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German Pages 187 Year 2005
Gesellschaftsrechtliche Vereinigung (Hrsg.) Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2004 Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung
Schriftenreihe der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung (HrsgJ Band9
Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2004 Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung (VGR) herausgegeben von der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung mit Beiträgen von
Dr. iur. Hartwin Bungert LLM. (University of Chicago) Rechtsanwalt, Düsseldorf
Richard Levitt Sollcltor, L.ondon
Prof. Dr. iur. Ulrich Noack Universitätsprofessor, Düsseldorf
Dr. iur. h.c. Volker Röhricht Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe
Prof. Dr. iur. Erich Samson Universitätsprofessor, Harnburg
Dr. iur. Jürgen Taschke Rechtsanwalt, Frankfurt aM.
2005
Verlag
Dr.OftoSchmidt Köln
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 3-504-62709-3 © 2005 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Textformatierung: A. Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: Boyens, Heide Printed in Germany
Vorwort Die 7. Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung hat am 5. November 2004 in Frankfurt mit 270 Teilnehmern stattgefunden. Damit ist die Teilnehmerzahl gegenüber dem Vorjahr nochmals gestiegen. Seinen traditionellen Rechtsprechungsbericht erstattete der Vorsitzende des II. Zivilsenats beim BGH, Herr Dr. Volker Röhricht, in diesem Jahr zum siebten Mal. Im Zentrum standen die bekannten Entscheidungen zum Verhältnis von Auskunfts- und Anfechtungsrecht des Aktionärs (ThyssenKrupp), zur Unzulässigkeit von Aktienoptionen als Vergütungsinstrumente für Aufsichtsratsmitglieder (Mobilcom), das Verhältnis der Infomatec-Urteile über die persönliche Haftung von Organmitgliedern für fehlerhafte Ad hoc-Mitteilungen und die geplanten Neuregelungen des Gesetzgebers im KapInHaG sowie schließlich die aufsehenerregende Gelatine-Entscheidung, die die Holzmüller-Rechtsprechung konkretisiert und ausufernde Interpretationen zum Anwendungsbereich dieser Rechtsprechung auf ein angemessenes Maß zurückgestutzt hat. Das Urteil des Senats vom 24. November 2003 über die Kreditgewährung an Gesellschafter aus gebundenen Vermögen der GmbH, das die Praxis insbesondere im Hinblick auf die Zulässigkeit von Cash Pool-Systemen bewegt, wurde demgegenüber ausgespart, da die Breite der Thematik den Rahmen eines Überblicks über die aktuelle Rechtsprechung gesprengt hätte. Eine weitere Abteilung war den Veränderungen gewidmet, die das beabsichtigte Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) für die Hauptversammlungspraxis mit sich bringen wird. Mit Herrn Professor Dr. Ulrich Noack und Herrn Rechtsanwalt Dr. Hartwin Bungert, Düsseldorf, hatte die VGR zwei Referenten gewinnen können, die in wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht mit Fragen der Hauptversammlung in besonderer Weise befasst sind. Die Referate beruhten noch auf dem seinerzeit vorliegenden Referentenentwurf des UMAG. Für die schriftliche Fassung haben beide Referenten ihre Beiträge an den in der Zwischenzeit vorgelegten Regierungsentwurf angepasst. Für diese Zusatzmühe ist ihnen in besonderer Weise zu danken. Die nächsten Referate behandelten das auf der Grenze von Strafrecht und Gesellschaftsrecht angesiedelte Thema Unternehmensführung und Untreue. Die Geschäftsführungsorgane von Gesellschaften mbH und Aktien-
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Vorwort
gesellschaften sehen sich im Zusammenhang mit nachteiligen unternehmerischen Entscheidungen immer häufiger Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue ausgesetzt, wobei die Konturenlosigkeit dieses Straftatbestandes zunehmend kritisiert wird. Vorstand und Beirat der VGR waren der Meinung, dass es auch für Wissenschaftler und Praktiker des Gesellschaftsrechts wichtig ist, sich mit dieser Problematik im Spannungsverhältnis von unternehmerischer Ermessensausübung und strafrechtlicher Verantwortung zu befassen. Auch dieser Themenkreis wurde von zwei Referenten behandelt, die mit ihm in wissenschaftlicher und praktischer Hinsicht in besonderer Weise vertraut sind, zum einen Herrn Professor Dr. Erich Samson, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht der Bucerius Law School in Hamburg, und zum anderen Herrn Rechtsanwalt Dr. Jürgen Taschke, Frankfurt, der schwerpunktmäßig als Verteidiger in Wirtschaftsstrafsachen tätig ist. Auch im Jahre 2004 hatten Vorstand und Beirat sich entschlossen, noch eine vierte Abteilung aufzunehmen, um die Mitglieder der VGR über die Grundzüge des Rechts der englischen Limited zu informieren, die in Deutschland als Alternative zur Rechtsform der GmbH eine gewisse Verbreitung – allerdings wohl nicht die Bedeutung, die ihr von manchen beigemessen wird – gefunden hat. Richard Levitt, Partner der angesehenen Londoner law firm Slaughter and May, war so freundlich, die Teilnehmer hierüber zu informieren. Dem in englischer Sprache gehaltenen Referat schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Vorstand und Beirat der VGR danken wiederum allen, die zum Gelingen der 6. Jahrestagung beigetragen haben, insbesondere den Referenten, den Diskussionsleitern und den Verfassern der Diskussionsberichte. Ein weiterer Dank gilt abermals Frau Heike Wieland, die im Sekretariat der VGR die Tagungsvorbereitung in Händen hatte. Düsseldorf, im April 2005 Für Vorstand und Beirat der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung Gerd Krieger
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Inhalt* Seite
Vorwort ..................................................................................................
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht Dr. h.c. Volker Röhricht, Karlsruhe Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht I. Relevanz von Auskunftspflichtverletzungen ..............................
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II. Von „Holzmüller“ zu „Gelatine“ ................................................
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III. Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder ...............................
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IV. Haftung von Unternehmensvorständen für fehlerhafte Ad-hocMitteilungen („infomatec“) ..........................................................
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V. Schiedsfähigkeit von Rechtsstreitigkeiten über die Wirksamkeit der Aufbringung des Stammkapitals einer GmbH ...............
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VI. Nutzen und Grenzen von Bestätigungsbeschlüssen der AG-Hauptversammlung ................................................................
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Dr. Marc Löbbe, Mannheim Bericht über die Diskussion des Referats Röhricht ............................
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung Prof. Dr. Ulrich Noack, Düsseldorf Die Reform der Hauptversammlung – insbesondere durch das UMAG I. Zum Thema ...................................................................................
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II. Kernpunkte des UMAG im Organisationsrecht der Hauptversammlung .................................................................................
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Ausführliche Inhaltsverzeichnisse jeweils zu Beginn der Beiträge.
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Inhalt
III. Entwicklung des Rechts der Hauptversammlung auf europäischer Ebene ........................................................................
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IV. Zwischenbilanz der aktienrechtlichen Reformgesetze 1994–2004 ......................................................................................
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V. Das Organ Hauptversammlung in der Zukunft ..........................
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Dr. Hartwin Bungert, LL.M. (University of Chicago), Düsseldorf Die UMAG-Hauptversammlung aus Sicht des Praktikers I. Einleitung ......................................................................................
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II. Einberufung der Hauptversammlung (§ 123 AktG-E) .................
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III. Aktionärskommunikation im Vorfeld der Hauptversammlung bzw. Aktionärsforum (§ 127a AktG-E) ........................................
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IV. Information auf Homepage im Vorfeld und Auskunftsverweigerung in der Hauptversammlung (§ 131 Absatz 3 Nr. 7 AktG-E) ..........................................................................................
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V. Versammlungsleitung: Begrenzung von Rede- und Fragezeit (§ 131 Absatz 2 Satz 2 AktG-E) ....................................................
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VI. Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse .......
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VII. Schlussbemerkung ........................................................................ 101 Jutta Lommatzsch, Düsseldorf Bericht über die Diskussion der Referate Noack und Bungert ........... 103
III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue Prof. Dr. Erich Samson, Hamburg Strafrechtliche Rahmenbedingungen für unternehmerische Entscheidungen I. Einführung ..................................................................................... 109 II. Der Untreuetatbestand in Umrissen ............................................ 110 III. Problemfelder ................................................................................ 114 IV. Analyse der Beispiele .................................................................... 125
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Inhalt
Dr. Jürgen Taschke, Frankfurt am Main „Sichere Häfen“ und Sanktionen gegen Unternehmen I. Einleitung ....................................................................................... 127 II. Das gesicherte Terrain .................................................................. 130 III. Ausblick ......................................................................................... 139 Dr. Marc Langrock, Hamburg Bericht über die Diskussion der Referate Samson und Taschke ........ 143
IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht Richard Levitt, London An Introduction to English Companies I. Types of Companies .................................................................... 152 II. How easy would it be to use an English company for a German business? ........................................................................ 153 III. Company formation .................................................................... 156 IV. Maintenance of Capital ............................................................... 156 V. Corporate Procedures .................................................................. 157 VI. Stamp duty and stamp duty reserve tax ..................................... 161 VII. Directors ....................................................................................... 161 VIII. Shareholder liability and corporate veil ..................................... 164 IX. Company Law Reform ................................................................. 165 Dr. Alexander Kiefner, Frankfurt am Main Bericht über die Diskussion des Referats Levitt ................................. 167
Stichwortverzeichnis ............................................................................ 173
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht Die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht Dr. h.c. Volker Röhricht Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe
19.7.2004 – II ZR 402/02 – 217/03 – 218/03) ......................... 17
I. Relevanz von Auskunftspflichtverletzungen (BGH, Urt. v. 18.10.2004 – II ZR 250/02) .........
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II. Von „Holzmüller“ zu „Gelatine“ (BGH, Urt. v. 26.4.2004 – II ZR 154 und 155/02) ........................................
4
III. Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder (BGH, Urt. v. 16.2.2004 – II ZR 316/02) ........... 12 IV. Haftung von Unternehmensvorständen für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen („infomatec“) (BGH, Urt. v.
V. Schiedsfähigkeit von Rechtsstreitigkeiten über die Wirksamkeit der Aufbringung des Stammkapitals einer GmbH (BGH, Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 65/03) ................................. 23 VI. Nutzen und Grenzen von Bestätigungsbeschlüssen der AG-Hauptversammlung (BGH, Urt. v. 15.12.2003 – II ZR 194/01) ............................... 26
I. Relevanz von Auskunftspflichtverletzungen Wie schon in den Vorjahren soll auch am Beginn des diesjährigen Rechtsprechungsberichts ein kurzer Nachtrag zu meinen Berichten der zurückliegenden Jahre stehen. Auf den Jahrestagungen der VGR 2002 und 2003 hatte ich auf den in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2001 und 20021 vollzogenen endgültigen Übergang der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von Kausalitätserwägungen zur sog. Relevanzlehre bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen einer _______________
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S. dazu Urt. v. 12.11.2001 – II ZR 225/99, BGHZ 149, 158 und v. 25.11.2002 – II ZR 49/01, BGHZ 153, 32.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
AG hingewiesen2. Wird ein solcher Beschluss unter Verletzung von Verfahrensregeln gefasst, die der Sicherung von Teilhabe- und Mitwirkungsrechten der Aktionäre, insbesondere auch von Aktionärsminderheiten, dienen, so ist ein solcher Beschluss anfechtbar. Dies gilt unabhängig davon, ob der Beschluss auch bei korrektem Vorgehen genauso gefasst worden wäre, ob er also mit anderen Worten auf der Rechtsverletzung beruht. Ausschlaggebend ist allein die „Relevanz“ des Verfahrensverstoßes für die Ausübung von Teilhabe- und Mitwirkungsrechten des Aktionärs unter Beachtung des Schutzzwecks der verletzten Verfahrensnorm. Anderenfalls hätte es die Mehrheit in der Hand, sich sanktionslos über die vom Gesetz auch Minderheiten zugedachten Mitwirkungsrechte hinwegzusetzen. Obwohl dieser Paradigmenwechsel in der Ausgangsentscheidung vom 12.11.20013 an einer Informationsrechtsverletzung demonstriert wurde, hatte sie ebenso wie die Nachfolgeentscheidung aus dem Jahre 2002 keine Verletzung des Fragerechts in der Hauptversammlung, sondern jeweils Verfahrensverstöße anderer Art zum Gegenstand. Daran, sowie aus dem Umstand, dass jedenfalls in der Entscheidung vom 12.11.2001 innerhalb der für maßgeblich erklärten Relevanz in einigen Formulierungen noch Reste früherer Kausalitätserwägungen anklangen, mag es liegen, dass die Bedeutung der genannten Entscheidungen für die Anfechtbarkeit rechtswidriger Auskunftsverweigerungen in der Hauptversammlung nicht überall zutreffend erkannt worden ist. Der Senat hat deshalb in einer ganz neuen, bisher noch nicht veröffentlichten Entscheidung vom 18.10.20044 die durch eine einschlägige Anfechtungsklage gebotene Gelegenheit wahrgenommen, seine Rechtsprechung – nunmehr hoffentlich unmissverständlich – klarzustellen. Danach sind, um das Ergebnis vorwegzunehmen, Verletzungen des Auskunftsrechts der Aktionäre in der Hauptversammlung immer relevant. Nach gesetzlicher Regelung (§ 131 Abs. 1 Satz 1 AktG) steht den Aktionären in der Hauptversammlung ein Auskunftsrecht hinsichtlich aller Umstände zu, deren Kenntnis „zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Hauptversammlung erforderlich ist“. Allgemein anerkannter Maßstab ist dabei die Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs, _______________
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S. dazu Röhricht, in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2002, Bd. 6 2003, S. 3, 31 ff. und 2003, Bd. 8 2004, S. 1, 26. Oben Fn. 1. II ZR 250/02; s. dazu GmbHR 2004, R 475, ZIP 2004, 2428 u. a.; s. auch schon Urt. v. 20.9.2004 – II ZR 334/02, ZIP 2004, 2186 (betr. eine e.G.) und Urt. v. 20.9.2004 – II ZR 288/02, ZIP 2004, 2093.
Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
der die Gesellschaftsverhältnisse nur auf Grund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher für die Bildung einer eigenen Meinung über die auf der Tagesordnung stehenden Angelegenheiten der Gesellschaft auf die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement angewiesen ist5. Durch diese Regelung macht das Gesetz deutlich, dass jeder Aktionär unabhängig von der Größe seines Aktienbesitzes allein auf Grund seiner Mitgliedschaft ein als Ausfluss des Aktieneigentums sogar grundgesetzlich geschütztes Recht6 zur informierten Mitwirkung an allen in die Zuständigkeit der Aktionäre gelegten Angelegenheiten der Gesellschaft haben soll. Werden den Aktionären in der Hauptversammlung Auskünfte vorenthalten, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs in der Fragesituation in dem genannten Sinne erforderlich sind, weil er sich ohne Kenntnis der nachgefragten Umstände kein sachgerechtes Urteil über eine zur Abstimmung gestellte Beschlussvorlage und damit auch keine auf ausreichender Information beruhende Meinung über sein eigenes Stimmverhalten bilden kann, so liegt darin eine gewichtige und deshalb auch „relevante“ Verletzung des Mitwirkungsrechts aller Aktionäre und in der Folge auch ein erheblicher Mangel des unter einer solchen Rechtsverletzung herbeigeführten Beschlusses. Dabei kann es, um dies noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, für die Relevanz der Rechtsverletzung und damit die Anfechtbarkeit des Beschlusses nicht darauf ankommen, ob der Inhalt der in der Hauptversammlung verweigerten Auskunft gewichtig genug war, einen objektiv urteilenden Aktionär, wäre ihm die erbetene Auskunft vor der Abstimmung erteilt worden, tatsächlich von der Zustimmung zu der Beschlussvorlage abzuhalten. Eine gegenteilige Behandlung der Informationspflichtverletzung wäre nicht frei von Relikten einer nicht sachgerechten kausalen Betrachtung. Maßgeblich ist allein, dass dem Aktionär zuvor sein Recht auf informierte Mitwirkung an den Angelegenheiten der Gesellschaft durch Vorenthaltung der zu einer sachgerechten Teilnahme an der Abstimmung erforderlichen Informationen abgeschnitten worden ist. _______________
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So oder ähnl. die in der Rspr. der Instanzgerichte übliche Formulierung, vgl. statt aller die Nachw. bei Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 131 Rn. 12. So BVerfG, Beschl. v. 20.9.1999 – 1 BvR 636/95 und 1 BvR 168/93, ZIP 1999, 1798 und 1801.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
Abschließend ist vielleicht der Hinweis nicht unangebracht, dass die dargestellte Beurteilung die Annahme lediglich marginaler Gesetzesverstöße, denen vernünftigerweise so geringe Bedeutung beizumessen ist, dass sie keine Beschlussanfechtung zu rechtfertigen vermögen, in Fällen der Verletzung des Auskunftsrechts nach § 131 AktG ausschließt. Für die Aussonderung marginaler Rechtsverletzungen, wie sie auch der Senat in seinem Urteil vom 25.11.20027 vorbehalten hat, ist nur dort Raum, wo das Gesetz nicht schon das Bestehen eines Rechts von der Erheblichkeit seiner Verletzung abhängig gemacht hat. So liegt es im Bereich von Auskunftspflichtverletzungen nach § 131 AktG. Hier gibt es nur ein Entweder – Oder, weil bereits das Gesetz selber die Vorenthaltung der Kenntnis marginaler Tatsachen von vornherein nicht als mögliche Gegenstände rechtlich relevanter Verletzung von Mitwirkungsrechten anerkennt: Entweder ist eine erbetene Auskunft für die Meinungsbildung des Aktionärs so bedeutsam, dass ohne ihre Erteilung eine sachgerechte Ausübung seines Mitwirkungsrechts nicht möglich ist, dann ist die Auskunft im Sinne von § 131 AktG erforderlich, das Auskunftsrecht begründet und seine Verletzung „relevante“ Vorenthaltung des Rechts zur informierten Mitwirkung an der Meinungsbildung der Aktionärsversammlung. Oder das Auskunftsbegehren gilt nur einem marginal bedeutsamen, für eine sachgerechte Urteilsbildung nicht wirklich erheblichen Umstand, dann ist die Auskunft nicht im Sinne von § 131 AktG erforderlich; in Ermangelung eines Auskunftsrechts fehlt es dann nicht nur an einem relevanten Verfahrensverstoß, sondern schon a limine an der Verletzung eines Mitwirkungsrechts, die einen gleichwohl gefassten Beschluss anfechtbar machen könnte.
II. Von „Holzmüller“ zu „Gelatine“ Nun zu zwei Entscheidungen, die – wie schon die ersten Reaktionen zeigen8 – in der Wissenschaft wahrscheinlich geteilte Reaktionen auslösen werden, in der Praxis aber auf weitgehende Zustimmung rechnen dürften. In dem sog. Holzmüller-Urteil aus dem Jahre 19829 hatte der BGH eine ungeschriebene Zuständigkeit der Hauptversammlung (in Form der Verpflichtung des Vorstandes ihre Zustimmung einzuholen) für den Fall an_______________
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Oben Fn. 1. S. etwa Koppensteiner, Der Konzern, 2004, 381. Urt. v. 25.2.1982 – II ZR174/80, BGHZ 83, 122.
Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
erkannt, dass eine Aktiengesellschaft zwar nicht ihr gesamtes Gesellschaftsvermögen, jedoch einen Betrieb, der den wertvollsten Teil (ca. 80 %) desselben ausmachte, auf eine zu diesem Zweck gegründete Tochtergesellschaft ausgliedern wollte. Diese Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung der Muttergesellschaft sollte sich über die Ausgliederungsmaßnahme als solche hinaus auch auf eine spätere Entscheidung über eine Kapitalerhöhung in der Tochter erstrecken. Ob letzteres auch dann gelten sollte, wenn die Hauptversammlung der Ausgliederung vorher oder nachträglich mit satzungsändernder Mehrheit zugestimmt hatte, ließ die Entscheidung ausdrücklich offen. Das seinerzeit im Schrifttum sehr unterschiedlich aufgenommene und bis in die jüngste Zeit hinein kontrovers diskutierte10 Urteil hatte in der Praxis mangels näherer Vorgaben zu beträchtlicher Verunsicherung vor allem darüber geführt, in welchen Fällen, konkreter gesprochen bei welchen Maßnahmen, und ab welcher Größenordnung nun tatsächlich eine Einschaltung der Hauptversammlung geboten sein sollte11. Im ersten Punkt, also bei den qualitativen Aufgreifkriterien, reichte das Spektrum der Meinungen von einer Beschränkung der HolzmüllerDoktrin auf konzerninterne Umstrukturierungsmaßnahmen, die ihrer Art nach Ausgliederungsfällen nahe stehen, also Sachverhalte, die der Übertragung von Betrieben oder Betriebsteilen auf Tochter- oder Enkelgesellschaften mit den damit verbundenen Mediatisierungseffekten vergleichbar sind, bis zu der Annahme, dass der Vorstand auch für schlichte Veräußerungen oder Teilveräußerungen von Betrieben oder Beteiligungen ebenso wie für die Aufnahme außenstehender Dritter in Beteiligungsgesellschaften einschließlich des Börsengangs einer Tochter und sogar für den umgekehrten Vorgang eines Beteiligungserwerbs im Innenverhältnis die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen habe. Entsprechende Unsicherheit bestand auch im zweiten Punkt, also in Bezug auf die quantitativen Aufgreifkriterien. In Ermangelung entsprechender Vorgaben in der Holzmüller-Entscheidung erreichten die Ansichten über die Größenordnungen, deren Überschreitung eine solche Hauptversammlungszuständigkeit auslösen sollte, eine kaum mehr überbietbare Variationsbreite. Während eine Richtung die Weggabe des wesentlichen _______________
10 S. dazu die Nachw. aus dem nahezu unüberschaubaren Schrifttum bei Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, 4. Aufl. 1999, § 119 Rn. 19 Fn. 17–23, und Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 119 vor Rn. 16 und in Rn. 17. 11 S. auch dazu und zu den folgenden Ausführungen im Text die Nachweise in Fn. 10.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
unternehmerisch genutzten Vermögens der Gesellschaft oder – in einer anderen Variante – doch wenigstens eine über 50 % liegende Größenordnung für erforderlich hielt, erklärten andere auch die Überschreitung weit unter 50 % bis hinunter zu einer bei etwa 10 % angesetzten Bagatellgrenze liegender Schwellenwerte für ausreichend. Als ob die schon daraus folgende Verunsicherung der in der praktischen Verantwortung stehenden Gesellschaftsorgane noch nicht groß genug gewesen wäre, wurden diese Größenordnungen auch noch auf so unterschiedliche Kennzahlen wie anteiliger Beitrag zur Vermögenssubstanz, zur Bilanzsumme, zum Eigenkapital, Umsatz oder Ergebnis vor Steuern bezogen. Am Weitesten in der Annahme ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten gingen diejenigen, die in der Holzmüller-Entscheidung eine Bestätigung ihrer Meinung sahen, wonach es in der Aktiengesellschaft und zumal in einem von ihr zu führenden oder geführten Konzern ungeachtet der Regelungsdichte des Aktiengesetzes einen weiten Bereich grundlegender Geschäftsführungsaufgaben gebe, an denen mitzuwirken die Hauptversammlung der herrschenden Gesellschaft berufen sei und die damit die Holzmüller-Doktrin mindestens als Einstieg in die Etablierung einer allgemeinen Konzernbildungs- und Konzernleitungskontrolle verstanden12. Als Ergebnis eines derart kontroversen und teilweise auch sehr extensiven Verständnisses der Entscheidung vom 25.2.1982 und einer infolgedessen sehr uneinheitlichen Rechtsprechung der Instanzgerichte13 hatten sich in der Praxis ausgeprägte Holzmüller-Ängste, wenn nicht geradezu Holzmüller-Psychosen, entwickelt. Das führte nicht selten dazu, dass die Vorstände widerstrebend, getrieben allein von Holzmüller-Ängsten, ihren Hauptversammlungen Maßnahmen zur Zustimmung vorlegten, ohne sie aber mangels Einsicht in die Notwendigkeit ihrer Einschaltung wirklich und ernstlich an der Entscheidung beteiligen zu wollen. Ein gutes Beispiel dafür aus jüngerer Zeit bietet etwa das hier vor drei Jahren besprochene ALTANA/Milupa-Urteil des BGH14.
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12 So vor allem Lutter, FS Stimpel, 1985, S. 825, 833 ff. und ZHR 151 (1987), 444, 453; Geßler, FS Stimpel, S. 771, 779 ff.; weitere Nachw. s. Fn. 10. 13 S. dazu nur Bungert, BB 2004, 1345, 1346. 14 Urt. v. 15.1.2001 – II ZR 124/99, ZIP 2001, 416; s. dazu VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2001, Bd. 5 2002, S. 35 ff.
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
Die beiden neuen, inzwischen unter dem Stichwort „Gelatine“ bekannt gewordenen Urteile des Bundesgerichtshofs vom 26.4.200415 – die erste Gelegenheit des Senats nach 22 Jahren, zu diesem Fragenkomplex erneut Stellung zu nehmen – werden hoffentlich diese Unsicherheit teilweise, wenn auch sicher nicht in allen Punkten, beheben und damit wenigstens zu etwas mehr Rechtssicherheit beitragen. Die Entscheidungen lassen die Aussagen der Holzmüller-Entscheidung angesichts ihrer inzwischen ganz überwiegend erlangten Akzeptanz zwar grundsätzlich – mit Modifikationen und Klarstellungen im Einzelnen – bestehen und müssen insofern diejenigen enttäuschen, die der HolzmüllerDoktrin nach wie vor schon prinzipiell ablehnend gegenüberstehen16. Sie lassen aber zugleich keinen Zweifel daran, dass der Senat ungeschriebene Hauptversammlungszuständigkeiten nach Holzmüller-Art auf einen Kreis eng begrenzter Ausnahmefälle beschränkt sehen will. Das Aktiengesetz hat der Hauptversammlung zwar bestimmte Grundsatzentscheidungen, nicht aber – anders als etwa der Gesellschafterversammlung einer GmbH oder der Mitgliederversammlung eines Vereins – die Qualität eines im Prinzip allzuständigen obersten Organs der Gesellschaft zugewiesen. Der Gesetzgeber hat vielmehr für die Aktiengesellschaft einem Modell den Vorzug gegeben, in dem den einzelnen Organen feste, bis ins Einzelne austarierte Kompetenzen zugewiesen sind, dem Vorstand die eigenverantwortliche Leitung der Gesellschaft, dem Aufsichtsrat die Wahl und Kontrolle des Vorstands und der Hauptversammlung schließlich neben der Wahl des Aufsichtsrats (bei mitbestimmten Gesellschaften der Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner) die Verfügungsmacht über den Inhalt der Satzung und damit die Festlegung des Rahmens, innerhalb dessen sich die Leitungsmacht des Vorstandes entfalten darf. Richterrechtliche Eingriffe in diese vom Gesetz vorgegebene klare Kompetenzordnung durch Annahme ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten müssen deshalb auf wenige Ausnahmefälle beschränkt bleiben. Korrekturen des Gesetzes kommen im Wesentlichen dort in Betracht, wo die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung durch Anschauungs_______________
15 Urt. v. 26.4.04 – II ZR 155/02 und II ZR 154/02, ZIP 2004, 993 und 1001 = EWiR § 119 AktG 1/04, 573 (Just); vgl. dazu aus dem bisher erschienenen Schrifttum: Altmeppen, ZIP 2004, 999; Bungert, BB 2004, 1345; Fleischer, NJW 2004, 2335; Fuhrmann, AG 2004, 339; Götze, NZG 2004, 585; Helmreich, GmbHR 2004, 457; Simon, DStR 2004, 1482, 1528. 16 So offensichtlich Koppensteiner, Der Konzern 2004, 381 mwN.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
lücken17 des historischen Gesetzgebers beeinflusst ist. Dies ist vor allem in den Fällen in Erwägung zu ziehen, in denen an sich formal durch die gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht des Vorstands noch gedeckte nachhaltige Eingriffe in den Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit der Gesellschaft auf strukturelle Änderungen abzielen, die in ihren Auswirkungen Veränderungen gleich oder jedenfalls nahe kommen, die nach der Konzeption des Gesetzes nur durch Satzungsänderungen herbeigeführt werden können und die damit in die der Hauptversammlung vorbehaltene Kompetenz eingreifen, vermittels ihres Verfügungsrechts über die Verfassung der Gesellschaft auch den Rahmen für die Entfaltung der Leitungsmacht des Vorstands festzulegen. Die beiden Entscheidungen vom 26.4.2004 nennen als Sachverhalte, bei denen der Vorstand aus den genannten Gesichtspunkten die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen hat, zunächst die Ausgliederung wichtiger Geschäftsfelder auf Tochtergesellschaften, also den klassischen Holzmüller-Fall. Ausschlaggebend dafür ist der mit einer solchen organisatorischen Maßnahme verbundene Kontrollverlust der Hauptversammlung der (Mutter-)Gesellschaft zu Gunsten des Vorstands, der in der Tochtergesellschaft allein die nach der Kompetenzordnung des Aktiengesetzes den Aktionären vorbehaltenen Entscheidungen trifft. Ferner zählen die Urteile dazu ungeachtet des hier weit geringeren Mediatisierungseffekts auch die Umstrukturierung einer unternehmensbetreibenden Tochter- in eine Enkelgesellschaft (sog. Umhängungsfälle). Konkret ging es um die Übertragung einer je 100%igen Beteiligung an zwei ausländischen Tochtergesellschaften auf eine andere, ebenfalls der beklagten AG alleine gehörende Tochtergesellschaft18 und die Einbringung einer 49%igen Beteiligung an einer GmbH & Co. KG in eine im Alleineigentum der AG stehende Tochtergesellschaft19. Aus dem Erfordernis, dass es sich um eine tiefgreifende, in ihren Wirkungen einer Satzungsänderung nahe kommende Änderung der Organisationsstruktur handeln muss, folgt bereits, dass es bei Festlegung der quantitativen Aufgreifkriterien nicht darum gehen kann, lediglich nach unten hin Bagatellfälle auszuschalten. Die Entscheidungen lassen vielmehr keinen Zweifel daran, dass die quantitativen Voraussetzungen, die _______________
17 Geßler, FS Stimpel, 1985, S. 771, 780; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 119 Rn. 18a. 18 II ZR 155/02, vgl. o. Fn. 15. 19 II ZR 154/02, vgl. o. Fn. 15.
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
eine Durchbrechung der gesetzlichen Kompetenzordnung rechtfertigen, erst dann erfüllt sein können, wenn die betreffende Maßnahme in ihrer Bedeutung die Ausmaße der Ausgliederung in der ursprünglichen Holzmüller-Entscheidung erreicht; seinerzeit waren nahezu 80 % der Aktiva der Gesellschaft betroffen. Demgemäß dürfte regelmäßig bei Werten unter 75 % keine Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen sein. Darüber, welche Kennziffern dabei maßgeblich sind, lassen sich die Entscheidungen nicht aus. Diese in der Vergangenheit streitige Frage bleibt damit auch weiterhin offen. Maßgebend dürfte letztlich eine auch von den Verhältnissen der jeweiligen Gesellschaft oder Gesellschaftergruppe abhängige Gesamtbetrachtung sein20, die sich vorbehaltlich künftiger Ausbildung einer verfeinerten Kasuistik schematischer Festlegung entzieht. Eindeutige Klärung bringen die Entscheidungen hingegen in einem anderen Punkt. Besteht ausnahmsweise Anlass zur Herbeiführung eines „Holzmüller-Beschlusses“, so bedarf die Zustimmung der Hauptversammlung einer Dreiviertel-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals. Dies folgt bereits aus der Nähe der zustimmungspflichtigen Maßnahmen zu einer Satzungsänderung (s. dazu § 179 Abs. 2 AktG) oder ihr ähnlichen zustimmungspflichtigen Maßnahmen wie etwa Unternehmensverträgen und den Ausgliederungsfällen des UmwG 94. Beinahe überflüssig darauf hinzuweisen, dass – wie die Entscheidungen ausdrücklich ausführen – weder die Zustimmungsbedürftigkeit noch das Quorum durch die Satzung abbedungen oder auch nur abgesenkt werden können, und zwar weder durch eine ausdrückliche Satzungsbestimmung noch – und dies erst recht nicht – durch eine sog. Konzernklausel. Die von dem Holzmüller-Urteil des Jahres 1982 als Rechtsgrundlage bezeichnete Vorschrift des § 119 Abs. 2 AktG hat zur Erfüllung dieser Funktion noch nie getaugt. Sie bezeichnet ausschließlich ein Recht des Vorstands; sie kann sich deshalb auch nicht zu einer Pflicht zur Beteiligung der Aktionäre „verdichten“. Die neuen Entscheidungen ersetzen sie deshalb durch eine offene, die bezeichnete Anschauungslücke schließende Rechtsfortbildung, die sich nur noch hinsichtlich der Beschränkung ihrer Wirkung auf das Innenverhältnis an § 119 Abs. 2 AktG orientiert, im übrigen und damit in der Hauptsache aber an den sonstigen im Gesetz vorgesehenen Mitwirkungsbefugnissen der Hauptversammlung. _______________
20 So zutreffend das Verständnis der Entscheidungen von Fleischer, NJW 2004, 2335, 2339 unter Hinweis auf einen ähnlichen Vorbehalt in sec. 10.6 der englischen listing rules.
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In der Gesamtschau ist festzustellen, dass sich die Entscheidungen um Präzisierung der ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit bei sog. Holzmüller-Konstellationen bemühen; das gilt zunächst dem Grunde nach, dann aber vor allem auch im Hinblick auf eine Verdeutlichung des notwendigen hohen Schwellenwertes und der Klarstellung der Erforderlichkeit einer satzungsändernden Beschlussmehrheit. Insbesondere geht es ihnen für jeden aufmerksamen Leser der Entscheidungsgründe unübersehbar um die Klarstellung, dass „holzmüllernde“ Durchbrechungen der aktiengesetzlichen Kompetenzordnung auf ganz enge Ausnahmesachverhalte beschränkt bleiben müssen und deshalb die Annahme ungeschriebener Hauptversammlungszuständigkeiten nur in ganz wenigen Fällen mit schon nahezu satzungsändernden Auswirkungen in Betracht kommen kann. Es ist – wie schon gesagt – zu hoffen, dass die beiden Entscheidungen vom 26.4.2004 damit – auch wenn sie nicht alle mit der Holzmüller-Doktrin zusammenhängenden Zweifelsfragen beantworten können – der Praxis ein wenig Flexibilität und Rechtssicherheit bringen können. Allzu hoch sollte man seine Erwartungen in dieser Hinsicht allerdings nicht spannen. Der Umstand, dass der Senat fallbedingt und aus Gründen richterlicher Vorsorge und Zurückhaltung von einer abschließenden Festlegung der für „Holzmüller-Beschlüsse“ der Hauptversammlung in Betracht kommenden Fallgruppen abgesehen hat, hat sofort – wie der Verfasser vor allem aus mündlichen Äußerungen erfahren musste – zu Spekulationen darüber geführt, dass die Entscheidung nicht ausschließe, dass auch der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen „holzmüllerpflichtige“ Maßnahmen sein können21. Derartigen spekulativen Bewertungen der Entscheidungen sollte man mit äußerster Vorsicht begegnen. Richtig ist allein, dass sie Veräußerungsund Erwerbssachverhalte nicht ausdrücklich ausschließen. Der Senat steht aber, wie eigentlich keinem aufmerksamen Leser der beiden Entscheidungen entgehen kann, der Anwendung von „Holzmüller-Grundsätzen“ auf schlichte Erwerbs- und Veräußerungsakte mit größter Skepsis gegenüber. Wer meint, aus den Urteilen vom 26.4.2004 etwas anderes herauslesen zu können, liest deren Entscheidungsgründe gewissermaßen „gegen den Strich“. Schon von ihrer Grundargumentation weisen die Entscheidungen vielmehr nachdrücklich in die gegenteilige Richtung. _______________
21 Unnötig zweifelnd aber auch Bungert, BB 2004, 1345, 1349 f.; für Veräußerungen auch Götze, NZG 2004, 585, 588.
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Dies gilt sowohl in Anbetracht ihrer nachdrücklichen Betonung des ausgesprochenen Ausnahmecharakters einer richterrechtlichen Durchbrechung der aktiengesetzlichen Kompetenzordnung als auch vor allem im Hinblick auf deren Rechtfertigung aus dem Gedanken einer – vom Gesetzgeber so nicht bedachten – Mediatisierung gesetzlicher Vorbehaltsrechte der Aktionäre durch tiefgreifend strukturverändernde Organisationsakte der Verwaltungen. Von einer irgendwie gearteten Mediatisierung von Aktionärsrechten kann beim Zuerwerb von Gegenständen des Aktivvermögens oder Beteiligungen im allgemeinen von vornherein nicht die Rede sein. Solange der Zuerwerb mit baren Mitteln geschieht und nicht den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand sprengt, handelt es sich um reine, vom Vorstand in eigener Verantwortung zu treffende Geschäftsführungsmaßnahmen. Sind die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, entscheidet sich die Beteiligung der Aktionäre nach anderen Normen und Grundsätzen22. Im Übrigen dürfte in den Zuerwerbsfällen im Allgemeinen auch die vom Senat vorausgesetzte quantitative Erheblichkeitsschwelle verfehlt werden. Nicht entscheidend anders liegt es in den Veräußerungsfällen. Da an außenstehende Dritte veräußerte Aktiva endgültig aus dem Vermögen der Gesellschaft ausscheiden und dafür der Gegenwert in das Vermögen der Gesellschaft gelangt, ist auch hier für die Annahme einer Mediatisierung von Aktionärsrechten im allgemeinen kein Raum. Bei einer Beteiligungsveräußerung wird sogar ganz im Gegenteil eine bisher bestehende Mediatisierung aufgehoben. Die Umschichtung von Gesellschaftsvermögen durch Erwerb und Veräußerung von Aktiva ist – auch im Rahmen größerer strategischer Entscheidungen – ureigenste Geschäftsführungsaufgabe des Vorstands unter Kontrolle des Aufsichtsrats. Eine Beteiligung der Hauptversammlung ist dabei nicht vorgesehen. Hier besteht sogar eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die dies klarstellt: nach § 179a AktG bedarf erst die Eingehung einer Verpflichtung zur Übertragung des gesamten Gesellschaftsvermögens der Zustimmung der Hauptversammlung. Die von dieser gesetzlichen Bestimmung im Interesse der Erhaltung flexibler Handlungsmöglichkeiten des Vorstands ausgehende Sperrwirkung auf expansive Mitbestimmungswünsche des Aktionärsplenums darf nicht durch gesetzesferne „holzmüllernde“ Argumentationen unterlaufen werden23. _______________
22 So zutreffend Bungert, BB 2004, 1345, 1350; für die Erwerbsfälle auch Götze, NZG 2004, 585, 588. 23 Simon, DStR 2004, 1482, 1528.
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III. Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder Mit der Zulässigkeit von Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder hatte sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.2.200424 zu befassen. Durch die im KonTraG getroffene Neuregelungen (§§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5, 192 Abs. 2 Nr. 3, 193 Abs. 2 Nr. 4 KonTraG) hat der Gesetzgeber erstmals die Möglichkeit eröffnet, Aktienoptionsprogramme auch auf dem Wege der Ausgabe isolierter Bezugsrechte, neudeutsch „naked warrants“, zu realisieren. Die bis dahin benutzte „Krücke“25 der Koppelung an Optionsanleihen oder Wandelschuldverschreibungen (§ 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG) erschien dem Gesetzgeber zu kompliziert, im Hinblick auf § 221 Abs. 4 AktG nicht völlig gesichert, das damit verbundene Verfahren aufwendig und wenig transparent26. Ganz im Vordergrund der seinerzeitigen Diskussion und vor allem auch der Begründung von Regierungs- und Referentenentwurf zum KontraG stand dabei der Weg über die Schaffung eines bedingten Kapitals zur Bedienung der Optionen, § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG. Da diese Bestimmung den Kreis der Bezugsberechtigten, nämlich Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens, ausdrücklich und abschließend bezeichnet, bestand eigentlich von jeher Einigkeit27, dass die Schaffung von Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder, wie auch die Regierungsbegründung28 ausdrücklich hervorhebt, auf diesem Wege nicht möglich ist. Umstritten war allein die Frage, ob das Gesetz Aufsichtsratsmitglieder auch dann von der Teilnahme an Aktienoptionsprogrammen ausschließt, wenn zu deren Bedienung nicht Aktien aus einem bedingten Kapital eingesetzt werden, sondern nach Maßgabe von § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG eigene Aktien der Gesellschaft. An sich war die Antwort auf diese Frage bereits dadurch vorgezeichnet, dass § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG beim Einsatz solcher _______________
24 II ZR 316/02, BGHZ 158, 122 = ZIP 2004, 613 = EWiR § 71 AktG 1/04, S. 413 (Lenenbach); aus dem bisher erschienenen Schrifttum vgl. Habersack, ZGR 2004, 721; Holzborn, BGH-Rep. 2004, 714; Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 940; Paefgen, WM 2004, 1169; Peltzer, NZG 2004, 509; Prasse, MDR 2004, 792; Richter, BB 2004, 949; Vetter, AG 2004, 234; Wiechers, DB 2004, 698. 25 Seibert, AG 1997 Sonderheft, S. 65, 68; Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 943 l.Sp. 26 Begr. RefE, abgedruckt in ZIP 1996, 2129, 2138. 27 S. statt aller Krieger, in: MünchHdb. GesR Bd. 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 63 Rn. 31; Hüffer, AktG, 6 Aufl. 2004, § 192 Rn. 21; Hoff, WM 2003, 910 f.; Weiß, WM 1999, 353, 357. 28 Abgedruckt in ZIP 1997, 2059, 2068.
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Aktien auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG verweist, also auf die Vorschrift, die für die mit bedingtem Kapital unterlegten Aktienoptionsprogramme die schon im Hauptversammlungsbeschluss zu treffenden Festlegungen aufführt und dabei als Bezugsberechtigte solcher Programme nicht nur erneut allein Führungskräfte und Arbeitnehmer nennt, sondern zudem auf § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG Bezug nimmt, wonach bedingte Kapitalerhöhungen u. a. nur „zur Gewährung von Bezugsrechten an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung …“ beschlossen werden sollen. Es drängt sich auf, schon diese Verweisung als Bezugnahme auf das gesamte Regelungsgefüge der §§ 192, 193 AktG zu verstehen und damit als Ausdruck der gesetzgeberischen Absicht, eine einheitliche Regelung der Zulässigkeit und Voraussetzungen von Aktienoptionsprogrammen unabhängig von der Herkunft der dazu benötigten Aktien herbeizuführen29. Gleichwohl vertrat eine Gegenmeinung den Standpunkt, die Verweisung beziehe sich unter Ausklammerung der in § 193 Abs. 2 Nr. 4 und in § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG vorgenommenen Beschränkung des Kreises der Berechtigten ausschließlich auf die in § 193 Abs. 4 Nr. 2 AktG bezeichneten inhaltlichen Voraussetzungen, also auf die sachliche unter Ausklammerung der persönlichen Komponente30. Die Frage, die das Urteil vom 16.2.2004 zu entscheiden hatte, war demnach, ob die Bedenken, die zum Ausschluss von Aufsichtsratsmitgliedern in § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG geführt haben, nur dem Weg gelten, auf dem die für das Programm benötigten Aktien von der Gesellschaft zu beschaffen sind oder weitergehend jeder wie auch immer gearteten Teilnahme des Aufsichtsrats an Aktienoptionsprogrammen für die Führungsebene. Die Antwort auf die damit aufgeworfene Frage nach der zutreffenden Auslegung der in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG enthaltenen Verweisung hat der Senat in der Vorgeschichte des § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG gefunden. Im Text des Referentenentwurfs war der dort vorgesehene Kreis der Be_______________
29 So in der Tat die wohl h. M., s. Hüffer, ZHR 161 (1997), 214, 244; Krieger, MünchHdb. GesR Bd. 4: AG, 2. Aufl. 1999, § 63 Rn. 17; Oechsler, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2003, § 71 Rn. 225; Semler, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 113 Rn. 67, 68; Weiß, WM 1999, 353, 360 f.; s. auch Bender/ Vater, DStR 2003, 1807; Kohler, ZHR 161 (1997), 246, 265; Martens, AG 1997 Sonderheft, S. 83, 88; Theisen, DB 1999, 1665, 1667; gegen die Ausgabe nackter Optionen an Aufsichtsratsmitglieder hatte sich auch die Regierungskommission Corporate Governance, Kommissionsbericht Rn. 64, ausgesprochen. 30 So Fischer, ZIP 2003, 282; Hoff, WM 2003, 910, 912; Luttermann, EWiR 2002, 1032 f.; Schaefer, NZG 1999, 531, 533; Schüppen, in: Seibert/Kiem (Hrsg.), Handbuch der kleinen AG, 4. Aufl. 2000, Rn. 903.
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zugsberechtigten noch mit „Arbeitnehmer und Organmitglieder der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens“ umschrieben31. Obwohl in der Entwurfsbegründung stets nur von Vorstandsmitgliedern und leitenden Angestellten die Rede war, wurde in den Stellungnahmen zu dem Entwurf von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen32, dass der Begriff Organmitglieder auch Aufsichtsratsmitglieder einschließe und gegen deren Einbeziehung erhebliche Bedenken bestünden. Diese Bedenken beruhten vor allem auf dem Gesichtspunkt, dass der Aufsichtsrat nach der Entwurfskonzeption des KonTraG nicht Beteiligter an einem Optionsprogramm sein könne, weil er zwar die über die von der Hauptversammlung zu beschließenden Eckpunkte hinausgehenden Bezugsrechtsbedingungen für den Vorstand festsetzen könne, nicht aber umgekehrt der Vorstand für den Aufsichtsrat als sein eigenes Überwachungsorgan; ebenso wenig könne der Aufsichtsrat wegen seiner insoweit bestehenden Befangenheit diese für sich selber vornehmen. Überwindbar wäre dies Hindernis nur, so wurde argumentiert, wenn die Hauptversammlung (oder die Satzung) in Weiterentwicklung von § 113 Abs. 1 AktG die Kompetenz erhielte, nicht nur bestimmte grundlegende Eckwerte (s. § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG), also die wesentlichen Bedingungen festzulegen, sondern die gesamte konkrete Vergütungsregelung zu schaffen. Gegen diese Alternative wurde aber eingewandt, dass auch mit ihr eine Schwächung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats verbunden sei, weil er auf Grund seiner eigenen Beteiligungsinteressen der Hauptversammlung keinen von diesen Interessen unbeeinflussten Vorschlag (§ 124 Abs. 3 Satz 1 AktG) unterbreiten könne, die Hauptversammlung aber in der Praxis auf Grund der besonderen Autorität des Aufsichtsrats kaum von dessen Vorschlägen abweiche33. Zudem wurde gerade aus Kreisen der Praxis darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung von Aufsichtsratsmitgliedern weder bis dahin üblich gewesen sei noch für sie ein legitimes Bedürfnis bestehe34. Ersichtlich betreffen diese Einwendungen nicht den Weg der Beschaffung der zur Durchführung des Optionsprogramms erforderlichen Aktien; die während des Gesetzgebungsverfahrens vorgetragenen Bedenken zielen vielmehr aus Erwägungen grundsätzlicher Art durchweg gegen die Betei_______________
31 Zitiert nach ZIP 1996, 2129, 2137. 32 S. hierzu und zu dem folgenden Text insbes. Hüffer, Kohler, Martens, jew. aaO (Fn. 29). 33 Martens, aaO (Fn. 29), S. 88. 34 So die Stellungnahme des DAV, ZIP 1997, 163, 173; Kohler, aaO (Fn. 29).
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
ligung von Aufsichtsratsmitgliedern an Aktienoptionsprogrammen überhaupt völlig unabhängig von dem Weg der Beschaffung. Es kann deshalb nicht überraschen, wenn der Senat aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber des KontraG unter dem Eindruck der soeben beschriebenen das Gesetzgebungsverfahren begleitenden Diskussion den Aufsichtsratsmitglieder potentiell einschließenden Terminus „Organmitglieder“ zu Gunsten der Aufsichtsratsmitglieder zweifelsfrei ausschließenden Formulierung „Mitglieder der Geschäftsführung“ aufgegeben hat, den Schluss gezogen hat, der Gesetzgeber habe den im Gesetzgebungsverfahren erhobenen Bedenken gegen die Einbeziehung von Aufsichtsratsmitgliedern in Aktienoptionsprogramm Rechnung tragen wollen. Dabei verschlägt es nichts, dass die Gesetzesbegründung lediglich bei den Erläuterungen zu § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG ausführt, der Aufsichtsrat könne nicht Begünstigter eines Aktieoptionsplans sein, weil die Hauptversammlung nach § 193 Abs. 1 Nr. 4 AktG nur die Eckpunkte des Aktienoptionsprogramms zu beschließen habe und es dem Aufsichtsrat nicht überlassen bleiben könne, die weiteren Bedingungen für sich selber festzusetzen35. Denn dieser Hinderungsgrund für eine Teilnahme von Aufsichtsratsmitgliedern an solchen Programmen greift – wie die Entscheidung ausdrücklich anmerkt – auch im Rahmen von § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 AktG iVm § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG, also bei Unterlegung mit eigenen auf andere Art beschafften Aktien, in gleicher Weise ein. Bestätigt durfte sich der Senat in diesem Verständnis dadurch sehen, dass der Regierungsentwurf auch in seiner Begründung zu § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG – in einer Passage, die im Referentenentwurf noch fehlte – ausdrücklich nur davon spricht, die eigenen Aktien könnten … „ferner zur Bedienung von Aktienprogrammen für Geschäftsleitungsmitglieder und Führungskräfte des Unternehmens verwendet werden.“36 und ferner auch die im Referentenentwurf noch vorgesehene Erweiterung des § 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG auf „Organmitglieder“ im Hinblick auf eine befürchtete Befangenheit des Aufsichtsrats bei Festsetzung seiner eigenen Bezüge nicht Gesetz geworden ist. Ausdrücklich offen bleibt in der Entscheidung vom 16.2.2004, ob sich Aktienoptionsprogramme für Aufsichtsratsmitglieder über die Koppelung mit Wandel- und Optionsanleihen realisieren lassen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum KonTraG sollte dieser Weg – aller_______________
35 RegE unter 25; zitiert nach ZIP 1997, 2059, 2068. 36 RegE unter 5; zitiert nach ZIP 1997, 2059, 2060.
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dings ohne Bezugnahme auf seine Nutzung gerade für Optionsprogramme für Aufsichtsräte, weshalb es schon im Ansatz verfehlt ist, aus dieser Passage in einem Dokument, das ausschließlich Aktienoptionspläne für Führungskräfte und Arbeitnehmer nennt, ein Argument für die Zulässigkeit von Aktienoptionsplänen auch für Aufsichtsratsmitglieder herzuleiten. – durch die Neuregelung nicht abgeschnitten werden37. Wenn die Skepsis des Gesetzgebers aber nicht dem Weg der Aktienbeschaffung, sondern der Gefährdung der Kontrollfunktion des Aufsichtsrats gilt, so liegt es – wie das BGH-Urteil abschließend anmerkt – nahe, Aktienoptionsprogramme zu Gunsten von Aufsichtsratsmitgliedern auch nicht unter Zuhilfenahme der alten „Krücke“ des § 221 AktG zuzulassen. Dasselbe hätte – ohne dass damit künftige Senatsrechtsprechung präjudiziert werden soll – im Interesse der doch wohl allgemein angestrebten Erhaltung und Verbesserung der Effizienz der Kontrolltätigkeit des Aufsichtsrats für Entlohnungsprogramme zu gelten, die mit „virtuellen“ Bezugsrechten arbeiten, wie wohl überhaupt für alle Vergütungsmodelle, bei denen Kontrollierter und Kontrolleur „aus derselben Quelle trinken“38. Dies gilt umso mehr als sich die Angleichung der Vergütungsstrukturen von Management und Aufsichtsrat nicht gerade aufdrängt. Entgegen einem vereinzelt vorgetragenen Argument39 folgt das Gegenteil auch nicht daraus, dass dem Aufsichtsrat nach modernem Verständnis zunehmend auch die Arbeit der Unternehmensführung begleitende Aufgaben zukommen. Unabhängig von der im Einzelfall u. U. sehr intensiven Einflussnahme vor allem des Aufsichtsratsvorsitzenden auf die strategischen Entscheidungen des Vorstands ist der Aufsichtsrat nicht, auch nicht partiell, Geschäftsführungsorgan. Er ist und bleibt vielmehr Überwachungsorgan, das in Vertretung der Interessen der Anleger – bei mitbestimmten Unternehmer auch der Arbeitnehmer – ungeachtet seiner beratenden und begleitenden Funktion vor allem auch eine kritische Aufsicht über die Führung des Unternehmens unter Einschluss seiner kursrelevanten Informations- und Rechnungslegungspraktiken wahrzunehmen hat40. Zu Recht ist auch gerade im Lichte jüngerer vor allem auch USamerikanischer Erfahrungen darauf hingewiesen worden, dass die mit _______________
37 RegE unter 24; zitiert nach ZIP 1997, 2059, 2067. 38 S. dazu Habersack, ZGR 2004, 721, 732 ff. und die dort auf S. 733 Fn. 52 zitierte Bemerkung von Hopt. 39 So etwa Hoff, WM 2003, 910; OLG Schleswig, NZG 2003, 176, 178 f. 40 Martens, aaO (Fn. 29), S. 88; Kohler, aaO (Fn. 29), 264, 265; Stellungnahme des DAV, ZIP 1997, 163, 173.
