bild 1 ausfallen würde. In Bild 3 sind daher die für die Zielbranche aggregierten Kriterien von Bild 1 als Ersatzkriterien eingestellt. Für diese Größen sind sowohl historische Daten als auch Trendextrapolationen vorzunehmen. Einige Zusatzinformationen, z. T. qualitativer Art, dienen der Korrektur der statistischen Trends.
292
Bild 2
Strategischer Teil
Internal Appraisal nach Ansoff (1965)
Die Ersatzkriterien von Bild 3 berücksichtigen noch nicht etwaige Schwierigkeiten oder Vorteile der Firma beim Eintritt in die Zielbranche. Solche „Wechselwirkungen mit der Zielbranche" können aber die von der Firma erzielbaren ökonomischen Resultate nachhaltig beeinflussen. Entsprechende Kriterien sind in Bild 3 unter Punkt 4 aufgeführt. Einige Angaben, besonders zu den Synergismen, sind notwendig qualitativer Natur. Bild 4 zeigt ein nach diesen Gesichtspunkten ausgefülltes Datenblatt zum Vergleich von vier Zielbranchen. Dabei ist angenommen, die diversifizierende Firma stelle Werkzeugmaschinen her. Kann man sich auf Grund von Bild 4 nicht unmittelbar für eine Rangordnung der verbleibenden Zielbranchen entscheiden, so ist an eine Gewichtung der Ersatzkriterien mit Hilfe eines Punktsystems zu denken. Dadurch entsteht eine Art „Gesamtnote" für eine Zielbranche. Diese bestimmt die Präferenz und identifiziert die bevorzugte Alternative. Ein typisches Ablaufdiagramm des „external appraisal" zeigt Bild 5.
Kap. 6: Strategische Alternativen: Quasi-analytische Methoden Bild 3
293
Ersatzkriterien zur Beurteilung branchenexterner Alternativstrategien (Zielbranchen)
1. Stilistische Kriterien 2. Ökonomische Kriterien Wie Bild 1, doch für die Zielbranche aggregiert (historisch; Trend; Streuung) Ergänzende Kriterien zur Trendkorrektur Forschung und Entwicklung in % des Umsatzes Lebensphase der Zielbranche Technologische Aussichten 3. Störanfälligkeit der ökonomischen Kriterien Wie Bild 1, doch für die Zielbranche aggregiert (historisch; Trend) 4. Kriterien der Wechselwirkung mit der Zielbranche Eintrittskriterien Typischer Wert für Kaufpreis/Gewinn Kritische Eintrittsgröße Anzahl der Firmen, durchschnittlicher Umsatz Anzahl der fusionswilligen Firmen Branchenkapazität/Nachfrage Synergistische Kriterien Leitung und Finanzen Vertrieb Produktion Forschung und Entwicklung 5. Soziale Kriterien Wie Bild 1, doch für die Zielbranche aggregiert (historisch; Trend)
Szenariotechnik Eine genauere Analyse der Störanfälligkeit und des Risikos einer strategischen Alternative erfordert die explizite Formulierung alternativer Umweltszenarien. Eine Strategie ist dann vor dem Hintergrund jedes Szenarios zu beurteilen, und die Ergebnisse sind zu einer Gesamtbeurteilung zusammenzuführen. Man beginnt mit der Zusammenstellung einer Liste von Szenariovariablen, d. h. Umweltparametern, von denen man einen Einfluß auf das Ergebnis einer Strategie erwarten kann. Szenariovariable können quantitativer oder qualitativ-verbaler Art sein. Wesentlich ist, daß für jede Variable eine Reihe alternativer Ausprägungen („Werte") erarbeitet wird, die einen realistischen Unsicherheitsbereich abdecken. Eine bestimmte Wertekombination aller Szenariovariablen definiert ein bestimmtes Szenario. Durch die Vielzahl möglicher Wertekombinationen wird die Zahl der Szenarien zunächst unüberschaubar groß. Eine Reduktion auf wenige relevante Szenarien ist unumgänglich. Eine Reihe von Reduktionsverfahren ist in Gebrauch. Die Methode der Extremszenarien kombiniert extreme Werte der einzelnen Szenariovariablen zu extremen Gesamtszenarien. Besonders gebräuchlich ist die Definition optimistischer, mittlerer und pessimistischer Werte für jede Variable, die zu einem optimistischen, mittleren und pessimistischen Gesamtszenario vereinigt werden. Die Methode ist wegen
Strategischer Teil
294
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Nunmehr ergeben sich Absatz und Umsatz der Firma i im Segment s ohne Schwierigkeit (Firmen- und Zeitindex sind weggelassen):
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
(4)
ABSs = MA S MP S
(5)
UMS s = p s ABS s
307
Die Kosten im Vertriebsbereich (VK) setzen sich zusammen aus den Kosten des Einsatzes der Instrumente (f sk ) sowie Verwaltungskosten (VVW). Hieraus ergibt sich folgender Ansatz: (6)
VK = £ f s k ( e s k ) + VVW sk
Damit erhalten wir den Gewinnbeitrag des Vertriebsbereichs (VG) wie folgt: (7) VG = UMS - VK Im Blick auf eine spätere Bilanzierung führen wir auch ein Symbol VV für Vermögenswerte im Vertriebsbereich ein. Die Modellierung muß jedoch situationsspezifisch erfolgen, beispielsweise als ein charakteristischer Bruchteil des Umsatzes. Produktionsmodell. Zur Verkoppelung von Vertriebs- und Produktionsbereich nehmen wir an, die in einem Jahr zu produzierende Menge sei mit der Absatzmenge des gleichen Jahres identisch (eine Verfeinerung wäre die Berücksichtigung von Bestandsänderungen). Die wichtigsten strategischen Variablen des Produktionsbereichs sind die Produktionskapazitäten, die so zu dimensionieren sind, daß die Absatzmengen produziert werden können. Wir definieren: Cj = Kapazität in Kategorie j (z. B. technische oder Standortkategorie) Die Fixkosten des Produktionsbereichs sind weitgehend durch die Kapazitätsstrategie bestimmt: (8)
PFK = f ( C l s C 2 ,...)
Die variablen Produktionskosten (PVK) hängen von den Absatzmengen ab, unter Umständen in segmentspezifischer Weise. Gewisse segmentspezifische Absatzmengen können auch segmentspezifische Fixkosten bedingen. Wir fassen sie mit den variablen Kosten und durch Summation über alle Segmente zusammen: (9)
PVK = £g s (ABS s ) s
Durch Zufügung von Verwaltungskosten (PVW) erhalten wir die Gesamtkosten: (10)
PK = PFK + PVK + PVW
Damit ergibt sich der Gewinnbeitrag des Produktionsbereichs: (11) PG = — PK Vermögenswerte des Produktionsbereichs sind sehr erheblich und hängen in erster Linie von den Kapazitäten, unter Umständen aber auch den Absatzmengen ab: (12)
PV = h (C lf C 2 , ..., ABSi, ABS 2 , ...)
Die Modellierung muß im einzelnen situationsspezifisch erfolgen. F & E-Modell. Im Entwicklungsbereich unterscheiden wir: EKP = Kosten der Produktentwicklung EKV = Kosten der Verfahrensentwicklung Die Kosten der Produktentwicklung sind in Abhängigkeit vom Produktangebot zu sehen, das wir durch die Variablen vis (Angebotswerte) beschrieben haben. Die
Strategischer Teil
308
Kosten der Verfahrensentwicklung hängen mit den in der Fertigung benutzten technologischen Kategorien, eventuell auch den in einzelnen Kategorien geplanten Kapazitäten Cj, zusammen. Eine Modellierung ist jedoch nur situationsspezifisch möglich. Sie kann auch pauschal als geplanter Bruchteil des Umsatzes erfolgen. Damit ergeben sich Gesamtkosten (EK) und Gewinnbeitrag (EG) des Entwicklungsbereichs wie folgt: (13)
EK = EKP + EKV
(14)
EG = - EK
Etwaige Vermögenswerte im Entwicklungsbereich bezeichnen wir mit EV. Finanzierungsmodell. Die Verkoppelung des Finanzierungsbereichs mit den übrigen Bereichen erfolgt über die Bilanzgleichung. Die Aktivseite der Bilanz wird vorwiegend durch die Investitionsentscheidungen der übrigen Bereiche gestaltet, während die Passivseite die Finanzierungsentscheidungen reflektiert. Wir berechnen zunächst die Aktivseite durch Zusammenfassung aller Vermögen. Auch der Finanzbereich selbst kann zum Vermögen beitragen, so etwa durch die Bestände an Forderungen und an Zahlungsmitteln sowie durch Finanzinvestitionen. Wir denken uns diese Größen einzeln modelliert und zum Vermögensbeitrag FV des Finanzbereichs zusammengefaßt. Nunmehr können wir die Bilanzsumme auf der Aktivseite berechnen, wobei wir wieder einen Zeitindex einführen: (15)
BV, = VVt + PV, + E V, + FV t
Für die Passivseite führen wir ein: EK = GK = RL = FL = FK = RS = SV = G = Offenbar gilt (16)
Eigenkapital Grundkapital Rücklagen Fremdkapital, langfristig Fremdkapital, kurzfristig Rückstellungen sonstige Verbindlichkeiten Bilanzgewinn
EK, = GK, + RL,
Mit diesen Bezeichnungen lautet die Bilanzgleichung: (17)
BV, = EK, + FL, + FK, + RS, + SV, + G,
Um den Gewinn G, berechnen zu können, benötigen wir zunächst den Gewinnbeitrag des Finanzierungsbereichs, der hauptsächlich aus Fremdkapitalzinsen und sonstigen Kosten FSK, besteht. Bezeichnen wir die Zinsfüße für langfristiges bzw. kurzfristiges Fremdkapital mit ZFL, bzw. ZFK„ so gilt für den Gewinnbeitrag (18)
FG, = - ZFL, FL, - ZFK, FK, - FSK,
Nunmehr ergibt sich der Gesamtgewinn ohne Schwierigkeit: (19)
G, = VG, + PG, + EG, + FG,
Beim Einsetzen des Gewinns in Gl. 17 ist zu beachten, daß die entscheidungsabhängigen Fremdkapitalien im Gewinn G, nochmals auftreten. Da die linke Seite
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
309
von Gl. 17 nach Gl. 15 bereits festgelegt ist, wird ein Spielraum für die Finanzierungsvariablen EK„ FL,, FK, umschrieben. Rückstellungen und sonstige Verbindlichkeiten denken wir uns bereits modelliert und damit ebenfalls festgelegt. Die Freiheitsgrade der Finanzierungspolitik können durch „Bilanzrelationen" weiter eingeengt werden. Soll das Anlagevermögen der Produktion (PMA,) durch Eigenkapital und langfristiges Fremdkapital gedeckt sein, so gilt die Restriktion (20)
EK t + FL, ^ PMA,
Ferner können Relationen der Kapitalien untereinander gefordert werden. Soll das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital ein kritisches Verhältnis KV, nicht unterschreiten, so gilt die Restriktion (21)
EK, ^ KV, (FL, + FK t )
Diese Relationen sind nur beispielhaft. Die Kapitalien müssen nun innerhalb der beschriebenen Restriktionen so festgelegt werden, daß die Bilanzgleichung 17 erfüllt ist. Besonderer Aufmerksamkeit bedarf die Festlegung des Eigenkapitals EK,. Die Erhöhung des Eigenkapitals gegenüber der Vorperiode kann auf zwei Arten erfolgen: 1. durch Grundkapitalzugang GZ, bei einem Emissionspreis EMP,; 2. durch Thesaurierung eines Teils des Gewinns G,_ t der Vorperiode. Dies führt zu einem Rücklagenzugang in der Folgeperiode, den wir mit RG, bezeichnen (Rücklagen aus Gewinn). Der Rücklagenzugang hängt vom Thesaurierungssatz TES,_ x ab, der auf den Gewinn G , _ j Anwendung findet, sowie vom Steuersatz STT, der auf zur Thesaurierung bestimmte Gewinne Anwendung findet: (22)
RG, = (1 - STT) TES, _ x G, _ j
Das Grundkapital schreibt sich wie folgt fort: (23)
GK, = G K , _ ! + GZ,
Für die Rücklagen gilt die folgende Fortschreibungsrelation: (24)
RL, = RL,_ t + (EMP, - 1) GZ, + RG,
Das gesamte Eigenkapital ergibt sich durch Addition der Gl. 23 und 24: (25)
EK, = EK,_! + EMP, GZ, + RG,
Hinter der Eigenkapitalerhöhung stehen die beiden Entscheidungsvariablen GZ, und TES,_ 1 . Der Emissionspreis soll exogen geschätzt werden. Über alle Entscheidungsvariablen kann innerhalb der verbleibenden Freiheitsgrade verfügt werden. Hat man etwa über den Thesaurierungssatz TES,_ : verfügt, so ergibt sich die Dividendenausschüttung aus dem Gewinn G , _ j zwangsläufig. Wir nehmen diese Ausschüttung, ebenso wie den Rücklagenzugang aus G,_ 1; erst in der Folgeperiode t vor. Für die Dividendenausschüttung gilt daher: (26)
DA, = (1 - STA) (1 - TES,_
Gt_ x
wobei STA den Steuersatz auf zur Ausschüttung bestimmte Gewinne bezeichnet. Die insgesamt zu entrichtende Steuer beträgt: (27)
ST, = ( S T T x T E S , _ ! + S T A [ 1 - T E S , ^ ] ) G t _ t
310
Strategischer Teil
Die Dividendenausschüttung an die Altaktionäre (d. h. die Inhaber des anfanglichen Grundkapitals GK 0 ) ist gegeben durch: (28)
DAA t = - ^ ^ D A , OK,-!
Das hiermit berechenbare diskontierte Dividendeneinkommen der Altaktionäre gehört zu den theoretisch befürworteten finanzwirtschaftlichen Bewertungskriterien für eine Unternehmungsstrategie. Schließlich ist auch der jährliche Dividendensatz (29)
d s
=
DA, GK±
von Interesse. Als wichtige finanzwirtschaftliche Kennziffer sei noch die Kapitalrendite (ROI = Return on Investment) erwähnt, die als das Verhältnis des Gewinns vor Zinsen und Steuern zum investierten Kapital definiert ist. Letzteres kann wiederum unterschiedlich abgegrenzt werden, z.B. als Sachanlagevermögen + Umlaufvermögen. Der entsprechende Bruchteil der Bilanzsumme sei mit a, bezeichnet. Dann gilt für die Kapitalrendite: (30)
ROI, =
G, + FG, a, BV,
Soll auch der Cash Flow modelliert werden, so muß eine Modellierung der einzelnen Einnahme- und Ausgabe-Elemente vorausgehen. Weitere Untermodelle. Auch die Firmenzentrale und der Bereich der physischen Distribution können weitere Untermodelle erfordern. Doch lassen sich hier kaum allgemeingültige Relationen angeben. Ferner können zusätzliche Untermodelle durch Unterteilungen der Funktionalbereiche entstehen, beispielsweise durch Ausgliederung eines Absatzwegemodells aus dem Vertriebsbereich. In jedem Fall ist darauf zu achten, daß finanzwirtschaftliche Kennziffern und Bewertungen der gesamten Unternehmung nicht berechnet werden, ehe alle Teilbereiche, die nennenswert zu den Gesamtkosten beitragen, im Modell erfaßt und berücksichtigt sind. Bewertungsmodell. Hier werden alle Größen zusammengefaßt, die für die Bewertung einer Strategie von Interesse sind. Sie können aus allen Teilbereichen stammen: Wachstumsraten und Marktanteile aus dem Absatzbereich, Investitionen aus dem Produktionsbereich, Gewinne und Rentabilität aus dem Finanzierungsbereich. Von besonderer Bedeutung sind Bilanzen und Ergebnisrechnungen. Diese sind zwar im Prinzip aus der geschilderten Modellstruktur herleitbar. Doch soll noch eine besonders systematische und flexible Methode der Bilanzfortschreibung geschildert werden: die Bilanzsimulation. Diese ist immer anwendbar, wenn das Modell alle Stromgrößen enthält, die zur Fortschreibung der Bilanz und der Ergebnisrechnung in einer bestimmten Gliederung erforderlich sind. Der gewünschten Gliederung entspreche ein Vektor B[ von Bestandsvariablen, wobei wir zuerst die aktiven, dann die passiven Bestandsvariablen (inklusive Gewinn oder Verlust) als Komponenten aufreihen. Die Zahl der Komponenten des
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
311
Vektors BJ sei M. Nunmehr wenden wir uns den Stromgrößen des Modells zu. Jede Stromgröße ruft eine Veränderung von zwei Bilanzvariablen hervor. Die aktiv angesprochene Bilanzvariable sei i, die passiv angesprochene sei j. Definieren wir eine „Buchungsmatrix", deren Zeilen und Spalten jeweils den M Bilanzvariablen entsprechen, so kann jede Stromgröße eindeutig einer Zelle ij dieser Matrix zugeordnet werden. Die Summe aller in eine Zelle fallenden Stromgrößen bezeichnen wir als aggregierte Stromgröße. Die aggregierten Stromgrößen bilden zusammen die aggregierte Stromgrößenmatrix ASM, vom Format M 2 . Mit Hilfe dieser Matrix kann der Vektor der Bilanzvariablen in einfacher Weise fortgeschrieben werden. Handelt es sich um ein Aktivkonto Bit, so lautet die Fortschreibung: M
(31)
Bu = B j +
M
X ASM ijt - £ ASM kit
j=l
k =1
Für ein Passivkonto gilt entsprechend: (32)
Bit = B ;
M
x
M
- X ASM ijt + I j=l
k =1
ASM kit
Wegen ihrer systematischen Form ist diese Fortschreibung besonders für die Computerprogrammierung geeignet. Bei der Fortschreibung nach Gl. 32 bedarf das Gewinn- und Verlustkonto besonderer Aufmerksamkeit. Hier darf auf der rechten Seite der Gewinn der Vorperiode G t _i nicht erscheinen, da es sonst zu einer Kumulierung von Gewinnen käme. Daher muß der Gewinn G,_ j vor der Fortschreibung entfernt werden. Wir führen hierzu ein Umbuchungskonto U, ein, das den Bilanzgewinn G t _ l in Periode t aufnimmt und damit das Gewinn- und Verlustkonto räumt. Andererseits wird das Umbuchungskonto U t bei Verfügungen über den Gewinn der Vorperiode (Ausschüttungen, Thesaurierung, Steuern) belastet. Das Umbuchungskonto ist, wie das Gewinn- und Verlustkonto, ein Passivkonto. Den Stromgrößen des Modells ist also eine formale Stromgröße „Gewinnumbuchung" GUZ, zuzufügen, für die gilt: (33)
GUZ, = G t _ !
