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German Pages 866 [870] Year 1931
3. v. Staudingers Kommentar r*m
Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Linsührungrgesetz herauL-ege-en von
Dr. Thesdor Loewnrfett f,
Dr. Erwin Riezler,
MrwersttälS-Profeflor, «e itm Kinfthm-Sotsth vi. Band.
Girrführrrngsge seh S. Teil: Art. 7-31
(Internattonales Privatrecht) Erläutert
von
Dr. Leo Raape, Professor an der Universitär Hamburg
9.
neubearbeitete
Auflage.
V 1981 Manche«, Berlin und Leipzig J.Schweitzer Verlag (Arthur Sellier).
Druck von Dr. F. P. Datterer & Tie., Freifiug-Müntyeu.
Inhaltsübersicht zum 2. Teil des sechsten Bandes.
Einführungsgefetz. Seite
Vorwort..................................................................................................................................
VI
Literatur im Allgemeinen........................................................................................................ VIII Abkürzungen........................................................................................................................
X
Einleitung..............................................................................................................................
1
Erster Abschnitt,
««gemeint Vorschriften............................................ Art.7-3i
62
Alphabetisches Register zu Band VI, Teil 2..................................................................... 839
Borwort. 2m März 1926 übernahm ich die Verpflichtung, den von Äuhlenbeck verfaßten, auf Wagner zurückgehenden Kommentar zu den Artikeln 7—31 zu überarbeiten. Erst für eine spätere Auflage war eine völlige Neubearbeitung in Aussicht genommen. Nach der ersten Materialsammlung entschloß ich mich jedoch aus gewissen Gründen, schon jetzt diese Neubearbeitung vorzunehmen. 2n welche Zeitnot ich dadurch geraten sollte, habe ich damals nicht vorausgesehen. Alles in allem haben mir dank mehrerer Frist verlängerungen fünf Jahre zur Verfügung gestanden, die Zeit für den Dnick und die Korrektur eingerechnet. Ich weiß sehr wohl, daß dieser Zeitraum in Anbetracht meiner sonstigen Verpflichtungen für die Ausgabe, wie sie sich allmählich herauskristallisierte, zu kurz war. Wäre es nach mir allein gegangen, so hätte ich noch einige Jahre an die Arbeit gewandt. Indes, es ging eben nicht nach mir allein, — begreiflicherweise. Das Manuskript ist nicht als Ganzes aus einmal dem Drucker übergeben worden, sondern stückweise. Auch habe ich die Manuskripte nicht in der Reihenfolge des Gesetzes zum Druck abgeliefert. Zuletzt verfaßt und gesetzt wurden die Artikel 18—22 ein schließlich, betreffend das internationale Kindschaftsrecht. Aus diesen Tatsachen erklärt sich, daß ich die emzelnen Teile nicht überall so habe aufeinander abstimmen können, wie ich es wohl gewünscht hätte, erklärt sich ferner die zeitlich gesehm ungleichmäßige Berücksichtigung von Schrifttum und Rechtsprechung bei den einzelnen Artikeln. Bei den eben genannten Vorschriften ist noch Literatur aus einer Zeit verarbeitet worden, welche bei den anderen Artikeln, auch bei den nachfolgenden, nicht mehr verwertet werden konnte. In den Fußnoten zu den einzelnen Artikeln habe ich allerdings, soweit eben möglich, noch die Literatur aus der Zeit bis zur ersten Korrektur angegeben. War das an eine Frist gebundene Arbeiten schon an sich unruhvoll, so erst recht das Arbeiten in einer Zeit, wo fortwährend Dinge geschahen, die Berücksichtigung ver langten. Hier hieß es sich zur Zurückhaltung zwingen. An dem einmal fertiggestellten Tert durfte nicht allzu viel geändert werden. Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, konnte ich nur noch bei den eben erwähnten Artikeln 18—22, Gutzwiller überhaupt nicht mehr berücksichtigen. Die Einleitung verfaßte ich auf den besonderen Wunsch des Verlags, mit dem sich die Anregung eines der höchsten deutschen Richter begegnete. Sie soll das geistige Band aufzeigen, das die Teile zusammenhält. Naturgemäß konnte sie nur kurz gehalten sein. Manches der dort gestreiften Probleme behalte ich mir vor, später an anderer Stelle in extenso zu erörtern. Die Methode der Arbeit möchte ich als angewandte Methode auf rechtsvergleichen der Grundlage bezeichnen. Im Rahmen eines Kommentars mag diese Methode un gewöhnlich erscheinen, wenngleich bei der geringen Zahl der gesetzlichen Vorschriften einerseits — es sind ganze 24 — ihrer ungeheuren Reichweite andrerseits die Greme zwischen systemattscher und kommentarischer Behandlung naturgemäß verschwimmt. Meine Absicht, sie in diesem Vorwort ausführlich zu rechtfertigen, lasse ich gleichwohl fallen. Ich meine, sie muß für sich selber sprechen und begnüge mich mit der kurzen Be merkung, daß ich mit dieser, dem Dozenten zur zweiten Natur gewordenen Methode versuchte, die Kollisionsnormen, die wohl die kältesten und fernsten aller Normen sind.
aus ihrer Sternenhöhe auf die Erde herunterzuziehen. Daß das bisher nicht genügend geschehen ist, darin liegt m. E. der Hauptgrund für den unbestreitbaren und betlagenswerten Mangel an Neigung für das 3PR.. unter dem wir in Deutschland zu leiden haben. 3n Wahrheit ist das 3PR. ungewöhnlich reizvoll. Man muh es nur in seiner Rechtswirtlichkeit sehen. Mir selbst war diese Methode zugleich ein Mittel zu fruchtbarer neuer Fragestellung sowie zur Erprobung der Rechtssähe und Ansichten, eigner wie fremder, und zwar nicht nur auf ihre Billigkeit, sondern — dieser Gesichtspunkt spielt im 3PR. eine besondere Rolle — auch auf ihre Handlichkeit. Es ist hier kein Satz auf gestellt worden, der nicht — das darf ich wohl sagen — am praktischen Fall, meist an vielen Fällen, vielleicht auch einmal an zu vielen, ausprobiert worden wäre. Probieren geht über studieren, sagt der Bolksmund, gewitz zu Unrecht, aber kein Studieren ohne Probieren. Der Fall ist unser grötzter Lehrmeister. Die Wahrheit geht durch den Fall. So wird auch am sichersten die Brücke geschlagen zwischen Theorie und Praris. Diese Methode schützte mich zugleich gegen den oft sehr unduldsamen Doktrinarismus, der für das 3PR. eine ganz besondere Gefahr bildet, übrigens eine internationale. Nach dem Gesagten ist klar, datz diese Methode mehr bedeutet als eine blotze Methode der Dar stellung, sie ist ebensosehr eine Methode der Forschung, eine Untersuchungsmethode. Die Anwendung konnte natürlich nur mittels Rechtsvergleichung geschehen. Sie hatte sich nicht Klotz aus die fremden Lollisionsnormen — auf diese übrigens auch schon wegen der Haltung des Reichsgerichts in der Frage der Rück- und Weiterverweisung — sondern auch auf die fremden Sachnormen zu blieben, ja gerade auch aus diese, sind doch die Sachnormen, und zwar die aller Länder, so recht eigentlich das Blut der Äol» lisionsnormen. Mittels sagte einmal: die Rechtsgeschichte wird Rechtsvergleichung sein oder sie wird nicht sein. Entsprechendes gilt in noch höherem Matze sür das 3PR. Das 3PR. in der Rechtswirklichkeit zeigen heitzt Rechtsvergleichung treiben. 3eder Fort schritt in der Rechtsvergleichung kommt auch dem 3PR. zustatten. Das Recht der Staaten A, B, 0 rührt niemanden, aber das Recht der ABO»Staaten bringt uns ht Bewegung. Herr cand. iur. Goebel hat das Manuskript in Maschinenschrift für den Druck übertragen, Herr Assessor Dr. Horst Müller, Assistent am hiesigm Seminar für bürger liches Recht, die Korrekturen gelesen. Beiden Herren danke ich für die autzerordentlich wertvolle Unterstützung, die sie mir damit geleistet haben, auch an dieser Stelle aufs herzlichste. Auch Herrn Dr. Sielck, der die zweite Korrektur mitgelesen hat, fühle ich mich verpflichtet. Dor Herrn Dr. Müller habe ich mich über viele Dinge, die mich be wegten, nach meiner Gewohnheit ambulando in Gottes freier Natur aussprechen können. Für die Art, wie er da mitgegangen ist und meine Erpektorationen über sich hat ergehen lassen, aufmerkend, verstehend, kritisch, danke ich ihm noch ganz besonders. Hamburg, im März 1931.
Prof. Dr. Raape.
Literatur im Allgemeine«. Das deutsche Sonderschrifttum ist in Fußnoten bei den einzelnen Artikeln aufgeführt. Das ausländische Sonderschrifttum ist, auch soweit es benutzt ist, in den Fußnoten aus äußeren Gründen nicht besonders angeführt worden. Es wird auf die Angaben bei den unten angeführten ausländischen Werken, sowie bei Gutzwiller verwiesen. Almasi, Ungarisches Privatrecht, Bd. I, 1922. v. B a r (ohne Zusatz), Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts, zweite Aufl., 2 Bände, 1889. v. Bar, Lehrbuch des internationalen Privat- und Strafrechts, 1892. v.Bar, Internationales Privatrecht, in der Enzyklopädie der Rechtswissenschaft von Holtzendorff-Kohler, sechste Aufl., 1904, Bd. 2 S. 1 ff. Barazetti, Das internationale Privatrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1897. Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Bd. 1, Allgemeine Einführung, 1926, Bd. 2, Ehe- und Kindschaftsrecht der europäischen Staaten mit Ausnahme der Türkei, 1926, Bd. 3, Ehe- und Kindschaftsrecht in außereuropäischen Staaten ein schließlich der Türkei sowie in außereuropäischen Besitzungen, 1928; Nachtrag I = I. Sonderausgabe (1925/28) der Zeitschrift für Standesamtswesen (StAZ.) für inter nationales und Auslandsrecht, 1929, hier Bergmann Nachtrag angeführt, Nach trag II, 1930 — II. internationale Sonderausgabe (1930) der StAZ. (Der Nach- trag II ist in der Darstellung nicht mehr benutzt worden.) Clunet — Journal du droit international priv6 de la jurisprudence comparSe, später Journal du droit international (fonde par E. Clunet, continuö par Andrä Prudhomme). Curti, Englands Privat- und Handelsrecht, Bd. I Personen- und Familien-, Sachen- und Erbrecht, Bd. II Handelsrecht, 1927. Dieey, Digest of the law of England with reference to tbe conflict of laws, dritte Aufl. 1922 (inzwischen ist die vierte Aufl., herausgegeben von Keith, im Jahre 1927, er schienen). Diena, Principi di diritto internazionale, parte seconda, diritto internazionale private, zweite Aufl. ohne Jahr. Enneccerus, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts, Bd. I Einleitung, Allgemeiner Teil, 30.—34. Aufl. 1928. Fiore, Diritto internazionale private, vier Bände, vierte Aufl., 1902/1909. Frankenstein, Internationales Privatrecht (Grenzrecht) Bd. I 1926, Bd. II 1929. Gebhard, Zur Vorgeschichte des internationalen Privatrechts im deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch („die Gebhardschen Materialien"), von Theodor Niemeyer, 1915. Gutzwiller, Jnternationalprivatrecht in Stammlers Enzyklopädie, 1930, S. 1521 ff. Habicht, Internationales Privatrecht nach dem Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Ge setzbuch, 1907. Jahrbuch für den internationalen Rechtsverkehr, 1912/13, herausgegeben von Wert heimer 1912 (JBJR. zitiert). Journal, siehe Clunet. Jett el, Handbuch des internationalen Privat- und Strafrechtes mit Rücksicht auf die Gesetz gebungen Österreichs, Ungarns, Kroatiens, Bosniens, 1893. Jenks, Digest of English Civil Law, zweite Aufl., zwei Bände 1921. Kipp, Familienrecht — Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts von Enneccerus-Kipp-Wolff, Bd. II, 2, Familienrecht von Kipp und Wolff, sechste Bearbeitung, 1928. Kipp, Erbrecht ----- Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts von Enneccerus-Kipp-Wolff, Bd. V, herausgegeben von Kipp, achte Bearbeitung, 1930. Krainz-Pfaff-Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, sechste Aufl., 1925. Laurent, Le droit civil international, 8 Bände, 1880/1882. Leske-Löwenfeld, Die .Rechtsverfolgung im internationalen Verkehr, Bd. IV, Das Eherecht der europäischen Staaten und ihrer Kolonien, bearbeitet von Hahn, heraus gegeben von Leske-Löwenseld, 1904. Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht auf Grundlage der Rechtsprechung, Hefti 1930, Heft II 1931.
Magnus, Tabellen zum internationalen Recht, zweites Heft, Staatsangehörigkeitsrecht, 1926 (auch Magnus, Tabellen zitiert). M a k a r o v, Das internationale Privatrecht der europäischen und außereuropäischen Staa ten, erster Teil, Die Quellen des internationalen Privatrechts, 1929. Mayr, Lehrbuch des bürgerlichen Rechtes (gemeint ist das österreichische ABGB.) Bd. I 1922, Bd. II 1923. Meili, Das internationale Zivil- und Handelsrecht, 2 Bände, 1902. Neubecker (auch Neubecker, JBJR. zitiert). Internationales Privatrecht auf deutsch rechtlicher Grundlage, im Jahrbuch für den internationalen Rechtsverkehr, 1912/13, herausgegeben von Wertheimer, 1912, S. 8 ff. Neumann, Internationales Privatrecht in Form eines Gesetzentwurfs, 1896. Neumeyer, Internationales Privatrecht, erschienen in der Enzyklopädie der Rechts- und Staatswissenschaften, herausgegeben von Kohlrausch und Kaskel, Berlin 1923 (in zwischen ist eine zweite Auflage erschienen unter dem Titel Internationales Privat recht, ein Grundriß, München 1930). Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht, Bd. I 1910, Bd. II 1922, Bd. III Ab teilung 1 1926, Abteilung 2 1930. Niedner, Das Einführungsgesetz, zweite Aufl., 1901 (Teil von Heymanns Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen). Niemeyer (ohne Zusatz), Das internationale Privatrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Berlin 1901. Niemeyer (mit Zusatz Vorschläge), Vorschläge und Materialien zur Kodifikation des internationalen Privatrechts, 1895. Niemeyer, Das in Deutschland geltende internationale Privatrecht, 1894. Planiol, Traitö ölömentaire de droit civil, zehnte Aufl., 3 Bände, Bd.I 1925, Bd. II 1923, Bd. III 1924. Pillet-Niboyet, Manuel de droit international privd, 1924 (die zweite Auflage, 1928, herausgegeben von Niboyet, konnte nicht mehr benutzt werden). Pille t, Traitö pratique de droit international privö, Bd. I 1923, Bd. II 1924. Planck, Bürgerliches Gesetzbuch nebst Einsührungsgesetz, dritte Aufl., Bd. 6, 1905. Poullet, Manuel de droit international privä beige, 1925, zweite Aufl. 1928 (hier ist noch nach der ersten Auflage zitiert). Rechtsvergleichendes Handwörterbuch für das Zivil- und Handelsrecht desJnund Auslandes, herausgegeben von Schlegelberger, Bd. I Länderberichte 1929, Bd. II Abandon bis Einrede 1929, Bd. III (Eisenbahntransportgeschäfte usw.) im Erscheinen. Reichsgerichtsrätekommentar (RGRK.), sechste Ausl. 1928. Revue (ohne Zusatz) — Revue de droit international priv6, fondö par A. Darras, continue par A. de Lapradelle. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, achter Band, 1849. Stauffer, Das internationale Privatrecht der Schweiz, 1925. Surville, Cours 616mentaire de droit international privö, 7. Aufl., 1925/29. Tiernan, Conflict of laws, Chicago 1921. v. Tuhr, Der allgemeine Teil des deutschen bürgerlichen Rechts«, 3 Bände, 1910/1918. v. Tuhr, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, 2 Bände, 1924/25. Tuor, Das neue Recht, eine Einführung in das schweizerische Zivilgesetzbuch, 1912. Unger, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, Bd. I, 1856. Wächter, über die Kollision der Privatrechtsgesetze, Archiv für die zivilistische Praxis, Bd. 24 (1841) S. 320 ff., Bd. 25 (1842) S. 1 ff. Walker, Internationales Privatrecht, vierte Ausl., 1926. Weiß (ohne Zusatz), Traitö thöorique et pratique de droit international privö, 2. Aufl., 6 Bände, 1907/1913. Weiß, Manuel de droit international privd, 9. Aufl., 1925. Westlake, A treatise on private international law, sechste Aufl., 1922. Wharton, A treatise on the conflict of laws, dritte Aufl., 2 Bände, 1905. Wolff, Familienrecht --- Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts von Enneccerus-Kipp-Wolff, Bd. II, 2, Familienrecht, sechste Bearbeitung, herausgegeben von Kipp und Wolff. Zitelmann (ohne Zusatz), Internationales Privatrecht, Bd.I 1897, Bd. II 1912. Zitelmann, Quellen zum internationalen Privatrecht, herausgegeben von Zitelmann und Niemeyer, Heft I, Art. 7—31 des EG. zum BGB. nebst sämtlichen Entwürfen, herausgegeben von Zitelmann, 1908.
Abkürzungen. ABGB. — MgemeineS Bürgerliches Gesetzbuch (Österreich). ADV. --- Archiv Deutscher Berufsvormünder. ADBRdbrf. — Rundbriefe des Archivs Deutscher Berufsvormünder. AG. --- Amtsgericht. AG. ---- Ausführungsgesetz (z. B. AG.BGB. --- Ausführungsgesetz zum BGB.) Anm. ---- Anmerkung. ArchZivPrax. -- Archiv für die zivilistische Praxis. BayObLG. — Bayerrsches Oberstes Landesgericht. BGB. — Bürgerliches Gesetzbuch. BGE. --- Bundesgerichtsentscheidung (Schweiz). BlJntPr. (auch BlfJPR.) — Blätter für internationales Privatrecht (Beilage zur LZ.). C. C. ---- Code Civil. C. C. it. — Codice Civile italiano. Clunet --- Journal du droit international, fond6 par Edouard Clunet. DIZ. — Deutsche Juristen-Zeitung. EG. — Einführungsgesetz (z. B. EG.BGB. = Einführungsgesetz zum Bürger!. Gesetzbuch). FGG. — Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Mai 1898 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898. GBO. --- Grundbuchordnung vom 24. März 1897 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898. Gruchot — Gruchots Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts. HansOLG. — Hanseatisches Oberlandesgericht. HansRGZ. — Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift, Abt. A und B (hervorgegangen aus der Hanseatischen Rechts-Zettschrift und der Hanseatischen GerichtSzeitung). HansRZ. — Hanseatische Rechts-Zeitschrrft. HGB. --- Handelsgesetzbuch. JhJ. (auch Jher.J.) -- JheringS Jahrbücher. JPR. --- Internationales Privatrecht. JPRspr. 1926/27 bzw. 1928 — Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete deS inter nationalen Privatrechts in den Jahren 1926 und 1927 bzw. 1928 (Sonderheft des zweiten bzw. dritten Jahrgangs der Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 1928 bzw. 1929). JBJR. — Jahrbuch für den internationalen Rechtsverkehr (siebe Schrifttum). JFG. — Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts. JLR. = Interlokales Privatrecht. JMBl. — Justizministerialblatt. JR. — Juristische Rundschau. IW. — Juristische Wochenschrift. KG. — Kammergericht. KGJ. = Jahrbuch für Entscheidungen des KG. in Angelegenheiten der freiwMgen Ge richtsbarkeit. KO. --- Konkursordnung vom 10. Februar 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898. LG. — Landgericht. LZ. — Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht. NAG. — Gesetz bett, die zivilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter vom 25. Juni 1891 (Schweiz). NZ. — Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht. ObGH. = Oberster Gerichtshof (Wien, Brünn). OLG. — Oberlandesgericht. OLG. ----- Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivllrechts (jetzt mit anderen Entscheidungssammlungen vereinigt in HRR.). OR. — Schwerer Obligationenrecht vom 30. Mä^ 1911. OstRZ. -- Zeitschrift für Ostrecht. OBG. — Oberverwaltungsgericht. PStG. --- Personenstandsgesetz.
AbküHurrgen.
XI
Recht --- DaS Recht. Rdbrf. siehe ADV. RG. = Reichsgericht. RGBl. = Reichsgesetzblatt. RGRK. ---- Reichsgerichtsrätekommentar. RG. Bd. S. — Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen. RZWG. = Reichsgesetz für Jugendwohlfahrt vom 9. Juli 1922. ROHG. --- Reichs-Oberhandelsgericht und seine Entscheidungen. RB. — Reichsverfassung vom 11. August 1919. SeuffArch. --- I. A. Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten. StAZ. — Zeitschrift für Standesamtswesen. Staub Kommentar --- Staub-Pinner, Kommentar zum HGB., 12./13. Aufl. StGB. --- Strafgesetzbuch. BB. ----- Versailler Vertrag. WarnRspr. --- Die Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, herausgegeben von Otto Warneyer. Z. f. ausl. und int. PR. — Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht. ZblfJugendr. ---- Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt. ZGB. — Schweizerisches Zivilgesetzbuch. ZPO. --- Zivilprozeßordnung. ZS. = Zivllsenat. ZBR. = Zeitschrift für Völkerrecht. ZZP. ---- Zeitschrift für Deutschen Zivilprozeß.
Einleitung. Übersicht.
Der Begriff des JPR. Die Anknüpfung; I. Anknüpfungspunkte und Anknüpfungs mittel; II. Terminologisches; III. StaatSangehörigkeits- und Domizil prinzip. C. Die Arten der KoNisionsnormen; I. einseitige, zweiseitige; IL hinweisende, verweisende.
A. B.
D.
E.
F. G. H.
Die auf inländisches Recht hinweisenden Kolliswnsnormen. Die auf ausländisches Recht verweisenden Kollisionsnormen; I. ihre Notwendigkeit; II. materiellrechtliche Verweisung; III der Widerspruch des ausländischen Rechtes; 1. Die Konfliktsklausel des Art. 28, 2. die Rückverweisungsklausel des Art. 27; IV. die Vorbehaltsklausel; V. die Qualifikation; VI. Sachnorm- und Gesamtverweisung; 1. das Problem, 2. Stellungnahme, a) Grundsatz, b) Ausnahme. Die Natur des JPR. Der Name JPR. Interlokales Privatrecht; I. Staaten ohne Nechtseinheit; II. das interlokale Privatrecht (JLR.) dieser Staaten; 1. zentrales JLR., 2. partikulares JLR., a) Bundesstaaten, b) Einheitsstaaten;
III.
die Bedeutung des ausländischen JLR. für den inländischen Richter; 1. daS ausländische JLR. ist einheitlich, 2. das ausländische JLR. ist nicht ein heitlich, a) Anknüpfungsgrund ist eine räum liche Beziehung, b) Anknüpfungsgrund ist die Staats * angehörigkeit,
IV.
Natur und Grenzen des JLR.;
da? deutsche interlokale JLR. inSbes.; 1. die Zeit bis zum Inkrafttreten des BGB., 2. die Zeit nach dem Inkrafttreten deS BGB. J. Übergangsrecht (intertemporales Recht); I. Allgemeines; II. das deutsche Übergangsrecht.
V.
K.
Die Revisibilität der Kollisionsnormen und des ausländischen Rechts; I. Allgemeines; II. Tragweite des § 649 ZPO.
L.
Nachbarfächer des JPR.; I. Fremdenrecht; II. internationales Zivil-/ Prozeß-, StrafVerwaltungs- und Staatsrecht; III. privates internationales Recht.
M.
Die Quellen des JPR. im allgemeinen des deutschen im besonderen.
N.
0.
Art. 7-31 EG.; I. Entstehungsgeschichte; II Aufbau der Vorschriften.
Methode des JPR.; 1. die deduktive Methode; II. die induktive Methode; III. Nationalisten und Internationalisten; IV. das Frankenstein'sche System.
A. Der Begriff des ZPR. I. Das 2PR. hat es mit solchen Privatrechtsfällen zu tun- die man als Erenzfälle bezeichnen kann. Das Eigentümliche dieser Fälle besteht darin, daß sie, wie manche sagen, disnationale Elemente in sich bergen, einfacher gesprochen, daß sie ausländische Beziehungen enthalten. Wenn der Erblasser, um dessen Nachlaß vor einem deutschen Gericht gestritten wird, zwar ein Deutscher war, aber seinen letzten Wohnsitz im Aus land hatte oder wenn er zwar auch seinen letzten Wohnsitz im Inland hatte, aber zum Nachlaß ein ausländisches Grundstück gehört, oder wenn er sein Testament in der Schweiz errichtet hat, oder wenn er früher Schweizer gewesen ist und seinen letzten Willen in dieser Zeit abgefaßt hat, oder wenn der als Erbe Berufene ein Ausländer Staudinger, BGB. VI 2 (Raape, Int. Privatrecht).
S.Aufl.
