Internationales F&E-Management: Potentiale und Gestaltungskonzepte transnationaler F&E-Projekte [Reprint 2018 ed.] 9783486792621, 9783486240900

Bisherige Publikationen zum Technologie und F&E-Management vernachlässigen oft die internationale Dimension der Wiss

194 68 24MB

German Pages 269 [272] Year 1997

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Rahmen transnationaler F&E-Projekte
3. Potentiale transnationaler F&E-Projekte
4. Fallstudien transnationaler F&E-Projekte
5. Organisation transnationaler F&E-Projekte
6. Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte
7. Fazit
Literaturverzeichnis
Unternehmensverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Internationales F&E-Management: Potentiale und Gestaltungskonzepte transnationaler F&E-Projekte [Reprint 2018 ed.]
 9783486792621, 9783486240900

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Internationales F&E-Management Potentiale und Gestaltungskonzepte transnationaler F&E-Projekte

Von

Dr. oec. Oliver Gassmann Institut für Technologiemanagement der Universität St. Gallen

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CEP-Einheitsaufnahme Gassmann, Oliver: Internationales F-&-E-Management : Potentiale und Gestaltungskonzepte transnationaler F-&-E-Projekte / Oliver Gassmann. - München ; Wien : Oldenbourg, 1997 ISBN 3-486-24090-0

© 1997 R. Oldenbourg Verlag Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Huber KG, Dießen ISBN 3-486-24090-0

Vorwort Nach der frühen Internationalisierung von Marketing- und Produktionsaktivitäten gewinnt in den letzten Jahren die Internationalisierung von F&E-Prozessen in industriellen Grossunternehmen an Bedeutung. Länderübergreifende Wissensgenerierung birgt für Unternehmen, die Technologieführerschaft anstreben, viele Chancen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Gleichzeitig steigen jedoch auch die Herausforderungen für das Management solcher Prozesse und der Bedarf nach Lösungsansätzen. Zielgruppe des Werkes sind zugleich Innovationsforscher, Studenten des F&E-Managements und Praktiker. Mit den hier entwickelten Modelle zur Gestaltung transnationaler F&EProjekte sollen neue Impulse für die Innovationsforschung geliefert werden. Gleichzeitig können F&E-Manager und Studenten, die sich mit der F&E-Internationalisierung befassen, anhand konkreter Beispiele von „Best-Practice"-Unternehmen lernen. Bisherige Publikationen zum Technologie- und F&E-Management vernachlässigen meist die internationale Dimension der Wissensgenerierung. Auf dem jungen Forschungsgebiet des Internationalen F&E-Managements bestehen umfassende Defizite in Wissenschaft und Lehre, die es zu überwinden gilt. Ziel dieses Werkes ist es, einen Gestaltungsrahmen zu entwickeln und darin theoretisch fundierte Handlungsempfehlungen an das Management länderübergreifender F&E-Prozesse zu geben. Die Arbeit zeigt Potentiale und Gestaltungskonzepte zur Organisation und Führung transnationaler F&E-Projekte auf, wobei der Schwerpunkt bewusst auf d e m operativ-taktischen F&E-Management liegt. Das hier vorliegende Werk basiert auf meiner Dissertation an der Universität St. Gallen, die jedoch zu Lehrzwecken gekürzt und überarbeitet wurde. Herrn Prof. Dr. Roman Boutellier danke

ich

für

die

wertvollen

Impulse

während

meiner

Tätigkeit

am

Institut

für

Technologiemanagement. Dank gebührt auch den Herren Prof. Dr. Hellmut Schütte vom Euro-Asia Centre der INSEAD, Prof. Dr. Alexander Gerybadze von der

Universität

Hohenheim sowie den zahlreichen Gesprächspartnern aus der Industrie. Für die kritische Durchsicht des Manuskriptes sei folgenden Damen und Herren gedankt: Lic oec. Karin Brunner, lic. oec. Esther Kiss, Dipl.-Ing. Stefan Hallbauer, Dipl. oec.Ulrich Kleiber, cand. med. Doris Rieckborn und Dipl.-Ing. ETH et lic. oec. Maximilian von Zedtwitz. Verbleibende Fehler gehen wie üblich voll zu Lasten des Verfassers.

St. Gallen, April 1997

Oliver Gassmann

Inhaltsübersicht

1

2

3

4

5

6

7

Einleitung

17

1.1

F&E-Internationalisierung - ein vernachlässigter Wettbewerbsfaktor

17

1.2

Konzeption und Aufbau der Arbeit

21

1.3

Charakteristika transnationaler F&E-Projekte

25

R a h m e n transnationaler F&E-Projekte

35

2.1

Stand der F&E-Internationalisierung

35

2.2

Gestaltungskonzepte der internationalen F&E

49

2.3

Zusammenfassung

63

Potentiale transnationaler F&E-Projekte

64

3.1

Externe Potentiale transnationaler F&E-Projekte

64

3.2

Interne Potentiale transnationaler F&E-Projekte

84

3.3

Zusammenfassung

98

Fallstudien transnationaler F&E-Projekte

101

4.1

Entwicklung eines VSE-Systems

101

4.2

Entwicklung von Pumpen-Systemen

116

4.3

Entwicklung einer Gasturbine

125

4.4

Zusammenfassender Fallstudienvergleich

133

Organisation transnationaler F&E-Projekte

138

5.1

Determinanten der organisatorischen Gestaltung

138

5.2

Organisationsformen transnationaler F&E-Teams

164

5.3

Zusammenfassung

174

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

176

6.1

Gestaltungsfeld Prozess

176

6.2

Gestaltungsfeld Technologie

193

6.3

Gestaltungsfeld Mensch

208

6.4

Zusammenfassung

220

Fazit

223

7.1

Thesen und Gestaltungsempfehlungen

223

7.2

Ausblick und offene Fragen

232

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

11

Abbildungsverzeichnis

13

1

17

2

Einleitung 1.1

F&E-Internationalisierung - ein vernachlässigter Wettbewerbsfaktor

17

1.2

Konzeption und Aufbau der Arbeit

21

1.3

Charakteristika transnationaler F&E-Projekte

25

Rahmen transnationaler F&E-Projekte

36

2.1

Stand der F&E-Internationalisierung

36

2.1.1

F&E-Internationalisierung aus makroökomischer Sicht

36

2.1.2

F&E-Internationalisierung auf Unternehmensebene

39

2.2

2.3

3

49

2.2.1

Traditionelle Gestaltungskonzepte der internationalen F&E

50

2.2.2

Konzept des integrierten F&E-Netzwerks

57

2.2.3

Dynamik der Gestaltungskonzepte

61

Zusammenfassung

63

Potentiale transnationaler F&E-Projekte

64

3.1

64

3.2

3.3

4

Gestaltungskonzepte der internationalen F&E

Externe Potentiale transnationaler F&E-Projekte 3.1.1

Markt-Interaktionspotentiale

64

3.1.2

Ressourcenpotentiale

72

3.1.3

Politisch-gesellschaftliche Potentiale

78

Interne Potentiale transnationaler F&E-Projekte

84

3.2.1

Effizienzpotentiale

84

3.2.2

Synergiepotentiale

88

3.2.3

Lempotentiale

93

Zusammenfassung

98

Fallstudien transnationaler F&E-Projekte

101

4.1

Entwicklung eines VSE-Systems

101

4.1.1

Profil des Bereichs

101

4.1.2

Standortstruktur

103

4.1.3

Projektorganisation

105

4.1.4

Management des Entwicklungsprozesses

110

Inhaltsverzeichnis

4.2

4.3

4.4

5

Entwicklung von Pumpen-Systemen

116

4.2.1

Profil des Bereichs Einspritzpumpen

116

4.2.2

Standortstruktur

119

4.2.3

Projektorganisation

121

4.2.4

Management des Entwicklungsprozesses

123

Entwicklung einer Gasturbine

125

4.3.1

Profil des Gasturbinenbereichs

125

4.3.2

Standortstruktur

127

4.3.3

Projektorganisation

129

4.3.4

Management des Entwicklungsprozesses

130

Zusammenfassender Fallstudienvergleich

133

Organisation transnationaler F&E-Projekte

138

5.1

Determinanten der organisatorischen Gestaltung

138

5.1.1

Inkrementale und radikale Innovationen

138

5.1.2

Autonome und systemische Projektaufgaben

141

5.1.3

Explizites und implizites Wissen

150

5.1.4

Redundante und komplementäre Ressourcen

157

5.1.5

Synthese der Determinanten

5.2

5.3

6

9

160

Organisationsformen transnationaler F&E-Teams

164

5.2.1

Dezentrale Selbstabstimmung

164

5.2.2

Systembeauftragter als Koordinator

166

5.2.3

Kernteam als Systemarchitekt

168

5.2.4

Zentralisiertes Ventureteam

172

Zusammenfassung

174

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

176

6.1

Gestaltungsfeld Prozess

176

6.1.1

Zweiphasenmodell transnationaler F&E-Projekte

176

6.1.2

Intralokale Wolkenphase

180

6.1.3

Interlokale Bausteinphase

186

6.1.4

Koordination der Projektaktivitäten

190

6.2

Gestaltungsfeld Technologie

193

6.2.1

Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnologien

194

6.2.2

Anforderungen an IT

196

6.2.3

Ausgewählte IT-Instrumente

197

6.2.4

Dynamik der IT-Anforderungen

206

10

Inhaltsverzeichnis

6.3

6.4 7

Gestaltungsfeld Mensch

208

6.3.1

208

Wissenstransfer über Personaltransfer

6.3.2

Projektorientiertes Human-Ressourcen-Management

212

6.3.3

Management kultureller Diversität

215

Zusammenfassung

Fazit

220 223

7.1

Thesen und Gestaltungsempfehlungen

223

7.2

Ausblick und offene Fragen

232

Literaturverzeichnis

236

Unternehmensverzeichnis

265

Stichwortverzeichnis

266

Abkürzungsverzeichnis ABB

Asea Brown Boveri

ASQ

Administrative Science Quarterly

CAD

Computer Aided Design

CAE

Computer Aided Engineering

CAQ

Computer Aided Quality Assurance

CAM

Computer Aided Engineering

CERN

Centre European de la Recherche Nucleaire

CIM

Computer Aided Manufacturing

CPM

Critical Path Method

DBW

Die Betriebswirtschaft

DIN

Deutsche Industrie Norm

DIW

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

F&E

Forschung und Entwicklung

Fast

Forschungsgemeinschaft für Aussenwirtschaft, Struktur- und Technologiepolitik e. V.

FDA

Federal Drug Administration

GERT

Graphical Evaluation and Review Technique

GPM

Gesellschaft für Projektmanagement

HBM

Harvard Business Manager

HBR

Harvard Business Review

IBM

International Business Machines Corporation

IEEE

Institute of Electrical and Electronics Engineers

ISDN

Integrated Services Digital Network

ISI

Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung

ISO

International Standards Organization

IT

Informations- und Kommunikationstechnologie

JIBS

Journal of International Business Studies

KMU

Klein- und Mittelunternehmen

LAN

Local Area Network

MNU

Multinationales Unternehmen

MS

Management Science

MVS

Multiple Virtual Storage

NIW

Niedersächsisches Institut für Wirtschaftsforschung

12

Abkürzungsverzeichnis

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development

PERT

Program Evaluation and Review Technique

R&D

Research and Development

RISC

Reduced Instruction Set Computer

RKW

Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft

SMR

Sloan Management Review

TCP/IP

Transmission Control Protokol/Internet Protokol

VDI

Verein Deutscher Ingenieure e. V.