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Entlohnung der Aufsichtsratsmitglieder vermittels Aktienoptionen oder wirkungsgleicher Vergütungssysteme verbundene Angleichung der Interessen von Management und Aufsichtsrat geradezu fatale Folgen für die Ausübung der Kontrollfunktion des letzteren haben müsste41. Ungeachtet dieser Überlegungen bliebe eine Entscheidung des Gesetzgebers wünschenswert. Als erstes „Raunen“ des Gesetzgebers könnte schon die geplante Änderung des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG durch das UMAG erscheinen: die dort vorgesehene Erweiterung des § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG dergestalt, dass die Mindeststandards für die Ausgestaltung von Aktienoptionsprogrammen künftig auch bei Wahl des Weges über Wandelschuldverschreibungen nach § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG gelten sollen, wobei als Bezugsberechtigte ausdrücklich (nur) „Arbeitnehmer oder Mitglieder der Geschäftsführungen“ genannt werden, würde, wie bereits zutreffend erkannt worden ist42, endgültig auch die Benutzung des alten Schleichwegs über Wandelschuldverschreibungen zur Schaffung von Aktienoptionsprogramms für Aufsichtsräte verschließen.
IV. Haftung von Unternehmensvorständen für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen („infomatec“) In einer Serie von drei gleichzeitig verkündeten Urteilen43 hat der Bundesgerichtshof erstmalig über die Außenhaftung von Unternehmensvorständen für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen entschieden. Diesen Entscheidungen, die in der Tagespresse große Aufmerksamkeit gefunden haben, kann sicher eine gewisse Bedeutung im Hinblick auf eine Stärkung des Anlegerschutzes beigemessen werden. Dennoch ist in dieser Beziehung eine eher nüchterne Betrachtung angebracht. Auf keinen Fall machen diese Entscheidungen eine gesetzliche Reglung der Vorstandshaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen entbehrlich. Die Entscheidungen sind vor einem sich ständig ändernden normativen Hintergrund noch zur Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten des Vierten _______________
41 Bender/Vater, DStR 2003, 1807, 1811. 42 Meyer/Ludwig, ZIP 2004, 940, 944. 43 Urteile v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593; – II ZR 217/03, ZIP 2004, 1604; – II ZR 218/03, ZIP 2004, 1599 = EWiR § 826 BGB 3/04 S. 961 (Lenenbach); aus dem bisher erschienen Schrifttum zu „infomatec“: Edelmann, BB 2004, 2031; Fleischer, DB 2004, 2031; Körner, NJW 2004, 3386; Leisch, ZIP 2004, 1573.
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Finanzmarktförderungsgesetzes44 ergangen. Sie enthalten weder Ausführungen zum Schutzgesetzcharakter von § 20a WpHG oder § 15 Abs. 6 WpHG in der Fassung jenes Gesetzes noch zur Bedeutung der §§ 37b, c WpHG. Allein schon deshalb müssen sie provisorischer Natur bleiben und können nicht mehr sein als ein erster Einstieg in den Problemkomplex; dies umso mehr als sie nur Fälle einer unwahren positiven Ad-hocMitteilung und eines anschließenden Aktienerwerbs zum Gegenstand haben und in Folge dessen keine Aussagen zu anderen Konstellationen enthalten, wie etwa zur pflichtwidrigen Unterlassung einer gesetzlich gebotenen Ad-hoc-Mitteilung oder alternativen Verhaltensweisen von Anlegern, also nicht dem Erwerb, sondern dem Halten oder der Veräußerung von Aktien in der Folge falscher positiver oder negativer oder pflichtwidrig unterlassener Mitteilungen. Von vornherein nicht in Betracht kam für den Senat eine Rechtsfortbildung, durch welche die für die allgemeine (zivilrechtliche) Prospekthaftung erarbeiteten Grundsätze auf die Haftung für fehlerhafte Ad-hocMitteilungen ausgedehnt worden wären. Angesichts der unterschiedlichen Funktionen und folglich auch des unterschiedlichen Inhalts von Prospekten und Ad-hoc-Mitteilungen – dort umfassende Information über das Anlageobjekt, hier ergänzende Mitteilung einzelner kursrelevanter Tatsachen – fehlte es an der für eine solche umfassende Rechtsfortbildung erforderlichen Grundlage. Da die Entscheidungen zudem, jeweils wohl in Übereinstimmung mit der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts45,§ 15 WpHG a. F. sowie § 88 BörsG a. F. den Charakter von Schutzgesetzen i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB absprechen und Ad-hoc-Mitteilungen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 400 Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 264a StGB verfehlen – Ad-hocMitteilungen sind keine Darstellungen und Übersichten über den Vermögensstand – und zudem auch eine Anwendung von § 263 StGB ausscheidet – hier fehlt es an der notwendigen sog. „Stoffgleichheit“ zwischen dem beabsichtigten Vorteil des Begünstigten und dem Nachteil des Geschädigten –, sah sich der Senat, wie schon die Vorinstanzen, auf die Behandlung des Problemkomplexes unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen zivilrechtlichen Auffangnorm des § 826 BGB zurückgeworfen. _______________
44 Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland v. 21.6.2002, BGBl. I, S. 2010. 45 Vgl. zu beiden die ausführlichen Nachw. in den Entscheidungen.
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
Die Beurteilung der haftungsrechtlichen Verantwortung für unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen unter dem Gesichtspunkt dieser Generalklausel muss unvermeidlicherweise in hohem Maße einzelfallabhängig bleiben; sie kann vor allem für den Schadensersatz begehrenden Anleger mit erheblichen Beweisschwierigkeiten verbunden sein. Immerhin sind den Urteilen vom 19.7.2004 aber auch insoweit einige allgemein gültige Aussagen zu entnehmen. Verhältnismäßig unproblematisch und einer vorsichtigen Verallgemeinerung zugänglich sind zunächst die Aussagen der Entscheidungen zur Beurteilung der Vorsatzfrage. Wer bewusst im Rahmen einer Ad-hoc-Mitteilung falsche positive Daten über das von ihm geführte Unternehmen veröffentlicht, weiß zwangsläufig auch, dass er damit für das anlegende Publikum einen Anreiz zum Kauf der Aktien dieser Gesellschaft setzt – anderenfalls wären die betreffenden Daten schon nicht zur Kursbeeinflussung geeignet – und infolgedessen voraussichtlich andere durch Täuschung zur Investition in die Gesellschaft veranlasst. In aller Regel – und so auch in den gegebenen Fällen – ist dies auch der Zweck des Täuschungsmanövers. Etwas stärker einzelfallbezogen mag die Beurteilung der von § 826 BGB geforderten besonderen Verwerflichkeit der in Frage stehenden Handlungsweise sein. Grundsätzlich sollte es aber eigentlich nicht zweifelhaft sein, dass die vor allem direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch grob unwahre Ad-hocMitteilungen als unethisch und damit als Verstoß gegen die guten Sitten i. S. v. § 826 BGB zu gelten hat. Ich habe es unter den Bedingungen einer mündlichen Verhandlung etwas schlichter ausgedrückt: „So etwas tut man einfach nicht“. – Angesichts dessen war die Verneinung der subjektiven Voraussetzungen durch die Vorinstanz eigentlich unverständlich. Wichtig ist, dass die Entscheidungen einen Schaden des durch die unrichtige Ad-hoc-Mitteiling getäuschten Anlegers schon darin sehen, dass er im Vertrauen auf deren Richtigkeit Wertpapiere erworben hat, die er ohne die Täuschung, also bei zutreffender Information, nicht gekauft hätte. Der zu ersetzende Schaden liegt deshalb bereits in dem täuschungsbedingt willenswidrigen Erwerb des Papiers unabhängig von dessen tatsächlichem Wert und dessen weiterer Entwicklung. Dies entspricht der allgemeinen Regel, dass Schaden i. S. v. § 826 BGB jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder Bindung ist. Ersatzfähig ist damit das negative Interesse des geschädigten Anlegers, der die Papiere im Vertrauen auf die Richtigkeit der pflichtwidrigen, weil wahrheitswidrigen Veröffentli-
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chung erworben hat. Er ist deshalb so zu stellen, wie er stünde, wenn die Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Hätte er in diesem Fall die Papiere nicht erworben, so hat er folglich Anspruch auf Ersatz des für sie gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Übertragung der Papiere auf den oder die Schädiger. Im Falle zwischenzeitlichen Verkaufs ist der erzielte Veräußerungserlös schadensmindernd anzurechnen; zu ersetzen ist dann nur die Differenz zwischen Erwerbs- und Veräußerungspreis46. Ohne Bedeutung für diesen Anspruch des Anlegers auf Schadloshaltung ist es, dass der Vorstand nicht Verkäufer der Papiere war47. Der Bundesgerichtshof hat sich damit für den nach § 826 BGB zu ersetzenden Schaden ausdrücklich gegen die Richtung ausgesprochen, die als ersatzfähig nur die Differenz zwischen dem tatsächlichen Erwerbspreis und dem „wahren Wert des Papiers“ gelten lassen will, also den Preis, der bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten im Kaufzeitpunkt am Markt zu erzielen gewesen wäre48, oder mit noch anderen Worten den (fiktiven) Betrag, um den der Anleger gerade in Folge der Informationspflichtverletzung zu teuer gekauft hat. Der für die Täuschung Verantwortliche hat auch die von der abgelehnten Gegenansicht als „allgemeines Marktrisiko“ bezeichnete Gefahr zu tragen, dass das täuschungsbedingt erworbene Papier in der Zeit zwischen Erwerb und Abwicklung der Schadensersatzleistung einen Kursverlust erleidet, der auf externen Faktoren und nicht gerade auf der Irreführung des Marktes durch die falsche Ad-hoc-Mitteilung beruht. Das Risiko eines solchen Kursverlustes des Papiers ist unmittelbare Folge der Pflichtverletzung des Täuschenden und deshalb auch von ihm zu tragen: Ohne diese Pflichtverletzung hätte der Anleger das Papier überhaupt nicht erworben. Selbstverständlich ist, wie auch der Bundesgerichtshof andeutet49, alternativ auch der reine Kursdifferenzschaden ersatzfähig. Da aber ein Anspruch auf Ersatz dieses Schadens nicht einmal hilfsweise Gegenstand der ihm unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten war, hatte der Senat keinen Anlass sich mit ihm auseinanderzusetzen. Es liegt jedoch auf der Hand, dass ein solcher Anspruch auf der Tatbestandsseite andere, möglicher_______________
46 S. etwa Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 217/03, aaO (Fn. 43), unter III.2.a). 47 So zutr. Leisch, ZIP 2004, 1573 mwN auch zur Gegenmeinung. 48 So etwa Fleischer, BB 2002, 1869, 1871; gegen diese Sicht: Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578 mwN. 49 Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 402/02, aaO (Fn. 43), unter III.2.b).
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
weise geringere Anforderungen stellen würde. Der Schadensersatz begehrende Anleger bräuchte nur zu beweisen, dass er die Papiere bei richtiger Information zu anderen für ihn günstigeren Konditionen, konkret gesprochen zu einem niedrigeren Preis, erworben hätte. Allerdings kann die Berechnung dieses fiktiven Preises im Einzelfall Schwierigkeiten bereiten. Damit ist auch schon das eigentliche Problem der Organaußenhaftung für unrichtige Ad-hoc-Mitteilungen nach der deliktsrechtlichen Generalklausel des § 826 BGB angesprochen: es liegt in dem von dem geschädigten Anleger zu erbringenden Nachweis, dass er tatsächlich gerade durch die unrichtige Ad-hoc-Mitteilung zum Kauf der Aktie veranlasst worden ist. Die Erbringung dieses Beweises wird keine allzu großen Schwierigkeiten bereiten, wenn der Anleger geltend machen kann, er sei von seinem Anlageberater oder einer ähnlichen Gewährsperson zu dem Erwerb des Wertpapiers bewogen worden. Außerhalb einer solchen Situation wird es für den Anleger aber – was auch der Bundesgerichtshof nicht verkennt50 – nicht selten schwierig, wenn nicht nahezu unmöglich sein, den ihm obliegenden Beweis der Ursächlichkeit der Fehlinformation für die von ihm getroffene Anlageentscheidung zu erbringen. Gleichwohl musste der Bundesgerichtshof dem Anleger unter Berücksichtigung allgemeiner Grundsätze die Beweiserleichterung versagen, die in der Zulassung eines Anscheinsbeweises für einen Kausalzusammenhang zwischen unrichtiger Ad-hoc-Mitteilung und Kaufentschluss läge. Ein Anscheinsbeweis setzt einen typischen Geschehensablauf voraus, bei dem ein bestimmter Sachverhalt nach der Lebenserfahrung den Eintritt einer bestimmten Folge nach sich zieht. Anlageentscheidungen eines potenziellen Aktienkäufers aber sind höchst individuelle und zumeist auch von spekulativen Elementen beeinflusste Willensentscheidungen. Der Bundesgerichtshof schließt es zwar nicht aus, dass im Einzelfall, je nach Gewicht und Tragweite der Information – ungeachtet der erheblichen Unterschiede zwischen beiden Formen der Information – auch Ad-hoc-Mitteilungen und nicht nur Emissionsprospekte beim Publikum eine positive Anlagestimmung zu Gunsten des Erwerbs bestimmter Aktien schaffen können, auf die sich der Schadensersatz begehrende Anleger im Sinne einer tatsächlichen Vermutung – oder, besser, eines Beweises des ersten Anscheins – berufen kann. Das Gericht weist jedoch sogleich darauf hin51, _______________
50 S. dazu insbesondere Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/03, aaO (Fn. 43), unter III.1.a) bb). 51 Vgl. etwa Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 218/02, aaO (Fn. 43), unter II.2.a)cc).
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
dass sich für die gerichtliche Feststellung der Dauer einer solchen Anlagestimmung jede schematische an fest fixierte Zeiträume anknüpfende Betrachtungsweise, wie sie der Gesetzgeber etwa in §§ 45 ff. BörsG für Börseneinführungen und – so ist hinzuzufügen, auch die Neufassung der §§ 37b ff. WpHG durch das geplante Kapitalmarktinformationsgesetz (KapInHaG) vorsehe, verbiete. Als gesichert könne allenfalls gelten, dass die Wirkung von positiven Informationen mit zunehmendem zeitlichen Abstand von ihrer Veröffentlichung abnehme und zudem auch durch später eintretende oder bekannt werdende, für die Einschätzung des Wertpapiers bedeutsame Faktoren beeinflusst werden kann. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall die zeitliche Nähe der Anlageentscheidung zu der fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit für das Bestehen auch eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen beiden Ereignissen begründen kann, die es rechtfertigen kann, den klagenden Anleger zur Parteivernehmung nach § 448 ZPO zuzulassen. Nichts könnte die soeben skizzierten Schwierigkeiten der Führung des danach dem Anleger obliegenden Kausalitätsnachweises und die große Einzelfallabhängigkeit der Entscheidung besser demonstrieren als das unterschiedliche Schicksal der drei vom Bundesgerichtshof am selben Tage, dem 19.7.2004, jeweils nach denselben Grundsätzen entschiedenen Revisionen. Die eine Revision52 führte unter Aufhebung des klagabweisenden Berufungsurteils zum vollen Erfolg der Schadensersatzklage, weil der Tatrichter die Kausalität positiv, für das Revisionsgericht bindend festgestellt hatte; in der zweiten Sache53, bei der es an Feststellungen zur Kausalität fehlte, führte die Revision des Anlegers zur Zurückverweisung des Rechtsstreits in die Tatsacheninstanz zur Nachholung des Fehlenden; in der dritten Sache54 blieb es bei dem die Klage der Anleger abweisenden Urteil der Vorinstanz, weil das Berufungsgericht revisionsrechtlich unangreifbar den Kausalitätsbeweis angesichts eines zeitlichen Abstands der Aktienkäufe von mindestens neun Monaten zu einer ersten Ad-hocMitteilung und knapp sechs Monaten zu einer zweiten Mitteilung als nicht geführt ansah. Die weitere Entwicklung auch in Form einer konkretisierenden Kasuistik bleibt abzuwarten. Möglicherweise werden die in den soeben besprochenen Entscheidungen aufgestellten Grundsätze angesichts weiterer Maß_______________
52 Betr. die Sache II ZR 402/02, ZIP 2004, 1593. 53 Betr. die Sache II ZR 217/03, aaO (Fn. 43). 54 Betr. die Sache II ZR 218/02, aaO (Fn. 43).
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
nahmen des Gesetzgebers, insbesondere des bereits angekündigten Kapitalmarktinformations-Haftungsgesetzes (KapInHaG), nur eine kurze Halbwertzeit haben55. Der dortige § 37c Abs. 2 schließt allerdings weitergehende Ansprüche, die nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs erhoben werden können, nicht aus. Für diese Fälle könnten die beiden nach § 826 BGB ergangenen Entscheidungen auch künftig Bedeutung behalten.
V. Schiedsfähigkeit von Rechtsstreitigkeiten über die Wirksamkeit der Aufbringung des Stammkapitals einer GmbH Ganz im Schatten der Infomatec-Urteile hat der II. Zivilsenat am selben Tage eine wichtige Entscheidung verkündet, deren ganze Tragweite erst in der Zukunft sichtbar werden wird56. Schon in einer Entscheidung aus dem Jahre 199657 hat der Bundesgerichtshof Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH grundsätzlich ihrem Wesen nach für schiedsgerichtsfähig erklärt. Wegen der zahlreichen mit der Entscheidung derartiger Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht verbundenen, noch zu wenig ausdiskutierten und deshalb richterrechtlicher Rechtsfortbildung nicht oder jedenfalls damals noch nicht zugänglichen, aus dem Problemkreis der Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit stammenden Fragen, im wesentlichen im Hinblick auf die Sicherstellung der Beteiligungsmöglichkeiten aller Gesellschafter und die Wahrung der Waffengleichheit bei der Schiedsrichterbestellung als unverzichtbare Voraussetzungen für eine Entscheidung, die inter omnesWirkung haben soll, konnte der Senat allerdings damals die Schiedsfähigkeit im konkreten Fall nicht bejahen. Unter den genannten Umständen schien es ihm auch nicht angebracht, in einem obiter dictum durch Aufstellung allgemeiner Grundsätze, unter denen die Schiedsfähigkeit derartiger Streitigkeiten zu bejahen sein könnte, der weiteren Entwicklung vorzugreifen. Nachdem sich der Senat deshalb in jener Entscheidung damit begnügen musste, auf eine künftige Regelung durch den _______________
55 Abdruck des Diskussionsentwurfs in NZG 2004, 1042; angesichts heftiger Kritik vor allem aus Kreisen der betroffenen Wirtschaft an der darin vorgesehenen Haftungsregel soll das Gesetzesvorhaben allerdings gegenwärtig „auf Eis gelegt“ worden sein. 56 BGH, Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 65/03, ZIP 2004, 1616. 57 BGHZ 132, 278 = ZIP 1996, 830.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
Gesetzgeber zu verweisen, erhielt er erst in jüngster Zeit Gelegenheit, sich erneut mit der Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten zu befassen. In diesem Fall ging es allerdings nicht um die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten, sondern um die Frage, ob Ansprüche einer GmbH gegen ihre Gesellschafter auf ordnungsgemäße Leistung versprochener Stammeinlagen – eine im übrigen wirksame Schiedsvereinbarung vorausgesetzt – der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zugänglich sind. Geklagt hatte der Insolvenzverwalter einer GmbH, der deren Gesellschafter entsprechend ihrer jeweiligen Beteiligung anteilig auf Zahlung angeblich rückständiger Stammeinlagen in Anspruch nahm. Der Senat hat in dem in diesem Rechtsstreit ergangenen Urteil58 nach Abstimmung mit dem nach dem Geschäftsverteilungsplan des BGH für Schiedsgerichtssachen zuständigen III. Zivilsenat die Schiedsfähigkeit derartiger Rechtsstreitigkeiten uneingeschränkt bejaht. In der noch zum alten, vor In-Kraft-Treten der Neufassung des Schiedsverfahrensrechts der ZPO durch das Neuregelungsgesetz vom 22.12.199759 geltenden Recht ergangenen Entscheidung führt er unter Berufung auf seine eigene Entscheidung in BGHZ 132, 27860 und ein Urteil des III. Zivilsenats aus dem Jahre 199161 aus, dass weder die Möglichkeit eines Verstoßes des in einem solchen Rechtsstreit ergangenen Schiedsspruchs oder abgeschlossenen Schiedsvergleichs gegen zwingendes Recht noch das damals noch gültige Erfordernis der objektiven Vergleichsfähigkeit des Streitgegenstandes (§ 1025 Abs. 1 ZPO a. F.) der Schiedsfähigkeit entgegenstehen. Für den Schutz zwingenden Rechts seien allein andere Regelungen zuständig gewesen (s. dazu § 1041 Abs. 1 Nr. 2, § 1044 Abs. 2 Nr. 2 und § 1044a Abs. 2 ZPO, jew. a. F.), an der objektiven Vergleichsfähigkeit habe es schon nach damaliger Auffassung nur dann gefehlt, wenn sich der Staat im Interesse besonders schutzwürdiger Rechtsgüter ein Rechtsprechungsmonopol in dem Sinne vorbehalten habe, dass allein der staatliche Richter in der Lage sein sollte, durch seine Entscheidung den angestrebten Rechtszustand herbeizuführen. Ein solches Entscheidungsmonopol des staatlichen Richters sei auch aus § 19 Abs. 2 GmbHG nicht herzuleiten; zwar diene diese Vorschrift insofern (auch) dem öffentlichen Interesse als sie den Gläubigern im Hinblick auf die nach § 13 Abs. 2 GmbHG _______________
58 59 60 61
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Urt. v. 19.7.2004 – II ZR 65/03, ZIP 2004, 1616. BGBl. I 1997, S. 3224; Änderung: BGBl. I 1998, S. 1481, 1583. S. dazu schon oben bei Fn. 57. Urt. v. 6.6.1991 – III ZR 68/90, ZIP 1991, 1231, 1232.
Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
bestehende Haftungsbeschränkung wenigstens die Aufbringung eines Gesellschaftsvermögens in Höhe des satzungsmäßigen Stammkapitals als Haftungsmasse sichern wolle. Es sei aber allgemein anerkannt, dass die bei einem ernsthaften Streit über das Bestehen einer Einlageforderung gegebene Rechtsunsicherheit ungeachtet des gesetzlichen Verbots eines Einlagenverzichts auf dem Wege beiderseitigen Nachgebens durch Vergleich behoben werden könne62. Die Entscheidung, obwohl noch nach altem Recht ergangen, hat uneingeschränkt Gültigkeit auch für das neue Recht. Das Tor für die schiedsgerichtliche Entscheidung von Streitigkeiten über Bestand und Inhalt von Einlageverpflichtungen ist heute sogar noch weiter geöffnet, indem das geltende Recht eine objektive Vergleichsfähigkeit nach Wegfall des § 1025 ZPO a. F. nur noch für nicht vermögensrechtliche Ansprüche fordert (§ 1030 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO)63. Die sich bei dieser Beurteilung der Rechtslage aufdrängende Frage, inwieweit die GmbH – und das heißt vor allem ihre Gläubiger – vor einem durch kollusives Zusammenwirken der Beteiligten oder sogar unter Mitwirkung entsprechend ausgesuchter und eingeweihter Schiedsrichter manipulierten Ausgang des Schiedsverfahrens geschützt werden kann, hat der Senat nicht im Einzelnen erörtert. Jedenfalls die Führung eines abgesprochenen Scheinprozesses ist auch vor dem ordentlichen Gericht möglich, mögen auch ihre in jeder Richtung unabhängigen staatlichen Richter mehr Gewähr für eine objektive Beurteilung der Sache bieten als parteibenannte private Schiedsrichter. Zudem konnte nach altem Recht der Schiedsspruch jederzeit zeitlich unbeschränkt aufgehoben werden, wenn sich später herausstellte, dass er mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar war, wozu nach zutreffender Ansicht auch die Missachtung zwingender gläubigerschützender Vorschriften des Kapitalgesellschaftsrechts zu zählen war64. Demgegenüber lässt die in jeder Hinsicht in ihrem Vertrauen auf die Gleichwertigkeit von privaten Gerichten und staatlicher Gerichtsbarkeit blauäugige65 Regelung des _______________
62 S. dazu Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl. 1992, § 19 Rn. 45; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 19 Rn. 16; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl. 2000, § 19 Rn. 15; Roth, in: Roth/ Altmeppen, GmbHG, 4. Aufl. 2002, § 19 Rn. 24. 63 Wie hier vor allen Lutter/Bayer, aaO (Fn. 62). 64 Zutr. Schlosser, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1994, § 1041 Rn. 27d; zust. Bayer, ZIP 2003, 881, 892. 65 S. dazu Schlosser, JZ 1996, 1021; Ebenroth/Müller, DB 1992, 361, 364; Chr. Berger, ZHR 164 (2000), 295, 304; Lüke/Benske, ZGR 1998, 253, 268.
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geltenden Rechts die Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen Verstoßes gegen den ordre public nur noch bei Geltendmachung innerhalb einer – zudem noch durch Parteivereinbarung abkürzbaren – Frist von drei Monaten zu. Die mögliche Betroffenheit Dritter hat der Gesetzgeber bei Schaffung dieser Regelung in seiner naiven Schiedsgerichtseuphorie wohl überhaupt nicht bedacht. Es wird Aufgabe der Rechtswissenschaft als juristischem Vordenker sein, hier die notwendigen Schutzmechanismen zu entwickeln. In Betracht kommen außer § 826 BGB vor allem auch die (Absichts-)Anfechtungstatbestände der §§ 2 ff. AnfG und §§ 129, 133 InsO. Ein erster Anfang ist hier schon mit einem im letzten Jahr erschienenen Aufsatz von Bayer66 gemacht. Vivant sequentes.
VI. Nutzen und Grenzen von Bestätigungsbeschlüssen der AG-Hauptversammlung Voraussetzungen und Wirkungen von Bestätigungsbeschlüssen nach § 244 AktG waren bis in die jüngste Zeit Gegenstand heftiger Kontroversen. Wichtige Klärungen hat in dieser Beziehung das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.12.200367 gebracht. Es handelt sich dabei um eine Revisionsentscheidung zu einem Urteil des OLG Dresden68, wieder einmal die Sachsenmilch betreffend und zwar konkret die Gesamtbestätigung von zwei früheren Beschlüssen vom 28.11.1996 und 14.7.1998, letzterer schon seinerseits ein Bestätigungsbeschluss; über beide Beschlüsse hatte ich auf früheren VGR-Tagungen berichtet69. Die Entscheidung des BGH stellt im Einklang mit der Rechtsprechung des OLG Dresden für die künftige Praxis verbindlich klar, dass ein Bestätigungsbeschluss keine Neuvornahme des früheren Beschlusses ist, sondern ein eigenes Rechtsinstitut, das vom Gesetzgeber eigens zu dem Zweck geschaffen worden ist, der Gesellschaft in geeigneten Fällen die Nachteile zu ersparen, die mit einer Neuvornahme, d. h. der Wiederholung, eines wirklich oder auch nur möglicherweise fehlerbehafteten und damit anfechtbaren – nicht eines nichtigen, die Nichtigkeit eines Beschlusses lässt sich nicht gem. § 244 Satz 1 AktG durch Bestätigung, sondern allenfalls durch Heilung gem. § 242 AktG beheben – früheren Beschlusses, des sog. Erst- oder _______________
66 ZIP 2003, 881, 891 f. 67 Urt. v. 15.12.2003 – II ZR 194/01, ZIP 2004, 310 = EWiR § 244 AktG 1/04, S. 575 (Hirte/Groß). 68 ZIP 2001, 1539. 69 S. dazu VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1998, Bd. 1 1999, S. 16, und Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2002, Bd. 6 2003, S. 31.
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Röhricht – Aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung
Ausgangsbeschlusses, verbunden sein können. Mit dem Bestätigungsbeschluss schafft die Gesellschaft also keinen weiteren Beschluss mit demselben Inhalt wie der Erstbeschluss; sie erklärt vielmehr, dass sie den seinerzeit gefassten Erstbeschluss ungeachtet seiner möglichen oder wirklichen Fehlerhaftigkeit als gültige Regelung der betreffenden Gesellschaftsangelegenheit anerkennt. Ein solcher Bestätigungsbeschluss kann zwar, wie immer man rechtspolitisch über diese Regelung denken mag70, nach geltendem Recht keine rückwirkende Heilung des Erstbeschlusses herbeiführen; er hat aber die materiell-rechtliche Wirkung, dass er eine gegen den Erstbeschluss gerichtete Anfechtungsklage ex nunc unbegründet macht und nicht wie ein wiederholender Beschluss, also eine Neuvornahme, lediglich das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für eine Nichtigerklärung des inhaltsgleichen Erstbeschlusses entfallen lässt. Obwohl ein Bestätigungsbeschluss die behauptete oder tatsächlich bestehende Anfechtbarkeit des Erstbeschlusses nur für die Zukunft beseitigen kann, hat er doch, wie das Urteil unter Berufung auf Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 244 AktG darlegt, vor einer Neuvornahme den unschätzbaren Vorteil, dass es für die Wirksamkeit des Erstbeschlusses allein auf die zum Zeitpunkt seiner Fassung geltende Gesetzes- und Satzungslage ankommt. Gerade bei Strukturmaßmaßnahmen kann es für die Gesellschaft äußerst wichtig sein, dass der gefasste Beschluss allein nach den bei Fassung des Erstbeschlusses bestehenden tatsächlichen Verhältnissen und dem in jenem Zeitpunkt geltenden Gesetzes- und Satzungsrecht beurteilt wird. Konsequenterweise kann die Rechtmäßigkeit des Erstbeschlusses nicht unter Berufung auf inzwischen seit dessen Fassung eingetretene Entwicklungen oder unter Berufung auf verfristete Mängel des Erstbeschlusses in Frage gestellt werden. Sinn der Bestätigung ist es, die Problempunkte des Erstbeschlusses, die zu dessen Anfechtung geführt haben oder noch führen können, dem Streit zu entziehen, nicht aber eine Prüfung darauf herbeizuführen, ob der Beschluss auch zum Zeitpunkt der Bestätigung erneut vorgenommen werden könnte. Eine solche Prüfung ist nicht nur, wie das Urteil ausführt, entbehrlich; sie hat genauer gesagt überhaupt zu unterbleiben. Dies bedeutet auch, dass die für den Erstbeschluss erforderlichen Erläuterungen ungeachtet möglicher, zumeist auch wahrscheinlicher Veränderungen des Aktionärskreises nicht wiederholt werden müssen. Er_______________
70 Hierzu Zöllner, AG 2004, 397.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
läuterungen, die vor oder bei Fassung des Erstbeschlusses in den schriftlichen Berichten oder mündlich in der Hauptversammlung abgegeben worden waren, behalten damit uneingeschränkte Wirksamkeit auch für den Bestätigungsbeschluss. Zusätzliche Auskünfte können – wie nicht die BGH-Entscheidung aber oberlandesgerichtliche Entscheidungen71 zu Recht betonen – auch nicht mit der Begründung verlangt werden, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse seit Fassung des Erstbeschlusses verändert hätten. Auf der anderen Seite ist aber, wie die Entscheidung des BGH klarstellt, strikt darauf zu achten, dass der Bestätigungsbeschluss die wirklichen oder angeblichen Mängel des Erstbeschlusses auch tatsächlich beseitigt und nicht seinerseits an Mängeln leidet. Dazu gehört selbstverständlich vor allem, dass er nicht dieselben Mängel aufweist wie der zu bestätigende Beschluss, ein Grund, warum Bestätigungsbeschlüsse nur zur Heilung formeller Mängel – und dazu gehören vor allem auch Verletzungen des Informationsrechts der Aktionäre – und nicht inhaltlicher Fehler taugen; frühere Berichtsmängel72 sind also vor Fassung des Bestätigungsbeschlusses zu beheben; anderenfalls hätten es Vorstand und Aufsichtsrat in der Hand, durch Herbeiführung von Bestätigungsbeschlüssen zwingende Berichtspflichten zu umgehen, wobei es allerdings noch höchstrichterlicher Klärung bedarf, ob in der ersten Hauptversammlung übergangene Fragen in der Hauptversammlung, die den Bestätigungsbeschluss fassen soll, grundsätzlich erneut gestellt werden müssen, so anscheinend das OLG Dresden73 als Vorinstanz; die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nimmt dazu nicht Stellung. Auf Grund der Lage des Falles hatte der BGH ferner keinen Anlass, sich explizit mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei Mangelhaftigkeit auch des Bestätigungsbeschlusses eine Anfechtung auch des Bestätigungsbeschlusses erforderlich ist, um die Heilungswirkung des § 244 AktG auszuschließen. – Der Senat würde diese Frage aber, wie sich aus einer Bemerkung unter 1.a) der Entscheidungsgründe schließen lässt, wohl bejahen. In der weiteren Konsequenz muss das Rechtsinstitut des Bestätigungsbeschlusses seine Brauchbarkeit verlieren, wenn der Bestätigungsbeschluss wegen derselben Zweifel hinsichtlich seiner Wirksamkeit angefochten wird wie der Erstbeschluss. _______________
71 OLG München, ZIP 1997, 1743, und OLG Dresden, ZIP 2001, 1539; wie im Text auch Habersack/Schürnbrand, FS Hadding, 2004, S. 391, 404 f. 72 S. dazu etwa LG Karlsruhe, DB 2000, 1608. 73 AaO (Fn. 67 und 71).
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Bericht über die Diskussion des Referats Röhricht Dr. Marc Löbbe Rechtsanwalt, Mannheim
Die Diskussion zur Übersicht von Röhricht über die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zum Gesellschaftsrecht wurde von Krieger geleitet. Sie konzentrierte sich auf die Fragenkreise der Bedeutung von Auskunftspflichtverletzungen für die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen (II.), die Zulässigkeit von Aktienoptionen als Vergütungsinstrumente für Aufsichtsratsmitglieder (III.), das Verhältnis der „Infomatec“-Rechtsprechung des BGH zu den geplanten Neuregelungen des Gesetzgebers im KapInHaG (IV.) sowie die Konkretisierung der „Holzmüller“-Rechtsprechung durch die „Gelatine“-Entscheidungen des BGH.
I. Zu Beginn der Diskussion wies Röhricht darauf hin, dass er in seiner Rechtsprechungsübersicht bewusst darauf verzichtet habe, auf das Urteil1 des II. Zivilsenats zur Kreditgewährung an Gesellschafter aus gebundenem Vermögen der GmbH einzugehen. Dieses Urteil befasse sich – wie Röhricht ausdrücklich hervorhob – nicht mit der Vereinbarkeit von Cash-Pool-Systemen mit dem Prinzip der Kapitalerhaltung. Röhricht räumte zwar ein, dass das Urteil des BGH Fragen im Hinblick auf die Zulässigkeit von Cash-Pool-Systemen ohne beherrschungsvertragliche Grundlage aufwerfe. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Cash-Pool-Systeme auch in faktischen Konzernen zulässig seien, sei im Senat indes bislang nicht erörtert worden. Dazu bedürfe es noch nachhaltiger Überlegungen, die ein eigenes Vortragsthema dargestellt hätten und den Rahmen eines Überblicks über die aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Gesellschaftsrecht gesprengt hätten.
_______________
1
Vgl. BGH, Urt. v. 24.11.2003 – II ZR 171/01, GmbHR 2004, 302.
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
II. Ein Diskussionsteilnehmer aus der Wissenschaft begrüßte im Zusammenhang mit dem Urteil des BGH zur Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen Auskunftspflichtverletzungen die Übernahme der Relevanztheorie2 durch den BGH. Bedenken meldete er indes im Hinblick auf die im Urteil des BGH hergestellte enge Verknüpfung zwischen Auskunfts- und Anfechtungsrecht des Aktionärs an. Diese Verknüpfung stelle die Hauptversammlungspraxis vor erhebliche Schwierigkeiten und trage mit zu der häufig beklagten Schwerfälligkeit deutscher Hauptversammlungen bei. Röhricht betonte, dass die Rechtsfolgen der Relevanztheorie bei der Beurteilung der Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen wegen Auskunftspflichtverletzungen seiner Ansicht nach nahezu zwingend seien. Eine Eingrenzung der für die Anfechtbarkeit der Beschlüsse relevanten Informationen könne nur über das Kriterium der „Erforderlichkeit“ der Information zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstandes der Tagesordnung erfolgen. Wenn eine Information im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG für die Beurteilung eines Tagesordnungspunktes erforderlich sei, dann sei die Verletzung des Auskunftsrechts des Aktionärs auch für die Beschlussfassung relevant. Jedes andere Ergebnis sei nach Ansicht von Röhricht in sich widersprüchlich. Eine gewisse Erleichterung für die Durchführung von Hauptversammlungen erwartet sich Röhricht von der im Rahmen des UMAG geplanten Neuerung, wonach Fragen von Aktionären bereits im Vorfeld der Hauptversammlung auf der Internet-Seite der Gesellschaft beantwortet werden können (§§ 131 Abs. 3 Nr. 9, 131 Abs. 6 AktGE UMAG). Röhricht stellte zugleich klar, dass er keine Bedenken habe, „schikanöse“ Fragen oder ausufernde Fragenkataloge von Aktionären im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich einzustufen. Solche Fälle seien indes bislang noch nicht bis zum BGH gekommen.
III. Der zweite in der Diskussion erörterte Fragenkreis betraf die Entscheidung des BGH zur „Zulässigkeit von Aktienoptionsprogrammen als Ver_______________
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Zöllner, in: KölnerKomm. AktG, 1. Aufl. 1985, § 243 AktG Rn. 81 ff.; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 243 AktG Rn. 13.
Löbbe – Bericht über die Diskussion
gütungsinstrument für Aufsichtsratsmitglieder“. Ein Teilnehmer aus der Wissenschaft merkte in diesem Zusammenhang an, dass mit Blick auf die Verweisungskette des Aktiengesetzes (§ 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 5 i. V. m. § 193 Abs. 2 Nr. 4 und § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG) sowie die unklaren Stellungnahmen des Gesetzgebers in den Gesetzesmaterialien durchaus auch eine andere Entscheidung möglich gewesen wäre. Ein Bedürfnis für eine Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern durch Aktienoptionen sah der Teilnehmer insbesondere bei kleineren, neu gegründeten Aktiengesellschaften, die nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen. Hier könne die Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern durch Aktienoptionen ein sinnvolles Mittel zur Schonung der Liquiditätssituation der Gesellschaft sein. Röhricht hielt dem entgegen, dass eine Verweisungskette, die sich nicht ausdrücklich auf einen bestimmten Teilaspekt beschränke, im Zweifel als Verweis auf das gesamte Regelungswerk auszulegen sei. Im Übrigen sprächen die Gesetzesmaterialien, auf die die Rechtsprechung nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zur Erforschung des Willens des historischen Gesetzgebers zurückgreifen müsse, aus seiner Sicht eindeutig für die Position des BGH. Aus ihnen ergebe sich, dass die Bedenken des Gesetzgebers mit Blick auf Aktienoptionsprogramme für Aufsichtsratsmitglieder nicht dem Weg ihrer Beschaffung, sondern „der Sache als solcher“ gegolten habe. Zwar möge es bei neu gegründeten Aktiengesellschaften durchaus Gründe geben, die eine Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder durch Aktienoptionen sinnvoll erscheinen lasse. Wenn der Gesetzgeber dies wolle, müsse er dies jedoch durch eine entsprechende Regelung klarstellen. Es könne insoweit nicht Aufgabe der Rechtsprechung sein, die Rolle eines Ersatzgesetzgebers zu übernehmen. Die jüngsten Bestrebungen des Gesetzgebers im UMAG deuteten jedoch aus Sicht von Röhricht in eine andere Richtung, die die vom BGH eingeschlagene Linie zu bestätigen scheine. Im Übrigen hätten viele Fälle der jüngsten Vergangenheit aus seiner Sicht gezeigt, dass Aktienoptionen als Vergütungsinstrument für Aufsichtsratsmitglieder rechtspolitisch äußerst fragwürdig seien. Ein Vertreter der Praxis sprach sich dafür aus, zumindest virtuelle Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder zuzulassen. Wie sich aus § 113 Abs. 3 AktG ergebe, der eine Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern in Form einer Beteiligung am Jahresgewinn ausdrücklich zulasse, teile der Gesetzgeber die vom II. Zivilsenat in seinem Urteil geäußerten Vorbehalte gegen eine Ausrichtung der Vergütungsinteressen von Vorstand und Aufsichtsrat an den gleichen Parametern gerade nicht. Wenn §§ 87 Abs. 1,
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
113 Abs. 3 AktG eine gemeinsame Ausrichtung der Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat auf den Gewinn erlaube, müsse es auch möglich sein, dass sich die Vergütungssysteme von Vorstand und Aufsichtsrat beide am Aktienkurs orientieren. Röhricht betonte in diesem Zusammenhang, dass der Senat in seiner Entscheidung nicht über die Frage der Zulässigkeit virtueller Aktienoptionen für Aufsichtsratsmitglieder entschieden habe. Die Gesetzesmaterialien, aus denen sich ergebe, dass die Skepsis des Gesetzgebers Aktienoptionen als Vergütungsinstrument für Aufsichtsratsmitglieder als solche gegolten habe und nicht dem Weg ihrer Beschaffung, sprächen jedoch aus seiner Sicht dafür, dass das, was nun für echte Aktienoptionen entschieden worden sei, auch für virtuelle Aktienoptionsprogramme zu gelten habe. Röhricht wies weiter darauf hin, dass auch der Handelsrechtsausschuss des DAV3 in seiner Stellungnahme zum KonTraG die Vorbehalte des Gesetzgebers im Hinblick auf eine Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern durch Aktienoptionen geteilt habe. Krieger ergänzte, dass der Handelsrechtsausschuss des DAV seinerzeit eingehend über diese Frage diskutiert habe. Maßgeblich für die damalige Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses sei gewesen, dass aus Sicht des Handelsrechtsausschusses ein qualitativer Unterschied zwischen der Anknüpfung der Aufsichtsratsvergütung an den Gewinn, wie ihn das Gesetz in § 113 Abs. 3 AktG ausdrücklich zulasse, und der Anknüpfung an den Aktienkurs bestehe.
IV. Ein Teilnehmer aus der Praxis wies im Zusammenhang mit den „Infomatec“-Urteilen des BGH darauf hin, dass die vom Gesetzgeber im KapInHaG geplanten Neuregelungen in wesentlichen Punkten von der Rechtsprechung des BGH in den „Infomatec“-Urteilen abweichen. Dies betreffe etwa die Schadensberechnung oder die Verjährungsfristen4. Der Teilnehmer stellte in diesem Zusammenhang die Frage, ob die im KapInHaG vorgesehene Regelung einer Beweislastumkehr innerhalb der ersten drei Monate5 insoweit auch auf die Haltung des Senats im Hinblick auf einen Anscheinsbeweis nach den Grundsätzen der „Infomatec“_______________
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Vgl. DAV-Stellungnahme zum RefE, ZIP 1997, 163, 173 Rn. 117. §§ 37a Abs. 4, 37b Abs. 2 WpHG-Entwurf KapInHaG. § 37a Abs. 3 WpHG-Entwurf KapInHaG.
Löbbe – Bericht über die Diskussion
Rechtsprechung ausstrahlen werde. Da der Senat seine ablehnende Haltung gegenüber einer Beweislastumkehr in den „Infomatec“-Entscheidungen maßgeblich darauf gestützt habe, dass eine solche nur durch eine gesetzgeberische Wertentscheidung erfolgen könne, könne sich der BGH einer solchen gesetzgeberischen Wertung nach Einführung der Neuregelungen des KapInHaG nicht mehr verschließen. Röhricht betonte demgegenüber, dass die vom BGH in den „Infomatec“Entscheidungen entwickelte Rechtsprechung zur Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen nach § 826 BGB unabhängig von den Bestrebungen des Gesetzgebers im KapInHaG sei. Die vom Gesetzgeber in den Regelungen des KapInHaG vorgesehene Haftung sei an leichtere Voraussetzungen geknüpft, als sie der BGH in den „Infomatec“-Entscheidungen aufgestellt habe. So verlange § 826 BGB Vorsatz, während nach dem Entwurf des KapInHaG bereits grobe Fahrlässigkeit für eine Haftung der Organmitglieder ausreiche. Dies rechtfertige auch die weitergehenden Rechtsfolgen von § 826 BGB. Wegen dieser unterschiedlichen Rechtsfolgen seien nach Auffassung von Röhricht auch die im KapInHaG vorgesehenen Beweiserleichterungen nicht ohne weiteres auf die „Infomatec“Rechtsprechung übertragbar. Im übrigen entspreche es ausweislich der Materialien zum KapInHaG auch dem Willen des Gesetzgebers, dass eine weitergehende Haftung nach allgemeinen Rechtsvorschriften durch die im Rahmen des Kap-InHaG geplanten Neuregelungen unberührt bleibe.
V. Abschließend wandte sich die Diskussion den „Gelatine“-Entscheidungen zu. Ein Vertreter der Praxis wies darauf hin, dass die „Gelatine“Entscheidungen die Aussage des „Holzmüller“-Urteils wieder aufgegriffen habe, wonach das Erfordernis der Zustimmung der Hauptversammlung nicht auf die Ausgliederungsmaßnahme selbst beschränkt sei, sondern auf spätere Entscheidungen über eine Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft zu erweitern sei. In diesem Zusammenhang stellte der Teilnehmer die Frage nach dem Verhältnis einer Ausgliederung nach den „Holzmüller“-Grundsätzen und einer solchen nach dem Umwandlungsgesetz. Müsse man insoweit aus den „Gelatine“-Entscheidungen die Schlussfolgerung ziehen, dass auch bei einer Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz spätere Kapitalerhöhungen in der Tochtergesellschaft der Zustimmung der Hauptversammlung der Obergesellschaft bedürften? Ein weiterer Vertreter der Praxis ergänzte, dass sich in diesem Zusam-
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I. Abteilung: Rechtsprechungsbericht
menhang auch die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die jeweiligen Schwellenwerte stelle. Denkbar sei insoweit, entweder auf den Zeitpunkt der Ausgliederung oder auf die spätere Kapitalerhöhung abzustellen. Weiterhin stelle sich die Frage, ob im Anschluss an eine nach den „Holzmüller/Gelatine“-Grundsätzen zustimmungspflichtige Ausgliederung jede Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft zustimmungspflichtig sei oder nur solche Maßnahmen, die wiederum den maßgeblichen Schwellenwert erreichten. Röhricht merkte dazu an, dass sich die „Gelatine“-Entscheidungen mit der Frage der Zustimmungspflichtigkeit nachfolgender Kapitalerhöhungen in Tochtergesellschaften nicht auseinandersetzten. Die betreffende Passage in den „Gelatine“-Entscheidungen gebe insoweit nur die Ausführungen des „Holzmüller“-Urteil wieder. Er persönlich neige dazu – ohne dass diese Frage bisher im Senat erörtert worden wäre –, auf weitere Zustimmungserfordernisse zugunsten der Hauptversammlung der Muttergesellschaft zu verzichten, wenn diese mit der erforderlichen Mehrheit der Ausgliederung nach den „Holzmüller/Gelatine“-Grundsätzen zugestimmt habe. Entsprechendes würde dann auch für eine Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz gelten. Ein Teilnehmer aus der Wissenschaft stellte fest, dass durch die „Gelatine“-Entscheidung des BGH klargestellt sei, dass die Regelungen des Umwandlungsgesetzes über die Ausgliederung einer Ausgliederung außerhalb des Umwandlungsgesetzes durch Einzelrechtsnachfolge nicht entgegenstünden. Er bildete in diesem Zusammenhang den Fall einer Hotelkette mit Restaurants, die auch mit Delikatessen handle. Hier solle der „Gourmet“-Bereich ausgegliedert werden. Der Teilnehmer warf in diesem Zusammenhang die Frage auf, ob es in einem solchen Fall tatsächlich nur auf die der „Gelatine“-Entscheidung zugrundeliegenden Schwellenwerte von 70 % bis 80 % ankomme oder nicht richtigerweise darauf abgestellt werden müsse, ob mit der Ausgliederung eine Änderung des Unternehmensgegenstandes und damit der Satzung verbunden sei. Röhricht erläuterte, dass bei einer Ausgliederung durch Einzelrechtsnachfolge grundsätzlich die in den „Gelatine“-Entscheidungen in Bezug genommenen Schwellenwerte maßgeblich seien. Bei einer Ausgliederung, die die 80 %-Schwelle erreiche, sei von einer Zustimmungspflichtigkeit der Hauptversammlung auszugehen, während unterhalb von 75 % regelmäßig kein „Holzmüller/Gelatine“-Fall vorläge. Wenn mit der Ausgliederung jedoch gleichzeitig eine Änderung des Unternehmensgegenstandes und damit der Satzung verbunden sei, komme es auf diese Schwel-
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Löbbe – Bericht über die Diskussion
lenwerte nicht mehr an, da sich die Zustimmungspflichtigkeit der Maßnahme dann unmittelbar aus dem Gesetz ergebe. Ein weiterer Teilnehmer aus der Praxis hob hervor, dass die Praxis die durch die „Gelatine“-Entscheidungen gewonnene Rechtssicherheit ausdrücklich begrüße. Offen geblieben sei nach den „Gelatine“-Entscheidungen jedoch weiterhin, ob der Erwerb einer Beteiligung, die die 80 %Schwelle erreiche, der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfe. Beim Erwerb einer Beteiligung sei anders als bei der Beteiligungsveräußerung ein Mediatisierungseffekt nicht von der Hand zu weisen. Überdies sei zu berücksichtigen, dass sich insoweit ähnliche Fälle wie bei der der „Holzmüller“-Entscheidung zugrundeliegenden Ausgliederung ergeben könnten, wenn z. B. zunächst die operative Tätigkeit der Gesellschaft auf ein Minimum zurückgefahren und dann eine neue Beteiligung erworben werde. Röhricht betonte, dass nach seiner Auffassung sich weder bei der Veräußerung einer Beteiligung noch beim Beteiligungserwerb ein Mediatisierungseffekt ergebe. Daher liege die Entscheidung über einen Erwerb bzw. eine Veräußerung von Beteiligungen nach seiner Auffassung auch ausschließlich in der Kompetenz des Vorstandes. Eine Zustimmung der Hauptversammlung hierzu sei nicht erforderlich. Etwas anderes könne sich im Einzelfall eventuell dann ergeben, wenn es sich um eine Kette von Maßnahmen handle, die im Ergebnis auf eine Ausgliederung wie im „Holzmüller“-Fall hinausliefe. In einem solchen Fall könnten die „Gelatine“-Grundsätze Anwendung finden. Gegen Ende der Diskussion wurde von einem Teilnehmer aus der Praxis die Frage aufgeworfen, ob die in den „Gelatine“-Entscheidungen aufgestellten qualitativen Kriterien für die Zustimmungspflichtigkeit einer Maßnahme auch dazu führen könnten, dass die Zustimmungspflichtigkeit der Hauptversammlung auch schon bei Maßnahmen erforderlich seien, die unterhalb der 80 %-Schwelle – etwa bei 50 % – lägen. Röhricht stellte klar, dass die „Gelatine“-Entscheidungen dahingehend zu verstehen seien, dass qualitative und quantitative Kriterien kumulativ vorliegen müssten. Daher sei bei einer Maßnahme, die lediglich eine Schwelle von 50 % erreiche, eine Hauptversammlungszustimmung nicht erforderlich.
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung Die Reform der Hauptversammlung – insbesondere durch das UMAG Prof. Dr. Ulrich Noack Universität Düsseldorf
I. Zum Thema ................................ 37 1. Typologie der Hauptversammlung ........................... 38 2. Der Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Aktienrechts ............................ 39 II. Kernpunkte des UMAG im Organisationsrecht der Hauptversammlung .............................. 1. Legitimation ............................ a) Bisheriges Recht .................. b) UMAG ................................. 2. Rede- und Auskunftsrecht ...... a) Bisheriges Recht .................. b) UMAG ................................. 3. Aktionärsforum im elektronischen Bundesanzeiger .......... 4. Anfechtungsrecht und Freigabeverfahren ..........................
