196 113 11MB
German Pages 150 [156] Year 1996
Internationaler Handel Einführung
Von Privatdozent
Dr. Udo Broll
Zweite, unwesentlich veränderte Auflage
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Broll, Udo: Internationaler Handel : Einführung / von Udo Broll. - 2., unwesentlich veränd. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 1997 ISBN 3-486-23968-6
© 1997 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden
ISBN 3-486-23968-6
Inhaltsverzeichnis 1
2
3
4
5
6
7
Internationaler H a n d e l
7
1.1
Internationalisierung
7
1.2
Überblick
9
Freihandel
17
2.1
Handelsgewinne
19
2.2
Tauschgleichgewicht
23
Komparative Kosten
35
3.1
Relativer Preisvorteil
36
3.2
Bestimmungsgründe
39
Intra-Handel
59
4.1
Intra-Industrieller Handel
60
4.2
Bestimmungsgründe
62
Protektionismus
75
5.1
Handelspolitik
76
5.2
Politische Ökonomie
86
Multinationale Unternehmen
93
6.1
Kapitalverflechtung
94
6.2
Internalisierung
98
Risiken
107
7.1
108
Wechselkursrisiken
2
INHALTSVERZEICHNIS 7.2
Exportentscheidung
109
8
Zusammenfassung
119
9
Anhang
127
10 Kleines Glossarium
139
11 Literatur
145
Vorbemerkung Die wirtschaftliche
Verflechtung der industrialisierten
der, aber auch mit den Entwicklungsländern, ren beträchtlich und Kanada
diesen Regionen kräftig gewachsen.
vestitionen
und die Erschließung
ternationaler
Kapitalbeteiligung
und Kapitalanlagen
Aus allen diesen Faktoren die Unternehmen, Volkswirtschaft.
die privaten
mit den realwirtschaftlichen nalen
ausländischer Investoren Haushalte
Produktions-
und Verunter in-
und auch die
sind beträchtlich
Geld-
gestiegen.
Rückwirkungen
und den Staat
des Internationalen Faktoren
und
Rohstoffquellen
ergeben sich mannigfaltige
Die Theorie
Wirtschafts-
Zugleich haben auch die In-
erheblich zugenommen,
ausländischer
wie
innerhalb dieser Regionen
im Ausland, der Aufbau ausländischer
triebsstätten
Jah-
zwischen den USA
asiatisch-pazifischen
raum ist der Güter- und Leistungsaustausch zwischen
Wirtschaftsräume,
dem Freihandelsabkommen
und dem sich abzeichnenden
untereinan-
hat sich in den letzten
verstärkt. Mit der Bildung größerer
etwa dem EG-Binnenmarkt,
Länder
einer
offenen
Handels beschäftigt
dieser Intensivierung
der
auf sich
internatio-
Wirtschaftsbeziehungen. 0
Ziel des Buchs: Die vorliegende Arbeit möchte den Studierenden eine erste Einführung in wichtige Fragestellungen der Theorie des
Internationa-
len Handels geben. Neben der Darstellung der Prinzipien und der Akteure der internationalen Arbeitsteilung geht es um die (1) Erklärung der Handelsstruktur, (2) die Bestimmung der internationalen Austauschverhältnisse (terms oftrade) und (3) die Vorteile, die sich aus dem internationalen Handel ergeben.
4
VORBEMERKUNG
Einige Fragen der Theorie des Internationalen Handels sollen zur Veranschaulichung angesprochen werden: Warum wird Außenhandel betrieben? Warum findet Handel vor allem zwischen den Industrieländern statt? Worin liegen die Vorteile des Handels? Welche Faktoren bestimmen das internationale Tauschverhältnis? Was versteht man unter der Theorie der komparativen Kosten? Welche Wirkungen haben Handelshemmnisse? Warum existieren Unternehmen mit einer multinationalen Organisationsform, d.h. warum wird im Ausland produziert und nicht exportiert? Welche Folgen ergeben sich für den internationalen Handel aus unsicheren Wechselkursen? Welche Bedeutung haben Devisen-Terminkontrakte (Futures) für die Exportentscheidung eines Unternehmens? Inhalt d e s Buchs: Erklären und Bewerten ökonomischer Phänomene sind wichtige Aufgaben der Volkswirtschaftslehre, insbesondere der Theorie des Internationalen Handels. 1 In Kapitel 1 geben wir eine Einführung in die Problemstellung der Theorie des Internationalen Handels. Kapitel 2 beschäftigt sich mit den Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit es zu einem Güterhandel zwischen den Volkswirtschaften kommt. In diesem Zusammenhang müssen auch die wohlfahrtstheoretischen Implikationen des Handels analysiert werden. In Kapitel 3 werden die Bestimmungsgründe des internationalen Handels erörtert. Die Theorie der komparativen Kostenvorteile erklärt die Handelsstruktur, d.h. sie erklärt, in welchen handelbaren Produkten eine Volkswirtschaft internationale Wettbewerbsvorteile besitzt. Nationale Unterschiede in den zur Verfügung stehenden Ressourcen, Technologien und den Präferenzen der Nachfrager können komparative Kostenvorteile erklären. Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem intra-industriellen Handel, der vor allem für den Güteraustausch zwischen den Industrieländern von großer Bedeutung ist. Im Mittelpunkt der Analyse stehen monopolistische und oligopolistische Marktformen. Warum nicht alle Länder eine Politik des Freihandels verfolgen, ist Gegenstand von Kapitel 5, in dem wir uns mit dem Phänomen des Protektionismus beschäftigen. Der Protektionismus versucht, den internationalen Handel zu regulieren, etwa in Form von Importzöllen und -quoten. Der Zusammenhang zwischen multinationalen Unternehmen, Direktinvestitionen und dem intemationa' V g l . auch die Einführung in die Volkswirtschaftstheorie [1991], SLEBERT
[1992].