1
2 Einl. (A I)
Emführungsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
ist, z. B. eine mit einem Schweizer verheiratete Tochter, dann ist ein solcher Grenzfakl gegeben. Das fremde Element, das diesen Tatbeständen anhaftet, erweckt Zweifel, die im Regelfälle überhaupt nicht auftauchen können. Es ist die Frage, ob sie noch in den Herrschaftsbereich des deutschen Rechts fallen oder ob sie schon jenseits seiner Grenzen liegen. Zunächst ist klar, dah der Zweifel sich nicht einfach damit abtun läßt, daß in Deutschland „selbstverständlich" kein anderes Privatrechi anzuwenden sei als das deutsche. So gewih in Deutschland nur deutsches Recht gilt, so gewiß ist auch, daß in Deutschland nicht bloß deutsches Recht anzuwenden ist. Geltung und Anwendung des Rechts sind verschiedene Dinge. Geltungsgebiet und Anwendungsgebiet — sofern man überhaupt von letzterem reden kann — decken sich nicht; vgl. Zitelmann, Festgabe für Bergbohm, Anwendungsbereich und Geltungsbereich der Gesetze, 1919, S. 207 ff., und Gutzwilter, Festschrift für Lampert, 1925, S. 162 ff. Ausschließliche Anwendung des deutschen Rechts in Deutschland würde oft genug summa iniuria sein. Beispiele: 1. Ein Schwede klagt in Hamburg gegen seine Frau, gleichfalls eine Schwedin, auf Nichtig keit der Ehe. Er macht u. a. geltend, dah die Ehe, die in Stockholm ekngegangen wurde, nur kirchlich geschlossen sei. Es ist klar, dah der deutsche Richter diesen angeblichen Nkchtigkeitsgrund nicht nach den deutschen Formvorschriften beurteilen kann. Di« Gerechtig keit verlangt, dah er die schwedischen zugrunde legt. Rach diesen ist die kirchliche Eheschliehung zulässig. 2. Ein Schweizer wird hier aus einem Kaufvertrag verklagt, den er in Bern, seinem damaligen Wohnsitz, abgeschlossen hat und auch erfüllen sollte. Er macht geltend, dah er z. Zt. des Abschlusses erst 20 Jahre alt gewesen sei. Der deutsche Richter kann diesen Einwand unmöglich nach deutschem Recht beurteilen. Es kommt hier kein anderes Recht in Betracht als das schweizerische. „Die Natur der Sache" (d. Bar) verlangt es. Nach seinem Heimatrecht ist aber der Schweizer bereits mit 20 Jahren volljährig geworden. Die Zahl dieser Beispiele liehe sich ins Unendliche vermehren, aber diese beiden genügen schon, um zu zeigen, dah ein Anwendungsmonopol des deutschen Zivilrechts in Deutschland mit der Gerechtigkeit nicht vereinbar ist. Man könnte nun meinen, dah, wenn dem schon so wäre, die daraus erwachsenden Schwierigkeiten am einfachsten sich dadurch beheben liehen, dah der deutsche Richter nur solche Fälle zu entscheiden verpflichtet würde, di« die ausschliehliche Anwendung des deutschen Rechts vertragen. Indes, auch dieser Ausweg, bei dem übrigens immer noch eine Schwierigkeit bestehen bliebe, nämlich die Grenzen des Anwendungsbe reichs des deutschen Rechts zu bestimmen, ist praktisch nicht gangbar. Es wird immer nur in Ausnahmefällen möglich sein, dah der Staat die Zuständigkeit seiner Gerichte in dieser Weise einschränkt, z. B. bei Ehescheidungen von Ausländern, aber selbst bei diesen hält es der deutsche Staat so, dah er die Einschränkung nur für den Fall macht, dah der Heimatstaat des Ehemannes seinerseits eine ausschli«hende Zuständigkeit in Anspruch nimmt, vgl. § 606 Abs. IV ZPO., daher z. B. Belgier und Franzosen von deutschen Gerichten geschieden werden können und müssen, well ihr Heimatstaat diesen Anspruch nicht erhebt. Don diesen Ausnahmefällen abgesehen, geht es nicht an, dah der Staat bei solchen Rechtshändeln untätig bleibt, deren sachgemähe Erledigung die Anwendung des ausländischen Rechts fordert. Es würde das einerseits seinen eigenen Belangen auf das Gröblichste widersprechen, anderseits auch die Belange des aus ländischen Staates verletzen, daher ein unfreundlicher Akt im Sinne des Döllerrechts, wenn nicht gar ein völkerrechtswidriger sein, denn jeder Staat muh Wert darauf legen, dah seine Angehörigen, die gezwungen sind» im Ausland zu wohnen oder Geschäfte zu machen, dort auch ihr Recht finden» schon wegen der Billigkeit und der Schnelligkeit. Den inländischen Gerichten nur Fälle inländischen Rechts zuweisen hiehe das Recht kn gröhtem Umfange verweigern. Rechtsverweigerung ist aber eines Kulturstaates ebenso unwürdig wie für ihn gefährlich. Dabei gibt es nicht einmal ein richllges Bild» w«nn man sich vor Augen hält, dah nach dem statistischen Jahrbuch für das Reich von 1928 Seite 19 in Deutschland ohne das Saargebiet bei der letzten Volkszählung im Jahre 1925 an Ausländern 957096 Personen einschließlich der Staatenlosen und der Per sonen mit unbekannter Staatsangehörigkell gezählt wurden, davon rund 260000 Polen, 223000 Tschechoslowaken, 128000 Österreicher, 82000 Holländer, 24000 Italiener usw., übrigens weniger als bei der Dorkriegszählung von 1910 (1129008), davon allein in Hamburg 18556 (früher 28950); denn es ist klar, dah bei vielen Rechtshändeln dieser Ausländer auch Deutsche beteiligt sind. Beispiel: Ein in Ham burg wohnhafter Deutscher verlobt sich mit einet gleichfalls dort ansässigen Schwedin. Die Verlobung geht später zurück. Sodann fordert das ausländische Recht auch in zahlreichen Fällen Berücksichtigung, in denen der beteiligte Ausländer seinen Wohnsitz im Ausland hat. Beispiel: Ein in Amerika ausgestellter und zahlbarer' Scheck wird hier eingeklagt usw. Zuzugeben ist, dah § 23 ZPO. die Erhebung „ausländischer"
Ansprüche vor deutschen Gerichten in Fällen ermöglicht, in denen ein deutsches In teresse kaum vorhanden ist, wie das die töstliche Geschichte von dem überlisteten per sischen Wollhändler beweist, die Cling sich vor dem 5t®. abspielen sah (Voss. Ztg. 1927 Nr. 95,1. Beilage). II. Ist somit Har, datz einerseits die Gerechtigkeit in nicht wenigen Fällen die An wendung ausländischen Rechts verlangt, andrerseits sich der Staat der Erledigung dieser gerichtlichen Fälle nicht entziehen kann, so ist weiterhin klar, daß es rechtlicher Vorschriften darüber bedarf, nach welcher Rechtsordnung ein Rechtsfall zu beurteilen ist, insbesondere ob er noch nach der deutschen Rechtsordnung beurteilt werden darf, denn es kann nicht der Wille des Gesetzgebers sein, daß diese Fragen von dem Richter einfach nach Gutdünken, d. h. mehr oder weniger nach Willkür entschieden werden. Keine Gerechtigkeit ohne Regel, denn nur so wird Gleiches gleich beurteilt. Wie die gewöhnlichen Rechtsfälle der Rechtsregeln bedürfen, so auch die Grenzfälle. Die Re geln nun, die vorschreiben, nach welcher Rechtsordnung die letzteren zu beurteilen sind, werden mit einem von Kahn gebildeten und jetzt allgemein, insbesondere vom Reichs gericht gebrauchten Wort Kollisionsnormen oder (so Enneccerus, Allgemeiner Teil) Kollisionsvorschriften genannt. Andere Ausdrücke sind: Herrschaftsnormen, An wendungsnormen, Anwendungsvorschriften (Schlutztitel des ZGB.), Grenznormen (Frankenstein). Den Kollisionsnormen stellt Kahn treffend die Sachnormen gegen über, auch ein jetzt allgemein gebrauchter, glücklich geprägter Ausdruck. § 8231 BGB. ist eine Sachnorm, die dazu gehörige Kollisionsnorm ist Art. 12, genauer, sie ist darin enthalten. Die Sachnorm entscheidet in der Sache selbst. Sie schreibt vor, datz, wer rechtswidrig und schuldhaft fremdes Eigentum verletzt, schadensersatzpflichtig ist. Die Kollisionsnorm entscheidet die Vorfrage, nämlich, ob die deutschen Sachnormen mit Rücksicht auf die ausländischen Beziehungen des Falles noch anwendbar sind bzw. welches ausländische Recht anwendbar ist. Mit diesem Gegensatz Sachnorm—Kollisionsnorm wird klargestellt, was es mit dem sogenannten 2PR. auf sich hat, denn 2PR. ist nichts anderes als der Inbe griff der Kollisionsnormen. Privatrecht—Sachnorm, internationales Privatrecht— Kollisionsnorm: Das ist des Pudels Kem. Rechtsfälle mit ausländischen Beziehun gen gibt es natürlich auch im Straf-, Prozetz- und Verwaltungsrecht, daher es auch ein mtemationales Straf-, Prozeh- und Verwaltungsrecht gibt. Wie der Staat die Sachnormen erläht, so auch die Kollisionsnormen. Wie also die Sachnormen national sind, so auch die Kollisionsnormen. Das 2PR. ist mithin keineswegs internationales Recht in dem Sinne, in dem es gewisses öffentliches Recht, nämlich das Völkerrecht ist. Der deutsche Richter hört bei der Frage, ob ein in London, seinem letzten Wohnsitz, verstorbener Deutscher nach englischem oder deutschem Recht beerbt wird, ausschliehlich aus die Stimme des deutschen Gesetzgebers. Entsprechendes gilt für den englischen Richter, denn dah es auch in England den Gegensatz von Sachund Kollisionsnormen gibt und geben muh, ist klar. Es gibt nicht nur ein deutsches, es gibt auch ein englisches, französisches, italienisches usw. 2PR. Soviel Staaten — Walker schätzt ihre Zahl auf 60 — soviel internationale Privatrechte gibt es grund sätzlich. Sogar der Name der Materie ist fast überall der gleiche. Die Franzosen sprechen vom droit international prive, Italien vom diritto internationale private, die Engländer und Amerikaner vom private international law; vgl. unten G. Schon hier sei aber bemerkt, dah im Ausland der Begriff 2PR. oft weiter gefaht wird als bei uns. So fassen die Franzosen damnter auch die Lehre von der Staats angehörigkeit, während nach deutscher Auffassung bie Staatsangehörigkeit lediglich ein Hilfsbegriff des 2PR. ist, der zwar für dieses viel bedeutet, an sich aber doch einer anderen Materie angehört, und sie rechnen ferner dazu das sogenannte Fremden recht. einen Rechtsstoff, der nach deutscher Auffassung sich mit dem 2PR. höchstens berührt (vgl. unten L I). Dxmgemäh teilen z. Ä. Pillet-Niboyet ihr Manuel de Droit International Prive in 3 Teile ein: 1. la personnalite des personnes, 2. conditions des etrangers, 3. le constit des lois. Die gleiche Dreiteilung begegnet in der neuesten belgischen Darstellung, nämlich von Poullet, Manuel de Droit International Prive Beige. Auch bei den Engländern findet man in ihren Darstellungen des private inter national law manches, was nach unserer Auffassung nicht hineingehört, insbesondere die Lehre vom domieile und die Lehre von der Jurisdiction, daher z. B. Dicey sein Werk über the conflict of laws in drei Bücher zerlegt, im ersten (preliminary matters) ist hauptsächlich vom domieile die Rede, im zweiten von der Jurisdiction und erst im dritten (ab S. 498!) von the conflict of laws. HL Das 2deal wäre nun, dah die internationalen Privatrechte aller Staaten übereinttimmten, so dah die Kollisionsnormen, wenn nicht formell, so doch materiell internationale Normen wären. Es wäre das schon deshalb zu wünschen, damit nicht
4 eint. (B11)
Emführrmgsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
der üläger, dem sich Gerichtsstände in verschiedenen Staaten bieten, durch die Wahl eines von ihnen zugleich auch die Wahl der anzuwendenden Sachnormen treffen kann. Nun herrscht in der Tat zwischen den Kollisionsnormen der Äulturstaaten in einem Grade Übereinstimmung, der im Vergleiche mit der Verschiedenheit der Sachnormen sehr hoch erscheint; es erklärt sich das teils aus der geschichtlichen Entwicklung, wobei einerseits an Bartolus. andrerseits an Savigny erinnert sei (vgl. zu letzterem Gutzwiller. Der Einfluh Savignys auf die Entwicklung des Jnternationalprivatrechts, 1923, auch in den Collectanea Friburgensia erschienen), teils aus der Idee der Ma terie selbst. Immerhin sind wir von einer Übereinstimmung weit entfernt. Bor allem teilt sich die Welt immer noch in Staaten mit Staatsangehörigkeitsprinzip und solche mit Domizilprinzip, wovon noch zu sprechen ist. Der Streit um den beweglichen Nach laß eines Deutschen, der sein Domizil zuletzt in London hatte, fällt anders aus, wenn er in London, anders wenn er in Hamburg geführt wird. Der englische Richter wendet wegen des englischen Domizils englisches Erbrecht an, der deutsche Richter wegen der deutschen Staatsangehörigkeit deutsches Erbrecht. Englisches und deutsches Erbrecht aber gehen auch jetzt noch, nach der Reform des englischen Erbrechts durch das Gesetz von 1925, weit auseinander. Eben daher kann es für die Nachlahbeteiligten, wie schon angedeutet, von grober Bedeutung sein, dah sich ihnen ein Gerichtsstand nicht bloh in dem einen, sondern auch in dem andem Staat bietet, und damit hängt wieder zusam men, datz man, entsprechend dem Streben nach wahrhaft internationalen Kollisions normen, nach Mitteln und Wegen sucht, auch die Prozetznormen über die gerichtliche Zuständigkeit in den verschiedenen Staaten auf einen Nenner zu bringen, vgl. Sperl, NZ. 35 S. Ist, Internationale Zuständigkeitsordnung in bürgerlichen Rechtssachen. Wie soll man nun dem Ideal übereinstimmender Kollisionsnormen in den verschie denen Staaten praktisch näher kommen? Ein Weg ist der der internationalen Verträge. Er ist bekanntlich seit längerem beschritten worden. Das wichtigste Ergebnis sind die sog. Haager Abkommen, bisher fünf, das Eheschlietzungs-, das Ehescheidungs-, das Ehewirkungs-, das Entmündigungs- und das Vormundschaftsabkommen. Es ist bezeich nend, dah sie sämtlich das Gebiet betreffen, wo die Harmonie dm dringendsten not tut, nämlich das Personen-und Familien-, insbesondere das Eherecht. Leider hat der Vertrag von Versailles, Art. 282, den Geltungsbereich der Abkommen empfindlich ver kleinert. Um das Erbrechtsabkommen wird immer noch gekämpft. Mehrere Entwürfe scheiterten bisher. Bemerkenswert ist auch der im folgenden öfter herangezogene, von südamerikanischen Staaten geschlossene sog. Vertrag von Montevideo über inter nationales Pnvatrecht vom 12. Febr. 1889. Signatarstaaten sind Argentinien, Uru guay, Paraguay, Peru, Bolivien. Nicht zu ihnen gehören u. a. Brasilien und Chile. Über das Abkommen vgl. Makarov, Quellen S. 268, Heck, NZ. Bd.I S. 324 ft, PilletNiboyet Nr. 321, Poullet Nr. 24. Der andere Weg ist der, dah Gesetzgebung, Wissmschast und Rechtsprechung in den verschiedenen Staaten bei der Bildung, Findung und Handhabung der Kollisions normen sich ein und derselben Methode bedienen. Dah hier eine deduktive Methode mehr verspricht als eine induktive, ist nicht zu leugnen. Anderseits dürfen die Nach teile nicht verkannt werden, die nun einmal der ersteren anhaften. Sie gestattet viel leicht sicherere Schlüsse, ob sie aber stets gerechte Ergebnisse zeitigt, ist die Frage. Diesen Weg der deduktiven Methode mit dem Ziel einer allseitigen Harmonie gehen Sii groh angelegte Werke der jüngsten Zeit, beide von deutschen Schriftstellern, nämZitelmanns 2PR. (1912 vollendet) und Frankensteins Grenzrecht (Bd. I 1925, Bd. II 1928, Bd. III steht noch aus). Frankenstein, der über die Leistung der inter nationalen Abkommen gering denkt, verspricht sich von dieser deduktiven Methode das meiste für die Zukunft des 2PR. — ob mit Recht, bleibt abzuwarten; vgl. unten 0 I. B. Die Anknüpfung.
I. Anknüpfungspunkt und Anknüpfungsmittel. 1. Das 2PR. ist ein System von Anknüpfungen. Verknüpft werden der Fall
und eine Rechtsordnung. Zwischen beiden wird gewissermahen eine Brücke geschlagen. Die Kollisionsnormen sind Brücken, der Gesetzgeber, der sie erläht, ist ein pontifex. Wer eine Brücke schlägt, sucht einen Brückenkopf, wer den Fall an eine Rechtsordnung knüpfen will, sucht einen Anknüpfungspunkt. Wo findet er ihn? Auf feiten des Tat bestandes, nicht auf feiten der Rechtsordnung! Da suchten ihn die Postglossatoren und ihre Nachfolger und kamen so zu ihrer bekannten Dreiteilung der statuta personalia, realia und mixta. Der Tatbestand weist Elemente (Tatumstände) auf. die ihrer Natur nach mit einem Rechtsgebiet verbunden sind, und zwar sind dies die Personen (Rechtssubjekte), die Sachen (Rechtsobjekte) und die Handlungen, vorgenommene und vor-
zunehmende. Eine Sache befindet sich notgedrungen in irgendeinem Rechtsgebiet, eine Handlung wird notwendigerweise an irgendeinem Ort, also in irgendeinem Rechts gebiet vorgenommen, eine Person ist notwendig mit irgendeinem Gebiet verbunden, mindestens durch den Aufenthalt. Eben darum eignen sich diese Elemente als Antnüpfungspunlte. So bedeutet das Prinzip der lex rei sitae, datz die Sache zum Anknüpfungspunkt erhoben ist, und das Prinzip der lex loci delicti commissi, dah die Handlung zur Anknüpfung benutzt wird. Vergleicht man die Anknüpfungspunkte der Sachen und der Handlungen mit dem der Person, so fällt ein Unterschied in die Augen. Jene sind notwendig nur mit einem Staat verbunden, die Sache mit dem Staat, in dem sie sich befindet, die Handlung mit dem Staat, in dem sie erfolgt ist oder erfolgen soll. Diese Beziehung ist räumlicher Art. Eine andere kommt nicht in Betracht (abgesehen vielleicht, was die Sache angeht, von der Beziehung zu einer anderen Sache kraft ihrer Zubehöreigenschaft oder zu einem Sachinbegrisf als dessen Bestandteil). Indem also der Anknüpfungspunkt gewählt ist, ist auch das Anknüpfungsmittel, eben der Raum, gefunden (von jenen Sonderfällen abgesehen). Ganz anders bei den Personen! Eine Person kann mit dem einen Staat durch die Staatsangehörigkeit, mit dem andern Staat durch den Wohnsitz bzw. Aufenthalt verbunden sein. Seite Verbindung ist rein rechtlicher, diese ist räumlicher Art, wenngleich auch der Wohnsitz ein Rechtsbegriff ist. Wenn also die Person zum Anknüpfungspunkt gewählt ist, so ist damit noch nicht alles entschieden. Es muh auch noch das Anknüpfungsmittel gewählt werden, also ent weder die Staatsangehörigkeit oder der Wohnsitz bzw. Aufenthalt. 3n der Regel ergibt, wie gesagt, der Anknüpfungspunkt auch schon das Anknüpfungsmittel. Eine Ausnahme macht der Anknüpfungspunkt der Person. 3n diesem Falle genügt, um das Bild vom Brückenschlag zu wiederholen, die Auffindung des Brückenkopfes noch nicht. Es ist des weiteren zu entscheiden, ob eine feste oder fliegende Brücke geschlagen werden soll. Wie man sieht, ist die Anknüpfung, deren sich der Gesetzgeber bedient, im all gemeinen eine räumliche, also tatsächliche oder doch tatsächlich fundierte, nur in einem Fall ist sie eine rechtliche, genauer eine rein rechtliche. 2. Unter den Anknüpfungspunkten muh der Gesetzgeber wählen. Er hat sich zu fragen, ob die Sache oder die Handlung oder die Person den Ausschlag geben soll und wenn letztere, ob ihre Staatsangehörigkeit oder ihr Wohnsitz entscheiden soll. Doch bleibt es nicht immer bei diesen Fragen. Oft tauchen weitere Zweifel aus, so z.B. wenn der Tatbestand, wie in der Regel, mehrere Subjekte aufweist. Hier fragt sich, falls ein Subjekt als Anknüpfungspunkt gewählt wird, an welches Subjekt angeknüpft werden soll. Zwar hilft im allgemeinen das Prinzip, wonach die Entscheidung aus der Passivseite liegt, aber es gibt doch Fälle, in denen dieser Grundsatz nicht angemessen erscheint. Man nehme das Rechtsverhältnis der Ehegatten zueinander, des Vaters zum Kind, der Mutter zum ehelichen oder unehelichen Kind, des unehelichen Kindes zum Erzeuger usw. Oft tauchen auch Zweifel in zeitlicher Hinsicht auf. Man nehme an, dah die un eheliche Mutter in der Zeit zwischen der Empfängnis und der Geburt des Kindes ihre Staatsangehörigkeit gewechselt hat, etwa durch Heirat. Entscheidet sich der Gesetz geber dafür, bte Staatsangehörigkeit der Mutter als Anknüpfungspunkt zu benutzen, so bleibt immer noch die Frage, ob die Staatsangehörigkeit z. Zt. der Empfängnis oder die zur Zeit der Geburt den Ausschlag geben soll. Zu beachten ist endlich, dah die Entwicklung des 3PR. dahin geführt hat, dah für ein Rechtsverhältnis nicht notwendig in allen Beziehungen ein und dieselbe Rechts ordnung gewählt wird. Es hat sich melmehr der von Kahn so genannte Grundsatz der Spezralisierung herausgebildet. Spezielle Kollisionsnormen gibt es namentlich für die Geschäftsfähigkeit und für die Form des Rechtsgeschäfts. So kann es kommen, dah das RÄtsgeschäft im ganzen nach einer anderen Rechtsordnung beurteilt wird als die Geschäftsfähigkeit und diese wieder nach einer anderen Rechtsordnung als die Form des Geschäfts. Das bekannte Bild Savignqs Don dem Sitz des Rechtsverhält nisses läht diese Tatsache leicht verkennen. 3. Wie verschieden die Staatm bei dem Brückenschlag vorgehen, sei an einigen Beispielen illustriert. a) 3st der Verkäufer des Grundstücks geschäftsfähig? Der deutsche Richter hat zu fragen: Welchem Staat gehört er an?, der dänische: 3n welchem Staat hat er seinen Wohnsitz?, der russische (vielleicht): Wo ist das Geschäft abge schlossen?, der englische: 3n welchem Staat liegt das Grundstück? Zwei Staaten knüpfen an das Subjekt, ein Staat an das Objekt, ein Staat an die Handlung an. Die beiden ersten wählen den gleichen Anknüpfungspunkt, aber verschiedene Anknüpfungsmittel.
6 Einl. (BII1—3)
Einführungsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
b) Zum Nachlaß gehört ein Grundstück. Welche Erbrechtsordnung ist maßgebend? Der italienische Richter fragt: Welchem Staat gehörte der Erblasser an?, der dänische: Wo hatte er seinen Wohnsitz?, der nordamerikanische: In welchem Staat liegt das Grundstück? Zwei Staaten knüpfen an das Subjekt, ein Staat an das Objekt an, von jenen der eine vermittels der Staatsangehörig keit, der andere vermittels des Wohnsitzes. Der wichtigste Unterschied der Rechtsordnungen ist der, daß da, wo sie die Personen zum Anknüpfungspunkt machen, die einen die Staatsangehörig keit, die andern den Wohnsitz zur Anknüpfung benutzen. Hie Staatsangehörigkeitsprmzip, hie Domizilprinzip! Bon diesem fundamentalen Unterschied sei unten ausführlicher die Rede.
