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German Pages 340 Year 2023
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 342
Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen Zugleich ein Beitrag zur Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Von
Albrecht Thomas Huber
Duncker & Humblot · Berlin
ALBRECHT THOMAS HUBER
Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 342
Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen Zugleich ein Beitrag zur Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Von
Albrecht Thomas Huber
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2020 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D30 Alle Rechte vorbehalten © 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 978-3-428-18718-8 (Print) ISBN 978-3-428-58718-6 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2020/21 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Mein ganz herzlicher Dank gebührt meinem hoch geschätzten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Johannes Adolff, LL.M (Cambridge), der mich dazu ermuntert hat, eine praxisbezogene Arbeit mit einer theoretischen Verankerung im Gesellschaftsrecht bzw. Insolvenzrecht zu verfassen. Mit großem Interesse hat er mein Promotionsvorhaben während der gesamten Zeit begleitet und mit zahlreichen wertvollen Hinweisen gefördert. Für seine hervorragende Betreuung und den großen Freiraum, den er mir gewährte, bin ich ihm zu größtem Dank verpflichtet. Die Arbeit entstand nach meinem ersten Staatsexamen und in Teilen des Referendariates bei Hengeler Mueller in Frankfurt am Main, von dessen Team ich jede erdenkliche Unterstützung erfahren haben. Für viele anregende und erkenntnisreiche Gespräche in dieser Zeit danke ich Dr. Sebastian Bauer und Dr. Laurence O’Hara, MPP (Harvard) sowie für die Beantwortung praxisbezogener Fragen Dr. Andreas Hoger, LL.M. (Harvard) und Dr. Frank Burmeister, der mich in ganz besonderem Maße seit meinem ersten Praktikum gefördert hat. Ein großes Dankeschön gilt Maximilian Schröder für das Lesen des Manuskriptes. Für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens danke ich dem Zweitgutachter Herrn Professor Dr. Tobias Tröger, LL.M. (Harvard). Vor allem aber gilt mein tief empfundener Dank meiner Freundin Dr. Melina Kandziora für ihren Glauben an den Erfolg meines Dissertationsvorhabens und für die emotionale und uneingeschränkte Unterstützung in allen Phasen. Ohne sie wäre der Erfolg dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Auf ihre Hilfe wie auch die meiner Eltern Apollonia und Albrecht Huber konnte ich stets und in jeglicher Form zählen. Sie haben mich Zeit meines Lebens in jeder erdenklichen Hinsicht unterstützt, standen mir stets mit Rat und Tat zur Seite und haben mir insbesondere meine juristische Ausbildung ermöglicht, wofür ich ihnen aus tiefsten Herzen dankbar bin. Ihnen beiden ist diese Arbeit gewidmet. Hamburg/München, im August 2022
Albrecht Thomas Huber
Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Thematische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1. Teil Grundlagen der Untersuchung
31
1. Kapitel Struktur eines Private Equity Fonds und einer gehebelten Private Equity Transaktion 31 A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 B. Gesellschaftsrechtliche Struktur eines Private Equity Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 C. Transaktionsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . 44 D. Finanzierungsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . 50
2. Kapitel Relevanz von Gesellschafterdarlehen in den verschiedenen Phasen einer Private Equity Transaktion 62 A. Übernahme von Gesellschafterdarlehen beim Erwerb einer Zielgesellschaft . . . . . . 62 B. Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch einen Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft nach deren Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 C. Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch den Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft in der Betriebsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 D. Verkauf von Gesellschafterdarlehen in der Desinvestitionsphase . . . . . . . . . . . . . . . . 63 E. Rückführung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer Refinanzierung . . . . . . . 64
3. Kapitel Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen
64
A. Allgemeines Insolvenzrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
10
Inhaltsübersicht
B. Besonderes Insolvenzrisiko haftungsbeschränkter Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . 66 C. Gesondertes Insolvenzrisiko der Portfoliogesellschaft nach einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
2. Teil Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
74
1. Kapitel Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts 74 A. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 B. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
2. Kapitel Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
89
A. Arbeitshypothese als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B. Legitimationsgrundlage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 C. Legitimationsgrundlage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 D. Zusammenführung der Erklärungsansätze in der Literatur und eigene Stellungnahme 115
3. Kapitel Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz einer haftungsbeschränkten Gesellschaft
120
A. Nachrangigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 B. Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 C. Verhältnis von Nachrang (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) und Anfechtung (§ 135 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
4. Kapitel Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz 153 A. Rekapitulation: Erforderlichkeit eines Gläubigerschutzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . 154 B. Bestimmung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus – das Spannungsfeld zwischen Gläubigerschutz und Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter . . . . . . . . . 159 C. Überblick über das bestehende Gläubigerschutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 D. Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des bestehenden Gläubigerschutzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
Inhaltsübersicht
11
E. Aktuelles Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei haftungsbeschränkten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182
3. Teil Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion
188
1. Kapitel Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans bei Private Equity Transaktionen
189
A. Darlehen einzubeziehender mittelbarer Gesellschafter (Gleichordnungsfälle) . . . . . 192 B. Darlehen nicht einzubeziehender mittelbarer Gesellschafter (Zurechnungsfälle) . . . 209 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
2. Kapitel Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei der Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung
215
A. Übertragung der Gläubigerstellung durch eine Forderungsabtretung . . . . . . . . . . . . . 217 B. Ausscheiden aus der Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 C. Nachträgliche Erlangung der Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 D. Übertragung der Gläubiger- und Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
3. Kapitel Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz bei gehebelten Private Equity Transaktionen
274
A. Bestimmung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 B. Aktuelles Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei gehebelten Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 C. Verstärkung des Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D. Bewertung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
12
Inhaltsübersicht 4. Kapitel
Möglicher Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis bei Erwerb oder Verkauf einer Portfoliogesellschaft 296 A. Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 B. Gestaltungsvarianten aus der Transaktionspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 C. Vertragliche Gestaltungslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 D. Zusammenfassende Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Thesenartige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 A. Thematische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 B. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
1. Teil Grundlagen der Untersuchung
31
1. Kapitel Struktur eines Private Equity Fonds und einer gehebelten Private Equity Transaktion 31 A. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Private Equity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Der Begriff „Private Equity“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Der Begriff „Private Equity Fonds“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3. Private Equity Holding-Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 4. Private Equity Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Leveraged Buyout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 B. Gesellschaftsrechtliche Struktur eines Private Equity Fonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 C. Transaktionsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Konzept einer Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Verlauf einer Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Erwerbs- bzw. Akquisitionsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 2. Betriebsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3. Desinvestitionsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 D. Finanzierungsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . 50 I. Grundsatz der Finanzierungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 II. Finanzierungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Eigenkapitalfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Fremdkapitalfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3. Hybride Finanzierungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
14
Inhaltsverzeichnis 4. Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 a) Einordnung des Gesellschafterdarlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Gründe für die Gewährung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 aa) Verwässerungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 bb) Gesteigerte Ermöglichungsfunktion des Leverage-Effekts . . . . . . . . . . 55 cc) Steuerliche Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 III. Struktureller Nachrang der Fremdkapitalgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 IV. Überwindung des Nachrangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
2. Kapitel Relevanz von Gesellschafterdarlehen in den verschiedenen Phasen einer Private Equity Transaktion
62
A. Übernahme von Gesellschafterdarlehen beim Erwerb einer Zielgesellschaft . . . . . . 62 B. Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch einen Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft nach deren Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 C. Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch den Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft in der Betriebsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 D. Verkauf von Gesellschafterdarlehen in der Desinvestitionsphase . . . . . . . . . . . . . . . . 63 E. Rückführung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer Refinanzierung . . . . . . . 64
3. Kapitel Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen
64
A. Allgemeines Insolvenzrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 B. Besonderes Insolvenzrisiko haftungsbeschränkter Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . 66 C. Gesondertes Insolvenzrisiko der Portfoliogesellschaft nach einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Inhaltsverzeichnis
15
2. Teil Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
74
1. Kapitel Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts 74 A. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 I. Rechtsprechungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 1. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Novellenregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 2. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 B. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 I. Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 1. Nachrangregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 2. Anfechtungsregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 II. Unterschiede zwischen der Rechtslage vor und nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . 87
2. Kapitel Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts 89 A. Arbeitshypothese als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B. Legitimationsgrundlage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Rechtsprechung als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Die Finanzierungsfolgenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Begründungsansätze der Finanzierungsfolgenverantwortung . . . . . . . . . . . . . 94 2. Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 C. Legitimationsgrundlage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 I. Bedarf einer (neuen) Legitimationsgrundlage? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 II. Erklärungsansätze der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Kontinuitätslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Fortgeltung der Finanzierungsfolgenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
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Inhaltsverzeichnis bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Finanzierungszuständigkeit der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Diskontinuitätslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Doppelrolle des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Risikoübernahmeverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Missbrauch der Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Verfassungsrechtliche Aufhängung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 e) Vermutete nominelle Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 f) Die Ansicht Herwigs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Darstellung der Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 III. Haltung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
D. Zusammenführung der Erklärungsansätze in der Literatur und eigene Stellungnahme 115 I. Bedürfnis des Gesellschafterdarlehensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 II. Gesellschafter als alleiniger Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts . . . . . . 118 III. Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Darlehensforderungen und diesen gleichgestellten Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
3. Kapitel Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz einer haftungsbeschränkten Gesellschaft 120 A. Nachrangigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Wirkung des Nachrangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 III. Zwecke des gesetzlichen und vertraglich angeordneten Nachrangs . . . . . . . . . . . 122 IV. Verhältnis zwischen Nachrang und Durchsetzungssperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
Inhaltsverzeichnis
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B. Insolvenzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. Insolvenzanfechtung nach §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5, 129 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Wirtschaftlich-normative Betrachtungsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Allgemeine Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung (§ 129 InsO) . . . . . . . 128 3. Besondere Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung von Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 a) Gesellschafterdarlehen oder „darlehensgleiche“ Forderungen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Gesellschafterdarlehen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (1) Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (2) Wirtschaftlich dem Gesellschafterdarlehen vergleichbare Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (3) Einbeziehung des Dritten in das Gesellschafterdarlehensrecht . . . 134 (a) Gleichordnungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (b) Zurechnungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) „Darlehensgleiche“ Forderungen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Maßgeblicher Zeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (1) Herrschende Meinung vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (2) Herrschende Meinung nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (3) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Befriedigung des Rückführungsanspruchs (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) . . . . . 142 c) Zeitliche Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4. Rechtsfolgennorm: Zurückgewährung an die Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . 142 a) Ausgangspunkt des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Mehrpersonenverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Schrifttum und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Untersuchung der verschiedenen Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (1) Bereicherungsrechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 (2) Zuflussprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (3) Tatbestandsimmanenter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 C. Verhältnis von Nachrang (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) und Anfechtung (§ 135 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
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Inhaltsverzeichnis III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 IV. Folgerungen für die Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
4. Kapitel Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
153
A. Rekapitulation: Erforderlichkeit eines Gläubigerschutzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . 154 B. Bestimmung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus – das Spannungsfeld zwischen Gläubigerschutz und Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter . . . . . . . . . 159 C. Überblick über das bestehende Gläubigerschutzsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 I. Prinzip der Kapitalaufbringung und -erhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 II. Institut der Existenzvernichtungshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Insolvenzanfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 IV. Verhaltenspflichten der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 V. Zusammenfassende Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 D. Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des bestehenden Gläubigerschutzsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Potentielle Gefahren für die Gläubiger aus der nominellen Unterkapitalisierung haftungsbeschränkter Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Potentielle Gefahren für die Gläubiger durch Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . 179 III. Ergänzung des Gläubigerschutzsystems durch das Gesellschafterdarlehensrecht 181 E. Aktuelles Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei haftungsbeschränkten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 I. Wirkungsweise des neuen Gesellschafterdarlehensrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 1. Der mit § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO verwirklichte Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . 182 2. Der mit § 135 Abs. 1 InsO verwirklichte Gläubigerschutz . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 II. Bestimmung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185
Inhaltsverzeichnis
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3. Teil Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion
188
1. Kapitel Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans bei Private Equity Transaktionen 189 A. Darlehen einzubeziehender mittelbarer Gesellschafter (Gleichordnungsfälle) . . . . . 192 I. Maßstab für die Einbeziehung mittelbarer Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Abstrakte Überlegungen hinsichtlich der Maßstabsbeziehung . . . . . . . . . . . . 193 a) Auf Rechnung des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Maßgebliche Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Kleinbeteiligungsschwelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 2. Konkrete Überlegungen hinsichtlich der Maßstabsbestimmung . . . . . . . . . . . 203 a) GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Besonderheiten bei anderen für Private Equity Fonds relevanten Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 aa) Kapitalgesellschaft & Co. OHG/KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 bb) AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 II. Behandlung des Darlehens eines mittelbaren Gesellschafters mit einer Beteiligungsquote von mehr als 10 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 B. Darlehen nicht einzubeziehender mittelbarer Gesellschafter (Zurechnungsfälle) . . . 209 I. Maßstab für die Zurechnung der Darlehensgeberstellung zu einem unmittelbaren Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 II. Behandlung des Darlehens eines mittelbaren Gesellschafters mit einer Beteiligungsquote von weniger als 10 % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Mittelbare Stellvertretung durch den mittelbaren Gesellschafter . . . . . . . . . . . 210 a) Anfechtungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem unmittelbaren Gesellschafter 211 bb) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem mittelbaren Gesellschafter
212
b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. „Mittelbare Zuwendung“ durch den mittelbaren Gesellschafter . . . . . . . . . . . 213 a) Anfechtungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem unmittelbaren Gesellschafter 213 bb) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem mittelbaren Gesellschafter 214 b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
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Inhaltsverzeichnis
C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
2. Kapitel Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei der Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung 215 A. Übertragung der Gläubigerstellung durch eine Forderungsabtretung . . . . . . . . . . . . . 217 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 II. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Status Quo in der Rechtsprechung: Die gesamtschuldnerische Haftung . . . . . 220 a) Entscheidungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 b) Rezeption in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. Detailanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 a) Nachrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Übergang des Nachrangs im Wege des § 404 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 226 bb) § 39 Abs. 1 Nr. 5 als Einwendung im Sinne des § 404 BGB . . . . . . . . 226 (1) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (2) Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 (3) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (4) Telos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 (5) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 cc) Übergang des Nachrangs im Rahmen der Abtretung . . . . . . . . . . . . . . 230 (1) Rechtstechniche Möglichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 dd) Nachrang des Zessionars durch eine zweckgerichtete Auslegung . . . . 232 (1) Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 (2) Stellungnahme und eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 ee) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 aa) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (1) Anfechtung gegenüber dem Zessionar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (a) Auffassungen in der Literatur und Rechtsprechung . . . . . . . . . 235 (b) Stellungnahme und eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 (2) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem Gesellschafter . . . . . . . . 237 (a) Allgemeine Insolvenzanfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . 238 (b) Besondere Insolvenzanfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . 238 (aa) Gesellschafterdarlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (bb) Befriedigung der Darlehensforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 (cc) Mittelbare Gesellschafterbefriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . 239 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
Inhaltsverzeichnis
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bb) Rechtsfolge: Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (1) Anfechtung gegenüber dem Zessionar nach § 145 Abs. 2 InsO als lex specialis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 (2) Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners nach § 143 Abs. 1 Nr. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 B. Ausscheiden aus der Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 1. Nachrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 b) Stellungnahme und eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 2. Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 a) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 aa) Anfechtung gegenüber dem neuen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . 252 bb) Anfechtung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter . . . . . . . . 252 b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 C. Nachträgliche Erlangung der Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 II. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 1. Nachrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Auffassungen in der Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Stellungnahme und eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 2. Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 a) Ansichten in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 b) Eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 D. Übertragung der Gläubiger- und Gesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 I. Rechtslage vor dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 II. Rechtslage nach dem MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 1. Ausgangspunkt der Betrachtung: Urteil des IX. Zivilsenats v. 21. 2. 2013 . . . 261 a) Obiter dictum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 b) Deutung der Aussagen des Bundesgerichtshofs in der Literatur . . . . . . . . . 262 c) Eigene Deutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262
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Inhaltsverzeichnis 2. Ansichten in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 a) Übertragung der Finanzierungsfolgenverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 b) Selbständige Begründung der Finanzierungsfolgenverantwortung . . . . . . . 264 III. Stellungnahme und eigene Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 1. Nachrang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 a) Nachrangwirkung gegenüber dem neuen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . 266 b) Nachrangwirkung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter . . . . . . 266 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 a) Anfechtung gegenüber dem neuen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 aa) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 bb) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 b) Anfechtung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter . . . . . . . . . . . 268 aa) Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 bb) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 d) Bewertung des Ergebnisses (anhand des Normzwecks) . . . . . . . . . . . . . . . 270 e) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272
3. Kapitel Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz bei gehebelten Private Equity Transaktionen 274 A. Bestimmung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 B. Aktuelles Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei gehebelten Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I. Gläubigerschutz bei der Gewährung von Downstream Loans . . . . . . . . . . . . . . . 276 II. Gläubigerschutz bei der Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 C. Verstärkung des Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D. Bewertung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 I. Bewertung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen anhand der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts . . . . . . . 285 II. Bewertung der Angemessenheit des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288
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E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295
4. Kapitel Möglicher Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis bei Erwerb oder Verkauf einer Portfoliogesellschaft 296 A. Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 B. Gestaltungsvarianten aus der Transaktionspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 I. Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens an den Gesellschafter vor der Übertragung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 1. Darstellung der Gestaltungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 II. Einbringen des Gesellschafterdarlehens in die Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 300 1. Darstellung der Gestaltungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 C. Vertragliche Gestaltungslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 I. Negativverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 1. Darstellung der Gestaltungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 II. Freistellungsverpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 1. Darstellung der Gestaltungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 III. Besicherung der Verkäuferansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 1. Darstellung der Gestaltungsvariante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 D. Zusammenfassende Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 Thesenartige Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 338
Einleitung „Sowohl das Eigenkapitalersatzrecht als auch das Recht der Gesellschafterdarlehen positionieren sich im Spannungsfeld zwischen den Gesellschaftern der GmbH und ihren Gläubigern.“1 „Bei der Frage, ob das geltende Recht bei Leverage-Transaktionen einen hinreichenden Gläubigerschutz gewährleistet, geht es im Kern darum, eine wohlfahrtökonomisch sinnvolle und nach anerkannten rechtlichen Wertungsmaßstäben angemessene Chancen- und Risikoverteilung zwischen den Eigenkapitalgebern und den Gläubigern zu erreichen.“2
A. Thematische Einführung Private Equity Fonds sind aktuell wieder in aller Munde – zunehmend positiv. Erfreute sich die Anlageklasse vor der Finanzmarktkrise aufgrund ihrer verlockenden Renditen großer Beliebtheit, verfiel sie danach in Ungnade.3 Die Finanzmarktkrise offenbarte in eindrucksvoller Weise, dass den hohen Renditeerwartungen ein hohes Risikopotential gegenübersteht. Im Zuge der Finanzmarktkrise konnten viele Portfoliogesellschaften von Private Equity Fonds ihren sehr hohen Fremdfinanzierungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen, was dazu führte, dass sie im Rahmen von Notverkäufen deutlich unter Wert verkauft werden mussten, wenn sie nicht gar unmittelbar in die Insolvenz gerieten und anschließend abgewickelt wurden.4 Nachdem sich das Risiko der alternativen Anlageklasse „Private Equity“ im Rahmen der Finanzmarktkrise verwirklicht hatte, war die Nachfrage der Anleger zunächst entsprechend verhalten. Ebenso wie die Finanzmarktkrise der Branche gehörig zugesetzt hat, verhalf sie ihr jedoch einige Jahre später zu einem neuen Aufschwung.5 Grund hierfür war die Niedrigzinspolitik der US-Notenbanken und 1 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 149; so auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 47 f. 2 Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 3 Vgl. Vitols, WZB 2012, S. 25 ff.; Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 445. 4 Diesem Risikopotential haben der europäische Gesetzgeber am 1. Juli 2011 mit der sog. AIFM Richtlinie (Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds) und der nationale Gesetzgeber mit deren Umsetzung am 22. Juli 2013 (Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/71/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds) ins Kapitalanlagegesetz versucht entgegenzuwirken. Vgl. Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 22 f. 5 Siehe hierzu die aktuellen Studien von Bain & Company, Global Private Equity Report 2020; McKinsey & Company, Private Markets come of age; PWC, Private Equity Report 2019.
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der Europäischen Zentralbank, welche die Folgen der Finanzmarktkrise eindämmen sollten.6 Aktuell befinden sich die Zinsen, trotz eines anschließenden konjunkturellen Aufschwungs, auf einem historischen Tiefpunkt im negativen Bereich. Diese Geldpolitik führt dazu, dass all jene Anlageklassen, die überdurchschnittliche Renditen versprechen, wieder in besonderem Maße nachgefragt werden. So auch ganz prominent die Anlageklasse „Private Equity“.7 Dementsprechend steht den Private Equity Fonds wieder in größerem Umfang Investitionskapital zur Verfügung, das sie bevorzugt in am Markt etablierte Unternehmen zu investieren versuchen, weshalb große und mittelständische Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit besonders viele Übernahmeanfragen erhielten. Die Branche ist aus der Finanzmarktkrise letztlich gestärkt hervorgegangen.8 Nicht zuletzt aufgrund der langanhaltenden negativen Zinsen und den schwindenden attraktiven Investitionsmöglichkeiten gerät die bisher weitestgehend unregulierte Anlageklasse Private Equity in zunehmenden Maße auch in den Investitionsfokus von Privatanlegern. Im Zentrum von Private Equity Investitionen steht der Kauf und Verkauf von Unternehmen. Eine Besonderheit im Rahmen einer solchen Übernahme von Unternehmen durch Private Equity Fonds ist deren Finanzierungsstruktur, die eine enorm hohe Fremdfinanzierungskomponente aufweist.9 Konzentrierte sich die rechtswissenschaftliche Literatur bislang auf die gläubigergefährdenden Aspekte einer solchen gehebelten Private Equity Transaktion in seiner Gesamtheit,10 wurde einer äußerst beliebten Finanzierungsform bislang wenig Beachtung geschenkt: Der Finanzierung mit Hilfe von Gesellschafterdarlehen.11 Dies resultiert vornehmlich daraus, dass das Gesellschafterdarlehensrecht bis zur Reform durch das MoMiG12 im Jahr 2008 kaum Probleme bereitete. Dies hat sich jedoch mit dem neu etablierten Gesellschafterdarlehensrecht geändert.13 Dies ist vornehmlich dem Umstand geschuldet, dass sich das Verständnis der Legitimationsgrundlage des Gesellschaf6 Siehe Weinheimer/Renner, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 14 Überblick. 7 Vgl. Golding, in: Rechtshandbuch Private Equity, Vorwort. 8 Vgl. Weinheimer/Renner, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 14.16. 9 S. u. 10 Monographisch dazu Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 1 ff.; zu den wohlfahrtsökonomischen Überlegungen siehe Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291 ff.; zu erweiterten anfechtungsrechtlichen Untersuchungen im Hinblick auf den Gläubigerschutz von Private Equity Finanzierungen insbesondere im Bereich der Schenkungs- und Vorsatzanfechtung siehe Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 670 ff. 11 „Das in ihnen schlummernde Potential für den Einsatz des anfechtungsrechtlichen Gläubigerschutzes ist jedoch bisher nicht umfassend untersucht worden.“, Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 671; jüngst mit besonderer Aufmerksamkeit Ulrich, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 423 ff. 12 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), erlassen am 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026). 13 Vgl. Seibold/Waßmuth, GmbHR 2016, 962, 962.
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terdarlehensrechts geändert hat, da das bis dahin zentrale und prägende Merkmal – die „Krise der Gesellschaft“ – weggefallen ist. Die Finanzierung einer gehebelten Private Equity Transaktion mit Gesellschafterdarlehen erfreut sich in der Praxis – im Gegensatz zur rechtswissenschaftlichen Literatur – großer Beliebtheit. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Annahme, dass eine hohe Fremdkapitalquote das Insolvenzrisiko der Gesellschaft erhöht, verwundert der Einsatz von Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen auf den ersten Blick, da Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz der Gesellschaft Schwierigkeiten bereiten können.14 In Anbetracht einer möglicherweise bevorstehenden wirtschaftlichen Rezession oder gar eines wirtschaftlichen Abschwungs, wie er infolge der CoronaKrise zu bevorstehen droht, ist der Einsatz von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen daher auch aktuell von besonderer Relevanz.
B. Gegenstand der Untersuchung Vor diesem Hintergrund bildet der Einsatz von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen den zentralen Gegenstand der Untersuchung. Der Einsatz von Gesellschafterdarlehen ist – wie in dieser Arbeit noch aufgezeigt wird – immer vor dem Hintergrund der widerstreitenden Interessen der Gläubiger und der Gesellschafter zu beleuchten, da diese gerade in der Insolvenz einer Gesellschaft gegenläufig sein können. Um beiden Interessen gerecht zu werden, gilt es den Schutz der Gläubiger auf der einen Seite und die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter auf der anderen Seite in einen wertungsgemäß überzeugenden Einklang zu bringen.15 Im Ausgangspunkt geht die Arbeit der Frage auf den Grund inwieweit Private Equity Transaktionen ein gesteigertes Insolvenzrisiko aufweisen und welchen Einfluss dies auf den Einsatz von Gesellschafterdarlehen hat. Darauf aufbauend ist zentraler Gegenstand der Untersuchung, inwieweit ein höheres Insolvenzrisiko eine Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen rechtfertigt oder ob bereits das Gesellschafterdarlehensrecht in seiner aktuellen Ausgestaltung zu wertungsgemäß überzeugenden Ergebnissen führt. Diese Frage soll anhand einer Synthese von zwei Untersuchungsansätzen beantwortet werden: Einerseits mithilfe eines hinreichenden Verständnisses der Dogmatik des Gesellschafterdarlehensrechts und seiner Rolle im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems und andererseits mit einer detaillierten Untersuchung der Anwendung des neuen Gesellschafterdarlehensrechts auf die praktischen Einsatzmöglichkeiten von Gesellschafterdarlehen im Rahmen gehebelter Private Equity Transaktionen. Anhand der Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf die Einsatzmöglichkeiten in der Transaktionspraxis wird 14 „Für die Gesellschaftsgläubiger problematisch werden Gesellschafterdarlehen erst in der Insolvenz“, Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 11. 15 Siehe Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293.
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überprüft, ob aus Gläubigerschutzgesichtspunkten eine gesonderte Behandlung von Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen angezeigt ist. Dabei stehen die Transaktionsvorgänge im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen im Vordergrund. Es ist dem Geschäftsmodell von Private Equity Fonds in besonderer Weise immanent, dass im Zuge des Erwerbs bzw. des Verkaufs eines Unternehmens nicht nur die Gesellschaftsanteile, sondern auch die bestehenden Gesellschafterdarlehen übertragen werden. Bereiteten diese durchaus üblichen Transaktionsvorgänge bislang nur wenig Schwierigkeiten, hat sich dies durch die Neuregelung des MoMiG geändert. Die Problematik ist durch das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 21. 02. 2013 zu Tage getreten.16 In dem Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Dritten die gesamtschuldnerische Haftung des Zedenten und Zessionars zur Folge habe. Diese Rechtsprechung ist Anstoß und Ausgangspunkt für die Frage, wer nach Transaktionsvorgängen, in denen ein Gesellschafter sowohl seine Gesellschafter- als auch seine Darlehensgeberstellung auf einen Dritten überträgt, nach dem Gesellschafterdarlehensrecht haftet. Die Frage, ob nach solchen Transaktionsvorgängen der ausgeschiedene Gesellschafter und/oder der neu eingetretene Gesellschafter dem Haftungsrisiko unterliegen, ist bisweilen ungeklärt. Diese Fälle des Zusammen- bzw. Auseinanderfallens von Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung im Kontext von gehebelten Private Equity Transaktionen stehen im Fokus dieser Arbeit. Die Arbeit beschäftigt sich daher im Kern mit der Fragestellung, wer im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist. Diese Frage gewinnt im Kontext von Private Equity Transaktionen auch insofern an Bedeutung, als es hier mehrere potentielle Adressaten gibt. Die Finanzierungsstruktur eines Private Equity Fonds weist die Besonderheit auf, dass Gesellschafterdarlehen nicht immer von dem unmittelbaren Gesellschafter der zu finanzierenden Gesellschaft ausgereicht werden, sondern oftmals von einer nur mittelbar an der zu finanzierenden Gesellschaft beteiligten Muttergesellschaft innerhalb der gesellschaftsrechtlichen Struktur eines Private Equity Fonds. In der Praxis werden die Gesellschafterdarlehen oftmals von einer dem unmittelbaren Gesellschafter übergeordneten Gesellschaft ausgereicht. Es handelt sich dabei um sogenannte Downstream Loans innerhalb der Fondsstruktur. Dabei lotet die Arbeit die Grenzen der Voraussetzungen aus, unter denen ein Darlehen als Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren ist und bestimmt, wer im Rahmen der besonderen finanziellen Struktur eines Private Equity Fonds Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist.
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BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff.
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C. Gang der Untersuchung Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. In einem ersten, grundlegenden Teil werden die Transaktions- und Finanzierungsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion unter besonderer Berücksichtigung der Gesellschafterdarlehen und des diesen Strukturen immanenten Insolvenzrisikos dargestellt. Darauf aufbauend folgen im zweiten Teil der Arbeit grundlegende Betrachtungen zur Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts. Dabei wird zunächst die Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts vor und nach dem MoMiG dargestellt. Sodann wird kurz auf die Legitimationsgrundlage des Eigenkapitalersatzrechts eingegangen, um darauf aufbauend die zur Legitimationsgrundlage des neuen Gesellschafterdarlehensrechts vertretenen Ansichten zu analysieren und die dogmatisch neue Verortung des Gesellschafterdarlehensrechts herauszuarbeiten. Auf dieser Basis werden die Regelungen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts und ihr Verhältnis zueinander untersucht. Abschließend wird die dogmatische Einbettung des Gesellschafterdarlehensrechts im Rahmen des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems herausgearbeitet, eine Zielvorgabe für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau im Kontext haftungsbeschränkter Gesellschaften erarbeitet und das aktuelle Gläubigerschutzniveau bei haftungsbeschränkten Gesellschaften bestimmt. Auf dieser gesicherten Ausgangslage wird im dritten Teil der Arbeit untersucht, ob das im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen zur Finanzierung der Erwerbs- oder Zielgesellschaft eingesetzte Gesellschafterfremdkapital dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegen. Dabei wird zunächst untersucht, unter welchen Voraussetzungen Downstream Loans, die von einer übergeordneten Gesellschaft des Private Equity Fonds zu Finanzierungszwecken an die Erwerbs- bzw. Zielgesellschaft gewährt werden, dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegen. Sodann wird die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei der Übertragung der GesellschafterGläubiger-Stellung vor der Insolvenz der finanzierten Gesellschaft untersucht. Dabei wird im Ausgangspunkt zwischen der Übertragung der Darlehensgeberstellung durch die Abtretung der Darlehensforderungen, dem Ausscheiden als Gesellschafter aus der Gesellschaft und dem nachträglichen Beitritt des Darlehensgebers als Gesellschafter in die Gesellschaft unterschieden, um auf diesen Ergebnissen aufbauend, wertungsgemäß überzeugend die Behandlung von Gesellschafterdarlehen nach der Übertragung der Gläubiger- und Gesellschafterstellung herausarbeiten zu können. Schließlich wird eine Zielvorgabe für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen erarbeitet und das durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht verwirklichte Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen bestimmt sowie mit dem früheren Gläubigerschutzniveau unter der Ägide des Eigenkapitalersatzrechts verglichen. Darauf aufbauend wird das aktuelle Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen mit Blick auf die Funktionen des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems und die Zielvorgaben für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau bewertet und die Ergebnisse zur Behandlung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen einer
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Einleitung
abschließenden Bewertung unterzogen. Abschließend wird ein kurzer Blick auf die vertraglichen Gestaltungen in der Transaktionspraxis geworfen. Die Untersuchung endet mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Arbeit in Thesen.
1. Teil
Grundlagen der Untersuchung 1. Kapitel
Struktur eines Private Equity Fonds und einer gehebelten Private Equity Transaktion Damit die Verwobenheit zwischen gehebelten Private Equity Transaktionen und Gesellschafterdarlehen in ihren Einzelheiten hinreichend genau aufgezeigt werden kann, bedarf es eines gesicherten Ausgangspunkts hinsichtlich des wirtschaftlichen Konzepts eines Private Equity Fonds und der Strukturen einer gehebelten Private Equity Transaktion. Dieses Kapitel beschäftigt sich daher mit den Begriffen Private Equity, Private Equity Fonds und Leveraged Buyout, der gesellschaftsrechtlichen Struktur eines Private Equity Fonds und der Transaktions- und Finanzierungsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion.
A. Begriffsbestimmung Im Folgenden werden einige Grundbegriffe vorab erläutert. Zunächst wird in grundlegender Weise der Begriff Private Equity bestimmt. Dabei wird der Begriff von weiteren Begrifflichkeiten,1 die teils synonym verwendet werden und zu verschwimmen drohen, soweit abgeschichtet, dass er im Rahmen der weiteren Untersuchung als gesicherter Ausgangspunkt dienen kann. Sodann werden die in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe Private Equity Fonds und Private Equity Holding-Gesellschaft erläutert. Im Anschluss wird auf den Begriff des Leveraged Buyouts näher eingegangen.
1 In der Literatur werden oftmals die Begrifflichkeiten Private Equity Fonds, Private Equity Gesellschaften, Leveraged Buyout (LBO) oder Management Buyout (MBO) etc. pp. nicht einheitlich verwendet.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
I. Private Equity 1. Der Begriff „Private Equity“ Der Terminus Private Equity2 ist nicht sehr trennscharf,3 da es sich nicht um einen rechtlichen, sondern um einen betriebswirtschaftlichen und inzwischen auch alltagssprachlichen Begriff handelt.4 Er ist weder gesetzlich definiert noch hat sich im Schrifttum und der Rechtsprechung eine einheitliche Begriffsdefinition herausgebildet.5 Vielmehr wird der Begriff Private Equity im Schrifttum ganz überwiegend anhand seiner typischen Merkmale konkretisiert.6 Eine präzise Begriffsbestimmung anhand der typischen Merkmale von Private Equity setzt voraus, dass die unterschiedlichen Facetten des Phänomens Private Equity übereinandergelegt werden und sich der Thematik von mehreren Seiten aus zugewendet wird.7 Denn der Begriff lässt sich sowohl vor dem Hintergrund einer leistungswirtschaftlichen als auch einer finanzwirtschaftlichen Sichtweise betrachten.8 Ausgangspunkt der näheren Bestimmung des Begriffs ist dem allgemein anerkannten Auslegungskanon folgend der Wortsinn. Danach steht der zweite Begriffsbestandteil Equity für eine Beteiligung an einem Unternehmen.9 Der Zusatz Private bringt zum Ausdruck, dass die Beteiligung nicht an einem öffentlich zu2 Findet im Begriff Venture Capital seinen Ursprung und stammt insofern aus den USA; siehe Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 16; vgl. von Daniels, Private Equity, S. 12. 3 Siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 29 Rn. 15. In Bezug auf die Abgrenzung von Private Equity und Hedgefonds vgl. etwa Herrmann, Die ertragssteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 21. 4 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 46 ff. 5 Vgl. Weinheimer/Renner, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 14.1. 6 Vgl. Jäckle/Strehle/Clauss, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, § 49 Rn. 3. 7 Siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 29 Rn. 15. Bei den nachfolgenden Facetten handelt es sich um Regelerscheinungen, zu denen es oftmals auch Ausnahmen gibt, auf die – soweit sie relevant sind – im Speziellen hingewiesen wird, siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 29 Rn. 18. 8 Söhner, Gläubigerschutz und Anlegerschutz, S. 27 zeigt insofern die Differenzierung zwischen einer leistungswirtschaftlichen und einer finanzwirtschaftlichen Sichtweise auf. Ähnlich auch von Kuhlberg/Seidel, in: Rechtshandbuch Private Equity, 1. Aufl., S. 37, die den Begriff Private Equity nicht einseitig „nur als Beteiligungskapital aus Sicht des zu finanzierenden Unternehmens verstanden“ wissen wollen; vgl. auch Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 21. 9 Söhner, Gläubigerschutz und Anlegerschutz, S. 27; Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 8, definieren etwas offener, wenn sie unter Private Equity Fonds solche verstehen, „die ihre Mittel in Unternehmensbeteiligungen investieren“. Hinsichtlich der Größe der Unternehmensbeteiligung und der Mittelverwendung grenzt sich die Anlageklasse Private Equity auch zu Hedgefonds ab, siehe hierzu etwa Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 30; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117 f.; Holzner, Private Equity, S. 42; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 48.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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gänglichen Kapitalmarkt aufgenommen wird.10 Folglich handelt es sich um eine Beteiligung an einem nicht börsennotierten Unternehmen.11 Sowohl die Investoren als auch die Gesellschafter der Zielgesellschaft, die potentiellen Verkäufer, werden nicht im Rahmen eines öffentlichen Angebots, sondern auf privatem Wege angesprochen.12 Danach handelt es sich bei Private Equity aus finanzwirtschaftlicher Perspektive in Abgrenzung zu den klassischen Anlageformen um eine alternative Anlageklasse und aus leistungswirtschaftlicher Perspektive um eine spezielle Investitionsart.13 Die Betrachtung aus der rechtstatsächlichen Sichtweise offenbart, dass es sich bei Private Equity Fonds nicht um strategische Investoren, sondern um Finanzinvestoren handelt.14 Finanzinvestoren zeichnen sich in Abgrenzung zu strategischen Investoren dadurch aus, dass sie primär finanzielle und weniger strategische Ziele mit ihrer Investition verfolgen.15 Die an einem Private Equity Fonds beteiligten Investoren sind ganz überwiegend Finanzinvestoren, die Investitionen nur aus rein finanziellen Motiven tätigen und dabei kein strategisches Interesse an der Zielgesellschaft verfolgen.16 Dabei handelt es sich vorwiegend um institutionelle Anleger, d. h. um Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen und Vermögensverwaltungen sowie teilweise auch um vermögende Privatanleger, die ihr (Eigen-)Kapital in Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen investieren.17 Dementsprechend ist Private
10 Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 30 Rn. 17; Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 46; Feldhaus, in: Feldhaus/Veith, Frankfurter Kommentar zu Private Equity, Kap. 1 Rn. 1 ff.; vgl. Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, Einf. Rn. 2, in Abgrenzung zu Public Equity, dem an der Börse gehandelten (Eigen-)Kapital. Teilweise werden hierzu aber auch Eigenkapitalbeteiligungen an börsennotierten Unternehmen gezählt, wenn diese im Anschluss von der Börse genommen werden (sog. Public-to-Private Transaktion), siehe hierzu Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 15. Gleichwohl gibt es auch vereinzelt Fonds, die man der Anlagekategorie Private Equity zurechnet, die jedoch als börsennotierte Fonds ausgestaltet sind, vgl. Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 30. 11 Siehe hierzu Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 15; Holzner, Private Equity, S. 56; Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 649; vgl. Feldhaus, in: Feldhaus/Veith, Frankfurter Kommentar zu Private Equity, Kap. 1 Rn. 1 ff.; Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, Einf. Rn. 1; Rodin/Veith, DB 2001, 883; Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 8; etwas allgemeiner Diem/ Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 8 ff. 12 Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 30. 13 Söhner, Gläubigerschutz und Anlegerschutz, S. 27. 14 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 46 f. 15 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 46 f. 16 Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 13. 17 Siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 37; Weinheimer/Renner, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 14.18; Jäckle/Strehle/Clauss, in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, § 49 Rn. 2.
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Equity aus finanzwirtschaftlicher Perspektive eine (alternative) Anlageklasse für institutionelle und zunehmend auch vermögende private Anleger.18 Die Betrachtung aus der rechtstatsächlichen Sichtweise zeigt auch, dass sich Private Equity von anderen Arten der Investition insbesondere aufgrund seines Investitionsfokus unterscheidet. Da Private Equity Fonds in Unternehmen, die nicht börsennotiert sind, investieren, handelt es sich bei Private Equity dem Wesen nach um eine Eigenkapitalfinanzierung.19 Zwar werden auch im Rahmen von Private Equity Investitionen bisweilen schon während der Fondslaufzeit Erträge an die Investoren des Private Equity Fonds ausgeschüttet. Allerdings erhalten die Investoren klassischerweise anders als Fremdkapitalgeber keine festen Zinszahlungen, sondern sind als Gesellschafter des erworbenen Unternehmens an dessen Gewinnen und Verlusten gleichermaßen beteiligt.20 Das Risiko dieser Anlageform ist die Insolvenz des erworbenen Unternehmens, also der (Total-)Verlust der Investition.21 Folglich zielt diese Investitionsart nicht primär darauf ab, Zinsen oder Dividenden zu generieren, sondern vielmehr darauf, den Wert des erworbenen Unternehmens im Anlagezeitraum zu steigern, um es dann zu einem höheren Preis wieder zu veräußern und eine hohe Eigenkapitalrendite zu erzielen.22 Daher nehmen die jeweiligen Fondsmanager der Private Equity Fonds aktiv Einfluss auf das erworbene und sich damit im Portfolio des Fonds befindende Unternehmen (Portfoliogesellschaft), indem sie unmittelbar beratend und gestaltend auf das Management der Portfoliogesellschaft einwirken und versuchen, den Unternehmenswert durch verschiedene Restrukturierungsmaßnahmen23 zu steigern.24 Aus diesem Grund werden von Private 18 Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 13; von Kuhlberg/Seidel, in: Rechtshandbuch Private Equity, 1. Aufl. S. 37. 19 Siehe Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 8. 20 Anders in hier zu untersuchenden Konstellationen, in denen eine Beteiligung in Form der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens vorliegt. Dort können auch Zinsen ausgeschüttet werden. 21 Siehe Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 8. 22 Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, Einf. Rn. 10 f. Hierdurch grenzen sie sich zu den strategischen Investoren ab, die im Gegensatz zu Finanzinvestoren keine rein finanziellen Motive verfolgen, sondern primär ein strategisches Interesse als Ziel haben, siehe Meyer, Akquisitionsfinanzierung beim LBO, S. 28; Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity, S. 13; Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2116. Allgemein zur Abgrenzung der Begriffe Finanzinvestor und institutioneller Investor siehe Brauner/Brauner, in: Berens/Brauner/Frodermann, Unternehmensentwicklung mit Finanzinvestoren, S. 132 ff.; Meerkaat/Roos/Wieland, in: Triebel, Mergers & Acquisitions, Rn. 11. 23 Hierzu gehören etwa die Veräußerung unprofitabler Unternehmensteile, das Auswechseln des Managements sowie auch die Entlassung von Arbeitnehmern. 24 In Abgrenzung hierzu zeichnen sich Hedgefonds dadurch aus, dass sie sich nur kurzfristig an Unternehmen beteiligen und meist keine „mitgliedschaftlich begründete Einflussnahme“ ausüben, Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 5; eine Ausnahme bilden lediglich sogenannte aktivistische Hedgefonds, die aktiv Einfluss auf die Unternehmensführung ausüben wollen. Sie grenzen sich wiederum über die Dauer der getätigten Investition ab, siehe Schmidt/ Spindler, Finanzinvestoren, S. 30.
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Equity Fonds meist Mehrheitsbeteiligungen bzw. bedeutende Minderheitsbeteiligungen erworben.25 In diesem Zusammenhang wird auch von einem Buyout gesprochen.26 Danach handelt es sich bei Private Equity aus leistungswirtschaftlicher Perspektive um eine spezielle Investitionsart. Aus dem Blickwinkel einer Zielgesellschaft, in welche ein Private Equity Fonds Eigenkapital investiert, nimmt das zur Verfügung gestellte Kapital eine Finanzierungsfunktion wahr. Damit stellt Private Equity gleichzeitig einen Teil der Außenfinanzierung eines Unternehmens dar.27 Zwei weitere wesentliche Facetten von Private Equity sind der Zeitpunkt und die Dauer der Investition. Private Equity im weiteren Sinne umfasst sowohl die Frühphasenfinanzierung von sich im Gründungsstadium (Seed Capital) oder in einem frühen Entwicklungsstadium (Venture Capital)28 befindenden Unternehmen als auch die Spätphasenfinanzierung von bereits etablierten Unternehmen (Private Equity im engeren Sinne).29 Danach bezeichnet Private Equity im weiteren Sinne den Erwerb von Eigenkapitalanteilen an nicht börsennotierten Unternehmen zur Erzielung von Überrenditen, wohingegen Private Equity im engeren Sinne nur die Beteiligung an bereits etablierten, nicht börsennotierten Unternehmen zur Erzielung von Überrenditen im Wege der Veräußerung der Beteiligung innerhalb eines vorab definierten, begrenzten Zeitraums von 7 bis 10 Jahren meint.30 Sofern der Begriff Private Equity ohne weitere Spezifizierung gebraucht wird, ist typischerweise die Spätphaseninvestition in bereits etablierte Unternehmen gemeint. Im Rahmen dieser Arbeit bezieht sich der Begriff Private Equity daher auf die Spätphasenfinanzierung und damit auf Private Equity im engeren Sinne.31
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Vgl. Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 8; Eilers/Koffka, in: Eilers/Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, Einf. Rn. 23; Veith, in: Feldhaus/Veith, Frankfurter Kommentar zu Private Equity, Kap. 1 Rn. 4. 26 Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 15. 27 Söhner, Gläubigerschutz und Anlegerschutz, S. 27. 28 Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 30 Rn. 21; so auch Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 21. Zur international unterschiedlichen Verwendung der Begriffe Private Equity und Venture Capital siehe Kaserer/Achleitner/von Einem/ Schierek, Private Equity in Deutschland, S. 13 ff. 29 Siehe Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 649; von Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 31 Rn. 22 auch als Buy-out-Finanzierung bezeichnet. 30 Hierdurch grenzt sich die Anlageklasse Private Equity in einem weiteren Punkt zu Hedgefonds ab, die meist nur eine kurzfristige Anlagestrategie verfolgen, Eidenmüller, DStR 2007, 2116, 2117 f.; Holzner, Private Equity, S. 42; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 48. 31 Dies folgt aus einem weiteren Unterscheidungsmerkmal wie Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 48 hervorhebt, wonach sich Private Equity Fonds auch mit Fremdkapital und nicht wie Venture Capital Fonds ausschließlich mit Eigenkapital finanzieren und es im Rahmen dieser Arbeit primär um die Behandlung von Fremdkapital in Form von Gesellschafterdarlehen geht.
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2. Der Begriff „Private Equity Fonds“ Der Begriff Private Equity Fonds kann sich sowohl auf eine gesamte Unternehmensgruppe (Private Equity Fonds im weiteren Sinne) als auch die einzelnen Fondsgesellschaften innerhalb der Unternehmensgruppe (Private Equity Fonds im engeren Sinne) beziehen.32 Das liegt daran, dass die Initiatoren von Private Equity Fonds im engeren Sinne in der Regel mehrere solcher Fondsgesellschaften auflegen, sodass sich im Laufe der Zeit eine Gruppenstruktur herausbildet, an deren Spitze die Private Equity Holding-Gesellschaft steht und unter der auf der zweiten Ebene der gesellschaftsrechtlichen Struktur der Unternehmensgruppe die einzelnen Fondsgesellschaften sowie spezielle Beratungs- und Verwaltungsgesellschaften angesiedelt sind. Im Rahmen dieser Arbeit wird der Begriff Private Equity Fonds mit Blick auf den allgemeinen Sprachgebrauch synonym für Private Equity Fonds im engeren Sinne benutzt. Dagegen wird die gesamte Unternehmensgruppe als Private Equity Fonds im weiteren Sinne bezeichnet.
3. Private Equity Holding-Gesellschaft Im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Struktur eines Private Equity Fonds im weiteren Sinne ist zwischen der Private Equity Holding-Gesellschaft und den Private Equity Fonds zu unterscheiden. Bei einer Private Equity Holding-Gesellschaft handelt es sich um eine übergeordnete Holding-Gesellschaft, unter welcher die einzelnen Private Equity Fonds angesiedelt sind.33 Sie ist meist als Personengesellschaft oder GmbH oder, wenn sie ihren Sitz im Ausland hat, als ausländisches Äquivalent ausgestaltet.34 Die Holding-Gesellschaft steht an der Spitze der Gruppenstruktur und ist zugleich diejenige Gesellschaft, die in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.35 Aufgabe der Holding-Gesellschaft ist es, die einzelnen Private Equity Fonds aufzulegen und zu verwalten.36 Dabei liegt der Fokus darauf, einerseits Kapital von Finanzinvestoren einzuwerben37 und andererseits die gesamte Private Equity Transaktion, von der Erwerbs- bis zur Desinvestitionsphase,38 zu betreuen.39 32
Siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 49. Söhner, Gläubigerschutz und Anlegerschutz, S. 27. Die Begriffe Private Equity Gesellschaft und Private Equity Fonds verschwimmen oftmals im allgemeinen Sprachgebrauch und auch in der Literatur. Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 446 sprechen im Zusammenhang mit der Private Equity Holding-Gesellschaft von den Initiatoren. 34 Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 49. 35 Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 49. Bspw.: The Blackstone Group, Kohlberg Kravis Roberts (KKR), Texas Pacific Group (TPG), The Carlyle Group, APAX Partners, Bain Capital Partner, BC Partners, Cerberus Capital Management, Goldman Sachs Capital Partners, Permira. 36 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 49. 37 Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 49. 38 S. u. 33
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Das von den Investoren eingeworbene Kapital wird in verschiedenen Fondsgesellschaften gebündelt und von dort aus mittelbar über (mehrere) Tochtergesellschaften im Wege des Erwerbs einer oder mehrerer Zielgesellschaften investiert und später nach Veräußerung einer Zielgesellschaft an die Investoren wieder ausgeschüttet. Die Verwaltung dieser Fondsgesellschaften erfolgt mittelbar durch seitens der Initiatoren des Private Equity Fonds in Form von Tochtergesellschaften der Private Equity Holding-Gesellschaft aufgesetzte, spezielle Beratungs- und Verwaltungsgesellschaften.40 Damit fungiert die Private Equity Holding-Gesellschaft als Finanzintermediär zwischen den einzelnen Investoren, die ihr Kapital in einen Private Equity Fonds investieren, und der jeweiligen kapitalbedürftigen Zielgesellschaft, an dem sich der Private Equity Fonds mit dem Kapital der Investoren beteiligt.41 4. Private Equity Fonds Der im allgemeinen Sprachgebrauch häufig verwendete Begriff Private Equity Fonds bezeichnet die in der gesellschaftsrechtlichen Unternehmensstruktur des Private Equity Fonds im weiteren Sinne der Private Equity Holding-Gesellschaft untergeordneten Fondsgesellschaften auf zweiter Ebene (Private Equity Fonds im engeren Sinne).42 Ein Private Equity Fonds hat die Funktion einer Kapitalsammelstelle, bei der sich mehrere Investoren zusammenschließen, um gemeinsam43 den Erwerb eines Unternehmens bzw. einer Unternehmensbeteiligung zu finanzieren.44 Überwiegend wird ein Private Equity Fonds als geschlossener Fonds aufgelegt.45 Bei einem geschlossenen Fonds handelt es sich um eine Gesellschaft mit einem im Voraus fest39
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 49. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 49. 41 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 49 bezeichnet sie „als Intermediäre zwischen Kapitalanlegern und kapitalbedürftigen Unternehmen“. 42 Siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 49. 43 Hier wird das eingeworbene Kapital gebündelt, siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, 49. 44 Vgl. Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 8; das Bundesministerium der Finanzen definiert Venture Capital und Private Equity Fonds als Fonds, „die meist von einem oder mehreren Initiatoren gegründet werden (und) sich Kapitalanleger insbesondere zum Zweck der Finanzierung junger Unternehmen, des Wachstums mittelständischer Unternehmen, der Ausgliederung von Unternehmensteilen oder der Nachfolge in Unternehmen zusammen(schließen)“, Bundesministerium der Finanzen in Textziffer 1 ihres Schreibens vom 16. Dezember 2003: BStBl. 2004, Teil II, S. 40. 45 Der Begriff „Geschlossener Fonds“ ist bislang weder gesetzlich definiert noch gibt es hierzu eine einheitliche Begriffsbezeichnung in Literatur und Rechtsprechung, siehe hierzu Löwer, Geschlossene Fonds, S. 19 f.; Kandziora, Schiffsfonds in der Insolvenz, S. 16 ff. Im Gegensatz hierzu gibt es auch offene Fonds, sog. Evergreen Fonds, die in der Laufzeit unbegrenzt sind und keine vorab definierte Kapitalzusage benötigen, siehe hierzu Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 25. 40
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stehenden Gesamtinvestitionsvolumen sowie einer festgelegten Investitionsstrategie, an der sich eine begrenzte Anzahl von Investoren mit einer begrenzten Kapitaleinlage für einen im Voraus festgelegten Zeitraum beteiligen können.46 Während der festgelegten Fondslaufzeit können die Fondsinvestoren ihre Fondsbeteiligung weder verkaufen noch zurückgeben. Am Ende der Fondslaufzeit werden die Erlöse, die aus der Veräußerung der Unternehmensbeteiligung erzielt werden, an die Fondsinvestoren ausgeschüttet und nicht erneut investiert.47 In Ergänzung hierzu gibt es Dachfonds, die auch Feeder Fonds oder Fund of Funds genannt werden.48 Hierbei handelt sich um Fonds, die mehrere Fonds bündeln bzw. das eingesammelte Kapital der Investoren in verschiedene Private Equity Fonds investieren, um das Risiko der Fondsinvestoren durch Diversifikation zu mindern.49 Zur Finanzierung der Akquisition von Unternehmen bzw. Unternehmensbeteiligungen bieten sich grundsätzlich zwei Lösungsmöglichkeiten an: Die Akquisition kann einerseits aus der freien Liquidität – dem Eigenkapital – des Fonds und andererseits mittels Fremdkapital finanziert werden.50 Trotz der erheblichen Investitionssummen der Fondsinvestoren bewegen sich die Unternehmensakquisitionen von Private Equity Fonds in einer Größenordnung, die sich nicht allein mit dem eingesammelten Eigenkapital finanzieren lassen.51 Insofern werden die Akquisitionen in aller Regel auch fremdfinanziert.52 Private Equity Fonds, die diese Finanzierungstechnik anwenden, werden auch als sogenannte Buy-Out Fonds bezeichnet.53
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Siehe Schatz, in: Rechtshandbuch Private Equity, 1. Aufl., S. 74, wonach sie auch nur eingeschränkten Veräußerungsmöglichkeiten unterliegen. 47 Siehe Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 25. 48 Siehe Boxberger/M’Bangui, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 40 ff. 49 Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 22. 50 Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 11 weist noch auf eine dritte Möglichkeit der Finanzierung hin, wonach „das zum Unternehmenskauf aufgenommene Fremdkapital […] über eine Akquisitionsgesellschaft die durch Zugriff auf die freien Cashflows der Zielgesellschaft […] bedient“ wird. Dabei handelt es sich um eine mögliche Ausgestaltung wie aufgenommenes Fremdkapital, das im Anschluss zurückbezahlt werden kann. 51 Zu den Finanzierungsarten siehe etwa Linde, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 358 ff.; zur allgemeinen Finanzierungspolitik in Unternehmen Franke/ Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 468 ff. (481 ff. und 547 ff.). 52 Eine reine Eigenkapitalfinanzierung wäre auch auf Grund des hohen Zinsfußes und der mangelnden steuerlichen Abzugsfähigkeit von den Darlehenszinsen beim Eigenkapital ökonomisch nicht sinnvoll, vgl. Heemann, in: Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Band 1, § 15 Rn. 1. Daneben gibt es auch nicht die Möglichkeit die Anteile an der Zielgesellschaft gegen die Anteile der Erwerbsgesellschaft zu tauschen, was in der Praxis allerdings seltener der Fall ist, vgl. Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 15. 53 Sie stellen den Regelfall dar, vgl. Söhner, Gläubigerschutz und Anlegerschutz, S. 34.
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II. Leveraged Buyout Der Begriff des Leveraged Buyouts54 ist als solcher nicht gesetzlich definiert.55 Es handelt sich dabei um eine „Technik zur Finanzierung eines Unternehmenskaufs“.56 Einfach ausgedrückt handelt es sich um einen Unternehmenserwerb, der neben dem geringen Einsatz von Eigenkapital in erheblichem Maße fremdfinanziert wird und das Vermögen des zu erwerbenden Unternehmens mit einbezieht.57 Zum besseren Verständnis ist der Begriff in seine Begriffsbestandteile zu zerlegen. Der Begriffsbestandteil Buyout charakterisiert den Erwerb eines Unternehmens als solchen. Der Wortlaut deutet darauf hin, dass damit „der Erwerb einer Kontrollmehrheit an einem Unternehmen – in Abgrenzung zu einer Minderheitsposition“58 gemeint ist.59 Der Zusatz Leveraged weist auf den ökonomischen Hintergrund des Erwerbs hin. Diesbezüglich bietet das Gesetz mit der Definition des Begriffsbestandteils Leverage in § 1 Abs. 19 Nr. 25 KAGB einen ersten Anhaltspunkt. Danach ist Leverage „jede Methode, mit der die Verwaltungsgesellschaft den Investitionsgrad eines von ihr verwalteten Investmentvermögens durch Kreditaufnahme, Wertpapierdarlehen, in Derivate eingebettete Hebelfinanzierungen oder auf andere Weise erhöht“. Die Definition weist insofern auf den ökonomischen Leverage-Effekt60 hin, der bei der Finanzierung eines Unternehmenserwerbs eine entscheidende Rolle spielt. Dieser beschreibt den Umstand, wonach die Rentabilität des Eigenkapitals, welches zum Zwecke der Unternehmensakquisition eingesetzt wird, vom Volumen der Fremdfinanzierung der Unternehmensakquisition abhängt. Der Leverage-Effekt beschreibt insofern das Verhältnis zwischen der Fremdkapitalquote
54 Im deutschen Schrifttum wird das Synonym Akquisitionsfinanzierung verwendet, siehe Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 1; siehe hierzu auch Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 12, der den Begriff allgemein für überwiegend fremdfinanzierte Unternehmenskäufe verwendet, ihn aber für Leveraged Buyouts als typisch erachtet; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 11 f. 55 Einen kurzen Überblick zum Ursprung und zur Geschichte von Leveraged Buyouts findet sich bei Mittendorfer, in: Stadler, Venture Capital und Private Equity, S. 141, 151 ff.; ausführlich hierzu Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 12; Meyer, Akquisitionsfinanzierung beim LBO, S. 39. 56 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 11. 57 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 6; Bergjan/Volhard/Schwarz van Bork, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 1695 ff.; MuellerThuns, in: Rödder/Hötzel/Mueller-Thuns, Unternehmenskauf, Unternehmensverkauf, § 15 Rn. 7. 58 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 12. 59 „Der Erwerb eine Kontrollmehrheit ist insofern notwendig, als die Einbindung der Zielgesellschaft in die Kaufpreisfinanzierung regelmäßig den Interessen der übrigen Anteilsinhaber zuwiderläuft“, Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 12. 60 Ausführliche Beschreibung des Leverage-Effekts siehe Modigliani/Miller, The American Economic Review 1958, S. 261 ff.; Ingenhoven/Eisen, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 4.8 ff.; Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 30.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
und der Eigenkapitalrentabilität.61 Dabei kann die Eigenkapitalrendite durch den Einsatz von Fremdkapital gesteigert werden. Dies setzt voraus, dass die Fremdkapitalgeber an der Überrendite der Investition (Gesamtkapitalrendite) in zuvor vertraglich festgelegter Höhe der Fremdkapitalzinsen beteiligt werden, sodass das Eigenkapital in Höhe der verbleibenden Überrendite verzinst wird.62 Die sogenannte Hebelwirkung tritt ein, wenn die aufzuwendenden Fremdkapitalzinsen geringer sind als die erzielbare Gesamtkapitalrendite.63 Daraus folgt, dass die Eigenkapitalrendite mit zunehmendem Verschuldungsgrad steigt, solange die erzielte Gesamtkapitalrendite höher ist als der vertraglich vereinbarte Fremdkapitalzins.64 Insofern werden Private Equity Transaktionen, die sich des Leverage-Effektes bedienen, auch als gehebelte Private Equity Transaktionen in dieser Arbeit bezeichnet. Damit ist der Begriff Leveraged Buyout jedoch nicht vollumfänglich beschrieben. Denn der Einsatz des Leverage-Effektes bei der Unternehmensakquisition bedingt eine weitere Eigenschaft des Leveraged Buyouts: Im Rahmen der Finanzierung einer Unternehmensakquisition wird das Vermögen der zu erwerbenden Gesellschaft auf verschiedene Art und Weise miteinbezogen. Zum einen ist der Private Equity Fonds darauf bedacht, seine Haftung für die Darlehensverbindlichkeiten auf das von ihm in Form des Kaufpreises in die Zielgesellschaft eingebrachte Eigenkapital zu begrenzen.65 Denn das Haftkapital wird als durch die Transaktion gebundenes Eigenkapital betrachtet, sodass eine Erhöhung des Haftkapitals eine Verringerung der Eigenkapitalrendite zur Folge hat. Rechtlich wird diese Haftungsbeschränkung dadurch erreicht, dass der Private Equity Fonds die Zielgesellschaft nicht direkt, sondern mittelbar über eine Zweckgesellschaft, die Erwerbsgesellschaft, erwirbt, für deren Verbindlichkeiten er nur in Höhe seiner Einlagen, d. h. in Höhe des eingeworbenen Eigenkapitals, haftet. Diese gesellschaftsrechtliche Struktur hat zur Folge, dass die Darlehensforderungen der Kreditinstitute nicht ausreichend durch die Erwerbsgesellschaft besichert werden können. Denn die Erwerbsgesellschaft selbst kann zur Besicherung des Akquisitionsdarlehens nur ihre Anteile an der Zielgesellschaft verpfänden und eine Besicherung des Akquisitionsdarlehens durch den Private Equity Fonds oder die Private Equity Holding-Gesellschaft selbst scheidet mit Blick auf die angestrebte Haftungsbeschränkung aus. Damit bleibt als Sicherungsgeber nur die erworbene Gesellschaft, an deren Vermögenswerte dann Si-
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Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 13 ff.; Fleischer, AG 1996, 494, 497; Schäffler, BB-Spezial 2006 Nr. 9, 1, 1. Die vom Wortlaut implizierte Hebelwirkung kann man auch auf das Verhältnis von eingesetztem Eigenkapital und Unternehmenswert beziehen, wonach zum Ausdruck gebracht werden soll, dass man mit einem geringen Eigenkapitaleinsatz große Unternehmen erwerben kann. 62 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 13. 63 Konkrete Beispiele finden sich bei Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 14 ff. 64 Holzner, Private Equity, S. 52. 65 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 14 f.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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cherheiten für die Darlehensforderung bestellt werden.66 Zum anderen ist der Private Equity Fonds darauf bedacht, den Hebeleffekt noch dadurch zu verstärken, dass die Darlehensverbindlichkeiten ausschließlich aus den Erträgen der Zielgesellschaft bedient werden. So bedienen sich Private Equity Fonds typischerweise des Jahresüberschusses der erworbenen Gesellschaft, um damit die Darlehensverbindlichkeiten zu tilgen. Darüber hinaus werden oftmals auch nicht betriebsnotwendige Vermögensgegenstände veräußert, um weiteres Kapital für die Darlehenstilgung zu generieren.67 Zusammengefasst wird unter dem Begriff des Leverage Buyouts68 im Rahmen dieser Arbeit der fremdfinanzierte Erwerb einer Kontrollmehrheit an einem Unternehmen verstanden, bei der die Haftung des Unternehmenskäufers auf den Eigenkapitalanteil am Kaufpreis begrenzt ist und die Darlehensverbindlichkeiten der die Akquisition finanzierenden Kreditinstitute allein durch das erworbene Unternehmen besichert und getilgt werden.69
B. Gesellschaftsrechtliche Struktur eines Private Equity Fonds Auf Grund der Vielgestaltigkeit der rechtstatsächlichen Verhältnisse und der verschiedenen Jurisdiktionen gibt es nicht „die eine“ gesellschaftsrechtliche Struktur eines Private Equity Fonds.70 Dennoch weisen die unterschiedlichen Strukturen stets wiederkehrende Elemente auf. Daher wird im Folgenden die den meisten Private Equity Fonds zu Grunde liegende gesellschaftsrechtliche Grundstruktur71 insoweit herausgearbeitet, als sie für die nähere Untersuchung im Kontext der Gesellschaf66
Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 2; ausführlich Schmid, Leveraged Management Buy-Out, S. 38 ff.; Silvestri, 6 EBOR (2005), 101, 104 f.; Söhner, ZIP 2011, 2085, 2086; grundlegend McNeill Stancill, HBR Vol. 66 (1988), No. 1, S. 18. Teilweise wird auch noch auf ein weiteres Merkmal abgestellt, wonach bei einem Leveraged Buyout stets versucht wird die Geschäftsführung des zu erwerbenden Unternehmens mit in die Akquisition einzubeziehen, um mögliche Interessenkonflikte mit den Anteilseignern zu eliminieren, siehe etwa Schmid, Leveraged Management Buy-Out, S. 16. 67 Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 50. 68 Im Rahmen dieser Arbeit wird im Kontext von Private Equity Transaktionen die deutsche Bezeichnung einer gehebelten Private Equity Transaktion verwendet. 69 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 18. 70 Zwar hat der deutsche Gesetzgeber mit der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (Einführung 1. 1. 1987 mit dem UBGG) und der Wagnisbeteiligungsgesellschaft (Einführung 12. August 2008 mit dem MoRAKG) sowie der Kapitalanlagegesellschaft nach § 2 Abs. 6 InG und der Investmentaktiengesellschaft nach § 2 Abs. 5 InvG entsprechende Gesellschaftsformen für Private Equity Fonds geschaffen, siehe Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 53. Allerdings werden diese in der Praxis auf Grund ihrer vielfältigen Auflagen, bspw. nach § 4 UBGG nur Minderheitsbeteiligungen erlaubt, nicht eingesetzt. Schatz, in: Rechtshandbuch Private Equity, 1. Aufl. S. 73 führt das auf den Umstand zurück, dass bisher kein spezielles Private Equity Gesetz geschaffen wurde. 71 In Anlehnung an Holzner, Private Equity, S. 44, 46.
42
1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
terdarlehen von Bedeutung ist.72 Die typische deutsche Struktur eines Private Equity Fonds orientiert sich dabei maßgeblich an der Grundstruktur aus dem angloamerikanischen Rechtsraum.73 Dort werden Private Equity Fonds in der Form einer Limited Partnership, dem Äquivalent einer Kommanditgesellschaft, aufgelegt.74 Die Private Equity Holding-Gesellschaft als Fondsinitiator wird als General Partner (GP)75 und die Investoren werden als Limited Partners (LP)76 bezeichnet. Im Zentrum einer typischen deutschen Struktur eines Private Equity Fonds steht ein Private Equity Fonds,77 der als Kommanditgesellschaft in Form einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG ausgestaltet ist (Private Equity Fonds GmbH & Co. KG).78 Die Ausgestaltung als Kommanditgesellschaft hat, neben steuerlichen Vorteilen,79 den Zweck, die unterschiedlichen Aufgaben, welche die Komplementärin und die Kommanditisten wahrnehmen, in der Gesellschaftsform abzubilden.80 72 Hinsichtlich der Strukturierung der Fondsgesellschaften hierzulande siehe Lorenz/Ulrich, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 79 ff.; Herrmann, Die ertragssteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 26 f.; Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 17, Abbildung 2; zu den ökonomischen Grundlagen der Strukturierung von Private Equity Fonds vgl. Axelson/Strömberg/Weisbach, Why Are Buyouts Leveraged?. 73 Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 25 f. 74 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 649; Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 16. 75 Siehe etwa Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 16; Rudolph, ZGR 2008, 161, 162; Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, A. Rn. 39. 76 Siehe etwa Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 16; Rudolph, ZGR 2008, 161, 162; Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, A. Rn. 39. 77 „Nach dem am 22. Juli 2013 in Kraft getretenen KAGB können Alternative Investmentfonds (AIF), die als geschlossene Personengesellschaft strukturiert werden, nur noch als Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) errichtet werden, §§ 139, 149 Abs. 1 S. 1 KAGB (Typenzwang). Für solche InvKGen gelten grundsätzlich die Bestimmungen des HGB, soweit nicht das KAGB abweichende Regelungen vorsieht, § 149 Abs. 1 S. 2 KAGB. Weil aus dem KAGB keine Vorgaben für typische Private Equity Fonds resultieren, die im Hinblick auf die hier interessierenden Elemente zu Abweichungen von der bis zur Einführung des KAGB implementierten typischen Private Equity Fondsstruktur führen, werden die typischen Private Equity Fondsstrukturen daher insoweit auch nach dem Inkrafttreten des KAGB unverändert beibehalten werden. Aufgrund des durch das KAGB angeordneten Vorrangs wird es jedoch keine Private Equity Fonds in Form von Personengesellschaften mehr geben, die nicht in Form einer Kommanditgesellschaft ausgestaltet sind.“, Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 27. 78 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 649. Diese kann auch in einer ausländischen Rechtsform organisiert sein, siehe Lukas, Zinsschranke und Leveraged Buy-Out, S. 19; Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 26; vgl. Eilers, in: Eilers/ Koffka/Mackensen/Paul, Private Equity, Teil IV Rn. 41. Der Private Equity Fonds wird deshalb als eine vermögensverwaltende GmbH & Co. KG ausgestaltet, damit dieser eine gewerbesteuerliche Neutralität zukommt. 79 Der vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft wird steuerliche Transparenz zugesprochen, sofern sie die Kriterien des BMF-Schreibens vom 16. 12. 2003 erfüllt, Holzner, Private Equity, S. 44. 80 Siehe Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, S. 50.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
Private Equity Holding-Gesellschaft
43
Fondsinvestoren
Verwaltungssg Verwaltungsgesellschaft gesellschaft (Gm mbbH)2 (GmbH)
Carry-KG (GmbH & Co. KG)1
Managementg Managementgesellschaft (Gmb 3 (GmbH)
Private Equity Fonds (GmbH & Co. KG)
Portfoliogesellschaften 1Aufgabe:
2Aufgabe:
3Aufgabe:
Investitionsvehikel der Holding bzw. des Managements-Teams Haftungsabschirmung Operatives Management
An der Private Equity Fonds GmbH & Co. KG sind mehrere Gesellschafter beteiligt. Die verschiedenen Kapitalgeber (private und institutionelle Anleger) sind als Kommanditisten beteiligt und verpflichten sich eine Kapitaleinlage zu erbringen (Fondsinvestoren).81 Die Initiatoren sind über verschiedene Tochtergesellschaften der Private Equity Holding-Gesellschaft ebenfalls an der Private Equity Fonds GmbH & Co. KG beteiligt. Zum einen sind eine Managementgesellschaft in Form einer GmbH, deren Aufgabe die laufende Geschäftsführung des Private Equity Fonds ist, und eine sogenannte Carry KG mit meist jeweils einem Prozent als Kommanditisten an dem Private Equity Fonds (GmbH & Co. KG) beteiligt. Die Beteiligung über die Carry KG an der Fondsgesellschaft dient den Initiatoren dazu, an der Wertsteigerung der Portfoliogesellschaft zu partizipieren, in dem die Carry KG einen Teil des Veräußerungsgewinns des Private Equity Fonds vereinnahmt.82 Dies wird dadurch erreicht, dass die Carry KG (bei Überschreiten einer bestimmten RenditeSchwelle, der sogenannten „Hurdle“) mit üblicherweise 20 Prozent an dem Veräu-
81 Siehe Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 447. 82 Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 26.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
ßerungsgewinn beteiligt wird (sogenannter „Carry“).83 Zum anderen ist eine Verwaltungsgesellschaft in Form einer GmbH, deren Anteile ausschließlich von den Initiatoren gehalten werden, als Komplementärin sowohl an der Private Equity Fonds GmbH & Co. KG als auch an der Carry-KG beteiligt. Ihre vornehmliche Aufgabe ist es als GmbH das Haftungsrisiko abzuschirmen. Sie ist selbst nicht am Vermögen des Private Equity Fonds beteiligt.84 Der Private Equity Fonds hält wiederum die Beteiligungen an einer oder mehrerer von ihm erworbenen Unternehmen (Portfoliogesellschaften). Diese Portfoliogesellschaften sind meist in der Rechtsform einer GmbH ausgestaltet.
C. Transaktionsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion Eine gehebelte Private Equity Transaktion besteht aus zwei wesentlichen Bestandteilen: Dem Transaktionsprozess und dem Finanzierungsprozess. Beide Prozesse sind in der Praxis eng miteinander verwoben und stellen gemeinsam die Gesamtstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion dar. Im Rahmen der folgenden Darstellung werden die beiden Prozesse zum Zwecke der systematischen Darstellung getrennt voneinander dargestellt. Im Rahmen der Darstellung der Transaktionsstruktur wird zunächst auf das Konzept einer Private Equity Transaktion eingegangen und danach der Transaktionsverlauf in seinen Grundzügen beschrieben.
I. Konzept einer Private Equity Transaktion In der Praxis gleichen sich die Transaktionsstrukturen selten en détail.85 Vielmehr wird die Struktur im Einzelfall jeweils an die Bedürfnisse des Käufers, Verkäufers und der finanzierenden Kreditinstitute angepasst. Dennoch kann das Konzept einer gehebelten Private Equity Transaktion anhand eines stark vereinfachten Grundmodells, auf welches sich die in der Praxis anzutreffenden, verschiedenen und hochkomplexen Transaktionsstrukturen im Wesentlichen herunterbrechen lassen, erläutert werden. So verfolgt zwar jeder Private Equity Fonds eine individuelle Anlagestrategie, mit einem Fokus auf jeweils unterschiedliche Branchen, Länder oder Unternehmens-
83 Die Carry KG ist aus steuerlichen Gründen geschäftsführende Kommanditistin, um die gewerbliche Prägung des Private Equity Fonds (GmbH & Co. KG) nach § 13 Abs. 3 Nr. 3 EStG zu vermeiden. Dies ist der Fall, wenn neben einem persönlich haftenden Gesellschafter eine geschäftsführende Kommanditistin vorhanden ist. 84 Herrmann, Die ertragsteuerliche Behandlung des Carried Interest, S. 26. 85 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 35.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
45
größen.86 Allerdings steht hinter jeder individuellen Anlagestrategie eines Private Equity Fonds die gleiche vertypte Grundidee eines Investitionsmodells:87 In einer ersten Identifizierungsphase suchen die Fondsmanager eines Private Equity Fonds nach Unternehmen, die den spezifischen Kriterien88 des jeweiligen Private Equity Fonds entsprechen und analysieren bzw. bewerten diese entsprechend vor diesem Hintergrund. Sodann sammelt der Private Equity Fonds in der Investitionsphase Kapital von Finanzinvestoren89 ein, um damit in der Akquisitionsphase die Zielgesellschaft erwerben zu können.90 Im Rahmen dieses Teilprozesses einer gehebelten Private Equity Transaktion kommen grundsätzlich die Techniken eines normalen Unternehmenskaufs zur Anwendung.91 Eine Besonderheit eines Leveraged Buyouts durch einen Private Equity Fonds besteht jedoch darin, dass zum Zwecke des Unternehmenserwerbs eine Erwerbsgesellschaft92 zwischengeschaltet wird, deren alleinige Aufgabe es ist, die Zielgesellschaft zu erwerben.93 Die Zwischenschaltung der Erwerbsgesellschaft dient in erster Linie der Haftungsabschirmung des dahinter stehenden Private Equity Fonds.94 Zu diesem Zwecke wird die Erwerbsgesellschaft regelmäßig in der Rechtsform einer AG, GmbH oder GmbH & Co. KG verfasst, sodass die Fondsgesellschaft nur beschränkt auf ihre Einlage haftet. Sofern während des Erwerbsprozesses lediglich eine Erwerbsgesellschaft zwischengeschaltet wird, handelt es sich um einen sogenannten einstufigen Erwerbsprozess.95 Oftmals werden jedoch mehrere Erwerbsgesellschaften zwischengeschaltet mit dem Ziel, das steuerliche Abschreibungspotential – insbesondere im Gefälle Inland und Ausland – zu erhöhen, sodass es sich dann um einen sogenannten mehrstufigen Erwerbsprozess handelt.96 86
Vgl. Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 449 f. 87 Vgl. Schaubild Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 26. 88 Orientiert sich an der jeweiligen Geschäftspolitik eines entsprechenden Fonds. 89 Hierbei handelt es sich vornehmlich um Stiftungen, Versicherungsunternehmen, Pensionskassen, Banken und vermögende Privatpersonen, vgl. Schwarz van Berk/Euhus, in: Pöllath/Rodin/Wewel, Private Equity, § 1 Rn. 5; Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 3 ff.; Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf, S. 443. 90 Diese ersten zwei Phasen, die sich über einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren erstrecken, werden auch als Investmentperiode bezeichnet. 91 Des besseren Verständnisses wegen werden der Akquisitionsprozess und der Finanzierungsprozess hier getrennt voneinander beleuchtet, obwohl sie rechtstatsächlich miteinander verwoben werden, vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 44. 92 Diese wird in der Literatur oftmals auch als Akquisitionsgesellschaft/-vehikel bzw. NewCo bezeichnet. 93 Siehe Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 458 f. 94 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 36. 95 Siehe hierzu ausführlich Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 37; Linde, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 358. 96 Linde, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 359.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
Private Equity Holding-Gesellschaft
Fondsinvestoren
Verwaltungssggesellschaft Verwaltungsgesellschaft (Gm mb bH) (GmbH)
Carry-KG (GmbH & Co. KG)
Managementg Managementgesellschaft (Gmb (GmbH)
Private Equity Fonds (GmbH & Co. KG)
Erwerbsgesellschaft (1)
Erwerbsgesellschaft (2) Zielgesellschaft
Im Anschluss an die Akquisition der Zielgesellschaft führen die Fondsmanager in der Betriebsphase Maßnahmen innerhalb des erworbenen Unternehmens durch, welche die Effizienz im Unternehmen und damit nachgelagert dessen Wert erhöhen sollen.97 Dabei nehmen sie typischerweise eine aktive unternehmerische Beratungsund Betreuungsposition ein, ohne dabei das laufende Tagesgeschäft eines Unternehmens zu beeinflussen.98 Ziel ist es am Ende der Fondslaufzeit – in der Desinvestitionsphase – die Gesellschaft gewinnbringend zu veräußern und das Kapital an die Fondsinvestoren zurückzuführen.
II. Verlauf einer Private Equity Transaktion Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende chronologische Abläufe einer Private Equity Transaktion, welche der Untersuchung zugrunde gelegt werden.99 97 98 99
Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 19. Vgl. Schaubild Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 26. Vgl. Theiler, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 466 ff.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
47
1. Erwerbs- bzw. Akquisitionsphase Zu Beginn der Fondslaufzeit – in der sogenannten Erwerbs- bzw. Akquisitionsphase – gründet oder erwirbt der Private Equity Fonds eine Erwerbsgesellschaft.100 Diese wird von der Fondsgesellschaft mit Eigenkapital und gegebenenfalls mit eigenkapitalähnlichen Finanzierungsinstrumenten, insbesondere mit Gesellschafterdarlehen, ausgestattet.101 Sodann nimmt die Erwerbsgesellschaft zur Finanzierung des Erwerbs der Zielgesellschaft Fremdkapital in Form eines Darlehens bei den finanzierenden Kreditinstituten auf. Dabei ist die Fremdkapitalquote deutlich höher als die Eigenkapitalquote, damit der Leverage-Effekt eintritt und die Eigenkapitalrendite der Finanzinvestoren erhöht wird. Die Erwerbsgesellschaft besichert das Akquisitionsdarlehen in erster Linie im Wege der Vorausverpfändung ihrer Gesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft oder aber durch die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen aus dem Unternehmenskaufvertrag an die finanzierenden Kreditinstitute.102 Im Anschluss erwirbt die Erwerbsgesellschaft Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises einen Anteil an der Zielgesellschaft oder die gesamte Zielgesellschaft. Die erste Weiche, die im Rahmen einer solchen Unternehmensakquisition gestellt wird, ist die Art und Weise wie ein Private Equity Fonds die Zielgesellschaft erwirbt.103 Hier gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen bietet sich die Möglichkeit, sämtliche Wirtschaftsgüter der Zielgesellschaft zu erwerben (Asset Deal)104 und zum anderen besteht die Möglichkeit, Anteile der Zielgesellschaft zu erwerben (Share Deal).105 Welche Erwerbsform in praxi gewählt wird hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalls bzw. von den Machtverhältnissen der involvierten Käufer- und Verkäuferparteien ab. Dabei ist zu konstatieren, dass ein Share Deal grundsätzlich für den Verkäufer und ein Asset Deal für den Käufer vorteilhafter ist. Der Vermögenserwerb im Rahmen eines Asset Deals hat für den Erwerber – den Private Equity Fonds – den Vorteil, dass die Wirtschaftsgüter direkt in den Finanzierungsprozess mit eingebunden werden können.106 Für den Verkäufer ist 100
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 36. Linde, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 360. 102 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 40 ff. 103 Siehe hierzu Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 46 ff. 104 Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf, Kap. 4 Rn. 5; Engelhardt/v. Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 34 ff.; Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Handbuch für Unternehmensübernahmen, Bd. 1 § 11 Rn. 7. 105 Engelhardt/v. Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 12 ff.; Volhard, in: Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Bd. 1, § 2 Rn. 24. 106 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 36. Konkret kann der Akquisitionspreis auf die einzelnen Wirtschaftsgüter aufgesplittet werden und diese können wiederum in der Steuerbilanz der Erwerbsgesellschaft zu ihrem Teilwert übernommen werden, wodurch sich in den kommenden Jahren ein erhöhtes steuerminderndes Abschreibungspotential ergeben kann, Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 47. 101
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
der Asset Deal jedoch insofern nachteilig, als dass dieser nicht die gleichen steuerlichen Vorteile wie ein Share Deal birgt.107 Da diesbezüglich die Verhandlungsmacht meist auf der Verkäuferseite liegt und ein Share Deal darüber hinaus auch rechtlich unkomplizierter und dadurch schneller durchführbar und kostengünstiger ist als der Erwerb der Zielgesellschaft im Wege der Einzelrechtsübertragung,108 ist der Share Deal die am häufigsten gewählte Erwerbsform und damit der Regelfall.109 Sie wird den weiteren Ausführungen zugrunde gelegt. Im Anschluss an den Erwerb der Zielgesellschaft durch die Erwerbsgesellschaft unterscheidet sich das weitere Vorgehen danach, welches der Finanzierungsmodelle, auf die im Folgenden noch eingegangen wird, im Einzelfall zur Anwendung kommt.110 2. Betriebsphase Nach dem Erwerb der Zielgesellschaft – in der sogenannten Betriebsphase – initiiert ein Private Equity Fonds typischerweise eine ganze Reihe von Umstrukturierungsmaßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, den Wert des Unternehmens zu steigern.111 Die jeweiligen wertsteigernden Maßnahmen unterscheiden sich im Einzelfall erheblich von Fonds zu Fonds, da sie von der individuellen Geschäftsstrategie eines jeden Private Equity Fonds abhängen. Nicht selten wird jedoch das bestehende durch ein neues Management ausgewechselt, dem die Fondsmanager beratend oder auf andere Art und Weise einflussnehmend zur Seite stehen.112 Zudem werden während der Betriebsphase strategische Ver- bzw. Zukäufe getätigt und weitere Darlehen aufgenommen, um den Leverage-Effekt zu verstärken.113 Die Dauer der Betriebsphase ist an die Fondslaufzeit gebunden.114 107
So birgt ein Asset Deal für den Verkäufer den Nachteil, dass der Veräußerungsgewinn in vollem Maße körperschaftssteuerpflichtig ist, sofern es sich bei dem Verkäufer um eine „unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft“ handelt, Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 47; detaillierter hierzu: Gröger, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 5.12 ff. 108 Vgl. Engelhardt/v. Woedtke, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 2 ff. 109 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 10; Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 88; Lukas, Zinsschranke und Leveraged Buy-Out, S. 6; Fleischer, AG 1996, 494, 497; vgl. Weber, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 9.6 ff.; Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 88; Weber-Rey, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, § 14 Rn. 37; Spengler, Managementbeteiligung, S. 27; Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 48. 110 S. u. 111 Zum Folgenden siehe Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 443. 112 Vgl. Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 443. 113 Bergjan/Volhard/Schwarz van Berk, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, S. 443.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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3. Desinvestitionsphase Am Ende der Fondslaufzeit – in der sogenannten Desinvestitionsphase – erfolgt der Ausstieg (Exit) aus der Beteiligung an der Portfoliogesellschaft. Auch hier bestehen in der Praxis in Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung der Portfoliogesellschaft verschiedene Vorgehensweisen des Private Equity Fonds:115 Bei einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft besteht die Möglichkeit, sie im Rahmen eines Börsengangs am Kapitalmarkt zu platzieren (Initial Public Offering) oder sie an einen Finanzinvestor, einen strategischen Investor oder einen Alt- oder Mitgesellschafter zu verkaufen.116 Sofern die wirtschaftliche Entwicklung der erworbenen Gesellschaft während der Fondslaufzeit negativ verlaufen ist, erfolgt der Ausstieg meist in Form einer Refinanzierung, bei welcher der Private Equity Fonds die Finanzierung der Portfoliogesellschaft neu strukturiert und die Portfoliogesellschaft weitere Darlehen aufnehmen lässt.117 Ziel der Refinanzierung ist es, dass der Private Equity Fonds oftmals einen erheblichen Teil seines ursprünglichen Eigenkapitals in Form von Sonderdividenden oder der Rückführung von Gesellschafterdarlehen zurückerhält.118 Andernfalls kann ein Ausstieg auch die Insolvenz oder Liquidation der Portfoliogesellschaft vorsehen.119 Die in der Praxis am häufigsten gewählte Form des Ausstiegs ist der Verkauf der Portfoliogesellschaft an einen Finanzinvestor (Secondary Buyout) oder an einen industriellen strategischen Investor (Trade Sale).120 Sofern ein Private Equity Fonds die Portfoliogesellschaft gewinnbringend veräußert hat, wird der Veräußerungserlös entsprechend einer vorab definierten Exitverteilung an die Fondsinvestoren und die Carry-KG ausgeschüttet und der Private Equity Fonds im Nachgang aufgelöst.
114
Typischerweise beträgt der Anlagezeitraum eines Private Equity Fonds zwischen sieben und zwölf Jahren: Kumpan, ZHR 170 (2006), 39, 46; Schmid, Leveraged Management BuyOut, S. 146; Richter/Steinmüller/Gollan, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 9, mit einer Verlängerungsmöglichkeit bis zu drei Jahre; vgl. Feldhaus, in: Feldhaus/Veith, Frankfurter Kommentar zu Private Equity, Kap. 1 Rn. 165. 115 Siehe hierzu auch Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 651. 116 Sogenannter Trade Sale bzw. Secondary Buy Out – Verkauf an einen anderen Private Equity Investor. 117 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 651, 678. 118 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 651, 678, der diesbezüglich anmerkt, dass ein Private Equity Fonds hierbei meist „einen Großteil seines ursprünglichen Investments zurückerhält“. 119 Holzner, Private Equity, S. 49 f.; Rudolph, ZGR 2008, 161, 164; Schmidt/Spindler, Finanzinvestoren, B. Rn. 67; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 52. 120 Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 27.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
D. Finanzierungsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion Neben der Transaktionsstruktur ist für die Gesamtstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion die Finanzierungsstruktur von entscheidender Bedeutung. Zum einen ist die Wahl der Finanzierungsmittel aufgrund unterschiedlicher Finanzierungskosten entscheidend dafür, ob überhaupt eine Transaktion zustande kommt. Zum anderen müssen die Finanzierungsmittel an die Eigenheiten und Bedürfnisse der Zielgesellschaft angepasst werden, um die gewünschte Wertsteigerung zu erzielen.
I. Grundsatz der Finanzierungsfreiheit Bei der Finanzierungsstruktur gilt für den Private Equity Fonds der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit.121 Er ist eine spezielle Ausprägung des Grundsatzes der Privatautonomie,122 der besagt, dass es jedem Gesellschafter grundsätzlich freisteht, ob und wie er die Gesellschaft mit Kapital ausstattet,123 sofern er dabei gewisse gesetzliche Mindestvorgaben einhält.124 Bei diesen Mindestvorgaben handelt es sich zum einen um gesellschaftsrechtliche Regelungen, wie die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften,125 die Regeln über das Gesellschafterdarlehensrecht126 sowie um die Vorgaben des § 826 BGB und zum anderen um zahlreiche steuerrechtliche Regelungen.127 Der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit umfasst 121
Begr. RegE 1977, S. 38 f.; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 II ZR 255/87, BGHZ 75, 334, 336 f. = NJW 1988, 3143 ff.; aus steuerrechtlicher Sicht: BFH Urt. v. 5. 2. 1992 I R 127/90, BFHE 166, 356 = BStBl. II 1992, 532. Näheres zu dem Grundsatz K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 32a, 32b Rn. 4; Hommelhoff, in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, Rn. 2.8; Haas/Kolmann/Pauw, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 92 Rn. 385; Habersack, ZHR 161 (1997), 457, 477; Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 43 ff.; Weber/Lepper, DStR 1991, 980, 985; siehe zur detaillierten Begriffsbestimmung Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 48 ff., gerade in Abgrenzung zur „Investitionsfreiheit“. 122 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 48 f.; Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 30; vgl. Ulmer, in: FS Duden, 661, 674. 123 Vgl. BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 268; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 334; BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 40 ff.; Röck/Hucke, GmbHR 2013, 791, 792; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 4. 124 Hommelhoff, in: v. Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz, Rn. 2.8. 125 Dabei ist entscheidend, dass das Stammkapital in Form von Eigenkapital aufgebracht wird, siehe im Detail unten. 126 S. u. 127 Kolman, in: Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 1; Lukas, Zinsschranke und Leveraged Buy-Out, S. 22 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 1; Eilers, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, A. Rn. 21 f.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
51
insbesondere die Art der Finanzierung128 sowie auch das Verhältnis der verschiedenen Finanzierungsmittel zueinander. Denn nach dem Grundsatz der Finanzierungsfreiheit trifft den Gesellschafter keine Pflicht die Eigenkapitalquote der Gesellschaft am tatsächlichen Finanzierungsbedarf der Gesellschaft auszurichten.129 Demzufolge stellt ein erhöhter Fremdkapitaleinsatz keine missbräuchliche Finanzierungsart dar. Danach steht es dem Private Equity Fonds frei, welcher Finanzierungsmittel er sich bei der Finanzierung der Unternehmensakquisition bedient und in welchem Verhältnis er die verschiedenen Finanzierungsmittel einsetzt.130
II. Finanzierungsmittel Der Erwerb einer Zielgesellschaft im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion wird in der Regel mit Eigenkapital, Fremdkapital sowie mit hybriden Finanzierungsinstrumenten finanziert.131 Die Zusammensetzung der Finanzierungsmittel bemisst sich nach den Kosten und der zeitlichen Verfügbarkeit der jeweiligen Finanzierungsinstrumente sowie nach der Rechtsform der Zielgesellschaft.132 1. Eigenkapitalfinanzierung Bei der Wahl der Finanzierungsmittel, mit der ein Private Equity Fonds seine Erwerbsgesellschaft ausstattet, greift er im Ausgangspunkt auf eine Eigenkapitalkomponente zurück. Das Eigenkapital besteht in der Regel zu einem überwiegenden Teil aus den eingesammelten Kapitaleinlagen der Fondsinvestoren133 und daneben zu einem geringfügigeren Teil aus den Kapitaleinlagen der Gesellschafter der Private Equity Holding-Gesellschaft sowie des Managements Teams des Private Equity Fonds im weiteren Sinne.134 Das Finanzierungskonzept einer gehebelten Private Equity Transaktion sieht in der Regel jedoch nur einen geringen Einsatz von Eigenkapital vor. Dies ist zum einen der hohen Investitionssumme geschuldet, die regelmäßig nicht allein durch Eigen128
Kolman, in: Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 2. Vgl. BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 334; BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 119 f.; Ulmer, in: FS Duden, 661, 667; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 48. 130 Lukas, Zinsschranke und Leveraged Buy-Out, S. 22 f.; vgl. Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 30. 131 Siehe Weinheimer/Renner, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Rn. 14.25 ff. 132 Vgl. Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 197. 133 Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 204; vgl. Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 177. 134 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 49. 129
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
kapital finanziert werden kann. Zum anderen sind die Kapitalkosten einer Eigenkapitalfinanzierung deutlich höher als die einer Fremdkapitalfinanzierung. Darüber hinaus sieht das Finanzierungskonzept auch deshalb einen geringen Einsatz von Eigenkapital und einen um so höheren Einsatz von Fremdkapital vor, um den oben dargestellten Leverage-Effekt hervorzurufen und damit eine gesteigerte Eigenkapitalrendite zu erzielen.135 2. Fremdkapitalfinanzierung Daneben sieht das Finanzierungskonzept eines Leveraged Buyouts im Wesentlichen eine erhebliche Fremdkapitalkomponente in Form von Darlehen der finanzierenden Kreditinstitute vor.136 Aufgrund der hohen Darlehenssummen, die im Rahmen eines Leveraged Buyout benötigt werden, schließen sich in der Regel mehrere Kreditinstitute zu einem Bankenkonsortium zusammen und reichen ein syndiziertes Darlehen aus.137 Dadurch wird das Ausfallrisiko der einzelnen Kreditinstitute minimiert.138 Zudem lassen sich die Kreditinstitute im Regelfall sehr hohe Sicherheiten zur Besicherung des Akquisitionsdarlehens bestellen, um ihr Ausfallrisiko weiter zu minimieren. Im Gegenzug sind die Kapitalkosten einer solchen Fremdkapitalfinanzierung – im Vergleich zu den anderen Finanzierungsmitteln – relativ niedrig.139
135 Darüber hinaus handelt es sich von allen Finanzierungsvarianten um die teuerste Möglichkeit der Finanzierung, weshalb es nur zurückhaltend eingesetzt wird, siehe Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 197. 136 Die Darlehen werden meist in verschiedenen Tranchen (sog. Senior-Kreditlinien) ausgereicht, die sich dahingehend unterscheiden wie lange die Laufzeiten ausgestaltet sind und ob sie ratenweise oder am Ende der Darlehenslaufzeit vollständig (Bullet Payment) zurückbezahlt werden. Regelmäßig unterscheidet man zwischen drei Tranchen. Der Tranche A, die in regelmäßigen Abständen getilgt wird und insgesamt die kürzeste Darlehenslaufzeit von 5 – 7 Jahren aufweist. Daneben die Tranche B, deren Darlehensbetrag erst vollständig am Ende zurückbezahlt wird und eine Laufzeit von 6 – 8 Jahren aufweist. Die Tranche C kennzeichnet sich dadurch, dass sie erst dann zurückbezahlt wird, wenn die Tranche B vollständig zurückbezahlt wurde. Daneben können auch sog. Second Lien Loans eingesetzt werden, die sich von den Tranchen A – C dahingehend unterscheiden, dass sie lediglich nachrangig besichert werden, dafür jedoch eine höhere Verzinsung aufweisen. Siehe hierzu ausführlich Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 5 Rn. 4 ff.; Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 208; Mitzlaff, in: Picot, Unternehmenskauf und Restrukturieriung. 137 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 53 f. 138 Ausführlich hierzu Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil C § 31 Rn. 1 ff. 139 Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 197.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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3. Hybride Finanzierungsinstrumente Neben den klassischen Finanzierungsmitteln der Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung bilden auch hybride Finanzierungsinstrumente140 einen wesentlichen Bestandteil der Finanzierungsstruktur eines Leveraged Buyouts. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl Facetten einer Eigenkapital- als auch einer Fremdkapitalfinanzierung aufweisen und demzufolge eine „mittlere Risiko-Ertrags-Relation“141 haben. Die Bandbreite der hybriden Finanzierungsinstrumente ist weit gefächert. Zu den etablierten hybriden Finanzierungsinstrumenten zählen vornehmlich Options- und Wandelanleihen.142 4. Gesellschafterdarlehen Die Finanzierungsstruktur einer typischen gehebelten Private Equity Transaktion greift neben diesen etablierten Finanzierungsmitteln sehr häufig auf eine weitere Form der Finanzierung zurück, die bislang in der finanz- und rechtswissenschaftlichen Literatur nur wenig Beachtung fand: Das Gesellschafterdarlehen in seinen Bezügen zu Private Equity Fonds.143 Bei Gesellschafterdarlehen handelt es sich um Darlehen, die Gesellschafter ihrer Gesellschaft gewähren. Bei gehebelten Private Equity Transaktionen handelt es sich meist um Gelddarlehen, die der Private Equity Fonds als Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft zur Verfügung stellt.144 Die Darlehensmittel können sowohl aus den Kapitaleinlagen der Fondsinvestoren als auch aus den Eigenmitteln der Gesellschafter der Private Equity Holding-Gesellschaft und des Managements Teams des Private Equity Fonds im weiteren Sinne (Fondsinitiatoren) stammen. Folglich lässt sich festhalten, dass sich dem Private Equity Fonds als Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft zwei Möglichkeiten bieten, wie er selbst die Erwerbsgesellschaft mit Kapital ausstatten kann:145 Er kann sie direkt mit Eigenkapital und zusätzlich auch mit Gesellschafterfremdkapital ausstatten.146 140
Die hybriden Finanzierungsinstrumente werde auch als Mezzanine Kapital bezeichnet, siehe hierzu Laspeyres, Hybridkapital in Insolvenz und Liquidation der Kapitalgesellschaft, S. 52. 141 Tcherveniachki, Kapitalgesellschaften und Private Equity Fonds, S. 200. 142 Zunehmend wurden die Options- und Wandelanleihen zu sog. High Yield Bonds (Junk Bonds) weiterentwickelt. Dabei handelt es sich um Schuldverschreibungen, die einen sehr hohen Zinssatz aufweisen, dafür jedoch nicht besichert sind, weshalb ihnen ein hohes Ausfallrisiko immanent ist. 143 Gündel/Katzorke, Private Equity, S. 151; anders hingegen jüngst Ulrich, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 423 ff. 144 In der klassischen Unternehmensfinanzierung werden Gesellschafterdarlehen auch in Form von Sachdarlehen ausgereicht, siehe Nitschke/Rödding, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, C. Rn. 441. 145 Vgl. Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 137. 146 S. o.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
a) Einordnung des Gesellschafterdarlehens Mit Blick auf die übrigen Finanzierungsmittel ist unklar, wie das Gesellschafterdarlehen genau zu klassifizieren ist.147 Es nimmt eine Zwitterstellung ein. Einerseits stammen die finanziellen Mittel aus der Sphäre des Gesellschafters, d. h. des originären Eigenkapitalgebers, weshalb Gesellschafterdarlehen in der Literatur auch als „wirtschaftliches Eigenkapital“,148 als „dem Eigenkapital ähnlich“149 bzw. als „das Eigenkapital funktional ersetzend“150 beschrieben werden. Andererseits stellt der Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft die finanziellen Mittel nicht in stammkapitalähnlicher Weise endgültig zur Verfügung, sondern gewährt die Mittel als zeitlich begrenztes Darlehen.151 In seiner Grundstruktur unterscheidet sich das Gesellschafterdarlehen nicht von einem Darlehen, welches von einem fremden Dritten gewährt wurde. Infolgedessen wird es auch der Fremdkapitalfinanzierung zugeordnet.152 So gesehen kann das Gesellschafterdarlehen als hybrides Finanzierungsinstrument besonderer Art bezeichnet werden. b) Gründe für die Gewährung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von Private Equity Transaktionen Die Gründe für die Gewährung von Gesellschafterdarlehen bei der Finanzierung von gehebelten Private Equity Transaktionen sind vielfältig. So erweisen sich Gesellschafterdarlehen gegenüber den anderen Finanzierungsmitteln unter verschiedenen Gesichtspunkten als sehr vorteilhaft: Zunächst einmal sind sie in der Regel günstiger als Bankdarlehen, da die Konditionen, zu welchen Gesellschafterdarlehen ausgereicht werden, von dem Gesellschafter selbst bestimmt werden können.153 Darüber hinaus können sie – anders als Bankdarlehen – als schnelle, unkomplizierte und publizitätsfreie Finanzierungsmittel flexibel gehandhabt und zurückgezahlt
147
S. u. Siehe hierzu Mittendorfer, Akquisitionsfinanzierung, S. 137. 149 Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 1 Rn. 2. 150 Lukas, Zinsschranke und Leveraged Buy-Out, S. 25 f. 151 Insofern unterscheidet sich das Gesellschafterdarlehen von einem Finanzplandarlehen, als dass dieses zum einen von Beginn der Finanzierungsplanung an in diese mit einbezogen wird und zum anderen deshalb wie eine Einlage zu behandeln ist, siehe Kirmse/Spönemann, in: Michalski, GmbHG, Systematische Darstellung 3, Rn. 327. 152 So etwa Nitschke/Rödding, in: Eilers/Rödding/Schmalenbach, Unternehmensfinanzierung, C.; Kaserer/Achleitner/von Einem/Schiereck, Private Equity in Deutschland, S. 59, ordnen es dem Fremdkapital bzw. einer Mezzanine Finanzierung zu. 153 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 135 Rn. 1; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 23, wonach dies darauf beruht, dass die typischen Kosten für ein Drittdarlehen, wie die Kosten der Kreditwürdigkeitsprüfung, der allgemeinen Beschaffungskosten bzw. die typische Gewinnmarge des Drittdarlehensgebers wegfallen; vgl. hierzu auch Drukarczyk/Lobe, Finanzierung, S. 410. 148
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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werden.154 Zudem minimieren sie das persönliche Ausfallrisiko der Gesellschafter:155 Da sie der Gesellschaft formell nur als Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden, unterfallen sie nicht den strengen Vorschriften der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung156 und stehen den Gläubigern grundsätzlich nicht als Haftkapital zur Verfügung.157 Daher sind sie insbesondere dann eine beliebte Wahl der Unternehmensfinanzierung, wenn sich die Gesellschaft in finanziellen Schwierigkeiten befindet.158 Im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen sind zudem folgende drei Gründe ausschlaggebend dafür, dass Private Equity Fonds sehr häufig Gesellschafterdarlehen mit in die Finanzierungsstruktur aufnehmen. aa) Verwässerungsschutz Gesellschafterdarlehen bieten die Möglichkeit, Kapital in eine Gesellschaft zu investieren, ohne die Gesellschafterverhältnisse zu beeinflussen.159 Dementsprechend haben Gesellschafterdarlehen auch keinen Einfluss auf die Stimmrechtsverhältnisse, sodass die bestehenden Machtverhältnisse erhalten bleiben.160 Dies bietet ein erhebliches Maß an Flexibilität im Rahmen von Transaktionen, da sie Investitionen in überproportionalem Maße zu den Gesellschaftsanteilen ermöglichen.161 bb) Gesteigerte Ermöglichungsfunktion des Leverage-Effekts Private Equity Fonds haben, wie bereits oben darlegt worden ist, ein sehr großes Interesse daran, die Erwerbsgesellschaft mit möglichst wenig Eigenkapital auszu154 Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass es für die Ausreichung eines Gesellschafterdarlehens weder eines Gesellschafterbeschlusses noch einer entsprechenden Anzeige nach § 30 Abs. 2 S. 2 GmbHG bedarf und auch das Rückgewährverbot nach § 30 Abs. 1 GmbHG greift. Somit bedarf eines keines langwierigen Kapitalerhöhungsverfahrens, vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22 Fn. 12 m. w. N.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1018. 155 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22; Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49. 156 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22. 157 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 4. 158 Siehe Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 4; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22 Fn. 12 m. w. N. Sie stellen in der Krise häufig die einzige Möglichkeit der Gesellschaft dar, weiteres (Fremd-)Kapital zu erhalten. Zudem eigenen sie sich hervorragend, um (kurzfristige) Liquiditätsengpässe und Krisensituationen einer Gesellschaft rasch und geräuschlos zu beseitigen, vgl. hierzu auch Ehricke, Das abhängige Konzernunternehmen in der Insolvenz, S. 151 ff. 159 Vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22 f. 160 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 4. 161 Eine vergleichbare Aufgabe nehmen auch die Finanzplandarlehen war.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
statten, um so auf Grund des Leverage-Effekts eine höhere Eigenkapitalrentabilität zu erzielen.162 Die finanzierenden Kreditinstitute sind jedoch nur dann gewillt das überwiegende Finanzierungsrisiko163 zu übernehmen, wenn der Private Equity Fonds einen signifikanten Eigenkapitalanteil bereitstellt. Denn die Höhe des Eigenkapitalanteils hat eine erhebliche Signalwirkung bezüglich des Glaubens an den Erfolg des Investitionsprojekts und des Unternehmens. Diesen Interessenskonflikt vermögen Gesellschafterdarlehen am ehesten zu lösen. Aus diesem Grund setzen Private Equity Fonds sie besonders gerne in ihrer Finanzierungsstruktur ein. Aus Sicht der Banken erfüllen Gesellschafterdarlehen das gewünschte „Commitment“, da der Private Equity Fonds eigenkapitalähnliche Mittel aus seiner Sphäre zur Verfügung stellt.164 Aus der Sicht des Private Equity Fonds sind Gesellschafterdarlehen vor allem deshalb vorteilhaft, weil sie so ausgestaltet werden können, dass sie die Eigenkapitalrendite der Eigenkapitalgeber steigern. Das kann auf verschiedene Art und Weise erreicht werden. Gesellschafterdarlehen erhöhen zumindest formal den Verschuldungsgrad der Gesellschaft, wobei der erhöhte Verschuldungsgrad den Leverage-Effekt wirtschaftlich nur erhöht, wenn die Eigenkapitalgeber nicht auch zugleich Darlehensgeber sind. Vor diesem Hintergrund ist eine Steigerung die Eigenkapitalrendite mit Hilfe des Leverage-Effekts nicht möglich, wenn sowohl die Fondsinvestoren als auch die Gesellschafter der Private Equity Holding-Gesellschaft sowie das Managements Team des Private Equity Fonds im weiteren Sinne der Erwerbsgesellschaft Eigenkapital und Fremdkapital in Form von Gesellschafterdarlehen gewähren. Vielmehr kann nur die Eigenkapitalrendite einzelner Eigenkapitalgeber gesteigert werden. So kann die Eigenkapitalrendite der Fondsinitiatoren mit Hilfe des Leverage-Effekts gesteigert werden, indem die Gesellschafterdarlehen aus den Eigenmitteln der Fondsinvestoren gewährt werden oder vice versa.165 Daneben haben Gesellschafterdarlehen aber auch den Vorteil, dass der Private Equity Fonds als Darlehensgeber eine sofortige Verzinsung seines eingesetzten Fremdkapitals als Rendite erhält,166 und dass sie der Erwerbsgesellschaft – anders als Eigenkapital – nicht dauerhaft zur Verfügung stehen, sondern nach dem Erwerb der Zielgesellschaft – auf Grund der flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten – abgezogen werden können. Auf diesem Wege kann die Erwerbsgesellschaft (indirekte) Ausschüttungen an den Private Equity Fonds vornehmen, die der Private Equity Fonds an seine Investoren weiterleiten kann, damit diese die Eigenmittel anderweitig zur Steigerung ihrer Eigenkapitalrendite investieren können. 162
S. o. S. o. 164 Vgl. Achleitner et al., Structure and Determinants of Financial Covenants in Leveraged Buyouts, S. 14. 165 Dies erfolgt unter der Prämisse, dass die Gesamtkapitalrendite (die Rendite des eingesetzten Kapitals), die zu zahlende Zinsrate des eingesetzten Fremdkapitals übersteigt, vgl. Claussen, AG 1985, 173, 183 f.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 46 f. 166 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 4. 163
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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cc) Steuerliche Vorteile Daneben bieten Gesellschafterdarlehen transaktionsgünstige, steuerrechtliche Vorteile.167 Die finanzierte Gesellschaft kann die auf Gesellschafterdarlehen gezahlten Zinsen steuermindernd geltend machen. Denn die steuerliche Behandlung von Gesellschafterdarlehen unterscheidet sich im Grundsatz nicht von der Behandlung von Bankdarlehen. So können die Zinsen für Gesellschafterdarlehen auf der Ebene der Erwerbsgesellschaft als steuermindernde Betriebsausgabe angesetzt und von der Körperschaftssteuer und Gewerbeertragssteuer abgesetzt werden.168 Zudem erwiesen sich Gesellschafterdarlehen unter der Ägide des Eigenkapitalersatzrechts auch insofern als steuerlich vorteilhaft, als ein Gesellschafter, der in der Insolvenz der Gesellschaft in Anspruch genommen wurde, diesbezüglich nachträgliche Anschaffungskosten hinsichtlich seiner Beteiligung geltend machen konnte. Dieser steuerliche Vorteil ist nunmehr mit der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs entfallen.169
III. Struktureller Nachrang der Fremdkapitalgeber Die Finanzierungsstruktur einer gehebelten Private Equity Transaktion kennzeichnet sich nicht nur durch die Wahl der eingesetzten Finanzierungsmittel, sondern auch durch die Art und Weise, wie diese in den Transaktionsprozess eingeflochten werden.170 Bei der Gestaltung der Finanzierungsstruktur wird der Stellung der finanzierenden Kreditinstitute in besonderem Maße Bedeutung beigemessen.171 Diese fungieren wirtschaftlich als Fremdkapitalgeber der Zielgesellschaft und haben daher ein Interesse daran, in der Insolvenz der Zielgesellschaft auch wie ein Gesellschaftsgläubiger behandelt zu werden, indem sie als gleichberechtigte Gläubiger (par conditio creditorum) gleichrangig oder sogar vorrangig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden. Dies entspricht jedoch nicht den rechtlichen Gegebenheiten im Ausgangszeitpunkt einer gehebelten Private Equity Transaktion. Denn rechtstatsächlich gewähren die finanzierenden Kreditinstitute das syndizierte Darlehen nicht der Zielgesellschaft, sondern der haftungsbeschränkten Erwerbsgesellschaft, die – abgesehen von einer verhältnismäßig geringen Eigenkapitalausstattung – vermö167 Instruktiv zur aktuellen Steuerrechtslage im Hinblick auf Gesellschafterdarlehen Tillmann/Schiffers/Wälzholz/Rupp, Die GmbH im Gesellschafts- und Steuerrecht, S. 548 ff.; siehe zu weiteren steuerlichen Vorteilen auch Ulrich, in: Rechtshandbuch Private Equity, S. 426. 168 Monographisch zur Zinsschranke im Zusammenhang mit Leveraged Buyouts im Rahmen von Private Equity Transaktionen Lukas, Zinsschranke und Leveraged-Buyout; dazu auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 23 Fn. 19 m. w. N. 169 BFH, Urt. v. 11. 7. 2017, IX R 36/15, ZIP 2017, S. 76 Nr. 39. 170 Siehe zur „Verzahnung von Akquisitions- und Finanzierungsprozess“ Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 44 f. 171 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 38.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
genslos ist.172 Wie vorab bereits ausgeführt, stellen der hinter der Erwerbsgesellschaft stehende Private Equity Fonds sowie die Private Equity Holding-Gesellschaft keine Sicherheiten für das Darlehen der finanzierenden Kreditinstitute, da ihre Haftung andernfalls nicht auf ihren Eigenkapitalanteil beschränkt wäre.173 Das Darlehen kann daher im Vorfeld der Akquisition nur durch die Verpfändung der Anteile an der Zielgesellschaft oder die Abtretung etwaiger Gewährleistungsansprüche aus dem Unternehmenskaufvertrag an die finanzierenden Kreditinstituten besichert werden.174 Das hat zur Folge, dass die darlehensgewährenden Kreditinstitute rechtstatsächlich in der Insolvenz der späteren Portfoliogesellschaft nicht wie ein Gesellschaftsgläubiger par conditio creditorum aus der Insolvenzmasse der Portfoliogesellschaft, sondern wie ein Gesellschaftergläubiger nachrangig befriedigt werden (sogenannter „struktureller Nachrang“).175 Folglich handelt es sich bei den Darlehensmitteln, welche die Kreditinstitute an die zwischengeschaltete Erwerbsgesellschaft als zukünftige Gesellschafterin der Zielgesellschaft ausreichen, faktisch um „ökonomisch nachrangiges Fremdkapital“.176 Nach dem Prinzip des strukturellen Nachrangs haben die Gesellschafter auf das in der Gesellschaft gebundene Vermögen nur Zugriff, soweit nach Begleichung der Gesellschaftsverbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern noch Vermögen verbleibt.177 Das bedeutet, dass die finanzierenden Kreditinstitute auf das Vermögen der Zielgesellschaft, d. h. der späteren Portfoliogesellschaft nur mittelbar zugreifen können, indem sie die Gesellschaftsanteile verwerten. Dieses Vorgehen verspricht hingegen bei Unternehmenskäufen, die aus rein finanziellen Gründen durchgeführt werden, keinen Erfolg. Denn die finanzielle Situation der Erwerbsgesellschaft ist das Spiegelbild der finanziellen Situation der Portfoliogesellschaft, da die Erträge der erworbenen Portfoliogesellschaft die einzige Ertragsquellen der nicht operativ tätigen Erwerbsgesellschaft sind. Das bedeutet, dass der Sicherungsfall, also die ausbleibende Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeiten durch die Erwerbsgesellschaft, nur eintreten wird, wenn sich auch die Portfoliogesellschaft in einer finanziellen Krise befindet. Daher ist im Sicherungsfall eine Schadlosstellung durch eine Veräußerung der Gesellschaftsanteile der Portfoliogesellschaft nicht wahrscheinlich. Dies stellt für
172
S. 38. 173
Schrell/Kirchner, BB 2003, 1451, 1452; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz,
Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 36 f. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 38. 175 Generell zum Prinzip des strukturellen Nachrangs im insolvenzrechtlichen Kontext Kühbacher, Darlehen an Konzernunternehmen, S. 9 ff.; Schneider, ZGR 1984, 497, 503; Schön, ZHR 159 (1995), 351, 352; spezifisch im Zusammenhang mit der Akquisitionsfinanzierung Linde, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, Rn. 1500 ff.; Mittendorfer, in: Stadler, Venture Capital und Private Equity, S. 163; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 38 f.; Reuter, NZI 2001, 393, 394; Schäffler, BB-Spezial 2006 Nr. 9, 1, 2; Schrell/Kirchner, BB 2003, 1451, 1452; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 289. 176 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 38. 177 Zum Folgenden Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 38. 174
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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die finanzierenden Kreditinstitute eine unbefriedigende Ausgangsposition dar.178 Sofern die Transaktion scheitert, hätten sie im schlimmsten Fall Verluste in Höhe der ausgereichten Darlehensmittel zu tragen. Ihr Ausfallrisiko wäre also höher als das des Private Equity Fonds.179 Dieses hohe Ausfallrisiko sehen sie als nicht angemessen bepreist bzw. besichert, da sie nur indirekt über den Fremdkapitalzins am Erfolg der gehebelten Private Equity Transaktion partizipieren.180
IV. Überwindung des Nachrangs Dieser Umstand hat in aller Regel Auswirkungen auf die Finanzierungsstruktur von gehebelten Private Equity Transaktionen.181 Ziel ist es, den strukturellen Nachrang der Darlehensforderungen der finanzierenden Kreditinstitute zu überwinden, indem die Darlehensverbindlichkeiten, die aus wirtschaftlicher Sicht der Portfoliogesellschaft, aber aus rechtlicher Sicht der Erwerbsgesellschaft zuzuordnen sind, mit den Vermögenswerten der Portfoliogesellschaft zusammengeführt werden.182 Um dieses Ziel zu erreichen, haben sich in der Transaktionspraxis verschiedene Strukturierungsmodelle etabliert. Bei dem sogenannten Darlehensmodell183 wird der strukturelle Nachrang der Fremdkapitalgeber überwunden, indem die Portfoliogesellschaft – meist bei demselben Kreditinstitut bzw. demselben Bankenkonsortium, welches der Erwerbsgesellschaft das ursprüngliche Akquisitionsdarlehen gewährt hat – ein eigenes Darlehen aufnimmt, welches sie direkt im Rahmen eines Darlehensverhältnisses an die Erwerbsgesellschaft weiterreicht, damit diese das ursprüngliche Akquisitionsdarlehen, das im Rahmen dieses Modells die Funktion eines Überbrückungsdarlehens hat, tilgen kann.184 Sodann bestehen die Darlehensverbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft gegenüber der Portfoliogesellschaft. Die finanzierenden Kreditinstitute werden somit vom Gesellschaftergläubiger zum Gesellschaftsgläubiger und können als solche sodann unmittelbar auf das Vermögen der Portfoliogesellschaft zugreifen.185 Der strukturelle Nachrang kann auch dadurch überwunden werden, dass die Portfoliogesellschaft es den finanzierenden Kreditinstituten ermöglicht auf ihr Ge178
Zum Folgenden Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 40. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 40 m. w. N. 180 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 40. 181 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 38. 182 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 40. 183 Siehe hierzu auch Mittendorfer, in: Stadler, Venture Capital und Private Equity, S. 166; Schäffler, BB-Special 2006 Nr. 9, 1, 2; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 289; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 41. 184 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 41. 185 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 41. 179
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
sellschaftsvermögen zuzugreifen, in dem sie entsprechende Sicherheiten zur Besicherung des Akquisitionsdarlehens der Erwerbsgesellschaft stellt (Sicherheitenmodell).186 Dies kann durch die Bestellung von Personal- oder Realsicherheiten erfolgen. Sofern es sich um eine Personalsicherheit (etwa einen Schuldbeitritt, eine Garantie oder eine Bürgschaft) handelt, entsteht zwischen den finanzierenden Kreditinstituten und der Portfoliogesellschaft ein unmittelbares Schuldverhältnis, sodass die finanzierenden Kreditinstitute unmittelbar Gläubiger der Portfoliogesellschaft werden.187 Als Gesellschaftsgläubiger haben die finanzierenden Kreditinstitute eine gleichrangige Zugriffsmöglichkeit auf das Gesellschaftsvermögen der Portfoliogesellschaft.188 Im Unterschied zum Darlehensmodell bleiben die besicherten Darlehensforderungen der finanzierenden Kreditinstitute gegenüber der Erwerbsgesellschaft bestehen. Diese Darlehensforderungen werden in der Folgezeit durch die erworbene Portfoliogesellschaft direkt oder indirekt über die Erwerbsgesellschaft befriedigt, in dem die Erträge der Portfoliogesellschaft durchgeleitet werden.189 Sofern die Portfoliogesellschaft den finanzierenden Kreditinstituten eine dingliche Sicherheit (etwa eine Hypothek, Grundschuld oder ein Pfandrecht an beweglichen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens) gewährt, erhalten die finanzierenden Kreditinstitute überdies eine vorrangige Zugriffsmöglichkeit auf den jeweiligen Gegenstand des Gesellschaftsvermögens. Denn außerhalb der Insolvenz der Portfoliogesellschaft bleibt die dingliche Sicherheit an dem Gegenstand auch dann zugunsten des Sicherungsnehmers bestehen, wenn der Gegenstand übertragen wird. In der Insolvenz der Portfoliogesellschaft steht dem Sicherungsnehmer gemäß §§ 49 bis 51 InsO ein Absonderungsrecht an dem Sicherungsgegenstand zu, sodass er vorrangig vor den anderen Gesellschaftsgläubigern aus dem Verwertungserlös des Sicherungsgegenstands zu befriedigen ist.190 Schließlich erfolgt auch hier die Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten direkt oder indirekt aus dem Vermögen der Portfoliogesellschaft.191 Das Sicherheitenmodell wird teilweise dahingehend modifiziert, dass nach dem eigentlichen Erwerbsprozess die Vermögenswerte der Portfoliogesellschaft im Wege der Einzelrechtsübertragung direkt auf die Erwerbsgesellschaft übertragen werden, damit diese den finanzierenden Kreditinstituten unmittelbar Sicherheiten an den Vermögenswerten bestellen kann.192 Dabei wird der strukturelle Nachrang überwunden, indem die Vermögensgegenstände der Portfoliogesellschaft und die Dar186
Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil A § 3 Rn. 5 ff.; Mittendorfer, in: Stadler, Venture Capital und Private Equity, S. 164; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 289 f.; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 41. 187 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 41. 188 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 41. 189 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 42. 190 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 42. 191 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 42. 192 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 43 betitelt die Modifikation als Kombinationsmodell; vgl. Schäffler, BB-Special 2006, Nr. 9, 1, 2.