VSE/ESA

Virtual Storage Extended/Enterprise System Architecture

WWW

World Wide Web

WAN

Wide Area Network

ZEW

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung

ZfB

Zeitschrift für Betriebswirtschaft

zfbf

Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung

zfo

Zeitschrift für Führung + Organisation

Abbildungsverzeichnis Abb. 1:

Der Forschungsprozess dieser Arbeit als iterativer Lernprozess zwischen Theorie und Empirie

18

Abb. 2:

Aufbau der Arbeit

20

Abb. 3:

Merkmale von F&E-Projekten

24

Abb. 4:

Typen internationaler Innovationsprozesse

30

Abb. 5:

F&E-Internationalisierung nach Branchen

32

Abb. 6:

Bedeutung der 50 Unternehmen mit den höchsten F&E-Aufwendungen innerhalb der Triade

33

Abb. 7:

Unternehmensgrösse und F&E-Internationalisierung in der Schweiz

34

Abb. 8:

Kennzahlen der untersuchten Unternehmen

36

Abb. 9:

F&E-Intensität und F&E-Auslandsanteil in den untersuchten Unternehmen

37

Abb. 10:

International regionale Innovatoren versus globale Innovatoren

38

Abb. 11:

Internationale F&E-Standorte der untersuchten Unternehmen

Abb. 12:

Evolution der F&E-Standorttypen

43

Abb. 13:

Gestaltungskonzepte der internationalen F&E

45

Abb. 14:

Ethnozentrisch zentralisierte F&E

47

Abb. 15:

Geozentrisch zentralisierte F&E

48

Abb. 16:

Polyzentrisch dezentralisierte F&E

50

Abb. 17:

Hubmodell der F & E

52

Abb. 18:

Integriertes F&E-Netzwerkmodell

56

Abb. 19:

Dynamik in der Gestaltungskonzepte der internationalen F&E

57

Abb. 20:

Simultaneous Launching in Lead-Märkten als Element zeitbasierter Wett-

39 ff.

bewerbsstrategien

65

Abb. 21:

Markt-Interaktionspotentiale transnationaler F&E-Projekte

68

Abb. 22:

Patentanmeldungen in ausgewählten OECD-Ländern

69

Abb. 23:

F&E-Personal in ausgewählten OECD-Ländern

71

Abb. 24:

F&E-Produktivität in Europa anhand von Patentanmeldungen

72

Abb. 25:

Ressourcenpotentiale transnationaler F&E-Projekte

74

Abb. 26:

Technologieakzeptanz und Innovationsklima

79

Abb. 27:

Politisch-gesellschaftlichen Potentiale transnationaler F&E-Projekte

79

Abb. 28:

Effizienzpotentiale transnationaler F&E-Projekte

84

Abb. 29:

Synergiepotentiale transnationaler F&E-Projekte

88

14

Abb. 30:

Abbildungsverzeichnis

Transnationale Projektnetzwerke zur Überwindung operativer Wissensinseln in multinationalen Grossunternehmen

92

Abb. 31 :

Lernpotentiale transnationaler F&E-Projekte

93

Abb. 32:

Potentiale der Internationalisierung von F&E-Projekten

95

Abb. 33:

Organisatorische Einordnung des VSE-Bereichs in die IBM

98

Abb. 34:

Standortstruktur und Organisation der VSE-Entwicklung

100

Abb. 35:

Prozess der Projektbeteiligung

103

Abb. 36:

Aufgaben des VSE-Project-Office

105

Abb. 37:

Organisatorische Einordnung des Diesel-Einspritzpumpen-Bereichs in die Bosch-Gruppe

113

Abb. 38:

Hauptentwicklungssysteme im Systembereich Pumpen

114

Abb. 39:

Standortstruktur der Pumpenentwicklung

115

Abb. 40:

Organisation des Systembereichs Pumpen

117

Abb. 41 :

Organisatorische Einordnung des Gasturbinen-Bereichs in die ABB

122

Abb. 42:

Standortstruktur der Entwicklung der G T 24/26

123

Abb. 43:

Organisation der Gasturbinenentwicklung bei der GT24/26

126

Abb. 44:

Projektcharakteristika

128

Abb. 45:

Unterschiede in den Projektmerkmalen der untersuchten Fälle

131

Abb. 46:

Innovationstyp - inkrementale versus radikale Innovationen

135

Abb. 47:

Aufgabentyp - autonome versus systemische Projektaufgaben

138

Abb. 48:

Separabilität der Projektaufgaben

143

Abb. 49:

Einflussfaktoren auf den Systemcharakter von Projektaufgaben

145

Abb. 50:

Stufen der Wissenspyramide

148

Abb. 51 :

Wissensmodus - explizites versus implizites Wissen

150

Abb. 52:

Vier Arten der Wissenstransformation

151

Abb. 53:

Ressourcenpooling - redundante versus komplementäre Ressourcen

154

Abb. 54:

Projekttypen im Spannungsfeld Intralokalität versus Interlokalität

157

Abb. 55:

Intralokale und interlokale Projektdurchführung

159

Abb. 56:

Gestaltungsalternativen in transnationalen F&E-Projekten

160

Abb. 57:

Dezentrale Selbstabstimmung

161

Abb. 58:

Systembeauftragter als Koordinator

163

Abb. 59:

Kernteam als Systemarchitekt

165

Abb. 60:

Zentralisiertes Ventureteam

169

Abb. 61:

Vorteilhaftigkeit der Organisationsformen transnationaler F&E-Teams

171

Abb. 62:

Gestaltungsfelder des transnationalen F&E-Projektmanagements

172

Abb. 63:

Einfluss des Zeitfaktors auf Intralokalität und Interlokalität

175

Abbildungsverzeichnis

15

Abb. 64:

Zweiphasenmodell transnationaler F&E-Projekte

177

Abb. 65:

Zweiphasenmodell des F&E-Prozesses bei Bayer

185

Abb. 66:

Netzwerk wichtiger Einflussfaktoren auf den Koordinationsbedarf in transnationalen F&E-Projekten

187

Koordinationsinstrumente in transnationalen F&E-Projekten

188

Abb. 68:

Anforderungen von IT in transnationalen F&E-Projekten

192

Abb. 69:

Bewertung von IT in transnationalen F&E-Projekten

194

Abb. 70:

Bewertungsraster ausgewählter IT-Instrumente

195

Abb. 71 :

Dominanz von IT-Anforderungen im Projektablauf

203

Abb. 72:

Personaltransfer bei Kao

206

Abb. 73:

Multilaterales Lernen durch Personaltransfer

207

Abb. 74:

Projektmanagement-Bereich als virtueller Projektleiter-Pool

210

Abb. 75 :

Kultureller Einfluss auf transnationale F&E-Projekte

212

Abb. 76:

Einfluss der kulturellen Diversität auf die Teamverfassung im

Abb. 67:

Projektablauf Abb. 77:

215

Übersicht über Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte im Zeitablauf

217

1

1.1

Einleitung F&E-Internationalisierung - ein vernachlässigter Wettbewerbsfaktor Transnational Key

R&D projects

to

-

competitiveness,

impossible, or

mismanaged? GUNNAR

HEDLUND

Die Globalisierung des Wettbewerbs und kürzere Innovationszyklen bei erhöhten technischen Risiken steigern den Wettbewerbsdruck in technologieintensiven Branchen und zwingen die Unternehmen, ihre Produkte immer schneller und bedarfsgerechter auf den Markt zu bringen. Dies führt in diesen Branchen dazu, dass die industrielle Forschung und Entwicklung (F&E) immer wichtiger wird. Zahlreiche multinationale Unternehmen beschränken ihre F&E-Aktivitäten nicht mehr auf das Stammland, sondern streben Wettbewerbsvorteile über den Aufbau ausländischer F&E-Standorte und die Globalisierung von F&E-Prozessen an. Wettbewerbsvorteile können jedoch nur von denjenigen Unternehmen realisiert werden, die in der Lage sind, einerseits die Chancen aus den weltweiten F&E-Aktivitäten zu nutzen und andererseits die sich hieraus ergebenden Problemfelder und Risiken zu reduzieren. Erfolgreich innovierenden Unternehmen gelingt es, ihre weltweiten Ressourcen in transnationalen F&EProjekten so einzusetzen, dass Grössen- und Spezialisierungsvorteile sowie Lerneffekte genutzt werden können und gleichzeitig Informations- und Koordinationskosten nicht eskalieren. Diese Fähigkeit erfordert ein Erkennen der Potentiale von globalen F&E-Prozessen, welche wesentlich auf der asymmetrischen Allokation von Wissen und Kompetenzen in international tätigen Unternehmen basieren. Die steigende Wettbewerbsintensität technologieintensiver Branchen und der wachsende Grenznutzen von Wissen erfordern eine Bündelung von dezentralen Wissensbasen und Kompetenzen. Der Standort der Projektakteure als Wissensträger spielt dabei eine immer geringere Rolle, die Integration von Technologie- und Anwendungswissen im F&E-Prozess gewinnt an Bedeutung. Eine aktive Nutzung von globalem Wissen kann auf einer permanenten Basis innerhalb formalisierter Organisationsstrukturen oder temporär mit ständig wechselnden Akteuren und Konstellationen auf Projektbasis erfolgen. Die temporäre Kooperation von mehreren nationa-

18

Kapitel 1

len F&E-Einheiten in einem transnationalen F&E-Projekt scheint dabei dem Trend zum unternehmerischen Prozesse

immer

Venture-Management neue

Kombinationen

gut zu entsprechen. Zudem von

verschiedenen

beinhalten

Elementen

wie

F&EWissen,

Kompetenzen, Prozesse, Module und Märkte. Strukturen und Aktivitäten, die im Hinblick auf die Ausnutzung eines Elementes (z. B. europäischer Markt) innovationsförderlich sind, können in einem anderen Kontext Innovationen verhindern (z. B. japanischer Markt). Die Realisierung der potentiellen Wettbewerbs vorteile im Zuge der Durchführung von transnationalen F&E-Projekten erfordert ein flexibles, ganzheitliches Projektmanagement, das nicht auf den Einsatz klassischer Projektmanagement-Methoden wie Projektstrukturpläne und Netzplantechniken beschränkt sein kann.

Defizite bisheriger Werke Der Gegenstandsbereich dieser Arbeit stellt eine Schnittmenge aus den drei Forschungsfeldern Internationales Management, F&E-Management

und Projektmanagement dar.

Bisherige

Untersuchungen zu dieser Thematik weisen erhebliche Defizite auf, die es durch diese Forschungsarbeit zu thematisieren und zumindest ansatzweise zu überwinden gilt. So behandeln die meisten Veröffentlichungen zum Projektmanagement nur Vorhaben ausserhalb des F&E-Bereichs. Bisherige Veröffentlichungen zum Projektmanagement gleichen häufig Handbüchern von Unternehmen; wissenschaftliche Untersuchungen und fundierte Lehrbücher sind

hier

selten

anzutreffen. 1

Bestehende

Arbeiten

zur

Internationalisierung

Projektmanagements fokussieren Grossprojekte im Anlagenbau. 2 Das dabei

des

betrachtete

Management von deterministischen Routineprozessen erfordert jedoch grundsätzlich andere Projektmanagement-Mechanismen

und

-Instrumente

als

das

Management

von

nicht-

deterministischen, einzigartigen und hochkreativen F&E-Prozessen. Bei der Durchsicht der Arbeiten zur F&E-Internationalisierung ist eine starke Dominanz der ökonomischen

und

politikwissenschaftlichen

Arbeiten

festzustellen.

Die

meisten

Untersuchungen zu dieser Thematik finden auf makroökonomischer und sektoraler Ebene

Standardwerke zum Projektmanagement sind von Madauss ( 1 9 9 0 ) ; Kannheiser, Hormel, Aichner ( 1 9 9 3 ) ; Gareis (1990); Balck (1990); Litke (1991); Hansel, Lomnitz (1987); Heintel, Krainz ( 1 9 8 8 ) . D i e wichtigsten Arbeiten zum Projektmanagement in der industriellen F&E sind von Schmelzer ( 1 9 9 2 ) ; Wheelwright, Clark ( 1 9 9 2 ) ; Frankel (1990); Burghardt ( 1 9 8 8 ) ; Platz, Schmelzer (1986). Bedeutende Ausnahmen von der dominierenden „Hemdsärmeligkeit" der Veröffentlichungen zum Projektmanagement stellen die Arbeiten von Sprenger ( 1 9 9 5 ) , Pinkenburg ( 1 9 8 0 ) und Schmelzer ( 1 9 9 2 ) dar; j e d o c h fokussiert nur letzterer den F&E-Bereich. S i e h e zum internationalen Projektmanagement Cleland, Gareis (1994); Madauss (1989); Herten ( 1 9 8 7 ) .

Einleitung

statt. 3

19

Unternehmensbezogene

Managementforschung

Analysen

bislang

zur

vernachlässigt

internationalen worden.

4

Die

F&E

sind

Thematik

von der

der F&E-

Internationalisierung hat erst in den 90er Jahren stärker Eingang in die Managementforschung gefunden. Einzelbetriebliche, unternehmensbezogene

Analysen beschränken

sich dabei

überwiegend auf die strategischen Aspekte der Internationalisierung, mit Schwerpunkt auf die F&E-Standortwahl. 5 Wenige Beiträge existieren zum Management eines globalen F&E-NetzWerkes. Bisher wurde überwiegend untersucht, warum Unternehmen ihre F&E-Aktivitäten internationalisieren und weniger, wie bereits dezentrale F&E-Aktivitäten organisiert und geführt werden. 6 Völlig ausgeklammert sind Untersuchungen zur Durchführung von transnationalen Projekten in einem solchen F&E-Netzwerk. Es lassen sich zwar Arbeiten zum Management kooperativer F&E-Projekte

finden.