Dieser Umbuchung wird in der Stromgrößenmatrix ASM, die Zelle (G„ U t ) zugewiesen. Die „Fortschreibungsgleichung" des Gewinns lautet dann formal: (34)
G, = G,_! + (Aufwendungen - Erträge), - GUZ,
Damit fügt sie sich in Gl. 32 ein. Der Saldo des Umbuchungskontos ist am Ende jeder Periode gleich null, da immer vollständig über den Gewinn verfügt wird. Die „Fortschreibungsgleichung" lautet daher: (35)
U, = GUZ, — (Gewinnverfügungen),
Auch diese Fortschreibung fügt sich in Gl. 32 ein. Alle Gewinnverfügungen betreffen das Umbuchungskonto und ein weiteres Bilanzkonto und sind entsprechend in die Buchungsmatrix einzuordnen. Beispielsweise wird eine Dividendenausschüttung (ebenso wie eine Steuerzahlung) der Zelle (Umbuchungskonto, Zahlungsmittel) zugewiesen. Wir sind nunmehr in der Lage, Bilanz und Erfolgsrechnung im gewünschten Format für alle Perioden fortzuschreiben und auszudrucken. Haben wir auch die
312
Strategischer Teil
Elemente des Cash Flows modelliert, so kann sich eine Berechnung der „Werterzeugung" (siehe Anfang dieses Kapitels) anschließen. Modellrelationen aus der empirischen Forschung Im vorausgehenden Abschnitt wurde ein allgemeines strategisches Modell der Unternehmung skizziert. Der folgende Abschnitt gibt einen Überblick, inwieweit es gelungen ist, entsprechende Modellrelationen durch empirische Forschung zu validieren und zu spezifizieren. Wir legen dabei die Gliederung des Gesamtmodells in seine Untermodelle zugrunde. Umweltmodell. Im Bereich der ökonomischen (volkswirtschaftlichen) Umwelt der Unternehmung wurden zahlreiche Relationen empirisch validiert und zum Teil zu ökonometrischen Modellen der Volkswirtschaft zusammengefaßt. Wichtige Beispiele sind Relationen zwischen Makroindikatoren und der Zeit sowie zwischen Makroindikatoren untereinander. Für die Vergangenheit validierte Zeitrelationen werden häufig mit subjektiv veränderten Parametern in die Zukunft extrapoliert. Beispiele für die Verknüpfung von Makroindikatoren untereinander sind Relationen zwischen Investitionen und Einkommen (zeitversetzt), zwischen Produktionsoutput einer Branche und erforderlichen Produktionsinputs aus anderen Branchen (Input-Output-Modell) oder zwischen Bruttosozialprodukt und Produktionsoutput (Aktivitätsniveau) einer Branche. Derartige Relationen können erst dann für die Zukunft genutzt werden, wenn die jeweils unabhängige Variable bereits prognostiziert ist, beispielsweise durch zeitliche Extrapolation. Im Bereich der technischen Umwelt gelingt es immer wieder, Relationen zwischen technischen Kenngrößen (z.B. Schaltzeiten, Geschwindigkeiten, Anlagengrößen) und der Zeit empirisch zu validieren und zur Grundlage einer Extrapolation zu machen. Das gleiche gilt für technisch-ökonomische Kenngrößen wie das PreisLeistungsverhältnis in der EDV oder die Stückkosten einer Produktion oder bestimmte Ressourcenverbräuche, wobei statt der Zeit auch das kumulative Produktionsvolumen als unabhängige Variable auftreten kann („Lernkurvenphänomen"). Auch der kumulative Entwicklungsaufwand für bestimmte Technologien steht mit gewissen Indikatoren der technischen Leistungsverbesserung in empirischen Zusammenhängen („S-Kurven-Phänomen"). Im Bereich der sozialen Umwelt existieren zahlreiche empirische Relationen zwischen relevanten Indikatoren (z. B. Bildungsstand, Haushaltsgröße, ...) und der Zeit, aber auch zwischen Indikatoren untereinander (z. B. zwischen der heutigen Altersstruktur der Bevölkerung über 50 und derjenigen in 10 Jahren aufgrund empirischer Sterblichkeitskoeffizienten). Marktpotentialmodell. Das zuvor erwähnte Input-Output-Modell, welches eine Relation zwischen dem wirtschaftlichen Aktivitätsniveau einer Kundengruppe und einem erforderlichen Produktionsinput herstellt, kann als Marktpotentialmodell für eine Branche dienen, die diesen Input zu liefern vermag. Häufig kann das Modell in einer (durch Regressionsanalyse validierten) linearen Form Verwendung finden. Eventuell ist das Marktpotential um einen Substitutionsanteil zu verringern, dessen zeitliches Wachstum zuvor ebenfalls empirisch erfaßt wurde. Marktpotentiale können auch von ökonomischen und technischen Umweltindikatoren abhängen, so etwa das EDV-Marktpotential vom Bruttosozialprodukt und vom technischen Preis/Leistungsverhältnis (P/L) in dem von Chow (1967) sowie Schober (1988) empirisch validierten Marktpotentialmodell
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
(36)
313
EDV = e 0 BSP ei • (P/L)e2
das allerdings durch Zeitlags weiter kompliziert wird. Ein Ansatz von Kellner (1987) für den Automobilmarkt vereinigt makroökonomische, technisch-ökonomische und sozio-demographische Einflußgrößen, nämlich: EINK = Einkommen (Nettolohn- und Gehaltssumme) AUTO = Autokosten (Kraftfahrerpreisindex) FFB = „Fahrfähige Bevölkerung" (18-75) Die Neuzulassungen F t werden in erster Näherung durch den Ansatz (37)
F j = FFB(1 - e - c [ EINK ' AUTO i d )
modelliert, der das Sättigungsphänomen berücksichtigt. Der endgültige Regressionsansatz für Neuzulassungen NZU (38)
NZU (t) = a + b F t (t) + k F 2 (t - 1) + F 3 (t)
enthält noch zwei Korrekturterme (F 2 für das Zinsniveau, F 3 für produktionsbedingte Lieferausfalle), die subjektiv geschätzt wurden. Die empirische Validierung für die Periode 1955-86, in der sich die Zulassungen um eine volle Größenordnung veränderten, war mit einem Bestimmtheitsmaß von 97 % und Korrelationskoeffizienten von 99 % sehr erfolgreich. Segmentierung des Marktpotentials. Die Definition von Produkt- und/oder Käufersegmenten ist nicht Gegenstand dieses Abschnitts. Ist sie jedoch erfolgt, so interessiert die Aufteilung des gesamten Marktpotentials auf die definierten Segmente. Bei käuferseitiger Segmentierung entstehen keine neuen Aspekte: die Modellierung des Potentials als Funktion von Umweltfaktoren kann wie bei unabhängigen Märkten erfolgen. Dies gilt auch bei produktseitiger Segmentierung, solange zwischen den Produktsegmenten keine Substitutionsmöglichkeiten bestehen. Ist dies jedoch der Fall, so muß auch das Produktangebot der einzelnen Segmente als Einflußgröße der Segmentpotentiale berücksichtigt werden. Als Beispiel möge wieder der Automarkt dienen, der in bestimmter Weise in die Segmente 1 (Unterklasse) bis 4 (Oberklasse) unterteilt sei. In einer empirischen Studie von Kellner (1987) wird das Produktangebot eines Segments auf einer Punktskala gemessen. Jedem Produkt wird im Zeitpunkt der Markteinführung ein Punktwert zwischen 0 und 5 durch subjektive Expertenschätzung zugeordnet, der den Beitrag zur Segmentattraktivität messen soll. Für die späteren Jahre wird die Punktzahl durch einen „Wirkungsfaktor" abgewertet, der aus empirischen Absatzverläufen während des Produktzyklus gewonnen wurde. Es entsteht damit folgendes Maß für die „Segmentattraktivität" des Segments s im Jahre t: (39) wobei
Sst = t
Ft_zaz
z= 0
F, = Summe der Punktzahlen für Neuerscheinungen in Periode t a z = Wirkungsfaktor nach z Perioden ab Neuerscheinung e = Ende der Wirkungsdauer Segmentattraktivitäten der Segmente 3 und 1 und weitere Einflußgrößen wurden in ein Regressionsmodell für den Potentialanteil (PA) des Segments 3 eingestellt: (40)
PA 3t = c 0 +
S l t + c 2 S 3 , + c 3 Z, + c 4 SP, + c 5 WAGES,
314
Strategischer Teil
hierbei bedeuten: Z, = Zinssatz in Periode t SP, = Sparquote in Periode t WAGES, = Wachstumsrate des Gesamtmarktes in Periode t Für die Periode 1974-85 wurde bei Schwankungen des Potentialanteils zwischen 12 und 28 % ein Bestimmtheitsmaß von 97% und ein Korrelationskoeffizient von 99 % erzielt. Das Beispiel zeigt, daß die Modellierung des Segmentanteils bei substituierbaren Produktsegmenten sehr situationsspezifisch zu gestalten ist, aber empirisch erfolgreich bewältigt werden kann. Vertriebsmodell. Kern des Vertriebsmodells ist das Marktanteilmodell. Die empirische Forschung weist hier empfindliche Lücken auf. Das liegt mit daran, daß ein strategisches Marktanteilmodell dem Wettkampf zwischen Konkurrenten Rechnung tragen muß, was im Vergleich mit Marktpotentialmodellen eine erhöhte Schwierigkeit bedeutet. Die Modellierung der Konkurrenz kann als Hintergrund (nicht explizit), in aggregierter Form oder durch Abbildung einzelner Konkurrenten und ihrer Handlungsmöglichkeiten erfolgen. Eine Hintergrundmodellierung ist für strategische Zwecke nur geeignet, wenn eine Veränderung der gegnerischen Strategien (z. B. als Reaktion auf eigene Veränderungen) sehr unwahrscheinlich ist. Im allgemeinen strategischen Modell der Unternehmung haben wir die Einzelmodellierung der Konkurrenten gewählt (siehe Gl. 3). Sie kann jedoch von Fall zu Fall durch Zusammenfassung vereinfacht werden. Über Einzelheiten des Ansatzes entscheidet die empirische Situation. Einige Beispiele sollen die Möglichkeiten in diesem empirisch noch unterrepräsentierten Gebiet beleuchten. Ein empirisch recht erfolgreiches Konzept ist das der Marktanteil-Attraktionsmodelle. Man geht davon aus, daß jeder Konkurrent i eine „Anziehungskraft" A¡ im Markt ausübt, die vom Produktwert, Preis und Einsatz der absatzpolitischen Instrumente abhängt. Die relative Anziehungskraft: (41)
RAi =
Ai/^Aj i wird entweder unmittelbar mit dem Marktanteil MA¡ (im stationären Zustand) gleichgesetzt oder geht zusammen mit anderen Variablen in einen weiterführenden Erklärungsansatz für den Marktanteil ein. Die Anziehungskraft selbst kann sehr unterschiedlich modelliert werden. Ein relativ allgemeiner Ansatz ist der folgende: (42)
A^aiPfviTK" k
Dabei bedeutet p¡ den Preis, v¡ den Angebotswert und e ik den Einsatz des Instruments k. Die übrigen Größen sind Konstanten. Hierauf beruhende Marktanteilerklärungen wurden mindestens in speziellen Fällen empirisch validiert (Karnani, 1985). Je nach Situation kann die Modellierung auf eine Auswahl der strategischen Entscheidungsvariablen beschränkt werden. In differenzierten Märkten sind Produktwert und Produktpreis die ausschlaggebenden strategischen Variablen im Kampf um Marktanteile. Können die von den Konkurrenten i angebotenen Produktwerte v¡ in Geldeinheiten gemessen und mit den Preisen p¡ zu einem „Netto-Kundennutzen" v¡-p¡ verrechnet werden, so kommt das „Logit-Modell" für den Marktanteil in Frage: gr(Vi-pi) (43) MA¡ = £ e r(vj-pj)
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
315
Auch hier handelt es sich offensichtlich um ein Attraktionsmodell. Der Ansatz enthält keine zeitliche Dimension und bezieht sich auf einen langfristigen stationären Zustand. Seine empirische Validierung erfordert die Erhebung von Werten, Preisen und Marktanteilen (oder relativen Kundenpräferenzen) für möglichst viele Marktsegmente oder Einzelkunden. Die Eichungskonstante r ist so zu wählen, daß eine statistisch überzeugende Erklärung der erhobenen Marktanteile resultiert. Dies gelang bei einer Kundenbefragung vor Einführung eines neuen Produkts, das nur im Konzepttest vorgestellt wurde. Damit konnte der (langfristige) Markterfolg des neuen Produkts auch bei mehrfachen Veränderungen des Produktwertes V; im Laufe des Entwicklungsprozesses und bei verändertem Wettbewerbsangebot prognostiziert werden. Selbstverständlich ist eine zeitliche Übergangsfunktion zum stationären Wert des Marktanteils zu berücksichtigen (siehe Fall F im Anhang). Der Produktwert kann auch aus einzelnen Produkteigenschaften aufgebaut werden. Ferner ist die Einbeziehung der Zeitdimension möglich. Beides geschah bei der Modellierung des Marktanteils der Firma i im Segment 3 des Automarktes (Kellner, 1987). Wir führen ein: P jk dk Aj Cj B
= = = = =
Punktwert der Eigenschaft k des Produkts j Gewichtung der Produkteigenschaft k Alter des Produkts j Firmengewicht der Firma j Konstante
Wir definieren den „relativen Produktwert" der Firma i, der wegen der Altersvariablen zeitabhängig ist: logfB-AOZdkPik (44)
k
REPRO i t =
ZcjlogiB-Aj)!«!^ j
k
Dieser Ansatz ist wiederum vom Attraktionstyp. Die Punktwerte wurden einer Automobilzeitschrift entnommen, die Gewichte der Eigenschaften und der Firma subjektiv (nicht durch Regression) festgelegt. Ferner sei GDP; der gewichtete Durchschnittspreis (über die Varianten) des Produkts i, G D P der gewichtete Durchschnittspreis im ganzen Segment. Wir definieren die „relative Preisposition" (45)
REPj = 'log
GDP GDP,
Schließlich sei REM; das „relative Motorvarianten-Angebot" der Firma i, dem der Wert 1 zugewiesen wird, wenn die Angebotsvielfalt dem „Segmentstandard" entspricht, andernfalls ein subjektiv bemessener höherer oder niedrigerer Wert. Der Marktanteil der Firma i im Segment 3 wurde nun wie folgt modelliert: (46)
MA it = a0 + a1 REPRO i t REPj REM; + a 2 PA 3 l + a 3 AN/AUS + a4EIGKO
Die noch Undefinierten Variablen der letzten drei Terme bedeuten den Potentialanteil des Segments 3 sowie subjektive Korrekturen für Anlauf- und Auslaufvorgänge sowie eigene Konkurrenz. Der Marktanteil schwankte von 1973-86 zwischen 4 % und 13%. Das Modell wurde mit einem Bestimmtheitsmaß von 95% und Korrelationskoeffizienten von 97 % validiert.
316
Strategischer Teil
In Commodity-Märkten sind eher die absatzpolitischen Instrumente die ausschlaggebenden strategischen Variablen im Kampf um Marktanteile. So konnte bei strategischer Bedeutung der Werbung das folgende Modell vom „Lanchester-Typ" validiert werden: (47)
MA, = M A t _ , + a log - + b y,
Die zeitliche Veränderung des Marktanteils einer Firma wird hierbei erklärt durch ihren eigenen Werbeaufwand x, sowie den Werbeaufwand y, der Konkurrenz. Auch die empirische PIMS-Studie auf Basis von 3000 Geschäftseinheiten, auf die wir später ausführlicher zu sprechen kommen, hat ein Modell für Veränderungen des Marktanteils geliefert, das ähnliche unabhängige Variable zur aggregierten Beschreibung relativer Wettbewerbspositionen enthält. Will man sich nicht mit einzelnen absatzpolitischen Instrumenten wie Werbung befassen, so können einfache meßbare Ersatzvariablen zur Erklärung des Marktanteils herangezogen werden. Beispielsweise dürfte sich in hartumkämpften Märkten mit Überkapazität die relative Marketingintensität einer Firma nach ihrem Kapazitätsanteil richten. Es liegt daher nahe, den Marktanteil als Funktion des Kapazitätsanteils anzusetzen: (48)
MA¡ = f (KAPj/X KAPj) j
In einer empirischen Studie (siehe Anhang C und Hanssmann et al., 1984) konnte die Funktion f durch subjektive Schätzungen des Managements spezifiziert werden. Der Preis kommt in Commodity-Märkten weniger als strategische Entscheidungsvariable in Betracht. Er bildet sich eher als ein Resultat von Angebot und Nachfrage. Eine Aussage über den Preis ist jedoch erwünscht, um den Umsatz berechnen zu können. Sie ist möglich durch ein Erklärungsmodell für die Preisbildung. Als solches hat sich in Commodity-Märkten die „Industrie-Kostenkurve" bewährt (siehe Bild 7). Die Kapazitäten der einzelnen Anbieter sind auf der Achse in der Reihenfolge zunehmender Stückkosten angeordnet. Greift man auf der Achse die gesamte Marktnachfrage ab, so ergibt sich ein bestimmter „Grenzanbieter", der bei dieser Reihung der Firmen zur Nachfragedeckung gerade noch erforderlich wäre. Empirische Studien in zahlreichen Branchen haben erhärtet, daß sich der Marktpreis etwa auf der Höhe der Stückkosten des so definierten Grenzanbieters einspielt. Ausnahmen sind bei aggressiven Preiskämpfen denkbar. Dieses Prognosemodell stellt zugleich ein Bindeglied mit dem Produktionsbereich her, da die eigene Produktionskapazität in das Modell eingeht. Abschließend sei ein relativ allgemeines Erfolgsfaktoren-Modell zur Erklärung von Marktanteilen erwähnt. Bei diesem Ansatz hängt der Marktanteil einer Firma i von gewissen strategischen Erfolgsfaktoren k sowie der relativen „Wettbewerbsstärke" wik der Firma bezüglich jedes Erfolgsfaktors ab. Die relative Wettbewerbsstärke bezüglich eines Faktors kann zum Beispiel durch Verteilung von Gewichten auf die Konkurrenten gemessen werden, die sich zu 1 addieren. Ferner kommt jedem Erfolgsfaktor eine relative Bedeutung zu, die sich ebenfalls durch Gewichte gk ausdrücken läßt. Wir bilden nun den Begriff der (gesamten) Wettbewerbsstärke einer Firma i: (49)
W; = X g k w i k k
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
317
Stückkosten
Marktpreis
Anbieter C
D Kapazität Nachfrage
Bild 7
Relation zwischen Preis und Industriekostenstruktur in Commodity-Märkten: Industriekostenkurve
Die Wettbewerbsstärken Wj aller Konkurrenten addieren sich wieder zu 1. Der Marktanteil wird als Funktion der Wettbewerbsstärke angesetzt: (50)
M A ; = f j (w;)
Eine interessante empirische Validierung des Modells auf nicht-betriebswirtschaftlichem Gebiet soll kurz erwähnt werden. Sie betrifft das Wahlverhalten der bundesdeutschen Bevölkerung in politischen Wahlen (siehe Bild 8). Die konkurrierenden politischen Parteien sind als Spalten, die relevanten politischen Problemkomplexe ( = Erfolgsfaktoren) als Zeilen angeordnet. Eine Stichprobe der wahlberechtigten Bevölkerung wurde befragt, welches der wichtigste Problemkomplex und die zu seiner Lösung am besten qualifizierte Partei sei. Daraus ergaben sich Gewichte der Problemkomplexe sowie (als „Konkurrenzprofile") Gewichte der Parteien untereinander bezüglich jedes einzelnen Bild 8
Wettbewerbsstärke politischer Parteien und empirische Wählerpräferenzen
Politisches Problem („Erfolgsfaktor") Arbeit und Soziales Umwelt Außenpolitik Wirtschaft Innenpolitik Wettbewerbsstärke Empirische Präferenz
Gewicht
Konkurrenzprofil der Partei
Summe
CDU
FDP
SPD
Grüne
.359 .085 .120 .186 .250
.455 .303 .383 .624 .390
.038 .051 .058 .048 .099
.461 .222 .534 .314 .367
.046 .424 .025 .014 .144
1.000 1.000 1.000 1.000 1.000
1.000
.449 .464
.058 .051
.399 .404
.094 .081
1.000 1.000
-
318
Strategischer Teil
Problemkomplexes. So hat etwa die grüne Partei ein hohes relatives Gewicht bezüglich des Problemkomplexes Umwelt. Nunmehr läßt sich die gesamte „Wettbewerbsstärke" einer Partei durch Multiplikation ihres Konkurrenzprofils mit den Gewichten der Problemkomplexe errechnen. Wie die beiden letzten Zeilen von Bild 8 zeigen, stimmt diese Größe ausgezeichnet mit der erhobenen empirischen Wählerpräferenz überein und kann also zu ihrer Erklärung dienen. Verändert eine Partei ihr Konkurrenzprofil, so liegt die prognostische Verwendung des Modells zur Beurteilung der Auswirkung dieser Strategie auf den Wähleranteil auf der Hand. In einer Studie des PC-Marktes (Hanssmann et al., 1985 sowie Fall E im Anhang) wurden vier Erfolgsfaktoren benutzt: Preisgünstigkeit, Software-Unterstützung, Wartung, Bequemlichkeit. Diese wurden für verschiedene Käufersegmente nach einem Verfahren von Saaty (1982) gewichtet. Ein Vergleich der Konkurrenten bezüglich jedes einzelnen Erfolgsfaktors wurde mit dem gleichen Abfrageverfahren erarbeitet. Damit konnte die Wettbewerbsstärke jedes Konkurrenten als Anhaltspunkt für die Marktanteile berechnet werden. Die Auswirkungen einer veränderten Strategie (Neugestaltung der Erfolgsfaktoren) waren sofort quantitativ zu überblicken. Wie wir bereits gesehen haben, können Marktanteilmodelle auch segmentspezifisch entwickelt und validiert werden, was für die Unterstützung von Differentiationsstrategien von großer Bedeutung ist. Die empirische Entdeckung segmentspezifischer Marktreaktionsfunktionen kann durch spezielle EDV-Programme erleichtert werden, die aus zahlreichen möglichen Segmentierungsvariablen diejenigen auswählen, die Unterschiede in ökonomischen Ergebnissen (etwa in der Produktivität eines absatzpolitischen Instruments) besonders deutlich zu'Tage treten lassen. Ein Beispiel zeigt Bild 9.
120
130 160
Low
190
180 High
270 Store type
Bild 9
No. of brands
No. of racks
Region
Jahresumsatz einer Produktgruppe in Einzelhandelsgeschäften
Sales
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische Methoden
319
Produktionsmodell. Im allgemeinen Produktionskostenmodell wurden fixe und variable Kosten unterschieden und als Funktion von Kapazitäten und Produktionsmengen formuliert. Empirisch validierte Modelle dieses Typs existieren in großer Zahl, wobei die empirischen Daten auf Messungen (für die Vergangenheit) oder Ingenieurschätzungen (für die Zukunft) beruhen können. Insbesondere sind Kostendegressionen und Lernkurvenphänomene gut empirisch belegt. Generell fallen die Modelle sehr branchenspezifisch aus. Als typisches Beispiel erwähnen wir die Kostenfunktionen einer Ölraffinerie als Funktion der jährlichen Produktionsmenge ( = verarbeiteten Rohölmenge). Die Funktion weist jeweils einen Fixkostensprung beim Erreichen einer Kapazitätsgrenze auf. In den Zwischenbereichen verlaufen die hinzukommenden variablen Kosten degressiv. In der Elektrizitätswirtschaft verlaufen die Fixkosten einer Anlage stark degressiv mit der Kapazität, während die variablen Produktionskosten (bei festliegender Kapazität) nahezu proportional der Produktionsmenge sind. Degressive Kostenverläufe wurden in vielen Branchen auch als Funktion der zeitlich kumulierten Produktion empirisch nachgewiesen (Lernkurvenphänomen). Die Gesamtkosten eines Produktionssystems ergeben sich in der Regel additiv aus Teilkosten, z. B. an verschiedenen Standorten oder für verschiedene Anlagen. In selteneren Fällen gibt es auch Systeme, die eine situationsspezifische empirische Erfassung erfordern. Weitere Untermodelle: Im Finanzbereich herrschen die definitorischen Relationen vor, die keiner empirischen Validierung bedürfen. Im F&E-Bereich wurde besonders das „S-Kurven-Phänomen" empirisch verifiziert: Der Entwicklungsstand einer Technologie, gemessen durch einen geeigneten technischen Indikator, zeigt als Funktion des kumulierten Entwicklungsaufwands einen S-förmigen, im oberen Teil stark degressiven Verlauf. Bewertungsmodell/GesamtmodeU: Soweit Gesamt-Bewertungsgrößen nur als deflatorische Kombination von Größen der Teilbereiche errechnet werden, bedürfen die Zusammenhänge keiner empirischen Validierung. Doch hat die empirische Forschung auch einige interessante nicht-definitorische Beziehungen zwischen Gesamtbewertungsgrößen und Größen der Teilbereiche aufgedeckt. Ein wichtiges Beispiel ist die Wertlinie. Sie stellt einen empirischen Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variablen „Eigenkapitalrendite/geforderte Eigenkapitalrendite" und der abhängigen Variablen „Marktwert/Buchwert der Unternehmung" dar. Niveau und Verlauf der Wertlinie hängen überdies von weiteren Einflußgrößen ab. Zu ihnen gehören Investitionswachstumsrate, Risiko, durchschnittliches Niveau des Aktienmarktes. Ist die Eigenkapitalrendite einer Strategie bereits geschätzt, so eröffnet die Wertlinie die Möglichkeit, die Auswirkung der Strategie auf den Marktwert der Unternehmung zu prognostizieren. Berühmt ist auch die von der empirischen PIMS-Forschung ermittelte Relation zwischen Marktanteil (unabhängige Variable) und Kapitalrendite (abhängige Variable). Zahlreiche multivariable Relationen ähnlicher Art wurden ebenfalls validiert, etwa zwischen Marktanteil und Qualität (unabhängige Variable) und Kapitalrendite (abhängige Variable). Ein Beispiel zeigt die obere Hälfte von Bild 10. Allerdings beziehen sich diese Relationen nicht auf eine bestimmte Unternehmung, sondern sind das Resultat einer Querschnittanalyse von mehr als 3000 Geschäftseinheiten. Ihre Interpretation und Anwendung in der Planung einer bestimmten Unternehmung ist daher mit Vorsicht zu handhaben.
320 Bild 10
Strategischer Teil Auswirkung von Marktanteil und Produktqualität auf die Kapitalrendite (ROI) Produktqualität Marktanteil
niedrig
mittel
hoch
PIMS
unter 12% 12-26% über 2 6 %
4.5% 11.0 19.5
10.4% 18.1 21.9
17.4% 18.1 28.3
Kausalmodell
unter 12% 12-26% über 2 6 %
15.7% 18.1 20.4
15.8% 19.7 29.2
19.6% 21.0 33.1
Auch die Kausalität der Relationen - und daher nochmals ihre Anwendbarkeit in konkreten Planungssituationen - ist umstritten. So ist die statistisch hochsignifikante Relation zwischen Marktanteil sowie Qualität (unabhängige Variablen) und Kapitalrendite (abhängige Variable) mit Sicherheit in dieser Form nicht kausal und planungstauglich, da eine Variation der Qualität zugleich auf den Marktanteil einwirkt. Es besteht jedoch Hoffnung, daß ein kausales Modell zur Erklärung der Kapitalrendite konstruiert und mit Hilfe der empirischen PIMS-Daten so geeicht werden kann, daß es die PIMS-Relationen erklärt, ohne gleichzeitig ihrer Kritik zu unterliegen. Der Grundgedanke sowie vorläufige Resultate werden im folgenden Abschnitt präsentiert. Um ein kausales PIMS-Modell zu formulieren, setzen wir den Marktanteil M A j der Firma 1 als Funktion der folgenden, von Firma 1 gestaltbaren Größen an: v t = Produktwert („Qualität") P! = Preis m! = Marketingaufwand (als % des Umsatzes) Die entsprechenden Größen mit dem Index 2 bezeichnen die Durchschnittswerte der Konkurrenz. Ferner sei n die Zahl der im Markt tätigen Firmen. Im Sinne des Logit-Modells formulieren wir: v(51)
'
e
' ( « » i ~ ß Pi t j m i )
MA,1 = —; ; T : e r(avi-ßpi +ymi)
; 3 P2T+ '"n2T) (n-1) er(lIV2
Ferner formulieren wir die einzelnen Kostenelemente sowie die „Investitionsintensität" ( = gebundenes Kapital als Bruchteil des Umsatzes) als degressive Funktionen des Marktanteils (siehe Bild 11). Als Beispiel sei die Investitionsintensität der Firma 1 dargestellt durch: (52)
Aj = A0 (1 + p v j e - £ < MA ' -MA»>
Hierbei sind alle Größen außer Marktanteil und Produktwert als Konstante aufzufassen. Der „Bezugswert" A0 der Investitionsintensität ist branchenabhängig zu denken. Die beschriebenen Teilmodelle können zu einem Modell der Kapitalrendite (ROI) zusammengefügt werden (Bild 11). Damit sind Marktanteil und Kapitalrendite als kausale Funktionen der Einflußgrößen (Marketingvariable, Bezugswerte der Investitionsintensität, ...) sowie gewisser Konstanten berechenbar. Legt man
Kap. 7: Strategische Alternativen: Quantitativ-prognostische M e t h o d e n
Bild 11
321
Kausales PIMS-Modell
für die Einflußgrößen gewisse, den PIMS-Daten entsprechende Variationsbereiche zugrunde, so können aus diesen Stichproben entnommen und für jedes so erzeugte „Geschäft" alle interessierenden abhängigen Größen, insbesondere Marktanteil und Rendite, berechnet und im Format der PIMS-Ergebnisse tabelliert werden. Nun gilt es die Konstanten des Modells so zu wählen, daß eine möglichst gute Übereinstimmung mit den tatsächlichen PIMS-Tabellierungen entsteht. Das Ergebnis eines Versuchs zeigt Bild 10. Obwohl der Versuch mit sehr begrenzter Kenntnis der PIMS-Daten gewagt wurde und daher keine Übereinstimmung in den absoluten Werten der Rendite erwartet werden konnte, wurden doch alle Veränderungstendenzen mit sehr guter Rangkorrelation reproduziert. Ein verbesserter Zugang zu den PIMS-Daten läßt eine stark verbesserte Modelleichung erwarten (Hanssmann et al., 1987). Vor einer Anwendung des Modells wären jedoch Anpassungen der konstanten Parameter an eine konkrete Unternehmung vorzunehmen. Modelleinsatz und Modellgestaltung Im folgenden skizzieren wir die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten eines Modells im strategischen Planungsprozeß und diskutieren Gesichtspunkte der Modellgestaltung, die einem erfolgreichen Einsatz förderlich sind. Modellunterstützung der strategischen Planungsfunktionen Nachdem Modelle der Ermittlung von Ergebnismerkmalen dienen, ist ihr Hauptbeitrag in der Evaluierungsfunktion zu erwarten. Doch auch in den übrigen Teilfunktionen eröffnen sich interessante Möglichkeiten (siehe Bild 12). Unterstützung der diagnostischen Funktion. Für die starre Extrapolation einschließlich Risikoanalyse bietet sich ein auf die Nullstrategie spezialisiertes Progno-
322
Strategischer Teil
Q M
0D
Q 47
Interessiert uns auch die Gesamtzahl s, der Aktien im Jahre t, so ergibt sie sich aus dem Anfangsbestand s 0 durch Kumulation aller zwischenzeitlichen Zugänge: t (34)
st = s 0 +
£
P =i
(Sp*-Sp + £uiPxi>
i
Finanzwirtschaftliche Zielfunktion. Ein wichtiges Zielkriterium ist die Eigenkapitalrentabilität (im zeitlichen Durchschnitt): (35)
1 T G, EKR = - Y — T ,= i E,
Alternativ kommt der amerikanische Begriff „earnings per share" (im zeitlichen Durchschnitt) in Frage: 1 £ G, EPS = - £ - i i t = 1 s, Zahlreiche weitere Zielkriterien werden durch Zielrestriktionen berücksichtigt, die wir hier nicht im einzelnen aufführen.