1. Kap.: Struktur eines Private Equity Fonds
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lehensverbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft zusammengeführt werden.193 Diese Vorgehensweise entspricht weitestgehend derer beim mehrstufigen Erwerbsmodell.194 Deutlich häufiger wird das Sicherheitenmodell in der Transaktionspraxis dahingehend abgewandelt, dass die Darlehensverbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft und die Vermögensgegenstände der Portfoliogesellschaft im Wege einer Verschmelzung195 auf einen Rechtsträger zusammengeführt werden, um auf diesem Wege das Akquisitionsdarlehen unmittelbar besichern zu können.196 Auch hier wird der strukturelle Nachrang dadurch beseitigt, dass die Darlehensverbindlichkeiten und die Vermögensgegenstände in einem Rechtsträger zusammengeführt werden. Sowohl das Darlehens- als auch das Sicherheitenmodell bedürfen in ihrer konkreten Ausgestaltung rechtlicher Unterstützungsmaßnahmen. So schließen die Erwerbs- und Portfoliogesellschaft im Anschluss an den Unternehmenserwerb meist einen Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag.197 Dies soll Kapitalfluss zwischen der Portfoliogesellschaft und der Erwerbsgesellschaft erleichtern.198 Damit wird bezweckt den Kapitalfluss zwischen der Portfoliogesellschaft und der Erwerbsgesellschaft flexibel gestalten zu können.
V. Zusammenfassung Das prägende Merkmal einer gehebelten Private Equity Transaktion ist der Umstand, dass der Erwerb der Zielgesellschaft zu einem geringen Teil durch Eigenkapital und zu einem überwiegenden Großteil durch Fremdkapital finanziert wird. Dieses Merkmal machen sich im Besonderen Private Equity Fonds zu Nutze. Dabei wird das Fremdkapital durch das Vermögen der späteren Portfoliogesellschaft besichert und aus ihren freien liquiden Mitteln zurückbezahlt. Indem die Zielgesellschaft in den Akquisitions- und Finanzierungsprozess mit eingebunden wird, finanziert sie den Erwerb im überwiegenden Maße selbst bzw. zu Gunsten des Private Equity Fonds, weshalb dieser sehr hohe Eigenkapitalrenditen erzielen kann. Ge193
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 43. S. o. 195 Diese kann in Form eines downstream merger, wobei die Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft verschmolzen wird oder im Wege eines upstream merger, wobei die Zielgesellschaft auf die Erwerbsgesellschaft verschmolzen wird, geschehen, siehe hierzu: Linde, in: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf, S. 385 f.; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 43. 196 Nach Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 43 als Verschmelzungsmodell bezeichnet; siehe hierzu auch Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil G § 49 Rn. 2 ff.; Mittendorfer, in: Stadler, Venture Capital und Private Equity, S. 164 f. 197 Nach Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 32 als Unternehmensvertragsmodell bezeichnet; ohne Bezeichnung Diem/Jahn, Akquisitionsfinanzierungen, Teil G § 48 Rn. 63 f.; Heemann, in: Semler/Volhard, Unternehmensübernahmen, Band 1, § 15 A. II. 2. a) cc) Rn. 18, S. 669 f. 198 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 42 f. 194
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
sellschafterdarlehen sind dabei ein äußerst beliebtes Mittel, um eine solche Transaktion zu finanzieren. 2. Kapitel
Relevanz von Gesellschafterdarlehen in den verschiedenen Phasen einer Private Equity Transaktion Nachdem im vorangegangenen Kapitel die Struktur eines Private Equity Fonds und einer gehebelten Private Equity Transaktion dargestellt sowie die Einbettung von Gesellschafterdarlehen als Finanzierungsmittel in die Finanzierungsstruktur einer solchen Transaktion aufgezeigt worden sind, wird in diesem Kapitel herausgearbeitet, in welchen Phasen einer gehebelten Private Equity Transaktion Gesellschafterdarlehen relevant werden.
A. Übernahme von Gesellschafterdarlehen beim Erwerb einer Zielgesellschaft In der Erwerbsphase der Zielgesellschaft rücken Gesellschafterdarlehen vor allem dann in den Fokus, wenn die Verkäufer – d. h. die ursprünglichen Gesellschafter der Zielgesellschaft – Gesellschafterdarlehen an die Zielgesellschaft vergeben haben. Sofern die Erwerbsgesellschaft die Zielgesellschaft – wie in der Praxis üblich – im Wege eines Share Deals erwirbt, werden die bestehenden Gesellschafterdarlehen im Rahmen des Erwerbsprozesses meist an die Erwerbsgesellschaft mit verkauft und abgetreten. Die Übertragung der Gesellschafterdarlehen auf die Erwerbsgesellschaft erfolgt in der Transaktionspraxis unter der Prämisse, dass die ursprünglichen Gesellschafter – d. h. der oder die Verkäufer – nach Abschluss der Erwerbstransaktion nicht mehr von den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts im Falle der Insolvenz der Zielgesellschaft betroffen sind.
B. Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch einen Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft nach deren Erwerb Zudem werden Gesellschafterdarlehen beim Erwerb der Zielgesellschaft immer dann relevant, wenn der Private Equity Fonds die Erwerbsgesellschaft mit Gesellschafterfremdkapital ausgestattet hat und die Erwerbsgesellschaft nach dem Erwerb der Zielgesellschaft mit dieser im Wege der Verschmelzung auf einen Rechtsträger
2. Kap.: Relevanz von Gesellschafterdarlehen in den verschiedenen Phasen
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zusammengeführt wird. Denn im Rahmen der Verschmelzung gehen die Gesellschafterdarlehen ebenso wie das Akquisitionsdarlehen der Erwerbsgesellschaft von auf den neuen Rechtsträger über.
C. Vergabe von Gesellschafterdarlehen durch den Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft in der Betriebsphase In der Betriebsphase gewinnen Gesellschafterdarlehen vor allem dann an Relevanz, wenn sich der Private Equity Fonds dazu entschließt, Darlehen an die Portfoliogesellschaft zu gewähren. Diese Darlehen werden nicht zwingend von der Erwerbsgesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der Portfoliogesellschaft, sondern oftmals auch von einer anderen Gesellschaft in der Struktur des Private Equity Fonds an die Portfoliogesellschaft vergeben. Hierbei stehen vor allem sogenannte Downstream Loans im Fokus, d. h. Darlehen, die von übergeordneten Gesellschaften – wie der Private Equity Fonds GmbH & Co. KG – an die Portfoliogesellschaft gewährt werden.199
D. Verkauf von Gesellschafterdarlehen in der Desinvestitionsphase Am Ende des Transaktionsprozesses einer gehebelten Private Equity Transaktion – in der Desinvestitionsphase – können Gesellschafterdarlehen in einer vergleichbaren Situation wie in der Erwerbsphase relevant werden, nämlich dann, wenn der Private Equity Fonds während der Betriebsphase Gesellschafterdarlehen an die Portfoliogesellschaft gewährt hat und diese nicht bereits an den Private Equity Fonds zurückgeführt worden sind. Sofern der Private Equity Fonds die Portfoliogesellschaft im Rahmen eines Secondary Buyouts oder eines Trade Sales verkauft, entspricht es ebenso wie im Rahmen des Erwerbsprozesses der Transaktionspraxis, die bestehenden Gesellschafterdarlehen an den Käufer mit zu verkaufen und abzutreten. Die Übertragung der Gesellschafterdarlehen auf den Käufer erfolgt ebenfalls unter der Prämisse, dass der Private Equity Fonds als Verkäufer nach dem Abschluss der Verkaufstransaktion nicht mehr von den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts betroffen ist.
199 Diese Frage wird im Folgenden im ersten Kapitel des dritten Teils dieser Arbeit noch eingehend untersucht.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
E. Rückführung von Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer Refinanzierung In der Desinvestitionsphase können Gesellschafterdarlehen auch im Rahmen der Refinanzierung der Portfoliogesellschaft relevant werden.200 Hierbei wird die finanzielle Struktur der Portfoliogesellschaft durch den Private Equity Fonds neu strukturiert, indem diverse Umschuldungsmaßnahmen vorgenommen werden, im Rahmen derer die Portfoliogesellschaft neue Darlehen aufnimmt und die bestehenden Gesellschafterdarlehen zurückzahlt. Der Private Equity Fonds erhält seine Beteiligung an der Portfoliogesellschaft also aufrecht und führt so besehen keine Desinvestition durch. Dass es sich dennoch um eine Form der Desinvestition handelt, zeigt sich an der Tatsache, dass im Rahmen der finanziellen Neuaufstellung der Portfoliogesellschaft die bestehenden Gesellschafterdarlehen an den Private Equity Fonds zurückgezahlt werden und der Private Equity Fonds diese im Wege einer Ausschüttung an die Fondsinvestoren auskehrt. Eine Refinanzierung wird meistens dann als Form der Desinvestition gewählt, wenn sich die Portfoliogesellschaft in einer finanziellen Schieflage befindet und daher nicht (zu einem guten Verkaufspreis) verkauft werden kann. Auch diese Vorgehensweise erfolgt unter der Prämisse, dass die Erwerbsgesellschaft und/oder der Private Equity Fonds als Darlehensgeber nach der Rückführung des Gesellschafterdarlehens im Falle der Insolvenz der Portfoliogesellschaft nicht mehr von den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts betroffen sind. 3. Kapitel
Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen Der Einsatz, die Übertragung und die Zurückführung von Gesellschafterdarlehen in den im vorhergehenden Kapitel dargestellten Phasen einer gehebelten Private Equity Transaktion sind grundsätzlich unproblematisch. Die Gesellschafter unterscheiden sich nicht von anderen Darlehensgebern und Gläubigern der Portfoliogesellschaft. Problematisch wird der Einsatz von Gesellschafterdarlehen erst in der Krise und Insolvenz der Portfoliogesellschaft. Aus der Sicht der Gläubiger sind Gesellschafterdarlehen problematisch, da sie ihnen grundsätzlich nicht als Haftkapital zur Verfügung stehen und im Vorfeld einer Insolvenz der Portfoliogesellschaft – anders als Eigenkapital – an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können. Aus der Sicht der Gesellschafter sind sie problematisch, da sie – anders als Darlehen anderer Darlehensgeber – in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft den Vorschriften des Gesellschafterdarlehensrechts, unterlie200
Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 678.
3. Kap.: Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen
65
gen.201 Vor diesem Hintergrund haben Gesellschafterdarlehen im Zusammenhang mit gehebelten Private Equity Transaktionen insofern eine besondere Bedeutung, als dass diesen Transaktionen häufig ein sehr hohes Insolvenzrisiko nachgesagt wird.202 Diese Aussage fußt auf der pauschalen Annahme, dass mit einem erhöhten Fremdkapitalanteil stets ein erhöhtes Insolvenzrisiko einhergeht.203 Sofern sich diese Annahme im Rahmen der folgenden Untersuchung als richtig erweisen sollte, ist der bisher in der Transaktionspraxis übliche Einsatz von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktion unter Gläubigerschutzgesichtspunkten zu überprüfen. Insofern wird in diesem Kapitel der Frage nachgegangen, inwieweit gehebelten Private Equity Transaktionen ein erhöhtes Insolvenzrisiko innewohnt. Dazu bietet es sich an, in einem ersten Schritt zunächst das allgemeine Insolvenzrisiko zu bestimmen, in einem zweiten Schritt das besondere Insolvenzrisiko haftungsbeschränkter Gesellschaften herauszuarbeiten und schließlich in einem dritten Schritt zu untersuchen, ob Portfoliogesellschaften im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion ein darüber hinaus gehendes, spezielles Insolvenzrisiko zukommt.
A. Allgemeines Insolvenzrisiko Als allgemeines Insolvenzrisiko wird die Gefahr bezeichnet, dass sich die Vermögenslage eines Schuldners soweit verschlechtert, dass er seine Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen kann. Aus dem Insolvenzrisiko eines Schuldners ergibt sich spiegelbildlich das Verlustrisiko seiner Gläubiger, da diese im Rahmen eines Insolvenzverfahrens der Gefahr ausgesetzt sind, dass ihre Forderungen nicht oder nicht in voller Höhe erfüllt werden. Das allgemeine Insolvenzrisiko ergibt sich aus zwei Risikoquellen: Es kann auf exogene Risikofaktoren (= außerhalb der Sphäre des Schuldners liegende Umstände betreffend)204 oder endogene Risikofaktoren (= in der Sphäre des Schuldners liegende Umstände betreffend) zurückzuführen sein.205 Als exogene Ursachen, die zu einer Verschlechterung der Vermögenslage eines Schuldners führen können, sind beispielhaft eine negative Konjunkturentwicklung oder Marktentwicklung sowie finanzielle Schwierigkeiten der Geschäftspartner des Schuldners zu nennen. Diese Ursachen sind naturgemäß losgelöst vom Verhalten des 201
S. u. Vgl. bezüglich diesen allgemeinen Aussagen Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 60; Holzner, Private Equity, S. 31 f., 68; so mit Blick auf die statische Betrachtung auch Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291. 203 So etwa Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 647, 682; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 672; vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291. 204 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 61. Hierunter fällt u. a. das unvorhergesehene Ereignis einer Spontaninsolvenz. 205 Zum Folgenden Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 61 ff. 202
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
Schuldners und damit nicht steuerbar. Dagegen resultieren endogene Ursachen aus dem Umstand, dass die Vermögenslage eines Schuldners maßgeblich von seinem Verhalten abhängt. So kann dieser sowohl sein Investitions- als auch sein Finanzierungsverhalten jederzeit in unvorhersehbarer Weise verändern. Das Insolvenzrisiko steigt zum einen dann, wenn ein Schuldner riskante Investitionen tätigt. Dabei tragen die Gläubiger das mit den Gewinnaussichten der Investition zwangsläufig einhergehende Verlustrisiko. Zum anderen steigt das Insolvenzrisiko auch dann, wenn ein Schuldner sein Vermögen mit weiteren Verbindlichkeiten, insbesondere mit Darlehensverbindlichkeiten, und Sicherheiten belastet. Auch hier tragen wiederum die Gläubiger das sich aus der Schmälerung der Vermögensmasse ergebende Verlustrisiko. Da das Insolvenzrisiko aufgrund von endogenen Faktoren – anders als das Insolvenzrisiko aus exogenen Faktoren – vom Verhalten des Schuldners abhängt, ist es steuerbar.
B. Besonderes Insolvenzrisiko haftungsbeschränkter Gesellschaften Haftungsbeschränkte Gesellschaften unterliegen im Vergleich zu unbeschränkt haftenden Rechtspersonen und Gesellschaften einem besonderen Insolvenzrisiko.206 Dieses kennzeichnet sich nicht etwa dadurch, dass gegenüber dem allgemeinen Insolvenzrisiko eine neue Risikoquelle hinzutritt, sondern dadurch, dass das allgemeine Insolvenzrisiko strukturell erhöht ist. Diese strukturelle Erhöhung resultiert aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung (§ 13 Abs. 2 GmbHG bzw. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG). Dieses Prinzip ermöglicht es einem Gesellschafter, seine Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf seine Kapitaleinlage zu beschränken, sodass er darüber hinaus nicht mit seinem persönlichen Vermögen einstehen muss. Nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts haftet eine natürliche Person, die eine Unternehmung betreibt, grundsätzlich mit ihrem gesamten Vermögen persönlich und unbeschränkt für die daraus entstehenden Verbindlichkeiten (Grundsatz der persönlichen Haftung).207 So haften die Gesellschafter einer Personengesellschaft akzessorisch und unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.208 Im Gegensatz dazu können die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft das sog. Trennungsprinzip für sich nutzen.209 In Folge der rechtlichen Verselbstständigung der Gesellschaft als juristi206 207
S. 36 f.
Zum Folgenden Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 65 ff. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen,
208 Vgl. §§ 128 S. 1, 161 Abs. 2 HGB; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 36 f.; Beck, Kritik des Eigenkapitalersatzrechts, S. 7 f.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 63. 209 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 36 f.; Raab, WM 1999, 1556, 1600.
3. Kap.: Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen
67
sche Person ist haftungsrechtlich strikt zwischen der Identität der Gesellschaft als Verband und der Identität der hinter ihr stehenden Gesellschafter zu unterscheiden (§ 13 Abs. 1 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 1 AktG).210 Die Gesellschafter können die Gläubiger hinsichtlich aller von der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten auf das Gesellschaftsvermögen verweisen (§ 13 Abs. 2 GmbHG bzw. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG).211 Diese mit dem Trennungsprinzip verbundene Haftungsbeschränkung ermöglicht es den Gesellschaftern, sich unternehmerisch zu betätigen und an den Gewinnen der Gesellschaft zu partizipieren, ohne für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft unbegrenzt mit ihrem persönlichen Vermögen einstehen zu müssen.212 Daher wird das Prinzip der Haftungsbeschränkung auch als Haftungsprivileg bezeichnet.213 Dieses Prinzip der Haftungsbeschränkung beruht auf der ökonomischen Grundüberlegung, dass ein Gesellschafter, dessen persönliche Haftung auf seine Kapitaleinlage beschränkt ist, risikofreudiger agiert und demzufolge lukrativere Geschäftsmöglichkeiten eingeht, was zu einer gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtsmaximierung führt.214 Eine natürliche Person handelt grundsätzlich risikoavers,215 da sie „die Gefahr des Totalverlustes der Lebensgrundlage regelmäßig höher […] als die betragsmäßig gleiche oder auch höhere Gewinnchance“216 einschätzt. Eine durchschnittliche, persönlich unbeschränkt haftende Person vermeidet daher jedwede Verhaltensweise, die zu einer substanziellen Verschlechterung der eigenen Vermögenslage führen könnte. Vor diesem Hintergrund ermöglicht das Prinzip der Haftungsbeschränkung es einer natürlichen, risikoavers veranlagten Person als Gesellschafter risikoneutral bzw. risikofreudig zu handeln, indem es eine Trennung von Privat- und Gesellschaftsvermögen bewirkt und das Verlustrisiko einer natürlichen Person als Gesellschafter auf ihre Einlage beschränkt.217 Dadurch schützt es eine natürliche Person als Gesellschafter davor, dass das Scheitern einer unternehmerischen Betätigung sich unmittelbar auf ihr gesamtes persönliches Vermögen auswirkt. Damit geht allerdings einher, dass alle über die Hafteinlage hinausge210
Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 36 f.; Raab, WM 1999, 1556, 1599 f. 211 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 36 f.; Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 394; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, S. 101 f., 295. 212 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 38; Huber/Habersack, BB 2006, 1; dies., in Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 394. 213 So statt vieler Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 57; kritisch zum Begriff des „Privilegs“ Saenger, in: Saenger/Inhester, GmbHG, § 13 Rn. 81. 214 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 f.; vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 1; empirische Nachweise bei Lorie/Hamilton, The stock market, S. 198 ff.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 38 Fn. 16 m. w. N. 215 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 66 Fn. 66 m. w. N. 216 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 66. 217 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 67.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
henden Haftungsrisiken auf die Gläubiger der Gesellschaft verlagert werden.218 Mit den Worten von Bitter fungiert das Prinzip der Haftungsbeschränkung als eine „(Teil) Versicherung des unternehmerischen Risikos, bei der die Gesellschafter die Versicherungsnehmer und die Gläubiger der Versicherer sind“.219 Die Gesellschafter können damit einen Teil des unternehmerischen Risikos externalisieren.220 Das Prinzip der Haftungsbeschränkung steigert daher insgesamt die Wahrscheinlichkeit, dass eine natürliche Person als Gesellschafter auch bei größeren und komplexeren Unternehmungen mit erheblichen Risiken Investitionen tätigt, die im Falle ihres Scheiterns die Insolvenz der Gesellschaft verursachen.221 Darüber hinaus eröffnet das Prinzip der Haftungsbeschränkung einer natürlichen Person als Gesellschafter die Möglichkeit, Kosten und Nutzen der unternehmerischen Betätigung zu trennen, ohne dadurch die Zugriffsmöglichkeit auf die im Gesellschaftsvermögen gebundenen Vermögenswerte zu verlieren. So kann der beschränkt haftende Gesellschafter die Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft sowohl im Wege der Eingangskapitalisierung der Gesellschaft als auch durch spätere Ausschüttungen flexibel steuern und dadurch bestimmen, ab wann die Gläubiger für die Kosten seines Handelns aufzukommen haben.222 Dabei kommt den Ausschüttungen eine besondere Bedeutung zu. Sie minimieren das Verlustrisiko des Gesellschafters betragsmäßig, da er beim Scheitern der unternehmerischen Betätigung nach einer getätigten Ausschüttung weniger verliert, als er vor dieser Ausschüttung verloren hätte. Zudem setzen sie das im Gesellschaftsvermögen gebundene Eigenkapital des Gesellschafters frei, welches dieser anschließend insbesondere für neue Investitionen verwenden kann. Schließlich steigern Ausschüttungen die Renditeerwartungen des weiterhin im Gesellschaftsvermögen gebundenen Eigenkapitals des Gesellschafters, da der Leverage-Effekt auch durch eine Reduzierung des Eigenkapitalanteils erzeugt werden kann. Ein beschränkt haftender Gesellschafter kann daher durch das Prinzip der Haftungsbeschränkung verleitet sein – im Rahmen des gesellschaftsrechtlich Möglichen – Kapital auszuschütten, welches ihm dann privat zu Gute kommt, jedoch im Insolvenzfall den Gläubigern nicht mehr als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Dieses sog. Ausschüttungsrisiko lässt das Insolvenz- und Verlustrisiko weiter ansteigen. 218
Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 67 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 39; zu den sozialen Kosten der Haftungsbeschränkung vgl. Halmer, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 31 ff. 219 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 (Hervorhebung durch den Verfasser). 220 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 39; Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 56; Blaurock, in: FS Raiser, 3, 7 f.; Roth, GmbHR 2008, 1184, 1189. 221 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 1 sieht zusammenfassend in dem Haftungsprivileg „eine asymmetrische Verlusttragungs- und Gewinnteilungsregel, die für den beschränkt haftenden Gesellschafter Raum zur Bereicherung auf Kosten der Gesellschaftsgläubiger schafft“. 222 Zum Folgenden siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 69 f.
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C. Gesondertes Insolvenzrisiko der Portfoliogesellschaft nach einer gehebelten Private Equity Transaktion Wie ist vor diesem Hintergrund aber das spezielle Insolvenzrisiko einer haftungsbeschränkten Portfoliogesellschaft nach einem Leveraged Buyout durch einen Private Equity Fonds zu charakterisieren? Die diesbezüglichen spärlichen Untersuchungen in der Literatur beschränken sich meist auf die pauschale Aussage, dass mit einem erhöhten Verschuldungsgrad ein erhöhtes Insolvenzrisiko einhergehe.223 Diese im Ansatz richtige Feststellung soll im Folgenden beleuchtet und konkretisiert werden.224 Das spezielle Insolvenzrisiko einer haftungsbeschränkten Portfoliogesellschaft nach einem Leveraged Buyout durch einen Private Equity Fonds gründet in dessen rechtstatsächlichen Besonderheiten – mithin in dessen Finanzierungsstruktur: Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der erworbenen Portfoliogesellschaft auf verschiedenen Wegen Eigenkapital entzogen wird, sodass ihr Gesellschaftsvermögen die Akquisition durch den Private Equity Fonds erheblich mitfinanziert.225 Diese Einbindung des Vermögens der Portfoliogesellschaft in die Kaufpreisfinanzierung ermöglicht es dem Private Equity Fonds, die Portfoliogesellschaft mit einem verhältnismäßig geringen Einsatz von Eigenkapital zu erwerben. Zudem kann der Private Equity Fonds durch die Nutzung des Vermögens der Portfoliogesellschaft den Leverage-Effekt steigern und so eine höhere Eigenkapitalrendite erzielen.226 Bei dieser Finanzierungsstruktur eines Leveraged Buyouts stehen zwei Merkmale mit Blick auf die Schmälerung der Eigenkapitalausstattung der Portfoliogesellschaft durch den Private Equity Fonds besonders im Vordergrund. Das wohl prägendste Merkmal eines Leveraged Buyouts ist die Erhöhung der Fremdkapitalquote der Portfoliogesellschaft.227 Im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion trägt die erworbene Portfoliogesellschaft – wie zuvor dargestellt – unmittelbar oder mittelbar die Verbindlichkeiten aus dem Akquisitionsdarlehen und bestellt die für dieses Darlehen notwendigen Sicherheiten. Dies führt dazu, dass die Portfoliogesellschaft mit hohen laufenden Zins- und Tilgungszahlungen unter dem Akquisitionsdarlehen belastet ist228 und die finanzierenden Kreditinstitute aufgrund der Überwindung des Nachrangs229 zu gleichberechtigten Forderungs223
So etwa Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 647, 682; vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 672; vgl. auch Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291; ausführlich hingegen Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 72 ff. 224 Instruktiv hierzu Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 72 ff. 225 Holzner, Private Equity, S. 31 m. w. N. in Fn. 14. 226 Statt aller Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 13 ff. 227 S. o. 228 Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291 f.; Kuntz, ZIP 2008, 814, 815; Holzner, Private Equity, S. 69; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 72. 229 S. o.
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
gläubigern in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft werden.230 Dagegen bleibt die Vermögenslage der Portfoliogesellschaft ansonsten gleich.231 Denn im Rahmen des Sicherheitenmodells wird die für die Rückzahlung des Akquisitionsdarlehens benötigte Liquidität aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags an die Erwerbsgesellschaft abgeführt, ohne dass die Portfoliogesellschaft eine Gegenleistung erhält.232 Im Rahmen des Darlehensmodells erhält die Portfoliogesellschaft zwar eine Gegenleistung, indem sie einen Anspruch auf Darlehensrückzahlung gegen die Erwerbsgesellschaft hat. Aber sie gewinnt mit diesem Anspruch tatsächlich nichts hinzu. Denn die Erwerbsgesellschaft verfügt selbst neben den Anteilen an der Portfoliogesellschaft über keine weiteren Vermögenswerte. Aufgrund dieses Mangels an Vermögenswerten kann die Erwerbsgesellschaft diesen Anspruch nur durch Aufrechnung mit Dividendenansprüchen begleichen.233 Deshalb stellt dieser Anspruch gegen die Erwerbsgesellschaft aus Sicht der Portfoliogesellschaft ebenfalls keinen Ausgleich dar. Das zweite prägende Merkmal eines Leveraged Buyouts sind die Ausschüttungen der Portfoliogesellschaft an die Erwerbsgesellschaft. Das Geschäftsmodell eines Private Equity Fonds sieht vor, der Portfoliogesellschaft während der Fondslaufzeit möglichst viel Eigenkapital in Form von Ausschüttungen zu entnehmen, um so einerseits die Eigenkapitalrendite weiter zu steigern und andererseits das eigene Ausfallrisiko zu vermindern.234 Diese Ausschüttungspolitik hat zur Folge, dass die Eigenkapitalausstattung und damit die Haftungsmasse der Portfoliogesellschaft weiter geschmälert wird. Private Equity Fonds halten dennoch an dieser Ausschüttungspolitik fest und gehen dabei bereitwillig ein hohes Risiko ein, um so eine hohe Eigenkapitalrendite erzielen zu können.235 Grund für diese hohe Risikobereitschaft von Private Equity Fonds ist ihr hoher Diversifizierungsgrad. In der Regel halten sie zur Risikodiversifizierung mehrere Portfoliogesellschaften.236 Diese hohe Diversifizierung auf der Ebene des Private Equity Fonds ermöglicht es den Fondsinitiatoren und Fondsinvestoren, auf der Ebene der einzelnen Portfoliogesellschaft ein höheres Risiko einzugehen, da die Verluste aus der Insolvenz einer Portfoliogesellschaft weniger ins Gewicht fallen, wenn es sich bei ihr nicht um den einzigen Vermögensgegenstand handelt.237 Daher geht mit der Erhöhung der Risikodiversi-
230
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 74. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291 f.; Kuntz, ZIP 2008, 814, 815; Holzner, Private Equity, S. 69; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 72. 232 Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 42. 233 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 42. 234 Siehe Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 292, der dies als „Unterinvestitionsproblem“ bezeichnet; Holzner, Private Equity, S. 69 m. w. N.; vgl. Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 646 f. 235 „Dies prägt die Denkweise eines Private Equity Investors wesentlich“, Holzner, Private Equity, S. 41. 236 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 85. 237 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 85. 231
3. Kap.: Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen
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fizierung im Umkehrschluss auch eine Erhöhung der Risikobereitschaft hinsichtlich der einzelnen Portfoliogesellschaften einher.238 Das Insolvenzrisiko einer haftungsbeschränkten Portfoliogesellschaft ist folglich nach einem Leveraged Buyout durch einen Private Equity Fonds unter zwei verschiedenen Gesichtspunkten erhöht. Erstens ist mit der Erhöhung der Fremdkapitalquote und der Schmälerung der Eigenkapitalausstattung bzw. der Haftungsmasse der Portfoliogesellschaft ein unmittelbarer Anstieg des Insolvenzrisikos sowie des Verlustrisikos der Gläubiger verbunden.239 Eine gesteigerte Verschuldung, eine erhöhte Belastung des Vermögens der Portfoliogesellschaft mit den Verbindlichkeiten aus dem Akquisitionsdarlehen und die für das Darlehen bestellten Sicherheiten sowie die Ausschüttungen an die Erwerbsgesellschaft erhöhen die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Insolvenz und verschlechtern die Chancen auf Befriedigung der einzelnen Gläubiger in der Insolvenz. Denn aufgrund der niedrigen Eigenkapitalquote und der hohen Fremdkapitalquote ist die Gefahr besonders hoch, dass die Portfoliogesellschaft zahlungsunfähig wird, wenn es zu einem Nachfragerückgang oder einem Ausfall wichtiger Schuldner kommt.240 Zudem besteht die Gefahr einer Überschuldung der Portfoliogesellschaft, da der Eigenkapitalpuffer der Gesellschaft im Vergleich zur Fremdkapitalquote gering ist.241 Dabei erhöht sich das Insolvenzrisiko der Portfoliogesellschaft nach einem Leveraged Buyout unabhängig davon, ob zur Überwindung des strukturellen Nachrangs der Darlehensforderungen der finanzierenden Kreditinstitute das Darlehens- oder das Sicherheitenmodell angewendet wird.242 Das konkrete Ausmaß der Zunahme des Insolvenzrisikos der Portfoliogesellschaft hängt vielmehr von der Höhe des Akquisitionsdarlehens sowie der Höhe der zukünftigen Erträge der Portfoliogesellschaft ab. Dagegen fällt das Verlustrisiko der Gläubiger der Portfoliogesellschaft im Rahmen des Sicherheitenmodells höher als im Rahmen des Darlehensmodells aus, da die finanzierenden Kreditinstitute ein vorrangiges Zugriffsrecht auf die einzelnen Vermögensgegenstände der Portfoliogesellschaft erlangen, sofern die Portfoliogesellschaft ihnen zur Überwindung des strukturellen Nachrangs dingliche Sicherheiten gewährt.243 238
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 85. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 85. 240 Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 83. 241 Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 72 f.; vgl. auch: Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 656; Fleischer, AG 1996, 494, 498; Schmolke, WM 2005, 1828, 1829; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 291. 242 Dagegen kommt es zu einer Steigerung des Insolvenz- und Verlustrisikos, wenn zur Überwindung des strukturellen Nachrangs das Sicherheitenmodell dahingehend modifiziert wird, dass nach dem eigentlichen Erwerbsprozess die Vermögenswerte der Zielgesellschaft unentgeltlich oder unter Wert auf die Erwerbsgesellschaft übertragen werden, damit diese den finanzierenden Kreditinstituten unmittelbar Sicherheiten an den Vermögenswerten bestellen kann. Denn durch ein solches Vorgehen wird das Gesellschaftsvermögen der Portfoliogesellschaft effektiv verkürzt, sodass die Verschuldung der Portfoliogesellschaft zu nimmt, siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 77 f. 243 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 74 ff. 239
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1. Teil: Grundlagen der Untersuchung
Zweitens steigert die geringe Eigenkapitalausstattung das Insolvenzrisiko der Portfoliogesellschaft aber auch mittelbar. Denn die finanziellen Mittel, welche die Portfoliogesellschaft für die Rückzahlung der beträchtlichen Verbindlichkeiten unter dem Akquisitionsdarlehen sowie für mögliche Ausschüttungen verwendet, stehen nicht für unternehmensinterne Investitionsprojekte zur Verfügung, sodass sich interne Investitionen entweder verzögern oder gar nicht umgesetzt werden können.244 Dadurch wird die Portfoliogesellschaft allgemein geschwächt und ihr Insolvenzrisiko langfristig noch zusätzlich erhöht. Zudem wird das Insolvenzrisiko mittelbar durch den Effekt verstärkt, dass „mit sinkender Eigenkapitalausstattung der Zielgesellschaft, die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass die Geschäftsleiter oder Anteilseigner gläubigerschädigende Strategien verfolgen“.245 Diese speziellen Risikofaktoren eines Leveraged Buyouts durch einen Private Equity Fonds beruhen auf dem Externalisierungspotential, welches das Haftungsprivileg ermöglicht.246 Während der Private Equity Fonds mit einem geringen Eigenkapitaleinsatz bei gutem Verlauf ein ganzes Unternehmen erwerben kann, profitieren die Gläubiger der Portfoliogesellschaft von einem guten Verlauf nur insofern, als dass ihre Forderungen beglichen werden. Dennoch trägt der Private Equity Fonds nur ein geringes, auf die Kapitaleinlage beschränktes, Haftungsrisiko. Den größten Teil des mit dem Leveraged Buyout verbundenen Risikos verlagert das Haftungsprivileg dagegen auf die Gläubiger der Portfoliogesellschaft. Das Haftungsprivileg weist daher einen Abschirmungseffekt auf, den sich Private Equity Fonds in besonderem Maße zu Nutze machen. So besehen zeichnet sich das gesonderte Insolvenzrisiko einer Portfoliogesellschaft nach einem Leveraged Buyout durch einen Private Equity Fonds nicht durch neue Risikoquellen aus, sondern durch eine dem Geschäftsmodell des Leveraged Buyouts geschuldete systematische Erhöhung des Risikos aufgrund der bestehenden Risikoquellen. Es besteht insoweit ein quantitativer und kein qualitativer Risikozuwachs,247 der sich daraus ergibt, dass der Portfoliogesellschaft im Rahmen eines Leveraged Buyout so viel Eigenkapital entzogen wird, wie unter Vermeidung einer Insolvenz gerade noch möglich ist. Ohne diese Einbindung des Gesellschaftsvermögens der Portfoliogesellschaft in die Akquisitionsfinanzierung könnte der Private Equity Fonds die Portfoliogesellschaft nicht mit einem so geringen Eigenkapitaleinsatz erwerben und keine so hohe Eigenkapitalrendite erzielen. Denn erst die 244 Holzner, Private Equity, S. 69; a. A.: Brealy/Myers, Financing and Risk Management, S. 141, wonach der Sparzwang zu besseren Investitionsentscheidungen führt. 245 Siehe Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 656, 658 f.; Holzner, Private Equity, S. 70 m. w. N. 246 Auf die Verwobenheit des Haftungsprivilegs mit den Externalisierungsmöglichkeiten eines Leveraged Buyouts weist im Gegensatz zu Holzner, Private Equity, S. 71 ff. insbesondere Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 78 ff. unter Verweis auf Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 656; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293 hin; vgl. Silvestri, EBOR 6 (2005), 101, 123. 247 Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 85 f.
3. Kap.: Gesondertes Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen
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Einbindung des Gesellschaftsvermögens ermöglicht die Aufnahme und Rückzahlung des Akquisitionsdarlehens, durch welches sich der Leverage-Effekt überhaupt erst einstellt. Schließlich nimmt der Leverage-Effekt mit zunehmender Schmälerung des Gesellschaftsvermögens der Portfoliogesellschaft zu. Tasma stellt dies zugespitzt wie folgt dar: „Der Leveraged Buyout ist per se ein Spiel auf des Messers Schneide248 und das Ausfallrisiko der Gläubiger der Zielgesellschaft ist insofern systematisch erhöht. Denn das gesamte Geschäftsmodell steht und fällt damit, dass das in der Zielgesellschaft gebundene Vermögen so weit wie möglich der gesellschaftsfremden Verwendung der Finanzierung des Unternehmenskaufs zugeführt wird. […] In kaum einer anderen Konstellation tritt der Konflikt zwischen Gläubiger- und Gesellschafterinteressen so offen hervor, wie beim Leveraged Buyout, bei dem die planmäßige Erhöhung des besonderen Ausfallrisikos der Gläubiger von AG und GmbH die tragende Grundlage eines Finanzierungskonzeptes darstellt.“249
Damit bestätigen diese Überlegungen250 die allgemeine Annahme, dass gehebelten Private Equity Transaktionen ein gesondertes Insolvenzrisiko innewohnt, sodass der in der Transaktionspraxis übliche Einsatz von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen auch mit Blick auf den Schutz der Gläubiger der Portfoliogesellschaft zu untersuchen sein wird.
248
redet. 249
So auch Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644, 647, der von dem „Spiel mit der Insolvenz“
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 86. In der Praxis scheint sich diese Annahme jedoch nicht zu bestätigen: Empirische Studien über Private Equity Transaktion kommen zu dem Ergebnis, dass Portfoliogesellschaften nach einer Leverage Transaktion ein höheres Umsatz- und Ertragswachstum aufweisen als Branchenvergleichsunternehmen und damit auch einer geringeren Insolvenzwahrscheinlichkeit unterliegen, vgl. dazu Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 292 f. Fn. 18 m. w. N. 250
2. Teil
Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts Im folgenden Teil werden die Grundsteine für die sich im dritten Teil anschließende Untersuchung der rechtlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz einer Portfoliogesellschaft eines Private Equity Fonds gelegt. Dazu wird zunächst die Ausgestaltung des gewachsenen Gesellschafterdarlehensrechts dargestellt. Anschließend wird die Diskussion um die Legitimationsgrundlage des Eigenkapitalersatzrechts nachgezeichnet und anschließend die Legitimationsgrundlage des neuen Gesellschafterdarlehensrechts herausgearbeitet. Auf dieser Grundlage werden sodann der Anwendungsbereich und die Wirkungsweise der beiden Instrumente des Gesellschafterdarlehensrechts – die Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und die Anfechtungsregelung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO – sowie ihr Verhältnis zueinander untersucht, um abschließend nicht nur den Stellenwert des Gesellschafterdarlehensrechts innerhalb des bestehenden Gläubigerschutzsystems, sondern vor allem das durch das Recht der Gesellschafterdarlehen verwirklichte Gläubigerschutzniveau bestimmen zu können. 1. Kapitel
Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts Das Gesellschafterdarlehensrecht1 ist kein einfach abzusteckendes Rechtsgebiet. Es ist vielmehr – wie noch zu zeigen sein wird – ein historisch gewachsenes System, das sich durch eine Vielzahl von Regelungen, die teilweise von der Rechtsprechung 1 Unter der Bezeichnung „Gesellschafterdarlehensrecht“ bzw. „Recht der Gesellschafterdarlehen“ fasst man im Allgemeinen das gesamte Rechtsgebiet der alten und neuen Rechtslage im Hinblick auf Gesellschafterdarlehen zusammen. Gewöhnlich werden die Begriffe primär aber auch für die Rechtslage nach dem MoMiG verwendet, siehe hierzu Menzel, Gesellschaftsfremde Dritte, S. 2. Der Ausdruck „Eigenkapitalersatzrecht“ hingegen bezeichnet die alte Rechtslage vor dem MoMiG. Wenn von der „Sonderbehandlung der Gesellschafterdarlehen“ die Rede ist, dann sind damit die Wirkungen – Insolvenzanfechtung und Nachrangigkeit gemeint. Siehe zu den unterschiedlichen Begrifflichkeiten u. a. Jockheck, Insolvenzanfechtung bei Gesellschafterdarlehen, S. 5. Bisweilen wird auch der Begriff der „Gesellschafterfremdfinanzierung“ verwendet, der ursprünglich aus dem betriebswirtschaftlichen Schrifttum und dem Steuerrecht stammt und den Begriff des „Eigenkapitalersatzrechts“ ebenso ersetzt hat. Er wird für gewöhnlich in einem steuerrechtlichen Kontext verwendet, siehe hierzu Thiessen, ZGR 2015, 396, 397 Fn. 3 m. w. N.
1. Kap.: Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts
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geschaffen Regeln und teilweise in unterschiedlichen Bereichen des Gesetzes normiert waren oder sind, auszeichnet und diese derart zusammenspielen,2 dass sie ein weit verästeltes Gesamtsystem des Gesellschafterdarlehensrechts bilden.3 Grundlage für die eingehende Untersuchung der Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz einer Portfoliogesellschaft eines Private Equity Fonds ist ein fundiertes Verständnis des Gesellschafterdarlehensrechts. Dies soll im Folgenden in seinen elementaren Grundzügen dargestellt werden.4 Dabei wird auch die Rechtslage vor dem MoMiG in den Blick genommen, da sich die gegenwärtige Rechtslage nur historisch erklären lässt5 und eine Gegenüberstellung der neuen und der alten Rechtlage wichtige Erkenntnisse für die Auslegung des neuen Rechts bringt.6
A. Rechtslage vor dem MoMiG Das Eigenkapitalersatzrecht war kein einheitlich geregelter Rechtsbereich.7 Es war ein Regelungssystem, welches aus zwei eigenständigen, sich teilweise überschneidenden Regelungssystemen bestand.8 Zusammen bildeten sie ein zweistufiges Schutzkonzept, welches Sonderregeln für Gesellschafterdarlehen vorsah.9
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Vgl. Ehricke, in: MüKo, InsO, 3. Aufl., § 39 Rn. 36. Vgl. Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 1. Instruktiv zur Historie des „Gesellschafterdarlehensrechts“ Thiessen, ZGR 2015, 396, 397 ff. Dieses sei nur vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung verständlich, vgl. dazu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 IV. 1. B), S. 1153; Habersack, ZHR 162 (1998), 201 ff.; Kleindiek, in: FS Lutter, S. 871 f.; Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 9. 4 Siehe auch Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 142. 5 Ausweislich der Gesetzesbegründung vgl. Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 42, handelt es sich bei der neuen Rechtslage mit den Worten Halmers, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 154 um eine „systemerhaltende Vereinfachung des ursprünglichen Rechts“; so auch Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 3. 6 S. u. 7 Dies zeigt u. a. die Tatsache, dass die Rechtsprechung im Steuerrecht schon frühzeitig eigene Grundsätze hinsichtlich der Behandlung von Gesellschafterdarlehen aufgestellt hat (RFH 1, S. 69 f.); Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 3 ff. 8 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 514, spricht von den „zwei Säulen“ auf welchen das Eigenkapitalersatzrecht ruhte; von Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 83 als Rechtsfolgensystemen bezeichnet. 9 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzes, S. 34; Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht, Rn. 154, sprechen auch von den zwei Säulen, auf denen das Eigenkapitalersatzrecht steht; zur Terminologie Buck, Kritik am Eigenkapitelersatzgedanken, S. 75 ff.; v. Gerkan, ZGR 1997, 173, 178 spricht von Zweispurigkeit. 3
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Das erste Regelungssystem bildeten die sogenannten Rechtsprechungsregeln.10 Dies waren Regeln, die der Bundesgerichtshof selbständig in richterlicher Rechtsfortbildung entwickelt hatte.11 Sie sahen in ihrem Grundsatz vor, die damaligen Vorschriften zur Kapitalerhaltung – §§ 30, 31 GmbHG a. F. – in analoger Weise auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens anzuwenden, sofern der Forderungsbegründung eine Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters zugrunde lag, da die Rückzahlung dann als eine Rückzahlung aus dem das Stammkapital deckenden Vermögen anzusehen sei.12 Da die Rechtsprechungsregeln an den Kapitalerhaltungsvorschriften Anlehnung fanden, bildeten sie ein überwiegend gesellschaftsrechtliches Schutzkonzept,13 das als solches eine präventive Wirkung entfaltete.14 Demzufolge erstreckte sich die Schutzwirkung nur auf die satzungsgemäße Stammkapitalziffer.15 Im Laufe der Zeit kamen die sogenannten Novellenregelungen als zweites Regelungssystem hinzu.16 Diese waren der Versuch des Gesetzgebers die Rechtspre10 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 268 ff.; BGH, Urt. v. 29. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 174 ff.; BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337 ff.; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 329 ff.; BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256/79, BGHZ 81, 252, 257; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 384 ff.; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 175 ff.; BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 57 ff.; BGH, Urt. v. 14. 12. 1992 – II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 33 ff.; BGH, Urt. v. 1. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 340 ff.; BGH, Urt. v. 19. 9. 1996 – II ZR 249/95, BGHZ 133, 298, 302 ff.; hinsichtlich der Entwicklung eingehend siehe statt aller Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 23 ff., 206 ff. 11 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 1; Hommelhoff, ZGR 1988, 460, 466 ff.; Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 10 f.; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 13 f. 12 Siehe dazu auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 58 ff.; Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 7. 13 So die wohl h. M.: Fischer, ZIP 2004, 1477, 1480; Seibert, ZIP 2006, 1157, 1162; K. Schmidt, Beilage ZIP 39/2010, 15; ders., in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 8; ders., GmbHR 2005, 797, 805; a. A. Haas, NZI 2001, 1, 7 ff., die ein insolvenzrechtliches Schutzkonzept im Blick hat; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1207. 14 Goette, ZHR 177 (2013), 740, 745; Goette/Kleindiek, Gesellschafterfinanzierung nach MoMiG, Rn. 153; Huber/Habersack, Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 373, 375; Kleindiek, in: FS Lutter, 871, 874. Ein derartiges präventives Schutzsystem ist darauf angelegt im Vorfeld Gläubigerschädigungen zu vermeiden, siehe Goette, ZGR 2006, 261, 262 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 45; Vetter, ZGR 2005, 788, 795; Bitter, ZHR 176 (2012) 578, 579; Möller, Die materiell unterkapitalisierte GmbH, S. 20 ff.; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, S. 283, 297; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 26 ff.; Vetter, ZGR 2005, 788, 795 f. 15 BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 332 ff.; Habersack, in: GKGmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 213; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl. §§ 32a, 32b Rn. 78. 16 Erstmals fanden die Novellenregeln durch die GmbH-Novelle 1980 im Rahmen des Gesetzes („Gesetz zur Änderung des GmbHG und anderer handelsrechtlicher Vorschriften“ vom 5. 7. 1980, BGBl. I, S. 836) Eingang. Später wurden die insolvenzrechtlichen Vorschriften
1. Kap.: Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts
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chungsregeln zu kodifizieren.17 Die Regelungen wurden an unterschiedlichen Stellen im Gesetz (etwa in §§ 32a, 32b GmbHG a. F.; §§ 129a, 172a HGB a. F.; §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO a. F.; § 6 AnfG a. F.) angesiedelt. Sie ordneten die insolvenzrechtliche Nachrangigkeit von Forderungen auf Rückgewähr eines eigenkapitalersetzenden Darlehens eines Gesellschafters sowie die Anfechtbarkeit der Rückzahlung eines eigenkapitalersetzenden Darlehens an einen Gesellschafter an.18 Im Gegensatz zu den Rechtsprechungsregeln waren sie nicht als ein gesellschaftsrechtliches, sondern als ein insolvenzrechtliches Schutzkonzept konzipiert.19 Dies hatte zur Folge, dass ihre Schutzwirkung nicht präventiver, sondern repressiver Natur war,20 und – im Gegensatz zur Schutzwirkung der Rechtsprechungsregeln – in unbegrenzter Höhe wirkte.21 Das Ziel der Novellenregelungen war es, die Rechtsprechungsregeln abzulösen und ein neues eigenständiges Regelungskonzept zu schaffen.22 Dieser Versuch, die Rechtsprechungsregeln abzulösen und im Gesetz zu normieren, misslang jedoch, da der Schutzumfang der kodifizierten Regeln von der Rechtsprechung als unzureichend erachtet wurde.23 Vielmehr wendete die Rechtsprechung die beiden Regelungssysteme nebeneinander an,24 woraus ein zweistufiges Schutzkonzept entstand. Auf der ersten Stufe wurden die in ihren Rechtsfolgen deutlich strengeren Rechtsprechungsregeln weiterhin – bis zum Erreichen der Stammkapitalziffer – vorrangig angewandt.25 Erst danach – auf der zweiten Stufe – griffen die Novellenregelungen. aus der Konkursordnung in das Insolvenzrecht übertragen, vgl. „Insolvenzordnung einschließlich Einführungsgesetz“ vom 5. 10. 1994, BGBl. I, S. 2866. Bis dahin oblag es ausschließlich der Rechtsprechung das Spannungsverhältnis auszuloten, vgl. Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 778. 17 Menzel, Gesellschaftsfremde Dritte, S. 11; Intention des Gesetzgebers war es die Rechtsprechungsregeln durch die Novellierung vollständig abzulösen, vgl. BT-Drucks. 8/1347 S. 39; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 2; Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 1, 9 spricht insoweit von einer nachträglichen Legitimation des Gesetzgebers. 18 Siehe hierzu Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 84. 19 So etwa Fastrich, in: FS Zöllner, 143, 158; Fischer, ZIP 2004, 1477, 1480; Goette/ Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht, Rn. 153; Haas, NZI 2001, 1, 10; ders., v. Gerkan/Hommelhoff, Rn. 15.8 ff.; Ulmer, NJW 2004, 1201, 1210; K. Schmidt, ZHR 168 (2004), 493, 497; a. A. etwa Meilicke, GmbHR 2003, 1271, 1272; Paefgen, ZIP 2004, 2253, 2261; Riedemann, GmbHR 2004, 345, 349; Westermann, GmbHR 2005, 4, 15. 20 Hommelhoff/Kleindiek, in: FS GmbHG, S. 421, 428; siehe Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/ Hommelhoff, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 13. 21 Kleindiek, in: FS Lutter, 871, 873; ders., ZGR 2006, 335, 351 f.; siehe Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, 17. Aufl., §§ 32a/b Rn. 13. 22 Siehe hierzu Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 63 ff.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., 32a, 32b, Rn. 15. 23 Zur Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln grundlegend BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370; K. Schmidt, ZIP 1981, 689, 696 f.; Hommelhoff/Kleindiek, FS GmbHG, 421, 429. 24 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 3. 25 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 3.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Insgesamt stand das Eigenkapitalersatzrecht somit auf zwei Beinen: Auf einem präventiven gesellschaftsrechtlichen und einem repressiven insolvenzrechtlichen Schutzsystem.
I. Rechtsprechungsregeln 1. Tatbestand Zentrales Tatbestandsmerkmal der Rechtsprechungsregeln war, dass der Gesellschafter seiner Gesellschaft ein Darlehen in der Krise der Gesellschaft gewähren musste.26 Ulbrich merkt diesbezüglich zutreffend an, dass „[d]ieses Tatbestandsmerkmal (…) deswegen zentral (ist), weil es den Zeitpunkt markiert in dem sich die rechtliche Bewertung einer Darlehensforderung nach dem Konzept des Eigenkapitalersatzes ändert“.27 Eine solche Krise der Gesellschaft lag eindeutig vor, wenn die Gesellschaft insolvenzreif war, d. h. wenn sie zahlungsunfähig28 oder überschuldet29 war. Darüber hinaus befand sich eine Gesellschaft aber auch schon dann in der Krise, wenn sie nicht mehr kreditwürdig in dem Sinne war,30 dass sie aus einer objektiven ex-ante Sicht nicht mehr in der Lage war, ein vergleichbares Darlehen von Seiten Dritter zu marktüblichen Konditionen zu erhalten.31 Dieser Grundtatbestand wurde später von der Rechtsprechung sowohl in sachlicher als auch in personeller Hinsicht erweitert. Auf sachlicher Ebene waren in einem ersten Schritt auch Darlehen, die ein Gesellschafter seiner Gesellschaft vor der Krise der Gesellschaft gewährt hatte, erfasst, 26
Cahn, AG 2005, 217, 217; Pentz, GmbHR 2013, 393, 395; K. Schmidt, GesR, § 37 IV 1 a). Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 84 f. 28 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 269; BGH, Urt. v. 29. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 177 f. 29 BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337; BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 59 f. 30 Ständige Rechtsprechung BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 330; BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256/79, BGHZ 81, 252, 255, 264; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 317 f.; BGH, Urt. v. 28. 9. 1981 – II ZR 223/80, BGHZ 81, 365, 367; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 390; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 185. In der Literatur Goette/ Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht, Rn. 47; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 38; Lutter/Hommelhoff, ZGR 1979, 39. 31 BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 329 ff.; BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256/79, BGHZ 81, 252, 262 f.; BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 314 f.; BGH, Urt. v. 28. 9. 1981 – II ZR 223/80, BGHZ 81, 365, 366 f.; BGH, Urt. v. 26. 3. 1994 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 390; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 175; BGH, Urt. v. 07. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7, 11; BGH, Urt. v. 13. 7. 1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201, 203; BGH, Urt. v. 25. 6. 2001 – II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 168; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., §§ 32a/b a. F.; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 1; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl. §§ 32a, 32b Rn. 38, 41 m. w. N. 27
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wenn er diese in der Krise stehen ließ.32 Voraussetzung war, dass der Gesellschafter – ebenso wie bei der Gewährung eines Darlehens – eine Finanzierungsentscheidung traf. Das war der Fall, wenn der Gesellschafter das Darlehen nicht zurückforderte, obwohl er es hätte kündigen können, und es für ihn subjektiv erkennbar war, dass die Gesellschaft auf eine Krise zusteuert.33 In einem zweiten Schritt waren – mit dem Ziel Umgehungsfälle zu vermeiden – auch solche Handlungen eines Gesellschafters erfasst, die einer Darlehensgewährung im Einzelfall wirtschaftlich entsprachen.34 Schließlich wurde der Grundtatbestand auch insoweit in sachlicher Hinsicht erweitert, als dass die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der Rechtsprechungsregeln, die ursprünglich im GmbH-Recht gründeten, zunehmend auch auf andere haftungsbeschränkte Gesellschaftsformen wie die AG, GmbH & Co. KG und die stille Gesellschaft ausweitete.35 Auf personeller Ebene weitete die Rechtsprechung den Anwendungsbereich in zweierlei Hinsicht aus. Zum einen wurden Gesellschafter mit in den Anwendungsbereich einbezogen, die zwar nicht selbst als Darlehensgeber auftraten, aber die Darlehensvergabe wirtschaftlich finanzierten, indem sie eine Mittelsperson – wie einen Treuhänder oder einen Familienangehörigen – vorschoben oder eine Mittelsperson auf Rechnung des Gesellschafters tätig wurde.36 Zum anderen wurden Darlehensgeber, die nicht Gesellschafter waren, nach einer wirtschaftlichen Be32 BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 336 ff. (Grundsatzentscheidung). Nach Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 89, handelt es sich hier um eine zeitliche Erweiterung. 33 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 60 m. w. N.; Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 78 f. m. w. N. 34 Grundlegend BGH, Urt. v. 27. 09. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 174 ff. Das waren alle Rechtshandlungen, die eine Darlehensgewährung des Gesellschafters darstellten (Stundungen von Forderungen aus Austauschverträgen, Fälligkeitsvereinbarungen in Austauschverträgen), gestundete Forderungen aus einer Nutzungsüberlassung von Gegenständen (Mobilien oder Grundstücke) im Wege der Vermietung oder Verpachtung durch den Gesellschafter (BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55 ff.; BGH, Urt. v. 14. 12. 1992 – II ZR 298/91, BGHZ 121, 31 ff.; BGH, Urt. v. 11. 7. 1994 – II ZR 146/92, BGHZ 127, 1 ff.; BGH, Urt. v. 11. 7. 1994 – II ZR 162/92, BGHZ 127, 17 ff.) oder nicht durchgesetzte und somit gestundete Arbeitsentgeltansprüche der Gesellschafter-Geschäftsführer, wenn sie einem Drittvergleich nicht standhielten, vgl. dazu Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 399 f. m. w. N. 35 BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 174 ff. (in Bezug auf die GmbH & Co. KG); BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 384 ff. (in Bezug auf die AG); BGH, Urt. v. 9. 5. 2005 – II ZR 66/03, BGH ZIP 2005; 1316, 1317 f.; OLG Hamm, Urt. v. 13. 9. 2000 – 8 U 79/99, NZI 2000, 599 (in Bezug auf die atypische stille Beteiligung); BGH, Urt. v. 26. 1. 2009 – II ZR 231/07, BGHZ 179, 278 (in Bezug auf eine atypische GbR); Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 62; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., 32a/b Rn. 14; ders., ZHR 162 (1998), 201, 215 ff.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 20. 36 Das hat die Rechtsprechung für den Fall, dass die der Gesellschaft in einer Krise zur Verfügung gestellten Finanzierungsmittel im wirtschaftlichen Ergebnis aus dem Vermögen ihres Gesellschafters stammen, bejaht (BGH, Urt. v. 20. 9. 1993 – II ZR 151/92, BGHZ 123, 289, 295; BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336). Dies gilt insbesondere, wenn ein Dritter die Finanzierungsmittel für Rechnung des Gesellschafters gewährt (BGHZ 127, 336); auch BGH, Urt. v. 26. 6. 2000 – II ZR 21/99, NJW 2000, 3278, 3279.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
trachtungsweise einem Gesellschafter gleichgestellt, wenn sie über einen gesellschafterähnlichen Einfluss verfügten.37 In der ersten Konstellation wurde die Darlehensgeberstellung dem Gesellschafter zugerechnet, da der Dritte nur als Zahlungsmittler tätig wird. Folglich fiel der Gesellschafter in den personellen Anwendungsbereich der Rechtsprechungsregeln. In der zweiten Konstellation wurde dagegen der Darlehensgeber mit einem Gesellschafter gleichgestellt, sodass der Darlehensgeber wie ein Gesellschafter in den personellen Anwendungsbereich miteinbezogen wurde. 2. Rechtsfolgen Gewährte ein Gesellschafter ein Darlehen in der Krise der Gesellschaft, so bewirkte das Eigenkapitalersatzrecht, dass das vom Gesellschafter als Fremdkapital gewährte Darlehen funktional in haftendes Eigenkapital umgewandelt wurde.38 Ein solches Darlehen wurde als „eigenkapitalersetzend“ bezeichnet.39 An dieser Umqualifizierung orientierten sich auch die Rechtsfolgen. In erster Linie durfte die Gesellschaft in analoger Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG a. F. das Darlehen dann nicht an den Gesellschafter zurückzahlen, wenn das Gesellschaftsvermögen dadurch unter die satzungsgemäße Stammkapitalziffer absinken würde.40 Diese Rechtsfolge wurde als Durchsetzungssperre bzw. als Auszahlungsverbot bezeichnet.41 Sie wurde darüber hinaus durch einen analogen Rückerstattungsanspruch nach § 31 Abs. 1 und Abs. 5 S. 1 Alt. 1 GmbHG a. F. 37 Das hat die Rechtsprechung für Treugeber sowie für Nießbraucher und Pfandgläubiger bejaht, soweit ihnen Befugnisse eingeräumt sind, die es ihnen ähnlich einem Gesellschafter erlauben, die Geschicke der Gesellschaft (mit-)zubestimmen (BGH, Urt. v. 27. 11. 2000 – II ZR 179/99, BGH, BB 2001, 166; BGH, Urt. v. 28. 2. 2005 – II ZR 103/02, ZIP 2005, 660, 661; BGH, Urt. v. 9. 5. 2005 – II ZR 66/03, ZIP 2005, 1316, 1317; näher zur Einbeziehung von NichtGesellschaftern Fleischer, ZIP 1998, 313, 317). Des Weiteren hat die Rechtsprechung dies bei verbundenen Unternehmen bejaht, wenn das Darlehen von einer Gesellschaft stammt, das mit einer an der Insolvenzschuldnerin beteiligten Gesellschaft verbunden ist und zwischen der finanzierenden und der an der Insolvenzschuldnerin beteiligten Gesellschaft eine „maßgebliche Beteiligung“ bzw. eine „wirtschaftliche Einheit“ besteht (BGH, Urt. 18. 2. 1991 – II ZR 259/89, NJW-RR 1991, 744, 745; BGH, Urt. v. 21. 6. 1999 – II ZR 70/98, NJW 1999, 2822; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 176). 38 Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht, Rn. 7; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 12; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 2; Weitnauer, BKR 2005, 43. 39 An dieser Umqualifizierung knüpft auch der prägende Begriff des Eigenkapitalersatzrechts an. 40 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 32 a Rn. 95; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 1. 41 Ständige Rechtsprechung BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 268 ff.; BGH, Urt. v. 27. 9. 1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 174 ff.; BGH, Urt. v. 24. 3. 1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 329 ff.; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 384 ff., Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 206 ff.; Huber, in: FS Priester, 259, 270 ff.; K. Schmidt, GesR, 530 ff., 1153, 1167 f.
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untermauert, wenn das Darlehen entgegen des Auszahlungsverbots dennoch zurückbezahlt worden war.42 Daneben hafteten die an der Rückzahlung beteiligten Geschäftsführer nach § 43 Abs. 3 GmbHG a. F. analog.43 Abgesichert wurden die Rechtsfolgen schlussendlich durch eine anteilige Ausfallhaftung der übrigen Gesellschafter nach § 31 Abs. 3 und Abs. 5 S. 1 Alt. 2 GmbHG a. F.44
II. Novellenregelungen 1. Tatbestand Die Novellenregelungen bauten tatbestandlich auf den Rechtsprechungsregeln auf, indem sie eine Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters in der Krise voraussetzten.45 Gemäß § 32a Abs. 1 GmbHG a. F. war es entscheidend, dass ein Gesellschafter seiner Gesellschaft ein Darlehen in der Krise gewährte. Was die Novellenregelungen nunmehr unterschied, war die Definition der Krise. Diese wurde in § 32a Abs. 1 GmbHG a. F. hinsichtlich einer Gesellschaft als derjenige Zeitraum normiert, „in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten“. Diese Definition orientierte sich maßgeblich an dem Finanzierungsverhalten ordentlicher Kaufleute. Die Rechtsprechung hielt diese Definition jedoch für untauglich46 und zog bei der Auslegung des Begriffs der Krise weiterhin die bisherigen Kriterien der Insolvenzreife und der Kreditunwürdigkeit heran.47 Damit unterschied sich der Grundtatbestand formal gesehen zwar minimal von den Rechtsprechungsregeln, im praktischen Ergebnis war er jedoch identisch. In sachlicher Hinsicht umfasste der Tatbestand nach § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. auch Rechtshandlungen eines Gesellschafters oder Dritten, die einem Gesellschafterdarlehen im Sinne des § 32a Abs. 1 GmbHG a. F. wirtschaftlich entsprachen.48 Zudem fanden die §§ 32a, 32b GmbHG a. F. – im Gleichlauf mit den 42 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 1; für die AG wurden §§ 57 Abs. 1, 62 Abs. 1 und Abs. 3 AktG entsprechend angewandt, vgl. Bayer, in: MüKo-AktG, § 57 Rn. 242; Fleischer, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 57 Rn. 62; Henze, in: GK-AktG, § 57 Rn. 144. 43 Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 103; vgl. BGH, Urt. v. 25. 6. 2001 – II ZR 38/99, BGHZ 148, 167, 169 f. 44 Vgl. Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 11. 45 Siehe Haas, DJT-Gutachten, S. E 56, E 61 ff.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 66. 46 Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 377 f. 47 Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl., § 32a Rn. 32; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 38. 48 Dies war beispielsweise bei der Stundung von Forderungen aus Austauschverträgen oder Fälligkeitsvereinbarungen in Austauschverträgen der Fall (vgl. s. o.). Ausführlich zu den Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprachen, Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 101 ff.; Johlke/Schröderin, in: v. Gerkan/Hommelhoff, Rn. 5.48 ff.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 113 ff.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Rechtsprechungsregeln – auch auf andere haftungsbeschränkte Gesellschaftsformen entsprechend Anwendung.49 Der personelle Anwendungsbereich orientierte sich hinsichtlich der Zurechnung der Darlehensgeberstellung gegenüber dem Gesellschafter und der Gleichordnung50 eines Dritten mit einem Gesellschafter am Anwendungsbereich der Rechtsprechungsregeln.51 In der weiteren Entwicklung wurde der personelle Anwendungsbereich in doppelter Hinsicht begrenzt: Zum einen wurden nicht geschäftsführende Gesellschafter, die mit 10 % oder weniger am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt waren, ausgenommen (Kleinbeteiligtenprivileg52 – § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F.).53 Zum anderen wurden auch solche Gesellschafter ausgenommen, die sich erst im Zeitraum der Krise an der Gesellschaft beteiligten und die Absicht hegten die Gesellschaft zu sanieren (Sanierungsprivileg54 – § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG a. F.).55 Die beiden Ausnahmetatbestände galten mit der Einführung der Novellenregeln auch für die Rechtsprechungsregeln.56 2. Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen waren dagegen völlig anders ausgestaltet.57 Diese entfalteten ihre Wirkung im Gegensatz zu den Rechtsprechungsregeln erst im eröffneten Insolvenzverfahren.58 Im Zentrum stand § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO a. F., wonach die Forderung des Gesellschafters auf Rückgewähr eines eigenkapitalersetzenden Ge49 Vgl. Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 141 ff.; Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 375. 50 Auf der Grundlage der Generalklausel des § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. musste der Dritte nach gefestigter Rechtsprechung des BGH dafür durch vertragliche Gestaltungen in einer solchen Weise „in den mitgliedschaftlichen Verbund einbezogen“, BGH, Urt. v. 1. 11. 1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7, 10 f. sein, dass ihm „weitreichende Befugnisse zur Einflussnahme auf die Geschäftsführung und die Gestaltung der Gesellschaft eingeräumt sind, insbesondere wenn er wie ein Gesellschafter die Geschicke der Gesellschaft mitzubestimmen berechtigt ist“, und er an Gewinnen und Vermögen beteiligt ist, BGH, Urt. v. 13. 7. 1992 – II ZR 251/91, BGHZ 119, 191, 195 f. 51 Vgl. Halmer, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 164 f.; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 25. 52 Die Einführung des Kleinbeteiligtenprivilegs in das GmbHG erfolgte 1998 durch das Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz (KapAEG) – Gesetz vom 20. 4. 1998, BGBl. I 707. 53 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 92 f. 54 Das Sanierungsprivileg wurde 1988 durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) – Gesetz vom 27. 4. 1998, BGBl. I, 786 eingeführt. 55 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 93. 56 BGH, Urt. v. 11. 7. 2005 – II ZR 285/03, NJW-RR 2005, 1485, 1485 f. (bezüglich des Kleinbeteiligtenprivilegs); BGH, Urt. v. 21. 11. 2005 – II ZR 277/03, BGHZ 165, 106 = NJW 2006, 1283, 1284 (bezüglich des Sanierungsprivilegs). 57 Die abweichenden Rechtsfolgen zwischen Rechtsprechungsregeln und Novellenregelungen zusammenfassend Bork, ZGR 2007, 250, 262 f.; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 351 ff. 58 Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 84; außerhalb des Insolvenzverfahrens galt § 6 AnfG a. F.
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sellschafterdarlehens im Insolvenzverfahren nachrangig war.59 Davor gab es jedoch keinerlei Rückzahlungsbeschränkungen.60 Außerhalb des Insolvenzverfahrens handelte es sich nach den gesetzlichen Regelungen bei eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen um ganz normale Darlehen. Daneben stand die Anfechtungsregel des § 135 InsO a. F. Hiernach konnte ein Insolvenzverwalter eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens oder einer gleichgestellten Forderung eine Sicherung innerhalb der letzten zehn Jahre oder eine Befriedigung innerhalb des letzten Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährt hat, anfechten.61
B. Rechtslage nach dem MoMiG Im Rahmen der GmbH-Reform durch das MoMiG62 hatte der Gesetzgeber auf dem Regelungsgebiet der Gesellschafterdarlehen im Grundansatz eine ähnliche Intention wie der Novellengesetzgeber. Er wollte Klarheit auf dem Gebiet der Gesellschafterdarlehen schaffen. Darüber hinaus zielte das MoMiG maßgeblich darauf ab, das bisherige, komplexe zweistufige Schutzsystem deutlich zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.63 Im Ausgangspunkt wurde deshalb das alte Regelungssystem aufgehoben.64 Dies geschah nicht nur dadurch, dass die alten Normen aufgehoben65 und stattdessen neue 59 Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32 a/b Rn. 39 ff.; K. Schmidt, ZHR 147 (1983), 165, 182. 60 Beck, Kritik des Eigenkapitalersatzrechts, S. 93; Hommelhoff/Kleindiek, in: FS GmbHG, S. 421, 428; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 94. 61 Dahinter verbarg sich die unmittelbare Vermutung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Darlehen, das entweder gewährt oder stehengelassen wurde, dann im Zeitpunkt der Rückzahlung eigenkapitalersetzend war, wenn innerhalb der Jahresfrist das Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder aber ein Gläubiger die Rückzahlung angefochten hat, vgl. BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 381; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, 16. Aufl., §§ 32a/b Rn. 101; Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1290; anders für eine widerlegbare Vermutung Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 25 ff.; Pentz, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, 4. Aufl., § 32a Rn. 66; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 54. Sofern die Insolvenzmasse nicht ausreichend war, um ein Insolvenzverfahren durchzuführen, konnte jeder Gesellschaftsgläubiger auf ein ähnlich ausgestaltetes Anfechtungsrechts nach § 6 AnfG zurückgreifen. 62 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026 ist in bedeutendem Maße dem Gesellschafterdarlehensrecht gewidmet, Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26. 63 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26. 64 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 42, 52, 56 f.; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602; Heckschen, DStR 2007, 1442, 1448; Kampshoff, GmbHR 2010, 897, 897. 65 Die Normierungen der Novellenregeln in §§ 32a, 32b GmbHG; §§ 129a, 172a HGB a. F. wurden aufgehoben.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
geschaffen wurden.66 Der Gesetzgeber ging noch einen Schritt weiter und schaffte die alten Rechtsprechungsregeln ausdrücklich durch die Vorschriften in § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG, § 57 Abs. 1 S. 4 AktG („Nichtanwendungserlasse“)67 ab.68 Dadurch hat er die Sonderbehandlung der Gesellschafterdarlehen aus dem Recht der Kapitalerhaltung herausgelöst und sie auf ein rein insolvenz- und anfechtungsrechtliches Fundament gestellt.69 Im Folgenden werden zunächst die Neuregelungen dargestellt und sodann die wichtigsten Folgen der Neuregelungen für das Gesellschafterdarlehensrecht aufgezeigt.
I. Neuregelung 1. Nachrangregel a) Tatbestand Im Zentrum der Neuregelung70 steht die neu ausgestaltete Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.71 Hiernach sind sämtliche Forderungen72 eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens oder aus einer Rechtshandlung, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entspricht, in sachlicher Hinsicht vom Tatbestand erfasst.73 Dabei kommt es nicht mehr darauf an, ob das Darlehen im Zeitraum der 66
§§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 44a, 135 InsO; §§ 6, 6a AnfG. So Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anhang zu § 30 Rn. 2. 68 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 42; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 4. Dass der Gesetzgeber eine nicht kodifizierte Norm explizit aufgehoben hatte, war ein Novum. 69 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26, 42, 51, 57 f.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 10; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655 f.; Bork, 251 f.; Gehrlein, BB 2008, 846, 846; ders., in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 4; Habersack, ZIP 2008, 2385, 2386; ders., ZIP 2007, 2145, 2147; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b a. F. Rn. 2, 256; „Nachdem es als ,Eigenkapitalersatzrecht‘ zunächst im GmbH-Recht entwickelt und später auf die AG übertragen wurde, findet es sich seit dem MoMiG rechtsformunabhängig in der Insolvenzordnung normiert.“, Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 782 f. 70 Daneben wurde die mittelbare Finanzierung in §§ 44a, 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO, die besondere Regel der Gebrauchsüberlassung in § 135 Abs. 3 InsO normiert, siehe dazu Habersack, in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 30. 71 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26, 56 f.; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655 f.; Bork, ZGR 2007, 251 ff.; Haas, ZInsO 2007, 617, 618; Habersack, in: GKGmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 30; Seibert, ZIP 2006, 1157, 1161; K. Schmidt, ZIP 2006, 1925, 1928 f.; ders., in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 238, 242, 256; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 35. 72 Siehe hierzu die tatbestandlichen Einschränkungen des Sanierungs- und Kleinbeteiligtenprivilegs. 73 Diesbezüglich wurde der persönliche und sachliche Anwendungsbereich der Vorgängerregelung (§ 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a. F.) übernommen, vgl. Begründung zum RegE 67
1. Kap.: Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts
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Krise der Gesellschaft gewährt wurde, sondern allein darauf, dass im Zeitpunkt der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft eine Darlehensrückgewährforderung eines Gesellschafters besteht.74 Dadurch, dass das zentrale Tatbestandsmerkmal des alten Rechts – die Krise der Gesellschaft (vgl. § 32a Abs. 1 GmbHG a. F.) – abgeschafft wurde, ist nunmehr die Unterscheidung zwischen einem normalen und einem eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen obsolet.75 Der Gesetzgeber hat den Tatbestand in sachlicher und personeller Hinsicht im Wesentlichen76 in dreifacher Weise eingeschränkt: Zum einen sind nach § 39 Abs. 4 S. 1 InsO ausschließlich Gesellschafter solcher Gesellschaften erfasst, „die über keinen persönlich haftenden Gesellschafter verfügen, der eine natürliche Person oder eine andere Gesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftender Gesellschafter ist.“77 Zum anderen wurde das Sanierungsprivileg aus § 32a Abs. 3 S. 3 GmbHG a. F. nunmehr in § 39 Abs. 4 S. 2 InsO mit derselben Wirkung wie im alten Recht verankert. Erwirbt ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder bei Überschuldung der Gesellschaft Anteile zum Zweck ihrer Sanierung, führt dies bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft dazu, dass seine Rückgewährforderungen aus bestehenden oder neu gewährten Darlehen oder auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nicht dem Tatbestand des § 39 Abs. 5 InsO unterliegen. Ebenso wurde mit dem Kleinbeteiligtenprivileg verfahren. Dieses wurde aus § 32a Abs. 3 S. 2 GmbHG a. F. in § 39 Abs. 5 InsO überführt. Demnach sind alle Forderungen von Gesellschaftern, „die weder an der Geschäftsführung noch mit 10 % oder mehr am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sind“ vom Tatbestand ausgenommen. Auch die Erweiterungen des personellen Anwendungsbereichs durch die Zurechnung der Darlehensgeberstellung zum Gesellschafter und der Gleichordnung eines Dritten mit einem GeMoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 56; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1659; Bork, ZGR 2007, 250, 253 f.; Freitag, WM 2007, 1681, 1682; Habersack, ZIP 2008, 2385, 2387; ders., ZIP 2007, 2145, 2148; K. Schmidt, ZInsO 2007, 975, 977; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anhang zu § 30 Rn. 8. 74 Dies aus der jüngeren Rechtsprechung hervorhebend: „Nach den eindeutigen gesetzlichen Vorgaben der § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 und 2 InsO kommt es auf die Krise der Gesellschaft nicht mehr an.“, BGH, Beschl. v. 30. 4. 2015 – IX ZR 196/13, ZIP 2015, 1130 Rn. 5. 75 Daher wird die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen nicht mehr als Eigenkapitalersatzrecht, sondern als (Sonder-)Recht der Gesellschafterdarlehen bezeichnet, Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26, 42, 56 f.; vgl. auch Habersack, ZIP 2008, 2385, 2387; ders., ZIP 2007, 2145, 2146 f.; Huber, in: FS Priester, S. 259, 261; Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 482. 76 Darüber hinaus finden sich auch Tatbestandeinschränkungen in § 18 Abs. 2 und 3 FMStG und in § 24 UBGG. 77 Rechtsformneutraler Ansatz Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 31, 39 ff., in dem die Regelung der gesetzgeberischen Intention folgt, einheitliche Rechtsfolgen für alle haftungsbeschränkten Gesellschaftsrechtsformen zu schaffen, vgl. hierzu Gehrlein, BB 2008, 846, 849; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2147 f.; Huber, in: FS Priester, 259, 260; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 111 f.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
sellschafter, die vor dem MoMiG von der Rechtsprechung vorgenommen wurden, werden von der Rechtsprechung im Rahmen des Gesellschafterdarlehensrechts weiterhin angewandt und weiterentwickelt.78 Auf diese Fallgruppen wird im Verlauf der Arbeit noch genauer eingegangen.79 b) Rechtsfolge § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ordnet als Rechtsfolge an, dass die ihm unterliegenden Forderungen nachrangig im Insolvenzverfahren befriedigt werden. Sie treten hinter die Forderungen der übrigen Insolvenzgläubiger nach § 38 InsO zurück. Im Ergebnis ordnet § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO eine Ausnahme zum im Insolvenzrecht vorherrschenden Prinzip der Gläubigergleichbehandlung an, in dem Gläubiger einer nachrangigen Forderung erst nach den übrigen Gläubigern befriedigt werden.80 Eine Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital, wie es sie unter dem alten Recht gab, erfolgt dagegen nicht mehr.81 2. Anfechtungsregel a) Tatbestand Neben der Nachrangregel sieht das neue Gesellschafterdarlehensrecht weiterhin in § 135 Abs. 1 InsO eine Anfechtungsmöglichkeit vor.82 Sie ist – vorbehaltlich der allgemeinen Anfechtungstatbestände nach §§ 130 ff. InsO – nach Geltung des neuen Rechts die einzige Möglichkeit bereits erfolgte Rückzahlungen von Darlehensforderungen an einen Gesellschafter im Vorfeld der Insolvenz der Gesellschaft wieder zurückzufordern. Hiernach kann eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder eine gleichgestellte Forderung eine Sicherung innerhalb der letzten zehn Jahre (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder eine Befriedigung innerhalb des letzten Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) gewährt hat, angefochten werden. Auch im Rahmen der Anfechtung der Sicherung oder Befriedigung einer Darlehensrückgewährforderung eines Gesellschafters ist nunmehr allein auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und nicht mehr auf den Terminus des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens abzustellen. 78
Siehe Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn 180 ff. S. u. 80 Haas, ZIP 2017, 345, 345. 81 Ehricke, in: MüKo, InsO, 3. Aufl., § 39 Rn. 36; Claussen, in: FS Westermann, S. 861, 867 f.; Huber, in: FS Priester, S. 259, 274 f.; K. Schmidt, ZIP 2006, 1925, 1934; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 117 f.; a. A. etwa Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 445. 82 Außerhalb der Insolvenzverfahren besteht eine Anfechtungsmöglichkeit nach §§ 6, 6a, 11 AnfG; Habersack, in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 30. 79
1. Kap.: Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts
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b) Rechtsfolge Die Rechtsfolge der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO ergibt sich grundsätzlich aus der Systematik des allgemeinen Insolvenzanfechtungsrechts nach § 143 Abs. 1 InsO im Zusammenspiel mit dem Gesellschafterdarlehensrecht.83 Hiernach muss das aus der anfechtbaren Rechtshandlung Erlangte an die Insolvenzmasse zurückgewährt werden.84
II. Unterschiede zwischen der Rechtslage vor und nach dem MoMiG Im Rahmen des MoMiGs ist das Gesellschafterdarlehensrecht aus einem kapitalschutz- und insolvenzrechtlichen System85 in ein rein insolvenzrechtliches, repressiv ansetzendes System überführt worden, das seine Wirkung grundsätzlich erst dann entfaltet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschaft eröffnet wird.86 Das hat der Gesetzgeber dadurch erreicht, dass er die Rechtsprechungsregeln für nicht mehr anwendbar erklärt hat.87 Damit sind die damaligen Vorschriften zur Kapitalerhaltung – §§ 30, 31, GmbHG, § 57 AktG a. F. – nicht mehr in analoger Weise auf die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens anzuwenden, wenn der Gesellschafter seiner Gesellschaft im Zeitpunkt der Krise ein Darlehen gewährt oder belässt.88 Zudem hat der Gesetzgeber in §§ 39, 135 InsO das Merkmal des Kapitalersatzes ersatzlos gestrichen.89 Dies ergibt sich explizit aus der Gesetzesbegründung, wonach die Rechtsfigur des kapitalersetzenden Darlehens abgeschafft werden sollten.90 Das neue Gesellschafterdarlehensrecht stellt also nicht mehr darauf auf, dass sich die Gesellschaft bei der Darlehensgewährung oder – belassung in der Krise befindet.91 Damit handelt es sich nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht bei Gesellschafterdarlehen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens um Fremdkapital, welches nicht in haftendes Eigenkapital umqualifiziert werden
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Siehe hierzu im Detail oben. Ausführlich dazu s. u. 85 Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anhang zu § 30 Rn. 2 spricht nur von einer insolvenzrechtlichen Lösung. 86 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 514; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 197. 87 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26, 42; siehe hierzu Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 103 m. w. N. 88 BGH, Urt. 21. 3. 2013 – II ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff.; Habersack, in: GK-GmbHG MoMiG, § 30 Rn. 38. 89 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 133. 90 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 26, 42. 91 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 133. 84
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
kann.92 Andererseits unterliegen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Gesellschafterdarlehen den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts; unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb einer wirtschaftlichen Krise gewährt worden sind.93 So sind sämtliche Darlehensrückgewährforderungen der Gesellschafter, die im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags über das Vermögen der Gesellschaft bestehen, im Rahmen des Insolvenzverfahrens nachrangig zu befriedigen und sämtliche Befriedigungen von Gesellschafterdarlehensforderungen im Jahreszeitraum vor der Antragstellung auf Insolvenzeröffnung anfechtbar. In der Konsequenz wird es dem Gesellschafter nach der Gewährung eines Darlehens verwehrt, sich somit in der Insolvenz der Gesellschaft und rückwirkend für den Jahreszeitraum vor der Stellung des Insolvenzantrags auf die Rolle eines außenstehenden Gläubigers zu berufen.94 Dieses insolvenzrechtliche System hat zur Folge, dass die Eigenheiten der Rechtsprechungsregeln wegfallen.95 So können Gesellschafterdarlehen vor der Eröffnung der Insolvenz nicht mehr wie Eigenkapital behandelt werden,96 weshalb eine Rückzahlung nicht mehr als eine verbotene Einlagenrückgewähr gemäß §§ 30, 31 GmbHG a. F. analog zu werten ist und dementsprechend weder ein Auszahlungsverbot und Leistungsverweigerungsrecht des Geschäftsführers noch ein daran anknüpfender Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter und ein Erstattungsanspruch gegen den Geschäftsführer bestehen.97 Folglich kann ein Gesellschafterdarlehen nach der neuen Rechtslage – anders als nach der alten Rechtslage – grundsätzlich auch dann zurückbezahlt werden, wenn sich die Gesellschaft in einer wirtschaftlichen Krise bzw. in der Unterbilanz befindet.98 Zudem ist die Ausfall92
Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 104 m. w. N. 93 Vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 108. 94 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 161. 95 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 387. 96 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 387; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 201. 97 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 387; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 199 f. Der MoMiG-Gesetzgeber hat die in den Rechtsprechungsregeln enthaltene Durchsetzungssperre im Vorfeld der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ersatzlos gestrichen, vgl. Nichtanwendungsbefehl in § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG. Diese (abgeschaffte) vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre kann auch nicht anderweitig konstruiert werden, siehe hierzu ausführlich unten in Fn. 334. 98 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 105; Schönfelder, WM 2013, 112, 115 f. Mit der Aufgabe der Rechtsprechungsregeln soll das Gesellschafterdarlehensrecht nur noch in der Insolvenz einer Gesellschaft eine Rolle spielen, vgl. Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 57; Huber/Habersack, in: Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 370, 422; Huber, in: FS Priester, S. 259, 272 ff.; Kallmeyer, DB 2007, 2755, 2757 f.; Kampshoff, GmbHR 2010, 897; Oppenhoff, BB 2008, 1630, 1632; kritisch hierzu Pentz, GmbHR 2013, 393, 396, 403; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 258.
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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haftung der Mitgesellschafter für zurückbezahlte Darlehen gemäß § 31 Abs. 3 GmbHG analog entfallen.99 Auf Rechtsfolgenseite §§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 143 InsO haftet nur derjenigen, der aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners einen Vermögenswert erhalten hat.100 Der prominenteste Unterschied ist schließlich die Verkürzung der zehnjährigen Verjährungsfrist des 31 Abs. 5 GmbHG, welcher noch die Rechtsprechungsregelungen unterlagen.101 Nach der neuen Rechtslage ist die Befriedigung des Darlehens nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur innerhalb des Jahres vor Stellung des Insolvenzantrags anfechtbar. 2. Kapitel
Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts Nachdem die Rechtslage des Gesellschafterdarlehensrechts vor und nach dem MoMiG umrissen wurde, soll nunmehr dessen Legitimationsgrundlage in den Blick genommen werden.102 Denn die praktische Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts erschließt sich einem nicht durch die reine Exegese des Wortlauts. Die Antwort auf die Frage, welcher Normzweck dem Gesellschafterdarlehensrecht zugrunde liegt, ist höchst umstritten103 und wurde wegen des enormen Komplexitätsgrads, den die Diskussion mittlerweile angenommen hat, gar mit der „Quadratur des Kreises“104 verglichen. Warum sich aber überhaupt an die „Büchse der Pandora“ heranwagen und auf ihrem Boden die dogmatischen Grundfesten in den praktischen Bereichen des Gesellschafterdarlehensrechts ausloten wollen? Aus Hoffnung auf ein hinreichendes Verständnis hinsichtlich des Normzwecks. Denn dies ist der Schlüssel, mit Hilfe dessen die Nachrang- und die Anfechtungsregel in ihrem jeweiligen praktischen Anwendungsfall ausgelegt werden können, um so eine konsistente 99 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 387; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 199. 100 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 689. 101 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 387; dazu ausführlich Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 197. 102 Ausführlich hierzu Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 40 ff. (zur Legitimationsgrundlage des Eigenkapitalersatzrechts), 85 ff. (zur Legitimationsgrundlage des neuen Rechts der Gesellschafterdarlehen); Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 20 ff.; prägnant auch Thole, ZHR 176 (2012), 513 ff. 103 Statt aller Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 122 m. w. N. in Fn. 3; jüngst Haas, ZIP 2017, 545, 545; Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 783; Rogler, Die Subordination anteilsgestützter Unternehmenskredite, S. 66 f.; Dittmar, der überschuldungsvermeidende Rangrücktritt, S. 41. 104 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 519 f. vergleicht die Suche nach dem verlorenen Normzweck mit der Quadratur des Kreises und konstatiert, dass die Begründungsansätze – sofern sie keinen Einwänden ausgesetzt sind – leider oftmals zu abstrakt gehalten sind, als dass sie für die Lösung des konkreten Einzelfalls fruchtbar gemacht werden könnten.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Lösung zu erzielen.105 Im Fokus der Untersuchungen im dritten Teil dieser Arbeit steht die Frage, wer vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden soll bzw. wann ein missbräuchliches Verhalten oder eine Umgehung der Schutzmechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts vorliegt. Dabei ist insbesondere für die Untersuchung der Rechtsfolgen, welche die Abtretung eines Gesellschafterdarlehens mit sich zieht, die Klarheit hinsichtlich des Normzwecks von entscheidender Bedeutung.106 Daher kann die Untersuchung der Frage, wen im Rahmen der Abtretung eines Gesellschafterdarlehens im Zusammenhang mit Private Equity Transaktionen die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts treffen – den ursprünglichen, den neuen oder gar beide Gesellschafter –, nur auf der Grundlage des Normzwecks des Gesellschafterdarlehensrechts gelingen.107 Dieses Kapitel dient deshalb besonders dem tiefergehenden Verständnis des Gesellschafterdarlehensrechts und der Verortung der anschließend zu untersuchenden Konstellationen in grundsätzlicheren Diskussionslinien. Dabei wird zunächst – in einem ersten Schritt – ein Beurteilungsmaßstab erarbeitet, um die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts zu ergründen. In einem zweiten Schritt werden die Begründungsansätze zur alten und zur neuen Rechtslage angesichts der überbordenden Literatur in ihren wesentlichen Grundzügen herausgearbeitet.108 Die Darstellung ist daher als Destillat der langgeführten Diskussion zu verstehen.109 Auf dieser Basis wird anschließend – in einem dritten Schritt – eine tragfähige Legitimationsgrundlage des neuen Gesellschafterdarlehensrechts herausgearbeitet.
A. Arbeitshypothese als Beurteilungsmaßstab Wie die obige Untersuchung zu Tage gefördert hat, ist das Recht der Gesellschafterdarlehen eine historisch gewachsene Rechtsmaterie, die sich kontinuierlich 105 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 515, 517; so auch Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 15; ders., ZIP 2010, 1; Bork, ZGR 2007, 250, 257; vgl. Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 20. 106 Siehe Laspeyres, Hybridkapital in Insolvenz und Liquidation der Kapitalgesellschaft, S. 108; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 407; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594 ff. 107 So auch Pentz, GmbHR 2013, 393, 395, 402; Thiessen, ZGR 2015, 396, 405, 412; vgl. Engert, ZGR 2012, 835, 848. Ganz allgemein Hobbes, Leviathan, 2. Teil, Kap. XXVI „no written law, delivered in few, or many words, can be well understood, without a perfect understanding of the final causes, for which the law was made“. 108 Im Sinne von Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 85, soll der Fokus auf die unterschiedlichen Ansichten verbindenden Gemeinsamkeiten anstatt ihrer Kritik liegen. 109 Instruktiv und sehr ausführlich Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 122 ff.; Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 40 ff.: Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 20 ff.
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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fortentwickelt hat.110 Während dieser Evolution ließ sich jedoch keine gefestigte Legitimationsgrundlage ausfindig machen.111 Bevor die verschiedenen theoretischen Begründungsansätze aufgezeigt und analysiert werden, bedarf es einer gesicherten Grundlage – eines Beurteilungsmaßstabs – anhand derer die unterschiedlichen Erklärungsansätze untersucht werden können. Sämtliche dieser Ansätze sind von der Absicht getrieben, eine Erklärung aufzustellen, die sowohl die Notwendigkeit des Gesellschafterdarlehensrechts als auch den Rechtfertigungsgrund für die abweichende Behandlung von Gesellschafterdarlehen im Vergleich zu den Darlehen außenstehender Darlehensgeber überzeugend darlegt. Um die Überzeugungskraft eines Erklärungsansatzes besser untersuchen zu können, wird im Folgenden eine Arbeitshypothese aufgestellt, die als Beurteilungsmaßstab dieser Untersuchung dient. Nach dem Verständnis dieser Arbeit ist eine Legitimationsgrundlage für das Gesellschafterdarlehensrecht dann überzeugend, wenn sie plausible Antworten für den folgenden Dreischritt an Fragen liefert: In erster Linie bedarf es einer Erklärung für die grundlegende Frage, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts überhaupt bedarf. Bei dem Gesellschafterdarlehensrecht handelt es sich um eine Sonderbehandlung von Darlehen, welche die Gesellschafter einer Gesellschaft gewähren. Diese gesetzliche Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen im Gegensatz zu „normalen“ Darlehen bzw. anderen Finanzierungsformen ist als solche rechtfertigungsbedürftig. Vor diesem Hintergrund gilt es die rechtssystematische Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts aufzuzeigen. Wie sich im Verlauf der Untersuchung zeigen wird, unterscheidet sich die (erste) Frage nach der rechtssystematischen Funktion von der Frage, warum gerade ein Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst wird. Deshalb gilt es in einem zweiten – davon zu trennenden – Schritt die Frage zu beantworten, warum ausschließlich der Gesellschafter und nicht etwa auch andere der Gesellschaft nahe stehende Personen, wie etwa Geschäftsführer, Banken oder für die Gesellschaft besonders wichtige Gläubiger, auch dem Gesellschafterdarlehensrecht unterfallen.112 Und schließlich drängt sich vor dem Hintergrund der Tatsache, dass einem Gesellschafter verschiedene Möglichkeiten zur Finanzierung der Gesellschaft offenstehen, die Frage auf, warum nur Darlehen und darlehensgleiche Finanzierungsformen vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden.
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Bedenkt man welchen Schwankungen das „Gesellschafterdarlehensrecht“ in der Vergangenheit ausgesetzt war, vgl. Thiessen, ZGR 2015, 396, 397 ff., so darf man die aktuelle Regelung auch nicht als Weisheit letzter Schluss ansehen. 111 Bezüglich des früheren Eigenkapitalersatzrechts kann man zumindest feststellen, dass die überwiegende Meinung die „Finanzierungsfolgenverantwortung“ als Normzweck des Eigenkapitalersatzrechts ansah. S. u. Anders etwa Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 84. 112 Diesbezüglich wird in der Literatur oftmals die Frage nach der rechtssystematischen Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts und der gesonderten Frage, warum nur der Gesellschafter erfasst sein soll, vermengt.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Ein Begründungsansatz muss demnach die drei folgenden Fragen in sich kohärent beantworten können, um eine taugliche Legitimationsgrundlage für das de lege lata ausgestaltete Gesellschafterdarlehensrecht darzustellen: (1) Warum bedarf es des Gesellschafterdarlehensrechts überhaupt und welche rechtssystematische Funktion nimmt es im Gefüge des Gesellschafts- und Insolvenzrechts wahr? (2) Warum unterliegen dem Gesellschafterdarlehensrecht nur die Gesellschafter? (3) Warum erfasst das Gesellschafterdarlehensrecht von allen Gesellschafterforderungen nur die Darlehensforderungen und darlehensgleichen Forderungen?
B. Legitimationsgrundlage vor dem MoMiG Das Gesellschafterdarlehensrecht ist nur unter Bezug auf seine historische Entwicklung vollständig zu erfassen. Die Ansätze vor dem MoMiG stellen dabei notwendige Verständnisvoraussetzungen dar. Deshalb wird im Folgenden zunächst auf die Legitimationserwägungen zum früheren Eigenkapitalersatzrecht eingegangen.113
I. Rechtsprechung als Ausgangspunkt Der Ausgangspunkt des Eigenkapitalersatzrechts findet sich in der Rechtsprechung des Reichsgerichts.114 Dieses erachtete es als sanktionswürdiges Verhalten, wenn ein Gesellschafter seine Gesellschaft für den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb mit unzureichenden Eigenmitteln ausstattete und stattdessen die Finanzierungsvariante von Gesellschafterdarlehen bevorzugte.115 Das Reichsgericht sah in dieser Kombination einen Missbrauch des GmbH-Rechts.116 Den Grund für den Missbrauch sah es darin, dass sich durch die Möglichkeit der Anmeldung der Darlehensforderungen des Gesellschafters die Haftungsmasse für die anderen Gläubiger beträchtlich schmälere, obwohl das Eigenkapital nach der Konzeption des GmbH-Rechts den außenstehenden Gläubigern zustehen müsse.117 Diesen Missbrauch wollte das Reichsgericht mit seiner Rechtsprechung unterbinden. Zudem wollte es verhindern, dass ein Gesellschafter über eine Ausstattung der Gesellschaft mit Fremdkapital, das
113 Siehe hierzu etwa ausführlich Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 40 ff. 114 Erstmalige Entscheidung hierzu RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 96/37, W 1938, 862 ff. Dieser folgend RG, Urt. v. 22. 10. 1938 – II 58/38; RGZ 158, 302, 310; RG, Urt. v. 13. 1. 1941 – II 88/40, RGZ 166, 51, 57. 115 RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 96/37, JW 1938, 862, 863. 116 RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 96/37, JW 1938, 862, 863. 117 RG, Urt. v. 16. 11. 1937 – II 96/37, JW 1938, 862, 865.
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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Ausfallrisiko auf die Gläubiger abwälzte.118 Die ersten Überlegungen dessen, was sich später als das Recht der Gesellschafterdarlehen etablierte, hatten also das Ziel des Gläubigerschutzes vor Augen.