40 40 40 41 43 43 46 48
III. Entwicklung des Rechts der Hauptversammlung auf europäischer Ebene ............................ 50 1. Transparenzrichtlinie 2004 ..... 51 2. Konsultation der EU-Kommission zu Aktionärsrechten . 51 IV. Zwischenbilanz der aktienrechtlichen Reformgesetze 1994–2004 ................................... 1. Leitlinien der Gesetzgebung ... 2. Was fehlt im UMAG? ............. a) Virtuelle Hauptversammlung ....................................... b) Unmittelbare OnlineTeilnahme von Aktionären .
52 52 54 54 54
V. Das Organ Hauptversammlung in der Zukunft ............................ 55
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I. Zum Thema Genau betrachtet existiert mein Thema gar nicht. Weder gibt es bislang das UMAG noch gibt es die Hauptversammlung. Das erste Defizit dürfte sich im Lauf des Jahres 2005 erledigen, das zweite bleibt. Um mit dem Letzteren zu beginnen:
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung
1. Typologie der Hauptversammlung In Deutschland gibt es 15 853 Aktiengesellschaften. Von diesen inländischen Aktiengesellschaften sind nur etwa 800 i. S. v. § 3 Abs. 2 AktG börsennotiert1. Öffentliche Aufmerksamkeit gilt am ehesten den Hauptversammlungen der DAX-30 Gesellschaften. Ersichtlich ist es ein erheblicher Unterschied, ob eine (größere) börsennotierte Gesellschaft zur Hauptversammlung bittet oder ob dies bei den über 95 % der nicht börsennotierten Gesellschaften geschieht, wo es eher wie bei einer GmbHGesellschafterversammlung zugehen dürfte. Die rechts- und wirtschaftspolitische Diskussion um die Hauptversammlung zielt in der Regel auf die Hauptversammlung der börsennotierten Gesellschaft mit breit gestreutem Aktionärskreis. Dort stellen sich die Probleme der Logistik, der Kommunikation, der Dauer, der massenhaften Ausübung des Teilnahme-, Auskunfts- und Stimmrechts. Die Gesetzgebung hat freilich auf die Unterschiede zwischen börsennotierter und nicht börsennotierter Gesellschaft betreffs der Hauptversammlung noch nicht explizit Bedacht genommen, von Randfragen einmal abgesehen2. Doch auch die Hauptversammlungen börsennotierter Gesellschaften sind keineswegs Einheitsveranstaltungen. Notar-HV: Da gibt es die nüchterne, eher an einen Notartermin erinnernde Versammlung: Vorlage des Jahresabschlusses – Kenntnisnahme; Wahl des Abschlussprüfers – es ist wieder der bewährte; Verwendung des Bilanzgewinns – nach kurzer Aussprache beschlossen; Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat – etwas Lob, etwas Kritik. Nach ein oder zwei Stunden wird die Versammlung geschlossen. Event-HV: Da ist die Hauptversammlung, die zwar dasselbe juristische Kernprogramm hat, aber als Show aufgezogen wird zum Zwecke der medialen Inszenierung des Unternehmens, seiner Produkte und vor allem des Top-Managements. _______________
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Deutsches Aktieninstitut e.V. (Hrsg.), DAI-Factbook 2004, Frankfurt a. M. 2004, Blatt 01-1, 01-1-a. Das DAI nennt 666 an der Frankfurter Wertpapierbörse notierte Aktien inländischer Gesellschaften. Die börsennotierte Gesellschaft kann auch am Börsensitz ihre Hauptversammlung abhalten (§ 121 Abs. 5 Satz 2 AktG); bei der nicht börsennotierten Gesellschaft ist ggf. die Mitwirkung eines Notars verzichtbar (§ 130 Abs. 1 AktG); ferner dürfte bei dieser Gesellschaft am ehesten eine Einberufung durch Einschreibebrief oder andere satzungsmäßig bestimmte Modi (E-Mail!) in Betracht kommen (§ 121 Abs. 4 Satz 1 AktG).
Noack – Die Reform der Hauptversammlung
Inquisitions-HV: Da gibt es die Hauptversammlung in einer Problemsituation der Gesellschaft, sei es wegen wirtschaftlicher Schieflage oder sei es wegen gesellschaftsrechtlicher Umstrukturierungen. Der Vorstand ist heftigsten Anfragen und Debatten aus dem Aktionärskreis ausgesetzt, die Veranstaltung droht immer wieder aus dem Ruder zu laufen. Diese Typologie ließe sich mit weiteren Mustern fortschreiben, mit dem oben schon erwähnten Befund, dass es die Hauptversammlung nicht gibt. Dies sollte bei der Beurteilung regulatorischer Vorschläge zur Verbesserung der Hauptversammlung präsent sein. Im Grunde bereitet das Aktiengesetz mit seinen zwingenden Regelungen ein Prokrustesbett für die Beteiligten. Die Durchführung der Hauptversammlung weithin der Satzungsfreiheit anheim zu geben ist aber bislang nicht Programm des Gesetzgebers, und auch das im Folgenden hier zu besprechende UMAG scheut davor zurück.
2. Der Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Aktienrechts Der Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Aktienrechts (UMAG) geht auf die Unterscheidung von börsennotierter und nicht börsennotierter Aktiengesellschaft nicht ein. Jedoch ist den Regelungsvorschlägen und den dazu gegebenen Begründungen deutlich anzumerken, dass sie von der Anschauung der Hauptversammlung einer größeren börsennotierten Gesellschaft ausgehen; damit adressieren sie freilich nur die oben benannte kleine Minderheit. Das UMAG wurde im Januar 2004 als Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vorgestellt und hat zahlreiche Stellungnahmen aus Wissenschaft und Verbänden evoziert3. Ein teilweise nicht unerheblich geänderter Regierungsentwurf wurde im November desselben Jahres in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht4. Für die Praxis wird das Gesetz damit erst zur Hauptversammlungssaison 2006 virulent, denn mit einem In-Kraft-Treten ist erst im Herbst 2005 zu rechnen. _______________
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Noack, NZG 2004, 297, 301 f.; Weißhaupt, WM 2004, 705 (der fälschlich von einem Regierungsentwurf spricht); Ulmer, DB 2004, 859; Kinzl, NZG 2004, 701; Martens, AG 2004, 238; Paefgen, AG 2004, 245; Hoffmann-Becking, Börsenzeitung v. 14.7.2004, S. 2; Linnerz, NZG 2004, 307; Kock/Dinkel, NZG 2004, 441; Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2004, 555; Dokumentation der via Internet zugänglichen Stellungnahmen bei www.jura.uni-duesseldorf. de/dozenten/noack/gesetz.shtml. Dazu Seibert, WM 2005, 157 ff.
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung
Den rechtspolitischen Hintergrund des UMAG-Entwurfs bilden sowohl die bisherigen aktienrechtlichen Reformgesetze der letzten Jahre (1998: KonTraG, 2001: NaStraG, 2002: TransPuG) als auch und vor allem der 2001 vorgelegte Bericht der Regierungskommission Corporate Governance. Dieser Report erteilt Empfehlungen u. a. zur Reform der Hauptversammlung, über Aktionärsrechte sowie den Anlegerschutz5. Ich werde auf drei Kernpunkte des UMAG-Entwurfs mit Bezug auf die Organisation der Hauptversammlung näher eingehen. (Nicht oder nur am Rande behandeln will ich die Konsequenzen fehlerhafter Hauptversammlungsbeschlüsse, die ebenfalls eine Revision erfahren). Anschließend werden in diesem Zusammenhang neueste Entwicklungen im europäischen Recht vorgestellt, bevor sich nach einer Zwischenbilanz die Frage stellt: Ist das richtig aufgesetzt und wo führt es hin?
II. Kernpunkte des UMAG im Organisationsrecht der Hauptversammlung 1. Legitimation a) Bisheriges Recht Wenn es keine Aktienurkunden mehr gibt, die zur klassischen wertpapierrechtlichen Legitimation vorgelegt werden können, dann muss die Rechtsordnung andere Verfahren entwickeln6. Das hat sie in Deutschland schon vor dem Übergang börsennotierter Gesellschaften zur Globalurkunde getan, weil es unzumutbar war, mit Einzelurkunden übers Land zur Hauptversammlung anzureisen. Es genügt nach geltendem Recht die Vorlage einer Hinterlegungsbescheinigung, um zur Hauptversammlung zugelassen zu werden. Diese Hinterlegungsbescheinigung kann ein Notar ausstellen oder eine Wertpapiersammelbank7 oder eine in der Satzung dazu bestimmte Stelle. Wenn die Satzung es vorsieht, dann reicht es aus, wenn die Aktien bei der verwahrenden Bank mit Zustimmung dieser _______________
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Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 83 ff., 129 ff., 246 ff. Eingehend Noack/Zetzsche, WM 2004, 1 ff., und dies., AG 2002, 651 ff.; zur Hinterlegung globalverbriefter Aktien beim Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern BayObLG, ZIP 2004, 2285 (das Gericht will zutreffend den Begriff der Hinterlegung teleologisch erweitern, eine bloße Bankbescheinigung aber nicht genügen lassen; zweifelhaft). Es gibt in Deutschland nur noch die Clearstream Banking AG in Frankfurt a. M., eine Tochtergesellschaft der Deutschen Börse AG.
Noack – Die Reform der Hauptversammlung
Hinterlegungsstellen bis zum Tag der Hauptversammlung gesperrt gehalten werden; ein Depotübertrag zu der Hinterlegungsstelle ist daher nicht vonnöten. Die Hinterlegungsbescheinigung erklärt also zweierlei: erstens sagt sie, dass jemand Aktien hält; zweitens sagt sie, dass diese Aktien gesperrt sind. Sperre heißt in diesem Zusammenhang: die Bank wird nicht an einer Verfügung mitwirken, die ihr Kunde in Auftrag gibt, es sei denn, die Hinterlegungsbescheinigung wird zurückgegeben. In der Praxis ist selbst diese Rückgabe weithin unnötig: Die Bank führt den Verkaufsauftrag aus und informiert in einem etablierten elektronischen System („DAMBA“)8 die Gesellschaft bis zum Vorabend der Hauptversammlung hierüber. So kann am Hauptversammlungstag ein aktueller Aktionärsbestand festgestellt werden.
b) UMAG Legitimationsfragen stellen sich vordergründig nur bei Inhaberaktien, weshalb die vorgesehene Neuregelung auch nur darauf eingeht (§ 123 Abs. 3 AktG). Bei Namensaktien hat man ja das Aktienregister. Interessant ist gleichwohl, wer die Legitimation erteilt. Es ist sowohl bei Inhaber- als auch bei Namensaktien das depotführende Institut. Während die Banken bei Namensaktien kontinuierlich melden (§ 67 Abs. 4 AktG) und daraus schließlich ein zentrales Aktienregister bei der Gesellschaft entsteht, wird bei Inhaberaktien lediglich anlassbezogen auf Wunsch des Aktionärs gemeldet. Der Hauptanlass ist die Hauptversammlung, und hierfür wird ein einmaliges Register erstellt, aus dem das Teilnehmerverzeichnis (§ 129 Abs. 4 AktG) entsteht. Dass (nur) der Berechtigungsnachweis des depotführenden Instituts ausreichen soll, bewegt die Gemüter, weil Horrorszenarien von Bescheinigungen dubioser Offshore-Banken in den Sinn kommen. Aber erstens ist die Praxis der Namensaktien schon immer mit Bankenmitteilungen konfrontiert gewesen, die je nach Sachlage vor Eintragung in das Aktienregister eingehender zu prüfen waren. Zum Zweiten und vor allem genügt der Umstand, dass ein Banknachweis präsentiert wird, nicht für die gesetzliche Fiktion der Aktionärsstellung. Diese im neuen § 123 Abs. 3 AktG vorgesehene Fiktion greift erst ein, wenn der Nachweis „erbracht“ wurde. Parallele zur Namensaktie auch hier: wenn der Aktionär in das Aktienregister eingetragen, also die Bankenmeldung akzeptiert wurde, gilt er _______________
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Datenaustausch mit Banken; dazu Noack/Zetzsche, WM 2004, 1, 3 ff.
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung
gegenüber der Gesellschaft als Aktionär. Ebenso ist erbracht der Nachweis bei Inhaberaktien, wenn die Gesellschaft ihn akzeptiert hat. Sie kann und muss ihn akzeptieren, wenn keine hinreichenden Verdachtsumstände für Fälschung oder Fehlmeldung ersichtlich sind. Die gut beratene Gesellschaft wird dabei bedenken, dass die unberechtigte Zurückweisung einen Anfechtungsgrund setzt9, hingegen die unberechtigte Akzeptanz nur in dem ganz und gar unwahrscheinlichen Fall, dass ausgerechnet diese Stimmen den Ausschlag in den Abstimmungen gaben. Die Formulierung „reicht aus“ ist als Absicherung gegenüber strengeren statutarischen Vorgaben zu verstehen (so wie § 123 Abs. 3 Satz 2 AktG in der noch geltenden Fassung die Hinterlegung bei einem Notar oder einer Wertpapiersammelbank ausreichen lässt). Die Satzung kann Nachweise jeglicher Art fordern, eine Bestätigung des depotführenden Instituts genügt indessen immer. Eine Satzungsanpassung – auch vorsorglich – im Hinblick auf 2006 ist nicht unbedingt erforderlich, also selbst dann nicht, wenn die Satzung von Hinterlegung spricht. Eine solche Klausel ist schon nach aktueller Rechtspraxis überholt. Bis hierher bringt die Reform sachlich kaum Neues, denn sowohl Hinterlegungsbescheinigung (alt) als auch Nachweisberechtigung (neu) werden von der Depotbank ausgestellt. Terminologisch wird der Begriff „Hinterlegung“ getilgt, der offenbar vor allem bei ausländischen institutionellen Anlegern zu Fehlinterpretationen Anlass gibt, zumal wenn das Ganze noch unzutreffend mit „blocking of shares“ übersetzt wird. Eine mehrwöchige Verfügungssperre um den Preis des zweifelhaften Vergnügens der Teilnahme an einer deutschen Hauptversammlung können sich viele institutionelle Anleger nicht leisten. Wie gezeigt, ist es mit der Verfügungssperre nicht weit her, aber juristische Detailbelehrung interessiert nicht mehr, wenn sich diese Anschauung erst einmal festgesetzt hat. Bedeutsam ist schließlich, dass der Nachweis „in Textform“ (§ 126b BGB) erbracht werden kann10. Im Klartext: eine elektronisch erteilte Bescheinigung über den Aktienkontostand genügt. Das eröffnet auch für Inhaberaktien die Perspektive einer internetgestützten Hauptversammlung, insbesondere mit dem Einsatz eines gesellschaftsbenannten Stimm_______________
9 Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rn. 45. 10 Zu den Anforderungen an die Textform Noack/Kremer, in: Anwaltkomm. BGB, 2005, § 126b. Zu Satzungsregelungen betreffend die Neuregelung vgl. Zetzsche/Simon, NZG 2005, Heft 9.
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rechtsvertreters. Die Authentfizierung des Vollmachtgebers kann künftig elektronisch über die Bankenmeldung erfolgen. Die eigentliche Neuerung für das deutsche Recht ist die Einführung eines Stichtags (record date) für Inhaberaktien im Vorfeld der Hauptversammlung, denn der Nachweis hat sich auf den vierzehnten Tag vor der Versammlung zu beziehen. Ein solcher record date sei international sehr verbreitet, gibt die Entwurfsbegründung an: aber was heißt das schon? Die deutsche Praxis ist mit der Meldung eines zwischenzeitlichen Verkaufs der „Papiere“ an die Gesellschaft gut zurecht gekommen11. Freilich bereitet das Verfolgen und Beachten der Aktiensperre sowie die Meldung an die Gesellschaft einigen Aufwand, den sich die Banken gerne sparen (wenngleich für die Ausführung eines Auftrags während der Sperrzeit Extragebühren genommen werden). Nur aus deutscher Perspektive betrachtet ist ein Stichtag zwei Wochen vor der Hauptversammlung schwerlich zu rechtfertigen, denn das bedeutet eben auch, dass Hauptversammlungsteilnehmer und wahrer Aktionärskreis nicht mehr völlig deckungsgleich sein werden. Entscheidend ist der Blick auf die erwünschte Teilnahme ausländischer Investoren. Wenn sich deren Depotbanken auch im Ausland befinden (der wahrscheinliche Fall), kommt es in der Regel nicht zu einer Beteiligung am elektronischen Meldesystem der deutschen Banken12. Das bedeutet, dass entweder die ausländische Bank die von ihr erteilte Hinterlegungsbescheinigung nicht ernst nimmt oder dass sie diese ernst nimmt und es am Ende doch zu eine Aktienblockade kommt. Wie auch immer: man bringt die ausländischen Beteiligten in eine Zwickmühle. Der Ausweg ist der record date.
2. Rede- und Auskunftsrecht a) Bisheriges Recht Während sich das Stimm- und Dividendenrecht grundsätzlich am Kapitaleinsatz orientiert, gilt dies für das Rede-, das Antrags- und das Auskunftsrechts des Aktionärs nicht13. Der Aktionär mit einer Aktie hat insoweit dieselben Rechte wie der Aktionär mit einer Million Aktien. Dieses Kopfprinzip ist im Eingangstext des § 131 AktG festgeschrieben, _______________
11 Oben Fn. 8. 12 Oben Fn. 8. 13 Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rn. 38; Butzke, in: Obermüller/Werner/Winden, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 2001, Rn. G 10; Quack, FS Brandner, 1996, S. 116 f.
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung
wonach „jedem Aktionär“ Auskunft zu erteilen ist. Über das Rede- und Antragsrecht14 äußert sich das Aktiengesetz an keiner Stelle. Es wird aus dem Teilnahmerecht abgeleitet15, und, da jeder Aktionär die Hauptversammlung besuchen kann, folgert man daraus, dass auch jeder Anwesende zu den Verhandlungsgegenständen Ausführungen machen und Anträge stellen kann. Das Rede- und Auskunftsrecht besteht soweit dies „zur sachgemäßen Beurteilung des Gegenstands der Tagesordnung erforderlich ist“ (§ 131 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AktG)16. Von einer zu restriktiven Auskunftspolitik unmittelbar nach In-Kraft-Treten des AktG 1965 wird berichtet17, was sich seither allerdings grundlegend gewandelt hat. Die Gesellschaften geben lieber aber auch jedem Auskunftsverlangen nach, so jüngst bei DaimlerChrysler etwa der Frage, was das „E“ bei Jürgen E. Schrempp denn wohl heiße. Das mag anekdotisch daher kommen, aber das Lamento über diese und jene Einzelheit aus dem Alltag des Unternehmens verbraucht die knappe Ressource Zeit, die bei einer Tagesveranstaltung nun einmal nicht allzu üppig verfügbar ist. Es ist schwer zu erkennen, was etwa die Beschwerde über zu viele Anglizismen in der Werbung des Unternehmens mit den üblichen Tagesordnungspunkten (Vorlage des Jahresabschlusses, Wahl von Prüfern und Aufsichtsräten, ggf. Satzungsänderung), zu tun hat. Einfallstor ist allenfalls der Punkt Organentlastung, weil sich dort offenbar alles unterbringen lässt. Doch auch hier gilt, dass nicht die geschäftspolitische Zweckmäßigkeit unternehmerischer Entscheidungen, sondern die Übereinstimmung des Organhandelns mit Gesetz und Satzung das Thema zu sein hat. Erläutert am bekannten Lufthansa-Beispiel: Streikaufrufe des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden gegen das eigene Unternehmen sind sub specie Entlastung relevant, _______________
14 Mit Antragsrecht ist die Befugnis gemeint, Verfahrens- und Sachanträge (letztere im Rahmen der Gegenstände der Tagesordnung) zu stellen; dazu Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rn. 40. Streng davon zu unterscheiden ist das in § 122 Abs. 2 AktG an ein Quorum geknüpfte Verlangen, Gegenstände zur Beschlussfassung einer Hauptversammlung bekannt zu machen. 15 Zur Ableitung aus dem Teilnahmerecht Zöllner, in: KölnKomm. AktG, 1. Aufl. 1973, § 118 Rn. 18. 16 Für das in § 131 AktG nicht angesprochene Rederecht gelten dieselben Restriktionen; Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rn. 38; Mülbert, in: Großkomm. z. AktG, 4. Aufl. 1999, Vor §§ 118 ff. Rn. 144 ff.; Grüner, NZG 2000, 770, 771; Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1326; strenger noch Siepelt, AG 1995, 254, 255. 17 Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 131 Rn. 5.
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die Debatte über eine vom Aktionär vermisste Linienverbindung ist es dagegen nicht. Freilich ist nicht zu verkennen, dass sich hier für den Versammlungsleiter eine erhebliche Grauzone auftut, die im Zweifel für die Zulassung des Redebeitrags streitet. Abmahnungen oder Wortentzug durch die Versammlungsleitung gibt es daher kaum wegen des Inhalts, sondern nur wegen der inakzeptablen Form der Beiträge18. Und man kann mit Fug auch der Meinung sein, dass Äußerungen aus dem Aktionärskreis zum Erscheinungsbild des Unternehmens und zur Qualität seiner Produkte ein willkommenes feed back aus Kundensicht darstelle19. Nichts dagegen: nur aktienrechtlich ist solches nicht verlangt – dies möge erkennen, wer sich an anderer Stelle über die Länge der Hauptversammlung beklagt. Befördert werden Unsicherheiten darüber, was zur Tagesordnung beiträgt und was nicht, durch die Art der Durchführung der Veranstaltung. Denn die Gesellschaften arbeiten nicht Punkt für Punkt der Tagesordnung ab, sondern strukturieren in eine „Generaldebatte“ und in eine anschließende Blockabstimmung. Da liegt es schon recht nahe, dass das Wort Generaldebatte wörtlich genommen und über alles und jedes gesprochen wird. Und nicht zuletzt sind es die Gesellschaften selbst, die durch das stupide Verlesen von allerlei (aktienrechtlich nirgends zur Kundgabe verlangten) Regularien20 bereits am Versammlungsbeginn für die falsche Einstimmung sorgen, dem dann langatmige Verwaltungsbeiträge folgen, bis schließlich die Aktionärsvereinigungen dran sind, gefolgt von einem immer wilderen Stakkato höchst unterschiedlicher Aktionärsbeiträge, unter Umständen am Ende gekrönt durch die bekannten Profis21. Kaum ein von auswärts angereister Aktionär wird die Abstimmung in den Abend- oder gar Nachtstunden abwarten können. Überhaupt berührt es seltsam, wenn gesagt wird, die Hauptversammlung „sei ein Forum für eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Geschäftspolitik“ (so die Begründung zum KonTraG) bzw. eine „Plattform für die wesentlichen strategischen Entscheidungen“ (so die Begründung _______________
18 Martens, AG 2004, 238, 240. 19 So Dr. Hans-Peter Fischer (Justitiar VW AG) in einer Korrespondenz mit dem Verfasser. 20 Gemeint ist der Leitfaden, den fürsorgliche, jede Eventualität bedenkende Berater für den Versammlungsleiter aufsetzen. Damit nicht zu verwechseln ist der vorzügliche „Leitfaden für die Hauptversammlung“ von K. P. Martens, 3. Aufl. 2003 (zur Erstauflage Zöllner, AG 1992, 462). 21 Beschreibungen bei Martens, AG 2004, 238, 239; Hemeling, AG 2004, 262.
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zum UMAG). Denn „über Fragen der Geschäftsführung kann die Hauptversammlung nur entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt“ (§ 119 Abs. 2 AktG). Ein solches Verlangen richtet der Vorstand aber normalerweise nicht an die Hauptversammlung; deren Entscheidung muss er auch nur ganz ausnahmsweise suchen, wie der BGH in seinen GelatineUrteilen im Gefolge von „Holzmüller“ klargestellt hat22.
b) UMAG Der Gesetzentwurf zielt nach Auskunft seiner Begründung auf mehr Handlungsspielraum für den Versammlungsleiter und auf mehr Satzungsautonomie. Hierzulande muss man schon das Bundesverfassungsgericht berufen, um für so etwas Schlichtes wie Durchführungsregeln für eine Großveranstaltung den verfassungsrechtlichen Segen zu erhalten. Das BVerfG hat vor 5 Jahren betont, die Gerichte seien gemäß Art. 14 GG gehalten, einer missbräuchlichen Handhabung des Rede- und Fragerechts durch die Aktionäre entgegen zu treten, um eine Abwicklung der Hauptversammlung in angemessener und zumutbarer Zeit zu ermöglichen23. Plakativ ausgedrückt: Eigentumsschutz gegen Vielschwätzer. Vor somit verfassungsrechtlich hell ausgeleuchtetem Hintergrund soll nun eine straffere Durchführung der Hauptversammlung durch zwei Neuerungen ermöglicht werden: Erstens wird das Rede- und Fragerecht einer Angemessenheitsschranke unterworfen, die der Versammlungsleiter auf der Grundlage einer Satzungs- oder Geschäftsordnungsregelung ausübt. Damit wird vor allem die artifizielle Trennung24 zwischen einem beschränkbaren Rede-25 und einem im Grunde unbeschränkbaren Fragerecht aufgegeben. In dieser Gleichbehandlung des Rede- und Fragerechts sieht Martens einen wesentlichen Konstruktionsfehler der Neuregelung26. Aber es geht der Sache nach um den Wortbeitrag des Einzelnen, der zeitlich limitiert werden kann, einerlei ob nur geredet oder auch gefragt oder beides zugleich getan wird. Wer viele Fragen hat, wird seine allgemeinen Vorbemerkungen („Rede“) entsprechend kürzen müssen. Wichtig für die Durchführung der Veranstal_______________
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BGH, NJW 2004, 1860 „Gelatine I u. II“. BVerfG, NJW 2000, 349, 351. Würmeling, AG 2004, 262. LG München, AG 2000, 139; Butzke (Fn. 13), Rn. G 22. Martens, AG 2004, 238, 242.
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tung ist, dass diese Begrenzung nicht erst zu vorgerückter Stunde Platz vor dem Eindruck zunehmender Zeitnot greift, sondern gleich zu Beginn. Die Rechtsgrundlage ist in der Satzung oder in der Geschäftsordnung zu schaffen, wobei es sich empfehlen dürfte, keine starren Zeitvorgaben zu formulieren. Vielmehr sollte nur eine Angemessenheitsklausel aufgenommen werden: „Der Versammlungsleiter kann das Rede- und Fragerecht zeitlich so beschränken, dass die Hauptversammlung in angemessener und zumutbarer Zeit abgewickelt werden kann“27. Zweitens wird eine Auskunft in der Hauptversammlung verweigert werden können, wenn die Information auf der Internetseite der Gesellschaft sieben Tage vorher zugänglich war und in der Hauptversammlung zugänglich ist (§ 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E). Die Verlesung von Regularien, langen Vertragstexten oder gar Statistiken wird dadurch entfallen. Die Erwartung ist, dass je detaillierter die Informationen im Internet aufbereitet sind, desto mehr Zeit bleibt für die inhaltliche Auseinandersetzung auf der Hauptversammlung28. Flankiert mit der erwähnten zeitlichen Beschränkung des Fragerechts kann man auch den von manchen befürchteten haarspalterischen Nachfragen zu bereits veröffentlichten Informationen begegnen. Freilich ist die Restriktion, dass die Information sieben Tage lang auf der Internetseite stehen muss, für die moderne Hauptversammlungsdurchführung problematisch. Denn damit wird gerade verhindert, dass eine Auskunft dort nicht mündlich, sondern unter Nutzung der modernen Kommunikationstechnik erteilt wird. Wenn etwa zulässigerweise nach einem Vertragstext gefragt wird, der nicht zuvor auf der Internetseite rechtzeitig präsentiert wurde, so muss der Text verlesen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Information nur den Fragenden interessiert; die Veranstaltung wird zu Lasten aller aufgehalten. Der angebliche Grundsatz der Mündlichkeit verhindert nicht nur eine angemessene Durchführung der Fragerunde, sondern er sperrt auch online zugeschaltete Aktionäre29 praktisch aus. Denn kein vernünftiger Aktionär setzt sich stundenlang vor den Bildschirm, um das in der Regel eher langweilige Geschehen einer Hauptversammlung zu verfolgen. Praktischer wäre da _______________
27 Die Formulierung stützt sich sowohl auf die gesetzliche als auch die durch das BVerfG, NJW 2000, 349, 351 gegebene Vorlage. 28 Begründung des Regierungsentwurfs zu § 131 AktG. 29 S. § 118 Abs. 3 AktG (angefügt durch das TransPuG 2002); zur Online-HV Noack, NZG 2004, 297 ff., und die Beiträge in Zetzsche (Hrsg.), Die virtuelle Hauptversammlung, 2002; Hüther, Aktionärsbeteiligung und Internet, 2002.
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schon, wenn die Fragen und Antworten als Text verfügbar sind. Daher ist es höchst bedauerlich, wenn im Gesetz gleichsam im Umkehrschluss festgeschrieben wird, dass Auskünfte nur mündlich zu erteilen sind. Diese Reformkonzeption ist „rückläufig“, wie Martens treffend bemerkt hat. Man sollte den Gesellschaften die Freiheit geben, Auskünfte auch schriftlich oder – vorzugswürdig – elektronisch zu erteilen. Drittens ist schließlich noch auf die Einschränkung der Anfechtungsgründe wegen gewisser Informationsmängel hinzuweisen. Der Gesetzgeber unternimmt es mit § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG-E, die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung in eine Normaussage zu fassen. Für die Praxis dürfte sich nicht sehr viel ändern, denn sie orientiert sich sowieso am 2. Zivilsenat des BGH. Durch die gesetzliche Verankerung wird für alle Beteiligten klar: Informationsverweigerung berechtigt nur zur Anfechtung, wenn ein objektiver Aktionär gesagt hätte, ohne die Information zu diesem Punkt kann ich hier und heute nicht abstimmen. Es geht also nicht um den Inhalt der Information (sie könnte ganz im Sinne des objektiven Aktionärs sein), sondern um die Erteilung der Information30. Beispiel: Für die Zustimmung zu einem Unternehmensvertrag wird gefragt, ob die Tochtergesellschaft in einen Produkthaftungsprozess verwickelt ist. Der Vorstand erklärt, darauf gebe er keine Antwort, er erteilt also keine Information, obwohl sie (wäre sie gegeben worden) zutreffend lautet: kein Prozess anhängig! Nach dem Wortlaut des Referentenentwurfs würde evtl. keine Anfechtbarkeit gegeben sein. Das ist aber eine verteufelte Situation für den Anfechtungskläger, dem erst im Prozess die Klagegrundlage entzogen wird. Vorzugswürdig ist daher die im Regierungsentwurf gefundene Wendung, dass ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte.
3. Aktionärsforum im elektronischen Bundesanzeiger Ganz neu ist schließlich ein § 127a AktG, der amtlich mit „Aktionärsforum“ betitelt wird. Während in alter Zeit die Aktionäre aus einer Region sich durchaus noch persönlich kennen konnten, sind derlei Verbindungen bei einer nationalen Streuung und erst recht bei internatio_______________
30 So auch BGH v. 18.10.2004, WM 2004, 2489; s. dazu auch den Rechtsprechungsbericht von Röhricht (in diesem Band S. 1 ff.); s. bereits Zöllner, in: KölnKomm.AktG, 1973, § 243 Rn. 81 ff.
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nalem Börsenhandel nicht mehr möglich. Aktionäre mit meldepflichtigem Bestand wissen voneinander, aber dies gilt erst ab 5 %-Paketen (§§ 21 ff. WpHG). Der Gesetzgeber hat 2001 durch die Abschaffung der Einsichtnahme in das Aktienregister (genauer: der Beschränkung auf den persönlichen Eintrag; § 67 Abs. 6 Satz 1 AktG) auch für Namensaktien die Kenntnisnahme verschlossen. Kleinaktionäre bleiben atomisiert31. Nun bietet die weltweite Plattform des Internet die Chance, diese Atomisierung auf freiwilliger Basis wieder aufzuheben32. Der Gesetzgeber schafft Bedingungen, – um im Bild zu bleiben – damit sich Moleküle bilden können. Denn man braucht größere Einheiten (Quoren) für das Einberufungsverlangen (§ 122 Abs. 2 AktG), für Sonderprüfung und Haftungsklage. Im Übrigen ist auf die Ungereimtheit hinzuweisen, dass das Quorum für Sonderprüfung und Haftungsklage auf 1 % des Grundkapitals gestellt werden soll, während das Quorum für die Aufnahme eines entsprechenden Punktes der Tagesordnung bei 5 % bleibt33. Der Vorschlag des Referentenentwurfs, dass ein Aufruf bis zu 5 000 Zeichen und die Stellungnahme der Gesellschaft im elektronischen Bundesanzeiger publiziert werden, ist aber unnötig kompliziert ausgefallen. Es reicht, wenn der Aktionär das Thema seines Begehrens in den elektronischen Bundesanzeiger stellt, während die Begründung der Internetseite des Aktionärs überlassen bleiben kann. Der elektronische Bundesanzeiger sollte nur für die Kontaktanbahnung, nicht aber auch als Diskussionsplattform genutzt werden. Wollte man auch letzteres, so würde man durchaus komplizierte Folgeregeln für das Dreieck Aktionär – Gesellschaft – Bundesanzeiger benötigen. Daher ist zu begrüßen, dass der Regierungsentwurf der vorstehend skizzierten schlanken Lösung den Vorzug gibt.
4. Anfechtungsrecht und Freigabeverfahren Wer Hauptversammlungen verantwortlich durchführt bzw. deren Durchführung rechtlich begleitet, hat stets die Konsequenzen von Verfahrensund Inhaltsfehlern hauptsächlich im Blick. Hier ist das deutsche Recht außerordentlich scharf, weil es jeden Aktionär mit der kassatorischen Anfechtungsklage ausstattet. Vieles an dem formalen Aufwand, der die _______________
31 Zum anonymen Aktionär Siems, ZGR 2003, 218 ff. 32 Dazu bereits Noack, ZGR 1998, 592, 613 f. 33 Semler, GesRZ 2004, 17, 23.
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Hauptversammlung zuweilen so umständlich und unattraktiv erscheinen lässt, ist diesem Umstand geschuldet. In dem hochsensiblen Bereich der Klagen vor allem gegen Beschlüsse über Kapitalmaßnahmen wird künftig ein Freigabeverfahren nach dem Vorbild des UmwG eingeführt (§ 246a AktG-E; darüber näher im Beitrag Bungert, unten S. 90 ff.). Das dürfte für eine gewisse Entlastung in zu kleinmütig etablierten Versammlungsprozeduren sorgen, denn etwa eine fehlende Beschallung der Toilette(!) wird gewiss nicht als die Eintragung hindernd angesehen, wenn künftig „die Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen“ (§ 246a Satz 2 AktG-E) als Abwägungsgrund ins Spiel kommt.
III. Entwicklung des Rechts der Hauptversammlung auf europäischer Ebene In etlichen Mitgliedstaaten wurden und werden die Gesellschaftsrechtsgesetze, auch mit Bezug auf die Hauptversammlung, reformiert. Die Nutzung moderner Kommunikationsmittel für die Vorbereitung und Durchführung des Aktionärstreffens steht dabei obenan. Freilich ist eine große Diskrepanz zwischen den mitgliedstaatlichen Aktienrechten im Hinblick auf die Regeln über die Hauptversammlungen festzustellen. Einberufung, Information, Teilnahme, Vertretung, Stimmrecht, Klagerechte: all dieses ist national sehr unterschiedlich geregelt. Die EU will mit zwei Richtlinien für einen Mindeststandard auf dem Gebiet der Aktionärsrechte rund um die Hauptversammlung sorgen. Dass es einen solchen geben muss ist meine feste Meinung. Weder das Subsidiaritätsprinzip34 noch der Wettbewerb der Rechtsordnungen35 sollten daran hindern, eine Binnen-Grundordnung für die auf dem einheitlichen europäischen Kapitalmarkt agierenden Einheiten zu etablieren. Verbraucher können auf dem Waren-Binnenmarkt von Standards ausgehen, und so muss es auch auf dem Kapital-Binnenmarkt für das dort gehandelte Produkt Aktie kommen36.
_______________
34 Dazu für das Gesellschaftsrecht Schön, ZGR 1995, 1; Hopt, ZIP 1998, 96. 35 Merkt, RabelsZ 59 (1995), 545; Kieninger, Wettbewerb der Rechtsordnungen im Europäischen Binnenmarkt, 2002; Grundmann, ZGR 2001, 783. 36 Lutter, ZGR 2000, 1, 8.
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1. Transparenzrichtlinie 2004 Die binnen zweier Jahre umzusetzende Transparenzrichtlinie37 macht Vorgaben über die Information der Aktionäre, und zwar sowohl für die direkte als auch für die öffentliche. Zur Letzteren heißt es, der Emittent habe insoweit auf Medien zurückzugreifen, „bei denen mit gutem Grund davon ausgegangen werden kann, dass sie die Informationen tatsächlich an die Öffentlichkeit der gesamten EU verbreiten“ (Art. 17 Abs. 1). Da deutsche Aktiengesellschaften seit zwei Jahren über den elektronischen Bundesanzeiger publizieren, besteht kein Anpassungsbedarf. Daher kann auch die sich abzeichnende Streitfrage dahin stehen, ob Art. 17 der Richtlinie lediglich kapitalmarktliche Informationen für alle Anleger betrifft, also auf die eigentliche Aktionärsinformation nicht unmittelbar anwendbar ist. Die direkte Information an die Aktionäre soll über elektronische Mittel erfolgen können, sofern eine entsprechende Entscheidung von der Hauptversammlung getroffen wird und der Aktionär schriftlich diesem Kommunikationsweg zugestimmt hat, wobei Schweigen als Zustimmung gilt (Art. 13 Abs. 3). Auch das ist dem geltenden deutschen Aktienrecht nicht ganz fremd: Der Namensaktionär kann mit seinem Einverständnis von der Gesellschaft via E-Mail bedient werden (§ 125 Abs. 2 AktG). Neu ist, dass die Hauptversammlung die grundsätzliche Zustimmung erteilen muss. Das erscheint unnötig, wenn doch der Einzelne sowieso gefragt wird oder jedenfalls eine opt out-Möglichkeit eingeräumt bekommt.
2. Konsultation der EU-Kommission zu Aktionärsrechten Die EU-Normgebung wirkt allerdings etwas durcheinander. Im Herbst 2004 hat die Kommission im Zuge der Umsetzung ihres Aktionsplans zur Corporate Governance aus dem Jahr 2003 eine Konsultation veröffentlicht, die auf eine Richtlinie zu Aktionärsrechten zielt38. Und dort werden die gerade erwähnten Informationskanäle erst zum Gegenstand der Befragung gemacht. Bemerkenswert an der Konsultation ist ferner die Überlegung, auch Gesellschaften mit Inhaberaktien einen direkten Zugang zu den Aktionären zu verschaffen, indem ein Anspruch gegen die _______________
37 Richtlinie 2004/109/EG, ABl. L 390/38 v. 31.12.2004; Text abrufbar unter: http://register.consilium.eu.int/pdf/en/04/st03/st03680.en04.pdf. 38 Noack, ZIP 2005, 325 ff. Dokumentation der Konsultation und verfügbarer Stellungnahmen aus Deutschland hierzu bei www.jura.uni-duesseldorf.de/ dozenten/noack/gesetz.shtml.
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Depotbanken auf Offenlegung erwogen wird (wiederum mit opt outMöglichkeit des Aktionärs). Die Konsultation macht – neben dem hier ausgeklammerten cross border voting – die verschiedenen Stadien einer Hauptversammlung zum Thema. Vor der Hauptversammlung soll es keine Aktiensperre geben dürfen; die Internetseite der Gesellschaft soll für Informationen in Dienst genommen werden. Während der Hauptversammlung soll eine elektronische Beteiligung möglich sein, auch über ein voting in absentia wird gesprochen. Nach der Hauptversammlung sollen deren Beschlüsse und Protokolle auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich sein. Würden diese Vorstelllungen ihren Niederschlag in einer Richtlinie über Aktionärsrecht finden, so wäre dies für den nationalen Gesetzgeber mit wenig Anpassungsnotwendigkeit verbunden. Das gilt erst recht, wenn man die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex zusätzlich in den Blick nimmt, die die Internetseite der Gesellschaft als Präsentationsmedium schon kennen.
IV. Zwischenbilanz der aktienrechtlichen Reformgesetze 1994–2004 1. Leitlinien der Gesetzgebung Der knappe Überblick über das Kommende zeigt, dass wir uns mit der geltenden deutschen Rechtslage in Europa ganz gut zeigen können: sie ist modern. Man mag viel über die Politikerleerformel von der „Modernisierung“ spötteln (und in Fachkreisen ist dies ganz besonders beliebt), aber wie soll der Befund anders genannt sein? Das deutsche Aktienrecht rund um die Hauptversammlung ist jedenfalls nicht antiquiert. Durch die Reformgesetze der letzten Jahre (insbesondere NaStraG und TransPuG) wurde erreicht, dass zeitgemäße Kommunikationsmittel (also Internet und E-Mail) für das Kommunikationsgroßereignis „Hauptversammlung“ eingesetzt werden können. Ein jüngst veröffentlichter Bericht an den Deutschen Bundestag teilt mit, vor welchem Hintergrund die Gesetzgebung operiert39. Da sind – erstens – die abnehmenden Präsenzen, zumal sich die Depotbanken weithin aus _______________
39 Bericht des Bundesministeriums der Justiz über die Entwicklung der Stimmrechtsausübung in börsennotierten Aktiengesellschaften, 2004, NZG 2004, 948, teilweise auch abgedruckt in AG 2004, 531 mit einer Einführung von Seibert, AG 2004, 529.
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der Stimmrechtsvertretung zurückgezogen haben. Da ist – zweitens – eine zunehmend internationale Aktionärsstruktur, aber die Information und das Stimmrecht machen vielfach an der europäischen Binnengrenze halt40. Und da wird -drittens – eine Sinnkrise der Hauptversammlung konstatiert, da die physisch dort präsenten Aktionäre weder zahlenmäßig noch nach Stimmgewicht die Anteilseignerstruktur repräsentieren. Für etliche Hauptversammlungen könnte man noch hinzufügen, dass sie ein Organisations-, ein Missbrauchs-, ein Vertretungs- und ein Leitungsproblem haben41. Das Leitungsproblem könnte sich mit den Neuerungen des UMAG etwas abmildern, ebenso das Missbrauchsproblem auf Grund des Freigabeverfahrens bei Kapitalmaßnahmen usw. Dem Präsenz- und Vertretungsproblem hat sich insbesondere das NaStraG 2001 gewidmet. Die rechtspolitische Antwort bestand in der „Erleichterung der Stimmrechtsausübung“ (so ein Teiltitel des NaStraG). Dazu gehörte die Entfristung der Dauervollmacht an Depotinstitute und Aktionärsvereinigungen, die Ermöglichung eines von Gesellschaftsseite gestellten Stimmrechtsvehikels und insbesondere die elektronische Vollmachtserteilung an Depotinstitute und bei entsprechender Satzungsdisposition auch darüber hinaus. Das TransPuG brachte 2002 den elektronischen Bundesanzeiger, die Satzungserlaubnis für die Internetübertragung der Hauptversammlung und die Zugänglichmachung von Gegenanträgen mittels Internetseite der Gesellschaft. Diese und andere eher mit dem Skalpell als mit dem Säbel vorgenommene Änderungen als „Flickschusterei“ zu bezeichnen (so der Kommentator des § 118 AktG im neuen Münchener Kommentar zum AktG42) mag tun wer sich zutraut, mit dem Schwert den gordischen Knoten um das heutige Hauptversammlungsgeschehen zu zerschlagen. Das kann oder will aber auch der Kritiker nicht. Vielmehr applaudiert Kubis dem Gesetzgeber, dass er am Leitbild der Präsenz-HV festgehalten habe. Es ist wie vor hundert Jahren eine Versammlung zu veranstalten, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattfindet und zu der jeder Aktionär Zutritt hat. Aber wenn man so tut, als habe sich seit hundert Jahren nichts verändert (als gebe es immer noch die Idylle der Schornsteinaktionäre, die in Sichtweite des Schornsteins „ihrer“ Fabrik siedeln), _______________
40 Seibert, AG 2004, 529: „Kapitalmarkt und Aktienrecht haben sich nicht parallel entwickelt. Ein Skandal ohne Aufschrei“. 41 Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rn. 15–20. 42 Kubis, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 118 Rn. 15.
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darf man sich nicht über Präsenz- und Organisations- und Leitungsprobleme wundern.
2. Was fehlt im UMAG? Wie steht es mit den noch nicht berücksichtigten Vorschlägen der Regierungskommission Corporate Governance?
a) Virtuelle Hauptversammlung Die Regierungskommission hat vorgeschlagen, die Durchführung einer Vollversammlung als reine Internet-HV zu ermöglichen. Dort sollen aber keine beurkundungsbedürftigen Beschlüsse gefasst werden dürfen43. Für eine solche Variante mit diesen Einschränkungen (Vollversammlung, keine Satzungsänderungen) ist kaum ein Bedürfnis zu erkennen. Wenn in einer kleinen AG so verfahren werden sollte, so kann man sich mit einer Vollmachterteilung (elektronisch!) auf eine Person behelfen und digital über alle fünf Erdteile ohne weitere gesetzliche Erlaubnis kommunizieren.
b) Unmittelbare Online-Teilnahme von Aktionären Die Regierungskommission hat vorgeschlagen, Satzungsfreiheit für die Online-Teilnahme zu geben. Die Satzung soll bestimmen können, ob und welche Aktionärsrechte ohne körperliche Anwesenheit in der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation ausgeübt werden können44. Damit würde eine direkte elektronische Stimmabgabe ohne die Zwischenschaltung eines botenähnlichen Vertreters ermöglicht. Nach Satzungsgestaltung wäre auch das Rede- und Fragerecht und das Widerspruchsrecht elektronisch einzuräumen. Freilich ist einzuräumen, dass in der Praxis der Unterschied zwischen elektronischer Stimmrechtsvollmacht, die bis zur Beschlussfassung korrigierbar ist, und einer direkten elektronischen Stimmrechtsausübung gering ist. Bei letzterer würde sich auch die Frage stellen, ob diese Stimmabgabe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt revozierbar ist. _______________
43 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 111. 44 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 115 ff.
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Die Gewährung von Satzungsfreiheit in diesem Punkt wäre ein Signal, doch fundamental ändern würde sich nichts, denn das Recht des einzelnen Aktionärs auf unmittelbare körperliche Teilnahme im Hauptversammlungslokal soll ja bestehen bleiben. Die Gesellschaften müssten sowohl eine herkömmliche Präsenz-HV (gesetzliche Pflicht) als auch die Online-Teilnahme (statutarische Kür) organisieren.
V. Das Organ Hauptversammlung in der Zukunft Ich frage mich, ob dieses zuletzt genannte Verhältnis nicht umzukehren ist. Folgen Sie mir bitte zum Schluss in ein Gedankenexperiment. Angenommen: es gibt in Zukunft eine gut organisierte Aktionärsbeteiligung im Netz, die den Funktionen „Information – Kommunikation – Entscheidung“ genügt. Wenn dann auf einer künftigen VGR-Tagung jemand daherkäme und vorschlüge, dieses System abzuschaffen (!) zugunsten einer Präsenzversammlung, die an einem festen Ort zu einer bestimmten Zeit faktisch nur für eine kleine Minderheit stattfände – die Reaktionen ob dieser schier unglaublichen Verkürzung der Aktionärsteilhabe reichten gewiss von Kopfschütteln bis zu flammendem Protest. Wenn von Hauptversammlung die Rede ist, so ist zweierlei gemeint. Erstens das Organ, zweitens die Veranstaltung. Das Organ der Aktionäre ist als Corporate Governance-Element unverzichtbar; es ist nicht ersetzbar durch ein ausgefuchstes System von Vorstand-Aufsichtsrat-Prüfer, auf das sich die Corporate Governance-Debatte der letzten Jahre fast ausschließlich konzentriert hat; noch ist das Aktionärsorgan substituierbar durch ein Aktien- bzw. neuerdings ein Kapitalmarktamt, auch wenn letzteres stetig ausgebaut wird (BaFin). Nicht das Organ Hauptversammlung, sondern die Veranstaltung Hauptversammlung ist in ihrer derzeitigen Form überholt. Die Funktionen der Hauptversammlung sind Information und Entscheidung. Die Kommunikation mag man noch dazunehmen, obwohl sie nicht eigentlich eine selbstständige Funktion bedeutet, sondern der Entscheidung sachlich vorgelagert ist. Die zentralen Funktionen der Information und der Entscheidung sind jedenfalls nicht (!) versammlungsgebunden. Wer vom Vorstand einer börsennotierten AG etwas Neues erfahren will, sollte nicht die Hauptversammlung besuchen, das ist Zeitverschwendung. Kapitalmarktrechtliche Regeln verlangen von dem Management, die gesamte Anlegeröffentlichkeit von kursbeeinflussenden Tatsachen sofort (§ 15 WpHG)
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und ansonsten in Quartalsabständen zu informieren. Hinzu kommt die Forderung des Deutschen Corporate Governance Kodex, alles relevante Material auf der Website der Gesellschaft zu publizieren45. Damit sind aktuelle und potentielle Aktionäre gewiss hinreichend unterrichtet. Unter diesem Aspekt ist die Hauptversammlung also praktisch und rechtlich funktionslos geworden. Ein show of hands (wie es in England heißt) braucht man zur Herbeiführung der Entscheidung definitiv nicht. Entscheiden kann man auch an der Urne oder – hier von Interesse – mittels elektronischer Stimmabgabe. Als Rechtfertigung für die Traditionsveranstaltung bleibt letztlich nur der Aspekt der Kommunikation. Aber die Hauptversammlung ist weder ein basisdemokratisches Forum noch ein Parlament der Aktionäre. Die Entscheidungen fallen in aller Regel vorher, nicht unter dem Eindruck der Debattenredner. Wer dort als Rhetor überzeugt, der triumphiert lokal und im Lokal – mehr nicht. Die beliebte Erwägung, wenigstens einmal im Jahr soll „der Aktionär“ dem Vorstand ins Gesicht die Meinung sagen können, lenkt populistisch vom Kern der Dinge ab. Im Ansatz richtig ist, dass die persönliche Zusammenkunft der Aktionäre ein probates Mittel ist, um über die Gesellschaftsangelegenheiten zu beratschlagen. Leider ist dieses Ideal schon seit dem 19. Jahrhundert verlassen, als die Gesellschaften größer wurden und die Fernteilnahme über anonyme Stimmrechtsvertreter aufkam. Allerdings: Im internationalen Vergleich ist bemerkenswert, wie viel öffentliche Aufmerksamkeit der Hauptversammlung einer deutschen Aktiengesellschaft zuteil wird. Dass die Hauptversammlung einer DAXGesellschaft im Durchschnitt 4000 Aktionäre pro Jahr anzieht und dass die Medien über Hauptversammlungen von Gesellschaften, die in der Kritik stehen, ausführlich berichten46, ist eine Besonderheit der deutschen Corporate Governance Praxis. Insoweit kommt es auch gar nicht darauf an, dass eine repräsentative Auswahl von Aktionären auf der Versammlung zugegen ist (das ist nicht der Fall), sondern ob die öffentliche Wahrnehmung das Management diszipliniert. Die strikte Konzentration auf das kommunikative Großereignis Hauptversammlung hat durchaus eine läuternde Wirkung auf alle Gesellschaftsorgane, die diesen Tag des _______________
45 Nr. 2.3.1, 6.4, 6.8. 46 Beispiel: Die Deutsche Telekom AG-Hauptversammlungen der letzten Jahre oder die Hauptversammlungen der Borussia Dortmund KGaA und der KarstadtQuelle AG im November 2004.
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Jahres lieben oder fürchten mögen, ihn jedenfalls zu achten gelernt haben47. Mit dem hier angeschlagenen Akkord der Funktionen „Information – Kommunikation – Entscheidung“ ist diese eher korporationspolitische Bedeutung einer medial wahrgenommenen Präsenzversammlung freilich kaum erfasst48. Im Folgenden wird zwar in bewusst zugespitzter Argumentation mittelfristig der Übergang auf eine Internet-Veranstaltung gefordert – aber die soeben eingenommene Sichtweise auf die Präsenz-Hauptversammlung könnte sich durchaus als retardierendes Moment für diesen Übergang erweisen. Werben möchte ich für folgendes Modell: Die Aktionäre einer börsennotierten Gesellschaft sollten online Beschlüsse treffen; auch die Informationsversorgung und die erforderlichen Nachfragen sind unter potentieller Beteiligung aller Aktionäre im Netz darzustellen. Die Beschränkung auf die mehr oder weniger zufällig Anwesenden ist sach- und gleichheitswidrig. Ob es eine Präsenzveranstaltung zum Zwecke der physischen Kommunikation des Vorstands mit den Kleinaktionären gibt, sollte die Satzung entscheiden, wobei dafür die Akzeptanz auf dem Kapitalmarkt wohl entscheidend wäre.