Diese

beziehen

unternehmensübergreifende Kooperationen

sich

jedoch

fast

ausschliesslich

auf

wie strategische Allianzen, Joint Ventures,

Projekte der Europäischen Union sowie Gemeinschaftsforschung und vernachlässigen zudem häufig den internationalen Aspekt. 7 Die Möglichkeiten und Grenzen des Managements von transnationalen, unternehmensinternen F&E-Projekten sind in bisherigen Untersuchungen bislang vollständig vernachlässigt worden, obwohl eine zunehmende Anzahl multinationaler Unternehmen länderübergreifende F&ETeams einsetzt. Die Potentiale länderübergreifender F&E-Projekte werden zwar von De Meyer (1993) und Hedlund, Ridderstrále (1994) hervorgehoben, 8 die Autoren führen jedoch nur einzelne Gründe für die Internationalisierung von F&E-Projekten an. Die Triebkräfte der länderübergreifenden Arbeitsteilung auf Projektebene werden nicht systematisch analysiert.

Siehe die Untersuchungen von Beise, Belitz (1996) und NIW, DIW, ISI, Z E W (1995) zur F&EInternationalisierung in Deutschland, Amstad, Arvanitis, Hollenstein (1996), Caluori, Schips (1991) und Caluori (1993) in der Schweiz sowie Hakänson (1981) in Schweden. Zahlreiche Analysen legen den Fokus auf die F&E-Internationalisierung von US-Unternehmen, vgl. Cantwell (1995); Archibugi, Michie (1995); National Science Foundation (1990); Hirschey, Caves (1981); Lall (1979); Mansfield, Teece, Romeo (1979). Konsequenzen aus der F&E-Internationalisierung für die Technologiepolitik ziehen Hotz-Hart (1996); Meyer-Krahmer, Reger (1996), Caluori, Schips (1991). Vgl. auch Cheng, Bolon (1993), S. 3; Granstrand, Hakänson, Sjölander (1993), S. 414; Cantwell (1992), S. 94. Siehe zur F&E-Standortwahl die Arbeiten von Völker (1996); Pearson, Brockhoff, von Boehmer (1993); Hakänson (1992); Gerpott (1991); Wortmann (1990); De Pay (1989). Vorarbeiten durch Typologisierungen von F&E-Standorten leisteten hierzu Ronstadt (1977, 1978); Behrmann, Fischer (1979); Hewitt (1980); Harris (1987); Ghoshal, Bartlett (1988a, b). Ausnahmen sind De Meyer (1991, 1993b); Hedlund, Riddersträle (1994). Siehe hierzu Bosshart, Gassmann (1996); Gerybadze (1995a); Kleebach (1994); Granrath (1994). Lediglich Mowery (1992) untersucht speziell den internationalen Aspekt. Vgl. De Meyer (1993a); Hedlund, Riddersträle (1994).

20

Kapitel 1

Zudem sind die Voraussetzungen einer transnationalen Projektdurchfiihrung bisher noch nicht untersucht worden. Nicht alle Unternehmen und Projekte eignen sich aber für eine internationale und damit standortiibergreifende Durchführung der F&E-Projekte. Eine Analyse der Triebkräfte und Determinanten von transnationalen F&E-Projekten fehlt aber in bisherigen Untersuchungen gänzlich. Neben

einer solchen

Potentialanalyse werden

auch theoretisch

fundierte Handlungs-

empfehlungen für das Management dieser Projekte vermisst. Ein umfassendes Gestaltungsmodell für das internationale F&E-Projektmanagement könnte hier hilfreich sein. Empirische Untersuchungen zum Management transnationaler F&E-Projekte in Grossunternehmen, die eine Basis für die Entwicklung eines Gestaltungsmodells bieten könnten, fehlen bislang. Es bestehen daher umfassende Defizite auf dem noch jungen Forschungsgebiet

der

internationalen F&E. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass transnationale F&E-Projekte ein vergleichsweise modernes Phänomen darstellen. Gestaltungsrahmen und theoretisch fundierte Handlungsempfehlungen für die Praxis fehlen. Die vorliegende Arbeit versucht, die Defizite bisheriger Untersuchungen zur Internationalisierung von F&E-Projekten aufzugreifen und durch eigene Ansätze zu überwinden. Die Zielsetzung der Arbeit besteht in der Entwicklung eines umfassenden Gestaltungskonzepts für das Management von transnationalen F&E-Projekten. Die Kernfragen dieser Arbeit betreffen das „Warum" und „Wie" der Internationalisierung von F&E-Projekten: - Warum internationalisieren Unternehmen ihre F&E-Aktivitäten (Potentiale)? - Wie erfolgt ein effizientes und effektives Management transnationaler F&E-Projekte (Gestaltungskonzepte)? Auf Basis der empirischen Untersuchung sollen Potentiale der Internationalisierung von F&EProjekten ermittelt und ein umfassendes Gestaltungskonzept für das Management dieser Projekte entwickelt werden. Transnationale F&E-Kooperationen mit externen Unternehmen sollen trotz ihrer hohen Bedeutung für die F&E-Internationalisierung ausgeklammert werden, da diese in einzelnen Aspekten bereits untersucht worden sind. Eine Gleichbehandlung von unternehmensinternen und -externen F&E-Projekten würde zudem ihrem unterschiedlichen Charakter nicht gerecht werden. Die

angestrebten

konzeptioneller

Ergebnisse

Vorarbeit

können

in

Typologisierungen,

zusammengefasst werden

Gestaltungsempfehlungen für die Praxis ermöglichen.

und

Erklärungsmustern

sollen

theoretisch

und

fundierte

21

Einleitung

1.2

Konzeption und Aufbau der Arbeit

Der Forschungskonzeption dieser Arbeit liegt das Verständnis der Betriebswirtschaft als einer anwendungsorientierten

Sozialwissenschaft zugrunde; sie bemüht sich deshalb um

die

Analyse menschlicher Handlungsalternativen zwecks Gestaltung sozialer und technischer Systeme. 9 Der Anstoss für diese Arbeit kam aus konkreten Problemen der Praxis, verbunden mit der Erkenntnis der aufgedeckten Forschungsdefizite. Die empirische Untersuchung dient weniger

der

Überprüfung

von

Hypothesen

im

Sinne

analytisch-nomologischer

Forschungsrichtungen, sondern vielmehr der Erfassung typischer Phänomene und Probleme der Praxis. 1 0 Aufgrund der Aktualität und Neuartigkeit des länderübergreifenden Projektmanagements in der industriellen F&E und mangels Forschungsergebnissen zu diesem Themengebiet weist die Arbeit

einen

quantitativer

explorativen

Forschungscharakter

auf.

Während

Forschung

hypothesengeleitet

ist

(Test

Variablenzusammenhänge), Einzelbeobachtungen

in

werden einem

in

explorativen

dieser Prozess

der

von

Forschungsprozess Hypothesen

qualitativen interpretiert,

permanenten Wandels zu vorläufigen Ergebnissen zu gelangen.

über

Forschungsarbeit um

aufgrund

des

11

Der Forschungsprozess dieser Arbeit wird als ein iterativer Lernprozess verstanden (vgl. Abb. 1): Das theoretische Vorverständnis ermöglicht erste Fragen an die Realität; das durch die Datensammlung gewonnene Realitätsbild wird kritisch reflektiert und führt so zu weiterer Differenzierung, Abstraktion nisses.

oder Perspektivenwechsel

des theoretischen

Vorverständ-

12

Dem anwendungsorientierten Erkenntnisziel entsprechend soll in dieser Arbeit über die Ermittlung von Einflussfaktoren und verallgemeinerungsfähigen Gestaltungsempfehlungen eine generelle Orientierungshilfe für die Erstellung und Implementierung von Konzepten beim Management

transnationaler

F&E-Projekte

gegeben

werden.

Die

Generierung

und

Vermittlung von praxisorientiertem Wissen ist somit zielführend für diese Arbeit.

9

V g l . Ulrich (1981), S. 1; Ulrich (1984), S. 168.

10

Der Schwerpunkt der eigenen Arbeit liegt somit weniger auf dem Begründungszusammenhang als vielmehr auf dem Entdeckungs- und Verwertungszusammenhang. Siehe zu einem allgemeinen Überblick Kromrey ( 1 9 9 5 ) , S. 6 2 ff.; zum B e z u g auf die Betriebswirtschaft als angewandte Wissenschaft siehe Ulrich ( 1 9 8 1 ) , S. 5 ff.

11

Siehe zu einer ausführlichen Charakterisierung qualitativer Sozialforschung und der Abgrenzung zur quantitativen Sozialforschung Lamnek (1993a, b), Flick (1991), Girtler ( 1 9 8 4 ) und Kromrey ( 1 9 9 5 ) , S. 430-443.

12

V g l . Kubicek (1977), S. 14; Tomczak (1992), S. 84.

22

Kapitel 1

Abb. 1:

Der Forschungsprozess

als iterativer Lernprozess zwischen Theorie und Empirie

Um in dem jungen Forschungsfeld der internationalen F&E, in dem die Aussagekraft von existierenden Theorien beschränkt ist, zu neuen, überprüfbaren Theorien zu gelangen, ist die Fallforschung bestens geeignet. Dies wird dadurch bestärkt, dass bei den forschungsleitenden Fragen dieser Arbeit „Warum"- und „Wie"-Fragen im Mittelpunkt stehen, die Ereignisse gegenwärtig stattfinden und vom Forscher nicht beherrschbar bzw. kontrollierbar sind. 13 Fallstudien

erlauben

eine

ganzheitliche

Sichtweise

des

komplexen

Untersuchungsgegenstandes, wodurch dessen einheitlicher Charakter erhalten bleibt. Durch vertiefte Auseinandersetzung mit konkreten Fällen wird eine Reflexion der Problematik transnationaler F&E-Projekte in der Unternehmenspraxis ermöglicht. Fallstudien stellen somit in Forschung und Lehre eine sinnvolle Ergänzung dar. 14 In der empirischen Untersuchung wurden 24 multinationale Unternehmen der Branchen Chemie/Pharma, Elektrotechnik/Elektronik und Maschinen-/Anlagenbau mit Stammsitz in Deutschland, in der Schweiz, in Japan und in den USA analysiert. Die Unternehmen gehören zu den 500 grössten. 15 Bei diesen ist die F&E-Internationalisierung deutlich höher als in Klein- und Mittelunternehmen (KMU), denen für dezentrale F&E-Strukturen Kapital und kritische

Masse

fehlen.

Die

betrachteten

Branchen

sind

durch

hohen

13

Vgl. Yin (1988), S. 23.

14

Zu einer ausführlichen Darstellung der Forschungsmethodik und der Methoden der Datengewinnung, welche in der diesem Werk zugrundeliegenden Forschung Verwendung fanden, siehe Gassmann (1997), S. 7 ff. Vgl. die Rangfolge der Fortune 500.

Einleitung

23

Internationalisierungsgrad

der

F&E-Aktivitäten

gekennzeichnet.

Ferner

Unternehmenssample schwerpunktmässig technologieintensive Unternehmen

sind

im

(Hoch- und

Spitzentechnologie) vertreten; dies sind nach gängiger Definition Unternehmen mit einer F&E-Intensität (F&E-Anteil am Umsatz) von über 3,5 %. 1 6 Im einzelnen wurden folgende Unternehmen untersucht: A B B , AT&T, B A S F , Bayer, Bosch, Ciba-Geigy, Eisai, Hoffmann-La Roche, Hoechst, IBM, Kao, Matsushita Electric Industrial, Mitsubishi Electric, MTU, NEC, Philips, Sandoz, Schering, Sharp, Siemens, Sony, Sulzer, United Technologies. 17 Ergänzend zur Analyse dieser Unternehmen wurden in 13 weiteren Unternehmen Interviews oder Workshops zum F&E-Projektmanagement durchgeführt. Diese haben das Verständnis zur Thematik erheblich gefördert. Im einzelnen waren dies: Balzers, B M W , British Gas, Endress & Hauser, Georg Fischer, Hilti, Mercedes-Benz, Rolls-Royce, Testo, SAP, Unisys, Zeneca, ZF Friedrichshafen.

Weiterer Aufbau der Arbeit Im weiteren Verlauf von Kapitel 1 werden die Charakteristika transnationaler F&E-Projekte aufgearbeitet.

In

Kapitel

2

wird

auf

den

strukturellen

und

strategischen

Rahmen

transnationaler F&E-Projekte eingegangen. Dabei werden Stand und Trends der F & E Internationalisierung in den betrachteten Unternehmen dargestellt. Auf Basis der eigenen Beobachtungen werden dann Gestaltungskonzepte der internationalen F & E identifiziert. In Kapitel 3 werden die Potentiale transnationaler F&E-Projekte analysiert. Dabei wird eine Differenzierung in externe und interne Potentiale vorgenommen. Eine vertiefende Darstellung von drei Fallstudien zu transnationalen F&E-Projekten erfolgt in Kapitel 4. Untersucht wurde die Entwicklung des VSE-Betriebssystems bei IBM, die Entwicklung von Einspritzpumpen bei Bosch und die Entwicklung der Gasturbine GT 24/26 bei A B B . Auf Basis dieser Fallstudien werden die zentralen Determinanten der organisatorischen Gestaltung transnationaler F&E-Projekte nungsreihen

wird

analysiert,

wann

in Kapitel 5 untersucht. Anhand von SpanF&E-Projekte

standortübergreifend

(interlokal)

durchgeführt werden können und wann eine Zusammenführung der Projektakteure an einen Ort (intralokal) erforderlich ist. Anschliessend werden vier Organisationsformen ermittelt, die zwischen den Extremformen Interlokalität und Intralokalität angesiedelt sind.