II. Terminologisches. 1. Don alters her und in allen Ländern ist es üblich, in der Wissenschaft des 2PN. von Statut zu sprechen. Was bedeutet Statut? Nichts anderes als Rechts ordnung! Statuten hießen die Rechtsordnungen der oberitalienischen Stadtstaaten, mit Bezug auf welche die Postglossatoren ihre Statutenlehre, d. h. ihr System des JPR., entwickelten. Daher die Namen: Statutenkollision, Kollisionsstatut, statutum personale, reale, mixtum usw. Das Wort statutum ist kurz, überstaatlich, alt, darum wird es sich behaupten. 2. Was heißt nun Personalstatut? Es ist die Rechtsordnung desjenigen Staates, mit dem eine beteiligte Person verbunden ist, sei es durch die Staatsange hörigkeit, sei es durch den Wohnsitz. Es gibt also zwei Arten des Personalstatuts, die lex patriae, heute allgemein Heimatrecht genannt, und die lex domicilii, das Domizilstatut oder Wohnsitz recht. Es ist klar, daß das Wort Personalstatut hier einen rein formellen Sinn hat, das Wort bezeichnet nichts als den Anknüpfungspunkt und damit den Anwendungsgrund der Rechtsordnung. Es deutet auf ihre causa, nicht etwa auf ihre Substanz hin. Man könnte sehr wohl auch von subjektivem Statut sprechen. Leider ist der Ausdruck nicht gebräuchlich, eine Änderung der hergebrachten Terminolo gie aber km JPR., wiewohl sie hier besonders im argen liegt, noch wmiger aussichtsooll als sonst. Entsprechend dem Personalstatut spricht man auch von Sachstatut. Gemeint ist die Rechtsordnung des Staates, in dem die Sache belegen ist, also die lex rei sitae. Wieder deutet das Beiwort (Sache) nur auf den Anknüpfungspunkt, nicht etwa auf den Inhalt der Rechtsordnung hin. Auch das Wort Sachstatut hat also wieder einen teilt formellen Sinn. Während es zwei Arten von Psrsonalstatut gibt, gibt es natür lich nur eine Art von Sachstatut, denn nur Personen können auf doppelte Art mit einem Staat verknüpft sein, nicht auch Sachen. Entsprechend dem Personal- und Sachstatut könnte man auch von Handlungs statut reden, doch geschieht dies nur vereinzelt, z. B. bei Zitelmann. 3. Soviel zu Personal-, Sach- und Handlungsstatut. Man spricht des weiteren auch von Gebietsstatut und Eebietsprinzip. Was ist damit gemeint? Hält man sich an das Wort, so kann das zweitgenannte nur bedeuten, daß das Staats gebiet, genauer eine Beziehung zwischen diesem und dem Tatbestand, d. h. einem Tat bestandselement, für die Wahl der Rechtsordnung bestimmend sein soll. Mit anderen Worten: Die räumliche Beziehung soll den Ausschlag geben, entscheidend soll sein, daß in dem betreffenden Gebiet die Handlung vorgenommen wurde oder vorzu nehmen ist, die Sache sich befindet» die Person wohnt oder sich aufhält. Man sieht so fort, daß mit dem Wort nur etwas über das Anknüvfungsmittel, nicht über den An knüpfungspunkt gesagt ist. Wie der Satz, daß das Personalstatut gelten soll, unvoll ständig ist, so auch der Satz, daß das Eebretsstatut gelten soll. Jener besagt nur etwas über den Anknüpfungspunkt, die Person, nicht auch über das Mittel (die Staats angehörigkeit oder den Wohnsitz), dieser nur etwas über das Anknüpfungsmittel, den Raum, nicht auch über den Anknüpfungspunkt (die Sache, die Handlung, die Person). Aus dem Gesagten geht ferner hervor, daß es unlogisch, wiewohl üblich ist. das Gebietsstatut in Gegensatz zum Personalstatut zu stellen. Das Domizilstatut ist ein Gebietsstatut und zugleich ein Personalstatut. Es ist jenes wegen des Anknüpfüngsntittels, dieses wegen des Anknüpfungspunktes. Bestreiten könnte das nur, wer an nimmt, daß auch der Wohnsitz ein rechtliches Band sei, nicht anders als die Staats angehörigkeit. Das dürfte indessen nicht richtig fein. Der Wohnsitz ist ein rechtlich ge regeltes factum, aber doch ein factum, di« Beziehung zum Wohnsitzstaat also fak tischer, d. h. räumlicher Art, wenngleich rechtlich geregelt. Der unlogische Sprachgebrauch, der Personal- und Gebietsstatut in Gegensatz stellt, und zwar in kontradiktorischen, obgleich jenes Wort von dem Anknüpfungs-
punkt, dieses von dem Anknüpfungsmittel ausgeht, hängt vermutlich mit der Unter scheidung von Personalhoheit und Gebietshoheit zusammen, die in der Wissenschaft des ZPR. bekanntlich eine grohe Rolle spielt, z. B. den beiden großen Systemen des 2PR. von Zitelmann und Frankenstein zugrunde liegt. Es bleibt aber zu untersuchen, ob nicht auch dieser Gegensatz ungenau gebildet ist. Skeptisch verhält sich z. B. zu ihm Neumeyer. Will man den Gegensatz zum Personalstatut richtig bezeichnen, so muh man, da man dieses, wie bemerkt, sehr wohl subjektives Statut nennen könnte, ihm das objek tive Statut entgegenstellen. Das subjektive Statut knüpft an ein Subjekt, also ein subjektives Element, das objektive Statut an ein objektives Element an, deren es, wie gezeigt, zwei gibt: Sachen, i. w. S. Gegenstände, und Handlungen. 4. Man spricht auch noch von Erb-, Delikts-, Ehe-, Güterrechtsstatut usw. Was ist damit gemeint? Damit ist auf den Inhalt der anzuwendenden Rechts ordnung hingewiesen. Das Erbstatut bezeichnet diejenigen Sachnormen, die den Erb fall regeln, das Deliktsstatut diejenigen, die einen Deliktsanspruch betreffen usw. Wäh rend also die Worte Personalstatut, Domizilstatut, Gebietsstatut einen formellen Sinn haben, indem sie auf den Eeltungsgrund der Rechtsordnung Hinweisen, sei es auf den Anknüpfungspunkt (Personalstatut), sei es auf das Anknüpfungsmittel (Gebietsstatut), sei es auf beides (Domizilstatut), haben die Worte Erbstatut, Deliktsstatut usw. einen materiellen Sinn. Doch ist auch hier wieder auf einen schlechten Sprachgebrauch hknzuweisen. Wie soll man diejenige Rechtsordnung bezeichnen, die von dem Status einer Person, also ihrer Rechts- und Geschäftsfähigkeit, handelt? Statusstatut kann man nicht gut sagen. Per sönlichkeitsstatut sollte man sagen. Statt dessen sagt man sehr oft Personalstatut und verleiht so dem Wort einen peinlichen Doppelsinn, indem es einmal den Gel tungsgrund, ein anderes Mal den Inhalt, einmal die causa, ein anderes Mal die Sub stanz der Rechtsordnung bezeichnet, einmal einen formellen, ein anderes Mal einen materiellen Sinn hat. Entsprechendes gilt von dem Wort Sachstatut. Auch dieses wird nicht selten im materiellen Sinne gebraucht, indem man damit die Rechtsordnung meint, die von den Sachen und Sachenrechten handelt. Angemessen ist für sie allein das Wort Sachen rechtsstatut. Das Wort Sachstatut sollte man lediglich im formellen Sinne verwen den, also dann, wenn man die Rechtsordnung desjenigen Staates, in dem sich die Sache befindet, als mahgebend bezeichnet. Dah die Worte Personal- und Sachstatut bald in materiellem, bald in formel lem Sinne gebraucht werden, erklärt sich historisch. In der alten Dreiteilung hatten beide Worte einen materiellen Sinn. Er erhielt sich, auch nachdem man längst dazu übergegangen war, die Brücke von der andem Seite, nämlich vom Tatbestand aus zu schlagen, und so in die Worte einen formellen Sinn hineingelegt hatte. 5. Endlich ist noch das von Zitelmann geprägte Wort Wirkungsstatut zu erwähnen, auch lex causae genannt. Manche lehnen es ab, so Frankenstein. Es dürfte jedoch ganz handlich und unmibverständlich sein, weshalb es hier benutzt werden soll. Mit dem Wort ist einfach diejenige Rechtsordnung gemeint, welche das Rechtsver hältnis beherrscht und daher über seine Wirkungen entscheidet, kurz die maßgeb liche Rechtsordnung, also diejenige, nach der gesucht wird oder die gefunden wird. Schon weil das Wort kürzer ist als die letztere Bezeichnung, darum empfiehlt sich, es zu gebrauchen. Ein anderer Grund kommt hinzu. Oft unterliegt ein Rechtsverhältnis, wie bemerkt, mehreren Rechtsordnungen. Wenn ein in Hamburg wohnhafter Italiener in Paris seinen Geschäftsanteil an einer deutschen E. m. b. H. zediert, so gilt teils italienisches, teils französisches, teils deutsches Recht. Hier benötigt man einen Aus druck für diejenige Rechtsordnung, die das Rechtsverhältnis im großen und ganzen beherrscht im Gegensatz zu denjenigen, die nur in speziellen Fragen, nämlich bezgl. der Form und der Geschäftsfähigkeit, maßgebend sind. Seite Rechtsordnung nun nennt man zweckmäßig das Wirkungsstatut. Das Wort drückt also hier einen Gegensatz aus, nämlich zu den Sonderstatuten, wie man jene anderen Statuten nennen könnte, die über die Fähigkeit und über die Form entscheiden. In dem Beispiel ist Wirkungs statut das deutsche Recht, Fähigkeitsstatut das italienische Recht, Formstatut (u. a.) das französische Recht. III. Staatsangehörigkeitsprinzip und Domizilprinzip. Zu diesem oben angedeuteten Gegensatz sei folgendes ausgeführt: Bis in die neueste Zeit hinein ist zur Bestimmung des Personalstatuts nur der Wohnsitz einer Person verwandt worden, Personalstatut war also gleichbedeutend mit der lex domi cilii i(evtl. des Aufenthalts). Erst im 19, Jahrhundert änderte sich das, denn jetzt
8 Elul. (B III)
Einführungsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
begann die Staatsangehörigkeit, Wert und Inhalt für den einzelnen zu bekommen. Der Staatsangehörige wurde zum Staatsbürger. Der Code Civil hat hier führend gewirkt. Ein weiterer Vorkämpfer war Mancini (vgl. Pillet-Niboyet S. 354 ff.). Immerhin hat eine Reihe von Staaten an dem Domizilprinzip festgehalten. Dem Staatsangehörigkeitsprinzip huldigen namentlich die Länder romanischen Rechts in Europa, während die Länder englischen Rechts dem Domizilprinzip treu blieben. Dieser Gegensatz von Staatsangehöngkeits- und Domizilprinzip, der sich im Laufe des 19. Jahrhunderts herausgebildet hat, ist wohl der grötzte und praktisch bedeutsamste Unterschied, den es auf dem Gebiet des JPR. gibt. Gerade dieser Gegensatz ist es auch, der für das noch zu erörternde Zentralproblem der Rück- und Weiterverwei sung, das auch erst im 19. Jahrhundert, sogar erst in der zweiten Hälfte auftaucht«^ besonders bedeutungsvoll ist. Zählt man die Staaten, so hat wohl das Staalsange hörigkeitsprinzip gesiegt, zählt man aber die Menschen, die nach dem einen und die nach dem andern Prinzip leben, so erscheint wohl das Domizilprinzip auch heute noch als das stärkere, denn zu den Ländern dieses Prinzips gehören: Erohbritannien einschlietzlich seiner Dominions, die USA. und die meisten der volkreichen Staaten Südamerikas. Auch Sowjet-Rutzland bekennt sich nicht zum Staatsangehörkgkeitsprinzip, allerdings auch nicht zum Wohnsitzprinzip, sondern zu dem Gebiets- oder Territorialprinzip, vgl. Makarov, Auslandsrecht 6. Jahrg. Sp. 103; dieses kommt jedoch in der praktischen Auswirkung dem Domizilprinzip bedeutend näher als dem Staatsangehörigkeitsprinzip. Die kontinentalen Staaten Europas folgen wohl sämt lich im wesentlichen dem Staatsangehörigkeitsprinzip. Eine Ausnahme machen Dänemark und Norwegen, die an dem Domizilprinzip festhalten, und wie erwähnt Ruh land. Was Deutschland angeht, so bedeutet das EG. für dieses den Schritt vom Domizil- zum Staatsangehörigkeitsprinzip. Vor 1900 galt das letztere nur in Baden (unter dem Einfluß des Code Civil), in Sachsen (sächs. BGB. §§ 6 ff.), jedoch nicht auf dem Gebiet des Erbrechts, und ferner im rheinischen Recht. Dem Staalsangehörig keitsprinzip folgen auch das polnische Gesetz vom Aug. 1926 und der tschechoslowakische Entwurf, mit dessen baldiger Annahme gerechnet wird; vgl. Makarov, Quellen S. 149 und S. 217. Das Für und Wider der Frage, ob Wohnsitz- oder Staatsangehörigkeitsprinzip, ist oft erörtert worden. Ein Abwägen ist hier nicht am Platze. Bemerkt sei, dah die groben deutschen Systeme von v. Bar, Zitelmann und Frankenstein sich zum Staats angehörigkeitsprinzip bekennen, während Savigny noch alles auf den Wohnsitz abstellte. Gegen die Berücksichtigung des Wohnsitzes spricht vor allem, dab der Wohnsitz viel schwerer zu bestimmen ist als die Staatsangehöngkeit, denn auch der Wohnsitz ist ein Rechtsbegriff, wenn er auch im Kern ein factum ist, sodann, dah jemand oft mehrere Wohnsitze hat, dah besondere Schwierigkeiten der abgeleitete Wohnsitz macht, vor allem aber, dah der Wohnsitz viel leichter und häufiger gewechselt wird als die Staatsange hörigkeit, daher das Domizilprinzip weit öfter die unwillkommene Erscheinung eines Statutenwechsels mit sich bringt als das Staatsangehörigkeitsprimip. Andrerseits spricht für das Domizilprinzip, dah die lex domicilii einer Person gemeinhin viel vertrauter sein wird als das Recht der fernen Heimat (vgl. Neubecker, JBJR., S. 50 ff., Pigeonniere, Clunet 1924 S. 877 ff., insbesondere S. 888 ff., Dose, Die Bedeutung der Staatsangehörigkeit als Anknüpfungsmoment im internationalen' Prioatrecht, HbgDisf. 1928 S. 15 ff.). Zu beachten ist, dah die Länder des Domizilprinzips den Begriff des Wohnsitzes z. T. wesentlich anders verstehen als das deutsche Recht, namentlich gilt dieses für das englische domicile. In zahlreichen Fällen, in denen ein Engländer nach deuWer Auf fassung seinen Wohnsitz in Deutschland haben würde, hat er nach englischem Recht noch sein Domizil in England, vgl. Dicey S. 83 ff., Löwenwarter, Der bürgerliche Wohnsitz im englischen und deutschen Recht, Bonn, Diss. 1910, Frankenstein Bd. I S. 121.
Noch eines ist hervorzuheben. Manche Staaten halten die goldene Mitte. Sie befolgen in gewissen Materien das Staatsangehörigkeitsprinzip, in anderen das Wohn sitzprinzip. Zu diesen Ländern gehört m. E. die Schweiz, ferner gewisse südamerikanische Staaten, wie z. B. Argentinien. Von diesem Fall des eingeschränkten Domizilprinzips ist der Fall des einseitigen Domizilprinzips zu unterscheiden. Da mit ist der Fall gemeint, dah ein Staat das Domizilprinzip nur einseitig handhabt, d. h. er wendet es an, soweit es sich um die in seinem Gebiet ansässigen Ausländer, das Staatsangehörigkeitsprinzip dagegen, soweit es sich um seine im Ausland wohnhaften Staatsangehörigen handelt. Auch hier können wieder die Schweiz und Argentinien ge nannt werden. Eine Verletzung des Völkerrechts oder auch nur der comitas (comity) in dieser Einseitigkeit zu erblicken, wäre durchaus abwegig, vgl. unten M I. Wie es eine einseitige Handhabung des Domizilprinzips gibt, so »st natürlich auch eine solche
des Gebietsprinzips denkbar und findet sich z. B. im russischen Recht. Vgl. Makarov Auslandsrecht, 6. Jahrg. Sp. 105 A. 8. Das Staatsangehörigleitsprmzip bereitet Schwierigkeit einmal bei staatenlosen Personen, sodann bei Mehrstaatern (sujets mixtes). Das Gesetz handelt von jenen in Art. 29, von diesen schweigt es, obgleich ihre Zahl in die Millronen geht. Vgl. die Ausführungm bei Art. 29 unten. C. Die Arten der Kollisionsnormen. I. Man kann die Kollisionsnormen in verschiedener Weise einteilen. Eine rein Sutzerliche, dem deutschen Recht eigentümliche, für dieses freilich praktisch sehr bedeutsame Einteilung ist die in einseitige, zweiseitige und unvollkommen zwei seitige Kollisionsnormen, — Ausdrücke, die auf Niedner zurückgehen. Das Muster einer zweiseitigen Kollisionsnorm ist Art. 7 Abs. I. Diese Vor schrift beschränkt sich nicht darauf zu bestimmen, wann die deutschen Vorschriften über Geschäftsfähigkeit anwendbar sind, sie geht nicht von der einseitigen Frage aus: Wann sind diese zugrunde zu legen? sondern von der andern: Nach welcher Rechts ordnung ist in einem Erenzfalle die Geschäftsfähigkeit zu beurteilen? Sie gibt also Antwort auf jeden erdenklichen Fall. Sie Iaht den Richter niemals int Stich. Das Muster einer einseitigen Kollisionsnorm gibt Art. 14. Nach welchem Recht die per sönlichen Rechtsbeziehungen französischer Eheleute, wohnhaft in Köln oder Basel, zu beurteilen sind, wird der deutsche Richter in Art. 14 EG. vergeblich suchen. Das Ge setz gibt ihm in Art. 14 nur Antwort auf die Frage, in welchem Falle die deutschen Vorschriften über die persönlichen Rechtsbeziehungen von Eheleuten maßgebend sind. Das Gesetz enthält also eine Lücke, die irgendwie ausgefüllt werden mutz. Der ge gebene Weg ist die Analogie. Das Muster einer unvollkommen zweiseitigen Kollisionsnorm ist Art. 13 Abs. I. Dieser Art. ist nicht so einseitig, nur den Anwendungsbereich des inländischen Rechts abzugrenzen, wie das die einseitigen Kollisionsnormen tun. Er äutzert sich auch über die Anwendbarkeit des ausländischen Rechts. So kann z. B. der deutsche Richter ihm entnehmen, datz, wenn ein Schweizer in Hamburg mit einer Dänin eine Ehe eingehen will, Schweizer und dänisches Recht zu beachten sind. Aber er geht nicht so weit, auf die Frage zu antworten, von der eine wahrhaft vollkommene Norm ausgeht: Welches Recht ist für eine Eheschlietzung maßgebend? So sucht z.B. der Richter, wenn es sich um die Nichtigkeit einer von einem Nordamerikaner mit einer Schweizerin in Paris geschlossenen Ehe handelt, in Art. 13 vergebens eine Antwort auf die Frage, nach welchem Recht die Eheschlietzung zu beurteilen ist. Wenn also Art. 13 schon mehr als eine einseitige Kollisionsnorm ist, so doch keine vollkommen zweiseitige. Das Naturgemähe scheinen die vollkommen zweiseitigen Kollisionsnormen zu sein. Der deutsche Gesetzgeber, genauer der Bundesrat, dachte aber anders darüber; vgl. unten N I 2. Die wenigsten Kollisionsnormen des EG. sind vollkommen. Übrigens ist die merkwürdige Fassung der deutschen Vorschriften nicht selten ge eignet, Zweifel zu wecken. Man nehme z. B. Art. 19. Satz 1 ist zwar eine einseitige Kollisionsnorm, enthält aber zweifellos einen allgemeinen Grundsatz. Es ist der, datz das Rechtsverhältnis zwischen (Eltern und Kind nach der Staatsangehörigkeit des Vaters bzw. der Mutter beurteilt wird (a. A. freilich Frankenstein). Wie steht es da gegen mit Satz 2? Ist auch er verallgemeinerungsfähig oder macht er eine Ausnahme von dem Prinzip lediglich für den dort geregelten Fall, daß der deutsche Vater die Staatsangehörigkeit wechselt, während das Kind deutsch bleibt? Das letztere ist anzunehmen. Die Vorschrift des Satzes 2 ist eine sogenannte Erklusivvorschrift zugunsten des inländischen Rechts. So wird zwar der Zweifel gelöst, aber er könnte überhaupt nicht auftauchen, wenn Satz 1 als vollkommene Norm gefaßt wäre. Ähnliche Zweifel tauchen bei Art. 14 Abs. II und Art. 202 auf. II. Viel wichtiger ist die folgende (Einteilung der Kollisionsnormen. Sie ergibt sich aus der Natur der Sache und trifft für jedes JPR., nicht nur für das deutsche, zu. Die Kollisionsnormen ertlären entweder das inländische oder das ausländische Recht für maßgebend. Ganz besonders im letzteren Falle sagt man wohl, daß die Kollisions normen eine Verweisung aussprechen, nämlich auf das ausländische Recht. Dement sprechend könnte man in den ersteren Fällen wohl davon sprechen, daß sie auf das in ländische Recht Hinweisen, und so hinweisende und verweisende Normen einander gegenüberstellen. Was das Verhältnis dieser Einteilung zu der soeben er örterten angeht, so sind die einseitigen Kollisionsnormen lediglich hinweisend, die (voll kommen) zweiseitigen sind hinweisend und verweisend in einem, die unvollkommen zweiseitigen sind in der Hauptsache hinweisend, nebenher verweisend. Bisweilen zer-
10 Eirrl. (D I—V)
Emführungsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
legt der Gesetzgeber die einheitliche Kollisionsnorm in zwei, von denen die eine hin weisend, die andere verweisend ist. So geschieht es in Art. 24 und 25 bezgl. des Erb rechts. Art. 25 freilich ist eine unvolltommene Norm, da er nicht alle Fälle der Berwersung, sondem nur einen Teil derselben trifft. D. Die ans inländisches Recht hinweisenden Kollisionsnormen. L Was nun diejenigen Normen angeht, die auf das inländische Recht Hinweisen, so ist zu ihnen nicht sonderlich viel zu bemerken. Kahn, JherJ. Bd. 39 S. 2, nennt sie Anwendungs-, auch Ausdehnungsnormen insofern sie den Anwendungsbereich der in ländischen Sachnormen feststellen. Sie erschemen geradezu als Rahmen, Zubehör, Be standteil der Sachnormen. Ein wirklich klares Bild von der Tragweite der Sach normen bekommt man erst, wenn man mit ihnen die zugehörigen Kollisionsnormen verbindet. Man nehme § 1363 BGB. Der Gesetzgeber denkt gar nicht daran, datz das, was er dort bestimmt, für alle Ehen der Welt rechtens sein soll; er hat dabei nur an gewisse Ehen gedacht. Welche das sind, sagt er in einer anderen Vorschrift: in Art. 15 EE. II. Andrerseits wäre es falsch, wollte man glauben, datz jede Entscheidung, der deutsches Recht zugrunde gelegt wird, das Produkt der inländischen Sachnormen und der entsprechenden Kollisionsnormen sei. Tatsache ist, datz der Richter in der weitaus groben Mehrzahl der Fälle wohl das BEB., nicht das EG. aufschlägt. Nur eine Auffassung, die von ihr ausgeht, ist lebenswahr und berechtigt. 3n Wahrheit wird das Kolliswnsrecht nur herangezogen, wo ein Erenzfall vorliegt, d. h. ein Fall mit ausländischen Beziehungen. Nur auf diese ist das Kollisionsrecht gemünzt, nur in diesen ist es richtig und nötig zu sagen, dab die Faktoren der Entscheidung zwei Arten von Normen, Sach- und Erenznormen sind. HI. Der deutsche Gesetzgeber zieht die Grenze des deutschen Zivilrechts so, wie er es für richtig hält, selbstverständlich von überstaatlicher Warte aus (sollte es wenig stens tun). Indem er so nach seiner Überzeugung verfährt, lätzt er es aus Konflikte mit abweichenden Kollisionsnormen eines Nachbarstaates ankommen. Er weicht ihnen nicht aus, wenigstens grundsätzlich nicht. Wer jedem Konflikt aus dem Wege geht, gibt sich selbst aus. Beispiel: Ein deutscher Erblasser hatte seinen letztm Wohnsitz in Kopen hagen. Der deutsche Richter hat gemäb Art. 24 deutsches Erbrecht anzuwenden ohne Rücksicht darauf, datz der dänische Richter vom Domizilprinzip aus dänisches Erbrecht anwendet. Sogar die Vererbung der dänischen Grundstücke hat der deutsche Richter nach deutschem Recht zu beurteilen. Er fragt nur: Was ist recht?, nicht: Was kommt danach? Ein anderes Beispiel: Ein 20 jähriger Deutscher, der in Zürich studiert, kauft dort ein Motorrad. Seine Geschäftsfähigkeit hat der deutsche Richter nach deutschem Recht zu beurteilen, Art. 7 Abs. I, ungeachtet dessen, datz der Schweizer Richter Schwei zer Recht berücksichtigt und sie danach bejaht, da nach Art. 14 ZGB. die Volljährig keit schon mit 20 Jahren beginnt. IV. Es ist also möglich, datz der deutsche Richter ein Urteil fällt, das im Aus land anstötzt, weil es mit den Grundsätzen des dortigen JPR. in Widerspruch steht, und umgekehrt. Der deutsche Gesetzgeber schlieht in § 328 Zisf. 4 ZPO. ausländische Urteile von der Anerkennung dann aus, wenn sie gegen den Zweck eines deutschen Ge setzes verstoßen würde. Hier kommen nicht zum wenigsten die Vorschriften und Grund sätze des deutschen JPR. in Betracht. Eine Sondervorschrift enthält dann noch Zisf. 3. Sie als argumentum e contrario verwerten, würde indes bedenklich sein. Ziff. 3 erwähnt z. B. den Art. 7 nicht, und doch ist m. E. dem Schweizer Urteil, das in dem erwähnten Falle den jungen Deutschen zur Zahlung des Kaufpreises verurteilt hat, die Anerkennung gemäb Ziff. 4 zu versagen. Wo blrebe sonst der Schutz der deutschen Minderjährigen in Staaten, die mit der Volljährigkeit freigebiger sind als der unsrige? V. Der Grundsatz, datz die nach der deutschen Kollksionsnorm mabgebende deutsche Sachnorm ohne Rücksicht auf den abweichenden Standpunkt des ausländischen Staates anzuwenden ist, erleidet jedoch in, einem Falle eine Ausnahme. Es ist der Fall des Art. 28. Konfliktsklausel könnte man diese Vorschrift, wohl die dunkelste aller Vorschriften des deutschen JPR., nennen. Betrachten wir auch wieder einen praktischen Fall. Ein Deutscher, wohnhaft in Hamburg, starb 1920 und Hinterlietz u.a. ein Grundstück in Salzburg. WelchesErbrecht ist mahgebend? Gemäb dem Grundsatz der Staatsangehörigkeit das deutsche (Art. 24 Abs. I). Auch Österreich hat diesen Grund satz, wendet aber bez. des Grundstücks österreichisches Erbrecht an. Es legt also die lex rei sitae auch in einem Falle zugrunde, in dem es sich nicht um das Grundstück als solches, sondern als Bestandteil eines Vermögens, nämlich des Nachlasses, handelt. Dem trägt Art. 28 Rechnung. Da das Grundstück nicht in deutschem Gebiet liegt, also im
E. Die auf ausländisches Recht verweisenden Kollisionsnormen. Einl. (E 1) 11
Gebiet des Staates, dessen Erbrechtsoorschriften an sich mabgebend sind, da andrerseits das Grundstück nach dem Recht des Gebietsstaates, Österreichs, „besonderen Vorschrif ten" unterliegt (ein nichtssagender Ausdruck), Jo befiehlt Art. 28, das Erbrecht des Eebietsftaates anzuwenden. Der Leitgedanke des Art. 28 wird treffend so wieder gegeben: „Einzelstatut bricht das Vermögensstatut." (Zitelmann, Frankenstein.) Die Bedeutung des Art. 28 liegt im wesentlichen aus dem Gebiet des Erbrechts. Hier ist sie aber wirklich grob, da die dem österreichischen Recht eigentümliche Überspannung des Prinzips der lex rei sitae in einer Reihe anderer Staaten wiederkehrt: Frank reich, Belgien, Luremburg, England, Nordamerika, Rubland usw. Der Konflikt, den man hier beobachtet, ist ein sogenannter positiver. Das deutsche Erbrecht will ange wandt sein wegen der Staatsangehörigkeit des Erblassers, das österreichische wegen der Lage des Grundstücks. Der deutsche Gesetzgeber weicht zurück, sogar unter schweren Opfern, denn man mache sich klar: Der deutsche Richter hat teils deutsches, teils öster reichisches Erbrecht anzuwenden; der Nachlaß spaltet sich. Hie das Grundstück, hie das andere. Die Erben hier und dort können ganz verschieden sein. Lurz: Das Prinzip der Universalsukzession wird preisgegeben. E. Die auf ausländisches Recht verweisenden KoMsionsnormen. Wenden wir uns nunmehr zu den Lollisionsnormen, die auf das ausländische Recht verweisen, also, kurz gesagt, zu den verweisenden Normen. Ein Beispiel bietet Art. 25 Satz 1. Diese Norm ist, wie man sieht, eine lediglich verweisende, freilich auch als solche nicht erschöpfend, denn sie betrifft nur die Fälle, in denen der ausländische Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Inland hat. Art. 7 hin gegen ist, wie schon bemerkt, hinweisend und verweisend tn einem. Er sagt sowohl etwas über die Anwendbarkeit des inländischen als auch der ausländischen Rechte, und zwar in erschöpfender Weise. Von der Art des Art. 7 sind die ausländischen Lollisionsnormen durchweg. Was bei uns die Ausnahme ist, ist in den andern Staaten die Regel. Womit hängt das zusammen? L Ihre Notwendigkeit.