_______________
47 Darauf hat in der Diskussion Dr. Christoph Teichmann aufmerksam gemacht. 48 Zum Zusammenhang von Öffentlichkeit, Recht und Aufsicht über die Unternehmensorgane und den Mehrheitsaktionär: Zetzsche, Explicit and Implicit System of Corporate Control – A Convergence Theory of Shareholder Rights, 2004 (abrufbar unter www.jura.uni-duesseldorf.de/dozenten/noack/azw oder http://ssrn.com/abstract=600722), S. 53 ff.; dort auch zu Zahlen zu deutschen DAX-Werten im Vergleich zu US-Werten, S. 58 ff.
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Die UMAG-Hauptversammlung aus Sicht des Praktikers Dr. Hartwin Bungert, LL.M. (University of Chicago) Rechtsanwalt, Düsseldorf*
I. Einleitung ................................... 60 II. Einberufung der Hauptversammlung (§ 123 AktG-E) ......... 1. Einheitliches Anmeldeerfordernis – Anmeldung statt Hinterlegung (§ 123 Abs. 2 AktG-E) .................................... 2. Einführung eines satzungsmäßigen Berechtigungsnachweises (record date) (§ 123 Abs. 3 AktG-E) ........................ 3. Sind Satzungsänderungen erforderlich? ............................ 4. Fristenberechnung ..................
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III. Aktionärskommunikation im Vorfeld der Hauptversammlung bzw. Aktionärsforum (§ 127a AktG-E) ....................................... 71 IV. Information auf Homepage im Vorfeld und Auskunftsverweigerung in der Hauptversammlung (§ 131 Absatz 3 Nr. 7 AktG-E) ............................. 1. Konzept des § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E ........................... 2. Problemfelder .......................... 3. Gestrichene Regelungen des Referentenentwurfs: § 131 Abs. 6 und § 131 Abs. 3 Nr. 9 AktG-RefE ............................... 4. Straffung der Hauptversammlung durch die neuen Regelungen? ............................
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V. Versammlungsleitung: Begrenzung von Rede- und Fragezeit (§ 131 Absatz 2 Satz 2 AktG-E) .. 81 VI. Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse ................................... 1. Beschränkungen für auf Auskunftspflichtverletzungen gestützte Anfechtungsklagen . a) Relevanz von Auskunftspflichtverletzungen für die Beschlussfassung (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG-E) .......... b) Auskunftsrügen zu Bewertungsfragen ins Spruchverfahren (§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-E) ................................ c) Abgrenzungsfragen .............. 2. Einführung eines Freigabeverfahrens für weitere Beschlussarten (§ 246a AktG-E) . a) Prozessuale Einzelheiten ..... b) Leitlinien für die Gerichtspraxis .................................... c) Fehlendes gesetzesgeberisches Gesamtkonzept zu Freigabeverfahren ................ aa) Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen im UmwG ............................ bb) Squeeze Out und Eingliederung ....................... cc) Kapitalbeschaffung und Unternehmensvertrag ....
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Partner der Sozietät Hengeler Mueller, Düsseldorf.
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung dd) Probleme aufgrund der fehlenden Einheitlichkeit .................................. 97 3. Publizität der Verfahrensbeendigung von Anfechtungs-
klagen im Bundesanzeiger (§§ 248a, 149 AktG-E) ........... 98 4. Weitere Erschwerungen im Anfechtungsrecht .................. 100 VII. Schlussbemerkung ................... 101
I. Einleitung Das UMAG, das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, hat zwei Schwerpunkte, die sich aus dem Gesetzestitel unschwer erkennen lassen: (1) die Überarbeitung des Rechts der Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung mit der Zielsetzung, missbräuchliche Anfechtungsklagen zu unterbinden, sowie (2) die Neuregelung der Innenhaftung der Organe. Im Rahmen des ersten Schwerpunktthemas des Gesetzesentwurfes wird nicht nur das Recht der Anfechtungsklage selbst geregelt, sondern auch ein (weiteres) Freigabeverfahren für wichtige eintragungsbedürftige Hauptversammlungsbeschlüsse eingeführt sowie bestimmte Aspekte des Frage- und Auskunftsrechts der Aktionäre in der Hauptversammlung neu geregelt. Dieser Beitrag beschäftigt sich nur mit bestimmten Aspekten des UMAG, nämlich der Frage, inwiefern sich aus der Sicht des Praktikers die Gesetzesänderungen auf die Vorbereitung, die Einberufung und die Durchführung der Hauptversammlung auswirken. Die Ausführungen erfolgen dabei insbesondere unter der Perspektive, erfolgreiche Anfechtungsklagen von Minderheitsaktionären gegen Beschlüsse der Hauptversammlung zu vermeiden. Dabei ist im letzten Teil explizit auf die Änderungen des Rechts der Anfechtungsklage einzugehen. Ein Referentenentwurf des UMAG stammt vom 28.1.2004. Zu diesem Referentenentwurf sind Stellungnahmen aller wesentlichen Verbände und Vereinigungen1 sowie verschiedene Stellungnahmen in der _______________
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Insbesondere Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins v. April 2004, abgedruckt NZG 2004, 555 = ZIP 2004, 1230, zu finden unter www.anwaltverein.de/01/04/13/archiv_index.html; Stellungnahme der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre e.V. (SdK) v. 30.3.2004, zu finden unter www.sdk.org/aktuell.pho?id=272; Stellungnahme des Deutschen Aktieninstituts v. 31.3.2004, zu finden unter www.dai.de/internet/dai/dai-20.nsf/dai_publikationen.htm; Stellungnahme der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) v. 31.3.2004, zu finden unter www.dswinfo.de/Stellungnahme_zum_UMAG.364.0.html; Gemeinsame Stellungnahme
Bungert – Die UMAG-Hauptversammlung aus Sicht des Praktikers
Literatur2 abgegeben worden. Kurz nach der VGR-Tagung am 5.11.2004 wurde am 17.11.2004 ein überarbeiteter Entwurf des Gesetzes als Regierungsentwurf vorgelegt3. Auch zu dem Regierungsentwurf liegen mittlerweile erste Stellungnahmen in der Literatur vor4. Aus diesem Grund wurde der nachfolgende Beitrag gegenüber der Vortragsfassung vom 5.11.2004 erweitert und fortgeschrieben5. Das UMAG soll sozusagen in der dritten Stufe – nämlich nach dem Corporate Governance Kodex und dem TransPuG – den bedeutendsten Teil der aktienrechtlichen Änderungsvorschläge der Regierungskommission Corporate Governance umsetzen6. Das UMAG stand ursprünglich im Verbund mit zwei weiteren Gesetzesentwürfen, nämlich dem Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz (KapInHaG)7 sowie dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG)8. Während für das KapMuG ebenfalls am 17.11.2004 ein Regierungsentwurf vorgelegt wurde, wurde das _______________
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des Bundesverbandes der Deutsche Industrie, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Deutsche Industrie- und Handelskammertag, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Bundesverband deutscher Banken v. 2.4.2004, zu finden unter www.bdi-online.de. Vgl. beispielsweise Schütz, DB 2004, 419; Diekmann/Leuering, NZG 2004, 249; Seibert/Schütz, ZIP 2004, 252; Thümmel, DB 2004, 471; Krieger, BörsenZeitung v. 11.2.2004, S. 2; Meilicke/Heidel, DB 2004, 1479; Hemeling, AG 2004, 262; Weißhaupt, WM 2004, 705; Wilsing, ZIP 2004, 1082; Kinzl, NZG 2004, 701; Hirschberger/Weiler, DB 2004, 1137; Buchta/Sasse, DStR 2004, 958. Veröffentlicht samt Begründung auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums www.bmj.bund.de/media/archive/797.pdf.; abgedruckt ZIP 2004, 2455. Insbesondere Wilsing, DB 2005, 35; Jahn, BB 2005, 5; Schütz, NZG 2005, 5; Bork, ZIP 2005, 66; Gantenberg, DB 2005, 207; Seibert, WM 2005, 157; Weiss/ Buchner, WM 2005, 162; Holzborn/Brunnemann, BKR 2005, 51; vgl. auch Gemeinsame Stellungnahme BDA, BDI, GDV, DIHK, Bankenverband v. 26.1.2005 zum Regierungsentwurf sowie zuletzt Stellungnahme Handelsrechtsausschuss (Fn. 1). Auf die nach Druckfassung erschienene Stellungnahme des Bundesrats v. 18.2.2005, BR-Drucks. 3/05, und Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, www.bmj.de, konnte nicht mehr eingegangen werden. Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001. Gesetz zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (veröffentlichter Diskussionsentwurf v. 7.10.2004); dazu kritisch etwa Sünner, DB 2004, 2460. Gesetz über Musterverfahren zu Schadensersatzklagen von Kapitalanlegern (Referentenentwurf v. 19.7.2004).
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KapInHaG zunächst ohne Angabe einer konkreten zeitlichen Dimension verschoben. Dies wurde damit begründet, dass die massive Kritik aus der Wirtschaft umfänglich geprüft werde und abgewartet werden solle, wie auf EU-Ebene hinsichtlich der persönlichen Haftung von Managern vorgegangen werde9. Nach der Planung für den Regierungsentwurf soll das UMAG am 1.11.2005 in Kraft treten. Damit hätte es erst Relevanz für die Hauptversammlungssaison im Frühsommer 2006. Bei einzelnen Regelungen, deren Anwendung eine Satzungsregelung voraussetzt, stellt sich dementsprechend die Frage, ob in den Hauptversammlungen der Hauptversammlungssaison 2005 hierzu Vorratsbeschlüsse gefasst werden sollten, um vorbereitende Satzungsänderungen vornehmen zu können. Dies gilt insbesondere für §§ 123 Abs. 2 u. 3 sowie 131 Abs. 2 AktG-E in ihrer gegenwärtigen Fassung. Andernfalls könnte hier möglicherweise die erstmalige Anwendung erst in der Hauptversammlungssaison 2007 erfolgen. Die Frage ist für die individuelle Aktiengesellschaft je nach Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens zu entscheiden. Ein Vorratsbeschluss dürfte im Zweifel jedoch ratsam sein. Der nachfolgende Beitrag befasst sich im einzelnen mit folgenden Punkten und ist wie folgt gegliedert: Einberufung der Hauptversammlung (§ 123 AktG-E; dazu unter II.), Aktionärskommunikation im Vorfeld der Hauptversammlung bzw. Aktionärsforum (§ 127a AktG-E; dazu unter III.), Information auf Homepage im Vorfeld und Auskunftsverweigerung in der Hauptversammlung (§ 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E; dazu unter IV.), Versammlungsleitung: Begrenzung von Rede- und Fragezeit (§ 131 Abs. 2 Satz 2 AktG-E; dazu unter V.) sowie Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse (dazu unter VI.).
II. Einberufung der Hauptversammlung (§ 123 AktG-E) 1. Einheitliches Anmeldeerfordernis – Anmeldung statt Hinterlegung (§ 123 Abs. 2 AktG-E) Nach der heute geltenden Fassung des § 123 Abs. 2 Satz 1 AktG kann die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts durch Satzungsregelung davon abhängig gemacht werden, dass die _______________
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Vgl. „Die direkte Managerhaftung verzögert sich“, FAZ v. 10.11.2004, S. 13; „Berlin legt direkte Managerhaftung auf Eis“, Börsen-Zeitung v. 10.11.2004, S. 1.
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Aktien bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Hauptversammlung bei der Gesellschaft, einer Wertpapiersammelbank oder einem Notar hinterlegt werden. Eine solche Satzungsregelung hat fast jede Aktiengesellschaft mit Inhaberaktien. Der Begriff der „Hinterlegung“ führt insbesondere bei ausländischen Investoren zu Missverständnissen. Denn diese verbinden mit dem Begriff der Hinterlegung die rechtlich unzutreffende Vorstellung, dass eine Veräußerung der Aktien während der Hinterlegungsfrist ausgeschlossen sei. Das Instrument der Hinterlegung ist der Attraktivität deutscher Aktien in internationalen Anlegerkreisen daher eher abträglich. Außerdem gibt es kaum noch Aktienurkunden, so dass der Hinterlegungsbegriff auch sprachlich missverständlich ist. Auch in der heutigen Hauptversammlungspraxis in Deutschland werden Aktien gemeinhin nicht hinterlegt. Vielmehr meldet sich der Aktionär über seine Depotbank zur Hauptversammlung an, wobei die Depotbank der Gesellschaft eine Bescheinigung über die gesperrt gehaltenen Aktien übersendet. Die Neufassung will dieser Praxis Rechnung tragen. Nach der Neufassung des § 123 Abs. 2 AktG-E soll die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts künftig nicht mehr von der Hinterlegung der Aktien, sondern nur noch von einer Anmeldung abhängig gemacht werden können. Die Hinterlegung als frühere Grundform der Anmeldung wird damit abgeschafft. Gesetzestechnisch sieht das Modell in § 123 Abs. 2 AktG-E wie folgt aus: Von Gesetzes wegen besteht keine Pflicht zur Anmeldung im Vorfeld der Hauptversammlung. Das Gesetz gestattet der Gesellschaft jedoch, das Erfordernis der Anmeldung für die Hauptversammlung in der Satzung vorzuschreiben. Dieses satzungsmäßige Anmeldungserfordernis gilt bei Namensaktien und Inhaberaktien gleichermaßen. Nach der überarbeiteten Formulierung des Regierungsentwurfs muss die Anmeldung der Gesellschaft spätestens am siebten Tage vor der Versammlung zugehen. Die Satzung könnte eine kürzere Frist vorsehen, was sich im Zweifel in der Praxis nicht durchsetzen wird. Damit wird im Regelfall die Einberufungsfrist gemäß § 123 Abs. 1 u. Abs. 2 AktG-E 37 Tage betragen.
2. Einführung eines satzungsmäßigen Berechtigungsnachweises (record date) (§ 123 Abs. 3 AktG-E) Als Ersatz des bislang in vielen Satzungen geregelten Hinterlegungserfordernisses ermächtigt § 123 Abs. 3 AktG-E bei Inhaberaktien zur Ein-
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führung eines stichtagsbezogenen Berechtigungsnachweises des depotführenden Kreditinstituts durch die Satzung. Der Berechtigungsnachweis hat sich auf den 14. Tag vor der Hauptversammlung zu beziehen (sog. record date) und führt zu einer unwiderleglichen Vermutung der Aktionärseigenschaft für Zwecke der Wahrnehmung der Rechte in der Hauptversammlung bis zur Beendigung der Hauptversammlung. Der Berechtigungsnachweis kann sowohl von einem inländischen als auch einem ausländischen Kreditinstitut ausgestellt werden. Es genügt, wenn der Berechtigungsnachweis der Gesellschaft spätestens am siebten Tag vor der Hauptversammlung zugeht. Durch die Einführung des international verbreiteten record date-Systems sowie der Einführung eines Stichtagsprinzips hofft der Gesetzgeber, die Attraktivität deutscher Aktien bei ausländischen institutionellen Investoren zu steigern, die grenzüberschreitende Stimmrechtsausübung in Europa vorzubereiten und zu erleichtern sowie die Präsens in den Hauptversammlungen zu erhöhen. Welche Änderungen und welche Unsicherheiten ergeben sich daraus für die Praxis? (1) Die Regelung des § 123 Abs. 3 AktG-E gilt nach dem Wortlaut des Referentenentwurfs nur für Inhaberaktien. Bei Namensaktien wird daher die nicht unumstrittene Praxis fortgesetzt werden müssen, in den letzten Tagen vor der Hauptversammlung keine Umschreibungen im Aktienregister mehr vorzunehmen. Nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung erübrigt sich für den Gesetzgeber eine positivrechtliche Regelung für das record date der Namensaktien. Hier kann nach Auffassung des Gesetzgebers10 auf die Praxis im Einklang mit der herrschenden Meinung vertraut werden, nach der die Gesellschaft einen Umschreibestopp von sieben Tagen vor der Hauptversammlung im Aktienregister vorsehen könne11. (2) Nach dem Referentenentwurf war unklar, was unter dem Begriff „Nachweis“ zu verstehen war. Eine mündliche Erklärung wäre wohl nicht ausreichend, andererseits wäre aber wohl auch kein förmlicher Depotauszug erforderlich gewesen. Unter anderem hatte der Handelsrechtsausschuss eine Klarstellung des Gesetzesentwurfes empfohlen12. Dem ist _______________
10 Begr. RegE, S. 29 f. 11 Vgl. dazu auch v. Schenck, in: Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, 2. Aufl. 2003, § 9 Rn. 13. 12 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 5.
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der Gesetzgeber nachgekommen und hat im Regierungsentwurf festgeschrieben, dass „ein in Textform erstellter Nachweis des Anteilsbesitzes“ ausreicht. Dies bedeutet zugleich, dass die Satzung keine qualitativ höhere Form als die Textform vorgeben kann. Die Begründung des Regierungsentwurfs hält es für wünschenswert, dass sich „die Wirtschaft“ auf Standards für das Nachweiserfordernis einigt, insbesondere Regelungen für die Sprache des Nachweises (zumindest Deutsch und Englisch). Sinnvollerweise wird man in den künftigen Satzungsbestimmungen regeln, in welcher Sprache der Nachweis des (ausländischen) Kreditinstituts vorzulegen ist. Eine Beschränkung auf die deutsche und englische Sprache dürfte zulässig sein. Unterbleibt eine derartige Detailregelung in der Satzung, ist unklar, ob der Nachweis in einer anderen Sprache als Deutsch zulässig wäre13. (3) Die Frist des Zugangs des Berechtigungsnachweises entspricht der Frist der Hinterlegung (Zugang spätestens am siebten Tag vor der Hauptversammlung). Problematisch ist allerdings, dass bei einem zweifelhaften Nachweis eines ausländischen Kreditinstituts die Zeit kaum reichen wird, den Nachweis zu überprüfen. Zwar kann die Gesellschaft – wie auch in der Gesetzesbegründung hervorgehoben14 – zweifelhafte Nachweise überprüfen und bei schwerwiegendem Verdacht eines gefälschten oder fälschlich ausgestellten Nachweises den betreffenden Aktionär zurückweisen. Weist die Gesellschaft jedoch Berechtigungsnachweise zurück und schließt Aktionäre somit von der Teilnahme in der Hauptversammlung aus, birgt dies das Risiko der Anfechtung der gefassten Beschlüsse. Entsprechenden, insbesondere in der Stellungnahme der Spit-
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13 In den ersten Beschlussvorschlägen für Hauptversammlungen, die im Wege des „Vorratsbeschlusses“ die künftigen Regelungen des UMAG umsetzen, werden ausdrücklich deutsch und englisch zugelassen und darüber hinaus zum Teil der Vorstand ermächtigt, in der Einberufung weitere Sprachen zuzulassen; vgl. etwa Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der Douglas Holding AG, TOP 6b), elektron. BAnZ v. 28.1.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der Bertrandt AG, TOP 6d), elektron. BAnZ v. 3.1.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der RWE AG, TOP 8, elektron. BAnZ v. 1.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der ERGO Versicherungsgruppe AG, TOP 5, elektron. BAnZ v. 2.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Volkswagen AG, TOP 6a), elektron. BAnZ v. 9.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Bayer AG, TOP 6, elektron. BAnZ v. 15.3.2005. 14 Begr. RegE, S. 28.
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zenverbände der Wirtschaft vorgetragenen Bedenken15, hat der Gesetzgeber im Regierungsentwurf nicht Rechnung getragen. Die Regierungsbegründung betont vielmehr ausdrücklich, dass depotführendes Institut auch jedes ausländische Finanzinstitut sein könne16. Da dem Satzungsgeber ein Gestaltungsspielraum für die nähere Ausgestaltung des Berechtigungsnachweises eingeräumt ist, dürfte es möglich sein, in der Satzung die Länder für diese Kreditinstitute einzugrenzen17. Ob dies in der Praxis weite Verbreitung finden wird, scheint mir zweifelhaft. Jedenfalls für ausländische Kreditinstitute, die eine Zweigniederlassung in der EU haben, wird man keine Begrenzung vorsehen. (4) Der Stichtag (record date) ist nach dem Gesetzesentwurf auf 14 Tage vor der Hauptversammlung festgelegt und nicht in das Ermessen der Gesellschaft gestellt. Es stellt sich die Frage, warum die Gesellschaft nicht auch auf ein record date verzichten oder eine andere Frist festlegen kann, wenn es doch dem Satzungsgeber freisteht, die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts überhaupt von einer Anmeldung und der Vorlage eines Berechtigungsnachweises abhängig zu machen18. Auch nach dem Regierungsentwurf ist eine andere Stichtagsregelung nicht möglich. Der geäußerten Kritik begegnet die Begründung des Regierungsentwurfs mit der Argumentation, dass es im Massengeschäft der depotgeführten Aktien börsennotierter Gesellschaften volkswirtschaftlich nicht sinnvoll wäre, Satzungsfreiheit hinsichtlich des record date zu geben und damit eine unübersichtliche Situation zu schaffen19. (5) Veräußerungen nach record date: Veräußert ein Aktionär seine Aktien nach Ausstellung des Berechtigungsnachweises, führt die in § 123 Abs. 3 Satz 4 AktG-E geschaffene (Teil-)Fiktion der Aktionärseigenschaft dazu, dass er an der Hauptversammlung teilnehmen und sein Stimmrecht ausüben kann, obwohl er kein Aktionär mehr ist. Der Erwerber hat hingegen kein Teilnahmerecht und muss sich im Innenverhältnis mit dem Veräußerer einigen.
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15 Gemeinsame Stellungnahme des BDI, BDA, DIHT, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Bundesverband deutscher Banken v. 2.4.2004, S. 11. 16 Begr. RegE, S. 28. 17 So auch Wilsing, DB 2005, 35, 39. 18 Vgl. bereits Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 6. 19 Begr. RegE, S. 28.
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In der Formulierung des Referentenentwurfs „Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt bis zur Beendigung der Hauptversammlung als Aktionär nur …“ bezog sich die Fiktion der Aktionärseigenschaft in einer leicht „überschießenden“ Formulierung nicht nur auf die Teilnahmeberechtigung und Ausübung des Stimmrechts, sondern auf alle Aktionärsrechte. Daher bestand die Gefahr, dass auch ein bereits ausgeschiedener Aktionär noch dividendenberechtigt sein könnte20 oder der Erwerber mangels Teilnahmeberechtigung keinen Widerspruch zu Protokoll erklären kann, um beispielsweise bei der formwechselnden Umwandlung in den Genuss eines Barabfindungsangebots zu kommen21. Der in der Begründung zum Referentenentwurf vorgeschlagene Ausgleich im Innenverhältnis war in Anbetracht des anonymisierten Aktienhandels an der Börse wenig hilfreich. Im Regierungsentwurf wurde auf diese Kritik reagiert. Der Gesetzestext stellt nunmehr begrüßenswerterweise ausdrücklich klar, dass die Fiktion nur für die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts gilt.
3. Sind Satzungsänderungen erforderlich? Gemäß § 16 EGAktG-E gelten die in § 123 Abs. 2 und 3 AktG-E (sowie § 125 Abs. 2 AktG-E) vorgesehenen Änderungen erst für Hauptversammlungen, zu denen nach dem Tag des In-Kraft-Treten des UMAG – vorgesehen ist der 1.11.2005 – einberufen wird. Damit gelten die neuen Teilnahmeregelungen faktisch erst für die Hauptversammlungssaison 2006. Dadurch soll aus Sicht des Gesetzgebers die Situation vermieden werden, dass zum Zeitpunkt der Einberufung ein anderes Recht gilt und anzuwenden ist als zum Zeitpunkt zur Abhaltung der Hauptversammlung22. Die zusätzliche Regelung aus dem Referentenentwurf, wonach Satzungsbestimmungen, die die Hinterlegung von Aktien als Voraussetzung für die Teilnahme oder die Ausübung des Stimmrechts festlegen, gemäß § 16 EGAktG-E auch darüber hinaus weiterhin wirksam sind und wonach – unabhängig vom alten Satzungstext – der Nachweis des depotführenden Finanzinstituts ausreichend ist, wurde fallengelassen. Diese ursprünglichen Regelungen finden sich in der Gesetzesbegründung des Regie_______________
20 So insbesondere Gemeinsame Stellungnahme des BDI, BDA, DIHT, Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, Bundesverband deutscher Banken v. 2.4.2004 (Fn. 1), S. 11 und Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 6. 21 So Stellungnahme DSW, S. 4. 22 Begr. RegE, S. 69.
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rungsentwurfs nun als Erläuterungen wieder. Danach soll die Übergangsregelung bedeuten, dass bestehende Satzungsbestimmungen, die die Hinterlegung von Aktien als Voraussetzung für die Teilnahme oder die Ausübung des Stimmrechts bestimmen, für Hauptversammlungen nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zwar weiterhin wirksam sind, dass für diese Teilnahmevoraussetzungen aber ab In-Kraft-Treten des Gesetzes jedenfalls der Nachweis des depotführenden Finanzinstituts ausreichend ist. Denn insoweit soll nach Auffassung des Gesetzesgebers das zwingende Gesetz entgegenstehende bestehende Satzungsregelungen verdrängen. Diese Regelungen könnten aber zusätzliche Legitimationsvarianten eröffnen23. In der Praxis dürften sich umgehende Satzungsänderungen jedoch empfehlen. Andernfalls würden nämlich Unklarheiten verbleiben: Erstens bleibt für die „Mischsituation“ aus alter Satzungsregelung mit Hinterlegungserfordernis und neuem Recht mit Anmeldung sowie Nachweiserfordernis unklar, auf welchen Zeitpunkt sich der Nachweis des depotführenden Finanzinstituts beziehen muss, ob nämlich für diesen Nachweis die neuen Stichtagsregelung gemäß § 123 Abs. 3 AktG-E (14. Tag vor der Versammlung) oder die bisherige Satzungsregelung gilt, die für die bisherige Hinterlegungssituation im Zweifel für die Bankbestätigung eine kürzere Frist (meist sieben Tage vor der Hauptversammlung) vorsieht. Zweitens stellt sich das Problem, dass wegen der parallel geltenden Stichtagsregelungen für dieselbe Aktie sich zwei Aktionäre anmelden könnten: Nach dem neuen Gesetz legitimiert der Nachweis des depotführenden Kreditinstituts, bezogen auf den 14. Tag, zur Teilnahme, nach der fortgeltenden Satzung im Zweifel die Hinterlegung bezogen auf einen näher an der Hauptversammlung liegenden Tag, meist den 7. Tag. Wird die Aktie also nach dem 14. Tag vor der Hauptversammlung verkauft, könnte eine Doppelanmeldung erfolgen. Drittens ist in dieser „Mischsituation“ unklar, bis zu welchem Zeitpunkt der Nachweis des Kreditinstituts vorgelegt werden muss: innerhalb der satzungsmäßigen Hinterlegungsfrist oder am 7. Tag vor der Hauptversammlung. Regelungsbedarf für die Satzung dürfte sich darüber hinaus viertens stets bei solchen Gesellschaften ergeben, die noch effektive Stücke ausgegeben haben, da für diese Aktionäre die „Anmeldung“ neuen Rechts zum Zwang zu einem Bankdepot führen würde. _______________
23 Begr. RegE, S. 69.
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Der Gesetzgeber hatte anscheinend das Verständnis, dass die Einräumung der Satzungsautonomie es auch erlaubt, die bisher bestehende Hinterlegungsregelung als Legitimationsklausel im Sinne von § 123 Abs. 3 Satz 1 AktG-E fortbestehen zu lassen. Um den Unsicherheiten vorzubeugen, ist zu einer rechtzeitigen Satzungsänderung zu raten. So gibt es in der Praxis auch bereits erste veröffentlichte Einladungen zu ordentlichen Hauptversammlungen 2005 mit Vorratsbeschlüssen, durch die bereits in der diesjährigen Hauptversammlungssaison die entsprechenden Neufassungen der Satzungen beschlossen werden, verbunden mit der Anweisung an den Vorstand, die Satzungsbestimmungen erst zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden, nachdem das UMAG in Kraft getreten ist24. Ähnlich war man auch 1998 bei der Einführung der Möglichkeit der Stückaktie durch den Gesetzgeber verfahren25.
4. Fristenberechnung Der Referentenentwurf hatte in § 123 Abs. 4 AktG-E die Einberufungsfristen nicht selbständig geregelt, sondern an die vorhandenen Regelungen angeknüpft. Dies war kritisiert worden26. In der Tat waren wegen der Rückwärtsberechnung der Fristen im Zusammenhang mit der Einberufung in der Praxis regelmäßig gewisse Unsicherheiten des Gesetzeswortlauts zu bewältigen, eine höchstrichterliche Leitlinie fehlte. Zum einen war bei der Einberufung jeweils zu entscheiden, ob der Tag der Einberufung einen vollen Monat zwischen Hauptversammlung und Einberufung freilassen musste, wobei in der Praxis aus Vorsichtsgründen so verfahren wird. Wenn der letzte Hinterlegungstag, künftig Anmeldetag, auf einen Sonnabend, Sonn- oder Feiertag fällt, war zum anderen wegen der Rückwärtsberechnung unklar, ob die Einberufung/Anmeldung am _______________
24 Etwa Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der Douglas Holding AG, TOP 6b), elektron. BAnZ v. 28.1.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der Bertrandt AG, TOP 6d), elektron. BAnZ v. 3.1.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der RWE AG, TOP 8, elektron. BAnZ v. 1.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der ERGO Versicherungsgruppe AG, TOP 5, elektron. BAnZ v. 2.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Volkswagen AG, TOP 6a), elektron. BAnZ v. 9.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Bayer AG, TOP 6, elektron. BAnZ v. 15.3.2005. 25 Dazu Bungert, NZG 1998, 172. 26 Vgl. etwa Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 7; Kinzl, NZG 2004, 701.
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Tag davor (so die herrschende Meinung) oder am Tag danach (so eine Mindermeinung) erfolgen muss27. Nach dem Regierungsentwurf erfolgt – wie bisher – die Fristberechnung jeweils rückwärts vom Tag der Hauptversammlung als Ausgangspunkt. § 123 Abs. 4 AktG-E sagt nunmehr erstmals ausdrücklich, dass die Fristen jeweils vom „nicht mitzählenden Tage der Versammlung zurückzurechnen“ sind. Außerdem sagt die Bestimmung erstmals ausdrücklich – wie zuvor häufig nur Regelungen in der Satzung –, dass dann, wenn die Frist nicht an einem Werktag endet, der mitzählende vorhergehende Werktag gilt. Diese Klarstellungen sind sehr zu begrüßen, da sie – ganz unabhängig von der Einführung des Anmelde- und record date-Erfordernisses – vorhandene Unsicherheiten lösen. Dennoch wird an dem Wort „mitzählenden“ nunmehr Kritik geübt. Aus dem Wort „mitzählenden“ müsse nunmehr geschlossen werden, dass in der Feiertags-Situation die Frist um den gesamten vorhergehenden Werktag zu verlängern sei, die Frist also bereits am Ende des vor-vorhergehenden Werktags ende. Dagegen bleibe die genaue Bedeutung des „Mitzählens“ unklar, denn der Werktag liege außerhalb der Frist, da der Fristlauf aus Sicht des Versammlungstags zurückgerechnet bereits vor diesem Werktag ende28. Diese Bedenken vermag ich nicht zu teilen. Das Gesetz sagt vielmehr nunmehr deutlich, dass etwa bei rechnerischem Beginn der Einberufung an einem Feiertag sich die Frist künftig um einen Tag verlängert. So war man in der Praxis aus Vorsichtsgründen auch bisher schon verfahren. Die Thematik stellt sich ohnehin nur bei Feiertagen, nicht bei Sonn- und Samstagen, weil an diesen ohnehin keine Hauptversammlungen stattfinden. Der Referentenentwurf verwies in § 123 Abs. 4 AktG-E noch auf die entsprechende Anwendung von § 193 BGB. Danach richtet sich die Frage, ob ein Feiertag vorliegt danach, ob er am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannt ist. Im Regierungsentwurf fehlt dieser Verweis. Nur in der Gesetzesbegründung zu § 123 Abs. 4 AktG-E wird klargestellt, dass es für das Vorliegen eines Feiertags entsprechend § 193 BGB auf die Situation am Sitz der Gesellschaft, nicht am Hauptversammlungsort ankommen soll29. _______________
27 Zum Meinungsstand vgl. nur Kubis, in: Münch.Komm. AktG, 2. Aufl. 2004, § 123 Rn. 31; Butzke, in: Obermüller/Werner/Winden, Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 4. Aufl. 2001, B Rn. 64. 28 Schütz, NZG 2005, 5, 8. 29 Begr. RegE, S. 30.
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III. Aktionärskommunikation im Vorfeld der Hauptversammlung bzw. Aktionärsforum (§ 127a AktG-E) § 127a AktG-E sieht die Schaffung eines Aktionärsforums im elektronischen Bundesanzeiger vor. Nach der Fassung des Referentenentwurfs, die noch die Überschrift „Kommunikation zwischen Aktionären“ trug, konnte darin jeder Aktionär andere Aktionäre auffordern, sich einem von ihm geäußerten Begehren anzuschließen. Bei dem Begehren musste es sich um ein Recht handeln, für dessen Geltendmachung das Gesetz Schwellenwerte festsetzt. Der Aktionär musste der Gesellschaft den vollständigen Wortlaut der Aufforderung drei Werktage vor Veröffentlichung zusenden. Vorstand und Aufsichtsrat konnten zur Aufforderung im elektronischen Bundesanzeiger Stellung nehmen. Die Kosten der Veröffentlichung waren zunächst vom Aktionär zur tragen. Bei Erfolg seines Begehrens sollte die Gesellschaft verpflichtet sein, dem Aktionär die Kosten der Veröffentlichung zu erstatten. Am Referentenentwurf war in mehrfacher Weise Kritik geübt worden, und zwar sowohl an den Einzelheiten, als aber auch am grundsätzlichen Konzept: Die Vorabmitteilungsfrist von drei Werktagen wurde als zu kurz angesehen, um der Gesellschaft bei beleidigenden, rechtswidrigen geschäftsschädigenden Aussagen Zeit zur Reaktion, insbesondere für die Geltendmachung von Abwehransprüchen, zu geben. Das Dreiecksverhältnis mit dem elektronischen Bundesanzeiger wurde zu Recht als erschwerend für die Rechtsdurchsetzung angesehen. Es wurde vor diesem Hintergrund vorgeschlagen, dass das Gesetz die Veröffentlichung auf der Homepage der Aktiengesellschaft vorsehen solle. Der Regierungsentwurf hat sich einen kleinen Teil der Kritikpunkte zu Herzen genommen und darüber hinaus die Regelung in ihrer Struktur modifiziert. Zwar ist weiterhin Ziel der Vorschrift, die Kommunikation unter den Aktionären, die ansonsten wenig Möglichkeit haben, in größerem Umfang untereinander Kontakt aufzunehmen, zu erleichtern, um die für die Geltendmachung von Rechten gesetzlich erforderlichen Quoren zu erreichen. § 127a AktG-E in der Fassung des Regierungsentwurfs sieht aber nunmehr vor, dass Aktionäre oder Aktionärsvereinigungen im Aktionärsforum des elektronischen Bundesanzeigers andere Aktionäre auffordern können, gemeinsam oder in Vertretung einen Antrag oder ein Verlangen nach dem AktG zu stellen oder in einer Hauptversammlung das Stimmrecht auszuüben. Es gibt keine Vorabmitteilung an die Gesellschaft mehr,
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keine Veröffentlichungspflicht der Gesellschaft und keine Kostenerstattungspflicht. Stattdessen kann die Gesellschaft im elektronischen Bundesanzeiger auf eine Stellungnahme zu der Aufforderung auf ihrer Internetseite hinweisen. Umgekehrt kann auch der Aktionär auf eine Begründung auf der Internetseite des Auffordernden und dessen elektronische Adresse hinweisen. Das Forum des § 127a AktG-E in der Neufassung des Regierungsentwurfs gibt nunmehr nur noch die Initiativzündung für die Kommunikation zwischen Aktionären im Hinblick auf die gemeinsame Geltendmachung von Rechten. Dabei handelt es sich aus der Sicht des Gesetzgebers um private Kommunikation, für die der Gesetzgeber mit dem elektronischen Bundesanzeiger als zentralem Register lediglich eine leicht zugängliche Plattform bieten möchte. Weitere Einzelheiten der Kommunikation, angefangen bei den Begründungen, sollen dagegen nach dem Konzept der Neufassung des § 127a AktG-E über die Internetseiten der einzelnen Aktionäre ausgetauscht werden. Die Norm ist bereits im Grundansatz kritisch zu hinterfragen: Warum soll in einem vom Staat bereitgestellten Forum die Klagemöglichkeit und damit auch die Klagebereitschaft von kritischen Kleinaktionären gefördert werden, wenn doch der tatsächliche Befund bereits ohne das Aktionärsforum zeigt, dass Deutschland bei Aktionärsstreitigkeiten einen Spitzenplatz einnimmt? Welche Themen kommen mit der Neuregelung auf die Praxis zu? (1) Nach § 127a Abs. 2 AktG-E hat die Aufforderung als Mindestangaben Namen und Anschrift des Aktionärs, Firma der betroffenen Aktiengesellschaft, Tag der Hauptversammlung und Antrag oder Verlangen bzw. Stimmvorschlag zu enthalten. Nach der Gesetzesbegründung darf lediglich eine neutrale Aufforderung veröffentlicht werden, nicht aber eine Begründung. Aus diesem Grunde werde von Seiten der Gesellschaft in aller Regel nichts zu erinnern sein30. Fraglich ist, ob diese Einschätzung realistisch ist. Schon die heutige Praxis von Gegenanträgen zeigt, dass diese häufig nicht neutral formuliert sind und oft Antrag und Begründung im gleichen Satz vermengen. Wird hier künftig der Bundesanzeigerverlag als „Zensor“ tätig werden? Insbesondere, weil das Bundesjustizministerium als Herausgeber des Bundesanzeigers inhaltlich nicht verantwortlich ist31, dürfte dies nicht wahrscheinlich sein. _______________
30 Begr. RegE, S. 32. 31 Vgl. Begr. RegE, S. 32.
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Auch nach dem neuen Entwurf wird die Gesellschaft effektiv nur mittels einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen können. Hier sind die Erfolgschancen dadurch eingeschränkt, weil es im Gesetzesentwurf an einer Auflistung konkreter Fälle der Rechtswidrigkeit wie etwa im heutigen § 126 Abs. 2 AktG (für Gegenanträge) fehlt. Nach dem Konzept des Gesetzgebers obliegt dem elektronischen Bundesanzeiger nur eine eingeschränkte Prüfungspflicht hinsichtlich der Mindestangaben und der Frage, ob es sich um einen Aufruf betreffend einen Antrag, ein Verlangen oder einen Stimmvorschlag handelt. Zwar enthält § 127a Abs. 5 AktG-E eine Verordnungsermächtigung für das Bundesjustizministerium, wodurch die äußere Gestaltung des Aktionärsforums und Einzelheiten wie Aufforderung, Hinweis, Entgelte, Löschungsfristen, Löschungsanspruch, Einsichtnahme und Missbrauchsfälle geregelt werden können. Es ist nicht zu erwarten, dass darin klare Definitionen für gesetzeswidrige Fälle aufgenommen werden. In der Gesetzesbegründung wird die Belastung der Gesellschaft durch etwaige beleidigende Äußerungen im Aktionärsforum damit abgetan, dass hier kein Unterschied zu heutigen gesellschaftskritischen Äußerungen von Aktionären bestehe. Damit wird auch begründet, dass eine Vorreaktionszeit der betroffenen Aktiengesellschaft nicht zu normieren war. Möglicherweise werde der elektronische Bundesanzeiger als besondere Dienstleistung einen Push-Service einrichten, der die Gesellschaft unmittelbar unterrichtet, wenn ein sie betreffender Aufruf veröffentlicht wird32. (2) Fraglich ist, ob ein solches Forum zu „discovery“-ähnlichen Handlungen unter Aktionären im Hinblick auf von einigen Aktionären angestrebte Haftungsklagen, insbes. ggf. nach der Neufassung des aktienrechtlichen Haftungsrechts (§§ 147 ff. AktG-E) oder nach einem künftigen Entwurf des KapInHaG missbraucht werden könnte. Nach dem Referentenentwurf konnte das Aktionärsforum nur für Regelungen bemüht werden, für deren Geltendmachung das Gesetz Schwellenwerte festsetzt, also einen Mindestbesitz oder eine Mindeststimmrechtsquote verlangt. Diese Einschränkung ist im Regierungsentwurf zwar nicht mehr enthalten. So führt die Begründung des Regierungsentwurfs auch ausdrücklich als Anwendungsfälle die Haftungsklage nach § 148 Abs. 1 AktG-E ins Feld. Dennoch ist der Wortlaut insoweit eingeschränkt, als es nur um Antrag, Verlangen und Stimmrechtsvorschlag gehen kann. Individuelle _______________
32 Begr. RegE, S. 33.
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Schadensersatzansprüche sind damit nach wie vor nicht erfasst, insbesondere nicht solche nach ausländischem Recht. Die Gesellschaft müsste jedoch gegen einen solchen Missbrauch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen. (3) Für die Aktiengesellschaft können damit künftig in gewissem Umfang Aufrufe einzelner Aktionäre im Aktionärsforum zu Minderheitsverlangen gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 AktG (Einzelentlastungen von Vorstand und Aufsichtsrat), Sonderprüfungen gemäß § 142 AktG und Haftungsklagen gemäß §§ 147 ff. AktG-E lästig werden. Wie auch schon mit der abweichenden Formulierung im Referentenentwurf wird mit dem geänderten Wortlaut inhaltlich insbesondere das „Sammeln“ eines Quorums für gerichtlich geltend zu machende Ansprüche nach § 142 Abs. 2 AktG-E (Sonderprüfer) und §§ 147 Abs. 2, 148 Abs. 1 AktG-E (Ersatzansprüche) erfasst. (4) Findet der Aufruf im Aktionärsforum größeren Zuspruch, sind die Regelungen von WpHG und WpÜG von den Aktionären zu beachten. Die Gesetzesbegründung stellt zutreffend klar, dass § 127a AktG-E keine Privilegierungsnorm darstellt. Sollte also das Merkmal „im Einzelfall“ in § 30 Abs. 2 WpÜG oder § 22 Abs. 2 WpHG überschritten werden, käme eine Zurechnung in Betracht. Nach Auffassung der Regierungsbegründung wird es hier aber immer nur um ein punktuelles Zusammenwirken in Einzelfällen gehen, das nicht zu einer Zurechnung führt33. Ähnlich hat das OLG Frankfurt am Main festgehalten, dass für eine Zurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG ein bewusstes Zusammenarbeiten mit dem Ziel erforderlich ist, die Mitgliedschaftsrechte koordiniert und kontinuierlich auszuüben. Bloße Gesellschafterkontakte reichen hierfür nicht aus34. (5) Der Gesetzgeber hat die Norm bewusst so weit formuliert, dass das Aktionärsform auch für nicht börsennotierte Aktiengesellschaften gilt. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, dass bei einer solchen Gesellschaft ein Aufruf keinen Sinn mache, da dort keiner den elektronischen Bundesanzeiger für solche Informationen aufsuchen werde. Sie führt weiter aus, dass hier ein Aufruf sogar missbräuchlich sein könne, weil sich bei geschlossenen Aktiengesellschaften die Aktionäre unter einander kennen würden35. Dann aber erscheint es auch nicht sinnvoll, die Regelung überschießend zu konzipieren und für Aktionäre geschlos_______________
33 Begr. RegE, S. 34; ebenso Seibert, WM 2005, 157, 159. 34 OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 25.6.2004, DB 2004, 1718, 1719. 35 Begr. RegE, S. 34.
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sener Aktiengesellschaften die „Missbrauchsfalle“ zu öffnen. Statt dessen sollte die Norm im Wortlaut auf börsennotierte Aktiengesellschaften beschränkt werden.
IV. Information auf Homepage im Vorfeld und Auskunftsverweigerung in der Hauptversammlung (§ 131 Absatz 3 Nr. 7 AktG-E) 1. Konzept des § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E § 131 Abs. 3 Nr. 8 AktG-E in der Fassung des Referentenentwurfs sah vor, dass der Vorstand eine Auskunft nach § 131 AktG verweigern darf, wenn sich die Auskunft aus einer auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglichen allgemeinen Information ergibt und die Information seit mindestens einer Woche vor Beginn der Hauptversammlung bis zu deren Ende durchgängig zugänglich ist. Im Regierungsentwurf wurde diese Bestimmung nur geringfügig geändert. Nunmehr muss die Auskunft auf der Internetseite der Gesellschaft über mindestens sieben Tage vor Beginn und in der Hauptversammlung durchgängig zugänglich sein. Dieses Auskunftsverweigerungsrecht findet sich in der neuen Nr. 7 von § 131 Abs. 3 AktG-E. Der Gesetzgeber bezweckt mit dieser Neuregelung, die Hauptversammlung von typischen Standardfragen und Vorträgen von Statistiken, Listen, Regularien und Aufstellungen zu entlasten und dadurch Zeit für eine inhaltliche Diskussion zu gewinnen. Auch insoweit folgt der Gesetzesentwurf einem Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance36. Welche Voraussetzungen müssen für ein entsprechendes Auskunftsverweigerungsrecht erfüllt sein? –
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Die Informationen müssen öffentlich allgemein zugänglich sein, also keinen geräteseitigen, anbieterseitigen oder programmseitigen Zugangsbeschränkungen unterliegen. Der Aktionär muss die Informationen nach Aufrufen der Startseite der Gesellschaft ohne Suchen entweder direkt oder durch eindeutige Verknüpfungen (links) auf die jeweilige Folgeseite problemlos finden können.
_______________
36 Begr. RegE, S. 36.
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Die Informationen müssen sieben Tage vor der Hauptversammlung zugänglich gemacht worden sein. Die Informationen müssen zum einen auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden. Zum zweiten müssen sie in der Hauptversammlung zugänglich sein. Es bleibt der Gesellschaft überlassen, in welcher Form sie das Zugänglichmachen in der Hauptversammlung sicherstellt. In Betracht kommen insbesondere Schriftform oder elektronische Medien, z. B. Infoterminals im Versammlungsraum bzw. der Präsenszone.
Dies erfordert nach dem Gesetzeswortlaut jedoch nicht, dass in der Einberufung der Hauptversammlung ein Hinweis auf die Internetseite enthalten sein muss. Um Auseinandersetzungen zu vermeiden, erscheint dies jedoch ratsam und wird in der Praxis so erfolgen. Ebenso wenig kann bei geringfügigen und vorübergehenden Störungen des allgemeinen Internetzugangs eine Fristverlängerung beansprucht werden. Denn es reicht, dass insgesamt die Möglichkeit zur Kenntnisnahme verbleibt37. Gegenstand und Umfang der im Internet verfügbaren Informationen wird vom Vorstand bestimmt. Es besteht kein Rechtsanspruch der Aktionäre, dass Informationen auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden. Umgekehrt kann der Vorstand künftig die vorab schriftlich eingereichten Fragen eines Aktionärs nunmehr über die Homepage beantworten, anstatt mündliche Antworten in der Hauptversammlung zu geben. Solche schriftliche Vorabeinreichungen gibt es heute kaum und wird es auch künftig kaum geben. Nur für Aktionärsvereinigungen, die in der Praxis kurz vor der Hauptversammlung Gespräche mit dem Vorstand führen, könnte man sich vorstellen, dass sie bei dieser Gelegenheit die Fragen schriftlich überlassen und der Vorstand diese bereits über die Homepage beantwortet. Sehr wahrscheinlich erscheint diese Vorgehensweise aber nicht. Jedenfalls gibt es nach wie vor für Aktionäre keinerlei Verpflichtung, Fragen, insbesondere umfangreiche Fragenkataloge, vorab in Textform bei der Gesellschaft einzureichen. Bereits nach geltendem Recht braucht eine Auskunft nicht erteilt zu werden, wenn sie in dem zum betreffenden Tagesordnungspunkt vorgelegten Bericht, etwa Squeeze-out-Bericht, enthalten ist. Dies gilt auch weiterhin. _______________
37 So auch Begr. RegE, S. 37.
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2. Problemfelder Die Vorgehensweise nach § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E dürfte mit bestimmten Nachteilen und Gefahren behaftet sein: (1) Da die betreffenden Informationen in jedem Fall auch in der Hauptversammlung zugänglich gemacht werden müssen, wird der mit der Vorabinformation verbundene Aufwand für viele Gesellschaften nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der zu erwartenden zeitlichen Entlastung der Hauptversammlung stehen. Letztere wird im Zweifel nämlich gering sein. (2) Der Nachweis, ob eine bestimmte Information oder Antwort auf eine spezielle Frage im Internet vorhanden ist, wird zum Teil schwierig zu führen sein. Die Diskussion mit kritischen Aktionären in der Hauptversammlung bzw. in der späteren Anfechtungsklage könnte sich auf formelle Fragen verlagern. Darüber hinaus könnten Aktionäre Beschlüsse der Hauptversammlung mit der Behauptung anfechten, dass sie eine Antwort auf eine Frage nicht nachvollziehen konnten, weil sie in der Hauptversammlung über keinen Internetzugang verfügten oder nicht genügend Infoterminals zur Verfügung standen, diese technisch nicht einwandfrei funktionierten etc. und sie ihre Stimme daher nicht auf Grundlage von präsenten Informationen abgeben konnten. (3) Vorabinformationen im Internet können zu neuen und ergänzenden detaillierten Nachfragen in der Hauptversammlung führen bzw. herausfordern, die dann nicht vom Auskunftsverweigerungsrecht erfasst sind. Dies gilt insbesondere für Tagesordnungspunkte, für die von Gesetzes wegen ohnehin bereits eine umfangreiche Dokumentation (Bericht, Prüfungsbericht) zu erstellen ist, wie etwa Abschluss eines Unternehmensvertrag, Squeeze-out, Verschmelzung. In diesem Fall würde das Ziel der Straffung der Hauptversammlung gerade nicht erreicht. (4) Wie kann der Versammlungsleiter die über das Internet erfolgte Beantwortung nachweisen? Durch Verweis auf die Homepage der Gesellschaft während der Hauptversammlung? Führt dies dazu, dass Aktionäre und Vorstand die Hauptversammlung vor dem Bildschirm auf der Suche nach den richtigen Antworten verbringen? Um später nachweisen zu können, dass die Antwort tatsächlich in der Hauptversammlung verfügbar war, könnte es ratsam sein, die aktuelle Internetseite der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Hauptversammlung abzuspeichern sowie mit einer Datumszeile versehen auszudrucken. Will die Gesellschaft ganz sicher
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gehen, könnte sie zudem einen aktuellen Ausdruck der Internetseite in der Hauptversammlung auslegen und der Niederschrift als Anlage beifügen. Letzteres wird man aber nur bei als unbeantwortet gerügten Fragen tun. (5) Solche Aktionäre, die einen Fragenmarathon für die Hauptversammlung planen, werden davon kaum abgehalten werden. Denn sie können in der Hauptversammlung Zusatzfragen oder nuancenartig anders formulierte Fragen stellen. Bleiben derartige Fragen unter Verweis auf die Internetseite unbeantwortet, könnte dies zur Anfechtung berechtigen. Eine gesetzliche Pflicht zur vorherigen Einreichung von Fragenkatalogen besteht nach wie vor nicht. (6) Nach der Gesetzesbegründung soll das Auskunftsverweigerungsrecht des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 AktG-E für spezielle gesetzliche Auskunftsrechte etwa bei Umwandlungen, Squeeze-out, Unternehmensverträgen entsprechend gelten. Denn diese speziellen Auskunftsrechte etwa in §§ 293g Abs. 3, 319 Abs. 3 Satz 4, 320 Abs. 4 Satz 3, 326 AktG, 64 Abs. 2 UmwG seien lediglich Klarstellungen des sich aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebenden allgemeinen Auskunftsanspruchs. Aus diesem Grund will der Gesetzgeber die speziellen Vorschriften bewusst nicht ändern38. Das Eingreifen der Auskunftsverweigerungsrechte des § 131 Abs. 3 AktG für einige dieser speziellen Auskunftsrechte bei Strukturmaßnahmen ist in Teilen der Literatur umstritten, insbesondere etwa für § 293g Abs. 3 AktG39. Daher wäre eine Klarstellung des Gesetzgebers außerhalb der Gesetzesbegründung hilfreicher gewesen. Für Fragen, die bereits vollständig im Bericht über die Strukturmaßnahme (etwa im Squeeze-out Bericht) dargestellt wurden, kann auf die Veröffentlichung des Berichts über die Strukturmaßnahme auf die Homepage verwiesen werden. Die betreffende Frage muss dann jedoch vollständig im Bericht behandelt sein. Daran wird es oft fehlen, so dass Antworten in der Hauptversammlung nicht zu vermeiden sein werden. (7) Die im bisherigen Referentenentwurf des Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes vorgesehenen Regelungen über die Haftung der Gesellschaft und ihrer Organe (§ 37a Abs. 1 und Abs. 2 WpHG-E) für unrichtige Angaben und das rechtswidrige Verschweigen von Umständen in öffent_______________
38 Begr. RegE, S. 36–37. 39 Ablehnend etwa Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 293g Rn. 4; Würdinger, in: Großkomm. AktG, 1975, § 293 a. F. Anm. 8; differenzierend Altmeppen, in: MünchKomm. AktG, 2. Aufl. 2000, § 293g Rn. 21.