N a c h der F & E - I n t e n s i t ä t können U n t e r n e h m e n in N i e d r i g t e c h n o l o g i e ( 0 - 3 , 5 % ) , H o c h t e c h n o l o g i e ( 3 , 5 8 , 5 % ) und S p i t z e n t e c h n o l o g i e ( > 8 , 5 % ) klassifiziert werden. V g l . N I W , D I W , I S I , Z E W ( 1 9 9 5 ) , S . 9 . A u f die ausführliche B e z e i c h n u n g der R e c h t s f o r m der F i r m a wird hier der E i n f a c h h e i t h a l b e r verzichtet.

Kapitel 1

24

1. Einleitung 1.1

3. Potentiale transnationaler F&E-Projekte

2. Rahmen trwsnationaler F&E-Projekte 2.1

Stand der F&EIntematonalisierung

2.2

1.4 Charakteristika

2.2 Aufbau der Arbeit

Problemstellung

Gestaltungskonzepte der internationalen F&E

3.1

Externe Potentiale

3.2

Interne Potentiale

5Z 4. Fallstuäien transnationaler F&E-Projekte 4.1

VSE-System bei IBM

4.2

Einspritzpumpen bei Bosch

4.3 Gasturbine GT24/26 bei ABB

5Z

5. Organisation transnationaler F&E-Projekte 5.1

Determinanten der organisatorischen Gestaltung

5.2 Organisationsformen transnationaler F&E-Teams

2Z

6. Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte 6.1

Gestaltungsfeld Prozess

6.2

Gestaltungsfeld Technologie

6.3 Gestaltungsfeld Mensch

292

Vgl. BUhner (1992), S. 216. Vgl. Lullies, Bollinger, W e l t z (1993), S. 188. Vgl. Brockhoff (1990), S. 78; Picol, Reichwald, N i p p a ( 1 9 8 8 ) , S. 126.

293

Vgl. Luliies, Bollinger, Weltz (1993), S. 190.

294

Vgl. Takeuchi, Nonaka (1986), S. 4 0 f.; Nonaka, Takeuchi (1995), S. 78.

173

Organisation transnationaler F&E-Projekte

t ä t s k o s t e n v e r b u n d e n . A u f g r u n d der h o h e n K o s t e n ist d i e O r g a n i s a t i o n s f o r m d e s

Venture-

t e a m s d e s h a l b nur in F & E - P r o j e k t e n v o n h o h e r s t r a t e g i s c h e r B e d e u t u n g g e r e c h t f e r t i g t .

L PL Px

Lenkungsausschussmitglied Projektleiter Projektmitarbeiter

Identische Personen Intensive Interaktion Weisungsbefugnis

Merkmale: •

Abb.

Beteiligte F&E-Standorte stellen Spezialisten für die gesamte Projektdauer in ein Ventureteam ab



Projektleiter verfügt über umfangreiche Weisungsbefugnisse und Ressourcen



Ventureteam entwickelt das Gesamtsystem an einem Standort (möglichst in einem Raum)



Zentralisiertes Ventureteam ist für Projekte von hoher strategischer Bedeutung geeignet

60:

Zentralisiertes

Ventureteam

174

5.3

Kapitel 5

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wurden'aufgrund von Hinweisen aus den Fallstudien IBM, Bosch und ABB in einer dimensionalen Analyse Determinanten der räumlichen Organisation transnationaler F&E-Projekte hergeleitet. Die Vorteilhaftigkeit von intralokaler und interlokaler Projektdurchführung wird

danach

durch

folgende

Determinanten

bestimmt:

Innovationstyp

(inkremental vs. radikal), Aufgabentyp (autonom vs. systemisch), Ressourcenbündelung (redundant vs. komplementär) und Wissensmodus (explizit vs. implizit).

Eine interlokale Projektdurchführung wird begünstigt bei inkrementalen Innovationen, bei denen redundate Ressourcen eingesetzt werden und die Projektaufgaben relativ autonom sind sowie eine Dominanz von explizitem Wissen vorliegt.

Eine intralokale Projektdurchführung ist demgegenüber erforderlich, wenn radikale Innovationen angestrebt werden, bei denen komplementäre Ressourcen eingesetzt werden und die Projektaufgaben einen systemischen Charakter aufweisen sowie implizites Wissen im Projekt eine zentrale Rolle einnimmt.

Zwischen den Extremformen Intralokalität und Interlokalität konnten vier idealtypische Organisationsformen identifiziert werden: (1) Dezentrale Selbstabstimmung (2) Systembeauftragter als Koordinator (3) Kernteam als Systemarchitekt (4) Zentralisiertes Ventureteam

Die Intralokalität nimmt von (1) nach (4) zu: Die Organisationsform der dezentralen Selbstabstimmung ist durch einen hohen Grad an Interlokalität gekennzeichnet, das zentralisierte Ventureteam wird vorwiegend intralokal geführt. Die Vorteilhaftigkeit der organisatorischen Gestaltungsalternativen kann durch die oben entwickelten Determinanten begründet werden (vgl. Abb. 61).

Organisation transnationaler F&E-Projekte

Abb. 61:

Vorteilhaftigkeit der Organisationsformen

175

transnationaler

F&E-Teams

6

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

Eine geeignete Organisationsform stellt die Basis des Projektmanagements dar. Subtilere Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte beziehen sich auf Prozess, Technologie und M e n s c h . Eine effektive und effiziente Gestaltung dieser Projekte erfordert adäquate ProzessSegmentierung, Technologieunterstützung und Human-Ressourcen-Management.

instrumente

• Human-RessourcenManagement

Abb. 62:

6.1

Gestaltungsfelder

des transnationalen

F&E-Projektmanagements

Gestaltungsfeld Prozess

Eine Prozess-Segmentierung in transnationalen F&E-Projekten bietet einen Gestaltungsrahmen für das M a n a g e m e n t . Aufbauend auf bisherigen F&E-Prozesskonzepten und den Determinanten der räumlichen Organisation transnationaler F&E-Projekte, wird daher ein Zweiphasenmodell transnationaler F&E-Projekte entwickelt.

6.1.1

Zweiphasenmodell transnationaler F&E-Projekte

Frühere Arbeiten z u m zeitlichen Ablauf in F&E-Projekten gingen von klar unterscheidbaren, deterministischen Projektphasen aus. Mit Methoden des Systems Engineering wurde versucht, den F&E-Prozess in lineare, klar abtrennbare Phasen zu strukturieren. 2 9 5 Deskriptive Studien

295

Siehe zu Phasenkonzepten in F&E-Projekten Hirzel (1975); Saynisch (1979, 1989a, b); Platz (1986); Schelle (1989a).

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

von F&E-Projekten weisen jedoch auf eine Nicht-Linearität von F&E-Prozessen

177

hin.

Insbesondere die Ergebnisse der ereignisbasierten Längsschnittanalyse von Van de Ven (1989) stellen detaillierte Phasenkonzepte in Frage. 296 Obwohl die deskriptive Innovationsforschung Phasenkonzepte ablehnt, zeigen eigene Interviews und Analysen von Entwicklungshandbüchern bzw. Projekt-Manuals, dass die Phasenkonzepte als normative Weisungen in der Praxis weiterhin stark verbreitet sind. Die Zertifizierungswelle der 90er Jahre (z.B. ISO 9001) scheint den Einsatz von Phasenkonzepten zur F&E-Projektstrukturierung weiter zu fördern. Eine Verbindung der klassischen Phasenkonzepte mit dem neueren Prozessdenken findet sich in dem Konzept der „Stage-Gate"-Prozesse. Die Stufen, in denen die Projektfortschritte erzielt werden („Stages"), sind durch diverse Tore („Gates") unterbrochen. Die Tore sind unumgehbare Entscheidungszäsuren, die aber im Gegensatz zu Meilensteinen zeitlich und inhaltlich flexibel sind. Bewusste Parallelisierungen, Verschiebungen und Umgruppierungen von Stufen sind, im Gegensatz zu den traditionellen Phasenkonzepten, möglich. Das gesamte F&E-Projekt wird beim Durchlaufen eines Tores mit einem Review ganzheitlich hinterfragt (Konkurrenzaktivitäten, Markt- und Technologieentwicklungen). Die Anzahl der Stufen und Tore variiert in Abhängigkeit von Branche und Projekt; Ex-ante-Rahmenvereinbarungen regeln die Zusammenarbeit der Projektakteure. 297 Neben dem Konzept der Stage-Gate-Prozesse spielt die „Loose-Tight"-Hypothese eine zentrale Rolle in der Gestaltung von F&E-Prozessen. 298 Danach ist der F&E-Projekterfolg abhängig vom Organisationsgrad des F&E-Prozesses. Im frühen Projektstadium hat die organisatorische Gestaltung locker („loose") und im späteren Stadium zunehmend straff („tight") zu erfolgen. Die Begründung für den unterschiedlichen Organisationsgrad im F&EProzess liegt in den zeitlich bedingten Anforderungsschwerpunkten: Im frühen Projektstadium sind Kreativität und Ideengenerierung von hoher Bedeutung, im späteren Projektstadium Effizienz und termingerechte Implementierung.

296 y g i j a s „Minnesota Innovation Research Panel" von Van de Ven et al. (1989). Derzeit beschäftigen sich zahlreiche amerikanische Innovationsprozessforscher mit der Frage, ob periodische, chaotische oder zufällige Muster in F&E-Prozessen erkennbar sind; „Research Methods Workshop on Processes" in Minnesota 1995. Siehe zum Prozesscharakter von F&E-Projekten auch Hauschildt (1993), S. 271 ff.; Gerybadze (1995c), S. 834 f.; Millson, Raj, Wilemon (1992). 297

Siehe zum Konzept der Stage-Gate-Prozesse Cooper (1990); Cooper, Kleinschmidt (1991); O'Connor (1994); Boutellier, Gassmann (1996a). Die „Loose-Tight-Hypothese" wurde im wesentlichen von Wilson (1966) und Shepard (1967) entwickelt und später von Albers, Eggers (1991) in 70 Unternehmen durch strukturierte Interviews bestätigt. Zur Kritik siehe Johne, Snelson (1988) oder Tebe (1990).

178

Kapitel 6

Einfluss des Zeitfaktors auf Intralokalität und Interlokalität Bezüglich der räumlichen Organisation von transnationalen F&E-Projekten konnten in Kapitel 5.1 folgende Ergebnisse hergeleitet werden: F&E-Projekte mit den Merkmalen radikale Innovation, systemische Aufgaben, hoher Anteil an implizitem Wissen und komplementäre Ressourcen sind intralokal durchzuführen. F&E-Projekte mit den Merkmalen inkrementale Innovation, autonome Aufgaben, explizites Wissen und redundante Ressourcen können hingegen auch interlokal durchgeführt werden. 2 9 9 Werden die Determinanten der organisatorischen Gestaltung um die zeitliche Dimension erweitert (1 bis 4), so kann gezeigt werden, dass im frühen Projektstadium eine intralokale Projektdurchführung vorteilhaft ist, während im späteren Projektstadium zunehmend Interlokalität möglich wird (vgl. Abb. 63). Das Determinantenmodell der organisatorischen Gestaltung kann damit um die zeitliche Dimension erweitert werden. (1) Mit der Konzepterstellung findet beim Projekt der grösste Durchbruch statt. Während in den frühen Projektphasen radikale Neuerungen möglich sind, steht in den späteren Phasen mit erstelltem Pflichtenheft die Implementierung im Vordergrund. Das Einfrieren von Spezifikationen bei der Implementierung erlaubt nur noch kleine Verbesserungsschritte und damit inkrementale Neuerungen. Wird mit der Entwicklung der Produktionsmittel begonnen, so sind möglichst wenige Veränderungen am Produktkonzept vorzunehmen und einmal definierte Toleranzen einzuhalten. 3 0 0 (2) Mit Erstellung eines Projektstrukturplans und Erarbeitung von Problemlösungswegen nimmt der Strukturiertheitsgrad der Projektaufgaben zu. In den frühen Phasen

stehen

systemisch-ganzheitliche Aufgaben wie Schaffung eines gemeinsamen Problembewusstseins, Zielfindung und wechselseitiges Lernen im Vordergrund. 3 0 1 In den späteren Phasen werden die Schnittstellenspezifikationen im Projektablauf detaillierter, so dass die Interdependenz zwischen den Modulentwicklungen abnimmt. Mit einer klaren Definition der Arbeitspakete nimmt der Autonomiegrad der Aufgaben zu. (3) Zu Projektbeginn besteht häufig nur eine vage Idee über das zu entwickelnde Produkt, wobei die Vorstellungen der Projektmitarbeiter über die Ziele noch stark differieren. Über Sozialisation und Externalisation wird im Projekt verlauf eine gemeinsame Wissensbasis aufgebaut. Die frühen Projektphasen dienen dabei insbesondere der Transformation von

299

Vgl. Abschnitt 5.1.5.