Wohl nur in Deutschland ist die Meinung aufgetaucht und hat leider im EE. Früchte getragen, datz der Gesetzgeber im Grunde nur etwas über die Grenzen des inländischen Rechtes zu bestimmen habe. Mit dieser Grenzziehung habe er seine Auf gabe erschöpft. Liege der Fall jenseits der Grenze des inländischen Rechts, so sei es Sache der andern Staaten, sich über die Abgrenzung ihrer Rechtsbereiche zu einigen, der deutsche Richter habe sich an diese Einigung zu halten, und nur im Notfälle, wenn es zu einer Einigung der beteiligten ausländischen Staaten nicht gekommen sei, habe der deutsche Gesetzgeber seinen Gerichten Anweisung zu geben. Die Eristenzberechtigung der Verweisungsnormm wird also damit bestritten. Der deutsche Gesetzgeber habe nur zu bestimmen, ob noch inländisches oder schon ausländisches, nicht aber welches ausländische Recht anzuwenden sei. Der bayrische Ministerialrat Schnell ist es gewesen, der diese Ansicht in einem kurzen Aufsatz, NZ. Bd. 5 S. 337 (1895), also noch vor der Schlutzredaktion des Gesetzes, entwickelt hat. In seinem Bann steht Niedner. Ob der genannte Aufsatz den Bundesrat beeinfluht hat, ist bestritten. Niemeyer leugnet es. Jedenfalls entsprechen seine Taten dieser Auffassung. Die Umwandlung der zwei seitigen Kollisionsnormen, die die Gebhardschen Vorentwürfe wie die Entwürfe 1 und 2 enthielten, in einseitige oder unvollkommen zweiseitige ist das Werk des Bundesrats. Schnell ist, wie mir scheint, das Opfer eines Bildes geworden. Er sagt: Jemand kann nur eine Sache teilen, die ihm gehört oder doch mitgehört, aber nicht eine Sache, an der er überhaupt keinen Anteil har. Er mag di« Auseinandersetzung denen überlassen, die die wirklichen Teilhaber sind. Wenn ein dänischer Erblasser sein letztes Domizil in London hatte, so ist es Sache Dänemarks und Englands, sich über das anzuwendende Erbrecht zu einigen. Sie sind sich einig, datz das Domizil maßgebend, also englisches Recht anzuwenden ist. Der deutsche Gesetzgeber hat da gar nicht hereinzureden. Dazu ist zu sagen: Der deutsche Gesetzgeber hat es auch nicht getan (Ari. 25 Satz 1). Aber wie, wenn er es getan hätte? Er hätte dadurch weder England noch Dänemark ein Stück Land abgenommen, er hätte nur dem eignen Richter die Entscheidung erleichtert, der auszuweichen er ihm selber verbietet. Wäre es wirklich anders, ließe es sich auch nicht billigen, daß eine deutsche Instanz in dem Falle zwei ausländische Rechte von einander abgrenzt, in dem auch Schnell und der von ihm beeinflußte Niedner es für gerechtfertigt halten, nämlich dann, wenn die beiden ausländischen Staaten sich nicht einig sind, also im Falle eines sogenannten positiven Konflikts, z. B., wenn em spani scher Erblasser sein letztes Domizil in Oslo hatte. Hier wollen sowohl spanisches wie norwegisches Recht angewandt sein. Es ist eben allemal so, daß der deutsche Gesetz-
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Einkührungsgesetz. Art, 7—32. Einleitung.
gebet durch die Kollisionsnormen nur im eignen Lande Klarheit schaffen will. Das aber ist sein gutes Recht und zugleich seine Pflicht. Der Standpunkt Schnells und Niedners kann heute als überwunden gelten, wenn gleich allerdings ihn Enneccerus, Allg. Teil § 59, ständig gebilligt hat. Allgemein wird heute die Einseitigkeit der deutschen Kollisionsnormen als em Fehler empfun den und im Ausland wohl überhaupt nicht verstanden. Es muh aber doch darauf hingewiesen werden, dah das neueste grohe System des JPR. einen neuen Vorstoh gegen die Derweisungsnormen macht, freilich von einem anderen Gesichtspunkte aus. Es ist Frankenstein, der den Derweisungsnormen, und, was mit ihnen zusammenhängt, der Rück- und Weiterverweisung die Fehde ansagt. In der Frage, ob die Beerbung eines zuletzt in Madrid wohnhaft gewesenen Italieners nach italienischem oder spani schem Recht zu beurteilen ist, hat nach Frankenstein der deutsche Gesetzgeber nichts zu befehlen. Man sieht: Auch hier wird dem deutschen Staat die Zuständigkeit abge sprochen. Aber die Begründung Frankensteins ist anders. Nur der Heimatstaat, lehrt er, habe hier zu befehlen, das folge aus der Natur der Sache. Art. 25 Satz 1 EG. ist nach Frankenstein ein anmahender Rechtssatz, ja überhaupt kein wahrer Rechts satz, der blohe Schein eines solchen, die Deklaration eines Ärioms. Dah es sich hier um mehr als eine theoretische Spielerei oder Schrulle handelt, wird sich später zeigen. Frankenstein knüpft an seine Auffassung bedeutsame praktische Folgen in der Frage der Rück- und Weiterverweisung und der Qualifikation: vgl. unten 0 IV. Hier ist nur zu sagen, dah die Auffassung Frankensteins nicht gebilligt werden kann. Sie wider spricht allen unseren Grundanschauungen. An der Berechtigung der Derweisungsnor men und an ihrer Auffassung als wahrer Rechtsnormen ist festzuhalten. II. Materiellrechtliche Verweisung. Kraft der Derweisungsnormen hat der deutsche Richter ausländisches Recht an zuwenden, z. B. im Falle eines italienischen Erblassers italienisches Erbrecht. Italieni sches Erbrecht ist also für den deutschen Richter mahgebend, — eine gewih auffällige Erscheinung. Wird etwa durch die Verweisung das ausländische Recht Bestandteil der deutschen Rechtsordnung, bewirkt die Verweisungsnorm eine Art Rezeption? Eine verwunderliche Vorstellung! Man ist zu ihr verführt worden, um dem § 549 ZPO. zu entgehen. Der deutsche Richter, der das kraft des Art. 25 mahgebende italienische Erbrecht unrichtig auslegt, und daher zu einem falschen Urteil kommt — sagt man —, hat deutsches und zwar Reichsrecht, nämlich das ihm einverleibte üalienische Recht, verletzt. Reichsrecht aber ist allemal revisibel: vgl. unten K I. Nun bedauern zwar viele, m.E. zu Unrecht, dah nach der herrschenden Auslegung des § 549 das aus ländische Recht nicht revisibel ist, aber so lätzt sich das Ziel der Revisibilität jedenfalls nicht erreichen. Gewih kann sich ein Gesetzgeber seine Aufgabe so erleichtern, dah er einen Stoff mittelbar regelt, nämlich durch Bezugnahme auf eine fremde Gesetzgebung. Zitelmann I S. 257 spricht hier von materiellrechtlicher Verweisung: vgl. dazu Franken stein 1 S. 261. So verweisen möglicherweise manche katholische Staaten des Südens bezgl. des Eherechts auf die kanonischen Vorschriften, so muh der neueste Staat, der vatikanische, solange er der eigenen Privatrechtsordnung entbehrt, notwendig auf fremde verweisen, vgl. Art. 1 des Lateranvertrags, dazu den Kommentar bei Art. 10 CIII4 b, aber hier liegen die Dinge doch anders. Der deutsche Gesetzgeber verweist auf das italienische Erbrecht, weil der Fall jenseits der Grenze des deutschen Erbrechts liegt. Er regelt ihn nicht selbst, auch nicht mittelbar, sondern lehnt die eigene Regelung ab und beschränkt sich darauf, die mahgebende ausländische Rechtsordnung zu bezeich nen. Der natürliche Verstand wehrt sich dagegen, alle die ausländischen Rechte, bte der deutsche Richter möglicherweise einmal anzuwenden in die Lage kommt, als Anner des deutschen Rechts aufzufassen. Jede wissenschaftliche Erklärung, die auf ihn nicht hört, verliert den Anspruch auf Beachtung. Die bekämpfte Auffassung vemeint im Grunde die treibende Idee des JPR., nämlich die gegenseitige Anerkennung aller Rechtsordnungen des Kulturkreises, sie ist also mit dem JPR. in Wahrheit unver einbar. Indem der deutsche Richter vom Gesetz auf italienisches Erbrecht verwiesen wird, soll er es zwar anwenden, aber als italienisches, als ausländisches Recht. Er soll danach urteilen, obwohl es ausländisches Recht ist, und zwar deshalb, weil eben diese der unsrigen gleichberechtigte Rechtsordnung nach den Prinzipien unseres JPR. zur Entscheidung berufen ist. Ja, es ist noch weiter zu gehen. Es ist, wie schon früher bemerkt, zwischen Geltung und Anwendung des Rechts zu unterscheiden. Nur das deutsche Rechr gilt int Inland, nicht auch das ausländische. Letzteres wird nur gelegent lich einmal von uns angewandt. Dem berührten Problem verwandt ist übrigens die Frage, die sich aus der tn § 242 BEB. enthaltenen Verweisung auf die Verkehrssitte ergibt, nämlich die Frage, ob durch diese Verweisung die Derkehrssitte zum Recht er hoben werde. Dgl. dazu Oertmann, Rechtsordnung und Derkehrssitte S. 359 ff.
E. Die auf ausländisches Recht verweisenden Kollisionsnormen. Einl.(E IIl 1,2,1V) 13
III. Der Widerspruch des ausländischen Rechtes. Wie die deutsche Kollisionsnorm, die zugunsten der inländischen Sachnorm lautet, von der Kollisionsnorm des beteiligten ausländischen Staates abweichen kann, so auch die, welche zugunsten einer ausländischen Sachnorm lautet. Auch hier können also Konflikte entstehen, und auch hier werden diese Konflikte vom Gesetzgeber grund sätzlich hingenommen. Beispiel: Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters beurteilt sich gemäß Art. 21 nach dem Heimatrecht der Mutter. Es ist denkbar, datz der Heimat staat des Vaters, also des Pflichtigen, den Fall anders beurteilt, etwa die Anwen dung seines eignen Rechts vorschreibt. Hier ist z. B. an Italien zu denken. Ist die Mutter Polin und der Vater Italiener, so hat der deutsche Richter polnisches.Recht anzuwenden, wie immer die italienischen Gerichte sich dazu stellen. Auch hier erleidet aber der Grundsatz Ausnahmen. 1. Die Konfliktsklausel des Art. 28. Zunächst ist wieder die Kon fliktsklausel des Art. 28 zu nennen. Beispiel: Zum Rachlah eines in Hamburg wohnhaft gewesenen Italieners gehört ein Grundstück in Paris. Grundsätzlich ist italienisches Erbrecht wegen der italienischen Staatsangehörigkeit des Erblassers anzu wenden. Run wendet aber der französische Richter auf das Grundstück, wie wir wissen, wegen seiner Zugehörigkeit zum französischen Gebiet französisches Erbrecht an. Wir stehen also wieder vor einem Konflikt, und zwar wieder einem positiven, zwischen deut schem und französischem JPR. Auch in diesem Fall gibt der deutsche Gesetzgeber aus nahmsweise wieder nach. Der deutsche Richter hat also teils italienisches, teils fran zösisches Erbrecht anzuwenden. Einzelstatut bricht auch diesmal Dermögensstatut. Be merkt sei, daß der italienische Richter sich um den Widerspruch des französischen Rechts nicht kümmert. Er wendet ausschlietzlich und in vollem Umfang italienisches Erbrecht an. Wenigstens ist das die neuere Praris in Italien. Indem wir dem französischen Recht nachgeben, geraten wir also in einen neuen Konflikt mit dem italienischen Recht, aber wir wollen in erster Linie den Konflikt mit dem Gebietsstaat vermeiden.
2. DieRückoerweisungsklausel. Eine weitere Ausnahme enthält die Rück verweisungsklausel des berühmten Art. 27. Man nehme wieder einen Fall. Ein eng lischer Erblasser hatte sein letztes Domizil (int englischen Sinne) in Hamburg. Welches Erbrecht hat der deutsche Richter anzuwenden? Rach Art. 25 Abs. I mit Rücksicht auf die englische Staatsangehörigkeit des Erblassers englisches. Run wendet aber der eng lische Richter mit Rücksicht auf das deutsche Domizil des Erblassers deutsches Erbrecht an. Das englische Recht, genauer das englische JPR., weist also, wie man sich aus drückt, aus das deutsche Recht, genauer die deutschen Sachnormen, zurück. Diese Rück verweisung ist vom deutschen Richter gemäß Art. 27 zu beachten. Auch er hat also die deutschen Erbrechtsvorschriften anzuwenden, z. B. die Vorschriften über das Pflkchtteilsrecht, eine den Engländern ganz unbekannte Einrichtung. Der Rückverweisung des eng lischen Rechts und ihrer Beachtung durch das deutsche Recht verdankt z. B. die im Testament ohne Grund übergangene Tochter des englischen Erblassers ein Pflichtteil, dessen sie nach dem englischen Erbrecht, auch dem neuen, entbehren würde. Der Konflikt, um den es sich hier handelt, ist negativer Art. Weder das deutsche Erbrecht will ange wandt sein, da der Erblasser kein Deutscher ist, noch das englische, da er kein englisches Domizil hat. Der Konflikt wird durch Art. 27 zur beiderseitigen Zufriedenheit gelöst. Indem das deutsche Recht hier nachgibt, ist es nach Ansicht mancher Schriftsteller der klügere Teil. Die meisten bestreiten es freilich. In fünf Fällen ordnet Art. 27 die Rückverweisung an, nämlich, wenn es sich um die Frage der Geschäftsfähigkeit, der Ehe schließung, des ehelichen Güterrechts, der Ehescheidung und des Erbrechts handelt. Es bleibt die große Frage, ob es bei diesen fünf Fällen sein Bewenden haben soll oder ob ihnen andere gleichzustellen sind, und weiterhin, was im Falle der sogenannten Weiterverweisung zu geschehen habe. Davon unten VI. IV. Di« Vordehaltsklausel. , Ein Konflikt, der nur bei den Derweisungsnormen auftauchen kann, ist der, daß dte ausländische Sachnorm, auf welche unsere Kollisionsnorm verweist, unsere sittlichen oder rechtlichen Empfindungen verletzt. Was ist da zu tun? Der hochbedeutsame Art. 30 gibt die Antwort: „Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Ge setzes verstoßen würde." Beispiel: Ein österreichischer Jude hat eine österreichische Katho likin in Genf geheiratet. Sie verlegen später ihren Wohnsitz nach Hamburg. Hier klagt er gegen sie aus Nichtigkeitserklärung der Ehe, weil das österreichische Recht die Ehe zwischen beiden wegen der Religionsverschiedenheit verbot. Soll der deutsche Richter hier die Vorschrift des Art. 30 anwenden? Die Frage ist m. E. zu bejahen, die Klage also abzuweisen.
14 Ein!. (E IV1—4)
Einführungsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
Es ist also so, datz jegliche Verweisung auf ausländisches Recht unter einem gewissen Vorbehalt steht, daher Zitelmann von „Dorbehaltstlausel" spricht — ein Ausdruck, der, wiewohl etwas farblos, sich eingebürgert hat. Die Klausel des Art. 30 ist sozusagen wesentlicher Bestandteil jeder Verweisungsnorm. Die Verweisung auf ausländisches Recht versteht sich immer nur unter der Voraussetzung, dah seine An wendung nicht anstössig ist. Keine Rechtsordnung der Welt kann auf solchen Vorbehalt verzichten. Der Vorbehalt ist, wenn auch nicht dem Namen nach, so doch sachlich gesehen, eine internationale Erscheinung und, wie man hinzufügen darf, ein internationales Pro blem, denn nichts ist schwerer als diesen Vorbehalt in Worte zu fassen uyd zu hand haben. Gesetzgeber und Richter stehen hier vor der schwersten Aufgabe, die das 2PR. stellt. Art. 30 ist nichts als ein Versuch, das Unfaßbare in Worte zu kleiden. Viele Staaten haben auf eine gesetzliche Regelung verzichtet und alles der Praris überlassen, so Frankreich, England usw. Die romanische Literatur hat den Begriff des ordre public geschaffen und England spricht von public policy. Die Anwendung des aus ländischen Rechts, so sagt man, darf nicht an den ordre public, die öffentliche Ordnung rühren. Allein, was gehört zum ordre public? Kahn hat sich vor allem gegen diesen Begriff gewandt (JheringsJ. Bd. 39 6.1 ff.). Auf Einzelheiten einzugehen, ist hier nicht die Stelle. Vgl. die ausführlichen Dar legungen zu Art. 30. Hier sei nur auf folgendes hingewiesen: 1. Art. 30 ist eine allgemeine Vorbehaltsklausel. Daneben gibt es besondere Vor behalte, z.B. in Art. 13 Abs. III, Art. 12, Art. 17 Abs. IV, Art. 21 a.E. usw. 2. Die Vorbehalte sind fast immer, wenn nicht sogar stets bedingt. Bedingung ist eine gewisse Jnlandsbeziehung des Falles, denn erst, wenn sie gegeben ist, ist eift In teresse an der Berücksichtigung unserer sittlichen und rechtlichen Anschauungen vorhanden. Es genügt nicht, datz der ausländische Rechtssatz, für sich betrachtet, uns anstößig erscheint. Es muß, wenigstens in der größten Anzahl der Fälle, hinzukommen, daß die Umstände, unter denen er angewandt wird, eben diese Anwendung für uns unerträglich machen. Das Gesetz versucht, das auszudrücken, indem es nicht sagt: „Wenn das Gesetz... ver stoßen würde", fonbem: „Wenn die Anwendung des Gesetzes... verstoßen würde." Wann das freilich der Fall ist, läßt sich schwer allgemein sagen, sondern nur kasuistisch andeuten. Wie der Fall an das ausländische Recht um einer gewissen Beziehung zum ausländischen Staat willen geknüpft wird, so geschieht auch die Losknüpfung nur um einer gewissen Beziehung zum inländischen Staat willen. Die Anknüpfungsgründe sind in jeder Anknüpfungsnorm (Verweisungsnorm) genau bezeichnet: die LosknüpfuNgsgründe dagegen in der einen allgemeinen Vorbehaltsklausel zu bezeichnen, wäre selbst einem Solon unmöglich. Nur in den besonderen Vorbehaltsklauseln geht es an und geschieht es auch. Beispiel: Wenn Schweden daheim eine kirchliche Ehe gemäß ihrem Heimatrecht schließen, erkennen wir die Ehe als gültig an (Art. 11 Abs. I, Art. 13). Wenn sie hier eine kirchliche Ehe, etwa vor dem Gesandtschaftsprediger, schließen, erken nen wir sie nicht an (Art. 13 Abs. III). Der Gesetzgeber verweist auf die ausländischen Formvorschriften unter einem Vorbehalt zugunsten der deutschen, aber er macht ihn nur für den Fall, daß die Ehe im Inland geschlossen wird. Bedingung des Vorbehalts ist eben diese Jnlandsbeziehung. Die Bedingung konnte hier genau angegeben werden, weil der Vorbehalt für einen bestimmten Tatbestand gemacht wurde, wir es also mit einer speziellen Vorbehaltsklausel zu tun haben. Die bedingende Jnlandsbeziehung ausfindig zu machen, ist bei der Handhabung der allgemeinen Vorbehaltsklausel die wichtigste Aufgabe des Richters. Beispiel: Ein Russe heiratet in Moskau seine Schwiegermutter, gleichfalls eine Russin. Rach russischem Recht ist das erlaubt. Zweifel los verstößt dieser Satz gegen unser sittliches und rechtliches Empfinden, und doch werden wir ihn anwenden, wenn die Frau hier gegen chren Mann auf Unterhalt klagt. Hier fehlt ein Losknüpfungsgmnd. Wenn dagegen die beiden hier vor dem deutschen Standesbeamten die Ehe eingehen wollen, wird dieser sich ihnen versagen müssen. 3. Wann ist nun die ausländische Rechtsnorm anstößig? Dabei ist nur an aus ländische Zivil rechtsnormen gedacht. Andere mit der Vorbehaltsklausel zurückzu weisen, ist methodisch verfehlt. Zwar begründen romanische Schriftsteller sogar die Nichtanwendung des ausländischen Strafrechts mit dem ordre public, aber das hängt eben mit der Uferlosigkeit dieses Begriffs zusammen. Die Vorbehaltsklausel setzt vor aus, daß eine Kollisionsnorm des deutschen 2PR. eine ausländische Zioilrechtsnorm für anwendbar erklärt. Wo diese Voraussetzung fehlt, hat sie nichts zu sagen. Wohl aber darf bei der Prüfung der Anstößigkeit auch auf die deutschen Strafrechts-, Staats rechts- usw., also nicht bloß auf die deutschen Zivilrechtsnormen gesehen werden. Der höchste Maßstab ist die Eristenz unseres Staates selber. 4. Das Gesetz verweist auf die guten Sitten, womit die moralischen Anschau ungen des deutschm Volkes gemeint sind, und die Zwecke der deutschen Gesetze. Was
E. Die auf ausländisches Recht verweisenden Kollijionsnormen. Eint. (EIV 5—7, V1) 15 letztere angeht, so verfolgt jedes Gesetz einen Zweck. Man denke an die VolljShrigkeitsvorschriften, an die Formoorschristen usw. Und doch wenden wir gemäß Art. 7. 11 usw. auch die ausländischen Vorschriften über .Volljährigkeit und Form an. Es ist eben folgendes zu beachten: Die deutschen Sachnormen wollen nur in Fällen ange wandt sein, die in den Grenzen des deutschen Rechts liegen, und ebenso wollen die mit ihnen verfolgten Zwecke nur in diesen Fällen angestrebt werden. Art. 30 kann sich somit nur auf Gesetze mit Zwecken besonderer Art beziehen, nämlich Zwecken, die ihrer Natur nach die Anwendung der deutschen Vorschriften auch da verlangen» wo grundsätzlich aus ländisches Recht anzuwenden wäre. Gemeint sind also Gesetze, die eine anormale Reich weite beanspruchen, Gesetze, in denen eine stillschweigende Äollisionsnorm versteckt ist. Beispiel: Ein Schweizer klagt hier gegen feinen nach Deutschland gezogenen Schuld ner aus einem von einem Schweizer Gericht ausgestellten sog. Derlustschein, einer Ur kunde über die Forderung gegen einen frustra excussus. Die Forderung aus einem Verlustfchein ist nach Schweizer Recht unverjährbar. Der prozetzpolitische Zweck der deutschen Verjährungsvorschriften widerspricht der Anwendung des an sich maßgeben den ausländischen Rechtssatzes.
