Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität: Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des Beihilfeverbots im Steuerrecht 9783504385897

Die Verfasserin widmet sich einem wichtigen Thema jeder nationalen Steuerrechtsordnung: der unterschiedlichen Besteuerun

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German Pages 339 [340] Year 2018

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Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität: Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des Beihilfeverbots im Steuerrecht
 9783504385897

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Balbinot Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität

Rechtsordnung und Steuerwesen Band 52 Schriftenreihe begründet von Brigitte Knobbe-Keuk herausgegeben von Wolfgang Schön und Rainer Hüttemann

Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des Beihilfeverbots im Steuerrecht

von

Dr. jur. Chiara Balbinot

2018

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-64251-8 ©2018 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche­ rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs­ beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Druck und Verarbeitung: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

Meiner Familie

.

Geleitwort Zu dieser Schriftenreihe Seit Brigitte Knobbe-Keuk im Jahre 1986 diese Schriftenreihe in der Nachfolge von Werner Flume begründet hat, sind mehr als 40 Bände er­ schienen, in deren thematischen Mittelpunkt die Frage nach dem Ver­ hältnis zwischen dem Steuerrecht und der allgemeinen Rechtsordnung gestellt ist. Die Entwicklung der Reihe hat gezeigt, dass die vielfältigen Verflechtungen des Steuerrechts mit anderen Rechtsgebieten den ge­ wählten Zuschnitt eindrucksvoll gerechtfertigt haben. Die publizierten Arbeiten nehmen Bezüge zum allgemeinen Zivilrecht, zum Gesellschafts­ recht, zum Bilanzrecht und zu den Wirtschaftswissenschaften ebenso in den Blick wie die Rahmenbedingungen des Verfassungsrechts, des Euro­ parechts und des Internationalen Rechts. Strafrechtliche Zusammenhän­ ge unserer Steuerrechtsordnung werden ebenso beleuchtet wie verfah­ rensrechtliche Implikationen der Besteuerungspraxis. Der Erkenntnis der Begründerin der Schriftenreihe, dass in den juristi­ schen Fragestellungen aus dem Bereich des Steuerwesens Fragestellun­ gen aus den Teilgebieten der allgemeinen Rechtsordnung zusammentref­ fen, muss besonders Nachdruck in einer Zeit verliehen werden, in der die innere Stabilität unserer Besteuerungsordnung in hohem Maße gefährdet ist und der Wunsch, aus der eigenen Systematik des Steuerrechts heraus feste Leitlinien für Rechtspolitik und Rechtsanwendung zu gewinnen, hinter den fiskalischen Zwängen der öffentlichen Hand und dem Ge­ staltungswillen der Steuerpolitik immer weiter zurücktritt. Die Veran­ kerung des Steuerrechts in der allgemeinen Rechtsordnung dient daher auch den Anliegen der Rechtssicherheit und Rationalität unseres Steuer­ rechts. Darüber hinaus kann durch die Anlehnung an die der Privatauto­ nomie verpflichtete Zivilrechtsordnung sowie durch die Verwirklichung verfassungsrechtlicher und europarechtlicher Freiheitsgewährungen dem Steuerwesen ein Stück rechtsstaatlicher Liberalität zurückgegeben wer­ den. Die Herausgeber wünschen daher, dass die Schriftenreihe in ihrer Gesamtheit einen Beitrag zur Kultur unserer Steuerrechtsordnung zu leisten vermag. München und Bonn, im Oktober 2011 Wolfgang Schön

Rainer Hüttemann

VII

Geleitwort

Zu dieser Schrift Zu den spannendsten Themen im Schnittfeld von Unternehmensbesteu­ erung und Europäischem Binnenmarkt gehört gegenwärtig die Frage nach dem Einfluss der europäischen Beihilferegeln auf die Gestaltung des Un­ ternehmenssteuerrechts. Mehrere Entscheidungen des Europäischen Ge­ richtshofs aus jüngerer Zeit haben die nationale Steuergesetzgebung un­ ter massiven Druck gesetzt. Am Horizont zeichnet sich das höchst problematische Bild einer breitgefächerten „Diskriminierungskontrolle“ des mitgliedstaatlichen Steuerrechts aus europäischer Perspektive ab. Chiara Balbinot widmet sich in ihrer am Max-Planck-Institut für Steu­ errecht und Öffentliche Finanzen entstandenen Arbeit aus der Sicht des Art.107 Abs.1 AEUV einer der wichtigsten Differenzierungen jeder natio­ nalen Steuerrechtsordnung: der unterschiedlichen Besteuerung von Un­ ternehmen nach Maßgabe ihrer Rechtsform. Im deutschen Recht hat die Existenz von unterschiedlichen steuerlichen „Subsystemen“ für Perso­ nenunternehmen und Körperschaften eine lange Tradition, aber auch in­ nerhalb dieser „Subsysteme“ tauchen immer wieder Sonderregeln auf – beispielhaft der Sonderstatus von Mitunternehmerschaften nach § 15 Abs. 3 EStG. Erlaubt nun das Verbot „selektiver Beihilfen“ dem nationa­ len Gesetzgeber, einzelne Rechtsformen mit besonderen Steuerfolgen zu versehen? Anders formuliert: Ist das Ideal der Rechtsformneutralität der Besteuerung zugleich ein Gebot des Europäischen Wettbewerbsrechts? Die Verf. präsentiert zunächst – auch in Abgrenzung zu neuen Tenden­ zen in der Rechtsprechung des EuGH – ein solides Prüfschema verbote­ ner Beihilfen. Dabei akzeptiert sie die Option für den Steuergesetzgeber, gleichwertige „Subsysteme“ für unterschiedliche Rechtsformen einzu­ führen. Grundsätzlich rechtfertigungsbedürftig sind rechtsformbezogene Differenzierungen allerdings dann, wenn mit der Entscheidung für eine bestimmte Rechtsform typischerweise auch die Entscheidung für die Förderung eines bestimmten Sektors der Volkswirtschaft getroffen wird. Demgegenüber verneint die Verf. die Anwendung des Beihilfeverbots bei solchen „rein rechtsformspezifischen“ Differenzierungen, denen kein Bezug zur inhaltlichen Tätigkeit der Unternehmen zu eigen ist. Damit formuliert die Verf. für ein wesentliches Element jeder mitglied­ staatlichen Unternehmensbesteuerung – einschl. etwaiger Reformversu­ che – einen verlässlichen europarechtlichen Rahmen. Nicht nur der Ge­ setzgeber, sondern auch die Praxis von Kommission und Europäischer Gerichtsbarkeit, sollten ihre überzeugenden Thesen zur Kenntnis nehmen. München und Bonn, im Januar 2018 Wolfgang Schön Rainer Hüttemann VIII

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 von der Juristi­ schen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dis­ sertation angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als wis­ senschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen in München. Mein herzlicher Dank gilt zuvorderst Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön für die Begleitung und Förderung dieser Arbeit, wertvolle Anre­ gungen und das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Herrn Prof. Dr. Tho­ mas Ackermann bedanke ich mich für die Erstellung des Zweitgutach­ tens. Herrn Prof. Dr. Rainer Hüttemann danke ich für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Herrn Dr. Andreas Eggert gilt mein besonderer Dank für die Durchsicht des Manuskripts, zahlreiche wertvolle Anmer­ kungen und den fachlichen Austausch. Weitere wertvolle Anregungen verdanke ich Frau Constanze Schneider, dafür herzlichen Dank. Herrn Dr. Philipp Aigner danke ich von Herzen für die persönliche und fachli­ che Unterstützung. Die Max-Planck-Gesellschaft, München, und die Jo­ hanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung, Hamburg, haben diese Veröf­ fentlichung durch jeweils großzügige Druckkostenzuschüsse gefördert, dafür vielen Dank. Meine Familie hat meine Ausbildung ermöglicht, diese Arbeit ist ihr in Dankbarkeit gewidmet. München, im Januar 2018

Chiara Balbinot

IX

Inhaltsübersicht Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII A. Einleitung I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Begriff der Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 B. Europäisches Beihilferecht im Bereich der ­direkten ­Steuern

I. Das Beihilfeverbot im europäischen Rechtskontext . . . . . . . . . 7

II. Klassische Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV durch ­Rechtsprechung und Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 III. Jüngere Entwicklungen in Rechtsprechung und ­Entscheidungspraxis der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 IV. Kritik der klassischen und der gleichheitsrechtlichen ­Prüfungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 V. Alternativer Prüfungsansatz: modifizierter klassischer Ansatz 75 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 C. Rechtsformspezifische Differenzierungen auf dem P ­ rüfstand des Beihilferechts

I. Eingrenzung der Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

II. Allgemeine Zweifelsfragen im Rahmen der beihilferecht­lichen Untersuchung rechtsformspezifischer Besteuerung . . . . . . . . . 118

XI

Inhaltsübersicht

III. Rechtsprechung der Europäischen Gerichte, Kommissionspraxis und Literaturmeinungen im Hinblick auf rechtsformspezifische Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 IV. Dualismus der Unternehmensbesteuerung auf dem ­Prüfstand des Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 V. § 15 Abs. 3 EStG auf dem Prüfstand des Beihilferechts . . . . . . 229 VI. Besteuerung der Genossenschaften auf dem Prüfstand des Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 VII. Die Besteuerung der KGaA auf dem Prüfstand des ­Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 VIII. Kriterien der Selektivität rechtsformspezifischer ­Besteuerung 259 IX. Tatbestandsvoraussetzungen der Staatlichkeit der Mittel, der Eigenschaft als Unternehmen sowie der Wettbewerbs­verzerrung und Handelsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 D. Grundsätze für die Untersuchung rechtsformspezifischer steuerlicher Differenzierungen im Beihilferecht

I. Unterscheidung zwischen auch und rein rechtsform­spezifischer Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

II. Allgemeine Kriterien der Untersuchung rein rechts­ formspezifischer Besteuerung am Beispiel der deutschen ­Unternehmensbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 III. Kriterien für die Bewertung von Steuersystemen ohne Rechtsformanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

XII

Inhaltsverzeichnis Seite

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI A. Einleitung I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Begriff der Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 III. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

B. Europäisches Beihilferecht im Bereich der ­direkten ­Steuern I. Das Beihilfeverbot im europäischen Rechtskontext . . . . . . . . . 7 1. Beihilferecht als Teil des europäischen Wettbewerbsrechts . 7 2. Beihilferecht im Bereich der direkten Steuern . . . . . . . . . . . . 9 a) Anwendbarkeit des Beihilferechts im Bereich der direkten Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 b) Spannungsfeld zwischen mitgliedstaatlicher Souveränität und ­Beihilfeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 II. Klassische Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV durch Rechtsprechung und Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 1. Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV im Allgemeinen . . . . . 14 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 b) Staatlichkeit der Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 c) Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 aa) Begriff des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 bb) Faktische und rechtliche Selektivität . . . . . . . . . . . . . 20 cc) Abgrenzbarkeit und „Vergleichbarkeitsformel“ seit EuGH A ­ dria-Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 dd) Allgemeine Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 ee) Rechtfertigung durch die Natur oder den inneren Aufbau des ­Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 d) Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung . 25 XIII

Inhaltsverzeichnis

2. Besonderheiten im Bereich der direkten Steuern . . . . . . . . . 27 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 aa) Unübertragbarkeit der Rechtsprechung zu direkten Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 bb) Begünstigungsprüfung im Bereich der direkten Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 b) Staatlichkeit der Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 c) Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 III. Jüngere Entwicklungen in Rechtsprechung und ­Entscheidungspraxis der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Das Beihilfeverbot als gleichheitsrechtliche Prüfung . . . . . . 36 2. Ausblick auf die Entwicklung der Auslegung . . . . . . . . . . . . 39 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 IV. Kritik der klassischen und der gleichheitsrechtlichen ­Prüfungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 1. Kritik der klassischen Prüfungsmethode im Bereich der direkten Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 a) Kritik der Prüfung der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 aa) Möglichkeit und Sinnhaftigkeit einer Definition der ­Regelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 bb) Grundsätzliche Rechtfertigung der klassischen Begünstigungs­prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 cc) Wirkungsorientierter Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 dd) Kritik an der Anwendung des Regel-AusnahmeKonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Kritik der Prüfung der Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Abgrenzbarkeit der Empfänger – Mangelnde Eignung der ­Vergleichbarkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Systemimmanenztest als Sachgerechtigkeitsprüfung . 65 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 2. Kritik der gleichheitsrechtlichen Prüfungsmethode . . . . . . . 66 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 b) Ersatz der Regel-Ausnahme-Prüfung durch Systemimmanenztest? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Bezifferbarkeit der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Die Behandlung von Sonderlasten . . . . . . . . . . . . . . . . 69 cc) Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

XIV

Inhaltsverzeichnis

V. Alternativer Prüfungsansatz: modifizierter klassischer Ansatz 75 1. Kernaussage, Herleitung und Rechtfertigung des Prüfungsansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Beweislast und Vermutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3. Prüfungsschema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Methodologisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Definition der Regelbesteuerung – Systembegriff im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (1) „Äußeres“ System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (2) „Inneres“ System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Formale Ausnahme – Ausnahme vom „äußeren“ System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (1) Ermittlung des formalen Ausnahmecharakters . . . 95 (2) Weitere Prüfungsschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 dd) Materielle Ausnahme – Ausnahme vom „inneren“ System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 ee) Existenz von „Subsystemen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 b) Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Staatlichkeit der Mittel sowie Wettbewerbsverzerrung und ­Handelsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

C. Rechtsformspezifische Differenzierungen auf dem ­Prüfstand des Beihilferechts I. Eingrenzung der Themenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Begriff der „Rechtsform“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Begriff der „rechtsformspezifischen Differenzierung“ . . . . . 114 3. Ausgewählte rechtsformspezifische Differenzierungen . . . . 116 II. Allgemeine Zweifelsfragen im Rahmen der beihilferecht­lichen Untersuchung rechtsformspezifischer Besteuerung . . . . . . . . . 118 1. Bedeutung der zivilrechtlichen Wahlfreiheit der Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Mangelnde Feststellbarkeit eines Beihilfebetrages . . . . . . . . 122

XV

Inhaltsverzeichnis

III. Rechtsprechung der Europäischen Gerichte, Kommissionspraxis und Literaturmeinungen im Hinblick auf rechtsformspezifische Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung vom 10. Dezember 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (2016) . . 130 4. Entscheidung der Kommission 2006/940/EG vom 19. Juli 2006 betreffend „Exempt Holdings“ . . . . . . . . . . . . . 132 5. Entscheidung der Kommission 2007/256/EG vom 20. Dezember 2006 betreffend französische Groupement d‘intérêt économique (GIE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6. Entscheidung der Kommission 2007/493/EG vom 7. Februar 2007 betreffend sizilianische Genossenschaften . 134 7. Entscheidung der Kommission 2010/13/EG vom 30. September 2009 betreffend das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 8. Brief der Kommission vom 12. Mai 2010 betreffend finnische REITS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 9. Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde vom 23. Juli 2009 betreffend norwegische Genossenschaften . . . . 140 10. Rs. Ladbroke Racing, C-83/98 P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Relevanter Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Entscheidung 93/625/EWG der Kommission vom 22. September 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 c) Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof . . . . . . . 144 11. Rs. Cassa di Risparmio di Firenze, C-222/04 . . . . . . . . . . . . 145 a) Relevanter Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 b) Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 27. Oktober 2005 und Urteil des EuGH vom 10. Januar 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 12. Rs. Paint Graphos, C-78-80/08 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Relevanter Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 b) Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 8. Juli 2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 aa) Zur Frage der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Zur Frage der Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 c) Urteil des EuGH vom 8. September 2011 . . . . . . . . . . . . . 154 13. Rs. Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, C-66/14 . . . . . . . 157 a) Relevanter Sachverhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 XVI

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b) Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 16. April 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 aa) Zur Frage der Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 bb) Zur Frage der Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (1) Vergleichbarkeit juristischer Personen und natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 (2) Vergleichbarkeit steuerlicher Gruppen und allein besteuerter Körperschaftsteuerpflichtiger . . . . . . . 159 (3) Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Konzern­beteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2015 . . . . . . . . . . . . . . 161 14. Zusammenfassende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Dualismus der Unternehmensbesteuerung auf dem ­Prüfstand des Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 a) Relevante Differenzierungen im Überblick . . . . . . . . . . . . 164 aa) Besteuerung der Personenunternehmer . . . . . . . . . . . . 164 bb) Besteuerung der Kapitalgesellschaften und ihrer Anteilseigner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 cc) Auswirkungen der Differenzierung . . . . . . . . . . . . . . . 167 b) Rein rechtsformspezifische Natur der Differenzierung . . . 169 2. Der Dualismus der Unternehmensbesteuerung im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 aa) Regelbesteuerung nach formalen Kriterien . . . . . . . . . 173 bb) Regelbesteuerung der Kapitalgesellschaften nach materiellen Kriterien – Subsystem für die Besteuerung der Körperschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (1) Gesetzgeberische Grundentscheidung der Anknüpfung der B ­ esteuerung an die Rechtsform der Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (a) Steuersubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (b) Steuerobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (i) Grundsätzliche Trennung zwischen Einkommen von Körperschaft und Mitglied vs. Gesamtbetrachtung . . . . . . . . 181 (ii) Gesetzliche Regelungen zur Berücksichtigung der Vorbelastung auf Anteilseignerebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (iii) Anrechnungs- und Teileinkünfteverfahren als Ausdruck der Gesamtbetrachtung aufgrund Regelungsmechanismus . . . . . . . 184

XVII

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(iv) Sondertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen als Ausdruck der Gesamtbetrachtung aufgrund Regelungsmechanismus? . . 186 (v) Absicht des Gesetzgebers: Rechtsformneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (vi) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (vii) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (2) Hinreichende Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (3) Keine ausdrückliche Beihilfegewährung in der Grundentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (4) Folgerichtige Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 (a) Spannungsfeld zwischen formaler zivilistischer Anknüpfung und der Erfassung des wirtschaftlichen Gehalts – Folgen für den Prüfungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 (b) Folgerichtigkeit der Definition der Steuersubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (i) § 1 Abs. 1 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (ii) Besteuerung ertragsteuerlicher Organschaft 192 (iii) Besteuerung der REIT-AG . . . . . . . . . . . . . . 195 (c) Folgerichtigkeit der Zuordnung des Steuerobjekts und der Definition der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 (i) Behandlung schuldrechtlicher Verträge . . . 198 (ii) Korrespondierende Besteuerung von Gewinnausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . 199 (iii) Korrespondierende Besteuerung verdeckter Einlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 (iv) Formelles Korrespondenzprinzip nach § 32 a KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 (v) Anwendung der Zinsschranke nach § 8 a Abs. 2 und 3 KStG . . . . . . . . . . . . . . . 206 (vi) Behandlung von Verlusten . . . . . . . . . . . . . 208 (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 cc) Regelbesteuerung der Personengesellschaften nach materiellen Kriterien – Subsystem für die Besteuerung der Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter . . 211 (1) Gesetzgeberische Grundentscheidung der Anknüpfung der ­Besteuerung an die Rechtsform der Personengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 (2) Hinreichende Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 (3) Keine ausdrückliche Beihilfegewährung . . . . . . . . 215 (4) Folgerichtige Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 XVIII

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(a) Folgerichtigkeit der Definition der Steuersubjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 (i) Grundfall der OHG und GbR . . . . . . . . . . . 216 (ii) Besteuerung der KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (iii) Besteuerung der Publikums-KG . . . . . . . . . 220 (iv) Besteuerung der GmbH & Co KG . . . . . . . 221 (b) Folgerichtigkeit der Zurechnung des Steuerobjekts und Definition der Bemessungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (5) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 dd) Regelbesteuerung der Personen- und Kapitalgesellschaften nach ­materiellen Kriterien – das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 V. § 15 Abs. 3 EStG auf dem Prüfstand des Beihilferechts . . . . . . 229 1. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Relevante Differenzierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 aa) Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG . . . . . . . . 229 bb) Gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Rein rechtsformspezifische Natur der Differenzierungen . 231 aa) § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 bb) § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 bb) Regelbesteuerung und Ausnahme nach materiellen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 3. Gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . 237 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 bb) Regelbesteuerung und Ausnahme nach materiellen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 cc) Begünstigende Wirkung der Ausnahme . . . . . . . . . . . . 241 b) Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

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VI. Besteuerung der Genossenschaften auf dem Prüfstand des  Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 1. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Betriebsausgabenabzug von Rückvergütungen nach § 22 KStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 b) Rein rechtsformspezifische Natur des § 22 KStG . . . . . . . 245 c) Sonstige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 2. Betriebsausgabenabzug von Rückvergütungen nach § 22 KStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . 247 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 bb) Regelbesteuerung nach materiellen Kriterien: materiell-rechtliche Verankerung des § 22 KStG . . . . 248 (1) Zivilrechtliche Natur von Rückvergütungen . . . . 248 (2) Objektives Nettoprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 (3) Anknüpfung an zivilrechtliche Grundstrukturen . 251 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 VII. Die Besteuerung der KGaA auf dem Prüfstand des ­ Beihilferechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 a) Besteuerung der KGaA im deutschen Unternehmenssteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 b) Rein rechtsformspezifische Natur der Besteuerung . . . . . . 255 2. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Begünstigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 bb) Regelbesteuerung nach materiellen Kriterien . . . . . . . 256 (1) Gesellschaftsrechtliche Natur der KGaA . . . . . . . . 256 (2) Anknüpfung an zivilrechtliche Grundstrukturen . 258 b) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 VIII. Kriterien der Selektivität rechtsformspezifischer ­Besteuerung 259 1. Inhalt der Selektivitätsprüfung im alternativen Prüfungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. Selektivität auch rechtsformspezifischer Besteuerung . . . . . 260 3. Selektivität rein rechtsformspezifischer Besteuerung – ­Voraussetzung des Tätigkeitsbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