300

Wheelwright, Clark veranschaulichen dies durch den im Zeitablauf enger werdenden Ideentrichter. Vgl. Wheelwright, Clark (1992), S. 112, aber auch Imwinkelried (1996), S. 91; Madauss (1995), S. 684.

301

Vgl. Takeuchi, N o n a k a (1986), S. 42.

G e s t a l t u n g s f e l d e r transnationaler F & E - P r o j e k t e

179

implizitem zu explizitem Wissen. Die wichtigsten Transformationstreiber sind dabei die Kommunikation zwischen den Teammitgliedern und die Erstellung von Konstruktionszeichnungen, Lasten- und Pflichtenheften. (4) Anfangs komplementäre Kompetenzen und Wissensbasen gleichen sich im Projektablauf einander an. Durch die gemeinsame Zusammenarbeit lernen die Projektmitglieder wechselseitig voneinander, so dass Redundanzen in Kompetenzen und Wissensbasen aufgebaut werden. Indem z. B. ein Software-Entwickler und ein Hardware-Ingenieur gemeinsam ein Schnittstellenproblem zwischen Prozessor und Software bearbeiten, lernen beide voneinander. Sowohl die Loose-Tight-Hypothese als auch die Determinanten der organisatorischen Gestaltung im Zeitablauf weisen auf eine Unterscheidung in eine frühe und eine späte Projektphase hin. Die Entwicklung eines Phasenmodells für transnationale F&E-Projekte hat einerseits die Kritik der deskriptiven Innovationsforschung an den detaillierten, rigiden F&E-Phasenkonzepten zu berücksichtigen und andererseits eine Handlungsorientierung zur Gestaltung transnationaler F&E-Projekte zu geben.

Interlokalität Spätes Stadium

• Abb. 63:

Einfluss des Zeitfaktors auf Intralokalität

und

Interlokalität

180

Kapitel 6

Entwicklung eines Zweiphasenmodells transnationaler F&E-Projekte Beim Versuch, eine zeitliche Abfolge von Projektaktivitäten zu entwerfen und diese mit der räumlichen Dimension (Intralokalität vs. Interlokalität) in Einklang zu bringen, sollen beide Anforderungen berücksichtigt werden. Nach dem hier entwickelten Zweiphasenmodell kann der transnationale F&E-Prozess in die Phasen „Intralokale Wolkenphase" und „Interlokale Bausteinphase" unterteilt werden. 302 Das Zweiphasenmodell baut auf folgenden Elementen auf: - Stage-Gate-Prozesse: Der F&E-Prozess ist unterteilt in Stufen und Tore. In den Stufen findet der Projektfortschritt statt; die Tore sind zwar inhaltlich und zeitlich flexibel, aber unumgehbar. - Loose-Tight-Hypothese: Die späten Projektphasen sind straffer zu führen als die frühen Projektphasen. - Determinanten der räumlichen Organisation: Die Vorteilhaftigkeit von Intra- und Interlokalität wird bestimmt durch Innovationstyp, Aufgabentyp, Wissensmodus und Ressourcenbündelung.

Der Zeitfaktor beeinflusst dabei

die Ausprägung

der

Determinanten innerhalb eines Projektes. Abb. 64 stellt das Zweiphasenmodell im Überblick dar. Im folgenden wird auf beide Phasen vertiefend eingegangen.

6.1.2

Intralokale Wolkenphase

In der Wolkenphase finden Projektinitialisierung und -konzeption statt. In einer ersten Explorationsphase werden die Grundlagen hinsichtlich Markt und Technologie abgeklärt. Die Bedarfsexploration basiert auf traditionellen Marktforschungssinstrumenten wie Panelbefragungen, Geschmackstests, Fokusgruppeninterviews, Einbezug innovativer Vertriebseinheiten, Szenarioanalysen und Schwerpunktanalyse von Lead-Märkten. Neuere Markt forschungssinstrumente umfassen die kooperative Entwicklung zusammen mit einem LeadUser und die anthropologische Expedition. 303

302

Eine Zweiteilung des F&E-Prozesses findet sich auch bei Brecht (1991), S. 88 f.; Hänggi ( 1 9 9 6 ) , S. 230; Boutellier, Gassmann (1996a).

303

Siehe z u m Lead-User-Konzept Abschnitt 3.1.1.2 sowie zur anthropologischen Expedition Leonard-Barton ( 1 9 9 5 ) , S. 200.

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

181

Globaler Stimulus

Intralokale Wolkenphase Initiative und Konzeption Lokale Projektselektion

Interlokale Bausteinphase Entwicklung, Test und Kommerzialisierung

Interlokale Entwicklung Modularisierte Entwicklungsaktivitäten Virtuelles Teammanagement Straffe Schnittstellenkoordination Situative Meetings an einem Ort zur Lösung von Fachproblemen Systemintegration/-test durch Systembeauftragten, Kernteam oder spezielles Integrationsteam Globale Kommerzialisierung

Abb. 64:

Zweiphasenmodell transnationaler F&E-Projekte

182

Kapitel 6

Technologie-Screening kann auf vielfältige Weise erfolgen, beispielsweise über Absorption von

technologischem

Expertenbefragungen,

Wissen

in Spitzenzentren,

Patentdatenbankrecherchen

Konferenzen, und

Technologieprognosen,

Reverse-Engineering

von

Kon-

kurrenzprodukten. 304 Markt- und Technologiestimuli sind in den meisten Branchen globaler Natur; die Exploration richtet sich daher auf globale Stimuli aus. Bedarfsexploration und Technologie-Screening bilden eine starke Quelle für Projektideen. Traditionellen Erklärungsansätzen zu Triebkräften von Projektideen liegt noch das Denken in der Dichotomie „Technology-push" contra „Market-pull" zugrunde. 305 Gerade in transnationalen F&E-Projekten, deren Projektakteure verschiedenen organisatorischen Einheiten (Standorte, Sparten) mit eigenen Interessen angehören, entstammen Projektideen nicht nur den üblichen rationalen Markt- oder Technologiestimuli. Häufig führen geringe Kapazitätsauslastung, finanzielle Probleme und Modetrends zu einem standortspezifischen Problemdruck, der die Generierung neuer Projektideen fördert. Die geringe Kapazitätsauslastung eines Standortes, beispielsweise aufgrund von Produktionsverlagerungen, fördert die aktive Suche nach neuen Geschäftsfeldern. An Standorten, die über einen längeren Zeitraum Verluste und geringen Cash-Flow aufweisen, herrscht ein höherer Veränderungsdruck als an Standorten, die profitable Produkte führen. So konnte beobachtet werden, dass an Entwicklungsstandorten, die - im Rahmen von globalen Effizienzsteigerungsprogrammen - durch Rationalisierung bedroht waren, eine hohe Kreativität zur Initiierung neuer F&E-Projekte die Folge war. 306 Modetrends führen oft zu dem Wunsch, die Produktpalette um die aktuellsten und raffiniertesten Produkte im Markt zu erweitern. F&E-Projekte werden dabei nicht notwendigerweise initiiert, weil Marktbedarf besteht oder technologische Chancen entdeckt wurden, sondern um das Image eines Standortes im Unternehmen zu verbessern. 307 Als Treiber von Projektideen kann somit, neben den unternehmensexternen „Market-pull" und „Technology-push", auch der unternehmensinterne „Problem-push" identifiziert werden. Die beiden unternehmensexternen Treiber sind globaler, der unternehmensinterne Treiber ist lokaler Natur.

304

Siehe zum Technologie-Screening Gerybadze (1994), S. 138; Hasler, Hess (1996), S. 165 f.; Specht, Beckmann (1996), S. 75 ff.; Reger, Cuhls, von Wichert-Nick (1996), S. 225 ff.

305

Vgl. beispielsweise Wheelwright, Clark (1992), S. 35; Roussel, Saad, Erickson (1991), S. 35.

3

Gelingt es dem Management jedoch nicht, trotz Krisenstimmung klare Rahmenbedingungen und Visionen zu verbreiten, so kann eine lähmende Unsicherheit entstehen. Der radikale Personalabbau der D A S A im Jahr 1995 war verbunden mit langer Unsicherheit und Führungswechsel bei M T U . Im Gegensatz zu „kreativen Krisen" bei IBM und ABB konnte bei MTU eine lähmende Unsicherheit festgestellt werden, welche die Ideengenerierung behindert hat.

°6

307

Vgl. Hedlund, Ridderstrále (1994), S. 6.

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

183

Wie das PIPE-System von ABB zeigt, kann die Ideengenerierung für ein Projekt bei geeignetem Einsatz von Work-flow-Systemen auch global erfolgen. ABB setzt mit PIPE („Project Idea, Planning & Execution") ein solches auf Lotus-Notes basierendes System ein. Ideen, Probleme und Kommentare werden per E-Mail in das System eingegeben. Der Ideengenerator kann entscheiden, welche Person bzw. Gruppe eine Zugriffsberechtigung hat. In einem ersten Schritt gibt er nur die Kernidee, das Kommerzialisierungspotential und kurze Kommentare ein. Die Idee wird dann verändert, erweitert und mit anderen Ideen zusammengebracht. Findet die Idee Unterstützung, so wird ein Projektantrag erstellt. Dazu sind dann detailliertere Informationen über Ziele, Risiken, Barrieren und Ressourcen erforderlich. Bei Akzeptanz der Idee kann der Programm-Manager die Information in die PIPE Planning Applikation transferieren. Die Projektidee wird damit in einen Gesamtprojektplan integriert. Hier wird der Projektleiter ernannt und die Standortbeteiligung entschieden. Lokale Teamleiter erstellen lokale Projektpläne mit Zielen, Kosten und Finanzierung. Der Projektantrag wird durch Programm-Manager, lokale Corporate Research Manager und Spartenrepräsentanten bewertet, die Prioritätsliste per E-Mail bekanntgegeben. Die Projektdurchführung wird ebenfalls durch das PIPE-System unterstützt: Einfache und formalisierte Projektberichte, die vor allem Kosten, Zeit und Ergebnisse betreffen, dienen hier der Projektinformation. Ein Berichtsarchiv sichert die Projektgeschichte, so dass ein projektübergreifender Erfahrungsaustausch möglich wird. 308 Trotz globaler Stimuli erfolgt die erstmalige Problemidentifikation in der Regel lokal durch eine Person bzw. Personengruppe, welche zuerst am heimischen Standort nach Unterstützung für ihre Projektidee sucht. Bei dieser Promotorensuche wird versucht, einflussreiche Mitarbeiter von der Projektidee zu überzeugen. Der Einfluss von Personen kann auf ihrer hierarchischen Stellung (Machtpromotor), ihrem Wissen (Fachpromotor) oder ihrer Kommunikationsfähigkeit (Prozesspromotor) beruhen. 3 0 9 Mit Groupware wie PIPE von ABB kann zwar auch die Promotorensuche standortübergreifend erfolgen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass der persönliche Kontakt überragend wichtig ist, um Entscheidungsträger von einer Idee zu überzeugen. Der Grund liegt in den Projektopponenten, die technologische und ökonomische Argumente gegen die Projektidee anführen, aber häufig auch aufgrund beschränkter F&E-Ressourcen eine Kürzung eigener Budgets

308

1996 war das Informationssystem PIPE auf die Forschungsstandorte in Vaasa, Västeräs, Billingstad, Heidelberg, Dättwil, Mailand, Windsor und Raleigh beschränkt. Eine Erweiterung auf Spartenstandorte (Business Areas) ist geplant.

309

V g l . Hauschildt (1993), S. 121 f. Das Promotorenmodell geht auf Witte ( 1 9 7 3 ) zurück, der allerdings nur z w i s c h e n Fach- und Machtpromotor unterscheidet; vgl. Witte (1973), S. 17.