(36)
Die Zielfunktion von Gl. 36 ist nichtlinear, doch ist den Autoren des Modells eine Linearisierung gelungen, die das Problem in die Reichweite der gemischt-ganzzahligen Optimierung bringt. Dies soll jedoch hier nicht dargestellt werden. Das Modell ist auch ohne Optimierungsalgorithmus zur Erzeugung und Bewertung zulässiger Alternativstrategien äußerst nützlich. Modellierung des Finanzbedarfs und der finanziellen Ressourcenbeschränkungen. Der Finanzbedarf wird mit Hilfe von Liquiditätsrestriktionen der Form (37)
EIN, — AUS, = ZM, — ZM,_ j
erfaßt, wobei die rechte Seite (erwünschte Zunahme des Zahlungsmittelbestandes) fest vorgegeben ist, während links der gesamte Nettozahlungsstrom (Einnahmen minus Ausgaben) erscheint. Wir beginnen mit der Modellierung aller Einnahmen. Den direkt durch die Strategien ausgelösten Zahlungsstrom bezeichnen wir als (38)
EIN 1, = X z/xi + I (w u - W i0 ) Xi * i i Aus Aktienemissionen resultieren die Einnahmen (39)
EIN 2, = c,S* + f,P*
Die in Periode t neu aufgenommenen Fremdkapitalien bringen folgende Finanzierungseinnahmen (die gestrichenen Koeffizienten bezeichnen die Auszahlungsprozentsätze) : (40)
EIN 3, = £ ei, Vk, + X gj, Y Jt + X gi, W i l X i k
j
i
Auf der Ausgabenseite betrachten wir als ersten Beitrag die Dividendenausschüttungen, die schon früher modelliert wurden (siehe Gl. 33): (41)
AUSl,=
iDAp, p=0
348
Strategischer Teil
Die Dividenden auf Vorzugsaktien wurden ebenfalls modelliert (Gl. 26) : (42)
AUS 2, = DV,
Von zentraler Bedeutung sind die Finanzierungsausgaben (Rückzahlungen und Zinsen). Für die kurzfristigen Verbindlichkeiten, die nach einer Periode zurückgezahlt werden sollen, ergeben sich Rückzahlungen und Zinsen wie folgt (vgl. Gl. 25) : (43)
AUS3, = £ Vk i_! + FK, k
Für die langfristigen Verbindlichkeiten gilt entsprechend : (44)
AUS 4, = £ £ h j p Y j p + FU, + £ j
p=0
i
0 | l x,
£ h i p W i p + FS, p=0
Vorzeitige Rückzahlungen langfristiger Verbindlichkeiten auf Unternehmensebene verursachen weitere Ausgaben, die jedoch um die entsprechende Zinsgutschrift zu vermindern sind : (45)
AUS5, = X Ì j
Rjpt-ZG,
P=O
Schließlich sind Aktienrückkäufe durch die Firma zu erwähnen : (46)
AUS 6, = c,S,
Indem wir die modellierten Komponenten der Einnahmen und Ausgaben in Gl. 37 einsetzen, erhalten wir die Liquiditätsrestriktionen und damit den Finanzbedarf. Um finanzielle Ressourcenbeschränkungen zu berücksichtigen, sind weitere Restriktionen der Finanzierungsvariablen erforderlich, die hier nicht im einzelnen aufgeführt werden. Kritik des Modells. Das Modell enthält bei 50 Geschäftsfeldern und 10 Strategievorschlägen je Geschäftsfeld bereits 500 binäre Variable. Dazu kommen zahlreiche stetige Finanzierungsvariable auf Unternehmensebene. Das Modell ist daher von vornherein zur Schwerfälligkeit verurteilt. Es liegt an der Grenze des rechentechnisch Möglichen. Sein Datenbedarf ist enorm. Das Modell bedarf daher der Einbettung in ein unterstützendes Informationssystem (Bild 2). Der Aufwand ist insgesamt sehr groß. Über den Erfolg in der Praxis liegen dem Verfasser widersprüchliche Informationen vor. Die Autoren des Modells behaupten, Optimierungsläufe durchgeführt zu haben, die zu sehr interessanten Auswahlen von Strategien geführt haben sollen, die sonst kaum gefunden worden wären. Zur Reduktion des Datenaufwands könnte man auch hier an zeitliche Aggregationen im Sinne eines komparativ-statischen Modells denken. Grundstruktur eines deterministischen Portfolio-Modells mit stetigen Geschäftsfeldstrategien Will man den strategischen Spielraum einer Geschäftseinheit i vollständiger erfassen, als es mit wenigen diskreten Strategien möglich ist, so liegt es nahe, den „Zielmarktanteil" MAj im Planjahr T als stetige Entscheidungsvariable einzuführen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, daß die Portfolio-Analyse dem Marktanteil entscheidende Bedeutung für den Erfolg einer Geschäftseinheit einräumt. Es liegt daher weiter nahe, den Zielbeitrag zi (wie immer definiert) und den
Kap. 11: Optimierung des bestehenden Portfolios
349
Ressourcenbedarf r, (wie immer definiert) als Funktionen des Zielmarktanteils MAj anzusetzen: (47)
Z; = z, (MA|)
(48)
r, = rj (MAj)
Bild 2
Einbettung des Modells in ein Informationssystem
Strategischer Teil
350
Mögliche Konkretisierungen des Zielbeitrags sind der diskontierte Zahlungsstrom, die Summe der diskontierten Gewinne oder einfach der Gewinn im Zieljahr T. Selbstverständlich können auch Mehrfachziele in Betracht gezogen werden. Eine mögliche Konkretisierung des Ressourcenbedarfs ist der gesamte Mittelbedarf (nicht diskontierter Zahlungsstrom) zwischen den Zeitpunkten 0 und T, doch kommen auch alternative Definitionen, ferner physische Ressourcen und mehrfache Ressourcen in Frage. Die Formulierung von Gl. 47 und 48 ist von vornherein auf ein statisches Modell abgestellt, weil nur die Entscheidungsvariablen eines einzigen Zeitpunkts betrachtet werden. Man kann selbstverständlich einwenden, daß ein bestimmter Zielmarktanteil auf verschiedenen Pfaden zu erreichen ist: Zielbeitrag und Ressourcenbedarf können daher nicht allein vom Zielmarktanteil abhängen. Dennoch scheint eine solche Vereinfachung zulässig, wenn man entweder für jeden Zielmarktanteil einen bestimmten Übergangspfad unterstellt oder sich überzeugen kann, daß der Übergangspfad im Vergleich mit dem Zielmarktanteil nur sekundären Einfluß besitzt. Bei den subjektiven Schätzungen der Abhängigkeiten in Gl. 47 und 48 wäre auf entsprechende Annahmen und Voraussetzungen zu achten. Existiert eine Ressourcenbegrenzung R, so ist die Restriktion (49)
£r;(MAi)^R i
einzuhalten. Zur Maximierung der nichtlinearen Zielfunktion von Gl. 47 unter der nichtlinearen Nebenbedingung von Gl. 49 stehen eine Reihe von Verfahren zur Verfügung, beispielsweise die dynamische Optimierung oder schnelle Stichprobenverfahren. Selbstverständlich ist das Modell auch zur reinen Evaluierung von Alternativstrategien bestens geeignet. Da die Portfolio-Analyse einen ausgeglichenen Zahlungsstrom anstrebt, interessiert uns besonders der Fall, daß der Ressourcenbedarf ^ durch den Mittelbedarf Cj (MAJ definiert wird (nicht diskontierter Zahlungsstrom zwischen 0 und T). Der Bedarf kann selbstverständlich negativ sein, wenn intern erzeugte Mittel entnommen werden sollen. Umgekehrt kann ein Ausgleich des Zahlungsstroms der ersten T Perioden durch externe Mittelzufiihrung erfolgen. Diese sei für den gleichen Zeitraum auf maximal B Geldeinheiten beschränkt. Damit nimmt Gl. 49 folgende Form an: (50)
£Ci(MAi)^B
Testbeispiel. Das aus Gl. 47 und 50 bestehende Modell wurde für einen Testfall von drei Geschäftseinheiten gerechnet, wobei der Zielbeitrag z, als Gewinn im Zieljahr T = 5 definiert war. Wie aus Bild 3 ersichtlich, resultierten die (retrospektiv berechneten) optimalen Zielmarktanteile der Firma in einer wesentlichen Gewinnverbesserung gegenüber der tatsächlichen Entwicklung. Dabei wurde die gleiche Mittelzuführung zugrundegelegt, nämlich B = 0. Ferner zeigt Bild 4, daß die optimale Strategie einer Geschäftseinheit (z. B. SGE A) von der Mittelrestriktion B abhängen kann, was in der herkömmlichen Portfolio-Analyse nicht deutlich wird. Doch kommen auch Fälle einer erstaunlichen Robustheit der optimalen Strategie bezüglich B vor (SGE B). Im übrigen weichen die Strategieempfehlungen mehr oder weniger von denjenigen der Portfolio-Analyse ab. Geschäftseinheit B würde normalerweise als Stern betrachtet (hohes Markt-
Strategischer Teil
351
Wachstum, hoher relativer Marktanteil), wird jedoch in der optimalen Lösung über weite Bereiche von B so behandelt, wie es die Portfolio-Analyse für Cashkühe vorsieht: der Marktanteil wird im wesentlichen gehalten, allenfalls leicht zurückgenommen. Dagegen wird er bei SGE A deutlich zurückgenommen, obwohl es sich nach der Portfolio-Analyse um einen Stern oder ein Fragezeichen handelt. Solche Ergebnisse deuten darauf hin, daß Strategieempfehlungen vermutlich differenzierter gehandhabt werden sollten, als es in der Portfolio-Analyse der Fall ist, und daß weitere Einflußgrößen zu berücksichtigen wären. Die Portfolio-Analyse bedarf daher der Weiterentwicklung durch quantitative Modelle.
Bild 3
Tatsächliche und optimale Zielmarktanteile A
B
C
M a r k t wachst um [/„ ]
19,0
15,0
10,0
-
Startmarktanteil [%]
19,7
6,3
6,4
-
Zielmarktanteil [%] - Ist - optimal
16,4 15,7
4,9 5,8
10,3 8,4
-
3,7 3,6
40,2 53,0
28,0 21,0
72,0 78,0
Geschäftsfeld
Gewinn Zieljahr [Mio G E ] - Ist - optimal
Gesamt
-
Marktanteil (*)
SGE A: Start bei 19.7
SGE B:
Bild 4
Start bei 6.3
I
I
500
1000
2000
Optimale Zielmarktanteile bei variabler Mittelzuführung B
3000
- B (GE)
352
Strategischer Teil
Einfachere Gewichtungsmodelle als Einstieg Die vorstehenden Portfolio-Modelle stellen für die meisten Firmen eine größere Innovation dar: die Strategieauswahl wird der Zentrale zugewiesen, was eine Umstrukturierung der Marktverhältnisse bedeuten kann; die Geschäftseinheiten haben Alternativstrategien zu konzipieren und entsprechende Daten beizubringen, womit sie vielleicht zunächst überfordert sind; die Ressourcenzuweisung ergibt sich erst als Folge einer neuartigen Strategieauswahl. Es kann sich daher empfehlen, in einem kleineren Innovationsschritt zunächst die Ressourcenzuweisung mit gröberen Methoden in mehr formale Bahnen zu lenken. Hierzu eignen sich einfachere Prioritätsmodelle. Prioritätsmodelle zur Planung der Ressourcenzuweisung. Immer wenn die genauere Wirkung des Ressourceneinsatzes mangels Durchblick, Information oder Aufwand unklar bleibt, scheiden anspruchsvollere Kalküle aus. Als praktischer Ausweg bietet sich an, gröbere Vorstellungen von der relativen Wichtigkeit („Priorität") der möglichen Einsatzgebiete zu entwickeln und den Ressourceneinsatz nach diesen Prioritäten zu schlüsseln. Relative Prioritäten - diese sind praktisch als Dezimalbrüche auszudrücken, die sich zu 1 addieren - können entweder direkt von Führungskräften geschätzt oder aus verfügbaren Daten entwickelt werden. In der Praxis müssen beide Wege parallel beschritten werden. Um den strategischen Geschäftseinheiten relative Prioritäten zuzuordnen, kann man zunächst versuchen, von denselben groben Informationen auszugehen, die bei der Portfolio-Analyse ohnehin anfallen, sowie die Orientierung an der Ertragserwartung beizubehalten. Ressourcenzuteilung aufgrund der Ertragserwartung. Angenommen, die Portfolio-Analyse habe für jede Geschäftseinheit i den gegenwärtigen Marktanteil, das gegenwärtige Marktpotential und die (für einige Zeit konstant gedachte) Wachstumsrate des Marktpotentials erarbeitet. Nach den üblichen Regeln ergibt sich daraus ein „Start-Portfolio" (Bild 5) mit entsprechender Typisierung der Geschäftseinheiten. Die Ressourcenzuweisung an die Geschäftseinheiten erfordert einige Überlegung zum „Ziel-Portfolio", da sie nicht unabhängig von der künftig angestrebten Wettbewerbsposition erfolgen kann. Ein handlicher Maßstab hierfür ist der angestrebte Marktanteil in einem Zieljahr. Für die „Kühe" und „Hunde" bietet die Fixierung einer entsprechenden Zielsetzung - und damit zusammenhängend die Ressourcenzuteilung - kein besonderes Problem. In Bild 6 wurde für Geschäftseinheit 2 (Kuh) die Beibehaltung des gegenwärtigen Marktanteils, für Geschäftseinheit 4 (Hund) die Senkung auf den Wert 0 vorgesehen. Dies entspricht den Regeln der Portfolio-Analyse, die für Kühe nur noch Stabilisierungsinvestitionen (im Beispiel 2 Mio Geldeinheiten), für Hunde die Desinvestition (im Beispiel 1 Mio Geldeinheiten Erlös) vorsieht. Vom gesamten Investitionsbudget von 11 Mio Geldeinheiten verbleiben demnach noch 10 Mio Geldeinheiten für die Geschäftseinheiten 1 und 3. Bild 5
Startportfolio für das Jahr 0
Geschäftseinheit 1 2 3 4
Typ
Stern Kuh Fragezeichen Hund
Marktwachstum [%]
Marktanteil
7,5 2,5 7,5 2,5
0,25 0,25 0,15 0,15
Marktpotential [Mio GE] 30 80 20 40
Umsatz [Mio GE] 7,5 20,0 3,0 6,0
Kap. 11: Optimierung des bestehenden Portfolios Bild 6
Zielportfolio für das Jahr 6 mit Zuweisung der Investitionsmittel
Geschäfts- Markteinheit anteil 1 2 3 4
353
0,35 0,25 0,20 0,00
Marktpotential [Mio GE]
Umsatz
46,3 92,8 30,9 46,4
16,2 23,2 6,1 0,0
Priorität*
Gewicht
[Mio GE] 42,5 -
9,2 -
-
\),82 -
0;18 -
1,00
Investition [Mio GE] 8,2 2,0 1,8 -1,0 11,0
* Marktwachstum x Zielmarktanteil 2 x Zielmarktpotential
Hier (also bei den „Sternen" und „Fragezeichen") liegt das eigentliche Problem. Bei den Geschäftseinheiten 1 und 3 wurde eine erhebliche Marktanteilssteigerung für möglich gehalten und vorgesehen. Aufgrund des gewachsenen Marktpotentials (siehe Wachstumsrate in Bild 5) ergibt sich eine entsprechende Umsatzsteigerung. Solange genauere Informationen nicht vorliegen, bietet sich beispielsweise an, die Investitionsmittel proportional zu einem groben Indikator des Gewinnpotentials zu verteilen. Das Gewinnpotential in einem Zieljahr hängt seinerseits ab von der Größe der Geschäftseinheit (taxierbar durch Zielmarktanteil x Marktpotential im Zieljahr), der Lebensphase (grob taxierbar durch die Wachstumsrate des Marktes) und den Kostenvorteilen durch Lernprozesse und Größendegressionen (grob taxierbar durch den Zielmarktanteil). Diese im Sinne der Portfolio-Analyse geführte Argumentation legt nahe, die Größe „Marktwachstum x Zielmarktanteil 2 x Marktpotential im Zieljahr" als Prioritätsmaß für Sterne und Fragezeichen zu nutzen. Dies ist in Bild 6, Spalte 5 durchgeführt. Spalte 6 zeigt die entsprechenden Gewichte, nach denen die verbleibenden Investitionsmittel von 10 Mio Geldeinheiten zugeschlüsselt werden. Es sollte offenkundig sein, daß dieser Vorschlag eine Diskussionsgrundlage auf der Basis minimaler Informationen darstellt. Werden bei Diskussion des Investitionsvorschlags Unterschiede zwischen den Geschäftseinheiten geltend gemacht, die in den Minimaldaten der Portfolio-Analyse keinen Niederschlag gefunden haben - beispielsweise Unterschiede in der Produktivität des eingesetzten Kapitals oder der Ausgangsposition des Marktanteils - so sollte dieser erfreuliche Informationszuwachs alsbald festgehalten, formalisiert und in den Prioritätsindex eingearbeitet werden. Das Verfahren erlaubt zahlreiche Varianten und damit eine flexible Anpassung an die jeweilige Situation und ihre Informationsbasis. Stellt sich heraus, daß die Ressourcenzuteilung teilweise unter einer „kritischen Masse" liegt, so daß von einer Verzettelung der Mittel gesprochen werden muß, so kann wiederum der Prioritätsindex herangezogen werden, um eine stärkere Konzentration herbeizuführen. Ressourcenzuteilung unter Berücksichtigung des Risikos. Die formale Berücksichtigung des Risikos erfordert einige zusätzliche Schätzungen, die von der PortfolioAnalyse gewöhnlich nicht erbracht werden, aber erfahrenen Marktkennern keine Schwierigkeiten bereiten dürften. Hierzu sind zunächst ein mittleres sowie ein pessimistisches Umweltszenario zu entwickeln. Das mittlere Szenario entspricht den im vorigen Abschnitt geschätzten Umsatzentwicklungen. Das Risiko einer Geschäftseinheit kann (beispielsweise) durch den Umsatzausfall im pessimistischen Szenario
354
Strategischer Teil
gegenüber dem mittleren Szenario gemessen werden. Der im pessimistischen Fall verbleibende Bruchteil des Umsatzes im mittleren Fall sei kurz als der „Sockelfaktor" bezeichnet. Er kann für Geschäftseinheiten, die von schlechter Konjunktur profitieren, auch größer als 1 sein. Je größer der Zahlenwert, desto attraktiver die Geschäftseinheit vom Standpunkt des Risikos. Es liegt daher nahe, den Sockelfaktor zum bisherigen Prioritätsindex hinzuzumultiplizieren und die Geschäftseinheiten nach dem Wert des Produkts zu ordnen. Offenbar erhalten die Geschäftseinheiten mit hohem Risiko (niedrigem Sockelfaktor) ein niedrigeres Gewicht und damit eine niedrigere Ressourcenzuteilung als zuvor. Entwickelt sich eine Geschäftseinheit im pessimistischen Szenario günstig, so erhält sie eine entsprechend höhere Ressourcenzuteilung und trägt damit zum Ausgleich ungünstiger Risiken anderer Geschäftseinheiten bei. Die resultierende Ressourcenzuteilung entspricht eher einer risikoscheuen Haltung, insofern sie sich an den pessimistischen Ergebnissen (Sokkelwert) orientiert. Sie sollte daher mit der früheren, nur auf Ertragserwartung basierenden Zuteilung verglichen werden. Zweckmäßig bildet man aus beiden Zuteilungen einen gewichteten Durchschnitt, wobei das Gewicht die Risikopräferenz reflektiert. Ressourcenzuteilung aufgrund allgemeiner Zielgewichtung. Werden außer Ertragserwartung und Risiko weitere Ziele in Betracht gezogen, so leuchtet ein, daß die Prioritäten der Geschäftseinheiten von der Gewichtung der Ziele abhängen müssen, zu denen sie beitragen. Bild 7 zeigt in der ersten Ebene verschiedene Unternehmensziele j mit den Gewichten W j . Die praktische Erfahrung hat gezeigt, daß Führungskräfte bei entsprechender Anleitung durchaus in der Lage sind, die Zielgewichte von vornherein zu schätzen. Wir werden jedoch auch Modelle vorstellen, die dies nicht erfordern. In der zweiten Ebene von Bild 7 sind die Geschäftseinheiten i aufgeführt. Führungskräfte sind ebenfalls in der Lage, die einzelnen Geschäftseinheiten i bezüglich ihres relativen Beitrags zu einem ganz bestimmten Ziel j zu vergleichen und zu gewichten. Wir bezeichnen die relativen Zielbeiträge mit w^. Gesamtz iel
1 . Umsatz
Bild 7
2. Gewinn
3. R i s i k o
4. B e s c h ä f t i g u n g
5. Techn. V o r s p r u n g ( z . B . F&E-Aufwand)
Gewichtung der Geschäftseinheiten durch allgemeine Zielgewichtung und relative Zielbeiträge
Kap. 11: Optimierung des bestehenden Portfolios
355
Definitionsgemäß addieren sie sich über alle Geschäftseinheiten i zu 1, und zwar für jedes Ziel j. Indem wir jeden relativen Zielbeitrag einer Geschäftseinheit mit dem entsprechenden Zielgewicht multiplizieren und über alle Ziele summieren, berechnen wir das folgende Gesamtgewicht der Geschäftseinheit i: W,2=£w3Wj1 0 = 1 3) j=i Die so berechneten Gewichte, die sich automatisch zu 1 addieren, werden nun zur Zuschlüsselung der Ressourcen herangezogen. (51)
Dieser von Saaty (siehe Saaty, 1980 sowie Wind und Saaty, 1980) so genannte, aber schon vor ihm von anderen (z.B. Lankers, 1969) praktizierte „analytische Hierarchieprozeß" kann beliebig über weitere Ebenen ausgedehnt werden, so daß schließlich eine Ressourcenzuteilung auf Projektebene oder für einzelne Aktivitäten zustande kommt. Die Methode hat sich in zahlreichen Planungssituationen in der privaten und öffentlichen Wirtschaft bewährt. Vom praktischen Standpunkt ist besonders attraktiv, daß keinerlei absolute Größen, sondern nur relative Gewichte zu schätzen sind. Will man die Zielgewichtung zunächst umgehen, so kann man den gesamten Prozeß für jedes einzelne Ziel durchführen und die resultierenden Ressourcenzuteilungen am Schluß gewichten. Produktivitätsmodell zur Beurteilung alternativer Ressourcenzuteilungen. Die diskutierten Prioritätsmodelle kommen der gängigen Planungspraxis weitestgehend entgegen, die in aller Regel keinen formalen Vergleich von Alternativstrategien anstellt, sondern auf eine einzige Strategie „zugeht". Genau dies tun auch die Prioritätsmodelle: sie führen auf eine bestimmte Ressourcenzuteilung, ein Vergleich alternativer Zuteilungen (bei gleicher Zielgewichtung) ist nicht möglich. Prioritätsmodelle sind also in hervorragender Weise geeignet, sofort in existierende Planungsabläufe integriert zu werden. Ist dies erreicht, sollte jedoch eine Weiterentwicklung stattfinden. Der Verfasser hat sich wiederholt dafür ausgesprochen, daß moderne strategische Planung den formalen Vergleich echter Alternativstrategien beinhalten sollte (siehe Hanssmann, 1978-2, 1980 und 1981-2). Der Gedanke scheint der Praxis nicht prinzipiell unsympatisch, wohl aber zu aufwendig zu sein. Es besteht daher ein Bedürfnis nach einfachen Methoden, die im Informationsbedarf nicht wesentlich über das hinausgehen, was in der Portfolio-Analyse und etwaigen Prioritätsmodellen ohnehin anfällt, und die dennoch eine vergleichende Beurteilung alternativer Ressourcenzuweisungen ermöglichen. Ein entsprechendes Modell soll im Anschluß an die Prioritätsmodelle skizziert werden. Im letzten Prioritätsmodell wurden den Geschäftseinheiten die Ressourcen gemäß den errechneten Gewichten ihrer Zielbeiträge zugeschlüsselt. Als stillschweigende Annahme unterlief dabei, daß die „durchschnittliche Zielproduktivität" der Ressourcen in allen Geschäftseinheiten gleich sei: denn nur dann produzieren nach den Gewichten verteilte Ressourcen Zielbeiträge, die ebenfalls nach den Gewichten verteilt sind. In Abwesenheit genauerer Informationen ist dies die natürlichste Annahme. Es erfordert jedoch verhältnismäßig wenig Mehraufwand, die Zielproduktivität der Ressourcen nach Geschäftseinheiten und Zielen zu unterscheiden, womit die wichtige Möglichkeit eröffnet wird, Umverteilungen der Ressourcen in ihrer Auswirkung auf die Unternehmensziele zu studieren. Angenommen, eine erste Planung - beispielsweise per Prioritätsmodell - habe eine Ressourcenzuteilung a, (Investitionsaufwand in Geldeinheiten) ergeben. Dar-
356
Strategischer Teil
aus resultieren gewisse absolute Zielbeiträge z ;j der Geschäftseinheiten i zu den einzelnen Zielen j, die im Rahmen einer Planung ohnehin geschätzt werden. In erster grober Näherung (die leicht zu verfeinern ist) kann der Investition a ; eine „durchschnittliche Zielproduktivität" z^/a; bezüglich des Zieles j zugeordnet werden. Nehmen wir an, daß diese Produktivitäten bei veränderter Ressourcenzuteilung X; in erster Näherung erhalten bleiben, so resultiert die Umverteilung in folgenden absoluten Zielbeiträgen für jedes Ziel j : (52)
Zj
= £ (zy/aOxi i— 1
(j = 1,..., 5)
Auch der für das Risiko maßgebende Sockelumsatz kann so behandelt werden. Die Veränderung des Gesamtrisikos durch Ressourcenumverteilung ist besonders interessant. Sie kann mit Hilfe vorstehender Formel leicht studiert werden. Damit sind wir in der Lage, die Auswirkung von Umverteilungen auf alle Unternehmensziele inklusive Risiko mittels einfacher Rechnungen zu evaluieren. Der Ausbau des Ansatzes zu einem linearen Optimierungsmodell liegt auf der Hand, die Ermittlung „effizienter" Zielkombinationen mittels Optimierungsrechnung wird möglich. Zu betonen ist, daß der Datenbedarf über die gängigen Ergebnisse einer einzigen Planalternative nicht hinausgeht, mit Ausnahme vielleicht des „Sockelfaktors", dessen Berücksichtigung aber unbedingt anzuraten ist. Hat eine Umverteilung der Ressourcen Zielergebnisse gezeitigt, die gegenüber der Ausgangsverteilung attraktiver erscheinen, so empfiehlt sich allerdings eine nochmalige direkte Schätzung der Zielergebnisse, wobei Abweichungen von den unterstellten Zielproduktivitäten zutage treten können. Weitere Iterationen aufgrund angepaßter Produktivitäten sind selbstverständlich möglich. Der Datenbedarf wird damit nur schrittweise und in bescheidenem Rahmen erhöht. Stochastische Portfoliomodelle Ein absolut kritischer Aspekt der strategischen Portfolio-Planung, der weder in der Theorie noch in der Praxis genügend Beachtung gefunden hat, ist der des Gesamtrisikos eines Geschäftsfeldportfolios. Wir könnten ebensogut vom Unternehmensrisiko im Gegensatz zum Risiko eines einzelnen Geschäftsfeldes sprechen. Das Unternehmensrisiko setzt sich zwar aus den Risiken der einzelnen Geschäftsfeldstrategien zusammen, doch nicht in leicht überschaubarer Weise. Da eine Unternehmung bei aller Risikofreudigkeit in einzelnen Geschäftsfeldern ihr Gesamtrisiko begrenzen muß, besteht ein starkes Bedürfnis nach Messung des Gesamtrisikos. Dies wird auch aus der Praxis bestätigt (Ball, 1978). Ball führt im einzelnen aus, daß das Problem in seiner Firma (Gulf Oil Company) im wesentlichen ungelöst sei, obwohl sie andererseits zu den Pionieren in der Anwendung deterministischer Portfoliomodelle gehört. Die folgenden Zitate sind besonders aufschlußreich: "The essence of development or synthesis of a corporate strategy should be the analysis of risk, but our planning model does not take risk into account. The reason: we do not know how to do it on the scale we are talking about in Gulf. We wish to determine risks at the very lowest level in our planing cycle, at the level at which our Strategic Business Units are considering the projects that make up the capital requirements that go into alternative business plans, and then flow these alternative, risk projected plans, upwards to corporate. The first problem is establishing consistency on the defini-
Kap. 11: Optimierung des bestehenden Portfolios
357
tion and calculation of risk among the large number of diverse business units. The second problem is the level at which the risks are consolidated, the extent of the consolidation, and the technique for doing so. The third problem is determining the formal, quantitative, risk attitude of the corporation". (Ball, 1978). Bei den deterministischen Portfolio-Modellen bleibt die Behandlung des Risikos in der Tat unbefriedigend. Man kann zwar optimistische, mittlere und pessimistische Szenarien zusammenstellen und die Ergebnisse der Unternehmensstrategie bei pessimistischen Szenario als Maßstab des Risikos heranziehen. Solange jedoch das pessimistische Szenario als gleichzeitige Realisierung der pessimistischen Werte aller Umweltparameter definiert ist, muß es als extrem unwahrscheinlich gelten, da die Unsicherheiten der Parameter nicht durchweg stark positiv korreliert sind. Die Beurteilung des strategischen Risikos bezüglich eines derart unwahrscheinlichen Szenarios scheint wenig relevant. Zugleich wird deutlich, daß eine realistischere Einschätzung des Risikos die Korrelationen der einzelnen Unsicherheiten berücksichtigen muß. Korrelationen zwischen unsicheren Größen rühren oft daher, daß eine gemeinsame Einflußgröße existiert, die ihre Unsicherheit vermöge bestimmter Zusammenhänge systematisch auf die übrigen Größen überträgt. Wir können daher korrelierte Unsicherheiten (oder Risiken) auch als systematische, unkorrelierte als statistische Unsicherheiten (oder Risiken) bezeichnen. Unkorrelierte oder gar negativ korrelierte Unsicherheiten, beispielsweise der Nachfrage in verschiedenen Geschäftsfeldern, sind für den Risikoausgleich besonders interessant. Positive Korrelationen schränken die Möglichkeiten des Risikoausgleichs ein. Beide Effekte müssen berücksichtigt werden. Obwohl diese Zusammenhänge aus der Wertpapier-Portfoliotheorie im Prinzip bekannt sind, fehlt noch ein befriedigendes stochastisches Portfoliomodell für die Unternehmensplanung. Im folgenden wird anhand eines konkreten Beispiels versucht, diese Lücke zu schließen. Kapazitätsplanung bei korrelierten Märkten Eine Firma sei in den Geschäftsfeldern i = 1 , . . . , n tätig. Die Marktpotentiale MPj im Planjahr seien unsicher, mögen aber gemeinsamen externen Einflußgrößen unterliegen. Bezüglich dieser Einflußgrößen definieren wir zunächst drei externe (z. B. volkswirtschaftliche) Szenarien S 1 ; S 2 und S 3 . Hierbei bezeichnet Sj das optimistische, S 3 das pessimistische externe Szenario. Obwohl wir drei diskrete Szenarien definiert haben, sollen diese die (im Prinzip kontinuierlichen) Möglichkeiten einigermaßen vollständig repräsentieren und überdies genügend wahrscheinlich sein. Wir weisen daher den drei Szenarien Wahrscheinlichkeiten vergleichbarer Größenordnung zu, die sich zu 1 addieren. Für das folgende Beispiel gelte: (53)
W(Sj) = 0,35 W(S 2 ) = 0,50 W(S 3 ) = 0,15
Der systematischen Einwirkung der externen Szenarien auf alle Marktpotentiale MP; [ME/J] tragen wir dadurch Rechnung, daß wir für jedes Szenario eine bedingte Wahrscheinlichkeitsverteilung des Marktpotentials schätzen lassen. Beispielsweise kann man für jedes Szenario drei Werte des Marktpotentials angeben, die als Parameter einer Dreiecksverteilung dienen.