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IX. Tatbestandsvoraussetzungen der Staatlichkeit der Mittel, der Eigenschaft als Unternehmen sowie der Wettbewerbs­ verzerrung und Handelsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

D. Grundsätze für die Untersuchung rechtsformspezifischer steuerlicher Differenzierungen im Beihilferecht I. Unterscheidung zwischen auch und rein rechtsform­spezifischer Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 II. Allgemeine Kriterien der Untersuchung rein rechtsformspezifischer Besteuerung am Beispiel der deutschen ­Unternehmensbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Relevante Tatbestandsmerkmale in den verschiedenen Prüfungs­ansätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 2. Existenz von Subsystemen – Eingeschränkte beihilferechtliche Relevanz der dualistischen Unternehmensbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 3. Existenz subsystemübergreifender Prinzipien – Das Leistungs­fähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 4. Kein Beihilfecharakter rein rechtsformspezifischer Vorschriften, die der Grundentscheidung des Subsystems entsprechen – Anknüpfung an zivilrechtliche Vorstrukturierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 5. Kein Beihilfecharakter rein rechtsformspezifischer Vorschriften, die anderen Prinzipien des Steuersystems entsprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 6. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei zivilrechtlich hybriden Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 7. Keine Selektivität rein rechtsformspezifischer Vorschriften 268 III. Kriterien für die Bewertung von Steuersystemen ohne Rechtsformanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 1. Kein allgemeines Postulat der Rechtsformneutralität aus dem ­Beihilfeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 2. Vergleich des Ergebnisses mit der Rechtsprechung und ­Kommissionspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

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E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317

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A. Einleitung I. Fragestellung Das unionsrechtliche Beihilfeverbot des Art. 107 AEUV erfreut sich zu­ nehmender Aufmerksamkeit verschiedenster Akteure. So greift die Kommission vermehrt auf dieses Werkzeug der Wettbewerbspolitik zu­ rück, um die Mitgliedstaaten bei der Förderung vorrangig einheimischer Unternehmen an die Kandare zu nehmen. Dabei geht sie stärker den je auch gegen Maßnahmen der mitgliedstaatlichen Steuerpolitik vor, die beihilfeverdächtig erscheinen. So machten im Jahr 2016 Steuerbeihilfen knapp 31 v. H. der von der Kommission untersuchten Beihilfemaßnah­ men aus.1 Gleichzeitig soll das Beihilfeverbot auch im Kampf gegen schädlichen Steuerwettbewerb instrumentalisiert werden.2 Während Kommission und Rechtsprechung Steuerbeihilfen schon länger „auf dem Radar“ haben3, wächst das entsprechende Problembewusstsein auf Ebene der Mitgliedstaaten und betroffenen Unternehmen erst seit kürzerer Zeit. So entzündete sich die intensive thematische Auseinandersetzung in der deutschen steuerrechtlichen Diskussion – bis auf wenige Ausnah­ men – erst mit der Entscheidung der Kommission zur Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG.4 An diesem Beispiel, aber auch an demjenigen der 1 Informationen der Kommission, abrufbar unter http://ec.europa.eu/competition/­ state_aid/scoreboard/index_en.html (zuletzt geprüft am 29.01.2018). Zur Bedeutung der Steuerbeihilfen Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-001; Pistone, Intertax 2012, 84. Zum verstärkten Vorgehen der Kommission gegen Steuer­ beihilfen Blumenberg/Lausterer, in: Festschrift für Albert J. Rädler, 1, 3. 2 Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1; vgl. zur geplanten Überarbeitung Pressemitteilung der Kommission vom 18.3.2015, IP/15/4610); siehe auch die Entscheidung des EuGH in der Rs. Gibraltar, vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/­Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, dazu näher unter B.III.2; sowie die Beschlüsse der Kommission zu Steuerbeihilfen für Fiat (21.10.2015, (EU) 2016/2326, ABl. EU 2016 Nr. L 351/1), Star­ bucks (21.10.2015, (EU) 2017/502, ABl. EU 2017 Nr. L 83/38) und Apple (30.08.2016, (EU) 2017/1283, ABl. EU 2017 Nr. L 187/1) und Koenig, EStAL 2014, 611. 3 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003; Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staat­ liche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, (im Folgenden „Mitteilung der Kommission zur direkten Unternehmensbesteuerung“). 4 Beschluss der Kommission, 26.01.2011, 2011/527/EU, ABl. EU 2011 Nr. L 235/26. Vgl. zur bisherigen geringen Beachtung des Beihilferechts nur die Aufzählung in Kessler/Spengel, DB 2015, Beilage Nr. 1 zu Heft 5, 1 ff. Zuletzt hat sich die Diskus­ sion jedoch intensiviert, vgl. nur die Vorlagefrage des BFH zur Beihilfequalität von § 6a GrEStG, BFH, Beschluss vom 30.05.2017, II R 62/14, BStBl. II 2017, 916; zu die­ sem Thema Cordewener/Henze, FR 2016, 756; Behrens, DStR 2016, 785; Greiser/ Rotter, IWB 2017, 662; sowie das Notifizierungsverfahren betreffend die gesetzliche Neuregelung zur Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne (§ 3a EStG, § 7b GewStG), dazu Hey, FR 2017, 453; Cloer/Vogel, IWB 2017, 494.

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A. Einleitung

Rs. Gibraltar5, zeigt sich nicht nur die wachsende Bedeutung des Beihil­ feverbots für Steuermaßnahmen, sondern auch die zunehmend weite Auslegung, die der Beihilfebegriff des Art. 107 Abs. 1 AEUV durch Recht­ sprechung und Kommission erfährt. So wird sogar die Konzeption ganzer Steuersysteme mit den Mitteln des Beihilfeverbots in Frage gestellt.6 In diesen Kontext fügt sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen ­Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität. Viele mitgliedstaatliche Steu­ ersysteme verfolgen bereits in ihrem Grundriss unterschiedliche Be­ steuerungskonzepte für Unternehmen verschiedener zivilrechtlicher Rechtsformen. Kennzeichen dieser Systeme ist regelmäßig die fehlende Rechtsformneutralität. Stehen nun aber im Rahmen der Beihilfekontrol­ le der Kommission ganze Steuersysteme unter Beihilfeverdacht, so ist es denkbar, auch diese Systementscheidung beihilferechtlich zu überprü­ fen, wenn für einzelne Rechtsformen Vorteile daraus entstehen. Darüber hinaus enthalten zahlreiche Steuersysteme nicht nur in ihrer Konzepti­ on, sondern in Einzelnormen Sondervorschriften für bestimmte Rechts­ formen unternehmerischer Betätigung. Würde für die dargestellten Kon­ stellationen das Beihilfeverbot eingreifen, so könnte die vielfach vorgebrachte Forderung nach Rechtsformneutralität7 auch mit Hilfe des Beihilferechts begründet werden. Das Ziel der Wettbewerbsneutralität, das dem Beihilfeverbot zugrunde liegt, würde dasjenige der Rechtsform­ neutralität einschließen.8 Art. 107 Abs. 1 AEUV könnte so in Bezug auf die Systematisierung des Steuerrechts „steuerhygienisch“9 wirken. Weder in der Mitteilung der Kommission zur direkten Unternehmensbe­ steuerung aus dem Jahr 199810 noch in ihrer Bekanntmachung zum Be­ griff der staatlichen Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV aus dem Jahr 201611 nimmt die Kommission umfassend zu dieser Frage Stellung. Eben­ so wenig erschließen sich aus der Rechtsprechung klare Ansätze zur Be­ handlung rechtsformspezifischer Steuernormen. In der Literatur wird die Frage teilweise aufgeworfen, eine umfassende und systematische Aufar­ 5 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113. Zur Untersuchung des neuen Besteuerungsystems in Gibraltar vgl. Euro­ päische Kommission, Pressemitteilung vom 16.10.2013, IP/13/955, sowie vom 01.10.2014, IP/14/01073. 6 So in der Rs. Gibraltar. 7 Vgl. statt aller Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 368 f. 8 Stiehler, Unternehmensteuerreform 2008: eine Analyse der Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, 10 f. 9 Hey, StuW 2005, 317, 319. 10 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3. 11 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1.

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I. Fragestellung

beitung der Thematik fehlt jedoch.12 Auch die europäischen Verträge be­ inhalten keine Aussage zu dieser Materie.13 Gleichzeitig scheint das Ver­ hältnis zwischen Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität an Relevanz zu gewinnen. So hat die Kommission verschiedene Fälle steuerlicher Sondernormen für bestimmte Rechtsformen aufgegriffen und die Vor­ schriften auf ihre Beihilfequalität hin überprüft.14 Auch die Rechtspre­ chung war immer wieder, zuletzt in den Rs. Paint Graphos und Finanzamt Linz15, mit der Thematik rechtsformspezifischer Steuerregelungen befasst. Die fehlende Aufarbeitung der Materie sowie ihre wachsende praktische Relevanz bilden die Grundlage für die Befassung dieser Arbeit mit der Fragestellung „Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität“. Zur Bearbeitung des Gegenstandes ist ein klares Verständnis der Ausle­ gung des Beihilfeverbots unerlässlich. Weder in der Grundkonzeption noch im Hinblick auf Einzelaspekte ist die Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV durch Rechtsprechung, Kommission und Literatur jedoch eindeutig.16 Insbesondere fehlt es an systematischer Klarheit. Diesen Mangel hat auch die Kommission erkannt und möchte den Beihilfebe­ griff eindeutiger definieren.17 Aus diesen Gründen wird es für Zwecke der Untersuchung der Interdependenzen zwischen Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität erforderlich sein, eine klare und systematische Auslegung des Beihilfeverbots zu entwickeln. Die Fragestellung dieser Arbeit stellt sich deshalb zweistufig dar. Zu­ nächst ist die Auslegung des Beihilfeverbots, wie sie in der Arbeit verwen­ det werden soll, herauszuarbeiten. Sodann ist anhand des entwickelten Verständnisses des Art. 107 Abs. 1 AEUV zu untersuchen, ob und wie sich die Forderung nach Rechtsformneutralität in das Beihilfeverbot einfügt. 12 So auch Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuer­ recht, 90 Fn. 349. 13 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 83. 14 Zu den einzelnen Fällen vgl. C.III.4 bis C.III.9. 15 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/ Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242 (Zitation entsprechend der Veröffentli­ chung in der digitalen Sammlung, abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/­ recherche.jsf?language=de (zuletzt geprüft am 23.10.2017). Dies gilt für alle derartig zitierten Urteile und Schlussanträge.). Zu dieser Rs. und anderen Fällen vgl. C.III.10 bis C.III.12. 16 Biondi, CMLR 2013, 1719. 17 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Euro­ päischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Modernisierung des EU-Beihilfenrechts, COM(2012) 209 final; vgl. auch Bekannt­ machung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1.

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A. Einleitung

II. Begriff der Rechtsformneutralität Die Forderung nach Rechtsformneutralität der Besteuerung hat ihren Ur­ sprung in der Finanzwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre.18 Dort wird verlangt, dass das Steuerrecht keinen Einfluss auf die Entscheidung zwischen Rechtsformen ausüben solle.19 Insbesondere dürfe die Besteue­ rung keine gesamtwirtschaftlichen Fehlallokationen hervorrufen.20 Die Forderung nach steuerlicher Rechtsformneutralität ist somit Teil eines allgemeineren Postulats der Entscheidungsneutralität.21 Aber auch in der Rechtswissenschaft hat sie eine Tradition als rechtspolitisches Ziel.22 Dieses wird teilweise aus dem Gleichheitssatz, namentlich dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, hergeleitet23, zum Teil mit dem Gedanken der Wettbewerbsneutralität der Besteuerung begründet.24 Dem Postulat nach Rechtsformneutralität liegt der Gedanke zugrunde, dass sich die exakt gleiche wirtschaftliche Betätigung in unterschiedli­ chen Rechtsformen betreiben lässt. Der wirtschaftliche Gehalt der Tätig­ keit deckt sich, während allein die Rechtsform sich unterscheidet.25 Die 18 Tipke, NJW 1980, 1079; Kirchhof, in: Festschrift für Peter Bareis, 133, 135; Sieker, in: Seeger, DStJG 25, 145, 149 ff.; Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 157; Lang, StuW 1990, 107, 115 ff.; Schneider, DB 2004, 1517, 1518 ff.; Wagner, StuW 1992, 2, 3 ff.; Kiesewetter, StuW 1997, 24, 25. 19 Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 157; Elschen, StuW 1991, 99, 102 ff. Z.T. wird Rechtsformneutralität als Finanzierungsneutralität verstanden, Schreiber, Wpg 2002, 557, 563. Zum Einfluss der Besteuerung auf die Rechtsformwahl z.B. ­Mackie-Mason/Gordon, The Journal of Finance 1997, 477. 20 Wagner, StuW 2006, 101, 102 m.w.N. 21 Wagner, StuW 2006, 101, 102 m.w.N. 22 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 9 f., F 22 f.; vgl. bereits Becker, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmäßigen Grundsät­ zen zu besteuern, ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Gewerbe betrieben wird? Welche Wege rechtlicher Ausgestaltung bieten sich für eine solche Besteue­ rung?, Gutachten für den 33. Deutschen Juristentag, Einleitung, 450 f.; zur rechts­ historischen Befassung vgl. Tipke, NJW 1980, 1079, 1080. 23 Dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 2. 24 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 9, F 56; Schön, StuW 2000, 151, 152; zur Wettbewerbsverzerrung durch rechtsformabhängige Besteuerung Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 159 ff.; kritisch aufgrund empirischer Argumente Rose, in: Festschrift für Wilhelm H. Wacker, 49, 54; diese Methodik bezweiflend Siegel, in: Festschrift für Dieter Schneeloch, 271, 279. 25 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 65; Clemm, in: Festschrift für Franz Klein, 715, 717; Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht, eine unerwünschte Rechtsquelle des Gesellschafts­ rechts?, 2; Birgelen, Die Beeinträchtigung der handelsrechtlichen Gestaltungsfrei­ heit durch das Steuerrecht, 8; Pezzer, in: Seeger, DStJG 25, 37, 43; Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 78; so bereits Becker/Lion, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmäßigen Grundsätzen zu besteuern,

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III.  Gang der Untersuchung

unterschiedliche steuerliche Behandlung solcher Sachverhalte erscheint fragwürdig, weil sie unternehmerische Entscheidungen beeinträchtigen26 und Ineffizienzen herbeiführen kann. In dieser Arbeit wird nicht die Frage der Sinnhaftigkeit oder der Begrün­ dung des Postulats der Rechtsformneutralität im Allgemeinen behan­ delt. Vielmehr soll untersucht werden, ob und inwieweit aus dem Beihil­ feverbot eine solche Forderung abgeleitet werden kann.

III. Gang der Untersuchung Die Fragestellung als solche gibt bereits den Gang der Untersuchung vor. Auf eine Darstellung des europäischen Beihilferechts im Bereich der direk­ ten Steuern, die insbesondere auf den zu verwendenden Prüfungsansatz im Hinblick auf Art. 107 Abs. 1 AEUV eingeht, folgt die Untersuchung der Interdependenzen zwischen Beihilferecht und Rechtsformneutrali­ tät. Dabei sollen insbesondere die Rechtsprechung, Kommissionspraxis und Literatur zu rechtsformspezifischen Differenzierungen untersucht und einzelne rechtsformspezifische Differenzierungen in der deutschen Unternehmensbesteuerung auf ihre beihilferechtliche Relevanz hin überprüft werden. Aus einer Zusammenschau daraus sollen Grundsätze für die Untersuchung rechtsformspezifischer Differenzierungen im Bei­ hilferecht entwickelt werden.

ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Gewerbe betrieben wird? Welche Wege rechtlicher Ausgestaltung bieten sich für eine solche Besteuerung?, Gutach­ ten für den 33. Deutschen Juristentag, 431. 26 Kirchhof, in: Ebling, DStJG 24, 9, 25; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 79 f.

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B. Europäisches Beihilferecht im Bereich der ­direkten ­Steuern Die Darstellung des europäischen Beihilferechts im Bereich der direkten Steuern umfasst einen einleitenden Überblick über die Stellung des Bei­ hilferechts im europäischen Rechtskontext sowie eine Untersuchung der Auslegung des Beihilfeverbots in Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dabei sollen sowohl die klassische Auslegung der Regelung als auch jüngere Ten­ denzen in der Norminterpretation aufgezeigt und bewertet werden. Schließlich wird ein alternativer Prüfungsansatz, der in der darauf fol­ genden Untersuchung Verwendung finden soll, vorgestellt und weiter­ entwickelt.

I. Das Beihilfeverbot im europäischen Rechtskontext Zur Darstellung des Beihilfeverbots im europäischen Rechtskontext sol­ len die Verankerung des Beihilferechts im Wettbewerbsrecht und das Spannungsfeld zwischen dem Beihilferecht einerseits und der Gesetzge­ bung im Recht der direkten Steuern andererseits aufgezeigt werden. 1. Beihilferecht als Teil des europäischen Wettbewerbsrechts Das Beihilferecht ist Teil des wettbewerbsrechtlichen Regelungskomple­ xes des AEUV und dort in Art. 107 bis 109 verankert. Es dient, im Gleich­ lauf mit den europäischen Wettbewerbsregeln im Allgemeinen27, dem Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt vor Verfälschungen28 und inso­ fern der Vervollständigung des Binnenmarktkonzepts des AEUV.29 Nach Auffassung der Kommission, die nach Art. 108 Abs. 1 AEUV für die Bei­ hilfekontrolle zuständig ist, sollen trotz der von Mitgliedstaat zu Mit­ 27 EuGH, Urteil vom 21.02.1973, 6/72, Europemballage/Kommission, Slg. 1973, 00215, Rz. 25; Immenga/Mestmäcker, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbs­ recht, I.A., Rz. 17; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommen­ tar, Vorb. Art. 107–109 AEUV, Rz. 2. 28 Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV, Rz. 3; Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 1; von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Euro­ päischen Union, Art. 107 AEUV, Rz. 10; Götz/Martínez-Soria, in: Dauses, EU-Wirt­ schaftsrecht, H.III Subventionsrecht, Rz. 36; Immenga/Mestmäcker, in: Immenga/ Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, I.A., Rz. 61; Aktionsplan staatliche Beihilfen, 07.06.2005, KOM(2005) 107 final, Rz. 15. 29 Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 EUV; Protokoll (Nr. 27) zu EUV und AEUV über den Binnen­ markt und den Wettbewerb, ABl. EU 2008 Nr. C 115/309; Cremer, in: Callies/Ruf­ fert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 5; Sánchez Rydelski, Handbuch EU Beihilfe­ recht, 26.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

gliedstaat divergierenden Ressourcenausstattung und Traditionen auf Ebene staatlicher Eingriffe gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden.30 Die Beihilfevorschriften ergänzen konzeptionell insbesondere das Verbot tarifärer Handelshemmnisse (Art. 28 ff. AEUV für den Waren­ verkehr), indem sie neben der davon erfassten Belastung unerwünschter Konkurrenz aus anderen Mitgliedstaaten auch Wettbewerbsverzerrun­ gen durch die Begünstigung inländischer Unternehmen auf den Prüf­ stand stellen.31 Der Verwirklichung des Binnenmarktkonzeptes dienen neben dem Beihilferecht Art. 115 bis 117 AEUV, die den Erlass von Richtlinien für die Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschrif­ ten ermöglichen. Insbesondere Art. 116 AEUV32 tritt als Regelung zur punktuellen Rechtsangleichung33 in ein „Konkurrenzverhältnis“34 zum Beihilferecht, da er dem Parlament und dem Rat die Kompetenz verleiht, Richtlinien nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu erlassen, wenn Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mit­ gliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt verfäl­ schen, dadurch eine Verzerrung hervorrufen und Beratungen mit dem Mitgliedstaat ergebnislos verlaufen sind.35 Im Gegensatz zu Art. 101 bis 105 AEUV, die Wettbewerbsregeln an Un­ ternehmen richten, soll das Beihilfeverbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV den Wettbewerb vor staatlichen Eingriffen schützen.36 Die Norm statuiert ein generelles Verbot37 staatlicher oder aus staatlichen Mitteln gewährter 30 Aktionsplan staatliche Beihilfen, 07.06.2005, KOM(2005) 107 final, Rz. 9. Die Schaffung vollständig gleicher Wettbewerbsbedingungen im Hinblick auf das Steu­ errecht scheitert jedoch bereits an den grundsätzlich unterschiedlichen Steuersys­ temen in den Mitgliedstaaten, die bisher mangels Harmonisierung und der damit verbleibenden Steuersouveränität der Mitgliedstaaten nicht umfassend angeglichen wurden, so Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steu­ ersachen, 23; Lever, EStAL 2013, 5, 6. 31 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 5; Aktionsplan staatli­ che Beihilfen, 07.06.2005, KOM(2005) 107 final, Rz. 7. 32 Zur geringen praktischen Bedeutung insbesondere des Art. 116 AEUV allerdings Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 37. 33 Korte, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 116 AEUV, Rz. 3. 34 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 35; vgl. dazu auch Cecco, State aid and the European economic constitution, 96; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 21. 35 Zur Abgrenzung beider Normen Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 31 ff.; Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxel­ heim, National tax policy in Europe, 121, 125. 36 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 1; Immenga/Mestmäcker, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, I.A., Rz. 61. 37 Es handelt sich, obwohl der Wortlaut dies nicht ausdrücklich bestimmt, um ein Verbot, EuGH, Urteil vom 15.07.1964, 6/64, Costa/ENEL, Slg. 1964, 01253, 1272 f.; EuGH, Urteil vom 22.03.1977, 78/76, Steinike und Weinling/BRD, Slg. 1977, 00595, Rz. 8; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 29; Evans, European Community Law of State Aid, 3; Bacon, Euro­