LACHMANN
[1990],
ABELE
VORBEMERKUNG
5
len Handel ist Gegenstand der Analyse in Kapitel 6. Kapitalbewegungen in Form von Direktinvestitionen werden insbesondere von großen, weltweit operierenden Unternehmen vorgenommen. Multinationale Unternehmen verwirklichen das Prinzip der internationalen Arbeitsteilung innerhalb der Unternehmung, d.h. die unternehmensinterne Beschaffung und Verwertung von Leistungen erfolgt jeweils am international günstigsten Standort. Multinationale Unternehmen treffen ihre Investitions-, Produktionsund Absatzentscheidungen im internationalen Quervergleich der Standortbedingungen globalisierter Märkte. Risiken,
die sich aus der interna-
tionalen Arbeitsteilung ergeben können, sind Gegenstand von Kapitel
7.
So ist es beispielsweise nahezu unmöglich geworden, verläßlich Devisenkursentwicklungen über einen längeren Zeitraum hinweg zu prognostizieren. Die Volatilität an den internationalen Devisenmärkten hat sich weiter verstärkt. Zur Risikovermeidung werden Kurssicherungsgeschäfte, sogen a n n t e Hedgingtransaktionen, wie Devisen-Terminkontrakte und DevisenOptionskontrakte vorgenommen. Im Anschluß an die verschiedenen Kapitel werden Übungsaufgaben (z.T. mit Lösungshinweisen) angeboten. Einige Aufgaben haben dabei Klausurcharakter, während andere eher als Kontrollfragen zu verstehen sind. Eine Zusammenfassung folgt in Kapitel
8. Ein mathematischer Anhang,
wichtiger Ergebnisse
ein Kleines
in dem wichtige Begriffe wiederholt werden und das
Glossarium,
Literaturverzeichnis
schließen die Arbeit ab. 0
Anregungen, Kritik und Diskussionen mit den Studenten des Aufbaustudiums Internationale
Wirtschaftsbeziehungen
an der Universität Kon-
stanz haben den vorliegenden Text gefördert. Mein Dank geht dabei vor allem an Sabine Bergmann, Gisela Gloger, Carsten Hefeker und Christoph John. Besonderen Dank schulde ich Professor A. Schweinberger, Professor H. Ursprung, Professor H . - J . Vosgerau, Dr. J. Wahl, Herrn M. Weigert und Herrn E. Zgraja. Fehler und Ungenauigkeiten gehen natürlich zu Leisten des Autors. UDO
BROLL
Kapitel 1
Internationaler Handel Richtung
und Intensität
des Strukturwandels
einer offenen
werden zu einem großen Teil von den Weltmärkten nationale
Arbeitsteilung,
die alle Volkswirtschaften
wird durch den internationalen von Produktionsfaktoren tutionelle
internationale stoffarmes
Arbeitsteilung.
ihrer wirtschaftlichen der Wirtschaft
gewinnen
an
dar. Phänomene
der
verbindet, Auch
insti-
beeinflussen
Deutschland
Land stellt der
und Entwicklungsländern
inter-
Wanderungen
vorangetrieben.
Für die Bundesrepublik
Existenz
Die
miteinander
der Weltwirtschaftsordnung
und zugleich bevölkerungsreiches
Handel mit den Industrie-
bestimmt.
Handel, die internationalen
und die Wechselkurse
Rahmenbedingungen
Volkswirtschaft
die
als roh-
internationale
eine wichtige
Größe
Internationalisierung
Bedeutung.
0 1.1
Internationalisierung
Die Internationalisierung der Wirtschaft zeigt sich in vielfältigen Formen, etwa als Austausch von Gütern und Dienstleistungen, Austausch von Technologien über Lizenzverträge, Direktinvestitionen multinationaler Unternehmen und Migration von Arbeitskräften. Der wirtschaftspolitische Gestaltungsspielraum von Nationalstaaten stößt bei wachsender Internationalisierung der Wirtschaft auf Grenzen und sieht sich mit neuen politischen
KAPITEL
8
1. INTERNATIONALER
HANDEL
und ökonomischen Rahmenbedingungen konfrontiert. 1 Die stark entwickelte internationale Arbeitsteilung, insbesondere zwischen den Industrienationen, zeigt, wie sehr die einzelnen Länder von der Bezugs- und Absatzseite her in den Weltmarkt integriert sind. Die weltwirtschaftliche Integration der Gütermärkte ("Internationalisierung der Gütermärkte") ist teilweise soweit fortgeschritten, daß man von einem Weltmarkt sprechen kann. Die Bedeutung des internationalen Handels zeigt sich auch darin, daß für die Bundesrepublik mehr als 30% der inländischen Bruttowertschöpfung auf die Ausfuhren von Gütern und Diensten entfallen. 2 Dies wird dadurch unterstrichen, daß die wichtigsten Exportindustrien häufig zugleich den Kern der Industrien in der deutschen Volkswirtschaft darstellen. So ist in diesen Industrien die Anzahl der Beschäftigten groß, und es werden dort beträchtliche Investitionen in Sachanlagen vorgenommen. In diesen Bereichen wird darüberhinaus schwerpunktmäßig die Basis für den technologischen Fortschritt gelegt. Ein weiteres Merkmal der weltwirtschaftlichen Integration ist die zunehmende "Internationalisierung der Produktion" durch Direktinvestitionen, die vor allem von multinationalen Unternehmen getätigt werden. Durch den Aufbau eigener Produktionsbetriebe und Vertriebssysteme im Ausland können sich viele inländische Unternehmen auf ausländischen Märkten behaupten und sichern damit zugleich die Existenz der heimischen Muttergesellschaft. Durch Direktinvestitionen lassen sich Beschaffungsmärkte und Absatzmärkte sichern. Im weiteren können durch eine Auslandsproduktion Kostenvorteile ("Standortvorteile") realisiert werden. 3 Besonders dynamisch entwickelte sich der Prozeß der "Internationalisierung der Finanzmärkte". Das rasche Wachstum der internationalen Finanzströme erklärt sich zum einen aus dem international gestiegenen Welthandelsvolumen und dem hohen internationalen Finanzierungsbedarf vieler 1
Zur Internationalisierung von Wirtschaft und Wirtschaftspolitik vgl. ausführlich
BORNER u n d W E H R L E [1984], EBENROTH [1988], WIENHOLT [1989], W E L F E N S [1990]. 2
D i e USA haben 1991 mit einem Anteil von 12 % am gesamten Weltexport Deutsch-
land, das auf eine Quote von 11,4 % kam, vom ersten Platz der größten Exportnation verdrängt. Auf Platz 3 u n d 4 folgen Japan und Frankreich mit einem Anteil von 8,9 bzw. 6,1 Prozent. Hongkong und Taiwan, die ihre Exporte 1991 überproportional ausweiteten, haben sich in die Gruppe der 12 größten Exportnationen geschoben (Platz 10 bzw. 12). 3 Vgl. auch GÖBEL et al [1988],
1.2.