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lichen Bekanntmachungen in Textform, die für die Bewertung des Finanzinstruments erheblich sind, könnten bei der Veröffentlichung von Informationen oder der Beantwortung von Fragen im Vorfeld der Hauptversammlung zu Zurückhaltung führen. Allerdings enthielt der zurückgezogene Referentenentwurf des KapInHaG auch eine entsprechende Haftung für mündliche Erklärungen, die in Ansprachen oder in Auskünften im Rahmen einer Hauptversammlung abgegeben werden. Dennoch würde man im Zweifel in der Praxis darauf vertrauen, dass das gesprochene Wort eher verhallt als das schriftliche. (8) Fraglich ist, ob man in der Praxis das Instrument der Vorabveröffentlichung für die Regularien nutzen wird, die der Versammlungsleiter stets für die ersten ca. 20 Minuten der Hauptversammlung aus dem Leitfaden verliest. Dies schlägt die Gesetzesbegründung vor40. Es handelt es sich dabei jedoch um Hinweise, die gerade für dem Ablauf und die Abstimmung wichtig sind und regelmäßig auch in das notarielle Protokoll aufgenommen werden. Als Berater fühlte man sich unwohl, wenn diese Ausführungen nur auf der Homepage stehen würden. (9) Jede Gesellschaft hat für das Back-Office einen umfangreichen Fragenund Antwortenkatalog vorbereitet. Für ordentliche Hauptversammlungen enthält dieser häufig unter anderem „frequently asked questions“, die zum Teil von Jahr zu Jahr identisch sind bzw. fortgeschrieben werden. Für Hauptversammlungen mit Strukturmaßnahmen werden umfangreiche spezielle Fragen- und Antwortenkataloge vorbereitet. Für den letzteren wird sicher keine Gesellschaft daran denken, diesen vorab auf die Homepage zu stellen. Eher könnte man daran denken, dies für einen Teil des Standard-Fragen- und Antwortenkatalogs zu tun. Aber auch hier wird man in der Praxis im Zweifel restriktiv vorgehen.
3. Gestrichene Regelungen des Referentenentwurfs: § 131 Abs. 6 und § 131 Abs. 3 Nr. 9 AktG-RefE Gemäß § 131 Abs. 6 AktG-E des Referentenentwurfs konnte die Satzung oder die Geschäftsordnung für die Hauptversammlung (§ 129 Abs. 1 AktG) den Vorstand ermächtigen, in der Einberufung der Hauptversammlung für bestimmte Tagesordnungspunkte Fragen in Textform (mit Bestimmung einer Einreichungsfrist) zuzulassen. Dabei sollten die Fragen – im Gegensatz zu dem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 131 Abs. 3 Nr. 8 _______________
40 Begr. RegE, S. 36.
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AktG-E, im Regierungsentwurf nunmehr § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E (eine Woche bzw. sieben Tage) – drei Tage vor der Hauptversammlung sowie während der Hauptversammlung auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich zu machen sein. Als Konsequenz sollte nach § 131 Abs. 3 Nr. 9 AktG-RefE der Vorstand eine Auskunft in der Hauptversammlung verweigern dürfen, soweit die Auskunft auf eine Frage auf der Internetseite der Gesellschaft erteilt wurde. Dieser Regelungsvorschlag war zunächst im Grundsatz im Hinblick auf den praktischen Ablauf von Hauptversammlungen begrüßt worden. Im einzelnen war jedoch Kritik geübt worden. Insbesondere der Handelsrechtsausschuss hatte bemängelt, dass die Regelung zu kurz greife, und zutreffend über die Gesetzestechnik des § 131 Abs. 3 AktG-E zusätzlich ein Auskunftsverweigerungsrecht des Vorstands für den Fall gefordert, dass der Aktionär in der Hauptversammlung eine Vielzahl allgemeiner Fragen zu einem Tagesordnungspunkt stellt, die er im Vorfeld in Textform hätte ankündigen können (insbesondere wenn die Fragen sich nicht auf eine spezielle, erst in der Hauptversammlung auftretende Situation beziehen)41. Eine gesetzessystematische Vorgehensweise wie bei § 131 Abs. 3 Nr. 8 u. 9 AktG-E in der Fassung des Referentenentwurfs war gefordert worden. Die Forderung des Handelsrechtsausschusses nach einem zusätzlichen Auskunftsverweigerungsrecht hat der Gesetzgeber nicht erhört. Der Regelungsvorschlag des Referentenentwurf war wenig praktikabel, wäre daher in der Praxis voraussichtlich zu totem Recht geworden und wurde im Regierungsentwurf daher zu Recht fallen gelassen.
4. Straffung der Hauptversammlung durch die neuen Regelungen? Für ordentliche Hauptversammlungen ohne besondere Tagesordnungspunkte könnte durch die Neuregelung eine geringfügige Straffung der Hauptversammlung erreichbar sein, sofern nicht ein künftiges Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz dazu führt, dass sich die Gesellschaft im Vorfeld der Hauptversammlung lieber „still verhält“. Für Hauptversammlungen mit Strukturmaßnahmen auf der Tagesordnung wird die Vorabinformation im Vorfeld der Hauptversammlung voraussichtlich wenig verändern: Zum einen werden die Fragen für einen Fragenmarathon von den entsprechenden Aktionären bewusst nicht im Vorfeld ge_______________
41 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 12.
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stellt werden. Zum anderen wird das Unternehmen über die gesetzlich erforderlichen Informationen hinaus im Zweifel im Vorfeld der Hauptversammlung nicht weitere Details zur Strukturmaßnahme veröffentlichen, um nicht weitere Detailfragen herauszufordern oder sich möglicherweise gar dem Vorwurf der Unvollständigkeit des Berichts auszusetzen.
V. Versammlungsleitung: Begrenzung von Rede- und Fragezeit (§ 131 Absatz 2 Satz 2 AktG-E) Im Hinblick auf die UMAG-Hauptversammlung ist der neue § 131 Abs. 2 Satz 2 AktG-E die wohl wesentlichste Regelung: Der Gesetzgeber plant erstmals eine gesetzliche Normierung der Zulässigkeit einer Rede- und Fragezeitbeschränkung. Der Referentenentwurf sah in § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E vor, dass der Vorstand die Auskunft nach § 131 AktG verweigern kann, wenn ein Aktionär die durch den Versammlungsleiter zuvor angemessen festgelegte Rede- und Fragezeit überschritten hat. Gegen diesen Regelungsvorschlag war zutreffend die gesetzessystematische Kritik erhoben worden, vorzugswürdig sei eine Ermächtigungsnorm statt eines Auskunftsverweigerungsrechts42. Denn wie für eine Redezeitbeschränkung ein Auskunftsverweigerungsrecht greifen sollte, war nicht recht einsichtig. Auch fällt die Frage- und Redezeitbeschränkung in die Leitungs- und Organisationskompetenz des Versammlungsleiters und nicht in die Kompetenz des Vorstands, der über die Erteilung oder Nichterteilung einer erbetenen Auskunft entscheidet. Diese Kritik hat das Bundesjustizministerium beherzigt. Im Regierungsentwurf ist nunmehr eine Ermächtigungsnorm enthalten. Dies ist zu begrüßen. Die Regelung ist wichtig, um in ausufernden Hauptversammlungen dem Versammlungsleiter ein Mittel an die Hand zu geben, die Hauptversammlung in einer je nach den konkret anstehenden Tagesordnungspunkten angemessenen Zeit zu beenden. Begrüßenswert ist, dass die Neuregelung ausdrücklich klarstellt, dass auch eine Beschränkung des Fragerechts durch den Versammlungsleiter möglich ist. Dies liegt auf der Linie der Prof. Wenger-Entscheidung des _______________
42 Insbes. Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 11; Hemeling, AG 2004, 262.
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BVerfG43 und war zutreffenderweise auch bisher schon zulässig, wenn es auch in der Literatur umstritten war44. Sehr bedenklich ist am neuen Vorschlag jedoch, dass eine Ermächtigung in der Satzung oder der – kaum verbreiteten – Geschäftsordnung für die Hauptversammlung Voraussetzung für die Möglichkeit von Rede- und Fragezeitbeschränkungen durch den Versammlungsleiter sein soll. Dies leuchtet aus mehrerlei Gründen nicht ein. Zum einen war schon bisher in Praxis und Literatur einhellig anerkannt, dass dem Versammlungsleiter jedenfalls aufgrund seiner Aufgabe der Versammlungsleitung die Befugnis zustand, die Redezeit zu beschränken. Es kann nicht richtig sein, dass diese schon bisher bestehende Möglichkeit künftig eine Satzungsermächtigung zur Voraussetzung haben soll. So aber wäre der Gesetzesentwurf wörtlich zu verstehen. Entsprechendes gilt für die Fragezeitbeschränkung, die nach zutreffender Auffassung (s. o.) auch heute schon ohne Satzungsverankerung dann besteht, wenn auf andere Weise eine geordnete Beendigung der Hauptversammlung nicht möglich ist, weil einzelne Aktionäre unentwegt neue Fragen stellen, die sachlich keine neuen Themen ansprechen, sondern den Zweck haben, die „Mitternachtsstunde“ als Hauptversammlungsende45 zu sprengen. Zum zweiten ist sowohl für die Redezeit- als auch für die Fragezeitbeschränkung die Ermächtigung durch den Gesetzgeber ausreichend. Es bedarf nicht noch einer zusätzlichen Legitimation durch den Satzungsgeber. Die wertende Grundsatzentscheidung durch den Gesetzgeber ist vielmehr hinreichende Legitimation. Für die konkrete Rechtsanwendung durch den Versammlungsleiter in der Hauptversammlung besteht als Korrektiv gegen etwaige Willkür die gesetzlich normierte Voraussetzung der Angemessenheit der Beschränkung. Diese Regelungen sind ausreichend. Das zusätzliche Erfordernis der Verankerung in der Satzung sollte vom Gesetzgeber daher wieder gestrichen werden46. _______________
43 Entsch. v. 20.9.1999, AG 2000, 74, 75. 44 Bejahend etwa Mutter, Auskunftsansprüche des Aktionärs in der Hauptversammlung, 2002, S. 63; Arnold, AG 2003, R 329; Stützle/Walgenbach, ZHR 155 (1991), 516, 541; ferner Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 131 Rn. 35; Decher, in: Großkomm. AktG, 4. Aufl. 2001, § 131 Rn. 111; ablehnend etwa Mülbert, in: Großkomm. AktG, 4. Aufl. 1999, Vor §§ 118–147 Rn. 159; Semler, in: Münch. Hdb. AG, 2. Aufl. 1999, § 36 Rn. 48; Schaaf, ZIP 1997, 1324, 1327; Martens, Leitfaden für die Leitung der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft, 3. Aufl. 2003, S. 63. 45 Vgl. zu „Mitternachtsstunde“ Happ/Freitag, AG 1998, 493. 46 Ähnlich kritisch auch Schütz, NZG 2005, 5, 11.
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Bliebe der Regelungsvorschlag dagegen in der heutigen Form, ist zu befürchten, dass die Gesetzesregelung auf Jahre erst einmal durch Klagen kritischer Aktionäre gegen entsprechende Satzungsänderungsbeschlüsse, die das Instrument in diese Satzung nehmen wollen, lahm gelegt wird. Dies scheint der Gesetzgeber sogar „billigend in Kauf zu nehmen“. So führt Seibert aus, dass Gesellschaften, die eine solche Rahmenregelung in der Satzung beschließen, kein größeres Risiko eingingen, dass anschließende Anfechtungsklagen ihre unternehmerische Handlungsfähigkeit beschränken könnten. Denn im Fall von Anfechtungsklagen könnten die Streitfragen zu der Rahmenregelung in aller Ruhe gerichtlich geklärt werden. Werde die Regelung gerichtlich akzeptiert, habe anschließend der Versammlungsleiter eine sichere Basis für seine Anordnungen47. Das verspricht wenig Trost. Jedenfalls haben die ersten Einberufungen von ordentlichen Hauptversammlungen 2005 zu Recht entsprechende Vorratsbeschlüsse für Ermächtigungen des Versammlungsleiters auf die Tagesordnung gesetzt48, die sich hoffentlich im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens als überflüssig erweisen werden. Die neue Regelung könnte zu folgenden Umsetzungsfragen und Problemen in der Praxis führen: (1) Im Gesetzeswortlaut wird nicht hinreichend deutlich, ob der Versammlungsleiter eine zeitliche Beschränkung der Rede- und Fragezeit erst festlegen darf, wenn absehbar ist, dass der für die Hauptversammlung festgelegte Zeitrahmen nicht eingehalten werden kann, oder bereits bei Beginn der Hauptversammlung. Für eine Beschränkung von Anfang an spricht, dass die Gesetzbegründung ausdrücklich festhält, Ziel sei es, eine „normale“ Hauptversammlung, in der keine tiefgreifenden unternehmensstrukturellen Maßnahmen zu erörtern sind, in ca. 4 bis 6 Stunden abzuwickeln49. Dies dürfte häufig nur bei Frage- und Redezeitbeschränkungen von Anfang möglich sein50. Denn überzogene Rede- und Fragezeiten einzelner Aktionäre führen dazu, dass die Diskussionskultur in der Hauptversammlung beeinträchtigt wird, künftig sachlich interessierte _______________
47 Seibert, WM 2005, 157, 160. 48 Vgl. etwa Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der Douglas Holding AG, TOP 6c), elektron. BAnZ v. 28.1.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der Betrandt AG, TOP 6e), elektron. BAnZ v. 3.1.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung 2005 der RWE AG, TOP 9, elektron. BAnZ v. 1.3.2005; Einladung zur ordentlichen Hauptversammlung der Volkswagen AG, TOP 6b), elektron. BAnZ v. 9.3.2005. 49 Begr. RegE, S. 36. 50 So auch Seibert, WM 2005, 157, 160.
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Aktionäre, insbesondere solche mit größeren Stimmenzahlen wie etwa Fonds, fernbleiben und damit insgesamt das Organ Hauptversammlung an Akzeptanz und Bedeutung verliert. Will man vorsichtig vorgehen, wird man sich nach der Länge der Rednerliste, zumindest bei einer Generaldebatte über alle Tagesordnungspunkte (wie üblicherweise praktiziert), richten und hierbei die gesetzgeberisch anvisierte Regelzeit einer „normalen“ Hauptversammlung im Auge behalten. (2) Fraglich ist, was unter der „Angemessenheit“ der Rede- und Fragezeit zu verstehen ist, insbesondere, wenn diese bereits zu Beginn der Hauptversammlung begrenzt wird. Anzuknüpfen ist insoweit an den Umfang und die Bedeutung der Punkte auf der Tagesordnung, die Anzahl der vorliegenden Wortmeldungen, etc. Nicht dagegen kann es auf die Anzahl der teilnehmenden Aktionäre ankommen, denn dann wäre bei den DAXGesellschaften oder anderen großen Gesellschaften nie eine Beschränkung möglich. Spezifischere Vorgaben des Gesetzgebers, eine Orientierungshilfe, wie es etwa die Stellungnahme des DAI fordert51, wären nicht weiterführend. (3) Fraglich ist, ob der Versammlungsleiter an der Festsetzung von Redeund Fragezeitbeschränkungen gehindert ist, wenn die Gesellschaft im Vorfeld der Hauptversammlung tatsächlich gestellten Fragen nicht im Vorfeld der Hauptversammlung auf der Homepage beantwortet hat oder dazu in der Einberufung die Aktionäre nicht aufgefordert hat. Muss er sich das im Rahmen des § 131 Abs. 2 AktG-E entgegen halten lassen? Dies ist zu verneinen. Eine Pflicht zur Vorabveröffentlichung von Antworten besteht nicht. Auch hat der Gesetzgeber keinen regelungstechnischen Zusammenhang zwischen § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E und § 131 Abs. 2 AktG-E hergestellt. (4) Fraglich war für den Regelungsvorschlag des Referentenentwurfs, ob gar das Recht zur Auskunftsverweigerung erlöschen würde, wenn der Versammlungsleiter die Überschreitung der Rede- und Fragezeit nicht rechtzeitig rügt. Diese Frage stellt sich nach wie vor. Verhängt der Versammlungsleiter eine einheitliche Rede- und Fragezeitbeschränkung und setzt diese anschließend gegenüber einigen Aktionären mit Wortbeiträgen nicht durch, läuft er Gefahr, dass wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes die Beschränkung für weitere Redner auch nicht mehr gelten _______________
51 Stellungnahme DAI, S. 9.
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darf52. Anders kann dies sein, wenn für die Differenzierung ein sachlicher Grund besteht (etwa: Redner spricht als einziger zum ersten Mal, alle anderen Redner haben sich schon wiederholt geäußert). Man wird dem Versammlungsleiter – wie auch heute schon – ein rigoroses Durchsetzen von verhängten Rede- und Fragezeitbeschränkungen empfehlen müssen. (5) Fraglich ist, ob es bei Umsetzung dieser Regelung künftig keine zweitägigen Hauptversammlungen mehr geben wird. Der Gesetzgeber äußert sich zu dieser Fragestellung in der Gesetzesbegründung nicht. Allerdings ist eine der grundlegenden Zwecksetzungen des UMAG, missbräuchliche Anfechtungsklagen künftig zu unterbinden und zu diesem Zweck Beschränkungen des Rede- und Fragerechts einzuführen53. In der Hauptversammlungssaison 2004 war eine Tendenz zu erkennen, Hauptversammlungen, bei denen allein ein Squeeze-out Beschluss, ein Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag oder beide Maßnahmen parallel auf der Tagesordnung standen, vorsorglich auf zwei Tage einzuladen. In einigen Fällen waren wegen exzessiver Nutzung des Rede- und Fragerechts durch wenige Aktionäre diese zwei Tage auch ausgenutzt worden. Künftig sollten – falls die zu weitgehende Verankerung der Ermächtigung zu Redeund Fragezeitbeschränkungen in der Satzung der Gesellschaft wieder aus dem Gesetzesentwurf entfernt wird – für solche Hauptversammlungen wieder ein Versammlungstag genügen, wie es auch der Normalfall einer Hauptversammlung ist. Damit hängt die Frage zusammen, wie der Begriff der Angemessenheit bei Hauptversammlungen zu verstehen ist, bei denen – über die Tagesordnung einer ordentlichen Hauptversammlung hinausgehende – besondere Maßnahmen beschlossen werden, etwa Verschmelzung, Unternehmensvertrag, Squeeze-out oder Holzmüller-Maßnahmen. Dieser Typ von Hauptversammlung wird der eigentliche Testfall für den neuen § 131 Abs. 2 AktG-E sein. Hier hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung klargemacht, dass jedenfalls die durchschnittliche Versammlungsdauer von 4–6 Stunden für solche Hauptversammlungen nicht gilt54. Fraglich wird also sein, ob für solche Hauptversammlungen stets eine Beendigung bis Mitternacht angemessen ist und daher entsprechend vorher eine Frage- und Redezeitbeschränkung durchgesetzt werden kann. Dies dürfte – sofern nicht im Ausnahmefall eine größere Anzahl unterschiedlicher solcher Maßnahmen zusammentreffen – zu bejahen sein. _______________
52 Vgl. Siepelt, AG 1995, 254, 257 f. 53 Vgl. nur Begr. RegE, S. 2. 54 Begr. RegE, S. 35, 36; Seibert, WM 2005, 157, 160.
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(6) Um den Angemessenheitsbegriff werden sich weitere Fragen ranken. Ist es angemessen für die Rede- und Fragezeit nach der Beteiligungshöhe des Aktionärs zu differenzieren? Kann man etwa Aktionären mit bis zu 10 Aktien insgesamt nur eine Rede- und Fragezeit von 10 Minuten zugestehen, Aktionären etwa mit über 10000 Aktien das Doppelte? Dies wird von Seibert im Grundsatz bejaht mit der Erwägung, dass das Gesetz auch an anderer Stelle, etwa bei Quoren und Mehrheitserfordernissen, nach Beteiligungsgewicht differenziere55. Ist es angemessen, zwischen Hauptrede- und -fragezeit und Nachfragezeit zu unterscheiden? Kann der Versammlungsleiter etwa für Nachfragen nur noch eine kurze Zeitspanne festlegen? Auch dies wird etwa von Seibert bejaht56.
VI. Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse 1. Beschränkungen für auf Auskunftspflichtverletzungen gestützte Anfechtungsklagen a) Relevanz von Auskunftspflichtverletzungen für die Beschlussfassung (§ 243 Abs. 4 Satz 1 AktG-E) Gemäß § 243 Abs. 4 Satz 1 AktG-E in der Fassung des Referentenentwurfs sollte wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen nur angefochten werden können, wenn ein objektiv urteilender Aktionär sein Verhalten von ihrem Inhalt abhängig gemacht hätte. Diese Formulierung wurde im Regierungsentwurf überarbeitet. Dabei wurde auch das zwischenzeitlich ergangene ThyssenKrupp-Urteil des BGH57 beachtet, dass noch einmal sehr klare Aussagen zu der Relevanz einer Auskunftsrechtsverletzung für die Beschlussfassung enthält. Nunmehr kann wegen des (gegenüber dem Referentenentwurf identisch formulierten) Verletzungstatbestandes nur angefochten werden, wenn „ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte“. Die Formulierung des Referentenentwurfs war insoweit missverständlich gewesen und schien _______________
55 Seibert, WM 2005, 157, 161. 56 Seibert, WM 2005, 157, 161. 57 BGH, Urt. v. 18.10.2004, ZIP 2004, 2428.
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die früher vom BGH vertretene Kausalitäts-Doktrin58 wiedereinzuführen. Auch der BGH selbst hatte im ThyssenKrupp-Urteil deutliche Kritik an der Formulierung des Referentenentwurfs geübt59. In der neuen Formulierung sieht die Gesetzesbegründung die Auffassung des BGH verankert, wonach es entscheidend darauf ankommt, dass ein objektiv urteilender Aktionär sein Stimmverhalten von der Erteilung einer bestimmten Information abhängig gemacht hätte. Die Gesetzesformulierung stelle nicht darauf ab, ob die richtige Antwort den vernünftigen Aktionär in seinem Verhalten beeinflusst hätte, sondern darauf, ob der Fragegegenstand so gewichtig ist, dass er – abhängig von der Antwort, die aber nicht bekannt ist – das Verhalten beeinflusst hätte60. Der BGH hatte im amtlichen Leitsatz der ThyssenKrupp-Entscheidung festgehalten, dass ein „relevanter“ Verstoß gegen das Teilnahme- und Mitwirkungsrecht bei der Beschlussfassung vorliege, wenn einem Aktionär in der Hauptversammlung Auskünfte vorenthalten werden, die aus der Sicht eines objektiv urteilenden Aktionärs in der Fragesituation zur sachgerechten Beurteilung des Beschlussgegenstandes im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlich sind. Der Beschluss ist dann anfechtbar, unabhängig davon, ob der tatsächliche Inhalt der in der Hauptversammlung verweigerten und später erteilten Auskunft einen objektiv urteilenden Aktionär von der Zustimmung zu der Beschlussvorlage abgehalten hätte61. Diese BGH-Rechtsprechung ist, soweit sie die Relevanz der Auskunftspflichtverletzung für die Beschlussfassung betrifft, in der Gesetzesformulierung widergespiegelt. Gegenüber dem Leitsatz des BGH führt das Gesetz jedoch eine weitere Qualifikation ein. Ein Anfechtungsgrund liegt künftig nur vor, wenn der objektiv urteilende Aktionär die Erteilung der Information als „wesentliche Voraussetzung“ für seine Rechtswahrnehmung angesehen hätte. Die Formulierung geht auf einen ähnlichen Vorschlag des Handelsrechtsausschusses zurück62. Der Gesetzgeber will diese Beschränkung so ver_______________
58 Etwa BGH, Urt. v. 29.11.1982, BGHZ 86, 1, 3; Urt. v. 9.11.1972, BGHZ 59, 369, 375. Diese Kausalitätstheorie hatte der BGH zugunsten der Relevanztheorie im Jahr 2001 mit BGHZ 149, 158, 164 f., aufgegeben. 59 BGH, Urt. v. 18.10.2004, ZIP 2004, 2428, 2430. 60 Begr. RegE, S. 56. 61 BGH, Urt. v. 18.10.2004, ZIP 2004, 2428. 62 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 23; vgl. zuvor schon Decher, in: Großkomm.AktG, 4. Aufl. 2001, § 131 Rn. 389; ferner mit ähnlicher Grundtendenz Krieger, ZHR 163 (1999), 343, 362; Schiessl, in: VGR (Hrsg.), Gesellschaftsrecht in der Diskussion 1999, 2000, S. 57, 76.
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stehen, dass der fragliche Umstand bei Anlegung eines objektiven Beurteilungsmaßstabes ein so wesentliches Element darstellt, dass der Aktionär ohne die vorherige ordnungsgemäße Erteilung der Information der Beschlussvorlage nicht zugestimmt hätte63. Diese Einschränkung ist sicherlich sinnvoll. Sie liegt zumindest auf der Grundlinie der neuesten BGH-Rechtsprechung, wenn sie auch in der Formulierung etwas darüber hinaus geht. Die Einschränkung macht nur deutlich, dass die unbeantwortete Frage nach einem weit entfernten und damit „nicht relevanten“ Detail nicht zur Anfechtung berechtigt. Dabei handelt es sich letztlich nur um eine Ausformulierung der „Relevanz“ bzw. des Begriffs der „Erforderlichkeit“ im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG. Auch der BGH betont in der ThyssenKrupp-Entscheidung zwei wertende Einschränkungen gegenüber einer rein „naturwissenschaftlich“ verstandenen Relevanz: Zum einen ist Maßstab für die „Erforderlichkeit“ bzw. „Beurteilungserheblichkeit“ eines Auskunftsverlangens die Sichtweise eines objektiv urteilenden Aktionärs, der die Gesellschaftsverhältnisse nur aufgrund allgemein bekannter Tatsachen kennt und daher „die begehrte Auskunft als nicht nur unwesentliches Beurteilungselement benötigt“. Zum zweiten ist die Verweigerung einer erforderlichen Auskunft nur dann unberechtigt, wenn das Auskunftsbegehren „auf Vorgänge von einigem Gewicht gerichtet ist, die für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit der Verwaltung von Bedeutung sind“64.
b) Auskunftsrügen zu Bewertungsfragen ins Spruchverfahren (§ 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-E) Gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-E sind Anfechtungsklagen wegen Informationspflichtverletzungen in der Hauptversammlung, d. h. unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen, ausgeschlossen, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen die Durchführung eines Spruchverfahrens vorsieht. Die grundsätzliche Formulierung des Referentenentwurfs wurde im Regierungsentwurf beibehalten. Bezugsobjekt sind Informationen über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich, Abfindung, Zuzahlung oder über sonstige Kompensationen (in der Fassung des Referentenentwurf stand hier noch: sonstige Bewertungsfragen). Der neue § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-E ordnet also nicht selbst die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens an, sondern greift nur in den Fällen ein, in _______________
63 Begr. RegE, S. 56. 64 BGH, ZIP 2004, 2428, 2429.
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denen durch Gesetz an anderer Stelle dieses Verfahren vorgeschrieben ist (siehe § 1 Nr. 1–4 SpruchG, §§ 14 Abs. 2, 15, 29, 32, 125, 176–181, 184, 186, 196, 207, 210 UmwG, § 304 Abs. 3 Satz 3, 305 Abs. 4 Satz 1 und 2 AktG). Der Gesetzesentwurf kodifiziert die Aqua Butzke- und die MEZEntscheidung des BGH65. Darüber hinaus stellt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung – vorsorglich – heraus, dass die Beschränkung auf gesetzlich geregelte Spruchverfahrensfälle kein Analogieverbot darstellen solle66. So greift die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage für Auskunftspflichtverletzungen daher auch für Delisting-Beschlüsse der Hauptversammlung ein, die nach der Macrotron-Entscheidung des BGH ein Abfindungsangebot enthalten müssen, welches nach Auffassung des BGH entsprechend im Spruchverfahren überprüfbar ist67. Eine wesentliche Einschränkung für die Anwendbarkeit von Satz 2 hat der Regierungsentwurf gegenüber dem Referentenentwurf gebracht: Nach der Neuformulierung sind nur Informationen „in der Hauptversammlung“ von der Verweisung in das Spruchverfahren erfasst. Diese Umformulierung greift eine Anregung des Handelsrechtsausschusses68 auf: Nach der Formulierung des Referentenentwurfs wären auch Unzulänglichkeiten im schriftlichen Bericht erfasst gewesen; nunmehr beschränkt sich der Verweis in das Spruchverfahren auf (mündliche) Auskunftspflichtverletzungen in der Hauptversammlung. Dies ist auch sachgerecht, denn die schriftliche Berichterstattung im Vorfeld der Hauptversammlung, die das Gesetz bei allen wesentlichen gesetzlichen Strukturmaßnahmen vorschreibt, ist das Kernstück der Information der Aktionäre. Gerade wegen der Einheitlichkeit der Neuregelungen des UMAG sollte von der Neuregelung der Anfechtungsbefugnis bei Auskunftspflichtverletzungen in § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-E auch die neu geschaffene Möglichkeit der Beantwortung von Fragen über die Internetseite gemäss § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-E miterfasst werden. Dies wird mit der neu aufgenommenen einschränkenden Formulierung „in der Hauptversammlung“ nicht vollständig deutlich. Eine entsprechende Klarstellung in der Gesetzesbe_______________
65 BGH, Urt. v. 29.1.2001, DB 2001, 471; Urt. v. 18.12.2000, BGHZ 146, 179 = DB 2001, 319. Der Gesetzgeber hatte trotz Kenntnis der BGH-Entscheidung diesen Fall bewusst nicht in die Grundnorm des § 1 SpruchG aufgenommen; dazu Bungert/Mennicke, BB 2003, 2021, 2022 f. 66 Begr. RegE, S. 58. 67 BGH, Urt. v. 25.11.2002, BGHZ 153, 47 = NJW 2003, 1032. 68 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 23.
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gründung wäre wünschenswert. Gerade wegen der zeitgleichen Neueinführung beider Normen sollte dies auch nicht schwer sein.
c) Abgrenzungsfragen In der Praxis könnte die Abgrenzung schwierig werden: Der Ausschluss des Anfechtungsrechts ist beschränkt auf „unrichtige, unvollständige oder unzureichende“ Informationen. Nicht erfasst davon sind nach der Gesetzesbegründung69 Totalverweigerungen von Informationen oder weitreichende Fehlangaben. Der Gesetzgeber will mit dieser Differenzierung erreichen, dass in extremen Fällen das Anfechtungsrecht als zusätzliches Schutzinstrument erhalten bleibt. Diese Differenzierung erscheint jedoch nicht konsequent70. Denn das gänzlich fehlende Angebot einer Barabfindung rechtfertigt – etwa gemäß §§ 210, 212 UmwG – keine Anfechtung mehr. Dann drängt sich jedoch auch der Schluss a majore ad minus auf, dass auch die vollständige Versagung von Informationen zur Bemessung der Barabfindung keine Anfechtung erlauben soll. Diesen Schluss hatte schon der Bundesgerichtshof in der Aqua Butzke-Entscheidung zum Formwechsel gezogen71. Andernfalls wird sich voraussichtlich72 durch die neue Regelung an der bisherigen Praxis, dass in der Hauptversammlung, in der eine Strukturmaßnahme auf der Tagesordnung steht, eine unendliche Vielzahl von Fragen (insbes. zur Bewertung) gestellt und die Hauptversammlung so in die Länge gezogen wird, wenig ändern. Denn die Aktionäre hätten nach wie vor die Möglichkeit, in der Anfechtungsklage weitreichende Fehlangaben zu Bewertungsfragen zu rügen und dort damit gehört zu werden.
2. Einführung eines Freigabeverfahrens für weitere Beschlussarten (§ 246a AktG-E) Wie von der Regierungskommission Corporate Governance vorgeschlagen, wird das aus § 319 Abs. 6 AktG und § 16 Abs. 3 UmwG bekannte Freigabeverfahren auf weitere strukturändernde Beschlüsse der Hauptversammlung ausgedehnt, und zwar auf Maßnahmen der Kapitalbeschaffung, die Kapitalherabsetzung sowie den Unternehmensvertrag. Gemäß § 246a AktG-E kann das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft durch _______________
69 70 71 72
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Begr. RegE, S. 57. So auch Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 23 f. BGHZ 146, 179. So auch Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 24.
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rechtskräftigen Beschluss feststellen, dass die Erhebung einer Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Kapitalmaßnahme oder einen Unternehmensvertrag der Eintragung ins Handelsregister nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Gegenüber dem Referentenentwurf hat der Gesetzeswortlaut im Regierungsentwurf lediglich redaktionelle Änderungen erfahren73. Ein solcher Beschluss kann – entsprechend § 319 Abs. 6 Satz 2 AktG, § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG – bei drei alternativen Sachlagen ergehen: (1) Die Anfechtungsklage ist unzulässig. (2) Die Anfechtungsklage ist offensichtlich unbegründet. (3) Das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses erscheint dem Gericht nach freier Überzeugung unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzung zur Abwendung der von der Gesellschaft dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig.
a) Prozessuale Einzelheiten Prozessual ist das Freigabeverfahren entsprechend § 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG als spezielles Eilverfahren konzipiert, auf das die Vorschriften der ZPO Anwendung finden. Neu gegenüber den bekannten Freigabeverfahren ist die gesetzgeberische Anweisung, dass der Beschluss spätestens drei Monate nach Antragstellung ergehen soll. Zwar ist diese Zeitvorgabe für das Prozessgericht nicht bindend. Das Prozessgericht ist nach dem Gesetzeswortlaut aber verpflichtet, eine Fristüberschreitung konkret zu begründen, dies allerdings durch unanfechtbaren Beschluss. Diese Regelung – auch wenn sie zu einem Gutteil eine lex imperfecta ist – ist zu begrüßen. Eine parallele Formulierung sollte mit dem UMAG aber in § 16 Abs. 3 UmwG und § 319 Abs. 6 AktG aufgenommen werden74, um hier nicht Schlussfolgerungen e contrario Vorschub zu leisten. Wie in den bisherigen Freigabeverfahren kann in dringenden Fällen ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Gegen den Beschluss im Freigabeverfahren findet die sofortige Beschwerde statt. _______________
73 Zutreffenderweise etwa die Klarstellung in Satz 1, dass die Klage gegen den Hauptversammlungsbeschluss und nicht gegen die Eintragung eines Hauptversammlungsbeschlusses erhoben wird; vgl. bereits die Anregung in der Stellungnahme des Handelsrechtsausschusses, S. 29. 74 Ebenso Wilsing, DB 2005, 35, 38; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1083.
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Anders als bei den bereits bestehenden Freigabeverfahren sieht die neu vorgeschlagene Regelung keine Registersperre vor. Der Registerrichter wäre daher trotz Rechtshängigkeit einer Anfechtungsklage nicht gem. § 127 FGG verpflichtet, die Eintragung auszusetzen. Es dürfte allerdings häufig, jedenfalls bei Kapitalmaßnahmen, im Interesse der Gesellschaft liegen, wenn nach Einleitung eines Freigabeverfahrens von einer Eintragung abgesehen wird. Denn bei einer Eintragung des angefochtenen Beschlusses vor rechtskräftigem Beschluss des Prozessgerichts kommt der Gesellschaft der Bestandsschutz der Eintragung nicht zugute. Wegen der fehlenden Registersperre waren zwei weitere Regelungen in § 246a AktG-E erforderlich: Der Beschluss des Prozessgerichts ist für das Registergericht bindend. Die Feststellung der Bestandskraft der Eintragung wirkt für und gegen jedermann. Nach der Gesetzesbegründung gilt diese Bindungswirkung für das Registergericht jedoch nicht vollständig: Die auch schon bisher bestehende Prüfungskompetenz des Registergerichts soll unberührt bleiben. Daher kann das Registergericht die Eintragung weiterhin aus anderen, insbesondere formalen Gründen, etwa wegen nicht nachgewiesener Vertretungsberechtigung oder fehlender Beglaubigung, ablehnen. Bei einer Freigabeentscheidung aufgrund der 1. Alternative (Unzulässigkeit der Anfechtungsklage) bleibt dem Registergericht darüber hinaus die materielle Prüfungskompetenz75. Erweist sich die Anfechtungsklage in der „Hauptsache“ später als begründet, ist die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses entstanden ist. Naturalrestitution im Sinne der Beseitigung der Wirkung der Eintragung kann der Antragsgegner nicht verlangen. Darüber hinaus regelt das Gesetz in § 242 Abs. 2 Satz 5 AktG-E, dass nach der positiven Freigabeentscheidung das etwa später der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage stattgebende Urteil nicht mehr nach § 248 Abs. 1 Satz 3 AktG eingetragen werden kann. Damit kann durch Urteil der eingetragene Beschluss der Hauptversammlung nicht mittels Vermerk nach § 44 HRV als nichtig bezeichnet werden. Er darf auch nicht nach § 144 Abs. 2 FGG von Amts wegen gelöscht werden. Diese Bestandskraft gilt allerdings nur für Beschlüsse, die aufgrund eines Freigabeverfahrens nach § 246a AktGE eingetragen wurden, nicht hingegen für Beschlüsse, bei denen ein Freigabeverfahren nicht durchlaufen wurde. _______________
75 Vgl. näher Begr. RegE, S. 60.
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Theoretisch hat die von der Anfechtungsklage betroffene Gesellschaft somit ein Wahlrecht: Sie kann entweder versuchen, eine – nicht mit Bestandsschutz versehene – Eintragung beim Registergericht durchzusetzen, oder ein Freigabeverfahren einleiten. Bei börsennotierten Aktiengesellschaften werden bei Kapitalmaßnahmen zumindest die emissionsbegleitenden Banken darauf bestehen, dass der Weg über das Freigabeverfahren beschritten wird, weil von dem Makel der Vernichtbarkeit bedrohte Aktien – insbesondere wenn sie girosammelverwahrt sind – für den Kapitalmarkt nicht akzeptabel sind. Wenn es durch das Freigabeverfahren nunmehr eine Möglichkeit gibt, trotz anhängiger Anfechtungsklage Bestandsschutz sicher zu stellen, werden die Banken keine alternative Struktur akzeptieren. Außerdem steht zu erwarten, dass künftig die Registergerichte bei erhobenen Anfechtungsklagen nicht mehr eintragen und die Gesellschaft auf die gerichtliche Einleitung des Freigabeverfahrens verweisen werden. Das Freigabeverfahren wird in § 249 AktG-E auch auf Nichtigkeitsklagen gegen die entsprechenden Hauptversammlungbeschlüsse erstreckt, was für eine effektive Regelung notwendig ist. Das vorgesehene Freigabeverfahren ist sehr zu begrüßen: Es lässt das Recht zur Anfechtungsklage unberührt, nimmt ihr aber die kassatorische Wirkung, falls das Prozessgericht ein überwiegendes Eintragungsinteresse der Gesellschaft trotz unterstellten Beschlussmangels bejaht. Dadurch wird die Blockade wichtiger Strukturentscheidungen verhindert und Rechtssicherheit geschaffen, ohne das Recht zur Anfechtungsklage in nicht mehr vertretbarer Weise zurückzudrängen. Die Vorteile der Ausweitung des Freigabeverfahrens sind daher für die Unternehmenspraxis erheblich. Dennoch wird auch das Freigabeverfahren nicht bei allen Strukturmaßnahmen künftig helfend ergreifen können. So werden etwa Sanierungskapitalmaßnahmen, die stets unter hohem Zeitdruck stehen, nicht die Durchführung eines Freigabeverfahrens abwarten können. Auch heute schon kann in solchen Fällen die bloße Erhebung von Anfechtungsklagen die Durchführung der Maßnahme praktisch verhindern. Erstmals in der Begründung des Regierungsentwurfs äußert der Gesetzgeber seine Auffassung, dass das Freigabeverfahren auch noch eingeleitet werden könne, nachdem der Hauptversammlungsbeschluss bereits in das Handelsregister eingetragen worden ist. Dies deswegen, weil es sich um eine Abwägungsentscheidung mit der Folge der Bestandssicherung handle76. _______________
76 Begr. RegE, S. 59; kritisch dazu Schütz, NZG 2005, 5, 9.
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Ziel eines solchen Freigabeverfahrens wäre die Herstellung der Bestandskraft der bereits erfolgten Eintragung. Damit könnte § 246a AktG-E im Zusammenhang mit der intertemporalen Norm des § 16 EGAktG-E dazu führen, dass auch heute schwebenden Anfechtungsklagen etwa gegen Zustimmungsbeschlüsse zu Unternehmensverträgen durch ein unmittelbar nach In-Kraft-Treten des Gesetzes eingeleitetes, zu Gunsten der Aktiengesellschaft ausgehendes Freigabeverfahren durch die von Gesetzes wegen dann eintretende Bestandssicherungswirkung der Boden entzogen würde.
b) Leitlinien für die Gerichtspraxis Positiv zu vermerken ist auch, dass der Gesetzgeber in der Gesetzbegründung einige Klarstellungen zum Prüfungsmaßstab für Freigabeentscheidungen verankert hat, die die bisher bei den Oberlandesgerichten wohl überwiegende Praxis bekräftigt und die damit auch für die Zukunft als Leitlinien gelten werden und hoffentlich zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung beitragen werden: Zum einen betont der Gesetzgeber, dass es bei der Alternative „offensichtlich unbegründet“ nicht darauf ankomme, welcher Prüfungsaufwand erforderlich ist, um die Unbegründetheit der Anfechtungsklage festzustellen. Hier ist also vom Gericht eine umfassende Prüfung durchzuführen77. Zum anderen hält der Gesetzgeber fest, dass das Gericht bei der Abwägung nicht bloß einen etwaigen Verzögerungsschaden der Aktiengesellschaft zu berücksichtigen hat. Vielmehr sind auch die Nachteile in die Abwägung einzustellen, die der Gesellschaft bei einem Erfolg der Anfechtungsklage entstehen würden. Zu Recht wird ausgeführt: „Gesetzgeberisches Ziel der Klausel ist eine Abwägung aller durch die Anfechtungsklage tangierten rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen, bei angenommenem Erfolg der Anfechtungsklage. Bei der Abwägung sind alle der Gesellschaft im Falle der Nichteintragung drohenden Schäden und Nachteile zu berücksichtigen und gegen die Schwere der vom Kläger behaupteten Rechtsverletzung und die denkbaren Schäden auf seiner Seite abzuwägen. Eine Eintragung soll also auch dann möglich sein, wenn bei (wahrscheinlich) begründeter Anfechtungsklage die der Gesell_______________
77 Begr. RegE, S. 63; so zutreffend bereits OLG Düsseldorf, NZG 2004, 328; OLG Stuttgart, ZIP 2003, 2363; OLG Köln, DB 2003, 2592; OLG Hamburg, ZIP 2004, 2288; OLG Hamburg, ZIP 2003, 1344; vgl. weiterhin OLG Frankfurt am Main, AG 1998, 428, 429; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl. 2003, § 319 Rn. 35; Hüffer, AktG, 6. Aufl. 2004, § 319 Rn. 18.
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schaft durch eine Versagung der Eintragung drohenden Nachteile den Schaden überwiegen, der dem Anfechtungskläger durch eine Eintragung und Durchführung des rechtswidrigen Hauptversammlungsbeschluss entsteht. Dies mag bei besonderer Schwere des behaupteten Rechtsverstoßes, also bei massiver Verletzung elementarer Aktionärsrechte allerdings anders zu gewichten sein. Ein sehr geringes ökonomisches Interesse des klagenden Kleinaktionärs kann im Vergleich zu den regelmäßig erheblichen wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft im Einzelfall dadurch aufgewogen werden, dass der behauptete Rechtsverstoß so schwer wiegt, dass eine Bestandskraft des Beschlusses nicht erträglich wäre. Da die Wirkungen der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses bzw. der Feststellung seiner Nichtigkeit umfassend sind, also entweder die Wirkungen des Hauptversammlungsbeschlusses insgesamt eintreten oder ausbleiben, muss die im Rahmen des Freigabeverfahrens vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen jeweils das gesamte Interesse der jeweiligen Partei des Anfechtungsverfahrens gewichten. Eine Beschränkung der Interessen der Gesellschaft und ihrer übrigen Anteilseigner auf den Verzögerungsschaden würde das Interesse der Gesellschaft an der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses unberücksichtigt lassen“78. Der Gesetzesentwurf stellt dankenswerterweise ausdrücklich klar, dass der Gesetzgeber diese Leitlinien auch auf laufende Freigabeverfahren nach § 319 Abs. 6 Satz 2 AktG (also insbesondere Squeeze-out-Fälle) angewendet wissen will79.
c) Fehlendes gesetzesgeberisches Gesamtkonzept zu Freigabeverfahren Nach Umsetzung der Änderungen des UMAG zu den §§ 246a, 249 Abs. 1 AktG-E wird es künftig drei unterschiedlich geregelte Regime für die Behandlung von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen im Freigabeverfahren geben:
aa) Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen im UmwG Im UmwG bestimmt § 14 Abs. 1 UmwG eine Monatsfrist für „Klagen gegen die Unwirksamkeit“ des Umwandlungsbeschlusses, d. h. Nich_______________
78 Begr. RegE, S. 63–64. 79 Begr. RegE, S. 62.
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tigkeitsklagen und Anfechtungsklagen müssen innerhalb der Monatsfrist erhoben werden. Sodann werden sie vom gerichtlichen Freigabeverfahren des § 16 Abs. 3 gleichermaßen erfasst. Eine spätere Nichtigkeitsklage kann nicht mehr die Eintragung der Verschmelzung hindern80.
bb) Squeeze Out und Eingliederung In §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG wird keine Monatsfrist bestimmt. Es gelten vielmehr die allgemeinen Fristen für Anfechtungsklagen einerseits und Nichtigkeitsklagen andererseits. Dagegen bezieht sich der Wortlaut von § 319 Abs. 6 AktG auf die „Erhebung einer Klage gegen die Wirksamkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses“. Nach der herrschenden Auffassung bezieht sich der Begriff Wirksamkeit (wie im UmwG auch) sowohl auf Anfechtungs- als auch auf Nichtigkeitsklagen. Aufgrund der fehlenden Fristbestimmung könnte eine Nichtigkeitsklage unmittelbar nach einem erfolgreich durchlaufenen Freigabeverfahren wegen Anfechtungsklagen und unmittelbar vor Eintragung des Squeeze Out bzw. der Eingliederung in das Handelsregister erhoben werden, um den Ablauf zu stören. Mangels Eintragung läuft hier die Frist des § 242 Abs. 2 AktG zunächst auch nicht an. In der Literatur81 wird zum Teil ausdrücklich auch der Fall angesprochen, dass bei der Negativerklärung nach Freigabebeschluss gegen Anfechtungsklagen auch noch potentiell erhebbare Nichtigkeitsklagen zu bedenken sind.
cc) Kapitalbeschaffung und Unternehmensvertrag Die Neuregelungen der §§ 246a, 249 Abs. 1 AktG-E verfolgen eine dritte Gesetzgebungstechnik. § 246a Satz 1 beginnt mit „Wird gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung oder einen Unternehmensvertrag Klage … erhoben“. Es wird also nicht vom Begriff der Wirksamkeit bzw. der Unwirksamkeit gesprochen. Stattdessen erklärt § 249 Abs. 1 AktG-E künftig ausdrücklich § 246a AktG-E für entsprechend anwendbar. Nach der Gesetzesbegründung soll § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG-E nunmehr durch Verweis auf § 246a AktG-E klarstellen, dass das Freigabeverfahren so-
_______________
80 Gleiches gilt künftig für vorgelagerte Kapitalerhöhungsbeschlüsse (etwa zur Durchführung der Verschmelzung): § 249 Abs. 1 Satz 3 AktG-E. 81 Vgl. nur Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl. 2003, § 319 AktG Rn. 27 ff.
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wohl für Anfechtungsklagen als auch für Nichtigkeitsklagen gilt. Dies entspreche der Rechtslage zu § 16 Abs. 3 UmwG82.
dd) Probleme aufgrund der fehlenden Einheitlichkeit Zum einen fragt sich, ob die unterschiedliche Gesetzgebungstechnik innerhalb des AktG sinnvoll ist. Was wird künftig daraus folgen, dass § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG-E für Kapitalbeschaffungsmaßnahmen und Unternehmensverträge ausdrücklich das Freigabeverfahren auch für Nichtigkeitsklagen anwendbar erklärt, jedoch bei §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG keine Änderung vorgenommen wird? Sind dort künftig Nichtigkeitsklagen vom Freigabeverfahren ausgeschlossen? Das kann wohl nicht sein. Dagegen spricht klar das Wort „Wirksamkeit“ in § 319 Abs. 6 AktG. Dennoch dürfte eine parallele Wortwahl in den neuen Bestimmungen einerseits und §§ 327e Abs. 6 UmwG vorzugswürdig sein. Zum zweiten wäre es wichtig, dass die Monatsfrist auch für Klagen gegen die Wirksamkeit aller Hauptversammlungsbeschlüsse bei Maßnahmen gilt, gegen die nach dem Aktiengesetz ein Freigabeverfahren eingeleitet werden kann. Die Regelung des § 14 Abs. 1 UmwG sollte auf sämtliche Maßnahmen nach dem Aktiengesetz erstreckt werden, gegen die ein Freigabeverfahren eingeleitet werden kann. Dies wäre auf jeden Fall für die §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG möglich. Denn dort wird die erhobene Klage zu einer Registersperre, die nur durch das Freigabeverfahren überwunden werden kann. Bei § 246a AktG-E ist dagegen das Freigabeverfahren nur eine Alternative, die eingeschlagen werden kann. Eine Negativerklärung schreibt das Gesetz dagegen nicht vor, so dass die Gesellschaft theoretisch künftig weiterhin versuchen könnte, im bisherigen Verfahren die Eintragung zu erreichen. Dennoch schließt dieser Befund es nicht von vornherein aus, die Monatsfrist hier auch auf die Nichtigkeitsklage zu erstrecken, wenn dies auch gesetzessystematisch nicht zwingend sein mag. Es ist nämlich insbesondere zu bedenken, dass nach dem In-Kraft-Treten der UMAGRegelung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass das Registergericht die von der Regelung erfassten Maßnahmen bei erhobener Anfechtungsklage vor Ergehen eines Freigabebeschlusses eintragen wird. Der Gesetzesentwurf wird daher rasche Eintragungen voraussichtlich eher erschweren.
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82 Begr. RegE, S. 66.
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3. Publizität der Verfahrensbeendigung von Anfechtungsklagen im Bundesanzeiger (§§ 248a, 149 AktG-E) Nach der neu einzuführenden Regelung des § 248a AktG-E mit seinem Verweis auf § 147a Abs. 4 AktG-E, jeweils in der Fassung des Referentenentwurfs, sollten sämtliche Verpflichtungen der Gesellschaft im Zusammenhang mit der gerichtlichen oder außergerichtlichen Beendigung von Anfechtungsprozessen und Widersprüchen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse in anderer Weise als durch Urteil des Prozessgerichts nur wirksam sein, wenn die Parteien den vollen Inhalt ihrer streitbeendenden Vereinbarung mit allen Zusatzvereinbarungen im Bundesanzeiger veröffentlichen. Erfasst sind somit Prozesshandlungen wie Klagerücknahme und Erledigungserklärung aber auch Vereinbarungen, die im Vorfeld des Anfechtungsprozesses, regelmäßig nach Einlegung eines Widerspruchs, mit Aktionären oder ihnen nahestehenden Dritten zur Vermeidung eines Anfechtungsprozesses geschlossen werden. Eine entsprechende Veröffentlichungspflicht sollte auch für den Fall der gerichtlichen oder außergerichtlichen Beendigung von Haftungsprozessen gemäß §§ 147, 147a AktG-E (Referentenentwurf) gelten. Durch diese Publizität sollen künftig missbräuchliche Anfechtungsklagen im Keim erstickt werden, deren alleiniges Ziel es ist, sich die Klage von der Gesellschaft oder dem Großaktionär abkaufen zu lassen. Im Fokus stand also der Vergleich als verfahrensbeendigende Maßnahme. Die Regierungskommission Corporate Governance begründete diese Regelung mit der durch die Transparenz erzwungenen Präventivfunktion. Danach soll einerseits der Geltendmachung bzw. Androhung missbräuchlicher Anfechtungsklagen entgegengewirkt werden. Andererseits soll aber auch das „geräuschlose“ Eingehen von Vergleichen seitens der Gesellschaft verhindert werden, an denen die Gesellschaft ein Interesse hat83. (1) Auch hier hat der Regierungsentwurf einige Änderungen vorgenommen. Zunächst erfasst die Gesetzesregelung nunmehr auch den Grundfall der Verfahrensbeendigung, nämlich das Urteil. Auch dieses muss künftig bekannt gemacht werden. Dies geht insbesondere auf Kritik des Handelsrechtsausschusses zurück, der eine Lücke dadurch befürchtete, dass der Anfechtungskläger nach erfolgter Einigung mit der Gesellschaft ein klageabweisendes Urteil etwa durch Säumnis herbeiführen und damit _______________
83 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn. 158 f.