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I.  Europäischer Rechtskontext

Beihilfen für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Han­ del zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Dieses Verbot ist aber „weder absolut noch unbedingt“38, da Art. 107 Abs. 2 (Legalausnahmen) und Abs. 3 (Ermessensausnahmen) AEUV sowie Art. 106 Abs. 2 AEUV davon Fälle ausnehmen39, in denen Beihilfen Zielen gemeinschaftlicher Interessen dienen.40 Abgeschlossen wird der Regelungskomplex durch eine Verfahrensvorschrift in Art. 108 AEUV41 und eine Verordnungser­ mächtigung in Art. 109 AEUV. Bereits Art. 4 lit. c EGKSV42 sah für den gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl ein Verbot staatlicherseits bewilligter Subventionen, Beihilfen oder von den Staaten auferlegter Sonderlasten vor. Das Beihilferecht in seiner jetzigen Form, wie es sich im AEUV findet, war zunächst und im Hinblick auf das grundsätzliche Beihilfeverbot wortgleich in Art. 92 bis 94 EWGV, dann in Art. 87 bis 89 EGV geregelt.43 2. Beihilferecht im Bereich der direkten Steuern Auf den ersten Blick richtet sich das Beihilfeverbot gegen Vorteile, die ein Mitgliedstaat einem oder mehreren Unternehmen direkt gewährt. pean Union Law of State Aid, Rz. 1.22; differenzierend Quitzow, State measures distorting free competition in the EC, 139; zu den Rechtsfolgen beihilfeverbotswid­ riger Beihilfen vgl. Martini, StuW 2017, 101. 38 EuGH, Urteil vom 22.03.1977, 78/76, Steinike und Weinling/BRD, Slg. 1977, 00595, Rz. 8; vgl. statt aller Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 4. 39 Eine Darstellung zu diesem Themenkomplex, der im Weiteren nicht näher be­ leuchtet wird, findet sich bei Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 187 ff.; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 43 ff.; Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unions­ recht, Art. 107 AEUV, Rz. 22 ff.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 395 ff., und Nicolaides/Kekelekis/Kleis, State Aid Policy in the Euro­ pean Community, 43 ff. Zu aktuellen Entwicklungen im Hinblick auf Art. 107 Abs. 3 AEUV vgl. Ababou, EStAL 2011, 149. 40 Aktionsplan staatliche Beihilfen, 07.06.2005, KOM(2005) 107 final, Rz. 10. 41 Zum Verfahren allgemein Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 359 ff. 42 Außer Kraft getreten am 23. Juli 2002. Zum Verhältnis der Vorschriften EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 62 f. 43 Zur Genese der Art. 107 bis 109 AEUV ausführlich von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 107 AEUV, Rz. 2. Abzugrenzen von den durch Art. 107 Abs. 1 AEUV erfassten Beihilfen von Seiten der Mitgliedstaaten sind die sog. Gemeinschaftsbeihilfen; vgl. zum Begriff Götz/Martínez-Soria, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, H.III Subventionsrecht, Rz. 30; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 52. Diese werden auf Grund­ lage des Unionsrechts gewährt, EuGH, Urteil vom 19.01.2006, C-240/03 P, Comu­ nità montana della Valnerina/Kommission, Slg. 2006, I-00731, Rz. 143, und fallen daher schon dem Wortlaut nach nicht unter das Beihilferecht des AEUV, dazu Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 80; Englisch, EuR 2009, 488.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Das augenfälligste Beispiel dafür sind direkte Subventionen44, die ein Staat einem Unternehmen in Form von Geldzahlungen zukommen lässt45, die sog. verlorenen Zuschüsse.46 Im Gegensatz zu solchen unmit­ telbaren Begünstigungen kommen Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuern dem Empfänger nur mittelbar zugute. Sie entspre­ chen nicht dem Leitbild des Staates, der Geld gibt, und des Unterneh­ mens, das die Hand aufhält, sondern sind gekennzeichnet durch den Ver­ zicht des Staates auf eine Steuerforderung in einer bestimmten Höhe. In diesen Konstellationen tritt der Vorteil des steuerpflichtigen Unterneh­ mens nur indirekt zu Tage. Dennoch haben sowohl die Rechtsprechung47 als auch die Kommission48 von Anfang an in ihrer Entscheidungspraxis auch derartige nur mittelbar wirkende Maßnahmen unter das Tatbe­ standsmerkmal der Beihilfe subsumiert.49 Im Folgenden wird zunächst diese Auslegung dargestellt. Danach folgt eine kurze Erläuterung des Verhältnisses zwischen mitgliedstaatlicher Kompetenz im Bereich der direkten Steuern und Beihilfekontrolle durch die Kommission.

44 Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.05; Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 270; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 48. Zum Begriff der direkten Subvention Bayer, StuW 1972, 149, 154; Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 410. 45 So EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 42, zum Begriff der Beihilfe in Art. 4 lit. c EGKSV. Die dort entwickel­ ten Auslegungsgrundsätze sind sinnvollerweise auch für die Auslegung des Beihil­ feverbots im AEUV heranzuziehen, vgl. Generalanwalt Lenz, Schlussanträge vom 11.01.1994, C-387/92, Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-00877, Fn 29. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall, vgl. EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgit­ ter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 28, 80, bestätigt im Rechtsmittelurteil EuGH, Urteil vom 22.04.2008, C-408/04 P, Kommission/Salzgitter, Slg. 2008, I-02767, Rz. 109; EuG, Urteil vom 21.01.1999, T-129/95, T-2, 97/96, Maxhütte Stahlwerke und Lech-Stahlwerke/Kommission, Slg. 1999, II-00017, Rz. 100; EuG, Urteil vom 29.06.2000, T-234/95, DSG/Kommission, Slg. 2000, II-02603, Rz. 115. 46 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 38; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 52. 47 St. Rspr. seit EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolen­ mijnen, Slg. 1961, 00003, 57; EuGH, Urteil vom 12.07.1973, 70/72, Kommission/ Deutschland, Slg. 1973, 00813, Rz. 2, geht, ohne dies näher zu erörtern, davon aus, dass Beihilfen in Form von Steuerabzügen möglich sind; genauso EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:661. 48 Entscheidung der Kommission, 17.02.1971, 71/121/EWG, ABl. EG 1971 Nr. L 57/19, 19; so auch in der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vor­ schriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unter­ nehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 8; Be­ schluss der Kommission, 26.01.2011, 2011/527/EU, ABl. EU 2011 Nr. L 235/26. 49 Vgl. dazu Streinz, JuS 2001, 599.

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I.  Europäischer Rechtskontext

a) Anwendbarkeit des Beihilferechts im Bereich der direkten Steuern Im Unionsrecht ist der Begriff der Beihilfe nicht definiert.50 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes geht er weiter als der Begriff der Sub­ vention.51 Er schließt nicht nur direkte Zuwendungen ein, „sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermin­ dern, welche ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat“52 und die diesen deshalb „nach Art und Wirkung gleichstehen“53. Diese weite54 Auslegung deckt sich mit dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV, der „Beihilfen gleich welcher Art“ unter das Beihilfeverbot stellt. Sie ist fer­ ner Ausdruck des sog. wirkungsorientierten Ansatzes der Rechtspre­ chung, wonach das Beihilfeverbot nicht nach den Gründen oder Zielen 50 Mederer, in: Groeben/Schwarze, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 87 EGV, Rz. 1; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 67; Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/ AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 10; Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steu­ erplanung, 2140; Santos, L‘Union européenne et la régulation de la concurrence fiscale, 159, 389; Quigley, in: Harden, State aid, Community law and policy, 28. 51 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 43; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommen­ tar, Art. 107 AEUV, Rz. 5; Eisenhut, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV, AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 8; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 22; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 30. All­ gemein zum Subventionsbegriff Bleckmann, Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juristentag, D 8 ff., und zum Ver­ hältnis zwischen Beihilfe- und Subventionsbegriff Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 24 ff. 52 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 43, zum Begriff der Beihilfe in Art. 4 lit. c EGKSV; EuGH, Urteil vom 15.03.1994, C-387/92, Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-00877, Rz. 14; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 71; EuG, Urteil vom 22.01.2013, T-308/00 RENV, Salzgitter/Kommission, ECLI:EU:T:2004:199, Rz. 117. 53 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 43; jüngst EuG, Urteil vom 11.09.2014, T-425/11, Hellenische Repub­ lik/Kommission, ECLI:EU:T:2014:768, Rz. 39; zum Begriff der Beihilfe in Art. 4 lit. c EGKSV, EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibral­ tar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 71. Die Verminderung der Normalbelastung hat zur Fol­ ge, dass eine steuerliche Maßnahme in ihrer Wirkung einer Subvention gleichsteht, ohne dass ihre Wirkungen im Einzelnen mit denen einer Subvention zu vergleichen sind, EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, Rz. 84, 89. 54 In diesem Sinne bereits Antwort der Kommission auf die schriftliche Anfrage Nr. 48 von Herrn Burgbacher an die Kommission der Europäischen Wirtschaftsge­ meinschaft, ABl. EG 1963 Nr. P 125/2235; siehe statt aller Cremer, in: Callies/Ruf­ fert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 10. Generell für eine weite Auslegung plädie­ ren Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 76; Koenig/Kühling, EuZW 1999, 517, 520; Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 415 f.; Caspari, in: Festschrift für Hans von der Groeben, 69, 78; Pape, Staatliche Kapitalbeteiligungen an Unter­ nehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, 7 ff.; Rengeling, in: Börner/ Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen im Gemeinsamen Markt, 23, 26.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

einer Maßnahme fragt, sondern diese ausschließlich nach ihren Wirkun­ gen beurteilt.55 Eine Differenzierung zwischen den Wettbewerbseffekten von Steuern und anderen Maßnahmen findet also nicht statt.56 Aus die­ sem Grund bestehen keine „Bereichsausnahmen“57, die beispielsweise Steuermaßnahmen generell aus dem Anwendungsbereich des Beihilfe­ verbots ausschließen könnten. b) Spannungsfeld zwischen mitgliedstaatlicher Souveränität und ­Beihilfeverbot Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass aus unionsrechtlicher Sicht die Kompetenz im Bereich der direkten Steuern bei den Mitgliedstaaten verblieben ist.58 Das Binnenmarktkonzept kann 55 St. Rspr. seit EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolen­ mijnen, Slg. 1961, 00003, 43, und EuGH, Urteil vom 02.07.1974, 173/73, Italien/ Kommission, Slg. 1974, 00709, Rz. 26/28; EuGH, Urteil vom 24.02.1987, 310/85, Deufil, Slg. 1987, 00901, Rz. 8; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 87; EuGH, Urteil vom 24.11.2011, C-458/09 P, Italien/Kommission, Slg. 2011, I-00179, Rz. 60; im Grundsatz befür­ wortend Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 416; ausführlich zur Begründung des Ansatzes Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steu­ errecht, 48 f.; zur Kritik vgl. u.a. Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 37 ff. – Dieser Ansatz wird auch bezeichnet als „Formneutralität des Bei­ hilfenverbots“, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 39, Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxelheim, National tax po­ licy in Europe, 121, 122; Sutter, in: Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 83, 85, und Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 15, oder „functional approach“, Baudenbacher, A brief guide to European state aid law, 8. Vgl. auch Green/Hartley/Usher, The legal foundations of the single European mar­ ket, 289; Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unions­ recht, Art. 107 AEUV, Rz. 8; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 67; Mederer, in: Groeben/Schwarze, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 87 EGV, Rz. 7, und bereits Groeben/Thiesing/Ehlermann, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, Handbuch des europäischen Rechts, Art. 92 EWG, Rz. 6. Jansen, Vorgaben des europäischen Bei­ hilferechts für das nationale Steuerrecht, 42, stellt eine Entwicklung vom zweckzum wirkungsorientierten Ansatz fest. 56 Jaeger, EuZW 2012, 92. 57 Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 10; Kreuschitz/Wer­ nicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 5; Jaeger, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) – Beihilfen- und Vergaberecht, Art. 107 AEUV – Steuerliche Maßnah­ men, Rz. 1; EuGH, Urteil vom 02.07.1974, 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 00709, Rz. 26/28; EuGH, Urteil vom 24.02.1987, 310/85, Deufil, Slg. 1987, 00901, Rz. 8. 58 Zur Kompetenz der Mitgliedstaaten: Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU ­State Aids, Rz. 10-003; Terra/Wattel, European tax law, 7 ff.; Pinto, Tax competition and EU law, 55; Schön, IStR 2004, 289; Klein, in: Lehner, DStJG 19, 7; Erhardt, KSzW 2012, 198, 199; Blumenberg/Lausterer, in: Festschrift für Albert J. Rädler, 1, 12.

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I.  Europäischer Rechtskontext

bisher im Bereich der direkten Steuern nur in sehr engen Grenzen durch Harmonisierung nach Art. 114 AEUV verwirklicht werden.59 Dies ist ausdrücklich in Abs. 2 der Vorschrift geregelt. Die direkte Besteuerung ist vielmehr Ausdruck mitgliedstaatlicher Souveränität.60 Dennoch ist auch dieser Bereich, in dem zwar zum Großteil ein „Vakuum“ hinsicht­ lich unionsrechtlicher Regelung besteht, nicht „frei“ von Unionsrecht: Die Mitgliedstaaten haben nichtsdestotrotz die Grundfreiheiten61 wie auch die Freiheit von unzulässigen Beihilfen zu gewährleisten, sind also an das Unionsrecht gebunden.62 Folglich stehen sich bei der Anwendung des Beihilferechts im Bereich der direkten Steuern zwei Positionen, die Kompetenz der Kommission zur Beihilfeaufsicht und die mitgliedstaatli­ che Souveränität in Steuersachen, diametral gegenüber.63 Die Herausfor­ derung der Auslegung des Beihilfeverbots ist es, diese Positionen zu ei­ nem sachgerechten Ausgleich zu bringen.64 59 Fischer, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 114 AEUV, Rz. 4; Terra/ Wattel, European tax law, 16 f.; Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 763 f.; Saß, in: Lehner, DStJG 19, 31. Allenfalls kann von „partieller Harmonisie­ rung“ gesprochen werden, so Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrens­ rechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 14. Zum Verhältnis zwischen System­ angleichung und Systemwettbewerb Schön, in: Pelka, DStJG 23, 191, 195 ff. 60 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 23; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direk­ te Unternehmensbesteuerung, 53. 61 EuGH, Urteil vom 28.01.1986, 270/83, Avoir Fiscal, Slg. 1986, 00273, Rz. 24; vgl. zum Spannungsfeld zwischen Steuersouveränität und Grundfreiheiten Drüen/Kahler, StuW 2005, 171. 62 EuGH, Urteil vom 18.06.2009, C-303/07, Aberdeen Property Fininvest Alpha Oy, Slg. 2009, I-05145, Rz. 24. Vgl. insbesondere die umfangreiche Darstellung bei Friese, Rechtsformwahlfreiheit im Europäischen Steuerrecht, 108 Fn. 426. 63 Rossi-Maccanico, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 39, 40 f.; Rodi, in: Fest­ schrift für Peter Selmer, 479, 481 f.; Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 3; Jansen, Vor­ gaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 34; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unter­ nehmensbesteuerung, 33; Englisch, StuW 2012, 318, 320; ähnlich Mayr, in: Festschrift für Werner Doralt, 303; Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 234; Blauberger, From Negative to Positive Integration? European State Aid Control Through Soft and Hard Law – MPlfG Discussion Paper 08/4, 8 f.; Piantavigna, Rivista di di­ ritto finanziario e scienza delle finanze 2011, 135; Thompson, EC Tax Journal 2001, 65, 66; Pescatore, The law of integration, 27 ff.; Geiss, Rechtsstaatliche Grundsätze im Beihilferecht der Europäischen Gemeinschaft, 34 f. Zur gegenseitigen Abhängig­ keit von Marktwirtschaft und Steuerstaat: Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfe­ vorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 53 f. 64 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direk­ te Unternehmensbesteuerung, 63, 87; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilfe­ rechts für das nationale Steuerrecht, 186. Für die Interdependenz zwischen Grund­ freiheiten und Steuerhoheit vgl. Kube, IStR 2003, 325, 331. Gleichzeitig grenzt die Definition der Kompetenz der Kommission zur Beihilfekontrolle diese im Verhält­ nis zur Kompetenz des Rates zur Rechtsangleichung ab, Birkenmaier, Die Vorgaben

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

II. Klassische Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV durch Rechtsprechung und Kommission In der Rechtsprechung der europäischen Gerichte und der Entschei­ dungspraxis der Kommission hat sich für den Bereich der direkten Steu­ ern ein Prüfungsansatz entwickelt, den die Kommission auch in ihre Mitteilung zur direkten Unternehmensbesteuerung65 aufgenommen hat. Dieser versucht, den Besonderheiten des Steuerrechts im Rahmen der beihilferechtlichen Prüfung Rechnung zu tragen. Im Folgenden wird zu­ nächst die klassische66 Auslegung des Beihilfeverbots durch Rechtspre­ chung und Kommission im Allgemeinen dargestellt. Sodann wird auf die Besonderheiten steuerlicher Beihilfen eingegangen. 1. Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV im Allgemeinen Die Rechtsprechung legt Art. 107 Abs. 1 AEUV zwar nahe am Wortlaut aus67, bleibt jedoch nicht bei diesem stehen und setzt im Einzelfall unter­ schiedliche Schwerpunkte bei den Tatbestandsmerkmalen. Deshalb ist bisher ein einheitliches und gleichmäßig angewandtes Prüfungsschema selten zu erkennen.68 Bei zusammenfassender Betrachtung der Recht­ der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteue­ rung, 87. – Dahingegen sieht Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchfüh­ rungsverbot in Steuersachen, 151, es als Aufgabe der Kommission, über die Anwen­ dung des Art. 107 Abs. 3 AEUV die Schwächen und inhärenten Ungleichgewichte des Tatbestandes des Beihilfeverbotes auszugleichen. Dies ist aber aus Gründen der Rechtssicherheit bedenklich. 65 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3. 66 Diesen Begriff verwendet z.B. auch Hancher, EStAL 2003, 365. 67 Zum Beispiel EuGH, Urteil vom 23.03.2006, C-237/04, Enirisorse/Sotacarbo, Slg. 2006, I-02843, Rz. 39; EuGH, Urteil vom 03.03.2005, C-172/03, Heiser/FA Inns­ bruck, Slg. 2005, I-01627, Rz. 27; EuGH, Urteil vom 24.07.2003, C-280/00, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Slg. 2003, I-07747, Rz. 75; Streinz, JuS 2004, 150. Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steu­ errecht, 43, 45, stellt dies auch für die Literatur fest und bezeichnet die Unter­ schiede zur Auslegung durch Rechtsprechung und Kommission als marginal. Die Auslegung hat nicht nur nach dem Wortlaut zu erfolgen, sondern auch unter Be­ rücksichtigung des Zusammenhangs und der Ziele der Regelung, zu der sie gehört, EuGH, Urteil vom 19.09.2000, C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-06857, Rz. 50. 68 Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.02; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 148; Klemt, DStR 2013, 1057, 1058 Fn. 10; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuer­ recht, 41; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Ver­ trag, 28. Für die unklare Vorgehensweise der Kommission bei der Auslegung vgl. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direk­ te Unternehmensbesteuerung, 91 ff. Auch Lang, in: Fischer, DStJG 21, 159, 161, 163, stellt fest, dass die Diskussion vor allem in Hinblick auf steuerliche Sachver­