5. Die Ablehnung des ausländischen Rechtssatzes bewirkt oft, nicht immer, eine Lücke, so in dem soeben erörterten Fall. Sie muß ausgefüllt werden. Womit? Tun lichst mit Hilfe des an sich maßgebenden ausländischen Rechts, nur im Notfälle mit dem inländischen. Gegen diesen Grundsatz wird in Theorie und Praxis sehr oft verstoßen. 6. Das Reichsgericht (Bd. 93 S. 183) hat bk Formel geprägt: Art. 30 fordere, „daß die Anwendung des ausländischen Rechts direkt die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde." Das geht viel zu weit, wie allein schon der letzte Fall zeigt. Das Deutsche Reich würde es durchaus ertragen, wenn die Schweizer Einrichtung des Verlustscheines bei uns eingeführt würde. Andrerseits ist vor Überschätzung der inländischen Gefühlswerte und Eesetzeszwecke zu warnen. Der Richter soll wie ein Weltmann urteilen (Meili). Es würde lächerlich sein, einen Schwei zer, der hier seine Nichte, entgegen dem Verbot des Schweizer Rechts, heiraten will, deshalb zur Eheschließung zuzulassen, weil das deutsche Recht bk Ehe zwischen diesen Verwandten gestattet. 7. Endlich ist daran zu erinnern, daß, wenn schon nach den allgemeinen Grund sätzen inländisches Recht anwendbar ist, es nicht der Vorbehaltsklausel und der mit ihrer Anwendung verbundenen schwierigen Untersuchungen bedarf, um das ausländische Recht zurückzuweisen. Voraussetzung der Vorbehaltsklausel ist, daß an und für sich ausländisches Recht maßgebend ist. Also keine Beschwörung des Art. 30, bevor nicht diese Voraussetzung geprüft ist! So selbstverständüch das ist, so wird doch sehr ost in der Praris dagegen verstoßen und manches Unheil damit angerichtet; vgl. RG. Bd. 80 S. 130, dazu die Kritik unter Art. 30 C III 3.
V. Die Qualifikation. 1. Der Gesetzgeber bedient sich bei der Abfassung der Rechtsnormen der Be griffe. Sie sind es, die ihnen Klarheit und Festigkeit geben. Bei den Kollisions normen ist es nicht anders. Auch bei ihnen sind die Begriffe, und zwar rechtliche, wich tige Bestandteile. Man nehme gleich den Art. 7. Er spricht von Geschäftsfähigkeit, Reichsangehörigkeit, Inland, familien- und erbrechtlichen Rechtsgeschäften und von Verfügungen. Es ist bemerkenswert, daß die meisten dieser Begriffe dem Privatrecht entnommen sind; ein wichtiger immer wiederkehrender Begriff ist allerdings staatsrecht licher Art, der der Staatsangehörigkeit. Der Begriff des Inlands endlich gehört dem Völkerrecht an oder yeht zum mindesten davon aus. Hinzuweisen ist noch auf einen Begriff, dessen sich die Kollisionsnormen ganz besonders gern bedienen, während er in den Sachnormen kaum begegnen dürfte. Es hängt das mit dem Wesen und Zweck jener Normen zusammen. Betrachten wir z. B. den Art. 15: „Das eheliche Güterrecht ............wird beurteilt" (besser hätte er freilich gelautet: Das eheliche Güterrechts verhältnis ober ber Eüterstanb). Hier wird also auf eine ganze Normengruppe Be zug genommen, die im System ber Sachnormen ein bestimmtes Gebiet ausmacht, eben bas Gebiet bes ehelichen Güterrechts. Der Begriff wurzelt also in beut privatrechtlichen System, wie ja auch der Aufbau ber Art. 7—31 biesem System folgt (vgl. unten N). Eben barunt kann man biesen Begriff wohl als System- ober Gruppenbegriff bezeichnen. Andere Beispiele für solche Systembegriffe bieten Art. 14 (persönliche Rechtsbeziehungen deutscher Ehegatten), Art. 19 (Rechtsverhältnis zwischen Eltern unb bent Kinde), Art. 20 (Rechtsverhältnis zwischen unehelichem Kind und dessen Mutter), Art. 24 unb 25 (ein Inländer bzw. Ausländer wird beerbt usw.). Diese Systembegriffe (die man vielleicht auch als Materienbegriffe kennzeichnen könnte, insofern sie auf ganze Materien des Privatrechts Bezug nehmen) sind für den Schöpfer von Kvl-
16 Eint. (E V 2,8)
Einführungsgesetz. Art. 7—32. Einleitung.
lisionsnormen wie auch für den von Übergangsvorschriften ganz unentbehrlich. Inter nationales Prioatrecht und intertemporales Privatrecht sind ja die treuen Begleiter des Privatrechts, seinem Schatten vergleicht man sie. Nun werfen oft ganze Normen gruppen, ganze Materien des Privatrechts, nur einen einzigen groben Schatten, so z. B. die Hunderte von Bestimmungen, die im Privatrecht unter dem Namen Erbrecht zusammengefatzt sind; vgl. Art. 24, 25 EG. und bezgl. des intertemporalen Rechts Art. 213 bis 215. Das Ideal des 2PR. wäre vielleicht, dab es für jeden einzelnen Tatbestand des Privatrechts und für jede sich daran knüpfende Rechtsfrage besondere Kolliswnsnormen gäbe. Allein, das ist praktisch nicht möglich, und es besteht auch im allgemeinen kein praktisches Bedürfnis dafür. Solche mehr oder minder spezielle Kolli sionsnormen können immer nur die Ausnahme sein. Beispiele bieten Art. 7 (Geschäfts fähigkeit), Art. 8 (Entmündigung), Art. 9 (Todeserklärung), Art. 11 (Form), Art. 13 (Eheschliebung), Art. 17 (Ehescheidung), Art. 18 (eheliche Abstammung), Art. 21 (Unter haltspflicht des unehelichen Vaters) usw. Es ist bezeichnend, dab viele von ihnen Fragen des allgemeinen Teils betreffen. Es erklärt sich daraus, dab dieser selbst eine heterogene Masse ist. Die Zahl dieser speziellen Kollisionsnormen überwiegt vielleicht sogar die der allgemeinen (Art. 14, 15,19, 20, 24, 25). Allein, wenn man eine Statistik derjenigen international-privatrechtlichm Fragen aufmachen wollte, die nach jenen speziellen Kol lisionsnormen, und derjenigen, die nach den allgemeinen entschieden werden, so wird der Vergleich eine ungleich gröbere Bedeutung der allgemeinen Kollisionsnormen ergeben — trotz ihrer geringeren Zahl. Es bleibt eben dem Gesetzgeber in der Regel nichts übrig als die Tatbestände, die Erenzfälle in Bausch und Bogen zu bezeichnen, .also Gruppen zu bilden. Was aber liegt dabei näher, als sich an die Gruppen des materiellen Privatrechls anzuschlieben und das vorhandene System des letzteren sich zunutze zu machen?
2. Nachdem so der Dienst und die Eigentümlichkeit der in den Kollisionsnormen vorkommenden Rechtsbegriffe erörtert worden sind, ist nunmehr darauf hinzuweisen, dab die Staaten, auch wenn sie sich bei ihren Kollisionsnormen der gleichen Rechts begriffe bedienen, so doch sehr oft darunter etwas verschiedenes verstehen. So kommt es, dab die Kollisionsnormen der Staaten zwar oft Suberlich gleich, in Wahrheit aber verschieden sind. Nur scheinbar stimmen sie überein, in Wirklichkeit widersprechen sie einander. Der Schriftsteller, der dieser Erscheinung seine besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat, ist Kahn gewesen. Er spricht von latenten Rechtskollisionen (JheringsJ. Bd. 30 S. 32) und legt damit den Finger auf eine schmerzliche Wunde des 2PR. Ein Beispiel bietet der Domizilbegriff. England und Dänemark haben das Domizilprinzip, sind also einig, dab ein in London wohnhaft gewesener Däne nicht nach seinem Heimatrecht, sondern nach seinem Wohnsitzrecht, also dem englischen, beerbt werde. Aber das englische Recht versteht das Domizil vermutlich. Man kann wohl sagen gewitz, anders, nämlich in einem engeren Sinne, als das dänische Recht. Das Ergebnis ist: Der dänische Richter wird oft ein Domizil des Dänen in London da annehmen, wo der englische Richter es vemeint. Er wird daher englisches Recht anwenden, während der englische Richter dänisches zugrunde legt. Ein anderes Beispiel betrifft die uner laubte Handlung. Die meisten Staatm haben das Prinzip der lex loci delicti commissi. So auch der unsrige (Art. 12). Aber was heibt Begehungsort? Ein Schweizer schreibt einen beleidigenden Brief von Zürich nach Hamburg. Wo ist die Tat begangen? 3n Zürich, in Hamburg oder an beiden Orten? Ist folglich Schweizer oder deutsches Recht oder sind beide Rechte anzuwenden? Der Begriff kann ganz verschieden aus gelegt werden und wird es in der Tat. Der Richter in Zürich antwortet: in Zürich, das Reichsgericht: in Zürich und in Hamburg. Also wieder gleiche Kollisionsnormen und doch keine Gleichheit. Es ist bemerkenswert, dab sogar zwischenstaatliche Vereinbarung einer Kollisionsnorm verschiedene Auslegung derselben nicht hindert. Ja, das Haager Eheabkommen ist sogar von Frankreich, dem Belgien folgte, aus diesem Grunde gekündigt worden. Diese Staaten legten den Art. 1 anders aus als Deutschland mit Bezug auf § 1315 Abs. I BGB. 3. Viel wichtiger aber ist das Problem, das nunmehr erörtert werden soll und das unter dem Namen Qualifikation berühmt gewordm ist. Die Rechtsbegrlffe, deren sich die Kollisionsnormen bedienen, bedürfen oft genug selbst wieder der Auslegung. Aus dem soeben Gesagten ging das schon hervor. Was heißt überhaupt unerlaubte Handlung? Was ist Begehungsort derselben? Was ist Geschäftsfähigkeit? Was ist Verfügung? Was ist Todeserklärung usw.? Ganz besonders gilt das von den oben gekennzeichneten System- oder Materienbegriffen. Was ist ein familienrechtliches Ge schäft (Art. 7 Abs. III)? Fallen darunter z. B. Schenkungen unter Ehegatten? Was find persönliche Rechtsbeziehungen unter Ehegatten, was güterrechtliche (Art. 14,15)?
E. Die auf ausländisches Recht verweisenden Kollisionsnormen. Einl. (E V 4) 17
Wohin fallen z. B. die Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit der Ehefrau? Unter Art. 7,14 oder 15? Was find erbrechtliche Fragen te sog. Internationalisten, wie etwa Zitelmann, von der Bindung des Richters an das nationale Recht, also das positive Recht des einzelnen Staates, nichts wissen wollten oder doch nur insoweit, als es nicht dem überstaatlichen Recht bzw. den überstaatlichen Prinzipien widerspreche, andrerseits für die Meinung, dab die Nationalisten, wie etwa Niemeyer usw., in dem Streben, möglichst viel für das inländische Rechtsgebiet herauszuschlagen, das Ideal der Eesetzesharmonie, das Prinzip der Gegenseitigkeit, «über acht lieben und statt dessen die Gremen der eigenen Rechtsordnung von dem beschränktm Standpunkt eines engherzigen „Nationalismus" aus zögen. Von alledem kann keine Rede sein, weder der eine noch der andere Vorwurf würde begründet sein, vgl. Enneccerus, Allgem. Teil, § 58 A. 6. Noch etwas anderes ist zu bemängeln. Wie mir scheint, hat Kahn bei dem Gegen satz nicht nur die Methode, sondern auch die Funktion, den Zweck, die Aufgabe der Kollisionsnormen im Auge. Nach Ansicht der einen, so vor allem Kahns selber, sollen sie dem Richter die maßgebende Sachnorm, nach Ansicht der anderen, so z.B. v. Bars, den zuständigen Staat angeben, und so kommt Kahn dazu, o. Bar zu den
60 @inl, (O IV)
Einsührungsgeseh. Art. 7—32. Einleitung.
Internationalisten zu rechnen, obgleich er doch andrerseits alles andere als ein An hänger der dedultiven Methode ist. Die beiden Gegensätze bezgl. der Methode und der Aufgabe des JPR. haben nichts miteinander zu tun. Beweis ist, daß von den An hängern der Eesamtverweisung v. Bar die induktive. Frankenstein die deduktive Me thode, von den Anhängern der Sachnormverweisung Zitelmann die deduktive, Kahn die induktive Methode handhaben. Man tut nach dem Gesagten gut, den Kahnschen Gegensatz von Internationalisten und Nationalisten fallen zu lassen. A. A. Neumeyer a. a. O. Er rechnet sich zu den Nationalisten in dem Sinne, „daß das 2PR. nicht Kom petenzen abgrenze, sondem immer und ausschlietzlich für die Bedürfnisse des Inlands".
IV. Das Frankensteinsche System. Auch wer das Frankensteinsche System nicht für richtig hält, wird doch die große Bedeutung desselben für die Praris anerkennen müssen, wie ja denn auch Frankenstein der Erläuterung der positiven Vorschriften im Gegensatz zu Zitelmann in seinem Werke einen großen Raum widmet. Schon aus diesem Grunde ist es daher angebracht, dieses System kurz zu erläutern, um dem Leser die Benutzung des Werkes zu erleichtern. Cs bedarf nämlich dazu eines Schlüssels, der vielleicht nicht schwer zu handhaben ist, mit dem man aber vertraut sein muß. Frankenstein scheidet, wie schon öfter angedeutet, primäre, sekundäre und Pseudoanknüpfung. Diese Worte kommen fast auf jeder Seite seines Werkes, also Hunderte von Malen vor. Was ist damit gemeint? Daß für die Beerbung eines in Rom domizilierten Engländers englisches Recht maßgebend ist. das versteht sich nach Frankenstein, wie wir sahen, von selbst. Der Engländer ist mit seinem Heimatrecht a priori verknüpft. Diese Anknüpfung ist naturgegeben, sie bedarf keines Rechtssatzes und sie beruht nicht auf ihm, sie ist ein Ariom. Primär nennt Fran kenstein darum diese Anknüpfung. Nun ist klar, daß der englische Staat die Beerbung so regeln kann, wie er es für richtig hält, sei es unmittelbar, sei es mittelbar, z.B. indem er mit Rücksicht auf das italienische Domtzil des Erblassers die Anwendung des italienischen Erbrechts vorschreibt. Diese von dem englischen Staat befohlene An knüpfung an die italienische Rechtsordnung nennt Frankenstein sekundäre Anknüpfung. Während die primäre Anknüpfung naturgegeben ist, beruht die sekundäre aus einem Rechtssatz. Jene folgt aus einem Ariom, diese aus dem positiven Recht. Was hat nun nach Frankenstein der deutsche Richter zu tun, der mit dem Erb rechtsfall befaßt wird? Er hat in erster Linie zu fragen: Mit welcher Rechtsordnung ist der Erblasser primär verknüpft? Die Antwort lautet: Mit der englischen. Er hat in zweiter Linie zu fragen: Nimmt die primär maßgebende englische Rechtsordnung eine sekundäre Anknüpfung an eine andere Rechtsordnung vor? Das ist hier der Fall. Also hat der deutsche Richter italienisches Erbrecht anzuwenden. Das Ariom und die eng lische Kollisionsnorm, m. a. W. primäre und sekundäre Anknüpfung zusammengenommen, begründen die Maßgeblichkeit der italienischen Sachnormen. , Ebenso hat jeder andere Richter der Welt zu verfahren. So gelangt man dann zu einer concordantia discordantium. Staaten mit Staatsangehörigkeitsprinzip, Staa ten mit Domizilprinzip: Sie alle finden sich wieder unter dem Dach der italienischen Sachnormen. Sollte der italienische Richter englisches Erbrecht anwenden, wie es die neuere italienische Praxis anscheinend tut, so handelt er falsch. Er lehnt sich gegen das Ariom auf, das die Beachtung der sekundären Anknüpfung kategorisch fordert. Der deutsche Richter hat sich um dieses falsche Verhalten des italienischen Richters nicht zu kümmern. Ihn geht ja nicht an, was Italien befiehlt, sondem was England, der primär zustän dige Staat, tut. Nunmehr ist von der Pseudoanknüpfung zu sprechen. Wenn ein italienischer Erb lasser seinen letzten Wohnsitz in Kopenhagen hat, so wendet der dänische Richter gemäß dem dänischen Domizilprinzip dänisches Erbrecht an. Nach dem Frankensteinschen System müßte er italienisches Erbrecht anwenden, denn primär ist der Erblasser mit Italien verknüpft und Italien hat das Staatsangehörigkeitsprinzip, d. h. es unterläßt eine sekundäre Anknüpfung des Falles an die dänische Rechtsordnung. Der dänische Gesetzgeber erlaubt sich also hier eine Anknüpfung an sein eignes Recht entgegen dem Ariom. Es fehlt in Wahrheit an einem Anknüpfungsgmnd, sowohl an dem primären wie an dem sekundären. Es wird ein Anknüpfungsgrund, nämlich das Domizil, geltend gemacht, der nicht standhält. Die Anknüpfung ist also eine anmaßliche, unwahre, schein bare, gewaltsame, kurz eine Pseudoanknüpfung. Was ist nun mit dieser? Muß sich der dänische Richter an sie halten? Muß er folglich dänisches Recht anwenden? Gewiß, denn er schuldet seinem Staat Gehorsam. Aber darf es auch der Richter eines dritten Staates, z. B. der deutsche? Nein, denn er hat nur nach dem Willen Italiens zu fragen, denn dieses allein ist ja primär zu-
ständig. Man kann vielleicht so sagen: Die primäre und die sekundäre Anknüpfung wir ten Luter omnes oder absolut, die Pseudoanknüpfungen wirken nur Luter partes oder relativ, d.h. in Dänemark. Die Frankensteinschen Begriffe wurden hier an einem Fall! illustriert, in dem das Personalstatut maßgebend ist. Entsprechendes gilt in dem Fall, daß ein Sachstatut maßgebend ist. Für eine Kritik Frankensteins ist hier nicht der Ort. Hier sei nur kurz bemerkt: 1. Den Richter binden Rechtssätze, nicht Ariome; das wurde schon oben gesagt. 2. Fran kenstein fatzt seine Ariome hn Sinne des Staatsangehörigkeitsprinzips. Die Anhänger des Domizilprinzips (England, Nordamerika usw.) werden daher von seinen Ariomen nichts wissen wollen. Man täuscht sich aber, wenn man glaubt, daß schon um des willen das grobe Ziel Frankensteins, die oben erwähnte concordantia discordantium, scheitern müsse, denn sie verlangt z.B. von dem englischen Richter nichts mehr, als oatz er int Falle eines italienischen Erblassers mit letztem Wohnsitz in Kopenhagen den italienischen Staat für primär zuständig erachte und weiterhin frage, ob dieser eine sekundäre Anknüpfung an das dänische Recht vornehme, und wegen Verneinung dieser Frage italienisches Erbrecht anwende. 3m übrigen lätzt Frankenstein den englischen Richter gewähren. Dieser kann bei dem Domizilprinzip bleiben einmal, wenn es sich um englische Staatsangehörige handelt, denn wenn er z. B. bei letztem Wohnsitz des Eng länders in Berlin deutsches Erbrecht anwendet, folgt er der sekundären Anknüpfung des primären englischen Rechts, sodann, wenn es sich um einen Ausländer mit eng lischem Domizil handelt. Hier macht sich zwar der englische Gesetzgeber, indem er eng lisches Erbrecht anzuwenden befiehlt, einer Pseudoanknüpfung schuldig, die das Welt konzert etwas stört. Aber da sich sonst kein Staat darum kümmert, ist dieser Mitzton zu ertragen. Wie steht Frankenstein zu dem Problem der Gesamtverweisung? Die Frage wurde schon früher berührt. Die Antwort ist auch für den Leser klar, doch ist gleichwohl darüber noch etwas zu sagen. Frankenstein ist nämlich aufsallenderweise der Ansicht, daß dieses Problem, das allgemein als ein fundamentales Problem des 3PR. ange sehen wird, die Folge eines falschen Ausgangspunktes, ja, man traut seinen Augen nicht, datz es die Folge eines sprachlichen Mibverständnisses sei (Bd. I S. 48). Di« letz tere Behauptung ist schon deshalb merkwürdig, weil sich schwer vorstellen lätzt, datz das sprachliche Mitzverständnis sich nicht nur in einem Lande, sondern in allen habe bilden können. Das Wort, dem Frankenstein die Schuld gibt, ist das Wort Verweisung. Er vermeidet es ebenso wie die Ausdrücke Rück- und Weiterverweisung. Das Wort Gesamtverweisung kommt bei ihm überhaupt nicht vor. Er hält das Wort Verweisung für irreführend und den Gedanken, der in ihm liegt, für grundfalsch. Nicht Verweisung soll man sagen und denken, sondern primäre Anknüpfung, denn nicht das deutsche Gesetz begründe die Matzgeblichkeit des italienischen Erbrechts im Fall eines italienidjen Erblassers, sondern ein Ariom, und nicht Rück- und Weiterverweisung soll man ägen und denken, sondern sekundäre Anknüpfung. Der primär zuständige Staat, also m Fall eines dänischen Erblassers mit italienischem Wohnsitz der dänische, verknüpft ekundär den Erbfall mit der italienischen Rechtsordnung. Dieser sekundären Anknüpung hat der deutsche Richter zu folgen. „Mit dieser so unscheinbaren Zerlegung der Anknüpfung in die primäre und sekundäre löst sich mit einem Schlage das berühmteste Problem des Erenzrechts, die Lehre von der Verweisung und Rückverweisung." (Fran kenstein a. a. O. 3W. 1927 S. 2260). Es liegt auf der Hand, datz Frankenstein sich einer schweren Selbsttäuschung hin gibt. Das Problem des renvoi ist durch die Natur der Sache gegeben, es ist für jeden da, auch für Frankenstein. Wer ein Gegner des renvoi ist, wird sich auch durch die Frankensteinsche Methode nicht überzeugen lassen, denn erstens wird er, ohne gerade eigensinnig zu sein, an der Verweisung festhalten und das Ariom der primären Zu ständigkeit für reines Naturrecht erklären und zweitens wird er, wenn er schon den Glauben an das Ariom aufbringt, doch fragen, warum nun das Ariom im Fall« eines dänischen Erblassers mit italienischem Wohnsitz gerade so laute wie Franken stein behauptet, und nicht einfach so, datz der Erblasser mit dem dänischen Recht, d. h. mit dem dänischen materiellen Recht, also mit den dänischen Sachnormen verknüpft sei, und nun wird Frankenstein seine Überredungskünste genau so gut anwenden müssen, wie jeder andere Anhänger der Rück- und Weiterverweisung auch. Festzustellen bleibt nur noch, datz Frankenstein der Sache nach für unbeschränkte Beachtung der Rück- und Weiterverweisung = sekundärer Anknüpfung ist, womit er nach dem früher Gesagten viel zu weit geht. An der Auffassung, datz die Verweisung grundsätzlich Eachnormverweisung ist, ist festzuhalten. Ausnahmen sind freilich, wie ge zeigt. teils notwendig, teils zweckmäßig. Zn diesen Ausnahmefällen finden sich nicht
62 7 (Vordem.)
Einführungsgeseb- Art. 7.
wenige, wie Neubecker, Habicht und auch wir selbst, mit Frankenstein zusammen. Um so unbegreiflicher ist, wie Frankenstein glauben kann, daß der abgenutzte Einwand des Spiegelkabinetts, das argument de raquette, zwar nicht ihn selbst treffe, wohl aber den, der sich in dem üblichen Gedankenkreis von Berweisung, Rück- und Weiterverwei sung bewege (Frankenstein a. a. £).), dem für diesen ist es doch nicht minder klar wie für Frankenstein selbst — was andere freilich mcht begreifen wollen — datz die Rück- und Weiterverweisung sich auf die Sach- und nicht auf die Kollisionsnormen des andern Staates bezieht. Zwischen sekundärer Anknüpfung und der Rück- und Weiterverweisung tantum nominis sonus differt. Über Frankensteins System'vgl. noch Neumeyer IW. 1926 S. 1909 ff., Dölle Eruchot Bd. 69 S. 260, Lewald BI2PR. 1927 Spalte 65 ff., gegen diesen Franken stein daselbst Spalte 121 ff., ferner Frankenstein, Moderne Bestrebungen im 2PR., 2W. 1927 S. 2257, ferner Walther Fischer Zentralblatt f. d. jur. Praxis Bd. 45 S. 197 ff. Vorbemerkung. über die Rechtsfähigkeit juristischer Personen vgl. Art. 10. Eine Kollisionsnorm über die Rechtsfähigkeit der natürlichen Personen ist vom Gesetzgeber nicht erlassen. Die im Schrifttum mit Recht herrschende Meinung ist die, daß es auf das Heimatrecht der Person ankomme. Andere halten dagegen das Wirkungsstatut für maßgebend. Vgl. v. Savignh Bd. 8 S. 140ff.; v. Bar, Theorie Bd. IS. 379ff.; Ders., Lehrbuch S. SO; Ders., in Kohlers Enzyllopädie § 17; Zitelmann Bd. 2 S. 80ff.; Niemeyer S. 117; Habicht S. 50; Neubecker, Jahrbuch für internationalen Rechtsverkehr (JBJR.) S. 58; Walker S. 91 ff.; Franken stein S. 373 ff.; Neumeyer, Internationales Privatrecht, 2. Ausl. § 21; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, 1930, S. 38 ff. Bgl. noch die Ausführungen zu Art. 24 B I. Was insbesondere den Namen der Person angeht, so fehlt es auch hier an einer Kollisionsnorm im Gesetz. Es ist anzunehmen, daß der Name einer Person sich grundsätzlich nach ihrem Heimatrecht richtet, doch geht die von manchen vertretene Ansicht zu weit, daß dieses Recht unter allen Umständen ausschließlich zu beachten fei. Es sind vielmehr auch das Ehestatut, das Kindschaftsstatut und das Adoptionsstatut zu berücksichtigen. Näheres bei Art. 14 BII 2 k.