ÜBERBLICK
9
Länder. Zum anderen tragen die Geldvermögensbesitzer zur Expansion der Finanzströme bei, da sie aufgrund international unterschiedlicher Renditen ihre Anlagen weltweit diversifizieren. A u s s a g e 1 (Internationalisierung Bundesrepublik wirtschaft
Deutschland
verflochten.
der Wirtschaft).
ist in besonders hohem Maße mit der
Die weltwirtschaftliche
teilweise soweit vorangeschritten, kann. Neben den traditionellen nationalisierung:
Güterhandel
Unternehmen Konjunktur-
Zwang gegenseitiger
organisieren
1.2
gewinnen
Welt-
der Märkte
sich transnational,
erfolgt durch internationale Kurz: Phänomene an
der ist
sprechen
treten neue Formen der Inter-
und Beschäftigungspolitik
Abstimmung.
sierung der Wirtschaft"
Integration
daß man von einem Weltmarkt
sche und rechtliche Einflußnahme gemeinschaften,
Die Volkswirtschaft
ökonomiWirtschafts-
stehen unter der
dem
"Internationali-
Bedeutung.
Überblick
Die Außenwirtschaftstheorie beschäftigt sich mit dem Problem des internationalen Austauschs von Gütern, Dienstleistungen und Ansprüchen (Forderungen) . Diese international wirksamen Transaktionen werden beeinflußt von realen Faktoren (Präferenzen, Technologien und Ressourcenausstattung der Länder), monetären
Größen (Geldangebot, Geldnachfrage, abso-
lute Preise, Wechselkurs, Zinssätze) und den nationalen bzw. internationalen Institutionen
(vgl. etwa
SAUERNHEIMER
und
B L O H M [1988], K R U G M A N
u n d OBSTFELD [1988], ROSE [1989]).
Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen nationalen Inflationsraten, den nationalen Zinssätzen, den Wechselkursänderungen und den verschiedenen Renditen von Wertpapieren sind Gegenstand der Monetären Außenwirtschaft und auch der Theorie internationaler Kapitalmärkte (Internationales Finanzmanagement). Durch die oben genannten Größen wird nicht nur der geschäftliche Erfolg von Unternehmensaktivitäten im Finanzbereich beeinflußt, sondern auch der Erfolg der Exporte und der Ertrag aus den Investitionen im Ausland. Hier besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Theorie des Internationalen Finanzmanagements, der Theorie des Internationalen Handels und der Monetären Außenwirtschaft. Die
10
KAPITEL
1. INTERNATIONALER
Beschreibung und ökonomische Analyse von Institutionen
HANDEL
ist für die Unter-
suchung internationaler Wirtschaftsbeziehungen unverzichtbar. So beeinflussen nationale und internationale institutionelle Regelungen den internationalen Handel und die internationale Mobilität von Arbeit und Kapital. Daus GATT,
die Weltbank, der Internationale
Währungsfond (u.a.) haben
einen erheblichen Einfluß auf die Welt Wirtschaftsordnung. Diese internationalen Institutionen sind vor allem für eine politisch-ökonomische Erklärung geeignet. 4 Die Theorie des Internationalen
Handels beschäftigt sich mit den realen
Faktoren (Präferenzen, Technologien und Faktorausstattung) und ihren Implikationen für den Handel, für die Austauschverhältnisse und für die Vorteile des Handels. Die Theorie des Internationalen Handels zeigt, wie die realen Größen die Produktion, den Konsum, den internationalen Handel, die Relativpreise, das Faktoreinkommen und die nationale Wohlfahrt bestimmen. Ziel der Theorie des Internationalen Handels ist die Analyse von ökonomischen Transaktionen der Volkswirtschaften untereinander. Die verschiedenen Länder sind durch Güterhandel, durch Dienstleistungen, durch internationale Wanderungen der Faktoren Arbeit und Kapital, technologisches Wissen und Wechselkurse stark miteinander verflochten. Der Gegenstand der ökonomischen Analyse internationaler Wirtschaftsbeziehungen läßt sich, stark vereinfacht wie in Tabelle 1.1 dargestellt, gliedern. Viele Studentinnen sind der Meinung, daß die Monetäre Außenwirtschaft eine Art Fortsetzung der realen Außenwirtschaftstheorie darstelle. Diese Ansicht ist falsch. Die monetären Ansätze gehören zu einer anderen Welt. Die Theorie des Internationalen Handels ist eine Anwendung der Allgemeinen Gleichgewichtstheorie. Die Allgemeine Gleichgewichtstheorie untersucht die Allokation der Ressourcen als Ergebnis dezentralisierter Entscheidungen vieler Wirtschaftssubjekte, die nur durch den Markt koordiniert werden.5 In der Analyse eines Allgemeinen Gleichgewichts für vollkommene 4
V g l . e t w a F R E Y [1985].