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II.  Klassische Auslegung

sprechung69 verlangt der Gerichtshof folgende vier Voraussetzungen70, um eine Maßnahme unter das Beihilfeverbot zu subsumieren: Es muss (1) eine Begünstigung71 (2) vom Staat oder aus staatlichen Mitteln ge­ währt werden, die (3) bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt und (4) geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen.72 Bei dieser Prü­ fung ist zu beachten, dass das Beihilfeverbot rein objektiv auszulegen halte noch am Anfang stehe. Ähnlich in Bezug auf das Merkmal der Selektivität Cordewener, EC Tax Review 2012, 288, 291. 69 Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 168, hingegen schließt aus der Einzelfallbezogenheit der Rechtspre­ chung, dass sich aus ihr keine verbindliche Definition herleiten ließe. 70 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 04.09.2008, C-222/07, UTECA, Slg. 2009, I-01407, Rz. 122; Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vor­ schriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unter­ nehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 9; Ent­ scheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 54; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 5 ff.; Terra/Wattel, European tax law, 154; Kaye, Kansas Law Review 2008, 93, 123; Pinto, Tax competition and EU law, 107; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmens­ besteuerung, 34; ähnlich Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abga­ ben, Rz. 14; Blumenberg/Haisch, FR 2012, 12, 14 f.; Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2141 ff.; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihil­ ferechts für das nationale Steuerrecht, 45; Rasi, in: Salvini, Aiuti di stato in materia fiscale, 57. Diese Tatbestandsmerkmale werden teilweise als „Relevanzkriterien“ bezeichnet, Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403; Rodi, Die Subventionsrechtsord­ nung, 154 m.w.N. 71 Häufig wird als Synonym der Begriff des Vorteils verwendet, vgl. statt aller Koenig/ Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 67 f. 72 Dem Begriff der Beihilfe selbst kommt nach dieser Auslegung keine eigenständige Bedeutung als Tatbestandsmerkmal zu, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 40 f.; Niggemann, Staatsbürgschaften und europäisches Beihilferecht, 24 f. Zum Teil wird er aber in dieser Funktion verwen­ det und umfasst dann sowohl die Begünstigung als auch die Selektivität, EuGH, Urteil vom 26.09.1996, C-241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I-04551, Rz. 24; EuGH, Urteil vom 19.05.1999, C-6/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-02981, Rz. 17; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 29, 54; EFTA-Gerichtshof, Urteil vom 20.05.1999, E-6/98, Nor­ way/EFTA Surveillance Authority, EFTA Court Reports 1999, 74, Rz. 33. Für diese Auslegung spricht, dass auch der Beihilfebegriff in Art. 4 lit. c EGKSV die Selektivi­ tät der Begünstigung verlangt, ohne im Wortlaut ausdrücklich auf bestimmte Un­ ternehmen abzustellen, EuGH, Urteil vom 01.12.1998, C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-07907, Rz. 40; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommissi­ on, Slg. 2004, II-01933, Rz. 29. Eine differenzierende Ansicht vertritt Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unterneh­ mensbesteuerung, 34 f. Letztlich kann die genaue Einordnung offen bleiben, da es sich nur um terminologische Unterschiede handelt und die Tatbestandsvorausset­ zungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV nach allen Ansichten dieselben bleiben. Im Fol­ genden wird um der Klarheit willen der Begriff der Beihilfe nicht allein mit dem der selektiven Begünstigung gleichgesetzt, sondern entsprechend Art. 1 lit. a Verord­ nung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22.03.1999 (Beihilfeverfahrensverordnung),

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

ist73 und der für die Beihilfekontrolle zuständigen Kommission kein Be­ urteilungsspielraum zusteht.74 a) Begünstigung Ob einem oder mehreren Unternehmen eine Begünstigung75 gewährt wird, klärt die Rechtsprechung klassischerweise mit der Frage, ob es sich um eine wirtschaftliche Besserstellung handelt, die der Begünstigte un­ ter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.76 Dieser Prüfung liegt die Annahme zugrunde, dass ein staatlicher Eingriff nicht aus wirt­ schaftlichen Gründen erfolgt, falls der Staat handelt, wenn und wo der Markt nicht eingriffe.77 Ist dies der Fall – tritt also der Staat nicht wie ein normaler Marktteilnehmer auf –, so liegt eine Begünstigung im Sinne des Beihilfeverbots vor. Vergleichsmaßstab für das staatliche Handeln ist das eines privaten Wirtschaftsteilnehmers78, der mit dem begünstigten Un­ ternehmen in Geschäftsbeziehung tritt. Im Einzelnen wird dabei, je nach Art der Beihilfe, auf das Verhalten eines privaten Investors79 oder Gläubi­ ABl. EG 1999 Nr. L 83/1, für Maßnahmen verwendet, die alle Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen. 73 EuGH, Urteil vom 16.05.2000, C-83/98 P, Ladbroke Racing, Slg. 2000, I-03271, Rz. 25; EuG, Urteil vom 17.10.2002, T-98/00, Linde AG/Kommission, Slg. 2002, II- 03961, Rz. 40; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 30; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 3; Eisenhut, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV, AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 7. 74 EuGH, Urteil vom 16.05.2000, C-83/98 P, Ladbroke Racing, Slg. 2000, I-03271, Rz. 25; EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001, Rz. 52; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 3; Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 490; a.A. Gross, Das euro­ päische Beihilferecht im Wandel, 88 m.w.N. 75 Dieses Tatbestandsmerkmal ergibt sich aus dem Wortlaut. In der englischen Fas­ sung entspricht dies dem Begriff „favouring“. A.A. Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 84. 76 EuGH, Urteil vom 29.06.1999, C-256/97, DMT, Slg. 1999, I-03913, Rz. 22; EuGH, Urteil vom 11.07.1996, C-39/94, SFEI/La Poste, Slg. 1996, I-03547, Rz. 60; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 51. 77 Generalanwalt Slynn, Schlussanträge vom 02.04.1987, 67, 68 und 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 00219, 251; dies nicht in Frage stellend EuGH, Urteil vom 02.02.1988, 67, 68 und 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 00219. 78 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 20; EuGH, Urteil vom 29.02.1996, C-56/93, Belgien/Kommissi­ on, Slg. 1996, I-00723, Rz. 10; EuGH, Urteil vom 21.03.1991, C-305/89, Italien/ Kommission, Slg. 1991, I-01603, Rz. 19; EuGH, Urteil vom 02.02.1988, 67, 68 und 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 00219, Rz. 28. 79 Sog. „private investor test” bzw. „market economy investor principle”, vgl. EuGH, Urteil vom 05.06.2012, C-124/10 P, EDF, ECLI:EU:C:2012:318, Rz. 103; Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 33 ff.; Mederer, in: Groeben/Schwarze, Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und zur Gründung der Euro­ päischen Gemeinschaft, Art. 87 EGV, Rz. 10; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihil­ fenrecht, Rz. 74; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 AEUV,

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II.  Klassische Auslegung

gers80 abgestellt. Es handelt sich demnach um ein objektives81 und rein wirtschaftliches Kriterium, mit dem die beihilferechtlich relevante Vor­ teilsgewährung von anderen Maßnahmen abgegrenzt wird.82 Dabei findet der Vergleich nur innerhalb eines Mitgliedstaates statt, abgestellt wird also auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten in dem Mitgliedstaat, der den Vorteil gewährt hat.83 b) Staatlichkeit der Mittel Nach dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV muss die Beihilfe staatlich sein oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Die danach gegebene Alternativität bezieht sich nur darauf, dass sowohl direkt vom Staat als auch mittelbar über öffentliche oder private Einrichtungen gewährte Vorteile die Voraussetzungen des Beihilfebegriffs erfüllen.84 Sie bedingt aber – trotz unklarer Formulierung – nicht die Voraussetzung ab, dass der gewährte Vorteil aus staatlichen Mitteln finanziert wird.85 Letztlich ver­ hält sich dieses Tatbestandsmerkmal spiegelbildlich zu dem der Begüns­ tigung, da den Kosten staatlicherseits ein Vorteil auf Seiten der Begüns­ Rz. 28; Nicolaides/Kekelekis/Kleis, State Aid Policy in the European Community, 23 f.; Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkun­ gen im Steuerrecht, 172; Streinz, JuS 2001, 596. Falls eine marktmäßige Vergleichs­ möglichkeit fehlt, kommen Kostenaufschlagsrechnungen (Sutter, Das EG-Beihil­ fenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 85) oder Bietverfahren (Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 12) in Betracht. 80 Sog. „private creditor test”, vgl. Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.62 ff.; Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 30. 81 EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 17. Zum Teil wird für Fälle behördlichen Fehlverhaltens bei der Vorteilsgewäh­ rung vorgeschlagen, mit einer subjektiven Komponente die bewusste Förderabsicht zu verlangen, vgl. zu Diskussion Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 68 ff. 82 Bei der Prüfung des Beihilfecharakters einer Maßnahme greift die Kommission so­ wohl auf wirtschaftliche als auch auf rechtliche Kriterien zurück: Aktionsplan staatliche Beihilfen, 07.06.2005, KOM(2005) 107 final, Rz. 19. 83 EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 81, bestätigt im Rechtsmittelurteil EuGH, Urteil vom 22.04.2008, C-408/04 P, Kommission/Salzgitter, Slg. 2008, I-02767, Rz. 109; Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.29; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das natio­ nale Steuerrecht, 57. 84 EuGH, Urteil vom 13.03.2001, C-379/98, Preussen Elektra, Slg. 2001, I-02099, Rz. 58; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 12; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 74. 85 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 103; EuGH, Urteil vom 13.03.2001, C-379/98, Preussen Elektra, Slg. 2001, I-02099, Rz. 58; EuG, Urteil vom 05.04.2006, T-351/02, Deutsche Bahn/Kom­ mission, Slg. 2006, II-01047, Rz. 103; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 12; Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.93.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

tigten gegenübersteht.86 Darüber hinaus muss die Maßnahme, durch die der Vorteil hingegeben wird, dem Staat zurechenbar sein.87 c) Selektivität Dem Tatbestandsmerkmal der Selektivität88, das nach dem Wortlaut89 verlangt, dass bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige90 be­ günstigt werden, kommt im klassischen Ansatz entscheidende Bedeu­ tung zu.91 Die Voraussetzung des Vorteils greift sehr weit und ließe eine Vielzahl staatlicher Maßnahmen unter das Beihilfeverbot fallen. Dieses wird deshalb im Rahmen der Selektivitätsprüfung nach seinem Sinn und Zweck insoweit eingegrenzt92, als es auch solche Maßnahmen erfassen 86 Ähnlich Evans, European Community Law of State Aid, 27. 87 EuGH, Urteil vom 22.03.1977, 78/76, Steinike und Weinling/BRD, Slg. 1977, 00595, Rz. 21; EuGH, Urteil vom 30.01.1985, 290/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1985, 00439, Rz. 14 f.; EuGH, Urteil vom 02.02.1988, 67, 68 und 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 00219, Rz. 35; EuGH, Urteil vom 21.03.1991, C-303/88, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-01433, Rz. 11; EuGH, Urteil vom 16.05.2002, C-482/99, Frankreich/Kommission (Stardust Marine), Slg. 2002, I-04397, Rz. 24; EuG, Urteil vom 05.04.2006, T-351/02, Deutsche Bahn/Kommissi­ on, Slg. 2006, II-01047, Rz. 101; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 157; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 17; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 36. 88 EuGH, Urteil vom 03.03.2005, C-172/03, Heiser/FA Innsbruck, Slg. 2005, I-01627, Rz. 40; EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 68; EuGH, Urteil vom 20.11.2003, C-126/01, GEMO, Slg. 2003, I-13769, Rz. 35; EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 47; EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365, Rz. 34. Zum Teil wird dieses Tatbestandsmerkmal auch als Spezifizität oder Bestimmtheit bezeichnet, Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2143. 89 In Art. 107 Abs. 1 AEUV wird die Voraussetzung der Selektivität an der Formulie­ rung „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ festgemacht, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 88. Es kann da­ her als eigenständiges Tatbestandsmerkmal neben dem der Begünstigung definiert werden. Teilweise wird die Selektivität aber als Merkmal des Beihilfebegriffs gese­ hen, der in dieser Auslegung als Tatbestandsmerkmal fungiert und selektive Be­ günstigungen voraussetzt, siehe dazu Fn. 72. – Von dieser begrifflichen Frage zu unterscheiden ist die inhaltliche Differenzierung zwischen Begünstigung und Selektivität, siehe dazu B.IV.2.a). 90 Dem Begriff des Produktionszweiges kommt keine eigenständige Bedeutung zu, da, wenn er erfüllt ist, immer auch der Begriff der bestimmten Unternehmen zu beja­ hen ist, Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 25; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 79; Jaeger, Bei­ hilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 55. Daher wird im Folgen­ den der Begriff der bestimmten Unternehmen verwendet. 91 Slotboom, European Law Review 1995, 289, 297; Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.113; Nicolaides, EStAL 2007, 43; Romariz, EStAL 2014, 39. 92 Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 24. Zur eingrenzenden Funktion des Tatbestandsmerkmals vgl. auch

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II.  Klassische Auslegung

würde, die allen Wirtschaftsteilnehmern Vorteile verschaffen und die deshalb weder ein einzelnes Unternehmen noch eine bestimmte Gruppe von Unternehmen begünstigen.93 Viele staatliche Maßnahmen, die einen Vorteil gewähren, werden sich auf verschiedene Wirtschaftsteilnehmer in unterschiedlichem Maße auswirken und deshalb unter den „Verdacht“ der Selektivität fallen.94 Der Wortlaut trägt zur Eingrenzung nicht ent­ scheidend bei, denn welche Unternehmen, Unternehmensgruppen oder Produktionszweige „bestimmte“ im Sinne der Norm sein sollen, geht aus ihm nicht hervor. Je bedeutender aber das Tatbestandsmerkmal für die Zielgenauigkeit des Beihilfeverbots und je ungenauer der Wortlaut, umso wichtiger ist eine „treffsichere“ und vorhersehbare Auslegung95 des Kriteriums durch Rechtsprechung und Kommission.96 Der klassische Prüfungsansatz hat sich zu folgenden Kriterien hin entwickelt: Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direk­ te Unternehmensbesteuerung, 37. 93 Wettbewerbsverfälschungen solch allgemeiner Natur können mit den Mitteln des Art. 116 AEUV angegriffen werden, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 150. 94 Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 270. 95 Diese Forderung nach Rechtssicherheit muss trotz der Dynamik des Beihilfebe­ griffs, vgl. Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22.03.1999 (Beihilfeverfah­ rensverordnung), ABl. EG 1999 Nr. L 83/1, vierte Begründungserwägung, und Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 43, sowie Kühling, EWS 2013, 113, 114, gelten. Denn das dynamische Element des Bei­ hilfebegriffs sollte in den Kriterien der Wettbewerbsverfälschung und Handelsbe­ einträchtigung, die einen potentiellen grenzüberschreitenden Markt voraussetzen, zum Tragen kommen, da es gerade der Markt ist, der sich entwickelt und somit die Dynamik des Beihilfebegriffs indiziert, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 43. Dagegen hängen die Begriffe der Begüns­ tigung und der Selektivität nicht von dynamischen tatsächlichen Voraussetzungen ab. Zur erheblichen Bedeutung der Klarheit des Beihilfebegriffs vgl. Rodi, in: Fest­ schrift für Peter Selmer, 479, 480, 488 f.; Geiss, Rechtsstaatliche Grundsätze im Beihilferecht der Europäischen Gemeinschaft, 257 f.; Sánchez Rydelski, Handbuch EU Beihilferecht, 29; zur Spannung zwischen Rechtssicherheit und Funktionalität Cecco, State aid and the European economic constitution, 96. 96 Dies wird teilweise, zumindest im Hinblick auf eine gesetzliche Definition, anders gesehen. Insbesondere wird argumentiert, dass eine exakte gesetzliche Definition dem Ziel eines effektiven Wettbewerbsschutzes abträglich wäre, vgl. Evans, Euro­ pean Community Law of State Aid, 27; Generalanwalt Lenz, Schlussanträge vom 16.04.1986, 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, 02263, 2269; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmens­ besteuerung, 32 m.w.N.; wohl auch Quitzow, State measures distorting free com­ petition in the EC, 152; Dem ist aber mit Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 154, und Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 32, entgegenzuhalten, dass es vor allem im Hinblick auf die Unterrichtungspflicht der Mitgliedstaaten nach Art. 108 Abs. 3 S. 1 AEUV und das Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV einer verbindlichen Definition des Beihilfebegriffs bedarf. Eine vollumfängliche phäno­ menologische Erfassung wird dagegen auch hier für verzichtbar gehalten, vgl. Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 10 m.w.N.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

aa) Begriff des Unternehmens Zunächst muss der Beihilfeempfänger ein Unternehmen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV sein. Der Unternehmensbegriff wird im Wettbe­ werbsrecht einheitlich verstanden97 und umfasst „jede eine wirtschaftli­ che Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“98. Dabei wird unter wirtschaftlicher Tätig­ keit jede Tätigkeit verstanden, „die darin besteht, Güter oder Dienstleis­ tungen auf einem bestimmten Markt anzubieten“99. Grundsätzlich wird eine Gewinnerzielungsabsicht dabei nicht gefordert.100 bb) Faktische und rechtliche Selektivität Die Rechtsprechung unterscheidet Maßnahmen nicht nach dem Grund ihrer Selektivität, sondern auch hier nur nach ihren Wirkungen. Daraus folgt, dass sowohl Maßnahmen, die in ihrem vom Gesetzgeber festgeleg­ ten Anwendungsbereich, also schon in ihrer rechtlichen Konzeption101, auf bestimmte Unternehmen begrenzt sind, als auch Maßnahmen, die zwar rechtlich allen Unternehmen offen stehen102, deren selektive Be­ grenzung sich jedoch aus ihrer tatsächlichen Anwendung, also faktisch103, 97 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 78; Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 176. 98 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 107; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, Art. 101 AEUV, Rz. 7; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 166; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 49. 99 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 108; Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, EU-Wettbewerbsrecht, Art. 101 AEUV, Rz. 16. Zum Ganzen siehe auch Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/ AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 25. Zum Begriff des Unternehmens vgl. auch Jones, European Competition Journal 2012, 301. 100 Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 166; Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 25. 101 Dazu EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 38; EFTA-Gerichtshof, Urteil vom 20.05.1999, E-6/98, Norway/EFTA Surveillance Authority, EFTA Court Reports 1999, 74, Rz. 37. Dabei muss es dar­ auf ankommen, ob die Bedingungen der Anwendung ausreichen, um die Selektivi­ tät zu bejahen, Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 174. 102 Diese werden auch als horizontale Beihilfen bezeichnet, vgl. z.B. Pinto, European Taxation 1999, 295, 297. 103 EuG, Urteil vom 23.10.2002, T-269, 271, 272/99, Diputación Foral de Guipúzcoa, Slg. 2002, II-04217, Rz. 57; dazu auch Drabbe, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 87, 89; López López, EStAL 2010, 807, 815 f.; Quigley, Intertax 2012, 112, 113; Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Aus­ wirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 39 f.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 266; Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2144.

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II.  Klassische Auslegung

ergibt, vom Beihilfeverbot erfasst werden. Letztere sind nicht auf den ersten Blick als selektive Maßnahmen zu erkennen, so dass die Prüfung ihrer Selektivität Schwierigkeiten bereiten kann. Im Rahmen der Selek­ tivitätsprüfung ist zunächst die rechtliche Selektivität zu untersuchen, da diese sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut schließen lässt. Erst wenn eine solche nicht festgestellt werden kann, ist nach der faktischen Selektivität zu fragen. cc) Abgrenzbarkeit und „Vergleichbarkeitsformel“ seit EuGH ­Adria-Wien Vom Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV ausgehend ist lediglich die Sub­ sumtion weniger Fälle unproblematisch: Es handelt sich um Maßnah­ men, deren Anwendungsbereich nur ein einzelnes Unternehmen trifft104 und die deshalb offensichtlich vom Beihilfeverbot erfasst sind, oder Ver­ günstigungstatbestände, die zwar allgemein formuliert sind, deren Vor­ aussetzungen von vorneherein aber nur ein Unternehmen erfüllen kann.105 Die Fallgruppen aber, die die rechtliche oder faktische Begünsti­ gung einer Gruppe von Unternehmen betreffen106, sind allein mit dem Wortlaut hinsichtlich ihrer konkreten inhaltlichen Ausgestaltung schwerer zu begreifen. Es muss darauf ankommen, ob sich die Gruppe von Unternehmen anhand bestimmter Merkmale107 hinreichend von an­ deren Wirtschaftsteilnehmern abgrenzen lässt.108 Ursprünglich nahmen Rechtsprechung und Kommission diese Abgren­ zung im Einzelfall nach vielen verschiedenen Kriterien vor. Dabei neig­ ten beide in der Wahl der Unterscheidungsmerkmale zur einer sehr brei­ 104 Schön, CMLR 1999, 911, 919 f.; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 47; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilfe­ rechts für das nationale Steuerrecht, 117. 105 Zum Beispiel Mitteilung der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 2 EWG-Ver­ trag betreffend Beihilfen der italienischen Regierung zur Förderung der Neuorgani­ sation industrieller Strukturen, 89/C 281/07, ABl. EG 1989 Nr. C 281/9, 11; Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-038; Schön, CMLR 1999, 911, 933. 106 Diese werden auch als „Beihilfeprogramme“, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 47, oder „Beihilferegelungen“, Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, 54, 124 f., bezeichnet. 107 Lehner, DB 1983, 1783, 1785; Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 96; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 89; Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 430. 108 So auch die Definition bei Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrens­ rechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 192; Jansen, Vorgaben des europäi­ schen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 119. Zur Individualisierbarkeit des Empfängers als Bestandteil des Subventionsbegriffs: Bleckmann, Ordnungs­ rahmen für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juris­ tentag, D 11; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 35, 39, 42 f.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

ten Auslegung des Beihilfeverbots und erachteten bereits sehr allgemeine Merkmale als ausreichend.109 Seit dem Urteil des EuGH in der Rs. Adria-­ Wien110 fragen Rechtsprechung und Kommission zur Definition der Ab­ grenzbarkeit in vielen Fällen111 danach, ob „eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „be­ stimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ […] gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maß­ nahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtli­ chen Situation befinden, zu begünstigen“112. dd) Allgemeine Maßnahmen Als Gegenstück113 einer selektiven staatlichen Maßnahme hat sich der Begriff der allgemeinen Maßnahme114 etabliert. Darunter sollen Maßnah­ 109 Ähnlich Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuer­ sachen, 90 f., mit verschiedenen Beispielen. 110 EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365: 111 Der Ansatz hat sich weitgehend verfestigt: EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 47; EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 68; jüngst EuGH, Ur­ teil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 75; EuG, Urteil vom 01.07.2010, T-335/08, BNP Paribas/Kommission, Slg. 2010, II-03323, Rz. 160; Entscheidung der Kommission, 08.07.2009, 2009/809/EG, ABl. EU 2009 Nr. L 288/26, Rz. 75. 112 EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365, Rz. 41. Eine ähnliche Prüfung wurde, ohne die entsprechende Formulierung, be­ reits in EuGH, Urteil vom 01.12.1998, C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-07907, Rz. 41, und EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-75/97, Belgien/Kommission (Mari­ bel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 30, vorgenommen. Auf ein Wettbewerbsverhältnis kommt es dabei nicht an, Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 61; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 98 m.w.N. Dies erscheint sinnvoll, da das Wettbewerbsverhältnis im Rahmen der Vorausset­ zung der Wettbewerbsverfälschung relevant wird, so Heidenhain, in: Festschrift für Georg Maier-Reimer, 189, 191; ähnlich Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 100. 113 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 73 f.; EuGH, Urteil vom 06.09.2006, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 79; EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 134 f.; EuG, Urteil vom 29.09.2000, T-55/99, CETM, Slg. 2000, II-03207, Rz. 32 ff.; EuGH, Urteil vom 29.06.1999, C-256/97, DMT, Slg. 1999, I-03913, Rz. 27; Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 235 Fn. 9; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 247; Santos, European Taxation 2000, 417, 420; Hancher, EStAL 2003, 365, 367; a.A. beispielsweise Panayi, Intertax 2004, 283, 294. Zur Unklarheit der Einordnung allgemeiner Maßnahmen in die Tatbestandsstruktur des Art. 107 Abs. 1 AEUV durch die Kommission vgl. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 92 f. 114 Ausführlich dazu Kurcz/Vallindas, CMLR 2008, 159; Bacon, Yearbook of Euro­ pean Law 1997, 269; Wishlade, When are tax advantages state aids and when are