184

Kapitel 6

befürchten. 310 Die Überzeugungskraft einer Projektidee basiert stark auf der persönlichen Kommunikationsfähigkeit des Ideengenerators. Um einen Machtpromotor zu gewinnen, muss die Projektidee in kurzer Zeit präsentiert werden. Wichtiger als fachliche Entscheidungskriterien sind die Vermittlung einer Projektvision und das Aufzeigen von Vermarktungspotentialen. Da eine solche Begeisterungsfähigkeit kaum über Datenbanken und E-Mails erreichbar ist, ist anzunehmen, dass die Promotorensuche auch mit weiterentwickelten Informationstechnologien eine Face-to-face-Angelegenheit bleiben wird. Bei hinreichender Unterstützung der Projektidee wird ein formeller Projektantrag erstellt, bei dem die technische Realisierbarkeit aufgezeigt und das Vermarktungspotential quantifiziert wird (Produktrentabilitätsrechnung). 311 Dieser wird einem Lenkungsausschuss vorgelegt, welcher nicht am gleichen Standort angesiedelt sein muss (z. B. das „Investment Review Board" bei IBM in New York). 312 Gerade transnationale F&E-Projekte erfordern häufig ein hohes Budget, das von der Spartenleitung genehmigt werden muss. Der Projektselektionsprozess findet am Standort des Entscheidungsträgers statt. Mit der Projektgenehmigung werden auch die Projektakteure festgelegt. Damit wird auch entschieden, ob F&E-Projekte an einem Standort oder transnational durchgeführt werden. Dies ist selten eine strukturierte Top-Down-Vorgehensweise, bei der die Projektanforderungen systematisch mit den Kompetenzen, Wissensbasen und Kapazitäten potentieller Standorte abgeglichen werden. 313 Wie die VSE-Entwicklung bei IBM gezeigt hat, ist die Bestimmung der Projektbeteiligung ein politischer

Konsensfindungsprozess, der am ehesten

dem

Entscheidungsprozess vom Typ „Garbage-can" von March und Olsen (1976) gleicht. 314 Ressourcen- und kompetenzenbasierte Entscheidungskriterien, die aus unternehmerischer Gesamtsicht rational wären, werden wegen des Profit-Center-Denkens häufig vernachlässigt. Jeder Standort strebt eine hohe Kapazitätsauslastung an. Bei zentral finanzierten Projekten (Konzernumlage, Headquarterfinanzierung) ist der Anreiz zur Projektbeteiligung und damit zu zusätzlichen Budgets an einem Standort besonders hoch. 315

310

Chakrabarti, Hauschildt ( 1 9 9 5 ) , S. 13 heben die Bedeutung der Projektopponenten innovation") und den politischen Charakter von Innovationsprozessen hervor.

311

Siehe zu einer robusten Produktrentabilitätsrechnung Boutellier, Gassmann (1996b), S. 13.

(„antagonists

of

3 , 2

Siehe Abschnitt 4.1.1.

313

Siehe Gerpott ( 1 9 9 1 ) zu einem strukturierten F&E-Standortmodell.

314

Siehe z u m „Garbage-Can-Decision-Process" March, Olson (1976), welche mit ihrem Entscheidungsmodell erstmalig die Irrationalität von Entscheidungsprozessen in Unternehmen aufgezeigt haben.

315

B e i s p i e l e für solche zentral finanzierten, strategischen F&E-Projekte sind die „Top-Projekte" von Bosch, d i e „Golden B a d g e Special Projects" von Sharp, die „Core R & D " und „Strategie Business Projects" von Hitachi s o w i e die „Core Projects" von Siemens und N E C .

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

185

Ist die Projektbeteiligung entschieden und sind die Teams an den Standorten zusammengestellt, beginnt der Zielfindungsprozess, der in transnationalen F&E-Projekten einen hohen Komplexitätsgrad aufweist. Die Projektakteure haben unterschiedliche Zielvorstellungen: Zielkonflikte bestehen zwischen den Funktionalbereichen Produktion

F&E (raffinierte Produkte),

(fertigungsgerechte Produkte), Marketing (kundenorientierte Produkte) und

Logistik (lager- und transportierbare Produkte). 316 Zu diesen klassischen Zielkonflikten tritt in transnationalen Projekten der regionale Aspekt. So streben die Vertreter der Produktsparten eine globale Standardisierung an, während die Ländervertreter jeweils länderspezifische Produktvarianten fordern. Jeder Standort versucht, mit Marktprognosen die Bedeutung seiner Variante für den Produktumsatz zu unterstreichen. 317 Zudem strebt jeder Standort einen hohen Entwicklungs- und Fertigungsanteil an, um seine Kapazitäten auszulasten und eigene Kompetenzen in verschiedenen Technologiegebieten aufzubauen. Die unterschiedlichen Anforderungen der beteiligten Interessengruppen können dazu führen, dass bei der Zielfestlegung nur der kleinste gemeinsame Nenner zustande kommt. Dies kann zu langwierigen Zieldiskussionen führen, bei denen alle Projektakteure nur noch dem Kern des Konzeptes zustimmen („Concept Peeling"). 318 Der Projektleiter muss ein guter Moderator sein, um dies zu vermeiden und die heterogenen Projektakteure auf gemeinsame Projektziele einzuschwören. 319 Der Zielfindungsprozess wird zum Teil bereits überlagert durch die Konzeptfindung, in der bereits die Systemarchitektur entworfen wird. In der interlokalen Entwicklung ist die extensive Konzeption der Systemarchitektur ein kritischer Erfolgsfaktor. Die Schnittstellen zwischen den Modulen sind klar zu definieren. Dabei ist darauf zu achten, dass eine Änderung in einem Modul möglichst geringen Einfluss auf andere Module hat. Die dadurch erreichte Stabilität kann den späteren Änderungsaufwand und damit die erforderliche Interaktionsintensität zwischen den dezentralen Teams reduzieren. Ferner ermöglicht die Stabilität ein standardisiertes Berichtswesen im Projekt. Für eine derart stabile Systemarchitektur muss umfangreiches architektonisches Wissen unter den Mitgliedern des Kernteams geteilt werden. Der Aufbau einer gemeinsamen Wissensbasis geht einher mit dem Aufbau von Wissensredundanzen im Projektteam, der die weitere Projektkommunikation erleichtert. Da weite Teile dieses Wissens impliziter Natur und nur in

316

Vgl. D e c h a m p s et al. (1994); Seidel (1996); Brockhoff (1994), S. 4 3 8 f.

317

Vgl. Abschnitt 3.1.1.1.

318

Hedlund, Riddersträle (1994), S. 8.

319

Barczak, W i l e m o n ( 1 9 9 2 ) zeigen in ihrer Untersuchung von 114 Projektleitern, dass der Projekterfolg stark davon abhängt, o b der Projektleiter selbst die Projektziele verstanden und akzeptiert hat; vgl. S. 66.

186

Kapitel 6

den Köpfen der Projektmitarbeiter gespeichert sind, kommt den bereits erwähnten Externalisations- und Sozialisationsprozessen in der Konzeptionsphase eine grosse Bedeutung zu. 320 Die Definition der technischen Schnittstellen weist auch einen sozialen Aspekt auf: Jeder Teamleiter strebt möglichst hohe Toleranzen in den Schnittstellen seines Moduls an, da dies mit erhöhter Sicherheit für seine Modulentwicklung verbunden ist (Angsttoleranzen). Hohe Toleranzen sind jedoch mit höheren Kosten bei geringerer Leistung des Systems verbunden. Der Projektleiter hat daher darauf zu achten, dass das Sicherheitsdenken nicht zu übermässig hohen Toleranzen führt. Um den modularen Ansatz erfolgreich implementieren zu können, muss der Projektleiter ein hochkarätiger Systemarchitekt sein. 321 Dieser bündelt die funktionalen Elemente des Systems zu Komponenten, definiert klare Schnittstellenstandards und -protokolle und weist die Entwicklungsaktivitäten einzelnen Spezialistenteams zu. Bei der Dekomposition des Systems ist Risikostreuung zu vermeiden und das technische Risiko auf ein Modul zu konzentrieren. Dieses Modul ist einer hochkompetenten Organisationseinheit zuzuordnen, die sich insbesondere durch hervorragende Managementfähigkeiten auszeichnet. Häufig ist die Risikokonzentration schwer zu erreichen, da die Risikostreuung im Portfoliodenken verankert ist und zudem möglichst jeder Teamleiter das Risiko auf andere Standorte verlagern möchte. 322

6.1.3

Interlokale Bausteinphase

In der Bausteinphase finden Entwicklung, Test und Kommerzialisierung statt. Diese Aktivitäten sind detaillierter, strukturierter und weniger interdependent als in der Wolkenphase. Während in der Wolkenphase die zieladäquate Konzepterstellung wichtig ist, steht in der Bausteinphase die effiziente Konzeptimplementierung im Vordergrund. Da in dieser kostenintensiven Phase der grösste Teil der Projektressourcen verbraucht wird, ist ein ressourcenund zeitorientiertes Projektmanagement erforderlich.

320

32

'

322

Yg] Abschnitt 5.1.3. Eine solide Systemarchitektur kann darüber hinaus die Basis für spätere Produktverbesserungen darstellen, bei denen nur noch einzelne Komponenten ersetzt werden; vgl. Henderson, Clark (1990), S. 11; Ulrich (1995), S. 427; Ulrich, Tung (1991), S. 75; Erens, Verhulst (1996b), S. 6. Zudem fördert diese die Durchsetzung von industrieweiten dominanten Designs und erhöht den Wettbewerb unter den Lieferanten; vgl. Tushman, Rosenkopf (1992), S. 200 f. Hochkarätig im Sinne von Heavyweight-Projektmanager von Wheelwright, Clark (1992), S. 194 f. Siehe Abschnitt 5.1.2.

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

Bei

positiver

Ausprägung

der

187

Determinanten

interlokaler

Projektdurchführung

(Innovationstyp, Aufgabentyp, Wissensmodus und Ressourcenbündelung) können in dieser Phase die modularisierten Entwicklungsaktivitäten interlokal durchgeführt werden. Organisationsformen bestehen dabei aus Selbststeuerung, Systembeauftragtem und Kernteam. 3 2 3 Diese Phase erfordert eine straffe Schnittstellenkoordination, verbunden mit

situativen

Spezialistenteams zur Lösung von Fachproblemen. In dieser Phase reduziert sich das Teammanagement auf die Koordination virtueller F&ETeams. Die Vertretung der Projektinteressen beim Ressourceneinsatz an den beteiligten Standorten gewinnt hier an Bedeutung. Da der Projektleiter nicht an allen Standorten der dezentralen Teams gleichzeitig sein kann, besteht die Gefahr, dass die Projektinteressen vernachlässigt werden. Dies wird verstärkt bei den Organisationsformen, bei denen der Projektleiter

geringe

Weisungsbefugnisse

gegenüber

seinen

Projektmitarbeitern

hat

(Selbststeuerung, Systembeauftragter). Bei strategischen F&E-Projekten führt die Vernachlässigung der Projektinteressen zu suboptimalen Prioritäten und Fehlallokationen. Damit die Projektinteressen an den dezentralen Standorten vertreten werden, muss es starke Interessenvertreter des Projektes geben (Projektadvokaten), die mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet sind. Projektadvokaten können Personen mit klassischen Rollen wie Projektleiter, Lenkungsausschuss oder Promotoren sein, aber auch bisher vernachlässigte Rollen wie das Kernteam oder der Systembeauftragte. Ein solches „Empowerment" der Projektadvokaten ist erforderlich, da die dezentralen Teams stark dem Einfluss lokaler Interessengruppen

wie der Linienorganisation

ausgesetzt sind. Diese

Interessengruppen

können lokale F&E-Aktivitäten vor die transnationalen Entwicklungsaktivitäten stellen. Den Mitgliedern eines Kernteams kommt dabei häufig eine Doppelrolle zu: Im Projekt treten diese als Vertreter der Länderinteressen auf, in ihren heimischen Standorten als Projektadvokaten. Ein guter Projektleiter zeichnet sich dadurch aus, dass er dem Kernteam eine Projektvision vermitteln kann. Die Mitglieder des Kernteams müssen sich mit den Projektzielen identifizieren und diese ihren lokalen Teams vermitteln können. Für sie gelten daher ähnliche Anforderungen wie für den Projektleiter selbst: hohe personelle Kontinuität, Kommunikationsfähigkeit, Empathie, interkulturelle Sensitivität. Bei Ciba-Geigy werden die Schlüsselentscheidungen auch in transnationalen Projekten in enger Interaktion von Team und Lenkungsgremium getroffen. Zum Empowerment gehört dort die Kreation eines positiven Spannungsfeldes zwischen Teams und Lenkungsgremien, aus dem man sich eine Förderung von Risikobereitschaft und Fähigkeit zur Ideengenerierung erhofft.

323

Vgl. Abschnitt 5.2.