5
Die Vorteilhaftigkeit marktwirtschaftlicher Ökonomien wird in den Fundamen-
talsätzen der Wohlfahrtstheorie beschrieben. Die zwei wichtigen Aussagen der Wohlfahrtstheorie lauten: (1) Jedes Wettbewerbsgleichgewicht ist pareto-optimal, (2) jedes Pareto-Optimum kann nach Umverteilung der Anfangsausstattung als Wettbewerbsgleichgewicht verwirklicht werden; vgl. dazu beispielsweise LAFFONT [1989], HEERTJE u n d W E N Z E L [1991].
1.2.
ÜBERBLICK
11
Tabelle 1.1: Außenwirtschaftslehre Monetäre Außenwirtschaft: Analyse d e r Z u s a m m e n h ä n g e zwischen
Internationaler Handel: Analyse realwirtschaftlicher
Zahlungsbilanz u n d
Vorgänge zwischen I n - u n d A u s l a n d . W a r u m wird H a n d e l b e t r i e b e n ?
Volkseinkommen, Zinssatz, Wechselkurs u n d Preisniveau.
Wie bildet sich d a s internationale T a u s c h Verhältnis ( t e r m s of t r a d e ) ? Wie wirkt H a n d e l auf die W o h l f a h r t ?
Märkte spielen die Preise, die als Indikatoren für die Knappheit der Güter dienen, die entscheidende Rolle. Alle wirtschaftlichen Akteure orientieren sich ausschließlich an Preisen. Auf Märkten mit vollkommener Konkurrenz ist die Gleichheit von "Grenzrate der Substitution" ( G R S ) und "Grenzrate der Transformation" ( G R T ) stets erfüllt, weil diese im Allgemeinen Gleichgewicht mit dem Preisverhältnis übereinstimmt. Der Relativpreis signalisiert damit (1) dem Konsumenten, relativ wenig von einem Gut nachzufragen, wenn dessen Relativpreis hoch ist, und (2) dem Produzenten, relativ viel von einem Gut und relativ wenig von anderen Gütern bereitzustellen, falls die Wertschätzung der Konsumenten für dieses Gut relativ hoch ist. Der Vorteil dieses Mechanismus besteht darin, daß jedes Wettbewerbsgleichgewicht pareto-optimal ist (vgl. Anhang "Allgemeines Gleichgewicht"). Der Gewinn und der Nutzen übernehmen die Funktion der Koordination der einzelwirtschaftlichen Aktivitäten. Im allgemeinen Gleichgewicht, bei dem die zusätzlichen Kosten der Produktion einer weiteren Einheit genau dem Wert entsprechen, den ihm die Konsumenten beimessen, genügt es, wenn die Konsumenten und die Produzenten vollständige Information über die Relativpreise besitzen. Jede Änderung in den Produktionsbedingungen oder in der Präferenz für ein Gut drückt sich dann in einer Änderung der Relativpreise aus und führt zu einer effizienten Reallokation der Produktionsfaktoren. Die Analyse der Interaktion von Märkten ist nur anhand eines Allgemeinen Gleichgewichts möglich. Das moderne Außenhandelsgeschehen einer Volkswirtschaft läßt sich
12
KAPITEL
1. INTERNATIONALER
HANDEL
nicht durch einen einzigen ökonomischen Erklärungsansatz beschreiben. Die Literatur der Außenwirtschaft kennt eine Vielzahl von theoretischen und empirischen Ansätzen, die sich ergänzen, unter Umständen auch widersprechen. In der vorliegenden Arbeit werden für die Studierenden einführend wichtige Ansätze der Theorie des Internationalen Handels vorgestellt. Wir beschäftigen uns im einzelnen mit folgenden Themen: • Freihandel.
Internationaler Handel bringt Wohlfahrtsgewinne für die
am Leistungsaustausch beteiligten Länder. Freihandel ist paretooptimal. Eine Allokation wird als pareto-optimal bezeichnet, wenn durch eine Reallokation kein Individuum besser gestellt werden kann, ohne daß ein anderes Individuum schlechter gestellt wird.6 In
Kapi-
tel 2 vergleichen wir ein pareto-optimales Autarkiegleichgewicht mit einem pareto-optimalen Freihandelsgleichgewicht. Da Freihandel die starke Restriktion von Autarkie aufhebt (ein Land kann in Autarkie nur die Menge konsumieren die es auch selbst produziert), kommt es zu einem gesamtwirtschaftlichen Handelsgewinn (gains from
trade).
Die Handelsgewinne sind für ein Land um so größer, je größer die Differenz zwischen relativen Autarkie- und Freihandelspreisen ist. • Komparative
Kostenvorteile.
Die Theorie der komparativen Kosten,
die 1817 von dem Engländer DAVID RICARDO (1772-1823) entwickelt wurde, begründet, daß sich internationaler Handel auch dann für zwei Volkswirtschaften lohnt, wenn eines der beiden Länder alle Produkte effizienter produzieren kann, als das andere Land. Wichtig ist, daß die komparativen (relativen) Kosten in den Ländern unterschiedlich sind. Handel kommt zustande, wenn komparative Kostenvorteile, die durch Relativpreisdifferenzen übertragen werden, bestehen. Eine Einführung in die Theorie des Internationalen Handels beschäftigt sich vor allem mit der Erklärung von relativen Preisdifferenzen. Preisdifferenzen erklären internationale Wettbewerbsvorteile. Relative Preisunterschiede können zurückgeführt werden: (1) auf Unterschiede in den Präferenzen der in- und ausländischen Konsumen6
Oder m i t anderen Worten: Der Nutzen wird unter den gegebenen Nebenbedingun-
gen maximiert, wenn m a n davon ausgehen kann, daß eine Ökonomie wie ein Haushalt behandelt werden kann.