Art. 7*) Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört.
Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung
eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist.
Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er ge schäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig fein würde.
Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte
sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt
wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. EG. z. BGB. II, 2238; rev. 2361; III, 6.
*) Schrifttum: Kommentare von Planck,Niedner und Habicht; v. Savigny Bd. 8 S. 140ff.; v. Bar, Theorie Bd. 1 S. 379ff.; Ders., Lehrbuch S. 50ff.; Ders., in Kohlers Enzyklopädie § 17; Zitelmann Bd. 2 S. 80ff.; Niemeyer S. 117ff.; Neubecker, Jahrbuch für internationalen Rechtsverkehr (JBJR,) S. 59ff.; Walker S. 101 ff.; Frankenstein S. 398ff.; Neumeyer, Internationales Privatrecht, 2.Ausl. 1930 S. 18; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht 1930 S. 54ff.; Makarov, Quellen S. 423ff.; Magnus, Tabellen zum internationalen Recht, 2. Heft Staats angehörigkeitsrecht 1926; Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Bd. 2 und 3; Zielke, Die Stellung der Ausländer nach dem bürgerlichen Recht, Diss. Halle 1905; Rud. Frank, Die Rechts- und Geschäftsfähigkeit in der Geschichte des internationalen Privatrechts, Gieß. Diss. 1908; Hahn, Das Personalstatut und die Geschäftsfähigkeit im deutschen internationalen Privatrecht, Diss. Leipzig 1909; Neubecker, Geschäftsfähigkeit im internationalen und russischen Privatrecht, Zeitschr. f. vergl. Rechtswissenschaft Bd.20 S. 265ff.; Neubecker, Die Geschäftsfähigkeit und russisches Recht, ebenda Bd.21 ©.4ff.
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Einführungsgeseb- Art. 7.
wenige, wie Neubecker, Habicht und auch wir selbst, mit Frankenstein zusammen. Um so unbegreiflicher ist, wie Frankenstein glauben kann, daß der abgenutzte Einwand des Spiegelkabinetts, das argument de raquette, zwar nicht ihn selbst treffe, wohl aber den, der sich in dem üblichen Gedankenkreis von Berweisung, Rück- und Weiterverwei sung bewege (Frankenstein a. a. £).), dem für diesen ist es doch nicht minder klar wie für Frankenstein selbst — was andere freilich mcht begreifen wollen — datz die Rück- und Weiterverweisung sich auf die Sach- und nicht auf die Kollisionsnormen des andern Staates bezieht. Zwischen sekundärer Anknüpfung und der Rück- und Weiterverweisung tantum nominis sonus differt. Über Frankensteins System'vgl. noch Neumeyer IW. 1926 S. 1909 ff., Dölle Eruchot Bd. 69 S. 260, Lewald BI2PR. 1927 Spalte 65 ff., gegen diesen Franken stein daselbst Spalte 121 ff., ferner Frankenstein, Moderne Bestrebungen im 2PR., 2W. 1927 S. 2257, ferner Walther Fischer Zentralblatt f. d. jur. Praxis Bd. 45 S. 197 ff. Vorbemerkung. über die Rechtsfähigkeit juristischer Personen vgl. Art. 10. Eine Kollisionsnorm über die Rechtsfähigkeit der natürlichen Personen ist vom Gesetzgeber nicht erlassen. Die im Schrifttum mit Recht herrschende Meinung ist die, daß es auf das Heimatrecht der Person ankomme. Andere halten dagegen das Wirkungsstatut für maßgebend. Vgl. v. Savignh Bd. 8 S. 140ff.; v. Bar, Theorie Bd. IS. 379ff.; Ders., Lehrbuch S. SO; Ders., in Kohlers Enzyllopädie § 17; Zitelmann Bd. 2 S. 80ff.; Niemeyer S. 117; Habicht S. 50; Neubecker, Jahrbuch für internationalen Rechtsverkehr (JBJR.) S. 58; Walker S. 91 ff.; Franken stein S. 373 ff.; Neumeyer, Internationales Privatrecht, 2. Ausl. § 21; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht, 1930, S. 38 ff. Bgl. noch die Ausführungen zu Art. 24 B I. Was insbesondere den Namen der Person angeht, so fehlt es auch hier an einer Kollisionsnorm im Gesetz. Es ist anzunehmen, daß der Name einer Person sich grundsätzlich nach ihrem Heimatrecht richtet, doch geht die von manchen vertretene Ansicht zu weit, daß dieses Recht unter allen Umständen ausschließlich zu beachten fei. Es sind vielmehr auch das Ehestatut, das Kindschaftsstatut und das Adoptionsstatut zu berücksichtigen. Näheres bei Art. 14 BII 2 k.
Art. 7*) Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurteilt, dem die Person angehört.
Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung
eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist.
Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er ge schäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig fein würde.
Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte
sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt
wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. EG. z. BGB. II, 2238; rev. 2361; III, 6.
*) Schrifttum: Kommentare von Planck,Niedner und Habicht; v. Savigny Bd. 8 S. 140ff.; v. Bar, Theorie Bd. 1 S. 379ff.; Ders., Lehrbuch S. 50ff.; Ders., in Kohlers Enzyklopädie § 17; Zitelmann Bd. 2 S. 80ff.; Niemeyer S. 117ff.; Neubecker, Jahrbuch für internationalen Rechtsverkehr (JBJR,) S. 59ff.; Walker S. 101 ff.; Frankenstein S. 398ff.; Neumeyer, Internationales Privatrecht, 2.Ausl. 1930 S. 18; Lewald, Das deutsche internationale Privatrecht 1930 S. 54ff.; Makarov, Quellen S. 423ff.; Magnus, Tabellen zum internationalen Recht, 2. Heft Staats angehörigkeitsrecht 1926; Bergmann, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Bd. 2 und 3; Zielke, Die Stellung der Ausländer nach dem bürgerlichen Recht, Diss. Halle 1905; Rud. Frank, Die Rechts- und Geschäftsfähigkeit in der Geschichte des internationalen Privatrechts, Gieß. Diss. 1908; Hahn, Das Personalstatut und die Geschäftsfähigkeit im deutschen internationalen Privatrecht, Diss. Leipzig 1909; Neubecker, Geschäftsfähigkeit im internationalen und russischen Privatrecht, Zeitschr. f. vergl. Rechtswissenschaft Bd.20 S. 265ff.; Neubecker, Die Geschäftsfähigkeit und russisches Recht, ebenda Bd.21 ©.4ff.
Übersicht. II. Ein Deutscher erlangt die ausländische A. Absatz I; I. das Prinzip der Vorschrift; Staatsangehörigkeit oder ein Ausländer die Staatsangehörigkeit eines andern II. Rechtsverqleichendes; III Geschäftsfähigkeit, Qualifikation; ausländischen Staates. C. Absatz III Satz 1 (Jnlandsgeschäfte im 1. Einzelfragen, allgemeinen): 2. Grundsätzliches; IV. Rechtshandlungen; I. Allgemeines, Rechtsvergleichung; II. Voraussetzungen der Ausnahme; V. Bemerkenswerte Vorschriften der aus III. Wirkung; ländischen Rechte; IV. Analoge Anwendung; 1. Ausländische BolljährigkeitsvorV. ZPO § f>n; schriften, VI. das Haager Entmündigungsabkommen; 2. Entmündigun gsgründe, VII. Art 36 EG. = GewO. § 11 x. 3. Frauen, D. Abs. III Satz 2 (Jnlandsgeschäfte be a) Beschränkung ihrer Geschäfts sonderer Art). fähigkeit, E. Rück- und Weiterverweisung: b) Erweiterung ihrer Geschäfts I. das Domrzilprinzip, fähigkeit, II. das Prinzip der lex loci actus, c) Heirat macht mündig, III das Prinzip der lex rei sitae. 4. Hauskinder. F. Bolljädrigkeitserklärung. Emanzipation. VI. Erfordernis der Geschäftsfähigkeit; I. Grundsätzliches; VII. Die Wirkung mangelnder GeschäftsII. Volljähri keirserklärung und Eman fähizkeit; zipation von Ausländern in Deutsch VIII. Rechtsgeschäfte des gesetzlichen Ver land; treters. 1. Volljährigkeitserklärung, 2. die Emanzipation und Verwandtes; B. Abs. II (Staatswechsel): III. Bolljährigkeitserklärung Deutscher I. Ein Ausländer erwirbt die Reichsan durch einen ausländi chen Staat; gehörigkeit ; IV. Boll jährigkeitserklärung oder Eman 1. Voraussetzungen der Ausnahmevorzipation eines Ausländers in einem schrist, dritten Staat. 2. die Wirkungen der Vorschrift;
Art. 7 handelt von der Geschästssähigkeit. Abs. I stellt den Grundsatz auf, datz die Geschäftsfähigkeit einerPerson nach ihrem Leimairecht beurteilt wird. Abs. II und Abs. III machen Ausnahmen von ihm. Abs. II betrifft den Fall eines Staatswechsels, Abs. III bezieht sich auf Jnlandsgeschäfte. A. Abs. I. 1. Das Prinzip der Vorschrift.
Das dem deutschen JPR. zugrunde liegende Staatsangehörigkeitsprinzip beherrscht auch diese Kollisionsnorm. Auf die Staatsangehörigkeit der Person kommt es an; ihr Heimatrecht, die lex patriae, entscheidet. Nicht also kommt es aus die lex domicilii, noch auf die lex loci actus, noch auf das Wirkungsstatut an, d. h. diejenige Rechts ordnung, die im allgemeinen für das Rechtsverhältnis matzyebend ist. Immerhin wird dem Standpunkt, dah die lex loci actus zu beachten sei, m der Ausnahmevorschrift des Abs. III zugunsten des inländischen Verkehrs ein bedeutsames Zugeständnis gemacht. Die Rückverweisung des Heimatrechls auf das deutsche Recht ist gemäß Art. 27, die Weiterverweisung auf das Recht eines dritten Staates analog Art. 27 beachtlich. Der in der Schweig domizilierte Däne kann, wiewohl nach dänischem Recht erst mit 21 Jahren volljährig, einen Kaufvertrag schon mit 20 Jahren gültig abschlietzen, da nach Schweizer Recht die Volljährigkeit schon mit diesem Alter beginnt und das dänische Recht aus dieses als die lex domicilii verweist; näheres unten E. Über Staatenlose und Doppelstaater vgl. Art. 29A und B. Zu dem Fall, daß der Heimatstaat mehrere Rechtsordnungen hat, vgl. Art. 29 D. Die Vorschrift des Abs. 1 ist selbstverständlich zwingend und kann nicht etwa durch Parieivereinbarung außer Kraft gesetzt werden. Ob die Deutsche, die sich in der Schweiz als Privatsekretärin verpflichtet, volljährig ist, beurteilt sich stets nach deut schem Recht, auch, wenn die Parteien die Geltung des Schwerzer Rechts „in jeder Be ziehung" vereinbart haben. II. Rechtsvergleichendes. 1. Eine rechtsvergleichende Betrachtung ist schon mit Rücksicht auf Art. 27 ange
bracht. Das Staatsangehörigkeitsprinzip befolgen gleich dem deutschen Recht die meisten
Staaten; erwähnt seien Frankreich, Belgien, Italien, Rumänien, Spanien, Schweden, Holland, Österreich, Polen, Japan und der Kongo st aal. Nachweise bei Poullet S. 269 A. 1, Makarov, Quellen. Grund sätzlich tut es auch die Schweiz (NAG. Art. 28; dazu Stauffer S. 15 Anm. 1). Dem Domizilprinzip folgen, wie im allgemeinen so auch hier, Dänemark und Nor wegen, ferner England, dieses jedoch mit wesentlichen Einschränkungen zugunsten der lex loci actus. Das Domizilprinzip herrscht weiter in den meisten Staaten Süd amerikas und ist auch in der Konvention von Montevideo festgelegt; vgl. Poullet a. a. O. Bis 1900 war dieses Prinzip auch in Deutschland vorherrschend (PrÄLR., gemeines Recht). Haupioertreter der Auffassung, daß die Geschäftsfähigkeit nach der lex loci actus zu beurteilen sei, ist Nordamerika. Auch nach sowjetrussischem Recht kommt.es auf die lex loci actus an; vgl. Makarov, Auslandsrecht 6. Jahrgang, Sp. 103 ff. Endlich sei schon hier bemerkt, dah manche Staaten, sofern das Rechts geschäft ein Grundstück betrifft, das Sachstatut, d. h. die lex rei sitae, auch für die Geschäftsfähigkeit mahgebend sein lassen, so vor allem England und Nordamerika. Zu den hier gemachten Angaben vgl. noch das unter E bei Erörterung der Rück- und Weiterverweisung Bemerkte. 2. Was das Wirkungsstatut angcht, so wird die Mahgeblichkeit dieses Sta tuts grundsätzlich anscheinend von keiner einzigen Rechtsordnung, ausnahmsweise jedoch von einigen (vgl. unten E III) anerkannt. In der Theorie spricht sich Zitelmann II S. 75 zugunsten desselben aus. Rechtsfähigkeit wie Geschäftsfähigkeit sollen sich gemäh seiner Grundauffassung nach dem Wirkungsstatut richten. Die herrschende Theorie» sowohl im Inland wie im Ausland, nimmt dagegen den Standpunkt ein, daß das Personalstatut in der einen wie in der anderen Beziehung maßgebend sei. Ihn vertritt auch der neueste Schriftsteller, Frankenstein I S. 398. Zuzugeben ist Zitelmann, daß die Beurteilung ein und derselben Willenserklärung nach zwei verschiedenen Rechts ordnungen, nämlich hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit nach dem Heimatrecht der Person, hinsichtnch der sonstigen Voraussetzungen und der Wirkungen nach einem anderen Recht, z. B. bei Schuldverträgen nach dem Recht des Erfüllungsorts und bei dinglichen Ver trägen nach der lex rei sitae, zu gewissen Verwicklungen führen kann, wie sich das noch zeigen wird. Andrerseits hat das Personalstatut einen großen Vorzug. Die An wendung desselben bringt es nämlich mit sich, daß die Frage nach der Geschäftsfähig keit einer Person einheitlich entschieden und nicht von Fall zu Fall bald bejaht, bald verneint wird. Es wird also dre sog. Ubiquität des Status erreicht. „L’homme est le meme partout“; vgl. Frank, Die Rechts- und Geschäftsfähigkeit, Gieß. Diss. 1908, S. 43.
ni. Geschäftsfähigkeit. Qualifikation. 1. Einzelfragen. Die Geschäftsfähigkeit ist in dem Sinne zu verstehen, den das deutsche Recht da mit verbindet, die Qualffikation ist m. a. W. Sache des deutschen Rechts; so auch Habicht S. 53, Walker S. 102; abweichend Frankenstein Bd. 1 S. 415. Auf die Deliktsfähigkeit ist daher Art. 7 nicht zu beziehen. Sie ist von der Geschäftsfähigkeit verschieden; vgl. über sie Art. 12. Auch die Verfügungsbeschränkung ist keine Beschränkung der Geschäfts fähigkeit. Wer in der Verfügung beschränkt ist, wie nach deutschem Recht die im ge setzlichen Güterstand lebende Ehefrau, der Vorerbe, der durch einen Testamentsvoll strecker beschränkte Erbe, der Gesamthänder, der Gemeinschuldner usw., kann nicht wirk sam verfügen, obwohl er geschäftsfähig ist. Der Grund der Unwirksamkeit ist nicht mangelnde Fähigkeit, sondern mangelndes Recht. Auf die Verfügungsbeschränkung bezieht sich Art. 7 daher nicht. Ob die Fähigkeit, eine Ehe einzugehen, und die, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten, die im BGB. besonders geregelt sind (88 1303, 2229), unter der Geschäftsfähigkeit des Art. 7 zu begreifen sind, ist zweifelhaft, aber wohl mit Habicht, S. 53, zu verneinen. Zwar meint Neubecker, JBJR. S. 59, daß es im Grunde überhaupt nur Fähigkeiten zur Vornahme bestimmter (spezieller) Rechtsgeschäfte gebe und die allgemeine Geschäftsfähigkeit nur ein abstractum sei, aber ein Begriff ist nicht nur nach logischen Erwägumgm, sondern auch unter Berücksichtigung der histori schen Entwicklung zu bestimmen; vgl. über letztere Frank a. a. O. 88 8 s. Die Entwick lung hat aber bei uns einerseits zu dem allgemeinen Begriff der Handlungsfähigkeit, anderseits zu der Abscheidung der Begriffe Ehe- und Testierfähigkeit von diesem geführt. Jene Sondersähigkeiten bestimmen sich also nicht nach den in Art. 7, sondern nach den in Art. 13, 24 und 25 bezeichneten Gesetzen. Allerdings beruhen Art. 13 und 24, 25 ebenso wie Art. 7 auf dem Grundsätze der Staatsangehörigkeit, und es
ist daher die Frage, ob diese oder jene Kollisionsnorm "anwendbar ist, im allgemeinen belanglos; doch können sich in gewissen Fällen des Staatswechsels praktische Unter» schiede ergeben. Auch die Tragweite des Art. 28 wird von der Frage Beeinflußt. Dgl. Art. 24 ZNI 2 Md 6 III 1.
Was die Geschäftsfähigkeit der bei einer Adoption beteiligten oder mit wirkenden Person angeht, so ergeben sich aus Art. 22 mehrere z. Tl. bedeutsame Ab weichungen von Art. 7. Vgl. die Ausführungen zu Art. 22 A IV sowie RGZ. 125, 266 ff.
2. Grundsätzliches. Zu dem Satze, datz die Qualifikation der Geschäftsfähigkeit Sache des deutschen Rechts ist, ist noch folgendes zu bemerken, wobei auf die Einleitung E V verwiesen sei. Äst das ausländische Recht gemäß Art. 7 maßgebend und erklärt dieses das fragliche Rechtsgeschäft für unwirksam, so hat der deutsche Richter erstens zu prüfen, aus welchem Grunde das ausländische Recht das Rechtsgeschäft für unwirksam erklärt, und zweitens, ob dieser Grund nach deutscher Auffassung einen Mangel der Geschäftsfähigkeit be deutet. Wer den Grund selber entscheidet also das ausländische Recht, wobei sich der Richter hüten muß, deutsche Rechtsvorstellungen in die Betrachtung einzubeziehen, über die Qualifizierung dagegen das deutsche Recht. Was die erste Frage angeht, so wird ihre Beantwortung dadurch wesentlich erschwert, daß vielen ausländischen Rechtsord nungen unsere scharfe Unterscheidung von Rechtsfähigkeit, Geschäftsfähigkeit, recht licher. Befugnis usw. nicht geläufig ist. Wenn der Engländer von status spricht — vgl. Diten Rule 136 ff. —, so begreift er darunter die verschiedensten Dinge, die wir sorgfältig trennen, insbesondere Rechts- und Handlungsfährgkeit, und dasselbe gilt, wenn die Franzosen von capacite sprechen. Erst neuerdmgs beginnt man, sich unserer Unterscheidung zu bedienen; vgl. Poullet S. 268 Nr. 52: „Autre chose sont les lois, qui reglent la possession d’un droit, la capacite de droit, la Rechtsfähigkeit, comme dit M. v. Bar, autre chose les lois qui concernent la capacite d’exercer un droit, la ■capacite d’agir, la Handlungsfähigkeit." Neubecker, 2B2R, S. 59, ist es sogar zweifel haft, ob das englische Recht, indem es gewisse Rechtsgeschäfte der Geisteskranken (nutzt alle, wie nach deutschem Recht) für ungültig erklärt, damit bewußt den Gedanken einer geminderten allgemeinen Fähigkeit dieser Personen zum Ausdruck bringe, und nicht vielmehr- diesen Geschäften wegen Willensmangels, ähnlich wie im Falle des Irrtums, der Drohung oder Täuschung usw., die Geltung abspreche. Wie dem auch sei, irgendein Grund für die Unwirksamkeit muß vorhanden sein, und den gilt es zu finden. Damit kommen wir zur zweiten Frage: Offenbart sich in dem erkannten Grunde nach deut scher Auffassung ein Mangel der Geschäftsfähigkeit und nicht vielmehr ein Mangel rm Recht (man denke an güterrechtliche Verfügungsbeschränkungen von Ehefrauen) oder eine inhaltliche Mißbilligung des Geschäfts (man denke an Schenkungen unter Ehegatten, an Dienstverträge oder Jnterzessionen von Ehefrauen) oder das Verlangen einer gewissen Geschäftsform (man denke wieder an die Jnterzessionsgeschäfte, auch an Testamente Mmderjähttger; für die Testierfähigkeit liegt die Sache ähnlich wie bei der Geschäftsfähigkeit)? Von einem Mangel der Geschäftsfähigkeit wird man grund sätzlich nur dann reden können, wenn einer Person die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte selb ständig vorzunehmen» ganz allgemein abgesprochen, nicht aber, wenn sie an der Vor nahme dieses oder jenes Rechtsgeschäfts gehindert oder wenn ihr dieses erschwert wird. Die Vorschriften über die Geschäftsfähigkeit sind Statusvorschristen; der Status betrtfft aber die rechtliche Stellung der Person im ganzen, nicht in diesem oder jenem Ginzelfalle. Ergibt nun die Prüfung» daß die von dem Heimatrecht der Person aus gesprochene Unwirksamkeit des Geschäfts in der Tat auf einer allgemeinen Einschränkung chrer Fähigkeit beruht, so ist die ausländische Norm als eine Fähigkeitsnorm anzu sprechen, daher gemäß Art. 7 anzuwenden. Dabei ist es unerheblich, ob das aus ländische Recht seinerseits die Norm ebenso qualifiziert wie das deutsche Recht.
Das Gesagte sei noch an Beispielen erläutert: a) 3n der englischen Vorschrift, daß gewisse Rechtsgeschäfte der Geistes kranken unwirksam sind, rst eine Vorschrift über die Geschäftsfähigkeit zu erblicken, auch, wenn es richtig sein sollte, was Neubecker annimmt, daß die Engländer die Unwirksamkeit mit einem Willensmangel, vergleichbar dem Irr tum usw., erklären. Man kann nur sagen: Hätten die Engländer unsere Kate gorie, so würden sie diese in dem vorliegenden Falle anwenden. Sie würden sagen, daß die Geisteskranken nicht, vielleicht auch — darauf kommt es hier nicht an — daß sie beschränkt geschäftsfähig sind. Die Folge ist: Da der geisteskranke Engländer nach englischem Recht geschäftsunfähig im Sinne unseres Rechts ist, ist jenes gemäß Art. 7 anwendbar. Staudinger, BGB. VI 2 (Raape, Int. Privatrecht). 9. Ausl. 5
66 7 (A III 2)
Einführungsgesetz. Art. 7.
b) Eine Deutsche interzediert für ihren Ehemann, indem sie ihr in Südafrika gelegenes Grundstück dem Gläubiger verpfändet. Nach dem m Südafrika geltenden Roman-Dutch Law kann die Frau nicht interzedieren. Welcher Art ist die Vorschrift? Eine Fähigkeitsvorschrift oder eine sachliche Vorschrift, d. h. eine, die das Rechtsgeschäft mit Rücksichr aus Inhalt und Umstände mißbilligt? Ersterenfalls ist sie nicht anwendbar, denn die Geschäftsfähigkeit richtet sich nach deutschem Recht und ist daher zu bejahen, letzterenfaus ist sie möglicherweise anwendbar, denn das holländische Recht ist, wie hier angenommen fei, das Wirkungsstatut; es kommt freilich auch das Ehestatut in Betracht, und dieses ist wieder deutsches Recht. Nach deutscher Auffassung ist der Manoel der capacity, von dem man in Südafrika hier möglicherweise spricht, kern Mangel der Ge schäftsfähigkeit; die Frau kann nicht mterzedieren, weil ihr die Geschäftsfähig keit mangelt, sondern obwohl sie ihr zu eigen ist. Der Grund des Verbots ist die Gefahr der Beeinflussung durch den Ehemann. Der Fall ist dem von Fran kenstein Bd. I ., aufmerksam, der zutreffend auch noch darauf hinweist, datz die Frage dadurch allerdings an Bedeutung verliert, datz die meisten der deutschen Vorschriftm über die Gesellschaft nicht zwingend sind und so die Anpassung an die fremden erlauben.
4. Die Hauptfrage ist nach dem Gesagten die: Wann ist jene in Art. 10 still schweigend vorausgesetzte Jnlandsbeziehung vorhanden, die uns zwingt, statt der ausländischen Vorschriften über rechtsfähige Vereine die inländischen über Gesell schaften und die Schuhvorschrift des § 54 Satz 2 anzuwenden? Man findet sie vor allem darin, datz das den Fall beherrschende Recht, das sogenannte Wirkungsstatut, das deutsche Recht ist, ferner darin, datz der ausländische Verein bzw. sein Organ dm Rechtsakt im Inland oornimmt; vgl. Planck, Zitelmann, Habicht a.a.O. Vielleicht wird man hinzufügen dürfen, datz eine Jnlandsbeziehung auch dann vorliegt, wenn der Gegenstand, den der Verein erwerben will, im Inland liegt. Verallge meinerungen sind hier freilich, wie immer, gefährlich. Nur eine kasuistische Methode kann weiterführen. Im folgenden seien daher Einzelheiten zur Veranschaulichung und Anregung gebracht. Beispiel:
a) Ein rechtsfähiger Schweizer Turnverein in Basel hat gegen seinen unredlichen Kassierer in Basel ein Urteil erwirkt. Der Schuldner zieht nach Deutschland. Das Urteil ist dadurch für den Verein bis auf weiteres wertlos geworden, nämlich solange er nicht die Anerkennung seiner Rechtsfähigkeit durch den Bun desrat (Reichsrat) sei es allgemein, sei es ad hoc erhalten hat. Die Wunden, die Art. 10 dem Verein schlägt, sucht er jedoch zu heilen. Der Verein als solcher kann zwar in Deutschland nicht klagen: statt dessen können aber jetzt seine Mitglieder klagen wie wenn er eine Gesellschaft bzw. ein nicht rechts-
Steebinger, BGB. VI 2 (Raape, Int. Privatrecht). 9. Ausl.