358
Strategischer Teil
Aufgrund einer bestimmten Produkt- und Preispolitik rechne die Firma ebenfalls mit bestimmten bedingten Verteilungen des erreichbaren Marktanteils. Im Beispiel von Bild 8 sind diese Verteilungen für alle Szenarien identisch angenommen. Die absetzbare Menge x, ergibt sich damit als Produkt zweier Zufallsvariabler: (54)
Xj = MAj x MP;
(i = 1, ..., n)
Offen sei vor allem die Kapazitätspolitik. Die Schaffung einer Kapazität y, [ME/J] möge im Planjahr einen Fixkostenzuwachs FK f (y,) bringen und eine zwischenzeitliche Investition INV; (y;) erfordern. Über die zeitliche Verteilung der Investitionen zwischen der Gegenwart und dem Planjahr wird nichts ausgesagt. Die soeben eingeführten Symbole sollen als mittlere Werte der Fixkosten und Investitionen bei mittlerem Szenario aufgefaßt werden. Hohe und niedrige Werte (bei mittlerem Szenario) werden durch 10%ige Variation angesetzt. Vereinfachend nehmen wir an, daß die resultierenden Dreiecksverteilungen für alle Szenarien identisch seien. Die variablen Kosten Vj weisen mit Rücksicht auf die volkswirtschaftliche Lohnentwicklung szenarioabhängige Verteilungen auf. Der Preis p, ist Entscheidungsvariable und sei auf einen bestimmten Wert fixiert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Kapazität y; die tatsächlich abgesetzte Menge nach oben begrenzt, können wir den Gewinn aller Geschäftseinheiten zusammen wie folgt schreiben: (55)
G = X i
(yi) = I KP. - Vi) min {x ; ; y,} - FK ; (yj] i
Die Verteilung V(Gj) des Gewinns einer einzelnen Geschäftseinheit muß sich durch risikoanalytische Operationen (OP) aus den Verteilungsfunktionen der in Gl. 55 rechts stehenden Zufallsvariablen sowie den Wahrscheinlichkeiten der Szenarien herleiten lassen. Überdies hängt sie von der Entscheidungsvariablen y ; ab. Wir schreiben daher symbolisch: (56)
V(Gj) = OP {V(MPj), V(MAj), V(FKj)| V(S), y j
Die Operation OP läßt sich bequem mit dem Monte Carlo-Verfahren durchführen : man zieht zuerst eine Stichprobe des Szenarios S, dann je eine Stichprobe der übrigen in Gl. 56 rechts stehenden Zufallsvariablen unter Zugrundelegung der bedingten Verteilungen, die dem zuvor gezogenen Wert von S entsprechen. Das gleiche Verfahren ist für sämtliche Geschäftseinheiten unter Zugrundlegung ein und desselben Stichprobenwerts des Szenarios S durchzuführen. Man erhält damit Stichprobenwerte von Xj, F K b v i; die die Korrelationen aufgrund gemeinsamer EinflußgröBild 8
Bedingte Verteilungen der Variablen eines Geschäftsfeldes i für alternative externe Szenarien
Geschäftsfeldvariable
Externes Szenario S 2 (0,50)
Sj (0,35)
MP i
132
MAj
wie S 2
FK,
wie S 2
FKiiyJ+lO0/
INV;
wie S 2
INV| (y,) ± 10%
Vi
0,87
120
108
0,82 0,80
110
100
20,5 20,0
",85 0,89
S3 (0.15)
90
93
19,5
wie S 2
..,78
85
77
wie S 2 wie S 2 0,82 0,72 0,75
Kap. 11 : Optimierung des bestehenden Portfolios
359
ßen (S) voll berücksichtigen. Durch Einsetzen in Gl. 55 erhält man eine entsprechende Stichprobe des Gesamtgewinns und durch Wiederholung die Verteilung des Gesamtgewinns. Diese dient der Messung des Gesamtrisikos. Zahlenbeispiel für eine Autofirma Wir beziehen uns auf die Fallstudie A im Anhang und die dort untersuchten Alternativstrategien einer Automobilfirma. Von besonderem Interesse waren die Strategien I und III, die sich kurz wie folgt umreißen lassen: Strategie I: Traditionelle Produktlinie, starre Kapazitäten in bestimmter Höhe Strategie III: Gestraffte Produktlinie, flexible Kapazitäten in bestimmter Höhe Die Höhe der Kapazitäten ist in Bild 9 nochmals zusammengestellt. Die Abgrenzungen der SGE sind für beide Strategien nicht identisch. Während in der Fallstudie nur 2 Szenarien mit zugehörigen festen Werten der Geschäftsfeldvariablen angenommen wurden, legen wir jetzt 3 Szenarien Sj, S 2 und S 3 mit zugehörigen bedingten Verteilungen der Geschäftsfeldvariablen zugrunde. Die Wahrscheinlichkeiten der Szenarien und das Format der bedingten Verteilungen entsprechen Bild 8. Die Strategien I und III sollen aufgrund der Gewinnverteilungen verglichen werden. Für jede Strategie wurden 2000 Monte Carlo-Stichproben der Szenarien und der Geschäftsfeldvariablen erzeugt und darauf aufbauend 2000 Werte des Gewinns nach Gl. 55 berechnet. Daraus ergaben sich die kumulativen Gewinnverteilungen von Bild 10. Man erkennt, daß Strategie III „stochastisch dominant" ist, d. h. jeden Wert des Gewinns mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit unterschreitet (also mit höherer Wahrscheinlichkeit überschreitet). Hierdurch bewirkt Strategie III eine ganz beträchtliche Reduktion des Risikos. Beispielsweise wird ein Absinken des Gewinns unter 750 Mio DM/J bei Strategie III mit 82,7%iger Wahrscheinlichkeit nicht eintreten, dagegen bei Strategie I nur mit 50,2%iger Wahrscheinlichkeit (siehe Bild 11).
Bild 9 SGE
Kapazitäten der Alternativstrategien* [E/J] Strategie I
Strategie III
1 2
310 220
240 110 160 (1 oder 2)
3 4
240 140
165 60 125 (3 oder 4)
5
20
20
930
880
* Strategie I : Traditionelle Produktlinie, starre Kapazitäten Strategie III : Gestraffte Produktlinie, flexible Kapazitäten SGE-Abgrenzungen unterschiedlich
360
Strategischer Teil
GEWINN
[MIO.
DM/J)
Bild 10
Risikoanalyse für zwei Strategien
Bild 11 [%]
Risiko vergleich: Wahrscheinlichkeit der Überschreitung bestimmter Gewinnwerte
Gewinn [Mio D M / J ] 0 250 500 750
Strategie I
Strategie III
99,5 94,8 81,3 50,2
100 100 99,2 82,7
Verallgemeinerungen Die auf Alternativszenarien gestützte stochastische Risikoanalyse ist ein sehr flexibles Instrument. Sie kann auf beliebige quantitative Entscheidungskriterien keineswegs nur den Gewinn des Zieljahres - angewandt werden, sofern nur die Einflußgrößen und ihre Verteilungen gemäß Bild 8 erfaßt sind und die Gl. 55 entsprechenden Modelle bereitgestellt werden. Verteilungsfreie Risikoanalyse in Portfolio-Modellen Will man auf das Studium des statistischen Risikos und Risikoausgleichs verzichten, so genügt es, für jedes externe Szenario (S^ S 2 , S 3 ) je einen festen Wert der Geschäftsfeld variablen anzunehmen. Die bedingten Verteilungen in Bild 8 werden dann auf bestimmte Werte reduziert. Diese sollte man so wählen, daß die insgesamt entstehende Konstellation einer Spalte noch genügend wahrscheinlich ist, um als Grundlage der Bewertung des systematischen Risikos dienen zu können. Es entstehen also drei noch genügend wahrscheinliche Gesamtszenarien S^, S'2, S'3 von denen das pessimistische der Risikobeurteilung dient.
Kap. 11: Optimierung des bestehenden Portfolios
361
Felzmann (1982) hat das deterministische ganzzahlige Portfolio-Modell von Kap. 11 in diesem Sinne weiter entwickelt. Auf dem Hintergrund dreier volkswirtschaftlicher Szenarien werden drei entsprechende Koeffizientensätze für Zielfunktion und Restriktionen des Modells geschätzt. Jede Strategie (d.h. jede Konstellation der binären Auswahlvariablen) kann nun auf ihre Resultate und die Verletzung von Restriktionen in allen drei Szenarien geprüft werden. Von besonderer Bedeutung sind Restriktionen, die gewisse Ergebnisse im pessimistischen Szenario beschränken (Risikobeschränkung). Auch die Zielfunktionskoeffizienten können wahlweise verschiedenen Szenarien entnommen werden. Dies ist von besonderer Bedeutung bei Optimierungsläufen. Felzmann hat diese Vorgehensweise für eine Firma konkretisiert, die u.a. die Geschäftseinheiten „Kfz-Teile" und „Erwärmungsanlagen" enthält. Für jede SGE sieht er zunächst drei Alternativstrategien vor. Diese werden (hinsichtlich des Marktes) als aggressive, mittlere und gedämpfte Strategie bezeichnet und inhaltlich genauer definiert. Da ferner die benötigten Anlagen durch Kauf oder Leasing erworben werden können, verdoppelt sich die Zahl der Alternativen auf sechs je Geschäftseinheit. Die hieraus kombinierbaren Unternehmensstrategien werden anhand eines ökonomischen Zielkriteriums bewertet (z. B. diskontierter Zahlungsstrom oder diskontierte Jahresüberschüsse mit oder ohne Inflationsbereinigung für unterschiedliche Zeiträume). Die Unternehmensstrategien müssen ferner folgende Restriktionen erfüllen. 1. Gewinnrestriktion: ein Mindestgewinn darf nicht unterschritten werden 2. Personalrestriktion: die Veränderungen des Personalsbestandes, insbesondere etwaige Entlassungen, werden beschränkt 3. Finanzrestriktion: die Bilanzsumme ist mindestens zu einem Drittel durch Eigenkapital zu finanzieren Die Umweltszenarien werden in optimistischer, mittlerer und pessimistischer Version definiert. Die pessimistische Version beinhaltet u. a. eine gedämpfte ökonomische Entwicklung und eine kritische Energiesituation mit entsprechenden Auswirkungen auf die Automobilindustrie. Für die oben erwähnten Restriktionen ergibt sich damit die interessante Frage, für welches Szenario sie gefordert werden sollen. Der Verfasser unterscheidet zwei Fälle. Bei „progressiver" Einstellung der Leitung wird die Zielfunktion (mit mittleren Koeffizienten) langfristig angelegt, die Personal- und Finanzierungsrestriktionen werden nur für das mittlere Szenario gefordert. Die Gewinnrestriktion wird dagegen für das pessimistische Szenario gefordert, jedoch mit einem relativ niedrigen Mindestgewinn. Bei „konservativer" Einstellung ist die Zielfunktion kurzfristiger angelegt, alle Restriktionen werden für das pessimistische Szenario gefordert, der geforderte Mindestgewinn im pessimistischen Fall ist höher. Für die Zielfunktion können in beiden Fällen die Koeffizienten des mittleren Szenarios eingesetzt werden, es bestehen jedoch weitere Möglichkeiten. Die Ergebnisse entsprechender Optimierungsrechnungen sind sehr interessant. Die optimale progressive und konservative Strategie unterscheiden sich vor allem in den gewählten Teilstrategien der SGE „Kfz-Teile" und „Erwärmungsanlagen". Bei progressiver Strategie, die mehr auf schönes Wetter abstellt, engagiert sich die Firma stark im Kfz-Teile-Markt (aggressive Strategie), während bei den Erwär-
362
Strategischer Teil
mungsanlagen eine gedämpfte Strategie gewählt wird. Das Unternehmenswachstum ist im mittleren Szenario beträchtlich, doch müssen im pessimistischen Fall Entlassungen sowie Verluste in Kauf genommen werden, deren Größe das Modell ausweist. Bei konservativer Strategie, die besonders auf Absicherung gegenüber einer pessimistischen Umweltentwicklung abzielt, wird das Engagement auf dem Kfz-Teile-Markt reduziert und bei den Erwärmungsanlagen verstärkt. Das Unternehmenswachstum ist im mittleren Szenario nur noch gering, doch wird im pessimistischen Fall ein beträchtlicher Mindestgewinn eingehalten.
Kapitel 12: Management kritischer Ressourcen/Finanzierung Die Beschaffung und/oder Allokation kritischer Ressourcen, die von allen Geschäftseinheiten genutzt werden, ist eine Aufgabe der Unternehmensleitung. Der bekannteste und wichtigste Fall eines solchen Ressourcenmanagements ist die Finanzpolitik auf Unternehmensebene. Ihre Unterstützung durch finanzorientierte Unternehmensmodelle (corporate financial models) soll das Hauptthema dieses Kapitels sein. Finanzorientierte Modelle weisen explizite Entscheidungsvariablen hauptsächlich im Finanzbereich auf. Der Gestaltungsspielraum im Finanzbereich wird relativ umfassend abgebildet. In den übrigen Bereichen werden entweder keine oder nur relativ wenige Entscheidungsvariablen vorgesehen. Will man Wechselwirkungen zwischen Finanzierungsstrategie und nicht-finanziellen Gestaltungsalternativen untersuchen, so ist dies auch dann möglich, wenn das Modell keine nicht-finanziellen Entscheidungsvariablen enthält. Doch erfordert dann jede nicht-finanzielle Gestaltungsalternative einen neuen Datensatz. Eine besonders unglückliche, aber häufig anzutreffende Modellgestaltung liegt vor, wenn die nicht-finanziellen Bereiche in großem buchhalterischen Detail dargestellt sind. Dann erfordert jede nicht-finanzielle Alternative eine aufwendige „computergestützte Vorwärtsbuchhaltung" (siehe Kapitel 8), ehe die zusammengefaßten Daten zur Verfügung stehen, die für die Wechselwirkungen mit der Finanzierungsstrategie von Bedeutung sind. Damit geht der für das Topmanagement wichtige Überblick über diese Wechselwirkungen verloren, und das Modell entwickelt sich eher zum Spielzeug einer Stabsgruppe als zu einer echten Entscheidungshilfe für das Topmanagement. Aus eben diesem Grunde entwickelten Carleton/Davis (1976) eine Modellkonzeption, bei der die nicht-finanziellen Bereiche sehr gerafft dargestellt werden und das Modell im ganzen so klein und übersichtlich bleibt, daß Finanzstrategien und nicht-finanzielle Alternativen in Echtzeit verarbeitet werden können. Sogar Optimierungen der Finanzstruktur bezüglich einzelner finanzwirtschaftlicher Ziele unter Einhaltung von Nebenbedingungen für andere Ziele sind (mit linearer Optimierung) in Echtzeit möglich. Eine detaillierte computerunterstützte Vorwärtsbuchhaltung in den nicht-finanziellen Bereichen wird abgekoppelt: sie leistet allenfalls Zubringerdienste zur Bereitstellung von Inputdaten des kompakten finanzstrategischen Modells. Diese Modellkonzeption sollte generell wegweisend sein: die nicht-finanziellen Bereiche sollten sehr summarisch, hochaggregiert und (allenfalls) mit wenigen Entscheidungsvariablen dargestellt werden. Die einfachste Darstellung dieser Art ist
Kap. 12: Management kritischer Ressourcen/Finanzierung
363
ein „Kennzahlenmodell": die wichtigsten hochaggregierten Größen - z. B. Umsatz und Investitionsbedarf - werden durch „Kennzahlen" verknüpft, die indirekt eine bestimmte Entscheidungspraxis widerspiegeln. Unterschiedliche Gestaltungsalternativen können dann durch Veränderung der Kennzahlen beschrieben werden. Wir geben zunächst Beispiele einfacher Kennzahlenmodelle. Dynamisches Kennzahlenmodell mit dem Schwerpunkt Finanzierungspolitik Bei der Modellierung der Umwelt und der Marktpotentiale ergeben sich keine Veränderungen gegenüber früheren Modellkonzeptionen. Wir beginnen daher mit dem Vertriebsmodell. Submodell 1: Vertrieb. Aufgrund des projizierten Marktpotentials MP, [ME] und einer Preispolitik PR t wird die Entwicklung des Marktanteils MA, subjektiv geschätzt. Daraus ergibt sich die Entwicklung des Absatzes (oder umgekehrt): (1)
ABS, = MA, • MP,
Wir erhalten damit die Umsätze: (2)
UMS, = PR, • ABS,
Die Schätzung der variierbaren Vertriebskosten VVK, erfolgt ohne explizite Marktreaktionsfunktion. Vielmehr unterstellt man eine Art „typischen" Konkurrenzverhaltens und eine daraus resultierende Relation zwischen Umsatz und Vertriebskosten der eigenen Firma, die man linear approximiert. Da die Größenordnung der Umsätze schon festliegt, scheint dies vertretbar. Vertriebskosten werden also dem Umsatz proportional gesetzt, wobei der „Vertriebskostenfaktor" /¿„ der zugleich unsere erste Kennzahl darstellt, zu schätzen ist. Es gilt dann: (3)
VVK, = n, UMS,
Die Alternative ist eine direkte Schätzung der Vertriebskosten. Submodell 2: Distribution. Die Distributionskosten werden über einen Distributionskostenfaktor S, [GE/ME] mit dem Absatz verknüpft: (4)
DB, =
ABS,
In ähnlicher Weise denken wir uns den (wertmäßigen) Lagerbestand W," [GE] im Distributionssystem über einen Lagerfaktor w,' [GE/GE] mit dem Umsatz verknüpft : (5) Wi = w,'UMS, Submodell 3: Verwaltung. Genauso verfahren wir mit den Verwaltungskosten unter Verwendung eines Verwaltungskostenfaktors ct>,: (6)
VW, = co, UMS,
Submodell 4: Produktion. Wir nehmen einen Produktionsprozeß mit Materialschwund an. Nur der Bruchteil a der Produktionsmenge Q, erscheint als Endproduktmenge. Wir verkoppeln daher den Produktions- und Absatzbereich wie folgt: (7)
Q, = - ABS, a Die variablen Produktionskosten ergeben sich über einen durchschnittlichen variablen Kostenfaktor g, [GE/ME] wie folgt: (8)
Pt = SiQt
364
Strategischer Teil
Die Kapazität C, sei in derselben Einheit gemessen wie die Produktionsmenge. Der (dimensionslose) Kapazitätsfaktor c, gebe die Kapazität als Vielfaches der Produktion an. Er ist eine Entscheidungsvariable: (9)
C, = c,Q,
Der Buchwert der Produktionsanlagen sei durch einen Buchwertfaktor bt [GE/ME] mit der Kapazität verknüpft: (10)
B, = b, C,
Ferner nehmen wir an, daß die Abschreibungen in Periode t (Fixkosten der Produktionsanlagen) über einen Abschreibungsfaktor a, mit dem Buchwert verknüpft sind : (11)
A, = a, Bt
Selbstverständlich m u ß im konkreten Fall durch empirische Untersuchungen geklärt werden, ob diese linearen Relationen haltbar sind. Auch wenn sich dies bestätigt, kann eine zukünftige Korrektur der Kennzahlen erforderlich sein. Submodell 5: Beschaffung. Die Beschaffungskosten mögen über einen Beschaffungskostenfaktor q, mit der Produktionsmenge zusammenhängen: (12)
BE, = q, Q,
Submodell 6: Finanzierung. Dieses Untermodell, das die expliziten Entscheidungsvariablen enthält, fällt bedeutend detaillierter aus. Wir stellen zunächst eine Liste der verwendeten Symbole voran: E, K, R, e, F,1 z,1 F,2 z,2 f, zt F? v,
= = = = = = = = = = = =
Wt" = = w ' =
5 sind Abschreibungen und Buchwerte gleich null. Im Plastikbereich sind die Investitionen gemäß Bild 11 gegeben: (84)
PIM2, =
30 (1 + 0,05)' 40 (1 + 0,05)' 60 (1 + 0,05)'
wenn KAZ2, = 20 wenn KAZ2, = 40 wenn KAZ2, = 80
Bei lOjähriger Abschreibungsdauer und einer Planungsperiode von nicht mehr als 10 Jahren ergeben sich Abschreibungen und Buchwerte wie folgt: t-1 (85) PAM2, = 0,1 X P I M 2 t T= 1 (86)
PMA2, = PMA2,_! + PIM2, - PAM2,
Durch Zusammenfassung erhalten wir die gesamten Abschreibungen und Buchwerte für Maschinen: (87)
PMA, = PMA1, + PMA2,
(88)
PAM, = PAM1, + PAM2,
Im Bereich der Gebäude kommen Neuinvestitionen nur für die Plastikfabrik in Frage: '3(1+0,08)' wenn t = t' — 1 (89) PIG, wenn t =1= t' - 1 0 Alte Gebäudebestände und Neuinvestitionen werden einheitlich über 30 Jahre abgeschrieben. Für Abschreibungen und Buchwerte ergibt sich daher: t-i (90) PAG, = (PGG 0 + X PIG t )/30 t=i
(91)
PGG, = PGG,_! + PIG, — PAG,
Die variablen Kosten PVK1, im Glasbereich betragen normalerweise 50% des Umsatzes, erhöhen sich aber bei Überschreitung der begrenzten Kapazität durch Überstunden und andere kostspielige Maßnahmen. Wir schreiben daher: (92)
f 0,5 KAB1, PVK1, = I 0,5 K A P l , _ j + 0,7 (KAB1, - K A P l , _ j ) { 0,71 KAP1,_! + 0,9 (KAB1, - 1,3 K A P l , ^ )
wenn A wenn B wenn C
Hierbei sind die Bedingungen wie folgt definiert: A : KAB1, ^ KAP1,_! (93) B: KAP1,_! < KAB1, g 1,3 K A P l , ^ C: 1,3 KAP1,_! < KAB1, ^ 2 K A P l , ^ Die variablen Produktionskosten im Plastikbereich sind durchgehend konstant: (94)
PVK2, = 0,5 KAB2,
386
Strategischer Teil
Durch Zusammenfassung erhalten wir die gesamten variablen Produktionskosten: (95)
PVK, = PVK1, + PVK2,
Vorräte werden in Höhe von 15% des Umsatzes gehalten. (96)
PVO, = 0,15 UMS,
Bei steigender Umsatzentwicklung verändern sie sich nur durch Vorratszunahme: (97)
PVZ, = PVO, - PVO, _!