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der Publizitätspflicht entgehen könne84. Zum zweiten wurde die Bekanntmachungspflicht zweckmäßigerweise nunmehr auf börsennotierte Aktiengesellschaften beschränkt. (2) Auch im inhaltlichen Umfang der Veröffentlichungspflicht sind Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf vorgenommen worden. Inhaltlich umfasst die Veröffentlichungspflicht zunächst nach wie vor den Wortlaut aller Vereinbarungen und sonstigen Abreden. Darüber hinaus regelt das Gesetz – im Grundsatz wie schon im Referentenentwurf – einen Mindestinhalt der Bekanntmachung und damit letztlich des Vergleichs. Aufzuführen sind insbesondere die (Gegen-)Leistungen der Gesellschaft (Art und Höhe) und ihr zurechenbare Leistungen Dritter, gemeint ist natürlich einschließlich der dadurch Begünstigten. Darunter fallen alle in den Vergleich einbezogenen Formen von Prozesskosten, Aufwandserstattung, Vergleichswert, Schadensersatzzahlungen, Honorare für Beratungsleistungen, Gutachten etc. Die bisherige Entwurfsformulierung „in ihrem Interesse handelnder Dritter“ wurde im Regierungsentwurf durch „ihr zurechenbare Leistungen Dritter“ ersetzt. Der Referentenentwurf hatte neben der Angabe aller Beteiligten (gemeint ist einschließlich ihrer Vertreter) auch vorgesehen, die Anzahl der Aktien, die jeder Anfechtungskläger hält, darzustellen. Letzteres ist nicht mehr im Gesetzeswortlaut enthalten, in der Gesetzesbegründung jedoch als Pflichtbestandteil der Bekanntmachung weiter aufgeführt. Dies erscheint nicht überzeugend85. Die Pflichtangabe sollte weiterhin im Gesetz selbst vorgesehen werden. (3) Der Vorstand hat die Verfahrensbeendigung ohne schuldhaftes Zögern im elektronischen Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Nach dem Referentenentwurf war aufgrund des Verweises auf § 147a Abs. 4 AktG-E der Vorstand zudem verpflichtet, der Hauptversammlung über die Verfahrensbeendigung mit allen wesentlichen Umständen zu berichten. Diese Berichtspflicht ist im Regierungsentwurf gestrichen worden. (4) Schon für den Referentenentwurf war kritisiert worden, dass die Regelung im Ergebnis etwas zu weit gehend ist: Die Einbeziehung von Leistungen im Interesse der Gesellschaft handelnder Dritter, insbesondere also des Großaktionärs, in die Veröffentlichungspflicht erscheint zu weitgehend. Der Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre und das Verbot _______________
84 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 33. 85 Weiss/Buchner, WM 2005, 162, 170 vermuten ein Redaktionsversehen.
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der Einlagenrückgewähr ist insoweit nicht berührt. Außerdem erfährt die Gesellschaft davon nicht notwendigerweise86. Diese Kritik gilt auch für die neue Formulierung „ihr zurechenbare Leistungen Dritter“. (5) Sanktion für die unterlassene oder unvollständige Bekanntmachung ist, dass sämtliche (Gegen-)Leistungspflichten nicht wirksam sind. Demgegenüber bleibt die Wirksamkeit von verfahrensbeendigenden Prozesshandlungen unberührt. Dagegen können trotz der Unwirksamkeit tatsächlich bewirkte Leistungen der Gesellschaft oder ihrer Großaktionäre zurückgefordert werden (§ 149 Abs. 2 Satz 3 bis 5 AktG-E). Dieses Rückforderungsrecht wurde gegenüber dem Referentenentwurf neu aufgenommen.
4. Weitere Erschwerungen im Anfechtungsrecht Nur erwähnt werden sollen zwei weitere künftige Erschwerungen im Anfechtungsrecht: Nach dem Referentenentwurf hatte der Anfechtungskläger künftig eine Vorbesitzzeit nachzuweisen, er hatte nämlich die Aktien bereits vor Bekanntmachung der Tagesordnung erworben haben müssen (§ 245 Nr. 1 AktG-E). Nach dem Regierungsentwurf gilt diese Vorbesitzzeit künftig auch für die auf § 243 Abs. 2 AktG (Sondervorteile) gestützte Anfechtungsklage (§ 245 Nr. 3 AktG-E). Diese Erweiterung ist nur folgerichtig. Zweitens enthält der Regierungsentwurf erstmals eine Einschränkung der Nebenintervention. Die Nebenintervention hat sich in der letzten Zeit zu einem beliebten Instrument von Trittbrettfahrern entwickelt. Denn nach bisher überwiegender – wenn auch im einzelnen unzutreffender – Auffassung musste der Nebenintervenient weder vor der Hauptversammlung Aktionär der Gesellschaft sein noch in der Hauptversammlung vertreten sein noch Widerspruch zu Protokoll gegeben haben noch irgendeine Frist für die Einlegung der Nebenintervention einhalten. Gemäß § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG-E gilt künftig für die Nebenintervention eine ähnliche zeitliche Beschränkung wie für die Anfechtungsklage: Sie muss innerhalb eines Monats nach Bekanntmachung der Klageerhebung durch den Vorstand der beklagten Aktiengesellschaft (§ 246 Abs. 4 Satz 1 AktG) eingereicht werden. Das Gesetz selbst sollte allerdings auch deutlich regeln, dass die Vorbesitzfrist des § 245 Nr. 1 AktG-E ebenfalls für den Nebenintervenienten gilt; das findet sich bisher nur in der Gesetzesbe_______________
86 Stellungnahme Handelsrechtsausschuss, S. 33; Wilsing, ZIP 2004, 1082, 1090.
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Bungert – Die UMAG-Hauptversammlung aus Sicht des Praktikers
gründung87. Weiterhin sollte das Gesetz vorsehen, dass auch der Nebenintervenient – wie der Anfechtungskläger – in der Hauptversammlung Widerspruch zu Protokoll gegeben haben muss. Hier ist nicht zu erkennen, warum den Nebenintervenienten geringere Prozessvoraussetzungen zu gute kommen sollten. Bei fehlendem Widerspruch verstößt der Nebenintervenient vielmehr gegen das Verbot des venire contra factum proprium88.
VII. Schlussbemerkung Im Ergebnis ist der Grundansatz des Gesetzentwurfs für die künftige Praxis der Hauptversammlung zu begrüßen. Die Einführung eines allgemeinen Freigabeverfahrens dürfte eine Erleichterung für die Durchsetzung von Strukturmaßnahmen bedeuten. Die gesetzliche Normierung der Festsetzung angemessener Rede- und Fragezeitbeschränkungen durch den Versammlungsleiter – ohne zusätzliche Verankerung in der Satzung – wird ein wichtiges Straffungselement für künftige Hauptversammlungen sein. Ob jedoch die durch die Einführung des neuen Auskunftsverweigerungsrechts geschaffene Möglichkeit der Vorab-Veröffentlichung von Informationen auf der Internetseite der Gesellschaft die Hauptversammlung tatsächlich gestrafft wird und ob sie in der Praxis überhaupt in größerem Umfang genutzt werden wird, erscheint zweifelhaft.
_______________
87 Begr. RegE, S. 58; ähnlich Forderungen bereits vor Entwurf des UMAG bei von Falkenhausen/Kocher, ZIP 2004, 1179, 1180–1181; Waclawik, WM 2004, 1361, 1367; ebenso LG Mannheim, Urt. v. 29.1.2004 – Az. 23 O 83/03 (unveröffentlicht). 88 So zutreffend bereits für das heutige Recht von Falkenhausen/Kocher, ZIP 2004, 1179, 1181; LG Mannheim, Urt. v. 29.1.2004 – Az. 23 O 83/03 (unveröffentlicht).
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Bericht über die Diskussion der Referate Noack und Bungert Jutta Lommatzsch Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Universität Düsseldorf
I. Die Diskussion im Anschluss an die Referate von Noack und Bungert stand unter Leitung von Priester. Auch hier zeigte sich, dass man bei Festlegung des Themas „Die UMAG-Hauptversammlung“ davon ausgegangen war, dass bereits der Regierungsentwurf zum UMAG (Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts) vorliegen und Diskussionsgrundlage sein würde. So hatte man sich noch mit dem Referentenentwurf aus dem Januar 2004 auseinander zu setzen. Die Spannung, inwieweit die Anregungen durch die zahlreichen Stellungnahmen und Aufsätze zum UMAG im Regierungsentwurf berücksichtigt sein werden, war deutlich zu spüren. Folgende Themenkomplexe wurden in der Diskussion angesprochen: Auskunftsrecht (II.), Spruchverfahren bei Auskunftsrügen zu Bewertungsfragen (III.) sowie die Funktion der Hauptversammlung mit Blick auf eine möglicherweise die PräsenzHV ablösende virtuelle Hauptversammlung (IV.).
II. Der Diskussionsleiter Priester stellte eingangs mit Blick auf die zahlreichen Änderungen, die das Aktienrecht in den letzten Jahren erfahren hat (KonTraG, NaStraG, TransPuG) und nun durch das UMAG erfahren wird, einen Vergleich mit den endlosen Gesetzesänderungen im Steuerrecht an („Aktienrechtsreform in Permanenz?“). Sodann begrüßte er die im UMAG vorgesehene Gleichbehandlung des Rede- und Fragerechts hinsichtlich der zeitlichen Beschränkungsmöglichkeiten bzw. des Auskunftsverweigerungsrechts in § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-RefE. Bislang stand dem Versammlungsleiter nach h. M. lediglich die Befugnis zu, die Redezeit zu beschränken, während eine Beschränkung der Fragezeit mit
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung
Ausschlusswirkung für nicht zulässig erachtet wurde. Priester wies auf die daraus resultierende bisherige Praxis der Aktionäre hin, zunächst bis an die Grenze der Redezeit zu reden und dann aber nicht etwa den Beitrag abzubrechen, sondern vielmehr nun zu „fragen“. Diese Fragen seien vielfach lediglich eine in die Frageform gekleidete Fortsetzung des angefangenen Beitrags. Noack bekräftigte die Ausführungen seines Vortrags, dass es sich bei der Unterscheidung zwischen dem Frage- und dem Rederecht in § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-RefE nur um eine artifizielle Trennung handle. Beide Rechte gingen ineinander über. Es gehe letztlich um die Verteilung des Kontingents „Zeit“. Dem Aktionär müsse eine Zeiteinheit zugewiesen werden. Priester merkte an, dass es für die Praxis schwer zu handhaben ist, wenn allein der Versammlungsleiter über die Begrenzung des Frage- und Rederechts zu entscheiden habe, zumal die Redeund Fragezeit nach § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-RefE „angemessen“ festgelegt werden müsse. Angemessenheitskriterien seien zu entwickeln. Er regte an, entsprechende Begrenzungsmöglichkeiten in der Satzung oder Geschäftsordnung regeln zu können. Auf die Redezeitbeschränkung ging auch in einem späteren Beitrag nochmals Decher ein. Aufgrund der bisherigen Unsicherheiten sei eine Redezeitbeschränkung vielfach nicht empfehlenswert gewesen. Er bestätigte das Aussparen der Fragen in der Praxis, um sich trotz Ablaufs der Redezeit weiter äußern zu können. Der derzeitigen Mindermeinung, die auch nach bisherigem Recht eine Redezeitbegrenzung so verstand, dass nach deren Ablauf auch keine Fragen mehr gestellt werden könnten1, werde durch die Neuregelung des Gesetzgebers erfreulicherweise zum Durchbruch verholfen. Altmeppen widmete sich der in § 131 Abs. 6, Abs. 3 Nr. 9 AktG-RefE (antizipierte Beantwortung spezieller Fragen) bzw. § 131 Abs. 3 Nr. 8 AktG-RefE (allgemeine Informationen) vorgesehen Möglichkeit der Vorabveröffentlichung von Informationen im Internet. Er wies auf das Spannungsverhältnis zu den immer strenger werdenden Regelungen des Insiderrechts hin. Anzuführen sei das zur Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie Ende Oktober verkündete Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG)2, welches u. a. Verschärfungen im Bereich des Insiderrechts vorsieht. So wird in § 13 WpHG n. F. an Stelle der „Insidertatsache“ der wesentlich weitergehende Begriff der Insiderinformation eingeführt, der auch Werturteile, Empfehlungen und Prognosen erfasst. Damit stelle sich die Frage, was der Vorstand überhaupt veröffentlichen dürfe, _______________
1 2
Decher, in: Großkomm. AktG, 4. Aufl. 2001, § 131 Rn. 111 BGBl. I, S. 2630
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Lommatzsch – Bericht über die Diskussion
ohne sich haftbar oder gar strafbar zu machen. Welche Antworten iSd § 131 Abs. 3 Nr. 9 AktG-RefE darf der Vorstand unter Berücksichtigung des Insiderrechts schon vor der Hauptversammlung geben? Die erforderliche Kursrelevanz sei bei Informationen im Vorfeld einer Hauptversammlung regelmäßig gegeben. Ein vorsichtiger Vorstand werde es wohl aus Angst vor Verstößen gegen die Insiderregelungen unterlassen, entsprechende Informationen bereits vor der HV im Internet zu veröffentlichen. Aufgrund des verschärften Insiderrechts bestehe die Gefahr, dass die Bereitschaft zu offener Kommunikation und damit auch zu einer breiten Veröffentlichung von Informationen im Internet abnehme. Hinzu komme das Problem des nicht klar definierbaren Begriffs der „Kursrelevanz“. Die BaFin habe die genaue Klärung des Begriffs der Praxis überlassen. Bungert führte zu der Problematik aus, man müsse nach der Art der Hauptversammlung unterscheiden. Die Informationen im Zusammenhang mit einer ordentlichen Hauptversammlung seien ganz überwiegend nicht kursrelevant. Bei Hauptversammlungen zu strukturändernden Maßnahmen müssten im Vorfeld bei Ankündigung der Maßnahmen ohnehin ad-hoc Mitteilungen erfolgen, so dass nur ein sehr kleiner Bereich übrig bleibe, in welchem eine Veröffentlichung nach § 131 Abs. 3 Nr. 8 bzw. 9 AktG-RefE Kursrelevanz haben könne. Noack pflichtete Altmeppen insofern bei, dass allein das von ihm aufgezeigte Szenario es durchaus zweifelhaft mache, ob im UMAG-Regierungsentwurf an den Regelungen der § 131 Abs. 6, Abs. 3 Nr. 9 AktG-RefE festgehalten werden wird, oder ob nicht vielmehr auf die Möglichkeit der Fragen und Antworten im Vorfeld und entsprechender Veröffentlichung auf der Homepage der Gesellschaft verzichtet werde.
III. Decher äußerte sich auch zu einer in den beiden Vorträgen ausgesparten Neuregelung des UMAG-Entwurfs, der Regelung des § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-RefE. Danach ist für die Geltendmachung von Informationspflichtverletzungen im Zusammenhang mit Bewertungsfragen nicht mehr die Anfechtungsklage statthaft, sondern diese sind in das Spruchverfahren verwiesen. Diese Regelung führe zu einer weiteren Entlastung der Hauptversammlung. Bei vielen Fragen handle es sich um Bewertungsfragen. Wenn diesbezüglich nun keine Anfechtungsmöglichkeit mehr bestehe, führe auch dies zu der erwünschten Entlastung der Hauptversammlung. Nach dem Wortlaut des Gesetzesentwurfs erstrecke sich die Neurege-
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II. Abteilung: Die UMAG-Hauptversammlung
lung aber auch auf im Vorfeld der Hauptversammlung erstattete schriftliche Berichte, d. h. schriftliche Auskünfte. Dies gehe seiner Auffassung nach zu weit. Bungert konnte sich gut vorstellen, dass im Regierungsentwurf eine diesbezügliche Beschränkung im Hinblick auf diese auch vom Handelsrechtsausschuss vorgetragene Kritik vorgenommen werde.
IV. Teichmann setze sich kritisch mit der Vision Noacks einer virtuellen Hauptversammlung auseinander. Die Katalysatorfunktion einer Hauptversammlung werde bei einer virtuellen Hauptversammlung aufgegeben. Wenn man tatsächlich die Hauptversammlung in die selbständigen Teilbereiche „Information“, „Kommunikation“ und „Beschlussfassung“ aufteile, sei zur Realisierung der einzelnen Elemente in der Tat kein bestimmter Tag in der Form eines Events erforderlich. Die Präsentation von Angesicht zu Angesicht habe aber vielfach eine ganz andere Wirkung als eine separate Abwicklung der einzelnen Teilbereiche durch elektronische Medien. Er verglich die Präsenz-Hauptversammlung mit einer mündlichen Prüfung im Staatsexamen, die zur Beurteilung der Leistung des Kandidaten unentbehrlich sei. Bei einer Präsenz-Hauptversammlung käme es jedenfalls eher nochmals zu einer erwünschten kritischen Überprüfung einzelner Entscheidungen durch den Vorstand. Priester ergänzte die Überlegungen zur Hauptversammlung der Zukunft dahingehend, dass in jedem Fall die Beteiligung eines Notars notwendig sei; dies dürfe auch bei einer virtuellen Hauptversammlung nicht aufgegeben werden. Diese Prämisse berücksichtigt auch ein Gesetzesvorschlag der Bundesnotarkammer aus dem Februar 2001 eines Gesetzes zur Öffnung der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft für den Einsatz Neuer Medien. Das Schlusswort zur „virtuellen Hauptversammlung“ gehörte Noack. Er konzedierte eine gewisse Läuterungsfunktion der Präsenz-Hauptversammlung für die Verwaltung, auf die nicht kurzfristig verzichtet werden könne. Denkbar sei erst einmal die Einführung einer Online-Teilnahme bei einer Präsenz-Hauptversammlung ohne Zwischenschaltung eines Stimmrechtsvertreters. Sodann könne man die Einführung einer virtuellen Hauptversammlung in die Disposition des Satzungsgebers stellen. Die gegenwärtige Hauptversammlung könne im internationalen Zusammenhang schwerlich überleben. Es handle sich letztlich um ein Zufallstreffen. Die Aktionärsdemographie einer Gesellschaft werde durch die Anwesenden auf einer Hauptversammlung nicht treffend widergespie-
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Lommatzsch – Bericht über die Diskussion
gelt. Angesichts der riesigen Zahl von Aktionären, von denen nur ein Bruchteil selbst erscheine, seien auch die Stimmungen an diesem Tage eher zufällig. Noack betonte, dass die Hauptversammlung als Organ der Aktionäre unverzichtbar sei. Im Rahmen der Corporate Governance einer Aktiengesellschaft sei die Hauptversammlung zwingend. Eine staatliche Intervention sei hier nicht möglich. Das Organ müsse aber neu aufgestellt werden. Der Kommunikations- und Entscheidungsprozess könne im Internet sachgerecht organisiert werden, wobei gegenüber der herkömmlichen Präsenz-HV eine weitaus höhere Teilnahmechance für die Aktionäre gegeben sei.
V. Exkurs Seit dem 17.11.2004 liegt der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vor. An dieser Stelle soll daher kurz dargestellt werden, inwiefern die in der Diskussion angesprochenen Regelungen des Referentenentwurfs im Regierungsentwurf beibehalten bzw. abgeändert wurden. Die Regelung des § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-RefE zur Beschränkung des Frage- und Rederechts findet sich nunmehr in § 131 Abs. 2 Satz 2 AktGRegE. Danach kann die Satzung oder die Geschäftsordnung gemäß § 129 den Versammlungsleiter ermächtigen, das Rede- und auch das Fragerecht des Aktionärs zeitlich angemessen zu beschränken und Näheres dazu zu bestimmen. Die Vorschrift des § 131 Abs. 3 Nr. 8 i. V. m. Abs. 6 AktG-RefE zu Vorabfragen und -antworten wurde in den RegE nicht übernommen. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass der Vorstand bereits nach geltendem Recht nicht daran gehindert ist, Vorabfragen zuzulassen. Wenn diese rechtzeitig eingereicht werden, könne sich der Vorstand nunmehr des Mechanismus des § 131 Abs. 3 Nr. 7 AktG-RegE (Auskunftsverweigerungsrecht, wenn Information sieben Tage auf der Internetseite der Gesellschaft durchgängig zugänglich war – entspricht weitestgehend § 131 Abs. 3 Nr. 8 AktG-RefE) bedienen, und Fragen vorab beantworten. § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG-RefE zur Verweisung von Bewertungsrügen im Zusammenhang mit Informationspflichtverletzungen in das Spruchverfahren wurde in den RegE mit minimalen Veränderungen übernommen. Der Begriff der „Angemessenheit von Leistungen“ wurde durch denjenigen der „Angemessenheit von Ausgleich“, ersetzt. Statt „sonstige Bewertungsfragen“ heißt es nunmehr „sonstige Kompensationen“.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue Strafrechtliche Rahmenbedingungen für unternehmerische Entscheidungen Prof. Dr. Erich Samson Bucerius Law School, Hamburg*
I. Einführung ................................ 109 II. Der Untreuetatbestand in Umrissen .................................. 110 III. Problemfelder ........................... 114 1. Untreue anstelle von Bankrott ................................. 114 2. Untreue und cash management ....................................... 117
3. Echtes und unechtes Sponsoring .............................. 4. Die übergangenen Probleme im Mannesmann-Verfahren .. a) Das Prinzip der Entscheidung des LG Düsseldorf .......................... b) Das Schadensproblem .......
118 122
122 123
IV. Analyse der Beispiele ................ 125
I. Einführung1 Die Unternehmensführung durch den voll haftenden Einzelkaufmann ist strafrechtlich nahezu unergiebig. Den Unternehmer treffen in Bezug auf sein eigenes im Unternehmen angesammeltes Vermögen keine Vermögenserhaltungspflichten, so dass auch die schlimmsten Missgriffe, die zur Vernichtung des Unternehmens führen, keine strafrechtlichen Konsequenzen haben. Anders ist das – und im Prinzip ganz zu Recht – dort, wo es um die Führung von Unternehmen geht, die sich im Eigentum nicht des Managers, sondern anderer Personen befinden, wobei es gleichgültig ist, ob es sich dabei um natürliche oder juristische Personen handelt. _______________
* 1
Lehrstuhl für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Grundlegend zur Gesamtproblematik neuerdings Ransiek, ZStW 116 (2004), 634 ff. Der Aufsatz konnte hier nicht mehr berücksichtigt werden.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
Dass der angestellte Manager, der das für ihn fremde Vermögen vorsätzlich verringert, nicht nur Schadensersatzansprüchen ausgesetzt ist, sondern sich auch wegen des Vermögensdelikts der Untreue strafbar machen kann, ist im Prinzip nicht zu beanstanden. Obgleich also das Prinzip strafrechtlicher Haftung in Fällen vorsätzlicher Verminderung fremden Vermögens auf keinen ernsthaften Widerspruch stoßen kann, ist doch die Einzelrealisierung dieses Prinzips jedenfalls insoweit gravierenden Bedenken ausgesetzt, wie die neuere Rechtsprechung bestimmte einzelne Problemfelder durch die Anwendung des Untreuetatbestandes besetzt hat. Es ist die Aufgabe dieser Darstellung, beispielhaft die wichtigsten Bereiche zu skizzieren und zu analysieren, in denen die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den Untreuetatbestand anwendet,. Zugleich soll dabei der Versuch unternommen werden, ein gemeinsames Prinzip aus den Fragwürdigkeiten jener Rechtsprechung abzuleiten und also im Folgenden nicht nur Aufklärung unter Wirtschafts- und Gesellschaftsrechtlern zu betreiben, sondern auch ein Stück Nachdenklichkeit in die Diskussion zu bringen. Dabei soll in folgenden Schritten vorgegangen werden. Unter II. wird zunächst der Umriss des Straftatbestandes der Untreue mit seinen wesentlichen Merkmalen skizziert. Sodann werden unter III. vier Problemfelder geschildert, die der Bundesgerichtshof mit Hilfe des Untreuetatbestandes strafrechtlich erfassen will. Unter IV. soll sodann eine kritische Analyse dieser Problemfelder vorgenommen werden, die freilich eher in skeptischen Fragen, als in Lösungsvorschlägen enden wird.
II. Der Untreuetatbestand in Umrissen Bekanntlich enthält § 266 StGB unter der Überschrift „Untreue“ in Wahrheit zwei verschiedene Tatbestände: Es findet sich dort einerseits der sog. Missbrauchstatbestand und andererseits der sog. Treubruchstatbestand. Während der Missbrauchstatbestand eine relativ komplizierte Tatbestandsarchitektur aufweist, ist der Treubruchstatbestand einfach konstruiert. Da der Missbrauchstatbestand jedenfalls nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lediglich einen Beispielsfall besonderer Art für den umfassenden Treubruchstatbestand darstellt, genügt es für
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen
die hier anzustellende Untersuchung, eine Skizze des Treubruchstatbestandes zu liefern. Der Tatbestand des Treubruchs ist deshalb einfach konstruiert, weil er nur aus drei Tatbestandsmerkmalen besteht. Der Täter des Treubruchstatbestandes muss einerseits Adressat einer Vermögensbetreuungspflicht sein, er muss andererseits diese Pflicht, fremde Vermögensinteressen zu betreuen, verletzen und schließlich muss er dadurch dem, dessen Vermögen er zu betreuen hat, einen Vermögensschaden zufügen. Da in den hier interessierenden Fällen der Unternehmensführung an den Vermögensbetreuungspflichten des leitenden Managers kein Zweifel bestehen kann, soll nicht auf die Frage eingegangen werden, unter welchen allgemeinen Voraussetzungen Vermögensbetreuungspflichten eine tatbestandsrelevante Bedeutung besitzen. Demgegenüber sind die beiden anderen Tatbestandsmerkmale, nämlich die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht einerseits und die Herbeiführung eines Vermögensschadens andererseits nicht unproblematisch, wobei die Probleme in Bezug auf diese beiden Tatbestandsmerkmale von sehr unterschiedlicher Natur sind. Denkt man sich im Folgenden als Leitfall denjenigen, in dem der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer Aktiengesellschaft, die unzweifelhaft Vermögensbetreuungspflichten zu Gunsten der juristischen Person treffen, ihre Pflichten verletzen und dadurch das Vermögen der juristischen Person (im Folgenden nur noch GmbH) mindern, dann liegt auf der Hand, dass ein allererstes Problem darin bestehen muss, die Detaillierung der Vermögensbetreuungspflicht zu leisten. Damit soll gesagt werden: Dass der GmbH-Geschäftsführer allgemein Adressat einer Pflicht ist, das Vermögen der GmbH nicht nur nicht zu verringern, sondern auch zu vermehren, ist trivial. Ob jedoch im Einzelfall bei einem möglichen Fehlverhalten dieses Geschäftsführers eine konkrete Einzelpflicht bestand und damit verletzt werden konnte, ist deshalb nicht leicht zu bestimmen, weil zu der Frage, welche Pflichten zu dem allumfassenden Pflichtenbündel der Vermögensbetreuungspflicht gehören, trefflich gestritten werden kann. Die Rechtsprechung wie auch die gesellschaftsrechtliche Literatur behauptet zwar immer wieder, für die Bestimmung der einzelnen Pflicht und ihres Umfanges sei allein das Gesellschaftsrecht zuständig.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
Mit dieser Aussage ist eine Trivialität und zugleich ein Missverständnis verbunden. Trivial ist die Erkenntnis, dass wegen der Einheit der Rechtsordnung strafrechtlich nicht verboten sein kann, was gesellschaftsrechtlich erlaubt ist. So trivial diese Erkenntnis ist, so wird sie doch derzeit nicht nur von Gesellschaftsrechtlern im Gewand eines Missverständnisses gehandelt. Dies besteht darin, das Gesellschaftsrecht mit den Gesellschaftsrechtlern zu verwechseln. Zwar ist die Aussage richtig, dass für das Strafrecht, und vor allem dem Untreuetatbestand, die gesellschaftsrechtlichen Pflichten des Geschäftsführers allein maßgeblich sind. Jedoch gilt keineswegs der Satz, dass dies auch zur Folge habe, dass die Auffassungen der Gesellschaftsrechtler für das Strafrecht verbindlich sind. Der Strafrechtler, und damit ist nicht nur der Theoretiker, sondern vor allem auch der praktisch arbeitende Staatsanwalt oder Strafrichter gemeint, ist gleichermaßen zur Auslegung des Gesellschaftsrechts berufen, wenn es um die Bestimmung gesellschaftsrechtlicher Pflichten bei Anwendung des Untreuestraftatbestandes geht. Sodann führt die Frage nach der Pflichtverletzung zu einem weiteren Problem, das vom Gesellschaftsrecht noch nicht in seinem vollen Umfang erkannt oder wenigstens hinreichend intensiv behandelt wurde. Es geht um Folgendes: Der angestellte Manager, der Entscheidungen trifft, geht dabei vielfach das Risiko ein, dass seine Entscheidung unrichtig und damit Ursache eines Vermögensverlustes der von ihm geführten Gesellschaft sein kann. Strafrechtlich bedeutet dies, dass für den Fall des negativen Ausgangs der Entscheidung eine Vermögensminderung bei der Gesellschaft und damit ein tatbestandsmäßiger Vermögensschaden eingetreten ist. Sodann lehrt ein Blick auf den subjektiven Tatbestand, dass im gesamten Vermögensstrafrecht der Eventualvorsatz genügt, was praktisch bedeutet, dass das ernsthafte und konkrete Fürmöglichhalten eines negativen Ausganges den Vorsatz in bezug auf das Tatbestandsmerkmal Schaden begründet. Dass darüber hinaus etwa eine Billigung oder ein Inkaufnehmen des Schadenseintrittes zu fordern wäre, ist eine Schimäre, die unter Juristen durchaus verbreitet ist, die aber keine hinreichenden Informationen über das Wirtschaftsstrafrecht besitzt. Es ist nämlich längst Praxis, jene einschränkenden Eventualvorsatzelemente des Billigens oder des Inkauf-
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen
nehmens zwar für den Bereich der Tötungsdelikte zu vertreten und zu fordern, jedoch im Wirtschaftsstrafrecht kommt es auf sie nicht an. Das bedeutet dann, dass die Frage nach der Tatbestandsmäßigkeit des Geschäftsführerverhaltens nur noch allein von der Pflichtverletzung abhängig ist. Nun ist die Versuchung groß zu behaupten, der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer Aktiengesellschaft verletze stets seine Vermögensbetreuungspflicht, wenn er sehenden Auges das Risiko einer Vermögensschädigung des geführten Unternehmens eingehe. Dass diese Auffassung unrichtig sein muss, ergibt schon die folgende einfache Überlegung: Wenn es zutreffend ist, dass nahezu jede unternehmerische Entscheidung auch das Risiko einer Vermögensminderung enthält, dann würde die hier skizzierte Auffassung zur Pflichtverletzung sich wie ein lähmender Mehltau auf unternehmerische Tätigkeiten legen und damit letztlich auch erfolgreiche Unternehmungen unmöglich machen. Wenn dies also nicht richtig sein kann, dann stellt sich die Frage, mit welchem rechtlichen Instrumentarium man die riskanten Unternehmen in solche sondern kann, die schon verboten sind und jene, die noch erlaubt sind. Das Strafrecht bietet dazu zwar das Instrument des „erlaubten Risikos“ an, bezeichnet damit aber nur das Problem, ohne es praktisch handhabbar zu lösen. Das Gesetz verwendet gelegentlich ähnliche Begriffe, indem es z. B. in § 283 StGB von einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise redet. Aber auch das ist nichts weiter als das Etikett für ein im Detail ungelöstes Problem2. Die folgenden Beispielsfälle werden die Relevanz der hier theoretisch und abstrakt angeschnittenen Fragestellung beweisen. Bevor auf diese speziellen Problemfelder eingegangen wird, soll aber noch auf einen Umstand von praktischer Relevanz hingewiesen werden. Wer in der Praxis Strafverteidigungen betreibt, der erlebt es immer wieder, dass der Manager, der mit dem Vorwurf der Untreue konfrontiert ist, diesem gegenüber völlig überrascht und fassungslos ist. Der Strafrechtler erlebt dabei nicht selten, dass selbst Anwälte, die mit dem Strafrecht sonst wenig zu tun haben und das Unternehmen wirtschaftsrechtlich _______________
2
Krause, Ordnungsgemäßes Wirtschaften und Erlaubtes Risiko, 1995.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
oder gesellschaftsrechtlich beraten, ebenfalls für den Untreuetatbestand kein „Gefühl“ haben. Der Grund dafür dürfte darin liegen, dass der Untreuetatbestand der einzige Tatbestand im Bereich der Vermögensdelikte ist, der keine eigennützige Motivation des Täters voraussetzt. Während Betrug, Erpressung und räuberische Erpressung die Bereicherungsabsicht zusätzlich zum Vorsatz fordern, Diebstahl, Raub und räuberischer Diebstahl Zueignungsabsicht voraussetzen, begnügt sich der subjektive Tatbestand der Untreue mit dem (Eventual-)Vorsatz der schädigenden Pflichtverletzung. Um die Problematik zu verdeutlichen: Wer es als Geschäftsführer einer GmbH wenige Tage vor dem Ende seines Anstellungsverhältnisses unterlässt, für die GmbH einen günstigen Vertrag zu schließen, durch den die GmbH die sichere Erwartung einer Vermögensmehrung realisieren könnte, erfüllt den Tatbestand der strafbaren Untreue, ohne dies überhaupt selbst zu verspüren. Und natürlich stellt sich auch hier die Frage nach der Pflichtverletzung, nämlich in dem Sinne, dass gefragt werden muss, zum Abschluss welcher günstigen Geschäfte denn die Pflicht zur Vermögensbetreuung nötigt. Diese Besonderheit des Untreuetatbestandes, dass die Strafbarkeit wegen Untreue beim Täter keine Bereicherungsabsicht voraussetzt, überrascht aber nicht nur typischerweise diejenigen, die wegen Untreue beschuldigt werden, sie dürfte auch den Ursprung dafür darstellen, dass jedenfalls ein Teil der Angeklagten im Mannesmann-Prozess gegenüber der Anklage in glaubhafter Weise vollständig verständnislos und entrüstet waren.
III. Problemfelder Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, hat in den letzten 20 Jahren dem Untreuetatbestand Anwendungsbereiche eröffnet, von denen zuvor noch nicht die Rede gewesen ist. Die folgende Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern soll nur Voraussetzung und Basis für die dann anschließend unter IV. erfolgende Analyse sein.
1. Untreue anstelle von Bankrott Wenn man das Verständnis für die folgenden Aspekte des Untreuetatbestandes vermitteln will, dann ist es leider erforderlich, zunächst ein wenig vom Insolvenzstrafrecht einführend zu erklären:
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen
Neben der in § 84 GmbHG strafbewehrten Pflicht zur Anmeldung des Insolvenzverfahrens in § 64 GmbHG stellt die wichtigste Strafnorm der Tatbestand des Bankrotts in § 283 StGB dar. In leichter Vereinfachung besteht der Bankrott-Tatbestand darin, dass zunächst zwei Voraussetzungen der Strafbarkeit vorliegen müssen, die mit der Tathandlung des Täters nicht unmittelbar etwas zu tun haben: Einerseits muss sich das Unternehmen im Zustande der Überschuldung, der Zahlungsunfähigkeit oder der drohenden Zahlungsunfähigkeit (im Folgenden: Krise) befinden. Dabei machen sämtliche dieser drei Merkmale der Krise in Theorie und Praxis erhebliche Schwierigkeiten, was daran liegt, dass insbesondere der Begriff der Überschuldung sich nicht als bilanzielle Überschuldung verstehen lässt, sondern sich aus einem Überschuldungsstatus ergibt, in dem ganz andere Werte einzusetzen sind, als in die Bilanz. Welche Werte das sind, ist insbesondere seit In-Kraft-Treten der Insolvenzordnung in hohem Maße umstritten und auch praktisch wenig handhabbar. Ähnliches gilt für den Begriff der Zahlungsunfähigkeit und dann naturgemäß genauso für den der drohenden Zahlungsunfähigkeit3. Sodann enthält der Tatbestand des Bankrotts in § 283 StGB eine sog. objektive Strafbarkeitsbedingung, was bedeutet, dass sich auf sie zwar der Vorsatz nicht erstrecken muss, jedoch die Strafbarkeit der Tat erst gegeben ist, wenn diese Strafbarkeitsbedingung erfüllt ist. Sie findet sich in § 283 Abs. 6 StGB und besteht darin, dass die Tat nur bestraft werden kann, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels Masse die Eröffnung abgelehnt worden ist. Wenn diese beiden Voraussetzungen vorliegen, dann enthält nun § 283 StGB in den Nummern 1–8 eine ganze Reihe einzelner Tathandlungsbeschreibungen, von denen hier nur die Nr. 1 skizziert werden soll. Sie besteht darin, dass der Täter des Bankrotts Vermögensgegenstände beiseite schaffen muss, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören würden. Unter Beiseiteschaffen versteht man die Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Lage eines Vermögensgegenstandes, die den Zugriff des Insolvenzverwalters auf diese Vermögensgegenstände erschwert oder unmöglich macht4. _______________
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S. dazu Bittmann, Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nach der Insolvenzordnung, wistra 1998, 321; 1999, 10. Stree/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 283 Rn. 4.
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Auch dieses Merkmal macht in der Praxis beträchtliche Probleme, da es nach ständiger Rechtsprechung nur dann gegeben ist, wenn diese Einwirkung auf den Vermögensgegenstand den Regeln des „erlaubten Risikos“ widerspricht5. Die Rechtsprechung des BGH hat nun jedoch in mehreren Entscheidungen für Fälle, in denen die Anwendbarkeit des Bankrott-Tatbestandes Probleme macht, die Anwendbarkeit des Untreuetatbestandes eröffnet und damit die Strafbarkeit gegenüber dem Bankrott-Tatbestand erheblich erweitert6. Es geht dabei um die folgenden Prinzipien: Stellt man sich zunächst den einfachen Fall vor, dass eine GmbH nur einen Gesellschafter hat, der zugleich Geschäftsführer ist. Hier wird von der Rechtsprechung grundsätzlich der Mantel, der um die GmbH wegen ihrer Eigenschaft als juristische Person gelegt ist, im Verhältnis zum Alleingesellschafter aufgehoben. Eingriffe des Gesellschafters in das Vermögen der GmbH stellen deshalb im Prinzip keine Fremdschädigung dar und erfüllen damit nicht den Untreuetatbestand. Für den Fall, dass der Gesellschafter nicht zugleich der Geschäftsführer ist und nun der Geschäftsführer die Schädigung des Vermögens der GmbH im Einverständnis mit dem Gesellschafter vornimmt, gilt nach dieser Rechtsprechung, dass zwar der Geschäftsführer die Schädigung fremden Vermögens herbeiführt, dass jedoch die Einwilligung des Gesellschafters in diese Schädigung die Pflicht modifiziert, so dass von Pflichtverletzung wegen der Einwilligung nicht mehr die Rede sein kann. Von diesem Grundsatz macht der BGH jedoch in zwei Fällen eine gravierende und wesentliche Ausnahme: Die erste Ausnahme betrifft die Situation, in der der Eingriff in das fremde Vermögen der Gesellschaft deren wirtschaftliches Eigenkapital unter die Grenze des garantierten Stammkapitals absenkt. Die Frage, ob dies geschehen ist, ist im Rahmen dieser Ausnahme allein nach bilanziellen Grundsätzen zu entscheiden. Darüber hinaus soll der Mantel um die GmbH nicht nur in diesem Fall des Angriffs auf das Stammkapital wieder aufleben, sondern auch dann, wenn zwar das Stammkapital unangetastet geblieben ist, jedoch der Ein_______________
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Stree/Heine, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 283 Rn. 4; sowie ausführlich Krause, aaO (Fn. 1); BGH, BGHSt 34, 310. BGHSt 34, 379; 35, 333; s. auch Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 266 Rn. 21 m. zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen.
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen
griff ins Vermögen der GmbH dieser diejenige Liquidität entzieht, die die GmbH für das zukünftige erfolgreiche Wirtschaften dringend benötigt. Die Auswirkungen dieser Rechtsprechung auf bankrottähnliche Fälle liegt auf der Hand. Die Strafbarkeit hängt bei vermögensmindernden Maßnahmen nun nicht mehr davon ab, ob im Sinne von § 283 StGB Überschuldung oder Zahlungsfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegen, die Strafbarkeit ist auch nicht mehr davon abhängig, ob das Insolvenzverfahren eröffnet oder seine Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist, all diese Erschwernisse des Bankrott-Tatbestandes sind überflüssig. Vielmehr greift stets § 266 StGB ein, wenn das Vermögen bilanziell zu einer Unterschreitung des Stammkapitals führt7. Nun gilt natürlich auch hier, dass die Frage der Pflichtverletzung durch den Aspekt des erlaubten Risikos korrigiert werden muss, da sonst jedes riskante Unternehmen, das die Gefahr eines Angriffs auf das Stammkapital enthält, mit Strafe bedroht wäre. Das aber macht die Angelegenheit nicht einfacher, da die Konturenlosigkeit des erlaubten Risikos hier wieder seine schlimme Konsequenzen zeitigt.
2. Untreue und cash management Nun hat die soeben geschilderte Rechtsprechung aber nicht nur Auswirkungen auf Fälle, bei denen wenigstens der Verdacht des Bankrotts im Raume steht, sondern Konsequenzen, die bisher kaum gesehen wurden und betriebswirtschaftlich vernünftig erscheinende Maßnahmen mit dem Risiko der Strafbarkeit belegen. Man stelle sich vor, dass die Mutter-GmbH sämtliche Anteile der TochterGmbH besitzt, dass die Mutter für eine wichtige Investition einen Kapitalbedarf in Millionenhöhe hat, den sie aus eigenen Mitteln nicht speisen kann, dass jedoch die Tochter freie Mittel in eben dieser Millionenhöhe auf den Konten liegen hat und sie diese Mittel nicht benötigt. Was diesem vereinfachten Fall als betriebswirtschaftlich vernünftig erscheint, dass nämlich die freien Mittel der Tochter der Mutter zur Verfügung gestellt werden können, ist strafrechtlich in hohem Maße gefährlich. Das liegt daran, dass in juristischer Hinsicht die Mittelhergabe von _______________
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Diese Rechtsprechung ist in der Literatur sehr umstritten, s. dazu die Nachweise bei Lenckner/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 266 Rn. 21 a. E.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
der Tochter an die Mutter nur dadurch geschehen kann, dass die Tochter der Mutter ein Darlehen gewährt. Dieses Darlehen ist naturgemäß nicht so gesichert, wie das unter fremden Dritten erforderlich wäre. Wenn das so ist, dann muss sich die Geschäftsführung der Mutter ebenso wie der Tochter überlegen, ob nicht in der Bilanz der Tochter wegen der Gefährdung des Darlehens eine Rückstellung oder eine Abwertung der Darlehensforderung um einen bestimmten Prozentsatz vorgenommen werden muss. Wenn das dann auch quantitativ geklärt ist, erhebt sich sofort die Frage, ob denn dadurch bilanziell das Eigenkapital unter die Grenze des Stammkapitals abgewertet wird. Sofern dies der Fall sein sollte, greift die erste Ausnahme der BGH-Rechtsprechung ein und es handelt sich um einen Fall der Verletzung der Pflicht fremde Vermögensinteressen zu wahren. Die Frage nach dem Schaden ist dann nicht mehr kompliziert, da die Abwertung der Darlehensforderung ja bereits deren Gefährdung signalisiert. Schadensgleiche Vermögensgefährdungen genügen für den Untreueerfolg. Aber selbst wenn ein Angriff auf das Stammkapital durch die Maßnahme des cash management nicht erfolgt ist, müssen sich die Beteiligten doch fragen, ob nicht durch die Darlehenshergabe der Tochter die für erfolgreiches Wirtschaften benötigte Liquidität entzogen wird. Die Ungenauigkeit dieser Formulierung verdeutlicht zugleich die damit verbundenen Gefahren. Nicht nur das Merkmal des erlaubten Risikos, sondern auch die Aussage über die dringend erforderliche Liquidität sind so vage und ungenau definiert, dass damit für den Betroffenen beträchtliche Risiken verbunden sind.
3. Echtes und unechtes Sponsoring Ein weiteres Beispiel für die Tücken und Fallstricke, die mit dem Untreuetatbestand für die Unternehmensführung verbunden sind, stellt der gesamte Bereich des Sponsoring dar. Dabei versteht der Bundesgerichtshof8 unter dem „klassischen Sponsoring“ die Vergabe von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Förderung von Personengruppen etc., die zugleich „eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit“ verfolgt9. _______________
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BGHSt 47, 187 ff. BGHSt 47, 193.
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen
Daneben soll es als zweiten Fall des Sponsoring die Spendenvergabe an gemeinnützige Organisationen „in der Regel ohne die Erwartung einer unmittelbaren Gegenleistung“ geben. Als dritte Form erkennt der BGH das „Mäzenatentum“, bei dem der Mäzen „regelmäßig keine Gegenleistung für seine Unterstützung verlangt“ und folglich darauf verzichtet, über „seine Förderung öffentlich zu sprechen“. Bereits diese Unterteilung ist von einiger Unklarheit, da nicht ersichtlich ist, wie der Fall 2 und der Fall 3 voneinander zu trennen sein sollte. Die BGH-Entscheidung im 47. Band versteht sich sehr wohl als eine Grundsatzentscheidung für den gesamten Bereich des sog. Sponsoring. Dabei wird vom BGH auf die Frage einer möglichen Vermögensverringerung – wie sich später zeigen wird – völlig zu Unrecht nicht ausführlich eingegangen. Die Überlegungen des BGH betreffen ausschließlich die Frage der Pflichtverletzung durch die Unternehmensführung bei der Vergabe von unentgeltlichen Zuwendungen. Der Bundesgerichtshof benötigt zunächst einen erheblichen Aufwand, um in wohlwollend klingenden blumigen Formulierungen den Sinn unentgeltlicher Zuwendungen für das Ansehen des Unternehmens ebenso zu betonen, wie den weiten Ermessensspielraum, den die Unternehmensleitung bei der Entscheidung für solche Zuwendungen besitze10. Sodann aber endet die juristische „Lyrik“ und beginnt die harte Welt der Definitionsversuche juristischer Art. Hier erklärt der BGH, dass – naturgemäß – jener der Unternehmensleitung zugestandene Ermessensspielraum keineswegs unbegrenzt sein könne, sondern dass die Überschreitung des Ermessensspielraums das Verdikt der Pflichtverletzung nach sich ziehen muss11. Auch dies wird man noch akzeptieren können, da dem Missbrauch sonst Tür und Tor geöffnet wäre. Nun aber beginnt der BGH mit dem Unternehmen, die Grenzen des Ermessensspielraums der Unternehmensleitung zu definieren. Dabei geht er so vor: Zunächst werden von ihm mehrere Kriterien genannt, aus denen sich der Vorwurf der Pflichtverletzung ableiten kann. _______________
10 BGHSt 47, 192. 11 BGHSt 47, 195.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
Sodann wird ausgeführt, dass nicht jede Pflichtverletzung, sondern nur eine schwerwiegende Pflichtverletzung, eine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 StGB ist. Zunächst zum ersten Aspekt der „puren“(?) Pflichtverletzung. Es soll dafür keine abschließende Definition, sondern einen Strauß von Indizien geben, auf die es in irgendeiner Weise ankomme. –
Einerseits soll maßgeblich sein, inwieweit „im Einzelfall Unternehmensinteressen verfolgt oder mit dem Geld der Gesellschaft ausschließlich Privatbelange gefördert werden“ (S. 196). Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Aspekten obliege grundsätzlich der Beurteilung des Vorstandes. Er dürfe zwar mit dem Geld der Gesellschaft auch seine eigene politische Überzeugung, private Liebhaberei für Kunst und Wissenschaft oder seine Begeisterung für eine bestimmte Sparte des Sports verfolgen. Sodann fährt der BGH fort12: „Hier gilt aber: Je loser die Verbindung zwischen dem Geförderten und dem Unternehmensgegenstand, desto enger ist der Handlungsspielraum des Vorstands und desto größer sind die Anforderungen an die interne Publizität. Bei unentgeltlichen, nicht erkennbar mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Zuwendungen an Dritte muss sich der Vorstand an dem möglichen Nutzen orientieren, dem ein solches Verhalten der sozialen Akzeptanz – dem „Standing“ – des Unternehmens in der allgemeinen oder auch nur der interessierten Öffentlichkeit sowie dem Ansehen der Unternehmensleitung bei der Belegschaft und dergleichen bringt.“
Dem aufmerksamen Leser dürfte nicht entgangen sein, dass an dieser Stelle eine Entscheidung darüber, wie die Förderung privater Belange von dem zulässigen Verhalten des Vorstandes abzugrenzen ist, nicht wirklich getroffen wird. Vielmehr weicht der BGH auf andere Aspekte aus. Diese nimmt er sodann beim nächsten Kriterium wieder auf. –
Es heißt unter dem Stichwort „Transparenz“ der Entscheidung13: „Bestehen bei bedeutsameren Zuwendungen Zweifel, ob sie im Interesse des Unternehmens liegen, oder erfüllt das einzelne Vorstandsmitglied damit seine ganz persönliche Vorliebe oder Interessen, so kann das betroffene Vorstandsmitglied die Entscheidung nicht allein treffen, auch wenn es nach der internen Geschäftsverteilung für die Vergabe von Fördermitteln zuständig wäre. Darüber hinaus ist der Vorstand – als Kehrseite seines Ermessensspielraums – gegenüber den anderen Gesellschaftsorganen zur Offenheit verpflichtet, um ihnen Kontroll- und Rügemöglichkeiten zu eröffnen für den Fall, dass ihrer
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12 BGHSt 47, 196. 13 BGHSt 47, 196.