II. Die Finanzierungsfolgenverantwortung Erweckte die Rechtsprechungslinie des Reichsgerichts noch den Anschein als sollte es in Zukunft konkrete Maßstäbe für die Finanzierung einer Gesellschaft geben, da es die Gesellschafterfremdfinanzierung und die dadurch bewusst herbeigeführte nominelle Unterkapitalisierung119 als einen sittenwidrigen Missbrauch des GmbH-Rechts erachtete,120 schlug der Bundesgerichtshof einen gänzlich anderen Pfad ein und etablierte im Laufe der Zeit den Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung,121 der gemeinhin als die Legitimationsgrundlage des früheren Eigenkapitalersatzrechts verstanden wurde.122 Die Finanzierungsfolgenverantwortung fußte auf dem Grundsatz der Finanzierungsfreiheit: Danach steht einem Gesellschafter die Entscheidung grundsätzlich frei, mit welchen Mitteln und in welchem Verhältnis er seine Gesellschaft finanziert.123 Dieser Grundsatz erfuhr durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann eine Einschränkung, wenn sich die Gesellschaft in der Krise befand.124 In diesem Fall standen dem Gesellschafter hinsichtlich der Finanzierung grundsätzlich 118
Siehe Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 41. Dieser Begründungsansatz fand Eingang in GmbH-Novelle, BT-Drucks. 8/1347, S. 27, 39. 119 Zur Problematik der nominellen Unterkapitalisierung in Abgrenzung zur materiellen Unterkapitalisierung siehe unten. 120 Siehe Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 43. 121 Das Schlagwort der Finanzierungsfolgenverantwortung firmiert zum Teil auch unter anderem Namen, der Begriff der Finanzierungsfolgenverantwortung hat sich aber weitestgehend durchgesetzt. Siehe zu den Begrifflichkeiten BGH, Urt. v. 26. 8. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 389; BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344 f.; kritisch zu den Begrifflichkeiten Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 54; Haas, ZInsO 2007, 617, 618. 122 BGH, Urt. v. 26. 8. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 389; v. Gerkan, ZGR 173, 176 f.; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a, Rn. 12; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 4; vgl. Vervessos, Das Eigenkapitalersatzrecht, S. 107 ff.; vgl. hierzu auch Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 21 Rn. 127. Hinsichtlich der Legitimationskraft des Eigenkapitalersatzrechts kritisch Beck, Kritik des Eigenkapitalersatzrechts, S. 97 ff.; T. Bezzenberger, in: FS G. Bezzenberger, S. 23, 34 ff.; Cahn, AG 2005, 217, 222 f.; Claussen, in: FS Westermann, 861, 864 ff.; ders., GmbHR 1996, 316, 321 ff.; Engert, ZGR 2004, 813, 814 f., 835 ff.; Fastrich, in: FS Zöllner, 143 ff.; Grunewald, GmbHR 1997, 7, 8 ff.; Haas, NZI 2001, 1, 2 ff.; Haas/Prokop, in: FS Röhricht, S. 1149, 1151 ff.; Kallmeyer, GmbHR 2004, 377 ff.; Koppensteiner, AG 1998, 308, 311 ff.; Reiner, in: FS Boujong, S. 1996, 607, 611 ff.; hinsichtlich des Nachrangs Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 53 ff. 123 S. o. 124 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 389; diese Ausführungen gehen zurück auf ein Gutachten von Karsten Schmidt zum 54. Deutschen Juristentag 1982.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
zwei Handlungsoptionen offen: Entweder er stattete die Gesellschaft mit weiterem Eigenkapital aus oder aber er löste sie auf.125 Sollte er sich jedoch dafür entschieden haben, die Gesellschaft mit Fremdkapital in Form von Gesellschafterdarlehen zu finanzieren, griff die Finanzierungsfolgenverantwortung, mit der Rechtsfolge, dass das Gesellschafterdarlehen den Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts unterlag wonach es wie Eigenkapital zu behandeln war.126 Damit beschreibt der Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung zwar die Handlungsoptionen eines Gesellschafters in der Krise und zeigt ihre Konsequenzen auf. Aber hinsichtlich einer Begründung schweigt er sich aus.127 Insbesondere lässt der Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung den mit dem Gesellschafterdarlehensrecht verfolgten Zweck nicht erkennen. Bei genauerer Betrachtung verbergen sich hinter der Finanzierungsfolgenverantwortung verschiedene Begründungsansätze, die der Bundesgerichtshof in verschiedenen Entscheidungen in Stellung gebracht hat, die nachfolgend herausgearbeitet und bewertet werden.128
1. Begründungsansätze der Finanzierungsfolgenverantwortung Als einer der wesentlichen Eckpfeiler der Finanzierungsfolgenverantwortung galt der Grundsatz der ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung.129 Danach oblag es einem ordentlichen Kaufmann, seine Gesellschaft in der Krise ausschließlich mit Eigenkapital zu finanzieren.130 Eine Gewährung von Gesellschafterdarlehen stellte mithin ein unseriöses Geschäftsgebaren dar. Erscheint dieser Grundsatz prima facie äußerst überzeugend, lässt er letztlich eine überzeugende materielle Begründung 125
Krolop, GmbHR 2009, 397, 398; Fastrich, in: FS Zöllner, S. 143, 149. Vgl. BGH, Urt. v. 26. 8. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 388 f.; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 175 ff.; BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 57 ff.; BGH, Urt. v. 14. 12. 1992 – II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 33 ff.; BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 343 ff.; vgl. Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 16 m. w. N.; vgl. Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 45; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 133. 127 „Diese Anknüpfung an eine angebliche ,Finanzierungsfolgenverantwortung‘ der Gesellschafter war schon unter dem alten Recht wenig überzeugend, weil der Terminus nicht zu erklären vermochte, warum das Fremdkapital, das der Gesellschafter seiner Gesellschaft – ob nun in der Krise oder nicht – zur Verfügung stellt, wie Eigenkapital zu behandeln ist.“, Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 18; kritisch hierzu: ders., ZIP 2010, 1. 9; Cahn, AG 2005, 217, 218. 128 Nach Krolop, GmbHR 2009, 397, 399 „war [die] Finanzierungsfolgenverantwortung in der Rechtsprechung des BGH ein Gebäude, das auf mehreren Stützpfeilern ruhte“; ausführlich hierzu Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 43 ff.; Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 22 ff.; vgl. auch Rogler, Die Subordination anteilsgestützter Unternehmenskredite, S. 67. 129 BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 176; BGH, Urt. v. 7. 11. 1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 334; BGH, Urt. v. 28. 6. 1999 – II ZR 272/98, BGHZ 142, 116, 120. 130 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ, 90, 381, 389. 126
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vermissen. Zum einen gilt der Grundsatz der Finanzierungsfreiheit und infolgedessen gibt es keine gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, wie ein Gesellschafter seine Gesellschaft zu finanzieren hat.131 Zum anderen findet sich keine rechtliche Erklärung dafür, dass die Hingabe zusätzlichen Eigenkapitals in der Krise der Gesellschaft sinnvoll ist, weshalb der unbestimmte Rechtsbegriff ordnungsgemäß auch nicht wertungsmäßig aufgeladen werden kann. Folglich konnte der Grundsatz der ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung nicht aus dem geltenden Recht schlüssig hergeleitet werden.132 Neben dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung wurde der Grundsatz des widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB in Stellung gebracht.133 Hiernach bezwecke jeder Gesellschafter, welcher der Gesellschaft in der Krise ein Darlehen gewährt, die Insolvenz der Gesellschaft zu vermeiden.134 Dies sei jedoch nur durch die Hingabe von Eigenkapital möglich, weshalb die Darlehensmittel wie Eigenkapital zu behandeln seien.135 Bereits die Grundannahme, dass jeder Gesellschafter den Zweck verfolge, die Gesellschaft retten zu wollen, geht fehl.136 Zudem setzt ein widersprüchliches Verhalten einen Vertrauenstatbestand voraus,137 der bei einem Gesellschafterdarlehen gerade nicht existiert, da das zusätzliche Kapital des Gesellschafters nicht als Eigenkapital, sondern als Fremdkapital ausgewiesen wird.138 Ein weiterer Begründungsansatz, der auf den ursprünglichen Überlegungen des Reichsgerichts fußt,139 zielte darauf ab, dass sich durch die zusätzliche Forderungsanmeldung der Gesellschafter die Insolvenzquote aller übrigen Insolvenzgläubiger verschlechtere.140 Dieser Ansatz kann bei genauerer Betrachtung für sich allein nicht zur Begründung des Gesellschafterdarlehensrechts fruchtbar gemacht werden, da dieser Umstand auf die Anmeldung 131
Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 17; vgl. Fastrich, in: FS Zöllner, 143, 154. Vgl. Kleindiek, in: HK, InsO, § 135 Rn. 20. 133 Etabliert in der „Lufttaxi-Entscheidung“ BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 272 f. 134 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 272 f. 135 BGH, Urt. v. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 272 f. 136 Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 49 f. Vielmehr ermöglicht die Privatautonomie es dem Gesellschafter, den Zweck des Darlehens frei zu bestimmen, Altmeppen, NJW 2005, 1911, 1913. 137 Statt aller Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, S. 278; st. Rspr. seit BGH, Urt. v. 9. 5. 1960 – III ZR 32/59, BGHZ 32, 273, 279. 138 Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 51 ff. 139 S. o. 140 Das Geschäftsrisiko dürfe nicht durch eine geringe Eigenkapitalisierung und der Anmeldung der (ggf. sogar vorrangigen) Forderungen der Gesellschafter aus dem Gesellschafterdarlehen zur Tabelle auf die übrigen Gläubiger der Gesellschafter abgewälzt werden, vgl. BGH, Urt. 14. 12. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 268; sehr deutlich auch BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 57. Der Bundesgerichtshof nahm ein solches Abwälzen des Risikos auf die Gläubiger auch dann an, wenn die Darlehen, die wirtschaftlich als Eigenkapital angesehen werden mussten, vor der Insolvenz der Gesellschaft abgezogen wurden, BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69, WM 1972, 74 ff. 132
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
sämtlicher zusätzlicher Forderungen von Gläubigern und nicht spezifisch auf Gesellschafterforderungen zutrifft.141 Vielmehr kommt es auf die Frage an, warum dies nur oder gerade bei den Gesellschaftern sanktionswürdig erscheint.142 Dennoch kann festgehalten werden, dass dieser Begründungsansatz seinem Wesen nach das Ziel des Gläubigerschutzes verfolgt. Des Weiteren wurde vorgebracht, dass der Gesellschafter mit der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens das Leben einer notleidenden Gesellschaft künstlich verlängere.143 Danach soll der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft einen Sanierungsversuch nur mit haftendem Eigenkapital finanzieren, weil ansonsten das verbleibende Vermögen bei Scheitern des Sanierungsversuchs noch weiter zu Lasten der Gläubiger geschmälert werde.144 Dahinter steckt bei genauerer Betrachtung ebenfalls die Intention, die Gläubiger zu schützen, da dieser Auffassung zufolge Gesellschafterdarlehen in doppelter Hinsicht ein gläubigerschädigender Effekt innewohne: Die Insolvenzmasse werde zunächst durch das Weiterwirtschaften145 der Gesellschaft, obwohl diese nur künstlich am Leben erhalten wird und anschließend durch die zusätzliche Anmeldung der Forderungen der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft geschmälert.146 Hinter dem Grundgedanken, dass der Gesellschafter seine Gesellschaft zu lange hat weiter wirtschaften lassen und es dadurch zu einer Masseschmälerung gekommen ist, steht der Vorwurf der Insolvenzverschleppung, dem durch die Insolvenzverschleppungshaftung begegnet wird. Zudem lässt sich der Ansatz, dass der Gesellschafterdarlehensgeber die Gläubiger hinsichtlich der ausreichenden Eigenkapitalausstattung und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft täusche,147 nicht verallgemeinern und pauschal einem jeden Gesellschafter unterstellen. Allerdings liegt auch diesem Ansatz der Wunsch nach einem ausreichenden Gläubigerschutz zugrunde. Schließlich wurde argumentiert, dass der Gesellschafter sein Darlehen aufgrund seines Informationsvorsprungs bzw. des Insiderwissens im Hinblick auf die gegenwärtige und zukünftige finanzielle Lage der Gesellschaft früher als die übrigen Gläubiger abziehen könne.148 Diese Annahme mag auf manche Gesellschaftsformen wie der GmbH, nicht jedoch auf alle Gesellschaftsformen zutreffen.149 Für das 141
Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 47 f. Vgl. Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 47. 143 So in BGH, Urt. v. 29. 11. 1971 – II ZR 121/69, WM 1972, 74 ff. 144 BGH, Urt. v. 16. 10. 1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 57. 145 Diesem Phänomen steuern die Vorschriften der Insolvenzverschleppung effektiv entgegen, siehe Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 54. 146 Ähnlich wie bei den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung äußert sich auch hier das Misstrauen gegenüber einem Sanierungsversuch, der mit Fremdkapital erfolgt. 147 BGH, Urt. v. 26. 11. 1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337; BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 387. 148 BGH, Urt. v. 26. 3. 1984 – II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 388; siehe auch Hölzle, ZIP 2009, 1939, 1941; Röhricht, ZIP 2005, 505, 511. 149 In der AG kann vor dem Hintergrund des nur schwachen Informationsrechtes nach § 131 AktG und den generellen kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten nur von einem äußerst 142
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Gesellschafterdarlehensrecht, welches auch auf andere Gesellschaftsformen anwendbar war (vgl. § 39 Abs. 4 InsO a. F.), lässt sich hieraus daher kein verallgemeinerungsfähiger Ansatz ableiten. Das Argument fußt aber ebenfalls auf dem Bedürfnis, einen angemessenen Gläubigerschutz sicherzustellen. 2. Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Unabhängig von den Unstimmigkeiten der einzelnen Begründungsansätze der Finanzierungsfolgenverantwortung, liefern diese mehr eine Beschreibung als eine tatsächliche Legitimationsgrundlage. Zudem vermögen sie nicht die für den Beurteilungsmaßstab dieser Arbeit aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Hinsichtlich der ersten grundlegenden Frage, warum es überhaupt des Gesellschafterdarlehensrechts bedarf, lautet die Antwort: Aus Gläubigerschutzgründen. Diese Erkenntnis ist jedoch nur wenig zufriedenstellend. Denn die sich daran anschließende Frage, warum die Gläubiger geschützt werden müssen bzw. worin die systematische Gefahr für die Gläubiger liegt, vermag sie nicht zu beantworten. Ebenso wenig bietet die Finanzierungsfolgenverantwortung eine Erklärung dafür, warum nur der Gesellschafter erfasst werden soll. Der Begründungsansatz der ordnungsgemäßen Unternehmensfinanzierung adressiert zwar den ordentlichen Kaufmann, worunter zwar auch der Gesellschafter fällt, allerdings ist der Begriff nicht allein auf den Gesellschafter zugeschnitten, sondern erfasst grundsätzlich auch andere Kapitalgeber. Dagegen ist der Begründungsansatz, der auf den Informationsvorsprung des Gesellschafters abstellt, zwar spezifisch auf den Gesellschafter zugeschnitten. Er liefert jedoch nur für die Rechtsform der GmbH eine Antwort, warum gerade der Gesellschafter erfasst sein soll. Dies gilt jedoch nicht für die übrigen haftungsbeschränkten Gesellschaften, weshalb dieser Ansatz – wie oben beschrieben – nicht für das Gesellschafterdarlehensrecht verallgemeinert werden kann, welches auch auf andere Gesellschaftsformen anwendbar ist. Schließlich lässt sich mit den aufzeigten Begründungsansätzen auch nicht die Frage beantworten, warum von allen Gesellschafterforderungen nur die Darlehensforderungen vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden sollen. 3. Zwischenergebnis Sah die überwiegende Ansicht in der Literatur die Finanzierungsfolgenverantwortung als die Legitimationsgrundlage des Eigenkapitalersatzrechts an, erweist sie sich bei genauerer Betrachtung lediglich als ein Sammelbegriff mehrerer Begründungsstränge, die sowohl für sich allein als auch zusammengenommen keine trag-
eingeschränkten Informationsrecht die Rede sein, ausführlich hierzu Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 73 ff.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
fähige Legitimationsgrundlage bilden.150 Die der verschiedenen Begründungsansätze haben jedoch gemein, dass sie überwiegend dem Gläubigerschutz zuzuordnen sind. Insofern kann festgehalten werden, dass der Normzweck des Eigenkapitalersatzrechts im alten Recht in seinem Ausgangspunkt essentiell auf einen insolvenzrechtlichen Gläubigerschutz abzielte.
C. Legitimationsgrundlage nach dem MoMiG I. Bedarf einer (neuen) Legitimationsgrundlage? Nachdem das Eigenkapitalersatzrecht durch das MoMiG aufgehoben und das Recht der Gesellschafterdarlehen in die Insolvenzordnung überführt wurde, taucht die Frage nach der Legitimationsgrundlage in einem neuen Gewand auf: Haben die vorgenommenen Änderungen den Blickwinkel auf die Legitimationsgrundlage verändert? Bedarf es einer (neuen) Legitimationsgrundlage? Diese Fragen sind eindeutig zu bejahen.151 Wie die obige Untersuchung gezeigt hat, konnte der vorherrschende Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung die Legitimation des Eigenkapitalersatzrechts – abgesehen davon, dass es den Gläubigerschutz stärken wollte – nicht begründen.152 Nachdem das konstituierende Merkmal – die Krise der Gesellschaft – explizit durch die Neuregelung des MoMiGs aufgegeben worden ist,153 wurde dem Grundsatz der Finanzierungsfolgenverantwortung die wesentliche argumentative Stütze entzogen. Von Seiten der Legislative wurde die Diskussion um die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts nur wenig erhellt.154 150
So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 84, der das Schlagwort der Finanzierungsfolgenverantwortung lediglich als Worthülse ohne eigenen Erkenntnisgewinn sieht, hinter der sich verschiedene Begründungsansätze verbergen, die sich jedoch selbst „gravierenden Einwänden“ ausgesetzt sehen; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 129 („inhaltsleeres Schlagwort“); Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 25, der den Begriff als „eher deskriptiv, denn selbst rechtfertigend“ bezeichnet; siehe auch Cahn, AG 2005, 217, 218 ff.; Grunewald, GmbHR 1997, 7, 10; Haas, NZI 2001, 1 f.; ders., ZInsO 2007, 617, 718; Haas/Prokop, FS Röhricht, S. 1149, 1160; Reiner, in: FS Boujong, S. 415, 422; Rieger, Eigenkapitalersatzrecht in Beteiligungsverhältnissen, S. 47; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 351; a. A. statt vieler Schäfer, ZInsO 2010, 1311, 1312. 151 Vgl. Haas, ZInsO 2007, 617, 618 f.; Habersack, ZIP 2008, 2385, 2387; ders., ZIP 2007, 2145, 2146; Huber, FS Priester, S. 259, 262 ff. 152 So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 40 ff., pointiert S. 85. 153 „Die Rechtsfigur des eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens wird damit aufgegeben“, Begr. RegE MoMiG, 16/6140, S. 42. 154 So gibt hierzu weder der diesbezügliche Referentenentwurf, vgl. Begr. RegE MoMiG, S. 35, 55 ff., 83 f., noch die Regierungsbegründung, vgl. Begründung zum RegE MoMiG, BTDrucks. 16/6140, S. 25 f., 42, 56 f., Aufschluss hinsichtlich der Legitimationsgrundlage. Ausführlich zu den Materialien Pentz, GmbHR 2013, 393, 396 ff.; dies kritisierend Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602; Bitter, ZIP 2010, 1; Bork, ZGR 2007, 250, 251; Eidenmüller, in: FS
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Vielmehr hat es der Gesetzgeber der Literatur überlassen, den Normzweck der neuen Regelungen zu ergründen,155 woraufhin im Nachgang des MoMiGs ein breites Spektrum an Erklärungsansätzen erblühte.156 Bislang konnte hinsichtlich des Normzwecks – abgesehen davon, dass das Gesellschafterdarlehensrecht der Einfachheit157 und der Rechtssicherheit158 dienen soll – noch keine Einigkeit erzielt werden.159 Überwiegend geht es bei der „Suche nach dem verlorenen Normzweck“160 um die Legitimationsgrundlage des gesamten Gesellschafterdarlehensrechts, welches sowohl die Anfechtung nach § 135 InsO als auch die Nachrangregel des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO umfasst.161 Ziel dieses Abschnittes ist es, aus der Vielfalt der verschiedenen grundlegenden Erklärungsansätze die jeweiligen elementaren Begründungstränge herauszuarbeiten und soweit es möglich ist, einen sie einenden Kern, der die Grundlage einer Legitimationsgrundlage für das Recht der Gesellschafterdarlehen bilden kann, herauszuschälen.162
Canaris, S. 49, 51; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, 20. Aufl., § 30 Anh. Rn. 6; Marotzke, ZInsO 2013, 641, 655; Pentz, GmbHR 2013, 393, 397 f.; ders., in: FS Hüffer, 747, 752 ff.; Schäfer, ZInsO 2010, 1311, 1312; Thiessen, DStR 2007, 202, 206; K. Schmidt, GmbHG 2009, 1009, 1014. Beachtlich hierbei ist, dass der zuständige Gesetzgebungsreferent Ulrich Seibert die Frage bewusst unbeantwortet ließ und sie dem Seziertisch der Literatur überließ, Seibert, MoMiG, S. 41; darauf auch hinweisend Thiessen, ZGR 2015, 396, 404. Die Gesetzesmaterialien schwiegen sich diesbezüglich ebenso aus. 155 So auch Schulze De le Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 123; Hölzle, ZIP 2010, 913, 914; Seibert, MoMiG, S. 41. 156 Guter Überblick bei Kolmann, in: Saenger/Inhester, GmbH-Gesetz, Anh. § 30 Rn. 18 ff.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Anh. § 30 Rn. 19 ff.; ausführlich Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 85 ff.; Laspeyres, Hybridkapital in Insolvenz und Liquidation der Kapitalgesellschaft, S. 107 ff. 157 Begr. RegE MoMiG, 16/6140, S. 56. 158 So Thiessen, ZGR 2015, 396, 404. 159 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 514; Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 19. 160 K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009. 161 Siehe hierzu unten: Das Verhältnis von Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit; so auch Thole, ZHR 176 (2012), 513, 520. Dieser plädiert im Folgenden für eine „konzeptionelle und dogmatische Trennung der beiden Regelungsbereiche“; ders., in Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 390 ff.; erstmals hat darauf Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49 ff. hingewiesen; anders Lengersdorf, Der Nachrang von Gesellschafterdarlehen, S. 74 f. 162 Vgl. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 85, „Es wird sich zeigen, dass alle Stimmen in der Literatur und auch die Rechtsprechung, die sich mit der Frage nach dem Telos des Gesellschafterdarlehensrechts beschäftigen, in ihren Überlegungen einen gemeinsamen Kern aufweisen, nämlich die von der Gesellschafterfremdfinanzierung ausgehende Gefahr für die außenstehenden Gesellschaftsgläubiger, die durch die Möglichkeit einer gleichrangigen Forderungsanmeldung entstünde.“
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
II. Erklärungsansätze der Literatur Des besseren Verständnisses wegen sind die nachfolgenden Erklärungsansätze zwei verschiedenen Strömungen zugeordnet. Zum einen den Kontinuitätslehren, die sich im Fahrwasser der Legitimationsgrundlage des früheren Eigenkapitalersatzrechts befinden, und zum anderen den Diskontinuitätslehren, die sich davon bewusst abwenden und einen neuartigen Legitimationsansatz in Stellung bringen.163
1. Kontinuitätslehren a) Fortgeltung der Finanzierungsfolgenverantwortung aa) Darstellung der Ansicht Eine Reihe von Literaturstimmen sehen – trotz der expliziten Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts – die Finanzierungs(folgen)verantwortung weiterhin als die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts.164 Nach dieser Ansicht bleibt der Normzweck unverändert. Zwar war dogmatischer Ausgangspunkt der Finanzierungsfolgenverantwortung vormals das Tatbestandsmerkmal der Krise, welches im Rahmen des MoMiGs aufgegeben worden ist. Dieses sei jedoch nunmehr unwiderleglich (innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) zu vermuten.165 Insofern sei, wie vormals im alten Recht, das in der Krise gewährte, potentiell gefährliche Darlehen Grund für die Nachranganordnung.166 Eine Mindermeinung, die prominent von Pentz vertreten wird, folgt diesem Argumentationsansatz, hält die Vermutung der Krise innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO jedoch – mit Hilfe einer teleologischen Reduktion – für widerleglich.167 163
Siehe zu dieser erstmaligen Einteilung K. Schmidt, Beilage ZIP 39/2010, 15, 17. Altmeppen, ZIP 2013, 1745, 1750; ders., FS Hüffer, S. 5 f.; ders., NJW 2008, 3601, 3602 f.; ders., in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 25 ff.; Bork, EWiR 2013, 217, 218; ders., ZGR 2007, 250, 256 ff., 268 f.; Hölzle, ZIP 2013, 1992 ff.; ders., ZIP 2009, 1939, 1940 ff.; ders., GmbHR 2007, 729, 735; ders., ZInsO 2007, 421; Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 65 ff.; Lüneborg, Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen, S. 60 ff., 75; Marotzke, ZInsO 2009, 2073, 2078; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f.; Spliedt, ZIP 2009, 149, 153; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anhang zu § 30 Rn. 5 ff.; ders., DStR 2007, 202, 206 ff.; Bornemann, FK-InsO, § 39 Rn. 33 ff. 165 So erstmals Bork, ZGR 2007, 250 ff., 257: „Nimmt eine Gesellschaft das Darlehen, statt auf dem Markt, bei Ihrem Gesellschafter auf, so wird unwiderleglich vermutet, dass sie sich in der Krise befindet, dringend Eigenkapital benötigt und das Gesellschafterdarlehen daher ersetzt.“; ähnlich Haas, ZInsO 2007, 617, 621; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602 f.; ders., in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 25 ff.; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 326; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 35; ders., WM 2008, 1429, 1430; Hölzle, ZInsO 2007, 421, 422; ders., GmbHR 2007, 729, 735; ders., ZIP 2009, 1939 ff.; Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 71 ff.; Spliedt, ZIP 2009, 149, 153; Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 12. 166 Anders Grigoleit/Rieder, GmbH-Recht, S. 88 ff., wonach die Finanzierungsfolgenverantwortung auch unabhängig einer Krise der Gesellschaft zu denken sei. 167 Pentz, GmbHR 2013, 393, 399 ff.; ders., in: FS Hüffer, S. 747, 761 ff., 764 ff. 164
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bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Die genannte Literaturmeinung stützt sich in ihrem Ausgangspunkt einerseits auf die Tatsache, dass im Rahmen des MoMiGs keine Normzweckerwägungen zum Gesellschafterdarlehensrecht angestellt wurden168 und andererseits auf das rechtstatsächliche Argument, wonach Gesellschafter ihre Gesellschaft faktisch nur dann mit Gesellschafterdarlehen finanzieren, wenn diese notleidend ist und sich in einer Krise befindet.169 Bisweilen wird aus verfassungsrechtlicher Sicht geltend gemacht, dass ohne das Tatbestandsmerkmal der Krise der Gesellschaft das Gesellschafterdarlehensrecht nicht mit den Grundwertungen der Art. 3, Art. 12, Art. 14 und Art. 30 Abs. 3 GG in Einklang zu bringen sei.170 Gegen die unwiderlegliche Vermutung der Krise sprechen jedoch gewichtige Gründe. Allem voran die Tatsache, dass der Wortlaut des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO keinerlei Bezug zur Krise mehr aufweist und der Gesetzgeber sich explizit von dem Krisenmerkmal distanziert hat.171 Zudem geht die Annahme, eine Gesellschaft befinde sich immer dann in der Krise, wenn sie ein Darlehen von einem Gesellschafter beziehe, an der Wirklichkeit vorbei,172 und wenn sie zuträfe, müsste die Gelegenheit bestehen, diese Annahme zu widerlegen.173 Des Weiteren erscheint es in erheblichem Maße verfassungsrechtlich bedenklich, pauschal sämtliche Darlehensgewährungen, die unter Umständen erlaubt waren, zu sanktionieren, indem unwiderleglich eine Krise vermutet wird.174 Selbst wenn man die Krisenvermutung mit Pentz als widerleglich ansähe, widerspricht dies der (ex168 Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 12; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 19: „Die dogmatische Einordnung und wertungsgemäße Rechtfertigung der Benachteiligung des Gesellschafter-Kreditgebers gegenüber anderen Gläubigern der insolventen GmbH ist damit vollständig unklar, die Neuregelung entbehrt jedes dogmatischen und wertungsmäßigen Fundaments.“; Eidenmüller, ZGR 2007, 202, 207 („schlechterdings konzeptionslos“); Hölzle, ZIP 2009, 1939, 1943 f.; Pentz, in: Bayer/Koch, S. 69, 84 („Wertungsgrundlage für das geplante Recht fehlt vollständig“); ders., FS Hüffer, S. 747, 754 ff., 757; Thiessen, DStR 2007, 202, 206. 169 So etwa Bork, ZGR 2007, 250, 258; in diese Richtung auch Spliedt, ZIP 2009, 149, 153. 170 Vgl. so Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. §§ 30 Rn. 26; ders., NJW 2008, 3601, 3602; Hölzle, ZIP 2010, 913, 915; kritisch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 138 ff.; K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1013. 171 Vgl. Begr. RegE MoMiG, S. 42, 56, 57; so auch Blöse, GmbHR 2008, 338, 338; Burg/ Westerheide, BB 2008, 62; Burg/Poertzgen, ZInsO 2008, 473, 475; Gehrlein, BB 2008, 846, 849; Haas, ZInsO 2007, 617, 620 f.; Habersack, ZIP 2008, 2385, 2386; ders., ZIP 2007, 2145, 2146 f.; ders., ZHR 170, 607, 611 f.; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 64 Rn. 133 ff.; Kolmann, in: Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 31; Krolop, GmbHR 2009, 397; Marotzke, ZInsO 2013, 641, 655; Pentz, in: Bayer/Koch, S. 69, 85; ders., FS Hüffer, S. 747, 755 ff., 757; Schäfer, ZInsO, 2010, 1311, 1313; K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1013; Seibert/Decker, ZIP 2008, 1208,1211. 172 Zutreffend K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1012 f. 173 Zu Recht K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1012 f.; ders., Liber amicorum für Martin Winter, 601, 609; Huber, in: FS Priester, S. 259, 271 ff.; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2147; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 358; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, S. 170. 174 Siehe hierzu auch Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 53.
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pliziten) Zielsetzung des Gesetzgebers, das neue Gesellschafterdarlehensrecht zu vereinfachen und für die Praxis handhabbarer auszugestalten.175 Denn nach dem neuen Recht obläge es dem Gesellschafter, die Krise zu widerlegen. Damit träfe das Beweisproblem den Gesellschafter.176 Vor dem Hintergrund des Beurteilungsmaßstabs ergibt sich für die Ansätze, die eine Fortgeltung der Finanzierungsfolgenverantwortung proklamieren, keine andere Bewertung als bereits zur Finanzierungsfolgenverantwortung vor dem MoMiG.177 b) Finanzierungszuständigkeit der Gesellschafter aa) Darstellung der Ansicht Karsten Schmidt178 geht im Grundsatz ebenfalls von einer Weitergeltung der Zurechnungsgründe der Finanzierungsfolgenverantwortung aus, da das MoMIG lediglich zu einer Vereinfachung der Grundwerte geführt habe: Die Begriffe der „Finanzierungsverantwortung“179 und der „Finanzierungsentscheidung“ seien mit dem MoMiG nicht ausgewechselt worden, sondern das im Rahmen des Eigenkapitalersatzrechts entwickelte spezifische Verständnis dieser Begriffe sei lediglich entfallen.180 So geht Karsten Schmidt im Ansatz ebenfalls von einer Finanzierungsfolgenverantwortung aus, nimmt das MoMiG allerdings zum Anlass, diese auf ihren Wesenskern zu reduzieren: Die Finanzierungszuständigkeit.181 Dies ergibt sich für Karsten Schmidt aus der Überlegung, dass sich die vormalige Finanzierungsfolgenverantwortung aus zwei Elementen speiste: Einerseits aus der Tatsache, dass der Gesellschafter für die Finanzierung der Gesellschaft zuständig sei und andererseits aus der Entscheidung, wie er die Gesellschaft finanzieren möchte.182 Hinsichtlich des Wie bzw. der Entscheidung, mit welchen Mitteln die Finanzierung zu erfolgen habe, sei der Gesellschafter in der Krise beschränkt gewesen. Diese Beschränkung sei mit dem MoMiG nunmehr weggefallen, weshalb die vormalige Finanzierungsfolgenverantwortung dieses Elementes beraubt worden und nunmehr auf die reine Finanzierungszuständigkeit reduziert worden sei.183 Neben der so ver175
Vgl. Begr. RegE MoMiG, 16/6140, S. 42, 56. Auf diese „verfahrenökonomische(n) Gründe“ ebenfalls abstellend Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 53. 177 S. o. 178 K. Schmidt, Beilage ZIP 39/2010, 15, 19 ff.; ders., GmbHR 2009, 1009, 1011. 179 K. Schmidt verwendet den Begriff Finanzierungsverantwortung anstelle des Begriffs der Finanzierungsfolgenverantwortung, da es sich bei letzterem seiner Ansicht nach um eine Floskel handele, die der Bundesgerichtshof genutzt habe, um klarzustellen, dass die Gesellschafter nicht nachschusspflichtig seien, vgl. K. Schmidt, Beilage ZIP 39/2010, 15, 18 mit Verweis auf BGH, Urt. v. 7. 11. 1984 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344. 180 K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1019. 181 K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1016. 182 K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1016 f. 183 So zusammenfassend K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1019. 176
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standenen Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters komme es auch weiterhin entscheidend darauf an, dass es sich bei der Gewährung des Darlehens um eine bewusste Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters im Sinne einer unternehmerischen Kreditfinanzierung,184 die nach der Vorstellung des Gesetzgebers einen unternehmerischen Mindesteinfluss in der Gesellschaft voraussetze, handele.185 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Die Annahme, dass den Gesellschafter die Finanzierungszuständigkeit treffe, vermag mit Blick auf den zu Beginn eingeführten Beurteilungsmaßstab nicht zu erklären, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts bedarf und weshalb gerade nur die Finanzierungsform des Darlehens vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden soll. Auch erklären die Zurechnungsgründe der Finanzierungsverantwortung und Finanzierungsentscheidung im Sinne einer unternehmerischen Kreditfinanzierung nicht, warum ein Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden soll. Denn diese Ansicht stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die Gesellschafter als die „geborenen Investoren“186 auch das Gesellschafterdarlehensrecht treffe. Hierbei handelt es sich jedoch mehr um eine Behauptung, die selbst einer Rechtfertigung bedarf, als einen Begründungsansatz.187 Die Gesellschafter schulden ihrer Gesellschaft nur die Einbringung ihrer Einlagen, nicht aber eine über das Mindestkapital hinausgehende angemessene Eigenkapitalausstattung.188 Die verwendeten Begriffe der Finanzierungsverantwortung und Finanzierungsentscheidung vermögen weiterhin nicht zu rechtfertigen, dass das Gesellschafterfremdkapital in der Insolvenz der Gesellschaft in nachrangiges Risikokapital umqualifiziert wird.189 Letztlich bleibt festzuhalten, dass diese Ansicht, ebenso wie die einzelnen Erklärungsansätze zur Finanzierungsfolgenverantwortung unter der Ägide des Eigenkapitalersatzrechts, maßgeblich von gläubigerschützenden Erwägungen geprägt ist, wonach das Gesellschafterdarlehensrecht die Gläubiger vor den Gesellschaftern schützen soll.190 184
Der so verstandene Begriff der Finanzierungsentscheidung stelle anders als zu Zeiten des Eigenkapitalersatzrechts nicht darauf ab, dass die Finanzierungsentscheidung in der Krise der Gesellschaft erfolgt. Er dürfe daher nicht als „Krisenfinanzierungsentscheidung“ verstanden werden, K. Schmidt, Liber amicorum für Martin Winter, S. 601, 615. 185 K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1016, 1019. 186 K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1016. 187 Zutreffend Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 156. 188 Zur Finanzierungsfreiheit s. o.; vgl. auch Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602; Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 13 f. 189 So auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 155, 157 „Der Begriff der Finanzierungsverantwortung ist, wie schon derjenige der Finanzierungsfolgenverantwortung, für sich genommen inhaltsleer und ersetzt nur ein Schlagwort durch ein anderes, ohne auf die dahinterstehende Wertung einzugehen.“ 190 Vgl. K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 4.
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2. Diskontinuitätslehren a) Doppelrolle des Gesellschafters aa) Darstellung der Ansicht Den Ansichten, die auf die Doppelrolle des Gesellschafters abstellen, ist die Grundüberlegung gemein, dass sich das Gesellschafterdarlehensrecht aus der Doppelrolle eines Gesellschafters als Verbandsmitglied einerseits und als Darlehensgeber andererseits legitimiere. Hieraus haben sich unterschiedliche Ableitungen ergeben: Eine große Strömung rückt dabei die Steuerung des Insolvenzrisikos durch den Gesellschafter in den Mittelpunkt.191 Andere stellen lediglich auf den missbräuchlichen Charakter der Doppelrolle ab.192 So hat nach Servatius’ Auffassung der Gesellschafter eine Machtstellung innerhalb der Gesellschaft inne, die es ihm erlaube, großen Einfluss auf diese auszuüben.193 Dementsprechend könne er unter anderem das Insolvenzrisiko seiner Gesellschaft steuern.194 Aus dieser Machtstellung und seiner möglichen Stellung als Insolvenzgläubiger folge bei Ausreichung eines Gesellschafterdarlehens die Verantwortung des Gesellschafters, seine Machtstellung nicht zu Lasten der übrigen Gläubiger auszunutzen.195 In eine ähnliche Richtung argumentieren auch Kampshoff und Breidenstein, die ebenfalls auf die Einflussmacht des Gesellschafters und auf dessen Informationsvorsprung abstellen,196 wobei Kampshoff verstärkt den Aspekt hervorhebt, dass der Gesellschafter das Insolvenzrisiko beeinflussen könne197 und Breidenstein die Legitimation in einer nicht wahrgenommenen Ausübung seiner Gesellschafterrechte vor der Insolvenz sieht.198 Die Legitimationserwägungen Tillmanns fußen ebenso auf der Doppelrolle des Gesellschafters, allerdings ohne auf die Einflussnahmemöglichkeiten hinsichtlich des Insolvenzrisikos einzugehen. Tillmanns sieht die Legitimation des Gesellschafterdarlehensrechts darin, dass sich für einen Gesellschafter Chancen auf Grund seiner Gewinnbeteiligung ergäben, er Einfluss auf die Unternehmensausrichtung 191 So etwa Kampshoff, GmbHR 2010, 897, 899; Breidenstein, ZInsO 2010, 273, 275 f.; Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 489 f. 192 So etwa Hirte, WM 2008, 1429, 1430, der auf die „unwiderlegliche Vermutung des missbräuchlichen Charakters der Darlehensgewährung durch den Gesellschafter“ abstellt; ähnlich auch Gehrlein, BB 2011, 3, 8; Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1290 f. 193 Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 489. 194 Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 489. 195 Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 490 f. 196 Kampshoff, GmbHR 2010, 897, 899; Breidenstein, ZInsO 2010, 273, 275. 197 Siehe Kampshoff, GmbHR, 897, 899, 904; so aber auch Breidenstein, ZInsO 2010, 273, 275. 198 Breidenstein, ZInsO 2010, 273, 275 f.
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ausüben könne und über Insiderwissen verfüge.199 Diese Zusammenschau von Merkmalen, die in unterschiedlichem Maße zum Tragen kommen können, fasst er unter dem Schlagwort der „mitunternehmerischen Beteiligung“ zusammen.200 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Unter Zugrundelegung des zu Beginn eingeführten Beurteilungsmaßstabes liefern diese Erklärungsansätze keine Antwort auf die grundlegende Frage, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts in seinem Grundansatz bedarf. So findet sich kein Hinweis auf Gläubigerschutzgesichtspunkte oder einen Zusammenhang mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung.201 Auch geht aus diesen Erklärungsansätzen nicht hervor, warum nur die Darlehensform und nicht auch anderen Finanzierungsformen vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst sein sollen.202 Dafür erklären diese Überlegungen, warum ein Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden soll: Nach der Auffassung von Servatius, Kampshoff und Breidenstein liegt der Grund in der Einflussmacht des Gesellschafters und der sich hieraus ergebenden Möglichkeit, das Insolvenzrisiko zu steuern.203 Diese Annahme trifft jedoch nicht auf alle Gesellschaftsformen204 und alle Beteiligungen205 gleichermaßen zu. Zudem müssten nach dieser Argumentation – wenn man wie Breidenstein gänzlich auf die Vermögensbeteiligung des Gesellschafters verzichtet – alle Beteiligten, die Einfluss auf die Gesellschaft haben, wie beispielsweise der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer AG, erfasst werden.206 Dagegen wird die Frage, warum ein Gesellschafter ein höheres Risiko tragen soll als ein außenstehender Gläubiger, von Tillmann mit einem Verweis auf deren „mitunternehmerische Beteiligung“207, d. h. deren Gewinnbeteiligung und Mitwirkungsrechte beantwortet. Anders als die zuvor dargestellten Ansichten, stellt er jedoch nicht darauf ab, dass der Gesellschafter die Insolvenz der Gesellschaft hätte verhindern können. Mit dem alleinigen Verweis auf die Gewinnbeteiligung ließen sich jedoch beliebig viele haftungsrechtliche Rechtsfolgen begründen.208 Daher stellt dieser Verweis keine spezielle Legitimation für die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts dar. Hinsichtlich des Verweises auf die Mitwirkungsrechte gilt das zuvor Gesagte, dass 199
Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1290 f. Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1290. 201 So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 131. 202 So Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 121. 203 S. o. 204 Vgl. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 117 ff. 205 So ist zwischen einer Beteiligung unterhalb der Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs in § 39 Abs. 5 InsO, einer Sperrminorität und einer Mehrheitsbeteiligung mit Blick auf die Einflussmöglichkeiten zu unterscheiden, vgl. auch Krolop, GmbHR 2009, 397, 399. 206 So Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 125. 207 Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1290. 208 So Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 130 f. 200
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dann alle Beteiligten, die Einfluss auf die Gesellschaft haben, erfasst werden müssten. Tillmann nimmt jedoch – wie im weiteren Verlauf der Untersuchung noch herausgearbeitet werden wird – zu Recht an, dass die Sonderbehandlung der Darlehensforderungen der Gesellschafter in Verbindung mit ihren Vermögens- und Mitwirkungsrechten steht.209 b) Risikoübernahmeverantwortung aa) Darstellung der Ansicht Krolop210 erachtet die Möglichkeit der Einflussnahme als weniger entscheidend.211 Vielmehr zielt er auf die tatsächliche Nähe des Gesellschafters zur Gesellschaft ab, die sich darin zeige, dass der Gesellschafter aufgrund seiner Kapitaleinlage und Gewinnbeteiligung sowohl den Chancen als auch den Risiken der Unternehmung ausgesetzt ist.212 In der Insolvenz der Gesellschaft seien jedoch aufgrund des begrenzten Haftungsrisikos die Chancen und Risiken asymmetrisch zum Nachteil der Gläubiger verteilt.213 Aufgrund dieser ungleichen Verteilung müsse der Gesellschafter grundsätzlich ein höheres Risiko tragen als die Gläubiger der Gesellschaft. Gleichzeitig treffe ihn die Verantwortung, höhere Risiken zu übernehmen.214 Nicht der lenkende Einfluss des Gesellschafters auf das Unternehmen, sondern seine Beteiligung an dessen unternehmerischen Chancen und Risiken sei der entscheidende „Dreh- und Angelpunkt“215 des neuen Rechts, weshalb die Risikoübernahmeverantwortung aus Gründen des Gläubigerschutzes als die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts anzusehen sei. bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Im Rahmen des Erklärungsansatzes der Risikoübernahmeverantwortung lautet die Antwort auf die Frage, warum es im Ausgangspunkt des Gesellschafterdarlehensrechts bedarf: Aus Gläubigerschutzgründen. Auch bietet Krolop mit dem Verweis auf die asymmetrische Verteilung des Haftungsrisikos im Ansatz eine Erklärung, für die Frage, weshalb die Gläubiger schutzbedürftig sein sollen. Allerdings führt er diesen Gedanken nicht weiter aus. Zudem leistet er mit dem Bezug auf die 209
Ausführlich dazu im Rahmen der Erläuterungen der Zusammenführung der Erklärungsansätze. 210 Krolop, GmbHR 2009, 397, 398 ff.; ähnlich auch Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1290 f. 211 Denn solche können sich nur wirksam entfalten, wenn ein Gesellschafter eine Sperrminorität innehat, siehe Krolop, GmbHR 2009, 397, 399. 212 Zum Folgenden Krolop, GmbHR 2009, 397, 399. 213 Krolop, GmbHR 2009, 397, 399. 214 „Damit haben wir es mit einem moral hazard zu Lasten der anderen Fremdkapitalgeber zu tun.“, Krolop, GmbHR 2009, 397, 399. 215 Krolop, GmbHR 2009, 397, 401.
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Gewinnbeteiligung des Gesellschafters einen überzeugenden Erklärungsansatz dafür, weshalb ausschließlich der Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst wird. Doch bleibt auch hier die Frage offen, weshalb nur die Finanzierungsform der Darlehensvergabe erfasst werden soll. c) Missbrauch der Haftungsbeschränkung aa) Darstellung der Ansicht Die geistigen Väter des reformierten Gesellschafterdarlehensrechts Huber und Habersack verstehen dieses als ein ausgleichendes Korrelat zum Prinzip der Haftungsbeschränkung im Sinne des Privilegs des Gesellschafters, unternehmerisch tätig zu sein und mit seinem persönlichen Vermögen nur beschränkt haften zu müssen.216 Da dadurch die Risiken einer Insolvenz auf die Gläubiger verlagert werden, solle das Recht der Gesellschafterdarlehen diesen Effekt dadurch kompensieren, dass das Vermögen der Gesellschaft im Falle der Insolvenz vorrangig den außenstehenden Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung steht.217 Der dabei systemimmanent angelegte (mögliche) Rechtsmissbrauch – die bewusste Verlagerung des Insolvenzrisikos auf die Gläubiger durch die Gesellschafter, die sich durch die Anmeldung der Gesellschafterforderungen manifestiert – ist aus der Warte von Huber und Habersack unwiderleglich zu vermuten.218 Vor dem Hintergrund, dass das Mindeststammkapital bzw. das Grundkapital im Regelfall nicht dem tatsächlichen Finanzbedarf einer Gesellschaft entspricht, fassen Huber und Habersack das Gesellschafterdarlehensrecht als eine Ergänzung der bestehenden Gläubigerschutzinstrumente auf, da diese im Hinblick auf eine angemessene Risikoverteilung insuffizient seien.219 Das Gesellschafterdarlehensrecht sei daher als der zusätzliche Preis
216 Erstmaliges Grundkonzept Huber/Habersack, BB 2006, 1 ff., demzufolge alle Gesellschafterforderungen und nicht nur wie später durch das MoMiG angeordnet nur Gesellschafterdarlehen subordiniert werden sollten; darauffolgend präzisierend Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 372 ff., 393 ff.; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2147: „Die rechtspolitische Kernfrage ist entschieden und zwar im Sinne einer […] Herleitung der Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung selbst, dessen missbräuchliche Ausnutzung durch den Gesellschafter begegnet werden soll“, ders., ZIP 2008, 2385, 2387 ff.; ders., in: Goette/Habersack, MoMiG, Kap. 5 Rn. 11 ff.; ders., in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 37; Huber, in: FS Priester, S. 259, 271 ff. Diesen im Wesentlichen folgend Fedke, NZG 2009, 928, 929 f.; Gehrlein, BB 2008, 846, 849 f.; vgl. ders., in: Gehrlein/Witt/Volmer, GmbH-Recht, Kap. 8 Rn. 3; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 189 ff.; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 22; Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 61; Weitnauer, BKR 2009, 18, 19. 217 Huber/Habersack, BB 2006, 1, 1. 218 Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 14 in Fn. 53; Gehrlein, BB 2011, 3, 5, 8. 219 Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 395; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 22; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, S. 174.
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der Haftungsbeschränkung zu verstehen.220 Mithin erfülle das Gesellschafterdarlehensrecht eine das Eigenkapital ergänzende und seine institutionellen Schwächen ausgleichende Funktion.221 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Dieser Ansatz zeichnet sich in besonderem Maße dadurch aus, dass er ein überzeugendes Zusammenspiel zwischen dem Prinzip der Haftungsbeschränkung und der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts aufzeigt.222 Er leistet damit bedeutsame Grundlagenarbeit hinsichtlich der Frage, inwieweit das Gesellschafterdarlehensrecht ausgehend von dem Prinzip der Haftungsbeschränkung gläubigerschützend wirkt.223 Vor dem Hintergrund des oben erarbeiteten Beurteilungsmaßstabs erklärt dieser Ansatz die grundlegende Frage, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts bedarf. Allerdings vermag diese Ansicht nicht die nachgelagerten Fragen zu erklären, warum nur Gesellschafter und ausschließlich ihre Darlehensforderungen betroffen sein sollen.224 Hinsichtlich der zweiten Frage, warum nur Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst sein sollen, wird eine mögliche Erklärung mit Blick auf die geäußerten Bedenken hinsichtlich des Missbrauchs der Haftungsbeschränkung lediglich angedeutet.225 Diesbezüglich ergeben sich Bedenken dahingehend, dass die missbräuchliche Ausnutzung der Haftungsbeschränkung in ihrer Reinform nicht als Legitimationsgrundlage dienen kann, da ein Kommanditist einer gesetzestypischen Kommanditgesellschaft – wie Kommanditisten einer GmbHG & Co. KG – beschränkt haften und somit die Haftungsbeschränkung missbrauchen können, aber wegen des persönlich haftenden 220
So Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 395. Anders sehen dies u. a.: Kleindiek, in: HK-InsO, § 39 Rn. 25; Schall, Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, S. 174. Herwig Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 103 entgegnet dem, dass die Vorschriften bezüglich der „Aufbringung des Stamm-/Grundkapitals (…) als ,Eintrittspreis‘ für die Haftungsbeschränkung anzusehen“ seien, die Kapitalerhaltungsvorschriften als ein weiterer „Preis“ hinzukommen und es dem Gesetzgeber durchaus freistehe mit dem Gesellschafterdarlehensrecht einen weiteren Preis hinzuzufügen. 221 Siehe Huber, in: FS Priester, S. 259, 277; Gehrlein, BB 2008, 846, 849. 222 So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 112. 223 Dass dies aber allein nicht ausreichend ist siehe Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 51. 224 Erklärt sich aus der Tatsache, dass Huber/Habersack, BB 2006, 1, 2 f.; dies., in: Lutter, Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 405 ff., eine weitergehende Grundkonzeption vor Augen hatten, was nach Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 112 jedoch dafür spricht, „dass die Erwägungen von Huber und Habersack zum Normzweck des Gesellschafterdarlehens nicht uneingeschränkt zutreffend sind“. 225 Bitter, ZIP 2010, 1, 9; K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1014; Thiessen, in: Bork/ Schäfer, GmbHG, Anhang zu § 30 Rn. 7; Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 111, für den die Annahme eines Missbrauchs im Widerspruch mit der im Vergleich zu § 133 InsO (Vorsatzanfechtung) sehr kurzen Anfechtungsfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO steht.
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Komplementärs – anders als die Kommanditisten einer GmbHG & Co. KG – nicht der Rechtsfolge des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegen.226 In Bezug auf die dritte Frage, warum nur Darlehensforderungen erfasst werden sollen, äußert sich diese Ansicht nicht, was nicht weiter verwunderlich ist, da Huber und Habersack gerade ein vereinfachtes Konzept vor Augen hatten, wonach alle Gesellschafterforderungen subordiniert werden sollten.227 d) Verfassungsrechtliche Aufhängung aa) Darstellung der Ansicht Conow bindet die Legitimationserwägungen in einen verfassungsrechtlichen Kontext ein. Ausgangspunkt seiner Untersuchung ist das verfassungsrechtliche Dogma der menschlichen Willensfreiheit,228 woraus die Grundsätze der Privatautonomie und Vertragsfreiheit229 fließen, die – über die Vertragstreue – in der Vertragsbindung definiert als „die ohne rechtlichen Grund nicht einseitig lösbare Unterwerfung einer Partei unter alle einem Vertrag entspringenden Rechtsgebote“230 münden. Aus der Vertragsbindung ergebe sich wiederum der Grundsatz der persönlichen Haftung, da ein Schuldner die Verpflichtung habe die Forderung eines Gläubigers zu erfüllen.231 Bei Kapitalgesellschaften schränke das Haftungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG diesen Grundsatz zu Gunsten des Gesellschafters ein.232 Diese Einschränkung sei durch die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 GG gerechtfertigt, sofern eine Kapitalgesellschaft eine angemessene Eigenkapitalausstattung aufweist. Conow ist der Auffassung, dass das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital keine angemessene Eigenkapitalausstattung sicherstelle.233 Allerdings bilde § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als sonstige Ergänzung der Gläubigerschutzvorschriften, „ein wesensgleiches Minus zur angemessenen Kapitalausstattung der GmbH“234 und sei
226 Siehe K. Schmidt, Liber amicorum für Martin Winter, S. 601, 613 f.; Rogler, Die Subordination anteilsgestützter Unternehmenskredite, S. 72. 227 Siehe Huber/Habersack, BB 2006, 1 ff. 228 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 74 ff., der dabei auf die menschliche Willensfreiheit im Rahmen der Rechtsordnung eingeht. „Die zugrundeliegende Willensfreiheit ist in Art. 1 GG als Axiom gesetzt“, Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 87. 229 Siehe zu deren verfassungsrechtlichen Verankerung (Art. 2 Abs. 1 GG) Höfling, Vertragsfreiheit, S. 6 ff. 230 Weller, Die Vertragstreue, S. 301. 231 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 59. 232 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 59 ff. 233 § 5 Abs. 1 GmbHG sichere keine angemessene Kapitalausstattung, weshalb die hierdurch vorgenommene Risikoverlagerung zu Lasten der Gläubiger verfassungswidrig sei, Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 179 ff. 234 Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 61.
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daher als „Haftung für den Gebrauch der Haftungsbeschränkung“235 zu verstehen, „soweit eine angemessene Kapitalausstattung der GmbH gesetzlich nicht vorgeschrieben ist“.236 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Im Ergebnis bildet das Gesellschafterdarlehensrecht auch nach dieser Ansicht einen Ausgleich zum Prinzip der Haftungsbeschränkung, wobei sich dieser Ansatz besonders dadurch auszeichnet, dass er das Ergebnis aus verfassungsrechtlicher Warte absichert. Insofern liefert auch dieser Ansatz vor dem Hintergrund des Beurteilungsmaßstabs eine überzeugende Erklärung dafür, warum es grundsätzlich des Gesellschafterdarlehensrechts bedarf, lässt aber die nachgelagerten Fragen, warum gerade Gesellschafter und ausschließlich ihre Darlehensforderungen erfasst werden sollen, offen. e) Vermutete nominelle Unterkapitalisierung aa) Darstellung der Ansicht Für Bitter ist das Recht der Gesellschafterdarlehen in einen erweiterten Gesamtkontext eingebettet: In die Gesamtproblematik unterkapitalisierter Gesellschaften mit Haftungsbeschränkung.237 Im Ausgangspunkt bilde der Eigenkapitalanteil eines Gesellschafters dessen Risikobeteiligung ab.238 Dies setze jedoch voraus, dass der Eigenkapitalanteil in einem angemessenen Verhältnis zur jeweiligen Geschäftstätigkeit steht.239 Sofern dies nicht der Fall ist, sei die Gesellschaft nominell unterkapitalisiert und der Gesellschafter nicht mehr angemessen am Risiko beteiligt. Vielmehr verlagere sich das Risiko auf die Gläubiger.240 Aus diesem Gesamtkontext ergebe sich dann auch die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts, wonach dieses „eine Sanktion für vermutete nominelle Unterkapitalisierung“241 darstelle. bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Die nominelle Unterkapitalisierung entspricht in ihrem Kern den Überlegungen von Huber und Habersack, da diese ein ähnliches Zusammenwirken von Haf235
Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 56. Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 61. 237 Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, § 4 IV. 3. a). 238 Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, § 4 IV. 3. a). 239 Zum Folgenden Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, § 4 IV. 3. a). 240 Bitter/Heim, Gesellschaftsrecht, § 4 IV. 3. a). 241 Vgl. zur Rechtfertigung der Haftungsbeschränkung Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 25 ff. i. V. m. § 13 Rn. 60 ff. 236
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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tungsbeschränkung und der Sanktion der Gesellschafterdarlehen beschreiben. Ähnlich wie Conow, der die Wirkungsweise der Haftungsbeschränkung in einem verfassungsrechtlichen Kontext einordnet, vermag Bitter die Problematik darüber hinaus in einer in sich schlüssigen gesellschaftsrechtlichen Dogmatik zu verorten.242 Indem er aufzeigt, dass die Fremdkapitalbeteiligung eines Gesellschafters unter Gläubigerschutzaspekten gerade dann relevant wird, wenn eine nominelle Unterkapitalisierung vorliegt, liefert er eine überzeugende Erklärung dafür, warum es des Schutzes der Gläubiger bedarf. Warum nur Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst sein sollen, deutet Bitter unter Bezugnahme auf die Doppelrolle des Gesellschafters – als Verbandsmitglied und Darlehensgeber – an.243 Im Zusammenhang mit der personellen Ausdehnung des Anwendungsbereichs geht er auch auf die Vermögens- und Mitwirkungsrechte eines Gesellschafters ein, was dafür spricht, dass er diese ebenfalls für die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts als entscheidend erachtet.244 Lediglich die Frage, warum nur Darlehensforderungen erfasst werden soll, bleibt unter Bezugnahme auf die bewusste Entscheidung des Gesetzgebers offen.245 f) Die Ansicht Herwigs aa) Darstellung der Ansicht Herwig sieht das Gesellschafterdarlehensrecht in einer systemimmanenten Gläubigerschutzlücke, die sich aus dem Grundsatz der Haftungsbeschränkung ergibt, zusammen mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten des Gesellschafters begründet.246 bb) Analyse anhand des Beurteilungsmaßstabs Diese Ansicht liefert hinsichtlich aller relevanten Fragen, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts überhaupt bedarf, was es bezwecken soll und warum nur die Gesellschafter und ausschließlich ihre Darlehensforderungen erfasst werden, Antworten.
242
So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 138, der diesbezüglich jedoch zutreffend anmerkt, dass „nicht stets eine angemessene Selbstbeteiligung, sondern ,nur‘ eine angemessenere Selbstbeteiligung am Risiko der Gesellschaft herbeigeführt werden kann“. Dies auch für die Ansicht von Huber/Habersack herausstellend Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 188 ff. 243 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 29 ff. 244 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182 f. 245 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 42. 246 Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 141 ff., zusammenfassend 184 ff.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Auf den Vorarbeiten von Huber und Habersack sowie Bitter aufbauend hat Herwig den eigentlichen Grund, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts bedarf, zusammenfassend herausgearbeitet: Es dient dem Gläubigerschutz. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, da sie bei den meisten Legitimationsansätzen angeführt wird oder zwischen den Zeilen anklingt.247 Aber die Erklärungsansätze von Huber und Habersack sowie Bitter werden hier erstmals zu einer schlüssigen Begründung zusammengeführt. Das Haftungsprivileg birgt eine Gläubigerschutzlücke, da es im deutschen Gesellschaftsrecht keine Pflicht zur angemessenen Eigenkapitalisierung gibt, als deren Gegengewicht das Gesellschafterdarlehensrecht fungieren soll.248 Dabei entfaltet die Nachranganordnung eine den Gesellschafter abschreckende präventive Wirkung, die auch ex post sanktionierbar ist.249 Auf einer ersten Stufe bilden diese Grundüberlegungen das Grundgerüst einer Legitimationsgrundlage, da sie das eigentliche Hauptanliegen des Gesellschafterdarlehensrechts, warum es eines solchen bedarf, begründet.250 Darüber hinaus erklärt Herwig auch, warum in der Rechtsausgestaltung de lege lata nur der Personenkreis der Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst ist. Grund hierfür seien die Mitwirkungs- und Vermögensrechte eines Gesellschafters.251 Gerade wegen der Vermögensrechte als Teilhaberechte in Form einer Gewinnbeteiligung, kann der Gesellschafter in überproportionaler Weise von den Gewinnen einer Unternehmung profitieren, weshalb er auf Grund seiner Haftungsbeschränkung einem Anreiz ausgesetzt ist, das Haftungsprivileg zu Lasten der Gläubiger auszunutzen.252 Hinzu treten seine Mitwirkungsrechte, die es ihm ermöglichen „die Durchführung opportunistischer Gesellschaftsstrategien [zu] beeinflussen“.253 Schlussendlich liefert er auf einer dritten Stufe auch eine Erklärung dafür, warum nur die Darlehensforderungen eines Gesellschafters erfasst werden: Ausgesprochenes Ziel des Gesellschafterdarlehensrechts ist es die Gläubiger vor einer übermäßigen Risikoverlagerung zu schützen. Dabei sollen dann aber auch nur jene Möglichkeiten sanktioniert werden, die einen solchen „Finanzierungs- bzw. Ermöglichungseffekt“ haben.254 Dies trifft gerade auf die Darlehensforderungen zu. Bei allen anderen Gesellschafterforderungen bleibt der Finanzierungseffekt hingegen aus, da sie im Regelfall nach § 271 Abs. 1 BGB direkt zu begleichen sind. Damit liefert Herwig vor dem Hintergrund der zu Beginn aufgestellten Maßstäbe eine schlüssige und überzeugende Legitimationsgrundlage. 247
S. o. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 142. 249 Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 145 f. 250 So auch die Ansicht von Huber/Habersack (s. o.) und Bitter (s. o.). 251 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 342, und nunmehr auch Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182 f. 252 Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 173 f. 253 Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 185. 254 Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 147. 248
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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III. Haltung der Rechtsprechung Da sich der Gesetzgeber hinsichtlich der Legitimationsgrundlage des neuen Gesellschafterdarlehensrechts ausschweigt,255 liegt die Hoffnung diesbezüglich neben den Stimmen aus der Literatur in besonderem Maße auf den Vertretern der Judikative.256 Deren prominentester Vertreter – der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs – wagte sich bislang nur zaghaft an das „heiße Eisen“ der ratio legis heran und hat bislang noch keine klare Position bezogen.257 Zwar hat er in einer ersten Annäherung258 hervorgehoben, dass die erhöhte Verantwortung der Gesellschafter auf Grund ihrer Insiderstellung möglicherweise die Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO zu begründen vermag; nicht dagegen den Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.259 Der Informationsvorsprung führe nicht dazu, „dass ein mit den Verhältnissen der Schuldnerin besonders vertrauter ,Insider‘ der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und er dieses vor der Insolvenz nicht mehr zurückfordert“.260 Im Übrigen hat er in der genannten Entscheidung die Frage nach der Legitimationsgrundlage offengelassen.261 In einem zweiten Anlauf262 hat sich der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs erstmals im Rahmen der Anfechtung des Rückforderungsanspruchs eines Gesellschafterdarlehens263 näher mit dem Normzweck auseinandergesetzt. Dabei hat er in vorgelagerten Ausführungen dargelegt, dass die bisherigen Grundsätze zum früheren Eigenkapitalersatzrecht im Hinblick auf die Auslegung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO „grundsätzlich fruchtbar gemacht werden [können]“ und besonders betont, dass „die ausdrückliche Bezugnahme des Gesetzgebers auf die Novellenregeln verbunden mit der Erläuterung, die Regelungen zu den Gesellschafterdarlehen in das Insolvenzrecht verlagert zu haben, […] die Annahme nahe [liege], dass das durch das MoMiG umgestaltete 255
S. o. Hierzu auch Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 21 f. Gerade bei den hier zu untersuchenden Abtretungskonstellationen, die eine enorme Relevanz für die Praxis haben, wäre eine klare Haltung hinsichtlich der Legitimationsgrundlage wünschenswert. 257 So auch Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 19; Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 16; Marotzke, KTS 2016, 19, 33; anders sehen dies Thiessen, ZGR 2015, 396, 409; Gehrlein, NZI 2014, 481, 484 als federführendes Mitglied des IX. Zivilsenats. 258 BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363 ff. 259 Thiessen, ZGR 2015, 396, 407 sieht hiermit die von Thole, ZHR 176 (2012), 513, 520 aufgeworfene und umstrittene Frage, ob der Anfechtung und dem Nachrang konzeptionell zu trennen sind und jeweils eine eigene Legitimationsgrundlage haben, als beantwortet. 260 BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363, 370 Rn. 17; vgl. Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 507, 509 f.; Cahn, AG 2005, 217, 222. 261 BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363, 369. Mit der späteren Aussage, dass das „Instrumentarium [der Neuregelung des MoMiG] rein insolvenzrechtlicher Natur“ sei, BGH, Urt. v. 21. 7. 2011 – II ZR 185/10, BGHZ 190, 364, 371 Rn. 30, hat er sich auch noch nicht weiter festgelegt. Anders sieht dies Thiessen, ZGR 2015, 396, 407, der dies als ein Votum gegen die Finanzierungsfolgenverantwortung verstanden wissen will. 262 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff. 263 Siehe hierzu ausführlich unten. 256
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Recht und damit auch § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO mit der Legitimationsgrundlage des früheren Rechts im Sinne einer Finanzierungsfolgenverantwortung harmoniert“.264
Hieraus lässt sich zwar ableiten, dass der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs der Ansicht ist, dass das neue Recht der Gesellschafterdarlehen mit der Legitimationsgrundlage des alten Rechts der Gesellschafterdarlehen, der Finanzierungsfolgenverantwortung, im Einklang stehe und in besonderem Maße daran Anlehnung finde. Allerdings lässt sich daraus nicht schließen, dass der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs der Ansicht ist, dass die neue und alte Legitimationsgrundlage identisch seien.265 Konträr zu dieser Entscheidung stellte derselbe Senat266 in einer späteren Entscheidung fest, dass sich die Anfechtung nicht mehr auf solche Fälle beschränke, in denen „zurückgezahlte Gesellschafterdarlehen eigenkapitalersetzend waren und die Befriedigung der Gesellschafter ihrer Finanzierungsfolgenverantwortung widersprach“.267 „Dieses Gesetzesverständnis ist eindeutig und – soweit ersichtlich – auch unumstritten.“268 Obwohl die unterschiedlichen Aussagen zunächst widersprüchlich anmuten mögen, so scheinen sie doch in der Logik des Bundesgerichtshofs konsistent. Denn der Senat scheint das alte Recht als eine Art Teilbereich des neuen Rechts zu verstehen, sodass diejenigen, die nach dem alten Recht aufgrund ihrer Finanzierungsfolgenverantwortung von der Gesellschaft empfangene Leistungen zurückerstatten mussten, dies auch weiterhin müssen, obwohl das neue Recht auch diejenigen trifft, die keine Finanzierungsfolgenverantwortung tragen.269 Sieht man hierin eine Art „Stufenverhältnis“270, lassen sich die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in ähnlicher Weise wie zu Zeiten des früheren Eigenkapitalersatzrechts schwerlich prognostizieren, da insoweit der Anwendungsbereich der Nachrang- und Anfechtungsregelungen erweitert worden ist. Dies geht mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit einher.271 So wünschenswert eine klare Positionierung des Bundesge264 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 226 Rn. 18 (Kursivdruck durch Verfasser hervorgehoben). Nunmehr sieht auch das BAG die Neuregelung „mit der Legitimationsgrundlage des früheren Rechts – der Finanzierungsfolgenverantwortung – im Einklang“, BAG, Urt. v. 27. 3. 2014 – 6 AZR 204/12, BAGE 147, 373 ff. = GmbHR 2014, 645, 646 Rn. 24. 265 So wohl aber Gehrlein, NZI 2014, 481, 484; zurückhaltender Gehrlein, in: Gehrlein/ Witt/Volmer, GmbH-Recht, Kap. 8 Rn. 2 f. 266 In dieser Entscheidung allerdings in einer anderen Besetzung. 267 BGH, Urt. v. 7. 3. 2013 – IX ZR 7/12 = WM 2013, 708 Rn. 14. 268 BGH, Urt. v. 7. 3. 2013 – IX ZR 7/12 = WM 2013, 708 Rn. 14. Diesen Ansatz vermengte das BAG, Urt. v. 27. 3. 2014 – 6 AZR 204/12, BAGE 147, 373 ff. = GmbHR 2014, 645 Rn. 23, 24. 269 So auch Thiessen, ZGR 2015, 396, 408. 270 Thiessen, ZGR 2015, 396, 408. 271 Als Indiz für künftige Entscheidungen kann die Haltung des federführenden Richters des IX. Zivilsenats Markus Gehrlein herangezogen werden, der weiterhin auf die Finanzierungsfolgenverantwortung abstellt: „Der bleibende Gesetzeszweck – wenn man so will die Legiti-
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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richtshofs wäre, so ernüchternd sind die bisherigen Entscheidungen.272 So scheint es auf den ersten Blick, als ob der Bundesgerichtshof weiterhin im Fahrwasser der Finanzierungsfolgenverantwortung bliebe.273 Ebenso lassen die Ausführungen jedoch vermuten, dass sich der Bundesgerichtshof nur vorsichtig an den Normzweck herantastet und sich noch nicht festlegen möchte. Insofern lässt sich bislang keine konsistente Haltung ableiten, die für die weitere Untersuchung fruchtbar gemacht werden könnte.
D. Zusammenführung der Erklärungsansätze in der Literatur und eigene Stellungnahme In Anbetracht der bisher noch unklaren Haltung der Rechtsprechung haben die Legitimationserwägungen in der Literatur besonderes Gewicht. Hatte die vorhergehende Untersuchung das Ziel die verschiedenen Argumentationsansätze herauszuarbeiten und vor dem Hintergrund des Beurteilungsmaßstabs zu bewerten, sollen nunmehr die überzeugenden Ansätze zusammengeführt und für eine in sich konsistente Lösung fruchtbar gemacht werden.274 Wie bereits eingangs erwähnt, muss eine überzeugende Legitimationsgrundlage für das Gesellschafterdarlehensrecht drei Fragen beantworten können: Erstens, warum es des Gesellschafterdarlehensrechts überhaupt bedarf und welche rechtssystematische Funktion es im Gefüge des Gesellschafts- und Insolvenzrechts wahrnimmt. Zweitens, warum nur die Gesellschafter dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegen. Und drittens, warum das Gesellschafterdarlehensrecht von allen Gesellschafterforderungen nur Darlehensforderungen und darlehensgleichen Forderungen erfasst.
I. Bedürfnis des Gesellschafterdarlehensrechts Auf der ersten Ebene – der Frage nach dem Bedürfnis des Gesellschafterdarlehensrechts bzw. nach der Rechtfertigung für die abweichende Behandlung von Gesellschafterdarlehen – kristallisiert sich das Prinzip der Haftungsbeschränkung nach § 13 Abs. 2 GmbHG bzw. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG bei haftungsbeschränkten Gesellschaften i. S. d. § 39 Abs. 4 S. 1 InsO als Kern des Gesellschafterdarlehensrechts heraus.275 Insofern führt Conow in überzeugender Weise zu diesem Grundmationsgrundlage – wird durch die Modifizierung des rechtlichen Instrumentariums nicht berührt“, ders., NZI 2014, 481, 484. 272 Vgl. auch Lengersdorf, Der Nachrang von Gesellschafterdarlehen, S. 86 ff. 273 Vgl. auch so auch jüngst BGH, Urt. v. 13. 10. 2016 – IX ZR 184/14, BGHZ 212, 272 ff. 274 Bedenkt man welchen Schwankungen das „Gesellschafterdarlehensrecht“ in der Vergangenheit ausgesetzt war, vgl. Thiessen, ZGR 2015, 396, 397 ff., so darf man die aktuelle Regelung auch nicht als Weisheit letzter Schluss ansehen. 275 So die Ansichten von Huber/Habersack (s. o.) und Bitter (s. o.).
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
problem hin, wenn er das Gesellschafterdarlehensrecht vor dem Hintergrund des Verfassungsrechts beleuchtet.276 Ausgehend von dem Dogma der menschlichen Willensfreiheit, das in dem Konzept der Vertragsbindung mündet, ergibt sich sowohl für natürliche als auch für juristische Personen der Grundsatz der persönlichen Haftung, wonach ein Schuldner die Verpflichtung hat, die Forderung eines Gläubigers zu erfüllen.277 Dieser Grundsatz erfährt – wie im ersten Teil dieser Arbeit ausführlich dargestellt worden ist – bei Kapitalgesellschaften eine Einschränkung durch das Prinzip der Haftungsbeschränkung (positiv formuliert das Haftungsprivileg).278 Dieses ermöglicht es dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, dass sich seine Haftung lediglich auf seine Hafteinlage beschränkt und er darüber hinaus nicht mit seinem persönlichen Vermögen einstehen muss.279 Das Prinzip der Haftungsbeschränkung beruht auf der ökonomischen Grundüberlegung, dass ein Gesellschafter mit einer auf seine Einlage beschränkte, persönliche Haftung risikofreudiger agiert und somit lukrativere Geschäftsmöglichkeiten eingeht, was zu einer gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtsmaximierung führt.280 Der Wegfall der unbegrenzten persönlichen Haftung hat jedoch zur Folge, dass alle über die Hafteinlage hinausgehenden Haftungsrisiken den Gläubigern der Gesellschaft aufgebürdet werden.281 Mit den Worten Bitters fungiert das Prinzip der Haftungsbeschränkung als eine „(Teil)Versicherung des unternehmerischen Risikos, bei der die Gesellschafter die Versicherungsnehmer und die Gläubiger der Versicherer sind“.282 Das Haftungsprivileg führt letztendlich zu einer gesteigerten Risikoverlagerung zu Lasten der Gläubiger einer Gesellschaft.283 Sämtliche Rechtsinstrumente, die einer solchen Risikoverlagerung entgegenwirken wollen, haben ein gemeinsames Ziel: Den Gläubigerschutz. Um dieser gesteigerten Risikoverlagerung284 entgegenzuwirken bzw. diese abzufangen, bedürfte es nach der Ansicht von Bitter einer angemessenen Eigenkapitalausstattung der jeweiligen Kapitalgesellschaft.285 Diesem Bedürfnis werden das Gebot eines Mindestkapitalerfordernisses oder etwa die Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften nach allgemeiner Ansicht nicht gerecht, da sich das Mindestkapital nicht nach dem tatsächlichen Finanzbedarf der Gesellschaft richtet, sondern vom Gesetzgeber einheitlich für die verschiedenen Gesellschaftsformen
276 277 278 279 280 281 282 283 284 285
S. o. S. o. S. o. S. o. Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 f. Dazu ausführlich oben. Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 f. Dazu ausführlich oben. Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 f. (Hervorhebung durch den Verfasser). Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 f. Hierzu s. o. Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26 f.
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
117
festgelegt worden ist.286 Hintergrund dieser einheitlichen Regelung ist, dass eine allgemeine rechtliche Regelung zur Bestimmung der angemessenen Eigenkapitalausstattung für jede einzelne Gesellschaft gemessen an ihrem tatsächlichen Unternehmensbetrieb aufgrund der Vielgestaltigkeit der rechtstatsächlichen Verhältnisse nicht möglich ist.287 Hinzu kommt, dass die angemessene Eigenkapitalausstattung für jede einzelne Gesellschaft gemessen an ihrem tatsächlichen Unternehmensbetrieb bisher rechtlich und betriebswirtschaftlich weitestgehend nicht quantifizierbar ist.288 Vor diesem Hintergrund wird das durch das gesetzliche Mindestkapitalgebot und das Kapitalerhaltungsrecht erlangte Schutzniveau der Gläubiger als unzureichend erachtet.289 Die Gesellschafter können aufgrund ihrer Finanzierungsfreiheit den über das Mindestkapital hinausgehenden Kapitalbedarf der Gesellschaft nicht nur mit Eigenkapital, sondern auch mit Fremdkapital und Gesellschafterfremdkapital decken.290 Auch wenn eine minimale Eigenkapitalausstattung in Verbindung mit einer maximalen Fremdkapitalausstattung das Unternehmensrisiko der haftungsbeschränkten Gesellschaft sehr stark auf die außenstehenden Gläubiger abwälzt, stellt dies – wie von Habersack und Huber richtig herausgearbeitet worden ist – keinen Verstoß gegen das Haftungsprivileg dar.291 Problematisch ist jedoch, wenn die Gesellschafter das Unternehmensrisiko durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen noch weiter auf die außenstehenden Gläubiger verlagern. Dadurch dass Gesellschafterdarlehen wie Fremdkapital behandelt werden, können die Gesellschafter jederzeit – auch noch im Vorfeld der Insolvenz der Gesellschaft – die Darlehensmittel abziehen und in der Insolvenz der Gesellschaft ihre Darlehensforderungen gleichrangig neben den Drittforderungen anmelden.292 Das hat zur Folge, dass sich die Insolvenzquote für die übrigen Gläubiger meist erheblich verringert.293 Diese überproportionale Risikoverlagerung soll zum Schutz der außenstehenden Gläubiger
286
S. o. So auch schon bezüglich der Rechtsunsicherheit einer solchen Bestimmung BGH, Urt. v. 1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 269. 288 Vgl. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 98. 289 So etwa Conow, Vertragsbindung als Freiheitsvoraussetzung, S. 179 ff. Dazu auch ausführlich mit weiteren Nachweisen unten. 290 Daher sind unternehmerisch tätige, haftungsbeschränkte Gesellschaften in der Praxis häufig nominell unterkapitalisiert, siehe Gehrlein, BB 2011, 3; Haas, DStR 2006, 993, 997; K. Schmidt, JZ 1985, 301, 304; ders., GesR, § 9 IV 4 a), S. 241; Goette/Kleindieck, Eigenkapitalersatzrecht, Rn. 13; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 51; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 151. 291 Vgl. Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 14. 292 Vgl. Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 14 Fn. 53; so auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 145; vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 154. 293 Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 14 in Fn. 53; so auch Gehrlein, BB 2011, 3, 8. 287
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
vermieden werden.294 Die Frage nach dem Bedürfnis des Gesellschafterdarlehensrechts ist somit mit dem Aspekt des Gläubigerschutzes zu beantworten.295
II. Gesellschafter als alleiniger Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts Die nachgelagerte Frage, warum nur Gesellschafter von dem Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechts erfasst sein sollen, lässt sich am besten mit dem Zusammenspiel der Mitwirkungs- und Vermögensrechte eines Gesellschafters beantworten.296 Die Vermögensrechte sind nach der Ansicht von Herwig und Ulbrich der Ausgangspunkt dafür, warum ein Gesellschafter vom Haftungsprivileg profitiert.297 Sie allein ermöglichen es dem Gesellschafter an den unternehmerischen Chancen einer Gesellschaft zu partizipieren, da ihm etwaige Gewinnausschüttungen und Steigerungen des Unternehmenswerts zu Gute kommen.298 Sie sind die Verknüpfung zwischen dem Potential, das sich aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung ergibt und seiner tatsächlichen Realisierung auf Seiten des Gesellschafters. Gerade weil das Prinzip der Haftungsbeschränkung die persönliche Haftung des Gesellschafters auf ein Minimum – die Hafteinlage – beschränkt, ergibt sich der Anreiz für einen Gesellschafter seine Chancen (überwiegend) auf Kosten der Gläubiger zu steigern.299 Der Gesellschafter muss aber auch die Möglichkeit haben, das sich aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung ergebende Potential fruchtbar zu machen. Dies ermöglichen ihm nach Ansicht von Breidenstein und Krampshoff seine Mitwirkungsrechte, welche ihm einen gewissen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen im Unternehmen gewähren.300
294 Vgl. Gehrlein, BB 2011, 3, 5, 8; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 154 bezeichnet dies als „Versagung der Drittgläubigerstellung“ im Verhältnis zu außenstehenden Gläubigern. 295 Statt aller Haas, NZG 2013, 1241, 1243. Dies deckt sich insofern auch mit dem herausgearbeiteten Ziel des früheren Eigenkapitalersatzrechts. 296 So auch Herwig, Das Gesellschafterdarlehensrecht im Unternehmensverbund, S. 141 ff.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 155 f., 342; wohl auch Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182 f.; Tillmann, GmbHR 2006, 1289 ff., der auf den Zusammenhang zwischen Gewinnbeteiligung und Einflussnahmemöglichkeiten abstellt. 297 S. o. 298 Nur auf die Vermögensrechte abstellend Krolop, GmbHR 2009, 397, 398 ff. 299 S. o. 300 Dafür die Grundlage bereitend Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 489 ff., der auf die Einflussmacht des Gesellschafters und damit auf die einhergehende Steuerung des Insolvenzrisikos abstellt sowie Kampshoff, GmbHR 2010, 897 ff. und Breidenstein, ZInsO 2010, 273 ff. für die ebenfalls die Einflussmacht ausschlaggebend ist. Vgl. s. o.
2. Kap.: Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts
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III. Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Darlehensforderungen und diesen gleichgestellten Forderungen Schließlich gilt es die Frage zu beantworten, warum von den verschiedenen Varianten der Gesellschafterforderungen gerade die Darlehensform dem Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechts unterworfen wird. Ziel des Gesellschafterdarlehensrechts ist es, die Gläubiger vor übermäßigen Risikoverlagerungen zu ihren Lasten zu schützen, von denen sie in der Insolvenz überwiegend betroffen sind. Die Möglichkeit der Risikoverlagerung und die gesteigerte Gefahr einer Insolvenz ergibt sich insbesondere dann, wenn eine Gesellschaft eine Forderung nicht unmittelbar begleichen muss, wie dies bei „normalen“ Gesellschafterforderungen nach § 271 Abs. 1 BGB der Fall ist, sondern sie das durch ein Darlehen oder eine gestundete Gesellschafterforderung zur Verfügung gestellte Kapital dazu nutzen kann, neue risikoreiche Projekte zu finanzieren bzw. zu ermöglichen. Eine Gesellschafterforderung muss mit den Worten Herwigs einen „Finanzierungs- bzw. Ermöglichungseffekt“301 aufweisen, um die Risikoverlagerung für die Gläubiger zu begünstigen. Daher unterliegen nur Darlehensforderungen und darlehensgleiche Forderungen dem Gesellschafterdarlehensrecht, da sie aufgrund ihres Finanzierungseffekts eine Risikoerhöhung zulasten der außenstehenden Gläubiger ermöglichen.302
IV. Ergebnis Vor diesem Hintergrund ist die Legitimationsgrundlage des neuen Gesellschafterdarlehensrechts nach hier vertretener Ansicht in Gläubigerschutzerwägungen kombiniert mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten eines Gesellschafters zu sehen.303 Dieses Legitimationsverständnis wird der nachgehenden Untersuchung zugrunde gelegt.
301
Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 147. So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 147. 303 Diesen Zusammenhang erstmals aufzeigend Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 141 ff.; in eine ähnliche Richtung Schilpp, Gesellschafterfremdfinanzierte Auslandsgesellschaften, S. 68 ff., zusammenfassend S. 73, der „die Sicherstellung eine Risikobeitrags des Gesellschafters als Ausgleich für das Privileg der Haftungsbeschränkung und die hiermit verbundenen unternehmerischen Chancen“ als Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts ansieht. 302
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3. Kapitel
Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz einer haftungsbeschränkten Gesellschaft Im folgenden Kapitel werden die beiden Instrumente des Gesellschafterdarlehensrechts – die Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und die Anfechtungsregelung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO – näher beleuchtet. Dabei soll untersucht werden, wie das Gesellschafterdarlehensrecht und damit auch seine Legitimationsgrundlage in der Rechtspraxis konkret umgesetzt werden. Das Gesellschafterdarlehensrecht bildet ausgehend von der Bestimmung der Legitimationsgrundlage einen Gesamtkomplex, bei dem oftmals die Anfechtungsregelung im Vordergrund steht.304 Dennoch werden nachfolgend die Nachrangregelung und die Anfechtungsregelung zunächst isoliert voneinander analysiert, um darauf aufbauend anschließend das Verhältnis der beiden Instrumente zueinander – systematisch stimmig – ausloten zu können.305 Dabei wird zunächst auf die Natur und Wirkung des Nachrangs eingegangen, um sich dann der Insolvenzanfechtung mit einem allgemeinen und einem konkreten Zugriff auf die Anfechtung eines Gesellschafterdarlehens zu nähern.
A. Nachrangigkeit I. Allgemeines Das erste Instrument des Gesellschafterdarlehensrechts bildet die Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, die in die Regelungen zur Verteilung des Schuldnervermögens unter den Gläubigern in der Insolvenz der Gesellschaft integriert wurde. Danach unterliegen Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens306 oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen,307 dem Nachrang.308 Die Nachrangregelungen in § 39 Abs. 1 und Abs. 2 InsO stellen eine Durchbrechung des das gesamte Insolvenzverfahren beherrschenden Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung, wonach alle
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Siehe Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147. Daher werden die Tatbestandsvoraussetzungen der Nachrangregelung erst im Rahmen der Anfechtungsregelung en détail analysiert. 305 Vgl. Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147. 306 Siehe zu dieser Tatbestandsvoraussetzung ausführlich unten. 307 Siehe zu dieser Tatbestandsvoraussetzung ausführlich unten. 308 Auf die Voraussetzungen der Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wird in Rahmen der Anfechtungsregelung des § 135 InsO im Detail eingegangen (siehe unten).
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Gläubiger gleichmäßig behandelt und infolgedessen auch befriedigt werden sollen (par conditio creditorum),309 dar.
II. Wirkung des Nachrangs Grundsätzlich unterliegt nach der Maßgabe des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO jedes Gesellschafterdarlehen – unabhängig davon, ob es innerhalb oder außerhalb der Krise der Gesellschaft gewährt worden ist – dem Nachrang in der Insolvenz der Gesellschaft.310 In Literatur und Rechtsprechung gehen die Ansichten über die Reichweite dieses gesetzlich angeordneten Nachrangs auseinander.311 Im Ausgangspunkt handelt es sich um einen „gesetzlich vorgezeichneten Begriff“312 der im Insolvenzrecht in § 39 InsO in zwei unterschiedlichen Facetten auftaucht: In § 39 Abs. 1 InsO in Form eines gesetzlich angeordneten Nachrangs und in § 39 Abs. 2 InsO in Form eines vertraglich angeordneten Nachrangs.313 Diesen beiden Formen des Nachrangs ist der Grundsatz gemein, dass es sich bei dem Nachrang jeweils um ein „verfahrensrechtliches Verteilungsmerkmal“314 handelt.315 Das bedeutet, dass der Nachrang eine Größe ist, die angibt in welcher Reihenfolge316 das Schuldnervermögen317 an die Insolvenzgläubiger318 im eröffneten Insolvenz309
Statt aller K. Schmidt, in: Schmidt-InsO, § 1 Rn. 4; hierzu ausführlich Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 20 Fn. 30. 310 S. o. 311 Vgl. Bitter, in: Scholz, GmbHG, § Anh. 64 Rn. 360 Fn. 6. 312 Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1007. 313 Siehe Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 130; Dittmar, Der überschuldungsvermeidende Rangrücktritt, S. 10 ff.; Mayer, Der vertragliche Nachrang von Forderungen, S. 202 ff. 314 Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1105, 1007; ders., in: Scholz, GmbHG, § 64 Anh. Rn. 363 spricht hier vom „Nachrang im technischen Sinn(e)“; Ehricke, in: MüKo, InsO, 3. Aufl. § 39 Rn. 1. 315 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 5; Prosteder/Dachner, in: BeckOK, InsO, § 39 Rn. 1; Köth, ZGR 2016, 541, 561. 316 Siehe Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1105, 1007; Bremen, in: Graf-Schlicker, InsO, § 39 Rn. 1 weist ihm die Aufgabe der „Befriedigungsreihenfolge“ zu. 317 Die Vermögensgegenstände, die nicht zum Schuldnervermögen gehören, werden ausgesondert. Die aussonderungsberechtigten Gläubiger sind mit ihren Ansprüchen nicht Insolvenzgläubiger (§ 47 S. 1 InsO). 318 Zu den Insolvenzgläubigern nach § 38 InsO gehören die Gläubiger, denen nicht (oder jedenfalls nicht in voller Höhe ihrer Forderungen) Gegenstände im Schuldnervermögen zur ausschließlichen eigenen Befriedigung zugewiesen sind. Daher sind die absonderungsberechtigten Gläubiger keine Insolvenzgläubiger. Sie können das Sicherungsgut zwar nicht in der Insolvenz des Schuldners aussondern, da ihnen nicht die Sache selbst, sondern nur der in ihr verkörperte Wert gebührt; die Sache selbst gehört zur Insolvenzmasse. Sie können aber verlangen, dass der Verwertungserlös des Sicherungsgutes vorrangig zur Befriedigung ihrer gesicherten Forderung verwendet wird (§ 49 InsO). Auch Massegläubiger sind keine Insolvenzgläubiger. Massegläubiger sind die Gläubiger, deren Ansprüche erst nach Verfahrenser-
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
verfahren verteilt werden soll: Danach werden zunächst die einfachen Insolvenzgläubiger und erst im Anschluss an deren vollständige Befriedigung die nachrangigen Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse befriedigt.319 Hierbei handelt es sich um die Wirkung des Nachrangs, die sowohl für § 39 Abs. 1 als auch Abs. 2 InsO gilt.320 Diese kommt zum Tragen sobald das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Der im Gesellschafterdarlehensrecht angeordnete Nachrang soll bewirken, dass diejenigen Gläubiger, die dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegen, von dieser Nachrangwirkung erfasst werden.
III. Zwecke des gesetzlichen und vertraglich angeordneten Nachrangs Unabhängig von der generellen Wirkung des Nachrangs und des übergeordneten Normzwecks321 verfolgen der gesetzlich und vertraglich angeordnete Nachrang unterschiedliche Zwecke.322 So steht beim vertraglich angeordneten Nachrang des § 39 Abs. 2 InsO – der auch als Rangrücktrittsvereinbarung bezeichnet wird – der Zweck im Fokus, das eine Forderung im Überschuldungsstatus unberücksichtigt bleibt.323 In vielen Fällen geht es auch um die Verbesserung des Kreditratings oder um die Verteilung der auszuschüttenden Insolvenzquoten bei Gläubigervereinbarungen.324 Dagegen ergibt sich der Zweck des gesetzlich angeordneten Nachrangs des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO aus der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts. Danach dient der Nachrang insbesondere dem präventiven und repressiven Schutz der Gläubiger.325 Der präventive Schutz der Gläubiger besteht im neuen Gesellschafterdarlehensrechtsrecht in einer abschreckenden Wirkung, die der Nachrang entfaltet, wobei die abschreckende, präventive Wirkung nicht durch eine öffnung begründet und durch das Verfahren selbst veranlasst worden sind. Ihre Ansprüche sind gemäß § 53 InsO vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. 319 Zur Verteilung der Insolvenzmasse unter den Insolvenzgläubigern Bork, Insolvenzrecht, Rn. 331 ff. 320 Ehricke/Behme, in: MüKo, InsO, § 39 Rn. 1 sprechen insofern von „absolute(m) Nachrang“; vgl. Foerste, Insolvenzrecht, § 22 Rn. 319. 321 K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 1 sehen ihn wohl im „Schutz der Masse und der einfachen Insolvenzforderungen“; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 1 erblickt ihn darin „eine einheitliche Verfahrensabwicklung zu gewährleisten und eine vorzeitige Zerschlagung sanierungsfähiger Unternehmen zu vermeiden“. 322 „Die Rückstufung hat jeweils einen besonderen Grund, auf ein gemeinsames Prinzip ist der Nachrang dieser Forderungen nicht zurückzuführen“, Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 1. 323 Habersack, ZGR 2000, 384, 400; Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 64 Anh. 360; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 1. 324 Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 64 Anh. 360. 325 Siehe zur Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems ausführlich unten.
3. Kap.: Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz
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präventive Durchsetzungssperre abgesichert wird, wie dies im früheren Eigenkapitalersatzrecht noch der Fall war,326 sondern der Nachrang lediglich ex post durch die Anfechtungsregelung durchgesetzt werden kann.327 Der repressive Schutz der Gläubiger besteht darin, dass eine nachrangige Forderung im eröffneten Insolvenzverfahren nur dann befriedigt wird, wenn alle aussonderungs- und absonderungsberechtigten Gläubiger, Massegläubiger und regulären Insolvenzgläubiger aus der Masse befriedigt wurden.
IV. Verhältnis zwischen Nachrang und Durchsetzungssperre Wie ein Blick auf das frühere Eigenkapitalersatzrecht zeigt, stehen der Nachrang und die Durchsetzungssperre insofern in einem Zusammenhang, als dass sie sich gegenseitig ergänzen können. Bei dem Nachrang handelt es sich um ein verfahrensrechtliches Instrument, welches erst im eröffneten Insolvenzverfahren seine Wirkung entfaltet. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei der Durchsetzungssperre328 um ein materiell-rechtliches Instrument, welches bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Wirkung entfaltet, indem es die Durchsetzung einer Forderung hindert.329 So besehen entfaltet der verfahrensrechtliche Nachrang seine Wirkung in der Insolvenz und die materiell-rechtliche Durchsetzungssperre ihre Wirkung im Vorfeld der Insolvenz.330 Im Grundsatz sind diese beiden Rechtsgebilde konzeptionell voneinander zu trennen. So kann weder von einem Nachrang automatisch auf das Bestehen einer Durchsetzungssperre geschlussfolgert werden, noch ergibt sich aus einer Durchsetzungssperre zwangsläufig eine Nachrangregelung für den Fall der Insolvenz. Dennoch können sich Nachrang und Durchsetzungssperre gegenseitig ergänzen. Für den vereinbarten Nachrang stellt Bitter heraus, dass grundsätzlich der Nachrang und eine Durchsetzungssperre voneinander unabhängig seien, sie lediglich im Rahmen einer Rangrücktrittsvereinbarung miteinander verbunden werden können.331 Für den gesetzlich angeordneten Nachrang gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zeigt dies ein 326 Nach dem früheren Eigenkapitalersatzrecht durfte die Gesellschaft in analoger Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG a. F. das Darlehen dann nicht an den Gesellschafter zurückzahlen, wenn das Gesellschaftsvermögen dadurch unter die satzungsgemäße Stammkapitalziffer absinken würde. Diese Rechtsfolge wurde als Durchsetzungssperre bzw. als Auszahlungsverbot bezeichnet. Hierzu ausführlich oben. 327 Vgl. dazu unten. 328 Auch Auszahlungsverbot oder Rückgewährsperre genannt. 329 Siehe Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1007 f. Sie unterscheiden zwischen einer „vorübergehend liquiditätswahrende(n) Durchsetzungssperre“, einer „dauerhaft liquiditätswahrenden Durchsetzungssperre“ und zwischen „überschuldungsvermeidenden Durchsetzungssperren“. 330 Bitter, in: Scholz, GmbHG § 64 Anh. Rn. 365, spricht insofern von einer „vorinsolvenzlich(en)“ oder auch „außerinsolvenzlich(en)“ Wirkung. 331 Siehe Bitter, in: Scholz, GmbHG § 64 Anh. Rn. 365.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
historischer Vergleich mit dem früheren Eigenkapitalersatzrecht:332 Der Darlehensrückzahlungsanspruch eines Gesellschafters war nach den damaligen Novellenregelungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO a. F. nachrangig und unterlag daneben nach den damaligen Rechtsprechungsregeln gemäß § 30 Abs. 1 GmbHG a. F. analog der „präventiven Durchsetzungssperre“.333 Insofern ergänzten sich unter dem früheren Eigenkapitalersatzrecht der Nachrang und eine Form der Durchsetzungssperre. Allerdings folgte die Durchsetzungssperre nicht aus dem Nachrang, sondern die Durchsetzungssperre wurde von der Rechtsprechung explizit zusätzlich zum Nachrang angeordnet. Unter Geltung der neuen Rechtslage existiert diese Durchsetzungssperre jedoch nicht mehr.334
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Siehe Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1007. Begriff geprägt durch Haas, ZInsO 2007, 617, 618 m. w. N. in Fn. 17. 334 Der MoMiG-Gesetzgeber hat die in den Rechtsprechungsregeln enthaltene Durchsetzungssperre im Vorfeld der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ersatzlos gestrichen, vgl. Nichtanwendungsbefehl in § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG. Diese (abgeschaffte) vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre kann auch nicht anderweitig konstruiert werden. Insbesondere ergibt sich eine Durchsetzungssperre weder aus der Treuepflicht des Gesellschafters noch aus § 64 S. 3 GmbHG. Zwar hat der BGH in der Vergangenheit ausgeführt, dass „die […] gesellschaftliche Treuepflicht […] einem Gesellschafter verbieten [kann], gegenüber seiner GmbH einen Anspruch auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens durchzusetzen, wenn die Gesellschaft dadurch in eine Krise geriete“, BGH, Urt. v. 7. 3. 2013 – IX ZR 7/12, NZI 2013, 483 Rn. 24. Von dieser Rechtsprechung hat sich der Bundesgerichtshof anschließend aber distanziert und ausgeführt, dass nach Inkrafttreten des MoMiG „Darlehen […] unabhängig davon, ob sie in einer Krise gewährt oder stehengelassen wurden, zurückgefordert werden [können]“, BGH, Urt. v. 8. 10. 2013 – II ZR 310/12, NZG 2013, 1334, 1336 Rn. 30. Daraus wird in der Literatur geschlussfolgert, dass die Rückzahlung de lege lata nicht durch eine „Treuepflicht“ des Gesellschafters begrenzt, seine Gesellschaft nicht in eine Krise zu stürzen, Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 165; Bormann, NZG 2013, 464, 468; Seidel/Wolf, NZG 2016, 921 ff. Vielmehr ergeben sich die Grenzen der Rückforderbarkeit von Darlehensforderungen im Vorfeld der Insolvenzeröffnung allein aus § 64 S. 1 und 3 GmbHG, so auch Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anh. nach § 64 Rn. 29a; Seidel/Wolf, NZG 2016, 921, 923 ff., wobei § 64 S. 3 GmbHG keine allgemeine Durchsetzungssperre hinsichtlich der nach neuem Recht vor Insolvenzeröffnung grundsätzlich nicht mehr gesperrten Gesellschafterdarlehen begründet, vgl. BGH, Urt. v. 9. 10. 2012 – II ZR 298/11, BGHZ 195, 42, Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 64 Rn. 79; a. A. K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 93; Kleindiek, GWR 2010, 75, 76; Felke, GmbHR 2009, 260; Gehrlein, BB 2008, 846, 849; Bormann/Urlichs, GmbHR Sonderheft 10/2008, 37, 49 f.; J. Roth, GmbHR 2008, 1184 1190; Kallmeyer, DB 2007, 2755, 2758; Schäfer, DStR 2006, 2085, 2087; Spliedt, ZIP 2009, 149 159 f.; Seibert, ZIP 2006, 1157, 1161; Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1656), sondern nur in den drei vom Bundesgerichtshof herausgearbeitet Fallgruppen auf die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen Anwendung findet, ausführlich Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 64 Rn. 81. 333
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B. Insolvenzanfechtung I. Allgemeines Das zweite Instrument des Gesellschafterdarlehensrechts bildet die Anfechtungsregelung des § 135 InsO, die in das Insolvenzanfechtungsrecht integriert wurde. Daher ist es geboten, die allgemeinen Prinzipien und die Dogmatik des Insolvenzanfechtungsrechts bei der Anfechtung von Gesellschafterdarlehen zu beachten.335 Im Insolvenzrecht gilt für das Insolvenzverfahren der Grundsatz, dass alle Gläubiger gleichmäßig behandelt und infolgedessen auch befriedigt werden sollen (par conditio creditorum).336 Ein Mittel, welches dem Insolvenzrecht zur Verfügung steht, um diesen Grundsatz einzuhalten, ist das Instrumentarium der Insolvenzanfechtung. Anfechtbar sind gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen, die vor der Verfahrenseröffnung getätigt wurden.337 Das Anfechtungsrecht bezweckt also, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen vor der Verfahrenseröffnung rückgängig zu machen,338 um damit unmittelbar die Insolvenzmasse wieder anzureichern.339 Damit dient es mittelbar dem übergeordneten Zweck der Gläubigergleichbehandlung.340 Die Anfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO restituiert solche Gesellschafterdarlehen, die innerhalb eines Jahres vor der Antragstellung auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens befriedigt wurden und damit im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung bereits „erloschen“ waren, und reichert dadurch die Insolvenzmasse um diese Gesellschafterdarlehensmittel an. Damit bewirkt der gesellschafterdarlehensrechtliche Insolvenzanfechtungstatbestand schlussendlich, dass zum Schutz der 335 So auch Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 482. In welchem Verhältnis das Insolvenzanfechtungsrecht und das Gesellschafterdarlehensrecht zueinanderstehen, muss im konkreten Einzelfall ausgelotet werden. 336 Statt aller K. Schmidt, in: Schmidt, InsO, § 1 Rn. 4; hierzu ausführlich Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 20 Fn. 30. 337 Spiegelbildlich dazu greifen die Regelungen der §§ 80 ff. InsO „die eine gläubigerbenachteiligende Verkürzung der Insolvenzmasse durch den Schuldner nach Verfahrenseröffnung vermeiden sollen“, Zenger, Die Insolvenzanfechtung aus zivilrechtlicher Perspektive, S. 1. 338 So schon die Regierungsbegründung, BT-Drucks. 12/2443, S. 156; Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, A Rn. 7; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rn. 3; Zenger, Die Insolvenzanfechtung aus zivilrechtlicher Perspektive, S. 1; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 280. 339 Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme des Insolvenzanfechtungsrechts, Rn. 1. 340 Kirchhof/Freudenberg, in: MüKo, InsO, Vor §§ 129 – 147 Rn. 3; Schäfer, in: Kummer/ Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, A Rn. 8, 14; Bork, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Vor § 129 Rn. 1; Dauernheim, in: FK-InsO, § 129 Rn. 1; kritisch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 280 ff., „Tatsächlich erklärt der Rückgriff auf die par conditio creditorum und die allgemeinen Strukturprinzipien des Insolvenzverfahrens die Wertungsgrundlagen sämtlicher Tatbestände der Insolvenzanfechtung aber nur unzureichend.“ (S. 282) Er unterscheidet allgemein zwischen Gläubigerkonkurrenzanfechtungsansprüchen, bei denen auch auf Tatbestandsseite der Zweck der par conditio creditorum im Vordergrund steht, und schuldnerbezogenen Anfechtungsansprüchen. (S. 292 ff.) Die Insolvenzanfechtung von Gesellschafterdarlehen ordnet er den Gläubigerkonkurrenzansprüchen zu.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
außenstehenden Gläubiger die Darlehensmittel zurück in der Insolvenzmasse fließen und die entsprechenden Darlehensrückgewährforderungen der Gesellschafter im eröffneten Insolvenzverfahren der Nachrangwirkung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegen.
II. Insolvenzanfechtung nach §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5, 129 Abs. 1 InsO Vor diesem Hintergrund sollen im Folgenden die Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung nach §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5, 129 Abs. 1 InsO in ihrer Reinform herausgearbeitet werden, um auf dieser gesicherten Ausgangslage im dritten Teil dieser Arbeit die verschiedenen Anfechtungsmöglichkeiten in den zu untersuchenden Fällen, in denen die Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung zusammen- bzw. auseinanderfallen, analysieren zu können. Im Grundsatz bedarf es für eine erfolgreiche Anfechtung nach §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 Nr. 2, 39 Abs. 1 Nr. 5, 129 Abs. 1 InsO einer Befriedigung eines Gesellschafterdarlehens vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die innerhalb des letzten Jahres vor dem Insolvenzantrag des § 135 Abs. 1 InsO vorgenommen wird und die die Gläubiger der Gesellschaft im Sinne von § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt. Bevor die einzelnen Tatbestandsmerkmale und die Rechtsfolgenregelung im Detail untersucht werden, soll zunächst eine Argumentationsfigur beleuchtet werden, die im Rahmen der weiteren Untersuchung eine entscheidende Rolle spielt. 1. Wirtschaftlich-normative Betrachtungsweise In den vergangenen Jahren hat sich das Insolvenzanfechtungsrecht immer weiter ausgedehnt und verästelt, wodurch der Grad an Komplexität in diesem Rechtsgebiet weiter angestiegen ist. Dabei ist es zunehmend schwieriger geworden, die relevanten gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlungen zu identifizieren.341 Ist dies mitunter schon in Zweipersonenverhältnissen nicht einfach, erweist sich dies in Mehrpersonenverhältnissen – auf welche das Insolvenzanfechtungsrecht im Grunde nicht zugeschnitten ist – als noch deutlich schwieriger. Im Zuge dieser Entwicklung hat ein Grundsatz aus dem Steuerrecht, die sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise,342 Einzug in das Insolvenzanfechtungsrecht erfahren,343 indem die Rechtsprechung von einer streng gegenständlich-formalen
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Siehe Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 327 f. Im Handelsrecht in § 246 Abs. 1 S. 2 HGB verankert. Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 328; Haas, ZIP 2017, 545,
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Betrachtungsweise zu einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise übergegangen ist.344 Dieser Entwicklung wird teilweise vorgeworfen, dass sie den Anschein erwecke, dass die relevanten gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlungen mit den formalen Grundsätzen nicht mehr identifiziert werden könnten, sodass nur noch die weniger konturenscharfe wirtschaftliche Betrachtungsweise verbleibe.345 Eine solche Sichtweise greift jedoch zu kurz. Dies zeigen die Ausführungen von Thole, der sich der Problematik annimmt und eine Differenzierung zwischen zwei Gestaltungen im Umgang mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise vorschlägt. In Konstellationen, bei denen es um die Analyse einer einzelnen spezifischen Rechtshandlung und der wahren Intention der Parteien geht, könne die wirtschaftliche Betrachtungsweise der „Erfassung der wirtschaftlichen Bedeutung der von den Parteien vorgenommenen Handlungen“ dienen.346 In diesen Konstellationen ist Thole zuzustimmen, dass die Anwendung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise zur Identifizierung missbräuchlicher Gestaltungen durchaus ihre Berechtigung findet.347 In Konstellationen, bei denen es um die Beurteilung mehrerer Rechtshandlungen und die Grenzen eines Rechtsgeschäfts geht, könne die wirtschaftliche Betrachtungsweise nach Thole dazu genutzt werden, „die Grenzen eines Rechtsgeschäfts zu sprengen, mehrere Rechtshandlungen miteinander zu verschmelzen und sie sodann insgesamt mit den Anfechtungsfolgen zu belegen, selbst wenn der Nachweis der Anfechtungsvoraussetzungen nicht für jeden einzelnen Vorgang geführt ist“.348 Auch hier ist Thole zuzustimmen, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise in diesen Konstellationen nur deutlich restriktiver angewendet werden kann.349 344 BGH, Urt. v. 14. 6. 1978 – VIII ZR 149/77, BGHZ 72, 39, 41; BGH, Urt. v. 26. 1. 1983 – VIII ZR 254/81, BGHZ 86, 349, 355. Wurde eine solche bereits bei der Prüfung einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO (BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168 ff.) ins Spiel gebracht, setzte sich dieser Einzug mit der Übernahme bereicherungsrechtlicher Grundsätze in das Insolvenzanfechtungsrecht und der Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners fort (siehe auch BGH, Urt. v. 12. 2. 2009 – IX ZB 215/08, NZI 2009, 384; BGH, Urt. v. 5. 11. 2009 – IX ZR 233/08, NJW 2010, 870). Siehe zu dieser Entwicklung auch Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 519 f. 345 Insofern kritisch Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129 Rn. 1. 346 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 328. Hierbei bezieht er sich auf Fälle, in denen die Parteien Transaktionen tarnen oder Unterlagen manipulieren. 347 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 328. Ähnelt dem Gestaltungsmissbrauch im Steuerrecht in § 42 AO. 348 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 328 ff. Hierbei hat er insbesondere solche Fälle im Auge, die das deutsche Trennungsprinzip in Grund- und Erfüllungsgeschäft betreffen und Fälle einer mittelbaren Zuwendung. 349 Eine Gesamtbetrachtung von Grund- und Erfüllungsgeschäften hat aufgrund des Trennungsprinzips grundsätzlich zu unterbleiben, BGH, Urt. v. 7. 2. 2002 – IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489, 490; ausführlich Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 328 f.; eine wirtschaftliche Betrachtungsweise rechtfertigt es lediglich bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen, mehrere Rechtshandlungen zu einer Einheit zu verbinden, bspw. bei Schenkungen, siehe dazu BGH, Urt. v. 24. 3. 1988 – IX ZR 118/87, NJW-RR 1988, 841; ausführlich dazu Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 329 f. Dagegen ist eine Gesamtbetrachtung aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise bei mittelbaren Zuwendungen
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Diese Differenzierung erhellt den Umgang mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Sie kann aber noch weiter ausgebaut werden, indem herausgearbeitet wird, wie die wirtschaftliche Betrachtungsweise genau zur Anwendung gebracht wird bzw. was mit ihr erreicht werden soll. Im Kern geht es darum, Konstellationen, die mit dem Wortlaut bzw. mit einer formalen Betrachtungsweise nicht richtig erfasst werden können, mithilfe einer Argumentation mit dem Sinn und Zweck des jeweiligen Anfechtungstatbestands einzufangen.350 Dementsprechend handelt es sich bei dieser Argumentationsfigur genau genommen um eine Form der teleologischen Auslegung unter Beachtung von wirtschaftlichen Aspekten. Versteht man die wirtschaftliche Betrachtungsweise in diesem Sinne, d. h. bewegt sie sich im Rahmen einer teleologischen Auslegung, ist sie ein probates Mittel, um im Insolvenzanfechtungsrecht gläubigerbenachteiligende Rechtshandlungen und den richtigen Anfechtungsgegner zu identifizieren. Allerdings wäre es dann präziser, von einer wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise zu sprechen.351 Nachfolgend wird explizit darauf geachtet, dass eine Argumentation mit der wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise nur dann zum Einsatz kommt, wenn sie sich an dem jeweiligen Normzweck orientiert. 2. Allgemeine Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung (§ 129 InsO) „Unverzichtbare Grundvoraussetzung“352 einer jeden Insolvenzanfechtung ist eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung i. S. d. § 129 InsO.353 Der Begriff der Rechtshandlung ist dabei weit zu verstehen und erfasst jede „von einem Willen getragene Betätigung, die in irgendeiner Weise Rechtswirkungen auslösen kann“.354 Diese muss vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt worden sein und zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung geführt haben.355 allgemein anerkannt, BGH, Urt. v. 14. 6. 1978 – VIII ZR 149/77, BGHZ 72, 39, 41; BGH, Urt. v. 26. 1. 1983 – VIII ZR 254/81, BGHZ 86, 349, 355; ausführlich Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 330. 350 Hierbei können neben den Wertungen des insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestandes auch die Wertungen anderer Rechtsgebiete einzubeziehen sein, so auch Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 519 f. 351 Vgl. Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 519. 352 Marotzke, KTS 2016, 19, 24. 353 Bartels, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 129 Rn. 159; ders., Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 137; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129 Rn. 2; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rn. 15; Kayser/Freudenberg, in: MüKo, InsO, § 129 Rn. 1; Thole, Gläubigerschutz, S. 324 f.; Haas, ZIP 2017, 545, 550. 354 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 324. Siehe zum Begriff der Rechtshandlung Zenker, Die Insolvenzanfechtung aus zivilrechtlicher Perspektive, S. 12 ff.; Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 139 ff. 355 BGH, Urt. v. 20. 10. 2005 – IX ZR 276/02, WM 2006, 490, 491; BGH, Urt. v. 5. 7. 2007 – IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 ff. = GmbHR 2007, 1146 m. Anm. Blöse; BGH, Urt. v. 13. 3. 2008 – IX ZB 39/05, NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZInsO 2008, 558 ff. Rn. 13. Zum Begriff der Rechtshandlung Huber, in: Gottwald-Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 19 ff.