1.2.
ÜBERBLICK
13
ten, (2) auf Unterschiede in der eingesetzten Technologie und (3) auf unterschiedliche relative Faktorausstattungen im I n - und Ausland. So spezialisieren sich kapitalreiche Länder auf kapitalintensiv produzierte Güter. Arbeitsreiche Länder spezialisieren sich auf arbeitsintensiv hergestellte Güter. • Intra-industrieller
Handel. In Kapitel 4 geht es um die Erklärung des
intra-industriellen Außenhandels. Im Mittelpunkt der Analyse der Bestimmungsgründe des intra-industriellen Handels stehen monopolistische und oligopolistische Marktformen. Intra-industrieller Handel, der sich in gleichzeitig hohen E x p o r t - und Importzahlen einer Branche niederschlägt, hat die Integration der deutschen Volkswirtschaft in die weltwirtschaftliche Arbeitsteilung begünstigt. Der E G Binnenmarkt wird ebenfalls einen Schub für den intra-industriellen Handel mit sich bringen. Die Anwendung der Theorie der Monopolistischen Konkurrenz und der Oligopole auf Probleme des internationalen Handels ist eine der interessanten Entwicklungen der modernen Außenwirtschaftstheorie (vgl.
KRUGMAN
[1990]).
Nicht nur
die Begründung des intra-industriellen Handels zwischen den Industrieländern auf stark umkämpften Märkten hat davon profitiert, sondern auch die Ansätze zur Erklärung strategischer Handelspolitik ( v g l . H E L P M A N u n d K R U G M A N [ 1 9 8 9 ] , S I E B E R T [ 1 9 9 1 ] ) . I n Kapital
4
wird gezeigt, wie die Marktform einen Bestimmungsgrund für ( i n t r a industriellen) Handel darstellt. • Handelspolitische
Maßnahmen.
Das Problem des Protektionismus,
d.h. der Versuch bestimmter Länder, den internationalen Handel zu regulieren, ist von großer Aktualität. Der wachsende Gebrauch der Zoll- und Handelspolitik, insbesondere durch die Industrieländer, gehört zu den zentralen ungelösten Problemen der internationalen Arbeitsteilung. Die Realität des internationalen Handels ist durch Handelshemmnisse gekennzeichnet. Solche protektionistischen Maßnahmen zielen darauf ab, das Resultat eines freien Handels bewußt zu verändern, um damit nationale Vorteile zu erlangen. Die Analyse von Handelshemmnissen ist Gegenstand von Kapitel 5. In der traditionellen Theorie der Handels- und Zollpolitik geht es um die Frage,
KAPITEL
1. INTERNATIONALER
HANDEL
wie das wirtschaftliche System auf Eingriffe des Politikers reagiert. In der Politischen Ökonomie des Protektionismus wird der Wirtschaftspolitiker selbst in die Analyse einbezogen und als Teil des Systems betrachtet. Direktinvestitionen. Multinationale Unternehmen sind Unternehmen, die in mehreren Ländern Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen besitzen. Zur Gründung ausländischer Produktionsstätten sind in der Regel Direktinvestitionen erforderlich. Dies begründet den engen Zusammenhang zwischen internationalen Kapitalbewegungen in Form von Direktinvestitionen und Unternehmen mit einer multinationalen Organisationsform. Die Kapitalverflechtung der deutschen Wirtschaft mit dem Ausland hat sich in den Jahren 1988-1992 erheblich intensiviert. Auch der internationale Handel wird durch die multinationalen Unternehmen beeinflußt. Im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Diskussion über mögliche Konsequenzen von stark zunehmenden Direktinvestitionen im Ausland steht primär die Frage, ob Auslandsinvestitionen inländischer Investoren zu einem Rückgang der Beschäftigung im Inland führen bzw., ob Auslandsinvestitionen zu einer Reduzierung der Exporte und gleichzeitig zu einem Anstieg der Importe führen. Die entscheidungstheoretische Fundierung des Problems, unter welchen Bedingungen ein Unternehmen exportiert, direktinvestiert oder eine kontraktorientierte internationale Leistungserstellung und -Verwertung vornimmt, fand in der Außenhandelstheorie bis vor kurzem relativ wenig Beachtung. Neuere Arbeiten geben wichtige Hinweise zu den Fragen der Existenz und des Wachstums multinationaler Unternehmen (vgl. Kapitel 6). Wechselkursrisiken. Da sich die flexiblen Wechselkurse in der Vergangenheit in einer nicht erwarteten Weise als volatil erwiesen haben, hat die Frage, wie Wechselkursschwankungen auf den internationalen Handel und die Direktinvestitionen internationaler Unternehmen wirken, in der neueren außenwirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Literatur stark an Bedeutung gewonnen. Ausgangspunkt vieler Analysen ist die Behauptung, daß die Wechselkursunsicherheit den internationalen Handel behindere. Die Hypothese, wonach
1.2.