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen Meinung nach Mittel der Gesellschaft ausschließlich für andere als durch den Gesellschaftsgegenstand vorgegebene Zwecke verwendet werden.“
Darf man aus diesen Formulierungen schließen, dass die Verfolgung rein privater und persönlicher Zwecke ohne jeglichen Bezug zum Unternehmensgegenstand oder die Unternehmensförderung dann keine Pflichtverletzungen darstellen, wenn sich sämtliche Vorstandsmitglieder als Anhänger desselben Sportvereins entlarven und Zuwendungen sinnloser Art in dieser Richtung vornehmen? Auch darauf bekommt man keine Antwort. –
Schließlich soll es auch darauf ankommen, ob das „Gebot der Angemessenheit“ eingehalten ist. Dazu wiederum der BGH wörtlich14: „Die korporative Freigiebigkeit muss sich insgesamt im Rahmen dessen halten, was nach Größenordnung und finanzieller Situation des Unternehmens als angemessen angesehen werden kann. Dafür bieten der Zuschnitt und die Ertragslage der Aktiengesellschaft wichtige Anhaltspunkte. Besondere Beurteilungsschwierigkeiten ergeben sich schließlich bei einer angespannten Finanzlage. Sowie es in Krisenzeiten nicht tunlich sein kann, den Werbeetat drastisch zu kürzen, wird man vom Vorstand in Verlustjahren weder ökonomisch noch juristisch verlangen können, auf Unternehmensspenden gänzlich zu verzichten. Allerdings ist bei dauerhafter oder längerfristiger Ertragsschwäche eine sorgfältige Prüfung der Spendenpraxis unter dem Gesichtspunkt des Unternehmensinteresses erforderlich.“
Auch hier bekommt der Rechtsanwender Steine statt Brot. Das Abgleiten der juristischen Begründung in die juristische Lyrik ist bezeichnend dafür, dass handfeste und in der Praxis umsetzbare Kriterien selbst nach dieser sich als Grundsatzentscheidung verstehenden Äußerung des BGH nicht wirklich existieren. Damit aber ist es noch nicht genug, sondern nun kommt auch noch hinzu, dass nicht jede derart vage und nebulös umrissene Pflichtwidrigkeit genügend ist, vielmehr muss diese Pflichtwidrigkeit auch noch eine „gravierende“ sein. Wann eine solche gravierende Pflichtverletzung vorliegt, beschreibt der BGH so15: „Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich auf Grund einer Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick _______________
14 BGHSt 47, 197. 15 BGHSt 47, 197.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.“
Jedenfalls dann, wenn sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, soll eine Pflichtverletzung im Sinne von § 266 StGB vorliegen. Man lasse sich die Pikanterie dieser modernen Form der Gesetzesinterpretation nicht entgehen. Auf der ersten Stufe wird die Pflichtverletzung angenommen, wenn in irgendeiner nebulösen Weise ein Zusammenklang von mehreren ebenfalls nebulös formulierten Anforderungen erfüllt ist. Auf der zweiten Stufe soll dann diese Pflichtverletzung nur strafrechtlich relevant sein, wenn sie gravierend ist. Gravierend soll sie aber dann sein, wenn jene unbestimmt definierten drei Einzelmerkmale auf Grund einer „wertenden Gesamtbetrachtung“ das Verdikt der Schwere der Pflichtverletzung abgeben. Es kann nicht ernsthaft behauptet werden, dass damit Nennenswertes an Klarheit gewonnen wäre. Dass sich damit dann auch schwerste Bedenken aus dem Prinzip der Tatbestandsbestimmtheit ergeben, das nach Art. 103 Abs. 2 GG immerhin Verfassungsrang hat, dürfte auf der Hand liegen. Wenn schon eine BGH-Entscheidung, die sich als Grundsatzentscheidung geriert, nicht in der Lage ist, einem zentralen Merkmal eines Straftatbestandes auch nur näherungsweise sichere Konturen zu geben, dann wird es auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht gelingen, die Verfassungsgemäßheit eines derart unbestimmten Gesetzes damit zu halten, dass die Rechtsprechung immerhin eine gesicherte Auslegungstradition entwickelt habe.
4. Die übergangenen Probleme im Mannesmann-Verfahren a) Das Prinzip der Entscheidung des LG Düsseldorf Die Langatmigkeit der Urteilsbegründung im Mannesmann-Verfahren kann nicht darüber hinweg täuschen, dass das LG Düsseldorf nichts weiter geleistet hat, als eine blumige Wiederholung der unbestimmten Merkmale der Pflichtverletzung auf der Basis der Rechtsprechung des BGH16. _______________
16 LG Düsseldorf, NJW 2004, 3275 ff.
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Die ganze Unsäglichkeit des Vorganges – wobei dies allein juristischmethodisch gemeint ist – ergibt sich daraus, dass das LG den Mut aufbringen musste, zwar nach den genannten Kriterien die Pflichtwidrigkeit auf der ersten Stufe zu bejahen, um sodann die erforderliche Schwere der Pflichtverletzung zu verneinen. Sieht man genau hin, dann gelingt dieser Purzelbaum dem LG nur deshalb, weil es auf der ersten Stufe nicht die Definitionsmerkmale des BGH zur einfachen Pflichtwidrigkeit anwendet, sondern sich damit begnügt immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Zuwendungen nicht dem Unternehmensinteresse gedient hätten17. Erst auf der zweiten Stufe, bei der es nach der Auffassung des BGH um die Schwere der Pflichtverletzung gehen soll, werden dann die genannten Elemente behandelt, die vom BGH auf der ersten Stufe geprüft werden18.
b) Das Schadensproblem Der Untreuetatbestand setzt in jedem Falle und tatsächlich den Eintritt eines Vermögensschadens voraus. Ohne diesen gibt es keine strafbare Untreue. Hält der pflichtverletzende Täter den Eintritt des Schadens für möglich, dann handelt es sich um einen Versuch, der jedoch vom Gesetz nicht mit Strafe bedroht ist. Aus diesem Grunde wäre es im Mannesmann-Verfahren nützlich gewesen über die Frage nachzudenken, ob das ganze Problem sich nicht dadurch löst, dass der Vermögensschaden problematisch ist. Dieses hat das LG jedoch nicht geprüft, sondern sich mit pauschalen Formulierungen von dem mangelnden Nutzen für das Unternehmen begnügt. Das ist aber auch nicht verwunderlich, da in Bezug auf den Vermögensschaden in juristischer Hinsicht schon einmal unklar ist, auf wessen Bewertung es bei der Frage ankommt, ob ein Vermögensschaden eingetreten ist. Bei Entscheidungen der Unternehmensleitung sind ja nicht nur bilanziell wirksame Aspekte zu berücksichtigen, vielmehr stellt bereits jede Entscheidung für die Werbung für ein Unternehmensprodukt das für die Werbung aufgewendete Vermögen ins Risiko. Ob jedoch der Aufwand für Werbung allein schon deswegen keine Vermögensschädigung darstellt, weil die dem Unternehmen zugeflossenen Werbemaßnahmen in Form _______________
17 LG Düsseldorf, NJW 2004, 3277 f. 18 LG Düsseldorf, NJW 2004, 3281.
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von Anzeigen oder Fernsehspots ihren bezahlten Preis auf dem Markt wert sind oder ob es darauf ankommt, ob die Werbeaktion pekuniär zu einem Ausgleich in der Kasse des Unternehmens geführt hat, ist bisher noch nicht Gegenstand rechtswissenschaftlicher Untersuchungen gewesen. Insoweit besteht schon ein strafrechtlicher Nachholbedarf, der unbedingt ausgeglichen werden müsste. Aber auch im Übrigen sind naturgemäß die Fragen der Vermögensschädigung dann in hohem Maße problematisch, wenn es um die vom BGH in der Entscheidung im 47. Band bezeichneten Sponsoring-Fälle geht. Kann man den Effekt von offenen Sponsoring-Maßnahmen für das Unternehmen in irgend einer Weise bewerten? Und wenn das nicht der Fall ist, wofür manches zu sprechen scheint, dann stellt sich die weitere wiederum juristische Frage, ob bei einer solchen Unmöglichkeit der Messung des Effekts in Geldwert überhaupt die Aufwendung als Herbeiführung eines Vermögensschadens bezeichnet werden kann. Immerhin gibt es Entscheidungen des BGH, in denen für den Fall beengter Märkte oder hochindividueller Leistungen ein Marktpreis nicht existiert, festgestellt wurde, dass dann die Behauptung eines Vermögensschadens unmöglich ist19. Neben diesen offenen Fragen des Vermögensschadens existiert nun aber auch eine weitere offene Flanke des Problems, die diesmal nicht das Strafrecht, sondern die Betriebswirtschaftslehre betrifft. Da derzeit noch eine spezielle Betriebswirtschaftslehre im Sinne eines Strafrechtsmanagements fehlt, existieren auch keine Untersuchungen darüber, wie man im Hinblick auf die strafrechtlichen Risiken, die aus § 266 StGB herrühren, sich aber auch aus vielen anderen Strafrechtsnormen ableiten lassen, die Unternehmensleitung durch rationale Entscheidungsregeln vor strafrechtlichen Risiken schützen kann. Was hier dringend erforderlich ist, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftsrechtler, Strafrechtlern und Wirtschaftswissenschaftlern.
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19 Das Problem stellt sich bei Submissionsabsprachen. S. dazu ausführlich Cramer, in: Schönke/Schröder, StGB, 26. Aufl. 2001, § 263 Rn. 137a.
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Samson – Strafrechtliche Rahmenbedingungen
IV. Analyse der Beispiele In praktischer Hinsicht können die Risiken, die sich für Unternehmensleiter, aber ebenso für ihre juristischen Berater, aus dem Untreuetatbestand ergeben, so zusammengefasst werden: 1. Die Kriterien, die bei einer Pflichtverletzung im Sinne von § 266 StGB vorliegen müssen, sind derart unpräzise und nebulös formuliert, dass daraus eine handlungsleitende Orientierung für den Unternehmer ebenso wenig abgeleitet werden kann, wie für seinen juristischen Berater. 2. Dass Entscheidungen des BGH in klaren und eindeutigen Fällen nicht zu beanstanden sind, kann nur denjenigen beruhigen, der die Entscheidungssituation des Unternehmers nicht hinreichend beachtet. 3. Ein weiteres eher psychologisches Problem besteht darin, dass der Unternehmer seine Entscheidungen ex ante auf unsicherer prognostischer Basis treffen muss, während der Richter faktisch ex post urteilt, dabei freilich aus Rechtsgründen aufgerufen ist, sich in die Lage des ex ante entscheidenden Unternehmers zu versetzen. Dass ihm dies nicht immer gelingt, sondern die Versuchung groß ist, nachträglich aus dem schlechten Ausgang des Unternehmens gewonnene Erkenntnisse zu berücksichtigen, ist nicht nur evident, sondern entspricht auch praktischer Erfahrung im Rahmen von Strafverteidigungen. 4. In theoretischer Hinsicht besteht ebenso wie aus praktischen Bedürfnissen ein erheblicher Nachholbedarf im Rahmen der Schadensdogmatik. Viele schwierige Zweifelsfragen des Untreuetatbestandes lassen sich dann entschärfen, wenn man einen vernünftigen Standpunkt zum Begriff des Vermögensschadens hat. Das setzt allerdings Zusammenarbeit der verschiedenen betroffenen Teildisziplinen des Rechtes und der Wirtschaftswissenschaften voraus. Ansätze dafür sind im Augenblick allerdings und leider noch nicht zu erkennen.
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„Sichere Häfen“ und Sanktionen gegen Unternehmen Dr. Jürgen Taschke Rechtsanwalt, Frankfurt am Main
I. Einleitung ................................. 127 II. Das gesicherte Terrain ............. 1. Die Leitungsaufgabe des Vorstands einer Aktiengesellschaft ..................................... 2. Die Akzessorietät des Strafrechts ..................................... 3. Schwerwiegende Pflichtverstöße ................................. 4. Kreditbewilligung ................. 5. Sponsoring .............................
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6. Zwischenergebnis ................. 7. GmbH- und Konzernuntreue ................................... a) GmbH-Untreue .................. b) Konzern-Untreue ............... 8. Zusammenfassung ................
135 136 136 137 139
III. Ausblick .................................... 139 1. Untreue durch die Begehung von Straftaten ........................ 139 2. Risiken für Unternehmen durch Verfall .......................... 139
I. Einleitung Unternehmerische Entscheidungen sind per se risikobehaftet. Realisieren sich die Risiken, ist der Ruf nach dem Staatsanwalt nicht weit. Die derzeit laufenden Verfahren – es seien beispielsweise das MannesmannVerfahren, die Ermittlungsverfahren gegen Vorstände der Philipp Holzmann AG, gegen Manager der Berliner Bankgesellschaft und gegen Manager der West LB genannt – könnten den Eindruck entstehen lassen, dass jede unternehmerische Fehlentscheidung oder auch nur Fehlentwicklung mit den Mitteln des Strafrechts – verbunden mit Durchsuchungen und Beschlagnahmen – untersucht und überprüft werden kann. Der Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB bietet sich mit seiner notorischen Unschärfe dazu gerade an1. 1954 hat der Strafrechtsprofessor Hellmuth Mayer formuliert: „Sofern nicht einer der gleichen alten Fälle _______________
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Zur möglichen Unbestimmtheit von § 266 StGB und den hiermit verbundenen Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Norm: Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 266 Rn. 5 mwN.
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der Untreue vorliegt, weiß kein Gericht und keine Anklagebehörde, ob § 266 StGB vorliegt oder nicht“2. Nach § 266 StGB macht sich strafbar, wer die ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht oder die ihm obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch einen Schaden verursacht. In vielen Fällen mag es streitig sein, wer überhaupt Treuepflichtiger ist. Bei den Organen juristischer Personen, also Vorständen von Aktiengesellschaften oder Geschäftsführern von GmbHs, ist das kein Thema: sie sind verpflichtet, die Interessen ihrer Gesellschaft wahrzunehmen3. (Ausnahme: wenn es das Eintrittsrecht ihnen gegenüber betrifft4 oder wenn es um ihre eigenen Vertragsangelegenheiten gegenüber der juristischen Person geht)5. Für die Erfüllung des Tatbestandes benötigt man dann nur noch eine Pflichtverletzung und einen Schaden in Form einer Vermögenseinbuße. Da unternehmerische Entscheidungen per se risikobehaftet sind6, kann man die einfache Rechnung aufmachen: Wenn ein Schaden eingetreten ist, muss auch eine Pflichtverletzung vorgelegen haben7. Mit dieser einfachen Logik hat man dann schon einen Anfangsverdacht, den eine Staatsanwaltschaft benötigt, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.8 Die damit verbundenen Aus_______________
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Materialien zur Strafrechtsreform, Band 1, 1954, S. 337; danach vielfach zitiert, beispielsweise bei Dierlamm, NStZ 1997, 534, 536 und Mosiek, wistra 2003, 370 (Fn. 12). Diese Verpflichtung zur Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen stellt das Gegenstück zu der in § 35 Abs. 1 GmbHG sowie § 78 Abs. 1 AktG normierten Vertretungsberechtigung der GmbH bzw. Aktiengesellschaft dar. Zu der Anwendung von § 266 Abs. 1 Alt. 1 StGB (Missbrauchsalternative) in den Fällen eines pflichtwidrigen Gebrauchs der Vertretungsbefugnis der GmbH bzw. Aktiengesellschaft im Außenverhältnis allgemein: Schünemann, in: Leipziger Kommentar (LK) zum StGB, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 50. BGH, NJW 1988, 2483. Vgl. etwa die Anklage im Mannesmann-Verfahren: Klaus Esser wurde in dem Verfahren nur wegen Beihilfe zur Untreue (§§ 266, 27 StGB) angeklagt. Zu der zwingenden Notwendigkeit, als Unternehmensvorstand im Wirtschaftsleben riskante Entscheidungen zu treffen: Schünemann, in: LK zum StGB, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 95 und Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 266 Rn. 44. Gegen eine solche Argumentation zu Recht daher Schünemann, in: LK zum StGB, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 95. Zu den vergleichsweise geringen Anforderungen an die Annahme eines Anfangsverdachts: Rieß, in: LK zur StPO, 25. Aufl. 2004, § 160 Rn. 18 und MeyerGoßner, StPO, 47. Aufl. 2004, § 160 Rn. 4.
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wirkungen – Imageschäden, Beeinträchtigung von Geschäftsbeziehungen, Verunsicherung von Mitarbeitern – sind erheblich9. In der Öffentlichkeit und in den Medien lassen sich nur einfache, nicht differenzierte Aussagen vermitteln. Dass ein Ermittlungsverfahren bereits bei einem geringen Verdacht eingeleitet werden kann und nicht erst dann, wenn die Staatsanwaltschaft von einem berechtigten Vorwurf ausgeht, lässt sich nicht in eine einzeilige Schlagzeile bringen. Der Hinweis, dass auch für die Medien bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gilt, lässt sich nicht in eine griffige Formulierung bringen10. Die journalistische Stellungnahme: „Es wird eng für diesen oder jenen Beschuldigten“ eignet sich hingegen bestens für eine Schlagzeile, mag sie auch inhaltlich völlig unsinnig sein, da erst nach Abschluss der Ermittlungen eine Entscheidung über die Einstellung oder Anklage zu treffen ist. Dieses Ermittlungsrisiko wird nicht geringer in einem Umfeld, in dem Staatsanwaltschaften bei spektakulären Unternehmenszusammenbrüchen zwingend schon von Amts wegen ein Verfahren einleiten müssen oder – wie im Mannesmann-Verfahren – nicht beteiligte Anzeigeerstatter das Verfahren bis zur Generalstaatsanwaltschaft bringen können11. Ist es also richtig zu sagen: Unternehmerische Entscheidungen sind per se risikobehaftet und damit per se auch ein Fall für das Strafrecht? Trotz der Weite des Tatbestandes des § 266 StGB lässt sich diese Rechnung so einfach nicht aufmachen. Der Bundesgerichtshof hat in den letzten Jahren eine Reihe bedeutsamer Entscheidungen getroffen, die ganz _______________
9 Insbesondere zur Gefahr von zu Unrecht verzögerten Einstellungen von Ermittlungen und den damit für den Beschuldigten in die Länge gezogenen Belastungen: Graalmann-Scheerer, in: LK zur StPO, 25. Aufl. 2004, § 170 Rn. 11 f. Zu den möglichen Schäden als Folge einer solchen Berichterstattung auch Wehner, FS Rieß, 2002, S. 821. 10 Es ist in der Lehre umstritten, ob die Unschuldsvermutung als verfassungsrechtlich abgesichertes Prinzip auch (mittelbare) Drittwirkung gegenüber Privaten (wie etwa Presseunternehmen, Reportern, usw.) aufweist, vgl. Rieß, in: LK zur StPO, 25. Aufl. 2004, Einl. Abschnitt I Rn. 81. 11 Nach den in der Presse zugänglichen Berichten hatte im Mannesmann-Verfahren die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft anfangs das Verfahren mangels „tatsächlicher Anhaltspunkte“ einstellen wollen. Auf eine Beschwerde der Stuttgarter Anwälte ordnete der Düsseldorfer Generalstaatsanwalt Lothar Sent weitere Ermittlungen an, die sodann zur Anklage führten. Allgemein zu den rechtlichen Aspekten dieses Verfahrens auch Schünemann, Organuntreue, 2004, und Rönnau/Hohn, NStZ 2004, 123 ff.
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erheblich zur Präzisierung und Eingrenzung des strafrechtlichen Risikos beigetragen haben12. Ich möchte nachfolgend zunächst auf das gesicherte Terrain eingehen, die Akzessorietät des Strafrechts und die Beispielsfälle Kreditbewilligung, Sponsoring sowie GmbH- und Konzernuntreue (nachstehend II.), daraus dann einige Schlussfolgerungen ziehen und im Anschluss daran auf die Frage eingehen, wo die unternehmerischen Risikofelder in der Zukunft liegen könnten (nachstehend III.).
II. Das gesicherte Terrain 1. Die Leitungsaufgabe des Vorstands einer Aktiengesellschaft Die Verhaltensanforderungen an eine Unternehmensführung bestimmen sich außerhalb strafrechtlicher Kontexte. Die Leitungsaufgabe des Vorstands wird nur durch rechtliche Vorgaben in Gesetz und Satzung, das Gesellschaftsinteresse und möglicherweise das Unternehmensinteresse inhaltlich eingegrenzt. Innerhalb dieser Grenzen übt der Vorstand gesellschaftsrechtlich die Leitungsfunktion im Unternehmen eigenverantwortlich aus, das heißt, dem Vorstand steht ein weites unternehmerisches Ermessen zu13. Dieses unternehmerische Ermessen ist kein freies Ermessen, sondern pflichtgebunden14. Pflichtgemäß ist es dann, wenn es – – – – –
von Verantwortungsbewusstsein getragen ist, sich ausschließlich am Unternehmenswohl ausrichtet, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlage beruht, die Risikobereitschaft nicht unverantwortlich überspannt und nicht aus anderen Gründen als pflichtwidrig gelten muss.
Der selbe Pflichtenkatalog gilt auch bei der GmbH.
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12 Die überwiegende Auffassung der Lehre erachtet daher § 266 StGB in seiner geltenden Fassung als nach den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts hinreichend bestimmt, vgl. Schünemann, in: LK zum StGB, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 32 f. mwN. 13 Mertens, in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rn. 10. 14 Zu den ermessensleitenden Gesichtspunkten des Vorstands einer Aktiengesellschaft: Mertens, in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 1996, § 76 Rn. 16 ff.
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2. Die Akzessorietät des Strafrechts Das Strafrecht ist akzessorisch zu diesen „vorgelagerten“ Rechtsgebieten15. Was aktienrechtlich in Ordnung ist, kann nicht strafrechtlich relevant sein. Was dem Geschäftsführer der GmbH nach § 43 GmbHG oder der Satzung erlaubt ist, kann nicht strafbar sein. Dabei geht immer die Perspektive des Gesellschaftsrechts vor. Das Strafrecht tritt nicht mit einer eigenen Beurteilung an die Beantwortung der Vorfragen aus anderen Rechtsgebieten heran. Es findet also gerade nicht die „Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken“ statt, so der Titel der Habilitationsschrift von Bruns im Jahre 193816. (Das gilt im Übrigen auch bei anderen Rechtsfragen. Die Umweltstraftatbestände des StGB sind beispielsweise strikt verwaltungsakzessorisch ausgestaltet17. Die steuerstrafrechtlichen Fragen sind akzessorisch zum Steuerrecht18.) Ob man dies die Akzessorietät des Strafrechts nennt (Lüderssen, Hassemer u. a.) oder von einer Zivilrechtsaffinität spricht19, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.
3. Schwerwiegende Pflichtverstöße Aus der Akzessorietät des Strafrechts folgt aber nicht, dass jeder zivilrechtliche, gesellschaftsrechtliche oder sonstige Verstoß eine Strafbarkeit wegen Untreue nach sich ziehen muss. Es kann im Strafrecht der Unternehmensführung heute als gesichert gelten, dass nur schwerwiegende Pflichtverstöße eine Strafbarkeit wegen Untreue begründen können20.
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15 Zur Akzessorietätsdebatte im Zusammenhang mit § 266 StGB ausführlich Schünemann, in: LK zum StGB, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 32 f. Vgl. auch Lüderssen, FS Hanack, 1999, S. 487 ff. 16 Bruns, Die Befreiung des Strafrechts vom zivilistischen Denken, 1938, insbesondere S. 51 ff. 17 Zur sog. Verwaltungsakzessorietät des Umweltstrafrechts etwa Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, vor § 324 Rn. 6 mwN. 18 Speziell zur Blankettnatur von § 370 AO als der zentralen strafrechtlichen Vorschrift der Steuerhinterziehungstatbestände: Klein/Gast-De Haan, AO, 8. Aufl. 2003, § 370 Rn. 5. 19 Vgl. Schünemann, in: LK zum StGB, 11. Aufl. 1998, § 266 Rn. 33 ff. und 68; Mosiek, wistra 2003, 370 ff. 20 Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 266 Rn. 45.
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Insofern besteht die Parallele zur zivilrechtlichen Haftung. Ein Vorstand haftet zivilrechtlich nur für die unternehmerisch absolut unvertretbaren Entscheidungen21. In Anbetracht der Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen Vorstände könnte, wie eingangs erwähnt, der Eindruck entstehen, eine schwerwiegende Pflichtverletzung im strafrechtlichen Sinne sei sehr schnell gegeben, jedenfalls sei es im Vorhinein nur sehr schwer zu beurteilen, ob ein Pflichtenverstoß gravierend sei und eine strafrechtliche Haftung nach sich ziehe22. Ich glaube, dass diese Befürchtung unbegründet ist. Es gibt eine Reihe von Leitentscheidungen, anhand derer eine Beurteilung des schwerwiegenden Pflichtenverstoßes erfolgen kann.
4. Kreditbewilligung Der Bundesgerichtshof hat sich in seinen Entscheidungen vom 6.4.200023 und 15.11.200124 mit der Frage befasst, wann in einer Kreditvergabe eine Untreue zu sehen ist. Ausgangspunkt war dabei, dass eine Kreditvergabe immer risikobehaftet ist25. Der Bundesgerichtshof verlangt deshalb eine sorgfältige Abwägung der Chancen und Risiken auf der Grundlage umfassender Information. Wörtlich führt der BGH aus: „Ist die Abwägung sorgfältig vorgenommen worden, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später Not leidend wird“26. Die „Grundlage umfassender Information“ ist für den Bundesgerichtshof die Einhaltung der Prüfungs- und Informationspflichten nach § 18 KWG, wobei er betont, dass nicht jede Pflichtverletzung zugleich eine strafrechtliche Untreue darstellt. In dem zu entscheidenden Fall27 hatte der Vorstand sich nicht den Jahresabschluss vor_______________
21 Zur Bedeutung des wirtschaftlichen Risikos für die Haftung von Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft: Mertens, in: Kölner Kommentar zum AktG, 2. Aufl. 1996, § 93 Rn. 48. 22 Kritisch zum einschränkenden Merkmal der Erheblichkeit der Pflichtverletzung (im Zusammenhang mit der Sponsoringentscheidung des BGH, BGHSt 47, 187 ff.) etwa Beckemper, NStZ 2002, 324, 326. 23 BGHSt 46, 30 ff. = NJW 2000, 2364 ff. 24 BGHSt 47, 148 ff. = NJW 2002, 1211 ff. 25 Zu dieser Problematik auch: Kiethe, WM 2003, 861 ff.; Knauer, NStZ 2002, 399 ff. 26 BGHSt 47, 148, 149. 27 BGHSt 46, 30 ff.
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legen lassen, sondern die Kreditentscheidung lediglich auf ein Schreiben des Steuerberaters gestützt. Das hat der BGH nicht als gravierende Pflichtverletzung bewertet. Der Bundesgerichtshof gibt dabei auch einen Katalog von tatsächlichen Anhaltspunkten, die darauf hindeuten können – nicht müssen –, dass die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen worden ist28. Der Bundesgerichtshof sieht eine möglicherweise nicht ausreichende Risikoprüfung als gegeben an, wenn – – –
– – –
die Informationspflichten vernachlässigt wurden; die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen; im Zusammenhang mit der Kreditgewährung unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen gemacht werden; die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten wurden; die Höchstkreditgrenzen überschritten wurden; die Entscheidungsträger eigennützig handelten.
In dem zweiten vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall29 hat der Bundesgerichtshof den Freispruch der Angeklagten aufgehoben und eine gravierende Pflichtverletzung deshalb bejaht, weil – – –
der Kreditnehmer erkennbar persönlich unzuverlässig war, die von der Steuerberaterin vorgelegte falsche Vermögensaufstellung nicht im Detail geprüft worden war, Zusatzkredite, beispielsweise über 15 Mio. DM, vom Vorstand teilweise in Eilbeschlüssen, teilweise zunächst „blanko“ und teilweise zur Rückführung von Überziehungen bewilligt worden waren. Nachdem das Kreditengagement auf insgesamt 82 Mio. DM angewachsen war, entschieden die Gremien der Sparkasse 1995, das Kreditengagement nicht weiter zu erhöhen. Der für das Firmenkundengeschäft zuständige Vorstand reichte gleichwohl weitere Kredite aus, in denen andere Personen zum Schein als Kreditnehmer auftraten.
Aus dem Urteil ergibt sich auch, dass der für die Kreditvergabe zuständige Vorstand offenbar Bauhandwerksleistungen des Kreditnehmers erhalten hatte. _______________
28 BGHSt 46, 30, 34. 29 BGHSt 47, 148 ff. = wistra 2002, 101 ff.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
Die Verstöße gegen die Prüfungspflichten sind gravierend; die Kreditvergaben verstießen zum Teil gegen die intern getroffenen Entscheidungen; im Zusammenhang mit der Kreditgewährung wurden unrichtige Angaben gemacht (Austausch des Kreditnehmers) und schließlich besaß der zuständige Vorstand nicht die erforderliche Entscheidungsbefugnis.
5. Sponsoring In der Sponsoringentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 6.12.200130 ging es – vereinfacht – um folgenden Sachverhalt: Angeklagt waren der Vorstandsvorsitzende einer landeseigenen Gesellschaft und der frühere Umwelt- und Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg, der zugleich Präsident des Sportvereins SSV Reutlingen war. In seiner Eigenschaft als Minister sollte er turnusgemäß Aufsichtsratsvorsitzender der landeseigenen Gesellschaft werden. Der Minister veranlasste den Vorstandsvorsitzenden zu mehreren Geldspenden an den SSV Reutlingen, wobei der Vorstandsvorsitzende wie folgt verfuhr: Er ließ von der Hauptkasse die Beträge auf die Sekretariatskasse überweisen, die nicht über die Hauptbuchhaltung lief. Über die Sekretariatskasse hob der Vorstandsvorsitzende das Geld in bar ab und übergab es in bar in einem Umschlag an seinen (späteren) Aufsichtsratsvorsitzenden. Bei der rechtlichen Würdigung geht der Bundesgerichtshof ausführlich auf die gesellschaftsrechtlich zulässigen Formen des Sponsoring ein31. Der Erfolg von Imagewerbung sei nicht kontrollierbar. Der Vorstand habe daher einen gerichtlich nicht überprüfbaren Ermessensspielraum, abgeleitet aus der Leitungsbefugnis des Vorstands32. Dieser nicht überprüfbare Ermessensspielraum findet seine äußere Grenze bei der Sorgfalt eines pflichtbewussten Unternehmers. Sodann folgen die Einschränkungen: Bei Zweifeln oder Vorlieben des einzelnen Vorstandsmitglieds – also hier auch wieder die ausdrückliche Erwähnung des eigenen Interesses – könne ein Vorstandsmitglied nicht allein entscheiden, und zwar auch dann nicht, wenn es nach der internen Geschäftsverteilung eigentlich zuständig wäre33. Die Verpflichtung zur Offenheit gegenüber den Gesellschaftsorganen folge aus der Gesamtverantwortung des Vorstands für die Geschäftsleitung und der nicht delegierbaren Pflicht des Vorstands zur _______________
30 BGHSt 47, 187, 192 ff. = NJW 2002, 1585 ff. Dazu auch Beckemper, NStZ 2002, 324 ff. und Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 266 Rn. 46c. 31 BGHSt 47, 187, 193 f. 32 BGHSt 47, 187, 195. 33 BGHSt 47, 187, 196.
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Selbstkontrolle. Nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung soll ausreichend sein, sondern sie muss gravierend sein. Für diese Beurteilung verlangt der Bundesgerichtshof eine Gesamtschau, insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien.34 Bedeutsam sind dabei nach seiner Auffassung folgende Aspekte: – – – –
Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt seien, liege eine gravierende Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor35. Die Sponsoringausgaben erfolgten im konkreten Fall verschleiernd. Die Zahlungen wurden nicht in der Hauptbuchhaltung verbucht und erfolgten verschleiernd über Barabhebungen in der Sekretariatskasse. Die anderen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder waren über die Zahlungen nicht informiert36.
6. Zwischenergebnis Aus den Entscheidungen zur Kreditvergabe und zum Sponsoring lässt sich der hohe Stellenwert eines formalisierten Verfahrens und insbesondere der Transparenz ableiten. Die Einhaltung des richtigen Verfahrens garantiert für den Bundesgerichtshof, dass eine umfassende Prüfung stattfindet und die Entscheidung auf der Grundlage einer umfassenden Sachverhaltskenntnis erfolgt. Man kann es wahrscheinlich auf die Kurzformel bringen: Wenn alle Sachverhaltsinformationen erhoben sind, eine nicht von eigenen Interessen geleistete Abwägung stattgefunden hat und die Entscheidung innerhalb der gegebenen Kompetenzen und ohne Täuschung Mitverantwortlicher stattgefunden hat, besteht kein Risiko eines strafrechtlich relevanten Verhaltens.
_______________
34 BGHSt 47, 187, 197 f. 35 BGHSt 47, 187, 197. 36 Vgl. BGHSt 47, 187, 199.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
7. GmbH- und Konzernuntreue Auch bei den früher sehr streitigen Fragen zur GmbH- und Konzernuntreue lässt sich heute auf einen gesicherten Bestand an Rechtsprechung blicken.
a) GmbH-Untreue In seiner Entscheidung vom 29.5.198737 hat der Bundesgerichtshof zunächst bekräftigt, dass Eingriffe in das Vermögen der Gesellschaft mit Zustimmung des Alleingesellschafters oder aller Gesellschafter zulässig sind, sofern dadurch nicht das Stammkapital im Sinne von § 30 GmbHG angegriffen wird. Auch ohne Angriff auf das Stammkapital hat der Bundesgerichtshof eine strafbare Untreue bejaht, wenn die Entnahme verschleiernd erfolgt, also unter Verstoß gegen die Buchhaltungspflichten38. Das bedeutete, dass beispielsweise eine mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgte verdeckte Gewinnausschüttung als strafbare Untreue hätte verfolgt werden können, und zwar auch dann, wenn das Stammkapital unangetastet blieb. Diese Entscheidung ist kritisiert worden; sie schränkt erheblich die Einwilligungsmöglichkeit ein und nimmt eine Verlagerung des Schutzzwecks des § 266 StGB vom Vermögensschutz auf den Gläubigerschutz vor39. In späteren Entscheidungen hat der Bundesgerichtshof diese Linie daher nicht mehr weiterverfolgt40 und klargestellt, einverständliche Entnahmen seien an sich erlaubt, solange kein rechtswidriger Nachteil für die GmbH entstehe41. Ausdrücklich erwähnt der Bundesgerichtshof, dass Falschbuchungen zum Zwecke der Steuerhinterziehung auch nicht zu einer Untreue führen. Der Bundesgerichtshof präzisiert: Ein solcher rechtswidriger Nachteil soll nur dann gegeben sein, wenn die Existenz der GmbH, ihre Liquidität oder besondere entgegenstehende Interessen der GmbH gefährdet sind42. Der BGH stellt dabei darauf ab, ob das Stammkapital entgegen § 30 GmbHG durch die Entnahmen bereits angegriffen worden ist43. Tragender Gedanke dieser Rechtsprechung ist dabei _______________
37 38 39 40 41 42 43
BGHSt 34, 379 ff. = NJW 1988, 1397 ff. BGHSt 34, 379 (LS lit. a). Gribbohm, ZGR 90, 1 ff.; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 266 Rn. 52. BGHSt 35, 333. BGHSt 35, 333, 335 f. BGHSt 35, 333, 337 f. BGHSt 35, 333, 338 f.
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die Überlegung, dass die juristische Person ein gegenüber dem Anteilseigner selbstständiges Vermögen hat, über welches die Gesellschafter nur nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften verfügen dürfen.
b) Konzern-Untreue Diese Rechtsprechung war Vorläufer der Bremer Vulkan-Entscheidung vom 13.5.200444. Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof sich grundsätzlich zu Fragen der Konzernuntreue äußern können45. Die Vorstandsmitglieder der beherrschenden Aktiengesellschaft sollen jedenfalls dann ihre Vermögensbetreuungspflicht gegenüber einer abhängigen GmbH verletzen, wenn deren Vermögenswerte in einem solchen Umfang ungesichert im Konzern angelegt werden, dass im Falle ihres Verlusts die Erfüllung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft oder deren Existenz gefährdet wäre (Leitsatz 2)46. Vereinfacht liegt der Entscheidung folgender Sachverhalt zugrunde47. Die Bremer Vulkan AG hatte von der Treuhandanstalt zwei als GmbH organisierte Ostwerften erworben und hierfür zweckgebundene Investitionsbeihilfen im dreistelligen Millionenbereich erhalten. 1994 wurden die GmbH-Töchter in ein konzernweites Cash-Management System einbezogen. Der Konzernvorstand veranlasste die Töchter, der Konzernspitze die freie Liquidität zur Verfügung zu stellen. 1996 wurde über das Vermögen der Bremer Vulkan AG das Konkursverfahren eröffnet. Die Bemühungen der Treuhandanstalt, die Investitionsbeihilfen zurückzuerlangen waren ebenso erfolglos wie die Versuche, die zur Verfügung gestellten Gelder nachträglich zu besichern. Das Landgericht Bremen hat die Vorstandsmitglieder der Konzernspitze wegen Untreue verurteilt und die Vermögensbetreuungspflicht aus den Erwerbsverträgen mit der Treuhandanstalt abgeleitet48. Dem ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt, mit der – wiederum sehr verkürzt wiedergegebenen – Begründung, dass gewährte Subventionen auf Seiten des Subventionsnehmers im Regelfall keine Vermögensbetreuungspflichten zu Gunsten des Subventionsgebers begründen können.
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44 45 46 47 48
BGH, NJW 2004, 2248 ff. Dazu Fleischer, NJW 2004, 2867 ff. Allgemein zur Konzernuntreue jetzt: Busch, Konzernuntreue, 2004. BGH, NJW 2004, 2248, 2248 f. Vgl. die Darstellung des Sachverhalts in BGH, NJW 2004, 2248, 2248 f. BGH, NJW 2004, 2248, 2249 f.
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Der Bundesgerichtshof hat die Untreuestrafbarkeit unter dem Gesichtspunkt eines existenzgefährdenden Eingriffs bejaht49. Ausgangspunkt des Bundesgerichtshofs ist dabei zunächst die Feststellung, dass mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter der Gesellschaft grundsätzlich Vermögenswerte entzogen werden können, weil die Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf ihren ungeschmälerten Bestand hat. Der Bundesgerichtshof nimmt dabei also eine sehr weitgehende Dispositionsbefugnis der Gesellschafter an. Allerdings gibt es, so der Bundesgerichtshof, einen Bereich, der einer Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist, weil Interessen anderer oder öffentliche Interessen betroffen sind. Den Gesellschaftern soll innerhalb wie außerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuss zustehen50. Der Bundesgerichtshof führt dazu aus: Das System der beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen und für das Recht der Kapitalgesellschaft aber grundlegenden Voraussetzung, dass das Gesellschaftsvermögen, das zur Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft zum Zwecke der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muss; insoweit ist das Gesellschaftsvermögen der an sich sehr weitgehenden Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen. Hieraus leitet der Bundesgerichtshof eine Vermögensbetreuungspflicht des beherrschenden Alleingesellschafters ab, wobei er offen lässt, ob diese Pflicht schon die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen betrifft oder nicht vielmehr nur die Schranke eigener Dispositionsfreiheit aufzeigt. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass die Errichtung des Cash-Management-Systems nicht an sich pflichtwidrig war und präzisiert, dass die Muttergesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht hat, die Rückzahlung der Gelder – etwa durch ausreichende Besicherung – zu gewährleisten, wenn der Vermögenstransfer ein solches Ausmaß erreicht, dass die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten des einlegenden Konzernmitglieds im Falle eines Verlustes der Gelder gefährdet ist. Die Konzernmutter „hat dann die wirtschaftlichen Eigeninteressen ihrer Tochtergesellschaft zu wahren“51. Das Bremer Vulkan-Urteil trägt stark zur Synchronisierung von Strafund Gesellschaftsrecht auf dem schwierigen Feld der Konzerninnenfinan_______________
49 BGH, NJW 2004, 2248, 2252 f. 50 BGH, NJW 2004, 2248, 2253. 51 BGH, NJW 2004, 2248, 2253.
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zierung bei52. Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung, da sie neben der zivilrechtlichen Rechtsprechung die strafrechtlichen Grenzen des Eingriffs des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen präzisiert.
8. Zusammenfassung Ich möchte diese kurze Analyse der Untreue-Rechtsprechung wie folgt zusammenfassen: Mit der als gesichert anzusehenden Rechtsprechung zur GmbH-Untreue bei Einverständnis aller Gesellschafter und mit der nunmehr vorliegenden Entscheidung „Bremer Vulkan“ lassen sich verlässliche Beurteilungen treffen, wann der Eingriff in das Vermögen der Tochtergesellschaft eine Untreue darstellen könnte.
III. Ausblick Wo werden die Untreuefelder in der Zukunft liegen? Prognosen sind schwierig. In der strafrechtlichen Diskussion, insbesondere der Rechtsprechung, zeichnen sich aber folgende Linien ab:
1. Untreue durch die Begehung von Straftaten Die Parteispenden-Fälle „Kohl“ und „Hessische CDU“ haben eine Diskussion in Gang gesetzt, ob ein Verstoß gegen das Parteiengesetz wegen der damit verbundenen Sanktionen gegen die Partei strafrechtlich eine Untreue sein kann53. In der Tat wird in der gesellschaftsrechtlichen Literatur vertreten, dass ein Vorstandsmitglied durch die Begehung einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat auch seine Organpflichten gegenüber der Gesellschaft verletze54. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen; eine gefestigte Rechtsprechung liegt nicht vor. Die weitere Entwicklung bleibt insoweit abzuwarten.
2. Risiken für Unternehmen durch Verfall Neuen Nährstoff könnte diese Diskussion vor dem Hintergrund neuerer Entscheidungen zum strafrechtlichen Verfall erhalten. Nach § 73 StGB _______________
52 Fleischer, NJW 2004, 2870. 53 Siehe Taschke, FS Lüderssen, 2002, S. 664; Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl. 2004, § 266 Rn. 70 und Rn. 46a und 46b. Umfassend zur Parteienuntreue jetzt Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005. 54 Siehe die Nachweise in Taschke, FS Lüderssen, 2002, S. 664 in Fn. 9.
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sind aus Straftaten erlangte Vorteile abzuschöpfen und für verfallen zu erklären. Nach § 73 Abs. 3 StGB gilt das auch, wenn der Täter für einen Anderen gehandelt und dieser dadurch etwas erlangt hat. Bisher haben Verfallsanordnungen in der Praxis im Wesentlichen bei Betäubungsmittelstraftaten eine Rolle gespielt. Bei Sanktionen gegen Unternehmen kam es nach meinen praktischen Erfahrungen zwar gelegentlich auch zu Verfallsanordnungen; der Regelfall war dies allerdings nicht. Dies könnte sich in der Zukunft ändern. In drei Entscheidungen aus dem Jahre 2002 und 200455 hat der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen des Verfalls bei unternehmensbezogenen Straftaten präzisiert. Zunächst einmal hat er die uneingeschränkte Geltung des Bruttoprinzips bestätigt. Das Bruttoprinzip besagt, dass das aus einer Straftat „Erlangte“ für verfallen erklärt wird. Bei der Teilnahme im Wirtschaftsverkehr ist das der gesamte Umsatz, ohne Abzug von Kosten auf Seiten des Unternehmens; lediglich die Steuer ist abzugsfähig. Mit den Verfallsanordnungen bringt der Bundesgerichtshof deutlich zum Ausdruck, dass hierarchisch organisierte Unternehmen Kontrollmechanismen zur Verhinderung von Straftaten errichten und auf deren Einhaltung achten sollen. Wenn bei Tatentdeckung lediglich der gezogene Gewinn abgeschöpft würde, wäre die Begehung der Straftat wirtschaftlich als risikolos anzusehen. Dem müsse mit dem Bruttoprinzip entgegengewirkt werden. Wörtlich führt der Bundesgerichtshof aus: „Nur so kann das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass sich derartige Geschäfte nicht lohnen, Aufwendungen hierzu nutzlos sind und dass es deshalb auch wirtschaftlicher ist, wirksame Kontrollmechanismen zur Verhinderung solcher Straftaten einzurichten“56.
Es ist damit zu rechnen, dass diese Entscheidungen zu einer verstärkten Anwendung der Verfallsvorschriften führen werden. Für unser Thema „Unternehmensführung und Untreue“ stellt sich in diesen Fällen – die Begehung von Straftaten durch Unternehmensangehörige – die Frage, ob in der Durchführung der (verbotenen) Geschäfte eine Untreue liegt, zunächst in Form einer Vermögensgefährdung, mit der Verfallsanordnung dann in Form eines endgültigen Schadenseintritts.
_______________
55 BGHSt 47, 369 ff. = NJW 2002, 3339 ff.; BGH, wistra 2004, 465 f. (dazu Sedemund, DB 2004, 2256 f.); BGH, NStZ-RR 2004, 214 f. 56 BGH, NStZ-RR 2004, 214, 215.
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Taschke – „Sichere Häfen“ und Sanktionen gegen Unternehmen
Da über die Verfallsanordnung nicht nur der Gewinn abgeschöpft wird, sondern der Bruttoumsatz, entsteht auch ein entsprechender Schaden bei der Aktiengesellschaft. Damit kommt der Einrichtung von Risikomanagementsystemen eine auch strafrechtlich nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Nach § 91 Abs. 2 AktG hat der Vorstand der Aktiengesellschaft geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden können. Sie alle kennen die Diskussion hierzu. Das betriebswirtschaftliche Verständnis ordnet das Risikomanagement in einem umfassenden Verständnis überwiegend dem Bereich Controlling zu, während die überwiegend im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vertretene Auffassung keine Verpflichtung zur Einführung eines mehr oder minder umfassenden Risikomanagements sieht; erforderlich ist danach allein, dass Maßnahmen zur Früherkennung bestandsgefährdender Risiken ergriffen werden müssen57. Auch wenn man § 91 Abs. 2 AktG restriktiv, und zwar im Sinne einer Bestandssicherungsverantwortung auslegt58, wäre es meines Erachtens zu weitgehend, den Pflichtenrahmen nach § 91 Abs. 2 AktG als treuhänderische Vermögenssorge anzusehen und die Möglichkeit einer Untreuestrafbarkeit zu bejahen. Ungeachtet dieser Einstufung dürften aber die Anforderungen in der Zukunft wachsen, durch geeignete Maßnahmen die Begehung von Straftaten im Unternehmen zu verhindern.
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57 Siehe Mosiek, wistra 2003, 371 ff. mwN Fn. 18 bis 24. 58 So das rechtswissenschaftliche Schrifttum, siehe vorstehend.
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Bericht über die Diskussion der Referate Samson und Taschke Rechtsanwalt Dr. Marc Langrock Wissenschaftlicher Assistent, Bucerius Law School, Hamburg
I. Angesichts der Tatsache, dass die Referate von Samson und Taschke insoweit zu einem unterschiedlichen Fazit gelangten, als Taschke die gesellschaftsrechtlichen Implikationen in Bezug auf § 266 StGB als „gesichertes Terrain“ erachtete, während Samson demgegenüber von erheblichen rechtlichen Unsicherheiten sprach, schloss sich den Vorträgen erwartungsgemäß eine lebhafte und kontrovers geführte Diskussion an, die unter der Leitung von Hommelhoff stand. Zunächst gingen die Referenten im direkten Anschluss an die jeweiligen Wortmeldungen auf die Diskussionsbeiträge ein. Im weiteren Verlauf wurden diese dann gesammelt und en bloc beantwortet. Aus Gründen der Übersichtlichkeit soll hier von der tatsächlichen Chronologie der Diskussion abgewichen und die Diskussionsbeiträge nebst der jeweiligen Antworten im Zusammenhang dargestellt werden.
II. Der erste Diskussionsbeitrag kam von Altmeppen, der darauf anspielte, dass Hommelhoff im Anschluss an die beiden Vorträge konstatierte, nun sei alles klar und einfach. Er selbst habe indessen den gegenteiligen Eindruck gewonnen. Dabei griff er die Bemerkung Taschkes auf, wonach das Strafrecht den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben zu folgen habe. Dies aber könnte nach Auffassung Altmeppens zu Wertungswidersprüchen führen. So habe Samson eindrucksvoll dargelegt, dass sich nach der Rechtsprechung des BGH jeder Geschäftsführer und Gesellschafter einer sog. „Ein-Mann-GmbH“ wegen Untreue strafbar mache, der aus dem gebundenen Stammkapital von 25000 Euro einen Betrag von 5000 Euro für private Zwecke entnehme, obwohl keinerlei Gläubigerinteressen beein-
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
trächtigt oder auch nur unmittelbar gefährdet seien. Er selbst werde nicht müde, in seiner Kommentierung zur Untreue bei einer GmbH immer wieder das Gegenteil zu vertreten. Freilich müsse der Betroffene den Betrag gem. §§ 30, 31 GmbH zurückzahlen. Strafbar sei er aber nicht. Demgegenüber sähe das Zivilrecht keinerlei Haftung vor, wenn die Verantwortlichen im Falle einer erheblichen Unterkapitalisierung der Gesellschaft gleichwohl noch riskante Geschäfte tätigten, womit im Gegensatz zur vorangegangenen Fallkonstellation eine ganz konkrete Gefährdung der Gläubiger einhergehe. Diesbezüglich warf er die Frage auf, ob nicht unter dem Gesichtspunkt der Gläubigergefährdung ein eklatanter Wertungswiderspruch entstehe. Samson schloss sich dem Befund Altmeppens an, wonach die Lage überhaupt nicht klar und eindeutig sei, und zwar insbesondere deshalb nicht, weil sie eben auch für denjenigen riskant sei, der materiell überhaupt keine Gefährdungslage zustande bringe. Insoweit widersprach Samson auch ausdrücklich der Auffassung Taschkes, wonach man sich angesichts der Rechtsprechung des BGH auf „gesichertem Terrain“ bewege. Samson hob hervor, dass die Lage ja nicht dadurch eine gute werde, dass anhand eindeutiger Fälle, in denen jedermann zur Annahme einer Untreue gelange, unklare Kriterien entwickelt würden. Die Lösbarkeit dieser unproblematischen Beispielsfälle sei noch kein Beleg für die Richtigkeit und Tauglichkeit der hieraus abgeleiteten Kriterien. Zweites stellte Samson in Frage, ob die Diagnose tatsächlich zutreffend sei, wonach die materielle Unterkapitalisierung strafrechtlich irrelevant sei. In diesem Zusammenhang verwies Samson auf den weiteren Beispielsfall, in dem zwar nicht das Stammkapital angegriffen, der GmbH aber die notwendige Liquidität entzogen werde. Drittens werde derjenige, der trotz der Krisensituation weiterhin Geschäfte tätige, sich wegen Betruges zu Lasten der in Vorleistung tretenden Lieferanten strafbar machen. Es sei der typische Fall, dass viele Insolvenzstrafverfahren mit einer Verurteilung wegen Betruges sowie wegen eines Verstoßes gegen § 266a StGB endeten. Taschke gab Altmeppen darin Recht, dass der BGH im ersten Fall des Angriffs auf das Stammkapital eine Untreue annähme und dass dieses Ergebnis durchaus diskussionswürdig sei. Er sei gerne bereit, hinsichtlich der gesamten BGH-Rechtsprechung zum Untreuetatbestand über die Grenzziehung und -verschiebung im Einzelnen zu streiten. Seine Aussage laute vielmehr so, dass jedenfalls eine verlässliche Richtschnur für den Geschäftsführer existiere, der immerhin wisse, dass er sich beim Griff in
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Langrock – Bericht über die Diskussion
die Kasse der GmbH nach Auffassung des BGH strafbar mache. Insoweit liege durchaus sicheres Terrain vor. Ob die Strafbarkeit auch tatsächlich sinnvoll sei, sei eine hiervon losgelöste Frage. Und im Hinblick auf den Fall der materiellen Unterkapitalisierung sei es in der Tat so, dass sich die Strafbarkeit dort über den Betrugstatbestand ergäbe. Hierzu stellte Altmeppen noch einmal ausdrücklich fest, dass aber keine zivilrechtliche Haftung nach dem GmbHG gegeben sei. Drygala griff die von Altmeppen diskutierten Beispiele auf und warf in Hinblick auf den ersten Fall, in dem ein Angriff auf das Stammkapital in Höhe von 5000 Euro vorgenommen werde, ohne dass es hierdurch zu einer Gefährdungslage komme, die Frage auf, ob sich hier nicht ein interessengerechtes Ergebnis auch dadurch erzielen ließe, dass der Eingriff nicht als schwerwiegend und die Pflichtverletzung mithin nicht als gravierend angesehen werde und ob der Umstand, dass hierdurch keine Existenzvernichtung der Gesellschaft möglich erscheine, in diesem Zusammenhang eine Rolle spiele. Daneben hob Drygala zunächst hervor, dass eine Untreue z. B. durch die Vornahme eines sog. „existenzvernichtenden Eingriffs“ verwirklicht werden könne oder etwa auch durch eine „schlechte Aufsicht“ durch den Aufsichtsrat. Dies führte ihn zu der Frage, ob eine Untreue auch durch Unterlassen verwirklicht werden könne, indem der Betroffene untätig bleibe, obwohl er die Gesellschaft durch vorangegangenes gefährliches Tun – wie z. B. durch die Vornahme hochriskanter Optionsgeschäfte – in eine bedrohliche Lage gebracht habe und nun vorhandene Möglichkeiten nicht ergreife, um das Unternehmen aus dieser selbst verursachten Krise wieder herauszuführen, beispielsweise durch das Nachschießen von Geld. Samson konstatierte, dass die Frage, ob der formale Angriff auf das Stammkapital auch denn, wenn damit keinerlei Gläubigergefährdungen verbunden seien, eine gravierende Pflichtverletzung darstelle, gänzlich ungeklärt sei. Das Problem bestehe darin, dass der BGH die Theorie von der gravierenden Pflichtverletzung nicht etwa generell formuliere, sondern ausdrücklicht bislang nur auf den „sponsoring-Fall“ bezogen habe. Ob auch in anderen Fällen, wie beispielsweise dem des formalen Angriffs auf das Stammkapital, überhaupt eine gravierende Pflichtverletzung erforderlich sei, und nicht etwa jedwede Pflichtverletzung ausreiche, sei seines Wissens nach überhaupt noch nicht entschieden. Dies sei ein weiterer Beleg für die bestehende Unklarheit der Rechtslage insgesamt. Die zweite Frage, ob eine Untreue auch durch Unterlassen begangen werden könne, ließe sich ganz einfach beantworten. So verlange § 266 StGB die
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Verletzung einer Vermögensbetreuungspflicht. Je nach dem, ob diese Pflicht nun auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung gerichtet sei, könne die Untreue dementsprechend durch Unterlassen oder Begehung verwirklicht werden. So könne man seine Vermögensbetreuungspflicht entweder dadurch verletzen, dass man eine schädigende Handlung vornähme, beispielsweise indem ein ungünstiger Vertrag abgeschlossen werde, oder aber, dass man eine vorteilhafte Handlung unterlasse, beispielsweise indem ein günstiger Vertrag aus reiner Boshaftigkeit nicht zum Abschluss gebracht werde. Existierte also eine Pflicht zum Nachschießen, dann stellte das diesbezügliche Unterlassen freilich eine Untreue dar. Ob aber eine solche Nachschusspflicht tatsächlich bestehe, sei nun eine Frage, die getrost an die Gesellschaftsrechtler zurückgegeben werden könne. Taschke erklärte zur ersten Frage, dass sich hier in der Tat darüber streiten ließe, ob der Vermögenseingriff bereits pflichtverletzend sei. Der Fall zeige, dass man stets Beispiele finden könne, die sich auf der Grundlage der Rechtsprechung sowie des zivilrechtlichen Diskussionsstandes nicht immer eindeutig beantworten ließen. Allerdings handle es sich hier um einen sehr akademischen Fall. Das Thema „Unternehmensführung und Untreue“ betreffe in der Praxis ja nicht die Fälle, in denen aus einer 25000-Euro-Gesellschaft 5000 Euro entnommen werden, sondern vielmehr solche, in denen es um unternehmerische Entscheidungen – wie z. B. in Bezug auf die Tätigung von Investitionen, Expansionen etc. – gehe und die deshalb gänzlich anders strukturiert und daher überhaupt nicht vergleichbar seien. Dies leite zu dem zweiten aufgeworfenen Aspekt über. Der Vorstand habe ja nach § 91 Abs. 2 AktG ein sog. „Risikomanagementsystem“ einzurichten. Diesbezüglich werde im Strafrecht in der Tat diskutiert, ob es eine gravierende Pflichtverletzung sei, wenn der Vorstand ein solches System nicht oder zumindest nicht richtig einrichte. In diesem Zusammenhang werde auch erörtert, ob sich der Aufsichtsrat wegen Untreue strafbar machen könne, wenn er den Vorstand diesbezüglich gewähren ließe. Solche Fälle, in denen eine Untreue durch Unterlassen vorliege, seien also denkbar. Den nächsten Beitrag zur Diskussion leistete Puszkajler, der sich als Vorsitzender Richter am OLG München vorstellte und erklärte, dass die Grenzlinie der Strafbarkeit nach seiner Auffassung klar umrissen sei. Eine Strafbarkeit sei nur dann gegeben, wenn das Gesellschaftsrecht zu dem Ergebnis komme, dass gegen Organpflichten verstoßen worden sei. Solange aber die Rechtswissenschaft beispielsweise nicht eindeutig defi-
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Langrock – Bericht über die Diskussion
niere, ob die materielle Unterkapitalisierung eine Pflichtwidrigkeit begründe, werde kein Strafrichter vorpreschen und dem Betroffenen vorwerfen, er habe dieses wissen und sich entsprechend verhalten müssen. Puszkajler hielt hier aber gleichwohl eine Bestrafung wegen Versuchs für denkbar. Der andere Fall aber, in dem der Geschäftsführer dem Stammkapital 5000 Euro entnehme, stelle indessen eine klare Untreue dar. Eine Rechtfertigung für die getätigte Entnahme sei nicht ersichtlich. Auch gebe der Tatbestand der Untreue nicht her, dass die Interessen von Gläubigern überhaupt benachteiligt sein müssten. Insoweit sei die Rechtslage eindeutig und es bestehe daher kein Grund zur Beunruhigung. Taschke äußerte seine Dankbarkeit für den Beitrag von Puszkajler, der – wie er selbst – aus der Praxis komme und der aufgezeigt hätte, dass die genannten Grenzfälle überhaupt gar nicht erst zur Anklage gelangten. Von der Strafjustiz seien letztlich nur die einfach strukturieren Fälle zu behandeln, wie beispielsweise diejenigen, die dem BGH bislang vorgelegen hätten. Im Anschluss daran ergriff Kort das Wort, der in seinem Diskussionsbeitrag auf das Mannesmann-Urteil einging. Dieses zeige nach seiner Auffassung, dass es entgegen der Auffassung von Taschke im Gesellschaftsrecht gerade kein „gesichertes Terrain“ gebe. So habe das Gericht auf § 87 AktG abgestellt und hierzu mehr oder weniger das Dogma herausgegeben, dass Vorstandsvergütungen eine Anreizfunktion haben müssten. In Bezug auf § 87 AktG sei gesellschaftsrechtlich aber nur gesichert, dass die Bezüge „angemessen“ zu sein hätten. Ob hieraus auch folge, dass jede Vorstandsvergütung eine Anreizfunktion haben müsse, werde im Gesellschaftsrecht derweil gerade breit diskutiert. Insoweit habe das Strafrecht hier dem Gesellschaftsrecht vorgegriffen und zwar letztlich mit der Konsequenz, dass Abfindungszahlungen künftig jedenfalls dann unmöglich würden, wenn ein Vorstandsmitglied sofort oder alsbald ausscheide. Dem schloss sich Samson ausdrücklich an. Auch Taschke erklärte, dass die Frage der Angemessenheit von Vorstandsvergütungen gesellschaftsrechtlich keineswegs gesichert sei. Vielmehr werde diese Frage in der Tat kontrovers diskutiert. Sollte das Gesellschaftsrecht zu dem Ergebnis kommen, dass Vorstandsvergütungen in der einen oder anderen Form zulässig seien, so sei das Strafrecht hieran freilich gebunden. Insoweit vertrete auch er den Vorrang des Gesellschaftsrechts, so dass zunächst die zivilrechtlichen Vorgaben und Kriterien für die Angemessenheit nach § 87 AktG zu entwickeln seien, die das Strafrecht dann zu übernehmen habe.