3. Kap.: Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz
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Dabei ist sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung möglich.356 Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt dann vor, wenn das Aktivvermögen verkürzt bzw. die Schuldnermasse erweitert wird und die Befriedigungsmöglichkeit der Insolvenzgläubiger in irgendeiner Weise objektiv beeinträchtigt ist.357 Dabei ist es auch ausreichend, wenn der Zugriff der Gläubiger auf das Vermögen des Insolvenzschuldners erschwert, gefährdet oder lediglich verzögert wird.358 Aus den §§ 130, 131, 133 Abs. 1, 134 InsO ergibt sich,359 dass das Insolvenzanfechtungsrecht grundsätzlich auch eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung vorsieht.360 Eine solche ist gegeben, wenn die Benachteiligung der Gläubiger nicht direkt mit der Rechtshandlung einhergeht, die Rechtshandlung (bzw. ein außerhalb der Rechthandlung liegender Umstand)361 aber die Grundlage für eine weitere die Gläubiger schädigende Handlung darstellt und sich diese bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung manifestiert.362 Die Rechtshandlung muss insofern kausal für die Gläubigerbenachteiligung sein.363 Zudem darf es sich grundsätzlich nicht um ein unanfechtbares Bargeschäft (§ 142 InsO) handeln.364 Die Befriedigung oder Besicherung eines Gesellschafterdarlehens fällt jedoch nicht unter das Bargeschäftsprivileg.365 Dies ergibt sich insbesondere366
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Haas, ZIP 2017, 545, 550. BGH, Urt. v. 12. 3. 1981 – III ZR 72/79, BGHZ 80, 153; BGH, Urt. v. 19. 9. 1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 187; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 17; näher dazu Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 166. 358 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 325: „Eine Rechtshandlung beeinträchtigt die Befriedigung der Gläubiger, wenn sie diese gänzlich vereitelt, teilweise vermindert, zeitlich verzögert oder überhaupt erschwert“, Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 167. 359 Bzw. nach Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 49 aus einem Umkehrschluss zu §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO; so auch Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 171. 360 Siehe Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 325; Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 171; siehe Prosteder/Dachner, in: BeckOK, InsO, § 135 Rn. 23. 361 Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 172 f.; Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 49. 362 BT-Drucks. 12/2443, S. 157; siehe Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 326; siehe Neulich, in: Neulich/Römermann, InsO § 129 Rn. 77; Thole, in: HK-InsO § 129 Rn. 63. 363 Kayser/Freudenberg, in: MüKo, InsO, § 129 Rn. 169 ff.; Rogge/Leptien, in: HK-InsO, § 129 Rn. 121. 364 Huber, in: Graf-Schlicker, InsO, Vor §§ 129 – 147, Rn. 3. 365 Zur Anfechtbarkeit der Besicherung eines Gesellschafterdarlehens BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 40 ff.; OLG Düsseldorf, ZInsO 2019, 2628 Rn. 16 f. Die Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs auf die Anfechtung der Befriedigung und Besicherung eines Gesellschafterdarlehens ist in der Literatur seit langem umstritten (zu den verschiedenen Ansichten ausführlich BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 40 ff.; Haas, ZIP 2017, 545, 549; die Verneinung des § 142 InsO ablehnend prominent Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 407 ff., der bei der Anwendbarkeit von § 142 InsO danach unterscheidet, ob es sich im Rahmen des § 135 InsO um eine inkongruente De357
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
aus dem Normzweck des § 142 InsO, wonach dem Schuldner in der Krise wertäquivalente Bargeschäfte ermöglicht werden sollen.367 Denn das Gesellschafterdarlehensrecht ist nach hier vertretener Ansicht368 nunmehr krisenunabhängig ausgestaltet. Des Weiteren handelt es sich bei der Befriedigung oder Besicherung eines Gesellschafterdarlehens nicht um ein übliches Umsatzgeschäft des täglichen Geschäftsverkehrs.369 Und schließlich wird im Rahmen des Gesellschafterdarlehensrechts nicht auf eine Wertäquivalenz abgestellt.370 3. Besondere Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung von Gesellschafterdarlehen Gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 InsO ist eine solche Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderungen eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung oder Sicherung gewährt. Im Folgenden sollen die im weiteren ckung oder um eine kongruente Deckung handelt). So hat sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung auch mit den verschiedenen Gegenargumenten auseinandergesetzt. 366 Der Bundesgerichtshof stellt in seiner Begründung auch auf den Sinn und Zweck des § 135 I Nr. 1 InsO ab, BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 49 ff., 51: „In der Insolvenz werden gemäß § 39 I Nr. 5 und § 135 I Nr. 1 und 2 InsO Gesellschafterdarlehen faktisch wie Eigenkapital behandelt. Dadurch werden die Finanzierungsfolgenverantwortung des Gesellschafters eingefordert sowie das Risikogleichgewicht zwischen Gesellschaftern und sonstigen Gesellschaftsgläubigern gewahrt. Mit diesem Konzept wäre unvereinbar, wenn eine innerhalb der Frist des § 135 I Nr. 1 InsO gewährte Sicherheit für ein Gesellschafterdarlehen insolvenzfest wäre“. 367 RegE BT-Drucks. 12/2443, S. 167; vgl. Gehrlein, FS Kübler, S. 181, 188. Für die Ausnahmeregelung des § 142 InsO ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers der wirtschaftliche Gesichtspunkt entscheidend, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen, BT-Drucks 12/2443, S. 167; vgl. Gehrlein, in: FS Kübler, S. 181, 188. Das Bargeschäftsprivileg soll es dem krisenbefallenen Schuldner also ermöglichen, seine Handlungsfähigkeit trotz Krise aufrechtzuerhalten, BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 53. 368 S. o. 369 So auch der Bundesgerichtshof, der sich auf den Standpunkt stellt, dass es, um dem Schutzzweck des § 142 InsO zu genügen, ausreicht, dass die Gesellschaft in der Krise unanfechtbare Geschäfte mit neutralen Dritten tätigen kann, BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/ 16, NJW 2019, 1289 Rn. 53. Die Besicherung eines Gesellschafterdarlehens könne aber regelmäßig nicht als übliches Umsatzgeschäft des allgemeinen Geschäftsverkehrs angesehen werden, BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 53; Altmeppen, ZIP 2013, 1745, 1749. Stattdessen komme es hierdurch zum Abfluss letzter, womöglich noch werthaltiger Sicherheiten aus dem Gesellschaftsvermögen, ohne dass das operative Geschäft unmittelbar befördert werde, BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 53. Die hinter § 142 InsO stehenden Wertungsgesichtspunkte passten daher nicht auf die Bestellung einer anfänglichen Sicherheit für die Hingabe eines Gesellschafterdarlehens, BGH, Urt. v. 14. 2. 2019 – IX ZR 149/16, NJW 2019, 1289 Rn. 53. 370 Siehe Haas, ZIP 2017, 545, 549.
3. Kap.: Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz
131
Verlauf dieser Arbeit relevanten Tatbestandsmerkmale einzeln untersucht und so der Anwendungsbereich des Anfechtungstatbestands herausgearbeitet werden.371 Dabei stehen die Tatbestandsmerkmale des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO im Vordergrund. a) Gesellschafterdarlehen oder „darlehensgleiche“ Forderungen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO Nach dem Wortlaut des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO muss ein Gesellschafterdarlehen i. S.d § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder eine gleichgestellte Forderung vorliegen, welche besichert oder befriedigt worden ist.372 Im Folgenden werden zunächst sowohl der sachliche als auch der personelle Anwendungsbereich des Anfechtungstatbestandes herausgearbeitet, bevor auf die weiteren Tatbestandsmerkmale des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO eingegangen wird. aa) Gesellschafterdarlehen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO Aus dem Wortlaut des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ergibt sich, dass neben Gesellschafterdarlehen auch Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, von dem Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst sind. (1) Gesellschafterdarlehen Der Tatbestand des § 135 Abs. 1 InsO selbst gibt nicht vor, was unter einem Gesellschafterdarlehen zu verstehen ist bzw. auf welche Gesellschafter die Insolvenzanfechtung des § 135 Abs. 1 InsO Anwendung findet. Vielmehr spricht er nur von einer „Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.“ Damit ist der Begriff des Gesellschafterdarlehens zwar vorgezeichnet, muss jedoch für die weitere Untersuchung spezifiziert werden. Der Terminus des Gesellschafters bzw. des Gesellschafterdarlehens ist zwar auch an anderer Stelle nicht gesetzlich normiert.373 Dennoch kann als gesicherte Ausgangsbasis festgehalten werden, dass der Wortsinn des Begriffs „Gesellschafterdarlehen“ impliziert, dass in sachlicher Hinsicht ein Darlehen gewährt worden sein und dieses in personeller Hinsicht in irgendeiner Form mit einem Gesellschafter in Verbindung stehen muss.374 Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass der „Inhaber einer ge371
Dabei wird nicht auf das Tatbestandsmerkmal der Besicherung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO eingegangen, da auf dieses im weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht abgestellt wird. 372 Anders wohl hingegen Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 252, der § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO so verstanden wissen will, wonach ein § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterfallender Anspruch ausreichend sei und die Gesellschafterstellung nicht notwendig sei, weshalb auch die Anfechtung gegenüber einem Zessionar möglich sei. 373 Siehe Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 235. 374 Haas, ZIP 2017, 545, 546, hiernach „werden mithin solche Fallgestaltungen, bei denen die Forderung um der Gesellschafterstellung willen begründet oder gehalten wird“ erfasst.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
sellschaftsrechtlichen Beteiligung“375 – der Gesellschafter376 bzw. der unmittelbare Anteilseigner – als Normadressat seiner Gesellschaft ein Darlehen (§§ 488, 607 BGB) gewährt. Im Hinblick auf die Beteiligungshöhe des Gesellschafters und den vom Gesellschafter verfolgten Zweck wird der personelle Anwendungsbereich lediglich – dafür aber in bestimmter Weise – durch das Kleinbeteiligten- und Sanierungsprivileg des § 39 Abs. 4 und Abs. 5 InsO eingeschränkt.377 Somit stehen grundsätzlich die „Darlehensgewährungen unmittelbarer Anteilsinhaber“378 im Vordergrund. (2) Wirtschaftlich dem Gesellschafterdarlehen vergleichbare Rechtshandlungen Aus der Zusammenschau von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO und § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, auf den § 135 Abs. 1 InsO verweist, ergibt sich, dass der Anwendungsbereich der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO auch Rechtshandlungen erfasst, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Durch diese Regelungen ist der frühere Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. sowohl in sachlicher als auch in personeller Hinsicht übernommen worden.379 Daher kann in sachlicher Hinsicht im Wesentlichen380 auf die zu § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. entwickelten 375 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 20; siehe auch Hueck/Fastrick, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 30 Anh. Rn. 28; vgl. auch K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 32; Neußner, in: Graf-Schlicker, InsO, § 39 Rn. 22; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 235; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 209, „Als Gesellschafter ist der materiellrechtliche Inhaber eines Geschäftsanteils der jeweiligen Gesellschaft zu bezeichnen.“ 376 Davon ausgenommen sind die den § 39 Abs. 4 S. 2, Abs. 5 InsO unterfallenden Gesellschafter, siehe Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 209. 377 Statt aller Neußner, in: Graf-Schlicker, InsO § 39 Rn. 22. 378 Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 262; so auch Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511; vgl. Preuß, ZIP 2013, 1145, 1146 f.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 235 ff. 379 Vgl. Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 56; ebenso Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 188; Fastrich/Hueck, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 19. Aufl. Anh. § 30 Rn. 34. Vereinzelt wurden vor dem MoMiG Zweifel daran geäußert, ob auch der personelle Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. übernommen wird, da die Formulierung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO im Gegensatz zum § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG a. F. nicht mehr auf Dritte Bezug nimmt. Dagegen spricht die Regierungsbegründung, nach der die offene Formulierung des § 39 Abs 1 Nr. 5 InsO dazu dienen soll, die bisherige Rechtslage insbesondere in Bezug auf Dritte fortzuführen, vgl. Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 56. Die ganz überwiegende Ansicht geht daher weiterhin von einer möglichen Einbeziehung Dritter in den persönlichen Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO aus, BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363 ff.; BGH, Urt. v. 28. 6. 2012 – IX ZR 191/11, BGHZ 193, 378 ff.; BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff.; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603 f.; Bork, ZGR 2007, 250, 253 f.; ders., ZIP 2012, 2277, 2278, 258; Haas, ZInsO 2007, 617, 620, 629; ders., NZG 2013, 1241, 1242; K. Schmidt, Beilage ZIP 39/2010, 15, 21. 380 Davon ausgenommen ist insbesondere die Fallgruppe der Nutzungsüberlassung, da der Gesetzgeber diese nun in § 135 Abs. 3 InsO explizit geregelt hat, wobei er die Rspr. zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung jedenfalls teilweise festgeschrieben hat, dazu
3. Kap.: Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz
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Grundsätze zurückgegriffen werden.381 Fraglich ist, ob dies auch für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs in personeller Hinsicht gilt. Darunter werden die Fälle verstanden, in denen „das Gesellschafterdarlehensrecht auf die Kreditgewährung durch Personen angewendet wird, die nicht selbst im engeren Sinne Mitglied der haftungsbeschränkten Gesellschaft, also des Verbandes sind“.382 Mit Blick auf die Gesetzesbegründung könnte man zwar annehmen, dass sich auch diesbezüglich im Vergleich zum früheren Eigenkapitalersatzrecht keine größeren Schwierigkeiten ergeben, da der Anwendungsbereich des früheren § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a. F. und seine etablierten Fallgruppen383 übernommen werden sollten.384 Dem könnte jedoch entgegenstehen, dass dem § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a. F. andere Normzwecküberlegungen zugrunde lagen als dem neuen § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO.385 Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass es im Rahmen des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht mehr um die wirtschaftliche Vergleichbarkeit eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens geht, „sondern ganz allgemein um den Vergleich mit dem Darlehen eines Gesellschafters“.386 Folglich ginge es zu weit, der Regierungsbegründung den Willen des Gesetzgebers zu entnehmen, nicht nur im Grundsatz an die Leitlinien der bisherigen Rechtsprechung anzuknüpfen, sondern diese in jeder Hinsicht unverändert und ohne weitere Überprüfung für die Zukunft zu übernehmen. Vielmehr gilt es zu untersuchen, ob die zum Eigenkapitalersatzrecht von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aufgrund des gewandelten Normzwecks des Gesellschafterdarlehensrechts, insbesondere des Verzichts auf eine im Stadium der Krise getroffene Finanzierungsentscheidung, einer neuen Bewertung zu unterziehen sind. Zu diesem Zweck wird im Folgenden auf die persönlichen Facetten des generalklauselartigen Auffangtatbestandes des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO eingegangen.
Begr. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/9737, S. 106 f.; Selzner/Leuering, in: Römermann, Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, § 7 Rn. 75. 381 Dazu ausführlich unten; siehe Selzner/Leuering, in: Römermann, Münchener Anwaltshandbuch GmbH-Recht, § 7 Rn. 71. 382 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 180. 383 S. o. 384 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 56; so der Gesetzesentwurf der Bundesregierung in ZIP 2007, 3, 22; der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, ZIP 2011 575, gewisse Sympathien für eine solche Interpretation der Regierungsbegründung erkennen lassen; hierzu auch Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 412; Gehrlein, BB 2008, 846, 850; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 5; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 212. 385 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 161; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anhang nach § 30 Rn. 34; so auch Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 164 ff., der aber zu dem Schluss kommt, dass es in den Ergebnissen keine Ungereimtheiten gibt. 386 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 161.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
(3) Einbeziehung des Dritten in das Gesellschafterdarlehensrecht Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung eines Dritten in das Gesellschafterdarlehensrecht ist der generalklauselartige Auffangtatbestand387 des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO, wonach die Forderungen einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen müssen.388 Hinsichtlich der Frage, wann eine wirtschaftliche Entsprechung vorliegt, schweigt sich das Gesetz jedoch aus,389 weshalb zunächst ein Maßstab dafür bestimmt werden muss, wann ein Dritter vom Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO erfasst wird.390 Wenn es abstrakt darum geht einen solchen Maßstab zur Bestimmung des personellen Anwendungsbereichs des Gesellschafterdarlehensrechts aufzustellen, gilt es auf den Normzweck abzustellen.391 Dabei stellt sich in erster Linie die Frage, auf welchen Normzweck es genau ankommt. So stellt Thiessen auf den konkreten Normzweck des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO ab und sieht diesen einzig und allein im Umgehungsschutz.392 Damit ist aber das zur Anwendung der Norm auf den konkreten Sachverhalt Erforderliche noch nicht geleistet. Zwar ist es unbestritten, dass der Normzweck des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht dadurch ausgehebelt werden soll, dass dieser geschickt umgangen wird. Allerdings hilft dies bei der Bestimmung eines abstrakten Maßstabes für die Einbeziehung eines Dritten wenig. Um die Grenzen des personellen Anwendungsbereichs des Gesellschafterdarlehensrechts ausloten zu können, kommt es vielmehr auf die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts an. Diese bildet allein 387
Habersack, ZIP 2008, 2383, 2383. „Die wirtschaftliche Entsprechung ist der einzige gesetzlich kodifizierte Anhaltspunkt für die Frage, wann ein Darlehen eines verbundenen Unternehmens, das nicht schon selbst Adressat des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 ist, dem Recht der Gesellschafterdarlehen unterliegen soll.“, Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 188. „Ausweislich der Regierungsbegründung wird hierdurch der bisherige § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG in personeller (,Dritte‘) und sachlicher Hinsicht übernommen, sodass die Neuregelung, obschon sie ,Rechtshandlungen eines Dritten‘ nicht mehr ausdrücklich anspricht, nicht nur für einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Finanzierungen (sei es durch Darlehen oder durch eine vergleichbare Leistung) durch bestimmte Dritte gelten soll.“, Habersack, ZIP 2008, 2383, 2387. 389 Siehe Thiessen, in: Bork/Schäfer-GmbHG, 3. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 37; vgl. Haas, ZIP 2017, 545, 548; ebenso verhält es sich mit der Rechtsprechung, die je nach Einzelfall und Fallgruppe entscheidet, Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 206. 390 In diesem Kontext könnte man an die allgemeine Regelung des Insolvenzanfechtungsrechts § 138 InsO denken. Hierzu hat jedoch zu Recht der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363 = ZIP 2011, 575, Rn. 12 ff.) entschieden, dass sich der persönliche Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechtes allein nach den § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO i. V. m. § 39 Abs. 4 und 5 InsO bestimmt und man insofern nicht auf eine allgemeine insolvenzanfechtungsrechtliche Regelung zurückgreifen muss. Ausführlich zu dem Verhältnis des § 138 InsO und dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechts Haas, ZIP 2017, 545, 547. 391 S. o.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 323, weist in diesem Zusammenhang dem Normzweck die Funktion eines „tertium comperationis“ zu. 392 Thiessen, in: Bork/Schäfer-GmbHG, 3. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 37. 388
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den Maßstab für den Umgehungsschutz, sodass der Begriff des Umgehungsschutzes mit der dem Gesellschafterdarlehensrecht zugrundeliegenden Legitimationsgrundlage aufgeladen werden muss. In zweiter Linie ist die Frage zu beantworten, ob bei der Bestimmung des Maßstabs generell auf die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts – nach hier vertretener Ansicht bestehend aus dem Gläubigerschutz in Verbindung mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten eines Gesellschafters – oder nur auf eine ihrer Facetten abzustellen ist. Stellt man auf die allgemeine Legitimationsgrundlage ab, die im Ausgangspunkt gerade auf den Aspekt des Gläubigerschutzes abzielt, würde der personelle Anwendungsbereich vollkommen ausufern. Aus diesem Grund muss es allein auf die Facette ankommen, aufgrund derer gerade ein Gesellschafter in das Gesellschafterdarlehensrecht einbezogen wird, d. h. auf die die Gesellschafterstellung charakterisierenden Merkmale. Dies sind nach der hier vertretenen Ansicht die Mitwirkungs- und Vermögensrechte eines Gesellschafters. Im weiteren Verlauf der Untersuchung wird zwischen zwei verschiedenen Grundkonstellationen, wie sie auch schon der Bundesgerichtshof vor dem MoMiG herausgearbeitet hatte,393 unterschieden: Die sogenannten Gleichordnungsfälle, in denen ein Dritter, der unter wertenden Gesichtspunkten einem Gesellschafter gleichzustellen ist, der Gesellschaft ein Darlehen gewährt, und die sogenannten Zurechnungsfälle, in denen ein Dritter als Mittelsperson auf Veranlassung oder für Rechnung des Gesellschafters ein Darlehen an die Gesellschaft vergibt.394 (a) Gleichordnungsfälle Die erste Konstellation erfasst Sachverhalte, in denen die rechtliche Position eines Darlehensgebers, der nicht Gesellschafter ist, derart ausgestaltet ist, dass er unter wertenden Gesichtspunkten als „Gesellschafter“ zu qualifizieren ist. Dazu gehören sowohl Fälle, in denen der Dritte seine Gesellschafterstellung lediglich formal auf einen Treuhänder, der als „Strohmann“ fungiert, übertragen hat,395 als auch Fälle, in denen sich ein Nießbrauch oder Pfandrecht auf einen Gesellschaftsanteil erstreckt und dem Nießbraucher oder Pfandgläubiger durch vertragliche Abreden weitgehende Mitwirkungs- und Teilhaberechte eingeräumt werden.396 Dazu zählen aber auch Fälle, in denen – insbesondere im Rahmen verbundener Unternehmen – ein mittelbar an einer Gesellschaft beteiligter Gesellschafter der Gesellschaft ein Dar393
S. o. So auch Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 181; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 409; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechtes, S. 326 f.; Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 208 f.; Engert, ZGR 2012, 835, 843 f.; Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 511; pauschaler hingegen Thiessen, in: Bork/Schäfer-GmbHG, 3. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 36 ff. 395 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 219. 396 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 224, 235 f. 394
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lehen gewährt.397 In dieser Konstellation ist entscheidend, dass der Dritte – abgesehen von einer formalen Gesellschafterposition – ebenso wie ein Gesellschafter eine Gesellschafter- und Darlehensgeberposition innehat. Der Darlehensgeber wird dann einem Gesellschafter gleichgestellt und tatbestandlich von § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO erfasst.398 Es handelt sich mit anderen Worten um ein Qualifikationsproblem. Denn der Dritte handelt in diesen Fällen auf eigene Rechnung.399 Diese Konstellationen werden fortan als Gleichordnungsfälle behandelt. Im Rahmen der Gleichordnungsfälle kommt es entscheidend auf das nach dem Normzweck prägende Merkmal der Gesellschafterstellung an: Nach hier vertretener Auffassung also die Mitwirkungs- und Vermögensrechte eines Gesellschafters.400 (b) Zurechnungsfälle Die zweite Konstellation erfasst Sachverhalte, in denen ein Gesellschafter zwar nicht selbst als Darlehensgeber auftritt, aber die Darlehensvergabe wirtschaftlich finanziert, indem er eine Mittelsperson – wie einen Treuhänder oder einen Familienangehörigen – vorschiebt oder auf seine Rechnung tätig werden lässt. Dazu zählen sowohl Konstellationen, in denen eine fremdnützige Treuhandvereinbarung besteht (typische Strohmann-Fälle), als auch Konstellationen, in denen ein Dritter lediglich als Mittelsperson auftritt, d. h. als bloßer Zahlungsmittler oder mittelbarer Stellvertreter eines Gesellschafters.401 Ebenso zählen dazu Fälle, in denen ein Ehepartner oder naher Angehöriger eines Gesellschafters im eigenen Namen, aber mit Mitteln oder auf Rechnung des Gesellschafters der Gesellschaft ein Darlehen gewährt.402 Dabei handelt es sich um Fälle, in denen „die Doppelrolle als Gesellschafter und Darlehensgeber formal auf zwei Personen aufgespalten [ist], obwohl sie wirtschaftlich bei einer Person liegt“,403 da der Dritte auf fremde Rechnung handelt.404 Der Dritte übernimmt nur die Funktion einer Mittelsperson. Daher ist die Rechtsposition bzw. Rechtshandlung des Dritten dem formalen Gesellschafter zuzurechnen und der formale Gesellschafter in den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO einzubeziehen. Da es sich in diesen Fällen um ein Zurechnungsproblem handelt, werden diese Konstellationen fortan als Zurechnungsfälle behandelt.405 397 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 219, 242 ff. 398 Vgl. Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 511. 399 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 183. 400 So insbesondere Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 183 f.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 327. 401 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 215. 402 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 216. 403 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182. 404 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182. 405 Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 511; so auch Engert, ZGR 2012, 835, 843 f., der in „gesellschaftergleiche“ und „gesellschafternahe“ Dritte unterscheidet; diese Differenzierung aufgreifend Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 208 f.
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Besteht bei den Gleichordnungsfällen noch weitestgehend Einigkeit, dass der Normzweck das entscheidende Abgrenzungskriterium darstellt,406 fallen die Anforderungen an die Zurechnungsfälle differenzierter aus. Während manche auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschafter und Drittem abstellen und dieses Rechtsverhältnis dahingehend beleuchten, ob es durch die Ausübung der mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte von Seiten des Dritten bestimmt ist und die vermögensrechtlichen Vorteile genießt, mithin ebenfalls auf die Normzwecküberlegungen abstellen,407 muss für andere zusätzlich ein entsprechender Zurechnungstatbestand vor dem Hintergrund des Umgehungsschutzes hinzutreten.408 Bitter argumentiert hingegen überzeugend, dass es auf den Normzweck nur bei den Gleichordnungsfällen ankommt, er im Zusammenhang mit den Zurechnungsfällen aber unbeachtlich sei.409 Das Konstrukt der Zurechnung ermögliche es gerade als solches, die Leistung eines Dritten – unabhängig von etwaigen Normzwecküberlegungen – dem Gesellschafter zuzurechnen.410 Durch die Zurechnung könne das Gesellschafterdarlehensrecht eingreifen, ohne dass zusätzlich zu prüfen wäre, ob der Dritte einem Gesellschafter vergleichbare Vermögens- und Mitwirkungsrechte hat.411 Dem ist zuzustimmen. In den Zurechnungsfällen kommt es nicht auf die Gleichstellung des Dritten mit einem Gesellschafter an. Vielmehr liegt die Doppelrolle (wirtschaftlich) bereits aufgrund der Zurechnung vor augrund derer das Gesellschafterdarlehensrecht eingreift.412 (c) Zwischenfazit Im Rahmen der Gleichordnungsfälle wird ein Dritter in das Gesellschafterdarlehensrecht in gleicher Weise wie ein unmittelbarer Gesellschafter einbezogen. Der Dritte ist sodann Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts. Folglich kommt es in dieser Konstellation entscheidend auf die neue Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts, d. h. auf die Mitwirkungs- und Vermögensrechte des Dritten, an. Daher sind die Gleichordnungsfälle grundsätzlich vor dem Hintergrund des neuen dogmatischen Fundaments des Gesellschafterdarlehensrechts einer neuen Bewertung zu unterziehen.413 406
Vgl. Bitter, in: Scholz/GmbHG, Anh. § 64 Rn. 184. So etwa Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 327, der auch zwischen Zurechnungs- und Gleichordnungsfällen unterscheidet, aber die Gesellschafterstellung dem Dritten „zuzurechnen“ scheint. 408 Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 511; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 37, möchte bei der Einbeziehung eines Dritten allein auf den Umgehungsschutz abstellen. 409 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182. 410 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182. 411 Insbesondere Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 182. 412 Insbesondere Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 184. 413 Im Rahmen dieser Arbeit werden die Fälle, in denen – insbesondere im Rahmen verbundener Unternehmen – ein mittelbar an einer Gesellschaft beteiligter Gesellschafter der 407
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Anders verhält es sich hingegen bei den Zurechnungsfällen. Hier bleibt der formale Gesellschafter alleiniger Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts. Der Dritte ist in dieser Konstellation kein tauglicher Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts. Daher ist der neue Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts im Rahmen der Zurechnungsfälle unbeachtlich, sodass die Anwendung der Leitlinien der Rechtsprechung aus den Zeiten vor dem MoMiG auf diese Konstellation weiterhin möglich ist.414 bb) „Darlehensgleiche“ Forderungen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO „Darlehensgleiche“ Forderungen im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO können nach der herrschenden Meinung ungeachtet des Entstehungsgrunds alle Forderungen aus Austauschgeschäften415 sein, die rechtlich oder tatsächlich gestundet wurden oder hinsichtlich derer eine Fälligkeitsvereinbarung oder ein pactum de non petendo getroffen wurde, da die Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt.416 Denn die Gesellschaft kann eine ihr gestundete, aus einem sonstigen Rechtsgrund hervorgegangene Forderung gleich einem Darlehen kapitalmäßig nutzen und darauf verzichten, sich anderweitig Darlehensmittel zu beschaffen.417 Deshalb kann es keinen Unterschied machen, ob ein Gesellschafter seiner Gesellschaft einen bestimmten Betrag darlehensweise zur Verfügung stellt oder in Folge einer rechtlichen oder rein faktischen Stundung von der Beitreibung einer fälligen Forderung absieht.418 Dabei ist umstritten, wo die zeitlichen Grenzen zu ziehen sind, dass eine Stundungs- oder Fälligkeitsvereinbarung zur Umqualifizierung einer Forderung als „darlehensgleich“ führt.419 In einer Gesellschaft ein Darlehen gewährt, mit Blick auf die neue Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts unten (s. u.) untersucht. 414 Dazu ausführlich unten. 415 Das sind alle Forderungen aus Austauschgeschäften von Kauf bis Miete und Pacht sowie Arbeitsentgeltansprüche. 416 BGH, Urt. v. 11. 7. 2019 – IX ZR 210/18, NZI 2019, 810; Bäuerle, in: Braun, InsO, § 39 Rn. 21; Gehrlein, in: MüKo, InsO, InsO § 135 Rn. 19. Auch eine „harte“ Patronatserklärung oder eine vom Schuldner ausgegebene Schuldverschreibungen können einer Darlehensgewährung entsprechen, vgl. De Bra, in: Braun, InsO, § 135 Rn. 13. 417 Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15. 9. 1995 – 12 U 98/93, GmbHR 1996, 201, 204. 418 Vgl. OLG Celle, Urt. v. 13. 7. 1977 – 2 U 31/77, DB 1977, 1839, 1840. 419 Diesbezüglich haben sich im Wesentlichen zwei Meinungen herausgebildet, vgl. Huber, NZI 2020, 149: Während eine Ansicht die zum Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO entwickelten Kriterien entsprechend heranziehen will, OLG Schleswig, Urt. v. 29. 5. 2013 – 9 U 15/ 13, NZI 2013, 936, 937; KG, Urt. v. 15. 7. 2016 – 14 U 14/15, BeckRS 2016, 19909; Bitter, ZIP 2010, 1, 10; Haas/Kolmann/Pauw, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 92 Rn. 450; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 47; Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 81; Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 167; Spliedt, ZIP 2009, 149, 151; wohl unentschieden Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 19; krit. Haas, ZIP 2017, 545, 549 f., soll nach der Gegenauffassung entscheidend sein, ob das Zahlungsziel – gemessen an der Üblichkeit
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jüngeren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof seine frühere Rechtsprechung bestätigt, wonach eine rechtliche oder faktische Stundung, die zur Umqualifizierung als Darlehen führt, ausgeschlossen ist, wenn eine Leistung bargeschäftlich abgewickelt wird.420 Allerdings führe eine über den für einen Baraustausch unschädlichen Zeitraum von 30 Tagen hinausgehende Stundung noch nicht zwingend dazu, dass eine Forderung aus einem sonstigen Austauschgeschäft als Darlehen zu qualifizieren sei.421 Vielmehr sei darauf abzustellen, ob eine rechtliche oder faktische Stundung den zeitlichen Bereich der im Geschäftsleben gebräuchlichen Stundungsvereinbarungen eindeutig überschreitet.422 Dies sei in der Regel anzunehmen, wenn eine Forderung länger als drei Monate stehen gelassen werde, da § 488 Abs. 3 S. 2 BGB für Darlehensverträge von unbestimmter Dauer eine ordentliche Kündigungsfrist von drei Monaten festlege.423 cc) Maßgeblicher Zeitraum Die Insolvenzanfechtung eines Gesellschafterdarlehens geht in ihrem Grundansatz ebenso wie die Nachrangregelung von der Doppelrolle des Gesellschafters als Darlehensgeber aus. Zu der Frage, wie die beiden Elemente des Gesellschafters und des Darlehens ansonsten miteinander verknüpft sind – insbesondere in zeitlicher Hinsicht – schweigt das Gesetz.424 Einigkeit besteht dahingehend, dass ein Gesellschafterdarlehen sicher dann gegeben ist, wenn ein Gesellschafter ein Darlehen gewährt hat und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gesellschafter und Darlehensgeber bleibt.425 Der Fall des zeitlichen Auseinanderfallens der Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung hingegen ist nicht gesetzlich normiert.426 Insofern gilt es die Frage zu beantworten, in welchem Zeitpunkt oder Zeitraum die Gesellschafterstellung und die Darlehensgeberstellung zusammenfallen müssen, damit ein solches Darlehen der Anfechtung unterliegt. im relevanten Markt – ungewöhnlich lange hinausgeschoben wird, Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3604; Dahl/Linnenbrick, in: Michalski, GmbHG, Systematische Darstellung 6 Rn. 126; Fleischer, in: Henssler/Strohn, § 39 InsO Rn. 17 f.; K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 53; Behme, in: MüKo, InsO, § 39 Rn. 73; Huber, NZI 2020, 149, 152; so zur Vorgängerregelung in § 32 a Abs. 3 S. 1 GmbHG auch BGH, Urt. v. 28. 11. 1994 – II ZR 77/93, NJW 1995, 457, 458; OLG Bamberg, Urt. v. 20. 2. 2003 – 1 U 26/02, NJOZ 2003, 2406, 2408; OLG Karlsruhe, Urt. v. 16. 12. 1988 – 14 U 26/86, NJW-RR 1989, 739, 741. 420 BGH, Urt. v. 17. 11. 2019 – IX ZR 210/18, NZI 2019, 810 Rn. 13; BGH, Urt. v. 29. 1. 2015 – IX ZR 279/13, BGHZ 204, 83 ff. = NZI 2015, 331 Rn. 70; BGH, Urt. v. 10. 7. 2014 – IX ZR 192/13, BGHZ 202, 59 = NZI 2014, 775 Rn. 50 f. 421 BGH, Urt. v. 17. 11. 2019 – IX ZR 210/18, NZI 2019, 810 Rn. 15. 422 BGH, Urt. v. 17. 11. 2019 – IX ZR 210/18, NZI 2019, 810 Rn. 15. 423 BGH, Urt. v. 17. 11. 2019 – IX ZR 210/18, NZI 2019, 810 Rn. 18; kritisch Huber, NZI 2020, 149, 152. 424 Siehe Preuß, ZIP 2013, 1145, 1146. 425 Siehe statt aller Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechtes, S. 237. 426 Siehe Preuß, ZIP 2013, 1145, 1146.
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Dabei sind grundsätzlich drei Ansätze denkbar:427 Wenn man darauf abstellt, dass es maßgeblich auf den Finanzierungsvorgang als solchen ankommt, dann umfasst ein Gesellschafterdarlehen alle Darlehen, die ein Gesellschafter ursprünglich einer Gesellschaft gewährt hat.428 (Herkunftsprinzip).429 Legt man hingegen einen Fokus auf die aktuelle Rechtsinhaberschaft, dann fallen darunter alle Darlehen, „die gegenwärtig von einem Gesellschafter gehalten werden“430 (Inhaberprinzip). Bei diesen beiden Ansätzen handelt es sich jeweils um Zeitpunktbetrachtungen. Denkbar ist jedoch auch eine Zeitraumbetrachtung, wonach ein Darlehen immer dann anfechtbar ist, wenn im betreffenden Anfechtungszeitraum die Gesellschafterstellung und die Darlehensgeberstellung zu irgendeinem Zeitpunkt zusammengefallen sind.431 (1) Herrschende Meinung vor dem MoMiG Unter Geltung des früheren Eigenkapitalersatzrechts ging die herrschende Meinung noch von dem Herkunftsprinzip aus.432 Dies war der Tatsache geschuldet, dass neben der Gesellschafterstellung des Leistungsgewährenden zwingend auf die Eigenschaft der Leistung als Krisenfinanzierung abgestellt wurde. Daher musste der Zeitpunkt der Finanzierungsentscheidung in der Krise der Gesellschaft liegen.433 Sofern es zu einer nachträglichen Änderung der Gesellschafterstellung kam, war dies für den eigenkapitalersetzenden Charakter aufgrund der bereits erfolgten Verstrickung des Gesellschafterdarlehens nicht von Bedeutung.434
427 Für Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 136 sind nach dem Wortlaut danach nur zwei Auslegungen möglich. 428 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 136. 429 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 136, der sich für das „Herkunftsprinzip“ ausspricht. Hierfür streitet nach Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterdarlehen, S. 215 der Wortlaut des § 39 Abs. I Nr. 5 InsO, anders hingegen aber die Formulierung des § 135 Abs. 1 InsO, weshalb für ihn eine reine Wortlautauslegung nicht zielführend erscheint. 430 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 136. 431 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22; Kirchhof, in: MüKo, AnfG, § 6 Rn. 19. 432 BGH, Urt. v. 13. 7. 1981 – II ZR 256/79, BGHZ 81, 252, 258; BGH, Urt. 6. 5. 1985 – II ZR 132/84, BGH, ZIP 1985, 1075, 1077; Preuß, in: Prütting/Kübler/Preuß, InsO, § 39 Rn. 64; Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 136; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, §§ 32a, 32b Rn. 33 ff.; v. Gerkan, in: v. Gerkan/Hommelhoff, Rn. 3.31 ff.; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 209. 433 Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 209. 434 BGH, Urt. v. 24. 9. 2013 – II ZR 39/12, ZIP 2013, 2400, 2402; Haas, ZInsO 2007, 617, 626; Haas/Vogel, NZG 2011, 455, 458; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 53 ff.; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 209 f.; Schlitt, NZG 1999, 949, 941; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 33 f., 35; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 263; Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 168 f.
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(2) Herrschende Meinung nach dem MoMiG Im Zuge des MoMiGs hat sich die herrschende Meinung im Grundsatz für das Inhaberprinzip ausgesprochen: So komme es hinsichtlich des Zusammenfallens grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Sicherung (Nr. 1) bzw. die Befriedigung (Nr. 2) von Gesellschafterstellung und Darlehensgeberstellung an.435 Zum Schutz der Gläubiger und der Vermeidung von Umgehungsversuchen436 sei aber generell – im Sinne des Normzwecks des Gläubigerschutzes – der Zeitraum der Anfechtbarkeit maßgeblich.437 Es komme entscheidend darauf an, dass die Darlehensmittel innerhalb des Anfechtungszeitraums den Gläubigern der Gesellschaft haften sollen.438 Sofern innerhalb des Jahres vor dem Eröffnungsantrag die Gesellschafterstellung und die Darlehensgeberstellung zusammenfallen, ist nach der überwiegenden Ansicht das Tatbestandsmerkmal des Gesellschafterdarlehens erfüllt.439 Darunter fallen insbesondere solche Gesellschafter, die die Gesellschafterstellung erst nach Gewährung oder Sicherung des Darlehens erworben haben.440 Davon ausgenommen sind jedoch die Darlehensgeber, deren Darlehensforderungen von der Gesellschaft vollumfänglich befriedigt werden, bevor sie eine Gesellschafterposition erwerben.441
435 Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 19; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2149; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 38; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechtes, S. 239; a. A. Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 215; Kirchhof, in: MüKo, AnfG, § 6 Rn. 19 zur Parallelvorschrift außerhalb des Insolvenzverfahrens. 436 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22 („Manipulationsgefahren“). 437 So nunmehr auch aktuell BGH, Urt. v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18 = NZI 2019, 169 ff. mit Anmerkung Haas, 171 ff.; Kirchhof, in: MüKo, AnfG, § 6 Rn. 19 zur Parallelvorschrift außerhalb des Insolvenzverfahrens; Roth/Altmeppen, in: Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., Anh. §§ 32a,b Rn. 28; Leithaus, in: Andres/Leithaus, InsO, § 135 Rn. 6; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 326; Hirte, ZInsO 2008, 689, 693; so wohl auch Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 19; Schäfer, MDR 2012, 262, 263: „Aus der Sicht des BGH ist § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zu weit gefasst, wenn er ohne Einschränkung von seinem ,Gesellschafterdarlehen‘ spricht. Zu der Annahme, dass ein ,Gesellschafterdarlehen‘ i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nur dann gegeben sei, wenn die Gesellschafterstellung des Darlehensgebers noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortbestanden hat, hat sich der BGH jedoch (zu Recht) nicht durchgerungen. Vielmehr zeigt § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, dass ein solch enges Verständnis vom Tatbestandsmerkmal des ,Gesellschafterdarlehens‘ nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht. Denn ein Gesellschafterdarlehen im Sinne der Neuregelungen ist nach dieser Bestimmung auch dann gegeben, wenn der Darlehensrückzahlungsanspruch im letzten Jahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Befriedigung erloschen ist und das Gesellschafterdarlehen somit gerade nicht bis zur Insolvenzeröffnung fortbestanden hat“. 438 Kirchhof, in: MüKo, AnfG, § 6 Rn. 20; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603. 439 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22; vgl. Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 18. 440 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22; vgl. Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 18. 441 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22. Dann darf das Darlehen aber nicht zurückgezahlt worden sein, in der Absicht eine Gesellschafterposition einzunehmen.
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(3) Stellungnahme Nach der hier vertretenen Ansicht liegt der Schlüssel für die Beantwortung der Frage, welches der maßgebliche Zeitpunkt oder Zeitraum ist, wiederum in der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts. Nach dem in dieser Arbeit angestellten Normzwecküberlegungen ist ein Gesellschafterdarlehen immer dann gegeben, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt die Gesellschafterstellung und Darlehensgeberstellung koinzidieren, da hier die Normzwecküberlegungen der Mitwirkungs- und Vermögensrechte gepaart mit den Gläubigerschutzüberlegungen greifen. Da der Anfechtungstatbestand des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO einen Anfechtungszeitraum vorgibt, ist infolgedessen jedes Darlehen, das einmal innerhalb dieses Zeitraums in der Hand eines Gesellschafters war, in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung auch potentiell anfechtbar. b) Befriedigung des Rückführungsanspruchs (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) Im Fall der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO kommt es schlussendlich entscheidend darauf an, dass der Rückforderungsanspruch des Gesellschafters befriedigt wird. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn die Forderung des Gesellschafters auf Kosten der Gesellschaft getilgt wird, sei es durch eine Rückführung des Darlehens oder mit Hilfe eines Erfüllungssurrogats wie der Aufrechnung, der Leistung an Erfüllung statt oder einer Hinterlegung.442 Die Befriedigung muss dabei aus zwei unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden: Einmal aus der Perspektive des Gesellschafters und einmal aus der Perspektive der Gesellschaft. Es kommt also sowohl darauf an, dass der Gesellschafter – untechnisch formuliert – etwas erhalten hat, als auch darauf, dass dadurch zugleich das Aktivvermögen der Gesellschaft geschmälert wird, mithin eine Gläubigerbenachteiligung eintritt. Dabei sind ebenfalls die Grundsätze einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung zu beachten.443 c) Zeitliche Beschränkung Eine Anfechtung, wie bereits oben deutlich wurde, ist ausweislich des Wortlauts des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur dann möglich, wenn „die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist“. 4. Rechtsfolgennorm: Zurückgewährung an die Insolvenzmasse Die Frage, wer im Gesellschafterdarlehensrecht der richtige Anfechtungsgegner ist, wird nicht in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder in § 135 Abs. 1 InsO ausdrücklich geregelt, weshalb zunächst auf das allgemeine Insolvenzanfechtungsrecht zurück442 443
Statt aller Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 16. S. u.
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zugreifen ist.444 Die Rechtsfolgenregelung ist für alle Insolvenzanfechtungstatbestände einheitlich in der zentralen Norm des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO geregelt,445 wonach alles was „veräußert, weggegeben oder aufgegeben“ worden ist, der Insolvenzmasse zurückgewährt werden muss. Im Fall der Insolvenzanfechtung eines Gesellschafterdarlehens trifft somit die Pflicht zur Rückgewähr des Darlehens nicht pauschal den Gesellschafter, sondern den tauglichen Anfechtungsgegner, der sich prima facie nach § 143 Abs. 1 S. 1 InsO bestimmt. Es muss generell bei den Insolvenzanfechtungstatbeständen und im Speziellen auch bei der Insolvenzanfechtung der Befriedigung oder Besicherung eines Gesellschafterdarlehens zwischen der Frage unterschieden werden, wer einerseits auf tatbestandlicher Ebene in den Anwendungsbereich nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO fällt und wer andererseits auf der Rechtsfolgenseite der richtige Anfechtungsgegner ist. a) Ausgangspunkt des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO Hinsichtlich der Frage, wer der taugliche Anfechtungsgegner ist, schweigt sich die grundlegende Norm des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO aus.446 Der Gesetzeswortlaut „Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden“ gibt darauf keine Antwort.447 Die überwiegende Meinung in der Literatur versteht § 143 Abs. 1 S. 1 InsO so, das grundsätzlich demjenigen gegenüber angefochten werden kann, der Empfänger der Leistung des Schuldners ist, wer also etwas aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erlangt hat,448 sprich zu wessen „Gunsten der Erfolg der konkret angefochtenen Rechtshandlung eingetreten ist“.449 Dabei werden jedoch – wie im Folgenden darzulegen ist – mehrere Ansätze miteinander vermischt, die nichtsdestotrotz in der grundsätzlichen Konstellation eines Zweipersonenver444
Siehe auch Haas, ZIP 2017, 545, 550. Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 41. 446 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 41 spricht hier von der „Lücke“ des § 143 InsO. 447 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 41 weist zurecht darauf hin, dass auch die Erwähnung des „anderen Teils“ in § 133 Abs. 1 S. 1 bzw. „des Anfechtungsgegners“ in §§ 144, 145 InsO für die allgemeine Bestimmung des tauglichen Anfechtungsgegners ebenso wenig weiterhilft; vgl. Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 149 Fn. 65, der hervorhebt, dass „§ 143 InsO nur die Ansprüche gegen den Anfechtungsgegner festlegt, nicht aber bestimmen kann, wer überhaupt Anfechtungsgegner sein soll“. 448 Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 51 Rn. 57; vgl. Dauernheim, in: FKInsO, § 143 Rn. 3 f.; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 143 Rn. 69; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo, InsO, § 143 Rn. 5; Kreft, in: HK, InsO, § 129 Rn. 114. 449 Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, Rn. 86; BGH, Urt. v. 24. 10. 1973 – VIII ZR 82/72, NJW 1974, 57; BAG, Urt. v. 29. 1. 2014 – 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 11; hierzu auch M. Huber, EWiR 2014, 291; Schäfer, in: Kummer/Schäfer/ Wagner, Insolvenzanfechtung, B Rn. 537; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo, InsO, § 143 Rn. 5; OLG Stuttgart, ZIP 2012, 879, 881; Rogge/Leptien, in: HambKomm, InsO, § 143 Rn. 7; Dauernheim, in: FK-InsO, § 143 Rn. 3 f.; Kreft, in: HK, InsO, § 129 Rn. 114; Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 214. 445
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
hältnisses zu annehmbaren Ergebnissen führen. Insofern ist im Regelfall im Rahmen einer Anfechtung eines Gesellschafterdarlehens der dem Tatbestand des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO unterfallende Gesellschafter auch der richtige Anfechtungsgegner. b) Mehrpersonenverhältnisse Die Unschärfe des § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zeigt sich gerade in Mehrpersonenverhältnissen, wozu insbesondere auch die oben dargestellten Gleichordnungsund Zurechnungsfälle gehören. Hier ist es bisweilen unklar, wie der richtige Anfechtungsgegner zu bestimmen ist. aa) Schrifttum und Rechtsprechung In Rechtsprechung und Literatur lassen sich insoweit drei Strömungen ausmachen. Zum einen wird eine bereicherungsrechtliche Lösung vorgeschlagen. Danach ist derjenige richtiger Anfechtungsgegner, der etwas aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erlangt hat.450 Die Gegenansicht stellt auf das Zuflussprinzip ab. Danach ist derjenige der richtige Anfechtungsgegner, dem aufgrund einer wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise ein Vorteil zugeflossen ist, der sich in einer Schmälerung der Masse widerspiegelt.451 Schließlich gibt es auch Tendenzen zu einer tatbestandsimmanenten Lösung. Nach dieser Ansicht bestimmt sich der richtige Anfechtungsgegner nicht nach einer allgemeinen Regel des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO, sondern nach den spezifischen tatbestandsimmanenten Anforderungen des jeweiligen Insolvenzanfechtungstatbestands.452 Die Rechtsprechungslinie ist zwar insofern inkonsistent, als dass sie sich von Fall zu Fall mal auf die eine, mal auf die andere Wertung stützt, sodass sich keine genauen Schlussfolgerungen ableiten lassen.453 Anhand der Entwicklung der Rechtsprechung wird jedoch deutlich, dass das Insolvenzanfechtungsrecht (auch) auf Rechtsfolgenseite verstärkt einer wirtschaftlich-normativen und gerade keiner gegenständlichnaturalistischen Betrachtungsweise unterliegt.454 450 So etwa die Rechtsprechung in BGH, Urt. v. 16. 9. 1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 288; darauf bezugnehmend BGH, Urt. v. 25. 10. 2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 = NJW 2008, 63, 68 „Für Insolvenzanfechtungen im Mehrpersonenverhältnis gelten die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend“. 451 So etwa Haas, ZIP 2017, 545, 551 „Richtiger Ansicht nach ist hier für die Bestimmung des Anfechtungsgegners allein auf die Wertungen des allgemeinen Anfechtungsrechts, nämlich auf § 143 Abs. 1 InsO, zurückzugreifen. Danach ist Anfechtungsgegner grundsätzlich nur der (wirtschaftliche) Leistungsempfänger“; vgl. Kayser/Freudenberg, in: MüKo, InsO, § 129 Rn. 49; Borries/Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 129 Rn. 87. 452 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 142 f.; BGH, Urt. v. 29. 11. 2007 IX ZR 121/06, BGH WM 2008, 223. 453 So auch Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 138, 142 f. 454 Siehe hierzu Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, 511, 519 f.
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bb) Untersuchung der verschiedenen Ansätze Im Folgenden gilt es die unterschiedlichen Ansätze anhand einer Auslegung des Gesetzeswortlautes des § 143 Abs. 1 InsO zu untersuchen. (1) Bereicherungsrechtlicher Ansatz Greift man den bereicherungsrechtlich geprägten Ansatz auf, so lässt sich zunächst feststellen, dass der Wortlaut des § 143 Abs. 1 InsO, aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten passiven, und damit weiten Formulierung, keinen Aufschluss hinsichtlich des Anfechtungsgegners liefert. Im Rahmen der systematischen Betrachtungsweise ist daher das Verhältnis des Insolvenzanfechtungsrechts zum Bereicherungsrecht auszuloten. Auf den ersten Blick scheint das Bereicherungsrecht insofern Eingang in das Insolvenzanfechtungsrecht gefunden zu haben, als dass es einen „legislativen Niederschlag“455 in § 143 Abs. 1 S. 2 InsO erfahren hat, wonach auf Rechtsfolgenseite § 819 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden ist.456 Dies allein vermag jedoch nicht dogmatisch zu begründen, warum bereicherungsrechtliche Wertungen in das Insolvenzanfechtungsrecht zu übertragen sind.457 Schaut man genauer hin, so stellt man fest, dass abgesehen von dieser „partiellen Parallelschaltung der Rechtsfolgen“458 die Gesetzessystematik nicht für eine Übertragung der bereicherungsrechtlichen Wertungen in das Insolvenzanfechtungsrecht spricht. So hat der Gesetzgeber in § 143 Abs. 1 S. 1 InsO nicht die bereicherungsrechtliche Formulierung des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB des „etwas erlangt“ Habens aufgegriffen, sondern eine passive, weite Formulierung gewählt. Darüber hinaus spricht gegen eine solche Übertragung, dass es im Insolvenzanfechtungsrecht keinen dem Bereicherungsrecht entsprechenden Leistungsbegriff gibt.459 Aus teleologischen Gesichtspunkten spricht gegen den bereicherungsrechtlichen Ansatz, dass dem Bereicherungsrecht und dem Insolvenzanfechtungsrecht ein unterschiedlicher Zweck und damit in Mehrpersonenverhältnissen auch unterschiedliche Wertungsfragen460 zugrunde liegen: Während dem Bereicherungsrecht die Funktion zukommt, einen materiell-rechtlich nicht gerechtfertigten Zuwachs an Vermögenswerten auszugleichen, weshalb die Frage im Vordergrund steht, wer etwas von wem zurückfordern kann, dienen das Insolvenzanfechtungsrecht und insbesondere § 143 Abs. 1 S. 1 InsO der Masseanreicherung und damit dem Gläubigerschutz, woraus sich die 455
Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 138. Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 138. 457 So ebenfalls Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 138, der argumentiert, dass sich aus einer „partiellen Parallelschaltung der Rechtsfolgen“ nicht zwingend ein Gleichlauf für eine Konkurrenzproblematik auf Tatbestandsseite ergebe. Den bereicherungsrechtlichen Ansatz für ebenso wenig überzeugend haltend Brinkmann, in: Bork, Insolvenzanfechtungsrecht, Kap. 17 Rn. 61; Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 101 ff., 152. 458 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 138. 459 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 139. 460 So auch Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 139 f. 456
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
entgegengesetzte Frage ergibt, wer etwas zur Masse leisten muss. Folglich spricht die Gesetzesauslegung gegen eine Übernahme der bereicherungsrechtlichen Wertungen in das Insolvenzanfechtungsrecht. (2) Zuflussprinzip Nähert man sich der wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise des Zuflussprinzips, die auf den Empfänger der Leistung abstellt, mit einem methodischen Zugriff und legt den Gesetzeswortlaut des § 143 Abs. 1 InsO aus, so steht auch hier im Ausgangspunkt fest, dass eine Wortlautauslegung nur wenig Sinn ergibt, da diese – wie oben bereits festgestellt – zu keinem Ergebnis führt.461 Bei einer systematischen Betrachtung fällt zunächst auf, dass sich aus der vom Gesetzgeber gewählten, weiten Formulierung – anders als aus der bereicherungsrechtlichen Formulierung des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB des „etwas erlangt“ Habens – nicht ergibt, dass der Anfechtungsgegner zwingend Empfänger einer Leistung sein muss.462 Zwar spricht der Gesetzgeber an anderen Stellen des Insolvenzanfechtungsrechts – im Rahmen der Sondervorschriften des § 143 Abs. 2 InsO, sowie in § 144 Abs. 2 S. 2 InsO – vom Empfänger der Leistung. Allerdings kann davon nicht auf ein allgemeingültiges Kriterium geschlussfolgert werden, da sich diese Formulierungen ausschließlich in Sondervorschriften finden.463 Ferner spricht auch eine teleologische Auslegung gegen das Zuflussprinzip. § 143 Abs. 1 InsO dient dazu, die Insolvenzmasse anzureichern. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber bewusst eine weite Formulierung gewählt. Dieser Zweck des allgemeinen Rückgewähranspruchs des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO spricht gegen eine Einschränkung des Adressatenkreises auf der Rechtsfolgenseite.464 Folglich spricht die Gesetzesauslegung auch gegen das Zuflussprinzip.465 (3) Tatbestandsimmanenter Ansatz Dies führt einen zum tatbestandsimmanenten Ansatz, wonach sich der Anfechtungsgegner nicht aus einer allgemeinen Regelung auf Rechtsfolgenseite ergibt, sondern aus den allgemeinen Insolvenzanfechtungsvoraussetzungen gepaart mit den
461
S. o. Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 141. 463 Ebenso mit anderer Begründung Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 141 f., er argumentiert, dass sich aus einer systematischen Zusammenschau auf den gesamten Inhalt des § 143 Abs. 2 InsO ergebe, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese nur zurückzugewähren hat, soweit er durch sie bereichert ist. Daraus folgert Würdinger im Umkehrschluss, dass eine Bereicherung auf Seiten des Anfechtungsgegners gerade kein allgemeines Qualifikationsmerkmal sei. 464 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 142. 465 Ebenfalls dem Zuflussprinzip ablehnend gegenüberstehend Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 152 ff.; Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 140 ff. 462
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besonderen Anforderungen des jeweiligen Anfechtungstatbestands.466 Demnach kommt es für die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners entscheidend auf den Sinn und Zweck des jeweiligen Insolvenzanfechtungstatbestands an.467 Sofern die Normzweckbetrachtung hinsichtlich des Anfechtungsgegners zu dem Ergebnis gelangt, dass mehrere Anfechtungsgegner in Betracht kommen, ist dies dahingehend aufzulösen, dass diese nach § 426 BGB als Gesamtschuldner haften.468 Diese Ansicht steht sowohl mit der Systematik als auch dem Sinn und Zweck des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO im Einklang. Sie wird insbesondere dem Normzweck des § 143 Abs. 1 S. 1 InsO, die Insolvenzmasse anzureichern, und dem Willen des Gesetzgebers, der eine weite Formulierung gewählt hat, gerecht, indem sie den Adressatenkreis nicht auf der Rechtsfolgenseite einschränkt. cc) Stellungnahme Abgesehen von der zu Recht angeführten Kritik Würdingers469 vermag der tatbestandsimmanente Ansatz auch aus anderen Gründen zu überzeugen. Zwar scheint eine einheitliche Regelung auf Rechtsfolgenseite zur Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners – ebenso wie die vor die Klammer gezogenen allgemeinen Insolvenzanfechtungsvoraussetzungen – bestechend. Dabei geht allerdings die nötige Flexibilität verloren, derer es bedarf, um im Einzelfall den besonderen Anforderungen des jeweiligen Insolvenzanfechtungstatbestands hinreichend Rechnung zu tragen und dadurch stimmige Ergebnisse zu erzielen. Dies wird gerade im Zusammenhang mit dem Gesellschafterdarlehensrecht deutlich. Denn hier kommt es zu dem Zielkonflikt, einerseits die Eigenheiten des Gesellschafterdarlehensrechts als eigenständige Rechtsmaterie zu berücksichtigen und dabei andererseits die Tatsache, dass das Gesellschafterdarlehensrecht in das System des Insolvenzanfechtungsrechts eingebettet wurde, miteinzubeziehen.470 Um zwischen diesen beiden Anforderungen einen Ausgleich zu finden, gewährt eine tatbestandsimmanente Lösung die nötige Flexibilität. Auf dieser Linie liegt auch ein jüngeres Urteil des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, welches sich ebenfalls auf den Standpunkt stellt, Wertungen anderer Rechtsgebiete in das Insolvenzanfechtungsrecht mit einzubeziehen.471
466 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 142 f. „Eine Einschränkung des Adressatenkreises ergibt sich nicht generell aus §§ 143 ff. InsO, sondern partiell aus den einzelnen Anfechtungstatbeständen“; vgl. auch Bartels, Insolvenzanfechtung und Leistungen Dritter, S. 149 ff. 467 Vgl. auch Haas, NZG 2013, 1241, 1244. 468 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 142. 469 Würdinger, Insolvenzanfechtung, S. 138 ff. 470 Anders Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, 394 ff., der die Anfechtung eines Gesellschafterdarlehens vollständig im Insolvenzanfechtungsrecht verankert sieht. 471 BGH, Urt. v. 29. 11. 2007 IX ZR 121/06, BGH WM 2008, 223.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
c) Ergebnis Die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners ergibt sich daher nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis sowohl für Zwei- als auch für Mehrpersonenverhältnisse aus den allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) in Verbindung mit den tatbestandsimmanenten Vorgaben des jeweiligen spezifischen Insolvenzanfechtungstatbestands. Bei der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO kommt es bei der Bestimmung des Anfechtungsgegners demzufolge auf die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts an.
C. Verhältnis von Nachrang (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) und Anfechtung (§ 135 Abs. 1 InsO) I. Allgemeines Im Rahmen der Neukonzeption des Gesellschafterdarlehensrechts wird immer wieder betont, dass das Gesellschafterdarlehensrecht nunmehr auf eine insolvenzrechtliche und anfechtungsrechtliche Basis gestellt wurde.472 Dies zeige sich in Form einer Nachrang- und einer Anfechtungsregel. Wie sich diese beiden Normen zueinander verhalten, wird jedoch nur spärlich diskutiert. Insbesondere detaillierte Begründungen fallen oftmals aus. Die besondere Schwierigkeit nach dem MoMiG liegt gerade darin, das Regelungssystem der § 39 Abs. 1 Nr. 5 und § 135 Abs. 1 InsO, das von den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts abgeschnitten wurde, in sich kohärent zu bestimmen und es zugleich in seinem neuen „Zuhause“ – dem Insolvenzrecht – ohne größere Brüche einzubetten.473 Gerade die Bestimmung des Verhältnisses der beiden Normen zueinander ist von entscheidender Bedeutung, kommt ihr doch bei der Lösung praktischer Rechtsanwendungsprobleme eine Schlüsselrolle zu.474 So kommt es entscheidend darauf an, ob man das neue Recht der Gesellschafterdarlehen als ein Gesamtsystem zweier ineinander verflochtener und aufeinander aufbauender Normenkomplexe begreift oder diese isoliert voneinander betrachtet. Gerade im Hinblick auf Auslegungsfragen können hier unterschiedliche Ergebnisse erzielt werden. So ist die Beantwortung der Frage sowohl auf Tatbestandsebene als auch auf Rechtsfolgenebene maßgeblich. Auf der Ebene des Tatbestands stellt sich u. a. die Frage, ob der Anfechtungstatbestand des § 135 Abs. 1 InsO insofern auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO Bezug nimmt, dass er ein nachrangiges Darlehen voraussetzt, oder ob er völlig isoliert davon zu betrachten ist. Ebenso wirkt sich das Verhältnis beider Normen auf die Frage aus, inwieweit der Anfechtungszeitraum des § 135 Abs. 1 InsO auf die Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO übertragbar ist. 472 473 474
S. o. Vgl. Haas, ZIP 2017, 545 ff. Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 128.
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II. Ansichten im Schrifttum Die überwiegende Meinung in der Literatur versteht die Nachrang- und Anfechtungsregelung als einen einheitlichen Normenkomplex.475 Dabei dient die Anfechtungsregelung als eine Art Absicherung oder bildlich gesprochen als ein „Durchsetzungshebel“476 der Nachrangregelung.477 Sie soll den Nachrang vor Umgehungen schützen, indem durch die Anfechtungsregelung die Rechtsfolgen des Nachrangs nach vorne verlagert werden. Anders gewendet: Die Anfechtung soll den Nachrang im Vorfeld des Insolvenzverfahrens vollziehen.478 Einzelne Stimmen in der Literatur differenzieren jedoch zwischen der Nachrangund Anfechtungsregelung.479 So legt Eidenmüller dem Normenkomplex aufgrund von unterschiedlichen Legitimationserwägungen ein differenziertes Verständnis zu Grunde, da aus seiner Sicht keine überzeugenden Gründe für die Nachranganordnung von Gesellschafterdarlehen sprechen,480 für die Anfechtungsregel hingegen schon.481 Für eine differenzierende Sichtweise macht sich auch Thole stark.482 Er ist der Auffassung, dass der Nachrang von der Anfechtung konzeptionell getrennt werden müsse.483 Für eine solche Sichtweise führt er ins Feld, dass sich die Nach-
475 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 150 f., 267; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 210 ff., 213; vgl. Bitter/Laspeyres, ZInsO 2013, 2289, 2293 f.; Bork, ZIP 2012, 2277, 2279; Huber, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 50 Rn. 21; Krolop, ZIP 2007, 1738, 1739; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 129 f.; Haas, ZIP 2017, 545, 545. 476 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 129. 477 Schröder, in: HambKomm, InsO, § 135 Rn. 9; Gehrlein, BB 2011, 3, 6; Bitter/Laspeyres, ZInsO 2013, 2289, 2293; Haas/Kolmann/Pauw, in: Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, § 92 Rn. 399; Neußner, in: Graf-Schlicker, InsO, § 135 Rn. 1; Henckel, in: Jaeger, InsO, § 129 Rn. 6; De Bra, in: Braun, InsO, § 135 Rn. 2; Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, H Rn. 22a; Huber/Habersack, BB 2006, 1; siehe Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, Rn. 778. 478 Bitter/Laspeyres, ZInsO 2013, 2289, 2293 f. 479 Erstmalige Differenzierungen finden sich bei T. Bezzenberger, in: FS Bezzenberger, S. 23, 51 ff., der die Rückstufung grundsätzlich abschaffen will. 480 Zusammenfassend Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 60, 70; in einer Abwägung von den positiven und negativen Effekten einer Nachrangregel überwiegen für ihn eindeutig die negativen wie bspw. eine verzögerte Krisenbewältigung, sowie der Umstand, dass eine Sanierungsfinanzierung möglicherweise ausbleibt. 481 Die Anfechtungsregel sei jedoch sinnig, um der Insiderstellung der Gesellschafter entsprechend Rechnung zu tragen, Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 61 ff. 482 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 390 ff.; ders., ZHR 176 (2012), 513 ff.; ders., ZInsO 2011, 1425, 1432; in eine ähnliche Richtung auch Mylich, ZHR 176 (2012), 547, 558, 565, der die Nachrangregel primär als eine Ergänzung zur Insolvenzverschleppung sieht; K. Schmidt, in: Schmidt, InsO, § 135 Rn. 1 hält die konzeptionelle Trennung für „wenig ergiebig“. 483 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 520 ff.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
rang- und Anfechtungsregelung grundsätzlich voneinander trennen ließen.484 So könnten beide Vorschriften unabhängig voneinander bestehen. Es bestehe somit keine innere Abhängigkeit.485 Zudem sei die herrschende Ansicht, die darauf rekurriert den Nachrang im Vorfeld durchzusetzen, nicht überzeugend, da sie innerhalb der Jahresfrist gar nicht alle Umgehungsversuche im Vorfeld erfassen könne.486 Für Thole stellt die Anfechtungsregel darüber hinaus auch mehr als nur einen Umgehungsschutz dar: Dies sei nicht der alleinige Zweck der Anfechtung.487 Insofern gelangt er gerade deshalb zu einer konzeptionellen Trennung, weil er den beiden Regelungen ein unterschiedliches Normzweckverständnis zu Grunde legt. Die Anfechtungsregelung müsse in einem systematischen Zusammenhang mit den anderen Insolvenzanfechtungsvorschriften gesehen werden, weshalb man zu dem Ergebnis gelange, dass auch § 135 Abs. 1 InsO der Gläubigergleichbehandlung – par conditio creditorum – diene.488 Die Nachrangregel speise sich hingegen aus einer angepassten Finanzierungsfolgenverantwortung.489
III. Stellungnahme Grundsätzlich lassen sich die Nachrang- und Anfechtungsregelung denklogisch voneinander trennen, sodass eine Differenzierung zwischen der Nachrang- und Anfechtungsregelung de lege ferenda möglich erscheint.490 Denn der Nachrang (bzw. dessen Wirkung) ist ein rein verfahrensrechtliches Instrument im Insolvenzverfahren, wonach manche Gläubiger vorrangig und andere Gläubiger nachrangig zu befriedigen sind.491 Die Anfechtungsregelung ist hingegen ein Instrument, um die Insolvenzmasse anzureichern, mit dem Ziel die den Gläubigern zustehende Insolvenzmasse vor vorherigen unmittelbaren Umgehungsversuchen zu schützen.492 Entscheidend ist jedoch, wie die Rechtslage de lege lata ausgestaltet ist. Hier sind die beiden Normen in ihrem Ausgangspunkt „technisch“ miteinander verwoben.493 Dies zeigt der Wortlaut des § 135 Abs. 1 InsO, der explizit auf eine Forderung i. S. d. 484
Thole, ZHR 176 (2012), 513, 521. Insoweit noch zustimmend Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 126, der auch von einer „konzeptionellen Trennbarkeit“ ausgeht. 486 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 522. 487 Siehe Thole, ZHR 176 (2012), 513, 524 f. 488 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 522. 489 In der Annahme dieser unterschiedlichen Normzweckerwägungen sieht er sich durch eine Entscheidung des BGH, Urt. v. 17. 2. 2011 – IX ZR 131/10, BGH NJW 2011, 1503, 1505 Rn. 17 bestätigt. 490 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 126. 491 S. o. 492 S. o. 493 Thole, ZGR 176 (2012), 513, 514; Schäfer, in: Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, H Rn. 35 f., wonach § 135 InsO an § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO anknüpft. 485
3. Kap.: Behandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz
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§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO verweist und insofern mit ihm tatbestandlich verknüpft ist.494 Dies unterstreicht auch ein Blick auf die Gesetzeshistorie, wonach der Novellengesetzgeber die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO a. F. zusammen in das Gesetz eingeführt hat,495 sowie die Intention des Gesetzgebers, wonach § 135 InsO a. F. als Ergänzung des insolvenzrechtlichen Nachrangs gedacht war.496 und zwar mit der expliziten Begründung, dass andernfalls der Darlehensgeber versuchen könnte, die ihm durch den Nachrang angedrohten Nachteile zu vermeiden.497 Für ein solches Verständnis spricht auch die Systematik des § 135 InsO. Dieser wurde zwar in der Rubrik der Insolvenzanfechtungstatbestände normiert, bildet dort aber einen Fremdkörper.498 Weder die unterschiedlichen Anfechtungsfristen, noch der mangelnde Bezug zu § 138 InsO vermögen den Eindruck der Einheit zu vermitteln.499 Die Kritik Tholes an der herrschenden Meinung, dass die Jahresfrist gar nicht alle Umgehungsversuche erfassen könne, ist zwar zutreffend. Dennoch gilt es dabei zu bedenken, dass es sich bei der Jahresfrist um eine rechtspraktikable, pauschalisierende Lösung handelt, die nicht alle denkbaren Konstellationen erfassen kann. Das neu geschaffene Gesellschafterdarlehensrecht wurde zwar im Insolvenzrecht platziert. Dabei darf jedoch von der hier vertretenen teleologischen Warte aus nicht vergessen werden, dass die einzelnen Regelungen ein gemeinsamer Zweck eint: So ist das Gesellschafterdarlehensrecht als ein Regelungskomplex zum Schutz der Gläubiger geschaffen worden und soll der Gefahr vorbeugen, dass ein Gesellschafter das Prinzip der Haftungsbeschränkung zum Nachteil der außenstehenden Gläubiger überstrapaziert. Zwar könnte man, vor dem Hintergrund einer strengen insolvenzrechtlichen Sichtweise, die Anfechtung im Hinblick auf das Ziel einer Masseanreicherung reduzieren.500 Dann ginge jedoch der Blick auf ein einheitlich geschaffenes in sich kohärentes Gesellschafterdarlehensrecht verloren. In seiner konkreten Ausgestaltung kommt 494
Haas, ZIP 2017, 545, 546. Dass sich § 135 Abs. 1 InsO a. F. unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts nicht in die Systematik der übrigen Insolvenzanfechtungstatbestände einfügt, siehe Beck, Kritik des Eigenkapitalersatzrechts, S. 356 ff. 496 Vgl. Fastrich, in: FS Zöllner, S. 143, 159; Kleindiek, in: HK-InsO, § 135 Rn. 13 ff.; so auch die geistigen Väter des neuen Rechts der Gesellschafterdarlehen Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 411 f. 497 RegE zur GmbH-Novelle 1980, BT-Drucks. 8/1347, S. 10: Die vormalige Anfechtungsvorschrift des § 32b Abs. 1 RegE GmbHG ergänzt „die Vorschrift des § 32a GmbHG […], da ein Darlehensgeber versuchen wird, die ihm in § 32a angedrohten Nachteile zu vermeiden“; Schröder, Reform der Eigenkapitalersatzrechts, S. 75 Rn. 284 hebt hier zu Recht die „wünschenswerte(r) Klarheit“ der Begründung hervor. 498 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 267 spricht jedweden systematischen Zusammenhang ab. Für ihn handelt es sich bei § 135 I InsO lediglich um eine „flankierende Ergänzungsvorschrift“. 499 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 150 m. w. N. in Fn. 174; Haas, ZIP 2017, 545, 547; dem tritt Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 412 ff. dahingehend entgegen, dass man § 135 InsO de lege ferenda mit § 138 InsO verbinden müsse. 500 So wohl Mylich, ZIP 2013, 1650, 1651. 495
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
dem Instrument des Nachrangs eine für den Gesellschafter abschreckende präventive Wirkungsfunktion zu. Diese ist jedoch für sich allein genommen in der Rechtswirklichkeit vollkommen wirkungslos, wenn sie nicht in irgendeiner Form von einem Sanktionsmechanismus flankiert wird.501 Eben an jener Stelle setzt das Instrument der Anfechtung an, welches die präventive Wirkung des Nachrangs als rechtstatsächliches Durchsetzungsinstrument502 ex post sanktionierbar macht.503 Damit stellen die Nachrang- und Anfechtungsregelung einen einheitlichen Normenkomplex dar.
IV. Folgerungen für die Auslegung Insofern bilden § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und § 135 InsO ein Gesamtsystem.504 Um es mit den Worten des Bundesgerichtshofs zu sagen, ist mit „dem Nachrang (…) folgerichtig die Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO verbunden“.505 Dies darf jedoch nicht so verstanden werden, dass die Nachrangigkeit nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zwingend die Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 InsO zur Folge hat.506 Vielmehr müssen die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit – wie bei jedem Insolvenzanfechtungstatbestand der § 130 ff. InsO – vorliegen. Ebenso sind die beiden Tatbestände auch nicht insoweit miteinander verknüpft, als dass eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO tatbestandlich eine nachrangige Forderung i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO voraussetzt. Dies zeigt ein systematischer Vergleich mit dem außerhalb der Insolvenz liegenden Insolvenzanfechtungstatbestand des § 6 AnfG, der ebenfalls auf § 39 Abs.1 Nr. 5 InsO verweist, die Nachrangigkeit jedoch tatbestandlich gar nicht im Blick haben kann, da dieser erst mit dem Eintritt der Insolvenzeröffnung entsteht.507 Die Nachrangregelung und die insolvenzrechtliche Anfechtungsregelung vereint vielmehr der Sinnzusammenhang, dass ein Darlehen dann nachrangig und anfechtbar im Sinne des Gesellschafterdarlehensrechts ist, wenn es nach einer wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise von einem Darlehensgeber gewährt worden ist, der dem Gesellschafterdarlehensrecht unterfällt. Insofern ist für die Auslegung der beiden Normen entscheidend, dass die Nachrangregelung ihre Wirkung erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfaltet. Ob sie ihre Wirkung entfalten kann, hängt einzig und allein davon ab, ob im Zeitpunkt der Eröffnung des 501
Vgl. dazu auch unten. Von Marotzke, KTS 2016, 19, 20 auch zutreffend als „anfechtungsrechtliche Anschlussvorschrift“ bezeichnet. 503 Vgl. dazu unten. 504 So auch Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 210 ff., 213; Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147. 505 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 229 Rn. 27; dies bekräftigend BGH, Beschl. v. 30. 4. 2015 – IX ZR 196/13 = ZIP 2015, 1130 Rn 3. 506 So auch Haas, ZIP 2017, 545, 551. 507 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzanfechtung, S. 391. 502
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
153
Insolvenzverfahrens ein Gesellschafterdarlehen vorliegt. Die Nachrangigkeit setzt also ein Gesellschafterdarlehen voraus. Ob ein solches vorliegt, kann u. a. mit dem Instrument der Anfechtung bestimmt werden. So ermöglicht die insolvenzrechtliche Anfechtungsmöglichkeit es, Gesellschafterdarlehen, die im Vorfeld der Insolvenz befriedigt wurden, wieder der Insolvenzmasse hinzuzuschlagen. Funktional reanimiert das Instrument der Anfechtung solche Gesellschafterdarlehen, die vor der Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befriedigt wurden und damit „erloschen“ waren, wieder und reichert somit die Insolvenzmasse um diese Gesellschafterdarlehensmittel an.508 Damit bewirkt der gesellschafterdarlehensrechtliche Insolvenzanfechtungstatbestand schlussendlich, dass die Darlehensmittel eines Gesellschafterdarlehens zurück in der Insolvenzmasse fließen und die entsprechenden Darlehensrückgewährforderungen des Gesellschafters im eröffneten Insolvenzverfahren der Nachrangwirkung unterliegen. Dieses Verständnis wird der weiteren Untersuchung zu Grunde gelegt. 4. Kapitel
Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz Aufbauend auf den Ergebnissen der Untersuchung zur Nachrangigkeit und insolvenzrechtlichen Anfechtung von Gesellschafterdarlehen nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht wird in diesem Kapitel das Gläubigerschutzniveau des neuen Gesellschafterdarlehensrechts abgeleitet, welches die Nachrangigkeit und Insolvenzanfechtung garantieren. Dazu bedarf es eines hinreichenden Verständnisses der Einbettung des Gesellschafterdarlehensrechts in das bestehende gesetzliche Gläubigerschutzsystem. Das setzt voraus, dass man den Ausgangspunkt des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems in Bezug auf haftungsbeschränkte Gesellschaften, das bestehende gesetzliche Gläubigerschutzsystem sowie seine verschiedenen Anknüpfungspunkte vor Augen hat. Daher wird im Folgenden zunächst die Erforderlichkeit des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems herausgearbeitet. Darauf basierend wird erarbeitet, welches Gläubigerschutzniveau bei haftungsbeschränkten Gesellschaften angemessen ist. Anschließend werden die vier Säulen des bestehenden Gläubigerschutzsystems kurz dargestellt und die Einbettung des Gesellschafterdarlehensrechts in das Gläubigerschutzsystem untersucht. Im Anschluss daran wird das aktuelle Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bestimmt.
508
Siehe Haas, ZIP 2017, 545, 545.
154
2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
A. Rekapitulation: Erforderlichkeit eines Gläubigerschutzsystems Es ist bereits auf das Prinzip der Haftungsbeschränkung, seine Wirkung auf das Verhalten der Gesellschafter haftungsbeschränkter Gesellschaften und die sich daraus ergebenden volkswirtschaftlichen Vorteile eingegangen worden.509 Dabei ist herausgearbeitet worden, dass das Prinzip der Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter von großem Vorteil ist.510 Diese Vorteile der Gesellschafter führen allerdings spiegelbildlich zu entsprechenden Nachteilen der außenstehenden Gläubiger der Gesellschaft.511 Indem das Prinzip der Haftungsbeschränkung es ermöglicht, dass die Gesellschafter unternehmerisch tätig werden können, ohne dafür mit ihrem persönlichen Vermögen in voller Höhe einstehen müssen, tragen die Gläubiger im Regelfall einen Teil der bestehenden wirtschaftlichen Risiken der Gesellschaft.512 Denn im Ergebnis führt das Prinzip der Haftungsbeschränkung dazu, dass sich das Unternehmensrisiko von den Gesellschaftern in dem Maße auf die Gläubiger verlagert, wie die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft deren Gesellschaftsvermögen übersteigen.513 Folglich erhöht das Prinzip der Haftungsbeschränkung nicht nur das Insolvenzrisiko der Gesellschaft,514 sondern es erhöht auch das Ausfallrisiko der Gläubiger, da die beschränkte Haftung der Gesellschafter die Gefahr birgt, dass die von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellten Mittel nicht ausreichen, um alle von der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten zu befriedigen.515 Im Schrifttum besteht heute weitestgehend Einigkeit, dass die mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung verbundenen Allokationseffizienzen in der Summe derart volkswirtschaftlich wohlfahrtsfördend sind, dass sie die ebenfalls mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung einhergehenden Nachteile für die Gläubiger haftungsbeschränkter Gesellschaften rechtfertigen.516 Denn das Prinzip der Haftungsbe509
Zum Folgenden s. o. S. o. 511 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 39 ff.; hinsichtlich der sozialen Kosten der Haftungsbeschränkung vgl. Halmer, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 31 ff. 512 S. o.; siehe auch Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 67 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 39; Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 26; Huber/Habersack, BB 2006, 1; dies., in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 394. 513 T. Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, S. 84 f.; Eidenmüller/Grunewald/ Noack, in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 17, 22; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 68; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 39 f.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band 1, S. 543. 514 S. o. 515 Vgl. Blaurock, in: FS Stimpel, S. 553 ff.; vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 40. 516 Siehe hierzu ausführlich Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 60 ff.; ders., Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 168 ff.; Fischinger, Haftungsbeschränkung im Bürgerlichen Recht, S. 245 ff.; T. Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, S. 92; 510
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
155
schränkung ermöglicht nicht nur die Trennung von Anteilseigentum und Geschäftsleitung und bildet damit sowohl die Grundlage für eine effiziente Zusammenkunft von Kapital und Expertise als auch für einen effizienten Kapitalmarkt,517 sondern es fördert auch die Bereitschaft zur unternehmerischen Tätigkeit, in dem es – wie im ersten Teil dieser Arbeit bereits ausführlich dargestellt worden ist – risikoavers veranlagte Privatpersonen von der persönlichen unbegrenzten Haftung mit dem gesamten Privatvermögen befreit.518 Vor diesem Hintergrund wird ein gesetzliches Gläubigerschutzsystem, welches das „normale“ Ausfallrisiko der Gläubiger ausgleicht, nicht für erforderlich gehalten.519 Denn die vom Prinzip der Haftungsbeschränkung ausgehenden, volkswirtschaftlich positiven Handlungsanreize sollen nicht durch gegenläufige Gläubigerschutzmechanismen neutralisiert werden.520 Folglich sollen die Gläubiger, insbesondere auch die Fremdkapitalgeber, das Risiko ihrer Investition in eine haftungsbeschränkte Gesellschaft grundsätzlich selbst tragen.521 Für die Gläubiger ergeben sich jedoch aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung verschiedene besondere Risiken, die über das gewöhnliche Risiko hinausgehen, welches von einer wirtschaftlichen Unternehmung ausgeht.522 Denn das Prinzip der Haftungsbeschränkung und die damit verbundene Möglichkeit der Gesellschafter, einen Teil ihres unternehmerischen Risikos zu externalisieren, führen zu einem Auseinanderfallen von Herrschaft und Haftung innerhalb einer haftungsbeschränkten Gesellschaft.523 So sind in der Regel die Gesellschafter über ihre Gesellschafterrechte an der Leitung der Gesellschaft beteiligt. Im Gegensatz dazu haben die Gläubiger keine Mitsprache- oder Mitwirkungsrechte und können folglich keinen Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg und Misserfolg der Gesellschaft nehmen, Gloger Haftungsbeschränkung, S. 28; Roth, ZGR 1986, 371, 373; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 108. 517 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 107 f. 518 Siehe den Überblick bei Fleischer, ZGR 2001, 1, 15 f.; und vertiefend zu den einzelnen Aspekten Bitter, Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 159 ff.; siehe zum Argument der Förderung der unternehmerischen Initiative Adams, Eigentum, Kontrolle und Beschränkte Haftung, S. 51; Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 33; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 67 f.; Wiedemann, ZGR 2003, 283, 287 f. 519 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 40. 520 Siehe statt vieler Haas, in: DJT-Gutachten, S. E 13 m. w. N. 521 Siehe Eidenmüller/Engert, GmbHR 2005, 433, 434 f.; Haas, in: DJT-Gutachten, S. E 13, 23; Vetter, ZGR 2005, 788, 790; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13, 14; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 40; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 12. 522 Siehe Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 40 ff.; vgl. auch Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 446 ff.; Beck, Kritik des Eigenkapitalersatzrechts, S. 10; Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 55; Jungmann, ZGR 2006, 638, 644. 523 Ausführlich hierzu Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 96; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
obwohl sie neben den Gesellschaftern einen Teil des Unternehmensrisikos tragen.524 Darüber hinaus führt das Prinzip der Haftungsbeschränkung auch zu einem Auseinanderfallen von Gewinnaussichten und Verlustrisiken, da in erster Linie die Gesellschafter aufgrund ihrer Vermögensrechte am Gewinn der Gesellschaft partizipieren, obwohl die Verluste gegebenenfalls sowohl von den Gesellschaftern als auch den Gläubigern der Gesellschaft getragen werden.525 Aufgrund des Auseinanderfallens von Herrschaft und Haftung sind die Gläubiger darauf angewiesen, dass die Gesellschafter ihre unternehmerischen Entscheidungen im Einklang mit den Interessen der Gläubiger an der Befriedigung ihrer Forderungen treffen.526 Da das Prinzip der Haftungsbeschränkung auch zu einem Auseinanderfallen von Gewinnaussichten und Verlustrisiken führt,527 ist nicht gesagt, dass die Eigeninteressen der Gesellschafter stets denen der Gläubiger entsprechen.528 Aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung resultiert, dass die Gesellschafter für die unternehmerischen Risiken nur beschränkt auf ihre Hafteinlage haften, aber unbeschränkt an den unternehmerischen Chancen partizipieren, weshalb sie in dem Maße bereit sind erhöhte Risiken einzugehen, wie damit auch erhöhte Gewinnexpektanzen einhergehen.529 Diese Risikofreudigkeit steigt mit zunehmender Verschuldung der Gesellschaft.530 Denn je geringer der Anteil des von den Gesellschaftern eingebrachten Eigenkapitals am Gesamtvolumen der Kapitalausstattung der Gesellschaft ist, desto weniger tragen die Gesellschafter der haftungsbeschränkten Gesellschaft das durch risikoreiche Investitionen und Geschäfte steigende Insolvenzrisiko. Dies gilt umso mehr, wenn die Insolvenzreife der Gesellschaft unmittelbar bevorsteht oder bereits eingetreten ist und das von den Gesell524 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band 1, S. 515 f.; vgl. auch Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 96. 525 Siehe Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 66; T. Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, S. 85 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band 1, S. 516; vgl. auch Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 98. 526 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 40 f.; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 15. 527 Siehe Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 66; T. Bezzenberger, Das Kapital der Aktiengesellschaft, S. 85 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band 1, S. 516. 528 Zu dieser Principal-Agent-Problematik siehe Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 41 f.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 73 f., 121, 173 f.; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 15. 529 Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 66; vgl. Bitter/Laspeyres, ZInsO 2013, 2289, 2293; Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 22 f.; Engert, ZGR 2004, 813, 822 f. 530 Vgl. Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 66 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 41 f.; Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 55; Halmer, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 32 f.; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 338; vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 68 f.; vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 552; vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 121, 173 f.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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schaftern eingebrachte Eigenkapital bereits aufgebraucht ist.531 Unter diesen Umständen sind die Gesellschafter incentiviert, die Gesellschaft auch bei bestehenden hohen Risiken weiterzuführen, damit eine mögliche drohende Insolvenz und damit einhergehend auch der Totalverlust des eingebrachten Eigenkapitals verhindert werden kann.532 Dagegen unterliegen die Gläubiger grundsätzlich einem Anreiz zur Risikovermeidung, da sie an den unternehmerischen Chancen der Gesellschaft nicht bzw. nur innerhalb der Grenzen der vertraglich vereinbarten Gegenleistung teilhaben, andererseits aber das unternehmerische Risiko mittragen.533 Schließlich können die Eigeninteressen einzelner Gesellschafter den Interessen der übrigen Gesellschafter und der Gläubiger entgegenlaufen.534 So können die Gesellschafter geneigt sein, etwaige Insiderinformationen und ihren Einfluss auf die Gesellschaft dazu zu verwenden, eigennützige Vorteile aufgrund der Risikoverlagerung zu Lasten der außenstehenden Gläubiger zu erzielen, indem sie beispielsweise dergestalt auf die Gesellschaft einwirken, dass von ihnen gewährte Gesellschafterdarlehen vorzeitig an sie zurückgezahlt werden.535 Wegen dieser besonderen Risiken, welche für die Gläubiger haftungsbeschränkter Gesellschaften mit dem Auseinanderfallen von Herrschaft und Haftung sowie von Gewinnaussichten und Verlustrisiken einhergehen, bedarf es nach allgemeiner Meinung einer Begrenzung der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung in Form eines (Mindest-)Schutzes der Gläubiger.536 Ein solcher Mindestschutz soll bewirken, dass zwischen den Interessen der Gläubiger an der Vermeidung übermäßiger Verlustrisiken und denen der Gesellschafter an der Vorteilsziehung aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung ein angemessener Ausgleich geschaffen werden soll.537 531
Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 42; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 15, 552. 532 Fleischer, ZGR 2004, 437, 446; ders., Finanzplankredite und Eigenkapitalersatzrecht, S. 88; Halmer, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 72 ff., 89 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 42; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 15. 533 Vgl. Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 66; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 42; Halmer, Gesellschafterdarlehen und Haftungsdurchgriff, S. 32, 44. 534 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43. 535 Vgl. Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 66 ff.; Krolop, GmbHR 2009, 397, 398; Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatzrecht, S. 87; ders., ZGR 2001, 1, 11 f.; Goette, ZGR 2006, 261, 264; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43 m. w. N.; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 13; vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 121, 173 f. 536 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43. 537 Siehe hierzu Adams, Eigentum, Kontrolle und Beschränkte Haftung, S. 61 ff.; Blaurock, in: FS Raiser, S. 3, 7 f.; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 188 f.; Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 390 ff.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43 m. w. N.; vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 12 f.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 78.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Ein solcher Schutz der Gläubiger kann grundsätzlich sowohl durch vertragliche als auch gesetzliche Regelungen erreicht werden. So können die außenstehenden Gläubiger versuchen, die besonderen Risiken im Rahmen ihres Vertragsverhältnisses mit der haftungsbeschränkten Gesellschaft abzusichern („caveat-creditor-Prinzip“538).539 Eine derartige vertragliche Risikoabsicherung erweist sich in vielerlei Hinsicht als unzureichend.540 So stellt sich gesetzlichen Gläubigern diese Möglichkeit naturgemäß erst gar nicht.541 Ebenso wird es in der Praxis auch Vertragsgläubigern nur schwer möglich sein auf einer vertragsautonomen Basis einen angemessenen Risikoausgleich zu erzielen.542 Denn dafür sind die Informationsasymmetrien und die Verhandlungsmacht zwischen den Vertragspartnern zu ungleich verteilt.543 Zudem ist die Verhandlung, Überwachung und Durchsetzung von vertraglichen Nebenabreden sehr aufwendig und kostenintensiv.544 Und schließlich bietet eine vertragliche Risikoabsicherung in der Regel keinen wirksamen Schutz vor unangemessenen Vermögens- und Liquiditätsverschiebungen.545 Daher kann der privatautonome Selbstschutz nach der überwiegenden Meinung einen gesetzlichen Gläubigerschutz nicht vollständig ersetzen.546 Aufgrund der vorgenannten Überlegungen besteht im Grundsatz Einigkeit, dass den besonderen Risiken durch ein gesetzliches Gläubigerschutzsystem begegnet werden muss.547 538
Zu Deutsch: Der Gläubiger soll sich selbst schützen. Siehe Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 39; Kübler, ZHR 159 (1995), 550, 559; Eidenmüller, ZGR 1007, 168, 193 ff.; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293; Merkt, ZGR 2004, 305, 310; vgl. Goette, DStR 2005, 197, 198; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43 f. 540 Siehe hierzu insbesondere Servatius, Gläubigereinfluss durch Covenants, S. 593; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 44. 541 Vgl. Goette, DStR 2005, 197, 198; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 542 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 44; vgl. Goette, DStR 2005, 197, 198. 543 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 44. 544 Siehe etwa Engert, in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 743, 785; Mankowski, in: Lutter, das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 488, 494 f. 545 Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 546 Eidenmüller, JZ 2001, 1041, 1049; Fleischer, ZGR 2001, 1, 12; Giering, Risikobezogener Gläubigerschutz im Recht der GmbH, S. 60; Haas, DJT-Gutachten, S. E 96 f.; Klöhn, ZGR 2008, 110, 153 f.; Mankowski, in: Lutter, Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 488 ff., 506 f.; Roth, ZGR 2005, 348, 359; Ulmer, in: FS Duden, S. 661, 663; Wilhelmi, GmbHR 2006, 13 16 ff.; kritisch Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 210 ff., 429 f.; Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 156; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 45. 547 Blaurock, in: FS Raiser, S. 3, 7 f.; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, S. 188 f.; Goette, DStR 2005, 197, 198; Haas, DJT-Gutachten, S. E 25 ff.; Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, 370, 390 ff.; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 339; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 43, 45 m. w. N.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 78. 539
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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In welchem Ausmaß das Gesetz einen solchen Gläubigerschutz gewährleisten kann und muss ist jedoch umstritten. So zeigt bereits ein vergleichender Blick auf andere Rechtsordnungen, dass sich andere Gläubigerschutzsysteme im Hinblick auf den rechtlichen Ansatzpunkt und das bestehende Schutzniveau zum Teil erheblich unterscheiden.548 Diesbezüglich haben im Grundsatz zwei grundlegenden Regelungskonzeptionen herausgebildet, die es zu unterscheiden gilt.549 Zum einen kann der erforderliche Gläubigerschutz vorrangig durch gesellschaftsrechtliche, präventiv ausgerichtete Regelungsmechanismen sichergestellt werden, indem detaillierte Regeln für den Markteintritt und den Verbleib haftungsbeschränkter Gesellschaften im Rechtsverkehr aufgestellt werden.550 Dieses Regelungskonzept versucht eine Schädigung der Gläubiger bereits im Vorfeld zu unterbinden. Zum anderen kann vorrangig auf die angesprochene privatautonome Risikoabsicherung vertraut werden und nachrangig ein angemessener Gläubigerschutz durch insolvenzrechtliche, repressiv ansetzende Regelungsmechanismen gewährleistet werden, sodass nach dem Scheitern der Gesellschaft ex post ein punktueller Ausgleich für bestimmtes gläubigerschädigendes Verhalten im Einzelfall möglich ist.551
B. Bestimmung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus – das Spannungsfeld zwischen Gläubigerschutz und Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter Bevor das bestehende, gesetzliche Gläubigerschutzsystem dargestellt wird, ist im Folgenden eine Zielvorgabe für ein ideales Gläubigerschutzniveau herauszuarbeiten. Dazu ist zunächst ein Blick auf die im Schrifttum entwickelten Standpunkte bezüglich eines idealen Gläubigerschutzniveaus zu werfen. Darauf aufbauend wird dann ein angemessenes Gläubigerschutzniveau im Kontext haftungsbeschränkter Gesellschaften bestimmt. Der Blick auf die vor allem552 im Schrifttum geführte Debatte zeigt, dass die Anzahl neuerer Arbeiten, die eine Zielvorgabe für einen angemessenen gesell548 Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 381 ff.; Haas, DJT-Gutachten, S. E 25 ff.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 45. 549 Merkt, ZGR 2004, 305, 311 ff.; Niggemann, Die Reform des Gläubigerschutzsystems, S. 38; Vetter, ZGR 2005, 788, 795; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 45. 550 Vgl. Goette, ZGR 1996, 261, 262 f.; Vetter, ZGR 2005, 788, 795; vgl. auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 45. 551 Vgl. Merkt, ZGR 2004, 305, 312 ff.; Vetter, ZGR 2005, 788, 795; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 46. 552 Zur Rechtsprechung siehe BGH, Urt. v. 27. 9. 1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, 315, 319 ff.; BGH, Urt. v. 16. 3. 1992 – II ZB 17/91, BGHZ 117, 323, 331; BGH, Urt. v. 9. 12. 2002 – II ZB 12/02, WM 2003, 348, 349.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
schaftsrechtlichen Gläubigerschutz herausarbeiten, relativ gering ist.553 Schaut man auf die vorwiegend vor dem MoMiG entstandenen Arbeiten, zeigt sich, dass weitestgehend554 Einigkeit besteht, dass ein angemessenes Gläubigerschutzniveau nicht voraussetzt, dass die Gläubiger per se von sämtlichen Insolvenzrisiken haftungsbeschränkter Gesellschaften freigehalten werden.555 Vielmehr sei darauf zu achten, dass die vom Prinzip der Haftungsbeschränkung ausgehenden volkswirtschaftlich positiven Handlungsanreize nicht durch gegenläufige Gläubigerschutzmechanismen ausgehebelt werden.556 Sodann findet sich meist ein Verweis auf die grundlegenden Ausführungen Wiedemanns, wonach „das Gläubigerschutzprinzip verlangt, die Haftungs- und Vermögensstruktur der Unternehmensträger so auszurichten, daß die Gläubiger kein unangemessen hohes Risiko der Nichterfüllung ihrer Forderungen tragen“,557 und der Hinweis, dass das Gläubigerschutzprinzip als Korrelat zur beschränkten Haftung eine angemessene Verteilung des Unternehmens- und Ausfallrisikos zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitalgebern fordere.558 Folglich sei ein Interessenausgleich im Sinne einer angemessenen Verteilung von Chancen und Risiken zwischen den Parteien notwendig.559 Im Rahmen der sich anschließenden Diskussion um einen angemessenen Ausgleich zwischen den Gesellschafter- und den Gläubigerinteressen ist zwischen den rechtsethischen und den rechtsökonomischen Bewertungsmaßstäben zu unterscheiden.560 In der rechtsethischen Diskussion561 wird vor allem der Grundsatz der persönlichen Haftung in den Vordergrund gerückt, wonach die Vor- und Nachteile des Handelns eine Einheit bilden und den Handelnden selbst treffen.562 Im Rahmen eines angemessenen und austarierten Gläubigerschutzniveaus müsse der Tatsache Ausdruck verliehen werden, dass die Gesellschafter kraft ihrer Leitungsmacht im 553 Soweit ersichtlich in neuerer Zeit monographisch hierzu Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 87 ff.; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 12 ff.; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 62 ff., 149 ff. 554 Anders hingegen Müller-Erzbach, Das private Recht der Mitgliedschaft, S. 114 ff.; ders., AcP 154 (1955), 299, 342 f. 555 Siehe hierzu Haas, Reform des gesetzlichen Gläubigerschutzes, S. E 13 m. w. N.; vgl. auch Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 556 Siehe hierzu Haas, Reform des gesetzlichen Gläubigerschutzes, S. E 13 m. w. N.; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293 m. w. N. 557 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, S. 516. 558 Siehe statt vieler Haas, Reform des gesetzlichen Gläubigerschutzes, S. E 13 m. w. N.; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293 m. w. N. 559 Siehe Seibt, ZHR 2007, 282, 293; Goette, ZGR 2008, 436, 444; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 341 ff. 560 In diesem Sinne auch Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 156; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 95. 561 Vornehmlich rechtsethische Erwägungen finden sich bei Blaurock, FS Raiser, S. 3, 7 f.; Goette, ZGR 2008, 436, 444; Jungmann, ZGR 2006, 638, 645 ff.; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 341 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band 1, S. 513 ff. 562 Bydlinski, Fundamentale Rechtsgrundsätze, S. 292 f.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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Unternehmen basierend auf ihren Mitwirkungs- und Mitspracherechten maßgeblichen Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg bzw. Misserfolg ausüben können.563 Die Gläubiger seien dagegen stets „Außenseiter der Unternehmungen“,564 da sie keine Mitwirkungsrechte haben. Neben dem Argument der Risikobeherrschung wird häufig das Argument der Vorteilsziehung gebracht. Es gelte der fundamentale Rechtsgrundsatz, wonach sich Vorteil und Risiko stets gegenseitig bedingen und zusammengehören.565 Hiernach dürfte es nicht möglich sein, dass die Gesellschafter auf der einen Seite etwaige Gewinnexspektanzen für sich reklamieren und auf der anderen Seite etwaige Verluste auf die außenstehenden Gläubiger externalisieren.566 In Bezug auf das Prinzip der Haftungsbeschränkung sei daher zu postulieren, dass das Fremdkapital „Verluste nur an letzter Stelle und mit einem zur Zeit der Kreditgewährung geringeren Wahrscheinlichkeitsgrad“567 aufzufangen habe.568 In diese Richtung zielt auch der teilweise569 ins Feld geführte Grundsatz der absolute priority rule. Die Gläubiger ließen sich nur dann darauf ein, dass ausschließlich die Gesellschaft begrenzt mit ihrem Gesellschaftsvermögen für ihre Verbindlichkeiten haftet, ohne dass wenigstens ein Gesellschafter persönlich haftet, wenn die Gesellschafter im Gegenzug garantieren, das eingebrachte Kapital in der Gesellschaft zu belassen und den Gläubigern das Recht des ersten Zugriffs auf das Gesellschaftsvermögen zu geben.570 Daher haben die Gesellschafter nach der absolute priority rule nur und erst im Fall der Liquidation einen Anspruch auf Rückzahlung des von ihnen in die Gesellschaft eingebrachten Kapitals und auch erst nachdem die Ansprüche der Fremdkapitalgeber voll bedient worden sind.571 Dagegen wird ein angemessenes Gläubigerschutzniveau unter rechtsökonomischen Gesichtspunkten572 anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse ermittelt.573 Dabei werden die Nutzenvorteile der Gesellschafter im Zusammenhang mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung den Kosten der Gläubiger, die aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung entstehen, gegenübergestellt.574 Die Chancen563
Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, S. 515. Diesen Begriff prägend Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, S. 515. 565 Bydlinski, Fundamentale Rechtsgrundsätze, S. 292 f.; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, § 84 I 2 a, S. 605; Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatzrecht, S. 88, bezeichnet dies auch als „Symmetrie von Chancen und Risiken“. 566 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, S. 516. 567 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, S. 516. 568 Zustimmend Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 101. 569 Jungmann, ZGR 2006, 638, 642; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 570 Jungmann, ZGR 2006, 638, 642. 571 Jungmann, ZGR 2006, 638, 642; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 572 Vornehmlich rechtökonomische Erwägungen finden sich bei Fleischer, ZGR 2001, 1, 15 ff.; Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 31 ff.; Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 156; Tasma, Leveraged Buyout Gläubigerschutz, S. 102 ff. 573 Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 156. 574 Tasma, Leveraged Buyout Gläubigerschutz, S. 103. 564
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
und Risikoverteilung zwischen den Parteien habe in Abhängigkeit des so ermittelten Kosten-Nutzen-Verhältnisses zu erfolgen.575 Die potenziellen Nutzen des Prinzips der beschränkten Haftung für die Gesellschafter seien vor allem die Steigerung der Eigenkapitalrendite, die summenmäßige Begrenzung des Ausfallrisikos und die gesteigerten Diversifizierungspotenziale.576 Dem stünden die Kosten der Gläubiger in Form des erhöhten Ausfallrisikos gegenüber.577 So setzt ein angemessenes Gläubigerschutzniveau unter rechtsökonomischen Gesichtspunkten voraus, dass die Gesellschafterinteressen an der Steigerung der Eigenkapitalrendite, der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos und Risikodiversifikation mit den Gläubigerinteressen zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht werden.578 Führt man diese Erwägungen zusammen, so geht es beim Schutz der Gläubiger haftungsbeschränkter Gesellschaften im Kern darum, eine wohlfahrtsökonomisch sinnvolle Verteilung der Gewinnaussichten und Verlustrisiken zwischen den Gesellschaftern und den Gläubigern zu erreichen.579 Vor diesem Hintergrund wird ein angemessenes Gläubigerschutzniveau bei haftungsbeschränkten Gesellschaften erreicht, wenn die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation mit dem Gläubigerinteresse an der Verringerung des Ausfallrisikos zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich580 gebracht werden und dabei die rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilziehung berücksichtigt werden.
C. Überblick über das bestehende Gläubigerschutzsystem Das deutsche, gesetzliche Gläubigerschutzsystem stellt traditionell ein präventives Regelungssystem dar.581 Dieses versucht den aus dem Prinzip der Haftungs575
Tasma, Leveraged Buyout Gläubigerschutz, S. 103. In Bezug auf Leveraged Buyouts Tasma, Leveraged Buyout Gläubigerschutz, S. 103. 577 In Bezug auf Leveraged Buyouts Tasma, Leveraged Buyout Gläubigerschutz, S. 103. 578 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293; andere Ansicht Tasma, Leveraged Buyout Gläubigerschutz, S. 118, der kritisiert, dass mit diesem konkreten Problemzugriff nur unscharfe Vorgaben für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau formuliert werden könnten. Als Alternative schlägt er einen abstrakten Problemzugriff vor, wonach mit Blick auf die ökonomische Funktion des Prinzips der Haftungsbeschränkung ein angemessenes Gläubigerschutzniveau erreicht wird, wenn Zulässigkeit und Ausmaß des Zugriffs auf das Gesellschaftsvermögen zukunftsgerichtet und in Abhängigkeit vom Ertragswert der von der haftungsbeschränkten Gesellschaft verfolgten Unternehmung bestimmt werden. 579 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 580 In Bezug auf gehebelte Transaktionen Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293. 581 Siehe dazu Bitter, ZHR 176 (2012), 578, 579; Heinrich, Covenants als Alternative zum institutionellen Gläubigerschutz, S. 55 ff.; Möller, Die materiell unterkapitalisierte GmbH, S. 20 ff.; Niggemann, Die Reform des Gläubigerschutzsystems, S. 38; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 46; vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 26 ff.; Vetter, ZGR 2005, 788, 795 ff. 576
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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beschränkung ergebenden besonderen Risiken in ersten Linie mit Hilfe des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitals und dem präventiv wirkenden System der Kapitalaufbringungs- und Erhaltungsvorschriften entgegenzutreten.582 Die einschlägigen Regeln zum Kapitalschutz, wozu unter anderem §§ 30 ff. GmbHG, §§ 57 ff. AktG, § 71a AktG und § 43 Abs. 3 GmbHG sowie § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG gehören, bilden die erste Säule des bestehenden Gläubigerschutzsystems.583 Daneben wird das bestehende Gläubigerschutzsystem im Wesentlichen von drei weiteren Säulen getragen.584 Die zweite Säule stellt das vom Bundesgerichtshof entwickelte und dogmatisch in § 826 BGB verortete Institut der Existenzvernichtungshaftung dar. Die dritte Säule bilden das Anfechtungs- und Insolvenzrecht. Die vierte Säule besteht schließlich aus den zivil- und strafrechtlich sanktionierten Verhaltenspflichten der Geschäftsleitung und der seit Inkrafttreten des MoMiGs in § 64 S. 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 3 AktG geregelten Insolvenzverursachungshaftung. Im Folgenden werden die vier Säulen des bestehenden Gläubigerschutzsystems kurz dargestellt und erläutert wie sie sich ergänzen und ineinandergreifen.