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II.  Klassische Auslegung

men fallen, die unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer, also hori­ zontal, anwendbar und deshalb nicht selektiv sind.115 Insbesondere ist hier an allgemeine wirtschafts- oder sozialpolitische Regelungen zu den­ ken.116 Beihilferechtliche Relevanz können sie dennoch erlangen, wenn ihre Anwendung oder Wirkung faktisch dazu führt, dass nur bestimmte Unternehmen von der begünstigenden Wirkung profitieren.117 Die Aus­ sage, dass eine allgemeine Maßnahme, die nach ihrer Konzeption allen Wirtschaftsteilnehmern offen steht, selektiv sein kann, wenn sie fak­ tisch bestimmte Unternehmen begünstigt, ergibt sich auch schon als Folge des wirkungsorientierten Ansatzes118 der Rechtsprechung und Kommission. Die Figur der allgemeinen Maßnahme beinhaltet insofern über die Unterscheidung zwischen rechtlich und faktisch selektiven Maßnahmen hinaus keine weitergehende Aussagekraft.119 ee) Rechtfertigung durch die Natur oder den inneren Aufbau des ­Systems Wenn eine Maßnahme Unterscheidungen zwischen Unternehmen trifft und deshalb prima facie selektiv ist120, kann dies nach Rechtsprechung und Kommissionspraxis widerlegt werden. Das ist der Fall, wenn der Vorteil durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems gerechtfer­ tigt ist.121 Die Beweislast dafür liegt, im Gegensatz zu derjenigen für die they general measures? – European Policies Research Centre – Regional and Indus­ trial Policy Research Paper Nr. 20/1997. 115 Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 270; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 73. 116 Bereits von der Beklagten erwähnt in EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 18, 48; von der Klägerin ange­ führt in EuGH, Urteil vom 24.02.1987, 310/85, Deufil, Slg. 1987, 00901, Rz. 7; ferner Zweiter Bericht der Kommission über staatliche Beihilfen in der Europäi­ schen Gemeinschaft im verarbeitenden Gewerbe und in einigen weiteren Wirt­ schaftssektoren, 1990, 4; Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 16.07.1998, C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-07907, Rz. 25; EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-75/97, Belgien/Kommission (Maribel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 32; Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 13; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 73. 117 Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 290 f. 118 Vgl. B.I.2.a). 119 Ähnlich Kurcz/Vallindas, CMLR 2008, 159, 166, die danach fragen, welche allge­ mein konzipierte Maßnahme überhaupt aufgrund ihrer „Allgemeinheit“ von vor­ neherein aus der Selektivitätsprüfung ausscheidet. 120 EuGH, Urteil vom 21.06.2012, C-452/10 P, BNP Paribas/Kommission, ECLI:EU:C:2012:366, Rz. 101. Dazu auch Cordewener, EC Tax Review 2012, 288; ähnlich Lübbig, Beihilfenrecht der EU, Rz. 126. 121 St. Rspr. seit EuGH, Urteil vom 02.07.1974, 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 00709, Rz. 33/35, EuGH, Urteil vom 21.06.2012, C-452/10 P, BNP Paribas/ Kommission, ECLI:EU:C:2012:366, Rz. 101; auch Mitteilung der Kommission

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

anderen Tatbestandsmerkmale122, nicht bei der Kommission, sondern bei dem Mitgliedstaat oder Begünstigten, der sich gegen eine Einstufung als Beihilfe wendet.123 Die Möglichkeit der Rechtfertigung einer prima facie selektiven staatli­ chen Maßnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems hat der EuGH erstmals in der Rs. Italien/Kommission124, die eine Befrei­ ung von Soziallasten zugunsten des Textilsektors betraf, entwickelt. Die­ se Auslegung des Merkmals der Selektivität wurde von der Kommission übernommen125 und hat sich in der Rechtsprechung verfestigt. Teilweise wird dabei nicht auf die Natur oder den inneren Aufbau des Systems, sondern auf das Wesen und die Struktur des Systems126, die Eigenart und Anlage des Systems127 oder allgemein die Systemimmanenz128 abgestellt. In anderen Urteilen wird eine Rechtfertigung durch das System bejaht, wenn die Maßnahme auf den Grund- oder Leitprinzipien des Systems

über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 12. Zum Teil wird das Tatbestandsmerkmal mit dem der allgemeinen Maßnahme vermengt, EuGH, Urteil vom 21.06.2012, C-452/10 P, BNP Paribas/Kommission, ECLI:EU:C:2012:366, Rz. 131. Trotz der irreführenden Bezeichnung handelt es sich um ein Element der Tatbestands- und nicht der Rechtfertigungsebene, Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abga­ ben, Rz. 205. Zur einschränkenden Funktion Micheau, EC Tax Review 2008, 276, 282. – Diese Prüfung wird im Folgenden auch als „Systemimmanenztest“ oder „Systemimmanenzprüfung“ bezeichnet. 122 Vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 62; Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 583; López López, EStAL 2010, 807, 810, in Bezug auf die Selektivität. 123 EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 52 f., EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 62; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kom­ mission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 146; EuGH, Urteil vom 21.06.2012, C-452/10 P, BNP Paribas/Kommission, ECLI:EU:C:2012:366, Rz. 121; dazu Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 174. 124 EuGH, Urteil vom 02.07.1974, 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 00709. 125 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 12. 126 EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-75/97, Belgien/Kommission (Maribel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 33; EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 72; EuGH, Urteil vom 22.12.2008, C-487/06 P, British Aggrega­ tes, Slg. 2008, I-10515, Rz. 88; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/ Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 42. 127 EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001, Rz. 62; Generalanwalt Cosmas, Schlussanträge vom 23.11.1999, C-83/98 P, Lad­ broke Racing, Slg. 2000, I-03271, Rz. 19. 128 EuGH, Urteil vom 22.11.2001, C-53/00, Ferring, Slg. 2001, I-09067, Rz. 17; dazu Streinz, JuS 2002, 492.

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II.  Klassische Auslegung

beruht.129 Inhaltlich unterscheiden sich diese Formulierungen wohl kaum130, zumal das Tatbestandsmerkmal selbst bisher nicht ausreichend definiert131, sondern lediglich einzelfallbezogen132 untersucht wurde. Ins­ gesamt ist wohl davon auszugehen, dass die Logik, der Aufbau und die Funktionsweisen eines Systems mit seinen tragenden Prinzipien für die Rechtfertigung ausschlaggebend sind.133 d) Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung Eine Maßnahme muss, um unter das Beihilfeverbot zu fallen, nach Art. 107 Abs. 1 AEUV ferner den Wettbewerb verfälschen oder zu verfäl­ schen drohen134 und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beein­ trächtigen.135 Es handelt sich dabei um zwei Tatbestandsmerkmale, die oft zusammen geprüft werden.136 Dasjenige der Wettbewerbsverfälschung wird von Rechtsprechung und Kommission weit ausgelegt, so dass es 129 EuGH, Urteil vom 18.07.2013, C-6/12, P Oy, ECLI:EU:C:2013:525, Rz. 22; EuGH, Urteil vom 06.09.2006, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 81; EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-159/01, Niederlande/Kommissi­ on, Slg. 2004, I-04461, Rz. 4. 130 Anders wohl Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 194 ff., die zwischen verschiedenen Rechtsfertigungstatbeständen differenziert. 131 So bereits Generalanwalt Cosmas, Schlussanträge vom 23.11.1999, C-83/98 P, Ladbroke Racing, Slg. 2000, I-03271, Rz. 19; Rode, Steuervergünstigungen, Beihil­ fen und Steuerwettbewerb, 18; Kube, Columbia Journal of European Law 2003, 79, 96. Diese Feststellung besitzt nach wie vor ihre Gültigkeit, vgl. Heidenhain, in: Festschrift für Georg Maier-Reimer, 189, 194. 132 Jaeger, EuZW 2012, 92, 97; Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 483 f. 133 Dazu unten B.IV.1.a)cc) und B.V.3.a)bb)(2). Eine Interessenabwägung im Sinne ei­ ner inhaltlichen Beurteilung der Maßnahme findet hingegen nicht statt. Diese ist erst im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 AEUV vorzunehmen. Zum Ganzen Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 101 f.; Quigley, European state aid law and policy, 119. 134 Dem Merkmal der Wettbewerbsverzerrung kommt nach überzeugender Ansicht neben dem der Selektivität eigenständige Bedeutung zu, EuGH, Urteil vom 19.10.2000, C-15/98, C-105/99, Italien und Sardegna Lines/Kommission, Slg. 2000, I-08855, Rz. 66f.; Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.142; vgl. zur Diskussion Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, Rz. 237. 135 Anders aber noch Art. 4 lit. c EGKSV, vgl. EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, Rz. 91 m.w.N. 136 Derenne/Citron/Domecq/Mylrea-Lowndes, Journal of European Competition Law & Practice 2014, 53, 61; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträ­ ge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 29; Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 226; Nowak, EuZW 2003, 389, 396, ist der Ansicht, dass beide Merkmale im Regelfall untrennbar miteinan­ der verbunden seien; ähnlich Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 239. So wohl auch Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteue­ rung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 11; EuGH, Urteil vom 19.10.2000, C-15/98, C-105/99, Italien und Sardegna Lines/Kommission, Slg. 2000, I-08855, Rz. 66; EuGH, Urteil vom 21.03.1991, C-303/88, Italien/Kommissi­

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

ausreicht, wenn die Maßnahme möglicherweise137 in ein zumindest po­ tentielles Wettbewerbsverhältnis138 eingreift, indem sie die Marktbedin­ gungen am Binnenmarkt verändert.139 An die Voraussetzung der Handels­ beeinträchtigung140 werden ebenso wenig hohe Anforderungen gestellt.141 Ihr Sinn und Zweck liegt vor allem darin, Beihilfen an Teilnehmer, die nur auf lokalen Märkten agieren, vom Beihilfeverbot auszuschließen.142 Sie wird demnach als Beeinflussung des internationalen Wirtschaftsver­ kehrs definiert.143 Es reicht aus, dass eine Verbesserung der Wirtschafts­ bedingungen im Inland die Chancen der ausländischen Konkurrenten am heimischen Markt verschlechtert.144 Ferner bringt es ein zunehmend sich vertiefender Binnenmarkt mit sich, dass fast alle staatlichen Ver­ günstigungen mit einer Beeinflussung des grenzüberschreitenden Wirt­ schaftsverkehrs einhergehen.145 Daher trägt das Merkmal kaum zur Ein­ on, Slg. 1991, I-01433, Rz. 26 ff.; EuG, Urteil vom 04.04.2001, T-288/97, Regione autonoma Friuli-Venezia-Giulia/Kommission, Slg. 2001, II-01169, 41. 137 Aufgrund der Perspektive der Kommission, die im Falle einer Notifizierung über die Beihilfequalität ex ante zu entscheiden hat, muss eine potentielle Verfäl­ schung ausreichen. 138 Das Beihilfeverbot soll auch potentielle Wettbewerbsverhältnisse schützen, also Marktzutrittsbeschränkungen für neue Anbieter verhindern, Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV, Rz. 20; Mederer, in: Groeben/Schwarze, Kommentar zum Vertrag über die Euro­ päische Union und zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Art. 87 EGV, Rz. 42; Eisenhut, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV, AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 15; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 135 m.w.N. 139 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 132 f. Zur a.A. vgl. die Nachweise bei Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 130 f. Zum Ganzen siehe auch Koenig/ Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 176 ff.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 85 ff. 140 Dazu ausführlich Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 89 ff. 141 Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 237; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 138; Raab, Das EU-Beihilfenver­ bot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 181; Beispiele für eine weite Auslegung finden sich in EuGH, Urteil vom 03.03.2005, C-172/03, Heiser/FA Innsbruck, Slg. 2005, I-01627, Rz. 30 ff.; Generalanwalt Tizzano, Schlussanträge vom 30.03.2006, C-393/04, C-41/05, Air Liquide Industries Bel­ gium SA, Slg. 2006, I-05293, Rz. 54 f.; EuGH, Urteil vom 15.06.2006, C-393/04, C-41/05, Air Liquide Industries Belgium SA, Slg. 2006, I-05293, Rz. 33 ff. 142 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 139. 143 Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 181; Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 36; Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 237. 144 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 137; Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 37. 145 Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 238, der feststellt, dass gerade beim Tatbestandsmerkmal der Handelsbeeinträchtigung die Dynamik des Binnenmark­

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II.  Klassische Auslegung

grenzung des Beihilfeverbots bei.146 Vielmehr besteht angesichts der Weite der Auslegung beider Tatbestandsmerkmale eine Art Vermutung, dass bei selektiven Beihilfen auch die Voraussetzungen der Wettbewerbs­ verfälschung und der Handelsbeeinträchtigung zu bejahen sind.147 2. Besonderheiten im Bereich der direkten Steuern Das dargestellte Prüfungsschema, das sich zum größten Teil für direkte Beihilfen entwickelt hat148, ist nicht ohne weiteres auf steuerliche Beihil­ fen übertragbar.149 Im Folgenden sollen die Auswirkungen der steuerli­ chen Besonderheiten auf das Prüfungsschema erläutert werden.150 Trotz tes zum Tragen komme; so auch Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 136, unter Bezugnahme auf Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22.03.1999 (Beihilfeverfahrensverordnung), ABl. EG 1999 Nr. L 83/1, vierte Begründungserwägung. 146 Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV, Rz. 21; Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 238. 147 Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit interna­ tional: Working Paper Nr. 18/2002, 10. 148 Ausnahmen sind die „Vergleichbarkeitsformel“, die der EuGH in der Rs. Adria-Wien (EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365), die eine Energieabgabe zum Gegenstand hatte, entwickelt hat, und die Systemimmanenzprüfung. Letztere fand ihre erstmalige Anwendung in dem Fall einer Befreiung von Sozialabgaben (EuGH, Urteil vom 02.07.1974, 173/73, Ita­ lien/Kommission, Slg. 1974, 00709, Rz. 33/35) und wurde in der Folge auf steuerli­ che Sachverhalten übertragen, EuGH, Urteil vom 21.06.2012, C-452/10 P, BNP Paribas/Kommission, ECLI:EU:C:2012:366, Rz. 101. Raab, ÖStZ 2011, 551, 552, hingegen ordnet die Systemimmanenz als besonderen Rechtfertigungsgrund für Steuerbegünstigungen ein. Die Vergleichbarkeitsformel wurde in der Folge auch auf direkte (EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 47) und steuerliche (EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 75) Beihilfen angewandt; so auch Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 173. 149 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 105. Den Besonderheiten des Steuerrechts im Beihilferecht wurde jedoch lange keine Rechnung getragen, vielmehr wurden auch steuerliche Maßnahmen nach der herkömmlichen Logik für direkte Beihilfen ge­ prüft. Dies änderte sich für einen Teil der Maßnahmen mit der Einführung des Verhaltenskodexes, dazu Vanistendael, EC Tax Review 2000, 152, 154. Zu den Besonderheiten im Einzelnen sogleich. 150 Dazu auch Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 20. Dabei wird nur auf diejenigen Tatbestandsmerkmale eingegangen, auf die sich steuerliche Kriterien besonders problematisch auswirken. Dies ist bei den Voraus­ setzungen der Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung nicht der Fall, vgl. Micheau, in: Research Handbook on European State Aid Law, 193, 207; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 133 ff., 137, 139. Insbesondere stellen Steuermaßnahmen in der Regel Betriebsbei­ hilfen dar und werden deshalb grundsätzlich als wettbewerbsverfälschend einge­ ordnet, EuGH, Urteil vom 19.09.2000, C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-06857, Rz. 30; EuGH, Urteil vom 05.10.2000, C-288/96, Deutschland/

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

dieser Besonderheiten sollten bei der Auslegung des Beihilfeverbots im Bereich der direkten Steuern das Prüfungsschema für die direkte Subven­ tion als das Paradigma einer Beihilfe151 und seine Wertungen nicht aus dem Blickfeld geraten.152 Diese können bei der Norminterpretation ins­ besondere deshalb systematische und teleologische Hilfestellungen bie­ ten, weil die direkte Subvention den klassischerweise durch das Beihilfe­ verbot in den Blick genommenen Fall darstellt. Sie sind daher geeignet, dessen Sinn und Zweck beispielhaft vor Augen zu führen. a) Begünstigung aa) Unübertragbarkeit der Rechtsprechung zu direkten Beihilfen Die Frage nach einer Begünstigung hängt für direkte Beihilfen davon ab, ob es sich um eine wirtschaftliche Besserstellung handelt, die der Be­ günstigte unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.153 Diese Fragestellung führt bei der Prüfung steuerlicher Maßnahmen je­ doch nicht weiter. Im Gegensatz zu direkten Beihilfen handelt der Staat im Bereich des Steuerrechts als Hoheitsträger und nicht als Wirtschafts­ teilnehmer154, so dass es auf den Vergleich mit normalen Marktbedingun­ gen regelmäßig155 nicht ankommen kann. Es gilt vielmehr einen Ver­ Kommission, Slg. 2000, I-08237, Rz. 77; Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxel­ heim, National tax policy in Europe, 121, 123; Valente/Roccatagliata, Tax notes international 1998, 259, 261. 151 Schön, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 117, 123; Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-006. 152 Ferner sollte bei der Prüfung des Beihilfeverbots im Bereich der direkten Besteue­ rung die im Vergleich zu direkten Beihilfen herausgehobene Bedeutung der Defini­ tion einer Maßnahme als Beihilfe ins Bewusstsein geführt werden. Diese ergibt sich aus der Tatsache, dass die Ausnahmetatbestände der Abs. 2 und 3 des Art. 107 AEUV selten gegeben sein werden. Abs. 2 leg cit wird bei steuerlichen Beihilfen selten einschlägig sein. Für Abs. 3 leg cit erschließt sich dies daraus, dass steuerliche Begünstigungen in der Regel Betriebsbeihilfen und daher grundsätzlich untersagt sind (Fn. 150) und die Kommission bei der Auslegung ein weites Ermes­ sen hat, Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 1.27. 153 B.II.1.a). 154 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 19; Cremer, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 11; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuer­ recht, 54 f.; Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Aus­ wirkungen im Steuerrecht, 173 f.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskali­ sche Abgaben, Rz. 195; Vanistendael, EC Tax Review 2000, 152, 158 f. Insbesondere besteht bei Steuern kein Verhältnis zwischen Leistung und Gegen­ leistung (§ 3 Abs. 1 AO), das auf seine Marktkonformität hin überprüft werden könnte, Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, 139. 155 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 19 f. Im Bereich der steuerlichen Beihilfen hat der EuGH den Privatinvestortest u.a. als Maßstab bei der Prüfung einer Stundung angelegt,