15
ÜBERBLICK
Wechselkursschwankungen den Handel behindern, konnte aber bislang empirisch nicht überzeugend belegt werden. Eine E r k l ä r u n g für diese Widersprüchlichkeit könnte m a n darin sehen, daß die international tätigen Unternehmen Wechselkursrisiken i m großen U m f a n g absichern ( " h e d g e n " ) . G e g e n s t a n d von Kapitel
7
ist eine A n a l y s e
der Z u s a m m e n h ä n g e zwischen Wechselkursunsicherheit,
Exportent-
scheidung und Existenz von Risikomärkten a m Beispiel von D e v i s e n Terminkontrakten. Risikomärkte (wie D e v i s e n - T e r m i n m ä r k t e Devisen-Optionsmärkte)
und
haben einen erheblichen Einfluß a u f die
E x p o r t - bzw. Importentscheidung eines internationalen
Unterneh-
mens. Kurssicherungsmöglichkeiten führen zu einem größeren Handelsvolumen und damit zu einer größeren B e s c h ä f t i g u n g als bei Nichtexistenz solcher Hedgingmärkte.
Übungsaufgaben 1. Wie läßt sich der gegenwärtige Internationalisierungs- und Globalisierungsprozeß der Industrieländer beschreiben? Welche Bedeutung hat der internationale Handel für die Bundesrepublik Deutschland? 2. Welches sind die Prinzipien der internationalen Arbeitsteilung? Welches sind die Vorteile des Freihandels? 3. Wodurch werden die Struktur des Handels und das Handelsvolumen einer Volkswirtschaft bestimmt? 4. Was versteht man unter den terms of trade? Warum sind sie von so großer Bedeutung? Wodurch werden sie bestimmt? 5. Warum gibt es Protektionismus? Welche Argumente sprechen für Freihandel, welche für Handelshemmnisse? 6. Nennen Sie mögliche Bestimmungsgründe für Direktinvestitionen internationaler Unternehmen! Welche Vor- und Nachteile hat eine Auslandsproduktion im Vergleich zum Export? 7. Welche Risiken können sich für international tätige Unternehmen aus der internationalen Arbeitsteilung ergeben?
•
• •
Kapitel 2
Freihandel Der Nutzen der internationalen
Arbeitsteilung
nem, aber effizienter genutztem Faktoreinsatz gewinne ermöglicht Die Verteilung
bestimmt.
Wohlfahrt
gang zum Freihandel zum Freihandel
werden, die ein erhöhtes Sozialprodukt
der Handelsgewinne
marktpreisverhältnis gesellschaftliche
besteht darin, daß bei gegebeTausch-und
auf die Länder
Spezialisierungszur Folge
haben.
wird durch das Welt-
So ergibt sich eine wichtige Aussage:
eines einzelnen
Landes
erhöht. Selbst ein einseitiger
erhöht die Wohlfahrt dieser
wird durch den Ubergang eines
Die Über-
Landes
Volkswirtschaft.
0 Der internationale Handel ermöglicht es, von den Vorteilen einer weltweiten Arbeitsteilung zu profitieren. So nutzt die internationale Arbeitsteilung die ungleiche Ausstattung der Volkswirtschaften mit Ressourcen oder die Unterschiede in den verfügbaren Technologien und in den Präferenzen der Nachfrager. Damit erklären die nationalen Unterschiede in der Ressourcenausstattung, im technologischen Wissen und in den Präferenzen der Konsumenten einleuchtend die Vorteilhaftigkeit des internationalen Tausches. Daneben bietet der internationale Handel die Möglichkeit, die Vorteile der Massenproduktion, die sich bei großen Märkten bieten, zu nutzen. Schließlich wird den Käufern ein breiteres Produktangebot zur Auswahl gestellt.
KAPITEL
18
2.
FREIHANDEL
Eine Einführung in die Theorie des Internationalen Handels beschäftigt sich im wesentlichen mit folgenden Fragen: •
Warum kommt es zum internationalen G ü t e r - und Dienstleistungsaustausch? Es wird nach den Bestimmungsgründen des internationalen Handels gesucht.
• Durch den internationalen Handel bildet sich ein Austauschverhältnis (terms of trade). Dieses Tauschverhältnis gibt an, wieviel Einheiten an Exportgütern für eine Importeinheit aufgewendet werden muß. 1 Welches sind die Bestimmungsgründe für die Höhe dieser Austauschverhältnisse? • Der dritte Problembereich beschäftigt sich mit der Frage nach der sozialen Bewertung von Außenhandel. Außenhandel sollte betrieben werden, wenn er die soziale Wohlfahrt eines Landes erhöht. Die ersten beiden Problemfelder beschäftigen sich mit der positiven Theorie. Man möchte beispielsweise wissen, warum eine Volkswirtschaft Vorteile in der Herstellung bestimmter Produkte hat. Mit anderen Worten, man ist an der Erklärung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eines Landes interessiert. Dies erfordert keine Wertung im Sinne von gut oder schlecht. Darin unterscheiden sich die beiden ersten von der dritten Frage. Sie ist normativer Art. Die normative Theorie bewertet im Sinne der Wohlfahrtstheorie alternative ökonomische Zustände. So hat beispielsweise die Einführung von Freihandel oder die Erhebung eines Importzolls unmittelbare Rückwirkungen auf die funktionelle Einkommensverteilung und damit auf die Interessen der Einkommensbezieher. Die Faktoreigner (die Besitzer von Kapital und Arbeit) werden unter Umständen unterschiedlich betroffen. Das soziale Interesse für Freihandel und Protektionismus wird sich unter diesen Bedingungen entlang der Faktorlinien entwickeln. Damit lassen sich auch ganz allgemein die Prinzipien der internationalen Arbeitsteilung beschreiben. Die Prinzipien der internationalen Arbeitsteilung geben an, unter welchen Bedingungen ein internationaler Leistungsaustausch zustande kommt, unter welchen Bedingungen ein Produktionsvorteil 1
Was bedeutet es beispielsweise, wenn die terms of trade der Bundesrepublik mit 93,4
(Jahr 1981) oder 112,3 (Jahr 1991) angegeben werden?