I. Prinzip der Kapitalaufbringung und -erhaltung Die erste Säule des bestehenden Gläubigerschutzsystems bildet traditionell das Prinzip der Kapitalaufbringung und -erhaltung.585 Danach müssen die Gesellschafter zur Gründung einer haftungsbegrenzten Gesellschaft ein gewisses Mindestkapital, dessen Höhe gesetzlich festgelegt ist, bereitstellen.586 Dieses Mindestkapital wirkt nach der herrschenden Meinung bei der Gründung der haftungsbeschränkten Gesellschaft als „Seriösitätsschwelle“587 und stellt das von den Gesellschaftern nach außen garantierte Ausstattungsvolumen dar.588 Anschließend stellen die Vorschriften 582 Bitter, in: Scholz, § 13 Rn. 67; ders., Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, 190 ff.; Goette, ZHR 177 (2013), 740, 741 f.; ders., ZGR 2006, 261, 264 f.; Huber/Habersack, in: Kapital der Aktiengesellschaft, S. 370, 394; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, Einl. Rn. 7; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 50 ff.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 46 m. w. N.; vgl. Teichmann, NJW 2006, 2444, 2445. 583 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 147. 584 Zum Folgenden Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 147; vgl. auch Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 297. 585 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 147 f.; siehe zum Kapitalschutzsystem und seinen Funktionen Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 549 ff., und seinem Normzweck, S. 551 ff. 586 Vgl. § 5 Abs. 1 GmbHG; § 7 AktG. 587 So etwa Bayer, ZGR 2007, 220, 222 f.; Kleindiek, DJT-Referat, P. 45, P 48 ff.; K. Schmidt, GesR, § 18 IV 1 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 46 m. w. N.; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 549 m. w. N.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band I, S. 565. 588 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 3; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 549.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
der Kapitalerhaltung sicher, dass das von den Gesellschaftern eingebrachte Mindestkapital zur freien Verfügung der Gesellschaft erhalten bleibt und als garantiertes Ausstattungsvolumen zum Schutz der Gläubiger, der Gesellschafter und der Gesellschaft dient.589 Für die GmbH normieren §§ 30, 31 GmbHG den zentralen Gedanken der Kapitalerhaltung.590 So bestimmt § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf.591 Allerdings erstreckt sich das Auszahlungsverbot gemäß § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG nicht auf Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags im Sinne des § 291 AktG erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind,592 und gemäß § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG nicht auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder wirtschaftlich vergleichbare Rechtshandlungen.593 Der Kapitalschutz nach § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist auf die Summe der Stammeinlagen der Gesellschafter begrenzt.594 Das bedeutet, dass das Gesellschaftsvermögen grundsätzlich zumindest das Stammkapital decken muss. Das Stammkapital stellt das nach außen garantierte, gegen zweckentfremdende Rückzahlungen an die Gesellschafter gesperrte Ausstattungsvolumen dar.595 § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG schützt darüber hinaus nicht auch das gesamte Reinvermögen bzw. den Vermögensumfang der Gesellschaft.596 Denn im GmbH-Recht ist es nicht vorgesehen, dass Ausschüttungen zwingend an einen konkreten Jahresüberschuss bzw. an einen Bilanzgewinn unmittelbar gebunden sind.597 Daher ist die Gesellschaft nicht gehindert, neben den Gewinnen auch das übrige freie Vermögen, welches für die Befriedigung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft benötigt wird, an die Gesellschafter auszuzahlen, sofern das Stammkapital nicht berührt wird.598 Insofern
589 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 46, 52; Holzner, Private Equity, S. 104 f.; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 551 f., 553 f. 590 So Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 1; Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 1; ferner Holzner, Private Equity, S. 104 f. 591 Das Stammkapital setzt sich aus der Summe aller Stammeinlagen zusammen (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 5 Abs. 3 S. 2). 592 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 5. 593 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 95 in Anlehnung an Huber/ Habersack, BB 2006, 1 ff.; zur Historie Habersack, ZIP 2007, 2145, 2145 ff.; rechtspolitische Kritik bei Bork, ZGR 2007, 250, 263 ff.; aus ökonomischer Perspektive Rudolph, ZBB 2008, 82 ff. 594 Vgl. Ekkenga, in: MüKo, GmbH, § 30 Rn. 1. 595 Ekkenga, in: MüKo, GmbH, § 30 Rn. 3. 596 Ekkenga, in: MüKo, GmbH, § 30 Rn. 1. 597 Vgl. Ekkenga, in: MüKo, GmbH, § 30 Rn. 1. 598 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 6.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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unterliegt das Deckungskapital599 lediglich einem reflexartigen Schutz durch das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG.600 Aus § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG wird ersichtlich, dass es sich bei dem normierten Kapitalschutz nicht mehr um einen gegenständlichen, sondern um einen wertmäßigen Kapitalschutz handelt.601 Denn danach kommt es im Hinblick auf die Zulässigkeit einer Leistung an einen Gesellschafter nur noch entscheidend darauf an, ob die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist.602 Damit ist der Gesetzgeber im Rahmen des MoMiGs zur bilanziellen Betrachtungsweise zurückgekehrt und hat den, vom Bundesgerichtshof in seinem sogenannten November-Urteil,603 etablierten Liquiditätsschutz aufgegeben.604 Der Bundesgerichtshof hatte im November-Urteil noch die Auffassung vertreten, dass der Kapitalschutz des § 30 Abs. 1 GmbHG sich auch auf bilanziell ergebnisneutrale Veränderungen erstreckt, vorausgesetzt dass die Auszahlung bei der GmbH einerseits zu einem Liquiditätsabbau führt und diese andererseits hierdurch mit zusätzlichen Insolvenzrisiken belastet wird.605 Die Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise hat zur Folge, dass § 30 Abs. 1 GmbHG nicht die liquide Vermögensstruktur der Gesellschaft schützt.606 Aus § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG ergibt sich, dass Gesellschafterdarlehen wie Darlehen Dritter behandelt und auch aus dem Stammkapital an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können.607 Verstöße gegen das in § 30 Abs. 1 GmbHG normierte Auszahlungsverbot werden in zweifacher Hinsicht sanktioniert. Zum einen müssen die Gesellschafter der Gesellschaft die erhaltenen Zahlungen, welche dem Auszahlungsverbot des § 30 599 Während sich das Stammkapital aus der Summe der erbrachten Stammeinlagen zusammensetzt, umfasst das Deckungskapital das Kapital, dass die Gesellschaft zur Deckung ihrer Verbindlichkeiten benötigt. 600 Ekkenga, in: MüKo, GmbH, § 30 Rn. 12, 22 f. 601 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 5. 602 Vgl. Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 5; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 8. 603 BGH, Urt. v. 24. 11. 2003, II ZR 171/01, BGHZ 157, 72 (November-Urteil). 604 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 7 ff.; vgl. Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 13. Nach der bilanziellen Betrachtungsweise kommt es für die Zulässigkeit von Leistungen an Gesellschafter darauf an, ob die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist, Holzner, Private Equity, S. 104 f. 605 Der Bundesgerichtshof argumentierte in seinem November-Urteil, dass der Entzug von liquider Haftungsmasse im Austausch gegen eine zeitlich hinausgeschobene Forderung dem Gläubigerschutz zuwiderlaufe, da auch ein vollwertiger Anspruch stets ein Weniger im Vergleich zur realen Substanz unmittelbar verfügbaren Kapitals sei, siehe BGH, Urt. v. 24. 11. 2003, II ZR 171/01, BGHZ 157, 72, 75 ff.; dazu auch Holzner, Private Equity, S. 104. 606 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 564. 607 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 21.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
GmbHG zuwider geleistet werden, nach § 31 Abs. 1 GmbHG erstatten.608 Zum anderen sind die Geschäftsführer der Gesellschaft nach § 43 Abs. 1 S. 3 GmbHG zum Ersatz verpflichtet, wenn dem Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder den Bestimmungen des § 33 GmbHG zuwider eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. Den §§ 30, 31 GmbHG liegt nach der weiterhin überwiegenden Meinung der Grundgedanke zugrunde, dass das Stammkapital eine Risikobeteiligung der Gesellschafter darstellt und als garantiertes Ausstattungsvolumen (sogenannter „Haftungspuffer“)609 insbesondere den außenstehenden Gläubigern dient.610 So sind auch die gerne verwendeten Begrifflichkeiten eines „unantastbaren Haftungsfonds“611 oder einer „Befriedigungsreserve“612 zu verstehen.613 Ausgehend von diesem Verständnis ist es nicht nur notwendig, die Aufbringung des Mindestkapitals effektiv zu gewährleisten, sondern das Gesellschaftsvermögen anschließend bis zur Höhe der Stammkapitalziffer ebenso vor Zweckentfremdungen und offenen oder verdeckten Rückflüssen an die Gesellschafter zu schützen, damit es seiner Aufgabe als unantastbarer Haftungspuffer und Befriedigungsreserve für die Gesellschaftsgläubiger nachkommen kann.614 Mittlerweile gewinnt jedoch die Ansicht, die darauf abstellt, dass das Stammkapital das absolute Ausstattungsminimum für die Unternehmensfortführung darstellt, an Zulauf.615 Hiernach ist die Prävention gegen Insolvenzrisiken, die aus dem erleichterten Zugriff der Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen ergeben, zentral und nicht die Erhaltung einer Befriedigungsreserve für den Krisen- oder Vollstreckungsfall.616 Die Kapitalbindung in der unabhängigen Aktiengesellschaft ist in den §§ 57 ff. und § 71 a AktG normiert. Nach § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG darf die Einlage nicht an die Aktionäre zurückgewährt und vor Auflösung der Gesellschaft nur der Bilanzgewinn unter den Aktionären verteilt werden. Danach ist jede Auszahlung an Aktionäre verboten, es sei denn, dass sie aus dem im Jahresabschluss ausgewiesenen Bilanzgewinn erfolgt (§ 57 Abs. 3 AktG) oder ausnahmsweise nach den im Rahmen 608
Siehe hierzu detailliert Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 579 ff. Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 3; vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 47. 610 Statt vieler Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 5 ff. 611 BGH, Entsch. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 320; BGH, Entsch. v. 9. 3. 1981 – II ZR 54/80, BGHZ 80, 129, 136; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 7. 612 BGH, Urt. v. 24. 11. 2003 – II ZR/171/01, BGHZ 157, 72, 75. 613 Vgl. Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 15. 614 Goette, DStR 2005, 197, 198. 615 Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 154; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 552 m. w. N.; vgl. Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 15. 616 Vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 552; Engert, BB 2005, 1951; Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 154; Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 15. 609
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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des MoMiG eingeführten § 57 Abs. 1 S. 2, 3 und 4 AktG zulässig ist.617 Somit ist der Kapitalschutz bei der unabhängigen Aktiengesellschaft – anders als bei der GmbH – nicht auf die Einlagen der Aktionäre beschränkt,618 sondern das gesamte Vermögen der unabhängigen Aktiengesellschaft unterliegt, wie sich aus § 57 Abs. 3 AktG ergibt, einer strikten Bindung.619 In Anbetracht der Tatsache, dass es sich hierbei um einen generellen Schutz des Vermögens der Aktiengesellschaft und gerade nicht nur des Werts der Einlagen handelt, sollte im Kontext von § 57 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 AktG besser von Kapitalbindung und nicht von Kapitalerhaltung die Rede sein.620 Verstöße gegen die Kapitalbindungsvorschriften werden wie im GmbH-Recht auch in zweifacher Hinsicht sanktioniert: Zum einen müssen die Aktionäre der Aktiengesellschaft die Leistungen, welche den Regelungen der §§ 57 ff. AktG zuwider geleistet werden, nach § 62 Abs. 1 AktG zurückgewähren. Zum anderen sind die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft gemäß § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG zum Ersatz verpflichtet, wenn entgegen den Kapitalbindungsvorschriften Einlagen an die Aktionäre zurückgewährt werden. Diese Regelungen werden von §§ 71, 71a AktG flankiert.621 Nach § 71 AktG ist es einer unabhängigen Aktiengesellschaft grundsätzlich verboten, eigene Aktien zu erwerben. Aufbauend auf diesem speziell normierten Verbot erklärt § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ein Rechtsgeschäft für nichtig, das die Gewährung eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand hat.622 Diese Vorschrift dient nicht nur dem Schutz der Umgehung623 des in § 71 AktG geregelten Verbots des Erwerbs eigener Aktien, sondern sie beinhaltet nach der herrschenden Meinung auch das Verbot, den Erwerb von Aktien an der Aktiengesellschaft außerhalb der legalen Gewinnausschüttung finanziell durch be-
617 RG, Urt. v. 19. 10. 1934, II 85/34, RGZ 146, 84, 87, 94; Bayer, in: MüKo, AktG, § 57 Rn. 2; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 14; Holzner, Private Equity, S. 229. Nach § 57 Abs. 1 S. 2 gilt S. 1 nicht für die Zahlung des Erwerbspreises beim zulässigen Erwerb eigener Aktien. Nach § 57 Abs. 1 S. 3 gilt Satz 1 – wie im GmbHR auch – nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags im Sinne des § 291 AktG erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gedeckt sind. Nach § 57 Abs. 1 S. 4 ist Satz 1 zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Aktionärsdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Aktionärsdarlehen wirtschaftlich entsprechen. 618 Holzner, Private Equity, S. 229; zu den Unterschieden zwischen Aktien-und GmbHRecht auch Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 5.77; Drygala, in: KK-AktG, § 57 Rn. 6. 619 So explizit BGH, Urt. v. 21. 6. 1999, II ZR 47/98, BGHZ 142, 92. 620 Siehe Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 9 f.; Bayer, in: MüKo, AktG, § 57 Rn. 10 f. 621 Vgl. Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 11 f. 622 Holzner, Private Equity, S. 238. 623 Lutter/Drygala, in: KK-AktG, § 71a Rn. 6; kritisch Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 8.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
stimmte Rechtsgeschäfte zu unterstützen.624 Somit ergänzen beide Normen zusammen die Kapitalschutznorm des § 57 AktG.625 Insbesondere im Vergleich zu diesen aktienrechtlichen Regelungen wird der durch § 30 Abs. 1 GmbHG verwirklichte Gläubigerschutz in verschiedener Hinsicht als lückenhaft empfunden.626 Zunächst wird konstatiert, dass das Mindestkapital der GmbH zu niedrig sei, um für eine dem Geschäftsbetrieb angemessene Kapitalausstattung der Gesellschaft zu sorgen.627 Das Stammkapital garantiere nur ein minimales Ausstattungsvolumen und damit nur einen sehr geringen „Haftungspuffer“.628 Zudem wird mit Blick auf die aktienrechtlichen Regelungen kritisiert, dass sich das Erhaltungsgebot des § 30 Abs. 1 GmbHG allein auf das Stammkapital der Gesellschaft bezieht und es weder den Erhalt des Deckungskapitals noch des Vermögensumfangs an sich schützt.629 In diesem Zusammenhang wird auch kritisiert, dass § 30 Abs. 1 GmbHG nicht die liquide Vermögensstruktur der Gesellschaft erhält.630 Aufgrund der Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise könne § 30 Abs. 1 GmbHG nicht verhindern, dass das liquide Gesellschaftsvermögen, welches für die Fortführung des Unternehmens benötigt wird, der Gesellschaft entzogen wird.631 Schließlich wird bemängelt, das Gesellschafterdarlehen nach § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG wie Darlehen Dritter aus dem Stammkapital an die Gesellschafter zurückgezahlt werden können.632 Aufgrund der bestehenden Unterschiede der beiden Gesellschaftsformen im Hinblick auf deren wirtschaftliche und personelle Struktur
624 So die wohl herrschende Meinung Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, § 71a Rn. 9 m. w. N.; Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 71a Rn. 1; Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 3 f.; Holzner, Private Equity, S. 238 f. m. w. N. 625 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 300. 626 Ausführlich zur Kritik am Kapitalschutz des GmbH-Rechts Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 595 ff. 627 Goette, DStR 2005, 197, 198 m. w. N.; Jungmann, ZGR 2006, 638, 641 f.; Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 158; vgl. Teichmann NJW 2006, 2444, 2446; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 49 f. m. w. N. 628 Goette, DStR 2005, 197, 198; Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 3; Holzner, Private Equity, S. 104 f. 629 Habersack, in: GK GmbHG, § 30 Rn. 2 f. 630 Vgl. Holzner, Private Equity, S. 104 f.; Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 3. 631 Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 3; Holzner, Private Equity, S. 104; a. A. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 572, der begrüßt, „dass der Gesetzgeber mit der Einführung des § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG durch das MoMiG der Abkehr von der bilanziellen Betrachtungsweise eine Grenze gesetzt und damit mittelbar dem Anfechtungsrecht die ihm vorrangig zugewiesene Aufgabe erhalten hat, einen ,realen‘ Vermögenschutz zu bewerkstelligen“. 632 Damit sei der Anreiz für den kreditgebenden Gesellschafter verbunden, „die Gesellschaft nach Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens noch so lang am Leben zu halten bis die Anfechtungsfrist des § 135 InsO verstrichen ist“, Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 9.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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können die aktienrechtlichen Kapitalbindungsvorschriften auch nicht analog auf die GmbH angewendet werden.633 Im Vergleich dazu ist der durch §§ 57, 71, 71a AktG verwirklichte Gläubigerschutz in zweifacher Hinsicht stärker ausgeprägt. Einerseits erstreckt sich der Kapitalerhaltungsschutz auf das gesamte Vermögen und nicht nur auf das Stammkapital. Andererseits wird er durch das Verbot des Erwerbs eigener Aktien noch ergänzt.634 Allerdings wird – wie bei der GmbH – konstatiert, dass das Mindestkapital der Aktiengesellschaft zu niedrig sei, um mit Blick auf die durch Aktiengesellschaften betriebenen Unternehmen einen ausreichenden Gläubigerschutz zu gewährleisten.635 Zudem erhält § 57 Abs. 1 AktG aufgrund der Regelung in § 57 Abs. 1 S. 3 AktG636 – ebenso wie § 30 Abs. 1 GmbHG – nicht die liquide Vermögensstruktur der Gesellschaft und Gesellschafterdarlehen können nach § 57 Abs. 1 S. 4 AktG wie Darlehen Dritter aus den Einlagen an die Aktionäre zurückgezahlt werden.
II. Institut der Existenzvernichtungshaftung Die zweite Säule des bestehenden Gläubigerschutzsystems bildet die von der Rechtsprechung geschaffene Durchgriffshaftung auf die Gesellschafter in Form der Existenzvernichtungshaftung,637 die dogmatisch von der Rechtsprechung bei § 826 BGB verortet wird638 und sowohl im GmbH-Recht als auch im Aktienrecht gilt.639 Diese geht von der normativen Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zur vorrangigen Verwendung für die Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft aus640 und untersagt den Gesellschaftern einer haftungsbeschränkten Gesellschaft den sittenwidrigen Entzug des Kapitals, welches diese für die fristgerechte Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt.641 Ein solcher Entzug des Gesellschaftsvermögens 633
Vgl. Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 6 m. w. N. Holzner, Private Equity, S. 259. 635 Davies, AG 1998, 346, 353; Mülbert, Der Konzern 2004, 151, 154 f.; Merkt, ZGR 2004, 305, 317 f.; Vedder, in: Grigoleit, AktG, § 7 Rn. 1 ff. 636 Der Gesetzgeber hat aufgrund des November-Urteils des Bundesgerichtshofes aus dem Jahr 2004 im Rahmen des MoMiG auch (Darlehens-)Leistungen an Aktionäre legitimiert, indem er diese bei Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs dem Verbot der Einlagenrückgewähr entzogen hat, Grigoleit/Rachlitz, in: Grigoleit, AktG, § 57 Rn. 37. 637 Siehe hierzu statt aller Liebscher, in: MüKo, GmbHG, Anhang zu § 13 Rn. 518 ff. 638 BGH, Urt. v. 16. 7. 2007 – II ZR 3/04, BGHZ 173, 246 ff. – Trihotel; zur Entwicklung der Rechtsprechung Vogt, in: Beck’sches Handbuch der GmbH, § 17 Rn. 328 ff. 639 Hüffer/Koch, AktG, § 1 Rn. 2; Holzner, Private Equity, S. 260 f.; Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 307 m. w. N. 640 Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 307. 641 Nach der Rechtsprechung des BGH liegt ein zum Schadensersatz nach § 826 BGB verpflichtender existenzvernichtender Eingriff dann vor, wenn der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern in sittenwidriger Weise das zur Tilgung ihrer Schulden erforderliche Vermögen entzogen und damit eine Insolvenz verursacht oder vertieft wird, BGH, Urt. v. 16. 7. 2007 – II 634
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
kann nach einer jüngeren Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht nur durch einen Abfluss von Vermögenswerten aus dem Gesellschaftsvermögen, sondern auch durch eine Erhöhung der Verbindlichkeiten bewirkt werden, wenn hierdurch zielgerichtet und betriebsfremden Zwecken dienend die den Gesellschaftsgläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse verkürzt wird.642 Voraussetzung ist, dass dieser betriebsfremden Zwecken dienende Eingriff in das den Gläubigern haftende Gesellschaftsvermögen zur Insolvenz der Gesellschaft führt oder diese vertieft.643 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht eine Durchgriffshaftung der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern dann, wenn diese die „gebotene Rücksichtnahme“644 auf die Erhaltung der Fähigkeiten der Gesellschaft zur Bedienung ihrer Verbindlichkeiten in einem ins Gewicht fallenden Maß vermissen lassen.645 Danach müssen die Gesellschafter sowohl die Belange der Gesellschaft als auch den Umstand, dass das Gesellschaftsvermögen als Haftkapital zweckgebunden ist, angemessen berücksichtigen, sofern sie einen Eingriff in das Vermögen oder in die Geschäftschancen vornehmen.646 Verhaltensweisen der Gesellschafter, die solch eine angemessene Rücksichtnahme in besonderem Maße vermissen lassen647 und daher als schädigend zu klassifizieren sind, werden damit sanktioniert, dass die Gesellschafter das Haftungsprivileg verlieren und eine Durchgriffshaftung der Gläubiger gegenüber den Gesellschaftern ermöglicht wird.648 Mit dem Institut der Existenzvernichtungshaftung kann den Eingriffen der Gesellschafter in das Gesellschaftsvermögen der haftungsbeschränkten Gesellschaft insgesamt besser begegnet werden.649 Es ergänzt den lückenhaften bilanziellen Kapitalschutz der §§ 30, 31 GmbHG und §§ 57 ff. AktG,650 indem es das Gesellschaftsvermögen gegenständlich schützt.651 Denn es sichert die „funktionswesentlichen Positionen“,652 die für das Überleben der Gesellschaft entscheidend sind.653 Im Ergebnis können die Gesellschafter positiv ZR 3/04, BGHZ 173, 246 Rn. 41 – Trihotel; BGH, Urt. v. 23. 4. 2012 – II ZR 252/10, BGHZ 193, 96 Rn. 13; BGH, Urt. v. 6. 11. 2018 – II ZR 199/17, BGHZ 220, 179 = NZI 2019, 289 Rn. 30; vgl. auch Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 307. 642 BGH, Urt. v. 6. 11. 2018 – II ZR 199/17, BGHZ 220, 179 = NZI 2019, 289 Rn. 31. 643 Liebscher, in: MüKo, GmbHG, Anhang zu § 13 Rn. 519 ff.; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 21. Aufl., § 13 Rn. 63 ff.; Dauner-Lieb, DStR 2006, 2034, 2037; Wagner, in: MüKo, BGB, § 826 Rn. 167. 644 BGH, Urt. v. 24. 6. 2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181, 187 Rn. 18. 645 BGH, Urt. v. 24. 6. 2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181, 187. 646 Statt vieler Liebscher, in: MüKo, GmbHG, Anhang zu § 13 Rn. 519 ff. 647 Vgl. BGH, Urt. v. 24. 6. 2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, 181. 648 Holzner, Private Equity, S. 186 f. 649 Holzner, Private Equity, S. 189. 650 Holzner, Private Equity, S. 189; Zöllner, in: FS Konzen, S. 999, 1011 ff.; Mülbert, DStR 2001, 1937 ff.; vgl. auch Neuberger, ZIP 2020, 153, 155. 651 Holzner, Private Equity, S. 189 f. 652 Schön, ZHR 178 (2004), 268, 286.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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formuliert solange und soweit – in den durch das Kapitalerhaltungsrecht abgesteckten Grenzen –Vermögen aus einer haftungsbeschränkten Gesellschaft abziehen, wie dieses nicht zur Bedienung von Gesellschaftsverbindlichkeiten erforderlich ist.654
III. Insolvenzanfechtungsrecht Da im deutschen Recht traditionell der präventive Gläubigerschutz im Mittelpunkt steht,655 beschränken sich die Ausführungen zum Gläubigerschutzsystem meist auf die gesellschaftsrechtlichen Schutzinstrumente.656 Das Anfechtungs- und Insolvenzrecht, das ex post im Einzelfall einen Ausgleich für bestimmte gläubigerschädigende Verhaltensweisen schaffen kann, wird dagegen nur selten in den Blick genommen.657 Dabei sind neben den §§ 3 ff. AnfG insbesondere die in §§ 129 ff. InsO normierten Regeln zur Insolvenzanfechtung dem ex post wirkenden Gläubigerschutz vor gläubigerschädigenden, masseschmälernden Handlungen verpflichtet und können daher das gesetzliche Gläubigerschutzniveau neben den gesellschaftsrechtlichen Instituten verstärken.658 Dass die Insolvenzanfechtung dem Schutz der Gläubiger dient, ergibt sich bereits aus dem Telos der §§ 129 ff. InsO, der in der Abwehr gläubigerschädigender, masseschmälernder Handlungen besteht, aber auch aus der von § 143 InsO vorgesehenen Rechtsfolge. § 129 InsO regelt die allgemeine Voraussetzung jeder Insolvenzanfechtung.659 Danach kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO die Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger zurechenbar benachteiligen, anfechten. Damit fungiert § 129 InsO als „grober Eingangsfilter“660 der Insolvenzanfechtung.661 Dagegen bestimmen die §§ 130 ff. InsO en détail, inwiefern Vermögensverschiebungen die Interessen der Gesellschaftsgläubiger dergestalt beeinträchtigen, dass sie im Wege der Anfechtung rückgängig zu machen sind. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Anfechtung gegeben sind, muss der Anfech653
Holzner, Private Equity, S. 189 f. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 307; Holzner, Private Equity, S. 190. 655 S. o.; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 46, 52; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 26 ff. 656 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 336 f. 657 Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 311; Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 336 ff.; Eidenmüller/Engert, in: FS K. Schmidt, S. 305, 306; Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 153. 658 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 377; vgl. auch Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 47. 659 S. o. 660 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 346. 661 S. o. 654
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
tungsgegner den aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners erlangten Vermögensvorteil nach § 143 Abs. 1 InsO zurückgewähren.662 Damit entsprechen sich Telos und Regelungssystematik des Insolvenzanfechtungsrechts und des Kapitalerhaltungsrechts weitestgehend.663 Denn beiden Rechtsinstituten ist gemein, dass sie den Schutz der Gläubiger durch den Erhalt des Gesellschaftsvermögens bewirken wollen.664 Danach sind gläubigerbenachteiligende Vermögenverschiebungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern entweder bereits ex ante zu unterlassen oder ex post rückgängig zu machen.665 Ein Gesellschafter hat gemäß § 31 GmbHG, § 62 AktG eine verbotswidrige Auszahlung zurückzuzahlen und gemäß § 143 InsO nach einer erfolgreichen Anfechtung einer Vermögensverschiebung den erlangten Vermögensvorteil zurückzugewähren. Da das Gesellschaftsrecht keine abschließende Regelung hinsichtlich der Vermögensverschiebung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern trifft, finden die beiden Rechtsinstitute zum Schutz der Gläubiger nebeneinander mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung Anwendung und ergänzen sich gegenseitig.666
IV. Verhaltenspflichten der Geschäftsleitung Die letzte Säule stellen schließlich die Verhaltenspflichten der Geschäftsleitung und die damit korrespondierenden zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen dar.667 Hiernach ergibt sich in erster Linie für die Geschäftsleitung die Verpflichtung regelmäßig die Solvenz der Gesellschaft zu kontrollieren. Dabei erhöhen sich die Anforderungen an eine solche Solvenzprüfung, je näher die Gesellschaft an die Schwelle zur Insolvenz gelangt.668 Daraus wird die organschaftliche Pflicht der Geschäftsleitung abgeleitet, dass sie vor einer Auszahlung an die Gesellschafter zu prüfen hat, ob hierdurch möglicherweise das Vermögen, welches zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, angegriffen wird, und ob die Gesellschaft weiterhin der Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten nachkommen kann.669 Insoweit gibt es zwischen den Solvenzprüfungs- und Handlungspflichten und den Pflichten im Rahmen der Existenzvernichtungshaftung Überschneidungen.670
662
S. o. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 342. 664 So etwa Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 153. 665 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 342. 666 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 343 f., 346; vgl. Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 599. 667 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 309. 668 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 310. 669 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 309 f. 670 Vgl. Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 310. 663
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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Verstöße der Geschäftsleitung gegen diese Solvenzprüfungs- und Handlungspflichten werden sowohl im GmbH-Recht als auch im Aktienrecht in dreifacher Hinsicht sanktioniert. Diese Haftungstatbestände sind danach zu unterscheiden, ob sie an Handlungen der Geschäftsleitung vor oder erst nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft ansetzen.671 Einerseits haftet die Geschäftsleitung der Gesellschaft für die Verursachung der Insolvenz der Gesellschaft. Andererseits haftet sie der Gesellschaft auf Schadensersatz, sofern sie einen Insolvenzantrag zu spät gestellt hat. Zudem hat die Geschäftsleitung der Gesellschaft für solche Zahlungen Ersatz zu gewähren, die nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft vorgenommen werden. Dieser dargestellte Dreiklang ergibt sich für die GmbH und die unabhängige Aktiengesellschaft aus § 64 S. 1 und S. 3 GmbHG bzw. §§ 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 92 Abs. 2 S. 3 AktG sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO. Die Insolvenzverursachungshaftung ist in § 64 S. 3 GmbHG, §§ 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 92 Abs. 2 S. 3 AktG geregelt.672 Die Insolvenzverursachungshaftung der Geschäftsleitung soll den Entzug von Vermögenswerten der Gesellschaft zugunsten ihrer Gesellschafter, welche die Gesellschaft bei objektiver Betrachtung zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt, verhindern und die außenstehenden Gläubiger vor Vermögensverschiebungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern schützen.673 Dadurch soll die Vorrangstellung der außenstehenden Gläubiger in der Insolvenz der Gesellschaft abgesichert werden.674 Folglich schützt die solvenzorientierte Insolvenzverursachungshaftung das Deckungskapital der Gesellschaft. Die Haftung der Geschäftsleitung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft ist in § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 92 Abs. 2 S. 1 AktG normiert.675 Das Zahlungsverbot nach Eintritt der Insolvenzreife der 671
Vgl. Holzner, Private Equity, S. 140. Danach darf die Geschäftsleitung keine Zahlungen an Gesellschafter vornehmen, welche zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht erkennbar (§ 64 S. 3 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 3 AktG). Im Fall eines Verstoßes haftet die Geschäftsleitung der Gesellschaft persönlich auf Ersatz für die Zahlungen an die Gesellschafter (§ 64 S. 3 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 AktG); vgl. Habersack, in: GK-GmbHG, § 30 Rn. 15. 673 Begründung zum RegE MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S. 111; Holzner, Private Equity, S. 152, 259. 674 Holzner, Private Equity, S. 152. 675 Nach § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 AktG ist die Geschäftsleitung der Gesellschaft persönlich zum Ersatz der Zahlungen verpflichtet, welche nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft geleistet werden. Es handelt sich dabei um einen Haftungsanspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, siehe Holzner, Private Equity, S. 144. Siehe zu § 64 S. 1 GmbHG monographisch Otte, Das Zahlungsverbot und die Ersatzpflicht nach § 64 Satz 1 GmbHG. Im Gegensatz zur Insolvenzverschleppungshaftung setzen § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 AktG keinen Schaden voraus, Holzner, Private Equity, S. 144. Denn zum einen wird ein Schaden meist nicht vorliegen. Das gilt zumindest dann, wenn die entgegen § 64 S. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 1 AktG erfolgte 672
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Gesellschaft ist in § 64 S. 1 GmbHG, § 92 Abs. 2 S. 1 AktG geregelt. Damit verfolgen § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 92 Abs. 2 S. 1 AktG zweierlei Ziele: Zum einen soll verhindert werden, dass die Insolvenzmasse bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkürzt wird. Zum anderen soll gewährleistet werden, dass das Gesellschaftsvermögen wieder aufgefüllt wird, sofern der Geschäftsführer seiner Massesicherungspflicht nicht nachgekommen ist.676 Die Haftung der Geschäftsleitung für die Insolvenzverschleppung ergibt sich aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO.677 Die rechtformneutral in § 15a Abs. 1 InsO normierte Insolvenzantragspflicht678 ist als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu Gunsten der Gesellschaftsgläubiger anerkannt.679 Sofern die Geschäftsleitung ihrer Pflicht zur rechtzeitigen Insolvenzantragstellung nicht nachkommt, ergibt sich hieraus ein Anspruch für die Insolvenzgläubiger, der vom Insolvenzverwalter geltend zu machen ist, und der sich grundsätzlich auf den Ersatz des sogenannten Quotenschadens680 richtet.681 Diese Haftungstatbestände, die sowohl an Handlungen der Geschäftsleitung vor als auch nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft ansetzen, verstärken den Gläubigerschutz. Das von der Rechtsprechung geschaffene Institut der Insolvenzverschleppungshaftung wird durch die Haftung der Geschäftsleitung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft gemäß § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 92 Abs. 2 S. 1 AktG ergänzt und vervollständigt, sodass Zahlung auf eine mit der Zahlung erfüllte und damit erloschene Verbindlichkeit geleistet wurde. Zum anderen soll auch kein Schaden verhindert und gegebenenfalls ausgeglichen, sondern vielmehr die verteilungsfähige Masse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der zukünftigen Insolvenzgläubiger zusammengehalten werden. 676 Holzner, Private Equity, S. 144. 677 Holzner, Private Equity, S. 141 f. 678 Nach § 15a Abs. 1 InsO hat die Geschäftsleitung einer juristischen Person bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. bei Feststellung der Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern, jedoch spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung, einen Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht zu stellen. 679 Absolut herrschende Meinung BGH, Urt. v. 16. 12. 1958 – VI ZR 245/57, BGHZ 29, 100, 102 ff.; BGH, Urt. v. 6. 7. 1979 – I ZR 127/78, BGHZ 75, 96, 106; BGH, Urt. v. 6. 6. 1994 – II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 190, BGH, Urt. v. 30. 3. 1998 – II ZR 146/96, BGHZ 138, 211, 214; siehe statt vieler Klöhn, in: MüKo, InsO, § 15a Rn. 140 m. w. N.; a. A. allerdings Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Vor § 64 Rn. 120 ff. 680 Der Quotenschaden ist der Betrag, um den sich die auf den einzelnen Gläubiger entfallende Insolvenzquote infolge der schuldhaft verspäteten Stellung des Insolvenzantrages verringert hat, vgl. Kroth, in: Braun, InsO, 8. Aufl. 2020, § 92 Rn. 8. 681 Die Gläubiger haben ein großes Interesse daran, dass nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft keine weiteren Zahlungen von der Gesellschaft getätigt werden, damit die Sicherung der Haftungsmasse gewährleistet ist und es zu keiner Ausplünderung der Gesellschaft vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kommt (zum Normzweck siehe Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 GmbHG, Rn. 5; vgl. dazu auch Holzner, Private Equity, S. 141). Daher soll die Geschäftsleitung schnellstmöglich einen Insolvenzantrag stellen und das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft zum Schutz der Gläubiger zügig eröffnet werden, vgl. Holzner, Private Equity, S. 141.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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ein weitestgehend umfassender Vermögensschutz nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft besteht. Dagegen ergänzt die an Auszahlungen an die Gesellschafter vor Eintritt der Insolvenzreife ansetzende Haftung der Geschäftsleitung für die Insolvenzverursachung den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz, welcher dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger gegen Vermögensverschiebungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern dient.682 Dabei schützt die solvenzorientierte Insolvenzverursachungshaftung das Deckungskapital und schließt damit zugleich die Lücken, welche die bilanzielle Betrachtungsweise im Rahmen der §§ 30, 31 GmbHG, §§ 57 ff., 71a AktG und § 43 Abs. 3 GmbHG sowie § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG geöffnet hat. Es wurde bereits auf die Unzulänglichkeiten eines rein bilanziellen orientierten Kapitalschutzes hingewiesen. In diesem Zusammenhang trägt eine Solvenzsicherungspflicht der Geschäftsleitung dazu bei, dass die Kapitalerhaltung des Gesellschaftsvermögens zum Zweck der Gläubigerbefriedigung eingehalten wird. Allerdings stellt dies auch den Beginn eines „zweigleisigen Gläubigerschutzsystems“683 dar, welches neben bilanziellen verstärkt auch solvenzorientierte Verhaltenspflichten aufstellt.684
V. Zusammenfassende Stellungnahme Es ist gezeigt worden, dass das gesellschaftsrechtliche Kapitalerhaltungsrecht, welches traditionell den Kern des bestehenden Gläubigerschutzsystems bildet und die Gläubiger präventiv schützen soll, nach verbreiteter Ansicht verschiedene Schutzlücken aufweist. Im Vordergrund steht die Kritik, dass das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital zu gering ist, um mit Blick auf die von Gesellschaften mit beschränkter Haftung geführten Unternehmung einem Insolvenzrisiko vorbeugen bzw. im Fall der Insolvenz ein ausreichendes Haftkapital gewährleisten zu können. Darüber hinaus wird kritisiert, dass das bestehende Kapitalerhaltungsrecht nicht ausreichend sicherstellt, dass die eingebrachten Einlagen der Gesellschafter in der Folgezeit erhalten bleiben: Zum einen erhält das bestehende Kapitalerhaltungsrecht nicht die liquide, sondern nur die wertmäßige Vermögensstruktur der Gesellschaft und zum anderen dürfen Gesellschafterdarlehen wie Darlehen Dritter aus den Einlagen der Gesellschafter zurückbezahlt werden. Schließlich wird im Rahmen des GmbH-Rechts ein weiteres Defizit darin gesehen, dass lediglich das Stammkapital, und nicht wie im Aktienrecht das Gesellschaftsvermögen vom Kapitalschutz umfasst ist. Vor diesem Hintergrund ist aufgezeigt worden, dass der gesellschaftsrechtliche Kapitalschutz durch die übrigen drei Säulen ausgebaut wird. Das Institut der Existenzvernichtungshaftung ergänzt funktional betrachtet den bilanziellen (wertmäßi682 683 684
Zum Folgenden Holzner, Private Equity, S. 152. Holzner, Private Equity, S. 157. Holzner, Private Equity, S. 157; kritisch hierzu Eidenmüller, ZGR 2007, 168, 188.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
gen) Kapitalschutz der §§ 30, 31 GmbHG und §§ 57 ff. AktG. Es schützt das Gesellschaftsvermögen gegenständlich, indem es der Gesellschaft die für den Fortbestand des Geschäftsbetriebs „funktionswesentlichen Positionen“685, deren Entzug zur Insolvenz führen würde, sichert. Aus dem Zusammenspiel dieser beiden Säulen ergibt sich, dass den Gesellschaftern letztlich nur der Zugriff auf den zur Deckung des Mindestkapitals und zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuss zusteht. Allerdings schützt die Existenzvernichtungshaftung allein den Erhalt des Deckungskapitals und nicht den Vermögensumfang an sich. Darüber hinaus handelt es sich bei dem durch die Existenzvernichtungshaftung vermittelten Vermögensschutz – anders als bei dem aktienrechtlichen Vermögensschutz – um einen insolvenzrechtlichen, repressiv ansetzenden Schutz. Daneben erweitert das Insolvenzanfechtungsrecht, welches den Schutz des Schuldnervermögens vor gläubigerbenachteiligenden Rechtshandlungen zum Schutz der außenstehenden Gläubiger und damit letztlich die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens bezweckt, den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz. Gläubigerbenachteiligende Vermögenverschiebungen sind ex ante zu unterlassen und werden ex post nach Eintritt der Insolvenz der Gesellschaft rückabgewickelt. Damit entsprechen der Zweck und die Regelungssystematik des Insolvenzanfechtungsrechts zum Teil dem des gesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsrechts. Die Insolvenzanfechtung ergänzt folglich den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz nach Eintritt der Insolvenz. Schließlich komplementieren die Verhaltenspflichten der Geschäftsleitung und die damit korrespondierenden zivilrechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz. Das von der Rechtsprechung geschaffene Institut der Insolvenzverschleppungshaftung und die Haftung der Geschäftsleitung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft gemäß § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 6 i. V. m. § 92 Abs. 2 S. 1 AktG vervollständigen sowohl den Kapitalschutz als auch den Vermögensschutz nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft. Dagegen ergänzt die an Auszahlungen an die Gesellschafter vor Eintritt der Insolvenzreife ansetzende Haftung der Geschäftsleitung für die Insolvenzverursachung den gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz, welcher dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger gegen Vermögensverschiebungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern dient, indem sie das Deckungskapital schützt. Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass der präventiv wirkende gesellschaftsrechtliche Kapitalschutz Schutzlücken aufweist und durch die übrigen drei Säulen ergänzt wird. Zudem ist es für den weiteren Fortgang dieser Untersuchung wichtig festzuhalten, dass die drei ergänzenden Säulen des Gläubigerschutzsystems nicht darüber hinweghelfen können, dass das gesetzliche Mindestkapital nicht in der Lage ist, eine angemessene Eigenkapitalisierung der haftungsbeschränkten Gesellschaften gemessen an ihren unternehmerischen Tätigkeiten sicherzustellen. Die Beantwortung der Frage, ob und in welchem Maße die drei ergänzenden Säulen geeignet sind, die Defizite des gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzsystems auf685
Schön, ZHR 178 (2004), 268, 286.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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zufangen, war bereits Gegenstand anderer Arbeiten und soll hier nicht vertieft werden, da sie für den Fortgang der Untersuchung nicht entscheidend ist.686 Ebenso ist es nicht Ziel dieser Arbeit, einen weiteren Beitrag zu der rechtspolitischen Diskussion um die Zukunft des gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutzes zu leisten, weshalb hier nur auf die rechtspolitische Diskussion hingewiesen sei.687
D. Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des bestehenden Gläubigerschutzsystems Soeben ist herausgearbeitet worden, dass das gesetzliche Mindestkapital mit Blick auf die unternehmerischen Tätigkeiten der haftungsbeschränkten Gesellschaften zu niedrig bemessen ist, um die Insolvenz der Gesellschaft vermeiden bzw. einen ausreichenden Haftungspuffer gewährleisten zu können. Auch ist aufgezeigt worden, dass das bestehende Kapitalerhaltungsrecht mit seiner bilanziellen Ausschüttungssperre nicht ausreichend sicherstellen kann, dass die eingebrachten Einlagen der Gesellschafter in der Folgezeit erhalten bleiben. Dies ist insbesondere im Rahmen des GmbH-Rechts problematisch, da die Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH-Rechts anders als die des Aktienrechts nicht das Gesellschaftsvermögen der Gesellschaft, sondern nur das Stammkapital schützen. Im Folgenden werden die 686 Monographisch hierzu Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen dafür, mittels der Insolvenzanfechtung Haftungsdefizite des gesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes aufzufangen, de lege lata bereits recht gut sind, wenngleich sie entscheidend von Interpretation und Handhabung der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen beider Regelungsmodelle abhängen, Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 622; auf den Leverage Buyout bezogen bewertet Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 403, 414 ff., das aktuelle Gläubigerschutzniveau als robust. 687 Ein Überblick über den Verlauf der Diskussion findet sich bei Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 595 ff. Im Rahmen der Diskussion gingen die Überlegungen mit Blick auf die aktienrechtlichen Ausschüttungssperre der § 57 Abs. 1, 62 Abs. 1 AktG zunächst dahin, den Kapitalschutz des GmbH-Rechts an das Aktienrecht anzugleichen. Seit der Centros-Entscheidung des EuGH, Urt. v. 9. 3. 1999 – Rs C-212/97 = NJW 1999, 2027, der Zunahme des Anpassungsdrucks auf das deutsche Gesellschaftsrecht infolge der europäischen Rechtsentwicklung und des Wettbewerbs der Gesellschaftsrechte sind diese Überlegungen weitestgehend obsolet geworden und die Diskussion hat sich infolge dessen der Frage zugewandt, ob die bilanziellen Kapitalerhaltungsregelungen im internationalen Vergleich überhaupt noch zeitgemäß sind (zur Kritik im Schrifttum an der Inflexibilität des geltenden Festkapitalsystems siehe Tasma, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 420 Fn. 24). Die Vor- und Nachteile des hergebrachten Kapitalerhaltungssystems sind andernorts ausgiebig diskutiert worden (ein Überblick findet sich bei Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 597 Fn. 1495). Auch auf die zahlreichen Vorschläge zur Fortentwicklung des deutschen Kapitalschutzes und den sich rechtspolitisch abzeichnenden Trend zu situativen Ausschüttungssperren und einem Solvenztest, sei hier nur verwiesen auf Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 597, 599; zur Ersetzung des geltenden Kapitalschutzsystems durch situative Ausschüttungssperren monographisch Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 422, 426 ff., der als Alternative einen Solvenztest mit einer anderen systemkonsistenten Grundstruktur vorschlägt; Engert, ZHR 170 (2006), 296 ff.; Jungmann, ZGR 2006, 738 ff.; Seibt, ZHR 171 (2007), 282 ff.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
potentiellen Gefahren, die sich aus der unangemessenen Eigenkapitalausstattung und aus den anstelle von Eigenkapital gewährten Gesellschafterdarlehen für die Gläubiger der Gesellschaft ergeben, aufgezeigt. Darauf aufbauend wird die Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des bestehenden Gläubigerschutzsystems herausgearbeitet.
I. Potentielle Gefahren für die Gläubiger aus der nominellen Unterkapitalisierung haftungsbeschränkter Gesellschaften Das geringe, gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital und die unzureichenden Regelungen zur Kapitalerhaltung haben zur Folge, dass die Eigenkapitalausstattung haftungsbeschränkter Gesellschaften in der Regel den tatsächlichen Kapitalbedarf der Gesellschaftsbetriebs nicht annähernd deckt.688 Da das deutsche Gesellschaftsrecht die Gesellschafter nur zur Aufbringung des Mindestkapitals, aber nicht zu einer angemessenen Eigenkapitalausstattung der Gesellschaft verpflichtet,689 wird der über das Mindestkapital hinausgehende Kapitalbedarf in der Praxis meist nicht durch die Einbringung weiteren Eigenkapitals gedeckt, sondern im Wesentlichen mit Fremdkapital finanziert.690 Neben der klassischen Fremdfinanzierung durch Bankdarlehen wird traditionell auch häufig auf die Fremdfinanzierung durch Gesellschafterdarlehen zurückgegriffen.691 Aus diesem Grund sind unternehmerisch tätige, haftungsbeschränkte Gesellschaften häufig nominell unterkapitalisiert.692 Diese 688
Siehe Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 50 m. w. N.; Goette, DStR 2005, 197, 198; Jungmann, ZGR 2006, 638, 641 f.; Haas, DStR 2006, 993, 995. 689 Zur Finanzierungsfreiheit vgl. oben; vgl. auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 142; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 48 m. w. N. 690 Gehrlein, BB 2011, 3, 3; Goette, ZGR 2006, 261, 265; K. Schmidt, JZ 1985, 301, 304; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 50 f. 691 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 51. Zu den Vorteilen von Gesellschafterdarlehen für die Gesellschafter vgl. oben; Basedow, ZHR 143 (1979), 317, 319 f.; Hommelhoff/Kleindiek, FS GmbHG, S. 423, 431; zu den spiegelbildlich zu den für die Gesellschafter bestehenden Vorteilen nach überwiegender Auffassung mit der Nutzung von Gesellschafterdarlehen verbundenen Risiken für die Gesellschaft und die ausstehenden Gesellschaftsgläubiger vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 24 ff. 692 Gehrlein, BB 2011, 3, 3; K. Schmidt, JZ 1985, 301, 304; ders., GesR, § 9 IV 4 a); Goette/ Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht, Rn. 13; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 51; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 151. Sofern die Gesellschafter ihrer Gesellschaft nicht einmal die zum Geschäftsbetrieb notwendigen Finanzmittel in ausreichender Form zuführen, d. h. eine völlig unangemessene Mittelausstattung vorliegt, handelt es sich um eine materielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft, siehe hierzu etwa Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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nominelle Unterkapitalisierung erhöht vor allem das Ausfallrisiko der Gläubiger.693 Denn das Eigenkapital ist gemessen am Umfang der unternehmerischen Tätigkeit der Gesellschaft in der Regel zu gering, um einem Insolvenzrisiko vorzubeugen und im Fall der Insolvenz ein ausreichendes Haftkapital gewährleisten zu können.694 Folglich läuft der auf die Aufbringung und den Erhalt von Eigenkapital ausgerichtete gesellschaftsrechtliche Kapitalschutz haftungsbeschränkter Gesellschaften aufgrund der strukturellen Unterkapitalisierung weitestgehend leer.695
II. Potentielle Gefahren für die Gläubiger durch Gesellschafterdarlehen Insbesondere die Finanzierung durch Gesellschafterdarlehen wird – wie bereits im Rahmen der Untersuchung der Legitimationsgrundlage herausgearbeitet worden ist – aus zahlreichen Gründen als problematisch empfunden. So erhöhen sie die Fremdkapitalquote und damit das Ausfallrisiko der Gläubiger.696 Zudem verringern Gesellschafterdarlehen die Selbstbetroffenheit der Gesellschafter und erhöhen damit das sich aus dem Auseinanderfallen von Gewinnaussichten und Verlustrisiken ergebene Opportunismus-Risiko.697 Damit können Gesellschafterdarlehen den Interessenkonflikt zwischen den Gesellschaftern und den außenstehenden Gläubigern noch verstärken. Schließlich ist zu beachten, dass die Gesellschafter durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen nur eine materielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft verhindern oder beheben können.698 Eine nominelle Unterkapitalisierung können sie dagegen nur beseitigen, indem sie den bestehenden Kapitalbedarf der Gesellschaft durch Eigenkapital decken.699 Denn Gesellschafterdarlehen, die – wie eingangs beschrieben – eine Zwitterstellung einnehmen, werden formal nicht
Gesellschafterdarlehen, S. 50; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 151; Goette/Goette, Die GmbH, § 9 Rn. 64. 693 Vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 55. 694 Vgl. Haas, DStR 2006, 993, 995. 695 Haas, DJT-Gutachten, S. E 51, E 53; Huber/Habersack, in: Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 370, 390 ff.; Huber, in: FS Priester, 259, 283; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 52 m. w. N. 696 Vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 24. 697 Vgl. Eidenmüller, in: FS Canaris, S. 49, 55 f.; vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 24 ff. 698 Eine materielle Unterkapitalisierung liegt bei einer völlig unangemessenen Kapitalausstattung der Gesellschaft (also einschließlich der Gesellschafterdarlehen) vor, vgl. dazu Niggemann, Die Reform des Gläubigerschutzsystems, S. 222 f.; K. Schmidt, GesR, § 9 IV 4 a); vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 151 m. w. N. 699 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 151.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
dem Eigenkapital, sondern dem Fremdkapital gleichgestellt.700 Anders als Eigenkapital stehen Gesellschafterdarlehen der Gesellschaft nicht dauerhaft zu Verfügung. Zudem sind sie – wie Darlehen Dritter – in der Regel verzinst, auch noch im Vorfeld der Insolvenz kündbar und dürfen aus den Einlagen der Gesellschafter zurückbezahlt werden.701 Folglich unterliegt das von den Gesellschaftern in Form von Gesellschafterdarlehen oder vergleichbaren Leistungen als Fremdkapital gewährte Kapital auch nicht dem gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz.702 Die Kapitalisierung der Gesellschaft mithilfe von Gesellschafterdarlehen ist aber vor allem deshalb problematisch, weil sie es den Gesellschaftern ermöglicht, ihr Haftungsrisiko zu begrenzen und das Ausfallrisiko noch weiter auf die außenstehenden Gläubiger zu verlagern.703 Denn dadurch, dass Gesellschafterdarlehen wie Fremdkapital behandelt werden, erhöhen sie die Fremdkapitalquote der haftungsbeschränkten Gesellschaft und damit das Ausfallrisiko der außenstehenden Gesellschafter. Das erhöhte Ausfallrisiko ergibt sich zum einen daraus, dass die Gesellschafterdarlehen den außenstehenden Gläubigern nicht wie Eigenkapital haften, sondern aufgrund ihrer Einordnung als Fremdkapital jederzeit – auch noch im Vorfeld der Insolvenz der Gesellschaft – an die Gesellschafter zurückbezahlt werden können.704 Und zum anderen daraus, dass die Gesellschafter als Darlehensgeber zugleich auch Gläubiger ihrer Gesellschaft sind und mit den außenstehenden Gläubiger der Gesellschaft um die Befriedigung ihrer Forderungen konkurrieren. Dabei haben sie aufgrund ihrer Informations- und Mitwirkungsrechte die bessere Möglichkeit, eine vorrangige, die übrigen Gläubiger benachteiligende Befriedigung ihrer Forderungen durchzusetzen.705 Zudem können sie als Gläubiger der Darlehensforderungen wie außenstehende Gläubiger in das Vermögen der Gesellschaft vollstrecken. Schließlich können die Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft ihre Forderungen ebenso wie außenstehende Gläubiger als „normale“ Insolvenzforderungen anmelden.706 Schließlich geht mit der Begrenzung des Ausfallrisikos auch die Verringerung der Selbstbetroffenheit der Gesellschafter und die Erhöhung des Opportunismus-Risikos der Gläubiger einher.707 Dadurch, dass die Gesellschafter den Rückfluss der Darlehensmittel steuern können, können sie bestimmen, 700
S. o. Vgl. § 30 Abs. 1 S. 3 GmbHG und § 57 Abs. 1 S. 4 AktG. Vgl. auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22. 702 Dazu bereits ausführlich oben; Haas, DJT-Gutachten, S. E 51, E 53; Huber/Habersack, in: Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 370, 390 ff.; Huber, in: FS Priester, S. 259, 283; vgl. auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22, 25; vgl. Hommelhoff/Kleindiek, FS GmbHG, S. 421, 423. 703 Vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 22; vgl. Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655. 704 Vgl. Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655. 705 Vgl. Bayer/Graff, DStR 2006, 1654, 1655. 706 Vgl. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 145. 707 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 80. 701
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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ab wann die Gesellschaftsgläubiger für die Kosten des unternehmerischen Handelns aufzukommen haben.708 Aufgrund dieser mangelnden Selbstbetroffenheit der Gesellschafter erhöht sich das aufgrund des Auseinanderfallens von Gewinnaussichten und Verlustrisiken bestehende Opportunismus-Risiko der Gesellschaftsgläubiger weiter.
III. Ergänzung des Gläubigerschutzsystems durch das Gesellschafterdarlehensrecht Die Deckung des Kapitalbedarfs einer haftungsbeschränkten Gesellschaft durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen gleicht das aufgrund der nominellen Unterkapitalisierung bestehende Ausfallsrisiko der Gläubiger nicht aus. Vielmehr steigert die Gewährung von Gesellschafterdarlehen das Ausfallrisiko und das Opportunismus-Risiko der außenstehenden Gläubiger noch, indem es die Fremdkapitalquote erhöht und das Ausfallrisiko der Gesellschafter minimiert. Deshalb bedarf das bestehende Gläubigerschutzsystem – insbesondere der gesellschaftsrechtliche Kapitalschutz – in Bezug auf die Behandlung von Gesellschafterdarlehen einer Ergänzung.709 Vor diesem Hintergrund kommt dem Gesellschafterdarlehensrecht im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems eine doppelte Funktion zu. Zum einen soll es einen Ausgleich für die unangemessene Eigenkapitalausstattung und die dadurch verursachte nominelle Unterkapitalisierung der haftungsbeschränkten Gesellschaft schaffen. Zum anderen soll das Gesellschafterdarlehensrecht einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu Lasten der außenstehenden Gläubiger entgegenwirken.710
708 Diese Situation ähnelt der Situation bei den Ausschüttungen an die Gesellschafter haftungsbeschränkter Gesellschaften (siehe dazu oben). 709 So etwa Haas, DJT-Gutachten, S. E 57 f.; ders., NZI 2001, 1 f.; Huber/Habersack, in: Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, S. 370, 394; dies., BB 2006, 1; Huber, in: FS Priester, S. 259, 283; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 350; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 25 f.; „Das Recht der Gesellschafterdarlehen bildet ein zentrales Element des körperschaftlichen Gläubigerschutzes“, Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 782. 710 Mit den Worten von Wilhelm kommt dem Gesellschafterdarlehensrecht eine „rechtsfunktionale Steuerungsfunktion“ dergestalt zu, dass es einen Gesellschafter davon abhalten soll, Risiken in überproportionaler Weise auf die Schultern der Gläubiger abzuwälzen. Er sieht die Verhaltensdisziplinierung des Gesellschafters als funktionalen Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts, Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 784.
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
E. Aktuelles Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei haftungsbeschränkten Gesellschaften Im Folgenden wird, aufbauend auf den Ergebnissen der Untersuchung zur Nachrangigkeit und insolvenzrechtlichen Anfechtung von Gesellschafterdarlehen, das mit dem neuen Gesellschafterdarlehensrechts verwirklichte Gläubigerschutzniveau analysiert. Dazu wird die Wirkungsweise des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und des § 135 Abs. 1 InsO untersucht. Abschließend wird mit Blick auf die Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts das aktuelle Gläubigerschutzniveau bestimmt.711
I. Wirkungsweise des neuen Gesellschafterdarlehensrechts Aufbauend auf den Ergebnissen der Untersuchung zur Nachrangigkeit und insolvenzrechtlichen Anfechtung nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht wird im Folgenden die gläubigerschützende Wirkung dieser beiden Mechanismen untersucht. 1. Der mit § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO verwirklichte Gläubigerschutz Sofern in einer haftungsbeschränkten Gesellschaft eine nominelle Unterkapitalisierung besteht, die auf die Ausstattung der Gesellschaft mit Gesellschafterfremdkapital anstelle von Eigenkapital zurückzuführen ist, schützt § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die außenstehenden Gläubiger, indem er die nachrangige Befriedigung der Darlehensforderungen und darlehensgleichen Forderungen der Gesellschafter nach den Forderungen der außenstehende Gläubiger anordnet. Damit verhindert die Regelung, dass die Gesellschafter mit den außenstehenden Gläubigern um die Befriedigung ihrer Forderungen in der Insolvenz konkurrieren, und stellt zugleich sicher, dass sich die Haftkapitalquote für die außenstehenden Gläubiger erhöht.712 Im Ergebnis ist damit das „aufschiebend bedingte Haftkapital“713 der Funktion des Eigenkapitals ähnlich.714 Allerdings führt die Anordnung der Nachrangigkeit nicht dazu, dass dem Gesellschafterfremdkapital die gleiche, stabilisierende Funktion in Form eines „Liquiditäts-Verlustpuffers“715 wie dem Eigenkapital zukommt. Die Anordnung der Nachrangigkeit kann allenfalls indirekt die Liquidität der Gesellschaft verbessern, indem die Gesellschafter aufgrund der Nachrangigkeit der Dar711
Zu der Frage, ob es durch den Systemwechsel im Rahmen des MoMiG und die damit verbundenen Änderungen zu einer Verkürzung des Gläubigerschutzes gekommen ist, monographisch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 196 ff. 712 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 166. 713 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 167 f. 714 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 166. 715 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 168.
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
183
lehensrückgewährforderungen in der Insolvenz eher geneigt sein werden, ihre Zinsund Tilgungsansprüche zu stunden, um eine Insolvenz wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden.716 Die Anordnung der Nachrangigkeit schützt die Gläubiger indirekt auch dadurch, dass sie das Ausfallrisiko der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft und damit die Selbstbetroffenheit der am Gewinn partizipierenden Gesellschafter erhöht.717 Die nachrangigen Darlehensforderungen sind – ebenso wie das Eigenkapital – regelmäßig in der Insolvenz der Gesellschaft verloren, da die Gesellschafter erst dann die gewährten Darlehensmittel und ihr eingebrachtes Eigenkapital (anteilig) zurückerlangen, wenn sämtliche außenstehende Gläubiger befriedigt worden sind.718 Damit bewirkt die Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen eine „vorrangige Selbstbetroffenheit“719 der Gesellschafter.720 In der Folge kann § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die außenstehenden Gläubiger sowohl vor der unbedachten Gewährung von Gesellschafterdarlehen schützen als auch das aus dem Auseinanderfallen von Gewinnaussichten und Verlustrisiken entstehende Opportunismus-Risiko der Gläubiger reduzieren.721 Im Ergebnis schützt das Instrument des Nachrangs in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Gläubiger nicht nur repressiv, indem es die Haftkapitalquote erhöht, sondern auch präventiv, indem es die Selbstbetroffenheit der Gesellschafter erhöht und dadurch indirekt die Liquidität der Gesellschaft verbessern und das Insolvenzrisiko verringern kann. 2. Der mit § 135 Abs. 1 InsO verwirklichte Gläubigerschutz Die gläubigerschützende Wirkungsweise des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wäre für sich allein genommen zwar theoretisch denkbar, allerdings in der praktischen Anwendung vollkommen wirkungslos, wenn sie nicht von einem Sanktions- bzw. Rückholmechanismus flankiert würde, der bewirkt, dass die Befriedigung oder Besicherung von Darlehensforderungen der Gesellschafter vor Stellung des Insolvenzantrags zulasten der außenstehenden Gläubiger rückgängig gemacht werden kann.722 An dieser Stelle greift das Instrument der Anfechtung, indem es die Besicherung oder Befriedigung der Gesellschafterforderungen i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO innerhalb der jeweiligen Anfechtungsfrist rückgängig macht.723 716
Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 168. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 169 f. 718 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 169 f. 719 Den Begriff der „vorrangigen Selbstbetroffenheit“ prägend Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 170. 720 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 169 f. 721 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 169 f. 722 S. o. 723 S. o. 717
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2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Die Anfechtbarkeit der Befriedigungshandlung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO bezweckt Vermögensverschiebungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern in der Jahresfrist vor dem Insolvenzantrag zugunsten der außenstehenden Gläubiger rückgängig zu machen. Mit diesem Regelungsmechanismus werden die Gläubiger vor Vermögensverschiebungen aus dem Gesellschafts- in das Privatvermögen der Gesellschafter, die die gläubigerschützenden Wirkungen der Anordnung der Nachrangigkeit – vor allem die Haftkapitalfunktion – der Gesellschafterdarlehen unterlaufen und das Ausfallrisiko noch weiter auf die außenstehenden Gläubiger verlagern würden, geschützt.724 Zwar ist der durch das Anfechtungsrecht vermittelte Schutz zeitlich begrenzt. Dafür umfasst er sämtliche Darlehensforderungen und darlehensgleiche Forderungen, die innerhalb des Anfechtungszeitraums bestanden und befriedigt wurden. Mit diesem Regelungsmechanismus wird zugleich auch die präventive Wirkung des Nachrangs als rechtstatsächliches Durchsetzungsinstrument725 ex post sanktionierbar gemacht.726 Mit der Anfechtbarkeit der Sicherheitenbestellung für Forderungen der Gesellschafter i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gemäß § 135 Abs.1 Nr. 1 InsO wird sichergestellt, dass Gesellschafter in der Insolvenz nachrangig nach sämtlichen außenstehenden Gläubigern befriedigt werden.727 Damit verhindert § 135 Abs.1 Nr. 1 InsO – ebenso wie § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO –, dass die Gesellschafter im Rahmen des Insolvenzverfahrens mit den außenstehenden Gläubigern konkurrieren.728 3. Zwischenergebnis Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO die außenstehenden Gläubiger durch eine Erhöhung des Haftkapitals schützen wollen.729 Während § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO bewirkt, dass die Darlehensforderungen der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft erst nach den Forderungen der außenstehenden Gläubiger befriedigt werden und damit die Haftkapitalquote erhöhen, stellt § 135 Abs. 1 InsO sicher, dass die Haftkapitalfunktion der nachrangigen Gesellschafterdarlehen nicht durch Vermögensverschiebungen von dem Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen der Gesellschafter vor der Stellung des Insolvenzantrags unterlaufen wird und dass die Gesellschafter bei der Masseverteilung auch dann nicht mit den außenstehenden Gläubigern konkurrieren, wenn die Gesellschaft für die Darlehensforderungen Sicherheiten bestellt hat.
724
Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 122. Von Marotzke, KTS 2016, 19, 20 auch zutreffend als „anfechtungsrechtliche Anschlussvorschrift“ bezeichnet. 726 S. o. 727 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 191. 728 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 193. 729 So im Ergebnis auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 170 f. 725
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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Von diesen erst in der Insolvenz wirkenden Rechtsfolgen darf nicht darauf geschlossen werden, dass auch die gläubigerschützenden Wirkungen auf die Insolvenz beschränkt sind.730 Bei den Regeln des Gesellschafterdarlehensrechts handelt es nicht um einen reinen Umverteilungsmechanismus.731 Vielmehr entfalten die Regelungen – wie gezeigt – auch präventive Wirkungen, indem sie eine Beteiligung der Gesellschafter am Ausfallrisiko in Form einer vorrangigen Verlusttragung bewirken.732
II. Bestimmung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus Aus den Ergebnissen der Untersuchung zur Nachrangigkeit und insolvenzrechtlichen Anfechtung von Gesellschafterdarlehen und der Wirkungsweise dieser Mechanismen ist nunmehr das gesetzlich garantierte Gläubigerschutzniveau abzuleiten, welches die beiden Schutzinstrumente des Gesellschafterdarlehensrechts in ihrem Zusammenspiel garantieren. Dabei sind zunächst die repressiven Wirkungen der Schutzmechanismen in den Blick zu nehmen. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO stellt sicher, dass Darlehensrückgewährforderungen und darlehensgleiche Forderungen der Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft erst nach den Forderungen der außenstehenden Gläubiger befriedigt werden und damit die Funktion eines „aufschiebend bedingten Haftkapitals“733 übernehmen. Danach unterliegen in sachlicher Hinsicht auch Forderungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen, und in personeller Hinsicht auch Forderungen eines Dritten, die einem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden können oder bei denen die rechtliche Position des Dritten derart ausgestaltet ist, dass er unter wertenden Gesichtspunkten einem Gesellschafter gleichzustellen ist, der Nachrangigkeit in der Insolvenz. Von der Nachrangigkeit ausgenommen sind lediglich Gesellschafter, die unter das Kleinbeteiligtenprivileg fallen, und Darlehensrückgewährforderungen, die dem Sanierungsprivileg unterliegen. Die repressive Schutzwirkung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wird durch die Anfechtungsregelung in § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO abgesichert, wonach die Befriedigung der in den Anwendungsbereich von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO fallenden Forderungen im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags rückgängig gemacht werden kann, sofern sie die Gläubiger benachteiligt. Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO können sämtliche Sicherheiten, welche die Gesellschaft für die in den Anwendungsbereich von § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO fallenden Forderungen in den letzten zehn Jahren vor 730
Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 170 f. So auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 171. 732 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 170. 733 Diesen Begriff prägend Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 167 f. 731
186
2. Teil: Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts
Stellung des Insolvenzantrags bestellt hat, angefochten werden. Die Anfechtung stellt auf der Rechtsfolgenseite sicher, dass die zulasten der übrigen Gläubiger vorgenommenen Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden können, wobei der richtige Anfechtungsgegner sowohl für Zwei- als auch für Mehrpersonenverhältnisse nach dem sehr weit gefassten § 143 InsO aufgrund der tatbestandsimmanenten Vorgaben des § 135 Abs. 1 InsO bestimmt wird. Dadurch dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sämtliche Darlehensforderungen und darlehensgleiche Forderungen von Gesellschaftern und Gesellschaftern gleichgestellten Dritten den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts unterliegen, kann von einer robusten, repressiven Gläubigerschutzwirkung ausgegangen werden, die der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des Gläubigerschutzsystems weitestgehend gerecht wird. Die Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts können die Gesellschaftsgläubiger zwar nicht vor einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft schützen. Aber sie vermögen die Risiken einer durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital entstandenen nominellen Unterkapitalisierung weitestgehend auszugleichen. So stellen sie sicher, dass die Gesellschafter das vorrangige Ausfallrisiko tragen und bei der Masseverteilung in der Insolvenz der Gesellschaft nicht mit den außenstehenden Gläubigern konkurrieren. Zudem führt die Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehens- und darlehensgleichen Forderungen der Gesellschafter zu einer Erhöhung des Haftkapitals und schützt die außenstehenden Gläubiger damit vor einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu ihren Lasten. Schließlich werden die außenstehenden Gläubiger durch die Insolvenzanfechtung vor gläubigerbenachteiligenden Kapitalverschiebungen vom Gesellschaftsvermögen in das Privatvermögen der Gesellschafter durch die vorrangige Befriedigung der Forderungen der Gesellschafter im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags geschützt. Zwar ist der durch das Anfechtungsrecht vermittelte Schutz zeitlich begrenzt. Dafür umfasst er sämtliche Darlehensforderungen und darlehensgleiche Forderungen, die innerhalb des Anfechtungszeitraums bestanden und befriedigt wurden. Neben diesen repressiven Wirkungen sind bei der Bestimmung des gesetzlichen Gläubigerschutzniveaus des Gesellschafterdarlehensrechts auch die präventiven Wirkungen der beiden Schutzmechanismen in den Blick zu nehmen. Die präventive Wirkung der Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen und darlehensgleichen Forderungen der Gesellschafter in der Insolvenz sowie der insolvenzrechtlichen Anfechtung der Befriedigung und Besicherung dieser Forderungen spielen bei der Statuierung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus eine entscheidende Rolle. Die Anordnung der Nachrangigkeit von Darlehensforderungen und darlehensgleichen Forderungen hat zur Folge, dass die Finanzierungsbeiträge der Gesellschafter oder gleichgeordneten Dritten vorrangig in der Insolvenz der Gesellschaft haften, wodurch sich die Ausfallwahrscheinlichkeit der Gesellschafter
4. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
187
erhöht.734 Dadurch werden diejenigen, die an den unternehmerischen Entscheidungen und am Gewinn der Gesellschaft beteiligt sind, in Höhe ihrer Finanzierungsbeiträge am Verlustrisiko beteiligt.735 Letztlich verhindert die Anordnung des Nachrangs damit ein weiteres Auseinanderfallen von Herrschaft und Haftung sowie der Gewinnchancen und Verlustrisiken. Diese vorrangige Selbstbetroffenheit der Gesellschafter sollte bei einem wenigstens begrenzt rational handelnden Gesellschafter sowohl eine abschreckende Wirkung als auch eine „Motivationswirkung“736 entfalten.737 Die präventive Gläubigerschutzwirkung der Anordnung des Nachrangs besteht somit darin, dass sie auf Seite der Gesellschafter den Anreiz schafft, die Liquidität der Gesellschaft zu erhalten und den Eintritt der Insolvenz zu verhindern, und damit die Interessen der Gesellschafter denen der Gläubiger angleicht. Diese präventiven Wirkungen der Anordnung der Nachrangigkeit werden durch die insolvenzrechtliche Anfechtung, die als rechtstatsächliches Durchsetzungsinstrument wirkt, verstärkt, indem sie die Gesellschaft und Gesellschafter davon abhält, zum Nachteil der Gläubiger Kapital vom Gesellschafts- in das Privatmögen der Gesellschafter im Vorfeld der Insolvenz zu verschieben. Im Ergebnis garantiert das neue Gesellschafterdarlehensrecht ein robustes Gläubigerschutzniveau, welches die Haftungsdefizite, die sich aus der nominellen Unterkapitalisierung haftungsbeschränkter Gesellschaften und der Gewährung von Gesellschafterdarlehen ergeben, weitestgehend aufzufangen vermag. Damit kommt den Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts das Potential zu, der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems gerecht zu werden und einen Beitrag zur Erreichung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus zu leisten.
734 735 736 737
Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 189. Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 189. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 189. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 403 f.
3. Teil
Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion Im ersten Teil dieser Arbeit ist aufgezeigt worden, dass Gesellschafterdarlehen grundsätzlich in jeder Phase, aber besonders in der Erwerbs- und Desinvestitionsphase einer gehebelten Private Equity Transaktion, relevant werden. Im folgenden Teil wird untersucht, ob das im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion zur Finanzierung der Erwerbs- bzw. Portfoliogesellschaft eingesetzte Gesellschafterfremdkapital dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegt. Dabei wird im ersten Kapitel die Frage in den Blick genommen, unter welchen Voraussetzungen ein Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters ein Gesellschafterdarlehen im Sinne des Gesellschafterdarlehensrechts ist und wer in einer solchen Konstellation Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist. Diese Fragen sind deshalb so relevant, weil in der Transaktionspraxis auf Grund der besonderen gesellschaftsrechtlichen Struktur eines Private Equity Fonds typischerweise mehrere Gesellschaften hintereinandergeschaltet werden.1 Daher gewährt nicht immer der unmittelbare Gesellschafter selbst der Erwerbs- bzw. Portfoliogesellschaft ein Darlehen, sondern oftmals auch ein mittelbarer Gesellschafter, der hinter dem unmittelbaren Gesellschafter der Portfoliogesellschaft steht (sogenannte vertikale Verbindung). Sodann wird im zweiten Kapitel die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei der Übertragung der Gesellschafter – Gläubigerstellung im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion untersucht. Bei der derzeitigen Transaktionspraxis werden die bestehenden Gesellschafterdarlehen beim Erwerb bzw. Verkauf der Portfoliogesellschaft von den ausscheidenden Gesellschaftern auf die neuen Gesellschafter mitübertragen. Die ausscheidenden Gesellschafter haben ein großes Interesse daran, dass sie nach dem Abschluss der Erwerbs- bzw. Verkaufstransaktion nicht mehr von den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts betroffen sind. Daher ist die Frage, ob es möglich ist, sich als ausgeschiedener Gesellschafter dem Gesellschafterdarlehensrecht durch Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung zu entziehen, d. h. ob nach der Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung allein den neuen Gesellschafter die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts im Falle der Insolvenz der Portfoliogesellschaft treffen oder ob sie zumindest auch den ausgeschiedenen Gesellschafter treffen, eine bei gehebelten Private-Equity-Transaktionen typische Problematik. Die im ersten und zweiten Kapitel herausgearbeiteten Ergebnisse werden im dritten Kapitel einer abschließenden Bewertung anhand 1
S. o.
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
189
der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des Gläubigerschutzsystems und den Zielvorgaben für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau dahingehend unterzogen, ob es einer Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen bedarf. Abschließend wird im vierten Kapitel der Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis dargestellt und bewertet. 1. Kapitel
Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans bei Private Equity Transaktionen Im Folgenden wird untersucht, unter welchen Voraussetzungen ein Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters ein Gesellschafterdarlehen im Sinne des Gesellschafterdarlehensrechts ist und wer in einer solchen Konstellation Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist. Diese Fragen können sowohl in der Erwerbs- als auch in der Betriebsphase einer gehebelten Private Equity Transaktion relevant werden. Beim Erwerb der Zielgesellschaft stellen sich diese Fragen vor allem dann, wenn der Private Equity Fonds der Erwerbsgesellschaft ein Gesellschafterdarlehen gewährt hat und die Erwerbsgesellschaft mit der Portfoliogesellschaft im Wege der Verschmelzung auf einen Rechtsträger zusammengeführt wird. In der Betriebsphase rücken diese Fragen in den Fokus, wenn der Kapitalbedarf der Portfoliogesellschaft mit Hilfe von Gesellschafterfremdkapital gedeckt wird. Da bei der Strukturierung von Private Equity Fonds typischerweise mehrere Gesellschaften hintereinandergeschaltet werden,2 gewährt in der Transaktionspraxis nicht immer der unmittelbare Gesellschafter selbst der Erwerbs- bzw. Portfoliogesellschaft ein Darlehen, sondern oftmals auch ein mittelbarer Gesellschafter, der hinter dem unmittelbaren Gesellschafter der Erwerbsbzw. Portfoliogesellschaft steht (sogenannte vertikale Verbindung). So ist es innerhalb der Private Equity Fondsstruktur durchaus üblich, dass – bezogen auf das hier abgebildete Schaubild der Grundstruktur eines Private Equity Fonds – die Private Equity Fonds GmbH & Co. KG ein Darlehen vor der Verschmelzung direkt an die Erwerbsgesellschaft (2) oder direkt an die Portfoliogesellschaft ausreicht, statt das Darlehen an die Erwerbsgesellschaft (1) zu gewähren, damit diese das Darlehen an die Erwerbsgesellschaft (2) und gegebenenfalls anschließend an die Portfoliogesellschaft weiterreicht.3 Die Konstellation dieser in der Private Equity-Praxis übli-
2
S. o. Darüber hinaus sind auch andere Konstellationen denkbar, wie im Rahmen einer Private Equity Fondsstruktur Finanzierungen erfolgen können. 3
190
3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
chen Darlehensvergabe im Wege einer vertikalen Unternehmensverbindung wird auch als Downstream Loan bezeichnet.4
Private Equity Holding-Gesellschaft
Fondsinvestoren
Verwaltungssggesellschaft Verwaltungsgesellschaft (Gm mb bH) (GmbH)
Carry-KG (GmbH & Co. KG)
Managementg Managementgesellschaft (Gmb (GmbH)
Private Equity Fonds (GmbH & Co. KG)
Erwerbsgesellschaft (1)
Erwerbsgesellschaft (2) Zielgesellschaft
Daher stellt sich bei den in der Erwerbs- bzw. Betriebsphase ausgereichten Darlehen häufig die Frage, ob es sich um ein Gesellschafterdarlehen im rechtlichen Sinne handelt. Denn diese Form der Darlehensvergabe konfligiert oftmals mit den Regelungen des Gesellschafterdarlehensrechts. Besteht dahingehend Klarheit, dass der unmittelbare Gesellschafter Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, sofern er der Portfoliogesellschaft ein Darlehen gewährt,5 ist jedoch fraglich, unter welchen Voraussetzungen auch ein mittelbarer Gesellschafter – hier etwa die Private Equity Fonds GmbH & Co. KG – Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts sein kann, wenn er ein Darlehen an die Erwerbs- bzw. Portfoliogesellschaft vergibt. Zwar besteht grundsätzlich Einigkeit darüber, dass ein mittelbarer Gesellschafter einem Gesellschafter gleichgestellt sein kann (sog. Gleichordnungsfälle) bzw. die Darle4
Siehe zu dem selteneren Fall im Rahmen einer Private Equity Fondsstruktur, dass Gesellschafterdarlehen von Schwestergesellschaften gewährt werden, Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511 ff.; Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 75 ff. 5 S. o.
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
191
hensgeberposition einer Mittelsperson dem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden kann (sog. Zurechnungsfälle).6 Allerdings ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Gleichordnung bzw. Zurechnung möglich ist, umstritten.7 Dies gilt insbesondere für die Gleichordnungsfälle, bei denen sich nach dem MoMiG die Frage stellt, ob die von der Rechtsprechung zum Eigenkapitalersatzrecht entwickelten Leitlinien aufgrund des gewandelten Normzwecks zu modifizieren sind.8 Daher wird im Folgenden zunächst die Fallkonstellation der Gleichordnungsfälle in den Blick genommen und auf der Grundlage des neuen Normzwecks des Gesellschafterdarlehensrechts untersucht, unter welchen Voraussetzungen ein mittelbarer Gesellschafter selbst tauglicher Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts sein kann. Dabei wird in einem ersten Schritt ein Maßstab für die Einbeziehung eines mittelbaren Gesellschafters in das Gesellschafterdarlehensrecht erarbeitet, welcher der weiteren Untersuchung zugrunde liegt.9 Darauf aufbauend wird in einem zweiten Schritt der Umgang mit den Darlehensforderungen eines solchen mittelbaren Gesellschafters, der nach dem aufgestellten Maßstab selbst Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, in der Insolvenz der finanzierten Gesellschaft untersucht. Anschließend wird untersucht, ob und unter welchen Voraussetzungen die Darlehensrückgewährforderungen eines mittelbaren Gesellschafters, der nicht selbst tauglicher Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, dennoch dem Gesellschaftsdarlehensrecht unterliegen. Dabei wird sowohl auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Darlehensgeberposition dem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden kann, als auch auf die Frage, wer in einem solchen Fall der richtige Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, eingegangen. Für die folgenden Ausführungen wird zum besseren Verständnis die finanzierte Erwerbs- bzw. Portfoliogesellschaft als finanzierte Gesellschaft (bzw. Enkelgesellschaft), die unmittelbar an der finanzierten Gesellschaft beteiligte Gesellschaft als unmittelbarer Gesellschafter oder Zwischengesellschaft (bzw. Tochtergesellschaft) und die an dieser beteiligte, finanzierende Gesellschaft als mittelbarer Gesellschafter (bzw. Muttergesellschaft) bezeichnet.10 So besehen orientiert sich die nachfolgende Untersuchung an der Frage, wie die Darlehensgewährung im Rahmen von verbundenen Unternehmen durch einen mittelbaren Gesellschafter zu behandeln ist. 6
S. o. S. u. 8 S. o. 9 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Fallkonstellationen hintereinandergeschalteter GmbHs. Im Rahmen der Strukturierung von Private Equity Fonds kommen oftmals auch Gesellschaften mit anderen Gesellschaftsformen zum Einsatz. So etwa die GmbH & Co. KG oder in selteneren Fällen die AG. Sofern diesbezüglich Besonderheiten auftreten, wird im Folgenden darauf hingewiesen. 10 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 335; siehe Rieger, Eigenkapitalersatz in Beteiligungsverhältnissen, S. 17 f. 7
192
3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
A. Darlehen einzubeziehender mittelbarer Gesellschafter (Gleichordnungsfälle) I. Maßstab für die Einbeziehung mittelbarer Gesellschafter Im Regelungsgefüge des Gesellschafterdarlehensrechts unterliegt in erster Linie der unmittelbare Gesellschafter dem Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 InsO.11 Der mittelbare Gesellschafter ist dagegen als „Dritter“ im Rahmen des Gesellschafterdarlehensrechts zu qualifizieren.12 Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung eines Dritten in das Gesellschafterdarlehensrecht ist der generalklauselartige Auffangtatbestand13 des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO, wonach die Forderungen einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen müssen.14 Bei der Frage, wann ein mittelbarer Gesellschafter einem unmittelbaren Gesellschafter gleichzustellen ist, kommt es im Grundsatz auf die hinter dem Gesellschafterdarlehensrecht stehenden Normzwecküberlegungen an.15 Daher bedarf es einer tiefergehenden Analyse, um den genauen Maßstab für die Einbeziehung eines mittelbaren Gesellschafters zu bestimmen.16 Diese erfolgt in zwei Schritten: Zunächst werden die Überlegungen in der Literatur und Rechtsprechung, die auf ab11
S. o. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 188. 13 Habersack, ZIP 2008, 2383, 2383. 14 „Die wirtschaftliche Entsprechung ist der einzige gesetzlich kodifizierte Anhaltspunkt für die Frage, wann ein Darlehen eines verbundenen Unternehmens, das nicht schon selbst Adressat des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 ist, dem Recht der Gesellschafterdarlehen unterliegen soll.“, Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 188; „Ausweislich der Regierungsbegründung wird hierdurch der bisherige § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG in personeller (,Dritte‘) und sachlicher Hinsicht übernommen, sodass die Neuregelung, obschon sie ,Rechtshandlungen eines Dritten‘ nicht mehr ausdrücklich anspricht, nicht nur für einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Finanzierungen (sei es durch Darlehen oder durch eine vergleichbare Leistung) durch bestimmte Dritte gelten soll.“, Habersack, ZIP 2008, 2383, 2387. 15 S. o. 16 Dies beruht auch auf dem Umstand, dass die Diskussion bereits unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechtes gänzlich ausuferte, vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 336; zum Streitstand in Bezug auf das frühere Eigenkapitalersatzrecht Fleischer, in: v. Gerkan/Hommelhoff, Rn. 12.1 ff.; Rieger, Eigenkapitalersatz in Beteiligungsverhältnissen, S. 63 ff. Auf der einen Seite der Extreme fanden sich Vertreter, die eine „wirtschaftliche Einheit“ forderten, wie man sie nur bei Vertragskonzernen vorfindet bzw. sofern lediglich Mehrheitsverhältnisse gegeben sind, nach zusätzlichen Einflussmöglichkeiten verlangten. Auf der anderen Seite des Spektrums positionierten sich Vertreter, für die bereits eine Minderheitsbeteiligung für die Einbeziehung genügten und gerade keinen beherrschenden Einfluss auf die unmittelbaren Gesellschafter für nötig erachteten, so insbesondere Altmeppen, in: FS Kropff, S. 641, 661 ff.; ihm folgend OLG Hamburg, Urt. v. 16. 12. 2005 – 11 U 198/05, ZIP 2006, 129, 130 f. Die Rechtsprechung hat sich in den Wirren dieser Diskussion auf den Standpunkt gestellt, dass eine Beteiligung an der Zwischengesellschaft, die 50 % übersteigt als ausreichend zu erachten ist, vgl. BGH, Urt. v. 21. 11. 2005 – II ZR 277/03, NJW 2006, 1283, 1285; vgl. Habersack, ZIP 2008, 2383, 2388; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 338. 12
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
193
straktem Wege versuchen, den Maßstab für eine Einbeziehung des mittelbaren Gesellschafters zu definieren, analysiert und ein abstrakter Maßstab definiert, um darauf aufbauend in einem zweiten Schritt einen konkreten Maßstab herausarbeiten zu können.17 1. Abstrakte Überlegungen hinsichtlich der Maßstabsbeziehung Zunächst ist ein abstrakter Maßstab aufzustellen, wonach ein mittelbarer Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden soll. a) Auf Rechnung des Gesellschafters Wenn es darum geht, einen abstrakten Maßstab dafür aufzustellen, wann ein mittelbarer Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst werden soll, gehen die Vordenker des (neuen) Gesellschafterdarlehensrechts Habersack18 und Huber19 bei der Bestimmung eines solchen Maßstabes am restriktivsten vor. Ausgehend vom Prinzip der Haftungsbeschränkung soll ein Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters nur dann den Wirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts unterfallen, wenn das Darlehen auf Rechnung des Gesellschafters erfolgt.20 Damit sind Fälle der mittelbaren Stellvertretung gemeint. Dies sind – abgesehen von Konstellationen innerhalb eines Vertragskonzerns oder aktienrechtlichen Eingliederungskonzerns (bei denen die Trennung des Vermögens von Tochter- und Muttergesellschaft aufgehoben ist und demzufolge eine wirtschaftliche Einheit besteht) – Konstellationen, „in denen die Finanzierung durch ein Verbundunternehmen mit Mitteln oder für die Rechnung des Gesellschafters erfolgt“.21 Der von anderen führenden Stimmen geforderte Einfluss des mittelbaren Gesellschafters auf den unmittelbaren Gesellschafter der finanzierten Gesellschaft sei vor dem Hintergrund des Prinzips der Haftungsbeschränkung allein nicht ausreichend, um ein Darlehen in den Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechts miteinzubeziehen, da es mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehe.22 Dies begründet Habersack damit, dass das „Aktien- und GmbH-Recht auf die Einflussnahme auf die Geschäftsführung weder mit der Verlagerung des unternehmerischen Risikos der Gesellschaft noch mit der Haftung für die Gesellschaftsschulden“ reagiere.23 Weiterhin stellt er sich auf den Standpunkt, dass ein mittelbarer 17
S. u. Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 84 ff.; ders., ZIP 2008, 2383, 2389; teilweise zustimmend Preuß, in: Kübler/Prütting/Preuß, InsO, § 39 Rn. 79. 19 Ähnlich Huber, in: FS Priester, S. 259, 280. 20 Habersack, ZIP 2008, 2383, 2389; dem entgegentretend BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 227. 21 Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 84; ders., ZIP 2008, 2383, 2389. 22 Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 85. 23 Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 85; ders., ZIP 2008, 2383, 2389. 18
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Gesellschafter nicht innerhalb des Haftungsverbunds der finanzierten Gesellschaft stehe und sich damit auch nicht deren Haftungsbeschränkung zu Nutze machen könne.24 Gegen diese Ansicht spricht vor allem, dass das Prinzip der Haftungsbeschränkung nach der hier vertretenen Auffassung lediglich der Ausgangspunkt der Normzwecküberlegungen ist, diese aber nicht vollständig beschreibt.25 Darüber hinaus ist die Argumentation Habersacks aber auch in Bezug auf die Nutzbarmachung der Haftungsbeschränkung in verschiedener Hinsicht nicht schlüssig.26 Zum einen mag ein mittelbar mit der Gesellschaft verbundenes Unternehmen nicht direkt von dem Privileg der Haftungsbeschränkung Gebrauch machen, es profitiert aber gerade auf mittelbare Art und Weise von der Haftungsbeschränkung, indem es zwar an den Gewinnen partizipiert, aber vollkommen von den Haftungsrisiken abgeschirmt ist.27 Paradigmatisch hierfür ist die gesellschaftsrechtliche Struktur von Private Equity Fonds, die sich gerade die Haftungsbeschränkung der zwischengeschalteten Erwerbsgesellschaften zu Nutze macht.28 Zum anderen ist das Argument, dass das „Aktien- und GmbH-Recht auf die Einflussnahme auf die Geschäftsführung weder mit der Verlagerung des unternehmerischen Risikos der Gesellschaft noch mit der Haftung für die Gesellschaftsschulden“29 reagiert, wenig überzeugend.30 Denn ein Blick auf § 311 Abs. 1 AktG zeigt, dass ein herrschendes Unternehmen eine abhängige Gesellschaft nur dann zu einem für sie nachteiligen Geschäft veranlassen darf, wenn der dadurch entstehende Nachteil seiner Art nach ausgeglichen werden kann und das herrschende Unternehmen den Nachteil fristgerecht gemäß § 311 Abs. 2 AktG ausgleicht. Sofern gegen diese Vorgaben verstoßen wird, haften sowohl das herrschende Unternehmen, seine Geschäftsleiter als auch die verantwortlichen Verwaltungsmitglieder der abhängigen Gesellschaft auf Schadensersatz.31
24
Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 85; ders., ZIP 2008, 2383, 2389; so verstanden auch von Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 194. 25 S. o. 26 Gegen Habersacks Ansicht BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 229, 226 f., der eine solche restriktive Handhabung nicht mit der beabsichtigen Vereinfachung des Gesellschafterdarlehensrechts in Einklang sieht. Gegen die Argumentation des Bundesgerichtshofs aber mit anderen Gründen dagegen Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 194 ff.; zur weiteren Kritik Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 346 f.; ferner K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 51. 27 Dies ebenfalls kritisierend Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 194; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 347. 28 S. o. 29 Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 85; ders., ZIP 2008, 2383, 2389. 30 So auch ohne nähere Begründung Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 346. 31 Vgl. §§ 317, 318, 93, 116 AktG; vgl. auch Altmeppen, in: MüKo, AktG, § 311 Rn. 8.
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
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b) Maßgebliche Beteiligung Im Gegensatz dazu spricht sich ein Großteil des Schrifttums für einen weniger restriktiven Ansatz aus und fordert – mit unterschiedlichen Begründungsansätzen – einen „bestimmenden Einfluss“ oder eine „maßgebliche Beteiligung“ des mittelbaren Gesellschafters über den unmittelbaren Gesellschafter an der finanzierten Gesellschaft.32 Der mittelbare Einfluss auf Grund der Beteiligung des mittelbaren Gesellschafters am unmittelbaren Gesellschafter muss mit dem unmittelbaren Einfluss dem Ausmaß nach vergleichbar sein.33 Auch der Bundesgerichtshof hatte sich in einer früheren Entscheidung dafür ausgesprochen, die zum Eigenkapitalersatzrecht aufgestellten Leitlinien für Gleichordnungsfälle trotz des geänderten Normzwecks beizubehalten, und hatte weiter ausgeführt, dass der „mittelbar an einer Gesellschaft Beteiligte […] hinsichtlich seiner Kredithilfen für die Gesellschaft wie ein unmittelbarer Gesellschafter zu behandeln [ist]. Dies gilt jedenfalls für den Gesellschafter-Gesellschafter, also denjenigen, der an der Gesellschafterin der Gesellschaft beteiligt ist und aufgrund einer qualifizierten Anteilsmehrheit einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann.“34
Die Frage, ob auch eine Zurechnung unterhalb einer solchen Beteiligungsschwelle möglich ist, hatte der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung offengelassen, aber schon damals dafür Sympathien gezeigt: „Angesichts dieser Beteiligungsverhältnisse kann dahinstehen, ob – was nahe liegt – auch bereits nach Überschreiten der Kleinbeteiligungsschwelle ein von dem Gesellschafter-Gesellschafter gewährtes Darlehen dem Nachrang des § 39 I Nr. 5 InsO unterliegt.“35 32
Siehe zum Meinungsstand Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 87; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 247 f., 249; ähnlich auch zum neuen Gesellschafterdarlehensrecht Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 342 ff., der darauf abstellt, dass der mittelbare Gesellschafter durch die unmittelbare Gesellschaft hindurch seinen Einfluss wahrnehmen kann. Davon sei jedenfalls bei einer Mehrheitsbeteiligung am unmittelbaren Gesellschafter auszugehen, wenn der Gesellschafter in der Lage ist eine „durchgehende Befehlskette“ (S. 343) zu etablieren. Im Einzelfall könne aber auch eine Minderheitsbeteiligung ausreichen, sondern das weniger an unternehmerischer Beteiligung durch ein mehr an unternehmerischen Einfluss ausgeglichen werde. 33 Dies soll in der Regel dann gegeben sein, wenn der mittelbare Gesellschafter über eine Mehrheitsbeteiligung am unmittelbaren Gesellschafter verfügt. Ausnahmsweise soll auch eine Minderheitsbeteiligung ausreichen, sofern „das Weniger an unternehmerischer Beteiligung durch ein Mehr an unternehmerischen Einfluss (z. B. durch Geschäftsführerbefugnisse, Weisungsrecht, Zustimmungsvorbehalte) ausgeglichen werden“, Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 257 m. w. N. in Fn. 303. 34 Zum neuen Gesellschafterdarlehensrecht BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 227 Rn. 21; noch zum Eigenkapitalersatzrecht BGH, Urt. v. 21. 9. 1981 – II ZR 104/ 80, BGHZ 311, 315 f.; BGH, Urt. v. 24. 9. 1990 – II ZR 174/89 = NJW 1991, 357, 358; BGH, Urt. v. 21. 11. 2005 – II ZR 277/03 = NJW 2006, 1283, 1285. 35 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 227 Rn. 21; dies bestätigend BGH, Urteil v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18 = NZI 2019, 169 ff.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Dieser restriktive Ansatz fußt auf den zum Eigenkapitalersatzrecht aufgestellten Leitlinien und damit auf dem Ansatz der Finanzierungsfolgenverantwortung und ist so besehen, unter Zugrundelegung dieser Normzweckerwägung, in sich konsistent.36 Gegen diesen Ansatz spricht daher vor allem, dass eine Fortgeltung der Finanzierungsfolgenverantwortung aus den oben genannten Gründen abzulehnen ist.37 Darüber hinaus ist gegen diese Ansicht auch die gesetzgeberische Wertung, die sich dem Kleinbeteiligtenprivileg des § 39 Abs. 5 InsO entnehmen lässt, ins Feld zu führen.38 Denn aus dieser ausdrücklichen Wertung des Gesetzgebers – die eben auch für gesellschaftsgleiche Dritte gilt39 – ergibt sich, dass im Rahmen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts bereits eine Beteiligung eines Gesellschafters von mehr als 10 % ausreichend ist, um als Gesellschafter dem Gesellschafterdarlehensrecht zu unterliegen und gerade keine maßgebliche Beteiligung von Nöten ist. Des Weiteren öffnet das Erfordernis einer „maßgeblichen Beteiligung“ Umgehungsgestaltungen Tür und Tor. Allein durch die Zwischenschaltung mehrerer Zweckgesellschaften ließe sich die Beteiligung eines mittelbaren Gesellschafters derart verwässern, dass seine Darlehensrückgewährforderungen nicht mehr dem Gesellschafterdarlehensrecht unterfallen.40 c) Kleinbeteiligungsschwelle Nach anderer Ansicht orientiert sich der Maßstab, wann ein mittelbarer Gesellschafter in das Gesellschafterdarlehensrecht miteinbezogen werden soll, an der gesetzlichen Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs (§ 39 Abs. 5 InsO), wonach für einen unmittelbaren nicht geschäftsführenden Gesellschafter eine 10 %-Beteiligung an der finanzierten Gesellschaft ausreichend ist, um dem Gesellschafterdarlehensrecht zu unterliegen.41 Danach ist das Darlehen eines mittelbaren Gesellschafters in den Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechts mit einzubeziehen, wenn der mittelbare Gesellschafter über eine mittelbare Beteiligung an der darlehensnehmenden Gesellschaft verfügt, die die 10 %-Schwelle übersteigt.42 36
Vgl. Habersack, ZIP 2008, 2383, 2389; Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 191. 37 Vgl. oben. 38 So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 191. 39 Das Kleinbeteiligtenprivileg gilt auch für Dritte, siehe hierzu Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 210 ff. 40 Siehe hierzu auch mit Beispielen Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 192. 41 BGH, Urt. v. 18. 7. 2013 – IX ZR 219/11, ZIP 2013, 1579 ff. m. Anm. Bitter, ZIP 2013, 1583, 1586 f.; Kortleben, NZI 2017, 600, 601 f.; Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 195; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 259 f. 42 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 59 ff.; ders., in: FS Kropff, S. 641, 661 ff.; ders., ZIP 1993, 1677, 1682; OLG Hamburg, Urt. v. 16. 12. 2005 – 11 U 198/05, ZIP 2006, 129, 130 f.; ähnlich auch mit einem abweichenden Begründungsansatz Bitter, ZIP
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Auf dieser Linie judiziert auch das OLG Hamm, welches es für einen mittelbaren Gesellschafter als ausreichend erachtet, wenn dessen Beteiligung die Kleinbeteiligungsschwelle des § 39 Abs. 5 InsO überschritten hat.43 Dieser Ansicht hat sich nun auch der Bundesgerichtshof angeschlossen. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2019 hat er in Bezug auf vertikale Verbindungen klargestellt, dass es für die Einbeziehung eines mittelbaren Gesellschafters in das Gesellschafterdarlehensrecht abgesehen von dem Kleinbeteiligtenprivileg des § 39 Abs. 5 InsO keiner Mindestbeteiligung des mittelbaren Gesellschafters an der darlehensnehmenden Gesellschaft bedürfe.44 Der Gesellschafter könne sich seiner Verantwortung nicht entziehen, indem er eine oder mehrere Gesellschaften zwischenschaltet.45 Es widerspräche Sinn und Zweck der vom Gesetz angeordneten Gleichstellung bestimmter Forderungen mit den Gesellschafterdarlehen, einen etwa unmittelbar mit 15 % beteiligten Gesellschafter schlechter als einen mittelbar in gleicher Höhe oder gar stärker beteiligten Gesellschafter zu stellen. Allerdings wendet der Bundesgerichtshof – anders als das Schrifttum und das OLG Hamm – nicht nur die Beteiligungsschwelle des § 39 Abs. 5 InsO, sondern das gesamte Kleinbeteiligtenprivileg des § 39 Abs. 5 InsO auf den mittelbaren Gesellschafter an, wonach der Gesellschafter weder Geschäftsführer der Gesellschaft noch mit mehr als 10 % am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sein darf.46 2013, 1583, 1586; ders., in: Scholz, GmbHG, § 64 Anh. Rn. 263; Kleindiek, in: HK-InsO, § 39 Rn. 48; Wilhelm, BB 2013, 1107; Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 195: „Verfügt die nicht geschäftsführende Mutter über eine mittelbare Beteiligung an der Enkelin, die größer 10 % beträgt, so erfüllt die Muttergesellschaft die beiden notwendigen Voraussetzungen, um nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO unter Beachtung des § 39 Abs. 5 als gesellschaftergleiche Dritte in das Recht der Gesellschafterdarlehen einbezogen zu werden“; im Sinne des Kleinbeteiligtenprivilegs wohl auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 259 f., der die 10 % Hürde aber lediglich als Kriterium für eine Unternehmenswertbeteiligung sieht und nicht auch als Möglichkeit der Einflussnahme; ebenso Liebendörfer, Unternehmensfinanzierung, S. 166 ff.; anders dagegen Schall, ZHR 173 (2009), 846, 853: „Wie sich insbesondere an der Neufassung des Kleinbeteiligtenprivilegs in § 39 Abs. 5 InsO ablesen lässt, kommt es auf die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten eines Gesellschafters nach neuer Rechtslage nicht mehr an. Die Einebnung rechtsformspezifischer Unterschiede durch die Einführung eines einheitlichen Schwellenwertes von mindestens 10 % des Haftkapitals macht deutlich, dass der Gesetzgeber künftig schon eine nicht unerhebliche Beteiligung des Gesellschafters als ausreichend erachtet, um dessen Einbeziehung in den persönlichen Anwendungsbereich zu rechtfertigen.“ Hiergegen zu Recht jedoch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 348: „Vor allem will das neue Recht ausweislich § 39 V InsO auf das Kalkül von Personen einwirken, die nicht nur Anreize zum Missbrauch der beschränkten Haftung haben, sondern auch über ein gewisses Potential hierzu verfügen.“ 43 OLG Hamm, Urt. v. 16. 2. 2017 – I-27 U 83/16, NZI 2017, 625. Die Entscheidung begrüßend Kortleben, NZI 2017, 600 ff. 44 So nunmehr auch BGH, Urteil v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18 = NZI 2019, 169 Rn. 15. 45 Voraussetzung sei allein, dass infolge der Mediatisierung nicht das Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO zur Anwendung gelangt. 46 So führt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung BGH, Urt. v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18, NZI 2019, 169 Rn. 15 aus, dass in dem zu entscheidenden Fall die mittelbare Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft zwar wirtschaftlich einem Anteil von weniger als vier
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Diese Ansicht, die sich an der gesetzlichen Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs gemäß § 39 Abs. 5 InsO orientiert, steht sowohl mit der Systematik des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als auch dem Sinn und Zweck des neuen Gesellschafterdarlehensrechts im Einklang. Aus systematischer Sicht spricht für diese Ansicht, dass sich der Verweis in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf das in § 39 Abs. 5 InsO geregelte Kleinbeteiligtenprivileg nicht nur auf Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens bezieht, sondern auch auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.47 Damit gilt das Kleinbeteiligtenprivileg auch für Dritte.48 Aus der ausdrücklichen Wertung des Gesetzgebers in § 39 Abs. 5 InsO ergibt sich, dass im Rahmen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts bereits eine Beteiligung eines Gesellschafters von mehr als 10 % ausreichend ist.49 Zudem wird diese Ansicht auch dem neuen Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts gerecht, der nach der Neuregelung aus Gläubigerschutzerwägungen kombiniert mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten eines Gesellschafters besteht.50 So werden Gesellschafter nach der hier vertretenen Ansicht nicht nur zum Schutz der Gläubiger vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst, sondern auch weil sie aufgrund ihrer Mitwirkungsrechte ein gewisses Maß an Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft haben und aufgrund ihrer Vermögensrechte am Gewinn und an Wertsteigerungen des Unternehmens partizipieren. Bei einem solchen Verständnis der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts erfordert die Gleichstellung eines mittelbaren Gesellschafters mit einem unmittelbaren Gesellschafter eine vergleichbare Gewinnbeteiligung und vergleichbare Einflussmöglichkeiten.51 Diesen Erfordernissen wird diese Ansicht weitestgehend gerecht. Mittelbare Gesellschafter mit einer mittelbaren Beteiligung von mehr als 10 % partizipieren ebenfalls mittelbar über die Zwischengesellschaft an den Gewinnen bzw. an der Wertsteigerung der finanzierten Gesellschaft, sodass das Element der Vermögensrechte der teleologischen Einbeziehungsvoraussetzungen gegeben ist.52 Zudem kann von der Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs auch auf das Einflusspotential geschlussfolgert werden, sodass auch das Element der Mitwirkungsrechte gegeben ist. Denn die Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs bildet nicht nur das Beteiligungsverhältnis ab, sondern
Prozent entsprach. Gleichwohl aber das Kleinbeteiligtenprivileg nicht anwendbar sei, weil der Gesellschafter als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch die Geschäfte der Gesellschaft führte. 47 Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 210. 48 Siehe dazu, dass das Kleinbeteiligtenprivileg auch für Dritte gilt, Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 210 ff.; Engert, ZGR 2012, 835, 867 f. 49 Vgl. Behme, in: MüKo, InsO, § 39 Rn. 65. 50 S. o. 51 So auch Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 209; Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1292; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 326 f. 52 Siehe hierzu auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 342; Rieger, Eigenkapitalersatzrecht in Beteiligungsverhältnissen, S. 93 f.
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stellt auch einen Anscheinsbeweis für das Einflusspotential des Gesellschafters dar.53 Davon geht auch der Gesetzgeber aus, wenn er annimmt, dass es bei einer geringfügigen Beteiligung von 10 % oder weniger typischerweise an der unternehmerischen (Mit-)Verantwortung fehlt.54 Dagegen kann natürlich eingewandt werden, dass die Mitwirkungsrechte im Einzelfall ganz anders ausgestaltet sein können, sodass ein mittelbarer Gesellschafter, der mit weniger als 10 % am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt ist, über deutlich mehr Mitwirkungsrechte verfügt oder anders herum.55 Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass diese Schwäche eines Anscheinsbeweises durch den Zugewinn an Rechtssicherheit aufgewogen wird. Schließlich gilt auch hier, dass sich durch die Zwischenschaltung mehrerer Zweckgesellschaften die Beteiligung des mittelbaren Gesellschafters derart verwässern ließe, dass seine Darlehensrückgewährforderungen nicht mehr dem Gesellschafterdarlehensrecht unterfallen.56 Allerdings ist die Hürde bei einer 10 % Beteiligung deutlich höher als bei einer maßgeblichen Beteiligung. Das verbleibende Risiko wird durch die mit der 10%-Schwelle gewonnene Rechtssicherheit aufgewogen. d) Stellungnahme Die abstrakte Bestimmung eines Maßstabes, wann ein mittelbarer Gesellschafter in den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO fällt, erschließt sich aus der Systematik des Gesetzes verknüpft mit einer teleologischen Betrachtungsweise. Aus systematischer Sicht sprechen für eine Anwendung der Kleinbeteiligungsschwelle die oben genannten Argumente: So ergibt sich aus der ausdrücklichen Wertung des Gesetzgebers in § 39 Abs. 5 InsO, dass im Rahmen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts bereits eine Beteiligung eines Gesellschafters am Haftkapital von mehr als 10 % ausreichend ist. Diese Wertung muss aus systematischen Gründen auch für die Einbeziehung Dritter in das Gesellschafterdarlehensrecht gelten. Denn der in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO geregelte Verweis auf das in § 39 Abs. 5 InsO geregelte Kleinbeteiligtenprivileg bezieht sich nicht nur auf Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens, sondern auch auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.57 Der Kleinbeteiligungsschwelle ist aus systematischen Gesichtspunkten auch der Vorzug vor dem anderen vorgeschlagenen Schwellenwert – der maßgeblichen Beteiligung – 53 Vgl. zu dieser typisierenden Vermutung die Anmerkung Haas, NZI 2019, 171, 172; ders., ZInsO 2007, 617, 619; Huber/Habersack, BB 2006, 1, 3 f.; Behme, in: MüKo, InsO, § 39 Rn. 65. 54 BT-Drucks 13/7141, abgedr. in ZIP 1997, 707, 709. 55 Vgl. Dauner-Lieb, DStR 1998, 609, 613. 56 Siehe hierzu auch mit Beispielen Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 192. 57 Dass das Kleinbeteiligtenprivileg auch für Dritte gilt, siehe hierzu Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 210 ff.; Engert, ZGR 2012, 835, 867 f.
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zu geben. Denn der Schwellenwert der maßgeblichen Beteiligung ergibt sich aus § 17 AktG.58 Danach liegt eine maßgebliche Beteiligung bei einer Mehrheitsbeteiligung vor, die einen beherrschenden Einfluss erlaubt.59 Es handelt sich bei diesem Schwellenwert also – anders als bei der Kleinbeteiligungsschwelle – nicht um eine insolvenzrechtliche Regelung des Gesellschafterdarlehensrecht, sondern um eine konzernrechtliche Regelung im Aktienrecht. Ausgangspunkt einer teleologischen Beurteilung ist – wie zuvor bereits dargestellt – die Facette der Normzwecküberlegungen hinsichtlich des Gesellschafterdarlehensrechts, die eine Erklärung dafür liefert, warum gerade der Gesellschafter vom Gesellschafterdarlehensrecht erfasst sein soll und nicht etwa ein darlehensgewährender Geschäftsführer.60 Dies sind nach hier vertretener Ansicht die Mitwirkungsrechte, die einem Gesellschafter ein gewisses Maß an Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zukommen lassen,61 sowie die Vermögensrechte eines Gesellschafters, die ihm eine Gewinnpartizipation und eine Teilhabe am Unternehmenswert ermöglichen.62 Dadurch, dass ein mittelbarer Gesellschafter mittelbar über die Zwischengesellschaft an den Gewinnen bzw. an der Wertsteigerung der finanzierten Gesellschaft partizipiert, ist das Element der Vermögensrechte der teleologischen Einbeziehungsvoraussetzungen gegeben.63 Weitaus schwieriger erscheint die Frage, welches Maß an Einfluss und welche Beteiligungshöhe einem mittelbaren Gesellschafter zustehen muss, damit auch seine Mitwirkungsrechte im Sinne der Legitimationsgrundlage zur Geltung kommen. Zwar kann – wie zuvor dargestellt – von der Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs auch auf das Einflusspotential geschlussfolgert werden. Denn die Schwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs bildet nicht nur das Beteiligungsverhältnis ab, sondern stellt auch einen Anscheinsbeweis für das Einflusspotential des Gesellschafters dar. Davon geht auch der Gesetzgeber aus, wenn er annimmt, dass es bei einer geringfügigen Beteiligung von
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K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 51. K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 51. 60 S. o. 61 A. A. Schall, ZHR 173 (2009), 846, 853: „Wie sich insbesondere an der Neufassung des Kleinbeteiligtenprivilegs in § 39 Abs. 5 InsO ablesen lässt, kommt es auf die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten eines Gesellschafters nach neuer Rechtslage nicht mehr an. Die Einebnung rechtsformspezifischer Unterschiede durch die Einführung eines einheitlichen Schwellenwertes von mindestens 10 % des Haftkapitals macht deutlich, dass der Gesetzgeber künftig schon eine nicht unerhebliche Beteiligung des Gesellschafters als ausreichend erachtet, um dessen Einbeziehung in den persönlichen Anwendungsbereich zu rechtfertigen.“ Hiergegen zu Recht jedoch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 348: „Vor allem will das neue Recht ausweislich § 39 V InsO auf das Kalkül von Personen einwirken, die nicht nur Anreize zum Missbrauch der beschränkten Haftung haben, sondern auch über ein gewisses Potential hierzu verfügen.“ 62 S. o.; ähnlich Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 209. 63 Siehe hierzu auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 342; Rieger, Eigenkapitalersatzrecht in Beteiligungsverhältnissen, S. 93 f. 59
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unter 10 % typischerweise an der unternehmerischen (Mit-)Verantwortung fehlt.64 Nichts anderes kann für einen mittelbaren Gesellschafter gelten.65 Da es sich jedoch nur um einen Anscheinsbeweis handelt, können die Mitwirkungsrechte tatsächlich im Einzelfall ganz anders ausgestaltet sein. Das tatsächliche Einflusspotential ergibt sich allein aus den Mitwirkungsrechten.66 Daher stellt sich die Frage, ob bei der Bestimmung eines abstrakten Maßstabes ein weiteres Kriterium neben der Kleinbeteiligungsschwelle herangezogen werden sollte, um die Mitwirkungsrechte und damit das tatsächliche Einflusspotential besser zu erfassen. Dabei darf jedoch nicht die durch die Kleinbeteiligungsschwelle gewonnene Rechtssicherheit kompromittiert werden. Vor diesem Hintergrund kommen als weiteres Kriterium insbesondere das vom Bundesgerichtshof in seiner jüngsten Entscheidung67 ins Feld geführte Kleinbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO sowie der beherrschende Einfluss gemäß § 290 Abs. 2 HGB in Betracht. Voraussetzung des Kleinbeteiligungsprivilegs gemäß § 39 Abs. 5 InsO ist, dass der Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung und mit weniger als 10 % am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt ist. Dagegen besteht nach § 290 Abs. 2 HGB ein beherrschender Einfluss eines Mutterunternehmens stets, wenn ihm bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte der Gesellschafter zusteht; ihm bei einem anderen Unternehmen das Recht zusteht, die Mehrheit der Mitglieder des die Finanz- und Geschäftspolitik bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen, und es gleichzeitig Gesellschafter ist; ihm das Recht zusteht, die Finanz- und Geschäftspolitik auf Grund eines mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Beherrschungsvertrags oder auf Grund einer Bestimmung in der Satzung des anderen Unternehmens zu bestimmen oder es bei wirtschaftlicher Betrachtung die Mehrheit der Risiken und Chancen eines Unternehmens trägt, das zur Erreichung eines eng begrenzten und genau definierten Ziels des Mutterunternehmens dient (Zweckgesellschaft). Aus systematischer Sicht ist zunächst festzustellen, dass beide Regelungen in ihrem Anwendungsbereich für Gesellschafter von Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personengesellschaften gelten.68 Dennoch spricht aus systematischer Warte für die Heranziehung der zweiten Voraussetzung des § 39 Abs. 5 InsO, dass diese Regelung ausdrücklich vom Gesetzgeber für das Gesellschafterdarlehensrecht entwickelt worden ist. Dagegen handelt es sich bei § 290 Abs. 2 HGB um 64 BT-Drucks. 13/7141, abgedr. in ZIP 1997, 707, 709; vgl. auch Schall, ZHR 173 (2009), 846, 853. 65 A. A. Haas, NZI 2019, 169, 172, für den die typisierende Sichtweise des § 39 Abs. 5 InsO mit der – in der wirtschaftlichen Betrachtungsweise angelegten – wertenden Einzelfallbetrachtung i. R. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO in einem Spannungsverhältnis steht. 66 So etwa Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 352 f. 67 BGH, Urt. v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18, ZIP 2019, 182. 68 Vgl. zu § 290 Abs. 2 AktG Busse von Colbe, in: MüKo-HGB, § 290 Rn. 11; für § 39 Abs. 5 InsO ergibt sich dies aus dem Verweis auf § 39 Abs. 4 S. 1 InsO.