188

Kapitel 6

Für die Sicherstellung des Zugriffes und der freien Verfügung auf seine Ressourcen in der interlokalen Bausteinphase ist es notwendig, dass der Projektleiter direkt an eine hohe Stelle berichtet. Es kann zu erheblichen Problemen führen, wenn der Projektleiter nur an den Leiter seiner Regionalgesellschaft berichtet, aber auf Projektmitarbeiter in anderen Gesellschaften oder Sparten zurückgreifen soll. Im Idealfall berichtet der Projektleiter eines transnationalen F&E-Projektes an einen international zusammengesetzten Lenkungsausschuss, der direkt unterhalb der Unternehmensleitung angesiedelt ist und daher selbst über umfangreiche Befugnisse innerhalb des Konzerns verfügt (interne Vollprokura des Lenkungsausschusses). Der Projektleiter des „Common Technology"-Projektes von ABB war anfangs der schwedische Chef der Business Area Stromübertragung selbst, der zuvor bereits Entwicklungsleiter der Transformatoren in Schweden war. 324 Später hatte dieser die Projektleitung an einen schwedischen ausgewiesenen Experten in Transformatoren übergeben. Die Machtpromotion des Projektes wurde jedoch gesichert durch die Gründung eines Lenkungsausschusses, in dem er selbst und die Ländervertreter, die das Projekt formell in Auftrag gegeben hatten und finanzierten, vertreten waren. Da der Lenkungsausschuss zur Steuerung des gesamten Projektes mangels Expertenwissen zum Teil nicht in der Lage war, wurden technologie- bzw. komponentenspezifische Fachgremien zur Beurteilung der Projektaktivitäten gegründet. Die Fachgremien hatten zusätzlich die Aufgabe, Synergien zu anderen Projekten aufzuzeigen, so dass Doppelentwicklungen weiter reduziert werden konnten. Beispielsweise stellte die Isolationstechnik des „Common Technologies"Projekt ein gemeinsames Problemfeld mit der Selbstblastechnik an Schaltern. Das Expertenwissen in den Fachgremien dient hauptsächlich der Entscheidungsunterstützung im Steering Committee und in der Projektleitung. Auf operativer Ebene wurden situativ Spezialistenteams gegründet, um technische Schnittstellenprobleme zu lösen. Der Lenkungsausschuss ist als Steuerorgan für die Gestaltung der Rahmenbedingungen des F&E-Prozesses verantwortlich. So gewährleistet dieser den Durchgriff des Projektleiters auf kritische Ressourcen und Kontinuität in der Zielvorgabe. Der Ausschuss erarbeitet die Projektziele in enger Interaktion mit dem Kernteam und begleitet den Entwicklungsprozess als Promotor und Sounding-Board. Um solchermassen in transnationalen F&E-Projekten von strategischer Bedeutung stabile Rahmenbedingungen garantieren zu können, ist eine internationale und funktionsübergreifende Zusammensetzung des Lenkungsschusses notwendig. Typische Mitglieder sind Bereichs-, F&E-, Marketing-, Produktionsleiter sowie die Leiter der beteiligten Regionalgesellschaften. Ein hochrangiger Lenkungsausschuss erhöht die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kommerzialisierung der Projektergebnisse.

324

Vgl. dazu die Abschnitte 3.1.3 und 3.2.1.

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

189

Das aus modularisierten F&E-Projekten abgeleitete Zweiphasenmodell ist auch auf Pharmaund Chemieprojekte anwendbar. BASF unterstreicht die Differenzierung in Wolkenphase und Bausteinphase, indem sie in den frühen Phasen des F&E-Prozesses nicht von einem „Projekt", sondern nur von „Aktivitäten" spricht. Auch Bayer setzt Meilensteine und Entscheidungssitzungen erst in der präklinischen Phase ein, bei der das Projekt formell gestartet wird.

Präkli

Klinik

'zialisierung

Bausteinphase

Wolkenphase Meilensteine Entscheidungssitzungen

I H M

Geschäftsleitung Projekt-Committee







n

i

Projekt-Ausschuss

1 M

i

m j I

Projektmanager I National Project Coordinator [_ Zentrales Projektmanagement I

Meilensteine 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Präsentation des Wirkstoffes, Projekt-Go Antrag auf Freigabe zur klinischen Prüfung Genehmigung der klinischen Prüfung Beginn der klinischen Prüfung Abschluss der klinischen Prüfung Zulassungsantrag Zulassungserteilung Preis- oder Erstattungsgenehmigung Ausbietung

Quelle:

Projektmanual, Interview Bayer.

Abb. 65:

Zweiphasenmodell

des F&E-Prozesses

I notwendige Projektbeteiligung j fakultative Projektbeteiligung

Entscheidungssitzungen A Aufnahme der Entwicklung B Beginn der klinischen Vorstellung C "Stop-or-go"-Entscheidung D Zulassungsantrag E Ausbietung

bei Bayer

190

Kapitel 6

Die erfolgreiche Durchführung der interlokalen Bausteinphase erfordert eine starke Beachtung der intralokalen Wolkenphase. Ist in der Wolkenphase das Fundament gebaut, so kann die Bausteinphase interlokal durchgeführt werden. Die dezentralen Modulentwicklungen sind dabei unter Effizienzaspekten straff zu koordinieren.

6.1.4

Koordination der Projektaktivitäten

Die Arbeitsteiligkeit in F&E-Projekten steigt mit zunehmendem Internationalisierungsgrad. Die Entwicklungsaktivitäten, die arbeitsteilig an verschiedenen Standorten durchgeführt werden, sind auf ein übergeordnetes Projektziel auszurichten. Dazu ist Koordination in technischer, zeitlicher, ökonomischer, sozialer und intentionaler Hinsicht erforderlich. 325 Die Höhe des Koordinationsbedarfs in einem transnationalen F&E-Projekt wird von mehreren Einflussfaktoren bestimmt, wobei unterschiedliche Interessen der Projektakteure, soziokulturelle Differenzen und geographische Distanzen zu den wichtigsten zählen (vgl. Abb. 66). Zur Abstimmung transnationaler F&E-Projektaktivitäten verwenden die untersuchten Unternehmen vielfältige Koordinationsinstrumente. Die Instrumente lassen sich in Planung, Formalisierung, Gremien, Personen und Sozialisation kategorisieren, wobei die Koordination durch Planung und Formalisierung einen formelleren Charakter hat als die Koordination durch Personen und Sozialisation (vgl. Abb. 67). 326 Aus den Interviews ergab sich, dass Planungsinstrumente wie Projektfortschrittsberichte und Dokumente zur Definition der Schnittstellenspezifikationen eine hohe Bedeutung für die Projektkoordination haben. Klassische Projektpläne (Termin, Kosten, Kapazität) können die Projektkoordination unterstützen. Formalisierung, die sich in Handbüchern, Stellenbeschreibungen und Standortmissionen niederschlägt, ist aufgrund der Diskrepanz zwischen Soll- und Ist-Prozessen für die Koordination eher unbedeutend. Die Bedeutung der Informationstechnologien wurde in einigen Unternehmen als sehr hoch (z. B. IBM, Ciba-Geigy), in anderen Unternehmen als unterstützend eingestuft (z. B. MTU).

325

Frese ( 1 9 8 7 ) , S. 200, versteht unter Koordination „das Ausrichten arbeitsteiligen System auf ein übergeordnetes Gesamtziel."

32

D i e Unterscheidung in formelle und informelle Instrumente geht zurück auf Martinez, Jarillo (1989), S. 4 9 0 ff.. Bis in die 80er Jahre hinein beschränkten sich Untersuchungen zur internationalen Koordination auf die Betrachtung von „gegenständlichen" Koordinationsinstrumenten wie Handbücher, Manuals, Richtlinien und Budgetberichte. Später verbreitete sich eine Kategorisierung in strukturelle, technokratische und personenorientierte Instrumente, bei der jedoch der formelle Aspekt der Koordination überbetont wird. Siehe hierzu Macharzina ( 1 9 9 2 ) , S. 9 ff., Welge ( 1 9 8 0 , 1989), Slipsager (1979), S. 2 1 0 f. s o w i e zu deren Kritik Kenter (1985), S. 83, W o l f (1994), S. 118 f.

^

von Einzelaktivitäten

in

einem

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

Ausbildungssystem

191

Tradition

Religion

Unterschiedliche Infrastruktur Landesspezifische Normen/Standards Einsatz von Informationstechnologien problematisch Technische Koordination

Differenzen in Problemlösungsstrategien

Geographische Distanzen Unterschiedliche Zeitzonen Intentionale Koordination

Geringer Durchgriff des Projektleiters

Schwieriges Teambuilding

Wechselkursschwankungen Unterschiedliche Interessen der Projektakteure Profit Center Denken

_^Jransferpreis. Problematik

Eigentum ' der Projektergebnisse

Unstandardisierte Entwicklungsprozesse

Zeitliche Koordination

Besteuerungsproblem

Länderspezifische Genehmigungsverfahren

Nationale Gesetze Koordinationsbedarf

Abb. 66:

Netzwerk wichtiger Einflussfaktoren auf den in transnationalen

Koordinationsbedarf

F&E-Projekten

Die projektbezogenen Gremien wie Lenkungsausschüsse und Fachausschüsse wurden von der überwiegenden Zahl der Befragten als sehr wichtig für die Koordination der transnationalen F&E-Aktivitäten wahrgenommen. Nichtprojektbezogenen Gremien, wie Stäbe des Chief Technology Officers (CTO bei ABB), Strategieausschüsse und funktionale Gremien, wird eine geringe Bedeutung beigemessen. Der Koordination durch Personen und durch Sozialisation kommt eine hohe Bedeutung zu, wobei diese in den japanischen Unternehmen nochmals höher als in den westlichen Unternehmen eingeschätzt wurde.

192

Kapitel 6

Formelle Koordination

Planung Projektpläne

Rahmenpläne

• Projektstrukturplan, Terminplan, K o s t e n - f k plan, Kapazitätsplan

• Transferpreise für Entwicklungsleistungen, Auftragsvertäge

• Projektfortschrittsberichte, Meilensteine

• F&E-Programme, -Strategien, Technologieportfolios

^

• Konstruktionszeichnungen, Spezifikationen und Toleranzen an Schnittstellen ^ ^

3 3

Formalisierung Programmierung

EDV

• Entwicklungshandbücher und -richtlinien, Projekt-Manuals

3

• Projektmanagement-Systeme, Netzplantechniken (CPM, MPM, PERT, GERT)

• Stellenbeschreibungen

O

• F&E-Pollcies, "Missions" der F&EStandorte

O

Sonstige Informations- und Kommunikationstechnologien

A W

3

Gremien Projektbezogen

Projektübergreifend

• Lenkungsausschüsse, Steering Committees

• Strategieausschüsse für F&E • CTO, Komitees, Stäbe zum internationalen Technologietransfer

• Projekt(fach-)ausschüsse

• Gremien der Funktionalbereiche (F&E, Produktion, Marketing)

O

o 3

Personen Projektbezogen

Projektübergreifend

• Projektleiter

«P

• Liason-Personen, Gatekeeper

• Systembeauftragter

( J

• Promotoren (Macht-, Fach-, Prozess-)

V..P

• Kernteam, Leiter der dezentralen Subteams

A

• Informelle Kommunikation über Telefon, âjêh

^

E-Mail, Videokonferenzen

• Personaltransfer

• Ad-hoc-Besuche

3

Sozialisation Projektbezogen

Projektübergreifend

• Leistungs- und Anreizsysteme (z. B. Prämien bei Projekterfolg)

• Entwicklung einer übergreifenden Organisationskultur, Normen, Werte; Instrumente: Job-Rotation, Personaltransfer, Ad-hoc-Besuche, Konferenzen

• Projektkultur, Entwicklung von Teamgeist

Informelle Koordination

• Gemeinsame Projektvision, Ziele

Bedeutung für die Koordination in transnationalen F&E-Projekten:

Abb. 67:

Koordinationsinstrumente

in transnationalen

niedrig

F&E-Projekten

Die Gründe für den hohen Stellenwert von Personen und Sozialisation zur Koordination können in zwei Aspekten gesehen werden: Grosse Teile des Koordinationswissens wie prozedurales Erfahrungswissen und soziales Wissen sind implizit. Übertragung, Transformation

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

193

und Aufbau von implizitem Wissen erfordern persönliche Nähe. 327 Projektleiter, Systembeauftragter und Mitglieder des Kernteams müssen in persönlichem Kontakt mit den dezentralen Teams stehen. Während beim Ventureteam dieser Kontakt durch die räumliche Zentralisierung gegeben ist, werden bei den anderen Organisationsformen umfangreiche Reisen erforderlich. Zusammenfassend ist zu sagen: Das Zweiphasenmodell bietet einen Gestaltungsrahmen für das Management transnationaler F&E-Projekte. Die Differenzierung in intralokale Wolkenphase und interlokale Bausteinphase zeigt, dass beide Phasen grundsätzlich unterschiedlichen Charakter aufweisen und daher ein unterschiedliches Management erfordern. In der Wolkenphase wird das Fundament für die Bausteinphase gelegt: Auf rationaler Ebene müssen hier Arbeitspakete klar definiert, eine robuste Systemarchitektur mit stabilen Schnittstellen geschaffen und das Projektrisiko auf ein Modul konzentriert werden. Auf emotionaler Ebene sind in der Wolkenphase Interessenkonflikte zu klären, Projektvision und -ziele zu schaffen, Kooperationskultur

und

Teamgeist

zu

entwickeln.