2.1.
HANDELSGEWINNE
19
für ein Gut besteht, welches Handelsvolumen sich einstellt und welche Anpassungsprozesse aufgrund des Freihandels erfolgen (insbesondere in bezug auf die Allokation der Produktionsfaktoren und auf die Einkommensverteilung). Die internationale Arbeitsteilung bezieht sich nicht nur auf den Güterhandel, sondern auch auf die internationale Mobilität von Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) und damit auch auf Standortentscheidungen (beispielsweise Direktinvestitionen multinationaler Unternehmen).
2.1
Handelsgewinne
Die Aussage, daß Freihandel effizient sei, ist eine wichtige Erkenntis der Theorie des Internationalen Handels. Man geht vereinfachend davon aus, daß die betrachtete Volkswirtschaft zwei Güter in den Mengen x und y herstellt. Die maximalen Produktionsmöglichkeiten werden durch die Transformationskurve TT' angezeigt (vgl. Abb. 2.1).
Dy.y
0 Abbildung 2.1: Autarkie Die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt wird durch die Indifferenzkurve U abgebildet. Ohne eine internationale Arbeitsteilung ("Autarkie") kann ein gesellschaftlicher Nutzen in Höhe von Ua realisiert werden. Im Autarkiezu-
KAPITEL 2. FREIHANDEL
20
stand A fallen Konsum- und Produktionspunkt zusammen: Dx = x, Dy = y (mit Dx, Dy werden die Konsummengen und mit x, y die Produktionsmengen bezeichnet). Die Steigung der Transformationskurve und der Indifferenzkurve ist in A gleich groß und entspricht dem Relativpreisverhältnis p". Mit anderen Worten: Grenzrate der Transformation GRTyx
und Grenz-
rate der Substitution GRSyiX entsprechen dem Autarkiepreisverhältnis pa ? Diese drei Bedingungen (GRSy i X = pa,GRTyiX
= Pa und x = Dx,y
=
Dy)
charakterisieren ein pareto-optimales Autarkiegleichgewicht. Weichen die auf dem Weltmarkt geltenden Preise p vom inländischen Autarkiepreisverhältnis ab (p a / p), dann lohnt es sich für eine Volkswirtschaft, ihre Produktionsstruktur entsprechend den komparativen Vorteilen neu auszurichten, um Vorteile aus dem internationalen Handel wahrzunehmen. In einem pareto-optimalen Freihandelsgleichgewicht müssen ebenfalls die Grenzraten der Transformation und der Substitution dem Preisverhältnis entsprechen, aber die Bedingung, daß Produktions- und Konsummengen übereinstimmen müssen, entfällt. Damit ist Freihandel der Autarkie überlegen, obwohl beide Gleichgewichte pareto-optimal sind. Freihandel.
Gelten beispielsweise die Weltmarktpreise pf > pa, so kann die
Volkswirtschaft durch internationalen Handel ein höheres Nutzenniveau Uf realisieren (vgl. Abb. 2.2). Das Land produziert in Punkt P und konsumiert in C. Die Industrie X exportiert einen Teil ihrer Produktion ( P D ) , und Güter der Branche Y werden aus dem Ausland importiert (CD).
Der
Bereich PCD bildet das Handelsdreieck, und p stellt die terms of trade dar. Bei freiem internationalem Handel garantieren die Marktkräfte eine weltwirtschaftlich optimale Ressourcenallokation, aus der ein Produktionsmaximum folgt. Die Verteilung der Handelsgewinne wird durch das Weltmarktpreisverhältnis bestimmt. Die Wohlfahrtssteigerung durch den Freihandel ist auf zwei Effekte zurückzuführen: Zum einen werden durch die Spezialisierung Kostenvorteile wahrgenommen; es kommt zu Spezialisierungsgewinnen. Zum anderen kann ein Güterbündel nachgefragt werden, das ohne internationalen Handel nicht realisierbar ist (Tauschgewinne). Die Aufnahme eines freien internationalen Handels ist der Autarkie bzw. dem 2
Weichen bei vollkommenen Märkten Grenzrate der S u b s t i t u t i o n
rate der Transformation
GRTy)X
GRSy)X
oder Grenz-
vom Preisverhältnis a b , so sind die Konsumenten nicht
im Nutzenoptimum bzw. die Unternehmen nicht im Gewinnmaximum.
2.1. HANDELSGEWINNE
21
Protektionismus vorzuziehen, weil die Wohlfahrt eines Landes gesteigert werden kann. Der gesellschaftliche Nutzen der Welt wird durch Freihandel maximiert, aber selbst ein einseitiger Übergang nur eines Landes zu Freihandel erhöht die nationale Wohlfahrt dieser Volkswirtschaft. Wie T a u s c h - und Spezialisierungsgewinne die gesamtwirtschaftlichen Vorteile aus Freihandel erklären, läßt sich anhand der Abb.
2.3 verdeut-
lichen. Punkt A stellt das Autarkiegleichgewicht dar. Angenommen, die Volkswirtschaft kann am internationalen Handel zu einem Relativpreis p teilnehmen, so fallen in A Produktions- und Konsumpunkt zusammen und ergeben einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen in Höhe von U". Ist der Produktionspunkt A fest vorgegeben, so ergeben sich durch den internationalen Handel dennoch Tauschvorteile Ue > Ua,
denn der Kon-
sumpunkt liegt nun in E, der mit einem höheren Nutzenniveau Ue
ver-
bunden ist. Ist eine Reallokation der Ressourcen und damit eine Spezialisierung in Richtung der Branche X möglich (Produktionspunkt B),
so
kommt es zu Spezialisierungsgewinnen, d.h. zu einem höheren Einkommen (px + y > pxa
+ ya)
und zu einem weiteren Nutzenzuwachs U? >
Ue.