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eine konzernrechtliche Regelung im Zusammenhang mit der Konzernabschlusspflicht. Zudem gilt diese nur für den unmittelbaren und nicht für den mittelbaren Gesellschafter.69 Des Weiteren ist der ausdrücklichen Wertung des Gesetzgebers in § 39 Abs. 5 InsO zu entnehmen, dass im Rahmen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts bereits eine Beteiligung eines Gesellschafters am Haftkapital von mehr als 10 % oder an der Geschäftsführung ausreichend ist, um dem Gesellschafterdarlehensrecht zu unterliegen. Danach bedarf es nach der gesetzgeberischen Wertung keines beherrschenden Einflusses im Sinne des § 290 Abs. 2 HGB, sondern jede – auch eine nicht überwiegende – Einflussmöglichkeit auf die Geschäftsleitung ist ausreichend. Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Wertung nicht auch ebenso für mittelbare Gesellschafter gelten sollte. Schließlich hat die Anwendung der zweiten Voraussetzung des § 39 Abs. 5 InsO aus systematischer Sicht den Charme, dass eine gesetzliche Regelung – das Kleinbeteiligtenprivileg – angewendet wird und nicht zwei Kriterien – die Kleinbeteiligungsschwelle des Kleinbeteiligtenprivilegs und der beherrschende Einfluss des § 290 Abs. 2 HGB – aus unterschiedlichen Rechtsgebieten herangezogen werden. Im Rahmen einer teleologischen Betrachtung ist zunächst festzuhalten, dass beide Kriterien ausschließlich dazu dienen, dass Einflusspotential eines Gesellschafters zu bestimmen. Zur Bestimmung der Vermögensrechte eines Gesellschafters sind beide Kriterien nicht geeignet. Das bedeutet, dass der mittelbare Gesellschafter immer auch an der finanzierten Gesellschaft beteiligt sein muss, wobei auch eine Kapitalbeteiligung von weniger als 10 % ausreichend ist. Nach dem neuen Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts kommt es nach der hier vertretenen Ansicht darauf an, dass der Gesellschafter aufgrund seiner Mitwirkungsrechte ein gewisses Maß an Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft und auf die damit einhergehende Steuerung des Insolvenzrisikos hat.70 Ein beherrschender Einfluss ist dagegen nicht erforderlich. Zur Erfüllung dieses Zwecks ist es vollkommen ausreichend, wenn neben dem Anscheinsbeweis der Kleinbeteiligungsschwelle noch auf das Kriterium der Beteiligung an der Geschäftsführung abgestellt wird. Dagegen sind die Voraussetzungen des § 290 Abs. 2 HGB mit Blick auf den Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts viel zu restriktiv. Denn danach muss nicht nur ein gewisses Maß an Einfluss vorliegen, sondern der Gesellschafter muss die Geschäfte der Gesellschaft beherrschen, indem er beispielsweise die Mehrheit der Stimmrechte hat oder die Mehrheit der Mitglieder des bestimmenden Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans bestellen und abberufen kann. Daher spricht der Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts für eine Anwendung der zweiten Voraussetzung des § 39 Abs. 5 InsO und nicht für eine Anwendung des Kontrollbegriffs des § 290 Abs. 2 HGB. 69
§ 290 Abs. 1 HGB gilt auch für mehrstufige Konzern; die Regelung zum beherrschenden Einfluss in § 290 Abs. 2 HGB gilt jedoch nur für den beherrschenden Einfluss eines Mutterunternehmens auf ein Tochterunternehmen. 70 S. o.
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Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein mittelbarer Gesellschafter – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – in das Gesellschafterdarlehensrecht einzubeziehen ist, wenn er eine mittelbare Beteiligung an der finanzierten Gesellschaft von mehr als 10 % des Haftkapitals hält und/oder an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist. 2. Konkrete Überlegungen hinsichtlich der Maßstabsbestimmung Mag man über die abstrakte Bestimmung des benötigten mittelbaren Beteiligungsverhältnisses des mittelbaren Gesellschafters an der tatsächlichen Darlehensnehmerin trefflich streiten, wird eine konkrete Bestimmung des Einflusses, insbesondere im Schrifttum weitestgehend gemieden.71 Im Folgenden wird untersucht, wie das Vorliegen der abstrakten Voraussetzungen zur Einbeziehung eines mittelbaren Gesellschafters konkret bestimmt wird. Dabei wird für die verschiedenen haftungsbeschränkten Kapitalgesellschaften jeweils untersucht, wie das konkret in Rede stehende Beteiligungsverhältnis ausgestaltet sein muss, damit sich eine Beteiligungsquote von 10 % und mehr ergibt, und wann der Gesellschafter an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist. a) GmbH Bei der rein abstrakten Bestimmung des Einflusses eines mittelbaren Gesellschafters werden die beiden Beteiligungsverhältnisse72 (Beteiligungsverhältnis 1: Mittelbarer Gesellschafter – unmittelbarer Gesellschafter sowie Beteiligungsverhältnis 2: unmittelbarer Gesellschafter – Darlehensnehmerin) gerne vermischt, sodass unklar bleibt, wie die konkret in Rede stehenden Beteiligungsverhältnisse ausgestaltet sein müssen, damit sich eine Beteiligungsquote von 10 % und mehr ergibt. Das gleiche Problem stellt sich auch im Rahmen der überwiegend im Schrifttum vertretenen Ansicht, die auf eine maßgebliche Beteiligung abstellt.73 Bisweilen werden von den Vertretern dieser Ansicht einzelne Fallgruppen herausgearbeitet und dabei eindeutige Fälle von weniger eindeutigen Fällen abgeschichtet.74 Auf Grund der Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten wird dieses Vorgehen der Rechtspraxis nicht gerecht und kann keine ausreichende Rechtssicherheit gewährleisten. 71 Anders Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 59 ff.; Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 74; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 335 ff. 72 Dies gilt ebenso für mehrstufige Beteiligungsverhältnisse. 73 Vgl. hierzu Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 248 Fn. 241. 74 So etwa Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 342 ff.; vgl. auch Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 168 ff.
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Mittelbarer Gesellschafter Beteiligungsverhältnis 1 Unmittelbarer Gesellschafter
Beteiligungsverhältnis 2 Darlehensnehmerin
Vor diesem Hintergrund bieten sich zwei aus dem Konzernrecht bekannte Methoden an, die aufgrund ihrer einfachen Handhabung in der Praxis eine ausreichende Rechtssicherheit gewährleisten können. Die erste Methode zur Ermittlung der Beteiligungsquote ist die additive Methode (auch „volle Zurechnung“ genannt).75 Um die Beteiligungsquote zu ermitteln wird bei dieser Methode die Perspektive des unmittelbaren Gesellschafters eingenommen. Die Beteiligungsquote entspricht hiernach der direkten Beteiligung des unmittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft.76 Wenn der mittelbare Gesellschafter zu 50 % an dem unmittelbaren Gesellschafter beteiligt ist, der wiederum mit 20 % an der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist, beträgt das „mittelbare Beteiligungsverhältnis“ des mittelbaren Gesellschafters nach dieser Methode 20 %. Eine weitere Methode zur Ermittlung der maßgeblichen Beteiligungsquote stellt die Multiplikatorenmethode dar.77 Mit dieser lassen sich in sämtlichen Konstellationen – auch über mehrere Beteiligungsverhältnisse hinweg – exakte Ergebnisse erzielen. Hierbei wird die Beteiligungsquote, die der unmittelbare Gesellschafter an der finanzierten Gesellschaft hält, mit dem Anteil des mittelbaren Gesellschafters an dem unmittelbaren Gesellschafter multipliziert, um so die maßgebliche 10%-Hürde zu ermitteln.78 Wenn der mittelbare Gesellschafter zu 50 % an dem unmittelbaren Gesellschafter beteiligt ist, der wiederum mit 20 % an der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist, beträgt das „mittelbare Beteiligungsverhältnis“ des mittelbaren Gesellschafters nach dieser Methode 10 %. Die Multiplikatorenmethode hat den entscheidenden Vorteil, dass mit ihrer Hilfe die effektive Beteiligungsquote des mittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft ermittelt werden kann. Darüber hinaus besticht sie dadurch, dass sich mit ihr in der Rechtspraxis in sämtlichen Konstellationen – auch über mehrere Beteiligungsverhältnisse hinweg – einfache und exakte Ergebnisse erzielen lassen 75
Vgl. Pollmann, BC 2017, 225, 227. Vgl. Pollmann, BC 2017, 225, 227. 77 So neuerdings auch BGH, Urt. v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18 Rn. 15, NZI 2019, 169 ff. mit ablehnender Anmerkung von Haas, NZI 2019, 171 ff.; so explizit, wenn auch ablehnend Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 353. 78 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 30 Anh. Rn. 59 ff.; Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 74; vgl. Pollmann, BC 2017, 225, 227. 76
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
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und sie dadurch nicht zu einer unübersichtlichen Kasuistik führt.79 Dadurch beugt sie einer erheblichem Rechtsunsicherheit vor.80 Nicht zuletzt wird der Multiplikatorenmethode selbst von ihren Kritikern zugestanden, dass sie sich „nahtlos“ in die Gesetzestechnik einfügt.81 Anders dagegen bei der additiven Methode. Mit ihr lässt sich die effektive Beteiligungsquote des mittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft nicht ermitteln. Zudem hat sie den Nachteil, dass sich bei ihr die Frage stellt, wie das Beteiligungsverhältnis zwischen dem mittelbaren Gesellschafter und dem unmittelbaren Gesellschafter ausgestaltet sein muss, damit dem mittelbaren Gesellschafter die Beteiligung des unmittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft zugerechnet werden kann. Schließlich ließe sich das Gesellschafterdarlehensrecht bei Anwendung der additiven Methode deutlich leichter durch eine findige Gestaltungspraxis umgehen.82 Wohingegen die Multiplikatorenmethode den Umgehungsschutz festigt. Der Multiplikatorenmethode ist daher der Vorzug einzuräumen. Dagegen bereitet die zweite Voraussetzung weniger Probleme. Der mittelbare Gesellschafter darf danach nicht an der finanzierten GmbH beteiligt und zugleich ihr Geschäftsführer sein. b) Besonderheiten bei anderen für Private Equity Fonds relevanten Gesellschaftsformen aa) Kapitalgesellschaft & Co. OHG/KG Bei der Strukturierung von Private Equity Fonds kommen sehr häufig GmbH & Co. KGs zum Einsatz. Gab es im Eigenkapitalersatzrecht noch Unklarheiten, wer hier als „Gesellschafter“ zu qualifizieren ist, erfasst das neue Gesellschafterdarlehensrecht die Komplementär-GmbH, die Gesellschafter einer Komplementär-GmbH als auch die Kommanditisten.83 Ein mittelbarer Gesellschafter ist in das Gesellschafterdarlehensrecht miteinzubeziehen, wenn er eine Kapitalbeteiligung von mehr 10 % an der Kommanditgesellschaft innehat.84 Dies ist – wie bei der GmbH – mit Hilfe der Multiplikatorenmethode zu ermitteln. Hält der mittelbare Gesellschafter eine Kapitalbeteiligung von 10 % oder weniger, unterliegt er nur dann dem Gesellschafterdarlehensrecht, wenn er 79 Insofern steht sie auch im Einklang mit Ziel der früheren Norm des § 32a III 1 GmbHG, die explizit für solche Konstellationen geschaffen wurde, wonach eine allgemeingültige Regel geschaffen werden sollte, BT-Drucks. 8/3908, S. 74. 80 Vgl. Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 75. 81 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 353. 82 Bitter, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 75. 83 Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 210; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 20. 84 Soweit vorhanden bezieht sich dies auf die Beteiligung an den Festkapitalkonten der Gesellschaft, Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 73.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
an der Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Davon ist zumindest dann auszugehen, wenn der mittelbare Gesellschafter alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH ist.85 bb) AG Ein abweichendes Ergebnis scheint bei der Zwischenschaltung einer Aktiengesellschaft möglich zu sein.86 Dies beruht auf dem Umstand, dass hier im Vergleich zur GmbH das Verhältnis zwischen den Anteilseignern (Aktionären) und der Geschäftsführung (Vorstand) anders ausgestaltet ist. So wird bei der Aktiengesellschaft – im Gegensatz zur GmbH – die vertikale Einflussnahme der Anteilseigner durch die Weisungsunabhängigkeit des Vorstands (§ 76 Abs. 1 AktG) gehemmt. Der Vorstand ist hiernach frei darin, ein Darlehen zu gewähren und ist nicht von den Weisungen der Aktionäre oder gar eines Großaktionärs abhängig. Die entscheidende Frage ist somit, ob die für die Einbeziehung in den Anwendungsbereich des Gesellschafterdarlehensrechts entscheidenden Mitwirkungs- und Vermögensrechte bei einer Kapitalbeteiligung von mehr als 10 % oder einer geringeren Kapitalbeteiligung und der Beteiligung an der Geschäftsführung in ausreichendem Maße gegeben sind. Dass die Vermögensrechte der Aktionäre nicht beschnitten sind, ist insoweit unstrittig. Entscheidend ist also der Grad der verwirklichten Mitwirkungsrechte. Vereinzelt streicht die Literatur Fallkonstellationen heraus, bei denen das Maß der Mitwirkungsrechte voll verwirklicht sein soll; so jedenfalls bei der Personenidentität von Vorstand und Mehrheitsgesellschafter87 oder bei Vorliegen eines Beherrschungsvertrags.88 Wenn es darum geht, einen allgemeineren Maßstab zu formulieren, stellt die Rechtsprechung darauf ab, dass die aus § 84 AktG und § 111 AktG fließenden Rechte, die es dem Aufsichtsrat ermöglichen, den Vorstand zu bestellen und abzuberufen bzw. seine Geschäftsführung zu überwachen, nicht ausreichend sind, um bestimmte Maßnahmen durchzusetzen und sie somit keine „gesellschaftsrechtlich fundierten Wirkungsbefugnisse gegenüber dem Vorstand haben“.89 Dies ist vor dem Hintergrund der neuen Ausgestaltung des neuen Gesellschafterdarlehensrechts allerdings nicht von Nöten.90 Die Entscheidung ist noch von dem Verständnis einer maßgeblichen Mehrheitsbeteiligung geprägt und dementsprechend von einer maßgeblichen Einflussnahme. Wie bereits bei der Bildung des abstrakten Maßstabes aufgezeigt wurde, muss das Maß des Einflusses eines Gesellschafters vor dem Hintergrund des Kleinbeteiligtenprivilegs gerade nicht so beschaffen sein, dass die Anteilseigner eine 85
BGH, Urt. v. 15. 11. 2018 – IX ZR 39/18, NZI 2019, 169 Rn. 15. Dies ebenfalls herausstreichend Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355; Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 204 f. 87 So etwa Blöse, GmbHR 2008, 759, 760; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355. 88 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355. 89 BGH, Urt. v. 5. 5. 2005 – II ZR 108/07, NJW-RR 2008, 1134, 1145. 90 BGH, Urt. v. 5. 5. 2005 – II ZR 108/07, NJW-RR 2008, 1134, 1145. 86
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
207
konkrete Entscheidung durchsetzen können.91 Auch eine Form des indirekten Einflusses, wie die Rechte, die Personalpolitik des Vorstands in der Hand zu haben und diesen überwachen zu können, sind ausreichend. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Gesellschafterdarlehensrecht auch auf Aktionärsdarlehen Anwendung findet (§ 39 Abs. 4 InsO).92 Die Annahme der Rechtsprechung, dass § 76 Abs. 1 AktG das Band der Mitwirkungsrechte vollkommen durchtrennt,93 schwächt dagegen den Gläubigerschutz in erheblicher Weise.94 Daher muss es auch im Fall einer Aktiengesellschaft ausreichen, wenn ein Beteiligungsverhältnis gegeben ist, welches die Kleinbeteiligtenschwelle von 10 % überschreitet.95 Die konkrete Ermittlung der Kleinbeteiligungsschwelle des abstrakten Maßstabes hat wiederum anhand der Multiplikatorenmethode zu erfolgen. Sofern das Beteiligungsverhältnis des mittelbaren Gesellschafters 10 % oder weniger beträgt, ist der mittelbare Gesellschafter dennoch in das Gesellschafterdarlehensrecht einzubeziehen, wenn er Mitglied des Vorstands der Aktiengesellschaft ist. Dagegen ist keine Mitwirkung in der Geschäftsführung gegeben, wenn er Mitglied des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft ist.96 3. Zwischenergebnis Im Rahmen der finanziellen Strukturierung von Private Equity Fonds ist das Gesellschafterdarlehensrecht bei der Ausreichung absteigender Darlehen zum einen dann zu beachten, wenn im Verhältnis des mittelbaren Gesellschafters zur finanzierten Gesellschaft die Beteiligungsquote von 10 % überschritten wird. Die Beteiligungsquote errechnet sich, indem die Beteiligungsverhältnisse97 zwischen dem mittelbaren Gesellschafter, dem unmittelbaren Gesellschafter sowie dem unmittelbaren Gesellschafter und der finanzierten Gesellschaft miteinander multipliziert 91 „Es ließen sich auch keine geeigneten Grenzen benennen, ab denen eine Einbeziehung mittbarer Beteiligungen bei Einschaltung einer Aktiengesellschaft doch möglich wäre“, Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355. 92 Vgl. BT-Drucks. 13/7141, S. 57; so auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355: „Wenn die mit Aktienbesitz einhergehenden, rechtlich anders strukturierten Einflussmöglichkeiten auf die unmittelbar von einer Aktiengesellschaft betriebenen Geschäfts nach der Vorstellung des Gesetzes zur Rechtfertigung des Gläubigerschutzsystems der §§ 39 I Nr. 5, 135 I InsO ausreichen, ist nicht ersichtlich, weshalb die gleiche Form des Einflusses bezüglich der von Aktiengesellschaften gehaltenen Beteiligungen nicht ausreichen sollten.“ 93 Denn selbst bei einer 100 % Beteiligung sind die Mitglieder des Vorstandes immer noch frei in ihren Entscheidungen, vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355 Fn. 1500. 94 So auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 355. 95 Vgl. BT-Drucks. 13/7141, S. 57: „Für eine generelle Differenzierung zwischen GmbH und Aktiengesellschaft ist ein Grund nicht ersichtlich.“ 96 Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 73. 97 S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
werden. Danach ist ein mittelbarer Gesellschafter Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts, wenn sein mittelbares Beteiligungsverhältnis an der finanzierten Gesellschaft die Kleinbeteiligtenschwelle des § 39 Abs. 5 InsO in Höhe von 10 % überschreitet. Zum anderen findet das Gesellschafterdarlehensrecht auch dann Anwendung, wenn der mittelbare Gesellschafter an der finanzierten Gesellschaft eine geringere Beteiligungsquote hält, aber an der Geschäftsführung der Enkelgesellschaft beteiligt ist. In beiden Konstellationen findet das Gesellschafterdarlehensrecht in Form der Nachrangwirkung und der Insolvenzanfechtung auf den mittelbaren Gesellschafter Anwendung. Sofern die Beteiligungsquote von 10 % nicht überschritten wird und der mittelbare Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist, greift das Gesellschafterdarlehensrecht dagegen nicht ein.
II. Behandlung des Darlehens eines mittelbaren Gesellschafters mit einer Beteiligungsquote von mehr als 10 % Nachdem ein Maßstab für die Einbeziehung eines mittelbaren Gesellschafters in das Gesellschafterdarlehensrecht aufgestellt worden ist, wird im Folgenden untersucht, wie das Darlehen eines solchen mittelbaren Gesellschafters, der direkter Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, in der Insolvenz der finanzierten Gesellschaft zu behandeln ist.98 Nach dem zuvor erarbeiteten Verständnis der Figur des mittelbaren Gesellschafters bereitet die Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts in diesem Fall wenig Schwierigkeiten. Sofern der mittelbare Gesellschafter eine durchgerechnete Beteiligungsquote von 10 % oder mehr an der finanzierten Gesellschaft innehat oder an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist, handelt es sich um einen Gleichordnungsfall,99 bei dem ein Dritter mit einem Gesellschafter gleichgesetzt wird. In diesem Fall ist der mittelbare Gesellschafter als Darlehensgeber tauglicher Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts. Das bedeutet, dass das von dem mittelbaren Gesellschafter unmittelbar an die finanzierte Gesellschaft gewährte Darlehen als ein Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren ist, welches nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig ist und dessen Rückzahlung unter den Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Anfechtbarkeit unterliegt.100
98
In den nachfolgenden Konstellationen wird im Folgenden exemplarisch immer von einer Dreipersonenkonstellation ausgegangen (Muttergesellschaft – Tochtergesellschaft – Enkelgesellschaft). 99 S. o. 100 So auch Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 196.
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
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B. Darlehen nicht einzubeziehender mittelbarer Gesellschafter (Zurechnungsfälle) Nachdem ein Maßstab für die Einbeziehung eines mittelbaren Gesellschafters in das Gesellschafterdarlehensrecht aufgestellt worden ist, wird im Folgenden untersucht, ob die Darlehensrückgewährforderungen eines nicht geschäftsführenden, mittelbaren Gesellschafters mit einer Beteiligungsquote von weniger als 10 % dennoch dem Gesellschaftsdarlehensrecht unterliegen und wen dann gegebenenfalls die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts treffen sollen. Dabei handelt es sich um Konstellationen, in denen eine Muttergesellschaft als mittelbarer Gesellschafter ein Darlehen an die Enkelgesellschaft ausreicht, aber nicht die benötigte mittelbare Beteiligungsquote in Höhe von 10 % an der Enkelgesellschaft hält und auch nicht an der Geschäftsführung der Enkelgesellschaft beteiligt ist. Nach den obigen Grundsätzen ist die Muttergesellschaft als mittelbarer Gesellschafter kein tauglicher Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden untersucht, inwieweit ein solches Darlehen einer Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft zugerechnet werden kann und gegenüber wem die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen Wirkung entfaltet und ob die Rückzahlung eines solchen Darlehens angefochten werden kann.101
I. Maßstab für die Zurechnung der Darlehensgeberstellung zu einem unmittelbaren Gesellschafter Anders als bei der Frage, wann ein mittelbarer Gesellschafter einem unmittelbaren Gesellschafter gleichzustellen ist, kommt es bei der Frage, wann die Darlehensgeberstellung einem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden kann – wie im zweiten Teil dieser Arbeit herausgearbeitet worden ist – nicht auf die hinter dem Gesellschafterdarlehensrecht stehenden Normzwecküberlegungen an. Grund hierfür ist, dass der Dritte in dieser Konstellation kein tauglicher Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist und damit der formale Gesellschafter alleiniger Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts bleibt. Da der neue Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts im Rahmen der Zurechnungsfälle unbeachtlich ist, können die Leitlinien der Rechtsprechung aus den Zeiten vor dem MoMiG weiter angewendet werden.102 Danach kommt eine Zurechnung der Darlehensgeberstellung der Muttergesellschaft zur Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin in zwei Fällen, der „mittelbaren Stellvertretung“ oder der „mittelbaren Zuwendung“, in Betracht.103 Ein Fall der mittelbaren Stellvertretung liegt vor, wenn die Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft hinsichtlich 101
Vgl. Pluta/Keller, in: FS Wellensiek, S. 511, 511 f. Dazu ausführlich unten. 103 Auf diese Konstellationen im Detail eingehend Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 196 ff. 102
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
der Darlehensvergabe in einem auftragsähnlichen Rechtsverhältnis mit der Muttergesellschaft steht und die Muttergesellschaft als mittelbare Stellvertreterin der Tochtergesellschaft, d. h. nur als Mittelsperson, auftritt und auf Rechnung der Tochtergesellschaft handelt.104 Ein Fall der mittelbaren Zuwendung liegt dagegen vor, wenn die Tochtergesellschaft gegen die Muttergesellschaft einen Anspruch in Höhe der Darlehenssumme hat und anstatt sich den Betrag von der Muttergesellschaft auszahlen zulassen, die Muttergesellschaft zur Auszahlung des Betrags oder auch zur Darlehensvergabe in Höhe des Betrags an die finanzierte Gesellschaft anweist. In diesen Fällen ist die Rechtsposition bzw. Rechtshandlung der Muttergesellschaft als mittelbare Gesellschafterin der Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft zuzurechnen und die unmittelbare Gesellschafterin in den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO einzubeziehen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, findet das Gesellschafterdarlehensrecht keine Anwendung.
II. Behandlung des Darlehens eines mittelbaren Gesellschafters mit einer Beteiligungsquote von weniger als 10 % 1. Mittelbare Stellvertretung durch den mittelbaren Gesellschafter Sofern ein Fall der mittelbaren Stellvertretung durch einen mittelbaren Gesellschafter gegeben ist, wobei die Muttergesellschaft der Enkelgesellschaft unmittelbar ein Darlehen gewährt, ist das Innenverhältnis zwischen der Mutter- und Tochtergesellschaft jedoch so ausgestaltet, dass die Muttergesellschaft im Auftrag der Tochtergesellschaft und insofern auf Rechnung der Tochtergesellschaft handelt, ist das Darlehen voll der Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft zuzurechnen.105 Die Darlehensforderungen sind daher gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO nachrangig. Sofern das Darlehen vor dem Zeitpunkt des Insolvenzantrags von der Enkelgesellschaft an die Muttergesellschaft zurückgezahlt wird, erscheint es fraglich, ob die Befriedigung der Darlehensforderung gegenüber der Tochtergesellschaft anfechtbar ist.
104 105
Siehe Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 197. Vgl. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 197.
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
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Muttergesellschaft
Auftragsverhältnis Darlehensvergabe
Tochtergesellschaft
Darlehensnehmerin
a) Anfechtungstatbestand aa) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem unmittelbaren Gesellschafter In diesem Kontext ist es für die Anfechtbarkeit entscheidend, ob die Tochtergesellschaft eine Darlehensgeberposition innehatte, die durch die Rückzahlung des Darlehens an die Muttergesellschaft befriedigt wurde.106 Als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft ist sie taugliche Adressatin des Gesellschafterdarlehensrechts. Das Darlehen wurde im Außenverhältnis zwar von der Muttergesellschaft ausgereicht. Allerdings erfolgte die Darlehensgewährung im Innenverhältnis im Rahmen eines Auftragsverhältnisses seitens der Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin, weshalb die Tochtergesellschaft die Darlehensgeberposition innehatte. Zweifel könnten jedoch an der Befriedigung der Tochtergesellschaft bestehen, wurde das Darlehen doch an die Muttergesellschaft zurückbezahlt. Die Tochtergesellschaft hat ab Befriedigung der Darlehensrückgewährforderungen einen Anspruch aus dem Auftragsverhältnis gegen die Muttergesellschaft auf Weiterleitung der erhaltenen Tilgungs- und Zinszahlungen.107 Daher führt Herwig zu Recht an: „Wirtschaftlich gesehen, befindet sich der Wert der Darlehenstilgungen infolge des Handelns der Muttergesellschaft auf Rechnung der Tochtergesellschaft also schon vor Weiterleitung der Rückzahlungen durch die Mutter in dem Vermögen der Tochtergesellschaft.“108 Aus der der Fallkonstellation zugrunde liegenden Besonderheit des Auftragsverhältnisses folgt bei einer wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise,109 dass die Tochtergesellschaft als Darlehensgeberin des Gesellschafterdarlehens anzusehen ist und die Befriedigung der Darlehensrückgewährforderungen gegenüber der Muttergesellschaft bereits vor der 106 107 108 109
S. o. Vgl. § 667 BGB. Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 197. S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Weiterleitung der erhaltenen Rückzahlungen als Befriedigung gegenüber der Tochtergesellschaft wirkt. Insofern sind die wesentlichen tatbestandlichen Voraussetzungen – die Gesellschafterstellung und Darlehensgeberposition – der Anfechtung gegeben. bb) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem mittelbaren Gesellschafter Darüber hinaus erachtet Herwig auch eine Anfechtung gegenüber der Muttergesellschaft als zulässig, was seiner Auffassung nach zu dem Ergebnis führt, dass sowohl die Tochtergesellschaft als auch die Muttergesellschaft als Gesamtschuldner nach den §§ 421 ff. BGB der Anfechtung gemäß § 135 InsO unterliegen.110 Im Hinblick auf die Frage, ob auch die Muttergesellschaft eine Befriedigung erhalten hat, stellt er darauf ab, dass sich der Wert der Rückzahlungen zwar in wirtschaftlicher Hinsicht im Vermögen der Tochtergesellschaft befinde, in tatsächlicher Hinsicht jedoch im Vermögen der Muttergesellschaft.111 Insofern kommt er zu der Annahme, dass auch die Muttergesellschaft auf tatbestandlicher Ebene Befriedigung für das Darlehen erhalten hat. Entscheidend gegen die Anfechtbarkeit gegenüber der Muttergesellschaft spricht jedoch, dass sie zu keinem Zeitpunkt eine für das Gesellschafterdarlehensrecht relevante Gesellschafterstellung innehatte. Die Muttergesellschaft ist zwar mittelbare Gesellschafterin der Enkelgesellschaft, allerdings mit einer Beteiligungsquote von weniger als 10 %, weshalb sie nicht als Adressatin des Gesellschafterdarlehensrechts in Frage kommt. Darüber helfen auch nicht die Erwägungen Herwigs hinweg, dass der Enkelgesellschaft nicht die Anfechtungsmöglichkeit gegenüber der Muttergesellschaft abgeschnitten werden dürfen, da sie ihr direkter Vertragspartner ist, sie die Zahlungen unmittelbar von ihr erhalten hat und sie andernfalls der Insolvenzgefahr einer anderen Person – der Tochtergesellschaft – unterliegt. b) Rechtsfolge Das Gesellschafterdarlehensrecht ist aus teleologischen Gesichtspunkten auf den Gesellschafter mit seinen Mitwirkungs- und Vermögensrechten zugeschnitten. Die zuvor vorgenommene Unterscheidung zwischen Gleichordnungs- und Zurechnungsfällen zeigt,112 dass hier die Darlehensvergabe gerade dem eigentlichen Gesellschafter zuzurechnen ist und nicht andersherum dem Darlehensgeber die Gesellschafterstellung. Demzufolge ist auch auf Rechtsfolgenseite nach dem hier vertretenen tatbestandsimmanenten Ansatz die Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin die richtige Anfechtungsgegnerin.
110 111 112
Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 197 f. Zum Folgenden Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 197 f. S. o.
1. Kap.: Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans
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2. „Mittelbare Zuwendung“ durch den mittelbaren Gesellschafter Sofern ein Fall der „mittelbaren Zuwendung“ durch einen mittelbaren Gesellschafter gegeben ist, wobei der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft ein Zahlungsanspruch zusteht, sie sich diesen allerdings nicht unmittelbar auszahlen lässt, sondern die Muttergesellschaft anweist, diesen als Darlehen gegenüber der Enkelgesellschaft auszureichen, ist das Darlehen voll der Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft zuzurechnen.113 Die Darlehensforderungen sind daher gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 2 InsO nachrangig. Sofern das Darlehen vor dem Zeitpunkt des Insolvenzantrags von der Enkelgesellschaft an die Muttergesellschaft zurückgezahlt wird, stellt sich wiederum die Frage, gegenüber wem die Befriedigung der Darlehensforderung anfechtbar ist.
Muttergesellschaft
Zahlungsanspruch Darlehensvergabe
Tochtergesellschaft
Darlehensnehmerin
a) Anfechtungstatbestand aa) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem unmittelbaren Gesellschafter Dieser Fallkonstellation liegt ebenso wie im Fall der mittelbaren Stellvertretung eine Zurechnungskonstellation in Form der mittelbaren Zuwendung zu Grunde. Die Tochtergesellschaft unterfällt als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft dem Gesellschafterdarlehensrecht. In Bezug auf die Darlehensgeberposition gewährt im Außenverhältnis zwar die Muttergesellschaft der 113
Herwig, Gesellschafterdarlehen im Unternehmensverbund, S. 199, der hiernach noch unterscheidet, ob die Tochtergesellschaft lediglich anweist, die ihr zustehenden Gelder an die Enkelgesellschaft auszuzahlen oder die Muttergesellschaft explizit zu einer Darlehensvergabe der ihr ebenfalls zustehenden Gelder anweist; dabei allerdings zu dem Ergebnis kommt, dass die keinen Unterscheid mache.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Enkelgesellschaft ein Darlehen. Dieses muss jedoch auf Grund der im Innenverhältnis zwischen der Mutter- und Tochtergesellschaft bestehenden Anweisung der Tochtergesellschaft zugerechnet werden. Ebenso verhält es sich mit der Befriedigung. Zwar zahlt die Enkelgesellschaft das Darlehen direkt an die Muttergesellschaft zurück. Allerdings erfolgt die Befriedigung wirtschaftlich betrachtet – aufgrund des bestehenden Zahlungsanspruchs der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft – gegenüber der Tochtergesellschaft. bb) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem mittelbaren Gesellschafter Eine Anfechtbarkeit gegenüber der Muttergesellschaft scheidet auch in dieser Fallkonstellation aus, da die Muttergesellschaft als mittelbare Gesellschafterin nicht dem Gesellschafterdarlehensrecht unterliegt. b) Rechtsfolge Da es sich bei der Konstellation einer mittelbaren Zuwendung ebenfalls um einen Zurechnungsfall handelt, sprechen auch hier die teleologischen Erwägungen dafür, dem unmittelbaren Gesellschafter – der Tochtergesellschaft – die Wirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts zuzurechnen. Insofern ist die Tochtergesellschaft nach dem tatbestandsimmanenten Ansatz auch die richtige Anfechtungsgegnerin. Die Muttergesellschaft fungiert lediglich als eine „auszahlende Stelle“ und unterliegt damit nicht dem Gesellschafterdarlehensrecht.
III. Zwischenergebnis Die Untersuchung hat gezeigt, dass eine Zurechnung der Darlehensgeberstellung der Muttergesellschaft zur Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der finanzierten Gesellschaft im Fall der „mittelbaren Stellvertretung“ oder der „mittelbaren Zuwendung“ in Betracht kommt. In beiden Fällen erstrecken sich die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts ausschließlich auf die Tochtergesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin, da sie nach einer normativen-wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht nur Darlehensgeberin ist, sondern auch durch die Rückzahlung der Darlehensforderungen an die Muttergesellschaft als mittelbare Gesellschafterin befriedigt wird. Dagegen unterliegt die Muttergesellschaft als mittelbare Gesellschafterin nicht den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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C. Zusammenfassung Im Rahmen der finanziellen Strukturierung von Private Equity Fonds ist das Gesellschafterdarlehensrecht bei der Ausreichung absteigender Darlehen durch einen mittelbaren Gesellschafter dann zu beachten, wenn die Beteiligungsquote des mittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft die 10 % Hürde übersteigt und/oder der mittelbare Gesellschafter an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist (Gleichordnungsfall) oder wenn das von dem mittelbaren Gesellschafter an die finanzierte Gesellschaft gewährte Darlehen dem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden kann (Zurechnungsfall). Während das Gesellschafterdarlehensrecht in den Gleichordnungsfällen seine volle Wirkung mit seinen Instrumenten des Nachrangs und der Anfechtbarkeit gegenüber dem mittelbaren Gesellschafter zeigt, erstreckt sich das Gesellschafterdarlehensrecht in den Zurechnungsfällen nur auf den unmittelbaren Gesellschafter und gerade nicht auf den mittelbaren Gesellschafter. 2. Kapitel
Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei der Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung „Verkauft ein Gesellschafter sein Darlehen oder den Geschäftsanteil oder aber beides gemeinsam, so stellt sich die Frage, ob er einem Risiko ausgesetzt ist, wenn die Gesellschaft später in die Insolvenz fällt.“114
Nachdem im vorangegangenen Kapitel der Arbeit untersucht worden ist, unter welchen Voraussetzungen die Darlehensgewährung innerhalb eines Private Equity Fonds durch einen mittelbaren Gesellschafter an die Erwerbs- bzw. Portfoliogesellschaft dem Gesellschafterdarlehensrechts unterliegt und ob in dieser Konstellation der mittelbare bzw. der unmittelbare Gesellschafter Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, wird in diesem Kapitel der Frage nachgegangen, ob der Übertragung der Gesellschafter- Gläubigerstellung im Rahmen des Erwerbs oder Verkaufs der Portfoliogesellschaft der ausgeschiedene Gesellschafter oder der neue Gesellschafter den Haftungswirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts unterliegt. Im Rahmen von Private Equity Transaktionen ist es durchaus üblich, dass sich in der Erwerbs- und Desinvestitionsphase einer gehebelten Private Equity Transaktion einerseits die Gesellschafterstellung und andererseits – sofern die finanzielle Struktur der Ziel- bzw. Portfoliogesellschaft Gesellschafterdarlehen beinhaltet – auch die Gläubigerstellung in Bezug auf die Gesellschafterdarlehen ändert.115 Denn typischerweise werden beim Erwerb und Verkauf einer Portfoliogesellschaft die 114 115
Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 351. S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Gesellschaftsanteile und die bestehenden Gesellschafterdarlehen zusammen übertragen. Vor dem MoMiG resultierten aus diesem Übertragungsvorgang nur wenige gesellschafts- bzw. insolvenzrechtliche Probleme im Hinblick auf das Gesellschafterdarlehen, da die Frage, wen die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts treffen, weitestgehend geklärt war.116 Die Neuausrichtung des Gesellschafterdarlehensrechts im Rahmen des MoMiGs und die darauf aufbauende höchstrichterliche Entscheidung des IX. Zivilsenats117 haben an dieser Stelle ein neues Problemfeld eröffnet. So betrat der IX. Zivilsenat mit seinem Urteil gesellschafterdarlehensrechtliches Neuland, was in der Literatur unterschiedliche Reaktionen hervorrief.118 Im Zentrum dieser Entscheidung steht zwar die Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter. Sie wirkt sich aber mittelbar auf andere Konstellationen des Auseinanderfallens der Gesellschafter-Gläubigerstellung aus. Diese Rechtsprechung ist Anlass und Ausgangpunkt der Untersuchung, inwiefern die neuen Regelungen des Gesellschafterdarlehensrechts die bisher problemlose Übertragung der Gesellschafter-Gläubiger-Stellung beim Erwerb und Verkauf einer Portfoliogesellschaft verändert haben. Um sowohl ein dogmatisch als auch ein in der Rechtspraxis stimmiges und überzeugendes Ergebnis zu erzielen, wird nicht allein die für die Private Equity Transaktionspraxis bedeutende Konstellation in den Blick genommen, sondern es werden alle vier denklogisch möglichen Konstellationen der Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung untersucht. Den Ausgangspunkt dieser Analyse bildet die vom Bundesgerichtshof entschiedene Konstellation, dass ein Gesellschafter seine Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft an einen Nichtgesellschafter abtritt. Im Anschluss daran werden die Konstellation, dass ein Gesellschafter, nachdem er ein Gesellschafterdarlehen gewährt hat, als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, sowie die Konstellation, dass ein gesellschaftsfremder Darlehensgeber nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, untersucht. Aufbauend auf den im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse und gefundenen Ergebnissen wird schließlich die für die Private-Equity Transaktionspraxis so wichtige doppelte Übertragung der Gesellschafter-Gläu116 In Hinblick auf die Übertragung eines Gesellschafterdarlehens an einen Nichtgesellschafter zum alten Kapitalersatzrecht kritisch Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1594. 117 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 227; Wilhelm, BB 2013, 1107 ff.; Gehrlein, BB 2013, 1923 ff.; Greven, BB 2014, 2309 ff.; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777 ff.; Azara, DStR 2013, 2280 ff.; Bork, EWiR 2013, 217 ff.; Pentz, GmbHR 2013, 393 ff.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018 ff.; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230 ff.; Fischer, KSzW 2015, 214 ff.; Primozic, NJW 2016, 679 ff.; Haas, NZG 2013, 311 ff.; Commandeur/Utsch, NZG 2013, 575 ff.; Jungclaus, NZI 2013, 311 ff.; Mairose, RNotZ 2015, 9 ff.; Werner, StBW 2014, 154 ff.; Lauster, WM 2013, 2155 ff.; Thiessen, ZGR 2015 ff.; Hirte, ZInsO 2016, 1125 ff.; Preuß, ZIP 2013, 1145 ff.; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898 ff.; Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351. 118 Siehe hierzu Fn. 117.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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bigerstellung analysiert.119 Da das Gesellschafterdarlehensrecht historisch gewachsen ist und sich viele Regelungen gerade auch bzw. nur aus der Entwicklung des früheren Eigenkapitalersatzrechts erklären lassen, wird jeweils zunächst ein Blick auf die alte Rechtslage geworfen, bevor die Rechtslage nach dem MoMiG untersucht wird.
A. Übertragung der Gläubigerstellung durch eine Forderungsabtretung Aus den allgemeinen Überlegungen zu den Rechtsinstrumentarien des Gesellschafterdarlehensrechts ergibt sich, dass das gesetzliche Leitbild des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sowie des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO den Normadressaten in einer Doppelrolle – als Gesellschafter und als Darlehensgeber zugleich – sieht. Diese Doppelrolle kann dadurch aufgehoben werden, dass ein Gesellschafter, der seiner Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, seine Darlehensrückgewährforderungen an einen Nichtgesellschafter abtritt, bevor die Gesellschaft insolvent wird. Insofern fällt die gleichzeitige Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung, die bei der Darlehensvergabe noch bestand, nachträglich auseinander. War eine solche Konstellation unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts noch unproblematisch,120 gilt dies nach der Neuausrichtung des Gesellschafterdarlehensrechts nicht mehr, da sie im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum MoMiG vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt worden ist.121 Dabei ist die Frage, wie sich die Abtretung auf das Nachrang- und Anfechtungsrisiko der an der Abtretung beteiligten Personen auswirkt, besonders bedeutsam. Die Problematik entzündet sich daran, dass das Gesellschafterdarlehensrecht auf ein Zweiparteienverhältnis zugeschnitten ist. In einem Dreiparteienverhältnis erweist sich die Frage als deutlich komplexer, da nunmehr die Rechtsfolgen für eine dritte Partei mitbedacht werden müssen. Denn es besteht die Gefahr, dass sich der Gesellschafter durch eine einfache Abtretung der Darlehensforderungen an einen Nichtgesellschafter dem Nachrang- und Anfechtungsrisiko entziehen könnte.122 Diese Gefahr einer möglichen Umgehung ergibt sich aus folgender Überlegung: Die Abtretung der Darlehensforderung eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter führt zu einer Personenverschiedenheit von Gesellschafter und Darlehensgläubiger, was zunächst die Frage aufwirft, ob es sich bei dem ursprünglichen Gesellschafterdarlehen in der Hand eines Nichtgesellschafters weiterhin um ein solches handelt. Diesen Bedenken auf Seiten des Tatbestands stehen entsprechende Bedenken auf der Rechtsfolgenseite gegenüber, da auf den ersten 119
Vgl. Fischer, KSzW 2015, 214, 214. S. u. 121 So auch Führ/Wahl, NZG 2010, 889, 891: „Weder die Gesetzesbegründung noch eine Expertenanhörung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens behandeln jedoch die Problematik der Übertragung von Gesellschafterdarlehen auf Nichtgesellschafter“. 122 Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1595. 120
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Blick der Anschein besteht, als seien die Rechtsfolgenregelungen der Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit auf den tatsächlichen Inhaber der Forderungen – in diesem Fall den Nichtgesellschafter – zugeschnitten. Träfen die Rechtsfolgen zwingend den Forderungsinhaber, hätte das im Fall der Übertragung der Darlehensforderungen auf einen Nichtgesellschafter zur Folge, dass sich das Gesellschafterdarlehensrecht auf einen völlig unbeteiligten Nichtgesellschafter erstrecken würde. Mit Blick auf den Gesellschafter besteht auf der Tatbestandsseite das Problem, dass er zwar noch Gesellschafter, aber nicht mehr Inhaber der Forderungen ist. Zudem erfolgt eine etwaige Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens nicht an den Gesellschafter, sondern an den Nichtgesellschafter, weshalb die Rechtsfolgen der Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit den Gesellschafter nicht zu treffen scheinen. Ebendiese Aufsplittung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung begründet das Risiko einer möglichen Umgehung des Gesellschafterdarlehensrechts.123 Im Folgenden wird zunächst auf die Rechtslage vor dem MoMiG eingegangen, bevor die Rechtslage nach dem MoMiG untersucht wird. Dabei wird zunächst der Status Quo in der Rechtsprechung dargestellt und auf die Kritik an dieser Rechtsprechung eingegangen. Im Anschluss werden die gesellschafterdarlehensrechtlichen Instrumente der Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit en détail untersucht.
I. Rechtslage vor dem MoMiG Die Konstellation, dass ein Gesellschafter seine Darlehensforderung an einen gesellschaftsfremden Dritten abtritt, war unter der Geltung des Eigenkapitalersatzrechts gänzlich unbedeutend,124 da sie klar geregelt war:125 Im Eigenkapitalersatzrecht wurde das Darlehen eines Gesellschafters grundsätzlich wie ein ganz normales Darlehen behandelt. Lediglich im Zeitraum der Krise wurde das Darlehen normativ umqualifiziert.126 Dann wurde aus dem Gesellschafterfremdkapitel gesetzlich geschütztes Gesellschaftereigenkapital. Diese normative Umqualifizierung wurde auch als krisenbedingte Verstrickung bezeichnet.127 Dies hatte zur Konsequenz, dass 123
Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147. Azara, DStR 2013, 2280, 2281; Ehricke, in: MüKo, InsO, 3. Aufl. § 39 Rn. 54; Haas/ Vogel, NZG 2011, 455, 457 f.; Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 480 f.; Preuß, ZIP 2013, 1145, 1146. 125 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 243. 126 Siehe Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 129; siehe auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrecht, S. 37. 127 Siehe Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 129; auf die irreführende Verwendung des Begriffes „Verstrickung“ unter Geltung der neuen Rechtslage weisen hin Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 485; Thole, ZHR 176 (2012), 513, 533; ders., ZInsO 2012, 661, 662; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 13 zufolge beschränke sich „die Verstrickung von Gesellschafterdarlehen auf die insolvenzrechtlichen Folgen; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 213 geht von einer „gewisse(n) 124
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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den Zessionar gemäß § 404 BGB sowohl die Auszahlungssperre der §§ 30 Abs. 1, 31 GmbHG a. F. in analoger Anwendung als auch die Nachrangregeln nach § 32a Abs. 1 GmbHG, § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO a. F. trafen.128 An dieser Stelle sei bereits angedeutet, dass sich bei genauerer Betrachtung § 404 BGB schon zu Zeiten des Eigenkapitalersatzrechts nur auf die Auszahlungssperre der §§ 30 Abs. 1, 31 GmbHG a. F. in analoger Anwendung beziehen konnte, da nur sie eine Einwendung darstellte.129 Durch die Verwendung von Begrifflichkeiten wie der eigenkapitalersetzende Charakter eines solchen Darlehens wurde § 404 BGB oftmals fälschlicherweise auch auf das Attribut der Nachrangigkeit bezogen.130 Dabei war – wie noch zu zeigen sein wird – die Nachrangigkeit unter Geltung des alten Rechts nicht von § 404 BGB betroffen, was jedoch von Literatur und Rechtsprechung übergangen wurde. Entscheidend war vielmehr, dass der eigenkapitalersetzende Charakter nicht an der Person des abtretenden Gesellschafters hing, sondern sich auf die Durchsetzbarkeit der Darlehensforderungen als solche bezog.131 Verstrickung“ insoweit aus, als dass Zeiträume des § 135 Abs. 1 InsO in die Vergangenheit zurückreichen („Vorverlagerung der Insolvenzverfahrenswirkungen“). 128 BGH, Urt. v. 11. 1. 2011 – II ZR 157/09, BGH ZIP 2011, 328, 331; BGH, Urt. v. 26. 6. 2006 – II ZR 133/05, ZIP 2006, 2272, 2273 sprechen allgemein von dem eigenkapitalersetzenden Charakter eines Gesellschafterdarlehens; BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238/87, BGHZ 30, 43: „Die auf seiner schon vor der Abtretung begründeten Eigenkapitalfunktion beruhende Bindung des Darlehens zugunsten der Gesellschaftsgläubiger richtet sich gegen die Durchsetzbarkeit des Rückzahlungsanspruchs. Sie ist nicht an die Person des Abtretenden gebunden und kann deshalb nach § 404 BGB auch dem Zessionar entgegengehalten werden“; Fedke, NZG 2009, 928, 932; Haas, ZInsO 2007, 617, 626; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2149; Habersack, in: GK-GmbHG, §§ 32 a/b Rn. 57; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., §§ 32 a/b Rn. 60; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 269; a. A. K. Schmidt, ZIP 1981, 689, 694: „weil der Ausschluss kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen von der Geltendmachung im Konkurs keine Einwendung darstellt, die nach § 404 ohne weiteres auch einem Zessionar entgegengehalten werden könnte“. 129 S. u. 130 So etwa BGH, Urt. v. 5. 12. 2007 – XII ZR 183/05, NJW 2008, 1153 ff., der zwar an unterschiedlichen Stellen auf die eigenkapitalersetzende Funktion abstellt, in BGH, NJW 2008, 1153, 1156 Rn. 30 dann aber dennoch dogmatisch richtig im Rahmen des § 404 BGB auf die Durchsetzungssperre abstellt: „Nach § 404 BGB kann der Schuldner dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren. Eine solche Einwendung ist auch die Durchsetzungssperre, die einer Forderung auf Grund der eigenkapitalersetzenden Funktion der Leistung des Gesellschafters an die Gesellschaft entgegensteht. Diese Durchsetzungssperre ist nicht an die Person des Zedenten gebunden und kann deshalb nach § 404 BGB auch einem Zessionar entgegengehalten werden“; so auch Schönfelder, WM 2009, 1401, 1403. 131 BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 43 Rn. 11; BGH, Urt. v. 2. 2. 2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 130 Rn. 12; Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 352; siehe Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 243; anders noch die höchstrichterliche Auffassung zur Zeit der GmbH-Novelle 1980, nach der der „Eigenkapitalersatzeinwand“ nicht eine höchstpersönliche Einwendung darstellte, die nicht von § 404 BGB erfasst wurde; siehe Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 789. So noch K. Schmidt, ZIP 1981, 689, 694 f.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Es handelte sich also um eine Eigenschaft, die den Darlehensforderungen anhaftete, und zwar auch dann, wenn sich der Forderungsinhaber änderte und der neue Forderungsinhaber nicht mehr Gesellschafter war. Somit war unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts zumindest im Ergebnis klar, dass, wenn ein Gesellschafter seine Darlehensforderungen an einen gesellschaftsfremden Dritten abtrat, die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen unter dem Deckmantel des eigenkapitalersetzenden Charakters auf den Nichtgesellschafter mit überging.
II. Rechtslage nach dem MoMiG 1. Status Quo in der Rechtsprechung: Die gesamtschuldnerische Haftung In der zuvor angesprochenen grundlegenden Entscheidung vom 21. Februar 2013132 hat der Bundesgerichtshof in der Entwicklung des Gesellschafterdarlehensrechts neue Wege eingeschlagen und die Idee des Umgehungsschutzes auf eine neue Stufe gehoben. Nunmehr soll die Rückzahlung eines Darlehens sowohl gegenüber dem Darlehensgläubiger (als Zessionar) als auch gegenüber dem Gesellschafter (als Zedenten) anfechtbar sein. Zedent und Zessionar haften nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs gesamtschuldnerisch nach den Vorschriften der §§ 421 ff. BGB.133 Damit hat der Bundesgerichtshof ein absolutes Novum geschaffen: Eine solche Lösung wurde in der Vergangenheit134 weder von Seiten der Rechtsprechung noch von Seiten der Literatur in Erwägung gezogen.135 a) Entscheidungsgründe In seiner Entscheidung geht der Bundesgerichtshof nicht unmittelbar in die sedes materiae, sondern macht im Vorfeld seiner Begründung einige Grundsätze zum Recht der Gesellschafterdarlehen fruchtbar, um an dieser Stelle schon eines seiner späteren Hauptargumente in Stellung zu bringen: Die immense Bedeutung des Gläubigerschutzes im Gesellschafterdarlehensrecht.136 132
BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff.; a. A. noch die Vorinstanz OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 879 ff. 133 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 230 Rn. 28 ff. 134 Im Nachgang zu der Entscheidung mit anderer Begründung, aber dennoch sowohl den Zedenten als auch den Zessionar unterwerfend, Fischer, KStZW 2015, 214 ff. 135 OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 879, 882 f.; Pentz, GmbHR 2013, 393, 402; vgl. auch Habersack, in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 46; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 277. 136 Insofern stellt er darauf ab, dass mit der Einbeziehung „gleichgestellter Forderungen“ sowohl der persönliche als auch der sachliche Anwendungsbereich […] übernommen wurde. Daher ist „auch bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals gleichgestellter Forderung in Übereinstimmung mit dem früheren Recht Vorsorge dagegen zu treffen, dass der Gesellschafter
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Daran anschließend begründet er die Insolvenzanfechtung gegenüber dem Zessionar damit, dass die Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen als solches durch die Abtretung nicht verloren ginge und der Zessionar, mangels der Möglichkeit eines gutgläubigen einredefreien Erwerbs nach § 404 BGB, das Nachrangrisiko und insofern auch das Anfechtungsrisiko jeweils im Rahmen der Anfechtungsfrist nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu tragen habe.137 Vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung und der in der Literatur erarbeiteten Lösungsansätze, die derartige Überlegungen in Bezug auf den Zessionar vorgezeichnet haben, überrascht dieser Teil des Urteils des Bundesgerichtshofs wenig. Im Anschluss begründet der Bundesgerichtshof die – ebenfalls parallel mögliche – Insolvenzanfechtung gegenüber dem Zedenten:138 Diese sei als Ausnahme zu dem Grundsatz, dass grundsätzlich nur der Empfänger der Leistung als tauglicher Anfechtungsgegner in Betracht kommt, dann möglich „wenn der Gesellschafter durch die Abtretung der Darlehensforderung die Zahlung an den Zessionar als seine Geheißperson veranlasst hat“.139 Diesen Begründungsansatz untermauert der Bundesgerichtshof mit der den Gesellschafter treffenden Finanzierungsfolgenverantwortung, die es gebiete keine Umgehungsversuche vorzunehmen, die eine Anfechtung vermeiden könnten, gepaart mit einer wirtschaftlich-normativen Betrachtungsweise, nach der die Drittzahlung als Leistung an den Gesellschafter zu werten sei, da sie auf einem Willensentschluss des Gesellschafters beruhe.140 Zur Absicherung dieses Ergebnisses bringt der Bundesgerichtshof schließlich den zu Beginn herausgearbeiteten Gläubigerschutzgedanken in Stellung, wonach das Anfechtungsrisiko nicht auf einen Gesellschaftsgläubiger abgewälzt werden darf, indem die Darlehensforderungen beispielsweise an einen vermögenslosen, eventuell prozessual unerreichbaren Dritten abgetreten werden.141 b) Rezeption in der Literatur Wurde die Entscheidung stellenweise positiv aufgenommen,142 stieß sie ganz überwiegend auf negative Resonanz.143 Im Kern sehen die Kritiker die vom Bundas mit einer Darlehensgewährung verbundene Risiko auf die Gemeinschaft der Gesellschaftsgläubiger abwälzt“, BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 222 Rn. 9 ff. 137 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 228 Rn. 23 ff. 138 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 230 Rn. 28 ff. 139 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 230 Rn. 29. 140 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 230 f. Rn. 31. 141 Siehe BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 224 ff. 142 So wohl Wilhelm, BB 2013, 1107; Bork, EWiR 2013, 217, 218; Schäfer, Insolvenzanfechtung, Rn. 1082; Commandeur/Utsch, NZG 2013, 575, 576. Ebenso eine Anfechtung sowohl gegenüber dem Zessionar als auch gegenüber dem Zedenten erwägend, wenn auch mit anderem Begründungsansatz Fischer, KStZW 2015, 214 ff.; Schönfelder, WM 2009, 1401 ff.; Führ/Wahl, NZG 2010, 889 ff.
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desgerichtshof geschaffene Ausnahme, dass der Gesellschafter als Anfechtungsgegner herangezogen werden darf, wenn er die Abtretung an den Zessionar als seine Geheißperson veranlasst hat, als einen elementaren Verstoß gegen die allgemeinen Grundsätze der Anfechtungsdogmatik.144 Denn nach den allgemeinen Grundsätzen könne nur derjenige tauglicher Anfechtungsgegner nach § 143 Abs. 1 InsO sein, der etwas aus dem Schuldnervermögen erlangt hat.145 Und dies sei in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ausschließlich der Zessionar. Der Zedent erhalte unter Umständen zwar einen Kaufpreis für die abgetretene Forderung. Der Zessionar leiste den Kaufpreis jedoch allein aus dem eigenen Vermögen.146 Der Gesellschafter erhalte daher in keinem Fall eine Leistung aus dem Gesellschaftsvermögen für die Darlehensübertragung.147 Das gelte selbst dann, wenn die Gesellschaft das Darlehen an den Zessionar zurückzahlt.148 Daneben finden einige Stimmen in der Literatur die Argumentation des Bundesgerichtshofs auch insofern in sich unstimmig, als dass der Zessionar keine Geheißperson des Gesellschafters sein könne. Denn nach der Abtretung leiste die Gesellschaft auf eine gegenüber dem Zessionar bestehende Schuld und gerade nicht auf eine gegenüber dem Zedenten bestehende Schuld. Insofern könne der Zessionar keine Geheißperson sein,149 da es sich ansonsten um eine Erfüllung gegenüber dem Zedenten handeln würde.150 Darüber hinaus fehle es an einer konkreten Willensäußerung des Gesellschafters und an dessen Verfügungsmacht,151 die für das Vorliegen einer Geheißperson notwendig wären, worüber auch eine wirtschaftlich-
143 Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 274 ff.; überblicksartig zur Kritik an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 790. 144 Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 173; so auch Jungclaus zu Anmerkung zu BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, NZI 2013, 311, 312; vgl. Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 274. 145 Vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 879, 881 f., 884; Dahl/ Schmitz, NZG 2009, 325, 326; Lauster, WM 2013, 2155, 2157; Pentz, GmbHR 2013, 393, 402; Preuß, ZIP 2013, 1145, 1151; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1899; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 274. 146 Lauster, WM 2013, 2155, 2157. 147 Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 231. 148 Pentz, GmbHR 2013, 393, 402 f.; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898; Greven, BB 2014, 2309, 2311; Lauster, WM 2013, 2155, 2157; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 779; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1020; vgl. auch D’Avoine, NZI 2013, 321, 323 f.; a. A. Gehrlein, NZI 2014, 481, 484, welchem zufolge der Gesellschafter durch die Leistung der Gesellschaft an den Zessionar von Haftungsansprüchen des Zessionars frei wird und deshalb Leistungsempfänger sei. 149 Greven, BB 2014, 2309, 2311; Pentz, GmbHR 2013, 393, 401; Lauster, WM 2013, 2155, 2157; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 779 f.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1020. 150 Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900; siehe zur unstimmigen Argumentation des Bundesgerichtshofs Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900. 151 Pentz, GmbHR 2013, 293, 402.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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normativen Betrachtungsweise nicht hinwegtäuschen könne.152 In diesem Fahrwasser wird auch argumentiert, dass das vom Bundesgerichtshof angeführte Argument der möglichen Vermögenslosigkeit des Zessionars und der damit einhergehenden Verschlechterung der Gläubigerposition nicht greifen könne.153 Da eine Abtretung an einen Dritten grundsätzlich rechtlich zulässig ist, müssten die Gesellschaftsgläubiger es in Kauf nehmen, dass der Zessionar eventuell vermögenslos ist.154 Des Weiteren stellen die Kritiker, die wie der Bundesgerichtshof davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Rechts der Gesellschafterdarlehen nach § 404 BGB auf den Zessionar übergehen, auf den Telos desselben ab.155 Nach dem Grundsatz der Rechtsnachfolge könnten weder mehr noch bessere Rechte als das ursprünglich abgetretene Recht übertragen werden.156 Daneben beinhalte den Telos des § 404 BGB auch, dass sich die Schuldnerstellung nicht nachteilig verändern darf.157 Daraus wird geschlossen, dass sich eine doppelte Inanspruchnahme grundsätzlich verbietet.158 Für erheblichen weiteren Unmut sorgte das Argument der Finanzierungsfolgenverantwortung auch bei all jenen, die mit der Neuregelung von deren Abschaffung ausgingen und insofern überrascht waren, dass sich der Bundesgerichtshof auf eine solche Argumentation eingelassen hat.159 Schlussendlich stieß die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vor allem auch deshalb auf Kritik, weil angenommen wird, dass der Bundesgerichtshof in dem zu entscheidenden Fall einen Rechtsmissbrauch vermutete, diesen nicht beweisen konnte, aber dennoch die wohl außergewöhnlichen Umstände des Einzelfalls zum Anlass nahm „in einer generalisierenden Art und Weise aus einem bestenfalls anrüchigen Einzelfall allgemeine Rechtsprinzipien für die Behandlung der in der Praxis durchaus bedeutsamen Abtretungsfälle“160 aufzustellen.
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Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 275. Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 779 f. 154 OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 879, 881; Azara, DStR 2013, 2280, 2284; Kleindiek, in: HK-InsO, § 39 Rn. 43; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 276; vgl. Lauster, WM 2013, 2155, 2157. 155 So etwa Azara, DStR 2013, 2280, 2284. 156 Siehe Azara, DStR 2013, 2280, 2284. 157 So etwa Azara, DStR 2013, 2280, 2284. 158 Siehe Azara, DStR 2013, 2280, 2282 ff. 159 Lauster, WM 2013, 2155, 2157; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1899. 160 Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 278; vgl. ebenso Pentz, GmbHR 2013, 393, 402; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Reinhard/ Schützler, ZIP 2013, 1898, 1899; Lauster, WM 2013, 2155, 2157; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 780. 153
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2. Detailanalyse Die Kritik setzt erstaunlicherweise oft nur an einzelnen Stellen in der Argumentation des Bundesgerichtshofs an und nimmt dessen Gesamtwürdigung bzw. die Gesamtsystematik des Gesellschafterdarlehensrechts und dessen Verwobenheit mit dem allgemeinen Insolvenzanfechtungsrecht nicht genauer in den Blick. Daher wird im Folgenden die Argumentation des Bundesgerichtshofs und damit verbunden die Rechtslage – vor dem Hintergrund der neuen Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts und des geänderten Normzwecks des Gesellschafterdarlehensrechts – tiefergehend analysiert. Zu diesem Zweck werden die gesellschafterdarlehensrechtlichen Instrumente der Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit isoliert voneinander untersucht. In einem ersten Schritt wird der Frage nachgegangen, auf wen sich im Zuge der Übertragung die Nachrangigkeit eines Gesellschafterdarlehens nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erstreckt.161 In einem zweiten Schritt wird dann analysiert, wen die Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO trifft. a) Nachrang Obwohl diese Konstellation nach der Maßgabe des alten Rechts (vermeintlich) eindeutig geregelt war, ist sie unter Geltung des neuen Rechts äußerst schwierig zu beurteilen.162 Das Eigenkapitalersatzrecht wurde durch die Neuregelung des MoMiGs aufgegeben und die Behandlung von Gesellschafterdarlehen wurde in ein rein insolvenzrechtliches Gefüge eingebettet. Hier wurde das Gesellschafterdarlehensrecht einer insolvenzrechtlichen Nachrangregelung und Anfechtungsregelung unterworfen. Die Nachrangigkeit ist zwar explizit in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO für die Rückgewährforderung eines Gesellschafters geregelt. Nicht so jedoch die Nachrangigkeitsfolge für einen Zessionar.163 Diese ist im Insolvenzrecht nicht normiert.164 Eingangs ist bereits dargestellt worden, dass der Bundesgerichtshof auch weiterhin an der Finanzierungsfolgenverantwortung festhält und dementsprechend auf die Argumentation zum alten Recht abstellt.165 Aber auch das deutlich überwiegende gesellschafts- und insolvenzrechtliche Schrifttum166 sowie die Rechtsprechung167 161 Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776 ff. widmet sich dieser Problematik im Kontext der Emission und Weiterveräußerung von Schuldscheindarlehen und Inhaberschuldverschreibungen. 162 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 532; Thiessen, ZGR 2015, 396, 429. 163 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 127; Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 788. 164 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 127. 165 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 229 Rn. 26. 166 Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 424 f.; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1595; K. Schmidt, InsO, § 135 Rn. 12; ders., in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag MoMiG, §§ 32a, b a. F. Rn. 23; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2149; ders., in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 46; Gehrlein, BB 2008, 846, 850; ders., BB 2011, 3, 6; ders., in: Gehrlein/ Witt/Volmer, GmbH-Recht, Kap. 8 Rn. 8; ders., in: Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, Vor.
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lehnen sich im Fall der Abtretung der Darlehensforderungen an die vormalige Argumentation unter dem alten Recht an:168 Sie gehen davon aus, dass die Nachrangigkeit den Darlehensforderungen als eine Eigenschaft anhaftet und gemäß § 404 BGB auf den Zessionar übergeht, weshalb er sich die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen entgegenhalten lassen muss.169 Insofern vermag die Abtretung einer Forderung an einen Dritten nichts an der Klassifizierung als Gesellschafterdarlehen zu ändern.170 Dabei kommen sie ohne nähere Begründung zu dem Ergebnis, dass die Rangrückstufung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ein Anwendungsfall des § 404 BGB sei.171 Daher wird im Folgenden untersucht, ob der Übergang des Nachrangs rechtstechnisch im Wege des § 404 BGB überhaupt möglich ist, und inwieweit die vereinzelten Tendenzen, die nicht mit Hilfe des § 404 BGB die Nachrangigkeit zu bestimmen versuchen, sondern insofern eine zweckgerichtete Auslegung anstrengen, einen plausiblen Erklärungsansatz bereithalten.
§ 64 Rn. 131; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603 f.; ders., in: Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 49 f.; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 326; Dahl, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., Anh II §§ 32a, 32 b a. F. Rn. 16; U. Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 8 f.; Schäfer, ZInsO 2012, 1354, 1356; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 46; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 43; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 30 Rn. 29 f.; Kolmann, in: Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 55; Schröder, in: HamKomm, InsO, § 135 Rn. 19; Neußner, in: Graf-Schlicker, InsO, § 30 Rn. 44; Lüneborg, Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen, S. 89 f.; Bormann/Hösler, GmbHR 2011, 304, 305; Gehrlein, in: Gehrlein/Witt/Volmer, GmbH-Recht, Kap. 8 Rn. 6 f.; K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 40; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 272, 279; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 215 f.; differenzierend Herrmann, DZWIR 2009, 265, 272, der zwischen der Nachrangwirkung von Neugläubigern und Altgläubigern unterscheidet und den Nachrang nur gegen letzteren zulassen möchte; äußerst kritisch, aber im Ergebnis dennoch § 404 BGB anwendend Thole, ZInsO, 661, 662; ders., ZHR 176 (2012), 513, 534 f. mit weitergehender Begründung; mit eingehender Begründung ablehnend Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125 ff.; Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 64 Anh. Rn. 58, 151; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 218; so wohl auch Lüdtke, in: HambKomm, InsO, 5. Aufl., § 39 Rn. 35; nach Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 244 bedarf es der Anwendung des § 404 BGB nicht, sie sei „jedenfalls verzichtbar“, da man mit einer Auslegung der Norm zu ähnlichen Ergebnissen käme. 167 So auch die Vorinstanz zum BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff.; OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 870, 880. 168 So auch Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 171. 169 Teilweise unabhängig davon, welche Legitimationsgrundlage sie dem Recht der Gesellschafterdarlehen zu Grunde legen; vgl. Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 171. 170 Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22; BGH, Urt. v. 21. 3. 1988 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 43; BGH, Urt. v. 5. 12. 2007 – XII 183/05, NJW 2008, 1153 Rn. 29 ff. 171 Schließlich bejahen sie damit im gleichen Atemzug auch eine Anfechtung nach § 135 I InsO gegenüber dem Zessionar.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
aa) Übergang des Nachrangs im Wege des § 404 BGB Vereinzelte Stimmen im Schrifttum setzen an der Ausgangsfrage an, ob die Eigenschaft des Nachrangs als Einwendung im Wege des § 404 BGB auf einen Zessionar übergehen kann,172 oder sie setzen noch einen Schritt früher an und hinterfragen, ob die Nachranganordnung nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO überhaupt eine Einwendung im Sinne des § 404 BGB ist.173 bb) § 39 Abs. 1 Nr. 5 als Einwendung im Sinne des § 404 BGB Folgerichtig soll nunmehr zunächst untersucht werden, ob es sich bei der Nachranganordnung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO überhaupt um eine Einwendung i. S. d. § 404 BGB handelt, um darauf aufbauend der nachgelagerten Frage nachgehen zu können, ob eine solche im Wege des § 404 BGB auch auf eine andere Person übergehen kann. Dabei gilt es, sich die prägenden Merkmale einer Einwendung vor Augen zu führen.174 Der Begriff der Einwendung ist im Gesetz nicht legal definiert,175 sondern wird vielmehr in § 404 BGB vorausgesetzt, weshalb sich eine nähere Begriffsbestimmung an § 404 BGB orientiert. Der Tatbestand als solcher ist sehr weit gefasst.176 Unter den Begriff der Einwendung fallen alle Verteidigungsrechte eines Schuldners, die er im Verhältnis zu seinem Gläubiger materiellrechtlich geltend machen kann.177 Anders gewendet ist eine Einwendung auch als Gegenrecht gegenüber einem Anspruch zu verstehen.178 Verfahrensrechtliche Einreden sind dann als Einwendungen im Sinne von § 404 BGB zu qualifizieren, wenn sie der abgetretenen Forderung als solche anhaften und ihr immanent sind.179 Nicht vom Anwendungsbereich des § 404 BGB umfasst sind jedoch höchstpersönliche
172
So Thole, ZInsO 2012, 661, 662; ders., ZHR 176 (2012), 513, 534 f. So etwa Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125 ff.; so wohl auch Thole, ZInsO 2012, 661, 662; nur feststellend Fedke, NZG 2009, 928, 932: „Die Einordnung als insolvenzrechtlich nachrangige Forderung ist – zumindest bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – keine dem Gesellschafterdarlehen anhaftende Einwendung i. S. der §§ 404, 412 BGB.“ 174 Vgl. zur Historie und den Charakteristika Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, S. 8. 175 Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, S. 2. 176 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 127; Müller, in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 404 Rn. 2. 177 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 128; vgl. Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, S. 1. 178 Roth, Die Einrede des Bürgerlichen Rechts, S. 1: „In den Motiven zum BGB (Mugdan I, S. 549/550 = Mot. I, S. 359/360) werden als Einreden des materiellen Rechts solche Umstände bezeichnet, welche die Befugnis gewähren, die Befriedigung eines Anspruchs verweigern zu dürfen, obwohl der Anspruch an und für sich besteht“. 179 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 127. 173
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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Einwendungen, die ausschließlich in der Person des Schuldners begründet sind.180 Bei der Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen geht die ganz herrschende Meinung davon aus, dass es sich um kein höchstpersönliches Merkmal handelt.181 Um die Frage zu beantworten, ob es sich bei der Nachranganordnung um eine Einwendung i. S. d. § 404 BGB handelt, soll in Anlehnung an die Untersuchung Ekkengas ein methodischer Zugriff gewählt werden und die Frage auf den Prüfstand der Auslegungskanones gestellt werden. (1) Wortlaut Ausweislich des Wortsinns182 fügt sich § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht ohne weiteres in das System des § 404 BGB ein, da sich die Rechtsfolge des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – die Rangrückstufung – auf das Verhältnis der Insolvenzgläubiger untereinander bezieht. Demgegenüber kommt es bei § 404 BGB entscheidend auf das Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Zedenten an.183 (2) Historie Ein historischer Vergleich mit der Rechtslage des früheren Eigenkapitalersatzrechts spricht ebenso gegen eine Klassifizierung als Einwendung. Bei dem ursprünglich bestehenden Einwand des § 30 Abs. 1 GmbHG a. F. analog handelte es sich um ein materiell-rechtliches Verteidigungsrecht, welches der Insolvenzschuldner dem Gesellschafter entgegenhalten konnte, und somit um eine Einwendung. Die in § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG normierte Durchsetzungssperre ist seit dem MoMiG aufgrund des Nichtanwendungserlasses in § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG explizit nicht mehr analog auf die Darlehensrückgewährforderungen der Gesellschafter anwendbar.184 Denn aus kapitalschutzrechtlicher Warte war es gerade das ausgesprochene Ziel des Gesetzgebers die Darlehensforderungen von Gesellschaftern und Dritten gleich zu behandeln. Dagegen war die schlichte Nachrangigkeit bei genauer Betrachtung schon im früheren Recht in ihrer Form des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO a. F. nicht als Einwendung zu klassifizieren, da dies die Aufgabe des § 30 Abs. 1
180 Aus der Literatur anstatt vieler Busche, in: Staudinger-BGB, § 404 Rn. 3; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 57. Aus der Rechtsprechung BGH, Urt. v. 21. 3. 1998 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 43; BGH, Urt. v. 2. 2. 2006 – IX ZR 67/02, ZIP 2006, 578, 579. 181 Zum Eigenkapitalersatzrecht BGH, Urt. v. 21. 03. 1988 – II ZR 238/87; BGHZ 104, 33, 43; anders noch die Rechtsprechung zur Zeit der GmbH-Novelle, so noch K. Schmidt, ZIP 1981, 689, 694 f.; Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 789. Zum neuen Recht der Gesellschafterdarlehen BGH, Urt. v. 2. 2. 2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 130; a. A. wohl Fischer, KSzW 2015, 214 ff. 182 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 128 f. 183 So auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 244 Fn. 1037. 184 Explizite Regelung in § 30 Abs. 1 S. 3 sowie für die AG in § 57 Abs. 1 S. 4 AktG normiert; siehe auch Thole, ZHR 176 (2012), 513, 533; Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 482.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
GmbHG a. F. analog war, und ist es infolgedessen auch im neuen Recht nicht.185 Denn die Nachrangregelung regelt „vielmehr die verfahrensrechtlichen Prioritäten innerhalb einer ,entmaterialisierten‘ Rangordnung, derer es nur noch deshalb bedarf, weil Gesellschafterdarlehen wie Drittdarlehen neuerdings als materiell-rechtlich ,einwandfrei‘ zu gelten haben“.186 Folglich ist die tatsächliche Einwendung des Eigenkapitalersatzrechts – die Durchsetzungssperre – entfallen. (3) Systematik Zu demselben Ergebnis führt auch ein systematischer Vergleich187 innerhalb der Norm. Bei § 39 Abs. 1 InsO handelt es sich um eine gesetzliche, bei § 39 Abs. 2 InsO um eine rechtsgeschäftliche Rangrückstufung.188 Wird eine rechtsgeschäftliche Rangrückstufung abgetreten, so muss ein Zessionar eine solche Einwendung nach Ekkenga auf jeden Fall nach § 404 BGB gegen sich gelten lassen.189 Entscheidend sei insofern die Frage, ob die beiden Arten der Rangrückstufung nun gleich oder unterschiedlich behandelt werden müssten. Die Antwort hierauf vermag der Überschuldungstatbestand des § 19 Abs. 2 Nr. 2 InsO zu liefern. Um eine Überschuldung einer Gesellschaft abzuwenden, reicht es gerade nicht aus, dass eine Darlehensforderung lediglich als gesetzlich nachrangiges Gesellschafterdarlehen klassifiziert wird. Vielmehr bedarf es hierzu einer rechtsgeschäftlichen Rangrückstufung. Denn nur diese weise das „in § 404 [BGB] vorausgesetzte, bilaterale Gestaltungselement“ auf, „das einer an die Insolvenzgläubiger gerichteten normativen Rangordnung fehlt“.190 Im Kontext des systematischen Vergleichs könnte sich ein anderes Ergebnis aus der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs zum Rangrücktritt aus dem Jahr 2015 ergeben.191 Hier judizierte der IX. Zivilsenat, dass ein Rangrücktritt i. S. d. § 39 Abs. 2 InsO, der sich auch auf den Zeitraum vor der Krise bezieht, eine vorinsolvenzliche materiell-rechtliche Durchsetzungssperre i. S. eines Zahlungsverbots bewirkt, die als Einwendung zu klassifizieren ist.192 Fraglich ist, ob sich diese Wertung auch auf den Charakter der Nachrangigkeit i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO übertragen lässt. Vorab soll noch einmal in Erinnerung gerufen werden, dass es entscheidend ist, die Wirkung des Nachrangs von dem jeweiligen Zweck, den der Nachrang verfolgt, zu
185
Vgl. BGH, Urt. v. 5. 12. 2007 – XII ZR 183/05, BGH, NJW 2008, 1153 ff. Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 130. 187 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 130 ff. 188 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 130 f. 189 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 130. 190 Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 131. 191 BGH, Urt. v. 5. 3. 2015 – IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 ff.; zum Urteil u. a. K. Schmidt, ZInsO 2015, 901 ff.; Berger, ZInsO 2015, 1938; ders., ZIP 2016, 1 ff.; Bitter/Heim, ZIP 2015, 644 ff.; Bork, EWiR 2015, 219 f.; Farian, GmbHR 2015, 478; Schäfer, NZI 2015, 320. 192 BGH ZIP 2015, 638, 642 Rn. 34; Bitter/Heim, ZIP 2015, 644, 645 f. 186
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unterscheiden.193 Während sich die Wirkung dahingehend zeigt, dass ihr eine verfahrensrechtliche Verteilungsfunktion zukommt, kann der Zweck, den ein Nachrang verfolgt unterschiedlich sein.194 Maßgeblich ist des Weiteren, dass sich eine mögliche Durchsetzungssperre nicht aus der Wirkung des Nachrangs, sondern gerade aus dem jeweiligen Zweck ergibt.195 Bei einer privatautonomen Rangrücktrittsvereinbarung i. S. d. § 39 Abs. 2 InsO steht der Zweck, dass die Forderungen durch die Rangrücktrittsvereinbarung im Überschuldungsstatus der Gesellschaft keine Berücksichtigung finden sollen, im Vordergrund.196 Gerade aus dieser Zweckerwägung ergibt sich eine materiell-rechtliche Durchsetzungssperre. Dagegen besteht der Zweck des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Verwirklichung der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts mit dem Ziel, eine abschreckende präventive Wirkung zu entfalten.197 Aus dieser Zweckerwägung allein ergibt sich allerdings keine materiell-rechtliche Durchsetzungssperre, die als Einwendung klassifiziert werden könnte. Dies hat für den Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO zur Folge, dass er keine materiell-rechtliche Durchsetzungssperre, die als Einwendung klassifiziert werden könnte, bewirkt, sodass sich die Wertungen zu § 39 Abs. 2 InsO gerade nicht auf § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO übertragen lassen.198 (4) Telos Schlussendlich bestätigt auch eine teleologische Auslegung199 die bereits gewonnene Erkenntnis. Anhand eines Schutzzweckvergleichs wird deutlich, dass diese schon im Grundsatz differieren: Während § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO den Schutz der außenstehenden Gläubiger in der Insolvenz der Gesellschaft im Blick hat, bezweckt § 404 BGB den Schutz des Schuldners. Wenn überhaupt, dann ist der Schutz der außenstehenden Gesellschaftsgläubiger reflexartig über den Schutz des Schuldners umfasst. Insofern kommt es auf die Perspektive des Zessionars an, ob dieser weniger schutzbedürftig ist als die übrigen außenstehenden Gesellschaftsgläubiger. Diese Frage beantwortet wiederum ein systemischer Blick auf § 145 Abs. 2 Ziff. 3 InsO, wonach jedenfalls der entgeltliche Zessionar explizit geschützt ist. Dieser systemische Vergleich übersieht jedoch, dass § 145 Abs. 2 Ziff. 3 InsO nicht den hier in Rede stehenden Fall im Auge hat, wonach ein Gesellschafter seine Darlehensrückgewährforderungen an einen Dritten abtritt und der Anfechtungsgegner noch nicht ausgemacht ist, sondern Fälle in denen der Anfechtungsgegner bereits feststeht. Entscheidend ist schließlich auch die Besinnung auf das Wesensmerkmal einer Einwendung – den Charakter als Verteidigungsrecht. Ruft man sich dieses noch 193 194 195 196 197 198 199
S. o. S. o. S. o. S. o. S. o. Siehe Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 64 Anh. Rn. 58, 151. Zum Folgenden Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 132 ff.
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einmal in Erinnerung und gleicht dies mit der Nachrangwirkung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ab, wonach es sich um eine rein verfahrensrechtliche Anordnung des Insolvenzrechts handelt, die bestimmt, auf welcher Rangstufe eine Forderung anzusiedeln ist, so wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um ein Verteidigungsrecht handelt. (5) Zwischenfazit Die Auslegung hat ergeben, dass sich § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO dem Wortsinne nach nicht in § 404 BGB einfügt. Darüber hinaus belegt ein Vergleich mit dem früheren Eigenkapitalersatzrecht, dass die einmal tatsächlich bestehende Einwendung des § 30 Abs. 1 GmbHG a. F. analog entfallen ist und nach dem MoMiG auch nicht ersetzt worden ist. Durch den systematischen Blick auf § 39 Abs. 2 InsO wird deutlich, dass sich aufgrund der unterschiedlichen Zwecke eines gesetzlichen und eines rechtsgeschäftlichen Nachrangs unterschiedliche Folgerungen für eine vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre ergeben und damit auch mit einem Fokus auf den Telos konzediert werden muss, dass es sich bei der Nachranganordnung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gerade nicht um eine Einwendung i. S. d. § 404 BGB handelt.200 cc) Übergang des Nachrangs im Rahmen der Abtretung (1) Rechtstechniche Möglichkeit? Da die herrschende Meinung201 davon ausgeht, dass es sich bei der Nachranganordnung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO um eine Einwendung handelt, soll kurz darauf eingegangen werden, ob die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen – wenn man sie entgegen der hier vertretenen Ansicht als eine Einwendung klassifiziert – im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen nach § 404 BGB auf den Zessionar übergehen kann. Insbesondere Thole geht dieser Frage auf den Grund.202 Entscheidend für ihre Beurteilung sei das Normverständnis des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Hiernach sei ein Gesellschafterdarlehen erst dann als nachrangig zu qualifizieren, nachdem der Eröffnungsantrag gestellt wurde.203 Bis zu diesem Zeitpunkt handele es sich um ein ganz normales Darlehen, welches keinerlei Beschränkungen unterlie200 Im Ergebnis so auch Fedke, NZG 2009, 928, 932: „Die Einordnung als insolvenzrechtliche nachrangige Forderung ist – zumindest bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – keine dem Gesellschafterdarlehen anhaftende Einwendung i. S. der §§ 404, 412 BGB“. 201 S. o. 202 Zum Folgenden Thole, ZHR 176 (2012), 513, 534 f.; ders., ZInsO 2012, 661, 662. Dieser plädiert insbesondere für eine konzeptionelle Trennung von Anfechtbarkeit und Nachrang. 203 So auch Lüdtke, HambKomm, InsO, § 39 Rn. 35, wonach die Umqualifikation erst mit der Eröffnung einsetze; anders Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 211: „Im Fall des § 135 I Nr. 2 InsO wird dadurch auch der Zeitraum der Nachrangigkeit einer Gesellschafterforderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf den Jahreszeitraum vor Insolvenzantragstellung vorgezogen“, widersprüchlich hingegen S. 213.
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ge.204 Vor dem Hintergrund dieses Normverständnisses müsse untersucht werden, ob die Eigenschaft des Nachrangs der Darlehensforderungen als Einwendung im Wege des § 404 BGB auf den Zessionar übergehen kann.205 Ausweislich des Wortlauts müsse eine Einwendung im Zeitpunkt der Abtretung vorhanden sein. Da ein Gesellschafterdarlehen erst dann als nachrangig zu qualifizieren ist, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde, liege die Einwendung der Nachrangigkeit im Zeitpunkt der Abtretung nicht vor. Der Anwendungsbereich des § 404 BGB sei jedoch weiter gefasst. Es würden auch solche Einwendungen erfasst, deren Tatbestandsvoraussetzungen zwar noch nicht vorliegen, deren Rechtsgrund jedoch bereits im Zeitpunkt der Abtretung angelegt ist.206 Ausgehend von der Prämisse, dass mit der Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen i. S. d. Gesellschafterdarlehensrechts der Nachrang im Grunde schon angelegt ist, gelangt Thole zu dem Ergebnis, dass § 404 BGB ein gangbarer Weg sein könne.207 (2) Stellungnahme Bereits an der ersten Folgefrage der herrschenden Meinung, die auf dem Gedanken aufbaut, dass der Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO eine Einwendung sei, zeigen sich weitere Unstimmigkeiten. Während sich der überwiegende Teil der Literatur erst gar nicht bemüht, die Überleitung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen über § 404 BGB zu begründen, vermag Thole den Weg über § 404 BGB nur damit zu ebnen, dass der Nachrang mit der Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen schon im Grunde angelegt sei. Allein mit dieser dogmatischen Behelfskonstruktion208 vermag er die Anwendung von § 404 BGB zu erklären. Dem Grunde nach stützt er sich dabei auf den § 404 BGB zugrundeliegende Gedanken, wonach sich die Position des neuen Gläubigers/Zessionars nicht verbessern und die des Schuldners nicht verschlechtern soll.209 Vor diesem Hintergrund wird das zuvor gefundene Ergebnis, wonach der Nachrang schon keine Einwendung i. S. d. § 404 BGB ist, nochmals bestärkt. 204
Insbesondere greift auch keine Auszahlungssperre nach §§ 43 Abs. 3, 30, 31 GmbHG analog; siehe hierzu BGH, Urt. v. 9. 12. 1991 – II ZR 43/91, BGH, NJW 1992, 1166; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 355. 205 Zum Folgenden Thole, ZHR 176 (2012), 513, 534 f.; ders., ZInsO 2012, 661, 662. 206 BGH, Urt. v. 26. 6. 1957 – V ZR 148/55, BGHZ 25, 27, 29; BGH, Urt. v. 29. 11. 1984 – IX ZR 44/84, BGHZ 93, 71, 79; BGH, Urt. v. 29. 4. 1992 – VIII ZR 77/91, BGH NJW 1992, 2221, 2222; Busche, in: Staudinger, § 404 Rn. 10; Grüneberg, in: Palandt, § 404 Rn. 4; Roth/Kieninger, in: MüKo, BGB, § 404 Rn. 11. 207 Thole, ZInsO 2012, 661, 662; ders., ZHR 176 (2012), 513, 535; vgl. auch Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 271: „Nach Aufgabe des Tatbestandsmerkmals der Krise ist aber schon die bloße Gewährung eines Darlehens durch einen nicht privilegierten Gesellschafter für die Annahme eines Gesellschafterdarlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ausreichend“. 208 Thole, ZInsO 2012, 661, 662 bezeichnet diesen Weg als „Schlenker“ bzw. als „Remedur“; ders., ZHR 176 (2012), 513, 535. 209 Thole, ZHR 176 (2012), 513, 535.
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dd) Nachrang des Zessionars durch eine zweckgerichtete Auslegung Im Folgenden wendet sich die Arbeit den Tendenzen in der Literatur zu, die den Nachrang der an den Zessionar abgetretenen Darlehensforderungen durch eine zweckgerichtete Auslegung zu bestimmen versuchen. (1) Ansichten in der Literatur Bezüglich der Frage, auf welchem dogmatischen Weg die Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen und in diesem Sinne die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen auch nach einer Abtretung an einen Dritten bestehen bleibt, schlägt Ulbrich eine gänzlich andere Lösung vor.210 Für ihn ist der Weg über § 404 BGB „jedenfalls verzichtbar“.211 Er sieht die Lösung des Problems in einer zweckgerechten Auslegung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 Var. 1 InsO. Um die Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen auch bei einem gesellschaftsfremden Zessionar anzunehmen, sei es im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „Forderung auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens“ i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO vollkommen ausreichend, wenn das Darlehen von einem Gesellschafter gewährt wurde. Prima facie erscheint dieses Ergebnis erst einmal fernliegend. Denn wenn man davon ausgeht, dass ein Darlehen eines Dritten, welches an einen Gesellschafter abgetreten wird, in seiner Hand zu einem Gesellschafterdarlehen wird, wäre es nur konsequent im umgekehrten Fall die Qualifikation als Gesellschafterdarlehen entfallen zu lassen, zumal ein gesellschaftsfremder Dritter gerade nicht die unternehmerischen Einflussmöglichkeiten aufweist, die eine Nachrangigkeit begründen. Ulbrich ist jedoch der Ansicht, dass eine solche Sichtweise die teleologische Dimension des Problems verkenne. Vielmehr müsse dem Gläubigerschutz mehr Bedeutung beigemessen werden. Dieser gebiete es, dass die Nachrangigkeit der Darlehensforderung auch bei einem unbeteiligten Dritten erhalten bleibt. Der Gläubigerschutz könne nur dann effektiv seine Wirkung entfalten, wenn einem Gesellschafter von vornherein klar ist, dass die Nachrangwirkung nicht einfach dadurch umgangen werden kann, dass er im Insolvenzfall die Darlehensforderungen an einen gesellschaftsfremden Dritten abtritt. Ansonsten würde „die ex ante wirkende Motivationswirkung der Nachrangigkeit (…) zunichte gemacht“.212 Koutsós sieht die Lösung des Problems ebenfalls in einer zweckgerichteten Auslegung des Normgefüges, kommt dabei allerdings zum gegenteiligen Ergeb-
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Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 244 f. Zum Folgenden Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 244 f. 212 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 245; so auch Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 791 f., der darauf abstellt, dass der Nachrang von Gesellschafterdarlehen bezwecke, „das Verhalten des Gesellschafters im Interesse der Gläubiger zu disziplinieren“ und insofern zur einer Nachrangwirkung des Zessionars gelangt, da es die gesetzliche Steuerungsfunktion gebietet eine „Erlösvereitelung ex ante [zu] untergraben“. 211
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nis.213 Für ihn ist eine Wortlautauslegung der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 135 Abs. 1 InsO unergiebig, weshalb er auf eine teleologische Auslegung abstellt. Im Gegensatz zu Ulbrich, der als entscheidendes teleologisches Argument den Gläubigerschutz ins Felde führt, stellt Koutsós auf die Wirkungsweise des neuen Haftungskonzepts des neuen Rechts der Gesellschafterdarlehen ab. Dieses sei so beschaffen, dass es seine Wirkung gegenüber dem Gesellschafter entfalten soll. Würden einen gesellschaftsfremden Dritten, der nicht von der Gesellschafterstellung berührt ist, die gleichen Wirkungen treffen, sei dies vor dem Hintergrund des neuen Haftungskonzepts unbillig und widerspräche diesem. (2) Stellungnahme und eigene Ansicht Ulbrich und Koutsós verorten die Lösung des Problems zu Recht auf der teleologischen Ebene. Ausweislich der oben herausgearbeiteten Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts ist der Gläubigerschutz dabei eine elementare Säule. Diesen stellt Ulbrich auch ins Zentrum seiner Argumentation, wenn er darauf aufbauend den Umgehungsschutz dahingehend ausgestaltet, dass die Nachrangwirkung gerade den Zessionar treffen müsse, um so die ex ante wirkende Motivationswirkung beim ursprünglichen Gesellschafter zu gewährleisten. Das Argument des Gläubigerschutzes ist allerdings nur eine – wenn auch eine sehr wichtige – Facette der Legitimationsgrundlage. Der Gläubigerschutz ist kein Argument dafür, den Nachrang explizit nur gegenüber dem Zessionar oder dem Zedenten wirken zu lassen. Vielmehr kommt es darauf an, dass generell ein Schutz für die außenstehenden Gesellschaftsgläubiger besteht. Entscheidend ist somit, dass es überhaupt einen Gläubigerschutz gibt; wie dieser ausgestaltet ist, ist eine andere Frage. In diesem Fahrwasser macht Koutsós dabei zu Recht – wenn auch ohne erläuternde Begründung – darauf aufmerksam, dass das Gesellschafterdarlehensrecht und damit auch seine Wirkung auf den Gesellschafter zugeschnitten sind. Dies untermauert auch ein Blick auf die Legitimationsgrundlage, die sich gerade nicht im Prinzip des Gläubigerschutzes erschöpft, sondern im Zusammenhang mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten eines Gesellschafters gesehen werden muss. Insofern richtet sich eine teleologische Sicht der Dinge im Hinblick auf die Nachrangigkeit der abgetretenen Darlehensforderungen weniger auf den Zessionar als vielmehr auf den Gesellschafter (als Zedent). Die Mitwirkungs- und Vermögensrechte gebieten es daher, dass der Nachrang der Darlehensforderungen dem Grundsatz nach gegenüber dem Gesellschafter als ursprünglichen Forderungsinhaber wirkt. Die Bestimmung der Nachrangwirkung im Wege einer zweckgerichteten Auslegung ist nach dem Verständnis dieser Arbeit eine überzeugende Herangehensweise und fördert ein richtiges Ergebnis zu Tage. Die Frage, wen die Nachrangigkeit der Darlehensforderung treffen soll, ist im Kern eine teleologische Frage und führt damit zu den Grundfesten des Gesellschafterdarlehensrechts. Die alleinige Bestimmung 213 Zum Folgenden Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 215 f.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
der Nachrangwirkung im Wege einer teleologischen Auslegung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist jedoch bei genauerer Betrachtung nicht mit der Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts in Verbindung mit den Strukturen des Insolvenzanfechtungsrechts kohärent. Denn die Nachrangregelung ist lediglich eine Verteilungsregel in der Insolvenz und setzt somit die Existenz einer Darlehensforderung voraus. Daher knüpft sich im Regelungsgefüge des Gesellschafterdarlehensrechts die Frage, ob ein Darlehen dem Nachrang unterliegt, systemisch an die Frage an, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Insolvenzeröffnung ein Gesellschafterdarlehen vorliegt. Im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderung eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter liegt grundsätzlich keine Darlehensforderung in den Händen des Gesellschafters als Zedenten vor, sodass es auf den ersten Blick keine Darlehensforderung gibt, auf welche sich die Nachranganordnung beziehen könnte. Etwas anderes ergibt sich in der vorliegenden Abtretungskonstellation nur dann, wenn die Darlehensrückgewährforderungen nach der Abtretung von der Gesellschaft befriedigt worden sind und die Befriedigung der Darlehensforderungen erfolgreich angefochten werden kann. Vor diesem Hintergrund wird die Frage, wen die Nachrangigkeit trifft, zu einem späteren Zeitpunkt – dann aber auch in einem teleologischen Kontext – im Rahmen der Anfechtung wiederaufgenommen und beantwortet.214 ee) Zwischenfazit Im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter ist der Nachrang keine Einwendung und auch keine andere Eigenschaft, die nach § 404 BGB im Wege der Abtretung vom Gesellschafter (als Zedent) auf den Nichtgesellschafter (als Zessionar) übergeht. Allerdings lässt sich die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen nach einer zweckgerichteten Auslegung dem Gesellschafter als ursprünglichen Forderungsinhaber zuordnen. Dies setzt allerdings die Existenz einer Darlehensforderung beim Gesellschafter voraus. Insofern trifft denjenigen die Nachrangigkeit, der im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Gesellschafterdarlehen innehat. Sofern die Darlehensforderungen nach der Abtretung und vor dem Insolvenzantrag von der Gesellschaft befriedigt worden sind, bestimmt sich die Frage, wen die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen betrifft, in der hier vorliegenden Abtretungskonstellation danach, gegenüber wem die Befriedigung des Gesellschafterdarlehens angefochten werden kann. Sind die Darlehensforderungen dagegen nicht nach der Abtretung befriedigt worden, sondern ist der gesellschaftsfremde Zessionar bei Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der Darlehensforderungen, liegt keine Gesellschafterdarlehensforderung vor, auf die sich die Nachrangregelung erstrecken kann.
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S. u.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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b) Anfechtung Sofern die Darlehensrückgewährforderungen des Nichtgesellschafters im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag befriedigt worden sind, stellt sich die Frage, ob die Rückzahlung gegenüber dem Zessionar oder dem Gesellschafter angefochten werden kann. aa) Tatbestand Losgelöst von den zuvor angestellten Überlegungen hinsichtlich der Nachrangigkeit der Darlehensforderung sollen im Folgenden die Anfechtungsmöglichkeiten gegenüber dem abtretenden Gesellschafter als ursprünglichen Forderungsinhaber und dem gesellschaftsfremden Zessionar als neuem Forderungsinhaber untersucht werden. Dabei sollen insbesondere die im zweiten Teil dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse fruchtbar gemacht werden. Die Untersuchung setzt bei der Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar an, da diese in der Diskussion im Rahmen der Abtretungsfälle stets im Mittelpunkt steht. (1) Anfechtung gegenüber dem Zessionar (a) Auffassungen in der Literatur und Rechtsprechung Nach der überwiegenden Ansicht geht mit der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen auch die Anfechtbarkeit der Darlehensrückzahlung gegenüber dem Zessionar einher.215 Der Bundesgerichtshof hält die Argumentation hinsichtlich der Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem Zessionar sehr schlicht: „Mit dem Nachrang ist folgerichtig die Anfechtbarkeit des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO verbunden.“216 In analoger Anwendung zu § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO soll dies jedoch nur dann der Fall sein, wenn innerhalb des Jahres vor der Stellung des Insolvenzantrags sowohl der Gesellschafter die Darlehensforderungen an den Zessionar abgetreten hat, als auch die Gesellschaft das Darlehen an den Zessionar zurückgezahlt.217 215
BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 229 Rn. 27, der sich für eine gesamtschuldnerische Haftung des Zedenten und Zessionars ausspricht. Nur für eine Haftung des Zessionars OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, juris Rn. 52; so auch Haas, NZG 2013, 1241, 1245. 216 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 229 Rn. 27. 217 Im Ergebnis BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, BGH NZI 2013, 308, 310 f.; OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 879, 881; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbhG, Anh. § 30 Rn. 50; ders., NJW 2008, 3601, 3603 f.; Bormann/Hösler, GmbHR 2011, 304, 305; Bornemann, in: FK-InsO, § 39 Rn. 57 ff.; Gehrlein, BB 2008, 846, 850; Gehrlein, in: Gehrlein/Witt/Volmer, GmbH-Recht, Kap. 8 Rn. 9; Haas, ZInsO 2007, 617, 626; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2149; ders., in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 46; Hirte, ZInsO 2008, 689, 693; ders., in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 46; Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 8 f.; Pentz, GmbHR 2013, 393, 401; Schäfer, ZInsO 2012, 1354, 1356; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1596 f.; Thole, ZHR 176 (2012), 513, 535; ders., ZInsO 2012, 661, 662; Wilhelm, BB 2013, 1107; kritisch Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., Anh § 30 Rn. 30,
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Die Bestrebungen, auch den gesellschaftsfremden Zessionar ins Visier der gesellschafterdarlehensrechtlichen Insolvenzanfechtung zu nehmen, rühren u. a. daher, dass viele Stimmen in der Literatur218 eine Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter als ursprünglichen Forderungsinhaber für nicht möglich halten und ihnen vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes ein Leerlauf der Anfechtungsmöglichkeiten als unbillig erscheint.219 Eines der Hauptargumente der Vertreter der herrschenden Meinung speist sich aus den Zweckerwägungen des Gesellschafterdarlehensrechts. Hiernach soll der Betrag, den ein Gesellschafter seiner Gesellschaft ursprünglich als Darlehen zur Verfügung gestellt hat, im Fall der Insolvenz den Gläubigern zur Verfügung stehen.220 Hätte nunmehr die Abtretung zur Konsequenz, dass die Rückzahlung des Darlehens gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar nicht angefochten werden kann, dann liefe das neue Gesellschafterdarlehensrecht leer. Diesem Argument kann jedoch möglicherweise entgegengehalten werden, dass der Gesellschafter als Zedent der Darlehensforderungen als Anfechtungsgegner zur Verfügung steht und das Gesellschafterdarlehensrecht daher gerade nicht leerläuft. Dem entgegnet wiederum die herrschende Meinung, dass dies dennoch auf eine Verschlechterung der Position der zu schützenden Gläubiger im Fall der Insolvenz hinausliefe, da der Zessionar die Darlehensforderungen dann ohne Beschränkungen einfordern könnte und somit die Insolvenzmasse – und damit die Gläubiger – das Insolvenzrisiko des Gesellschafters als Zedenten tragen müssten.221 Anders formuliert geht es den Vertretern der herrschenden Meinung primär darum, dass die Rechtswirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts nicht umgangen werden können.222 Deshalb sind sie in der Abtretungskonstellation auf einen wirksamen Umgehungsschutz bedacht.223 (b) Stellungnahme und eigene Ansicht Nach der hier vertretenen Ansicht trifft den gesellschaftsfremden Zessionar bereits nicht die Nachrangigkeit der Darlehensforderungen. Daher wird im Folgenden, der die Lösung über §§ 404, 412 für einen Notbehelf hält; ähnlich auch Haas, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, Anh. nach § 64 Rn. 47. 218 Eine Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter ablehnend statt vieler Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 274 ff. m. w. N.; zur Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter ausführlich unten. 219 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 270. 220 Bitter, ZHR 176 (2012), 578, 582; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen S. 216 f. 221 OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 870, 880 f.; so auch Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 270 f. 222 Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen, S. 216 f. 223 Habersack, ZIP 2007, 2145, 2149; ders., in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 46; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1595 ff.; teilweise wird der Umgehungsschutz als telelogisches Argument angeführt, teilweise wird aber auch hervorgehoben, dass das Argument des Umgehungsschutzes unabhängig von etwaigen Normzwecküberlegungen sei, vgl. Schlößer/ Klüber, BB 2009, 1594, 1596 f.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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unabhängig von etwaigen Nachrangigkeitsüberlegungen, die insolvenzrechtliche Anfechtung gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar geprüft. Der Zessionar hat im Rahmen der Abtretung die Darlehensrückgewährforderungen gegen die Gesellschaft erhalten. Damit fällt ihm auch eine tatbestandlich vorausgesetzte Darlehensgeberposition zu. Sofern die Gesellschaft ihm im anfechtungsrelevanten Zeitraum das Darlehen zurückzahlt, liegt auch eine Befriedigung der Forderungen vor. Entscheidend für die Anfechtbarkeit ist in diesem Kontext jedoch ein anderes Tatbestandsmerkmal, nämlich die Gesellschafterstellung im anfechtungsrelevanten Zeitraum. Der Zessionar ist zu keinem Zeitpunkt Inhaber einer Gesellschafterposition. Eine solche hat er auch nicht im Rahmen der Abtretung auf irgendeine Art und Weise – beispielsweise durch den Übergang des Nachrangs – erlangt. Insofern scheidet eine Anfechtbarkeit gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar bereits auf tatbestandlicher Ebene aus. (2) Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem Gesellschafter Im Gegensatz zu einer reinen Anfechtung gegenüber dem Zessionar erwägen einige Stimmen in der Literatur – wenn auch auf jeweils unterschiedlichen rechtsdogmatischen Wegen224 – eine ausschließliche Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter als Zedenten. Manche erwägen eine analoge Anwendung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, die eine Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter ermöglichen soll,225 andere ziehen einen Vergleich zu den Regeln des gesellschafterbesicherten Drittdarlehens vor und schlagen daher eine analoge Anwendung der §§ 44a, 143 Abs. 3 InsO vor.226 Wieder andere gehen einen Schritt weiter und bemühen eine Fiktion. Danach soll die fortgesetzte Darlehensgeberstellung des Gesellschafters fingiert werden und eine vor der Insolvenzeröffnung erfolgende Darlehensrückzahlung an den Zessionar als potentiell gegenüber dem Gesellschafter gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbare Rückzahlung des Darlehens in Gestalt einer mittelbaren Zuwendung der Gesellschaft an den Gesellschafter gewertet werden.227
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Mit differierenden Begründungsansätzen Baier, DB 2014, 227, 228; Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 126 ff.; Fedke, NZG 2009, 928, 932; Haas, NZG 2013, 1241, 1244 ff.; Haas/ Vogel, NZG 2011, 455, 458; Jungclaus, NZI 2013, 311, 312; Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 487 ff., 492 f.; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 213 ff.; Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147 ff.; dies., in: Prütting/Kübler/Bork, InsO, § 39 Rn. 67; vgl. Schönfelder, WM 2009, 1401, 1403, 1407; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, 2. Aufl., Anhang zu § 30 Rn. 44. 225 Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 485, 487. 226 So etwa Jungclaus, Die Abtretung des Anspruchs auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, S. 55 ff.; Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147 ff.; dies., in: Prütting/Kübler/Bork, InsO, § 39 Rn. 67; vgl. im Ergebnis aber ablehnend Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 217 ff. 227 Vgl. Haas/Vogel, NZG 2011, 455, 458, sinngemäß übereinstimmend Preuß, in: Kübler/ Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 67.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Im Folgenden soll die Anfechtbarkeit gegenüber dem Gesellschafter als Zedenten der Darlehensforderungen anhand der herausgearbeiteten tatbestandlichen Voraussetzungen überprüft werden und im Rahmen dessen die verschiedenen Ansätze in der Literatur berücksichtigt werden. (a) Allgemeine Insolvenzanfechtungsvoraussetzungen Hinsichtlich der allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen ergeben sich grundsätzlich keine Besonderheiten. (b) Besondere Insolvenzanfechtungsvoraussetzungen (aa) Gesellschafterdarlehen Der erste neuralgische Punkt ist die Frage, ob in der Person des Gesellschafters das Tatbestandsmerkmal des Gesellschafterdarlehens i. S. d. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt ist. In Bezug auf die Gesellschafterstellung ergeben sich keine Probleme, da der Gesellschafter das Darlehen der Gesellschaft ursprünglich in seiner Funktion als Gesellschafter gewährt hat. Weitaus problematischer ist die Frage, ob er auch dann noch eine Gläubigerstellung innehat, nachdem er das Darlehen an einen Dritten abgetreten hat. Für die Zeit nach der Abtretung ist er nämlich nicht mehr Inhaber der Darlehensforderungen. Dieses Problem entpuppt sich jedoch mit Blick auf die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen als scheinbar. Denn sie geben nicht zwingend vor, dass der Gesellschafter während des gesamten Zeitraums der Anfechtbarkeit Inhaber der Darlehensforderungen sein muss, sondern nur, dass die Gesellschafter- und die Gläubigerstellung zu irgendeinem Zeitpunkt im maßgeblichen Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 5 InsO – innerhalb des Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung der Insolvenz – in einer Person vereint sein muss.228 Insofern muss die Gläubigerstellung des Gesellschafters nicht fingiert werden. Denn der Gesellschafter muss im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung nicht mehr Inhaber der Darlehensforderungen sein.229 (bb) Befriedigung der Darlehensforderung Das eigentlich problematische Tatbestandsmerkmal ist die Befriedigung der Darlehensrückgewährforderungen. Hierzu soll zunächst noch einmal die Ausgangsposition vor Augen geführt werden. Ein Gesellschafter hat ursprünglich der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und innerhalb der Jahresfrist vor Antragstellung die Darlehensforderungen entgeltlich an einen gesellschaftsfremden Dritten abgetreten. Die Gesellschaft hat die Darlehensforderungen anschließend innerhalb der Jahresfrist vor dem Insolvenzantrag an den Dritten aus ihrem Vermögen zurückgezahlt. Insofern sind zwei Zahlungsströme zu verzeichnen: Zum einen hat der 228
S. o. Anders aber Haas/Vogel, NZG 2011, 455, 458; sinngemäß übereinstimmend Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 57. 229
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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gesellschaftsfremde Zessionar aus seinem Vermögen eine Zahlung im Rahmen der Abtretung an den Gesellschafter geleistet. Zum anderen hat die Gesellschaft den Rückzahlungsanspruch des Zessionars beglichen. Für die Befriedigung im Rahmen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO kommt es entscheidend darauf an, dass die Darlehensforderungen aus dem Vermögen der Gesellschaft befriedigt wurden.230 Das Merkmal der Befriedigung ist janusköpfig. Auf der einen Seite kommt es auf die Perspektive des Gesellschafters an, wonach dieser etwas erhalten haben muss. Und zum anderen kommt es auf die Perspektive der Gesellschaft an, deren Aktivvermögen geschmälert worden sein muss, da es nur dann zu einer Gläubigerbenachteiligung kommt. Auf den ersten Blick scheint es, dass nur der gesellschaftsfremde Zessionar aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt wird, da die Gesellschaft die Darlehenssumme an den Zessionar als aktuellen Darlehensforderungsinhaber zurückzahlt und dadurch dessen Rückzahlungsanspruch begleicht. Eine solche Sichtweise wird jedoch nur der einen Seite des Tatbestandsmerkmals gerecht, wonach die Forderung auf Kosten der Gesellschaft getilgt worden sein muss. Dabei wird jedoch die Befriedigung des Gesellschafters ausgenommen. Denn der Gesellschafter – der Zedent – wird im Rahmen dieser Rechtshandlung nicht unmittelbar befriedigt. (cc) Mittelbare Gesellschafterbefriedigung Vor diesem Hintergrund bringen einige Vertreter im Schrifttum den Gesellschafter ins Spiel, da auch er eine Befriedigung – wenn auch nur mittelbarer Art – erhalten habe.231 Eine Möglichkeit, die Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter zu begründen, speist sich aus dem Gedanken, dass der Gesellschafter infolge der Forderungsabtretung in irgendeiner Form durch den Erwerbspreis befriedigt wird. Eine solche mittelbare Befriedigung könne mit einem gesellschafterbesicherten Drittdarlehen verglichen werden.232 Denn auch hier komme der Gedanke zum Tragen, dass es unterschiedslos ist, ob der Gesellschafter unmittelbar ein Darlehen gewährt oder ob er ein Darlehen eines Dritten besichert. Ebenso wie bei Drittdarlehen mache es auch in der Abtretungskonstellation von einem Gesellschafter an einen Nichtgesellschafter keinen Unterschied, ob der Gesellschafter die Befriedigung von einem Dritten erhält, welcher sie seinerseits von der Gesellschaft erhält oder ob der Gesellschafter unmittelbar von der Gesellschaft befriedigt wird.233 Infolgedessen scheint eine analoge Anwendung der für die gesellschafterbesicherten Drittdarlehen 230
Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 6. Vgl. Schönfelder, WM 2009, 1401, 1403; zustimmend Führ/Wahl, NZG 2010, 889, 891 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., Anh § 30 Rn. 30; Haas/Vogel, NZG 2011, 455, 458; ähnlich Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 67; a. A. Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 274 m. w. N. 232 Vgl. Schönfelder, WM 2009, 1401, 1403; Führ/Wahl, NZG 2010, 889, 891. 233 Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 218. 231
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
maßgeblichen Regelungen der §§ 44a, 143 Abs. 3 InsO naheliegend.234 Es gilt jedoch zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer analogen Anwendung gegeben sind. Denn diesbezüglich könnte es schon an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen, da der Gesetzgeber des Eigenkapitalersatzrechts mit der Figur des „mittelbaren Gesellschafterdarlehens“ ausschließlich den Fall eines gesellschafterbesicherten Drittdarlehens im Auge hatte und gerade nicht eine mittelbare Gesellschafterbefriedigung.235 Vor dem Hintergrund, dass die Fälle der Abtretung eines Gesellschafterdarlehens im Eigenkapitalersatzrecht klar geregelt waren, gab es andererseits für den Gesetzgeber auch keinen Anlass die mittelbare Gesellschafterbefriedigung gesondert zu regeln. Da die Zessionsfälle in der Neuregelung nicht klar geregelt sind,236 hat sich die planwidrige Regelungslücke erst mit dem MoMiG aufgetan. Neben einer planwidrigen Regelungslücke bedürfte es ferner auch einer vergleichbaren Interessenlage. Wurde eine solche zwar oben schon kurz umrissen, weist Koutsós auf einen Unterschied hin, der seiner Auffassung nach eine analoge Anwendung unmöglich macht: Die §§ 44a, 143 Abs. 3 InsO seien ihrem Wesen nach von dem Gedanken geprägt, dass Gesellschafter und Dritter bei der Finanzierung der Gesellschaft mittels Gesellschafterdarlehen zusammenwirken. Dies sei jedoch in den Zessionsfällen gerade nicht der Fall, hier handele im Hinblick auf die Finanzierung ausschließlich der Gesellschafter. Erweist sich daher eine analoge Anwendung des gesellschafterbesicherten Drittdarlehens als nicht gänzlich zielführend, so ist dennoch der Gedanke einer mittelbaren Befriedigung des Gesellschafters vielversprechend.237 In diese Richtung argumentiert auch der Bundesgerichtshof,238 wenn er in diesem Zusammenhang auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise rekurriert. Dabei greift er auf die Historie des Gesellschafterdarlehensrechts zurück, wonach im Rahmen der Rechtsprechungsregeln der Zahlungsbegriff der §§ 30 f. GmbH so auszulegen war, dass „eine Zahlung aus dem Gesellschaftsvermögen an den Zessionar gleichzeitig auch eine mittelbare Zahlung an den Zedenten“239 darstellt. Im Zusammenhang mit der Abtretung wurde der Gesellschafter im Gegenzug für die Abtretung der Darlehensforderungen von dem Zessionar kompensiert. Folglich
234 So wohl zuerst erwägend Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 218, der jedoch im Ergebnis eine analoge Anwendung ablehnt; später Jungclaus, Die Abtretung des Anspruchs auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, S. 55 ff. 235 Zum Folgenden Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 218. 236 Unter der Prämisse, dass man die Anwendung des § 404 BGB ablehnt. 237 Vgl. Preuß, in: Prütting/Kübler/Preuß, InsO, § 39 Rn. 67. 238 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 230 Rn. 29 ff. 239 Haas, ZIP 2017, 545, 552, der der Rechtsprechung zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis der wirtschaftlichen Betrachtungsweise dahingehend folgt, dass eine Zahlung aus dem Gesellschaftsvermögen eine solche an den Gesellschafter ist.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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hat der Gesellschafter auf Grund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise eine Befriedigung für die Abtretung erhalten. Dem könnte jedoch entgegenhalten werden, dass diese Art der Befriedigung nicht das Aktivvermögen der Gesellschaft schmälert und es somit zu keiner Gläubigerbenachteiligung kommt.240 Eine solche Sichtweise ist jedoch verkürzt, da sie nicht die Figur einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung berücksichtigt. Hiernach ist auch dann eine Benachteiligung der Gläubiger gegeben, wenn diese zwar nicht mit der Rechtshandlung einhergeht bzw. sie ein außerhalb der Rechtshandlung liegender Umstand ist, aber die Grundlage für eine weitere die Gesellschaftsgläubiger schädigende Handlung legt und sich diese bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenhandlung manifestiert.241 Genau dies ist bei der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen gesellschaftsfremden Dritten der Fall. Indem der Gesellschafter seine Darlehensforderungen an den gesellschaftsfremden Dritten entgeltlich abtritt, wird einerseits der Gesellschafter in finanzieller Hinsicht befriedigt242 und wird damit andererseits bereits die Grundlage für eine die Gesellschaftsgläubiger schädigende Handlung gelegt, sollte der gesellschaftsfremde Zessionar das Darlehen im relevanten Anfechtungszeitraum zurückfordern und sich insofern die tatsächliche Gläubigerbenachteiligung realisieren. Dabei steht der Umstand im Vordergrund, dass ein Gesellschafter durch die Abtretung der Darlehensforderungen an einen gesellschaftsfremden Dritten das Darlehen aus der Sphäre der Gesellschaft herauslöst und bei einem Dritten, der mit der Gesellschaft nicht als Gesellschafter verbunden ist, ansiedelt, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit einer Rückforderung erhöht. Daher sind die Verkürzung des Aktivvermögens der Gesellschaft und damit auch die Gläubigerbenachteiligung bereits im Rechtsgeschäft der Abtretung angelegt. Diese manifestiert sich vollständig im späteren Zeitpunkt der Rückzahlung des Darlehens an den Zessionar. Der Umstand, dass die Vermögensminderung des Gesellschaftsvermögens bereits in der Abtretung angelegt ist, bildet die Verknüpfung zwischen der Befriedigung des Gesellschafters und der Tatsache, dass die Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen zu erfolgen hat. (c) Zwischenergebnis Die Analyse der Anfechtungsmöglichkeiten auf Ebene des Tatbestands hat gezeigt, dass eine Anfechtung gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar ausscheidet, dafür aber gegenüber dem Zedenten – dem Gesellschafter – möglich ist.