Die

emotionale

Ebene

erfordert

vertrauensbildende Massnahmen und offene Kommunikation. In der interlokalen Bausteinphase wird eine effiziente Implementierung der Konzepte angestrebt. Hier sind intensive Real-time-Information zwischen den dezentralen Teams und straffe Koordination erforderlich. Bei der Koordination haben die informellen Instrumente (Personen, Sozialisation) eine höhere Bedeutung als die formellen (Planung, Formalisierung). Eine klare Trennung dieser Phasen ist die Basis für ein fokussiertes Management transnationaler F&EProjekte.

6.2 Gestaltungsfeld Technologie In transnationalen F&E-Projekten stellen die Informations- und Kommunikationstechnologien (IT) aufgrund der Komplexität und räumlichen Distanzen die wichtigste Technologieform dar. 328 In der interlokalen Bausteinphase ist der IT-Einsatz unentbehrlich. Im folgenden Abschnitt werden Einsatzmöglichkeiten von IT-Instrumenten in transnationalen F&E-Projekten dargestellt und bewertet, wobei auch der Projektdynamik Rechnung getragen wird.

327

Vgl. dazu Abschnitt 5.1.3.

328

Vgl. Granstrand, Häkanson, Sjölander (1993), S. 4 1 5 ; Cheng, B o l o n (1993), S. 4; D e Meyer ( 1 9 9 2 ) , S. 176 f., (1993b), S. 116 und insbesondere De Meyer (1991, 1990). Unter Informationsund Kommunikationstechnologien wird in Anlehnung an Stadelmann (1996), S. 138, die Gesamtheit aller Konzepte und Werkzeuge (Hardware, Middleware, Anwendungssoftware) zur Kommunikation und Informationsspeicherung/-bearbeitung/-übermittlung verstanden.

194

Kapitel 6

6.2.1

Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnologien

In F&E-Projekten kommt der Information und Kommunikation eine zentrale Bedeutung zu. Zwischen Kommunikationsintensität und F&E-Projekterfolg konnte eine eindeutig positive Korrelation nachgewiesen werden. 3 2 9 Andererseits stellt die Projektkommunikation traditionell eines der wesentlichen Produktivitätsprobleme in der F&E dar. 3 3 0 In transnationalen F&E-Projekten wird dieses Problem aufgrund geographischer Distanzen, unterschiedlicher Zeitzonen und soziokultureller Differenzen weiter verschärft. Wie Allen (1977) in seiner vielzitierten empirischen Untersuchung aufzeigte, nimmt die Wahrscheinlichkeit der Kommunikation P(K) zwischen zwei F&E-Mitarbeitern mit zunehmender physischer Distanz D zwischen F&E-Mitarbeitern deutlich ab. Die logarithmische Beziehung zwischen P(K) und D konnte sowohl im Mikrobereich (Meterdistanz) als auch im Makrobereich (Kilometerdistanz) nachgewiesen werden. 3 3 1 Aufgrund des Kommunikationsproblems

bei

geographischen

Distanzen

gewinnt der Einsatz

von

Informations-

und

Kommunikationstechnologien (IT) in den interlokalen Projektphasen stark an Bedeutung. Die zunehmende Unterstützung industrieller F&E-Prozesse durch IT beschränkte sich anfangs auf die Effizienzsteigerung. Erst seit den 90er Jahren werden auch verstärkt Informationsverarbeitung und Konstruktionstätigkeiten in der F&E unterstützt. 3 3 2 Auf internationaler Ebene ist dies durch die verbesserte IT-Infrastruktur möglich. 3 3 3 Die Unterstützung von virtuellen F&E-Teams in transnationalen Projekten stellt dabei die grössten Anforderungen an IT, wie auch Howells (1995) konstatiert: „The establishment of a scientific and technical team located at several different sites but working on the same project represents the most far-reaching aspect of the use of IT in R&D." 3 3 4

329 Ygi j j g empirische Untersuchung von Ebadi, Utterback (1984). 330

Vgl. De Meyer (1991), S. 49.

331

Vgl. Allen (1977), S. 236 ff.

332

Vgl. De Meyer (1991), S. 49.

333

Die verbesserte Infrastruktur in den Schwellenländern erhöhte auch deren Attraktivität als Zielort für eine Verlagerung von F&E-Aktivitäten; vgl. Abschnitt 2.1.2. und De Pury, Hauser, Schmid (1995), S. 51. Um die F&E-Attraktivität zu erhöhen, haben beispielsweise die Latin America Academy of Science und die U N E S C O damit begonnen, ein telematisches Netz aufzubauen, das den elektronischen Datenaustausch per Telefon ermöglicht. Zum Aufbau von Computer-Kommunikationsnetzwerken in Lateinamerika und Afrika siehe Bellman, Tindimubona, Arias (1994).

334

Howells (1995), S. 176.

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

195

Die Erfahrung zeigt, dass die Reisetätigkeit weiterhin eine wichtige Rolle spielt, aber zunehmend durch den Einsatz moderner IT substituiert wird. 3 3 5 Die Kosten für IT betrugen bei den meisten untersuchten Unternehmen weniger als 10 % des gesamten F&E-Budgets und wurden als sekundär eingestuft. IT können zwar Face-to-face-Treffen nicht ersetzen, jedoch die Abstände zwischen diesen verlängern. Persönlicher Kontakt ist weiterhin erforderlich beim Aufbau von Vertrauen, bei kulturell sensitiven Problemen und bei politisch brisanten Entscheidungsprozessen. Erfordern Problemlösungs- oder Entscheidungsprozesse mehrere Diskussionsrunden in kurzen Zeitabständen, so sind Reisen (intralokale Projektphasen) dem IT-Einsatz vorzuziehen. 3 3 6 Dagegen sind die indirekten Kosten des Nicht-Einsatzes von IT durch Reisen beachtlich hoch. Für das persönliche Zusammenkommen

eines dezentralen Teams entstehen

zum

Teil

erhebliche Reisekosten und -Zeiten. Die durch Reisen entgangenen Arbeitszeiten sind als Opportunitätskosten in die Kostenbetrachtung miteinzubeziehen. Die Opportunitätskosten können immens hoch sein, wenn in diesem Team Spezialisten arbeiten, die an ihrem heimischen Standort einen kritischen Engpassfaktor darstellen und daher unabkömmlich sind. Dies tritt beispielsweise ein, wenn die Spezialisten parallel zum Projekt auf dem kritischen Pfad eines anderen Projektes tätig sind. Zudem sind die sozialen Kosten von Reisen zu berücksichtigen. Extensive Reisetätigkeiten sind mit Stress verbunden und können einen unmittelbaren Abfall an Kreativität und Motivation verursachen. Dieser wirkt sich wiederum direkt auf Effizienz und Effektivität der Projektarbeit aus. Die Immobilität von Projektmitarbeitern kann auch in der mangelnden Bereitschaft der Familie begründet sein, für längere Zeit in ein anderes Land umzuziehen oder die permanente Abwesenheit des betreffenden Familienmitgliedes zu akzeptieren. Ferner bleiben Spezialisten gerne unter sich, da durch die Homogenität der Gruppe eine soziale Sicherheit entsteht. Der Immobilitätsfaktor gewinnt bei einer mehrjährigen Projektdauer und bei ungenügenden Repatriierungsmassnahmen nach Beendigung des Projektes an Brisanz. 3 3 7

335

D i e Reisekosten als Indikator für Reisetätigkeiten sind beispielsweise bei I B M mit der breiten Einführung von Videokonferenzen drastisch gesunken.

336

Häufig entscheidet über die Frage „Reisen oder IT" die Möglichkeit, ob mit der Reise ein weiteres Treffen verbunden werden kann. „Can travel kill several birds with one round-trip ticket? S o m e t i m e s a secondary mission can give traveling the e d g e over telecommunicating." O'Hara-Devereaux, Johansen (1994), S. 143.

337

Y g | z u ( ] c n Problemen der temporären Personalentsendung und -repatriierung Kenter ( 1 9 8 9 ) , Sp. 1933 f. und Gaugier (1989), Sp. 1939 f., zur Rolle der Familie bei der Personalentsendung Gross (1994), S. 9 9 ff.

196

Kapitel 6

6.2.2

Anforderungen an IT

Der Einsatz von IT in transnationalen F&E-Projekten hat vier Anforderungen zu erfüllen (vgl. Abb. 6 8 ) : 3 3 8

1. Koordination dezentraler Projektaktivitäten 2. Austausch technischer Information 3. Förderung von Kreativität 4. Entwicklung eines informellen Netzwerkes

Emotionale Ebene: • Soziale Präsenz

Abb. 68:

Anforderungen

von IT in transnationalen

F&E-Projekten

Von Boehmer (1994), S. 349 unterscheidet Informationsanforderungen für F&E-Planung und -Kontrolle nach strategischen, taktischen und operativen Aufgaben. Dieser Differenzierung soll hier nicht gefolgt werden, da die Internationalität von F&E-Projekten nicht hinreichend berücksichtigt ist.

Gestaltungsfelder transnationaler F&E-Projekte

Die Koordinationsunterstützung

197

und der Austausch technischer Information erfordern

Medien, die durch einen hohen Grad an Informationsreichhaltigkeit gekennzeichnet sind. 339 Eine standortneutrale Bereitstellung von zeitlicher und technischer Information ohne zeitliche Verzögerungen steht im Vordergrund. Der Aktualitätsgrad von Information, z. B. Schnittstellenspezifikationen, ist von grosser Bedeutung. Die rationale Ebene der Kommunikation dominiert. „A final element in the changing... location of R & D and its information profile has been the expansion of on-line information and communication networks... The development on an intrafirm basis of private computer communication networks and use of on-line information systems have evolved out of the computing requirements of the research operation and the subsequent development of transmission capabilities to remote s i t e s . " 3 4 0

Bei der Förderung von Kreativität und der Entwicklung eines Netzwerkes erscheinen hingegen Medien vorteilhafter, die einen hohen Grad an sozialer Präsenz vermitteln können. Kreativität erfordert umfangreiche Ad-hoc-Kommunikation, bei welcher der Kommunikationsbedarf ungeplant auftritt. Ebenso lassen sich Aktivitäten des Vertrauensaufbaus und der Entwicklung von informellen Beziehungen kaum zeitlich festlegen. Die emotionale Ebene der Kommunikation spielt eine grosse Rolle. Eine Annäherung an die Face-to-face-Kommunikation können Medien erreichen, die breite Bereiche der non-verbalen Kommunikation (z. B. Körpersprache, Gestik) und Dialogorientierung (wechselseitiger Informationsaustausch) ermöglichen, z. B. Videokonferenzen.

6.2.3

Ausgewählte IT-Instrumente

Eine ganzheitliche Bewertung von IT in transnationalen F&E-Projekten wurde 1996 in einem Experten-Workshop bei IBM vorgenommen. Dabei wurde insbesondere auf die oben erwähnten vier IT-Anforderungen eingegangen (Abb. 69). 341 Informationstechnologische Grundlage für zahlreiche IT-Instrumente ist die Vernetzung der Kommunikationsendgeräte. Die wichtigste Nutzungsform für die Datenkommunikation sind Rechnernetze: LAN (Local Area Network) konzentrieren sich auf ein Gebäude oder Betriebs-

339

Siehe zu „Information richness" insbesondere Trevino, Lengel, Daft (1987).

340

Howells(1990), S. 142.

34

Begriffliche Überschneidungen wurden bei dieser anwenderorientierten Sichtweise bewusst in Kauf genommen, z. B. Electronic Calender als Teilmenge der Groupware. Zur Erläuterung von CASE (Computer Aided Software Engineering) und Client/Server-Modell siehe Stahlknecht (1995), S. 153, 308.

'

198

Kapitel 6

gelände; W A N (Wide Area Network) sind Fest- oder Funknetze zwischen geographisch entfernten, unabhängigen Rechnern; GAN (Global Area Network) sind kontinentübergrei-

Informationsaustausch





Telefax

o

3 O 9

Telefonkonferenzen Videokonferenzen

• •

E-Mail, Memos LAN/WAN/GAN Electronic Calendar Foren Software-Library (Datenbank) File Transfer Remote Systems ProjektmanagementSysteme Groupware Intranet Client/Server Umgebung CASE Tools CAD

3 O a o 3 o o a a a o o



3