Nunmehr können die Beiträge des Produktionsbereichs zur Bilanz und zum Ergebnis berechnet werden. Vermögen Produktionsbereich (98)
PV, = PMA, + PGG, + PVO,
Gewinnbeitrag Produktionsbereich (99)
PG, = PVZ, - PVK, - PAM, - PAG,
Finanzierungsmodell. Im Finanzierungsmodell wird der aus Vertrieb und Produktion resultierende Finanzbedarf zusammengefaßt und durch Erhöhung aller Kapitalien um den gleichen Faktor abgedeckt. Dies entspricht der vorausspezifizierten Finanzierungsstrategie. Die Entscheidungsvariablen des Finanzbereichs sind damit festgelegt. Zunächst führen wir wieder einige Festlegungen durch Proportionalitätsfaktoren ein. Zahlungsmittelbestand (100)
FZM, = 0,05 UMS,
Sonstige Verbindlichkeiten (außer Kapitalien) (101)
FSV, = 0,05 UMS,
Forderungen (102)
FFO, = 0,1 UMS,
Die variablen Finanzierungskosten sind im wesentlichen die Zinskosten auf die Salden des lang- und kurzfristigen Fremdkapitals (der Vorperiode): (103)
FVK, = 0,08 FL, _ j + 0,06 FK, _ t
Es wurden Zinssätze von 8% bzw. 6% zugrundegelegt. Die Beiträge zu Vermögen und Gewinn ergeben sich wie folgt: Vermögen Finanzbereich (104)
FV, = FFO, + FZM,
Gewinnbeitrag Finanzbereich (105)
FG, = - FVK,
Durch Zusammenfassung über alle Funktionalbereiche erhalten wir:
Kap. 12: Management kritischer Ressourcen/Finanzierung
387
Bilanz der Vermögen (106)
BV, = VV, + PVt + FV,
Gewinn (107)
G, = VG t + PG t + FG,
Wir kommen zur Kapitalstruktur. Sollen alle Kapitalien um den gleichen Erhöhungsfaktor FEF, verändert werden, so gilt die Bilanzgleichung (108)
BV, = FEF, (EK,_! + F L , . ! + F K , . , ) + FSV, + G,
Daraus kann der Erhöhungsfaktor berechnet werden. Erhöhungsfaktor (109)
FEF, = (BV, - FSV, - G ^ E K , ^ + FL,_i + F K ^ )
Eigenkapital (110)
EK, = F E F . E K , - !
Kurzfristiges Fremdkapital (111)
FK, = FEF, FK,_!
Langfristiges Fremdkapital (112)
FL, = FEF, FL,_!
Die notwendige Grundkapitalerhöhung ergibt sich durch Berücksichtigung der Rücklagenbildung. Rücklagenzugang aus Gewinn der Vorperiode (Thesaurierungssatz TES,_ 1; Steuersatz STT) wenn G,_!
(113)
0
r wenn G._, t-i < 0
Grundkapitalzugang bei Emissionspreis EMP, (114)
GZ, = (EK, — EK,_! — RG,)/EMP,
Grundkapital (115)
GK, = G K , _ ! + G Z ,
Rücklagen (116)
RL, = RL,_j + RG, + (EMP, - 1) GZ,
Schließlich sind folgende Angaben zur Gewinnverwendung von Interesse Dividendenausschüttung =
f ( l - S T A ) ( l - T E S . - O G ,t—i
wenn G,_j 2: 0 wenn G,_, t-i < 0
Dividendensatz (118)
DS, = DA,/GK,_ -i-i1
388
Strategischer Teil
Dividendenausschüttung an „Altaktionäre" DAA, =
t-i -l
Bewertungsmodell. Im Rahmen des Bewertungsmodells werden die Ergebnisse der übrigen Teilmodelle zu Planbilanzen und Planerfolgsrechnungen sowie einigen Kennzahlen zusammengefaßt. Bilanzrelevant sind folgende Größen. Gebäude Buchwert gesamt (120)
GG, = VGG, + PGG,
Maschinen Buchwert gesamt (121)
MA, = VMA, + PMA,
Die Erträge stellen sich wie folgt dar: (122)
ERT, = UMS, + PVZ,
Die Aufwendungen bauen wir wie folgt auf. Abschreibungen Maschinen gesamt (123)
AM, = VAM, + PAM,
Abschreibungen Gebäude gesamt (124)
AG, = VAG, + PAG,
Aufwendungen (125)
AUF, = VVK, + PVK, + FVK, + VVP, + AM, + AG,
Zusammen mit früher eingeführten Größen ergibt sich die Gliederung des Bewertungsmodells in Bild 12. Auf dieser Grundlage sind auch Wachstumsraten und Wachstumsfaktoren sowie die Eigenkapitalrentabilität berechenbar. Die bisherige Modellierung bezog sich auf Strategie II A (interne Entwicklung). Nunmehr wenden wir uns Strategie II B (Akquisition) zu. Wir nehmen an, unsere Firma X habe Gelegenheit, zum Zeitpunkt t = 0 eine Firma Y zu kaufen, die im Plastikmarkt bereits etabliert ist. Auf die Bedingungen des Kaufs kommen wir erst beim Finanzierungsmodell zu sprechen. Wir prüfen zunächst die einzelnen Teilmodelle auf Modifikationen, die durch die Vereinigung der beiden Firmen im Zeitpunkt t = 0 erforderlich werden. Marktpotentialmodell. Dieses Modell bleibt unverändert. Vertriebsmodell. Da mit der Kapazität des gekauften Unternehmens sofort produziert werden kann, beginnt der Vertrieb von Plastikbehältern mit Periode t' = 1. Weiter ändert sich der Anfangswert MA1 0 des Marktanteils für Glas, der als Parameter in die sonst unveränderte Marktreaktionsfunktion eingeht. Mit Rücksicht auf künftig zu erwartende synergistische Effekte kann ein „scheinbarer gemeinsamer Marktanteil" MA1 0 angesetzt werden, der über die Summe der tatsächlichen Marktanteile hinausgeht: (126)
MA1 0 = MA1 0 (X) + MA1 0 (Y) + SYN
Kap. 12: Management kritischer Ressourcen/Finanzierung
389
Bild 12 Gliederung des Bewertungsmodells 1. Bilanz
2. Erfolgsrechnung
GG MA VO FO ZM
UMS PVZ
BV
ERT
GK RL FL FK SV G
VVK PVK FVK VVW AM AG
BS
AUF
3. Gewinnverwendung DA DAA DS RG
Der synergistisch bedingte Zuschlag SYN reflektiert die verbesserte Ausgangsposition der vereinigten Firma. Auch der Anfangswert der Vertriebsaufwendungen der Konkurrenz V V K 0 ist zu korrigieren. Der Beitrag der Firma Y ist herauszunehmen und den Aufwendungen der vereinigten Firma zuzuschlagen. Firma Y gehört künftig nicht mehr zur Konkurrenz! Etwaige Vermögensposten im Vertriebsbereich (Maschinen und Gebäude) sind positionsweise zu addieren. Produktionsmodell. Der Anfangswert K A P 2 0 der Plastikkapazität wird auf den Wert der gekauften Kapazität gesetzt. Der Anfangswert K A P 1 0 der Glaskapazität ergibt sich durch Addition der Beiträge beider Firmen. Die Abschreibungen auf Plastikanlagen (bisher Gl. 85) sind wie folgt zu modifizieren: (127)
PAM2, = 0,1 ( P I M V i + ... + PIM2,_ 1 0 )
Damit ist der Tatsache Rechnung getragen, daß die übernommenen Plastikanlagen vor dem Zeitpunkt t = 0 angeschafft wurden, also die Berücksichtigung negativer Zeitindizes erfordern. Die Berechnung der Buchwerte der Anlagen verläuft unverändert. Entsprechende Positionen von Buchwerten der Anlagen und Gebäude im Jahr t = 0 sind zu addieren, um die revidierten Ausgangswerte zu erhalten. Finanzierungsmodell. Von besonderer Bedeutung sind die finanziellen Bedingungen der Akquisition. Wir nehmen an, Firma X erwerbe Firma Y zum Zeitpunkt t = 0 f ü r einen Barkaufpreis K P gleich der Bilanzsumme der Firma Y im Zeitpunkt t = 0. Dieser Betrag wird zur Auszahlung des Eigenkapitals an die Aktionäre der Firma Y und zur Tilgung aller sonstigen Verbindlichkeiten der Firma Y verwendet. Firma X nimmt zur Finanzierung des Kaufs langfristiges Fremdkapital auf. Sie will nach der Transaktion einen Kassenbestand von mindestens 2 Mio. D M haben. Daraus ergibt sich die konsolidierte Bilanz von Bild 13. Sie liefert die Anfangswerte für alle künftigen Fortschreibungen. Programmierung. Die Programmierung erfolgt am besten in modularer Form, wobei jedem der dargestellten Submodelle ein Modul entspricht. Lediglich das Finanzierungsmodell und Bewertungsmodell werden zweckmäßig in einem einzigen
390 Bild 13
Strategischer Teil Konsolidierte Bilanz im Zeitpunkt t = 0
Aktivseite
Passivseite
GG0(X)+GG0(Y) MA 0 (X) + MA 0 (Y)
GK„(X) RL 0
VO 0 (X) + VO 0 (Y) FO 0 (X) + FO 0 (Y) max {ZM 0 (X) + Z M 0 (Y) — KP ; 2}
FL 0 (X) + [2 - Z M 0 (X) - ZM 0 (Y) + KP] 4 FK0 SV 0
Unterprogramm zusammengefaßt. Diese Struktur erlaubt eine sukzessive Planung : die Festlegung der Entscheidungsvariablen eines Untermodells kann von den rechnerischen Ergebnissen eines vorgelagerten Untermodells abhängig gemacht werden. Im Vertriebsmodell kann entweder der Marktanteil oder das Verhältnis der variierbaren Vertriebskosten als Entscheidungsvariable fungieren. Es empfiehlt sich daher, „logische Schalter" einzubauen, die dieser Wahlmöglichkeit und der dadurch gegebenen unterschiedlichen Gleichungsfolge Rechnung tragen. Weitere logische Schalter sollten spezifizieren, ob der Strategie A oder Strategie B entsprechende Satz von Berechnungsgleichungen benutzt werden soll.
Praktikum 10: Vergleich der internen Entwicklung und Akquisition Mit Hilfe des vorstehend skizzierten Modells und Programmsystems führe man einen Vergleich der Strategien IIA (interne Entwicklung) und II B (Akquisition) für folgendes Zahlenbeispiel durch. Wir beginnen mit den Daten, die sich auf Strategie IIA beziehen bzw. für beide Strategien identisch sind. Später ergänzen wir einige Daten für Strategie IIB. Daten zum Marktpotential. Bei der Untersuchung der zukünftigen Marktentwicklung war der Markt in Abnehmergruppen i = 1 , . . . , 38 strukturiert worden. Die Firma hatte die Verteilung ihres Umsatzes sowie des Gesamtmarktes auf die Abnehmergruppen ermittelt (siehe Bild 14). Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Nachfrage nach Behältern (Glas und Plastik zusammen) orientierte man sich an gewissen Makroindikatoren. Für die letzteren wurden Wachstumsraten für die nächsten zehn Jahre geschätzt und den einzelnen Kundengruppen die gleichen Wachstumsraten der Nachfrage zugeordnet. Der bis zum Jahr 10 erwartete „Endanteil" der Plastikbehälter wurde für die einzelnen Abnehmergruppen subjektiv geschätzt (Bild 14). Der entsprechende Anteil im Jahr 0 wurde mit J^Q des Endanteils angesetzt. Daten zum Vertriebsbereich. Die Firma erzielte im Jahre 0 einen Umsatz von 80,4 Mio GE bei einem Gesamtmarkt von 436,0 Mio GE. Daraus ergibt sich ein Marktanteil von 18,44%. Die variierbaren Vertriebskosten (ohne Verwaltung) betrugen 6,4 Mio G E für die Firma, 21,2 Mio G E für die Konkurrenz.
Kap. 12: Management kritischer Ressourcen/Finanzierung Bild 14
Marktdaten
Kundengruppe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38
391
Household Export Government Dairy Products Meat Packing Dairy Products Manufacturing Canned Seafood Cured Fish Food Canning and Preserving Pickles + Sauces Manufacturing Confectionary Products Chocolate and Cocoa Products Bottled Soft Products Malt Liquor Wines and Brandy Distilled Liquor Shortening and Cooking Oil Corn Products Flavorings Vinegar and Cider Miscellaneous Food Preparation Chewing and Smoking Tobacco Inorganic Chemicals Organic Chemicals Drugs and Medicines Soap and Related Products Toilet Preparations Miscellaneous Chemicals Food Products Machinery Office and Store Machines Vacuum Cleaners Mechanical Instruments Surgical Instruments + Lenses Surgical Appliances Photographic Equipment Retail Trade Wholesale Trade Hospitals Gesamt
Marktpotential WachstumsJahr 0 [Mio GE] rate [%] 15,4 25,7 0,3 14,8 7,7 2,7 0,3 0,6 31,7 27,6 4,2 2,0 32,0 47,3 12,3 47,9 22,1 3,1 11,4 0,6 12,0 0,5 3,8 5,7 5,1 33,7 19,4 4,1 1,0 0,0 0,2 0,0 0,0 0,5 0,2 20,6 17,9 1,6 436,0
3,0 6,0 4,5 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 4,0 4,0 5,0 5,0 5,0 4,0 4,0 4,0 5,0 4,0 5,0 5,0 5,0 5,0 5,0 6,0 -
Endanteil Plastik [%] 50,0 40,0 20,0 30,0 0,0 30,0 0,0 0,0 20,0 20,0 40,0 70,0 50,0 50,0 0,0 0,0 80,0 100,0 50,0 60,0 50,0 20,0 30,0 100,0 90,0 100,0 90,0 50,0 30,0 80,0 80,0 0,0 0,0 0,0 0,0 50,0 50,0 90,0 -
N e u e Gebäude werden nicht errichtet, die vorhandenen Gebäude über 30 Jahre linear abgeschrieben. Der Bestand an Maschinen und Ausrüstungen soll umsatzproportional wachsen. Es werden jährlich 20% R" Wir formulieren nun die Produktionskostenfunktion. Zunächst bezeichne f? die fixen Kosten der existierenden Kapazität Rp. Bei einem Kapazitätszuwachs Ri — Rp > 0 vermehren sich die fixen Kosten um einen festen Betrag fj sowie einen variablen Betrag je zuwachsender Kapazitätseinheit (diese Relation ist empirisch erhärtet). Schließlich bezeichne g ik die variablen Produktionskosten je eingesetzter Einheit des Rohöls k. Damit lassen sich die Produktionskosten wie folgt schreiben: (10)
PK = X (f? + f. x, + ei [Ri - RP]) + 1 c, k Qik i
i,k
Der für den Investitionsbedarf interessante Buchwert B der Produktionsanlagen wird ähnlich formuliert, wobei entsprechende Konstanten bp, bj und ox einzuführen sind : (11)
B = X(bP + b i x i + a i [ R i - R P ] ) i
Die Produktionsmengen Q ik sind identisch mit den Rohölbeschaffungsmengen. Werden die Beschaffungskosten je Tonne mit q ik bezeichnet, so ergeben sich die gesamten Beschaffungskosten wie folgt: (12)
BE = £ qik Qik i,k
Die Verbindlichkeiten gegen Lieferanten setzen wir als Bruchteil v der Beschaffungskosten an: (13)
F 3 = v • BE
Finanzmodell. Die hauptsächlichen Entscheidungsvariablen des Finanzbereichs betreffen wie in früheren Modellen die Kapitalstruktur. Wir bezeichnen das Eigenkapital am Ende des Planjahres mit E und zerlegen es in Grundkapital K und Rücklagen R. Die entsprechenden Werte im jetzigen Zeitpunkt seien E 0 , K 0 und R 0 . Ferner führen wir kurzfristiges und langfristiges Fremdkapital F 1 und F 2 mit zugehörigen Zinssätzen z 1 und z 2 ein. Schließlich ordnen wir dem Finanzbereich noch die Entscheidung über die Höhe W'" der Finanzinvestitionen zu; der durchschnittliche Ertragssatz dieser Investitionen sei y. Zur Formulierung eines komparativ-statischen Modells benötigen wir ferner einige „große Stromgrößen". Es bezeichne A K den gesamten zwischenzeitlichen Zuwachs zum Grundkapital und A T den gesamten zwischenzeitlichen Zuwachs zu den Rücklagen aus thesaurierten Gewinnen. Ferner sei e der durchschnittliche Emissionspreis je Einheit des neu hinzugekommenen Grundkapitals. Dann gelten folgende Fortschreibungsgleichungen: (14)
K = K 0 + ¿1 K
(15)
R = R0 + ( e - l ) 4 K - M T
424
Strategischer Teil
Durch Addition beider Gleichungen erhalten wir: (16)
E = K + R = E 0 + e z l K + zlT
Die Größen A T und A K sind Entscheidungsvariable und daher einzugrenzen, beispielsweise durch Obergrenzen: (17)
AK^AKmax
(18)
AT ^ A T max
Damit sind äquivalente Obergrenzen für K und R gegeben (siehe Gl. 14 und 15): (19)
K max
(20)
R 0 ^ R g R max
Das Fremdkapital beschränken wir auf einen Bruchteil f des Gesamtkapitals: (21)
F 1 + F 2 g f(E + F 1 + F 2 )
Schließlich bezeichne BS die Bilanzsumme (rechte Seite) am Ende des Planjahres, G den Gewinn im Planjahr und V die „sonstigen Verbindlichkeiten". Dann gilt: (22)
BS = E + F 1 + F 2 + V + G
Die Finanzinvestitionen sollen einen vorgegebenen Bruchteil w " ' der Bilanzsumme ausmachen: (23)
W " = w"'BS
Wir kommen zur Gewinnverwendungspolitik im Planjahr. Es bezeichne r den Thesaurierungssatz, a den Steuersatz für thesaurierte Gewinne und s den Steuersatz für ausgeschüttete Gewinne. Dann ergibt sich im Planjahr ein Rücklagenzugang aus Gewinnen in Höhe von (24)
RG = (1 — (t)TG
sowie eine Dividendenausschüttung in Höhe von (25)
D A = (1 — s)(l — T)G
Dies entspricht einem Dividendensatz von (26)
=
^
Der Thesaurierungssatz T ist als Entscheidungsvariable anzusehen. Hinsichtlich der im Finanzbereich entstehenden Aufwendungen und Erträge sind zu nennen die Finanzerträge (27)
Y = yW"'
die Fremdkapitalzinsen (28)
Z =z1F1+z2F2
sowie interne Kosten F K des Finanzbereichs. Interfunktionale Abstimmungsrestriktionen. Wir nehmen nun die Verkoppelung der Untermodelle durch Abstimmungsrestriktionen in Angriff. Der Finanzbereich wird mit allen übrigen Bereichen durch die Bilanzgleichur|g verknüpft (die 4 Terme
Strategischer Teil
425
stellen die Beiträge der Untermodelle zum Gesamtvermögen dar, siehe Gl. 5, 7,11, 23): (29)
W'+W'+B+W" = (w' + w " ) U + £(b,° + b i X j + erj [Rj - RP]) + w ' " B S = BS
i
Eine weitere Verknüpfung ist durch die Gewinngleichung gegeben (die Beiträge der Funktionalbereiche zum Gewinn sind aus Gl. 3, 4, 6,10,12, 27, 28 zu ersehen): (30)
G = U - VK -
XCCijXij + . . . + COjj Wjj)
i.j - X (f? + f, Xi + et [R, - R°]) - X feik + Qik) Qik i i.k + y W ' " — z1 F 1 — z 2 F 2 — F K -HV Die Größe HV bezeichnet die sonst nicht erfaßten Kosten der Hauptverwaltung. Wir kommen zur Koppelung des Vertriebsbereichs mit dem Distributionsbereich. Hier ist zu fordern, daß die vom Distributionssystem an einem Verbrauchspunkt j bereitgestellten Endproduktmengen den Bedarf dieses Verbrauchspunkts mindestens decken: (31)
X x >j = ^ i j i X Wjj
i
(j = 1 , . . . , m )
^ A4j
Zur Koppelung von Distribution, Produktion und Beschaffung ist zu fordern, daß der Produktionsausstoß jeder Raffinerie i die von hier ins Distributionssystem fließenden Endproduktmengen mindestens abdeckt. Bezeichnet die Ergiebigkeit des Rohöls k bezüglich Endprodukt v, so muß gewährleistet sein, daß (32)
k.