240 So etwa argumentiert Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 275. 241 S. o. 242 Insoweit auch Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 220, der allerdings allein auf die mögliche Befriedigung des Gesellschafters abstellt, jedoch nicht darauf eingeht, wie es zu einer Verkürzung des Aktivvermögens der Gesellschaft kommt.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
bb) Rechtsfolge: Anfechtungsgegner Im Anschluss an die Frage, wer tatbestandlich vom Insolvenzanfechtungsrecht erfasst wird, stellt sich in diesem Zusammenhang nachgeschaltet die Frage, wer zur Erstattung des zurückbezahlten Darlehensbetrages in die Insolvenzmasse verpflichtet ist, wenn die Gesellschaft die Darlehensmittel zurückgezahlt hat.243 Auf Rechtsfolgenseite geht es primär um die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners. Dabei besteht dahingehend Einigkeit, dass eine Person ausweislich des Wortlauts nur dann der richtige Anfechtungsgegner ist, wenn ihre Forderung innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO befriedigt worden ist. (1) Anfechtung gegenüber dem Zessionar nach § 145 Abs. 2 InsO als lex specialis Ebenso wie auf tatbestandlicher Ebene zunächst eine Anfechtung gegenüber dem Zessionar in Erwägung gezogen worden ist, verhält es sich auch auf der Rechtsfolgenebene, wo auf den ersten Blick die Anfechtung gegenüber dem Zessionar explizit in der Sondervorschrift des § 145 Abs. 2 InsO geregelt zu sein scheint.244 Nach dieser Vorschrift unterliegt ein sonstiger Rechtsnachfolger den im Gesetz nachfolgenden gesonderten Anfechtungsvoraussetzungen. Auf den zweiten Blick entpuppt sich dieser Lösungsweg jedoch als scheinbar:245 Ausweislich des Wortlauts in Abs. 1 und des Normzwecks246 zielt die Vorschrift auf einen Rechtsnachfolger eines schon bestehenden Anfechtungsgegners ab.247 In der hier zu untersuchenden
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So auch Wolf, Der Dritte in der Pflicht, S. 172. So etwa Kirchhof, in: MüKo, AnfG, § 6 Rn. 21 zur Parallelvorschrift des § 15 Abs. 2 InsO: „Nach bisherigem Recht musste sich (auch) der Neugläubiger – sogar wenn er nicht Gesellschafter wurde – nach § 404 BGB die Auszahlungssperre entgegenhalten lassen. Für das neue Recht erscheint dagegen eine Regelung im Hinblick auf die Einzelrechtsnachfolge (§ 15 Abs. 2) in die nachrangige Darlehensforderung des Gesellschafters systemkonformer.“ sowie Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 57, 95, dessen Ausführungen sich allerdings auf einen ausgestanzten Sonderfall beziehen und auf die hier zu untersuchende Konstellation nicht zutreffen. Jungclaus, Die Abtretung des Anspruchs auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, S. 3 spricht insoweit von einer „missverständliche(n) sprachlichen(n) Verallgemeinerung“. Kritisch, dass der Bundesgerichtshof den Anknüpfungspunkt des § 145 InsO nicht einmal in Erwägung gezogen hat, Haas, ZIP 2017, 545, 548. 245 Vgl. Thole, ZInsO 2012, 661, 663; Jungclaus, Die Abtretung des Anspruchs auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens, S. 8; Haas, NZG 2013, 1241, 1244. 246 Büteröwe, in: Schmidt, InsO, § 145 Rn. 1: „Die Vorschrift regelt die Anfechtung gegenüber dem Rechtsnachfolger des Empfängers der anfechtbaren Leistung“; vgl. Kirchhof/ Piekenbrock, in: MüKo-InsO, § 145 Rn. 1. 247 So auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 252: „Der Insolvenzverwalter ficht nicht die Begründung der Darlehensforderung an, bezüglich derer der Zessionar Rechtsnachfolger der Gesellschafter ist, sondern deren Befriedigung. Diese ist bereits gegenüber dem Zessionar selbst erfolgt“; vgl. auch Zenger, Die Insolvenzanfechtung aus zivilrechtlicher Perspektive, S. 254; Brinkmann, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 145 Rn. 20; Gehrlein, in: Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 135 Rn. 6; Kirchhof/Piekenbrock, in: MüKo, InsO, § 145 Rn. 17: „Sonstiger Rechtsnachfolger im Sinn von § 145 Abs. 2 InsO ist 244
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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Konstellation ist der Zessionar zwar der Rechtsnachfolger des Zedenten, allerdings soll der richtige Anfechtungsgegner erst noch bestimmt werden und kann nicht vorausgesetzt werden.248 Folglich hilft die Vorschrift des § 145 Abs. 2 InsO in dieser Konstellation nicht weiter. (2) Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners nach § 143 Abs. 1 Nr. 1 InsO Nach hier vertretener Ansicht ergibt sich der Anfechtungsgegner aus der den Anfechtungsgegner allgemein bestimmenden Norm des § 143 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wonach es für die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners entscheidend auf den Sinn und Zweck des jeweiligen Insolvenzanfechtungstatbestands ankommt.249 Da es sich bei dem Insolvenzanfechtungstatbestand des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO um einen Anfechtungstatbestand des Gesellschafterdarlehensrechts handelt und den Normen des Gesellschafterdarlehensrechts eine einheitliche Legitimationsgrundlage zugrunde liegt, ist folglich entscheidend auf eine teleologische Auslegung nach den Wertungen des Gesellschafterdarlehensrechts abzustellen.250 Unabhängig von den tatbestandlichen Voraussetzungen wird hier zunächst auf einer teleologischen Ebene der richtige Anfechtungsgegner bestimmt, um dann am Ende die Ergebnisse der Diskussion zusammenzufassen. Das Gesellschafterdarlehensrecht ist in seiner Grundkonzeption – wie der Wortlaut auch vermuten lässt – auf den Gesellschafter zugeschnitten. Dies untermauert ebenso die Legitimationsgrundlage, die nach hier vertretener Auffassung im Gläubigerschutz zusammen mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten des Gesellschafters zu sehen ist. Demzufolge orientieren sich auch die Instrumente des Gesellschafterdarlehensrechts – der Nachrang und die Anfechtbarkeit eines Darlehens – in erster Linie am Gesellschafter. Gerade in einem Fall wie der hier gegebenen Abtretungskonstellation der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter sollte der Blick stets vorrangig auf den Gesellschafter gerichtet werden, bevor der grundsätzlich vom Gesellschafterdarlehensrecht unberührte Dritte mit einbezogen wird. Dies gilt umso mehr, als sich die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts aus zwei Elementen zusammensetzt: Einmal aus dem Credo des Gläubigerschutzes und zum anderen aus den Mitwirkungs- und Vermögensrechten des Gesellschafters. Zwar hat es aus der Perspektive des Gläubigerschutzes keine Auswirkung, ob die Sanktionsmechanismen den Gesellschafter oder den Zessionar treffen, da es aus Sicht der Gesellschaftsgläubiger lediglich darauf ankommt, dass aufgrund der Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen die Darlehensmittel der Insolvenzmasse zu Gute kommen. So besehen könnte sich der Anderjenige, der den anfechtbar in das Vermögen des ursprünglichen Anfechtungsgegners gelangten Gegenstand in anderer Weise als durch Gesamtrechtsnachfolge erwirbt.“ 248 Vgl. Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 252. 249 S. o. 250 Vgl. auch Haas, NZG 2013, 1241, 1244.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
fechtungsanspruch sowohl gegen den Gesellschafter als auch gegen den Zessionar richten. Anders hingegen verhält es sich mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten. Sie bilden den Ausschlag, warum das Gesellschafterdarlehensrecht gerade den Gesellschafter trifft. Dies sind die ihm zustehenden Möglichkeiten der Einflussnahme und die Möglichkeit der Gewinnpartizipation. Diese konstituieren auf teleologischer Ebene die entscheidenden Merkmale, warum die Sanktionsinstrumente des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter zugeschnitten sind. Demzufolge steht der Gesellschafter mit der Gewährung eines Darlehens an die Gesellschaft ausgehend von seinen Mitwirkungs- und Vermögensrechten in der vollen „Verantwortlichkeit“ für das Darlehen. Ein an der Gesellschaft unbeteiligter Dritter erhält im Rahmen der Abtretung lediglich die Darlehensrückgewährforderungen. Damit gehen keine Mitwirkungs- und Vermögensrechte einher, die es nach einer teleologischen Betrachtung rechtfertigen, ihn in das Gesellschafterdarlehensrecht mit einzubeziehen. Somit manifestieren sich die teleologischen Erwägungen dahingehend, dass die Abtretung der Darlehensforderungen an den Zessionar und die im Rahmen der Abtretung erfolgende Zahlung eines Kaufpreises an den Gesellschafter die Darlehensforderungen des Gesellschafters mittelbar befriedigt und „der so generierte Erlös also unter Normzweckgesichtspunkten abgeschöpft werden muss“.251 Sofern der Gesellschafter folglich der richtige Anfechtungsgegner der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist, ist auch dem Gläubigerschutz und damit etwaigen Umgehungsversuchen Genüge getan. Dennoch könnte man – gerade vor dem Hintergrund des Gläubigerschutzes – auch überlegen den gesellschaftsfremden Zessionar auf der Rechtsfolgenebene mit einzubeziehen. Denn ein weiterer Anfechtungsgegner würde den Gläubigerschutz zweifelsohne verstärken. Dieser Aspekt käme insbesondere dann zum Tragen, wenn der Gesellschafter vermögenslos ist. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass sich die Insolvenzanfechtung grundsätzlich auf eine Person – nämlich den Gesellschafter, dessen Insolvenzrisiko die Gläubiger zu tragen haben – erstreckt und nicht auf mehrere Personen.252 Eine Ausnahme hiervon ist auch unter Gläubigerschutzgesichtspunkten nicht erforderlich, da eine Anfechtung gegenüber dem Zessionar und dem Zedenten den Gläubigerschutz übermäßig erhöhen würde.253 Unabhängig davon wird häufig mit der Verkehrsfähigkeit der Gesellschafterdarlehen argumentiert.254 Die Möglichkeit der Anfechtung auch gegenüber dem 251
Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 796. Anders Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 271; OLG Stuttgart, Urt. v. 8. 2. 2012 – 14 U 27/11, ZIP 2012, 879, 880 f., wonach auf die Gefahr hingewiesen wird, dass die Gesellschaftsgläubiger dem Insolvenzrisiko des Zedenten ausgesetzt sind, wenn der Zessionar zuvor uneingeschränkte Befriedigung verlangt und insofern auch eine Anfechtbarkeit gegenüber dem Zessionar befürworten. 253 So auch Haas, NZG 2013, 1241, 1245 f. 254 Vgl. Fedke, NZG 2009, 928, 932; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 216 f., 220; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 252
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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gesellschaftsfremden Zessionar hätte praktisch zur Konsequenz, dass es im Rechtsverkehr zu erheblichen Unsicherheiten käme. Denn der gesellschaftsfremde Zessionar wüsste im Zeitpunkt der Abtretung nicht, ob innerhalb eines Jahres ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt werden wird und er dann einer Anfechtung ausgesetzt ist. Zudem kann der gesellschaftsfremde Zessionar die Geschicke der Gesellschaft und damit das Insolvenzrisiko nicht beeinflussen. In der Praxis hätte dies zur Konsequenz, dass die Abtretung von Gesellschafterdarlehen an einen gesellschaftsfremden Dritten mit erheblichen Abschlägen aufgrund des Anfechtungsrisikos verbunden wäre.255 Folglich wäre der Rechtsverkehr durch die Einbeziehung des Zessionars in erheblichem Maße beeinträchtigt.256 Dagegen verfängt das Argument, das stellenweise im Schrifttum vorgebracht wird, dass die Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar deshalb zulässig sein müsse, um den Gesellschafter in präventiv abschreckender Weise daran zu hindern, die Darlehensforderungen zu Umgehungszwecken auf einen Nichtgesellschafter zu übertragen,257 nicht. Denn wenn der Gesellschafter als richtiger Anfechtungsgegner adressiert wird, ist es gerade nicht erforderlich, Umgehungen vorzubeugen. Darüber hinaus wird erwogen, eine Anfechtung gegenüber dem gesellschaftsfremden Zessionar zu ermöglichen, soweit dieser um die Besonderheiten, dass es sich um ein nachrangiges Gesellschafterdarlehen handelt, welches einer Anfechtbarkeit unterliegt, weiß.258 Diese Kenntnis um die Besonderheiten des Darlehens soll somit die Anfechtung gegenüber dem Zessionar erlauben. Die Kenntnis des gesellschaftsfremden Zessionars ist zwar ein begrüßenswertes Abgrenzungskriterium. Dennoch kann aus teleologischer Warte diese Kenntnis um die besonderen Umstände nicht auf eine Stufe mit den tatsächlichen Mitwirkungs- und Vermögensrechten gestellt werden.
Rn. 35; besonders deutlich Haas, NZG 2013, 1241, 1245 f.; vgl. Schönfelder, WM 2009, 1401, 1403; Führ/Wahl, NZG 2010, 889 f., 892. 255 Führ/Wahl, NZG 2010, 889, 890; Mülbert, WM 2006, 1977, 1978; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1598; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 326. 256 Die Einbeziehung des Zessionars stelle eine unangemessene Beeinträchtigung der Fungibilität von Gesellschafterdarlehensforderungen dar, vgl. Fedke, NZG 2009, 928, 932; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 216 f., 220; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 35; noch deutlicher Haas, NZG 2013, 1241, 1245 f., die Anfechtbarkeit der abgetretenen Forderung gegenüber dem Zessionar führe im Ergebnis dazu, dass „Gesellschafterforderungen gegen die Gesellschaft schlechterdings nicht mehr verkehrsfähig sind“; Führ/Wahl, NZG 2010, 889 f.; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 326. 257 Vgl. so zum Beispiel Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 272. 258 Vgl. Wilhelm, ZHR 180 (2016), 776, 795.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
cc) Zwischenfazit Folglich ist nach teleologischen Gesichtspunkten allein der Gesellschafter als ursprünglicher Darlehensgeber der richtige Anfechtungsgegner.259 Diese Erwägungen auf der Rechtsfolgenseite decken sich insoweit mit denjenigen auf der Tatbestandsseite, wonach eine Anfechtbarkeit ebenfalls nur gegenüber dem Gesellschafter möglich ist. c) Fazit Im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter ist der Nachrang keine Einwendung und auch keine andere Eigenschaft, die nach § 404 BGB im Wege der Abtretung vom Gesellschafter (als Zedent) auf den Nichtgesellschafter (als Zessionar) übergeht. Sofern der gesellschaftsfremde Zessionar bei Stellung des Insolvenzantrags noch Inhaber der Darlehensforderungen ist, liegen daher keine Gesellschafterdarlehensforderungen vor, auf die sich die Nachrangregelung erstrecken kann. Sofern die abgetretenen Darlehensforderungen nach der Abtretung und vor dem Insolvenzantrag von der Gesellschaft befriedigt werden, ist die Befriedigung des Gesellschafterdarlehens ausschließlich gegenüber dem Gesellschafter anfechtbar. Denn der Gesellschafter wird im Rahmen der Forderungsabtretung mittelbar befriedigt. Indem der Gesellschafter seine Darlehensforderungen an einen gesellschaftsfremden Dritten entgeltlich abtritt, wird einerseits der Gesellschafter in finanzieller Hinsicht befriedigt und andererseits bereits die Grundlage dafür gelegt, dass der gesellschaftsfremde Zessionar das Darlehen im relevanten Anfechtungszeitraum zurückfordert und sich insofern die Gläubigerbenachteiligung realisiert. Denn durch die Abtretung des Gesellschafterdarlehens an einen Dritten wird dieses aus der Sphäre der Gesellschaft herauslöst und somit die Wahrscheinlichkeit einer Rückförderung erhöht. Die Anfechtung bewirkt, dass die Gesellschafterdarlehensforderungen wieder in der Person des Gesellschafters im Zeitpunkt des Insolvenzantrags funktional restituiert werden. Dies hat zur Konsequenz, dass nachdem die Darlehensmittel in die Insolvenzmasse zurückgezahlt worden sind, sich die Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf die Darlehensforderungen des Gesellschafters erstrecken kann.
259 Im Ergebnis ebenso, wenn auch mit anderer Begründung Thole, ZHR 176 (2012), 513, 533 f.; ders., ZInsO, 2012, 661 663 f., der die Anfechtung ebenso konzeptionell von dem Nachrang trennt und der die Legitimation der Anfechtung gegenüber dem Gesellschafter darin begründet sieht, dass sie dem Informationsvorsprung des Gesellschafters begegnen soll; anders Fedke, NZG 2009, 928, 932, der eine Anfechtung sowohl gegenüber dem Zedenten als auch gegenüber dem Zessionar verweist.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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B. Ausscheiden aus der Gesellschafterstellung In diesem Abschnitt wird die Konstellation untersucht, in der ein Gesellschafter, nachdem er der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, aus der Gesellschaft ausscheidet. Dies kann auf zwei unterschiedlichen Wegen erfolgen: Der Gesellschafter kann seine Gesellschaftsanteile auf einen gesellschaftsfremden Dritten oder einen Mitgesellschafter übertragen.260 Für diese Untersuchung ist insbesondere der Fall von Interesse, dass der Gesellschafter seine Gesellschafterstellung auf einen gesellschaftsfremden Dritten überträgt.
I. Rechtslage vor dem MoMiG Unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts war die Behandlung dieser Konstellation eindeutig gesetzlich geregelt und daher unumstritten: Sofern der Darlehensgeber seine Gesellschaftsanteile zu einem Zeitpunkt veräußert, in der sich die Gesellschaft noch nicht in der Krise befindet, war das ursprünglich vom Gesellschafter gewährte Darlehen wie ein normales Darlehen eines außenstehenden Gläubigers zu behandeln. Die Darlehensforderungen waren in der Terminologie des Eigenkapitalersatzrechts nicht verstrickt und daher nicht von den Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts betroffen.261 Veräußerte der Darlehensgeber seine Gesellschaftsanteile dagegen im Zeitraum der Krise, blieben die Darlehensforderungen verstrickt und unterlagen den Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts. Das hatte zur Folge, dass die Darlehensrückgewährforderungen im Fall der Insolvenz der Nachrangregelung unterlagen und die Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem Darlehensgeber als früheren Gesellschafter potentiell anfechtbar war.262
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Im Folgenden stützt sich die Untersuchung auf diese Konstellation. BGH, Urt. v. 6. 5. 1985 – II ZR 132/84, NJW 1985, 2719, 2720; Schulze De la Cruz, Das neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 263; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 255; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 34. Von dieser Grundregel wurde nur dann eine Ausnahme gemacht, wenn der Gesellschafter nachweislich gerade deswegen ausgeschieden ist, weil eine Krise der Gesellschaft unmittelbar bevorstand und er die Wirkungen des Eigenkapitalersatzrechts vermeiden wollte, siehe hierzu K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, §§ 32a, 32b Rn. 34; Haas, ZInsO 2007, 617, 626; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 55. Anders war dies nur dann, wenn der ausscheidende Gesellschafter eine Krisenfinanzierung von vorherein so geplant hatte, dass es sich den Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechtes entziehen wollte; Haas, ZInsO 2007, 617, 626; Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 55 f.; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a, 32b Rn. 34. 262 Schulze De la Cruz, Das neue Recht der Gesellschafterdarlehen, S. 263; Baier, DB 2014, 227; Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 64. 261
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
II. Rechtslage nach dem MoMiG 1. Nachrang a) Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur Rechtsprechung und Literatur sehen nach der Neuregelung des Gesellschafterdarlehensrechts auch in dieser Konstellation, in der ein Darlehensgeber nachträglich aus seiner Gesellschafterstellung ausscheidet, den Anknüpfungspunkt in der Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Allerdings ist die Frage, ob die Darlehensrückgewährforderungen auch dann nachrangig sind, wenn der Darlehensgeber, der bei der Darlehensvergabe Gesellschafter der Gesellschaft war, aber vor Stellung des Insolvenzantrags als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und dabei Gläubiger des Darlehensrückzahlungsanspruchs bleibt, anhand dieser Regelung deutlich schwieriger zu beantworten. Einige Vertreter in der Literatur nähern sich dem Problem im Wege der Auslegung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Allerdings gehen die Auslegungsergebnisse auch hier in unterschiedliche Richtungen. Einerseits wird der Wortlaut so verstanden, dass ein einmal von einem Gesellschafter gewährtes Darlehen für diesen für immer verstrickt bleibt, es insofern also auf den Zeitpunkt der Darlehensvergabe ankommt.263 Nach dieser Ansicht bleiben die Darlehensrückgewährforderungen des Darlehensgebers auch nach seinem Ausscheiden als Gesellschafter aus der Gesellschaft nachrangig. Andererseits wird auch vertreten, dass es für die Frage der Nachrangigkeit der Darlehensrückgewährforderungen entscheidend auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ankommt.264 Nach dieser Auslegung unterliegen die Darlehensrückgewährforderungen eines Darlehensgebers, der vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens seine Anteile an der Gesellschaft veräußert, nicht der Nachrangregelung. Auch ist die Befriedigung des Darlehens gegenüber dem früheren Gesellschafter – nach dieser Auffassung – nicht anfechtbar. Praktisch bedeutet dies, dass sich ein Gesellschafter den Wirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts durch die Übertragung seiner Gesellschaftsanteile entziehen könnte.265 Neben einer Wortlautbetrachtung werden auch teleologische Erwägungen angeführt, wobei die Auslegungsergebnisse ebenfalls in mehrere Richtungen gehen. So stellen sich einige Stimmen in der Literatur auf den Standpunkt, dass ein Darlehensgeber, der seine Gesellschaftsanteile veräußert hat, wie ein Dritter zu behandeln ist, verliert er doch seine Informations- und Einflussmöglichkeiten.266 Dem wird 263
So etwa Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 422 f. So etwa Fedke, NZG 2009, 928, 932; Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 482 ff., 492 f.; Lüdtke, in: HambKomm, InsO, § 39 Rn. 35. 265 Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 211; Haas, ZInsO 2007, 617, 626; Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 422; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 244 ff. 266 So etwa Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 210 ff. 264
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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entgegengehalten, dass das neue Gesellschafterdarlehensrecht auf dem Prinzip der Haftungsbeschränkung fußt. Vor diesem Hintergrund komme eine teleologische Auslegung zu dem Ergebnis, dass sich die potentielle Gefahr, die sich aus der durch die ursprüngliche Darlehensgewährung entstandenen nominellen Unterkapitalisierung ergibt, trotz des Umstands, dass der Gesellschafter nach seinem Ausscheiden nicht mehr über Informations- und Einflussnahmemöglichkeiten verfügt, zum Nachteil der Gläubiger auswirken kann.267 Andere Stimmen in der Literatur, die aus der Warte der Finanzierungsfolgenverantwortung argumentieren, gehen davon aus, dass innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Krise unwiderleglich zu vermuten ist, und die Darlehensforderungen innerhalb dieses Zeitraums verstrickt werden. Sie kommen daher zu dem Ergebnis, dass die Darlehensforderungen auch dann in der Insolvenz nachrangig sind, wenn der Darlehensgeber innerhalb der Jahresfrist als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.268 Die Rechtsprechung hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass die Darlehensrückgewährforderungen eines ausgeschiedenen Gesellschafters dann nachrangig sind, wenn er im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags oder nach der Antragstellung als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet.269 Denn ein Darlehensgeber, der auch Gesellschafter ist, könne den angeordneten Nachrang nicht einfach dadurch unterlaufen, dass er „als Darlehensgeber seine Beteiligung aufgibt“.270 Insofern lehnt sich die Rechtsprechung an das zeitliche Konzept der Insolvenzanfechtung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO mit der Begründung an, dass die beiden Regelungskomplexe miteinander verwoben sind.271 Im Ergebnis stimmen die Literaturansichten und die Rechtsprechung überwiegend dahingehend überein, dass die Darlehensforderungen weiterhin der Nachrangregelung unterliegt, wenn der Darlehensgeber, der bei der Darlehensvergabe
267 Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 265. 268 Ähnlich Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 211 f. Dieser stellt maßgeblich auf eine teleologische Erwägung ab. Die gläubigergefährdenden Auswirkungen entstünden gerade durch das Zusammenfallen von Gesellschafter und Gläubigerstellung im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Schieflage. Hinter der Jahresfrist stecke die Überlegung, dass es sich hierbei um die Krisenzeit der Gesellschaft handele, da sich empirisch gesehen in diesem Zeitraum in einer wirtschaftlichen Schieflage befindet. Vor diesem Hintergrund sei die Nachrangigkeit und Anfechtbarkeit anzunehmen. Hiergegen Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 265: „Dies vermag nicht zu überzeugen. Die Neuregelung hat das Merkmal der Krise und damit auch das übernommene Konzept der Finanzierungsfolgenverantwortung endgültig hinter sich gelassen“. 269 BGH, Beschl. v. 15. 11. 2011 – II ZR 6/11, NZG 2012, 194 Rn. 15; befürwortend Baier, DB 2014, 227. 270 So BGH, Beschl. v. 30. 4. 2015 – IX ZR 196/13, NJW 2015, 3656; BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220. 271 BGH, Beschl. v. 15. 11. 2011 – II ZR 6/11, ZIP 2012, 86, 88.
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auch Gesellschafter der Gesellschaft war, seine Anteile an der Gesellschaft innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO übertragen hat.272 b) Stellungnahme und eigene Ansicht Dem Ergebnis ist grundsätzlich zuzustimmen. Die Besonderheit dieser Konstellation liegt darin, dass nach der tatbestandlichen Ausgestaltung der Nachrangregelung in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Darlehensrückgewährforderungen eines Darlehensgebers, der bei der Darlehensvergabe Gesellschafter der Gesellschaft war, aber danach als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, grundsätzlich für unbegrenzte Zeit der Nachrangwirkung unterliegt. Dabei ist jedoch fraglich, ob sich dieses Wortlautergebnis auch mit der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts deckt. Dabei liegt prima facie das Ergebnis nahe, dass die Darlehensrückgewährforderungen eines aus der Gesellschaft ausgeschiedenen Darlehensgebers vor dem Hintergrund der Legitimationsgrundlage nicht mehr der Nachrangwirkung unterliegen, da der Darlehensgeber durch die Aufgabe seiner Gesellschafterstellung zugleich seine Mitwirkungs- und Vermögensrechte verliert. Eine solche Sichtweise wird jedoch nicht der Wirkungsweise der Mitwirkungs- und Vermögensrechte gerecht. Denn die Mitwirkungs- und Vermögensrechte der Gesellschafter verkörpern u. a. die Gefahr der Herbeiführung einer nominellen Unterkapitalisierung sowie die Möglichkeit der Beeinflussung des unternehmerischen Erfolgs und damit des Insolvenzrisikos der Gesellschaft, die sich auch in der Zeit 272
So die im Ergebnis herrschende Meinung BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220; BGH, Beschl. v. 15. 11. 2011 – II ZR 6/11, NZG 2012, 194 Rn. 15 f.; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22; Baier, DB 2014, 227; Bornemann, in: FK-InsO, § 39 Rn. 57 ff.; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 212; Lauster, WM 2013, 2155, 2156; Tettinger, NZI 2010, 248, 250; Preuß, ZIP 2013, 1145, 1147; Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 247 f., 255 f. Zwar ist sich die überwiegende Meinung dahingehend einig, dass eine zeitliche Begrenzung in Anlehnung an § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu erfolgen hat, allerdings gehen die Meinungen hinsichtlich der dogmatischen Begründung hierzu auseinander. So wird u. a. vertreten, der Nachrang entfalle nach Ablauf der Jahresfrist nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, analog, da das Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft als eine Befriedigung im Sinne des § 135 Abs. 1 Nr. 2 zu werten sei, vgl. Habersack, in: GK-GmbHG, Anh. § 30 Rn. 70; in diese Richtung auch Gehrlein, BB 2011, 3, 6; ders., BB 2008, 846, 850; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO § 39 Rn. 46; Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 482 ff.; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1597; Schönfelder, WM 2009, 1401, 1403 f.; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anh. zu § 30 Rn. 34; ähnlich Haas, ZInsO 2007, 617, 626, der jedoch § 136 Abs. 2 InsO analog anwenden möchte. Für eine solche Analogie besteht in den Fällen des Ausscheidens aus der Gesellschafterstellung jedoch kein Bedürfnis, da sich die zeitliche Begrenzung des Nachrangs bereits aus der richtigerweise gebotenen teleologischen Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs Gesellschafterdarlehen in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ergibt. Für eine solche analoge Anwendung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO bestehe damit „schlicht keine Grundlage“, so Huber, Beilage ZIP 39/2010, 7, 8 f.; ebenso: Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 422 ff.; kritisch auch K. Schmidt, Beilage ZIP 39/2010, 15, 22 f. Die Frage offenlassend BGH, Beschl. v. 15. 11. 2011 – II ZR 6/11, BGH ZIP 2012, 86, 88; kritisch dazu Schäfer, ZInsO 2012, 1254, 1355 f.; siehe Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, Rn. 790.
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nach dem Ausscheiden des Gesellschafters manifestieren können. In Anbetracht dessen muss sich die Nachrangwirkung auch über den Zeitpunkt des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der Gesellschaft hinaus auf dessen Darlehensforderungen erstrecken können, sofern er weiterhin Inhaber der Darlehensforderungen bleibt. Dies führt allerdings zurück zu der Ausgangsfrage, ob diese Nachrangwirkung für einen unbegrenzten Zeitraum bestehen bleiben soll. Nach der hier vertretenen Ansicht ist eine unbegrenzte Nachrangwirkung nicht mit dem Normzweck des Gesellschafterdarlehensrechts vereinbar. Nach dem Normzweck kommt es nicht darauf an, dass, wenn einmal die Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung miteinander verschmolzen sind, die Instrumente des Gesellschafterdarlehensrechts auf unbestimmte Zeit greifen. Dies zeigt schon die begrenzende Zeitraumregel der gesellschafterdarlehensrechtlichen Insolvenzanfechtung. Zwar wäre dies durchaus mit der Normzweckkomponente des Gläubigerschutzes vereinbar, da eine zeitlich unbegrenzte Nachrangwirkung die Gläubiger längerfristig vor der einmal durch die Darlehensgewährung herbeigeführte nominelle Unterkapitalisierung schützen würde. Allerdings steht dies zu der weiteren Normzweckkomponente der Mitwirkungs- und Vermögensrechte eines Gesellschafters im Widerspruch. Denn die den Mitwirkungsrechten immanente Möglichkeit, den unternehmerischen Erfolg der Gesellschaft (und damit das Insolvenzrisiko) beeinflussen zu können, wirkt nur innerhalb eines zeitlich begrenzten Zeitraums nach Ausscheiden des Gesellschafters fort. Zudem endet die mit den Vermögensrechten verbundene Möglichkeit, am Gewinn und der Wertsteigerung der Gesellschaft zu partizipieren, mit dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft. Mit zunehmendem Zeitablauf verblassen auch die Auswirkungen der Mitwirkungsrechte des ausgeschiedenen Gesellschafters. Damit ist ihnen gerade keine unbegrenzte Fortwirkungsmöglichkeit immanent. Im Ergebnis gilt es daher die Nachrangwirkung für die Darlehensforderungen eines ausgeschiedenen Gesellschafters zeitlich zu begrenzen. Vor dem Hintergrund, dass sich das Gefährdungspotential der nominellen Unterkapitalisierung und der Mitwirkungsrechte nicht für jeden Einzelfall bestimmen lässt, kann die Lösung nur eine typisierende sein. Im Rahmen der Verwobenheit mit der zeitlichen Beschränkung der Insolvenzanfechtungsfrist überzeugt die dort gesetzlich normierte Jahresfrist. Fraglich bleibt jedoch, auf welcher dogmatischen Grundlage die Begrenzung der Nachrangwirkung für Darlehensforderungen eines ausgeschiedenen Gesellschafters fußt. Die überwiegende Ansicht favorisiert eine analoge Anwendung der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO mit der Begründung, dass ein Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft der Befriedigung des Darlehensrückzahlungsanspruchs des Gesellschafters gleichkomme. Einer analogen Anwendung bedarf es allerdings nur dann, wenn sich das gewünschte Ergebnis nicht vorrangig mit einer Auslegung erzielen lässt. Vor diesem Hintergrund gilt es zunächst den Begriff des Gesellschafterdarlehens teleologisch auszulegen.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
In dem Begriff des Gesellschafterdarlehens verschmelzen die Gesellschafterstellung mit der Darlehensgeberstellung. Dabei ist insbesondere auch die Komponente der Gesellschafterstellung als solche vor dem Hintergrund der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts teleologisch zu beleuchten. Da sich in der Gesellschafterstellung die Mitwirkungs- und Vermögensrechte konkretisieren und diese ihre Wirkung nur dann entfalten können, wenn der Gesellschafter tatsächlich eine Gesellschafterposition bekleidet, kann der Begriff des Gesellschafterdarlehens durch eine teleologische Auslegung begrenzt werden. Auf diesem Wege gelangt man zu dem Ergebnis, dass das Darlehen nach der Aufsplittung von Gesellschafterstellung und Darlehensgeberstellung auf Grund der verblassenden Mitwirkungs- und Vermögensrechte maximal ein Jahr lang als Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren ist. c) Zwischenfazit In dem Fall, dass ein Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet und darüber hinaus weiterhin Inhaber der Darlehensrückgewährforderungen bleibt, kann sich im Falle der Insolvenz die Nachrangigkeit nur dann auf die Darlehensforderungen (und somit zu Lasten des ausgeschiedenen Gesellschafters) erstrecken, wenn die Aufsplittung zwischen der Gesellschafter- und der Darlehensgeberstellung innerhalb eines Jahres vor dem Insolvenzantrag erfolgt ist. Zudem erstreckt sich die Nachrangigkeit maximal ein Jahr nach dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft auf dessen Darlehensrückgewährforderungen. 2. Anfechtung a) Tatbestand aa) Anfechtung gegenüber dem neuen Gesellschafter Sofern der ausgeschiedene Gesellschafter seine Gesellschafterposition an einen gesellschaftsfremden Dritten oder an einen seiner Mitgesellschafter übertragen hat, stellt sich die Frage, ob dieser mit in das Gesellschafterdarlehensrecht einzubeziehen ist. Allerdings erfüllt der neue Gesellschafter nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO, da er zu keinem Zeitpunkt Inhaber der Darlehensforderungen ist und folglich in dem fraglichen Zeitraum nicht die Darlehensgeberstellung bekleidet.273 bb) Anfechtung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter Der ausgeschiedene Gesellschafter war dagegen bei der Darlehensgewährung Gesellschafter der Gesellschaft und ist auch nach seinem Ausscheiden als Gesell273
So auch Fischer, KSzW 2015, 214, 215.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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schafter aus der Gesellschaft noch Inhaber der Darlehensforderungen. Zwar hat er in der hier gegebenen Konstellation seine Gesellschafterstellung aufgegeben; entscheidend für den Tatbestand des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist jedoch, dass er die Darlehensgeber- und die Gesellschafterstellung im Zeitraum der Anfechtbarkeit zumindest vorübergehend zeitgleich innehatte.274 Sofern der ausgeschiedene Gesellschafter seine Gesellschaftsanteile innerhalb der Jahresfrist übertragen hat und seine Darlehensrückgewährforderungen im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag befriedigt worden sind, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anfechtung vor. b) Rechtsfolge Allerdings müsste der ausgeschiedene Gesellschafter auch unter teleologischen Gesichtspunkten als der richtige Anfechtungsgegner zu klassifizieren sein. Gegen die Einordnung des ausgeschiedenen Gesellschafters als Anfechtungsgegner spricht, ebenso wie gegen die Anwendung der Nachrangregelung, dass er durch die Aufgabe seiner Gesellschafterstellung zugleich seine Mitwirkungs- und Vermögensrechte verloren hat und insofern unter Normzweckgesichtspunkten nicht mehr der richtige Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist. Dies erscheint auf den ersten Blick einleuchtend und ist für die Zukunft berechtigt, da hier die Mitwirkungs- und Vermögensrechte an Bedeutung verlieren. Für den relevanten Zeitraum der Anfechtbarkeit muss jedoch etwas anderes gelten, wenn der Gesellschafter in diesem Zeitraum sowohl die Darlehensgeber- als auch die Gesellschafterstellung und damit auch die Mitwirkungs- und Vermögensrechte innehatte. Dagegen spricht zwar, dass ein Gesellschafter nach Aufgabe seiner Gesellschafterstellung unvorhergesehenen Ereignissen, die zu einer Spontaninsolvenz führen können, in ungerechtfertigter Art und Weise ausgesetzt ist. Allerdings ist die Neuregelung bewusst typisierend ausgestaltet, da sie auf Rechtssicherheit und Rechtseinfachheit abzielt.275 Zudem greift daneben argumentativ auch die teleologische Komponente des Gläubigerschutzes in ausschlaggebender Weise: Die Gläubiger werden gerade durch die ursprüngliche Darlehensgewährung seitens des Gesellschafters gefährdet, da das Darlehen die potentielle Gefahr in sich birgt, eine nominelle Unterkapitalisierung der Gesellschaft herbeizuführen, welche die Gläubiger gefährdet. Diese Art der Gefährdung tritt auch bei einem Gesellschafter, der seine Gesellschafterstellung nach der Darlehensgewährung aufgibt, ein. Vor diesem telelogischen Hintergrund ist der ausgeschiedene Gesellschafter auch der richtige Anfechtungsgegner i. S. d. § 143 Abs. 1 Nr. 1 InsO.
274
S. o.; nur auf den Zeitpunkt der Darlehensvergabe abstellend Azara, Das Eigenkapitalersatzrecht in der GmbH, S. 422 ff. 275 Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 212; Schlößer/ Klüber, BB 2009, 1594, 1597.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
c) Zwischenfazit Sofern der ausgeschiedene Gesellschafter seine Gesellschaftsanteile innerhalb der Jahresfrist übertragen hat und seine Darlehensrückgewährforderungen nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft ebenfalls innerhalb der Jahresfrist befriedigt worden sind, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anfechtung vor. Zudem ist der ausgeschiedene Gesellschafter unter teleologischen Gesichtspunkten auch auf der Rechtsfolgenebene der richtige Anfechtungsgegner. 3. Fazit Die Nachrangigkeit erstreckt sich auch auf die Darlehensforderungen eines Gesellschafters, der innerhalb eines Jahres vor dem Insolvenzantrag als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet. Die Nachrangwirkung ist aber zeitlich begrenzt: Die Nachrangigkeit erstreckt sich maximal ein Jahr nach dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft auf dessen Darlehensrückgewährforderungen. Sofern der ausgeschiedene Gesellschafter innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO seine Gesellschaftsanteile übertragen hat und seine Darlehensrückgewährforderungen nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft befriedigt worden sind, ist die Rückzahlung des Darlehens ihm gegenüber nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.276
C. Nachträgliche Erlangung der Gesellschafterstellung In diesem Abschnitt wird der Frage nachgegangen, inwiefern eine nachträgliche Vereinigung von Gesellschafter- und Gläubigerstellung von den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts betroffen ist. Im Fokus der Untersuchung steht die Konstellation, dass ein gesellschaftsfremder Dritter der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und anschließend Anteile an der Gesellschaft erwirbt.
276 So auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., Anh. §§ 32 a, b Rn. 28, ders., NJW 2008, 3601, 3603; Dahl, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., Anh. II §§ 32a,b a. F. Rn. 14; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., Anh. § 30 Rn. 29; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., Nachtrag MoMiG §§ 32a/b a. F. Rn. 21; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, Anh. § 64 Rn. 136; T. Fleischer, in: Henssler/Strohn, GesR, § 39 InsO Rn. 23; vgl. ferner Gehrlein, BB 2008, 846, 852; Wälzholz, DStR 2007, 1914, 1920; Noack, DB 2007, 1395, 1398.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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I. Rechtslage vor dem MoMiG Unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts war die Behandlung dieser Konstellation gesetzlich geregelt: Ein Darlehen, das der Gesellschaft von einem gesellschaftsfremden Darlehensgeber gewährt wurde, war grundsätzlich auch dann nicht von den Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts betroffen, wenn der Darlehensgeber nach der Darlehensgewährung Anteile an der Gesellschaft erwarb und damit in die Gesellschafterstellung einrückte.277 Von diesem Grundsatz wurden zwei Ausnahmen gemacht: Zum einen wurde das Darlehen wie ein Gesellschafterdarlehen behandelt, wenn der Darlehensgeber das Darlehen im Hinblick auf seine künftige Gesellschafterstellung in einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang gewährte278 und zum anderen, wenn der Darlehensgeber das Darlehen als Gesellschafter nach Eintritt der Krise durch eine wirtschaftlich mit der Darlehensvergabe vergleichbare Rechtshandlung – in Form des Stehenlassens des Darlehens – aufrecht erhielt.279 Dagegen reichte der Eintritt in die Gesellschafterstellung während der Krise allein nicht aus, um die Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts auszulösen. Mit anderen Worten wandelte sich das Darlehen nicht schon mit dem Beitritt des Darlehensgebers in der Krise unmittelbar in ein eigenkapitalersetzendes Darlehen um.
II. Rechtslage nach dem MoMiG Die Änderung der Rechtslage durch das MoMiG hat auch in dieser Konstellation, in der ein Darlehensgeber nachträglich die Gesellschafterstellung erlangt, zu einer Neubewertung der Frage nach der Nachrangigkeit der Darlehensforderung und der Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen des nachträglich beigetretenen Gesellschafters in Rechtsprechung und Literatur geführt. 1. Nachrang a) Auffassungen in der Rechtsprechung und Literatur Rechtsprechung und Literatur sehen nach der Neuregelung des Gesellschafterdarlehensrechts auch in der Konstellation, in der ein Darlehensgeber nachträglich der Gesellschaft als Gesellschafter beitritt, den Anknüpfungspunkt in der Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Nach der überwiegenden Meinung unterliegen die 277
S. o. Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 263. 279 Habersack, in: GK-GmbHG, 1. Aufl., §§ 32a/b Rn. 53 f.; Goette/Kleindiek, Eigenkapitalersatzrecht in der Praxis, Rn. 133; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., §§ 32a/b Rn. 35; Schulze De la Cruz, Der neue Normzweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 263. 278
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Darlehensforderungen sämtlicher Darlehensgeber, die im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags auch Gesellschafter sind, der Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, da das für das Eigenkapitalersatzrecht bezeichnende Tatbestandsmerkmal der Krise weggefallen ist.280 Dabei sei es unerheblich, ob die Gesellschafter- und Gläubigerstellung bereits im Zeitpunkt der Darlehensgewährung bestand oder erst nachträglich zusammengefallen ist.281 Maßgeblich sei allein, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Koinzidenz von Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung vorliegt.282 Diese Ansicht wird damit begründet, dass der Gesetzgeber den persönlichen Anwendungsbereich der Nachrangregelung im Rahmen der Neuregelung des Gesellschafterdarlehensrechts ausweiten wollte.283 Das bedeutet, dass die Darlehensforderungen eines Darlehensgebers, der vor dem Insolvenzantrag zusätzlich zu seiner Darlehensgeberstellung auch Gesellschafter der Gesellschaft wird und dies im Zeitpunkt des Insolvenzantrags auch noch ist, der Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO unterliegen soll.284 Die Nachrangigkeit erstreckt sich nur dann nicht auf die Darlehensforderungen, wenn der Darlehensgeber seine Gesellschafterstellung mindestens ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags wieder aufgegeben hat.285 b) Stellungnahme und eigene Ansicht In dieser Konstellation deckt sich die herrschende Meinung in der Literatur und Rechtsprechung mit der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht, dass nach der Systematik des neuen Gesellschafterdarlehensrechts das Darlehen eines Darlehensgebers, der erst nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, als ein Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren ist und die Darlehensforderungen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 280
Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1597 f.; a. A. Herrmann, DZWIR 2009, 265, 271 f., der zwischen Neu- und Altgläubigern differenziert: „Neugläubigern wird normzweckadäquat transparent, dass der Darlehensgeber jetzt ein Gesellschafter ist. Folglich muss der potentielle Nachrang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO für diesen Gläubigerkreis zur Anwendung gelangen. Altgläubigern gegenüber wäre eine solche Wirkung jedoch gänzlich verfehlt, da diese ihre Entscheidungen über die Kreditvergabe an die Gesellschaft und über den Zinssatz bereits vor dem Gesellschaftsbeitritt des Darlehensgebers getroffen haben“. 281 Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung S. 214 f.; Habersack, in: GK-GmbHG, MoMiG, § 30 Rn. 54; Hirte, in: Uhlenbruck, InsO, § 39 Rn. 45; Schlößer/Klüber, BB 2009, 1594, 1597 f.; K. Schmidt/Herchen, in: Schmidt, InsO, § 39 Rn. 38; Thiessen, in: Bork/Schäfer, GmbHG, Anhang zu § 30 Rn. 33. 282 Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 240: „Entscheidend ist, in welcher Rolle die Forderung gehalten wird.“; siehe auch Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 264. 283 Gehrlein, BB 2008, 846, 850; vgl. Preuß, in: Prütting/Kübler/Bork, InsO, § 39 Rn. 64; i. E. ebenso Ekkenga, in: FS Schapp, S. 125, 134 ff. 284 So auch Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 212; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 326; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; Gehrlein, BB 2008, 846, 850; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 264; Preuß, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 39 Rn. 64. 285 S. o.; Schmittmann, in: Haarmeyer/Huber/Schmittmann, Teil III § 135 Rn. 25.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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InsO nachrangig sind. Dies lässt sich damit begründen, dass nach der Neuregelung alle Darlehensforderungen, die sich im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags in der Hand eines Gesellschafters befinden, nachrangig sind. Zweifel an diesem Ergebnis könnten sich lediglich im Hinblick auf normzwecktheoretische Erwägungen ergeben. Diesbezüglich könnte ein Widerspruch zu der zuvor analysierten Konstellation, in der ein Darlehensgebers nach der Darlehensgewährung als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet,286 bestehen. Dort wurde bezüglich der Mitwirkungsrechte darauf abgestellt, dass diese innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr noch ihre Wirkung entfalten können. So besehen ließe sich argumentieren, dass der nachträglich der Gesellschaft beigetretene Darlehensgeber von seinen Mitwirkungs- und Vermögensrechten innerhalb des kurzen Zeitraumes bis zur Stellung des Insolvenzantrags nur beschränkt Gebrauch machen kann, sodass die Gefahr, dass der nachträglich der Gesellschaft beigetretene Gesellschafter durch die Wahrnehmung seiner Mitwirkungs- und Vermögensrechte den unternehmerischen Misserfolg oder eine nominelle Unterkapitalisierung der Gesellschaft mitherbeigeführt, als sehr gering einzuschätzen ist. Vielmehr müsste der Darlehensgeber erst für eine gewisse Zeit Gesellschafter gewesen sein, damit die Mitwirkungsrechte ihre Wirkung entfalten können. Auch konnte der neue Gesellschafter nur begrenzte Zeit von seinen Vermögensrechten profitieren. Allerdings würde – abgesehen davon, dass es auf Grund nicht vorhandener Abwägungskriterien unmöglich wäre, in jedem Einzelfall zu bestimmen, ob von der Ausübung der Mitwirkungs- und Vermögensrechte bereits eine Gefahr für die außenstehenden Gläubiger ausgeht – durch ein solches Vorgehen der anderen Komponente der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts – dem Gläubigerschutz – nicht hinreichend Rechnung getragen werden. Denn im Falle der nachträglichen Erlangung der Gesellschafterstellung gilt es zu Gunsten des Gläubigerschutzes anzunehmen, dass sich das Gefahrrealisierungspotential der Mitwirkungs- und Vermögensrechte bereits sofort auswirkt. c) Zwischenfazit Nach der Systematik des neuen Gesellschafterdarlehensrechts ist das Darlehen eines Darlehensgebers, der erst nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, als ein Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren. Dementsprechend sind die Darlehensforderungen des neuen Gesellschafters in der Insolvenz der Gesellschaft nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig zu befriedigen. Denn nach der Neuregelung unterliegen alle Darlehensforderungen, die sich im Zeitpunkt des Insolvenzantrags in der Hand eines Gesellschafters befinden, der Nachrangigkeit.
286
S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
2. Anfechtbarkeit Sofern die Darlehensrückgewährforderungen des nachträglich der Gesellschaft beigetretenen Darlehensgebers im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag befriedigt worden sind, stellt sich die Frage, ob die Rückzahlung angefochten werden kann. a) Ansichten in Rechtsprechung und Literatur Unabhängig von der Frage, ob die Darlehensforderungen eines Darlehensgebers, der erst nachträglich die Gesellschafterstellung erlangt hat, nachrangig sind, gilt es für den Fall, dass die Darlehensforderungen des nachträglich der Gesellschaft beigetretenen Darlehensgebers vor dem Insolvenzantrag befriedigt werden, der Frage nachzugehen, ob die Befriedigung eines solchen Darlehens anfechtbar ist. Die überwiegende Meinung in der Literatur hält die Darlehensrückzahlung in dieser Konstellation dann für anfechtbar nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO,287 wenn der Darlehensgeber innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Gesellschaft als Gesellschafter beigetreten ist.288 Dieser Ansicht hat sich der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 20. 2. 2014 ohne nähere Begründung angeschlossen.289 Der Bundesgerichtshof hat lediglich ausgeführt, dass sich aus der Denklogik der Finanzierungsfolgenverantwortung ergebe, dass die aus einer Finanzierungsentscheidung eines Darlehensgebers resultierende Verantwortung für deren Folgen, in dieser Konstellation erst dadurch entstehen könne, dass der Darlehensgeber in die Gesellschafterstellung einrückt.290 Ob dies allerdings tatsächlich der Fall ist, wird nicht näher argumentativ untermauert.291 b) Eigene Ansicht Sofern ein Darlehensgeber innerhalb der Anfechtungsfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO sowohl eine Darlehensgeberstellung als auch eine Gesellschafterstellung innehat und die Darlehensforderungen innerhalb dieses Zeitraums befriedigt werden, ist ein solches Gesellschafterdarlehen gegenüber dem Gesellschafter anfechtbar; insofern ist den Stimmen im Schrifttum und der Rechtsprechung im Ergebnis zu287 Schmittmann, in: Haarmeyer/Huber/Schmittmann, Praxis der Insolvenzanfechtung, Teil III § 135 Rn. 25; Gehrlein, in: MüKo, InsO, § 135 Rn. 22; Fastrich, in: Baumbach/Hück, § 30 Anh. Rn. 31. 288 Dahl, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., Anh. II §§ 32a,b a. F. Rn. 15; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Anh. zu § 64 Rn. 137; Schlößer/Klüber, BB 2009, S. 1594, 1597 f.; a. A. Gehrlein, BB 2008, S. 846, 850 allerdings ohne nähere Begründung. Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, S. 212. 289 BGH, Urt. v. 20. 2. 2014 – IX ZR 164/13, BGHZ 200, 210 ff. 290 Siehe BGH, Urt. v. 20. 2. 2014 – IX ZR 164/13, BGHZ 200, 216 Rn. 15. 291 So auch Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 358.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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zustimmen. Sofern allerdings die Darlehensrückgewährforderungen des Darlehensgebers befriedigt werden, bevor er die Gesellschafterstellung erlangt hat, ist die Befriedigung des Darlehens nicht anfechtbar, auch wenn er die Rückzahlung innerhalb der Anfechtungsfrist erhalten hat, da es insofern an einer Koinzidenz zwischen Gesellschafter- und Gläubigerstellung fehlt.292 Zweifel an diesem Ergebnis ergeben sich in ähnlicher Weise wie bei den Nachrangüberlegungen im Hinblick auf normzwecktheoretische Erwägungen. Im Unterschied zur Nachrangregelung hat im Hinblick auf die Anfechtbarkeit der Gesetzgeber eine Entscheidung getroffen, indem er einen zeitlichen Rahmen der Anfechtbarkeit vorgegeben hat und zwar dergestalt, dass ein Gesellschafter bis maximal ein Jahr in die Vergangenheit bzw. in die Zukunft (bis unmittelbar zur Stellung des Insolvenzantrags) der Anfechtbarkeit unterliegt. Durch diese vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung ist für den Fall des nachträglichen Einrückens in die Gesellschafterstellung eines Darlehensgebers klar geregelt, dass auch eine zeitlich sehr kurze Mitgliedschaft in einer haftungsbeschränkten Gesellschaft ausreichend ist, um von den Sanktionsmechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts erfasst zu werden. Damit hat der Gesetzgeber sich für eine kurze Wirkungszeit der Mitwirkungsund Vermögensrechte entschieden, und folglich der Rechtspraktikabilität und Rechtssicherheit den Vorzug gegeben. c) Zwischenfazit Sofern ein Darlehensgeber innerhalb der Anfechtungsfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO und vor der Befriedigung seiner Darlehensforderungen der Gesellschaft als Gesellschafter beitritt, ist die Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem nachträglich der Gesellschaft beigetretenen Gesellschafter anfechtbar. Dabei ist entscheidend, dass eine Koinzidenz zwischen Gesellschafter- und Gläubigerstellung vor der Befriedigung der Darlehensrückgewährforderungen vorliegt. 3. Fazit Nach der Systematik des neuen Gesellschafterdarlehensrechts ist das Darlehen eines Darlehensgebers, der erst nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, als ein Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren und sind die Darlehensforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig, sofern zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags eine Koinzidenz zwischen Gesellschafter- und Gläubigerstellung vorliegt. Gleiches gilt für den Fall der Anfechtung der Befriedigung der Darlehensrückgewährforderungen innerhalb des Anfechtungszeitraums. Sofern ein Darlehensgeber nachträglich Gesellschafter der Gesellschaft wird, kann die Befriedigung des Gesellschafterdarlehens angefochten werden, wenn er zum Zeitpunkt der Befriedigung 292
So auch Clemens, Das neue Recht der Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 215.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
nicht nur Darlehensgeber sondern auch bereits Gesellschafter der Gesellschaft war. Dadurch erstreckt sich dann auch im Falle der Insolvenz die Nachrangigkeit auf das Gesellschafterdarlehen.
D. Übertragung der Gläubiger- und Gesellschafterstellung Nachdem zuvor die Konstellationen, in denen die Darlehensgeber- und Gesellschafterstellung nachträglich auseinander- oder zusammenfallen, grundlegend untersucht worden sind, soll nunmehr der Fokus auf die in der Praxis einer Private Equity Transaktion in der Erwerbs- und Desinvestitionsphase typische Konstellation, dass die Gesellschafterstellung und die Gläubigerstellung in Bezug auf ein bestehendes Gesellschafterdarlehen zusammen auf einen gesellschaftsfremden Dritten übertragen werden, gelegt werden.293 Dabei gilt es zwei verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:294 Der Gesellschafter und Darlehensgeber kann seine Gesellschafter- und Gläubigerstellung getrennt, d. h. die Darlehensforderungen an einen Dritten abtreten und seine Gesellschaftsanteile auf einen anderen Dritten übertragen oder er kann seine Gesellschafter- und Gläubigerstellung zusammen auf den gleichen Dritten übertragen. Im Mittelpunkt der nachfolgenden Untersuchung steht die in der Transaktionspraxis weitaus üblichere Konstellation der kumulativen Übertragung von Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung.
I. Rechtslage vor dem MoMiG Der Fall der kumulativen Übertragung der Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung bereitete unter Geltung des „alten“ Eigenkapitalersatzrechts wenig Schwierigkeiten, da hier die Darlehensforderungen eines Gesellschafters verstrickt waren, wenn sie im Zeitraum der Krise abgetreten wurden. Im Zuge dieser Verstrickung unterlagen die Darlehensrückgewährforderungen, auch nachdem sie an den neuen Gesellschafter abgetreten worden waren, weiterhin der Nachrangregelung und der Insolvenzanfechtung des Eigenkapitalersatzrechts. Diese Rechtslage entsprach auch den Bedürfnissen der Transaktionspraxis von Private Equity Fonds, da insofern die Risiken des Eigenkapitalersatzrechts im Rahmen des Verkaufs der Ziel293
Vgl. Fischer, KSzW 2015, 214, 214; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 778; Greven, BB 2014, 2309; v. Woedtke, GmbHR 204, 1018 f. 294 So auch Primozic, NJW 2016, 679, 680, der diese Fallgruppe weiter danach unterscheidet, ob der (Alt-)Gesellschafter seinen Geschäftsanteil und Darlehensrückzahlungsanspruch an dieselbe oder voneinander verschiedene Personen abtritt, also die Stellung von Gesellschafter und Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs aufsplittet. Nur im letzteren Fall sollen die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zur Anfechtung auch gegenüber dem Altgesellschafter Anwendung finden und die von ihm befürchtete Umgehung vorliegen. Der Altgesellschafter müsse sich die Umgehung wegen der Abtretung zurechnen lassen.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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bzw. Portfoliogesellschaft von dem alten Gesellschafter auf den neuen Gesellschafter übergingen.
II. Rechtslage nach dem MoMiG Die Änderung der Rechtslage durch das MoMiG hat auch in dieser Konstellation, in der ein Gesellschafter, der seiner Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, sowohl seine Gesellschafter- als auch seine Darlehensgeberstellung an einen Dritten überträgt, zu einer neuen Bewertung der Frage nach der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen und der Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen – insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs – in der Literatur geführt. Daher bildet das Urteil des IX. Zivilsenats den Ausgangspunkt der nachfolgenden Untersuchung. Im Anschluss werden die in der Literatur vertretenen Ansichten dargestellt. Abschließend wird zu den verschiedenen Ansichten Stellung genommen und ein eigener Lösungsansatz präsentiert. 1. Ausgangspunkt der Betrachtung: Urteil des IX. Zivilsenats v. 21. 2. 2013 An der Praktikabilität der kumulativen Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung hat die Entscheidung des IX. Zivilsenats vom 21. 2. 2013,295 dem die Konstellation der Abtretung der Darlehensforderungen von einem Gesellschafter an einen Nichtgesellschafter zu Grunde lag,296 gerüttelt und bildet insofern den höchstrichterlichen Ausgangpunkt dieser Fallkonstellation. Viele Stimmen in der Literatur erblicken in dieser Entscheidung auch Anhaltspunkte für den Fall der kumulativen Übertragung von Gesellschafter- und Darlehensgeberstellung, da der Bundesgerichtshof obiter dictu auch dahingehend Aussagen getroffen hat, wie im Fall der Übertragung der Gesellschafterstellung zu verfahren sei.297 a) Obiter dictum In der Entscheidung heißt es hierzu: „Der für ein Gesellschafterdarlehen durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordnete Nachrang kann nicht ohne weiteres dadurch unterlaufen werden, dass der Gesellschafter als Darlehensgeber seine Beteiligung an der Gesellschaft aufgibt oder die Darlehensforderung an einen Nichtgesellschafter abtritt. […] Allerdings wäre in Fällen einer Übertragung der Gesellschafterstellung oder der Abtretung der Forderung an einen außenstehenden Dritten 295 296 297
BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 ff. S. o. BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 228 f. Rn. 24 f.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
ein zeitlich unbegrenzter Nachrang der Darlehensforderung unangemessen. Vielmehr bleibt auf der Grundlage des in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken der Nachrang für ein Gesellschafterdarlehen nur erhalten, wenn der Gesellschafter innerhalb der Jahresfrist vor Antragstellung entweder seine Gesellschafterposition aufgibt oder die Forderung auf einen Nichtgesellschafter überträgt.“298
b) Deutung der Aussagen des Bundesgerichtshofs in der Literatur Ausgehend von diesem obiter dictum halten einige Vertreter in der Literatur die Übertragung des Inhalts dieser Entscheidung, wonach sowohl der Gesellschafter als auch der Zessionar dem Gesellschafterdarlehensrechts unterliegen und als Gesamtschuldner haften, auf die vorliegende Konstellation der kumulativen Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung für nicht unwahrscheinlich299 bzw. für scheinbar naheliegend.300 So habe der Bundesgerichtshof für den Fall der kumulativen Übertragung keinen einschränkenden Hinweis gegeben und die insolvenzrechtliche Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem Zessionar und Zedenten, sei im Rahmen eines Erst-Recht-Schlusses möglich, wenn der ursprüngliche Gesellschafter sowohl seine Gesellschafterstellung übertrage als auch seine Darlehensforderung abtrete.301 Die wohl überwiegende Meinung hält diesen Erst-Recht-Schluss hingegen für unzulässig, da es sich um eine gänzlich anders zu bewertende Fallkonstellation handele, und kommt zu dem Ergebnis, dass die Grundsätze dieser Entscheidung gerade nicht auf den Fall der kumulativen Übertragung übertragbar sind.302 Eine Übertragung der Grundsätze führe zu nicht annehmbaren Ergebnissen im Fall der mehrfachen Übertragung, da sich hier die Anzahl der potentiellen Anfechtungsgegner vervielfacht.303 c) Eigene Deutung Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat im Wesentlichen nur die Konstellation der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen 298 BGH, Urt. v. 21. 2. 2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220, 228 f. Rn. 24, 25 (Hervorhebung in Kursivschrift durch den Verfasser). 299 Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 367; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900; Werner, StBW 2014, 154, 156 f. 300 Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900; Werner, StBW 2014, 154, 156 f.; Mairose, RNotZ 2015, 9, 14. 301 Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 355. 302 Lauster, WM 2013, 2155, 2158; Greven, BB 2014, 2309, 2311; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f.; Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 278; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 233; a. A. Kebekus/Zenker, in: FS Wellensiek, S. 475, 491, die sich für eine Einbeziehung solcher Abtretungsfälle aussprechen; Kolmann, in: Saenger/Inhester, GmbHG, Anh. § 30 Rn. 52; wohl auch Graf-Schlicker/Neußner, InsO, 4. Aufl., § 39 Rn. 24, § 135 Rn. 21. 303 Schulze De la Cruz, Der neue Zweck des Rechts der Gesellschafterdarlehen, S. 278.
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
263
gesellschaftsfremden Dritten zum Gegenstand und bezieht sich obiter dictu auch nur auf die Konstellation, dass der Gesellschaftsanteil eines Darlehensgebers auf einen Dritten übertragen wird. Dabei geht der Bundesgerichtshof nicht auf den Fall einer kumulativen Übertragung ein, was sich daran erkennen lässt, dass er in diesem Kontext die alternativen Formulierungen „oder“ bzw. deutlicher „entweder/oder“, die gerade nicht auf eine kumulative Übertragung hindeuten, verwendet. Zudem bietet die zitierte Aussage des Bundesgerichtshofs keine Anhaltspunkte dafür, wie eine kumulative Übertragung zu beurteilen ist. Damit lässt die Entscheidung keine Schlussfolgerungen zu, wie der Bundesgerichtshof in einem Fall der kumulativen Übertragung entscheiden würde, weshalb abzuwarten bleibt, wie sich die höchstrichterliche Rechtsprechung in Zukunft diesbezüglich entwickeln wird. 2. Ansichten in der Literatur Ausgehend von dieser Entscheidung des Bundesgerichtshofs und im Fahrwasser der Finanzierungsfolgenverantwortung haben sich in der Literatur zwei unterschiedliche Ansätze für die Behandlung dieser Konstellation herauskristallisiert. a) Übertragung der Finanzierungsfolgenverantwortung Die überwiegende Mehrheit geht davon aus, dass das Gesellschafterdarlehensrecht nach der kumulativen Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung nur noch gegenüber dem Erwerber und explizit nicht mehr gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter seine Wirkungen entfaltet.304 Dabei bemühen sie (auf der Linie des Urteils des Bundesgerichtshofs) wiederum die Finanzierungsfolgenverantwortung, indem sie argumentieren, die Entscheidung habe gezeigt, dass nach der Abtretung der Darlehensforderungen an einen gesellschaftsfremden Dritten die Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem Gesellschafter als Zedenten nur deswegen möglich gewesen sei, weil diesen die Finanzierungsfolgenverantwortung treffe.305 Wenn nun aber die Gesellschaftsanteile zusammen mit den Darlehensforderungen auf einen Dritten übertragen werde, ginge damit auch zugleich die Finanzierungsfolgenverantwortung mit über, weshalb die Befriedigung der Darlehensforderungen ausschließlich gegenüber dem neuen Gesellschafter anfechtbar sei.306 Unterstützend führen sie argumentativ ins Felde, dass 304 Lauster, WM 2013, 2155, 2158; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Greven, BB 2014, 2309, 2311; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 780 f. 305 Lauster, WM 2013, 2155, 2158; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Greven, BB 2014, 2309, 2311; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 780 f. 306 Greven, BB 2014, 2309, 2311; im Ergebnis auch Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., Anh. §§ 32 a, b Rn. 29; ders., NJW 2008, 3601, 3603; Dahl, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl., Anh. II §§ 32a,b a. F. Rn. 14; Lauster, WM 2013, 2155, 2158; Reinhard/
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die Gesellschaftsgläubiger anderenfalls zwei Anfechtungsgegner hätten, ohne dass sie darauf einen Anspruch haben.307 b) Selbständige Begründung der Finanzierungsfolgenverantwortung Der zuvor genannten Ansicht wird entgegengehalten, dass die Finanzierungsfolgenverantwortung nicht im Wege der Abtretung übergehen könne. Diese Ansicht beruht auf einem anderen Verständnis der Finanzierungsfolgenverantwortung. Bisweilen wird vertreten, dass ein neuer Gesellschafter – wenn überhaupt – nur die Position des alten Gesellschafters einnehmen und dessen Verantwortlichkeit übernehmen kann.308 Welche Konsequenzen damit verbunden sind, wird jedoch nicht aufgezeigt.309 Einen Schritt weiter geht Fischer.310 Er sieht die Legitimationsgrundlage in einer „abgespeckten Variante der Finanzierungsfolgenverantwortung“311, wonach es im neuen Recht um die „Kreditierungsentscheidung causa societatis“ zu Lasten des Eigenkapitals an sich gehe.312 Gerade aus dieser Entscheidung entspringe eine Finanzierungsfolgenverantwortung, die sich in den Sanktionsinstrumenten des Gesellschafterdarlehensrechts manifestiere. Entscheidend an Fischers Auffassung ist, dass er die Kreditierungsentscheidung als eine persönliche – eine solche die in der Person des Gesellschafters verhaftet ist – Entscheidung ansieht.313 Aus dieser persönlichen Entscheidung könne sich auch nur eine persönliche Verantwortung ergeben.314 Demzufolge könne die Finanzierungsfolgenverantwortung auch nicht von
Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Greven, BB 2014, 2309, 2311. 307 Lauster, WM 2013, 2155, 2158; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1900 f.; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Greven, BB 2014, 2309, 2311; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 780 f. 308 So etwa Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 355, die darauf rekurrieren, dass die Finanzierungsfolgenverantwortung jedenfalls kein Nebenrecht i. S. d. § 401 BGB sei. 309 Heckschen/Kreusslein, RNotZ 2016, 351, 356 ff., zeigen diesbezüglich nur kautelarjuristische alternative Gestaltungsmöglichkeiten auf. 310 In eine ähnliche Richtung Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 232, die die Finanzierungsfolgenverantwortung ebenfalls als nicht abtretungsfähig sehen, sondern das Konstrukt insoweit verstehen, als dass es sich auf die Entscheidung der Gewährung eines Darlehens beziehe, die einmalig getroffen werde und im Folgenden unabhängig vom dem Gesellschafter der Darlehensforderung als solche anhafte. 311 Fischer, KSzW 2015, 214, 218. 312 Fischer, KSzW 2015, 214, 218. 313 Fischer, KSzW 2015, 214, 219. Dem steht jedoch die Intention des MoMiG entgegen, wonach eine Umstellung von einer verhaltensabhängigen – krisenbedingten – Subordination der Gesellschafterdarlehen auf eine pauschale Subordination aller Gesellschafterdarlehen vollzogen werden sollte. 314 Zum Folgenden Fischer, KSzW 2015, 214, 219.
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einer Person auf eine andere übertragen werden.315 Derjenige, der einmal eine Kreditierungsentscheidung dahingehend getroffen habe, die Gesellschaft mit einem Gesellschafterdarlehen zu finanzieren, hafte auch, weshalb diesem gegenüber das Darlehen anfechtbar und die Nachrangregelung ihre Wirkung entfalten müsse.316 Daraus könne zwar geschlussfolgert werden, dass im Rahmen der Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung nur der Veräußerer zu belangen sei. Dem sei aber gerade nicht so. Indem der Erwerber bewusst die Darlehensgeber- und Gesellschafterstellung übernehme, treffe er zugleich eine eigene persönliche Finanzierungsentscheidung, weshalb auch dem Erwerber gegenüber die Darlehensforderungen nachrangig und deren Befriedigung anfechtbar und nachrangig sei.317 Diesem Lösungsvorschlag liegt die Überlegung zu Grunde „die Finanzierungsfolgenverantwortung als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung einer Qualifikation eines Darlehens als Gesellschafterdarlehen in den Tatbestand des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO hineinzulesen“.318
III. Stellungnahme und eigene Ansicht Der Schlüssel für die Konstellation der kumulativen Übertragung der Gesellschafterstellung und Gläubigerstellung in Bezug auf die Gesellschafterdarlehen findet sich nicht in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs.319 Auch lässt sich die Konstellation nicht mit der in der Entscheidung vorgezeichneten und von der Literatur wieder aufgegriffenen Finanzierungsfolgenverantwortung lösen. Denn nach hier vertretener Auffassung ist das Konzept der Finanzierungsfolgenverantwortung als Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts abzulehnen.320 Im zweiten Teil dieser Arbeit ist bereits herausgearbeitet worden, dass sich die Finanzierungsfolgenverantwortung in der Vergangenheit als nicht tragfähige Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts herausgestellt hat und darüber hinaus im Zuge des MoMiGs auch explizit vom Gesetzgeber abgeschafft worden ist.321 Vielmehr ist es das Ziel dieser Arbeit ein dogmatisch überzeugendes Ergebnis losgelöst von der Finanzierungsfolgenverantwortung und anhand der zuvor herausgearbeiteten Wertungen des Gesellschafterdarlehensrechts sowie des Insolvenzanfechtungsrechts – der ihnen zugrundeliegenden Systematik und der Legitimationsgrundlage in Gestalt des Gläubigerschutzes gepaart mit den Mitwirkungsund Vermögensrechten eines Gesellschafters – zu erarbeiten. 315 316 317 318 319 320 321
Fischer, KSzW 2015, 214, 219. Fischer, KSzW 2015, 214, 219. Fischer, KSzW 2015, 214, 222. Fischer, KSzW 2015, 214, 222. S. o. S. o. S. o.
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1. Nachrang Ausgehend von der Systematik des Gesellschafterdarlehensrechts in Kombination mit dem Insolvenzanfechtungsrecht wird zunächst untersucht, wen im Fall der kumulativen Übertragung die Wirkung der Nachrangregelung trifft. Dies ist grundsätzlich der Gesellschafter, der im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der Darlehensforderungen ist. Sofern zu diesem Zeitpunkt die Darlehensforderungen bereits befriedigt wurden, ist in einem zweiten Schritt zu bestimmen, ob das Gesellschafterdarlehen innerhalb des letzten Jahres vor dem Insolvenzantrag an den neuen Gesellschafter zurückgezahlt worden ist und daher die Befriedigung angefochten werden kann, sodass die Darlehensforderungen im Zeitpunkt des Insolvenzantrags wiederaufleben und sich die Nachrangwirkung auf sie erstrecken kann. a) Nachrangwirkung gegenüber dem neuen Gesellschafter Sofern sowohl die Gesellschaftsanteile als auch die Darlehensforderungen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen worden sind und die Darlehensrückgewährforderungen noch nicht von Seiten der Gesellschaft befriedigt wurden, ist der neue Gesellschafter zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Insolvenzeröffnung Inhaber eines Gesellschafterdarlehens und folglich trifft diesen die Nachrangwirkung bezüglich der Darlehensforderungen. In der Konstellation, dass die Darlehensforderungen zuvor an den neuen Gesellschafter zurückbezahlt wurden, richtet sich die Frage der Nachrangigkeit danach, ob die Rückzahlung des Darlehens dem neuen Gesellschafter gegenüber wirksam angefochten werden kann und demnach in der Insolvenz der Gesellschaft die Darlehensrückgewährforderungen des Gesellschafters wieder aufleben. b) Nachrangwirkung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter Der ausgeschiedene Gesellschafter ist hingegen prima facie im Zeitpunkt der Antragstellung weder Gesellschafter noch Inhaber von Darlehensforderungen, auf welchen sich die Nachrangwirkung erstrecken könnte. Anders wäre dies nur dann, wenn die Befriedigung der Darlehensforderungen ihm gegenüber angefochten werden können. Dann unterlägen diese Darlehensforderungen der Nachrangwirkung. In der Dogmatik des Gesellschafterdarlehensrechts liefert daher auch in dieser Konstellation die Anfechtung den Schlüssel zur Bestimmung, wen die Wirkungen der Nachrangregelung treffen. c) Zwischenfazit Sofern die Gesellschaftsanteile und die Darlehensforderungen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen und die Darlehensrückgewährforderungen vor dem
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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Zeitpunkt des Insolvenzantrags noch nicht von Seiten der Gesellschaft befriedigt worden sind, ist der neue Gesellschafter zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der nachrangigen Darlehensforderungen. Sofern die Darlehensforderungen vor dem Zeitpunkt der Antragstellung an den neuen Gesellschafter zurückgezahlt worden sind, unterliegen sie nur dann der Nachrangwirkung, wenn die Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem ausgeschiedenen oder dem neuen Gesellschafter angefochten werden kann. In der Dogmatik des Gesellschafterdarlehensrechts liefert also auch in dieser Konstellation die Anfechtung den Schlüssel zur Bestimmung, wen die Wirkung der Nachrangregelung trifft. 2. Anfechtung Die Anfechtungsmöglichkeit sowohl gegenüber dem neuen als auch gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter ist ausschlaggebend dafür, ob im Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags Darlehensforderungen vorliegen, auf welche sich die Nachrangwirkung erstreckt. a) Anfechtung gegenüber dem neuen Gesellschafter aa) Tatbestand Der neue Gesellschafter ist im Rahmen der Übertragung sowohl Inhaber einer Gesellschafterstellung als auch einer Gläubigerstellung in Bezug auf das Gesellschafterdarlehen geworden. Hat die Gesellschaft die Darlehensforderungen ihm gegenüber im entscheidungsrelevanten Jahreszeitraum zurückgezahlt, so hat dieser unmittelbar aus dem Vermögen der Gesellschaft eine Leistung enthalten. bb) Rechtsfolge Auf Rechtsfolgenseite bestimmt sich der richtige Anfechtungsgegner nach einer tatbestandsimmanenten Auslegung, nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Sieht man diesen in den Mitwirkungs- und Vermögensrechten des Gesellschafters gepaart mit Gläubigerschutzerwägungen, orientiert sich hieran die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners. Nach diesen Grundsätzen ist der neue Gesellschafter nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auf Rechtsfolgenseite der richtige Anfechtungsgegner. Denn einerseits gehen die Mitwirkungs- und Vermögensrechte im Rahmen der Übertragung der Gesellschaftsanteile auf den neuen Gesellschafter über und andererseits verstärkt der neue Gesellschafter die durch die Gewährung des Gesellschafterdarlehens entstandene nominelle Unterkapitalisierung weiter, indem er sich die Darlehensmittel von der Gesellschaft zurückzahlen lässt, und erhöht damit das Ausfallrisiko der Gläubiger der Gesellschaft. Da die Gläubiger mit dem neuen Gesellschafter einen neuen
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Anfechtungsgegner erhalten, der die Darlehensmittel an die Insolvenzmasse zurückerstatten kann, ist auch insoweit den Gläubigerschutzerwägungen Genüge getan. b) Anfechtung gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter aa) Tatbestand Sofern der ausgeschiedene Gesellschafter im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschafterstellung und Gläubigerstellung in Bezug auf das Gesellschafterdarlehen war und beide Positionen wirksam an den neuen Gesellschafter übertragen hat, unterfällt er dem Tatbestand der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur dann, wenn die Darlehensforderungen ihm gegenüber befriedigt wurden. Da eine Befriedigung i. S. d. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur dann gegeben ist, wenn die Zahlung an den Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen erfolgt,322 ist in dieser Konstellation eine unmittelbare Befriedigung zu verneinen. Zwar hat der ausgeschiedene Gesellschafter eine Zahlung von Seiten des neuen Gesellschafters für die Abtretung der Darlehensforderungen erhalten, allerdings erfolgte diese aus dem Vermögen des neuen Gesellschafters und nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft, weshalb nur eine Komponente der Befriedigung gegeben ist. In Anknüpfung an die Vorüberlegungen hinsichtlich der Konstellation der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen gesellschaftsfremden Dritten323 ist hierbei ebenso fraglich, ob in dem Abtretungsvorgang verbunden mit einer Zahlung des neuen Gesellschafters an den ausgeschiedenen Gesellschafter eine mittelbare Befriedigung zu sehen ist.324 Dies orientiert sich daran, ob eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gläubigerbenachteiligung zwar nicht gleichzeitig mit der Rechtshandlung einhergeht, bzw. wenn die Gläubigerbenachteiligung ein außerhalb der Rechtshandlung liegender Umstand ist, aber die Rechtshandlung oder der Umstand die Grundlage für eine weitere die Gläubiger schädigende Handlung darstellt. So verhält es sich grundsätzlich auch bei der Übertragung der Darlehensforderungen des Gesellschafters zusammen mit dem Gesellschaftsanteil auf einen neuen Gesellschafter. Indem der ausgeschiedene Gesellschafter seine Darlehensforderungen an den neuen Gesellschafter entgeltlich abtritt, wird er einerseits in finanzieller Hinsicht befriedigt und andererseits wird hierdurch bereits die Grundlage für die die Gläubiger schädigende Handlung, dass der neue Gesellschafter die Darlehensmittel im relevanten Anfechtungszeitraum zurückfordert und sich insofern die tatsächliche Gläubigerbenachteiligung realisiert, gelegt. Im Ergebnis decken sich die Überlegungen in der Situation einer kumulativen Übertragung mit denen in der Situation der Abtretung der Darlehensforderungen 322 323 324
S. o. S. o. S. o.
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eines Gesellschafters an einen gesellschaftsfremden Dritten.325 Im Unterschied hierzu kann jedoch im Rahmen der kumulativen Übertragung nicht darauf abgestellt werden, dass der ausgeschiedene Gesellschafter das Gesellschafterdarlehen durch die Abtretung an den neuen Gesellschafter aus der Sphäre der Gesellschaft herauslöst und sich dadurch die Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen Rückforderung erhöht.326 Nichtsdestotrotz ist die Verkürzung des Aktivvermögens der Gesellschaft und damit auch die Gläubigerbenachteiligung bereits im Rechtsgeschäft der Abtretung angelegt. Denn die Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen Rückforderung wird auch durch die kumulative Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung erhöht. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen: Da sowohl die Abtretung der Darlehensforderungen als auch die Übertragung der Gesellschaftsanteile entgeltlich erfolgt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der neue Gesellschafter die Darlehensmittel zur Finanzierung des gezahlten Kaufpreises oder im Zuge der Umgestaltung der finanziellen Struktur der Gesellschaft zurückfordert. Insbesondere im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion ist die Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen Rückforderung der bereits bestehenden Gesellschafterdarlehen zum Zweck der Erhöhung des Leverage-Effekts besonders hoch. Die Gläubigerbenachteiligung manifestiert sich ebenso vollständig im späteren Zeitraum der Rückzahlung der Darlehensforderungen an den Zessionar. Der Umstand, dass die Vermögensminderung des Gesellschaftsvermögens bereits in der Abtretung angelegt ist, bildet die Verknüpfung zwischen der Befriedigung des ausgeschiedenen Gesellschafters und der Tatsache, dass die Befriedigung aus dem Gesellschaftsvermögen zu erfolgen hat. Folglich erfüllt neben dem neuen Gesellschafter auch der ausgeschiedene Gesellschafter die tatbestandlichen Voraussetzungen des Insolvenzanfechtungstatbestands gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO. bb) Rechtsfolge Auf Rechtsfolgenseite bestimmt sich der richtige Anfechtungsgegner wiederum nach dem Telos des gesellschafterdarlehensrechtlichen Insolvenzanfechtungstatbestands. Danach kommt der ausgeschiedene Gesellschafter als Anfechtungsgegner in Frage, da er innerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO und in der Zeit davor Gesellschafter und damit Inhaber der Mitwirkungs- und Vermögensrechte war. Zudem ist der ausgeschiedene Gesellschafter auch unter Gläubigerschutzaspekten ein tauglicher Anfechtungsgegner im Sinne des Insolvenzanfechtungsrechts, da er die nominelle Unterkapitalisierung der Gesellschaft durch die ursprüngliche Gewährung des Gesellschafterdarlehens (mit-)verursacht hat und die Darlehensmittel aus dem im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen erhaltenen Entgelt an die Insolvenzmasse zurückerstatten kann.
325 326
S. o. S. o.
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c) Zwischenergebnis Nach den vorstehenden Überlegungen ist die Befriedigung der übertragenen Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter als auch dem neuen Gesellschafter als Zessionar anfechtbar, sofern die Gesellschaft die Darlehensforderungen an den neuen Gesellschafter im entscheidungsrelevanten Jahreszeitraum zurückgezahlt hat. Der ausgeschiedene und der neue Gesellschafter kommen beide als Anfechtungsgegner in Betracht und haften als Gesamtschuldner. d) Bewertung des Ergebnisses (anhand des Normzwecks) Dadurch, dass in der Konstellation Gesellschafter- und Gläubigerstellung in Bezug auf ein bestehendes Gesellschafterdarlehen kumulativ, d. h. „als ein Ganzes“ übertragen werden und es gerade nicht wie in den zuvor untersuchten Konstellationen zum Auseinanderfallen der Gesellschafter- und Gläubigerstellung kommt, liegt zunächst die Vermutung nahe, dass die Befriedigung der Darlehensforderungen nur gegenüber dem neuen oder dem ausgeschiedenen Gesellschafter möglich ist. Insofern mutet die doppelte Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen als auch dem neuen Gesellschafter und die gesamtschuldnerische Haftung der beiden Gesellschafter auf den ersten Blick befremdlich an. Unter Berücksichtigung des Normzwecks des neuen Gesellschafterdarlehensrechts ist die hier erarbeitete doppelte Anfechtungsmöglichkeit und die Haftung der beiden Gesellschafter als Gesamtschuldner jedoch berechtigt. Denn aus dem Blickwinkel des Gläubigerschutzes sind alle Anfechtungsszenarien, d. h. sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen als auch dem neuen Gesellschafter sowie eine doppelte Anfechtung gegenüber beiden Gesellschaftern, positiv zu bewerten. Sofern sich die Anfechtung gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter richtet, hat sich aus Perspektive der Gesellschaftsgläubiger nichts verändert. Richtet sich die Anfechtung gegen den neuen Gesellschafter, sind sie zwar einem neuen Anfechtungsgegner und damit einem neuen Insolvenzrisiko ausgesetzt. Dennoch wird ihr Gläubigerschutz nicht untergraben, da der Anfechtungsgegner nicht wegfällt, sondern lediglich ersetzt wird. Schließlich haben die Gesellschaftsgläubiger auch kein Anrecht auf einen festen Anfechtungsgegner. Richtet sich die Insolvenzanfechtung sowohl gegen den ausgeschiedenen als auch gegen den neuen Gesellschafter, ist dies für die Gläubiger insgesamt nur vorteilhaft, da sich ihre Befriedigungsmöglichkeit durch einen weiteren Anfechtungsgegner weiter erhöht. Damit wird die Gläubigerschutzkomponente noch stärker gefördert. Schließlich trägt auch die zweite Komponente der Legitimationsgrundlage das gefundene Ergebnis. Da – anders als in der Konstellation, dass die Darlehensforderungen an einen gesellschaftsfremden Dritten abgetreten werden – sowohl der ausgeschiedene als auch der neue Gesellschafter im Zeitraum der Anfechtungsfrist eine Gesellschafterstellung innehaben, können beide über ihre Mitwirkungsrechte
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Einfluss auf den unternehmerischen Erfolg sowie das Insolvenzrisiko der Gesellschaft nehmen und über ihre Vermögensrechte von dem Gewinn und der Wertsteigerung der Gesellschaft profitieren. Im Gegenzug unterwerfen die Mitwirkungs- und Vermögensrechte auch beide Gesellschafter den Regelungen des Gesellschafterdarlehensrechts. Diesbezüglich ließe sich einwenden, dass der ausgeschiedene Gesellschafter über einen längeren Zeitraum als der neue Gesellschafter über seine Mitwirkungsrechte Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen sowie über seine Vermögensrechte an den Gewinnen der Gesellschaft partizipieren konnte und er daher vorrangig in die Pflicht genommen werden sollte. Nichtsdestotrotz kommt auch schon der neue Gesellschafter in den Genuss der Mitwirkungs- und Vermögensrechte, die eine Einbeziehung nach der gegenwärtigen Ausgestaltung des Gesetzes im Rahmen des eindeutig definierten Anfechtungszeitraums vorgibt. Dies ermöglicht gerade ein hohes Maß an Rechtssicherheit. So besehen ist unter Normzweckerwägungen die Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter möglich. Gegen eine solche Lösung wird jedoch eingewandt, dass die doppelte Anfechtungsmöglichkeit – gerade im Rahmen von Transaktionen – die Verkehrsfähigkeit von Gesellschafterdarlehen in erheblichem Maße beeinträchtigt. Dies sei von einem ökonomischen Standpunkt aus in höchstem Maße bedenklich,327 weshalb es angezeigt sei, die zusätzliche Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter unter Normzweckerwägungen zu begrenzen. Vor diesem Hintergrund sei es interessengerecht mit der kumulativen Übertragung der Gesellschaftsanteile und der Darlehensforderungen bei dem ausgeschiedenen Gesellschafter eine Enthaftung eintreten zu lassen, sodass nur der neue Gesellschafter tauglicher Adressat der Insolvenzanfechtung ist. So sehr eine solche Beschränkung vor dem Hintergrund der praxistauglichen Erwägungen im Hinblick auf die Verkehrsfähigkeit wünschenswert erscheinen mag, lassen die aktuelle Ausgestaltung des Gesellschafterdarlehensrechts und dessen geänderter Normzweck dies nicht zu. Die Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter ist zudem nur innerhalb maximal eines Jahres nach der Abtretung an einen neuen Gesellschafter möglich, weshalb die doppelte Anfechtung gerade auch in Anbetracht des nur sehr kurzen Zeitraums zu tolerieren ist. e) Zwischenfazit Die Untersuchung hat im Hinblick auf die Konstellation, dass ein Gesellschafter seine Gesellschafter- und Gläubigerstellung in Bezug auf ein Gesellschafterdarlehen kumulativ auf einen Dritten überträgt, zu Tage gefördert, dass eine Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen 327
Vgl. Haas, ZIP 2017, 545, 552.
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Gesellschafter als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter möglich ist. Insofern erstreckt sich dann auch die Nachrangigkeit auf die in den Händen des ausgeschiedenen und des neuen Gesellschafters wiederauflebenden Darlehensforderungen. 3. Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sofern die Gesellschaftsanteile und die Darlehensforderungen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen und die Darlehensrückgewährforderungen vor dem Zeitpunkt des Insolvenzantrags noch nicht von Seiten der Gesellschaft befriedigt worden sind, die Darlehensforderungen des neuen Gesellschafters im Rahmen des Insolvenzverfahrens nur nachrangig befriedigt werden. Sofern das Darlehen vor dem Zeitpunkt der Antragstellung an den neuen Gesellschafter zurückgezahlt worden ist, kann die Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter angefochten werden. Die Nachrangigkeit erstreckt sich dann auf die in den Händen des ausgeschiedenen und des neuen Gesellschafters wiederauflebenden Darlehensforderungen.
E. Zusammenfassung Die Untersuchung der ersten vom Bundesgerichtshof entschiedenen Konstellation hat gezeigt, dass der Nachrang im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter – entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs – keine Einwendung und auch keine Eigenschaft ist, die nach § 404 BGB im Wege der Abtretung vom Gesellschafter (als Zedent) auf den Nichtgesellschafter (als Zessionar) übergeht. Das hat zum einen zur Folge, dass wenn der gesellschaftsfremde Zessionar bei Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der Darlehensforderungen ist, keine Gesellschafterdarlehensforderungen vorliegen, auf die sich die Nachrangregelung erstrecken kann. Zum anderen folgt daraus, dass wenn die abgetretenen Darlehensforderungen nach der Abtretung und vor der Stellung des Insolvenzantrags von der Gesellschaft befriedigt worden sind, die Befriedigung der Darlehensforderungen – entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs – ausschließlich gegenüber dem Gesellschafter angefochten werden kann. Die Anfechtung bewirkt, dass die Darlehensforderungen wieder in der Person des Gesellschafters im Zeitpunkt des Insolvenzantrags funktional restituiert werden. Dies hat zur Konsequenz, dass sich nachdem die Darlehensmittel in die Insolvenzmasse zurückgezahlt worden sind, die Nachrangigkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf die Darlehensforderungen des Gesellschafters erstrecken kann. Die Untersuchung der zweiten Konstellation, in der ein Gesellschafter, nachdem er ein Gesellschafterdarlehen gewährt hat, als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, hat ergeben, dass sich die Nachrangigkeit auch auf die Darlehensfor-
2. Kap.: Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen
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derungen eines Gesellschafters, der innerhalb eines Jahres vor dem Insolvenzantrag als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, erstreckt. Die Nachrangwirkung ist zudem zeitlich begrenzt: Die Nachrangigkeit erstreckt sich maximal ein Jahr nach dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft auf dessen Darlehensrückgewährforderungen. Sofern der ausgeschiedene Gesellschafter innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht nur seine Gesellschaftsanteile übertragen hat, sondern seine Darlehensforderung auch von Gesellschaft befriedigt worden sind, ist die Befriedigung der Darlehensforderungen ihm gegenüber nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Die Untersuchung der dritten Konstellation, in der ein gesellschaftsfremder Darlehensgeber nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, kam zu dem Ergebnis, dass nach der Systematik des neuen Gesellschafterdarlehensrechts das Darlehen eines Darlehensgebers, der erst nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, als ein Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren ist und die Darlehensforderungen nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig sind, sofern zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags eine Koinzidenz zwischen Gesellschafter- und Gläubigerstellung vorliegt. Gleiches gilt für den Fall der Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen innerhalb des Anfechtungszeitraums. Sofern ein Darlehensgeber nachträglich Gesellschafter der Gesellschaft wird, kann die Befriedigung der Darlehensforderung ihm gegenüber angefochten werden, wenn er zum Zeitpunkt der Befriedigung nicht nur Darlehensgeber sondern auch bereits Gesellschafter der Gesellschafter war. Dadurch erstreckt sich dann auch im Falle der Insolvenz die Nachrangigkeit auf das Gesellschafterdarlehen. Aufbauend auf den im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse und gefundenen Ergebnissen ist schließlich die für die Private Equity Transaktionspraxis so wichtige doppelte Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung untersucht worden. Dabei ist herausgearbeitet worden, dass wenn die Gesellschaftsanteile und die Darlehensforderungen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen und der neue Gesellschafter bei Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der Darlehensforderungen ist, sich die Nachrangregelung auf diese Darlehensforderungen des neuen Gesellschafters erstreckt. Sofern das Darlehen vor der Stellung des Insolvenzantrags an den neuen Gesellschafter zurückgezahlt worden ist, kann die Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter angefochten werden. Die Nachrangigkeit erstreckt sich dann auch auf die in den Händen des ausgeschiedenen und des neuen Gesellschafters wiederauflebenden Darlehensforderungen.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
3. Kapitel
Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz bei gehebelten Private Equity Transaktionen Wurden in den vorangegangenen Kapiteln die Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans und die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen anhand des Gesellschafterdarlehensrechts und dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Verständnis der Legitimationsgrundlage analysiert, sollen die oben gefundenen Ergebnisse in diesem Kapitel – in einem nachgelagerten Schritt – daraufhin überprüft werden, ob sie zu einem spürbaren Schutz der Gläubiger führen und dabei die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter nicht unangemessen behindern. In Anbetracht eines der wesentlichen Organisationszielbestimmungen des Gesellschaftsrechts, „die Architektur des Verbandes und seines Vermögens“328 so anzulegen, dass „das Verlustrisiko zwischen Kapitaleigner und Kreditgeber gerecht verteilt wird,“329 muss es das Ziel des neuen Gesellschafterdarlehensrechts als Teil des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems sein, dass das „Fremdkapital […] dem endgültigen Verlust mit einem wesentlich niedrigeren Wahrscheinlichkeitsgrad ausgesetzt [ist] als Eigenkapital“330 und in diesem Sinne eine ausgewogene Balance zwischen der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter und dem Schutz der Gläubiger herzustellen.331 Dabei wird zunächst ein Maßstab für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen bestimmt, sodann das durch die gefundenen Ergebnisse verwirklichte aktuelle Gläubigerschutzniveau herausgearbeitet und schließlich das Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen mit Blick auf die Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts und den Maßstab für ein angemessenes Gläubigerschutzniveau bewertet.
A. Bestimmung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen Im zweiten Teil dieser Arbeit ist bereits herausgearbeitet worden, dass ein angemessenes Gläubigerschutzniveau im Kontext haftungsbeschränkter Gesellschaften erreicht wird, wenn die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation mit den Gläubigerinteressen an einem geringen Ausfallrisiko zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht werden und dabei die rechtsethischen 328 329 330 331
Wiedemann, ZGR 2003, 283, 287. Wiedemann, ZGR 2003, 283, 287. Wiedemann, ZGR 2003, 283, 287. Siehe hierzu auch Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 72.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
275
Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilsziehung berücksichtigt werden.332 Diese Kriterien können im Wesentlichen auch zur Bestimmung des angemessenen Gläubigerschutzniveaus im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen nutzbar gemacht werden.333 Denn der mit den gehebelten Private Equity Transaktionen verbundene Konflikt zwischen den Interessen der Gesellschafter und denen der Gläubiger der Portfoliogesellschaften ist – wie im ersten Teil dieser Arbeit herausgearbeitet worden ist – auf das Prinzip der Haftungsbeschränkung zurückzuführen.334 So gilt auch bei gehebelten Private Equity Transaktionen: Umso größer der aufgrund der gehebelten Private Equity Transaktion zu erwartende Nutzen der Gesellschafter ist und umso geringer die Kosten der Gläubiger sind, desto niedriger kann im Ergebnis das Gläubigerschutzniveau angesiedelt werden.335 Der potenzielle Nutzen einer gehebelten Private Equity Transaktion für die Gesellschafter ist – mit Blick auf die Ausführungen im ersten Teil dieser Arbeit – die Steigerung der Eigenkapitalrendite, die summenmäßige Begrenzung des Ausfallrisikos und die gesteigerten Diversifizierungspotenziale.336 Dem stehen die Kosten der Gläubiger in Form des im ersten Teil dieser Arbeit herausgearbeiteten gesteigerten Ausfallrisikos aufgrund des gesonderten Insolvenzrisikos gegenüber. Dazu kommen die Kosten des Insolvenzverfahrens.337 Auch die rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilziehung können auf die Untersuchung des angemessenen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen übertragen werden.338 Denn im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion kommt es zu einer Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung in Bezug auf ein Gesellschafterdarlehen von den ursprünglichen Gesellschaftern auf die neuen Gesellschafter. Die Stellung der außenstehende Gläubiger bleibt davon unberührt; sie haben weiterhin keine Mitwirkungs- und Vermögensrechte und bleiben damit Außenseiter der Unternehmungen. Auch die Verteilung der Gewinnaussichten zwischen den Gesellschaftern und den außenstehenden Gläubigern bleibt bei der Durchführung einer gehebelten Private Equity Transaktion gleich.339 Die Erwerbsgesellschaft und die übergeordneten Gesellschaften des Private Equity Fonds können die Gewinne und Erträge aus der unternehmerischen Tätigkeit der Portfoliogesellschaft vereinnahmen und damit 332
S. o. Beispielsweise hat Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 293 ff. die konkrete Kosten-NutzenAnalyse für die Beurteilung von Leveraged-Transaktionen aufgestellt. 334 S. o.; vgl. auch Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 107. 335 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 103. 336 So auch Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 103. 337 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 103. 338 S. o. 339 Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 99. 333
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
die Verbindlichkeiten aus dem Akquisitionsdarlehen zurückzahlen.340 Sie erwerben die Kontrollmehrheit an der Portfoliogesellschaft, sobald das Akquisitionsdarlehen zurückgeführt ist. Im Rahmen der Desinvestitionsphase wird dieser Vorteil monetarisiert.341 Dagegen sind die Gläubiger nur bis zur Höhe ihrer vertraglich vereinbarten Forderungen an den Erträgen der Portfoliogesellschaft beteiligt.342
B. Aktuelles Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei gehebelten Private Equity Transaktionen Aus den Ergebnissen der Untersuchung zur Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans und auf im Rahmen einer Private Equity Transaktion übertragene Gesellschafterdarlehen ist nunmehr eine allgemeine Aussage zum gesetzlich garantierten Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen abzuleiten. In einem ersten Schritt wird die sich bei Private Equity Fonds stellende Problematik der Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans untersucht, bevor in einem zweiten Schritt das aktuelle Gläubigerschutzniveau bei der Übertragung der Gesellschafterstellung zusammen mit der Gläubigerstellung in Bezug auf ein Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer Private Equity Transaktion herausgearbeitet wird.
I. Gläubigerschutz bei der Gewährung von Downstream Loans Im Rahmen der Bestimmung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei der Gewährung von Downstream Loans durch eine Gesellschaft des Private Equity Fonds an die Erwerbsgesellschaft im Rahmen der Erwerbsphase oder an die Portfoliogesellschaft im Rahmen der Betriebsphase sind zunächst die repressiven Wirkungen der Schutzmechanismen in den Blick zu nehmen. Die Untersuchung hat ergeben, dass Darlehensrückgewährforderungen eines mittelbaren Gesellschafters gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Insolvenz der finanzierten Gesellschaft nachrangig nach den Forderungen der außenstehenden Gläubiger befriedigt werden, wenn der mittelbare Gesellschafter unter wertenden Gesichtspunkten einem Gesellschafter gleichzustellen ist oder wenn die Darlehensrückgewährforderungen einem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden können.343 Ersteres ist der Fall, wenn das mittelbare Beteiligungsverhältnis des mittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft die Kleinbeteiligten340 341 342 343
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 99. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 99. S. o. S. o.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
277
schwelle des § 39 Abs. 5 InsO in Höhe von 10 % überschreitet oder wenn der mittelbare Gesellschafter an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist.344 Die Beteiligungsquote errechnet sich, indem die Beteiligungsverhältnisse zwischen dem mittelbaren Gesellschafter und dem unmittelbaren Gesellschafter sowie dem unmittelbaren Gesellschafter und der finanzierten Gesellschaft miteinander multipliziert werden.345 Sofern der mittelbare Gesellschafter danach nicht selbst Adressat des Gesellschafterdarlehensrechts ist, kommt eine Zurechnung der Darlehensgeberstellung des mittelbaren Gesellschafters zum unmittelbaren Gesellschafter in zwei Fällen, der „mittelbaren Stellvertretung“ oder der „mittelbaren Zuwendung“ durch den mittelbaren Gesellschafter, in Betracht.346 Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, findet das Gesellschafterdarlehensrecht keine Anwendung. Damit stellt die gesetzliche Anordnung der Nachrangigkeit sicher, dass auch den Finanzierungsbeiträgen eines mittelbaren Gesellschafters der Portfoliogesellschaft, die Funktion eines aufschiebend bedingten Haftkapitals zukommt, sofern die übergeordnete Gesellschaft aufgrund ihrer Beteiligungsquote und/oder ihrer Beteiligung an der Geschäftsführung an den unternehmerischen Entscheidungen und am Gewinn der finanzierten Portfoliogesellschaft beteiligt ist oder die Finanzierungsbeiträge der Erwerbsgesellschaft als unmittelbare Gesellschafterin der Portfoliogesellschaft zugerechnet werden können. Die repressive Schutzwirkung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wird durch die Anfechtungsregelung in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO abgesichert, wonach die Befriedigung der Darlehensforderungen des mittelbaren Gesellschafters im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags rückgängig gemacht werden kann, sofern sie die Gläubiger benachteiligt. Ebenso können nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO sämtliche Sicherheiten, welche die Portfoliogesellschaft für die Darlehensforderungen in den letzten zehn Jahren vor Stellung des Insolvenzantrags bestellt hat, angefochten werden. Damit stellt die Anfechtung auf der Rechtsfolgenseite sicher, dass die zulasten der übrigen Gläubiger vorgenommenen Vermögensverschiebungen zwischen dem Vermögen der Portfoliogesellschaft und dem Vermögen der Erwerbsgesellschaft oder einer übergeordneten Gesellschaft in der Struktur des Private Equity Fonds rückgängig gemacht werden können, wobei in den Gleichordnungsfällen der mittelbare Gesellschafter, d. h. in der Struktur des Private Equity Fonds die übergeordnete Gesellschaft, und in den Zurechnungsfällen der unmittelbare Gesellschafter, d. h. in der Struktur des Private Equity Fonds die Erwerbsgesellschaft, der jeweils richtige Anfechtungsgegner nach § 143 InsO unter besonderer Berücksichtigung der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts ist.347 Dadurch, dass nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich auch die Finanzierungsbeiträge von übergeordneten Gesellschaften in der Struktur des Private 344 345 346 347
S. o. S. o. S. o. S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Equity Fonds den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts unterliegen, kann von einer robusten, repressiven Gläubigerschutzwirkung gesprochen werden. Die Schutzmechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts können die außenstehenden Gläubiger zwar nicht vor einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft schützen. Aber sie vermögen die Risiken einer durch die Gewährung von Downstream Loans anstatt der Einbringung von Eigenkapital entstandenen nominellen Unterkapitalisierung weitestgehend auszugleichen. So stellen sie sicher, dass die mittelbaren Gesellschafter ebenso wie unmittelbare Gesellschafter das vorrangige Verlustrisiko tragen und bei der Masseverteilung in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft nicht mit den außenstehenden Gläubigern konkurrieren. Zudem werden die außenstehenden Gläubiger durch die Einbeziehung der Darlehensforderungen der mittelbaren Gesellschafter in das Gesellschafterdarlehensrecht vor Umgehungsgestaltungen und vor einer weitergehenden Verlagerung des Ausfallrisikos zu ihren Lasten geschützt. Schließlich werden die außenstehenden Gläubiger durch die Insolvenzanfechtung vor gläubigerbenachteiligenden Kapitalverschiebungen vom Gesellschaftsvermögen der Portfoliogesellschaft in das Gesellschaftsvermögen einer übergeordneten Gesellschaft in der Struktur des Private Equity Fonds durch die vorrangige Befriedigung der Downstream Loans im letzten Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags abgesichert. Neben der repressiven Schutzwirkung der gesetzlichen Mechanismen sind bei der Bestimmung des gesetzlichen Gläubigerschutzniveaus des Gesellschafterdarlehensrechts auch die präventiven Wirkungen der Schutzmechanismen zu untersuchen. Die präventiven Wirkungen der Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen der mittelbaren Gesellschafter in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft sowie der insolvenzrechtlichen Anfechtung der Befriedigung und Besicherung dieser Forderungen sind für das Gläubigerschutzniveau im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen von entscheidender Bedeutung.348 Dies rührt daher, dass sich die an der Transaktion beteiligten Parteien in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft der vorrangigen Selbstbetroffenheit ausgesetzt sehen, sofern sie an der Portfoliogesellschaft mit Eigenkapital oder Gesellschafterfremdkapital beteiligt sind. So haften mit der Erwerbsgesellschaft und den übergeordneten Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds diejenigen Parteien vorrangig, die maßgeblich für die Steuerung der finanziellen Struktur der Portfoliogesellschaft und die Aufstellung der Finanzierungsstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion verantwortlich sind. Unter der Prämisse, dass die Parteien begrenzt rational handeln,349 ist anzunehmen, dass bei der Aufstellung der finanziellen Struktur der Portfoliogesellschaft und der Ausreichung absteigender Darlehen die Vorgaben des Gesellschafterdarlehensrechts beachtet werden. Die präventive Gläubigerschutzwirkung der Anordnung des Nachrangs besteht somit darin, dass die vorrangige Selbstbetroffenheit der Erwerbsgesellschaft und der übergeordneten 348
Vgl. zum Folgenden Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 403 ff. Vgl. zur begrenzten Rationalität menschlichen Verhaltens Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 404 Fn. 1234. 349
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds die „Motivationswirkung“350 bzw. den Anreiz verstärkt, die Finanzierungsstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion so auszugestalten, dass der erworbenen Portfoliogesellschaft während der Betriebsphase nur so viel Liquidität durch die Rückzahlung der Darlehensforderungen und Zinsen sowie Eigenkapital durch Ausschüttungen entzogen wird, dass die Portfoliogesellschaft solvent bleibt. Ebenso werden die Erwerbsgesellschaft und die übergeordneten Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds dazu angehalten, die Schuldendeckungsfähigkeit der Portfoliogesellschaft nicht nur vor der Ausreichung der absteigenden Darlehen, sondern auch fortlaufend über die Darlehenslaufzeit hinweg zu überprüfen. Diese präventiven Wirkungen der Anordnung des Nachrangs werden durch die insolvenzrechtliche Anfechtung verstärkt, indem sie die Gesellschafter davon abhält, Kapital aus dem Gesellschaftsvermögen der Portfoliogesellschaft zum Nachteil der Gläubiger in das Vermögen anderer Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds im Vorfeld der Insolvenz zu verschieben.