11
fähiger Verein wäre. Die Vertretungsmacht des Vorstandes bzgl. der Klage bestimmt sich nach deutschem, nicht nach Schweizer Gesellschaftsrecht. Der ausländische Verein kann aber wohl in Deutschland verklagt wer den. 8 50 Abs. II und § 735 ZPO. sind anwendbar; vgl. Habicht S. 79. Der Verein ist also zwar nicht aktro, wohl aber passiv parteifähig. Es dient das dem Schutz der deutschen Belange. Aus der passiven Parteifähigkeit des Vereins erwächst seine Fähigkeit zur Erhebung der Widerklage und zur Kosten festsetzung; Habicht S. 81. Auch in Frankreich lätzt die Praris Klagen gegen die nicht anerkannten ausländischen juristischen Personen zu; vgl. Pillet-Niboyet S. 312 Nr. 244. b) Wenn in dem zu a genannten Beispiel der Kassierer dem Verein zur Sicherheit für seine Forderung eine Hypothek an einem deutschen Grundstück bestellt, so kann der Verein als Gläubiger nicht eingetragen werden; denn ihn eintragm hieße ihn in Deutschland als rechtsfähig behandeln. Geschieht die Eintragung dennoch, so ist sie unwirksam. — zum Vorteil der nachstehenden Hypotheken gläubiger. Natürlich kann der Verein wieder versuchen, nachträglich die An erkennung seiner Rechtsfähigkeit durch Beschluh des Reichsrats zu erreichen. Es ist sogar möglich, dah die Anerkennung nur bzgl. der Hypothek gewährt wird. Sie wirkt zurück, wenn nichts anderes bestimmt ist. c) Ebenso würde der zu a erwähnte Verein nicht als Eigentümer eines ihm von einem deutschen Mitglieds vermachten, in Berlin belegenen Grundstücks ein getragen werden können. Die Eintragung würde, selbst wenn die nach Art. 86 EG., Art. 7 pr. AGBGB. erforderliche Genehmigung zum Erwerb des Grund stücks erteilt wäre, unrichtig sein. Wohl aber können die Mitglieder zur gesamten Hand eingetragen werden. Das wäre auch dann angängig, wenn das Schweizer Recht, was nicht der Fall ist, blotz eine Gemeinschaft nach Bruchteilen kennte. Anders mützte Frankenstein entscheiden; aber gerade dieser Fall zeigt, dab seine Ansicht nicht praktisch ist. d) Ein Deutscher, der nur bewegliches Vermögen hinterlätzt, setzt den zu a er wähnten Schweizer Verein zum Erben ein. Dazu ist folgendes zu sagen. Erb» statut ist gemäb Art. 24 das deutsche Recht. Ob der Erbe rechts- und damit erbfähig ist, bestimmt sich dagegen nach seinem Personalstatut. Dieses ist das Schweizer Recht. Nun ist zwar der Verein nach Schweizer Recht (Art. 53 ZGB.) rechts- und erbfähig; aber die Rechtsfähigkeit wird gemäb Art. 10 nicht an erkannt, soweit der Nachlab in Deutschland liegt. Hingegen ist sie m. E. anzuerkennen, soweit er auberhalb Deutschlands, sei es in der Schweiz, sei es in Italien usw., liegt, wobei es gleichgültig ist. ob der Erblasser seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt Hal oder in der Schweiz. Der Schweizer Richter dagegen wird wohl (vgl. Art. 24) folgendes sagen: Erbstatut ist deutsches Recht; Erbe ist danach oer Verein. Ob er rechtsfähig ist, bestimmt sich nach einem Personalstatut, also dem Schweizer Recht. Danach ist die Erbeinsetzung n vollem Umfang gültig. Aus dem Gesagten folgt: Wenn die Hinter»liebenen hier gegen den Verein auf Feststellung klagen, dab sie die Erben ind und mcht der Verein, so ist der Klage nur zum Teil stattzugeben, nämlich izgl. des in Deutschland befindlichen, nicht auch bzgl. des außerhalb Deutsch lands befindlichen Vermögens. Auch könnte der Verein durch Widerklage eine entsprechende Feststellung erreichen. Angenommen, der Erblasser sei nicht ein Deutscher, sondern ein Schweizer gewesen, so ist m.E. das Ergebnis dasselbe. Erbstatut ist zwar jetzt gemäb Art. 25 das Schweizer Recht; aber die Rechtsfähigkeit des eingesetzten Ver eins, die sich gleichfalls nach Schweizer Recht als seinem Personalstatut be urteilt, wird in Deutschland, was das in Deutschland befindliche Vermögen angeht, nicht anerkannt. e) Der Vorstand des zu a erwähnten Vereins kauft in Bonn eine Fahne. Der Verein als solcher kann nicht in'Bonn auf Lieferung klagen. Klagen können nur die Mitglieder. Umgekehrt kann wohl der Verkäufer dort gegen den Ver ein klagen. Er kann aber auherdem gegen die Vorstandsmitglieder persönlich klagen, — beide Male natürlich einen inländischen Gerichtsstand vorausge setzt. Das Gesagte gilt auch dann, wenn die Schuld des Vereins sich nach Schweizer Recht beurteilt, sogar dann, wenn die Geltung des Schweizer Rechts für seine Verpflichtung ausdrücklich vereinbart ist; denn darin liegt noch nicht, dab auch die Geltimg des § 54 Satz 2 BGB. wegbedungen ist. Es kann aber
H. Die Vorschrift des Art. 10.
10 (H III); 11 168
sehr wohl vereinbart werden, dah auch § 54 Satz 2 zwischen den Parteien nicht gelten solle. Hat umgekehrt der Bonner Berkaufer inderSchweizmit dem Verein den Verkauf abgeschlossen, so kann er hier nur gegen den Verein klagen, nicht auch den Vorstand, mit dem er verhandelte, persönlich in Anspruch nehmen. Die Schutzvorschrift des § 54 Satz 2 gilt in diesem Falle nicht. So die allge meine Ansicht Es fehlt eben in diesem Falle an der in Art. 10 stillschweigend vorausgesetzten Jnlandsbeziehung. Angenommen, die Fahne sei brieflich gekauft worden, so ist m. E. nicht anders zu entscheiden als in dem letzten Falle, also auch hier die Anwen dung der § 54 Satz 2 ausgeschlossen. Nur, wer persönlich in Deutschlandnamens eines ausländischen Vereins, der in Deutschland nicht als rechtsfähig gilt, abschlietzt, haftet nach dieser Vorschrift, nicht auch, wer es im Ausland oder vom Ausland her tut. III. Der nach seinem Heimatrecht nicht rechtsfähige ausländische Verein. Über diesen Fall schweigt das Gesetz» Maßgebend ist daher nach allgemeinen Grundsätzen das Heimatrecht. Jedoch ist auch für diesen Fall § 54 Satz 2 anzuwen den, vorausgesetzt, dah der Abschluh im Inland geschah; vgl. Neubecker JBJR. S. 74, Frankenstein 1 S. 497. Art. 11.*)
Die Form eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für
das den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältnis maßgebend sind.
Es genügt jedoch die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem das
Rechtsgeschäft vorgenommen wird.
Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechts geschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. v. z. BGB. II, «40, 8241 Ms. 2, rett. § 2865; III, 10.
überficht.
A. Abs.I Satz 1; I. das Prinzip; II. das Verhältnis der Vorschrift zu Art. 30; 1. Grundsätzliches; 2. Anwendung mit Bezug auf §§ 311, 313, 766 usw. BGB.; 3. Anwendung mit Bezug auf § 313 insbesondere; III. Rück- und Weiterverweisung.
B. Abs. I Satz 2, locus regit actum; I. ratio legis, Rechtsvergleichendes; II. fakultative Bedeutung der Regel; HI. der Widerspruch mit dem Wirlungsstatut; 1. das Wirkungsstatut läßt die Orts form nicht gelten; 2. das Wtrkungsstatut läßt nur die Ortsform gelten;
♦) Schrifttum: Kommentare von Planck, Niedner und Habicht; v.Savigny Bd. 8 S. 348ff.; v. Bar, Theorie Bd. I S. 335ff.; ders., Lehrbuch S. 53; 5erf. in Koh lers Enzyklopädie § 15; Neumann, Internationales Privatrecht (1896) S. 68ff., 194ff.; Zitelmann Bd. II S. 143ff.; Niemeyer, Vorschläge Nr. 99ff.; ders.. Internationales Privatrecht S. 109ff.; Neubecker, Jahrbuch für internationalen Rechtsverkehr (JBJR.) S. 76 ff.; Walker, Internationales Privatrecht S. 197 ff.; Franken st ein Bd. IS. 519 ff.; Neumeyer, Internationales Privatrecht, zweite Ausl, g 19; Lewald, Das deutsche inter nationale Privatrecht, 1930 S. 63ff.; Gutzwiller, Jnternationalprivatrecht in Stamm lers Enzyklopädie S. 1585ff.; Makarov, Quellen S. 427 unter II, 2. Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts (JPRspr.) 1926/27 Nr. 25 ff., 1928 Nr. 23 ff. Mankiewicz, über die Bedeutung des Satzes locus regit actum für das gemeine Recht, Diss. Breslau 1891; Rundstein, Die Regel locus regit actum im BGB., Arch.BürgR. Bd. 20 S. 192ff.; Klein in Blätter für Rechtsanwendung Bd. 75 S. 272ff.; Men delssohn-Bartholdy, NZ.Bd.22S.366fs., der Fall Swift; Makarov, Diezwischenprivatrechtlichen Normen des Luftrechts, Zeitschrift für das gesamte Lilftrecht Bd. I (1927/28) S. 150 ff.
164 11 (AI 1-4) IV.
der Begriff der Form; 1. 2.
V. VI.
Einführungsgesetz. Art. 11.
Allgemeines; Einzelheilen;
Rechtsgeschäft;
Errichtungsort;
einseitiges nicht empfangsbe dürftiges Rechtsgeschäft; 2. einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft; 3. schriftlicher Vertrag; a) beide Willenserklärungen sind formbedürftig; b) nur eine Willenserklärung ist formbedürftig; «) nach beiden Ortsrechten; /?) nach einem Ortsrecht; 4. Vertrag mittels Fernsprechers;
1.
VII. Beobachtung der Ortsvorschriften; 1. Wann sind sie beobachtet? 2. Folgen der Beobachtung; 3. Folgen der Nichtbeobachtung; a) die Literatur; b) eigne Ansicht; «) Prinzip; ß) Ausnahme; VIII. Vorübergehender Aufenthalt am Er richtungsort; IX. Schiffe, Flugzeuge, Konsulargerichts bezirke ;
X.
Agere in fraudem legis ;
XI. Die Vorbehaltsklausel des Art. 30. C. Absatz 2. D. Ausnahmen von Art. 11, E. Auslandsform. F. Statutenwechsel.
Absatz I Satz 1 enthält den leitenden Grundsatz. Die Form des Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach dem sogenannten Wirkungsstatut, der lex causae. Satz 2 enthält einen zweiten Grundsatz: Es genügt die sogenannte Ortsform. Eine alte Parömie drückt das etwas ungenau so aus: locus regit actum (== formam actus). Absatz II schränkt den zweiten Grundsatz ein. Er gilt nicht für sachenrechtliche Geschäfte. A. Absatz I Satz li Die Form des Wirkungsftatuts. I. Das Prinzip. 1. Datz das Gesetz, das für das Rechtsgeschäft im allgemeinen matzgebend ist, es auch für die Form ist, ist folgerichtig und entspricht den allgemeinen' Prinzipien. Das Formerfordernis gehört zu den Voraussetzungen des Rechtsgeschäfts.. Die Form ist ein Stück seines Tatbestandes^ Das Erfordernis ist daher logischerweise nach derjemgen Rechtsordnung zu beurteilen, nach der auch die übrigen Erfordernisse, les formes intrinseques, wie dre romanische Literatur sie im Gegensatz zu den formes extrinseques, der Form im eigentlichen Sinne, bezeichnet, beurteilt werden. Die Form ist nicht etwas vom Rechtsgeschäft Getrenntes, ihm gegenüber Selbständiges. Sie ge hört zum Tatbestand des Rechtsgeschäfts so gut wie die Geschäftsfähigkeit, der Ge schäftswille, die Willenserklärung usw. Es ist also natürlich, datz das Gesetz, welches das Rechtsgeschäft im. ganzen beherrscht, auch über seine Form gebietet. Es verdient das deshalb Hervorgehoben zu werden, weil manche ausländischen Rechte, gebannt von dem Satze locus regit actum, diese Wahrheit aus den Augen verloren haben. 2. Der in Satz 1 ausgesprochene Grundsatz gilt allgemein, nicht etwa nur für die im E.G. geregelten Materien. Er gilt für schuldrechtliche und sachenrechtliche, für familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte». Welches Gesetz „für das den Ge genstand des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältnis" matzgebend ist, ergibt sich teils aus dem Gesetz, sei es unmittelbar, sei es mittelbar, teils aus allgemeinen Grund sätzen des JPR, Für die Eheschlietzung ergibt es sich aus Artikel 131, für den Ehe vertrag aus Art. 15, für den Adoptionsvertrag aus Artikel 22, für das Testament, den Erbvertrag, den Erbverzicht aus Artikel 241, III,, 25 usw. Das internationale Sachen- und Schuldrecht werden im E. G. nicht geregelt. In dem ersteren herrscht das Prinzip der lex rei sitae; ob also für die Verpfändung eines Pferdes eine Form nötig ist, beurteilt sich nach den Gesetzen des Staates, in dem sich das Pferd befindet. Im internationalen Schuldrecht herrscht das Prinzip der Parteiautonomie; die von den Parteien für das Rechtsgeschäft gültig gewählte Rechtsordnung ist daher auch für die Form desselben maßgebend. Die Wahlfreiheit der Parteien erstreckt sich also auch auf die Form. Über die damit verbundenen Gefahren eines agere ip. fraudem legis vgl. unten X. 3. Wie das Wirkungsstatut über das Formerfordernis bestimmt, so selbstver ständlich auch über die Folgen einer Verletzung seiner Formvorschriften. Vgl. freilich das unten bei II1 Gesagte. 4. Ist der Formvorschrift des Wirkungsstatuts genügt, so ist das Rechtsgeschäft formgültig, wie immer sich das Gesetz des Errichtungsortes dazu stellt. Beispiel: Ein Deutscher testiert in Lissabon privatschriftlich gemäß § 2231 BGB. Das Testament ist formgültig, ungeachtet dessen, daß das portugiesische Recht es für formnichtig er-
A. Absatz I Satz 1: Die Form des Wirkungsstatuts.
11 (A I 5) 165
klärt, weil es dem Satze locus regit actum zwingende Bedeutung beilegt, also die Beachtung der Ortssorm, d. h. die Einhaltung der portugiesischen Formvorsckriften verlangt, in Portugal aber nur öffentliche Testamente zugelassen find. Dgl. Artikel 24 sub B IV 3. 5. Die Erfüllung einer Formvorschrift autzerhalb des das Rechtsgeschäft be herrschenden Staates ist dann leicht, wenn es sich um eine private Form handelt. Einem Deutschen, der ein privates Testament errichten will, bereitet die Beobachtung der darauf bzgl. Borschriften des § 2231 BGB., vorausgesetzt, dah er sie kennt, in der Schweiz nicht mehr Mühe als in Deutschland. Hingegen entstehen Schwierigkeiten, wenn die Formoorschrift die Mitwirkung einer Behörde oder eines Beamten verlangt; denn die ausländische Behörde kann nur nach Mahgabe ihrer Berfahrensvorschriften, also nur nach ausländischem Recht tätig werden. Man nehme z. B. an, dah zwei Deutsche einen Erbverzichtsvertrag in Italien schliehen wollen, also einem Staat, der den Erbverzicht nicht zulätzt. Ob überhaupt eine italienische Behörde für diese Beur kundung zuständig ist und wie sie zu verfahren hat, damit die Beurkundung dem gleich komme, was im Sinne des deutschen Rechts eine öffentliche Urkunde ist, das bestimmt sich nach italienischem Recht. Die Partei kann also autzerhalb Deutschlands, d. i. des Staates, der das RechKgeschäft beherrscht, die nach deutschem Recht erforderliche Be urkundung nur nach Matzgabe der Berfahrensvorschriften des ausländischen Rechts bewirken. Sofern dieses von dem inländischen Recht abweicht, ergibt sich mithin eine Kollision. Sie kann nur so befriedigend beseitigt werden, datz zunächst einmal die Zu ständigkeit der ausländischen Urkundsbehörde im Inland anerkannt wird, wie um gekehrt die deutschen Urkundsbehörden zur Beurkundung Bereit sind, auch, wenn das zu beurkundende Rechtsgeschäft ausländischem Recht unterliegt und womöglich von einer in Deutschland unbekannten Art ist, und dah ferner die Urkunde als öffentlich, eine Unterschrift als öffentlich beglaubigt usw. angesehen wird, wenn sie es nach den Borschriften des Errichtungsstaates ist. Es schadet daher der Öffentlichkeit der Ur kunde nicht, dah eine Verlesung des Protokolls nicht stattgefunden hat, wenn eine solche nach dem Recht des Errichtungsstaates bei der öffentlichen Beurkundung nickt erforderlich ist, — mag sie auch von dem Recht des Staates, der das beurkundete Rechtsgeschäft beherrscht, verlangt werden. Und umgekehrt: Fordert der Errichtungs staat die Verlesung, so liegt mangels solcher eine öffentliche Urkunde nicht vor, mag auch das Wirkungsstatut sie nicht verlangen. Entsprechendes gilt für die Frage der Notwendigkeit von Zeugen und ihrer Eignung. Vgl. dazu Habicht S. 87, Neumeyer S. 14, Frankenstein Bd. 1 S. 535, Pillet-Niboyet S. 493 Nr. 396. Das Gesagte könnte man als Prinzip der Kongruenz bezeichnen: Die VerfahrensVorschriften des Errichtungsstaates gelten denen des Wirkungsstatuts als kongruent. Auch mit dem Satze locus regit actum liehe es sich wohl ausdrücken. So tun es in der Tat Pillet-Niboyet, die dem Satze die folgende Deutung geben: „Lorsqu’on s’adresse ä l’officier public d’un pays, il saut suivre les formes en vigueur dans ce pays“, S. 493. Aber der eigentliche Sinn des Satzes wird damit nicht getroffen. Er be zieht sich nicht auf die Verfahrens-, sondern auf die materiellen Formvorschriften des Errichtungsstaates. Die Sachnormen des letzteren sollen entscheiden, ob das Rechts geschäft einer Form und welcher es bedarf. Ein gewisser natürlicher Zusammenhang der so verstandenen Regel locus regit actum und jenes anderen Satzes besteht aller dings. Beide sind mit denselben Zweckmätzigkeitserwägungen zu rechtfertigen, und ver mutlich weist auch die historische Entwicklung eine gegenseitige Beeinflussung auf. Aber auch so bleiben noch Zweifel. So warnt z. B. Frankenstein davor, jede aus ländische Urkunde, die, ähnlich den deutschen Notariatsurkunden, von einer Person ausgenommen ist, die sich Notar nennt, als eine öffentliche Urkunde zu werten, insbe sondere bezweifelt er, dah Akte, die von einem englischen ober nordamerikanischem Notar ausgenommen werden, in Deutschland als öffentliche Urkunden anzusehen seien, S. 536 Amn. 37, vgl. dazu Kammergericht OLG. Dd. 7 S. 222. Ein anderer Zweifel hängt mit Art. 999 CG zusammen. Die französische Rechtsprechung läht das Testa ment, das ein Franzose in England, wo es keine öffentlichen Testamente gibt, in eng lischer Form, d. h. privatim vor zwei Zeugen, errichtet, als öffentliche Urkunde gelten und begegnet durch diese weitherzige Gleichstellung der Schwierigkeit, die ihr der ge nannte Artikel 999 Code Civil Bereitet, vgl. dazu unten Art. 25 BIV 2 c. Frankenstein S. 537 hat wohl recht, wenn er sagt, dah der deutsche Richter diese Gleichstellung an zuerkennen haBe, wenn es sich um einen französischen Erblasser handle; denn, ob einer von dem Heimatstaat (Frankreich) verlangten Form die im Errichtungsstaat (England) übliche kongruent ist, ist gewih der Heimatstaat zu entscheiden berufen. Handelt es sich um einen deutschen Erblasser, so fragt sich, inwieweit § 2238II BGB. der Anerkennung der englischen Ortsform im Wege stehe. Man nehme z. B. an, dah
ein 19 jähriger Deutscher in England in englischer Form, also vor zwei Zeugen, testiert. Wie mir scheint, ist das Testament als formgültig anzusehen. Zwar ist das Testament kein öffentliches im Sinne des § 2231 Ziff. 1 BGB., aber anderseits auch kein eigen händiges oder privatschriftliches im Sinne der Ziffer 2 daselbst. Gegen die englische Form erheben kick nicht mehr Bedenken als gegen die der «auherordentlichen bürger lichen Testamente" (Kipp). Läht aber das Gesetz den Minderjährigen zu einem Dorf-, Seuchen-, Seetestament (88 2249 ff.) zu, dann wohl auch zu dem englischen Zeugen testament. Weiteres zu dem ausländischen Testament eines deutschen Minderjährigen bei Art. 24BIVI.
n. Das Verhältnis des Art. 111 Satz 1 zu Art. 30. 1. Grundsätzliches. Der Vorbehalt des Artikel 30 bezieht sich auch aus die Vorschrift des Abs. I Satz 1. Anstößig kann das ausländische Recht sein, indem es eine Form verlangt, die unser sittliches Etnpfinden verletzt, man denke an halbzivilisierte Staaten, aber auch, indem es auf jegliche Form da verzichtet, wo der Ernst und die Bedeutung des Ge schäfts, z. B. einer Eheschließung, eine Form verlangen, wobei daran zu denken ist, datz in manchen Staaten Nordamerikas die Ehe formlos geschlossen werden kann (vgl. Artikel 13). Anstoß kann es ferner erregen, indem das ausländische Recht eine über mäßig schwere Form verlangt oder eine Form, die dem Grundsatz der Religionsfrei heit widerspricht, vgl. Mendelssohn Bartholdy NZ. Bd. 22 S. 333 zu dem Fall Swift. Endlich ist zu beachten, daß eine ausländische Formvorschrift auch durch das mißfallen kann, was sie über die Folgen der Nichtbeachtung einer Form vorschreibt, z. B. indem sie die formwidrig geschlossene Ehe als eine Nichtehe, als ein matrimonium non existens behandelt, also eine Nichtigkeitserklärung der äußerlich vorhandenen Ehe für unnötig erklärt. Auch in diesem Punkte gibt der Fall Swift zu denken, vgl. dazu Niemeyer ZPR. S. 136, der aber m. E. gerade in dem hier zur Erörterung stehenden Punkte nicht weit genug geht: denn gerade auch dann, wenn eine der Form nach gültige Eheschließung (gültig im Sinne des ausländischen Rechts) nicht vorliegt, kann Ver anlassung bestehen, gleichwohl die Ehe entgegen dem ausländischen Recht als eine zu nächst vorhandene solange zu behandeln, bis eine Nichtigkeitserklärung stattgefunden hat, insbesondere bis dahin keine neue Eheschließung im Inland zuzulassen. Daß die ausländische Formoorschrift in der einen oder anderen angedeuteten Be ziehung unsern Anstoß erregt» rechtfertigt allein noch nicht ihre Nichtanwendung. Nord amerikanische Eheleute» die sich vor 20 Jahren in ihrer Heimat nudo consensu gültig verheiratet haben und jetzt in Deutschland ihren Wohnsitz habm» werden mit ihrer Nichtigkeitsklage» die sich auf die Ordnungswidrigkeit der amerikanischen Form stützt» keinen Erfolg haben. Damit die Borbehaltsklausel des Artikels 30 eingreifen kaun» ist das Vorhandensein einer gewissen Jnlandsbeziehung erforderlich» vgl. Artikel 30 sub D. Sind die Voraussetzungen der Dorbehaltsklausel gegeben, so ist sie ex officio anzuwenden und nicht, wie Habicht S. 93 (allerdings bei Erörterung des Satzes 2 des Artikels 111) meint, nur dann, wenn der Geschützte sich auf sie Beruft. Gegen die Ansicht Habichts spricht die Erwägung, daß sie dem Geschützten eine Spekulation auf Kosten des Gegners gestatten würde. 2. Anwendung in bezug auf 88 311, 313, 518, 766 BGB. Steht somit fest, daß auch die ausländischen Formvorschriften nur mit dem in Art. 30 gemachten Vorbehalt anzuwenden sind, so erhebt sich nunmehr eine Frage von großer praktischer Bedeutung. Es ist die Frage, ob und inwieweit der Schutzzweck gewisser deutscher Formvorschriften (88 311, 313, 766, 518, 2348) die Nichtanwen dung des widersprechenden ausländischen Rechts verlangt, selbstverständlich wieder ilnter der Voraussetzung einer gewissen Jnlandsbeziehung des Falles. Beanspruchen m. a. W. diese Vorschriften stillschweigend eine überstaatliche Reichweite? Enthalten sie versteckt eine Kollisionsnorm? Verstößt die Anwendung des an sich maßgebenden ausländischen Rechts unter gewissen Voraussetzungen gegen ihren Zweck? Diese Frage schlechthin zu verneinen, geht vielleicht zu weit. Anderseits aber ist hier große Zu rückhaltung geboten. a) Die Partei ist Ausländer. Zurückhaltung ist vor allem geboten, wenn die verpflichtete Partei Aus länder ist, so daß die wichtigste Jnlandsbeziehung und damit das wichtigste Jnlandsmteresse, beruhend auf der Reichsangehörigkeit des Verpflichteten, fehlt, die Jnlandsbeziehung vielmehr nur auf dem inländischen Wohnsitz oder dem inländischen Aufenthaltsort des Verpflichteten oder auf dem in ländischen Errichtungsort des Geschäfts beruht. Man nehme den Fall, daß