j
(i = 1,..., n)
Z«kQ,k ^ X w ü k j Betriebsalternativen des Modells. Eine erste Möglichkeit des Modelleinsatzes ist die Sukzessivplanung mit Teiloptimierungen. Diese kann wie folgt ablaufen. Wir nehmen an, die Firma lege sich auf bestimmte Marktanteilziele a h j in den einzelnen Regionen fest. Das Vertriebsmodell liefert nach Gl. 1 - 4 die entsprechenden regionalen Vertriebskosten v h j , die Absatzmengen A h j , den Umsatz U und die gesamten Vertriebskosten VK. Als nächste Einheit der Sukzessivplanung fassen wir Distributions-, Produktionsund Beschaffungsbereich zusammen. Innerhalb dieser Einheit geht es um die Festlegung der Entscheidungsvariablen x ^ , . . . , w^; xi( R i ; Q i k . Dabei sind außer den bereichsinternen Restriktionen die Abstimmungsrestriktionen von Gl. 31 und 32 ein-
Strategischer Teil
426
zuhalten. Als Bereichsziel bietet sich die Kostenminimierung an. Man nimmt die Kostenbeiträge der betroffenen Bereiche aus Gl. 30 heraus und erhebt sie zur Zielfunktion. Das so definierte Teiloptimierungsproblem ist mit gemischt-ganzzahliger linearer Optimierung exakt zu lösen. Auch Näherungslösungen und heuristische Verfahren kommen in Betracht. Nun kann der Finanzbereich geplant werden. Festzulegen sind die Variablen K, R, F 1 , F 2 und W ' " , wobei zunächst die bereichsinternen Restriktionen von Gl. 19-23 einzuhalten sind. Die in Gl. 22 auftretenden Größen BS und G sind mittels der Abstimmungsrelationen Gl. 29-30 zu definieren. Damit resultiert ein System von Restriktionen, das nur noch die Entscheidungsvariablen des Finanzbereichs, bereits festgelegte Entscheidungsvariable anderer Bereiche sowie eindeutig definierte Hilfsgrößen enthält. Die Menge zulässiger Finanzierungsstrategien ist damit umschrieben. Als Zielkriterium benutzen wir die Grundkapitalrentabilität, d.h. den Gewinn nach Steuern je Einheit des Grundkapitals („earnings per share"). Für den Gewinn nach Steuern G gilt nach Gl. 24 und 25: (33)
G = RG + DA =
([l-ff]T+[l-s][l-T])G
Hieraus erkennen wir, daß die Maximierung des Gewinns vor oder nach Steuern zu den gleichen Finanzierungsentscheidungen führt: der Thesaurierungssatz t im Planjahr hat keinen Einfluß. Wir können daher ebensogut die Zielfunktion (34) V '
G z= — K
benutzen. Als Vorbereitung für die Maximierung von z parametrisieren wir den Nenner K über den zulässigen Bereich (siehe Gl. 19) und maximieren anschließend den Zähler G für jeden festen Wert von K (mit linearer Optimierung oder durch Inspektion). Der größte Wert des Quotienten G / K und die zugehörige Finanzstrategie ergeben sich durch direkte Maximalauswahl. Damit ist die Sukzessivplanung abgeschlossen. Bei Simultanplanung entfallen die Zielfunktionen der Teilbereiche. An ihre Stelle tritt eine (oder treten mehrere) Gesamtzielfunktionen, die bezüglich der Entscheidungsvariablen aller Teilmodelle unter Einhaltung aller funktionalen und interfunktionalen Restriktionen günstig zu gestalten sind. Wollen wir uns auf eine ökonomische Zielsetzung beschränken, so kommt die Grundkapitalrentabilität in Frage, die bisher als Zielfunktion des Finanzbereichs diente (Gl. 34). Die simultane Maximierung dieser Zielfunktion bezüglich aller Entscheidungsvariablen stößt auf Schwierigkeiten. Zwar sind alle Restriktionen linear. Auch die gebrochene Zielfunktion von Gl. 34 läßt sich wie bisher durch Parametrisierung des Nenners K linearisieren. Doch enthält der für jeden Wert von K zu maximierende Zähler G weitere Nichtlinearitäten, die auf die Marktreaktionsfunktionen des Absatzbereichs zurückgehen. Zwei Auswege sind denkbar: a) Man schränkt die Marktanteile ochj durch entsprechende Obergrenzen und Untergrenzen auf einen realistischen Planungsspielraum ein und untersucht, ob die Marktreaktionsfunktionen innerhalb dieser Intervalle linear approximiert wer-
Kap. 18: Vertriebsstrategie/Absatzwege
427
den können. Ist dies der Fall, so kann das Gesamtproblem mittels linearer Optimierung (inklusive ganzzahliger Variabler) gelöst werden, wobei das Dekompositionsprinzip weiteren Spielraum hinsichtlich der tragbaren Größe des Problems eröffnet. Auf den letzten Punkt soll hier nicht weiter eingegangen werden. Es möge der Hinweis genügen, daß die Teilmodelle relativ schwach verkoppelt sind: die Zahl der interfunktionalen Restriktionen ist gegenüber der Zahl der funktionalen Restriktionen relativ klein oder kann durch Einführung entsprechender Hilfsvariabler stark verkleinert werden. Damit sind günstige Voraussetzungen für die Dekomposition gegeben. b) Gelingt die Linearisierung der Marktreaktionsfunktionen nicht und steht auch kein nichtlineares Programm ausreichender Größe zur Verfügung (letzteres dürfte die Regel sein), so müssen die Alternativstrategien des Absatzbereichs vorstrukturiert werden. Es erscheint plausibel, daß ein realistischer Planungsspielraum durch intuitive Spezifizierung einiger Alternativstrategien (mit Angabe der zugehörigen Marktanteile und Vertriebskosten) abgedeckt werden kann. Für jede gegebene Marktstrategie kann die Maximierung der Zielfunktionen von Gl. 34 mittels linearer Optimierung durchgeführt werden. Die Auswahl des Gesamtoptimums bereitet nun keine Schwierigkeiten. Besonders attraktiv ist ein dialogfähiges Maschinenprogramm.
Kapitel 18: Vertriebsstrategie/Absatzwege Die wesentlichen, strategisch relevanten Aspekte des Vertriebs wurden bereits im Kontext der Geschäftsfeldstrategie (Teil IV) erörtert. Hierzu gehören insbesondere die Produkt- und Preisstrategie (Kapitel 14) und die Markt- und Segmentierungsstrategie (Kapitel 15). Auch der Einsatz absatzpolitischer Instrumente fand in den dort verwendeten Marktanteilmodellen bereits Berücksichtigung und soll hier nicht weiter vertieft werden. In den Marktanteilmodellen steht ein für die meisten vertriebsstrategischen Fragen ausreichendes quantitatives Instrumentarium zur Verfügung. Einige weitere strategische Aspekte des Vertriebs bedürfen jedoch einer gesonderten Behandlung. Hierzu gehört vor allem die Absatzwegestrategie. Allgemeine Überlegungen zur Absatzwegestrategie Eine Gestaltung oder Neugestaltung der Absatzwegestrategie steht nur relativ selten zur Diskussion, ist aber dann von großer strategischer Bedeutung. Sie entscheidet über den Zugang zum Kunden und die Art der Kommunikation mit dem Kunden. Bild 1 zeigt mehrere Absatzwege vom Hersteller zum Endverbraucher eines Gutes. Die Absatzwege unterscheiden sich durch die Arten von firmenexternen „Mittelmännern", deren Dienste genutzt oder nicht genutzt werden. Der „Direktvertrieb" macht keinen Gebrauch von externen Mittelmännern, sondern bedient sich einer firmeneigenen Vertriebsorganisation, die den Kunden direkt anspricht. Eine Firma kann verschiedene Absatzwege kombinieren, so daß ein bestimmter „Kanalmix" entsteht. Anlaß hierfür ist die unterschiedliche Eignung der Absatzkanäle für verschiedene Kundengruppen. Insbesondere geographische Marktsegmente, die sich beispielsweise in der Kundendichte unterscheiden, können unterschiedliche Absatzkanäle erfordern.
428
Strategischer Teil
Legende: G = Großhändler J = „Jobber" E = Einzelhändler
Bild 1
Absatzwege-Strukturen
Darüber hinaus ist auch die Aufgabenverteilung zwischen Hersteller und Mittelmännern zu entscheiden. Insbesondere geht es um die Aufgaben des Transports, der Lagerhaltung, des Kundendienstes (Service) und möglicherweise der Finanzierung (des Endverbrauchers). Die Alternativen der Aufgabenverteilung vermehren die Zahl der Gestaltungsalternativen des Absatzwegesystems sehr erheblich. Zu den Gründen, die für oder gegen die Nutzung bestimmter Absatzkanäle ins Feld geführt werden können, gehören: - Ressourcenbegrenzungen (für den eigenen Direktvertrieb) - wirtschaftliche Effizienz - Kontrolle Die Entstehung mächtiger Handelsmarken ist ein besonders empfindlicher Aspekt der „Kontrolle". Sofern überhaupt eine Wahl zwischen verschiedenen Absatzwegen möglich ist, ist eine sorgfältige Analyse dieser Entscheidung empfehlenswert. Die Analyse muß sich um folgende Aspekte kümmern: - Restriktionen - Entscheidungsalternativen - Evaluierung Wichtige Gesichtspunkte für Restriktionen sind: die interessierenden Zielgruppen und ihre Erreichbarkeit durch alternative Kanäle, Kundencharakteristika (z. B. Anzahl und geographische Streuung der Kunden, Kaufmuster, Kundenpräferenzen für bestimmte Kanäle und Formen des Kontaktes), Produktcharakteristika (z. B. Notwendigkeit intensiver Beratung) sowie Charakteristika der Mittelmänner
Kap. 18: Vertriebsstrategie/Absatzwege
429
und der Konkurrenz. Auch aus der sozialen und politischen Umwelt können sich z. B. durch Gesetzgebung - relevante Restriktionen ergeben. Stehen nach Berücksichtigung der Restriktionen noch alternative Verteilungskanäle zur Wahl, so ergeben sich Entscheidungsalternativen hinsichtlich der Art der Mittelmänner, Anzahl der Mittelmänner, Aufgabenverteilung und Bedingungen (z. B. Höhe der discounts). Die Evaluierung sollte ökonomische Kriterien, Kontrollkriterien und adaptive Kriterien berücksichtigen. Der letzte Punkt betrifft die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, die Nutzung gewisser Absatzwege bei veränderten Bedingungen wieder rückgängig zu machen. Bei den ökonomischen Kriterien ist vor einer rein statischen Betrachtungsweise zu warnen: besonders der Aufbau neuer Kanäle, die bei statischer Betrachtung wirtschaftlich überlegen erscheinen, kann erhebliche Investitionen als Vorleistungen erfordern. Eine vollständige Cash Flow-Prognose (incl. Investitionen) und die darauf basierende Beurteilung der Werterzeugung der Strategie (siehe Kap. 7) ist hier unerläßlich. Modellunterstützung Das Absatzwegeproblem läßt sich als ein Problem der Ressourcenallokation auffassen: Absatzwege werden dadurch aktiviert, daß ihnen personelle Ressourcen und Investitionsmittel zugewiesen werden. Die Produktivität des Ressourceneinsatzes - z. B. die Umsatzproduktivität des direkten Marketingpersonals - variiert mit den Absatzkanälen und den durch sie bedienten Marktsegmenten. Typische Modelle zur Unterstützung der Absatzwegeentscheidung enthalten daher Entscheidungsvariable, die die Allokation knapper Ressourcen auf Absatzwege und Marktsegmente beschreiben. Sie enthalten ferner eine auf kanal- und segmentspezifischen Ressourcenproduktivitäten aufbauende ökonomische Zielfunktion. Die Zielfunktion muß schließlich die den Kanälen entsprechenden unterschiedlichen dicounts berücksichtigen. Auf der Seite der Restriktionen sind neben den Ressourcenbegrenzungen auch Grenzen der Verschieblichkeit der Nachfrage zwischen Kanälen zu berücksichtigen, anders ausgedrückt: feste Kundenpräferenzen für bestimmte Kanäle. Ein ausführliches Beispiel einer derartigen Modellierung findet der Leser in der Fallstudie „EDV-Hersteller" im Anhang dieses Buches (Fall E). Zentrales Thema der Studie ist die Absatzwegestrategie für Kleinrechner (PC). Ein abschließendes Beispiel soll die Wichtigkeit der richtigen ökonomischen Bewertung unterstreichen. Wieder handelt es sich um den Vertrieb eines Kleinrechners (PC), der sowohl direkt als auch über Handel vertrieben wird. Der Einfachheit halber stellen wir uns vor, daß den beiden Absatzwegen disjunkte Teilmärkte entsprechen, in denen die Firma im letzten Jahr gleiche Umsätze von je 250 Mio. Geldeinheiten erzielt hat. Auch für die nächsten 5 Jahre ist die gleiche Umsatzwachstumsrate von 18 % in beiden Kanälen projiziert, sofern die Marktmöglichkeiten voll ausgeschöpft werden. Nach Bild 2 erscheint der Handelskanal hinsichtlich der projizierten Gewinnspanne günstiger. Wird jedoch der volle Cash Flow zugrunde gelegt, der auch die Investitionen zum Aufbau des zusätzlichen Umsatzes berücksichtigt, so kehrt sich die Bewertung um. Könnte das mögliche Umsatzwachstum wegen Ressourcenbegrenzungen nicht voll ausgeschöpft werden, so würde eine Ressourcenallokation aufgrund der Gewinnspanne zu Fehlentscheidungen führen. Daher sollte die insgesamt erzielbare Werterzeugung als Zielfunktion der Ressourcenallokation dienen.
430 Bild 2
Strategischer Teil Ökonomische Bewertung der Absatzwege und der entsprechenden Teilmärkte
Umsatzwachstum Gewinnspanne Investition für zusätzl. Umsatz Kapitalkosten Werterzeugung in 5 Jahren [Mio GE]
Direkt
Handel
18% 22 12 14
18% 24 30 15
354
317
Kapitel 19: Produktion/Logistik Lange Zeit war die Produkt-Markt-Strategie der Inbegriff der Unternehmensstrategie überhaupt. Daß auch die Bereiche der Produktion und Logistik entscheidende Beiträge zur Unternehmensstrategie zu liefern vermögen, ist eine relativ neue, aber spätestens seit der japanischen Invasion westlicher Märkte unausweichliche Erkenntnis. Das beständige Bemühen westlicher Firmen um Kostensenkungen, Effizienzund Produktivitätssteigerungen innerhalb existierender Produktions- und Logistikstrukturen hat zumeist nur wenig zur strategischen Neuorientierung beigetragen. Häufig verschlechterte sich sogar die Konkurrenzfähigkeit trotz dieser Bemühungen („Produktivitätsparadox")- Erst in neuerer Zeit bricht sich die Erkenntnis Bahn, daß der Produktionsbereich einer tiefergehenden Neugestaltung mit dem Ziel der Schaffung spürbarer, strategisch wirksamer Konkurrenzvorteile bedarf. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, daß Steigerungen des Kundennutzens - z. B. durch Steigerung der Qualität, Flexibilität, Schnelligkeit der Bedienung - wichtiger als Effizienz- und Produktivitätssteigerungen sein und zu echten Konkurrenzvorteilen führen können. Andererseits kann eine Neustrukturierung des Produktionsbereichs auch in wesentlichen Kostenvorteilen resultieren und damit die Grundlage einer Strategie der Kostenführerschaft abgeben. Es ist müßig, darüber zu streiten, ob es sich nicht nach wie vor um Produkt-Markt-Strategie handle. Die entscheidenden Anstöße und Gestaltungsmöglichkeiten, die die Gestaltung einer entsprechenden Produktstrategie erst ermöglichen, entstammen fraglos dem Produktionsbereich. Sie müssen dort gesucht, gefunden und durchgeführt werden. In diesem Sinne spricht man heute durchaus auch von „Produktionsstrategie". Was dieser Begriff nach Auffassung Skinners (1986) beinhalten könnte, ist in Bild 1 zusammengefaßt. Eine andere Arbeit (Haas, 1987) nennt die folgenden, sehr ähnlichen strategischen Aspekte der Produktion: 1. Produktdesign 2. Prozeßdesign 3. Konfiguration der Anlagen und Werke 4. Informations- und Kontrollsysteme 5. menschliche Ressourcen 6. Forschung und Entwicklung 7. Lieferantenbeziehungen 8. Organisation
Kap. 19: Produktion/Logistik Bild 1
431
Inhalte einer Produktionsstrategie nach W. Skinner
Manufacturing strategy A manufacturing strategy describes the competitive leverage required of - and made possible by - the production function. It analyzes the entire manufacturing function relative to its ability to provide such leverage, on which task it then focuses each element of manufacturing structure. It also allows the structure to be managed, not just the short-term, operational details of cost, quality and delivery. And it spells out an internally consistent set of structural decisions designed to forge manufacturing into a strategic weapon. These structural decisions include: • • • • • • • • • •
What to make and what to buy. The capacity levels to be provided. The number and sizes of plants. The location of plants. Choices of equipment and process technology. The production and inventory control systems. The quality control system. The cost and other information systems. Work force management policies. Organizational structure.
Quelle W. Skinner: The productivity paradox. In: Harvard Business Review, July-August 1986
Es folgen einige Anmerkungen zu diesen Punkten, verbunden mit Hinweisen auf die Möglichkeit der Unterstützung durch quantitative Modelle. Produktdesign Neugestaltung des Produktdesign - beispielsweise hinsichtlich der Produktionsvielfalt oder der verwendeten Materialarten - kann völlig neue Automations- und Verfahrensalternativen eröffnen, die einen tiefgreifenden Einfluß auf Kostenvorteile haben. Unter Umständen ist es möglich, den Vorteil von Niedriglöhnen in gewissen Gebieten der Welt durch Vollautomatisierung im Heimatland zu überbieten. Prozeßdesign Die Gestaltung der Produktionsprozesse ist damit bereits angesprochen. Von besonderer Bedeutung ist der anzustrebende Automatisierungsgrad. Die letzten Schritte zu einer umfassenden Automatisierung eines Prozesses können unverhältnismäßig teuer sein. Andererseits sind Qualitäts- und Flexibilitätsverbesserung und deren Auswirkung auf indirekte Kosten sowie Durchlaufzeiten in die Waagschale zu legen. Die Bewertung von Prozeßalternativen mit unterschiedlichem Automationsgrad kann durch Simulationsmodelle unterstützt werden. Anlagenkonfiguration Eigen- und Fremdfertigung. Bei begrenzten Kapazitäten für Eigenfertigung stellt sich das Problem der Aufteilung der Produktion auf Eigen- und Fremdfertigung. Ein gutes Beispiel ist die Teilefertigung. Quantitative Modelle sind ein bewährtes Hilfsmittel zur Lösung dieses Problems.
432
Strategischer Teil
Bei längerfristiger Planung liegen die Kapazitäten für Eigenfertigung nicht unbedingt fest, sind aber häufig durch Begrenzung der Investitionsmittel eingeschränkt. Dann ist eine simultane Investitions- und Produktionsplanung erforderlich. Welche Anlagen für Eigenfertigung sollen mit welchen Kapazitäten bereitgestellt werden? Wie ist die Produktion zwischen Eigen- und Fremdfertigung aufzuteilen? Ein einschlägiges computergestütztes Planungsmodell und Informationssystem wurde in einer Automobilfirma entwickelt und implementiert (Hanssmann, 1987, Fallstudie „Investitionssteuerung in der Teilfertigung"). Technologieauswahl und Technologiemix. Stehen alternative Technologien oder Aggregate für gleiche oder nahe verwandte Prozesse zur Verfügung, so sind quantitative Modelle hervorragend geeignet, günstige technologische Konfigurationen zu ermitteln. Die Ermittlung kostenoptimaler Maschinenkonfigurationen für Produktionssysteme oder Dienstleistungssysteme (z.B. Transportflotten) mit vielseitigen Aufgaben ist ein klassisches Anwendungsgebiet für Modelle der mathematischen Optimierung. Ein Beispiel bietet die Fallstudie „Lufttransportflotte" in (Hanssmann, 1987). Kapazitätsplanung in einzelnen Prozeßstufen. Die Konfiguration und Abstimmung von Kapazitäten in verschiedenen Prozeßstufen hat großen Einfluß auf Durchlaufzeiten, Zwischenlager und Kosten. Sie ist ein klassisches Anwendungsgebiet für Simulationsmodelle. In der Simulation steht ein bewährtes Instrumentarium bereit, das auch für die Analyse und Planung der neueren „flexiblen Fertigungssysteme" voll geeignet ist. Kapazitäts- und Standortplanung. Die Verteilung von Produktionskapazitäten auf mögliche geographische Standorte hat tiefgreifenden Einfluß auf die Kostenstruktur. Ein Beispiel wirksamer Modellunterstützung bietet das „Ölmodell" (Kap. 17) zur Optimierung der Standort- und Kapazitätsstruktur des Raffineriekomplexes einer Ölfirma. Die Wechselwirkung mit der Logistik (Beschaffung und physische Distribution) ist ebenfalls ins Modell einbezogen. Mögliche Einflüße der Kapazitätsstrategie auf die Konkurrenz- und Preissituation wurden bereits unter dem Aspekt der „Abschreckung" in Kap. 16 diskutiert. Informations- und Kontrollsysteme Während die Kosten eines komplexen Informations- und Kontrollsystems in der Regel gut zu schätzen sind, gestaltet sich die Schätzung strategisch relevanter Auswirkungen wie Durchlaufzeiten, Flexibilität, Qualität ausgesprochen schwierig. Dies gilt in besonderem Maße von den neuen, wettbewerblich besonders relevanten CAD/CAM-Systemen. Die Wirkungsweise solcher Systeme kann jedoch mindestens zum Teil simuliert werden, so daß die Schätzung von Auswirkungen auf eine bessere Grundlage gestellt werden kann. Dies ist besonders relevant für die Analyse von Systemvarianten, die sich in den Kosten, aber auch in den anderen genannten Konkurrenzvorteilen unterscheiden. Lieferantenbeziehungen In manchen Branchen betragen die Zulieferungen bis zu 80 % der Herstellkosten. Ihre günstige Gestaltung kann daher von strategischer Bedeutung sein. Das „Öl-
Kap. 20: Technologie/Forschung und Entwicklung
433
modell" (Kap. 17) gab ein Beispiel für die kostenoptimale Kombination verschiedener Rohmaterialien mit unterschiedlichen Eigenschaften. Manche Firmen haben große Informationssysteme speziell zur Erfassung der Lieferantenalternativen geschaffen und sich damit einen signifikanten Wettbewerbsvorteil verschafft. In den Kontext der Lieferantenbeziehungen gehört auch die Rückwärtsintegration, durch die sich eine Firma von Lieferanten unabhängig machen kann. Auch die früher erwähnten Entscheidungen über Eigen- und Fremdfertigung können durchaus als Entscheidungen über den Grad der Rückwartsintegration aufgefaßt werden. Die dort erwähnten quantitativen Modelle können zur Unterstützung von Entscheidungen über Rückwärtsintegration herangezogen werden. Allerdings ist der Aspekt der Unsicherheit von besonderer Bedeutung und sollte in gründlichen Empfindlichkeitsanalysen Berücksichtigung finden: eine Rückwärtsintegration vermehrt den Fixkostenblock - die Möglichkeit der Deckung dieser Fixkosten bei mehreren unsicheren Nachfrageszenarien sollte sorgfältig analysiert werden. Eine break-even-Analyse bezüglich des Produktionsvolumens leistet erste gute Dienste. Eine Fertigung mit niedrigem break-even-Punkt ist besonders attraktiv. Auch der Gesichtspunkt der Flexibilität bei neu auftauchenden Zulieferungsmöglichkeiten sollte erwogen werden. Kapitel 20: Technologie/Forschung und Entwicklung Zwischen Geschäftsfeldstrategie und F & E-Strategie stellt sich ein besonders schwieriges Koordinationsproblem. Einbahnstraßen der Koordination zu vermeiden und das Ideal einer Simultanplanung zu approximieren, ist hier besonders dringlich. Ein methodischer Versuch, diesem Ideal näher zu kommen, ist das „Technologieportfolio". Technologieportfolio Im Marktportfolio werden die Geschäftseinheiten der Unternehmung nach Marktattraktivität und Wettbewerbsposition positioniert. Wegen der besonderen Wichtigkeit des Technologieaspekts hat man versucht, diesen aus der üblichen Porfoliodarstellung auszugliedern und in eine separate Darstellung zu bringen. Es entsteht so ein „Marktportfolio", in dem die Geschäftseinheiten nach Marktattraktivität und „Marktposition" - d. h. Wettbewerbsposition ohne Beachtung technologischer Aspekte - positioniert sind. Die gleichen Geschäftseinheiten werden nun nochmals in einem „Technologieportfolio" positioniert, in dem die technologischen Aspekte zur Darstellung kommen. Die Achsen sind mit Technologieattraktivität und Technologieposition bezeichnet. Wir stellen uns zunächst vor, daß nicht eine Geschäftseinheit, sondern eine einzelne Technologie in diesem Diagramm positioniert wird. „Technologieattraktivität" soll die Entwicklungsfähigkeit der Technologie messen, orientiert sich also am technischen Entwicklungspotential und an typischen Kosten für den Fortschritt. In der Sprache des „S-Kurven-Konzepts" zeichnet sich eine attraktive Technologie dadurch aus, daß noch erhebliche und günstig erreichbare Verbesserungen der technischen Leistung möglich sind. „Technologieposition" mißt die Wettbewerbsposition der Firma in der Beherrschung dieser speziellen Technologie. Soll nun eine ganze Geschäftseinheit technologisch positioniert werden, so ist zunächst eine Zu-
434
Strategischer Teil
Ordnung von Technologien zu Geschäftseinheiten erforderlich. Dann werden die einer Geschäftseinheit zugeordneten Technologien als Gesamtheit technologisch positioniert und mit dem Symbol der Geschäftseinheit versehen. Zusammengenommen resultiert eine marktseitige und eine technologische Positionierung der gleichen Geschäftseinheit. Beide Positionierungen können in einem „Gesamtportfolio" zusammengeführt werden (Bild 1). Bezeichnet man in beiden Teilportfolien die Felder der Hauptdiagonale mit „mittel", die rechts der Diagonale mit „hoch" und die links der Diagonale mit „niedrig", so werden beide Teilbewertungen in eine einzige Dimension reduziert, die man als „marktseitige Bewertung" bzw. „technologische Bewertung" bezeichnen kann. Diese Bewertungen dienen als Achsen eines neuen zweidimensionalen Schemas, des „Gesamtportfolios". Stellen sich beide Bewertungen als konsistent heraus (Geschäftseinheiten A und B in Bild 1), so ergeben sich konsistente Empfehlungen für eine aggressive bzw. defensive Markt- und Technologie-Strategie. Im „selektiven" Mittelfeld liegen die Dinge nicht so klar. So kann im Falle D wegen der günstigen technologischen Bewertung eine Verbesserung der marktseitigen Positionierung versucht und die zugehörige Technologie so lange „durchgehungert" werden. Im Falle C kann wegen der günstigen marktseitigen Bewertung eine Verbesserung der Technologieposition erwogen werden. Die Methode verhilft zu einigen Rahmenvorstellungen über die Koordination von Marktstrategie und F & E-Strategie. Kritisch wäre anzumerken: 1. Die Ausgliederung technologischer Aspekte aus der „Marktposition" ist bedenklich. 2. Die Zuordnung von Technologien zu Geschäftseinheiten ist schwierig, besonders wenn eine Technologie für mehrere Geschäftseinheiten wichtig ist. 3. Eine zusammenfassende technologische Positionierung einer Geschäftseinheit unter Berücksichtigung aller relevanten Technologien ist schwierig. Bild 1
Aufbau des Gesamtportfolios «3
Marktportfolio
1 1 1 A
D I
i
l , l i
Technologieportfolio
i l B 7 1
B c
t» "o c JS o
i i
Marktposition
A
_L
1
1
1
l
l
C
D
1 i
Technologieposition
Gesamtportfolio 1 1 C i l B
A
I i
l i l l
D
*5 Technologische Bewertung
Kap. 20: Technologie/Forschung und Entwicklung
435
Verbesserung der Wettbewerbsposition durch Technologieprogramme: ein dynamisches Planungskonzept Zu den oben genannten Schwächen des Technologieportfolios treten grundsätzliche Schwächen der Portfoliomethode hinzu. Die Positionierungen sind zunächst statisch und sehr abstrakt. Veränderungen von Positionierungen durch zukünftige Strategien werden - mindestens zunächst - ebenfalls auf dieser Abstraktionsebene „geplant". Doch muß eine strategische Planung, die sich in abstrakter und hochaggregierter Zielplanung erschöpft und die „Umsetzbarkeit" auf der „Maßnahmenebene" stillschweigend voraussetzt, als unbefriedigend und gefahrlich bezeichnet werden. Sie sagt nichts darüber aus, ob die Ziele mit den vorhandenen Ressourcen realisierbar sind. Sie sagt noch weniger darüber aus, wie sich alternative Ressourcenallokationen - besonders im F & E-Bereich - auf die Zielpositionierung auswirken und wie unterschiedliche Zielpositionierungen bewertet werden können. Kurz: Ihr fehlt die „Ergebnisdimension" oder „Auswirkungsdimension". Erst durch eine solche Dynamisierung der Portfoliokonzepte gelingt auch ein besserer Brückenschlag zwischen Technologie- und Marktportfolio. Um diese methodischen Defizite zu beheben, wären idealerweise drei Problemkomplexe zu bewältigen: A. Der Begriff der Strategie als reine Zielplanung ist aufzugeben. Eine Ressourcenallokation auf Teilgebiete mit dazugehörigem zeitlichen Rahmen ist nicht als Umsetzung auf der Maßnahmeebene, sondern als Definition und Konkretisierung einer Strategie anzusehen, die ihr erst Fleisch und Adern gibt und sie zu einem brauchbaren Konzept macht. B. Es ist eine Methodik zu entwickeln, die die Auswirkung alternativer Ressourcenallokationen (Strategie) auf die Wettbewerbsposition der Unternehmung in ihren zukünftigen Schwerpunktmärkten ermitteln kann. Hierbei kann „Wettbewerbsposition" wie in der Portfolioanalyse auf abstrakter Punktskala quantifiziert werden. Die neue Methodik muß jedoch in der Lage sein, die aus einer bestimmten Ressourcenallokation resultierenden Veränderungen der Wettbewerbsposition abzuschätzen. Sie muß also ein Zielportfolio in Abhängigkeit der Ressourcenallokation konstruieren und nicht umgekehrt. C. Es ist eine Methodik zur vergleichenden Bewertung alternativer Zielportfolien zu schaffen, die zugleich der Bewertung alternativer Ressourcenallokationen (Strategien) dient und zu einer bevorzugten Allokation führen kann. Da der Vergleich alternativer Zielportfolien, die sämtlich innerhalb der Ressourcengrenzen realisierbar sind, vom Management am ehesten auch intuitiv bewältigt werden kann, stellen wir Punkt C zurück und konzentrieren uns auf die Veränderung der Wettbewerbsposition im Gefolge variabler Ressourcenallokation (Punkt B). Um die Auswirkung der Technologiestrategie auf die Veränderung der Wettbewerbsposition abzuschätzen, schlagen wir die Entwicklung einer Methodik vor, deren Grundgedanke in Bild 2 skizziert ist. Die Technologieposition der Unternehmung und ihrer Konkurrenz in bestimmten Schwerpunktmärkten der Zukunft wird auf einer abstrakten Punktskala (von 0 - 1 0 ) gemessen und in ein zweidimensionales Diagramm eingetragen, wobei die Neigung der Verbindungslinie zum Nullpunkt als relative Position der Unternehmung gedeutet werden kann. Die Ermittlung von Zahlenwerten der Technologieposition - zunächst für den Ist-Zustand - erfolgt in
436
Strategischer Teil
TechnologiePosition:
Optische Nachrichtentechnologie
Technologien:
Technologiesegmente:
•
o
Wir
1
Ist-ßewert.