II. Gläubigerschutz bei der Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion Beim Erwerb als auch beim Verkauf einer Portfoliogesellschaft in der Erwerbsund Desinvestitionsphase einer Private Equity Transaktion ist es – wie gesehen – durchaus üblich, dass die Gesellschafter- und Gläubigerstellung in Bezug auf Gesellschafterdarlehen zusammen übertragen werden, sofern die Finanzierungsstruktur einer solchen Transaktion bestehende Gesellschafterdarlehen umfasst. Da es sich hierbei um einen Umstand handelt, der bei gehebelten Private Equity Transaktionen besonders häufig auftritt, ist das in diesen Fällen durch das Gesellschafterdarlehensrecht vermittelte aktuelle Gläubigerschutzniveau besonders sorgfältig zu bestimmen. Zunächst gilt es wiederum die repressiven Schutzwirkungen der Mechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts bei einer solchen Übertragung der Gesellschafterund Gläubigerstellung näher zu beleuchten. Diesbezüglich hat die Untersuchung ergeben, dass die Darlehensforderungen des neuen Gesellschafters gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft nachrangig nach den Forderungen der außenstehenden Gläubiger befriedigt werden, sofern die Gesellschaftsanteile und die Darlehensforderungen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen und der Darlehensrückgewähranspruch vor dem Zeitpunkt des Insolvenzantrags noch nicht von Seiten der Gesellschaft befriedigt worden ist. Damit wird sichergestellt, dass den vor einer Private Equity Transaktion von einem ausgeschiedenen Gesellschafter geleisteten Finanzierungsbeiträgen auch nach der Über350
Siehe Ulbrich, Die Abschaffung des Eigenkapitalersatzrechts, S. 189.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
tragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen einer Private Equity Transaktion weiterhin die Funktion eines aufschiebend bedingten Haftkapitals zukommt. Dies ist entscheidend, da die mit der ursprüngliche Darlehensgewährung seitens des ausgeschiedenen Gesellschafters verbundenen Risiken nach der Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung fortbestehen. Die repressiven Schutzwirkungen des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO werden wiederum durch die Anfechtungsregelung in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO abgesichert, wonach die Befriedigung der Darlehensforderungen nach der Übertragung auf den neuen Gesellschafter und vor der Stellung des Insolvenzantrags anfechtbar ist, sofern sie die Gläubiger benachteiligt. Dabei kommt sowohl eine Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter in Betracht, sofern der ausgeschiedene Gesellschafter im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschafter- und Gläubigerstellung war und beide Positionen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen hat. Zwar hat der ausgeschiedene Gesellschafter eine Zahlung von Seiten des neuen Gesellschafters für die Abtretung des Gesellschafterdarlehens erhalten und ist damit nicht aus dem Vermögen der Gesellschaft befriedigt worden. Allerdings wurde der ausgeschiedene Gesellschafter im Rahmen der entgeltlichen Abtretung seiner Darlehensforderungen an den neuen Gesellschafter in finanzieller Hinsicht befriedigt und hat mit der Abtretung der Darlehensforderungen bereits die Grundlage für eine die Gläubiger schädigende Verkürzung des Aktivvermögens der Gesellschaft gelegt. Der neue Gesellschafter und der ausgeschiedene Gesellschafter erfüllen damit beide die tatbestandlichen Voraussetzungen des Insolvenzanfechtungstatbestands gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO und kommen als Anfechtungsgegner auf der Rechtsfolgenseite in Betracht.351 Nach der Anfechtung erstreckt sich die Nachrangigkeit sowohl auf die Darlehensforderungen in den Händen des ausgeschiedenen als auch des neuen Gesellschafters. Damit stellt die Anfechtung auf der Rechtsfolgenseite nicht nur sicher, dass gläubigerbenachteiligende Vermögensverschiebungen zwischen dem Vermögen der Portfoliogesellschaft und dem Vermögen des neuen Gesellschafters rückgängig gemacht werden können, sondern auch, dass die Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen von Private Equity Transaktionen nicht zu einem Wechsel des Anfechtungsgegners zulasten der außenstehenden Gläubiger führt. Zwar wird die repressive Schutzwirkung der Insolvenzanfechtung durch die Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung nicht untergraben, da eine Anfechtung gegenüber dem neuen Gesellschafter möglich ist. Allerdings sind die Gläubiger bei einer Anfechtung gegenüber dem neuen Gesellschafter einem neuen Anfechtungsgegner und damit einem neuen Insolvenzrisiko ausgesetzt. Die Anfechtbarkeit gegenüber dem ausgeschiedenen und dem neuen Gesellschafter verstärkt dagegen die repressive Schutzwirkung beider Mechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts, indem sie die Chance, dass die Darlehensmittel in
351
S. o.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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die Insolvenzmasse zurückfließen und ihre Funktion als aufschiebend bedingtes Haftkapital erfüllen, durch einen weiteren Anfechtungsgegner erhöht. Bei der Bestimmung des gesetzlichen Gläubigerschutzniveaus des Gesellschafterdarlehensrechts sind neben den repressiven auch die präventiven Wirkungen der beiden Schutzmechanismen in den Blick zu nehmen. Zuvor ist bereits herausgearbeitet worden, dass die präventiven Wirkungen das Gläubigerschutzniveau im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen besonders stark beeinflussen. Dies ist – wie schon oben herausgearbeitet – dem Umstand geschuldet, dass in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft die an der Transaktion beteiligten Parteien vorrangig betroffen sind, sofern sie an der Portfoliogesellschaft mit Eigenkapital oder Gesellschafterfremdkapital beteiligt sind.352 Wieder vorausgesetzt, dass die Parteien begrenzt rational handeln, ist davon auszugehen, dass die Transaktion angesichts der Anfechtungsmöglichkeit gegenüber dem neuem und dem ausgeschiedenen Gesellschafter unter der Beachtung der Vorgaben des Gesellschafterdarlehensrechts durchgeführt und strukturiert wird. Für das mögliche Szenario der Insolvenz der Portfoliogesellschaft ist auf Erwerberseite nicht nur der Verlust des in die Erwerbsgesellschaft zur Finanzierung des Kaufpreises eingebrachten Eigenkapitalanteils, sondern zusätzlich auch der Verlust der im Rahmen der Abtretung der Gesellschafterdarlehen erhaltenen Darlehensrückgewährforderungen zu beachten. Auf Verkäuferseite ist der Verlust der im Rahmen der Abtretung der Gesellschafterdarlehen erhaltenen Entgelts zu veranschlagen. Denn die Übertragung der bestehenden Darlehensforderungen auf die Erwerbsgesellschaft kann in der Transaktionspraxis nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht nicht mehr unter der Prämisse erfolgen, dass die ausgeschiedenen Gesellschafter nach Abschluss der Private Equity Transaktion nicht mehr von den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts im Falle der Insolvenz der Portfoliogesellschaft betroffen sind. Die präventive Gläubigerschutzwirkung der gesetzlichen Mechanismen besteht somit darin, dass sie auf der Verkäufer- und der Erwerberseite verschiedene Anreize schafft: Zunächst lösen die Schutzmechanismen bei beiden an der Transaktion beteiligten Parteien das primäre Interesse aus, nur solche gehebelten Private Equity Transaktionen zu realisieren, bei denen davon auszugehen ist, dass die Zielgesellschaft in Zukunft neben ihren eigenen Verbindlichkeiten auch die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft aus der Kaufpreisfinanzierung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bedienen können wird.353 Vor diesem Hintergrund schafft das Gesellschafterdarlehensrecht – zusammen mit den anderen Instrumenten des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems354 – den zusätzlichen Anreiz für die an der Transaktion beteiligten Parteien, auf der Grundlage richtiger Informationen und plausibler Annahmen eine Liquiditätsprognose für die Portfoliogesellschaft aufzustellen.355 352 353 354 355
S. o. Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 404 f. Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 405. Siehe Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 405.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Zudem führt die vorrangige Selbstbetroffenheit auf Erwerberseite zu dem Anreiz, die Finanzierungsstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion so auszugestalten und zu überwachen, dass der erworbenen Portfoliogesellschaft während der Betriebsphase nur so viel Liquidität durch die Rückzahlung der Darlehensforderungen und Zinsen sowie Eigenkapital durch Ausschüttungen entzogen wird, dass die Portfoliogesellschaft solvent bleibt. Schließlich lösen die Schutzmechanismen auf Verkäuferseite das primäre Interesse aus, bereits bei der Gewährung der Gesellschafterdarlehen die Schuldendeckungsfähigkeit der Portfoliogesellschaft auch in der Zukunft zu überprüfen sowie bei der Möglichkeit des Verkaufs der Portfoliogesellschaft in der näheren Zukunft der Einbringung von Eigenkapital den Vorrang vor der Gewährung von Gesellschafterdarlehen zu geben. Denn anders als bei der Abtretung von Darlehensforderungen besteht bei der Übertragung des Eigenkapitalanteils nicht die Gefahr, dass der ursprüngliche Gesellschafter nach Abschluss der Private Equity Transaktion von den Rechtsfolgen des Kapitalerhaltungsrechts im Falle der Insolvenz der Portfoliogesellschaft betroffen ist.
III. Zwischenergebnis Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass beide Schutzmechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts in der besonderen Situation der gehebelten Private Equity Transaktion einzelfallgerecht und zukunftsgerichtet wirken und die übergeordneten Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds sowie die bei Erwerb oder Verkauf der Portfoliogesellschaft ausgeschiedenen Gesellschafter mit einbeziehen.
C. Verstärkung des Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht Die Untersuchungen zur Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf Downstream Loans und zur Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrechts und dem dieser Arbeit zugrunde liegenden Verständnis der Legitimationsgrundlage – bei der immer auch auf die alte Rechtslage vor dem MoMiG eingegangen worden ist – hat gezeigt, dass das durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht verwirklichte Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen in vielerlei Hinsicht deutlich intensiver ist als das durch das Eigenkapitalersatzrecht verwirklichte Gläubigerschutzniveau. So unterliegen nicht nur die Finanzierungsbeiträge des unmittelbaren Gesellschafters, d. h. der Erwerbsgesellschaft den Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehensrechts, sondern auch die Finanzierungsbeiträge der mittelbaren Gesellschafter
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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der Portfoliogesellschaft, d. h. der übergeordneten Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds, sofern die übergeordneten Gesellschaften aufgrund ihrer Beteiligungsquote und/oder ihrer Beteiligung an der Geschäftsführung an den unternehmerischen Entscheidungen und am Gewinn der Portfoliogesellschaft beteiligt sind. Diese Anforderungen an die Gleichordnung von Dritten mit einem unmittelbaren Gesellschafter sind – anders als die Anforderungen an die Zurechnung von Darlehensforderungen und darlehensgleichen Forderungen eines Dritten zu einem unmittelbaren Gesellschafter – vor dem Hintergrund des neuen dogmatischen Fundaments des Gesellschafterdarlehensrechts einer neuen Bewertung unterzogen worden, wonach eine Gleichordnung nicht erst bei einer maßgeblichen Beteiligung des mittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft zu erfolgen hat, sondern bereits bei der Überschreitung der Voraussetzungen des Kleinbeteiligtenprivilegs gemäß § 39 Abs. 5 InsO.356 Zudem gehen von der Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen der mittelbaren Gesellschafter in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft und von der insolvenzrechtlichen Anfechtung der Befriedigung und Besicherung dieser Forderungen sehr weitgehende präventive Schutzwirkungen aus. Das hängt damit zusammen, dass in der Insolvenz einer Portfoliogesellschaft die mit Eigenkapital oder Gesellschafterfremdkapital an der Portfoliogesellschaft beteiligten Gesellschaften des Private Equity Fonds vorrangig haften. Dadurch, dass sie für die Aufstellung der Finanzierungsstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion und die Kapitalausstattung der Portfoliogesellschaft verantwortlich sind, werden sie die Finanzierung des Kapitalbedarfs der Portfoliogesellschaft durch (absteigende) Gesellschafterdarlehen oder durch originäres Fremdkapital von dem Schuldendeckungspotential und damit der zukünftigen Solvenz der Portfoliogesellschaft abhängig machen. Das zeigt, dass die präventiven Schutzwirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts so weitgehend sind, dass sie erkenntlich die Gesellschafter bei der Ausgestaltung der finanziellen Struktur ihrer Gesellschaft beeinflussen. Dass das verwirklichte Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen nach der alten und der neuen Rechtslage auseinanderfällt, wird bei der Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen des Erwerbs und des Verkaufs der Portfoliogesellschaft besonders deutlich: Nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht unterliegen die Darlehensforderungen nach ihrer Übertragung auf den neuen Gesellschafter weiterhin dem Gesellschafterdarlehensrechts, wobei die Rechtsfolgen sowohl den neuen Gesellschafter als auch den ausgeschiedenen Gesellschafter treffen, sofern der ursprüngliche Gesellschafter im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschaft- und Gläubigerstellung war und beide Positionen wirksam an den neuen Gesellschafter übertragen hat. Diese gläubigerschützende Möglichkeit der doppelten Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen gegenüber dem ausgeschiedenen und dem neuen Gesellschafter
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S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
bestand nach dem alten Eigenkapitalersatzrecht nicht.357 Vielmehr unterlag nach der Übertragung des verstrickten Gesellschafterdarlehens nur der neue Gesellschafter als Forderungsinhaber den Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts, während der ausgeschiedene Gesellschafter nach der wirksamen Übertragung von den Rechtsfolgen des Eigenkapitalersatzrechts „befreit“ war.358 Durch diese Neuerung hat sich die repressive Schutzwirkung der gesetzlichen Mechanismen deutlich intensiviert, da sich die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubiger durch den zweiten Anfechtungsgegner erhöht. Durch die Intensivierung der repressiven Schutzwirkungen hat sich zugleich auch die präventive Schutzwirkung der gesetzlichen Mechanismen erhöht. Denn anders als die Schutzmechanismen des Eigenkapitalersatzrechts entfalten die gesetzlichen Mechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts ihre präventive Schutzwirkung auch in Richtung des ausgeschiedenen Gesellschafters, der auch nach der Übertragung seiner Gesellschafter- und Gläubigerstellung weiterhin in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft vorrangig haftet, wenn er im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschafter- und Gläubigerstellung war. Dementsprechend sind beide Parteien einer gehebelten Private Equity Transaktion daran interessiert, eine auf richtigen Informationen und plausiblen Annahmen beruhende, sachgerechte Prognose über die für die Zukunft zu erwartende Liquiditätssituation der Zielgesellschaft zu erstellen. Zudem lösen die Schutzmechanismen beim ausgeschiedenen Gesellschafter bereits im Vorfeld der Transaktion den Anreiz aus, bereits bei der Gewährung der Gesellschafterdarlehen die Schuldendeckungsfähigkeit der Portfoliogesellschaft auch in der Zukunft zu überprüfen sowie bei der Möglichkeit des Verkaufs der Portfoliogesellschaft in der näheren Zukunft der Einbringung von Eigenkapital den Vorrang vor der Gewährung von Gesellschafterdarlehen zu geben. Das zeigt, dass die präventiven Schutzwirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts so weitgehend sind, dass sie nicht nur die neuen Gesellschafter hinsichtlich des Erwerbs der Portfoliogesellschaft und der Ausgestaltung der Finanzierungsstruktur der Private Equity Transaktion, sondern auch die ursprünglichen Gesellschafter bei der Finanzierung des Kapitalbedarfs der Portfoliogesellschaft im Vorfeld einer Private Equity Transaktion beeinflussen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Anwendung der gesetzlichen Regelungen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts auf die im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen gewährten und übertragenen Gesellschafterdarlehen zu einer spürbaren Verbesserung des Schutzes der außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft im Vergleich zur alten Rechtslage vor dem MoMiG führt. Diese Verstärkung des Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen ist insgesamt auf das neue dogmatische Fundament des Gesellschafterdarlehensrechts zurückzuführen.
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S. o. S. o.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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D. Bewertung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen Soeben ist herausgearbeitet worden, dass die Anwendung des neuen Gesellschafterdarlehensrechts auf im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen gewährte und übertragene Gesellschafterdarlehen unter Beachtung der neuen Legitimationsgrundlage zu einer spürbaren Verbesserung des Gläubigerschutzniveaus führt. Im Folgenden ist dieses Ergebnis mit Blick auf die Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts und die Anforderungen an ein angemessenes Gläubigerschutzsystem zu bewerten. Denn Ziel des neuen Gesellschafterdarlehensrechts als Teil des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems muss es sein, einen ausgewogenen Ausgleich zwischen dem Schutz der Gläubiger und dem Interesse der Gesellschafter an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation herzustellen. Dabei wird in einem ersten Schritt überprüft, ob das aktuelle Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen den Funktionen des Gesellschafterdarlehensrechts gerecht wird, bevor in einem zweiten Schritt bewertet wird, ob das aktuelle Gläubigerschutzniveau mit Blick auf das gesonderte Insolvenzrisiko einer gehebelten Private Equity Transaktion und die Risikobeherrschung und Vorteilziehung der an der Transaktion beteiligten Parteien angemessen ist.
I. Bewertung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen anhand der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts Im zweiten Teil dieser Arbeit ist bereits die Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems herausgearbeitet worden.359 Danach kommt dem Gesellschafterdarlehensrecht eine doppelte Funktion zu: Erstens soll es einen Ausgleich für die unangemessene Eigenkapitalausstattung und die dadurch verursachte nominelle Unterkapitalisierung der haftungsbeschränkten Gesellschaft schaffen. Dahinter steht die Überlegung, dass die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital zu einem Anstieg der Fremdkapitalquote und damit zu einer Erhöhung des Ausfallrisikos der Gläubiger führt. Denn die Gesellschafterdarlehen haften den außenstehenden Gläubigern nicht wie Eigenkapital, sondern sind wie Fremdkapital (auch im Vorfeld der Insolvenz der Gesellschaft) an die Gesellschafter zurückzuzahlen. Daher konkurrieren die Gesellschafter außerhalb und innerhalb der Insolvenz mit den außenstehenden Gläubigern der Gesellschaft um die Befriedigung ihrer Forderungen. Folglich können die Gesellschafter mit der Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstelle von Eigenkapital ihr Haftungsrisiko und somit ihre vorrangige Selbstbetroffenheit begrenzen. Daraus ergibt sich dann auch die zweite Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts: 359
S. o.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Es soll einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu Lasten der Gläubiger der Gesellschaft entgegenwirken. Wie gerade beschrieben, können die Gesellschafter haftungsbeschränkter Gesellschaften ihr Haftungsrisiko mit der Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstelle von Eigenkapital vermindern und damit das Ausfallrisiko auf die außenstehenden Gläubiger verlagern. Hinzu kommt, dass die Gesellschafter über den Rückfluss der Darlehensmittel steuern können, ab welchem Zeitpunkt die Gläubiger für die Kosten des unternehmerischen Handelns aufzukommen haben. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass die Verringerung der vorrangigen Selbstbetroffenheit der Gesellschafter die Verteilung der Gewinnaussichten und Verlustrisiken zwischen den Gesellschaftern und Gläubigern noch weiter auseinanderfallen lässt, wodurch sich der Interessenkonflikt zwischen den Gesellschaftern und den außenstehenden Gläubigern noch verstärken kann. Im Rahmen der Untersuchung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus des neuen Gesellschafterdarlehensrechts im zweiten Teil der Arbeit ist weiter aufgezeigt worden, dass den Regelungen des Gesellschafterdarlehensrechts grundsätzlich das Potential zukommt, seiner Funktion in der Praxis nachzukommen.360 Vor diesem Hintergrund gilt es im Folgenden zu analysieren, ob das herausgearbeitete Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen ebenfalls die aufgezeigten Funktionen des Gesellschafterdarlehensrechts erfüllt. Dabei soll zunächst die erste Funktion, der Ausgleich der durch die Gewährung von Gesellschafterfremdkapital anstatt von Eigenkapital entstandenen nominellen Unterkapitalisierung, in den Blick genommen werden. Im Rahmen der Untersuchung des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen ist herausgearbeitet worden, dass den Finanzierungsbeiträgen mittelbarer Gesellschafter der Portfoliogesellschaft, d. h. übergeordneter Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds, ebenso wie den Finanzierungsbeiträgen unmittelbarer Gesellschafter, d. h. der Erwerbsgesellschaft die Funktion eines aufschiebend bedingten Haftkapitals zukommt, sofern die übergeordneten Gesellschaften aufgrund ihrer Beteiligungsquote und/oder ihrer Beteiligung an der Geschäftsführung an den unternehmerischen Entscheidungen und am Gewinn der Portfoliogesellschaft beteiligt sind. Das gleiche gilt für Gesellschafterdarlehen, die im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion übertragen werden, sofern die Darlehensforderungen wirksam an den neuen Gesellschafter abgetreten und der Darlehensrückgewährforderungen vor dem Zeitpunkt des Insolvenzantrags noch nicht von Seiten der Gesellschaft befriedigt worden sind. Damit stellt die Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensrückgewährforderungen der Gesellschafter im Grundsatz sicher, dass die gewährten Gesellschafterdarlehensmittel den Gläubigern in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft als aufschiebend bedingtes Haftkapital zur Verfügung stehen; auch wenn sie von einer anderen, übergeordneten Gesellschaft in der Struktur des Private Equity Fonds gewährt oder vor der Stellung des Insolvenzantrags wirksam auf einen neuen Gesellschafter übertragen worden sind. Eine etwaige 360
S. o.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
287
Umgehung der Nachrangregelung des Gesellschafterdarlehensrechts wird dadurch deutlich erschwert. Zudem bewirkt die Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen der mittelbaren Gesellschafter oder der neuen Gesellschafter, dass diese Gesellschafter nicht mit den außenstehenden Gläubigern bei der Verteilung der Masse in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft konkurrieren. Damit wird verhindert, dass der Private Equity Fonds sein Haftungsrisiko sowie seine vorrangige Selbstbetroffenheit durch die Einbindung eines mittelbaren Gesellschafters in die Finanzierung des Kapitalbedarfs der Erwerbs- oder Portfoliogesellschaft oder durch die Übertragung der bestehenden Gesellschafterdarlehen auf einen neuen Gesellschafter minimieren kann. Dies führt einen zur zweiten Funktion des Gesellschafterdarlehensrecht: Der Verhinderung der Verlagerung der Unternehmensrisiken zu Lasten der Gläubiger der Portfoliogesellschaften. Vor allem die Anordnung der Nachrangigkeit verhindert, dass die Gesellschafter mit der Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstelle von Eigenkapital die Unternehmensrisiken auf die Gläubiger verlagern können. Zudem können die Gesellschafter, dadurch, dass nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO im Grundsatz sowohl die Befriedigung der Darlehensforderungen des unmittelbaren und des mittelbaren Gesellschafters als auch die Befriedigung der zuvor übertragenen Darlehensforderungen rückgängig gemacht werden, den Rückfluss der Darlehensmittel zumindest in dem letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags nicht steuern und damit die Haftungsrisiken zumindest in diesem Zeitraum nicht weiter auf die Gläubiger verlagern. Diese Wirkung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass die Darlehensforderungen auf einen wenig solventen neuen Gesellschafter übertragen werden. Denn die Befriedigung der wirksam übertragenen Darlehensforderungen vor Stellung des Insolvenzantrags ist sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter anfechtbar, sofern der ausgeschiedene Gesellschafter im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschafter- und Gläubigerstellung war und beide Positionen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen hat. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Darlehensmittel in die Insolvenzmasse zurückfließen und ihre Funktion als aufschiebend bedingtes Haftkapital erfüllen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das aktuelle Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen ebenfalls in der Lage ist, die mit einer nominellen Unterkapitalisierung verbundenen Risiken weitestgehend auszugleichen und die Gläubiger vor einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu ihren Lasten durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital sowie durch das Abziehen der Darlehensmittel vor der Insolvenz zu schützen.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
II. Bewertung der Angemessenheit des aktuellen Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen In diesem Kapitel ist bereits herausgearbeitet worden, dass ein angemessenes Gläubigerschutzniveau bei gehebelten Private Equity Transaktionen unter rechtsökonomischen und rechtsethischen Gesichtspunkten voraussetzt, dass die Gesellschafterinteressen an der Eigenkapitalrendite, der summenmäßigen Beschränkung der Haftungsrisiken sowie an der Risikodiversifikation mit den Gläubigerinteressen an der Beschränkung des Ausfallrisikos zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht werden. Dabei sind nicht nur die rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilziehung, sondern vor allem auch das gesonderte Insolvenzrisiko bei gehebelten Private Equity Transaktionen zu berücksichtigen. Im ersten Teil dieser Arbeit ist herausgearbeitet worden, dass das Insolvenzrisiko und damit das Ausfallrisiko der Gläubiger bei gehebelten Private Equity Transaktionen strukturell erhöht ist.361 Diese strukturelle Erhöhung des Insolvenzrisikos ergibt sich daraus, dass der Portfoliogesellschaft im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion so viel Eigenkapital entzogen wird, wie unter Vermeidung einer Insolvenz gerade noch möglich ist. Denn erst die Einbindung des Gesellschaftsvermögens der Portfoliogesellschaft in die Akquisitionsfinanzierung ermöglicht dem Private Equity Fonds die Aufnahme und Rückzahlung des erheblichen Fremdkapitals und damit den Erwerb der Portfoliogesellschaft mit einem geringen Eigenkapitaleinsatz. Damit geht ein gesondertes Ausfallrisiko der Gläubiger der Portfoliogesellschaft einher, welches auf das Externalisierungspotential des Haftungsprivilegs zurückzuführen ist. Das Haftungsprivileg weist einen Abschirmungseffekt auf, den sich Private Equity Fonds in besonderem Maße zu Nutze machen und verlagert damit zugleich den größten Teil des mit der gehebelten Private Equity Transaktion verbundenen Risikos auf die Gläubiger der Portfoliogesellschaft. Dass sich dieses strukturell erhöhte Insolvenzrisiko in der Praxis – wie verschiedene empirische Studien über Leveraged Buyouts zu belegen scheinen362 – kaum auswirkt, dürfte diesen wissenschaftlichen Befund nicht wiederlegen, sondern vielmehr auf das bestehende gesetzliche Gläubigerschutzsystem zurückzuführen sein.363 Allerdings sprechen für diese These im Rahmen dieser Arbeit nicht abschließend überprüft werden. Für diese These sprechen jedoch sowohl die Ergebnisse der Untersuchungen zum Gläubigerschutzniveau des neuen Gesellschafterdarlehensrechts im Rahmen dieser Arbeit als auch die Ergebnisse der Untersuchungen zum Gläubigerschutzniveau des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems bei Leveraged Buyouts von Tasma, wonach das bestehende gesetzliche Gläubiger361
S. o. Die empirischen Studien finden sich bei Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 292 Fn. 18. 363 Seibt, ZHR 171 (2007), 282, 292 ist dagegen der Auffassung, dass die mit der Erhöhung der Fremdkapitalanteile einhergehenden Risiken für die Gläubiger „im Durchschnitt durch die wohlfahrtssteigernden Aspekte (über)kompensiert werden“. 362
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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schutzsystem – wie es im zweiten Teil dieser Arbeit dargestellt worden ist – in der besonderen Situation der gehebelten Private Equity Transaktion eine situative und zukunftsgerichtete Wirkung entfaltet und die Gläubiger angesichts des beträchtlichen Ausmaßes der Haftungsrisiken der transaktionsbeteiligten Parteien im Kontext einer gehebelten Private Equity Transaktion präventiv vor Transaktionen schützt, bei denen die Portfoliogesellschaft in Zukunft nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit neben ihren eigenen Verbindlichkeiten auch die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft aus dem Akquisitionsdarlehen bedienen können wird.364 So stellen die gesetzlichen Ausschüttungssperren nach der Ansicht von Tasma sicher, dass die Haftungsmasse der Zielgesellschaft zugunsten ihrer Gläubiger immer dann durch Ansprüche gegen die verschiedenen Beteiligten angereichert wird, wenn eine Transaktion vorgenommen wurde, obwohl im Zeitpunkt des Zugriffs auf das Vermögen der Portfoliogesellschaft zur Unterstützung der Akquisitionsfinanzierung nicht davon ausgegangen werden durfte, dass die Portfoliogesellschaft in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit neben ihren eigenen Verbindlichkeiten auch die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft aus dem Akquisitionsdarlehen bedienen können würde.365 Neben den Instrumenten des Kapitalschutzes tragen laut Tasma auch die Insolvenzverursachungshaftung der Geschäftsleitung und die in § 133 InsO normierte Vorsatzanfechtung zum Schutz der Gläubiger der Portfoliogesellschaft bei.366 Die Vorsatzanfechtung kommt laut Tasma immer dann in Frage, wenn die zukünftige Solvenz der Portfoliogesellschaft im Zeitpunkt des Zugriffs auf das Vermögen der Portfoliogesellschaft zur Unterstützung der Akquisitionsfinanzierung zweifelhaft war.367 Dagegen droht eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs nach der Ansicht von Tasma im Kontext einer gehebelten Private Equity Transaktion erst, wenn sich die Wahrscheinlichkeit der Insolvenz der Portfoliogesellschaft infolge des Zugriffs auf das Vermögen der Portfoliogesellschaft weit oberhalb des Maßes der überwiegenden Wahrscheinlichkeit bewegt.368 In diesem Gefüge nimmt das Gesellschafterdarlehensrecht mit seinen aufgezeigten präventiven Schutzwirkungen eine wichtige Rolle ein, indem es verhindert, dass die an der Transaktion beteiligten Parteien mit der Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstelle von Eigenkapital ihr Haftungsrisiko sowie ihre vorrangige Selbstbetroffenheit minimieren können. Denn die vorrangige Selbstbetroffenheit der mit Eigenkapital und Fremdkapital beteiligten unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter führt insbesondere auf Erwerberseite zu dem Anreiz, nur solche gehebelten Private Equity Transaktionen durchzuführen, bei denen die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht dass die zukünftigen Erträge der Zielgesellschaft ausreichen, um neben den eigenen Verbindlichkeiten auch die Darlehensverbindlich364 365 366 367 368
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 421. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 399 ff. Vgl. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 334 f., 377 ff. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 378. Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 398.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
keiten der Erwerbsgesellschaft decken zu können.369 Aufgrund der doppelten Anfechtungsmöglichkeit der Befriedigung der abgetretenen Darlehensforderungen gegenüber dem neuen und dem ausgeschiedenen Gesellschafter erstreckt sich diese präventive Schutzwirkung auch auf den ausgeschiedenen Gesellschafter. Darüber hinaus löst die doppelte Anfechtungsmöglichkeit auf Verkäuferseite den Anreiz aus, bereits bei der Gewährung der Gesellschafterdarlehen die Schuldendeckungsfähigkeit der Portfoliogesellschaft auch in der Zukunft zu überprüfen sowie bei der Möglichkeit des Verkaufs der Portfoliogesellschaft in der näheren Zukunft der Einbringung von Eigenkapital den Vorrang vor der Gewährung von Gesellschafterdarlehen zu geben. Auf der Grundlage der Ergebnisse dieser Arbeit und unter Rückgriff auf die von Tasma herausgearbeiteten Ergebnisse lässt sich die plausible These wagen, dass die bestehenden Schutzmechanismen des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems und des neuen Gesellschafterdarlehensrechts dazu in der Lage sind, die außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft vor dem strukturell erhöhten Insolvenzrisiko einer gehebelten Private Equity Transaktion zu schützen. Diese These spricht dafür, dass das aktuelle Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts vor dem Hintergrund des gesonderten Insolvenzrisikos bei gehebelten Private Equity Transaktionen als angemessen zu bewerten ist und Gesellschafterdarlehen bei gehebelten Private Equity Transaktionen keiner gesonderten Behandlung unter Gläubigerschutzgesichtspunkten bedürfen. Allerdings setzt ein angemessenes Gläubigerschutzniveau, wie in diesem Kapitel eingangs herausgearbeitet worden ist, nicht nur voraus, dass die außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft vor dem strukturell erhöhten Insolvenzrisiko einer gehebelten Private Equity Transaktion angemessen geschützt werden, sondern erfordert vielmehr, dass die Gläubigerinteressen an der Beschränkung des Ausfallrisikos mit den Gesellschafterinteressen an der Eigenkapitalrendite, der summenmäßigen Beschränkung der Haftungsrisiken sowie an der Risikodiversifikation unter Berücksichtigung der rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilsziehung zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht werden. Daher gilt es ebenfalls zu analysieren, inwieweit das neue Gesellschafterdarlehensrecht nicht nur den Interessen der Gläubiger, sondern auch der Gesellschafter gerecht wird. Aus den Ergebnissen der Untersuchungen zum aktuellen Gläubigerschutzniveau im zweiten und dritten Teil dieser Arbeit ergibt sich, dass die Regelungen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts die Interessen der Gesellschafter an der Steigerung der Eigenkapitalrendite, der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos und der Steigerung der Diversifizierungspotenziale auf verschiedene Art und Weise einschränken. So bewirkt die Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen der unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft, dass das Gesellschafterfremdkapital – ebenso wie das Eigenkapital – den außenstehenden Gläubigern in der Insolvenz der Gesellschaft als 369
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 404 f.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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Haftkapital zur Verfügung steht. Die Gesellschafter können erst dann die gewährten Darlehensmittel und ihr eingebrachtes Eigenkapital (anteilig) zurückerlangen, wenn sämtliche außenstehenden Gläubiger befriedigt sind. Damit schränkt die Anordnung des Nachrangs das Interesse der Gesellschafter an einer summenmäßigen Beschränkung des Ausfallsrisikos deutlich ein. Denn das Ausfallrisiko der unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter ist zwar summenmäßig beschränkt, aber es umfasst nicht nur das eingebrachte Eigenkapital, sondern sämtliche Finanzierungsbeiträge. Daneben schränkt die Anordnung des Nachrangs – zumindest indirekt – auch das Interesse der Gesellschafter an der Steigerung der Eigenkapitalrendite ein. Denn die Steigerung der Eigenkapitalrendite der Gesellschafter im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion setzt voraus, dass der Portfoliogesellschaft möglichst viel Vermögen und Liquidität zur Rückführung des Akquisitionsdarlehens entzogen wird. Dem wirkt jedoch die aufgrund der Anordnung der Nachrangigkeit der Darlehensforderungen erhöhte Selbstbetroffenheit der mit Eigenkapital und Gesellschafterfremdkapital beteiligten Gesellschafter in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft entgegen: Denn je höher das Verlustrisiko der Gesellschafter ist, desto mehr sind die Gesellschafter daran interessiert, der Portfoliogesellschaft während der Betriebsphase nicht zu viel Vermögen und Liquidität zu entziehen, um das Insolvenzrisiko möglichst gering zu halten. Schließlich haben die Untersuchungen gezeigt, dass die insolvenzrechtliche Anfechtung mit dem Interesse der Gesellschafter an der Steigerung der Eigenkapitalrendite sowie der Diversifizierung interferiert. Denn die insolvenzrechtliche Anfechtbarkeit der Befriedigung der Darlehensforderungen der unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter innerhalb des letzten Jahres vor Stellung des Insolvenzantrags ermöglicht es, Kapitaltransfers aus dem Gesellschaftsvermögen der Portfoliogesellschaft in das Gesellschafts- oder Privatvermögen der Gesellschafter zugunsten der außenstehenden Gläubiger rückgängig zu machen. Da die Darlehensmittel nach der wirksamen Anfechtung der Befriedigungshandlung in die Insolvenzmasse der Portfoliogesellschaft zurückzuzahlen sind und anschließend der Anordnung des Nachrangs unterliegen, können sie weder zur Rückführung des Akquisitionsdarlehens noch zu Reinvestitionen in beispielsweise andere Kapitalgesellschaften genutzt werden. Hiervon sind nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht auch die ausgeschiedenen Gesellschafter der Portfoliogesellschaft betroffen, wenn die Darlehensforderungen zusammen mit den Gesellschaftsanteilen auf einen neuen Gesellschafter übertragen und die Darlehensforderungen nach der Übertragung auf den neuen Gesellschafter und vor der Stellung des Insolvenzantrags befriedigt worden sind. Denn sofern der ausgeschiedene Gesellschafter im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschafter- und Gläubigerstellung war, bevor er beide Positionen wirksam an den neuen Gesellschafter übertragen hat, kommt nach dem neuen Gesellschafterdarlehensrecht eine Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter in Betracht. Schließlich schränken die Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts auch die Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter ein, indem sie bewirken, dass sämtlichen Finanzierungsbeiträgen
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
der Gesellschafter – in Form von Eigen- und Fremdkapital – in der Insolvenz der Gesellschaft die Funktion eines aufschiebend bedingten Haftkapitals zukommt. Damit verhindert das Gesellschafterdarlehensrecht, dass die Gesellschafter der haftungsbeschränkten Gesellschaft originäres Fremdkapital gewähren können. Zudem können die Gesellschafter aufgrund der insolvenzrechtlichen Anfechtungsmöglichkeit den Rückfluss der Darlehensmittel zumindest in dem letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags nicht ungehindert steuern. Schließlich beeinflussen die präventiven Wirkungen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts – bei einem rational handelnden Gesellschafter370 – die Entscheidungen bei der Ausgestaltung der finanziellen Struktur der Portfoliogesellschaft und der Aufstellung der Finanzierungsstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion. So wird ein Gesellschafter mit Blick auf die doppelte Anfechtungsmöglichkeit der Befriedigung der übertragenen Darlehensforderungen seiner Gesellschaft möglicherweise eher Eigenkapital anstelle von Gesellschafterfremdkapital gewähren, wenn er den Verkauf der Portfoliogesellschaft in der näheren Zukunft für überwiegend wahrscheinlich hält. Anfangs ist bereits herausgearbeitet worden, wie die bestehenden Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts die außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft vor dem strukturell erhöhten Insolvenzrisiko einer gehebelten Private Equity Transaktion schützen. Da am Ende zu bewerten ist, ob das Gesellschafterdarlehensrecht zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich zwischen den Interessen der Gesellschafter und der Gläubiger führt, ist mit Blick auf die Ergebnisse der Untersuchungen zum aktuellen Gläubigerschutzniveau im zweiten und dritten Teil dieser Arbeit ergänzend zu analysieren, wo die Grenzen dieses Gläubigerschutzes verlaufen. So ist zu konstatieren, dass die Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts die Gläubiger nicht vor einer materiellen Unterkapitalisierung der Gesellschaft schützen können, sondern nur die Risiken einer durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital entstandenen nominellen Unterkapitalisierung weitestgehend auszugleichen vermögen, indem sie das mit einer nominellen Unterkapitalisierung verbundene Ausfallrisiko der Gläubiger verringern und die Gläubiger vor einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu ihren Lasten durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital sowie durch das Abziehen der Darlehensmittel vor der Insolvenz schützen. Allerdings schützt das Gesellschafterdarlehensrecht die Gläubiger nicht vollumfänglich vor den Risiken einer nominellen Unterkapitalisierung. Denn erstens gleicht das Gesellschafterdarlehensrecht nur die Risiken aus, die durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital entstanden sind. Vor den Risiken, die durch die übermäßige Aufnahme von Bankdarlehen entstanden sind, kann das Gesellschafterdarlehensrecht die Gläubiger nicht schützen. Zweitens werden zum Schutz der Gläubiger nicht die Finanzierungsbeiträge sämtlicher mittelbarer Gesellschafter den Rechtsfolgen des 370
Tasma, Leveraged Buyout und Gläubigerschutz, S. 403 f.
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
293
Gesellschafterdarlehensrechts unterworfen, sondern nur die Finanzierungsbeiträge von mittelbaren Gesellschaftern, die aufgrund einer Beteiligung am Haftkapital von mehr als 10 % und/oder ihrer Beteiligung an der Geschäftsführung an den unternehmerischen Entscheidungen und am Gewinn der Portfoliogesellschaft beteiligt sind oder die dem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden können. Und drittens ist der durch das Anfechtungsrecht vermittelte Schutz vor gläubigerbenachteiligenden Kapitalverschiebungen zeitlich auf das letzte Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags begrenzt. Diese zeitliche Begrenzung gilt auch für die Anfechtung der Befriedigung der im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion übertragenen Gesellschafterdarlehen. Darüber hinaus ist aufgezeigt worden, dass die präventiven Schutzwirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts das gesonderte Insolvenzrisiko haftungsbeschränkter Gesellschaften im Rahmen einer gehebelten Private Equity nur indirekt verringern können, indem es das auf die Hafteinlage beschränkte Verlustrisiko der Gesellschafter auf die in Form von Gesellschafterdarlehen gewährten Finanzierungsbeiträge erweitert. Diese gesteigerte Selbstbetroffenheit der unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter führt bei den an der Transaktion beteiligten Parteien zu dem Anreiz, nur solche gehebelten Private Equity Transaktionen zu realisieren, bei denen davon auszugehen ist, dass die Zielgesellschaft auch bei der Bedienung der Darlehensverbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft unter dem Akquisitionsdarlehen neben ihren eigenen Verbindlichkeiten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit solvent bleiben wird. Schließlich greifen die präventiven Wirkungen nur, wenn die an der Transaktion beteiligten Parteien rational handeln. Ist dies nicht der Fall kann das Gesellschafterdarlehensrecht eine gehebelte Private Equity Transaktion, bei der nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass die Portfoliogesellschaft solvent bleiben wird, nicht verhindern. Folglich führen die Mechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts einerseits zu einer spürbaren, aber begrenzten Verringerung des Ausfallrisikos der Gläubiger und andererseits zu einer Erhöhung des weiterhin summenmäßig beschränkten Verlustrisikos der Gesellschafter, einer Beschränkung der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter sowie in gewissen Fällen zu einer Verringerung der Eigenkapitalrendite und der Diversifizierungsmöglichkeiten der ausgeschiedenen und neuen Gesellschafter. Auf dieser Basis ist abschließend zu bewerten, ob das aktuelle Gläubigerschutzniveau unter Berücksichtigung der rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und Vorteilziehung zu einem wohlfahrtsmaximierenden Interessenausgleich zwischen den Gesellschaftern und den Gläubigern führt. Zunächst ist hervorzuheben, dass die Erhöhung des Verlustrisikos der Gesellschafter durch die Anordnung der Nachrangigkeit ihrer Darlehensforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft, wodurch den Darlehensmitteln in der Insolvenz die Funktion eines aufschiebend bedingten Haftkapitals zukommt, sicherstellt, dass die Gläubiger kein unangemessen hohes Risiko der Nichterfüllung ihrer Forderungen tragen müssen. Diese Regelung führt zu einer angemessenen Verteilung der Ge-
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
winnaussichten und Verlustrisiken. Denn die Tatsache, dass die Gesellschafter über ihre Vermögens- und Mitwirkungsrechte Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen nehmen und die Gewinne aus der unternehmerischen Tätigkeit der Portfoliogesellschaft vereinnahmen können, wohingegen die Gläubiger als Außenseiter der Unternehmungen keine Mitwirkungsrechte haben und von den Gewinnen der Portfoliogesellschaft nur bis zur Höhe ihrer vertraglich vereinbarten Forderungen profitieren, rechtfertigt einen stärkeren Eingriff in die Rechte der Gesellschafter. Hinzukommt, dass von der Regelung neben den Darlehensforderungen der unmittelbaren Gesellschafter, nur die Darlehensforderungen der mittelbaren Gesellschafter betroffen sind, die aufgrund einer Beteiligung am Haftkapital von mehr als 10 % und/oder ihrer Beteiligung an der Geschäftsführung wie ein unmittelbarer Gesellschafter an den unternehmerischen Entscheidungen und am Gewinn der Portfoliogesellschaft beteiligt sind. Damit wird nur das Verlustrisiko der mittelbaren Gesellschafter erhöht, bei denen die rechtsethischen Erwägungen der Risikobeherrschung und der Vorteilsziehung, diesen Risikoanstieg auch rechtfertigen. Schließlich sind die ausgeschiedenen Gesellschafter neben den neuen Gesellschaftern von der Regelung nur betroffen, sofern sie im Zeitraum des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO Inhaber der Gesellschafter- und Gläubigerstellung waren, bevor sie beide Positionen wirksam an den neuen Gesellschafter übertragen haben. Mit Blick auf die rechtsethischen Erwägungen der Risikobeherrschung und Gewinnziehung ist diese zeitlich begrenzte Erhöhung des Verlustrisikos der ausgeschiedenen Gesellschafter nach der Übertragung der Gesellschaftsanteile und Darlehensforderungen gerechtfertigt, da sie bis zur Übertragung der Gesellschaftsanteile aufgrund ihrer Mitwirkungs- und Vermögensrechte Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen konnten und am Gewinn der Unternehmung sowie an der Steigerung des Unternehmenswerts partizipiert haben. Zudem haben die ausgeschiedenen Gesellschafter mit der Gewährung des Gesellschafterdarlehens die nominelle Unterkapitalisierung der Gesellschaft (mit-)verursacht und mit der Abtretung der Darlehensforderungen bereits die Grundlage für den Abzug der Darlehensmittel und die damit einhergehende Verkürzung des Aktivvermögens der Gesellschaft gelegt. Des Weiteren ist zu betonen, dass die Finanzierungsfreiheit zum Schutz der außenstehenden Gläubiger nicht unbegrenzt eingeschränkt wird. Es ist zwischen der direkten und der indirekten Einschränkung der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter durch das Gesellschafterdarlehensrecht zu unterscheiden. So ist die direkte Einschränkung der Finanzierungsfreiheit der Gesellschafter in zeitlicher Hinsicht stark begrenzt: Das Gesellschafterdarlehensrecht schränkt den Abzug der Darlehensmittel aus der Gesellschaft nur in dem Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags und in der Insolvenz ein. Damit wird das Interesse der Gesellschafter, die gewährten Darlehensmittel zum Zwecke der Reinvestition und Diversifikation sowie der Steigerung der Eigenkapitalrendite aus der Gesellschaft abzuziehen, nur in dem Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrags eingeschränkt. Das gleiche gilt für die Einschränkung der Finanzierungsfreiheit der ausgeschiedenen Gesellschafter: Das Interesse der ausgeschiedenen Gesellschafter, den im Rahmen der Abtretung erzielten
3. Kap.: Gesellschafterdarlehensrecht und Gläubigerschutz
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Kaufpreis zum Zweck der Reinvestition und Diversifikation zu nutzen, wird nur in dem ersten Jahr nach der Transaktion eingeschränkt. Dagegen ist die indirekte Einschränkung der Finanzierungsfreiheit aufgrund der präventiven Wirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts zeitlich unbegrenzt. Allerdings entfalten die präventiven Wirkungen keine für die Gesellschafter zwingenden Rechtsfolgen und somit auch keine für die außenstehenden Gläubiger verbindliche Verringerung ihres Ausfallrisikos. Folglich berücksichtigen die Regelungen des Gesellschafterdarlehensrechts sowohl das Interesse der Gläubiger als auch die Interessen der Gesellschafter und bringen diese in einen Ausgleich. Dem so erzielten Interessenausgleich kommt auch eine gesamtgesellschaftliche wohlfahrtsmaximierende Wirkung zu. Denn einerseits führt die Verringerung des Ausfallrisikos der Gläubiger dazu, dass die Fremdkapitalgeber und die anderen Gläubiger eher bereit sind, die gehebelte Private Equity Transaktion und die Unternehmung der Portfoliogesellschaft finanziell zu unterstützen. Und andererseits verhindern die Erhöhung des Verlustrisikos der Gesellschafter und die mit der vorrangigen Selbstbetroffenheit einhergehenden präventiven Schutzwirkungen nur solche gehebelten Private Equity Transaktionen, bei denen es nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass die zukünftigen Erträge der Zielgesellschaft ausreichen werden, um neben ihren eigenen Verbindlichkeiten auch die Darlehensverbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft unter dem Akquisitionsdarlehen zu bedienen. Das bedeutet, dass die präventiven Schutzwirkungen des Gesellschafterdarlehensrechts wohlfahrtsökonomisch sinnvolle Transaktionen kaum verhindern werden. Insofern lässt sich festhalten, dass das durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht verwirklichte Gläubigerschutzniveau vor dem Hintergrund des gesonderten Insolvenzrisikos bei gehebelten Private Equity Transaktionen als angemessen zu bewerten ist und es keiner gesonderten Behandlung von Gesellschafterdarlehen unter Gläubigerschutzgesichtspunkten bedarf. Das aktuelle Gläubigerschutzniveau schützt nicht nur die außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft vor dem strukturell erhöhten Insolvenzrisiko einer gehebelten Private Equity Transaktion, sondern führt auch unter Berücksichtigung der rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilziehung zu einem wohlfahrtsmaximierenden Interessenausgleich zwischen den Gesellschaftern und Gläubigern.
E. Zusammenfassung Das geltende Gesellschafterdarlehensrecht gewährleistet im Kontext einer gehebelten Private Equity Transaktion ein angemessenes Gläubigerschutzniveau, wenn die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation mit dem Gläubigerinteresse an einem geringen Ausfallrisiko zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht werden und dabei die rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilziehung berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund des gesonderten
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
Insolvenzrisikos bei gehebelten Private Equity Transaktionen ist das durch das neue Gesellschafterdarlehensrecht bei der Gewährung von Downstream Loans und der gemeinsamen Übertragung des Gesellschafteranteils und der Gesellschafterdarlehensforderungen verwirklichte Gläubigerschutzniveau gemessen an diesem Maßstab angemessen. Denn das Gesellschafterdarlehensrecht in dem in dieser Arbeit herausgearbeiteten Verständnis führt im Kontext einer gehebelten Private Equity Transaktion zu einem spürbaren Schutz der außenstehenden Gläubiger vor dem gesonderten Insolvenzrisiko der Portfoliogesellschaft und einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu ihren Lasten, ohne dass die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation bei Berücksichtigung der rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und Vorteilziehung unangemessen behindert werden. 4. Kapitel
Möglicher Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis bei Erwerb oder Verkauf einer Portfoliogesellschaft Aufgrund des im zweiten Kapitels dieses Teils herausgearbeiteten Ergebnisses ist der Einsatz von Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis beim Erwerb oder Verkauf einer Portfoliogesellschaft aus der Perspektive des ausscheidenden und des neuen Gesellschafters immer dann problematisch und risikoreich, wenn die bestehenden Gesellschafterdarlehen – wie bisher üblich – im Rahmen der Übertragung der Gesellschaft an den neuen Gesellschafter abgetreten werden (Abtretungslösung). Auch wenn das im zweiten Kapitel herausgearbeitete Ergebnis, dass in dem ersten Jahr nach Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion sowohl der ausgeschiedene Gesellschafter als auch der neue Gesellschafter in Bezug auf das ursprünglich vom ausgeschiedenen Gesellschafter gewährte und anschließend an den neuen Gesellschafter abgetretene Gesellschafterdarlehen der gesellschafterdarlehensrechtlichen Insolvenzanfechtung unterliegen, sofern die Gesellschaft die Darlehensforderungen nach der Übertragung gegenüber dem neuen Gesellschafter befriedigt hat, vor dem Hintergrund des gesonderten Insolvenzrisikos bei gehebelten Private Equity Transaktionen als angemessen und mit Blick auf die Interessen der Gläubiger und Gesellschafter als gerecht zu bewerten ist, wird in der Transaktionspraxis nach Wegen gesucht, um das Risiko des ausscheidenden Gesellschafters, dass im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen erhaltene Entgelt zur Insolvenzmasse zurückerstatten zu müssen, zu begrenzen. Daher ist abschließend ein Blick auf den Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis vor dem Hintergrund des aktuellen Gläubigerschutzniveaus zu werfen. Dabei wurden im Schrifttum insbesondere zwei alter-
4. Kap.: Möglicher Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis 297
native Optionen in Stellung gebracht: Zum einen die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens an den ausscheidenden Gesellschafter vor der Übertragung der Gesellschaftsanteile (Rückzahlungslösung) und zum anderen das Einbringen der bestehenden Gesellschafterdarlehen in die Gesellschaft vor der Übertragung der Gesellschaftsanteile (Einbringungslösung). Daneben wird auch über verschiedene Modifikationen der bisher favorisierten Abtretungslösung diskutiert.
A. Beurteilungsmaßstab Bevor diese verschiedenen Gestaltungsvarianten aufgezeigt und analysiert werden, bedarf es wiederum eines Beurteilungsmaßstabs, anhand dessen die unterschiedlichen Varianten untersucht werden können. Um eine Gestaltungsvariante überzeugend bewerten zu können, werden zunächst Bewertungskriterien vorangestellt, die im Folgenden als Beurteilungsmaßstab der Überprüfung dienen können. Nach dem Verständnis dieser Arbeit ist eine Gestaltungsvariante für eine Private Equity Transaktion dann überzeugend, wenn sie den nachfolgenden drei Anforderungen gerecht wird: 1. In einem ersten Schritt muss eine Gestaltungsoption die aufgezeigten Defizite der bisherigen präferierten „normalen“ Abtretungsvariante – das Anfechtungsrisiko des ausgeschiedenen und des neuen Gesellschafters – kompensieren. 2. In einem zweiten Schritt gilt es eine Gestaltungsoption daraufhin zu untersuchen, ob sie sich im Rahmen der Private Equity Transaktion als praxisgerecht erweist. Denn bei dem Umgang mit Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion kommt es in erster Linie darauf an, dass die jeweilige Gestaltungsoption den tatsächlichen Umständen einer Private Equity Transaktion gerecht wird. Dabei wird insbesondere aus der Sicht des Gesellschafterkreises auf die Vor- und Nachteile für den ausgeschiedenen und den neuen Gesellschafter eingegangen. 3. In einem dritten Schritt gilt es zu analysieren, ob sie im Lichte der im dritten Kapitel gefundenen Ergebnisse die Anforderungen an einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Anteilseigner an der Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit sowie der Risikodiversifikation und einem angemessenen Gläubigerschutz erfüllt.
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
B. Gestaltungsvarianten aus der Transaktionspraxis I. Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens an den Gesellschafter vor der Übertragung der Gesellschaft 1. Darstellung der Gestaltungsvariante Die vermeintlich einfachste Lösung besteht darin, dass die Gesellschaft das Gesellschafterdarlehen vor einer geplanten Private Equity Transaktion an den bisherigen Gesellschafter zurückzahlt und die bis dahin zur Finanzierung des Kapitalbedarfs der Gesellschaft gewählte „interne“ Finanzierung mit Gesellschafterdarlehen gegebenenfalls durch eine „externe“ Finanzierung mit Bankdarlehen ersetzt wird.371 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs Diese Gestaltungsoption genügt der ersten Komponente des Beurteilungsmaßstabs, da die Befriedigung der Gesellschafterdarlehensforderungen jedenfalls dann anfechtungsfest ist, wenn sie außerhalb der einjährigen Anfechtungsfrist erfolgt. Ein solches Vorgehen entspricht allerdings in den meisten Fällen nicht den Anforderungen in der Praxis: Die eingangs skizzierten Vorteile372 einer internen Finanzierung mit Hilfe von Gesellschafterdarlehen kämen nicht zum Tragen. Insbesondere sind Bankdarlehen – anders als Gesellschafterdarlehen – keine schnellen, unkomplizierten und publizitätsfreien Finanzierungsmittel, die flexibel gehandhabt und zurückgezahlt werden können. Zudem kommt es entscheidend darauf an, dass das Gesellschafterdarlehen mindestens ein Jahr vor einer geplanten Transaktion zurückbezahlt wird, damit der ausscheidende Gesellschafter nicht dem Anfechtungsrisiko gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ausgesetzt ist. Da Private Equity Transaktionen häufig „spontan“ innerhalb eines Jahreszeitraums stattfinden und die Rückführung der Gesellschafterdarlehen nicht von Beginn an im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, erweist sich dieser Lösungsweg als wenig praktikabel.373 Darüber hinaus setzt diese Gestaltungsvariante voraus, dass die finanzierte Gesellschaft über hinreichend liquide Mittel verfügt, um das Gesellschafterdarlehen zurückführen zu können, was in der Praxis oftmals nicht der Fall sein wird.374 Ferner sprechen häufig die Interessen der die Akquisition finanzierenden Banken gegen die 371
v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Werner, StBW 2014, 154, 160; Lauster, WM 2013, 2155, 2159; Greven, BB 2014, 2309, 2309; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 233; Mairose, RNotZ 2015, 9, 11; Schlüßer/Klüber, BB 2009, 1594, 1599. 372 S. o. 373 Lauster, WM 2013, 2155, 2159; so auch Becker/Haas, M&A Review 2009, 239, 242 f.; Greven, BB 2014, 2309, 2310; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 781; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 233. 374 Vgl. v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1021; Werner, StBW 2014, 154, 157; Lauster, WM 2013, 2151, 2159; Greven, BB 2014, 2309, 2310.
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Rückführung der bestehenden Gesellschafterdarlehen vor der Übertragung der Gesellschaft.375 Dies ergibt sich aus einer Zusammenschau mit einem aus steuerlichen Gründen motivierten Debt Push Down: Dabei werden im Rahmen einer Private Equity Transaktion das zur Akquisitionsfinanzierung von dem neuen Gesellschafter bzw. der Erwerbsgesellschaft aufgenommene Darlehen und die daraus resultierenden Zinsaufwendungen mit den Gewinnen der Portfoliogesellschaft vereint, um damit die anfallenden Zinsaufwendungen mit den Gewinnen der Portfoliogesellschaft steuermindernd verrechnen zu können.376 Das kann rechtstechnisch dadurch erreicht werden, dass die Portfoliogesellschaft die Verbindlichkeiten der Erwerbsgesellschaft als neue Gesellschafter aus dem Akquisitionsdarlehen in Höhe ihrer Verbindlichkeiten aus den an die Erwerbsgesellschaft abgetretenen Gesellschafterdarlehen übernimmt.377 Dabei wird aus der Perspektive der finanzierenden Banken die Portfoliogesellschaft im Verhältnis zu den Banken Hauptschuldnerin des von der Erwerbsgesellschaft aufgenommenen Akquisitionsdarlehens.378 Schließlich wird diese Gestaltungsvariante mit Blick auf die dritte Komponente des Beurteilungsmaßstabs auch nicht den Interessen der Gläubiger an der Verringerung ihres Ausfallrisikos und des Insolvenzrisikos der Portfoliogesellschaft gerecht. Durch die Rückführung der bestehenden Gesellschafterdarlehen an den ausscheidenden Gesellschafter ein Jahr vor einer geplanten Private Equity Transaktion werden der Gesellschaft liquide Mittel in Höhe der Darlehenssumme entzogen und in das Vermögen des ausscheidenden Gesellschafters verschoben. Dadurch kann aus der nominellen Unterkapitalisierung eine materielle Unterkapitalisierung der Gesellschaft entstehen, sofern der Kapitalbedarf der Gesellschaft nach der Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen nicht mehr ausreichend gedeckt ist und die Gesellschaft den Kapitalbedarf nicht anderweitig – beispielsweise durch weitere Bankdarlehen – decken kann. Das hätte die Erhöhung des Insolvenzrisikos der Portfoliogesellschaft und damit eine Steigerung des Ausfallrisikos der Gläubiger zur Folge. Das Ausfallrisiko der Gläubiger erhöht sich aber auch dann, wenn die Gesellschaft anstelle der Gesellschafterdarlehen nun Bankdarlehen aufnimmt. Denn die finanzierende Bank konkurriert – anders als der Gesellschafter als Darlehensgeber – in der Insolvenz der Portfoliogesellschaft mit den anderen Gläubigern um die Verteilung der Insolvenzmasse, da ihre Darlehensforderungen anders als die Darlehensforderungen des Gesellschafters in der Insolvenz nicht nachrangig befriedigt werden. Dagegen wird das Interesse des ausscheidenden Gesellschafters an der Begrenzung seines Ausfallrisikos, indem die Befriedigung der Darlehensforderungen nach der Übertragung seiner Gesellschaftsanteile auf einen neuen Gesellschafter nicht 375
Werner, StBW 2014, 154, 159; Lauster, WM 2013, 2151, 2159. S. o. 377 Werner, StBW 2014, 154, 159. Rechtstechnisch kann dies auch erreicht werden, indem nach dem Erwerb der Zielgesellschaft entweder die Erwerbsgesellschaft mit der Zielgesellschaft verschmolzen oder ein (Beherrschungs- und) Gewinnabführungsvertrag zwischen ihnen abgeschlossen wird (vgl. dazu auch s. o.). 378 Werner, StBW 2014, 154, 159. 376
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3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
mehr angefochten werden kann, erfüllt. Auch die Interessen des neuen Gesellschafters an der Steigerung der Eigenkapitalrendite und der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos werden durch diese Gestaltungsoption nicht eingeschränkt. Sofern keine neuen Bankdarlehen anstelle der Gesellschafterdarlehen aufgenommen werden, ist der neue Gesellschafter bei der Finanzierung der Gesellschaft aufgrund der Rückführung der Gesellschafterdarlehen sehr frei. Zu einer Beschränkung der Finanzierungsfreiheit des neuen Gesellschafters kommt es nur, wenn die Gesellschaft ein neues Bankdarlehen aufgenommen hat, wobei die Intensität der Beschränkung von der Länge der Darlehenslaufzeit und den Kündigungsmöglichkeiten abhängt.
II. Einbringen des Gesellschafterdarlehens in die Gesellschaft 1. Darstellung der Gestaltungsvariante Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass der ausscheidende Gesellschafter die Gesellschafterdarlehensmittel vor der Transaktion im Rahmen eines Debt-to-Equity Swaps in die zu veräußernde Gesellschaft als Einlage in die freien Rücklagen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) einbringt.379 Dies erfolgt rechtstechnisch entweder durch eine Abtretung der Darlehensforderungen des ausscheidenden Gesellschafters an die Gesellschaft, indem sich in der Gesellschaft die Darlehensforderungen und -verpflichtungen im Wege der Konfusion vereinigen,380 oder durch einen Erlassvertrag zwischen dem ausscheidenden Gesellschafter und der Gesellschaft.381 Dies hätte zur Konsequenz, dass der ausscheidende Gesellschafter nur seine Gesellschaftsanteile an den Käufer veräußert, wobei der Kaufpreis die eingebrachten Darlehensmittel berücksichtigt.382 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs Diese Gestaltungsoption wird der ersten Komponente des Beurteilungsmaßstabs – ebenso wie die oben dargestellte Rückzahlungslösung – gerecht, da es sowohl bei der Erlass- als auch bei der Einlagenvariante zu keiner anfechtbaren Befriedigung der Darlehensforderungen kommt.383 379 v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1023; Mairose, RNotZ 2015, 9, 15 f.; siehe explizit zur Einbringungsvariante bei mehreren Verkäufern Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1903 f.; Werner, StBW 2014, 154, 158 f.; Lauster, WM 2013, 2151, 2160; diese Variante favorisierend Kleindiek, in: HK, InsO, § 39 Rn. 44; Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 781. 380 v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1023; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1902 f. 381 Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1902 f. 382 v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1023. 383 Becker/Haas, M&A Review 2009, 239, 243; Lauster, WM 2013, 2155, 2160; Reinhard/ Schützler, ZIP 2013, 1989, 1903.
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Allerdings erweist sich die Einbringungslösung bereits aus zwei steuerlichen Gründen als nicht praxisgerecht: Abgesehen davon, dass im Wege der Einbringungslösung ein Gesellschafterdarlehen nicht zur Verwirklichung eines Debt Push Downs eingesetzt werden kann,384 löst das Einbringen eines Gesellschafterdarlehens in die Gesellschaft oftmals eine unerwünschte Steuerbelastung aus.385 Grundsätzlich ist der Erlass oder die Einlage steuerneutral, wenn die Darlehensforderungen in voller Höhe werthaltig sind und zum Nominalwert eingebracht werden. Sofern dies – wie häufig – nicht der Fall ist, entsteht auf Ebene der Gesellschaft ein außerordentlicher Ertrag in Höhe der Differenz zwischen dem Nominalwert der Forderung und dem Wert, den ein Erwerber der Forderung beimessen würde (sog. Teilwert).386 Dieser Ertrag muss versteuert werden. Abgesehen von diesen möglichen nachteiligen steuerlichen Effekten, ist die Einbringungslösung mit Blick auf die Interessen der involvierten Parteien zu bewerten. Aus der Perspektive der Gläubiger und des ausscheidenden Gesellschafters erweist sich diese gegenüber der Abtretungslösung als vorteilhaft; nicht so hingegen aus der Perspektive des neuen Gesellschafters. Dem Interesse der Gläubiger an der Verringerung ihres Ausfallrisikos und des Insolvenzrisikos der Gesellschaft wird diese Gestaltungsvariante gerecht. Durch die Einbringung der gewährten Darlehensmittel des ausscheidenden Gesellschafters in die Gesellschaft wird das Gesellschafterfremdkapital in Eigenkapital umgewandelt. Dadurch wird die bestehende nominelle Unterkapitalisierung der Gesellschaft und in der Folge auch das Insolvenzrisiko der Gesellschaft sowie das Ausfallrisiko der Gläubiger der Gesellschaft verringert. Auch das Interesse des ausgeschiedenen Gesellschafters an der Begrenzung seines Ausfallrisikos nach der Übertragung seiner Gesellschaftsanteile auf einen neuen Gesellschafter wird erfüllt. Dagegen bußt der neue Gesellschafter an Handlungsoptionen und Flexibilität ein, da er – nach dem das Gesellschafterdarlehen eingebracht wurde – nicht mehr darüber entscheiden kann, ob er das Gesellschafterdarlehen fortführen möchte. Dabei ist die Fortführung der Gesellschafterdarlehen oftmals aufgrund der Zins- und Tilgungsverpflichtungen der Gesellschaft unter dem Gesellschafterdarlehen vorteilhaft.387 Sobald das Gesellschafterdarlehen in die Gesellschaft eingebracht und damit in Eigenkapital umgewandelt wurde, ist es zudem weit schwieriger die ursprüngliche Fremdkapitalstruktur mit Gesellschafterdarlehen
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S. o.; wie bereits im Rahmen der Rückzahlungslösung dargestellt worden ist, haben finanzierenden Banken ein gesteigertes Interesse ein Debt push down mit Hilfe der Gesellschafterdarlehen vorzunehmen, da damit die Gesellschaft im Verhältnis zu den Banken die Hauptschuldnerin der Finanzierung wird, siehe Werner, StBW 2014, 154, 159. 385 Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 782; Greven, BB 2014, 2309, 2312; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 234. 386 Becker/Haas, M&A Review 2009, 239, 241; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1904; Werner, StBW 2014, 154, 159. 387 Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1989, 1903.
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wiederherzustellen, da dazu Rücklagen aufgelöst und Gewinne ausgeschüttet werden müssten.388
C. Vertragliche Gestaltungslösungen Neben diesen beiden Gestaltungslösungen können die Risiken von Gesellschafterdarlehen im Rahmen von Private Equity Transaktionen auch mit vertraglichen Gestaltungslösungen aufgefangen werden. Hierbei handelt es sich um adaptierte Abtretungslösungen,389 da ein Gesellschafterdarlehen im Ansatz abgetreten wird, die Anfechtungsrisiken jedoch im Wege von vertraglichen Gestaltungslösungen aufgefangen werden.
I. Negativverpflichtung 1. Darstellung der Gestaltungsvariante Eine Möglichkeit besteht darin, die Risiken vertraglich dergestalt aufzufangen, dass sich der neue Gesellschafter als Käufer der Gesellschaft verpflichtet, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Closing der Transaktion, der sich im Regelfall an der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO orientieren wird, keine Tilgungs- und Zinszahlungen der Gesellschaft entgegenzunehmen und diesbezüglich auch nicht anderweitig zu verfügen.390 Darüber hinaus könnte eine solche Vereinbarung vorsehen, dass der neue Gesellschafter im Falle einer eintretenden Verschlechterung der finanziellen Situation der Gesellschaft verpflichtet ist, der Gesellschaft Eigenkapital zuzuführen und den ausgeschiedenen Gesellschafter zu unterrichten und zu konsultieren, damit dieser bei einer bevorstehenden Insolvenz beratend zur Seite stehen kann.391 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs Hinsichtlich der ersten Komponente des Beurteilungsmaßstabs ist festzustellen, dass auf diesem Wege zwar weiterhin das Anfechtungsrisiko sowohl für den ausscheidenden als auch den neuen Gesellschafter existiert. Allerdings wird das Ausfallrisiko des ausscheidenden Gesellschafters durch eine schuldrechtliche Verpflichtung seitens des neuen Gesellschafters minimiert. Nichtsdestotrotz handelt es 388
Werner, StBW 2014, 154, 159; Reinhard/Schützler, ZIP 2013, 1898, 1903. Werner, StBW 2014, 154, 157. 390 So etwa v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1022; Werner, StBW 2014, 154, 157; Lauster, WM 2013, 2151, 2159; siehe hierzu auch Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 781; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 233. 391 Greven, BB 2014, 2309, 2314. 389
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sich lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung, die nur solange durch vertragliche Sanktionen abgesichert werden kann, wie der neue Gesellschafter solvent ist. Der ausscheidende Gesellschafter trägt folglich das Bonitätsrisiko des neuen Gesellschafters. Daher kann diese Gestaltungsvariante den ausscheidenden Gesellschafter nicht abschließend vor dem Anfechtungsrisiko schützen.392 Ferner stößt diese Gestaltungsvariante auch an die Grenzen der bereits oben aufgezeigten Praxistauglichkeit. Denn zum einen könnte ein im Interesse der finanzierenden Banken und aus steuerlichen Gesichtspunkten angestrebter Debt Push Down erst nach Ablauf der Anfechtungsfrist umgesetzt werden, da die Durchführung des Debt Push Downs im Wege einer Schuldübernahme durch die Gesellschaft in Höhe der bestehenden Darlehensverbindlichkeiten einer Befriedigung des Gesellschafterdarlehens und damit einem Verstoß gegen die Negativverpflichtung gleichkäme.393 Zum anderen ist es in der Praxis äußerst schwer und kostenintensiv zu kontrollieren, ob eine Negativverpflichtung tatsächlich eingehalten wird.394 Hinzukommend ist eine Vereinbarung, die zu einer weitgehenden Einschränkung der Leitungsmacht innerhalb der Gesellschaft führt, im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion in der Praxis nicht durchsetzbar, da Private Equity Fonds die Finanzierungsstruktur der gehebelten Private Equity Transaktion und die finanziellen Struktur der Gesellschaft flexibel gestalten können wollen und nur äußert selten zu einer Einschränkung der Ausschüttungspolitik der Portfoliogesellschaft bereit sind.395 Schließlich wird diese Gestaltungsvariante mit Blick auf die dritte Komponente des Beurteilungsmaßstabs den Interessen der Gläubiger, des ausscheidenden Gesellschafters und des neuen Gesellschafters nur teilweise gerecht. Hinsichtlich des Interesses der Gläubiger an der Verringerung ihres Ausfallrisikos und des Insolvenzrisikos der Portfoliogesellschaft ist zunächst festzustellen, dass diese Gestaltungsvariante in repressiver Hinsicht dasselbe Gläubigerschutzniveau aufweist wie die Abtretungslösung: Sofern die Gesellschaft die Darlehensforderungen entgegen der vertraglichen Verpflichtung vor der Insolvenz an den neuen Gesellschafter zurückzahlt, kommt im Außenverhältnis weiterhin der ausscheidende und der neue Gesellschafter als Anfechtungsgegner in Betracht. Zudem erhöht sie das Gläubigerschutzniveau in präventiver Hinsicht, da sich der neue Gesellschafter gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter verpflichtet, der Gesellschaft im ersten Jahr nach der Übertragung der Gesellschaft das gewährte Gesellschafterfremdkapital nicht zu entziehen. Allerdings ist diese Schutzwirkung zeitlich beschränkt. Dagegen wird diese Gestaltungsvariante dem Interesse des ausscheidende Gesellschafters, dass im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen erhaltene Entgelt nicht in die Insolvenzmasse zurückzahlen zu müssen, nur dann gerecht, wenn der neue Ge392 393 394 395
Lauster, WM 2013, 2151, 2159. v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1022 f.; Werner, StBW 2014, 154, 159. Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 781. Vgl. Greven, BB 2014, 2309, 2314.
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sellschafter sich an die vertragliche Vereinbarung hält und die gewährten Darlehensmittel im ersten Jahr nach der Abtretung der Gesellschaft belässt. Sofern sich der neue Gesellschafter die Darlehensforderungen im ersten Jahr nach der Abtretung entgegen der vertraglichen Vereinbarung zurückzahlen lässt und die Gesellschaft insolvent wird, kann die Befriedigung auch gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter angefochten werden, der dann lediglich einen Schadensersatzanspruch gegen den neuen Gläubiger hat. In diesem Fall trägt der ausscheidende Gesellschafter das Solvenzrisiko des neuen Gesellschafters. Zudem stellt diese Gestaltungsvariante eine starke Einschränkung der Finanzierungsfreiheit des neuen Gesellschafters dar, da dieser im ersten Jahr nach Erwerb der Gesellschaft nicht über die erworbenen Darlehensrückgewährforderung verfügen darf und sich diese nicht zurückzahlen lassen darf. Damit ist die Ausschüttungspolitik des neuen Gesellschafters im ersten Jahr stark eingeschränkt. Allerdings ist diese Einschränkung zeitlich auf das erste Jahr nach Erwerb der Gesellschaft begrenzt.
II. Freistellungsverpflichtung 1. Darstellung der Gestaltungsvariante In dieser Gestaltungsvariante wird die oben herausgearbeitete gesamtschuldnerische Haftung zwischen dem ausscheidenden und dem neuen Gesellschafter und das damit einhergehende Anfechtungsrisiko für beide im Rahmen einer vertraglich vereinbarten Freistellungsverpflichtung eindeutig dem neuen Gesellschafter zugeordnet.396 So kann geregelt werden, dass der neue Gesellschafter als Erwerber gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter für alle wirtschaftlichen Nachteile aus der Inanspruchnahme als Folge einer Anfechtung aufzukommen hat und ihn eine Pflicht zur Freistellung für sämtliche Haftungen, Schäden, Verpflichtungen und Verbindlichkeiten des ausscheidenden Gesellschafters im Zusammenhang mit § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO trifft.397 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs Hinsichtlich der ersten Komponente des Beurteilungsmaßstabs ist festzustellen, dass auch diese Gestaltungsvariante das Anfechtungsrisiko des ausscheidenden Gesellschafters im Außenverhältnis nicht beseitigen kann. Das Ausfallrisiko des ausscheidenden Gesellschafters wird lediglich im Innenverhältnis, zwischen dem ausscheidenden und dem neuen Gesellschafter, dem neuen Gesellschafter auferlegt. Da es sich lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelt, ist das An396
v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1022. Werner, StBW 2014, 154, 157 f.; Greven, BB 2014, 2309, 2313; siehe hierzu auch Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 781; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 233; Mairose, RNotZ 2015, 9, 15. 397
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fechtungsrisiko des ausscheidenden Gesellschafters nur solange ausgeschlossen, wie der neue Gesellschafter solvent ist. Der ausscheidende Gesellschafter trägt folglich das Bonitätsrisiko des neuen Gesellschafters.398 Daher kann auch diese Gestaltungsvariante den ausscheidenden Gesellschafter nicht abschließend vor dem Anfechtungsrisiko schützen. Dagegen ist diese Gestaltungsvariante allerdings durchaus praxistauglich, da sie weder die Finanzierungsfreiheit des neuen Gesellschafters noch die Interessen der finanzierenden Banken einschränkt. Abschließend gilt es zu klären, ob diese vertragliche Verlagerung des Anfechtungsrisikos von ursprünglich zwei Parteien auf nur eine Partei im Einklang mit der den Legitimationserwägungen des Gesellschafterdarlehensrechts und dem dadurch zu verwirklichenden Gläubigerschutzniveau steht. Die Freistellungsverpflichtung führt im Ergebnis dazu, dass das Anfechtungsrisiko im Innenverhältnis zwischen ausscheidendem und neuem Gesellschafter dem neuen Gesellschafter auferlegt wird. Daraus ergeben sich im Außenverhältnis für die Gläubiger jedoch keine Nachteile, da eine Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen weiterhin gegenüber beiden möglich ist, sodass das Gläubigerschutzniveau in repressiver Hinsicht nicht herabgesetzt wird. Vielmehr wird es durch diese Gestaltungsvariante noch erhöht, da der neue Gesellschafter aufgrund seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter angehalten ist Rücklagen zu bilden, sofern die Gesellschaft im ersten Jahr nach der Abtretung Tilgungs- und Zinszahlungen an den neuen Gesellschafter leistet. Dadurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Darlehensmittel im Fall der Insolvenz der Gesellschaft in die Insolvenzmasse zurückfließen. Allerdings ist diese Schutzwirkung zeitlich beschränkt. Dagegen wird diese Gestaltungsvariante dem Interesse des ausgeschiedenen Gesellschafters, dass im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen erhaltene Entgelt nicht in die Insolvenzmasse zurückzahlen zu müssen, nur dann gerecht, wenn der neue Gesellschafter trotz der Insolvenz der Gesellschaft solvent bleibt und seinen vertraglichen Verpflichtungen im Verhältnis zum ausgeschiedenen Gesellschafter nachkommen kann. Im Rahmen des Erwerbs der Zielgesellschaft trägt der ausscheidende Gesellschafter ein hohes Bonitätsrisiko hinsichtlich des neuen Gesellschafters, da sich im Vermögen der Erwerbsgesellschaft in der Regel nur die Anteile an der Portfoliogesellschaft befinden und das im Rahmen der Rückzahlung der Gesellschafterdarlehen erhaltene Kapital meist ausgeschüttet wird. Ein ähnlich hohes Risiko wird der Private Equity Fonds beim Verkauf der Portfoliogesellschaft als ausscheidender Gesellschafter tragen. Schließlich stellt diese Gestaltungsvariante eine Einschränkung der Finanzierungsfreiheit des neuen Gesellschafters dar, da dieser die im ersten Jahr nach Erwerb der Gesellschaft erhaltenen Tilgungs- und Zinszahlungen nicht an seine Gesellschafter ausschütten oder anderweitig verwenden kann, sondern Rücklagen in entsprechender Höhe bilden muss. Allerdings ist
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Lauster, WM 2013, 2151, 2159.
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diese Einschränkung zeitlich auf das erste Jahr nach Erwerb der Gesellschaft begrenzt.
III. Besicherung der Verkäuferansprüche 1. Darstellung der Gestaltungsvariante Eine andere Form der vertraglichen Absicherung – bzw. eine Ergänzung zur einer Negativverpflichtung bzw. Freistellungsverpflichtung – kann darin bestehen, dass der neue Gesellschafter das Risiko, das sich aus einer Anfechtung ergibt, hinreichend besichert. Dies könnte etwa dadurch erfolgen, dass dieser einen dem Anfechtungsrisiko entsprechenden Betrag auf ein Treuhandkonto einzahlt399 und dieses an den ausscheidenden Gesellschafter verpfändet und wahlweise zusätzliche Sicherheiten, wie beispielsweise eine Bankbürgschaft oder eine Garantie von Seiten der Muttergesellschaft des Erwerbers, erbracht wird.400 2. Analyse anhand des Bewertungsmaßstabs Hinsichtlich der ersten Komponente des Beurteilungsmaßstabs ist festzustellen, dass die Schwächen einer Negativ- bzw. Freistellungsverpflichtung als rein schuldrechtliche Absicherungsinstrumente durch eine entsprechende Besicherung aufgefangen werden können.401 Eine Besicherung der Ansprüche des ausscheidenden Gesellschafters gegenüber dem neuen Gesellschafter ist in der Praxis für den ausscheidenden Gesellschafter dann von besonderem Interesse, wenn er sowohl ein entsprechendes Anfechtungsrisiko als auch ein Bonitätsrisiko bezüglich des neuen Gesellschafters befürchtet.402 Im Ergebnis vermag eine zusätzliche Besicherung das im Rahmen einer Negativ- bzw. Freistellungsverpflichtung verbleibende Ausfallrisiko des ausscheidenden Gesellschafters zu kompensieren. Diese Gestaltungsvariante ist auch weitestgehend praxistauglich, da sie weder die Finanzierungsfreiheit des neuen Gesellschafters noch die Interessen der finanzierenden Banken einschränkt. Allerdings zeigt ein solches Vorgehen in der Praxis dann seine Schwächen, wenn der neue Gesellschafter das Anfechtungsrisiko lediglich als hypothetisch einstuft und demzufolge keine entsprechende Sicherheit bestellen möchte oder aber wenn die Liquidität des neuen Gesellschafters nicht ausreicht, um
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Hierzu Mairose, RNotZ 2015, 9, 15; Schlüßer/Klüber, BB 2009, 1594, 1598. v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1022; Werner, StBW 2014, 154, 157; Bauer/Farian, GmbHR 2015, 230, 233. 401 Vgl. Lauster, WM 2013, 2151, 2159; Wilhelm, BB 2013, 1107; Werner, StBW 2014, 154, 158; v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1022. 402 v. Woedtke, GmbHR 2014, 1018, 1022. 400
4. Kap.: Möglicher Umgang mit Gesellschafterdarlehen in der Transaktionspraxis 307
eine mögliche Insolvenzanfechtung gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter zu kompensieren.403 Mit Blick auf die dritte Komponente des Beurteilungsmaßstabs ist zu konstatieren, dass diese Gestaltungsvariante vor allem den Interessen des ausscheidenden Gesellschafters gerecht wird, da er darauf vertrauen kann, dass er das im Rahmen der Abtretung der Gesellschaftsforderungen erhaltene Entgelt nicht in die Insolvenzmasse zurückzahlen muss. Hinsichtlich des Interesses der Gläubiger ihr Ausfallrisiko zur verringern, gilt grundsätzlich das zuvor Gesagte: Da eine Anfechtung der Befriedigung der Darlehensforderungen weiterhin gegenüber beiden Gesellschaftern möglich ist, wird das Gläubigerschutzniveau in repressiver Hinsicht nicht herabgesetzt. Zudem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Darlehensmittel im Fall der Insolvenz der Gesellschaft in die Insolvenzmasse zurückfließen. Allerdings verschlechtert sich in präventiver Hinsicht das Gläubigerschutzniveau. Dadurch das der neue Gesellschafter bei Abtretung der Gesellschaftsforderungen neben dem vereinbarten Entgelt auch noch Sicherheiten in Höhe der Darlehenssumme des Gesellschafterdarlehens bestellen muss, besteht zum einen der Anreiz für den neuen Gesellschafter, der Gesellschaft die Darlehensmittel frühzeitig zu entziehen und kann zum anderen der auf das Treuhandkonto eingezahlte Betrag nicht in die Gesellschaft investiert werden. Vor diesem Hintergrund steigt das Insolvenzrisiko der Gesellschaft. Dies verdeutlicht auch, dass diese Gestaltungsvariante nicht den Interessen des neuen Gesellschafters gerecht wird, da er nicht nur den Erwerb der Gesellschaftsanteile und der Gesellschafterdarlehen finanzieren muss, sondern auch die Sicherheiten in Höhe der Darlehenssumme der bestehenden Gesellschafterdarlehen. Damit verteuert sich der Erwerb der Gesellschaft für den neuen Gesellschafter, wodurch dieser indirekt in seiner Finanzierungsfreiheit eingeschränkt wird.
D. Zusammenfassende Stellungnahme Aufgrund der Vielgestalt und jeweiligen Eigenarten gibt es nicht die eine Gestaltungsoption für den Umgang mit Gesellschafterdarlehen bei Private Equity Transaktionen. Vielmehr muss auf die jeweiligen Eigenarten gesondert Rücksicht genommen werden. Die Analyse der verschiedenen Gestaltungsoptionen hat jedoch gezeigt, dass die Rückzahlungs- und die Einbringungslösung sowie auch etwaige Negativverpflichtungen im Regelfall an den tatsächlichen Anforderungen in der Private Equity Praxis scheitern. Die Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung in Form der in Kombination mit einer Freistellungsverpflichtung und eventuell einer zusätzlichen Besicherung des Freistellungsanspruchs bleibt auch weiterhin in der Mehrheit der Fälle die zu favorisierende Gestaltungsvariante zum Umgang mit bestehenden Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion. In Anbetracht der Tatsache, dass damit das Anfech403
Greven, BB 2014, 2309, 2313; vgl. Schniepp/Hensel, BB 2015, 777, 781.
308
3. Teil: Gesellschafterdarlehen i. R. einer gehebelten Private Equity Transaktion
tungsrisiko lediglich im Innenverhältnis auf den neuen Gesellschafter verlagert wird, während im Außenverhältnis der ausgeschiedene und der neue Gesellschafter als Anfechtungsgegner bestehen bleiben, ergeben sich für die Gläubiger aus dieser vertraglichen Gestaltungslösung keine Nachteile. Damit widerspricht die Gestaltungsoption auch nicht der Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts und setzt nicht das Gläubigerschutzniveau herab. Sofern der Freistellungsanspruch durch die Verpfändung eines Treuhandkontos besichert wird, – unabhängig davon, ob die übertragenen Darlehensforderungen in dem Jahr nach der Abtretung befriedigt werden – kann sich jedoch das Insolvenzrisiko der Gesellschaft erhöhen.
Thesenartige Zusammenfassung 1.
Bei einer gehebelten Private Equity Transaktion handelt es sich um einen fremdfinanzierten Erwerb einer Kontrollmehrheit an einer Gesellschaft, der zu einem geringen Teil mit Eigenkapital und zu einem überwiegenden Großteil mit Fremdkapital finanziert wird, wobei die Haftung des Erwerbers auf den Eigenkapitalanteil am Kaufpreis begrenzt ist und das Fremdkapital durch das Vermögen der erworbenen Gesellschaft besichert und aus ihren freien liquiden Mitteln zurückbezahlt wird. Den durch diese Finanzierungsstruktur ermöglichten „Hebeleffekt“ zur Steigerung der Eigenkapitalrendite machen sich im Besonderen Private Equity Fonds zu Nutze.
2.
Gesellschafterdarlehen sind ein äußerst beliebtes Mittel, um eine gehebelte Private Equity Transaktion zu finanzieren, da sie günstiger und flexibler zurückzahlbar sind als Bankdarlehen, nicht den strengen Vorschriften des gesetzlichen Kapitalschutzes unterliegen und den außenstehenden Gläubigern nicht als Haftkapital zur Verfügung stehen und schließlich die Steigerung des Leverage-Effekts zugunsten einzelner Eigenkapitalgeber ermöglichen.
3.
Gesellschafterdarlehen werden in der Praxis einer gehebelten Private Equity Transaktion vor allem in zwei Konstellationen relevant. Zum einen sind sie immer dann von Bedeutung, wenn sich der Private Equity Fonds in der Erwerbsoder Betriebsphase entschließt, an die Erwerbsgesellschaft oder an die erworbene Gesellschaft Darlehen – wobei es sich aufgrund der mittelbaren Gesellschafterstellung des Private Equity Fonds um Downstream Loans handelt – auszureichen. Zum anderen gewinnen sie in der Erwerbs- und Desinvestitionsphase an Relevanz, wenn bestehende Gesellschafterdarlehen beim Erwerb bzw. Verkauf der Gesellschaft von den ausscheidenden Gesellschaftern auf die neuen Gesellschafter mit übertragen werden.
4.
Nach einem Leveraged Buyout durch einen Private Equity Fonds weisen haftungsbeschränkte Portfoliogesellschaften ein systematisch und planmäßig erhöhtes Insolvenzrisiko auf. Das Insolvenzrisiko entspricht qualitativ dem Insolvenzrisiko einer jeden haftungsbeschränkten Gesellschaft, das im Kern auf die ungleiche Verteilung von Herrschaft und Haftung sowie von Gewinnaussichten und Verlustrisiken zwischen den Gesellschaftern und den Gläubigern aufgrund des im GmbH-Recht und Aktienrecht geregelten Haftungsprivilegs zurückzuführen ist. Dieses Insolvenzrisiko wird quantitativ erhöht, indem der Portfoliogesellschaft durch den Private Equity Fonds so viel Eigenkapital entzogen wird, wie unter Vermeidung einer Insolvenz gerade noch möglich ist. Damit geht ein gesondertes Ausfallrisiko der Gläubiger der Portfoliogesell-
310
Thesenartige Zusammenfassung
schaft einher, welches auf das Externalisierungspotential des Haftungsprivilegs zurückzuführen ist. 5.
Die Legitimationsgrundlage des neuen Gesellschafterdarlehensrechts beruht auf Gläubigerschutzerwägungen kombiniert mit den Mitwirkungs- und Vermögensrechten eines Gesellschafters. Das Bedürfnis des Gesellschafterdarlehensrechts bzw. die Rechtfertigung für die Sonderbehandlung von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz ergibt sich aus dem Aspekt des Gläubigerschutzes. Aufgrund des Haftungsprivilegs ist es für die Gesellschafter einer haftungsbeschränkten Gesellschaft möglich das Unternehmensrisiko der haftungsbeschränkten Gesellschaft sehr stark auf die außenstehenden Gläubiger abzuwälzen, indem sie die Gesellschaft überwiegend mit Fremdkapital und nur mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Eigenkapital ausstatten. Vor diesem Hintergrund ist es problematisch, dass die Gesellschafter das Ausfallrisiko durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen noch weiter auf die außenstehenden Gläubiger verlagern können, indem sie die Darlehensmittel jederzeit – auch noch im Vorfeld der Insolvenz der Gesellschaft – abziehen und ihre Darlehensforderungen in der Insolvenz der Gesellschaft gleichrangig neben den Drittforderungen anmelden können. Dass die Gesellschafter alleinige Adressaten des Gesellschafterdarlehensrechts sind, ergibt sich aus dem Zusammenspiel ihrer gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungs- und Vermögensrechte, wonach die Gesellschafter die unternehmerischen Entscheidungen beeinflussen und an den Gewinnchancen der Gesellschaft partizipieren können. Schließlich unterliegen nur die Darlehensforderungen der Gesellschafter dem Gesellschafterdarlehensrecht, da sie aufgrund ihres Finanzierungseffekts eine Risikoerhöhung zulasten der außenstehenden Gläubiger ermöglichen.
6.
Bei dem ersten Instrument des Gesellschafterdarlehensrechts – dem Nachrang gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – handelt es sich um ein verfahrensrechtliches Verteilungsmerkmal in der Insolvenz. Er ist damit eine Größe, die angibt in welcher Reihenfolge das Schuldnervermögen an die Insolvenzgläubiger im eröffneten Insolvenzverfahren verteilt werden soll. Er dient mit Blick auf die Legitimationsgrundlage dem präventiven und repressiven Gläubigerschutz.
7.
Das zweite Instrument des Gesellschafterdarlehensrechts – die Insolvenzanfechtung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO – reanimiert solche Gesellschafterdarlehen, die vor Antragstellung auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens befriedigt wurden und damit „erloschen“ waren, und reichert somit die Insolvenzmasse um diese Gesellschafterdarlehensmittel an.
8.
Der richtige Anfechtungsgegner ergibt sich aus den allgemeinen Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung (§§ 129 ff. InsO) in Verbindung mit den tatbestandsimmanenten Vorgaben des jeweiligen spezifischen Insolvenzanfechtungstatbestands. Bei der Anfechtung im Rahmen des § 135 Abs. 1 InsO kommt es bei der Bestimmung des Anfechtungsgegners demzufolge auf die Legitimationsgrundlage des Gesellschafterdarlehensrechts an.
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9.
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Für das Verhältnis der Nachrangregelung zur Anfechtungsregelung ist entscheidend, dass die Nachrangregelung ihre Wirkung erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfaltet. Ob sie ihre Wirkung entfalten kann hängt davon ab, ob im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Gesellschafterdarlehen vorliegt. Die Nachrangigkeit setzt damit ein Gesellschafterdarlehen voraus.
10. Bei dem Schutz der Gläubiger haftungsbeschränkter Gesellschaften geht es im Kern darum, eine wolfahrtsökonomische sinnvolle Verteilung der Gewinnaussichten und Verlustrisiken zwischen den Gesellschaftern und den Gläubigern sicherzustellen. Ein angemessenes Gläubigerschutzniveau wird erreicht, wenn die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation mit dem Gläubigerinteresse an der Verringerung des Ausfallrisikos zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht werden und dabei die rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und Vorteilsziehung berücksichtig werden. 11. Das deutsche, gesetzliche Gläubigerschutzsystem stellt traditionell ein präventives Regelungssystem dar, welches versucht den besonderen – sich aus dem Haftungsprivileg ergebenden – Risiken der außenstehenden Gläubiger vorrangig durch das Erfordernis eines gesetzlichen Mindestkapitals und ein präventiv wirkendes System strikter Kapitalaufbringungs- und Erhaltungsvorschriften zu begegnen. Der präventiv wirkende gesellschaftsrechtliche Kapitalschutz wird durch drei weitere Säulen ergänzt: Dem dogmatisch in § 826 BGB verorteten Institut der Existenzvernichtungshaftung, dem Anfechtungs- und Insolvenzrecht sowie den zivil- und strafrechtlich sanktionierten Verhaltenspflichten und der Insolvenzverursachungshaftung der Geschäftsleitung. Diese drei ergänzenden Säulen des Gläubigerschutzsystems können jedoch nicht darüber hinweghelfen, dass das gesetzliche Mindestkapital nicht in der Lage ist, eine angemessene Eigenkapitalisierung der haftungsbeschränkten Gesellschaften gemessen an ihren unternehmerischen Tätigkeiten sicherzustellen. 12. Dem Gesellschafterdarlehensrecht kommt im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems eine doppelte Funktion zu: Es soll einen Ausgleich für die unangemessene Eigenkapitalausstattung und die dadurch verursachte nominelle Unterkapitalisierung der haftungsbeschränkten Gesellschaft schaffen sowie der weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu Lasten der außenstehenden Gläubiger entgegenwirken. 13. Das neue Gesellschafterdarlehensrecht gleicht mit seinen insolvenzrechtlich, repressiv ansetzenden Regelungen die mit der nominellen Unterkapitalisierung verbundenen Risiken weitestgehend aus und vermag die Gläubiger vor einer weitergehenden Verlagerung des Ausfallrisikos zu Lasten der Gläubiger durch Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt Eigenkapital zu schützen. Damit kommt den Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts das
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Potential zu, der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems gerecht zu werden und einen Beitrag zur Erreichung eines angemessenen Gläubigerschutzniveaus zu leisten. 14. Sofern der Private Equity Fonds als mittelbarer Gesellschafter in der Erwerbsoder Betriebsphase einer gehebelten Private Equity Transaktion absteigende Darlehen (Downstream Loans) an die Erwerbsgesellschaft oder Portfoliogesellschaft ausreicht, ist das Gesellschafterdarlehensrecht mit Blick auf die neue Legitimationsgrundlage dann zu beachten, wenn die Beteiligungsquote des mittelbaren Gesellschafters an der finanzierten Gesellschaft die 10%-Hürde übersteigt oder der mittelbare Gesellschafter an der Geschäftsführung der finanzierten Gesellschaft beteiligt ist (Gleichordnungsfall) oder wenn das von dem mittelbaren Gesellschafter an die finanzierte Gesellschaft gewährte Darlehen dem unmittelbaren Gesellschafter zugerechnet werden kann (Zurechnungsfall). Die Beteiligungsquote errechnet sich konkret, indem die Beteiligungsverhältnisse zwischen dem mittelbaren Gesellschafter, dem unmittelbaren Gesellschafter sowie dem unmittelbaren Gesellschafter und der finanzierten Gesellschaft miteinander multipliziert werden. In den Gleichordnungsfällen zeigt das Gesellschafterdarlehensrecht seine volle Wirkung mit seinen Instrumenten des Nachrangs und der Anfechtung gegenüber dem mittelbaren Gesellschafter; in den Zurechnungsfällen erstreckt es sich nur auf den unmittelbaren Gesellschafter und gerade nicht auf den mittelbaren Gesellschafter. 15. Im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen eines Gesellschafters an einen Nichtgesellschafter stellt der Nachrang – entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs – keine Einwendung dar und ist auch keine Eigenschaft, die nach § 404 BGB im Wege der Abtretung vom Gesellschafter (als Zedent) auf den Nichtgesellschafter (als Zessionar) übergeht. Danach liegt kein Gesellschafterdarlehen vor, auf die sich die Nachrangregelung erstrecken kann, wenn der gesellschaftsfremde Zessionar bei Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der Darlehensforderungen ist. Sind die abgetretenen Darlehensforderungen nach der Abtretung und vor dem Insolvenzantrag von der Gesellschaft befriedigt worden, kann die Befriedigung der Darlehensforderungen – entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs – ausschließlich gegenüber dem Gesellschafter angefochten werden. Die Anfechtung bewirkt, dass die Darlehensforderungen wieder in der Person des Gesellschafters im Zeitpunkt des Insolvenzantrags funktional restituiert werden. Dies hat zur Konsequenz, dass sich nachdem die Darlehensmittel in die Insolvenzmasse zurückgezahlt worden sind, die Nachrangigkeit des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO auf die Darlehensforderungen des Gesellschafters erstrecken kann. 16. Scheidet ein Gesellschafter, nachdem er der Gesellschaft ein Darlehen gewährt hat, aus der Gesellschaft aus, erstreckt sich die Nachrangregelung auch auf seine Darlehensforderungen, sofern er innerhalb des letzten Jahres vor dem Insolvenzantrag als Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden ist. Sofern der
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ausgeschiedene Gesellschafter innerhalb der Jahresfrist des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht nur seine Gesellschaftsanteile übertragen, sondern auch sein Gesellschafterfremdkapital nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft abgezogen hat, ist die Befriedigung der Darlehensforderungen ihm gegenüber nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. 17. Nach der Systematik des neuen Gesellschafterdarlehensrechts ist das Darlehen eines gesellschaftsfremden Darlehensgebers, der erst nachträglich eine Gesellschafterstellung erlangt, als ein Gesellschafterdarlehen zu qualifizieren, sofern zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrags eine Koinzidenz zwischen Gesellschafter- und Gläubigerstellung vorliegt. Die Darlehensforderungen unterliegen in der Insolvenz der Gesellschaft der Nachrangregelung des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO und die Befriedigung der Darlehensforderungen kann gegenüber dem Gesellschafter angefochten werden, wenn er zum Zeitpunkt der Befriedigung nicht nur Darlehensgeber, sondern auch bereits Gesellschafter der Gesellschaft war. Dadurch erstreckt sich dann auch im Fall der Insolvenz die Nachrangigkeit auf das Gesellschafterdarlehen. 18. Aufbauend auf den im Rahmen der Untersuchung gewonnenen Erkenntnissen und gefundenen Ergebnissen ergibt sich für die beim Erwerb oder Verkauf der Portfoliogesellschaft in der Erwerbs- oder Desinvestitionsphase einer gehebelten Private Equity Transaktion so wichtige doppelte Übertragung der Gesellschaftsanteile und der bestehenden Gesellschafterdarlehen von dem ausscheidenden Gesellschafter auf den neuen Gesellschafter, dass sich die Nachrangregelung auf die übertragenen Darlehensforderungen des neuen Gesellschafters erstreckt, wenn die Gesellschaftsanteile und die Darlehensforderungen wirksam auf den neuen Gesellschafter übertragen und der neue Gesellschafter bei Stellung des Insolvenzantrags Inhaber der Darlehensforderungen ist. Sofern das Darlehen vor der Stellung des Insolvenzantrags an den neuen Gesellschafter zurückgezahlt worden ist, kann die Befriedigung der Darlehensforderungen sowohl gegenüber dem ausgeschiedenen Gesellschafter als auch gegenüber dem neuen Gesellschafter angefochten werden. Die Nachrangigkeit erstreckt sich dann auch auf die in den Händen des ausgeschiedenen und des neuen Gesellschafters wiederauflebenden Darlehensforderungen. 19. Ein angemessenes Gläubigerschutzniveau setzt auch im Kontext gehebelter Private Equity Transaktionen voraus, dass die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation mit den Gläubigerinteressen an einem geringen Ausfallrisiko zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ausgleich gebracht und dabei die rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und der Vorteilziehung berücksichtigt werden. Denn der mit den gehebelten Private Equity Transaktionen verbundene Konflikt zwischen den Interessen der Gesellschafter und denen der Gläubiger der Portfoliogesellschaften ist im Kern auf das Prinzip der Haftungsbeschränkung zurückzuführen.
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20. Die geltenden Schutzmechanismen des Gesellschafterdarlehensrechts funktionieren in der besonderen Situation der gehebelten Private Equity Transaktion einzelfallgerecht und zukunftsgerichtet und erstrecken sich auch auf übergeordnete Gesellschaften in der Struktur des Private Equity Fonds, die als mittelbare Gesellschafter ein Darlehen zu Finanzierungszwecken an die Portfoliogesellschaft gewähren. 21. Im Vergleich zu den Schutzmechanismen des Eigenkapitalersatzrechts führen die geltenden Schutzmechanismen des neuen Gesellschafterdarlehensrechts mit Blick auf die im Rahmen von gehebelten Private Equity Transaktionen gewährten und übertragenen Gesellschafterdarlehen zu einer spürbaren Verbesserung des Schutzes der außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft. Diese Verstärkung des Gläubigerschutzniveaus bei gehebelten Private Equity Transaktionen ist auf das neue dogmatische Fundament des Gesellschafterdarlehensrechts zurückzuführen. 22. Das aktuelle Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts bei gehebelten Private Equity Transaktionen wird der Funktion des Gesellschafterdarlehensrechts im Gefüge des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems gerecht und schützt die außenstehenden Gläubiger sowohl vor den mit einer nominellen Unterkapitalisierung verbundenen Risiken als auch vor einer weitergehenden Verlagerung der Unternehmensrisiken zu ihren Lasten durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen anstatt von Eigenkapital. 23. Die bestehenden Schutzmechanismen des gesetzlichen Gläubigerschutzsystems und des neuen Gesellschafterdarlehensrechts sind in der Lage, die außenstehenden Gläubiger der Portfoliogesellschaft vor dem strukturell erhöhten Insolvenzrisiko einer gehebelten Private Equity Transaktion zu schützen. 24. Vor dem Hintergrund des gesonderten Insolvenzrisikos bei gehebelten Private Equity Transaktionen ist das aktuelle Gläubigerschutzniveau des Gesellschafterdarlehensrechts gemessen an dem aufgestellten Maßstab als angemessen zu bewerten. Denn das Gesellschaftsrecht in dem in dieser Arbeit herausgearbeiteten Verständnis führt zu einer spürbaren aber begrenzten Verringerung des Ausfallrisikos der außenstehenden Gläubiger, ohne dass die Gesellschafterinteressen an der summenmäßigen Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit und der Risikodiversifikation bei Berücksichtigung der rechtsethischen Erwägungen zur Risikobeherrschung und Vorteilziehung unangemessen behindert werden. 25. Angesichts von These 24 bedarf es für die in der Private-Equity-Transaktionspraxis so wichtige doppelte Übertragung der Gläubiger-Gesellschafterstellung beim Erwerb und Verkauf einer Gesellschaft keiner echten Regelungsalternative. Denn das Ergebnis, dass in dem ersten Jahr nach Übertragung der Gesellschafter- und Gläubigerstellung im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion sowohl der ausgeschiedene Gesellschafter als auch der neue Gesellschafter bei Befriedigung des ursprünglich vom ausgeschiedenen Ge-
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sellschafter gewährten und anschließend an den neuen Gesellschafter abgetretenen Gesellschafterdarlehens der gesellschafterdarlehensrechtlichen Insolvenzanfechtung unterliegen, ist vor dem Hintergrund des gesonderten Insolvenzrisikos bei gehebelten Private Equity Transaktionen als angemessen und mit Blick auf die Interessen der Gläubiger und Gesellschafter als gerecht zu bewerten. 26. In der Transaktionspraxis wird dennoch nach Wegen gesucht, um das Risiko des ausgeschiedenen Gesellschafters, das im Rahmen der Abtretung der Darlehensforderungen erhaltene Entgelt zur Insolvenzmasse zurückerstatten zu müssen, zu begrenzen. Dabei stellt die Übertragung der Gesellschafter-Gläubigerstellung in Form der Abtretungslösung in Kombination mit einer Freistellungsverpflichtung und eventuell einer zusätzlichen Besicherung des Freistellungsanspruchs – mit Blick auf das Interesse des ausgeschiedenen Gesellschafters an der Kompensierung des Anfechtungsrisikos, der Praxistauglichkeit und der Anteilseignerinteressen an der Begrenzung des Ausfallrisikos, der Finanzierungsfreiheit sowie der Risikodiversifikation und einem angemessenen Gläubigerschutz – in der Mehrheit der Fälle die zu favorisierende Gestaltungsvariante zum Umgang mit bestehenden Gesellschafterdarlehen im Rahmen einer gehebelten Private Equity Transaktion dar.
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Stichwortverzeichnis Absolute Priority Rule 161 Akquisitionsphase 45, 47 Allgemeines Insolvenzrisiko 65 f. Anfechtungsregelung 86 ff. Asset Deal 47 Ausschüttungsrisiko 68 Besonderes Insolvenzrisiko 66 f. Betriebsphase 46, 48, 189 Carry
43 f.
Dachfonds 38 Darlehensmodell 59, 60, 70 f. Debt Push Down 299, 301, 303 Desinvestitionsphase 46, 49 Downstream Loan 63, 189 ff., 276 ff. Durchsetzungshebel 149 Durchsetzungssperre 123 ff., 228 f. Einstufiger Erwerbsprozess 45 Existenzvernichtungshaftung 169 ff. Feeder Fonds 38 Finanzierungsfolgenverantwortung 93 ff., 114, 150, 249, 263 ff. Finanzierungsfreiheit 50 f., 117, 159 ff. Finanzierungsprozess 44 Finanzierungsstruktur 50 ff. Finanzinvestoren 33 Freistellungsverpflichtung 304 ff. Fund of Funds 38 General Partner 42 Geschlossener Fonds 37 f. Gesellschafterdarlehen 53 ff., 131 f. – Anfechtungsgegner 242 ff. – Dritte 134 ff., 192 ff. – Geheißperson 222 – Gläubigerschutz 153 ff., 274 ff. – Gleichordnungsfälle 135, 192 ff.
– Maßgeblicher Zeitraum 139 ff. – Mittelbare Gesellschafterbefriedigung 229 ff. – Mittelbare Stellvertretung 210 ff. – Mittelbare Zuwendung 213 ff. – Mittelbarer Gesellschafter 189, 192 ff. – Zurechnungsfälle 136, 209 ff. Gesondertes Insolvenzrisiko 69 Grundsatz der Finanzierungsfreiheit 50 f., 95 Haftungspuffer 166, 168 Hurdle Rate 43 f. Identifizierungsphase 45 Initial Public Offering 49 Insolvenzanfechtung 125 ff. Insolvenzverursachungshaftung Institutionelle Anleger 33 Investitionsphase 45
173
Kapitalaufbringung und -erhaltung Kleinbeteiligtenprivileg 82, 85
163 ff.
Legitimationsgrundlage 89 ff. Leverage-Effekt 39 ff., 47, 48, 56, 68 f., 269 Leveraged Buyout 39 ff., 41, 45, 52, 69 ff., 288 Limited Partners 42 Limited Partnership 42 Materielle Unterkapitalisierung 179 Mehrstufiger Erwerbsprozess 45 Missbrauch der Haftungsbeschränkung 107 ff. Mitunternehmerische Beteiligung 105 Mitwirkungsrechte 111 ff., 118, 135 ff. MoMiG 26, 75 ff., 90 ff., 140 ff., 218 ff., 247 ff., 254 ff., 260 ff. Multiplikatorenmethode 204 f.
Stichwortverzeichnis
339
Nachrang 120 ff., 148 ff. Nachrang(regelung) 84 f., 224 ff. Negativverpflichtung 302 Nominelle Unterkapitalisierung 93, 110, 178 f. Novellenregelungen 81 ff.
Sanierungsprivileg 82, 85 Secondary Buyout 49, 63 Seed Capital 35 Share Deal 47, 62 Sicherheitenmodell 60 f. Struktureller Nachrang 57 ff.
Opportunismus Risiko
Transaktionsprozess Transaktionsstruktur
179
Prinzip der Haftungsbeschränkung 66, 107 f., 118, 151, 154 ff., 193 Private Equity 32 ff. Private Equity Fonds 36 ff., 190 Private Equity Holding Gesellschaft 36, 190 Rechtsprechungsregeln
78 ff.
44 44 ff.
Venture Capital 35 Vermögensrechte 111 ff., 118, 135 ff. Verwässerungsschutz 55 Vorrangige Selbstbetroffenheit der Gesellschafter 183 ff. Wirtschaftliche Betrachtungsweise
126