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II.  Klassische Auslegung

gleichsmaßstab156 zu finden, der im Gegensatz zum hergebrachten Prüfungsschema Gesichtspunkte einbezieht, die der Stellung des Staates als Hoheitsträger Rechnung tragen.157 Ferner ist das Steuerrecht ein Be­ reich des Wirtschaftslebens, in dem staatliche Eingriffe omnipräsent sind, während dem Beihilferecht das Bild eines von staatlichen Maßnah­ men freien Marktes zugrunde liegt.158 Auch diese Tatsache muss zum Tragen kommen, wenn die beihilferechtlich Relevanten aus der Vielzahl der Eingriffe herausgefiltert werden sollen. Eine weitere steuerliche Be­ sonderheit im Bereich der direkten Beihilfen ist, dass Differenzierungen zwischen Wirtschaftsteilnehmern dem Steuerrecht immanent sind, weil die Belastungs- und Gestaltungswirkungen verschiedene Steuersubjekte in unterschiedlicher Weise treffen.159 Selten ergibt sich aus der immanen­ ten unterschiedlichen formalen Belastungswirkung aber automatisch eine Begünstigung.160 Daraus entstehen besondere Schwierigkeiten bei der Feststellung einer Begünstigung im Steuerrecht.161 Aus einer Zusam­ EuGH, Urteil vom 29.06.1999, C-256/97, DMT, Slg. 1999, I-03913, Rz. 24 f.; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 85. Ferner wurde er auch in der Rs. EDF, EuGH, Urteil vom 05.06.2012, C-124/10 P, EDF, ECLI:EU:C:2012:318, herangezogen, dazu näher Nicolaides, EStAL 2013, 243; Debroux, Competition Law Insight 2012, 6; Soltész, EuZW 2013, 134, 135; Baeten/Gam, EStAL 2013, 546. Zur Thematik allgemein Müller, in: Jahrbuch Bei­ hilferecht 2011, 273. 156 Zur Notwendigkeit der Festlegung eines Vergleichsmaßstabes vgl. z.B. Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 41, der darauf hinweist, dass die Günstigkeit einer Maßnahme ein relativer Begriff sei. 157 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 36, fordert zur Feststellung einer Begünstigung im Steuerrecht „andere Maßstäbe“ als den des Marktpreises, insbesondere „steu­ errechtliche[…] Kriterien“, vgl. S. 105. Für den umgekehrten Fall: EuGH, Urteil vom 05.06.2012, C-124/10 P, EDF, ECLI:EU:C:2012:318, Rz. 79 ff. 158 Schön, in: Koenig/Roth/Schön, Aktuelle Fragen des EG-Beihilfenrechts, Beiheft ZHR, 106, 111; Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-006. 159 Jaeger, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbe­ werbsrecht (Kartellrecht) – Beihilfen- und Vergaberecht, Art. 107 AEUV – Steuerli­ che Maßnahmen, Rz. 4; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abga­ ben, Rz. 23; Kirchhof, StuW 1984, 297; Nicolaides, World Competition 2001, 319, 330; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 56, 99. Dies ist u.a. Folge der Besteuerung nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit, das gerade unterschiedliche Belastungs­ wirkungen je nach individueller Leistungsfähigkeit verlangt, vgl. Hey, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 3, Rz. 40, 42. 160 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 99; ähnlich Wouters/Hees, Les règles commun­ autaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations cri­ tiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 11. 161 Erster Bericht über Staatliche Beihilfen in der Europäischen Gemeinschaft, 1989, Rz. 50, 72, zitiert nach Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungs­ verbot in Steuersachen, 81 Fn. 214; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevor­ schriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 57.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

menschau dieser Besonderheiten folgt, dass die Rechtsprechung zur Prü­ fung einer Begünstigung bei direkten Beihilfen nicht unmittelbar auf steuerliche Beihilfen übertragbar ist. bb) Begünstigungsprüfung im Bereich der direkten Steuern Rechtsprechung und Kommission haben deshalb als Ersatz162 für den Ver­ gleichsmaßstab der normalen Marktbedingungen die „normalerweise zu tragenden Belastungen“163 als Referenzpunkt herangezogen. Daraus folgt, dass eine Begünstigung immer dann vorliegt, wenn eben diese normale steuerliche Belastung unterschritten wird.164 Um eine solche Begünsti­ gung feststellen zu können, ist zunächst die normale steuerliche Belas­ tung zu bestimmen. Im Falle von Einzelmaßnahmen, wie z.B. dem Erlass oder der Stundung einer Steuerforderung, ist danach zu fragen, ob der 162 Beide Vergleichsmaßstäbe gleichstellend Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträ­ ge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 121; Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 54; ähnlich Rubini, The definition of sub­ sidy and state aid, 287; Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 262; Jann, in: Festschrift for Carl Baudenbacher, 419, 425; Kühling, EWS 2013, 113, 115. 163 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 43; Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschrif­ ten über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unterneh­ menssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 9; Müller-Graff, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV, Rz. 9; Kreuschitz/Wernicke, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 5; Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerpla­ nung, 2142; Micheau, in: Research Handbook on European State Aid Law, 193, 198; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuer­ recht, 51. 164 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 43; EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 45; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommissi­ on/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 71; EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 16; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 52 ff.; Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 9. Zitzelsberger, StuW 1985, 197, 201, bezeichnet dies im Hinblick auf nationale Steuervergünstigungen als „Relativität des Subventi­ onsbegriffs“. Sehr kritisch merkt Sedemund, EuZW 2001, 609, an, dass mit dieser Prüfung lediglich eine „gleichheitskonforme Ausgestaltung des jeweiligen natio­ nalen Steuerrechts“ erreicht wird, nicht aber das ursprüngliche Ziel der Beihilfe­ kontrolle, nämlich die Angleichung der Wettbewerbsbedingungen. Dem ist entge­ genzuhalten, dass Ziel der Beihilfekontrolle im Gegensatz zur Harmonisierung nicht die Angleichung sein kann, sondern lediglich die Verhinderung von Wettbe­ werbsverzerrungen durch staatliche Begünstigungen, Jansen, Vorgaben des euro­ päischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 62; Blumenberg, in: Hand­ buch der internationalen Steuerplanung, 2143.

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II.  Klassische Auslegung

Steuerpflichtige die Forderung ohne die staatliche Maßnahme erfüllen hätte müssen. Im Bereich der direkten Steuern handelt es sich jedoch seltener um die Kontrolle von Einzelmaßnahmen, sondern vermehrt um Regelungen, die in ihrem Anwendungsbereich allgemein gehalten sind, also auf alle Unternehmen oder zumindest eine große Gruppe von Unter­ nehmen Anwendung finden. Zur Feststellung der normalen Steuerlast kann in diesen Fällen165 nicht darauf abgestellt werden, welche Steuerlast ein einzelner Steuerpflichtiger in concreto im Regelfall zu tragen hätte – der Beihilfekontrolle kommt es vielmehr auf die Beihilferelevanz der Re­ gelung als Ganze an.166 Rechtsprechung und Kommission fragen deshalb nicht nach der faktisch zu zahlenden Steuer, sondern nach der „Regelbe­ steuerung“167, der „allgemeinrechtlichen Regelung“168 oder dem „Refe­ renzsystem“169 und ziehen somit an Stelle eines faktischen170 ein rechtli­ ches Kriterium171 heran. Ziel ist es, durch die Analyse der gesetzgeberischen Grundentscheidung, die sich in dem Regelungskomplex wiederfindet, die Normalsituation der Besteuerung im Sinne der grundsätzlich anzu­ wendenden Regelungen – und eigentlich nicht die tatsächliche Normal­ belastung – zu bestimmen.172 Jede vorteilhafte Abweichung von diesen 165 Abgesehen von dem Umstand, dass im Zeitpunkt der Prüfung eine Einzelfallan­ wendung der Regelung oft noch nicht stattgefunden hat, weil die Regelung nach Art. 108 Abs. 3 AEUV vor Inkrafttreten notifiziert worden ist. 166 Zur Unterscheidung EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 22. 167 „Kasten 1“ in dem Bericht über die Umsetzung der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, 9.2.2004, C(2004)434, Rz. 16. 168 EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 18. 169 Beschluss der Kommission, 26.01.2011, 2011/527/EU, ABl. EU 2011 Nr. L 235/26, Rz. 25; vgl. jüngst auch EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-219/10, Autogrill España, ECLI:EU:T:2014:939, Rz. 30 und EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-399/11, Banco Santander, ECLI:EU:T:2014:938, Rz. 34: „Bezugsrahmen“. Im Folgenden soll der Ausdruck der Regelbesteuerung verwendet werden. 170 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 20, betont, dass es sich bei dem Kriterium der Normalbesteue­ rung um ein deskriptives, dagegen bei dem des „normalen Wirtschaftsteilneh­ mers“ um ein präskriptives handle. Ähnlich Birkenmaier, Die Vorgaben der Bei­ hilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 107. 171 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 20, betont, dass es sich bei dem Kriterium der Normalbesteue­ rung um ein deskriptives, dagegen bei dem des „normalen Wirtschaftsteilneh­ mers“ um ein präskriptives handle. Ähnlich Birkenmaier, Die Vorgaben der Bei­ hilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 107. 172 Dies ist auch im Hinblick auf die Formulierung „normalerweise zu tragende Be­ lastung“ überzeugend, da es danach nicht zwingend auf die tatsächliche, sondern vielmehr auf die normativ vorgegebene Belastung ankommen soll. Zum Beihil­ fecharakter sog. „gemischter Konfigurationen“, in denen die tatsächliche Höhe

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Regeln ist dann eine Begünstigung im Sinne des Beihilfeverbots.173 Maß­ gebend ist demnach die Feststellung eines Regel-Ausnahme-Verhältnis­ ses. Die in diesem Ansatz zum Ausdruck kommende beihilferechtliche Anerkennung der steuergesetzgeberischen Grundentscheidungen trägt der Omnipräsenz staatlicher Eingriffe im Steuerrecht Rechnung und er­ möglicht die Beachtung der bei den Mitgliedstaaten verbliebenen Kom­ petenz im Bereich der direkten Besteuerung. Die Schwierigkeit dabei ist, Differenzierungen, die der Regelbesteuerung immanent sind174, von sol­ chen Abweichungen zu unterscheiden, die „echte Ausnahmen“ von der Grundentscheidung darstellen.175 So erscheinen zum Beispiel Steuerbe­ freiungen grundsätzlich als vorteilhafte Ausnahmen176, könnten aber ebenso Ausdruck einer gesetzgeberischen Grundentscheidung sein.177 Zusammenfassend zieht die steuerliche Begünstigungsprüfung für Bei­ hilfeprogramme – den Regelfall steuerlicher Beihilfen – im Vergleich zu derjenigen bei direkten Beihilfen rechtliche statt faktischer Kriterien he­ ran. Als Ersatz für den Vergleich mit normalen Marktbedingungen dient dabei die allgemeine Steuerregelung. b) Staatlichkeit der Mittel Die Voraussetzung der Staatlichkeit der Mittel ist bei Begünstigungen durch Steuermaßnahmen in der Regel unproblematisch zu bejahen, weil sie typischerweise mit staatlichem Einnahmeverzicht178 einhergehen, der Beihilfe zum einen von einer Regelung, zum anderen von variablen tatsächli­ chen Umständen, die außerhalb dieser Regelung liegen, abhängt, EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 23. 173 Vgl. Jaeger, in: Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wett­ bewerbsrecht (Kartellrecht) – Beihilfen- und Vergaberecht, Art. 107 AEUV – Steu­ erliche Maßnahmen, Rz. 5. Zum Teil wird die Prüfung dieses Regel-Ausnah­ me-Verhältnisses auch erst im Rahmen der Voraussetzung der Selektivität vorgenommen, so zum Beispiel Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 88; Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 55; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 173. Letztlich kommt es auf die exakte Veror­ tung im Tatbestand aber nicht an. 174 Entscheidung der Kommission, 22.12.1999, 2000/795/EG, Abl. EG 2000 Nr. L 318/36, Rz. 90; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 211. 175 Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 147. 176 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 68. 177 Dazu auch Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 154. 178 Der Einnahmeverzicht wird vereinzelt mit der Verringerung der Normalsteuer­ belastung gleichgesetzt, so der Bericht über die Umsetzung der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, 9.2.2004, C(2004)434, Rz. 18. Rechnerisch fallen beide Voraussetzungen zwar zusammen, klarstellend ist aber deutlich zu machen, dass es sich um zwei getrennte Tatbe­

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II.  Klassische Auslegung

der der Verwendung staatlicher Mittel in Form von Steuerausgaben aus beihilferechtlicher Sicht gleichsteht.179 c) Selektivität Bei Steuermaßnahmen wird es sich selten um rechtlich, sondern in der Regel um faktisch selektive Maßnahmen handeln.180 Steuerliche Ver­ günstigungen werden oft nicht einzelnen Unternehmen oder einer schon im Anwendungsbereich bestimmten Gruppe von Unternehmen gewährt, sondern an vergleichsweise allgemeine Kriterien geknüpft.181 Deshalb können Steuermaßnahmen oft den Anschein allgemeiner Maßnahmen erwecken.182 Die beihilferechtlich relevante Gruppe von Unternehmen, die durch die Wirkungen der in ihrem Anwendungsbereich allgemeinen Regel begünstigt wird, muss daher genau herausgearbeitet werden. Dies führt dazu, dass die Abgrenzung zwischen allgemeinen und selektiven Maßnahmen ungleich schwieriger ist als bei direkten Beihilfen.183 Ungeachtet dieser Besonderheiten wird die Selektivität im Bereich der direkten Steuern mit Hilfe der dargelegten Vergleichbarkeitsformel ge­ standsmerkmale handelt, wobei die Verringerung der Normalsteuerbelastung die Definition der Voraussetzung der Begünstigung ist, so ausdrücklich EuGH, Urteil vom 29.06.1999, C-256/97, DMT, Slg. 1999, I-03913, Rz. 19, und EuGH, Urteil vom 19.09.2000, C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-06857, Rz. 25, und nicht der Staatlichkeit der Mittel. Bei Letzterer kommt es nicht auf ein Re­ gel-Ausnahme-Verhältnis, sondern die Herkunft der Mittel an. 179 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 10; Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Pa­ per Nr. 18/2002, 9. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 72, bezeichnet die steuerliche Beihilfe als „Abkürzung des Weges einer herkömmlichen Subvention“. 180 Ähnlich Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 11. 181 Vgl. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 144. Sie treten oft in der Form von Beihilfere­ gelungen auf, Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, 54, 124 f.; Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 568. Vgl. auch Fn. 106. 182 So Zweiter Bericht der Kommission über staatliche Beihilfen in der Europäischen Gemeinschaft im verarbeitenden Gewerbe und in einigen weiteren Wirtschafts­ sektoren, 1990, 4 f., zu allgemein gültigen Steuersystemen; einschränkend XXV. Bericht über die Wettbewerbspolitik 1995, 19.07.1996, 79 f. 183 Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 63, 171. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 56 f., betont, dass differenzierende Wirkungen im Steuerrecht Ausdruck allgemeiner Steuer-, Wirtschafts- und Gesellschaftspoli­ tik sein können, aber auch Mittel gezielter Wirtschaftsförderung.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

prüft.184 Rechtsprechung und Kommission fragen danach, ob die steuerli­ che Maßnahme „im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ […] gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächli­ chen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen“185. Obwohl der klassische Ansatz die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und der Selektivität grundsätzlich getrennt behandelt, werden zum Teil sowohl die Vergleichbarkeitsprüfung als auch das Regel-Ausnahme-Verhältnis, das grundsätzlich der Definition der Begünstigung dient, unter das Tatbe­ standsmerkmal der Selektivität gefasst und vermischt186, indem die ver­ gleichende Gegenüberstellung zwischen Ausnahme- und Regelbesteue­ rung und der Vergleich zwischen denjenigen günstiger und denjenigen weniger vorteilhaft behandelten Unternehmensgruppen gleichgestellt werden. Dies führt dazu, dass die Trennung und der genaue Inhalt der Tatbestandsmerkmale verschwimmen. Unabhängig von der Auswahl der Vergleichsgruppen stellt die Vergleichbarkeitsprüfung im Gegensatz zur Begünstigungsprüfung nicht nur auf rechtliche, sondern auch auf tat­ sächliche Kriterien187 ab. Dies hat zur Folge, dass insbesondere auch wirt­ schaftliche Kriterien tatsächlicher Natur Eingang in den Vergleich fin­ den. Trifft eine Maßnahme, wie es für eine Vielzahl steuerlicher Regelungen der Fall sein dürfte, Unterscheidungen zwischen Unternehmen und ist deshalb prima facie selektiv188, so besteht nach der Rechtsprechung auch bei steuerlichen Maßnahmen189 die Möglichkeit der Rechtfertigung die­ 184 Fn. 148. 185 EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365, Rz. 41. Siehe B.II.1.c)cc). 186 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 48 ff.; Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 25.11.1992, C-189/91, Kirsammer-Hack, Slg. 1993, I-06185, Rz. 58; Generalanwalt Darmon, Schlussan­ träge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 50; Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2013, 19, 20; Blumenberg, in: Handbuch der in­ ternationalen Steuerplanung, 2144; Metaxas, EStAL 2010, 771, 774; Jansen, Vorga­ ben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 58; kritisch Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 28 f.; López López, EStAL 2010, 807, 808. 187 Frenz, DStR 2000, 137, 140. 188 EuGH, Urteil vom 21.06.2012, C-452/10 P, BNP Paribas/Kommission, ECLI:EU:C:2012:366, Rz. 101. 189 Fn. 148. Obwohl bei steuerlichen Beihilferegelungen die Möglichkeit der Recht­ fertigung durch Systemimmanenz wegen der Steuersystemen als solchen imma­ nenten Differenzierungen ein wichtiger Aspekt zu sein scheint, wurden Maßnah­ men nur äußerst selten aufgrund dieses Aspekts aus dem Beihilfeverbot ausgenommen, vgl. Lenaerts, in: EU competition law in context – Essays in ho­ nour of Virpi Tiili, 291, 305. Ein Beispiel dafür findet sich in EuGH, Urteil vom

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III.  Gleichheitsrechtliche Auslegung

ser prima facie-Selektivität durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems.190 Dabei sei „zwischen den mit einer bestimmten Steuerrege­ lung verfolgten Zielen, die außerhalb dieser Regelung liegen, und den dem Steuersystem selbst inhärenten Mechanismen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind“191, zu unterscheiden. Nur Letztere können bei der Rechtfertigung in Betracht gezogen werden. Andernfalls könnte das Beihilfeverbot umgangen werden, indem auf wirtschaftspolitische Zweckbestimmungen verwiesen würde.192 3. Ergebnis Als Zwischenergebnis lässt sich im Hinblick auf die steuerlichen Beson­ derheiten festhalten, dass der wesentliche Unterschied zur Auslegung des Beihilfeverbots bei direkten Beihilfen die Prüfung der Begünstigung als Regel-Ausnahme-Verhältnis ist, während die Selektivitätsprüfung auch für steuerliche Sachverhalte in der Regel eine Vergleichbarkeitsund Rechtfertigungsprüfung umfasst.