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III. Abteilung: Unternehmensführung und Untreue
Krieger warf die Frage auf, ob sich nicht jedenfalls im Bereich des Strafrechts viele Probleme über das Vorsatzerfordernis lösen ließen. Anders als in der zivilrechtlichen Haftung reiche für die Annahme einer strafbaren Untreue fahrlässiges Verhalten nicht aus. Ihn beschleiche aber das Gefühl, dass das Vorsatzerfordernis im Strafrecht nicht immer hinreichend ernsthaft berücksichtigt werde und man auch in solchen Fällen zu Verdächtigungen, Ermittlungen und eventuell sogar Verurteilungen gelangte, in denen de facto nur eine grobe Fahrlässigkeit vorgelegen habe. Samson stellte hierzu fest, dass es zu schön wäre, wenn Krieger damit Recht hätte. Leider sei es aber so, dass das Merkmal der „Pflichtwidrigkeit“ ein sog. „gesamttatbewertendes Tatbestandsmerkmal“ sei. Als solches sei es identisch mit dem Verbot selbst, so dass ein Irrtum über die Pflichtwidrigkeit kein Problem des Vorsatzes sei, sondern ein solches des Verbotsirrtums nach § 17 StGB. Hier gelte nun der Grundsatz, dass nur ein „unvermeidbarer“ Irrtum von Strafe und Schuld befreien könne. Wer also irrtumsbedingt glaubte, sein Verhalten sei gesellschaftsrechtlich nicht zu beanstanden, der ginge damit noch nicht straffrei aus. Das gelte erst dann, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Im Mannesmann-Urteil sei ein solcher unvermeidbarer Verbotsirrtum nur in Bezug auf die an Funk geleisteten Vergütungszahlungen angenommen worden. Taschke erachtete den Ansatz Kriegers als sehr interessant, denn er zeige auf, dass das Strafrecht sehr viel weitergehende Anforderungen aufstelle, als die zivilrechtliche Haftung. Denn nicht alles, was eine zivilrechtliche Haftung auslöse, erfülle bereits einen Straftatbestand. Insoweit werde noch eine zusätzliche Abgrenzung erkennbar. Interessanterweise gäbe es aber eine Stelle, an der das Strafrecht sehr viel weiter gehe als das Zivilrecht. Dort entstehe eine Haftung nur dann, wenn auch tatsächlich ein Schaden eingetreten sei. Demgegenüber lasse das Strafrecht bereits eine bloße Vermögensgefährdung für die Sanktionierung ausreichen. Taschke schloss sodann mit der Bemerkung, dass man heute im Strafrecht vor allem darunter leide, dass Strafverfahren eingeleitet werden, die unglaublich lange dauerten, ohne dass man aber zu greifbaren Ergebnissen gelangte. Der Strafjustiz mangle es insoweit an der notwendigen Entscheidungsfreudigkeit. Nicht selten drängten Staatsanwalt und Gericht gerade in aufwendigen Verfahren dazu, das Verfahren gegen Zahlung eines beachtlichen Geldbetrages einzustellen, anstatt die Streitfrage zu entscheiden. Der Angeklagte stimme dem freilich lieber zu, als sich der Tortour einer Hauptverhandlung von der Dauer eines halben Jahres oder länger auszusetzen, die ihn selbst sowie das Unternehmen in die Schlagzeilen
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Langrock – Bericht über die Diskussion
bringe. So habe das Mannesmann-Verfahren plastisch und eindrucksvoll aufgezeigt, was es bedeute, sich einer solchen Hauptverhandlung zu unterziehen. Hier entstehe auf Seiten des Angeklagten ein erhebliches Druckpotential. Infolge der daraus resultierenden Einstellungspraxis aber würden die Rechtfragen nicht entschieden. Dies aber sei für die Rechtsfortbildung unverzichtbar.
III. Hommelhoff schloss die Diskussion mit einem Dank an die Referenten. Die Diskussion habe gezeigt, dass hier ein gegenseitiger Gesprächsbedarf bestehe. Es sei allen Beteiligten, insbesondere dem Unternehmer, dem Staatsanwalt sowie dem Richter, nur zu wünschen, dass man bei dem Tatbestand der Untreue bald festeren Boden erreichen möge.
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht An Introduction to English Companies Richard Levitt, London
I. Types of Companies ................. 1. Private company limited by shares ..................................... 2. Private company limited by guarantee ............................... 3. Private unlimited companies 4. Public limited company (plc) 5. Notes .....................................
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II. How easy would it be to use an English company for a German business? ................................... 1. UK Tax .................................. 2. Officers .................................. 3. Registered Office ................... 4. Accounts ................................ 5. Registers and Records ........... 6. Forms and Filings .................. 7. Some Dangers ........................
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III. Company formation ................. 1. Requirements for formation . 2. Restrictions on use of names 3. Practicalities ..........................
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IV. Maintenance of Capital ........... 156 1. Uses of Different Reserves ... 156 2. Reducing Capital ................... 157 V. Corporate Procedures ............... 1. How to declare and pay a dividend ................................ 2. How to issue shares .............. 3. How to transfer shares ......... 4. How to redeem shares .......... 5. How to buy back shares off market (there is a separate
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procedure for on-market purchases by public companies) .................................. 6. How to approve the grant of financial assistance (private companies only) .... 7. How to merge two English companies ............................ 8. How to remove a director .. 9. Simplified corporate procedures (mainly for private companies which are wholly owned or have few shareholders) ................
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VI. Stamp duty and stamp duty reserve tax ............................... 161 VII. Directors .................................. 1. Who are the directors? ........ 2. Directors’ Common Law Duties .................................. 3. Enforcement of Common Law Duties .......................... 4. Wrongful Trading ................ 5. Some Additional Statutory Duties .................................. VIII. Shareholder liability and corporate veil .......................... 1. Shadow directorship? .......... 2. Liability for tort? ................. 3. Unlawful distributions ....... 4. Unfair prejudice .................. 5. Fraud or sham ......................
161 161 162 162 163 163 164 164 164 164 164 164
IX. Company Law Reform ............ 165
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
I. Types of Companies 1. Private company limited by shares Members’ liability is limited to the amount unpaid (if any) on shares they hold. Most common.
2. Private company limited by guarantee Members’ liability is limited to the amount they have agreed to contribute to the company’s assets if it is wound up (e.g. £1 each). Rare. Used for public interest or non-profit organisations where equity/ownership rights are considered inappropriate. Examples: British United Provident Association Limited; Network Rail Limited.
3. Private unlimited companies There is no limit on members’ liability. Not common, but used for some investment banks where, for regulatory reasons, it is helpful to have unlimited liability. Examples: Goldman Sachs International; Lehman Brothers International (Europe).
4. Public limited company (plc) The company’s securities may be offered for sale to the public and members’ liability is limited to the amount unpaid on shares held by them.
5. Notes: – – – –
The rules differ depending on the type of company Today we will focus on private limited companies (with little comment on plcs) Usually it is possible to convert (subject to limits in some cases) from one form of company to another UK limited liability partnerships (LLPs) are not companies but they also have separate legal personality. They are intended for use by professional partnerships seeking limited liability.
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Levitt – An Introduction to English Companies
II. How easy would it be to use an English company for a German business? 1. UK Tax If an English company is resident (effective management test) in Germany and is not resident in the UK (apart from deemed residence because of UK incorporation), then, under the tie-breaker provisions in the German-UK Double Tax Treaty, the company will be deemed to be resident only in Germany. The company will then not be subject to UK corporation tax and no UK tax returns need to be filed. However, UK stamp duty and stamp duty reserve tax still apply (see below).
2. Officers a) A private company limited by shares must have: – at least one shareholder – at least one director (who may also be the shareholder) – a company secretary (who cannot be a sole director) – an auditor (unless it is a „small company“ or a „dormant company“) b) Generally, no restrictions on who can be a shareholder, director or secretary (although some people may be disqualified from acting as directors – e.g. undischarged bankrupt). Small company: turnover not exceeding £5,600,000 and net assets not exceeding £ 2,800,000. Some exceptions for, e.g., parent companies etc. Dormant company: company which has had no significant accounting transactions during the relevant period. In practice, a company secretary should be familiar with administration of English companies. Can use outside professionals (e.g. Trusec Limited), but they depend on information they receive.
3. Registered Office a) Every English company must have a registered office in England or Wales. b) The registered office is used by Companies House for correspondence. It must be a valid postal address.
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
c) Company registers must be kept at the registered office and may be inspected there.
4. Accounts a) Every English limited company must file accounts annually with Companies House. b) The records filed with Companies House (including accounts) may be inspected by anyone. c) Accounts must be audited (except in the case of „small companies“ and „dormant companies“ which are exempt from audit) d) Requirements of accounts are detailed. Stricter accounting requirements apply to plcs. Lighter accounting requirements may apply depending on whether a company is a „medium-sized company“; a „small company“; or a „dormant company“.
5. Registers and Records a) An English company limited by shares must maintain the following registers: – register of members (must be kept at registered office, subject to limited exceptions) – register of directors and secretary (must be kept at registered office) – register of directors’ interests in shares or debentures (must be kept at same place as register of members) – register of charges (must be kept at registered office) b) Notes: (1) Computerised registers are permitted. (2) A company must also maintain accounting records and minute books (with minutes of directors’ meetings and shareholders’ meetings).
6. Forms and Filings Many different forms to be filed. Basic idea is that the public records at Companies House must contain an up to date record of the state of every English company. Examples (not complete): – –
many shareholder resolutions all changes to constitutional documents
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Levitt – An Introduction to English Companies
– – – – – – –
annual return (Form 393) change in directors’ and secretary’s details (including change in director’s address or other shareholdings (Forms 288 a/b/c)) change of accounting reference date (Form 225) change of registered office (Form 287) allotment of shares (Form 88(2)) increase in authorised share capital (Form 123) registrable security (Form 395)
7. Some Dangers Continuing ongoing English legal advice would be necessary to ensure that the Company complied with its legal obligations. a) There are strict maintenance of capital rules. Example: an intra-group transfer at an undervalue may be treated as a distribution. It would be an unlawful distribution if the requirements for a lawful distribution were not met. b) There are strict financial assistance rules. Common example: BigBank Investments Limited subscribes for shares in BigBank (Newco) Limited at € 100m. BigBank Investments Limited borrows € 100m from BigBank Treasury Services Limited, which handles all treasury matters for the BigBank group. BigBank (Newco) Limited has € 100m to invest and it lends this money to BigBank Treasury Services Limited. This investment decision may make sound commercial sense, but it would be unlawful financial assistance (criminal offence; validity affected). c) Shares must not be issued at a discount to their nominal value (but may be issued partly paid up). d) A subsidiary cannot hold shares in its English parent company (subject to some limited exceptions, e.g. for professional securities dealers). e) There are strict rules governing loans between a director and a company, with a wide class of connected persons. f) Registrable security created by an English company will be void for most purposes if a Form 395 is not filed within 21 days. g) Stamp duty and SDRT (discussed later).
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
III. Company formation 1. Requirements for formation – – – – –
memorandum of association – states company name, type, objects and authorised share capital articles of association – often short form adopting Table A of Companies Act 1985 details of initial directors, secretary and registered office statutory declaration as to compliance with requirements for formation PLCs only – minimum allotted capital of £ 50,000 at least 1/4 paid up
2. Restrictions on use of names – – –
names already used names likely to cause offence certain words restricted – e.g. British, European, International, insurance, group, holding, trust, society, institution
3. Practicalities – – – –
timing – same day registration possible costs – £ 20 or £ 80 registration fee process can be simplified by use of already formed shelf companies most shelf company providers will want, at least, Forms 288 signed by the proposed new directors
IV. Maintenance of Capital 1. Uses of Different Reserves a) Fundamental Rule: a company’s capital (share capital, share premium, capital redemption reserve, other non-distributable reserves) cannot be used to fund any return of value (distribution) to shareholders. Distributions can only be made out of distributable reserves. b) Distributable reserves: accumulated, realised profits less accumulated, realised losses.
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Levitt – An Introduction to English Companies
c) Distributable Reserves (mainly cumulative profit & loss account) can be used for: – dividends – redemption of shares – share buy backs – bonus issues d) Share Premium Account and Capital Redemption Reserve can be used for: – bonus issues
2. Reducing Capital How can an English limited company lawfully reduce capital? a) By converting into an unlimited company (private companies only) b) By redeeming/purchasing shares from capital under a special procedure (requires directors’ solvency declaration signed by every director; auditors’ report; advertisement to creditors/shareholders; waiting period – procedure usually takes 2–3 months) (private companies only) c) By a court approved process (court will require protection for creditors, such as a bank guarantee for the amount of capital being reduced).
V. Corporate Procedures 1. How to declare and pay a dividend a) Distributable reserves must be shown by the company’s accounts. Do most recent statutory accounts show enough distributable reserves? If not, but further profits have been earned, prepare a special set of accounts to show the current level of distributable reserves. b) Directors can approve payment of a dividend. This does not bind the company until the dividend is actually paid to shareholders. Often called an interim dividend. c) Shareholders can also approve payment of a dividend. A dividend so approved becomes a debt which the company is required to pay to shareholders. Often called a final dividend.
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
2. How to issue shares a) Does the company have enough authorised but unissued share capital? If not, increase the share capital by ordinary resolution (more than 50 % of votes cast at shareholders’ meeting). b) Does the company have a current authority to allot shares? An authority to allot may already exist or it may be set out in the company’s articles of association. If not, authority to allot must be given by ordinary resolution. c) Do pre-emption rights apply? There may be an existing disapplication of pre-emption rights or the articles of association may disapply preemption rights. If not, pre-emption rights may be disapplied by special resolution (75 % or more of votes cast at shareholders’ meeting). It is customary always to disapply pre-emption rights because the statutory pre-emption procedure is difficult to comply with. d) Do the shares need to be created with any special rights (e.g. redeemable preference shares)? If so, it is customary to set out the special rights in the articles of association. Articles of association are amended by special resolution. e) Board resolution to authorise the allotment and issue of shares. f) Consideration paid/provided. g) Register of members updated. h) Share certificates issued afterwards. i) Relevant forms and resolutions filed afterwards with Companies House.
3. How to transfer shares a) observe any requirements in articles of association b) transferor signs stock transfer form in favour of transferee c) transferee pays stamp duty to, and gets stock transfer form stamped by, Inland Revenue Stamp Office d) stamped stock transfer and share certificate provided to company e) company registers the transfer in its register of members and issues new share certificate(s)
4. How to redeem shares a) Shares can only be redeemed if they are issued as redeemable.
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Levitt – An Introduction to English Companies
b) Terms of redemption must be set out in articles of association. c) Redemption price must be funded out of distributable reserves (see dividends above) or (subject to limits) out of the proceeds of a fresh issue of shares made to fund the redemption. d) If insufficient distributable reserves, consider procedure for redeeming out of capital (see above). e) Nominal value of redeemed shares transferred from share capital account to capital redemption reserve. f) Redeemed shares are cancelled; register of members must be updated.
5. How to buy back shares off market (there is a separate procedure for on-market purchases by public companies) a) Authority must be given by special resolution and shares subject to buy back may not be voted. b) Terms of buy-back must be on display at company’s registered office for 15 days before shareholders’ meeting and at meeting. c) Buy-back price must be funded out of distributable reserves (see dividends above) or (subject to limits) out of the proceeds of a fresh issue of shares made to fund the buy-back. d) If insufficient distributable reserves, consider procedure for purchasing out of capital (see above). e) Nominal value of purchased shares transferred from share capital account to capital redemption reserve. f) Purchased shares are cancelled; register of members must be updated. g) Form 169 must be stamped and filed with Companies House.
6. How to approve the grant of financial assistance (private companies only) a) Financial assistance which reduces the net assets of a company can only be approved if it is funded by distributable reserves. Note that loans and guarantees will only reduce net assets if a provision needs to be made against them. b) Financial assistance must be approved by special resolution, unless the company is a wholly owned subsidiary. c) Each director must sign a solvency declaration.
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
d) The company’s auditors must report on the directors’ solvency declaration. e) The solvency declaration and auditors’ report must be filed with Companies House.
7. How to merge two English companies Sell or transfer the assets of the one company to the other. Afterwards, if desired, the „empty“ company can be wound up. There is no way to merge two English companies by forming a single company out of two existing companies.
8. How to remove a director If all else fails, any director may be removed by ordinary resolution under a statutory procedure in the Companies Act. There is a special 21 day notice requirement and the director may require a statement of his objections to be circulated to shareholders.
9. Simplified corporate procedures (mainly for private companies which are wholly owned or have few shareholders) a) A written resolution signed by all shareholders can be used in almost all circumstances where an ordinary resolution or a special resolution is required (except for an ordinary resolution to remove a director under the statutory procedure referred to above). b) A shareholders’ meeting can be called on short notice (no minimum) with the consent of shareholders holding 95 % in nominal value of the voting shares. c) Private companies may, by elective resolution (100 % of shareholders), elect to – dispense with annual general meetings and dispense with certain matters usually dealt with at AGMs (such as the re-appointment of auditors), – reduce the 95% short notice threshold to 90%, – allow an authority to allot shares to be given for an unlimited period.
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Levitt – An Introduction to English Companies
VI. Stamp duty and stamp duty reserve tax Stamp duty of 0,5 % applies to transfers of registered shares. No stamp duty payable on issue. Payable by purchaser. Share transfer may not be registered until stamp duty paid. One-off stamp duty charge of 1,5 % payable on issue of bearer shares. Relief available for intra-group transfers provided 75 % ownership threshold met. Relief barred in many cases by anti-avoidance provisions. Stamp duty of 1,5 % payable on transfer of shares to holder of depositary receipts or provider of clearance services. Transfers of depositary receipts or within clearance systems themselves not subject to stamp duty. Alternatively clearance services can opt to avoid the higher charge by opting to account for stamp duty reserve tax of 0,5 % within the system. This is the case with CREST, the system within which shares are traded on the London Stock Exchange Stamp duty payable on repurchases of shares, not on redemption.
VII. Directors 1. Who are the directors? a) Directors are appointed in accordance with articles of association. These may provide for appointment by shareholders and/or by the existing directors and/or by named persons etc. Flexibility is permitted. Each new director must sign a Form 288 in which he consents to act. This is filed with Companies House. Signing and filing a Form 288 is an obligation, but a failure to file does not invalidate a person’s appointment as a director. b) For many purposes (including liability for wrongful trading and disqualification), a de facto director will be treated as a director. A de facto director is someone who acts as if he is a director, although he has not been appointed as a director. c) For many purposes (including liability for wrongful trading and disqualification), a shadow director is also treated as a director. A shadow director is a person in accordance with whose directions or instructions the directors of a company are accustomed to act. There are some specific exceptions (loans; substantial property transactions) for holding companies.
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
2. Directors’ Common Law Duties a) From case law, two principal duties: – duty to act bona fide in the interests of a company – duty to exercise skill and care. b) What are the „interests of a company“: aa) When the company is solvent: interests of a company = the interests of its present and future shareholders generally (and, if there are different classes of shareholders, the directors should act fairly). bb) When the company is insolvent: interests of a company = the interests of its creditors (and there may be a transitional period where directors need to consider the interests of both shareholders and creditors). cc) additional soft statutory obligation to take account of the interests of a company’s employees, but has no real force and is largely ignored. c) What is the required standard of skill and care: – historically, the required standard was not very high – tendency in cases now to demand a higher standard than before – more like negligence – a higher standard may be expected of a director with particular skill (e.g. a lawyer or accountant).
3. Enforcement of Common Law Duties Traditionally, the common law duties of directors were difficult to enforce. There is a rule (Foss v Harbottle) that the duties of a director are owed to the company. Therefore it is for the company to sue a director who has breached his duty. Individual shareholders may not sue. Majority shareholders can stop the company from taking action against the directors. This rule is subject to limited exceptions, including „fraud on the minority“. An example of a „fraud on the minority“ is where the wrongdoer also holds the majority of the shares and can stop the company from taking action against himself. Much litigation about the extent of this exception. Generally, the courts did not favour minority shareholder claims.
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Levitt – An Introduction to English Companies
Therefore, a statutory remedy was created for shareholders who claim „unfair prejudice“. Courts were given very wide discretionary powers to intervene. Using these powers, courts often act like divorce courts for companies (typically small family companies) where relationships have broken down. Courts can restructure or wind up such companies in a way which is just and equitable to all concerned. They can also allow a shareholder to claim from a director in the name of the Company.
4. Wrongful Trading In addition to common law duties, directors have certain statutory duties. Most significant is under Section 214 Insolvency Act 1986 (wrongful trading). In summary, a director of a company facing the prospect of an insolvent liquidation must do all he reasonably can to minimise the loss to creditors. The court can order a director in breach of this duty to make a personal contribution to the assets of an insolvent company. Amount of contribution is in the court’s discretion. Section 214 is frequently used by liquidators. There is a real risk of personal liability for the directors of an insolvent company. The directors of a company whose solvency is doubtful should take professional legal and/or accounting advice with a view to ensuring that they do not become liable under Section 214. Resignation may not be the right option.
5. Some Additional Statutory Duties a) Substantial property transaction: a director (or a person connected with a director) can only buy/sell a substantial non-cash asset from/to a company with the approval of an ordinary resolution. Applies to non-cash asset with a value greater than £ 100,000 or 10 % of the company’s assets. Assets worth less than £ 2,000 are exempt. b) Loans and guarantees: rules are complex. Simplified: a company may not make a loan to a director (or a person connected with a director) nor may it guarantee or provide security in respect of such a loan. Exception for loans/guarantees to a director where the aggregate amount is no greater than £ 5,000.
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
VIII. Shareholder liability and corporate veil Generally, the corporate veil is respected. UK courts do not favour making shareholders liable. Bankruptcy consolidation is not a significant issue in the UK. Some exceptions:
1. Shadow directorship? Possible in theory but uncommon in practice. Fundamentally, a holding company is not liable for the debts of its subsidiary. Courts respect this. They have expressly rejected any „single economic entity“ approach to groups of companies. Each company has its own identity. Limited liability applies.
2. Liability for tort? A recent asbestos case has suggested that there might be circumstances in which a controlling shareholder owes a duty of care and so may be liable for the torts of a company. It remains to be seen whether this will become an established exception to the corporate veil.
3. Unlawful distributions A shareholder who receives an unlawful distribution knowingly or when he had reasonable grounds for believing it to be unlawful is liable to pay the company a sum equal to the value thereof.
4. Unfair prejudice As described above, there are divorce court type powers.
5. Fraud or sham Occasionally, where a company was used as a fraud or sham or device to evade a contractual or legal obligation, the corporate veil is ignored.
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Levitt – An Introduction to English Companies
IX. Company Law Reform Companies Act 1985 – is the current statute and the source of most UK company law. 1989 – the Companies Act 1989 updated and amended the Companies Act 1985. (Some parts of the updating never became effective.) 1990 onwards – numerous further amendments to 1985 Act have been implemented by secondary legislation. 2002 – Department of Trade and Industry (DTI) published over 200 draft clauses for a possible major new Companies Act. Too ambitious. Overtaken by other events. 2003 – ENRON/WorldCom caused the Companies (Audit, Investigation and Community Enterprise) Bill to be introduced. It is expected to pass into law this year. The Bill is partly intended to strengthen the independence of auditors, the enforcement of accounting and reporting requirements and the rights of auditors to receive information. 2004 – In May, the DTI publishes a revised Company Law review: (1) Some reforms are to be fast-tracked. Other reforms are to be dealt with in the future by delegating law-making power to secondary legislation. The reform process will therefore continue over time. The timetable is unclear. Changes could continue over a long period. (2) A principle of „Enlightened Shareholder Value“ is proposed – the aim is to require directors also to consider long term issues and wider interests (employees, environment, suppliers, customers). A more European approach? (3) A statutory code of directors’ duties is proposed, with reformed and codified rules on directors’ conflicts of interest. (4) It is proposed that minority shareholders will be given a statutory right to take action against directors on behalf of the Company. (5) Procedures for private companies will be simplified further. (6) Private companies will no longer need a secretary. (7) Capital maintenance rules are to be reformed and restrictions on financial assistance are to be removed for private companies.
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Bericht über die Diskussion des Referats Levitt Dr. Alexander Kiefner Rechtsanwalt, Frankfurt am Main
I. Die auf englisch geführte Diskussion des Referats von Richard Levitt stand unter der Leitung von Christian E. Decher, der die Aussprache – ganz im Sinne der zahlreichen Vertreter aus der beratenden Praxis – unter die Leitfrage stellte, welche Gründe aus Sicht der deutschen Beratungspraxis für und gegen die Verwendung einer englischen private company limited by shares („Ltd.“) mit effektivem Verwaltungssitz in Deutschland sprechen. Zahlreiche Fragen an Levitt griffen wichtige, teilweise bereits im Referat angesprochene Einzelaspekte des Rechts der englischen Ltd. nochmals auf und zielten darauf ab, die Unterschiede zum bzw. Gemeinsamkeiten mit dem deutschen GmbH-Recht weiter zu konturieren (II.). Einen weiteren Schwerpunkt der Diskussion bildeten Fragen mit eher rechtstatsächlichem Hintergrund, welche sich vor allem auf die administrative Handhabung einer Ltd. bezogen (III.).
II. Den Gegenstand mehrerer Fragen bildeten die für die Ltd. einschlägigen capital maintenance rules (Kapitalerhaltungsvorschriften) des englischen Gesellschaftsrechts. Vor dem Hintergrund, dass das Recht der Ltd. keine gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapitalisierung kennt, wurde die Frage aufgeworfen, ob und ggf. welchen Sorgfaltsanforderungen die directors im Hinblick auf die Kapitalaufbringung und -erhaltung unterliegen, wenn transactions under value (also Maßnahmen, die zu einer Verminderung des Gesellschaftsvermögens führen) im Raum stehen. Hieran knüpfte auch die Frage an, ob das Vorliegen einer fairness opinion einer Investmentbank geeignet sei, das Haftungsrisiko für die directors abzusenken. Levitt wies darauf hin, dass (solange kein conflict of interests besteht oder die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft zweifelhaft ist) eine Haftung
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
der Leitungsorganmitglieder nur in den eher seltenen Fällen in Betracht komme, in denen die directors evidentermaßen die duty of reasonable care verletzten, darüber hinaus aber kein gesonderter Sorgfaltsmaßstab zu beachten sei. Aus diesem Grund sei auch die Einholung einer fairness opinion eher die Ausnahme, wenngleich ein solches Vorgehen grundsätzlich geeignet sei, das Haftungsrisiko weiter zu minimieren. Allerdings könne eine transaction under value zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern oder zwischen zwei verbundenen Unternehmen als Ausschüttung zu behandeln und dann nur unter Einhaltung der Ausschüttungsregeln zulässig sein. Einen weiteren Schwerpunkt bildeten Fragen zum Gläubigerschutz in der Krise der Gesellschaft. So erkundigte sich ein Teilnehmer, ob auch das englische Gesellschaftsrecht in der Krise der Gesellschaft die Umqualifizierung von Gesellschafterdarlehen (einschl. sonstiger Finanzierungshilfen) in eigenkapitalersetzende Mittel kenne und den Abzug dieser Mittel untersage. Levitt führte aus, dass das englische Gesellschaftsrecht eine derartige Umqualifizierung nicht kenne und bei einer drohenden Insolvenz der Gesellschaft die Rechtsnatur von Fremdmitteln auch dann ungetastet bleibe, wenn diese von Gesellschaftern oder diesen nahestehenden Personen gewährt würden. Verbindlichkeiten aus Gesellschafterdarlehen würden daher in der Insolvenz grundsätzlich gleichrangig mit sonstigen Gesellschaftsverbindlichkeiten behandelt. Einschränkungen könnten allenfalls dann gelten, wenn das Gebot der Gleichbehandlung aller Gläubiger missachtet werde. Eine weitere Teilnehmerin erkundigte sich nach den im englischen Recht vorgesehenen Insolvenzgründen. Levitt wies darauf hin, dass es für die directors – sofern englisches Insolvenzverfahrensrecht überhaupt Anwendung findet – oft schwierig einzuschätzen sei, ob es im besten Interesse der Gläubiger liege, ein förmliches Insolvenzverfahren anzustrengen oder zuzuwarten. Das Konzept der Insolvenz nach englischem Recht basiere auf der Unfähigkeit die Verbindlichkeiten zu begleichen (inability to pay the debts), was im Grundsatz anzunehmen sei, wenn entweder das Aktivvermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr decke oder kein hinreichender cash flow zur Rückführung der Verbindlichkeiten vorhanden sei. Darüber hinaus könne auch jeder Gläubiger, dessen Verbindlichkeit in Höhe von mindestens £ 750,– von der Gesellschaft nicht befriedigt werde, bei Beachtung weiterer Voraussetzungen beim zuständigen Gericht die Zwangsabwicklung der Gesellschaft beantragen.
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Kiefner – Bericht über die Diskussion
Weitere Fragen bezogen sich auf die Insolvenzverschleppungshaftung nach Sec. 214 Insolvency Act 1986 (wrongful trading). Ein Teilnehmer aus der Wissenschaft erbat Auskunft darüber, ob auch die shadow directors vom Verbot des wrongful trading erfasst seien. Levitt bestätigte dies mit dem Hinweis, dass es sich auch soweit um zwingendes Gesetzesrecht handele, dem sich die shadow directors nicht durch entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrags entziehen könnten. In diesem Zusammenhang wies er auch darauf hin, dass nicht nur shadow directors, sondern auch solche Personen, die den Anschein erweckten, director zu sein (vergleichbar einem faktischen Geschäftsführer), vom Verbot des wrongful trading erfasst seien. Auf die Frage, bei welchem Gericht Haftungsansprüche der Gesellschaft wegen wrongful trading geltend gemacht werden müssten und ob dies auch bei einer Ltd. mit effektivem Verwaltungssitz in Deutschland ein englisches Gericht sein werde, entgegnete Levitt, dass für die Bestimmung der Zuständigkeit in aller Regel der tatsächliche Verwaltungssitz entscheidend sein werde, mithin bei einer Ltd. mit effektivem Sitz in Deutschland die deutschen Gerichte zur Entscheidung berufen seien. Gerichte des Vereinigten Königreichs würden seiner Einschätzung nach eine Zuständigkeit in solchen Fällen jedenfalls ablehnen. Bei Klagen in Deutschland sei es im Übrigen eine Frage des deutschen internationalen Privatrechts, ob an das Recht des Vereinigten Königreichs angeknüpft werde und ein nach englischem Recht bestehender Haftungsanspruch aus wrongful trading vor einem deutschen Gericht geltend gemacht werden könne. Ein Vertreter aus der Richterschaft stellte schließlich die Frage, ob nach dem Recht der Ltd. ein Gesellschafter, der zugleich auch das Amt eines director wahrnehme, bei der Beschlussfassung über seine Abberufung als director einem Stimmverbot unterliege. Levitt verneinte dies, wies jedoch darauf hin, dass im Gesellschaftsvertrag Regelungen über die Bestellung und Abberufung der directors getroffen werden können.
III. Vor dem Hintergrund des Fehlens einer gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitalisierung erkundigte sich ein Diskussionsteilnehmer nach der im Vereinigten Königreich üblichen Bankenpraxis im Zusammenhang mit der Gewährung von Krediten. Levitt bestätigte, dass das registered share capital insoweit regelmäßig eine sehr untergeordnete Rolle spiele und die Banken dem gezeichneten Eigenkapital nur eine geringe Bedeu-
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IV. Abteilung: EU-Gesellschaftsrecht
tung zumessen würden. Wesentlich wichtiger aus Bankensicht seien das Geschäft der Gesellschaft, die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten und die Fähigkeit zur Generierung ausreichender cash flows. Ein weiterer Teilnehmer erbat nähere Auskunft darüber, wie sich directors im Krisenfall unter Haftungsgesichtspunkten am besten verhalten sollten. Levitt wies darauf hin, dass vieles vom Einzelfall abhänge und es sich unter Umständen anbiete, im Zusammenwirken mit den Gesellschaftern und Kreditgebern eine Sanierung der Gesellschaft außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfahrens vorzunehmen. Bei der Abwägung der möglichen Vorgehensweisen könne das Haftungsrisiko wegen wrongful trading nicht außer Acht gelassen werden. Ein Vertreter aus der Richterschaft erkundigte sich nach den Kosten für den laufenden „rechtlichen“ Betrieb einer Ltd. und danach, ob für die Korrespondenz mit dem Companies House, dem englischen Äquivalent zum Handelsregister, eine bestimmte Sprache vorgeschrieben sei. Levitt verwies auf entsprechende Dienstleister, die auf die Verwaltung von Ltd.’s spezialisiert sind, und gab die jährlichen Gesamtkosten für eine „einfache“ Ltd. ohne größeren Geschäftsbetrieb mit einer geschätzten Größenordnung von bis zu € 1000,– an (exklusive Kosten für eine ggf. erforderliche Prüfung der Abschlüsse). Die Korrespondenz mit dem Companies House müsse in einer der Amtssprachen der Vereinigten Königreichs, also Englisch oder Walisisch, erfolgen. Ein weiterer Teilnehmer fragte nach den Rechnungslegungsverpflichtungen, denen eine Ltd. mit effektivem Verwaltungssitz in Deutschland nachkommen müsse. Levitt erläuterte, dass die Ltd. in vollem Umfang den handelsrechtlichen Bilanzierungs- und Prüfungsvorschriften des Vereinigten Königreichs unterworfen sei. Werde die Prüfung von einem ausländischen Wirtschaftsprüfer vorgenommen, sei deshalb insbesondere darauf zu achten, dass dieser auch im Vereinigten Königreich als auditor anerkannt werde. Zur handelsbilanziellen Behandlung nach deutschem Recht sowie zu Fragen der steuerrechtlichen Rechnungslegung äußerte sich Levitt nicht weiter. Aufgegriffen wurden von einem Teilnehmer aus den Reihen der Wissenschaft nochmals diejenigen Teile des Refererats von Levitt, in denen die umfangreichen administrativen Verpflichtungen geschildert sind, denen eine Ltd. nachkommen muss. Angesichts der referierten Rechtspflichten äußerte dieser Teilnehmer die Vermutung, dass gerade diejenigen deutschen Unternehmen, die aus Gründen vermeintlicher Kostenersparnis besonderes Interesse an der Ltd. hätten, wirtschaftlich zumeist nicht besonders potent seien und deshalb aus Kostengründen häufig auf die an
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Kiefner – Bericht über die Diskussion
sich dringend erforderliche kompetente rechtliche Begleitung verzichten dürften. Vor diesem Hintergrund stehe zu befürchten, dass insbesondere directors von Ltd.’s mit effektivem Verwaltungssitz außerhalb des angelsächsischen Rechtskreises oft ihren gesetzlichen Pflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen. Um seine Einschätzung der daraus resultierenden Risiken gebeten, entgegnete Levitt, dass angesichts der zahlreichen zu beachtenden Formalien davon ausgegangen werden müsse, dass bereits viele Ltd.’s mit effektivem Verwaltungssitz in England und Wales nicht allen Verpflichtungen gerecht würden. Häufig blieben kleinere Pflichtverstöße erfahrungsgemäß aber unsanktioniert. Allerdings gehe das Companies House gegen Verstöße gegen die Verpflichtung zur Einreichung des Jahresabschlusses vor. Überdies müssten bei gravierenden Pflichtverstößen gerade auch directors von Ltd.’s mit effektivem Verwaltungssitz im Ausland mit persönlichen Konsequenzen rechnen, insbesondere im Fall der Insolvenz. So könne etwa der Insolvenzverwalter Schadensersatzansprüche gegen directors wegen Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten gegenüber der Gesellschaft geltend machen; möglich sei auch, dass die betreffenden directors für amtsunfähig erklärt würden (disqualification) und somit auch bei anderen Gesellschaften nicht mehr zum director bestellt werden könnten. In extremen Ausnahmefällen bestehe bei fortwährender Verletzung von administrativen Verpflichtungen durch die Gesellschaft ferner auch die Möglichkeit einer Liquidierung von Amts wegen.
IV. Zum Abschluss der Diskussion dankte Decher dem Referenten sowie dem Auditorium für die lebhafte Diskussion, die – wie das Referat selbst schon – gezeigt habe, wie wichtig es inzwischen auch für deutsche Rechtsberater geworden sei, die Vor- und Nachteile einer Ltd. zu kennen, um seriösen Rechtsrat erteilen zu können.
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Stichwortverzeichnis Ad-hoc-Mitteilungen – Haftung für fehlerhafte 17 ff. – Kapitalmarktinformationen 17 – Prospekthaftung 18 Aktienoptionen – Aufsichtsratsmitglieder 12 ff. – „naked warrants“ 12 ff. Aktienoptionsprogramme 12 ff. – Aufsichtsratsmitglieder 12 ff., 30 ff. – bedingt unterlegtes Kapital 12 f. – Kreis der Bezugsberechtigten 13 ff. – „Mitglieder der Geschäftsführung“ 15 – „Organmitglieder“ 13 ff. – Wandel- und Optionsanleihen 15 f. – Wandelschuldverschreibung 17 – Zulässigkeit und Voraussetzungen 13 Aktionäre – Auskunftsrecht 43 – Teilhabe- und Mitwirkungsrechte 2 ff. Aktionärsforum – elektronischer Bundesanzeiger 48 Anfechtbarkeit – Auskunftsverweigerung in der Hauptversammlung 2 ff. – Hauptversammlungsbeschluss 1 f., 4, 30 Anfechtungsklage – Bestätigungsbeschluss 26 – UMAG-Hauptversammlungsbeschluss 86 ff.
Aufsichtsratsmitglieder – Aktienoptionsprogramme 12 ff. Auskunftspflichtverletzungen – Anfechtung 30 – Relevanz 3 ff. – Relevanzlehre 1 ff. – UMAG 86 ff. Auskunftsrecht – Aktionär 43 – Angemessenheitsschranke 46 – „Generaldebatte“ 45 – Informationsverweigerung 48 – Internetseite 47 f. – marginale Rechtsverletzung 4 – Verletzung 2 ff. – Versammlungsleiter 45 f. Bankrott – Insolvenzstrafrecht 114 f. – objektive Strafbarkeitsbedingung 115 – Überschuldung 115 – Zahlungsunfähigkeit 115 Bestätigungsbeschluss – Erst- oder Ausgangsbeschluss 26 f. – Hauptversammlung 26 ff. – Neuvornahme 26 – Nutzen und Grenzen 26 ff. Betrug 144 Bundesanzeiger – Aktionärsforum 48 – Publizität nach UMAG 98 ff. Capital maintenance rules (Kapitalerhaltung) 156 f., 167
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Stichwortverzeichnis
Cash-Management-System – Darlehen 117 – Konzern-Untreue 137 f. – Rückstellung 118 – Vermögensgefährdung 118 Companies House 170 Company – Company Law Reform 165 – corporate procedures 157 ff. – corporate veil 164 – directors 161 ff., 167 – English company for German business 153 ff. – formation 156 – maintenance of capital 156 f. – registered share capital 169 f. – shareholder liability 164 – stamp duty 161 – transactions under value 167 f. – types 152 ff. Company Law Reform 165 Conflict of interests 167 f. Corporate procedures 157 ff. Corporate veil 164 Deutscher Corporate Governance Kodex 55 f. Director 161 ff., 167 f. – disqualification 171 – remove a director 160 – shadow director 169 – Stimmverbot 169 Duty of reasonable care 168 Europäische Entwicklung – Konsultation der EU-Kommission 51 – Recht der Hauptversammlung 50 ff. – Subsidiaritätsprinzip 50
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– Transparenzrichtlinie 2004 51 „Gelatine“-Entscheidung 4 ff. Gläubigergefährdung 144 ff. GmbH-Untreue – rechtswidriger Nachteil 136 f. – Stammkapital 136 – verdeckte Gewinnausschüttung 136 Haftung für fehlerhafte Ad-hocMitteilungen – Anfangswahrscheinlichkeit 22 – Beweiserleichterung 21 – Beweisschwierigkeiten 19 – Kausalitätsnachweis 21 f. – Kausalzusammenhang 21 – Kursdifferenzschaden 20 f. – Nachweis des Anlegers 21 – negatives Interesse 19 f. – positive Anlagestimmung 21 f. – Schadloshaltung 19 f. – subjektive Voraussetzungen 19 – Verstoß gegen die guten Sitten 19 – Vorsatz 19 Hauptversammlung – Auskunftsrecht der Aktionäre 43 – Bestätigungsbeschluss 26 ff. – Deutscher Corporate Governance Kodex 55 f. – Entscheidungsbefugnis 5 – europäische Entwicklung 50 ff. – „Holzmüller“-Entscheidung 4 f. – Organisationsrecht 40 ff. – Präsenz 52, 57 – Schornsteinaktionäre 53 – Typologie 38 ff. – UMAG 37 ff., 59 ff.
Stichwortverzeichnis
Hauptversammlungsbeschluss – Anfechtbarkeit 4, 30 – Teilhabe- und Mitwirkungsrechte 2 ff. Hauptversammlungszuständigkeit – Ausgliederung 5, 7 – „Holzmüller“-Entscheidung 4 ff. – Schwellenwert 6 f., 10 – ungeschriebene 4 ff., 7, 10 „Holzmüller“-Entscheidung 4 ff. – Ausgliederung wichtiger Geschäftsfelder 4, 8 – Dreiviertel-Mehrheit 9 – Entscheidungsbefugnis der Hauptversammlung 4 – Mediatisierungseffekte 5, 10 – qualitative Aufgreifkriterien 5 – quantitative Aufgreifkriterien 5 f., 8 f. – Schwellenwert 6 f., 10 – Umstrukturierungsmaßnahmen 5, 8 „Infomatec“-Entscheidungen 17 ff., 22 ff. Informationspflichtverletzung 3 Informationsrechtsverletzung 2 KapInHaG 32 f. Kapitalerhaltung (capital maintenance rules) 156 f., 167 Kapitalmarktinformationen 16 KonTraG 45 f. Konzern-Untreue – abhängige GmbH 137 – Bremer Vulkan 137 f. – Cash-Management System 137 f. – existenzgefährdender Eingriff 138
– Investitionsbeihilfen 137 – Tochtergesellschaft 137 f. Maintenance of capital 156 f., 167 Manager – Untreue 109 f. Mannesmann-Verfahren 122 f., 148 ff. Mediatisierung – Mediatisierungseffekte 3 f. – strukturverändernde Organisationsakte 9 f. Nachweisberechtigung – Hinterlegungsbescheinigung 40 – „in Textform“ 42 – Stichtag (record date) 43, 63 ff. – Wertpapiersammelbank 40 ff. „Naked warrants“ 12 ff. NaStraG 53 Organisationsakte, strukturverändernde 11 Parteisspenden-Fälle 139 Private company limited by shares, Ltd. 167, 152 – auditor 170 – capital maintenance rules 156 f., 167 – Companies House 170 – effektiver Verwaltungssitz 169 – Eigenkapitalersatz 168 – Insolvenz 168 – Insolvenzverschleppungshaftung (wrongful trading) 163, 169 – Mindestkapitalisierung 169 f. – Rechnungslegung 170 – Wirtschaftsprüfer 170 Prospekthaftung 18
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Stichwortverzeichnis
Qualitative Aufgreifkriterien 5 Quantitative Aufgreifkriterien 5 f., 8 f. Record date 43, 63 ff. Rede- und Antragsrecht des Aktionärs 43 f. Regierungskommission Corporate Governance – Satzungsfreiheit für OnlineTeilnahme 54 Registered share capital 169 f. Relevanzlehre 1 ff. Risikomanagementsystem 146 Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten 23 ff. – Aufbringung des Stammkapitals 22 ff. – Vergleichsfähigkeit des Streitgegenstandes 24 Schwellenwerte 6 f., 10 Shareholder liability 164 Sponsoring 118 ff., 134 f. – echtes und unechtes 118 ff. – Ermessensspielraum 119 – unentgeltliche Zuwendung 119 – Verfassungsgemäßheit 122 – Vorstand 120 Stammkapital 23 ff., 144 Stamp duty 161 Teilhabe- und Mitwirkungsrechte – Aktionäre 2 ff. – Verstoß 2 Transactions under value 167 f. Transparenzrichtlinie – E-Mail 51
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UMAG 37 ff., 59 ff., 103 ff. – Aktionärskommunikation gemäß § 127a AktG-E 71 ff. – Anfechtungsklage 86ff. – Auskunftsrecht 75 ff., 86 ff., 103 ff. – Berechtigungsnachweis gemäß § 123 AktG-E 63 ff. – Einberufung gemäß § 123 AktG-E 62 ff. – europarechtliche Entwicklung 50 ff. – Freigabeverfahren gemäß § 246a AktG-E 49 f., 90 ff. – Fristenberechnung 69 f. – Funktion der Hauptverhandlung 106 f. – Gleichbehandlung des Rede- und Fragerechts 103 f. – Homepage 75 ff. – Insiderinformation 104 – „Kursrelevanz“ 105 – record date 63 ff. – Redezeitbeschränkung 81 ff., 104 – Regierungsentwurf 107 – Satzungsänderung 67 ff. – Satzungsautonomie 46 – Spruchverfahren 88 ff., 105 f. – Versammlungsleiter 46 – virtuelle Hauptversammlung 106 – Vorabveröffentlichung im Internet 104 Umhängungsfälle 8 Unterkapitalisierung 144 ff. Unternehmensführung – Untreue 146 Unternehmerische Entscheidungen 127 ff.
Stichwortverzeichnis
– Akzessorietät des Strafrechts 131 – GmbH-Untreue 136 f. – Konzern-Untreue 137 ff. – Kreditbewilligung 132 f., 135 – schwerwiegende Pflichtverstöße 131 f., 134 f. – Sponsoring 134 f. – unternehmerisches Ermessen 130 Untreue 110 ff., 136 ff., 144 ff. – Aufsichtsrat 146 – Bankrott 114 f. – Bereicherungsabsicht 114 – cash management 117 – Eigenkapital 116 – Einheit der Rechtsordnung 112 – Einverständnis 116 – erlaubtes Risiko 113, 117 – Eventualvorsatz 112 – Manager 109 f. – Missbrauchstatbestand 110 f. – Parteispenden-Fälle 139 – sponsoring 118 f. – Stammkapital 116 – Treuebruchstatbestand 110 f. – Unternehmensführung 109 ff.
– Verfall 139 ff. – Vermögensbetreuungspflicht 111 – Vermögensschaden 111 Verfahrensverstoß – Relevanz 2 ff. Verfall 139 ff. – Bruttoprinzip 140 – Risikomanagement 141 – Verfallsanordnungen 140 Vorstandsvergütung 147 – Aktienoptionen 12 ff., 30 ff. Wandel- und Optionsanleihen 15 f. Wertpapierrechtliche Legitimation – Aktiensperre 43 – Aktienurkunde 40 – Berechtigungsnachweis 41 – Hinterlegungsbescheinigung 40 ff. – Inhaberaktien 41 – Nachweisberechtigung 42 – Namensaktien 41 – Wertpapiersammelbank 40 ff. Wrongful trading 163, 169
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