0....10
| 0....10
Strategie:
Mittel,
ErgebnisBewertung
Bild 2
Konk
^
| Zeit,...
1
0....10 | 0....10
Technologieposition in Schwerpunktmärkten der Zukunft
einem hierarchischen Prozeß mit den Stufen: Märkte, Technologien, Technologiesegmente (evtl. separat für Produkt- und Verfahrenstechnologien). Es wird unterstellt, daß die eingezeichneten Äste des „Relevanzbaumes" mit Gewichten versehen werden können (z. B. durch paarweise Vergleiche nach dem analytischen Hierarchieprozeß von Saaty, 1980). Auf der untersten Ebene können technologische S-Kurven herangezogen werden, die gegenwärtige und zukünftige Positionen bewerten helfen. Die Ist-Positionen der Unternehmung und der Konkurrenz werden auf einer Punktskala (von 0-10) bewertet. Die hierarchische Hochrechnung dieser Bewertungen resultiert in einer marktspezifischen technologischen Ist-Position. Nun wird eine Strategie als Mittelallokation auf Technologiesegmente (mit Zeitrahmen) definiert. Daran schließt sich eine punktmäßige Bewertung der resultierenden Ergebnisposition in den einzelnen Segmenten an, die wieder zu marktspezifischen Technologiepositionen hochgerechnet werden kann. Dabei können auf der untersten Ebene ganz konkrete Forschungsprogramme eingespeist werden. Bei der Hochrechnung ist man nicht auf lineare gewichtete Zusammenfassungen beschränkt. Es können auch kompliziertere Regeln postuliert werden (regelbasiertes System, „künstliche Intelligenz"). Andere Teilgebiete, die ebenfalls zur Wettbewerbsposition beitragen, werden durch einen ähnlichen hierarchischen Prozeß bewertet. Hier ist in erster Linie an den Marketingbereich zu denken. Schließlich erfolgt eine gewichtete Zusammenfassung der funktionalen Teilpositionen zu einer Gesamt-Wettbewerbsposition (Bild
Kap. 20: Technologie/Forschung und Entwicklung
437
3). Damit ist die Darstellung des aus der Strategie ( = Ressourcenallokation) resultierenden Ergebnisportfolios realisiert. Die Beurteilung alternativer Ergebnisportfolien durch das Management kann sich anschließen.
GesamtPosition:
Märkte:
Teilpositionen:
Technologie / Wir
Bild 3
Marketing
Produktion
\ Konk.
Gesamtposition in Schwerpunktmärkten der Zukunft
Management/Fin.
ANHANG: Fallstudien zur strategischen Planung A. Fall „Automotorenwerke": Produktstrategie, Marktsegmentierung, Kapazitätsstrategie Beschreibung und Kritik der Nullstrategie Die Firma A M W stellt Personenwagen (PKW) und Nutzfahrzeuge (NFZ, nur Kleinbusse) her. Im Jahr 0 produzierte sie 830000 PKW und 14500 N F Z , beschäftigte 53800 Personen und erzielte einen Umsatz von 10,9 Milliarden D M . Bild 1
Existierende Produktlinie
Karosserie A B C D N
Hubraum 1,0
1,2
1,4 1,4
1,6
1,8 1,8
2,0 2,0 2,0 D
2,2 2,2
2,4
2,2
Produktpolitik. A M W stellt vier Karosserietypen A, B, C, D für PKW und einen Karosserietyp N für Nutzfahrzeuge her. Durch unterschiedliche Motorenausstattung entsteht die Produktlinie von Bild 1. Der PKW-Modellzyklus beträgt vier bis fünf Jahre, wobei jeweils zwei Modelle halbjährlich gestaffelt neu vorgestellt werden. Marktpolitik. Der Vertrieb erfolgt in der gesamten Bundesrepublik. Die wichtigsten Exportmärkte sind das europäische Ausland und die USA. Aufgrund des differenzierten Produktangebots werden unterschiedliche Teilmärkte innerhalb jeder geographischen Region angesprochen. Kommunikationspolitik. Die Firma bedient sich eigener Händler sowie freier Vertreter. Preispolitik. Die Preise im Jahr 0 lagen je nach Modell zwischen 11000 und 18000 D M je Fahrzeug. Investitionspolitik und Kapazitätsstruktur. Die Firma betreibt zwei Karosserieund Montagewerke (Werk 1 mit Typen A und B, Werk 2 mit Typen C, D und N) sowie ein Motorenwerk (Werk 3). Die Montagewerke sind hinsichtlich der Modellvarianten innerhalb eines Karosserietyps flexibel, weisen jedoch für jeden Karosserietyp feste Kapazitäten auf. Die derzeit installierten Kapazitäten sind aus Bild 2 ersichtlich. Gegenwärtige Marktposition. Um die Position der Firma in einzelnen Teilmärkten besser zu verstehen, wurden jedem Karosserietyp sämtliche Fahrzeuge anderer Hersteller zugeordnet, mit denen dieser Typ nach Meinung der Marktfachleute in Konkurrenz steht. Da die Firma fünf Karosserietypen herstellt, entstanden fünf Produktklassen, die zugleich fünf entsprechende Teilmärkte A, . . . , N definieren.
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung Bild 2
Existierende Kapazitäten Karosserie
Kapazität [TE/J]
A B C D
260 200 240 140
N
18,7
Gesamt
Bild 3
439
858,7
Neuzulassungen von AMW-Fahrzeugen in den letzten 3 Jahren -2
-1
0
Bemerkungen
Neuzulassungen P K W gesamt 818000 davon - Inland 372000 14,6 - MA % - Export 446000
823000 370000 14,2 453000
830000 329000 14,7 501000
Neuzulassungen Inland für - Alpha - MW-Vergleichsklasse - M A (relativ)*
112000 5,0% 1,52
115000 4,0% 1,29
119000 6,0% 1,21
- Beta - MW-Vergleichsklasse - M A (relativ)*
95000 6,0% 0,85
100000 9,0% 0,82
95000 12,0% 0,78
- Gamma - MW-Vergleichsklasse - M A (relativ)*
105000 10,0% 1,32
100000 9,0% 1,26
80000 8,0% 0,98
veraltet
- Delta - MW-Vergleichsklasse - M A (relativ)*
60000 9,0% 0,95
55000 5,0% 0,87
35000 0,0% 0,71
Stärkster Einbruch im Inland
Wichtige Exportmärkte Neuzulassungen - USA gesamt - Europa (außer B R D )
75000 295000
80000 310000
95000 328000
Neuzulassungen - Nfz-Inland - MW-Vergleichsklasse - M A (relativ)*
7500 7500 4,0% 1,18
6300 6300 7,0% 0,98
10400 10400 n,o% 1,08
Absatz, Marktanteile (MA), Marktwachstum (MW), Exportmärkte
* relativ = eigene Produktion zu stärkstem Konkurrenten.
Rückgang Inland großteils im Ausland aufgefangen
Kapazitätsprobleme inflexibel Konkurrenz wird stärker, vor allem Japaner
440
Strategischer Teil
Für jeden Teilmarkt wurden die Gesamtzulassungen der letzten Jahre (AMW und Konkurrenz) erhoben. Diese dienten als Maß des Marktpotentials, so daß die jährlichen Wachstumsraten des Marktes und die AMW-Marktanteile berechnet werden konnten. Man ermittelte auch den relativen Marktanteil (AMW-Marktanteil/Anteil des stärksten Konkurrenten), der nach der Portfolio-Analyse ein besonders interessantes Datum ist. Der stärkste Anbieter zeichnet sich durch einen relativen Marktanteil von mehr als eins aus. Aus Bild 3 ist die Entwicklung des Marktwachstums und der relativen Marktanteile in den einzelnen Teilmärkten für die letzten drei Jahre ersichtlich. Bei insgesamt stagnierendem Absatz ist zu beobachten, daß die Auslandsnachfrage noch relativ fest wirkt, Inlandsnachfrage und inländischer Marktanteil jedoch stark rückläufig sind. Bei Typ A treten Kapazitätsengpässe auf, so daß der Markt nicht voll ausgeschöpft werden konnte. Typ B spürt vor allem den Druck der Japaner, was sich in einem relativ starken Marktwachstum, aber rückläufigen Marktanteilen ausdrückt. Typ C ist vom Konzept her veraltet. Dies führte zu rückläufigen Zulassungszahlen. Typ D erleidet den stärksten Einbruch, und zwar aufgrund qualitativer Mängel. Hier erfordert die veränderte Umwelt neue Produkteigenschaften. Der Kleinbus (Typ N) läuft seit dem letzten Jahr gut, da seine neue Karosserie 10% Benzinkosten spart. Im ganzen konnte sich A M W in den unteren Marktsegmenten besser behaupten. Im oberen Bereich fehlen zur Zeit konkurrenzfähige Fahrzeuge. Die Nutzfahrzeuge zeigen noch keine Problembereiche. Ertragslage. Wie Bild 4 zeigt, geht der Jahresüberschuß trotz leicht steigendem Umsatz zurück. Dies ist vor allem auf steigenden Material- und Personalaufwand zurückzuführen. Der jährliche Überschuß kann im Verhältnis zum Umsatz nicht mehr zufriedenstellen. Hier sind Kostensenkungspotential bzw. Inflationspotentiale nicht erkannt worden. Der Verschuldungsgrad liegt noch im Rahmen des üblichen. Problembereiche. Im Blick auf die Zukunft bedürfen folgende Probleme der Aufmerksamkeit. Im Bereich der Produktlinie ist die technische Verjüngung der Typen C und D fällig (und geplant). Entsprechend hoher F &E-Aufwand zur Entwicklung qualitativ hochwertiger Produkte scheint unabweisbar. Angesichts des stagnierenden D-Marktes wäre eine Straffung der Typen Vielfalt durch Einstellung von D und Erweiterung von C auf größere Hubraumklassen zu erwägen. Dagegen legt die japanische Bedrohung im B-Markt eine Erweiterung des B-Typs nach unten nahe. Daß bisher keine Dieselfahrzeuge im PKW-Programm angeboten wurden, kann sich bei Umweltverschiebungen als negativ erweisen. Dieselmodelle können in einigen oder allen Typen eingeführt werden. Im Produktionsbereich fallt relativ hohe Starrheit auf. Die Kapazitäten für einzelne Karosserietypen sind nicht austauschbar (keine kapazitätsmäßige „Verblokkung"). Daher ist der Risikoausgleich zwischen kleinen und großen Typen mangelhaft : bei A treten Kapazitätsengpässe, bei C Leerkapazitäten auf. Die im Zuge der Energiekrise zu erwartende Verlagerung der Nachfrage von größeren zu kleineren Typen unterliegt aber auch künftig großer Unsicherheit (Markt C wächst stark, Markt D stagniert). Zur Auffangung dieses Risikos erscheinen flexiblere Fertigungsstrukturen (Austauschbarkeit der Kapazitäten) trotz höherer Investitionen sehr erwägenswert. Auch die bereits früher erwähnte Reduktion der Typenvielfalt leistet einen Beitrag zur Bewältigung des Substitutionsrisikos. Ob die geplante teilweise Auslagerung des Typs A an einen zweiten Standort (neues Werk) ökonomisch sinnvoll ist, sollte sorgfältig geprüft werden.
441
A n h a n g : Fallstudien zur strategischen P l a n u n g Bild 4
AMW-Ertragsentwicklung in den letzten 3 Jahren —2
—1
0
Bemerkungen
G + V , Investitionen, Bilanz in Mio. D M 10326 5834 2612 293 83 684 583 586
10657 5876 2887 332 56 612 556 557
243 238 5
288 273 15
324 312 12
Anlagevermögen - Sachanlagevermögen - Finanzanlagevermögen
1102 998 104
1110 1004 106
1210 1102 108
Umlaufvermögen - Vorräte - Fertigwaren
2878 633 148
2948 875 283
2812 890 284
Eigenkapital - Aktienkapital - Rücklagen
1082 733 349
1068 733 335
1067 733 334
Fremdkapital - kurzfristig - langfristig
2898 1993 905
2990 1882 1108
2955 1942 1013
Bilanzsumme
3980
4058
4022
191730 15,71 4480 1672 5,72 98,2 297,8
191530 15,46 4668 1711 5,35 96,2 279,9
202600 15,96 4612 1681 4,52 88,18 276,9
Gesamtleistung Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen Zinssaldo EEV-Steuern Jahresüberschuß Bilanzgewinn Investitionen - Sachanlageinvestitionen - Finanzanlageinvestitionen
Umsatz/Besch. D M Prod./Besch. D M W e r t s c h ö p f u n g Mio. Cash flow b r u t t o Mio. Jü/Umsatz Anlagendeckungsgrad Verschuldungsgrad
10897 6060 3120 298 76 558 493 493,1
Alternativstrategien Wir formulieren Alternativstrategien für einen Planungszeitraum von acht Jahren. Im Sinne einer komparativ-statischen Berechnung konzentrieren wir uns auf den im Jahr 8 („Planjahr") beabsichtigten Zustand der Unternehmung. Dieser wird generell in konstanten Preisen und Kosten beschrieben. Strategie I: erweitertes 5-Typen-Programm mit starren Produktionseinheiten. Die Einzelheiten der Produktlinie, die im Planjahr angeboten werden sollen, zeigt Bild 5. Die geographischen Märkte bleiben unverändert, Preise werden plausibel
442 Bild 5
Strategischer Teil Produktlinien der Alternativstrategien Strategie I
A B C D
1,0
1,2 1,2
1,4 1,4
1,6
1,8 1,8
N
2,0
2,2 2,2
2,0 2,0 D
2,4 2,4 2,4
Strategie II A
B
1,0
1,2
1,4
1,6 1,6D
1,2
1,4
1,6
1,8
C
1,8
2,0 E 2,0 D
2,2
N
1,8
2,0 D
2,2
1,8 1,8
2,0 2,0 E
2,4
Strategie III A
B C
1,4
1,6 1,6D 1,6D 1,6
D
N
2,4 D 2,2
1,6D
1,8
2,0 D
2,4 2,4 D
2,2
festgelegt. Die Herstellung der fünf Karosserietypen erfolgt in fünf entsprechenden Produktionseinheiten mit starren Kapazitäten. Die Gesamtkapazität wird auf 930000 Einheiten/Jahr im Planjahr erhöht („Mengenstrategie"). Die Verteilung auf Produktionseinheiten zeigt Bild 6. Die Kapazität der Einheit A wird auf zwei Standorte verteilt. Diese Festlegungen orientieren sich selbstverständlich an genaueren Marktuntersuchungen. Strategie II: erweitertes 4-Typen-Programm mit starren Produktionseinheiten. Typ D wird eingestellt. Die Einzelheiten der verbleibenden Produktlinie zeigt Bild 5. Die Herstellung erfolgt in vier starren Produktionseinheiten. Die Gesamtkapazität wird auf 860000 E/J erhöht und wie in Bild 6 verteilt.
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung Bild 6
443
Produktionskapazitäten der Alternativstrategien [T Einheiten/J] 0
I
II
III
A
260
310
290
240
B
200
220
230
110 [
A/B
-
-
-
C
240
240
320
D
140
140
C/D N Gesamt
160
J
510
165 1 60 j-
-
125
-
-
-
18.7
20
20
20
858.7
930
860
880
350
J
Strategie III: nach oben erweitertes 5-Typen-Programm, Rückzug aus den unteren Marktsegmenten, flexiblere Produktionseinheiten. Die Einzelheiten der Produktlinie zeigt Bild 5. Die Herstellung erfolgt in fünf Produktionseinheiten mit starren Kapazitäten sowie zwei Produktionseinheiten mit flexiblen Kapazitäten, die wahlweise die Typen A oder B bzw. C oder D produzieren können. Die Gesamtkapazität wird auf 880000 E/J erhöht und gemäß Bild 6 auf die Produktionseinheiten verteilt. Strategieabhängiges Prognosemodell Kernproblem ist die Erstellung von Absatzprognosen für unterschiedliche Produktlinien. Da unterschiedliche Produktlinien unterschiedliche Teilmärkte ansprechen, sind zunächst die „angesprochenen Marktpotentiale" zu erfassen. Wir messen diese grundsätzlich in TE/J. Es wäre ideal, wenn man das gesamte Marktpotential des Kfz-Marktes strategieunabhängig segmentieren und jeder Produktstrategie die von ihr angesprochenen Segmente zuordnen könnte. Dieses Ideal konnte in der vorliegenden Studie nicht erreicht werden. Vielmehr wurde der Markt für jede Produktstrategie neu segmentiert. Bild 7 SGE
1 2 3 4 5 6 7 8 Gesamt
Strategische Geschäftseinheiten und angesprochene Teilmärkte der Strategie I Karosserie
A B B C C D N N
Motoren
Marktpotential Jahr 0 [TE/J] Inland Export
1,0 1,2 1,6 1,8 2,2 2,2 2,0 2,0
480 230 220 310 275 280 25 30
700 390 420 520 460 510 70 80
1850
3150
1,2 1,4 1,4 1,8 2,0 2,4 2,4 2,4 D
444 Bild 8 SGE 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Strategischer Teil Strategische Geschäftseinheiten und angesprochene Teilmärkte der Strategie II Karosserie A B B C C N A C N
Motoren
Marktpotential Jahr 0 [TE/J] Inland Export
1,0 1,2 1,6 1,8 2,2 1,8 1,6 2,0 2,0
500 230 220 330 310 35 130 80 30
730 380 410 550 510 90 340 180 80
1865
3270
1,2 1,4 1,6 1,4 1,8 2,0 E 2,4 2,2 D D D
Gesamt
Die Modelle einer bestimmten zukünftigen Produktstrategie wurden in Teilmengen gruppiert, die gewissen Teilmärkten zu entsprechen schienen. Beispiel einer Teilmenge für Strategie I ist Typ A, Hubraumklassen 1,0 bis 1,4. Wir bezeichnen einen solchen Ausschnitt unserer Produktlinie auch als eine strategische Geschäftseinheit (SGE) unserer Firma. Um den entsprechenden Teilmarkt genauer zu definieren, wurden alle heutigen Fahrzeuge (der eigenen Firma und der Konkurrenz) identifiziert, die nach subjektivem Urteil die gleichen Käufer ansprechen wie der zukünftige Typ A, Hubraumklassen 1,0 bis 1,4 (wenn er heute vorhanden wäre!). Somit entsteht eine Gruppierung aller heutigen Fahrzeuge in Teilmärkte. Durch Addition der im Jahr 0 abgesetzten Stückzahlen erhält man das gegenwärtige Marktpotential MP° eines Teilmarkts i bzw. der strategischen Geschäftseinheit i. Es ist jedoch festzuhalten, daß die Segmentierung des (gegenwärtigen) Marktes in Teilmärkte i nicht fest, sondern von der betrachteten (zukünftigen) Strategie abhängig ist. Auch muß die Strukturierung nicht notwendig das gesamte gegenwärtige Marktpotential abdecken. Vielmehr kann eine bestimmte zukünftige Strategie durchaus „Marktlücken" aufweisen, die von ihr nicht abgedeckt werden (Bild 7 und 9). Bild 9 SGE 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Strategische Geschäftseinheiten und angesprochene Teilmärkte der Strategie III Karosserie A B C C D N A, B C, D N
Motoren
Marktpotential Jahr 0 [TE/J] Inland Export
1,4 1,6 1,8 2,0 1,6 1,8 2,0 E 2,2 2,4 1,8 2,2 1,6 D 1,6 D 2,4 D 2,4 D 1,6 D 2,0 D
450 250 230 290 300 35 140 70 60
680 420 430 510 480 90 390 160 130
1825
3290
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung
445
Die einer bestimmten Strategie entsprechenden Marktpotentiale MP i 0 sind nun bis zum Ende der Planperiode T zu projizieren. Wir führen zunächst drei Umweltszenarien u = 1,2, 3 ein, wobei u = 1 optimistische und u = 3 pessimistische Annahmen beinhaltet (Beispiele pessimistischer Annahmen: niedrige gesamtwirtschaftliche Wachstumsraten, Verschärfung der Energiesituation, ungünstigere Wettbewerbsbedingungen, hohe Investitionskosten). Die Entwicklung der Marktpotentiale hängt von gewissen demographischen und ökonomischen Makroindikatoren M A I a b (insbesondere der Einkommensentwicklung), die selbst alternativ projiziert werden müssen. Wir schreiben daher: (1)
MP?t = f ( M P I 0 , MAI")
Von einer genaueren Spezifizierung des funktionalen Zusammenhangs in Gl. 1 sehen wir ab, da es sich um konventionelle Prognosetechniken sowie um subjektive Schätzungen handelt. Den Zeitindex T lassen wir künftig weg, da wir uns stets auf ein bestimmtes Planjahr beziehen. Die von unserer Firma im Teilmarkt i im Planjahr absetzbare Stückzahl s" hängt vom verlangten Preis p i ; vom Marktpotential und von der Konkurrenzsituation K O N u ab. Bei subjektiver Schätzung der absetzbaren Stückzahlen braucht die Konkurrenzsituation nicht explizit definiert zu werden, sondern kann implizit in die Schätzungen einfließen. Die absetzbaren Stückzahlen werden also aufgrund des folgenden Zusammenhangs subjektiv geschätzt: (2)
s? = f(Pi, MPV, K O N u )
Daraus ergibt sich rein rechnerisch der Marktanteil: (3) V '
MA" = — ' MP^
Gemäß Bild 7 bis 9 ist jede marktseitige Geschäftseinheit i eindeutig einer bestimmten Produktionseinheit (Karosserieeinheit) j zugeordnet. Wir können daher die absetzbaren Stückzahlen nach Produktionseinheiten konsolidieren. Die aus Produktionseinheit j absetzbare Stückzahl ergibt sich wie folgt: (4)
sy = x
sr
iePj
Hierbei bezeichnet P, die Indexmenge der marktseitigen Geschäftseinheiten, die zur Produktionseinheit j gehören. Die Kapazität K j der Einheit j wird man in der Regel zwischen dem optimistischen und pessimistischen Wert der absetzbaren Stückzahl festlegen: (5)
S / G KJ ^ S?