A. Absatz I Hatz 1: Die Form des Wirkungsstatuts.
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ein in Hamburg wohnhafter Schweizer, ein Privatmann, sich telegraphisch einem in der Schweiz wohnhaften Gläubiger seines gleichfalls m der Schweiz wohnhaften Bruders verbürgt, und es sei angenommen, dah wie die Hauptso auch die Bürgschaftsschüld unter schweizerischem Recht stehe. Nach letzterem rst die Bürgschaft sormgültig. Zwar verlangt OR. Artikel 493 Schriftform für die Bürgschaft, aber nach Artikel 13 Abs. II daselbst gilt als Schrift form auch der Brief oder das Telegrammr nach deutschem Recht (§§ 766 127) verhält sich das anders, ist also die Bürgschaft formnichtig. Verlangt nun § 766 die Nichtanwendung des Schweizer Rechts, da der Bürge, wenn auch nicht durch die Staatsangehörigkeit, so doch durch den Wohnsitz mit dem Inland verbunden ist und insofern das Jnlandsinteresse berührt wird? Das ist m. E. zu verneinen. Erst recht gilt das Gesagte, wenn der Ausländer hier nur seinen Aufenthalt hat ober weUn hier lediglich das Geschäft errichtet worden ist. Man nehme noch den Fall, dah ein Däne, der sich in Hamburg Studien halber aufhält, von hier aus ein briefliches Schenkungsversprechen einem An gehörigen m Kopenhagen macht. Nach dänischem Recht, das, wie angenom men fei, das Geschäft beherrscht, ist das Versprechen gültig, sogar ein mündliches Versprechen würde gültig sein lNeubecker, Mitgift S. 104, 2B3R. S. 79). Nach deutschem Recht (8 518) ist es formnichtig. Die Anwendung des däni schen Rechts verstötzt hier gewiß nicht gegen den Zweck der deutschen Form vorschrift. Inländischer Aufenthalt des Schenkers und inländischer Schen kungsort reichen nicht hin, um den Vorbehalt des Artikels 30 in Tätigkeit zu setzen. Es geht wohl nicht zu weit, wenn man sagt: Wenn der Verpflichtete Ausländer ist, steht der Anwendung der an und für sich mahgebenden aus ländischen Formvorschrift der Zweck der deutschen nicht entgegen, abgesehen vielleicht von ganz besonders gelegenen Fällen. b) Die Partei ist Deutscher. Wie ist es nun, wenn der Verpflichtete ein Deutscher ist? Man nehme den Fall, datz ein in der Schweiz wohnhafter Deutscher sich von Hamburg aus gelegentlich einer Reise telegraphisch dem Schweizer Gläubiger seines gleich falls in der Schweiz wohnhaften Bruders verbürgt, oder, daß er von Wester land aus, wo er im Bade weilt, seiner Schwiegermutter, einer Schweizerin, brieflich ein Schenkungsversprechen macht. Schuldstatut ist, wie angenommen sei, in beiden Fällen schweizerisches Recht. Also gelten auch die Schweizer Formvorschriften. Nach diesen sind beide Geschäfte sormgültig. Was das Schenkungsversprechen angeht, so folgt das aus OR. Artikel 243, wonach Schriftlichkeit, also nicht mehr, erforderlich ist, und aus Artikel 13 Abs. II, wo nach als schriftliche Form auch der Brief gilt. Nach deutschem Recht sind beide Versprechen formungültig. Äerstötzt nun die Anwendung des ausländischen Rechts gegen den Schutzzweck der deutschen Formvorschriften? Das dürfte zu verneinen sein. Zwar ist der Versprechende ein Deutscher, aber es gcht m. E. viel zu weit, wollte man aus diesem Grunde auf der Anwendung der deutschen Formvorschriften bestehen. Daß sie andernfalls ihren Zweck ver fehlen würden, kann man nicht behaupten. Der Gesetzgeber hat bei ihnm wie b« jeder andern Sachoorschrist vorausgesetzt, daß überhaupt nach den Grundsätzen des JPR. das Versprechen deutschem Recht unterliegt. Wo das nicht der Fall ist, überläht es grundsätzlich den Schutz der Partei mittels ge eigneter Formvorschriften dem mahgebenden ausländischen Recht. Die Um» . stände, die eine deutsche Partei unter die Herrschaft des ausländischen Rechts klüglich des von ihr getätigten Rechtsgeschäfts bringen, werden in aller Regel danach angetan sein, auch die Herrschaft der ausländischen Formvorschriften erträglich zu machen. Das erörterte Beispiel zeigt das besonders deutlich. Der Umstand, daß die Partei das Versprechen in Deutschland abgegeben hat, wo sie sich zufällig aufhielt, fällt demgegenüber nicht ins Gewicht. Zweifel werden hauptsächlich dann entstehen, wenn die Geltung des aus ländischen Rechts auf bloßer Vereinbarung beruht, während die Partei ihren Wohnsitz, also den Mittelpunkt ihres Lebens und ihrer Tätigkeit, im Inland hat. Man nehme den Fall, daß ein Deutscher, wohnhaft in Hamburg, seiner mit einem Schweizer verheirateten Schwester gelegentlich ihres Besuchs hierselbst schriftlich eine größere Summe verspricht und dabei Schweizer Recht als maßgebend vereinbart wird. Ist das letztere lediglich deshalb vereinbart, um den von 8 518 BGB. gebotenen Weg zum Notar zu sparen, so würde wohl zu sagen fein, daß es an einer ernstlichen Unterwerfung unter das aus-
ändische Recht fehle, sie somit nichtig sei (§ 117), daher deutsches Recht und "olglich auch 8 518 gelte. Das Versprechen ist daher schon aus diesem Grunde ormmchtig, ohne dah es des Artikels 30 bedarf. So auch Frankenstein »egen Habicht S. 91 Nr. 7. Liegt hingegen der Unterwerfung unter das chweizerische Recht ein ernsthaftes Motiv zugrunde, so würde allerdings Anah zum Einschreiten gegen das Schweizer Recht gegeben sein. Dabei fragt ich zunächst, ob die Unterwerfung nicht schon als solche gegen die deutsche Formvorschrift verstöbt und daher nichtig ist, da die Parterautonomie nur tn den von der Rechtsordnung gesetzten Grenzen gilt und zu der Rechtsordnung auch die Formvorschriften gehören. Ob dieser Gesichtspunkt zutrifft, kann hier nicht untersucht werden. Verneint man diese Frage, nimmt man also an, datz eine gültige Unterwerfung unter das Schweizer Recht oorliege, so würde dann allerdings Artikel 30 herangezogen werden müssen. Hier liegt dann wirklich ein Fall vor, in dem man sagen kann, datz die Anwendung der aus ländischen Formvorschrift gegen den Zweck der deutschen verstöht. 3. Anwendung mit Bezug auf § 313 insbesondere. Aus der Rechtsprechung sei die den § 313 betreffende hervorgehoben. a) Ein Deutscher verkauft im Inland ein in Italien belegenes Grund stück formlos. Das Rechtsgeschäft unterliegt, wie man annehmen kann, italienischem Recht, und zwar auch der Schuldvertrag. Rach italienischem Recht ist das Rechtsgeschäft formlos gültig (Frankenstein S. 153), nach deutschem Recht ist es, wofern § 313 nicht bloh deutsche Grundstücke meint (RG. Bd. 63 S. 19 läht es dahingestellt), formnichtig. Die Anwendung der ausländischen Formvorschrift oerstöbt nach Lage des Falles nicht gegen den Zweck des § 313. So im Ergebnis auch RG. 3. März 1916 Bd. 63 S. 19 --- 3$B. 1906 S. 219. Das Urteil befriedigt allerdings insofern nicht, als es alles auf die Frage abstellt, ob „die Anwendung des ausländischen Rechts direkt die Grund lage des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde." Gegen diese massive Fragestellung vgl. die Ausführungen zu Artikel 30. b) Zu dem umgekehrten Falle, datz ein deutsches Grundstück im Ausland formlos verkauft wird, vgl. unten B XI.
III. Art. 1111 und die Rück« bzw. Weiterverweisung. 1. Das Prinzip. Wie ist es, wenn das für das Rechtsgeschäft matzgebende Recht seinerseits das Recht eines andern Staates, sei es des unsrigen, sei es eines dritten, für mabaebend erklärt? Wie verhält es sich mit andern Worten in Ansehung der Form des RechtsSeschäfts mit der Rück- oder Weiterverweisung? Eine einheitliche Antwort lätzt sich ier nicht geben. Es wäre zu viel gesagt, wollte man behaupten, dab die „Gesetze" von denen Satz 1 spricht, sofern sie ausländische sind, auch die Kollisionsnormen des ausländischen Staates in sich begreifen, die Verweisung auf diese Gesetze also eine Gesamt- und nicht blob Sachnormverweisung ist. Artikel 11 lätzt die Frage offen, welche Gesetze für ein Rechtsgeschäft matzgebend sind und folglich über seine Form bedürftigkeit entscheiden: er lätzt folglich auch die Frage offen, ob die von dem matz?ebenden Gesetz ausgesprochene Rück- oder Weiterverweisung für den deutschen Richter eachtlich ist. Diese Frage ist vielmehr nach den jeweils einschlagenden Kollisionsnormen und Grundsätzen zu entscheiden. 2. Anwendung. Diese ergibt folgendes. Unterliegt das den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältnis kraft Rückverweisung dem deutschen Recht, sei es kraft, sei es analog Art. 27, so ist das deutsche Recht auch für die Form des Rechtsgeschäfts matzgebend, die Rückverweisung gilt also auch bzgl. der Form. Diese Auffassung ist natürlich und entspricht dem Grundge danken des Satzes 1, datz diejenige Rechtsordnung, die das Rechtsgeschäft im allge meinen beherrscht, auch über seine Form bestimmen soll. Beispiel: Ein Däne hat seinen letzten Wohnsitz in Hamburg. Er wird, da Dänemark dem Domizilprinzip folgt, gemätz Artikel 27 nach deutschem Recht beerbt. Folglich beurteilt sich auch die Form oes von ihm errichteten Testaments nach deutschem Recht. Entsprechendes gilt im Falle der Weiterverweisung. Hat der dänische Erblasser seinen letzten Wohnsitz in Bern gehabt, so beurteilt sich die Form des von ihm er richteten Testaments nach Schweizer Recht (vorbehaltlich des Satzes 2). Handelt es sich dagegen z. B. um einen schuldrechtlichen Vertrag, so ist die von dem ausländischen Recht ausgesprochene Rück- oder Weiterverweisung nicht beachtlich.
Beispiel: Eine deutsche Firma kauft von einer holländischen Firma. Nach der deutschen Praris ist mangels einer anderen Vereinbarung für jede Partei das Recht ihres Er füllungsortes mahgebend, für die holländische Firma daher holländisches Recht. Daß der holländische Richter dem Rechtsgeschäft das Recht des Abschlutzortes zugrunde legt, also, wenn das Geschäft in Düsseldorf abgeschlossen wurde, deutsches Recht, ist für den deutschen Richter unbeachtlich. Rückverweisung ist also hier nicht zugelassen. Ä. A. Melchior. 53B. 1925 S. 51. Für die Form folgt daraus, dah holländisches Recht zu berücksichtigen ist. Möglich ist. dah der ausländische Staat bzgl. des Rechtsverhältnisses eine teil weise Rück- bzw. Weiterverweisung ausspricht. Das ist folgerichtig auch für die Form des auf das Rechtsverhältnis bzgl. Rechtsgeschäfts von Bedeutung. Beispiel: Ein Nordamerikaner hat sein letztes domicile in Berlin. Zum Nachlab gehört ein Grund stück in Amerika. Er wird im allgemeinen nach deutschem Recht als der lex domicilii, (Artikel 27), bzgl. des Grundstücks nach amerikanischem Recht als der lex rei sitae be erbt. Die Folge ist, datz di« Formgültigkeit des Testaments im allgemeinen nach deutschem Recht, bzgl. des Grundstücks nach amerikanischem Recht beurteilt wird. — vorbehaltlich des Satzes 2 (locus regit actum). Es ist möglich, dah der ausländische Staat, dessen Rück- oder Weiterverweisung kraft oder analog Artikel 27 beachtlich ist. besondere Verweisungsnormen bzgl. der Form des Rechtsgeschäfts aufgestellt hat. Hauptsächlich kommt hier das Testament in Betracht. Es fragt sich, ob auch diese spezielle Rück- oder Weiterverweisung für den deutschen Richter beachtlich ist. Ein Bedenken könnte der Umstand ergeben, dah auf diese Weise möglicherweise die Formvorschrift eines Rechtes anzuwenden ist. welches für das Rechtsverhältnis im allgemeinen nicht mahgebend ist; gleichwohl ist die Frage zu bejahen. Beispiel: Ein Angehöriger des Staates Neuyork, domiziliert in Berlin, testiert in Paris in der Form seines Heimatstaates. Erbstatut ist kraft Rückverweisung deutsches Recht, als die lex domicilii. Deutsches Recht ist also auch für die Form des Testaments mahgebend. Nach dem Recht von Neuyork (vgl. Art. 25 BIV1 c) ist aber auch die Heimatform für das Testament zulässig. Sollen wir das gelten lassen, so dah deutsches Recht im allgemeinen» amerikanisches Recht im besonderen, nämlich bzgl. der Form, anzuwenden ist? Die Frage ist gewih zu bejahen. Das erwähnte Bedenken ist nicht begründet. Die Verantwortung für die Zwiespältigkeit muh und kann dem Heimatstaat überlassen werden. Der deutsche Grundsatz der Einheit von Geschäftsund Formstatut kann um so weniger dagegen angeführt werden, als das Gesetz ihn selbst, wie die meisten Rechtsordnungen, in Satz 2 durchbrochen hat. Der Fall einer speziell die Form betreffenden Rück- und Weiterverweisung ist auch dann gegeben, wenn der zuständige Staat dem Satz locus regit actum zwingende, nicht, wie die meisten Staaten, so auch der unsrige, vloh nachgiebige Bedeutung eilegt. Vgl. dazu unten B III. B. Absatz I Satz 2; locus regit actum. I. Ratio legis. Rechtsvetgleichendes. Die Vorschrift gibt den alten Satz „locus regit actum“ wieder, wobei unter actus die Form des Rechtsaktes, nicht der Akt selbst zu verstehen ist, vgl. Frankenstein Bd. 1 S. 521 Anm. 6 und Zitierte. Der Satz ist uralt. Er geht auf die Postglossatoren zurück. Ein Hauptverdienst um seine Durchsetzung hat Bartolus, vgl. v. Bar Bd. 1 S. 341 und Pillet-Niboyet S. 482, dort weitere Literatur. Der Zweck der Vorschrift ist Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs. Das Prinzip, dah die Form sich nach dem Gesetz zu richten habe, das das Rechtsgeschäft im allgemeinen beherrscht, ist praftisch oft schwer durchführbar. Oft ist es zweifelhaft, welches denn dieses mahaebende Gesetz, das sogenannte Wirkungsstatut sei. Man nehme den viel erörterten Fall, dah zwei Russen, im Begriff, aus Sowjeftuhland zu fliehen, einen Darlehensvertrag schliehen (RG. Bd. 108 S. 241). Oft sind die Gesetze mehrerer Staaten mahgebend. z. B. wenn zwei Personen, die eine Ehe oder einen gegenseitigen Erbvertrag schrieben wollen, verschiedenen Staaten angehören, oder wenn die Erfül lungsorte bei einem Kaufvertrag in verschiedenen Staaten liegen. Oft ist es der Partei schwer, sich im Ausland, wo sie das Rechtsgeschäft vomehmen will, über das heimische Recht zu belehren, oft ist die Beobachtung der heimischen Formvorschriften im Aus land sehr schwer oder überhaupt nicht möglich, z. B. wenn der Heimatstaat kirchliche Eheschliehung vorschreibt, der Aufenthaltsstaal aber nur weltliche zuläht und umge kehrt. Es entspricht also der Satz „locus regit actum“ einem dringenden praktischen Bedürfnis, und es erklärt sich so, dah er in den Rechtsordnungen der meisten Staaten anerkannt wird.
3n den europäischen Kontinentalstaaten gilt er wohl überall, z. B. in Österreich, Frankreich, Belgien, Italien, Holland, Spanien, Schweiz usw., auch in Ruhland, vgl. Makarov, Auslandsrecht 6. Jahrgang Spalte 114, 120. Ferner gilt er in den iberoamerikanischen Staaten, vgl. Neumann S. 194, 272. Auch Japan kennt ihn, vgl. Makarov, Quellen S. 84. Doch irrt das RG., IW. 1913 S.333---NZ.24 S.302, wenn es meint, daß der Sah „wohl in allen Rechtsgebieten übereinstimmend" gelte. Dem englischen und dem anglo-amerikanischen Recht ist er an sich fremd, vgl. Kahn, JheringsJ. Bd. 30 S. 9, 19, 17, und Lorenzen, NZ. Bd. 30 S. 334, eroberte freilich auch dort Boden, wie in England die lex Lord Kingsdown, in Nordamerika das Statut von Neuyork vom 3. Mai 1919 erkennen lassen, vgl. zu beiden Artikel 25. Auch irrt, wer glaubt, dah Geltungskrast und Sinn des Satzes überall gleich seien, wie sich noch zeigen wird. Immerhin ist es richtig, was Kahn a. a. O. S. 47 sagt, dah unser Satz die „vielleicht weitverbreitetste Regel über internationales Privatrechi ist. Manche erkennen darum sogar der Regel die Bedeutung internationalen Ge wohnheitsrechtes zu, eine Auffassung, die leicht mihverständlich ist, vgl. die Einleitung sub M. Weil der Satz sozusagen ein wissenschaftliches Eredo war, haben die Berfasser des Code Civil es überhaupt nicht für nötig gehalten, ihn ausdrüalich im Gesetz niederzulegen; aber den Artikeln 47, 170 und 999 (vgl. unten Artikel 25 B IV 2 c t) liegt er sichtbar zugrunde. Ausdrücklich hat sich hingegen soeben Polen zu ihm bekannt. Dgl. die beiden polnischen Gesetze vom 2. Äug. 1926 betr. das internationale und das interlokale Prioatrecht Ärt. 5 und Art. 7, Makarov, Quellen S. 149 und S. 158. Art. 5 lautet: „Für die Form eines Rechtsgeschäfts gilt dasjenige Recht, welches für das Rechtsgeschäft selbst mahgebend ist: es genügt jedoch die Anwendung des am Ort« der Errichtung des Rechtsgeschäfts geltenden Rechts, wenn dieser Ort nicht zweifel haft ist." II. Die fakultativ« Bedeutung der Regel. Satz 2 besagt, dah die Beobachtung der Formvorschriften des Errichtungsortes genügt. Sie ist also nicht zwingend vorgeschrieben, mit einer allerdings sehr wichtigen Ausnahme (Art. 13 III, vgl. C II daselbst), und man kann daher in gewissem Sinne sagen, dah der Satz „locus regit actum" nach deutschem Recht dispositiv ist. Der Partei ist die Wahl zwischen der Heimatform, d. i. der vom Wirkungsstatut vorge schriebenen Form, und der Ortsform, d. i. der von der lex loci actus vorgeschriebenen, gelassen. Es kommen daher zwei Rechtsordnungen für die Form des Rechtsgeschäfts in Betracht. Ist einer von ihnen Genüge getan, so tft die Formgültigkeit des Rechts geschäfts gesichert. Beispiel: Gibt ein in der Schweiz wohnhafter Deutscher in der Schweiz ein privat schriftliches Schenkungsversprechen ab, so ist es formgültig: denn die Ortsform ist ge währt. Artikel 2431 OR. verlangt keine notarielle Beurkundung, abweichend von § 518 BGB. Gleichgültig ist, ob das Geschäft materiell dem deutschen Recht unter steht (über Zweifel infolge von Artikel 30 Dpi. unten XI). Gibt umgekehrt ein in Deutschland wohnhafter Schweizer hier ein schriftliches Schenkunasversprechen ab, so ist die Ortssorm (§ 518) nicht gewahrt, möglicherweise aber die Heimatform, dann näm lich, wenn das Rechtsgeschäft dem Schweizer Recht untersteht, z. B. in der Schweiz zu erfüllen ist. Bon der letzteren Frage hängt also in diesem Falle die Formgültigken des Rechtsgeschäfts ab. Bemerkt sei, dah der Schweizer Richter ebenso entscherden wird wie der deutsche, weil auch das Schweizer Recht den Satz „locus regit actum“ hat, und zwar gleichfalls in fakultativem Sinne. Auch er wird m dem ersten Falle die Formgültigkeit unbedingt annehmen, weil die Ortsform gewahrt ist, und in dem zweiten Falle sie für den Fall annehmen, dah das Rechtsgeschäft materiell dem Schweizer Recht untersteht. m. Der Widerspruch mit dem Wirkungsstatut. Der Satz „locus regit actum“ birgt die Gefahr eines Konflikts in sich, er zer stört nämlich die Einheitlichkeit der Beurteilung des Rechtsgeschäfts. Dieses wird nicht nur nach der einen Rechtsordnung beurteilt, der es an und für sich untersteht, z. B. wenn es sich um ein Testament handelt, nach dem Erbstatut (Artikel 24, 25), sondern auch noch nach einer zweiten Rechtsordnung, die etwas von einem deus ex machina an sich hat. Es verhält sich also mit dem Satz ..locus regit actum“ ähnlich wie mit Artikel 7. Auch er schafft einen gewissen Zwiespalt, indem die Geschäftsfähig keit der Partei nicht nach dem Wirkungsstatut, sondern nach ihrem Personalstatut zu prüfen ist. So ist es möglich, dah ein Rechtsgeschäft sogar nach 3 verschiedenen Rechtsordnungen beurteilt wird. Wenn z. B. ein in der Schweiz wohnhafter Deutscher sich einem Schweizer daselbst für dessen Schweizer Schuldner verbürgt, und zwar tele graphisch von Paris aus, wo er geschäftlich wellt, so kommen für die Beurteilung des Rechtsgeschäfts sowohl Schweizer Recht, dieses in der Hauptsache, als auch deutsches
Recht, dieses hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit des Bürgm, als auch französisches Recht, dieses hinsichtlich der Form (neben dem Schweizer Recht), in Betracht. Wirkungs statut, — Fähigkeitsstatut, — Formstatut! Kahn a. a. O. JheringsJ. Bd. 30 S. 25 spricht hier von dem Prinzip der Spezialisierung. Möglich ist, datz das Rechtsgeschäft mehrere Wirkungsstatute hat, z. B., wenn eine deutsche Firma mit einer schwedischen einen Kaufvertrag abschlieht, dann ist die Verwicklung noch gröber. Es ist aber sogleich hinzuzufügen, dah der Satz „locus regit actum“, wiewohl an sich geeignet, Konflikte mit der das Rechtsgeschäft im ganzen beherrschenden Rechts ordnung heraufzubeschwören, doch tatsächlich in der Mehrzahl der Fälle dies nicht tut. Es beruht das auf seiner unvergleichlich groben Geltung. Das unter II a.E. gebrachte Beispiel zeigte das bereits klar: der Schweizer Richter beurteilt die Formgültigkeit des Bürgschaftsversprechens nicht anders als der deutsche. Immerhin sind Konflikte denkbar. Es kommen hier vornehmlich zwei Fälle in Betracht: Zunächst der Fall, dab das Wirkungsstatut den Satz „locus regit actum“ nicht anerkennt, sei es überhaupt nicht, sei es für den betreffenden Fall. Sodann der Fall, dab umgekehrt das Wirkungsstatut dem Satz „locus regit actum“ eine weitergehende Bedeutung verleiht als es das deutsche Recht tut, nämlich eine zwingende.
1.
Das Wirkungsstatut läbt die Ortsform nicht gelten. Es fragt sich, ob es auch in diesem Fall noch bei der Geltung des Satzes 2 ver bleiben, d. h. die Beobachtung der Ortsform genügen soll. a) Der Stand der Literatur und Rechtsprechung. Die Frage ist in der inländischen wie in der ausländischen Literatur und Rechtsprechung heftig umstritten. Ein klassisches Beispiel liefert der öfter er wähnte Art. 992 des holländischen Gesetzbuchs (vgl. unten bei Art. 25 BIV 2 c). Ein Holländer testiert in Deutschland in privater Form gemätz § 2231 BGB. Artikel 992 verbietet dem Holländer, im Auslande in anderer als der öffent lichen Form zu testieren. Der holländische Richter erklärt also das Testament für nichtig, so Rechtbank Amsterdam 19. Juni 1924, Clunet 1925 S. 1123. Wie hat der deutsche Richter zu entscheiden? Die herrschende Meinung in Deutschland erklärt das Testament für gültig, vor allem Kahn, JheringsJ. Bd. 30 S. 48 ff., Planck A. 4. Kipp, Erbrecht § 145 A. 2. So hat auch Ham burg, 2. Mai 1917 OLG. Bd. 35 S. 295, entschieden. Auch Habicht