III. Jüngere Entwicklungen in Rechtsprechung und ­Entscheidungspraxis der Kommission Im Folgenden wird auf jüngere Entwicklungen in der Auslegung des Bei­ hilfeverbots eingegangen, die einen Wandel vom klassischen Ansatz hin 16.05.2000, C-83/98 P, Ladbroke Racing, Slg. 2000, I-03271, Rz. 26 ff.; zu weiteren Fällen vgl. Cecco, State aid and the European economic constitution, 105 f.; Heidenhain, in: Festschrift für Georg Maier-Reimer, 189, 194 f. Bei parafiskalischen Abgaben hingegen hat die Frage der Systemimmanenz keine Relevanz, vgl. Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 375, der dies überzeu­ gend herleitet. 190 Dazu B.II.1.c)ee). Dies erinnert an die Rechtfertigungsmöglichkeit der „Kohärenz des Steuersystems“ im Rahmen der Grundfreiheiten, die dort allerdings nicht auf Tatbestands-, sondern Rechtfertigungsebene angesiedelt ist, dazu Cecco, State aid and the European economic constitution, 107; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 5; Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 101; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtli­ chen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 27; Wattel, World Tax Journal 2013, 128. 191 EuGH, Urteil vom 06.09.2006, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 81; Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmens­ steuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 26. Externe Ziele sind nach Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträge vom 20.10.2005, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 76, beispielsweise soziale Ziele, während er als „eigentlichen Zweck des Steuersystems“ die Effizi­ enz der Steuererhebung oder die Progression nennt. Dazu näher unter B.IV.1.a)cc). 192 Entscheidung der Kommission, 22.12.1999, 2000/795/EG, Abl. EG 2000 Nr. L 318/36, Rz. 93.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

zu einer Art gleichheitsrechtlichen Prüfung erkennen lassen. Dabei folgt auf die Darstellung dieser Prüfungsmethode ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der Auslegung. 1. Das Beihilfeverbot als gleichheitsrechtliche Prüfung In mehreren Urteilen und Entscheidungen weichen Rechtsprechung193 und Kommission194 zwar nicht expressis verbis195, aber im tatsächlichen Vorgehen – und im Einklang mit Stimmen aus der Literatur196 – vom 193 Wohl bereits Generalanwalt Cosmas, Schlussanträge vom 13.05.1997, C-353/95 P, Tiercé Ladbroke/Kommission, Slg. 1997, I-07007, Rz. 30, 36; EuGH, Urteil vom 09.12.1997, C-353/95 P, Tiercé Ladbroke/Kommission, Slg. 1997, I-07007, Rz. 33; wohl ähnlich für zinsverbilligte Darlehen EuG, Urteil vom 29.09.2000, T-55/99, CETM, Slg. 2000, II-03207, Rz. 52; EuGH, Urteil vom 06.09.2006, C-88/03, Portu­ gal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 52 ff.; EuGH, Urteil vom 22.12.2008, C-487/06 P, British Aggregates, Slg. 2008, I-10515, Rz. 82 ff.; EuG, Ur­ teil vom 04.09.2009, T-211/05, Italien/Kommission, Slg. 2009, II-02777, Rz. 117 ff.; EuG, Urteil vom 01.07.2010, T-335/08, BNP Paribas/Kommission, Slg. 2010, II03323, Rz. 160 f.; EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Nieder­ lande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 62 ff.; Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 72; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 91, 100 f.; Generalanwalt Wahl, Schlussanträge vom 24.09.2014, C-518/13, Eventech Ltd., ECLI:EU:C:2014:2239, Rz. 57; EuGH, Urteil vom 14.01.2015, C-518/13, Eventech Ltd., ECLI:EU:C:2015:9, Rz. 55; EuG, Urteil vom 05.02.2015, T-500/12, Ryanair, ECLI:EU:T:2015:73, Rz. 69; EuG, Urteil vom 05.02.2015, T-473/12, Aer Lingus, ECLI:EU:T:2015:78, Rz. 46; dazu Blazek/van der Hout, EStAL 2015, 340. 194 Entscheidung der Kommission, 24.04.2002, C (2002) 1478 final, Rz. 29 ff.; Ent­ scheidung der Kommission, 30.03.2004, 2005/261/EG, ABl. EU 2004 Nr. L 85/1, Rz. 143, 148. Den in dieser Entscheidung angewandten methodischen Ansatz be­ zeichnet Generalanwalt Jääskinen als „Ad-hoc-Methode“, Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 4, weil er auf den ersten Prüfungsschritt, das Regel-Ausnah­ me-Verhältnis, gänzlich verzichtet. Damit entspricht er dem gleichheitsrechtli­ chen Prüfungsansatz. 195 Eine ausdrückliche Abkehr vom klassischen Prüfungsansatz hat (noch) nicht stattgefunden. Die einzige Ausnahme stellt insofern die Rs. Gibraltar (EuGH, Ur­ teil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113), dar, in der auf die Voraussetzung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses ausdrück­ lich verzichtet wird, Rz. 91, vgl. dazu Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zu­ kunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 107; Lyons, British Tax Re­ view 2012, 55, 61; Quigley, Intertax 2012, 112, 117; Linn, IStR 2015, 114, 116. Gleichzeitig wird jedoch an anderer Stelle auf eine Begünstigung im Hinblick auf einen für alle Unternehmen geltenden Bezugsrahmen, also die Regelbesteuerung, abgestellt, Rz. 95. Eine allgemeingültige Änderung der Rechtsprechung ist deshalb aus diesem Urteil noch nicht zu schließen. Vgl. dazu sogleich B.III.2. 196 Lang, in: Richelle/Schön/Traversa, State Aid Law and Business Taxation, 27, 29; Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steu­ errechts, 85, 111; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuer­

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III.  Gleichheitsrechtliche Auslegung

klassischen Ansatz insoweit ab, als nicht mehr eine Begünstigung in Form einer Ausnahme von der Regelbesteuerung197 und deren Selektivi­ tät verlangt, sondern beide Prüfungspunkte in einer Art gleichheitsrecht­ lichen Betrachtung198 zusammengefasst werden.199 Nach diesem Ansatz recht, 7, 24 ff.; Lang, IStR 2010, 570, 413; wohl auch Cordewener, EC Tax Review 2012, 288; Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2013, 19, 21; Heidenhain, in: Fest­ schrift für Georg Maier-Reimer, 189, 190 f.; Lenaerts, in: EU competition law in context – Essays in honour of Virpi Tiili, 291, 298 ff.; Keppenne, Guide des aides d‘état en droit communautaire, 23 f., formuliert zwar, dass die Bestimmung eines Referenzpunktes unerlässlich ist, verlangt dann aber, dass dieser die Unterneh­ men sein sollen, die sich in einer tatsächlich und rechtlich vergleichbaren Situati­ on befinden, so auch Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Insti­ tut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 11 f.; ähnlich Jansen, Vor­ gaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 56; sie wen­ den damit letztlich eine Art gleichheitsrechtliche Prüfung an; Keppenne dagegen im Sinne einer Regel-Ausnahme-Prüfung verstehend: Sutter, Das EG-Beihilfenver­ bot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 95. Bleckmann, Ordnungs­ rahmen für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juris­ tentag, D 9, tendiert bereits bezüglich des Konkurrentenschutzes zu einer gleichheitsrechtlichen Prüfung, verlangt aber gleichzeitig ein Abweichen von marktwirtschaftlichen Prinzipien, was im Steuerrecht der Regel-Ausnahme-Prü­ fung entsprechen könnte. 197 Brocke/Wohlhöfler, IWB 2014, 287, 290; Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 134; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 25. 198 Ähnlich Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationa­ len Steuerrechts, 85, 112; Lang, EStAL 2012, 411, 420; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschafts­ rechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 26; Biondi, CMLR 2013, 1719, 1733; Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxelheim, National tax policy in Euro­ pe, 121, 123, 127; Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 132; Klemt, DStR 2013, 1057, 1058 f.; Kube, EuR 2004, 230, 244; Ross, CMLR 2000, 401, 407. Auch Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steu­ errecht, 175, stellt fest, dass die Rechtsprechung das Beihilfeverbot vermehrt nach gleichheitsrechtlichem Argumentationsmuster prüfe. Zu den Unterschieden im Vergleich zu nationalen Gleichheitssatzprüfungen und den Grundfreiheiten Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 101 ff. Auch Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 74 f., weist auf die unterschiedlichen Zielsetzungen des Beihilferechts und der Grundfreiheiten hin. Zu den Interdependenzen Engelen/Gunn, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 137, 147 ff.; Lang, IStR 2010, 570; Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2013, 19; Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2009, 221, 231. 199 Zu diesem Ansatz vgl. Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatli­ chen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 128 ff. Zum Vergleich der klassischen und der gleichheitsrechtlichen Methode bereits Generalanwalt Cosmas, Schlussanträge vom 13.05.1997, C-353/95 P, Tiercé Ladbroke/Kommission, Slg. 1997, I-07007, Rz. 30; vgl. z.B. auch Kühling, EWS 2013, 113, 115; Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 110 f.; Szudoczky/van de Streek, Intertax 2010, 260, 264; Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 576. Micheau, EC Tax Review 2008, 276, 278, analysiert zwar, dass die Ansätze eine

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

kommt es lediglich auf eine günstigere Behandlung von Unternehmen im Vergleich zu anderen, vergleichbaren Unternehmen an.200 Es wird in einem ersten Schritt geprüft, ob (1) eine Maßnahme „zwischen Unter­ nehmen differenziert, die sich im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Lage befinden“201. Ruft die beihilfeverdächtige Norm eine derartige differenzierende Be­ handlung hervor, kann sie in einem zweiten Schritt auch nach diesem Ansatz (2) mit ihrem systemimmanenten Charakter gerechtfertigt wer­ den.202 Die Beweislast dafür verbleibt wohl im gleichheitsrechtlichen Ansatz beim Mitgliedstaat oder Beihilfeempfänger.203 Ferner wird auch nach dem neueren Ansatz verlangt, dass (3) die Begünstigung vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt wird und (4) geeignet ist, den Han­ del zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbe­ werb zu verfälschen.204 Bei diesem Vorgehen wird zwar im Grundsatz auf die Regel-Ausnahme-Prüfung verzichtet, Aspekte der Prüfung können jedoch je nach inhaltlicher Auslegung im Tatbestandsmerkmal der Sys­ temimmanenz Eingang finden.205

jeweils eigene Methodik verfolgen, will aber dennoch beide unter einen einheitli­ chen, als „derogation test“ bezeichneten Ansatz fassen. Bereits in der hergebrach­ ten Prüfungsweise sei das Regel-Ausnahme-Verhältnis als Vergleich zwischen der Regel- und der Ausnahmebesteuerung und somit als eine Art gleichheitsrechtli­ che Prüfung konzipiert, so Schön, in: Koenig/Roth/Schön, Aktuelle Fragen des EG-Beihilfenrechts, Beiheft ZHR, 106, 111. Vgl. ferner Sutter, Das EG-Beihilfen­ verbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 96; Sutter, in: Die Vertei­ lung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 83, 92; Sedemund, EuZW 2001, 609, der von einer „gleichheitskonforme[n] Ausgestaltung des jeweiligen nationalen Steuer­ rechts“ mit Mitteln des Beihilferechts spricht. So auch Jansen, Vorgaben des euro­ päischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 102. Zu den Unterschieden vgl. jedoch insbesondere B.IV.2.b). 200 So Lang, EStAL 2012, 411, 418; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 24 f. 201 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 62. 202 Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 26 f. 203 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 62. Siehe dazu oben B.II.1.c)ee) und B.II.2.c). Zum Ganzen auch Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuer­ rechts, 85, 98. 204 Dazu B.II.1.d). 205 Dazu näher B.IV.2. Darüber hinaus wird in einigen Urteilen auch eine zusätzliche Voraussetzung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme aufgestellt, so z.B. in Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 75; EuG, Urteil vom 01.07.2010, T-335/08, BNP Pari­ bas/Kommission, Slg. 2010, II-03323, Rz. 199 ff.; vgl. dazu Quigley, European state aid law and policy, 121 f.

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III.  Gleichheitsrechtliche Auslegung

2. Ausblick auf die Entwicklung der Auslegung In einer Gesamtschau kann noch nicht davon ausgegangen werden, dass Rechtsprechung und Kommission gänzlich zugunsten des gleichheits­ rechtlichen Ansatzes vom klassischen Prüfungsansatz abkehren.206 In der Anwendung des Art. 107 Abs. 1 AEUV findet auch in jüngster Zeit die klassische Auslegung weiterhin Verwendung.207 Überdies kann der Ver­ zicht auf den Prüfungsschritt der Begünstigung als Ausnahme im Einzel­ fall seinen Grund auch lediglich darin haben, dass sein Bestehen unprob­ lematisch zu bejahen ist.208 Ferner sind Rechtsprechung und Kommission in keinem der zitierten Urteile ausdrücklich von der klassischen Prü­ fungsmethode abgewichen209 – mit einer Ausnahme, der Rs. Gibraltar.210 Im Hinblick auf dieses Urteil ist jedoch aus zwei Gründen zweifelhaft, ob der Anwendung der gleichheitsrechtlichen Auslegung allgemeingülti­ ger Charakter zugeschrieben werden kann211 – obwohl es gemeinhin als 206 Ähnlich Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 94. Auch aus der Sicht M. Langs ist die Rechtsprechung zu den einzelnen Voraussetzungen des Beihilfe­ verbots im Fluss, Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuer­ recht, 7; so auch Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfen­ recht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 589. Eine abschließende Beurteilung der Entwicklung ist daher noch nicht möglich. A.A. wohl nunmehr Lang, in: Lü­ dicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 112. 207 Z.B. EuGH, Urteil vom 18.07.2013, C-6/12, P Oy, ECLI:EU:C:2013:525, Rz. 19; EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 18; EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 49; EuG, Urteil vom 07.03.2012, T-210/02 RENV, British Aggregates, ECLI:EU:T:2012:110, Rz. 46, 49; Entscheidung der Kommission, 11.03.2008, ABl. EU 2008 N. L 237/70, Rz. 87; Entscheidung der Kommission, 16.03.2005, ABl. EU 2006 Nr. L 94/42, Rz. 26; Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 121, 158, 160; so auch Schön, in: Richelle/Schön/Traversa, State Aid Law and Business Taxation, 3, 11; a.A. Lang, in: Richelle/Schön/Traversa, State Aid Law and Busi­ ness Taxation, 27; zu den Widersprüchen in der Rechtsprechung siehe auch Quigley, Intertax 2012, 112, 117. 208 So z.B. in EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 32 ff.; vgl. auch Tomat, EStAL 2012, 462, 466. 209 Jüngst auch in EuGH, Urteil vom 18.07.2013, C-6/12, P Oy, ECLI:EU:C:2013:525, Rz. 19; dazu z.B. Michalak/Taferner, Journal of International Taxation 2014 Nr. 1, 16, 17; Ismer/Karch, IStR 2014, 130; Hackemann/Sydow, IStR 2013, 786; Brodersen/Mückl, European Taxation 2014, 56; Soltész, EuZW 2014, 89, 92; Helminen, in: Lang/Pistone/Schuch/Staringer/Storck, ECJ, Recent Developments in Direct Taxation 2012, 31. 210 Siehe Fn. 194; a.A. Egger, BZR 2012, 105, 117. Kritisch im Hinblick auf die kon­ krete Anwendung des gleichheitsrechtlichen Ansatzes in der Rs. Gibraltar: Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuer­ rechts, 85, 112 f. 211 Zum Ausnahmecharakter dieser Entscheidung bereits Schön, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 117, 124; Lang,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

grundlegendes Urteil verstanden wird.212 Zum einen ist davon auszuge­ hen, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und der Ver­ zicht auf die Voraussetzung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses in den Besonderheiten des Sachverhalts begründet ist.213 Zum anderen hat der EuGH den gleichheitsrechtlichen Prüfungsansatz nicht in seiner reinen Ausprägung214 angewandt, sondern eine einschränkende Auslegung ge­ funden. Auch dieser Umstand spricht dagegen, dass sich die neue Prü­ fungsmethode umfassend durchgesetzt hat. Der Sachverhalt zeichnet sich durch die seltene Konstellation aus, dass ein formales, also rege­ lungstechnisches Regel-Ausnahme-Verhältnis in Bezug auf die potentiell begünstigte Gruppe der „Offshore“-Unternehmen215 nicht vorhanden ist. Deshalb wäre Art. 107 Abs. 1 AEUV in seiner klassischen Auslegung, zumindest auf den ersten Blick, nicht anwendbar. Die Begünstigung folgt vielmehr aus einer Kombination der allgemein anwendbaren Besteue­ rungsgrundlagen.216 Die Selektivität eines gesamten Besteuerungssystems steht in Frage.217 Um dem Beihilfeverbot dennoch zu seiner Wirkung zu verhelfen, bedienen sich Kommission und EuGH des gleichheitsrechtli­ chen Ansatzes, der ein Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht erfordert, son­ dern differenzierende Wirkungen einer oder mehrerer Regelungen ausrei­ chen lässt.218 Dass dies allein zur Anwendung des Beihilfeverbots führen soll, erachtet der EuGH im Lichte der bisherigen Rechtsprechung jedoch

ÖStZ 2011, 593, 598 ff.; ähnlich Schicho, Revue du Droit de l‘Union Européenne 2012, 172, 176; Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 307; Kühling, EWS 2013, 113, 118, hingegen ordnet das Urteil nicht als Ab­ weichung von der bisherigen Rechtsprechung ein; anders aber Rossi-Maccanico, EStAL 2012, 443, 446. 212 Dazu z.B. Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 307; Rossi-Maccanico, EStAL 2012, 443. 213 Zu diesen vgl. z.B. Quigley, Intertax 2012, 112, 117 f.; Lang, ÖStZ 2011, 593, 598 f.; Luja, European Taxation 2009, 369, 371; Cloer/Vogel, IWB 2012, 35, 38; Temple Lang, EStAL 2012, 805, 806; a.A. Grube, Der Einfluss des unionsrechtli­ chen Beihilfenverbots auf das deutsche Steuerrecht, 49 ff. 214 Dazu sogleich. 215 Dies sind Unternehmen, die ihren Satzungssitz in einem Staat haben, obwohl sie dort keinerlei Tätigkeit ausüben, vgl. Chérot, Concurrences 2012, 162. 216 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 101 f. 217 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 103; so auch Jaeger/Haslinger/Bollinger/Lischka, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 241, 247; Rossi-Maccanico, EStAL 2012, 443, 445; Nicolaides/Rusu, EStAL 2012, 791, 799. 218 Eine ähnliche Argumentation verfolgt Generalanwalt Szpunar in seinen Schluss­ anträgen in der Rs. Kernkraftwerke Lippe-Ems (Generalanwalt Szpunar, Schluss­ anträge vom 03.02.2015, C-5/14, Kernkraftwerke Lippe Ems, ECLI:EU:C:2015:51, Rz. 66 ff.): Danach soll es sogar möglich sein, das Regel-Ausnahme-Verhältnis an­ hand einer hypothetischen Regelbesteuerung zu bestimmen; im konkreten Einzel­ fall sei dies allerdings nicht möglich.

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III.  Gleichheitsrechtliche Auslegung

als zu weitgehend219 und schränkt den rein gleichheitsrechtlichen Ansatz durch Aufstellen einer zusätzlichen Voraussetzung ein. In dieser Ausle­ gung ist neben der differenzierenden Behandlung vergleichbarer Unter­ nehmen zu verlangen, dass die „als Besteuerungsgrundlagen festgelegten Kriterien daher auch geeignet sein [müssen], die begünstigten Unterneh­ men anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen“220. Damit konkretisiert der EuGH letztlich das Tatbe­ standsmerkmal der „bestimmten Unternehmen“. Seine Aussage geht jedoch inhaltlich nicht über die ursprüngliche, aus dem Wortlaut abgelei­ tete Forderung nach der Abgrenzbarkeit221 der begünstigten Gruppe hin­ aus. Zusammenfassend betrachtet scheint die Anwendung des Beihilfe­ verbots in der Rs. Gibraltar mehr vom Willen getragen zu sein, gegen den schädlichen Steuerwettbewerb vorzugehen222, als von einer Absicht zur 219 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 103. 220 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 104, siehe aber EuGH, Urteil vom 21.12.2016, C-20-21/15, World Duty Free Group, Banco Santander und Santusa Holding, EU:C:2016:981, Rz. 71: In diesem Urteil schränkt der EuGH sein Urteil in der Rs. Gibraltar ein. 221 B.II.1.c)cc). 222 Am 1. Dezember 1997 hat der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN) den Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung beschlossen: Verhaltens­ kodex für die Unternehmensbesteuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1. Er ist kein rechtsverbindliches Instrument, sondern eine politische Ver­ pflichtung der Mitgliedstaaten (vgl. Verhaltenskodex für die Unternehmensbe­ steuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1, 3), geltende steuerliche Maßnahmen, die unter den Begriff des schädlichen Steuerwettbewerbs fallen, zu­ rückzunehmen und künftig keine solchen mehr zu treffen (Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1, 4). Kritisch zur Verwendung des Wettbewerbsbegriffs in diesem Kontext Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 748. Dabei will der Kodex nur solche Maßnah­ men erfassen, die die Standortwahl von Unternehmen derart beeinflussen, dass sie ausschließlich für Gebietsfremde gelten und diesen Begünstigungen gewähren, die im betreffenden Mitgliedstaat sonst nicht üblich sind, vgl. Verhaltenskodex für die Unternehmensbesteuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1, 3. Ziel des Kodexes ist es also, den positiv wirkenden, lauteren Steuerwettbewerb unter den Mitgliedstaaten vom schädlichen Steuerwettbewerb abzugrenzen und Letzteren einzudämmen. Dieser umfasst aber nur Maßnahmen der Mitgliedstaa­ ten, die Gebietsfremde durch Vorteile in der Besteuerung anziehen sollen. Dies erschließt sich auch daraus, dass es im Rahmen der Untersuchung der Schädlich­ keit insbesondere darauf ankommen soll, dass die Maßnahme keine Folgen auf die innerstaatliche Steuergrundlage hat, weil sie von der inländischen Wirtschaft durchweg isolierte Vorteile gewährt, vgl. Verhaltenskodex für die Unternehmens­ besteuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1, 3. Im Gegensatz dazu war das Beihilferecht, zumindest in seiner ursprünglichen Konzeption, weni­ ger auf die Bekämpfung solcher Vorteile ausgerichtet als auf das Verbot von Maß­ nahmen, die inländische Unternehmen zur Abschirmung des inländischen Mark­ tes begünstigen, vgl. Santos, European Taxation 2000, 417, 418; Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 1.16; Schönfeld, IStR 2012, 215, 221. Dennoch kann es zwischen den schädlichen Maßnahmen nach der Definition des Verhaltensko­

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Neujustierung der Auslegung der Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV.223 Insgesamt behält der klassische Ansatz deshalb weiterhin seine Berechtigung, wird aber zunehmend durch die Anwendung der gleich­ heitsrechtlichen Prüfung in Frage gestellt. 3. Zwischenergebnis Der gleichheitsrechtliche Ansatz unterscheidet sich insofern vom klassi­ schen, als er auf die Voraussetzung der Begünstigung als eigenständiges Tatbestandsmerkmal zugunsten einer integrierten Begünstigungs- und Vergleichbarkeitsprüfung verzichtet. Möglicherweise kann dieser Ver­ zicht jedoch durch die Systemimmanenzprüfung aufgefangen werden.224 Ob Rechtsprechung und Kommissionspraxis ihre Entwicklung hin zum gleichheitsrechtlichen Ansatz weiter vollziehen, ist jedoch unklar. In den jeweiligen Einzelfällen werden bisher beide Ansätze verwendet und zum Teil sogar vermengt. Hier ist der weitere Fortgang der Rechtspre­ chung und Kommissionspraxis zu beobachten.

dexes und nach Art. 107 ff. AEUV unzulässigen Beihilfen Überschneidungen ge­ ben, wobei die Abgrenzung zum Teil schwierig erscheint; vgl. dazu Verhaltensko­ dex für die Unternehmensbesteuerung, 01.12.1997, 98/C 2/01, ABl. EG 1998 Nr. C 2/1, 5; ausführlich Schön, in: Lehner, DStJG 19, 167, 214 ff.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 21. Gerade aus diesem Grund ist jedoch in jedem Einzelfall besonderer Wert auf eine genaue Unterscheidung der jeweiligen Definitionen insbesondere im Hinblick auf die unterschiedlichen Ziel­ setzungen Wert zu legen. Zum Verhältnis von Harmonisierung und Steuerwett­ bewerb vgl. Lampreave, Bulletin for International Taxation 2001, Nr. 6, abrufbar in der Online-Ausgabe unter http://online.ibfd.org/kbase; Schön, in: Schön, Tax competition in Europe, 1, 4 ff. 223 Zur Ergebnisorientierung der Entscheidung vgl. auch Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 140; Temple Lang, EStAL 2012, 805, 811; wohl auch Rossi-Maccanico, Intertax 2012, 92, 96. Zur Instrumentalisierung des Beihilfeverbots im Kampf ge­ gen den schädlichen Steuerwettbewerb: Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 130. Zur Entwicklung des Phänomens „Steuerwettbewerb“: Santos, European Taxation 2000, 417, 417 f.; zum Systemwettbewerb im Steuerrecht vgl. auch Schön, in: Lehner, DStJG 19, 167, 198 ff. Zur Abgrenzung von Steuerwettbewerb und Beihilferecht bereits Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Arti­ kel 92 EG-Vertrag, 190 ff.; Santos, European Taxation 2000, 417, 419 f.; Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 135; Schön, in: Lehner, DStJG 19, 167, 206 f. A.A. Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steu­ errechts, 85, 113 f., der zwar eine Verallgemeinerung des Urteils „mit großer Vor­ sicht“ betrachtet, aber dennoch von einer Rechtsprechungsänderung im Hinblick auf die Prüfungsmethode ausgeht. 224 Dazu B.IV.2.b).