Tritt die Umwelt u ein, so ergibt sich die tatsächlich produzierte und abgesetzte Stückzahl Y" aus Kapazität und Nachfrage (Nachfrage = absetzbare Stückzahl). Im einfachsten Fall gilt: (6)
Y " = min (SJ, KJ)
Im Falle flexibler Produktionskapazitäten ist Gl. 6 durch einen etwas komplizierteren Zusammenhang der abgesetzten Menge mit den Kapazitäten und absetzbaren Stückzahlen zu ersetzen. Wir kommen zur Kostenstruktur. Die fixen Kosten in der Produktionseinheit seien eine Funktion der installierten Kapazität: (7)
FJ = FJ(KJ)
446
Strategischer Teil
Die zusätzlichen Fixkosten für flexible Fertigungsanlagen rechnen wir willkürlich einer der betroffenen Produktionseinheiten j zu. Wir bezeichnen sie daher mit FLj. Ferner bezeichne ST die zusätzlichen Fixkosten, die durch Verteilung der AKapazität auf zwei Standorte entstehen. Schließlich bezeichne Z die Kosten der Zentrale. Bedeuten pj bzw. Vj den durchschnittlichen Preis bzw. die durchschnittlichen variablen Stückkosten der in Produktionseinheit j vereinigten Modelle, so ergibt sich folgendes Gewinnmodell: (8)
G u = £ Oft - Vj] Y" - Fj [KJ - FLj) - ST - Z j
Der Kern des prognostischen Ansatzes liegt in den Gleichungen 1 und 2. Man beachte, daß diese Relationen, aber auch verschiedene andere Relationen des Modells, für jede Strategie neu zu formulieren und mit Daten zu versehen sind. Wir haben daher den Musterfall eines strategieabhängigen Prognosemodells. Modellgestützte Evaluierung der Alternativstrategien Wir evaluieren zunächst Strategie I mit den marktseitigen Geschäftseinheiten i = 1 , . . . , 8 und den Produktionseinheiten j = 1 , . . . , 5 (Bild 7). Aufgrund der Marktpotentialprognosen von Bild 10 (man beachte die Verschiebung zu kleineren Typen bei pessimistischer Umwelt!) und der Preise von Bild 11 wurden die optimistischen und pessimistischen absetzbaren Mengen der einzelnen Geschäftseinheiten geschätzt. Diese sind ebenfalls in Bild 11 dargestellt. Ihre Zusammenfassung nach Produktionseinheiten zeigt Bild 12. Die aus Bild 6 übernommenen Kapazitäten liegen, wie man sich überzeugt, innerhalb der Unsicherheitsbereiche der absetzbaren Mengen (vgl. Gl. 5). Die tatsächlichen Absatzmengen (nach Gl. 6 berechnet) sind in den beiden letzten Spalten in Bild 12 aufgeführt. Zufällig ist die abgesetzte Gesamtzahl im optimistischen und pessimistischen Fall gleich: die Verlagerung der Nachfrage zu kleineren Modellen gleicht den Verlust bei größeren Modellen gerade aus. Doch wird in beiden Fällen die absetzbare Gesamtmenge wegen starrer Kapazitäten empfindlich unterschritten. Die Gesamtkapazität ist also in keinem Fall ausgelastet. Die Ergebnisberechnung nach Bild 13 zeigt im pessimistischen Fall trotz gleicher Stückzahlen ein Absinken des Gewinns unter die Hälfte: Strategie I ist in hohem Maße störanfällig, wofür in erster Linie die starren Kapazitäten verantwortlich zu machen sind. Bei Strategie II verläuft die Evaluierung ähnlich. Wie die Ergebnisse (Bild 16) zeigen, reduziert die geringere Typenvielfalt das Risiko im pessimistischen Fall erheblich, doch um den Preis einer ebenfalls erheblichen Gewinnschmälerung im optimistischen Fall. Bei Strategie III (siehe Bild 14) wird trotz erheblich geringerer Gesamtkapazität die gleiche Stückzahl wie bei Strategie I abgesetzt. Überdies sind die Kapazitäten sowohl im optimistischen als auch im pessimistischen Fall ausgelastet. Beide Effekte sind eine Folge der Flexibilität. Überdies läßt sich aus den Zahlen von Bild 14 ersehen, daß das wirtschaftliche Ergebnis im optimistischen und pessimistischen Fall annähernd gleich sein muß: das Risiko ist ausgeschaltet. Die Flexibilität wurde zwar durch höhere Fixkosten erkauft (siehe Bild 15), doch führt der gleichzeitige Rückzug aus den unteren Marktsegmenten zu günstigeren Umsätzen und variablen Kosten und damit zu überlegenem Gewinn. Strategie III erweist sich daher als dominant (Bild 16) und damit zugleich als robust. Jeder Teil dieser Strategie kommt als robuster erster Schritt in Frage.
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung Bild 10
447
Marktpotentialprognosen für Strategie I [TE im Zieljahr]
SGE
Export
Inland opt.
pess.
opt.
pess.
1 2 3 4 5 6
630 310 290 450 390 490
680 320 260 390 300 280
880 480 530 660 630 750
900 900 530 620 520 560
7 8
45 45
35 55
120 120
100 150
2650
2300
4170
4280
Gesamt
Bild 11 SGE
Preise und absetzbare Mengen für Strategie I Preis Inland [TDM/E]
1 2 3 4 5 6 7 8 Gesamt
Bild 12
Gesamt
Preis Export [TDM/E]
Absetzb. Menge Export [TE/J] opt. pess.
11,8 11,9 12,5 13,3 13,9 14,4 15,9 16,5
130 "40 60 45 80 80 6 10
160 60 60 50 50 40 5 15
11,9 12,1 12,6 13,2 13,7 14,6 15,8 16,6
140 40 70 50 90 90 10 15
160 30 70 60 60 70 5 25
-
451
440
505
480
-
Kapazitätsabhängige Absatzmengen für Strategie I [TE/J]
Produktionseinheit 1 2 3 4 5
Absetzb. Menge Inland [TE/J] pess. opt.
Absetzbare Menge opt. pess.
Kapazität
Tatsächlicher Absatz opt. pess.
270 210 265 170 41
320 220 220 110 50
310 220 240 140 20
270 210 240 140 20
310 220 220 110 20
956
920
930
880
880
448 Bild 13
Strategischer Teil Ergebnisrechnung Strategie I [Mia. DM/J] Optimistischer Fall
Pessimistischer Fall
Prod. Einheit
Umsatz
Variable Kosten
Fixe Kosten
Umsatz
Variable Kosten
Fixe Kosten
1 2 3 4 5 Zentrale
3,19 2,56 3,21 2,03 0,32
2,30 1,90 2,30 1,50 0,30
3,67 2,68 2,94 1,59 0,32
2,70 2,20 2,10 1,40 0,30
-
-
0,28 0,11 0,22 0,08 0,01 1,50
-
-
0,28 0,11 0,22 0,08 0,01 1,50
Summe Gewinn
Bild 14 Prod. Einheit
11,31
8,30
-
2,20 0,81
-
8,70
-
Absetzbare Menge
Kapazität wahlweise gesamt
pess.
fest
1 2 3 4 5
325 200 232 130 48
365 210 260 90 59
240 110 165 60 20
Gesamt
935
984
-
Tatsächl. Absatz opt.
pess.
160
510
510
510
125
350 20
350 20
350 20
880
880
880
-
Ergebnisrechnung Strategie III [Mia. DM/J] Optimistischer und pessimistischer Fall
Prod. Einheit
2,20 0,32
-
Kapazitätsabhängige Absatzmengen für Strategie III [TE/J]
opt.
Bild 15
11,20
Umsatz
Variable Kosten
Fixkosten
1 2
6,22
4,20
0,43
3 4
4,97
3,20
0,36
5 Zentrale
0,32 -
0,30 -
0,01 1,60
Summe Gewinn
11,51 -
7,90 -
2,40 1,20
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung Bild 16
449
Ergebnisvergleich der Strategien [Mia. DM/J]
Strategie
Optimistischer Fall
I II III
0,81 0,60 1,20
Pessimistischer Fall 0,32 0,40 1,20
B. Fall „Flughafen München II": Bedarfsentwicklung und Kapazitätsstrategie Bei den Auseinandersetzungen um die Notwendigkeit des neuen Großflughafens München II spielte das Kapazitätsargument eine zentrale Rolle. Die offizielle Version lautete: die existierende Kapazität des alten Flughafens München I (Riem) ist schon heute (1980) praktisch ausgelastet, der steigende Flugverkehr erfordert zwingend eine erhebliche Kapazitätsexpansion. Die Flughafengegner folgten dieser Argumentation nicht. Die folgende kritische Untersuchung der vorliegenden Prognosen wurde im Rahmen eines gerichtlichen Gutachtens des Verfassers und seiner Mitarbeiter durchgeführt. Im Laufe der Untersuchung kam es zur Entwicklung eines eigenen Prognosemodells. Beziehungen zum Unternehmensmodell. Bau und Betrieb des neuen (wie des alten) Flughafens obliegen der Flughafen München G m b H . Sie hat für eine angemessene Befriedigung der Nachfrage nach Flugverkehrsleistungen zu sorgen. Im Sinne unseres Unternehmensmodells entspricht der gesamte nationale Flugverkehr der Bundesrepublik [Personen/J] dem Marktpotential, der auf München entfallende Anteil dem Marktanteil. Die Anlagen des Flughafens, insbesondere die im vorliegenden Falle kritischen Start- und Landeeinrichtungen, entsprechen dem Produktionsbereich. Da großes und kleines Fluggerät die Start- und Landeeinrichtungen praktisch gleich lange blockieren, ist es üblich, die Kapazität eines Flughafens in Flugbewegungen/J zu messen. Um die Beziehungen zum Verkehrsbedarf [Personen/J] herzustellen, ist dieser zunächst in einen „Bewegungsbedarf" zu übersetzen. Hierbei sind die durchschnittliche Größe des Fluggeräts sowie seine durchschnittliche Auslastung zu berücksichtigen. Die Kapazität muß ausreichen, um den Bewegungsbedarf abzudecken. Zunächst ist jedoch der Verkehrsbedarf zu prognostizieren. Methodenkritik der vorhandenen Prognosen. Dem Gericht lag eine Anzahl von Verkehrsprognosen zur Begründung des Expansionsvorhabens vor (Bild 1). Um Maßstäbe einer Kritik aufzubauen, mußte dem Gericht, das seinerseits Wert auf „methodische Richtigkeit" oder sogar „methodische Unangreifbarkeit" der Prognosen legte, einiges an Grundsätzlichem über das Wesen von Prognosen nahegebracht werden, insbesondere: 1. Jede Prognose beruht auf bestimmten Annahmen über die Zukunft, kurz einem Szenario. 2. Jede Prognose unterliegt der Unsicherheit; diese ist identisch mit der Unsicherheit der prognostischen Annahmen (des Szenarios). 3. Eine Prognose kann daher ex ante nicht richtig oder falsch, sondern nur mehr oder weniger wahrscheinlich und vertretbar sein. Eine Prognose ist vertretbar, wenn das zugrundeliegende Szenario vertretbar ist, d.h. mit nicht vernachlässigbarer Wahrscheinlichkeit eintreten kann.
450
Bild 1
Strategischer Teil
F l u g g a s t a u f k o m m e n in M ü n c h e n
4. Es gibt stets eine große Anzahl vertretbarer Prognosen. Daher sollte niemals nur eine einzige Prognose („Punktprognose") gefertigt werden, sondern die volle Bandbreite der vertretbaren Prognosen aufgezeigt werden („Intervallprognose"). 5. Eine einzige vertretbare Prognose ist planerisch wertlos und gefährlich. Insbesondere Großinvestitionen, die sich auf Prognosen abstützen müssen, bergen das Risiko der Fehldimensionierung (Unter- oder Überdimensionierung) bis zur völligen Fehlinvestition in sich. Soll dieses Risiko ausreichend gewürdigt werden, so muß der Planer über die volle realistische Bandbreite der möglichen Entwicklungen informiert sein. 6. Stellt sich das Risiko der Fehldimensionierung als erheblich heraus, so empfiehlt es sich, die Planung flexibel und abwartend zu gestalten. Aufgrund dieser Maßstäbe und eines genauen Studiums der Prognoseunterlagen wurde folgende Kritik formuliert: 1. Die Mehrzahl der Prognosen wurde bereits vor mehreren Jahren gefertigt und reicht nur bis 1985 bzw. 1990. Diese Prognosen müssen vom heutigen Standpunkt als relativ kurzfristig gelten. Die für eine Überprüfung der strittigen Entscheidungen erforderliche zeitliche Reichweite ist nicht gegeben. Langfristige Entscheidungen erfordern langfristige Prognosen. Nur zwei Prognosen reichen bis zum Jahr 2000 und können als genügend langfristig gelten. 2. Die Bandbreiten der kurzfristigen Prognosen, soweit solche überhaupt angegeben werden, decken den Bereich der heute realistisch denkbaren Szenarien nicht ab. Sie verletzen damit das fundamentale Erfordernis von Punkt 4 unserer Beurteilungsgrundsätze. Dies durch direkte Untersuchung der prognostischen An-
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung
3.
4.
5.
6.
451
nahmen nachzuweisen, wird dadurch erschwert, daß diese Annahmen in den seltensten Fällen so vollständig dokumentiert sind, daß die Prognose nachvollzogen werden könnte. Insbesondere sind die Szenarien der fundamentalen wirtschaftlichen Prognosen des DIW, die zahlreichen weiteren Prognosen als Grundlage dienen, äußerst lückenhaft und nicht nachvollziehbar dokumentiert. Dennoch folgt die Richtigkeit unserer Behauptung zwingend daraus, daß die angegebenen Bandbreiten von der inzwischen eingetretenen und absehbaren Entwicklung drastisch unterschritten werden. Dies gilt in extremer Weise für die ADVPrognose, die Grundlage der luftrechtlichen Genehmigung vom Mai 1974 war. Es stellt sich also heraus, daß sich die Autoren der kurzfristigen Prognosen auf einige wenige aus heutiger Sicht für die Luftfahrt extrem optimistische Szenarien beschränkt haben. Dies erweist sich auch bei Überprüfung einzelner prognostischer Annahmen, soweit sie dokumentiert sind. Beispielsweise werden sehr optimistische Wachstumsraten der wirtschaftlichen Entwicklung unterstellt, die inzwischen von führenden Wirtschaftsforschungsinstituten deutlich nach unten korrigiert wurden. Ein weiteres Beispiel ist die Verkoppelung des geschäftlichen Auslandsverkehrs mit dem Außenhandelsvolumen, wobei ein kaum veränderter Reiseaufwand je Einheit des Exportvolumens angenommen wird, also eine stagnierende ökonomische Produktivität der geschäftlichen Reisetätigkeit, während die Arbeitsproduktivität generell stark zunimmt. Angesichts der Energieverknappung und -Verteuerung und der allgemeinen Produktivitätsentwicklung wäre jedoch eine zunehmende Reiseproduktivität ebensogut oder noch besser vertretbar. Die Beispiele könnten leicht vermehrt werden. Die Beschränkung auf relativ optimistische Szenarien bedeutet, daß die Prognosen nach Punkt 4 unserer Beurteilungsgrundlage nicht als Planungsbasis geeignet sind. Überdies sind sie bereits durch die reale Entwicklung überholt, die gezeigt hat, daß die wirkliche Tendenz innerhalb einer vollen realistischen Bandbreite eher zur pessimistischen Seite geht. Damit entfallt eine wesentliche Grundlage der bisherigen Planung. Die langfristigen Prognosen weisen keine oder nur extrem schmale Bandbreiten auf. Sie verstoßen damit ebenfalls gegen Punkt 4. Hinsichtlich ihres planerischen Wertes gilt Punkt 5. Das Risiko einer Fehldimensionierung bleibt völlig im Dunkeln. Es ist daher keine ausreichende planerische Grundlage gegeben. Zwar betonen die Autoren der Prognosen zum Teil selbst, daß ihre Prognosen noch nicht genügend „ausgereift" seien, um als Planungsgrundlage dienen zu können. Es ist freilich zu beachten, daß eine Ausreifung nicht in einer zunehmenden Verfeinerung der Methode zur Erstellung einer Punktprognose bestehen kann, sondern im Gegenteil die Absteckung eines realistischen Unsicherheitsbereiches erfordert. Im Rahmen der Überprüfung der strittigen Entscheidungen ist es daher dringend geboten, die volle Bandbreite realistischer Szenarien zu erforschen und die entsprechenden Intervallprognosen zu erstellen. Es steht außer Frage, daß die inzwischen verschärfte Energie- und Rohstoffsituation, stärkeres Umweltbewußtsein, die Anerkennung von Grenzen des Wachstums, insbesondere des realen verfügbaren Einkommens, welches ein wichtiger Faktor für die Nachfrage nach Urlaubsreisen ist, volle Berücksichtigung innerhalb der möglichen Szenarien finden müssen. Liegen die Intervallprognosen vor, so ist nach Punkt 5 unserer Grundsätze das Risiko der Fehldimensionierung zu klären und nach Punkt 6 zu prüfen, ob eine flexible und abwartende Gestaltung der Planung angezeigt ist.
452
Strategischer Teil
Entwicklung alternativer Szenarien und Prognosen für den nationalen Luftverkehr. Um die vorstehenden Postulate einzulösen, wurden alternative volkswirtschaftliche Szenarien für das Jahr 2000 formuliert, die die volle Bandbreite der denkbaren Entwicklungen abdecken sollen. Sie lassen sich in Kürze wie folgt charakterisieren. Das (optimistische) Szenario I beinhaltet folgende Annahmen: hohe wirtschaftliche Wachstumsraten besonders im Export, privater Verbrauch je Kopf steigt trotz wachsender Staatsausgaben wesentlich an, steigende Energiekosten beeinflussen frei disponierbaren privaten Verbrauch nur unwesentlich. Das Bevölkerungswachstum ist schwach. Das (pessimistische) Szenario III beinhaltet folgende Annahmen: relativ geringe Wachstumsraten, stark gedämpfte Entwicklung der Exportquote, starker Anstieg der Importquote durch hohe Preissteigerungen in einer Reihe wichtiger Rohstoffmärkte, stark gedämpfte Entwicklung des privaten Verbrauchs je Kopf, d. h. volles Durchschlagen der erhöhten Energiekosten auf den privaten Verbrauch. Das Bevölkerungswachstum ist stärker. Das (mittlere) Szenario II liegt zwischen diesen extremen Annahmen und wird nicht im einzelnen beschrieben. Die Prognose des nationalen Luftverkehrs im Jahr 2000 wird für alle drei Szenarien mit dem gleichen Prognoseansatz durchgeführt. Der Verkehr wird in Komponenten i zerlegt (z.B. Berufsverkehr im Inland). Für Block i gilt der Ansatz (1)
LVAj = LAR, • LGj
mit der Symbolik (durchweg auf das Jahr 2000 bezogen): LVA; = Luftverkehrsaufkommen [Mio Personen/J] LG; = gesamtwirtschaftliche Leitgröße LAR; = spezifisches Aufkommen je Einheit der Leitgröße Den Szenarien entsprechen unterschiedliche Werte der Leitgrößen sowie der spezifischen Aufkommen, die ihrerseits zu prognostizieren sind. Dann können die entsprechenden Alternativprognosen nach Gl. 1 berechnet werden. Die wichtigsten Leitgrößen, die sich aufgrund unterschiedlicher Wachstumsraten in den drei Szenarien ergeben, sind in Bild 2 zusammengefaßt. Dagegen wurden die spezifischen Aufkommensraten häufig durch Zufügung von Korrekturfaktoren zum gegenwärtigen Wert prognostiziert. Beispielsweise gilt für die Aufkommensrate des inländischen Berufsverkehrs: (2)
LAR 2 OOO =
G A R 7 5 • TSF ^
PF
MF
Dabei bedeuten: G A R 7 5 = Aufkommensrate 1975 für den gesamten Geschäftsverkehr (alle Verkehrsmittel), bezogen auf die Einheit des realen Bruttoinlandsprodukts [1000 Per./Mia. DM] TSF = Technologiesubstitutionsfaktor, d.h. Bruchteil des Aufkommens, der bis 2000 nicht durch andere Technologien ersetzt wird (z.B. Kommunikationstechnologien) MF = modal split-Faktor 2000 (Anteil des Luftverkehrs am gesamten Geschäftsreiseverkehr) PF = Produktivitätsverbesserungsfaktor 2000 (vielfaches der Reiseproduktivität 1975)
Anhang: Fallstudien zur strategischen Planung Bild 2
453
Ökonomische Basisdaten 1975 und 2000 Istwert 1975
Datum
I
Szenarien II
III
Bruttoinlandsprodukt [Mia. D M (1970)]
751
1615
1389
998
Exporte [Mia. D M (1970)]
200
755
625
459
24,4
48,9
43,4
29,6
3 790
15490
10360
4700
62
55
57
60
Arbeitsprodu Ictivität " D M (1970) Arbeitsstd. Frei disponierbarer Privatverbrauch pro Kopf [DM (1970)/Jahr] Wohnbevölkerung [Mio. Pers.]
Der Produktivitätsfaktor wurde in Anlehnung an die generelle Erhöhung der Arbeitsproduktivität geschätzt (siehe Bild 2). Die Prognose gemäß Gl. 1 und 2 ist in Bild 3 zahlenmäßig ausgeführt. Im Falle des Urlaubsreiseverkehrs dient die Bevölkerungszahl als Leitgröße. Das Reiseaufkommen pro Kopf orientierte sich u.a. an der Einkommensentwicklung. Andere Komponenten des Verkehrs wurden ähnlich gehandhabt. Das aggregierte Ergebnis zeigt Bild 4. Die fallende Tendenz beim extrem pessimistischen Szenario III erklärt sich hauptsächlich durch starke Einbrüche im Urlaubs-Charter-Verkehr. Prognose des Bewegungsbedarfs in München. Der Anteil Münchens am nationalen Fluggastaufkommen ist seit langen Jahren nahezu konstant (etwa 15%). Der historische Wert wurde daher nur mit sehr schmalen Bandbreiten versehen. Mit Hilfe des Anteilsfaktors und der Alternativprognosen des nationalen Luftverkehrs ergaben sich zunächst drei Alternativprognosen des Fluggastaufkommens in München, und zwar getrennt nach Linien- und Charterverkehr: L = Fluggastaufkommen München Linienverkehr [Mio Pers./J] Ch = Fluggastaufkommen München Charterverkehr [Mio Pers./J] Der Bewegungsbedarf wird für beide Verkehrsarten getrennt prognostiziert, dann zusammengefaßt und mit einem Korrekturfaktor für sonstigen Verkehr und ungeplante Bewegungen versehen. Da ein Flughafen zeitlich sehr ungleichmäßig belastet ist, konzentrierte sich das Interesse auf den Bewegungsbedarf und die Kapazität in der jährlichen Spitzenstunde, die ein wohl definierter Fachbegriff ist. Der „Spitzenstundenfaktor" gibt den Anteil des jährlichen Fluggastaufkommens an, der in die Spitzenstunde fällt. Es wird daher folgende Prognoseformel für den Bewegungsbedarf des Linienverkehrs verwendet: (3)
FB L = L S P L / ( S L S L F L )
454
Strategischer
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