Die Nutzenerhöhung von Ue auf U^ entsteht durch die Spezialisierung. Ge-
22
KAPITEL
2.
FREIHANDEL
samtwirtschaftlich ist Freihandel pareto-optimal. Auf der einzelwirtschaftlichen Ebene ergibt sich: Internationaler Handel begünstigt die Anbieter des Exportgutes und die Nachfrager des Importgutes. Umgekehrt werden die Anbieter des Importgutes und die Nachfrager des Exportgutes durch die Öffnung der Grenzen benachteiligt. Mithin gibt es Verlierer und Gewinner. Trotzdem sind die gesamtwirtschaftlich anfallenden Gewinne stets größer als die entstehenden wirtschaftlichen Verluste, wenn eine Volkswirtschaft von Autarkie (oder Protektionismus) zu Freihandel übergeht. A u s s a g e 2 (Freihandel). Die gesamtwirtschaftlichen Gewinne, die bei der Abschaffung von Handelshemmnissen entstehen, sind stets größer als die gesamtwirtschaftlichen Verluste. Dies bedeutet, daß die Wirtschaftssubjekte, die vom Ubergang zu Freihandel profitieren, die Verluste der negativ betroffenen Wirtschaftssubjekte vollständig kompensieren können. Freihandel ist pareto-optimal. A n m e r k u n g . Institutionalisierung und wirtschaftspolitische Implikationen aus dem Freihandelstheorem. Um den Freihandel weltweit auch institutionell abzusichern, sind nach 1945 internationale Organisationen gegründet worden, die der
2.2.
TAUSCHGLEICHGEWICHT
23
Freihandelsidee Nachdruck verleihen sollten. Eines der wichtigsten Abkommen ist das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen
GATT.3
Das G A T T ist formalrechtlich ein multilaterales Handelsabkommen. Die über 90 Mitglieder führen die Bezeichnung Vertragsparteien. Die folgenden drei Prinzipien des G A T T bilden das Fundament dieses Vertragswerkes: • Prinzip der Gegenseitigkeit (Reziprozität), • Prinzip der Nicht-Diskriminierung (Meistbegünstigung), • Prinzip der Liberalisierung. Das Prinzip der Gegenseitigkeit
besagt, daß alle Vertragsparteien, denen von
anderen GATT-Ländern handelspolitische Vorteile eingeräumt werden, gleichwertige
Gegenleistungen
erbringen
sollen.
Unter dem Prinzip
der
Nicht-
wird verstanden, daß alle Vorteile, die ein G A T T - L a n d einem
Diskriminierung
anderen Land gewährt, auf alle Mitgliedsstaaten anzuwenden sind. Das Prinzip der Liberalisierung
bedeutet schließlich, daß kein GATT-Land im internationalen
Handel mit anderen GATT-Ländern neue Importbeschränkungen einführt bzw. bestehende erhöht.
2.2
Tauschgleichgewicht
Ein internationales Handelsgleichgewicht weist folgende Eigenschaften auf: In einem internationalen Tauschgleichgewicht wird das Preisverhältnis gerade so bestimmt, daß ( 1 ) die Weltgütermärkte geräumt sind und (2) die Einkommensrestriktionen beider Volkswirtschaften eingehalten werden. Die Einhaltung der Einkommensrestriktionen bedeutet zugleich eine ausgeglichene Leistungsbilanz. Im Handelsgleichgewicht muß folgende Bedingung erfüllt sein (der Wert der Produktion px + y entspricht dem Wert des Konsums pDx +
Dy): p(Dx
oder p -
IMy/EXx
- z ) + (Dy - y ) = 0,
mit IMy
=
(Dy
- y) und EXx
(2.1) =
(x - Dx).
Ein
Handelsbilanzdefizit würde bedeuten, daß die rechte Seite der Gleichung ( 2 . 1 ) positiv wäre. Die Volkswirtschaft konsumiert dann mehr als sie dem Wert nach produziert. Dies ist nur möglich, wenn sich ein Land international verschuldet oder wenn es über Finanzaktiva verfügt, mit denen der 3 General
Agreement on Tariffs and Trade (GATT).
KAPITEL
24
2.
FREIHANDEL
Mehrkonsum finanziert werden kann. Langfristig ist jedoch eine solche ungleichgewichtige Situation nicht aufrechtzuerhalten. Die notwendige Bedingung für Handel wird durch Unterschiede in den Relativpreisen bei Autarkie angegeben p" ^ p". Die hinreichende Bedingung für internationalen Handel verlangt, daß die internationalen Austauschverhältnisse (terms of trade, abgekürzt mit p) zwischen den Autarkiepreisverhältnissen beider Länder liegen: pap».
Wie werden die internationalen Tauschverhältnisse bestimmt? Die Tauschverhältnisse müssen sich auf den internationalen Märkten so einstellen, daß die Gütermärkte geräumt sind, denn im Gütermarktgleichgewicht entspricht das internationale Angebot der internationalen Nachfrage. Zur Veranschaulichung der Bestimmung der terms of trade werden in der Außenhandelstheorie die Tauschkurven ( o f f e r curves) verwendet (vgl. 0 T in Abb. 2-4)- Das Inland verfüge über eine Güterausstattung in Höhe von x = x, y = y. In Abb. 2-4 ist die inländische Einkommensgerade für alternative internationale Tauschverhältnisse (pi,p2 und p$) eingezeichnet, wobei p den Relativpreis von Gut X bezeichnet. Ein Tauschgleichgewicht verlangt, daß die Grenzrate der Substitution GRSyiX
dem Preisverhältnis p entspricht, denn ein Maximum der Nutzen-
funktion U(DX, Dy) unter Einhaltung der Einkommensrestriktion verlangt:
r/?