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

IV. Kritik der klassischen und der gleichheitsrechtlichen ­Prüfungsmethode Nach der Darstellung der Prüfungsmethoden, die in der Rechtsprechung Anwendung finden, werden nunmehr beide einer kritischen Betrachtung zugeführt. Dabei soll zunächst auf die klassische und in einem zweiten Schritt auf die gleichheitsrechtliche Methode eingegangen werden. Die Untersuchung beschränkt sich aufgrund der thematischen Zielsetzung der Arbeit auf die Anwendung der Prüfungsmethoden im Bereich der di­ rekten Steuern. 1. Kritik der klassischen Prüfungsmethode im Bereich der direkten Steuern Die Kritik des klassischen Prüfungsansatzes umfasst die Analyse der Auslegung derjenigen Tatbestandsmerkmale, die bei steuerlichen Maß­ nahmen Besonderheiten aufweisen.225 Es soll zunächst auf die Vorausset­ zung der Begünstigung und danach auf diejenige der Selektivität einge­ gangen werden. a) Kritik der Prüfung der Begünstigung Die Prüfung der Begünstigung als Ausnahme von der Regelbesteuerung ruft erhebliche Rechtsunsicherheit226 hervor. Kernproblem ist dabei die Frage nach der Regelbesteuerung, deren Definition große Schwierigkei­ ten bereitet.227 Die diesbezügliche Kritik soll in einem ersten Schritt be­ 225 Dazu Fn. 150. 226 Biondi, CMLR 2013, 1719; Jaeger, EuZW 2010, 47, 51, bezeichnet die Tatbestand­ sprüfung bei Steuerbeihilfen als „pures Vabanquespiel“. Das Gebot der Rechtssi­ cherheit aber soll im Unionsrecht die Vorhersehbarkeit der Tatbestände und Rechtsbeziehungen gewährleisten, EuGH, Urteil vom 15.02.1996, C-63/93, Duff, Slg. 1996, I-00569, Rz. 20; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kom­ mission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 160; dazu Rzotkiewicz, EStAL 2013, 464, 470 f. Zur Rechtssicherheit als Ziel für die Kommission und die Mitgliedstaaten: Akti­ onsplan staatliche Beihilfen, 07.06.2005, KOM(2005) 107 final, Rz. 17. Zum An­ spruch der Mitgliedstaaten auf Rechtssicherheit bei der Planung ihrer Steuergeset­ ze: Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträge vom 20.10.2005, C-88/03, Portugal/ Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 43. Rechtssicherheit ist bei der Aus­ legung des Beihilfeverbots aufgrund der herausgehobenen Bedeutung des Abs. 1, vgl. Fn. 152, besonders wichtig, jedoch auch besonders schwer zu erreichen, dazu Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxelheim, National tax policy in Europe, 121, 126, 147. 227 So bereits ausführlich Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristen­ tages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 28 f., und Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juris­ tentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 25 f.; Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 751 f., zum nationalen Recht; Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 92 f.; Klemt,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

handelt werden. Trotz der bestehenden Unsicherheiten muss und sollte auf die hergebrachte Auslegung des Begriffs der Begünstigung nicht ver­ zichtet werden, worauf in einem zweiten Schritt eingegangen wird. Da­ nach sollen das Verständnis des wirkungsorientierten Ansatzes und die inhaltliche Bestimmung der Regelbesteuerung nach dem klassischen Ansatz kritisch gewürdigt werden. aa) Möglichkeit und Sinnhaftigkeit einer Definition der ­Regelbesteuerung Weder in der Rechtsprechung noch in der Kommissionspraxis sind um­ fassende Kriterien aufgestellt worden, nach denen die Regelbesteuerung zu bestimmen wäre. Vielmehr beschränken sich Urteile und Kommissi­ onsentscheidungen regelmäßig auf die jeweilige Analyse im Einzelfall.228 So bleibt unklar, was den „Normalfall“ der Besteuerung ausmacht.229 Kritiker des klassischen Ansatzes schließen daraus, dass auf diese Vor­ aussetzung zugunsten der gleichheitsrechtlichen Auslegung verzichtet werden soll. So vertritt M. Lang, dass ein Rückgriff auf das Regel-Aus­ nahme-Verhältnis regelmäßig nicht weiterführend sei, weil es keine ge­ eigneten Kriterien gebe, die Regelbesteuerung zu ermitteln.230 Weder die gesetzgeberische Absicht oder Regelungstechnik noch quantitative As­ pekte der Anwendung böten zielführende Anhaltspunkte.231 Dieser An­ DStR 2013, 1057, 1059, 1063; Hackemann/Sydow, IStR 2013, 786, 788; Pinto, Tax competition and EU law, 143 f.; Sutter, European Taxation 2001, 239, 241; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 63; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 111; Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 1 f., 15. Sedemund, EuZW 2001, 609, spricht von „kaum lös­ baren Abgrenzungsprobleme[n] zwischen „systemgerechten” und ungerechtfertig­ ten Abweichungen von dem nationalen Steuersystem“. 228 Dies gilt genauso für die Frage nach der Systemimmanenz und wird im Hinblick darauf deutlich kritisiert, Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 58 ff. Einzelfallprüfungen sind Folge des Prüfungsumfangs des Gerichts, der sich in der Regel auf eine einzelne Maßnahme beschränken dürf­ te. Aus diesem Grund unterbleibt regelmäßig eine umfassende und allgemeingül­ tige Definition der Grundprinzipien des Systems durch Rechtsprechung und Kom­ mission. 229 Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 22. 230 Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 25; Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, Rz. 236 f.; Lang, ISR 2013, 63, 67; Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 95 f.; so auch Sutter, European Taxation 2001, 239, 242; ähnlich Nicolaides, World Competition 2001, 319, 331 ff. 231 Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 25. Auch andere Autoren bezweifeln grundsätzlich, dass eine Abgrenzung bestimmter Grundentscheidungen, die zum System gehören, von systemdurchbrechenden Elementen, also die Bestimmung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses, überhaupt

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

sicht ist insofern zuzustimmen, als dass die genannten Kriterien ohne die Hinzuziehung anderer Parameter zur Bestimmung der Regelbesteue­ rung nicht ausreichen. Entgegenzuhalten ist ihr jedoch, dass eine für alle Beihilfefälle Geltung beanspruchende Definition der Regelbesteuerung allein aufgrund der Unterschiede in den mitgliedstaatlichen Steuersyste­ men nicht umsetzbar ist. Für Zwecke des Beihilfeverbots ist es aber mög­ lich, auf nationaler Ebene Regelsteuertatbestände und Ausnahmen da­ von zu definieren. Dazu sollte auf den jeweiligen mitgliedstaatlichen Systembegriff, der im deutschen Recht die gesetzgeberisch intendierten und in der gesetzlichen Ausgestaltung zum Ausdruck gebrachten Prinzi­ pien und ihre folgerichtige Umsetzung umfasst, zurückgegriffen wer­ den.232 bb) Grundsätzliche Rechtfertigung der klassischen Begünstigungs­ prüfung Legt man zugrunde, dass die Definition der Regelbesteuerung möglich ist, so ist die klassische Begünstigungsprüfung im Grundsatz zu befürwor­ ten.233 Dafür streitet zunächst der Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV.234 Die Norm stellt nicht auf eine Ungleichbehandlung zweier Gruppen von Unternehmen ab, sondern trennt klar zwischen der Voraussetzung der „Begünstigung“ und derjenigen der „bestimmten Unternehmen“. Dies spricht für eine deutliche Trennung zwischen den Tatbestandsmerkma­ möglich sein soll, vgl. Sedemund, EuZW 2001, 609; Kischel, AöR 1999 (124), 175, 206 ff.; kritisch z.B. zum Leistungsfähigkeitsprinzip Gassner/Lang, in: Verhand­ lungen des 14. Österreichischen Juristentages, Leistungsfähigkeit im Ertragsteuer­ recht. 232 Dazu unten B.V.3.a)bb)(2). 233 So bereits Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 28 ff.; Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 317 f.; Quigley, Intertax 2012, 112; Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine ver­ fahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 221; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 198; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 41; Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 22; wohl auch Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2141 ff.; Götz, in: Festschrift für Klaus Vogel, 579, 586; Micheau, EC Tax Review 2008, 276, 281; Santos, European Taxation 2000, 417, 420, der jedoch Ausnahme- und Bestimmtheitsprüfung unter das Tatbestandsmerkmal der Selektivität fasst. 234 Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 417. Zur Wortlautauslegung von Unionsrecht Bergmann, in: Bergmann, Handlexikon der Europäischen Union; Schön, Die Aus­ legung europäischen Steuerrechts, 50 f.; Schön, in: Lehner, DStJG 19, 167, 171 f.; zur ihrer eingeschränkten Bedeutung aber Mayer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 19 EUV, Rz. 53; Wegener, in: Callies/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 19 EUV, Rz. 12; Everling, in: Kruse, DStJG 11, 51, 59. Zur Wortlautauslegung grundlegend Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 1, 213 f.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 320 ff.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

len der Begünstigung und der Selektivität, wie sie im klassischen Ansatz stattfindet.235 Im gleichheitsrechtlichen Ansatz236 hingegen ist sie auf­ grund der zusammenfassenden Betrachtung von Vorteil und Selekti­ vität237 nicht gewährleistet. Die teleologische Auslegung238 der Norm macht keine Vorgaben im Hinblick auf die Wahl zwischen klassischem und gleichheitsrechtlichem Ansatz. Nach dem Sinn und Zweck, den Wettbewerb vor Verfälschungen zu schützen239, lässt sich jegliche wett­ bewerbsverfälschende Differenzierung eines Mitgliedstaates als Beihilfe qualifizieren, unabhängig davon, ob diese in Form eines Regel-Ausnah­ me-Verhältnisses erfolgt oder nicht. Jedoch legen neben dem Wortlaut auch systematische Argumente die klassische Auslegung nahe.240 Dabei spricht zunächst die norminterne Systematik für eine klare Trennung zwischen Begünstigungs- und Selek­ tivitätsprüfung und somit für die klassische Auslegung. Eine strikte Un­ terscheidung zwischen beiden Kriterien vereinfacht es, den Normaufbau möglichst klar umzusetzen und die Unternehmen, zu Lasten derer das Beihilfeverbot Anwendung findet, zu definieren. Ferner verläuft der klassische Prüfungsansatz im Wesentlichen parallel zu den Ansätzen der Tax-expenditures-Theorie241, des Subventionsbe­ 235 Dazu Schön, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationa­ len Steuerrechts, 117, 123 f.; Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-032; Schön, CMLR 1999, 911, 930; vgl. auch Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 470 Fn. 42; Strüber, Steuerliche Beihilfen, 128; Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 574; López López, EStAL 2010, 807, 809. 236 Mit Ausnahme der in der Rs. Gibraltar verwendeten „Ad-hoc-Methode“. 237 Dazu B.III.1. 238 Zur teleologischen Auslegung europäischen Rechts Schön, Die Auslegung europä­ ischen Steuerrechts, 52 f.; Schön, in: Lehner, DStJG 19, 167, 173 f.; Wegener, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 19 EUV, Rz. 15; Mayer, in: Grabitz/Hilf/Nettes­ heim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 19 EUV, Rz. 55; Everling, in: Kruse, DStJG 11, 51, 59; Pescatore, The law of integration, 88 f.; die Bedeutung der teleo­ logischen und systematischen Auslegung des Beihilfeverbots betont Bleckmann, WiVerw 1989, 75. Zur teleologischen Auslegung allgemein Larenz, Methodenleh­ re der Rechtswissenschaft, 328 ff., 333 ff. 239 Dazu Bleckmann, Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juristentag, D 12; Schön, in: Verhandlungen des 17. Öster­ reichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Bei­ hilferechts auf das Steuerrecht, 21, 24. 240 Zur systematischen Auslegung von Unionsrecht Wegener, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 19 EUV, Rz. 14; Mayer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 19 EUV, Rz. 54; Pescatore, The law of integration, 87 f.; Everling, in: Kruse, DStJG 11, 51, 60. Zur systematischen Auslegung allge­ mein Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 1, 214; Larenz, Me­ thodenlehre der Rechtswissenschaft, 324 ff. 241 Deren Ausnahmecharakter-Konzept entspricht in Grundzügen dem des Unions­ rechts, so Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 225.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

griffs der WTO242 und des Beihilfebegriffs für direkte Subventionen.243 Die Parallelität des unionsrechtlichen Beihilfebegriffs für steuerliche Maßnahmen zur Tax-expenditures-Theorie erscheint sinnvoll, da das Konzept der tax-expenditures genauso wie die Beihilfedefinition in Steu­ ersachen zum Ziel hat, solche Steuermaßnahmen als Vergünstigungen zu identifizieren, die aus ökonomischer Sicht direkten Subventionen aus Steuermitteln gleichstehen.244 Sie ist in der klassischen Auslegung inso­ fern gegeben, als die Tax-expenditures-Theorie Steuernormen entweder als steuersystemintern oder steuersystemextern definiert und nur sys­ temfremde Normen den direkten Subventionen gleichstellt.245 Damit weist sie, jedenfalls kombiniert mit der Systemimmanenzprüfung246, weitgehende Ähnlichkeiten mit der Frage nach Regel (systeminterne Norm) und Ausnahme (systemexterne Norm) auf.247 Auch im Hinblick auf den WTO-Subventionsbegriff spricht der Umstand, dass der im Bei­ hilferecht angestrebte Schutz von Wettbewerb und Handel gleichzeitig eine von mehreren Funktionen der WTO-Subventionsordnung248 ist, für einen gewissen Grad an Parallelität zum unionsrechtlichen Beihilfebe­ griff.249 Wie dieser stellt der WTO-Subventionsbegriff den Bezug zur Re­ Für die Übernahme der Theorie in die Auslegung des Beihilfeverbots: Jaeger, EuZW 2012, 92, 97 f.; Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 178 f.; Luja, Assessment and recovery of tax incentives in the EC and the WTO, 29; ausführ­ lich Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 221 ff. Dazu, dass sich aber auch diese mit der Problematik der Bestimmung von Regel und Ausnahme konfrontiert sieht, Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 111 f. 242 Zum Verhältnis des Beihilferechts zum WTO-Subventionsrecht Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 44 ff.; Flett/Jessen/Talaber-Ritz, in: Liber amicorum Francisco Santaolalla Gadea, 441, und insbesondere Rubini, The definition of subsidy and state aid. Zum WTO-Subventionsbegriff Götz/ Martínez-Soria, in: Dauses, EU-Wirtschaftsrecht, H.III Subventionsrecht, Rz. 3 ff. 243 Nicht überzeugend ist hingegen eine Auslegung, die schlicht den mitgliedstaatli­ chen Subventionsbegriff übernimmt (zum deutschen Subventionsbegriff vgl. z.B. Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 750 ff.). Ihr stünde das Prinzip der autonomen Auslegung von Unionsrecht (dazu Schön, Die Auslegung europäi­ schen Steuerrechts, 49 ff.; Mayer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Eu­ ropäischen Union, Art. 19 EUV, Rz. 53; Wegener, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 19 EUV, Rz. 12) entgegen. Vgl. auch de Weerth, RIW 1996, 499, 503, unter Verweis auf EuG, Urteil vom 08.06.1995, T-459/93, Siemens/Kommission, Slg. 1995, II-01675, Rz. 53. 244 Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 222. 245 Surrey, Pathways to Tax Reform, 6 f., 126; Jaeger, EuZW 2012, 92, 97; ausführlich auch Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 107 ff. 246 B.II.1.c)ee) und B.II.2.c). 247 Jaeger, EuZW 2012, 92, 97 f.; wohl auch Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 497. 248 Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 125. 249 Vgl. dazu auch Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 46, 63 ff. Eine vollständige Paralle­

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

gelbesteuerung her, indem er darauf abstellt, dass „government revenue that is otherwise due is foregone“250. Auch in dieser Definition ist es er­ forderlich, vor der Feststellung des Verzichts auf Staatseinnahmen („fore­ gone“), in einem ersten Schritt zu bestimmen, auf welche im Rahmen der Normalbesteuerung geschuldeten („otherwise due“) Einnahmen ver­ zichtet wird. So besteht auch der WTO-Subventionsbegriff in einer Re­ gel-Ausnahme-Prüfung.251 Im Hinblick auf die Auslegung des unionsrechtlichen Beihilfeverbots bei direkten Subventionen erscheint die Parallelität der Auslegung noch na­ heliegender252 und geradezu notwendig. Die direkte Subvention ist der klassische Anwendungsfall des Beihilfeverbots. Aus der Auslegung für den „Grundfall“ können deshalb – bei Zugrundelegung der jeweiligen Be­ sonderheiten – auch für andere Anwendungsfälle wie Steuernormen Aus­ legungsgrundsätze hergeleitet werden. Ferner verschwimmen in man­ chen Fällen die Grenzen zwischen steuerlichen und direkten Beihilfen. Ist eine Abgrenzung einmal erfolgt und differieren die Prüfungsansätze für steuerliche und direkte Beihilfen in wesentlichen Gesichtspunkten, so wird dies oft auch für die Ergebnisse der Prüfung gelten. Je ähnlicher die Sachverhalte in wirtschaftlicher Hinsicht aber sind, desto weniger überzeugen abweichende Resultate im Hinblick auf die Beihilfequalität. Dies erschließt sich bei Heranziehung zweier Beispiele: Eine gestreckte Sonderabschreibung zugunsten einer Gruppe von Unternehmen steht in lität ist dagegen nicht anzunehmen, vgl. insbesondere zur Selektivität EuGH, Ur­ teil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 56; EuGH, Urteil vom 26.09.2002, C-351/98, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I-08031, Rz. 44; Hancher, EStAL 2003, 365, 367. Kritisch zur Parallelität hingegen Generalanwalt Alber, Schlussanträge vom 10.09.2002, C-409/00, Spanien/Kommissi­ on, Slg. 2003, I-01487, Rz. 59. 250 Zitiert nach Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 32. Im Detail Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 48 ff. 251 Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-017; Rubini, The defi­ nition of subsidy and state aid, 205 f., 279; Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 240; Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 26; anders aber Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 138 f. 252 Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 28; Schön, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 117, 123; Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 234; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 98. Auch Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 81, zieht den Vergleich mit der Prü­ fung von direkten Beihilfen zur Argumentation heran. Für einen Gleichlauf argu­ mentiert auch Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 48, allerdings im Hinblick auf die Festlegung des Prüfungsgegen­ standes des Beihilfeverbots. Zur Frage, inwiefern überhaupt Parallelität besteht, sogleich unten.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

ihren Wirkungen einer Steuerstundung in Form eines „Null-Zins-Darle­ hen[s] für den gestundeten Steuerbetrag und die Dauer der Steuerstun­ dung“253 gleich. Unterschiedliche Ergebnisse bei der Beurteilung der Bei­ hilfequalität, die unterschiedlichen Prüfungsschemata geschuldet sind, würden hier aufgrund der wirtschaftlich gleichen Wirkung von Sonder­ abschreibung und Darlehen nicht überzeugen. Noch weniger erschließt sich im folgenden Fall die Abgrenzung zwischen direkter und steuerli­ cher Beihilfe: Der Staat verzichtet zugunsten eines Unternehmens, des­ sen Anteilseigner er ist, auf eine Forderung und gleichzeitig auf die Be­ steuerung der diesbezüglich steuerfrei gebildeten und aufzulösenden Rücklage. Stattdessen wird die Summe als Kapitalerhöhung verbucht.254 In diesem Fall bleibt unklar, ob der Staat hoheitlich als Gläubiger der Steuerforderung oder in seiner Eigenschaft als Anteilseigner gehandelt hat. Unabhängig von der Einordnung des Sachverhalts im konkreten Fall255 wird deutlich, dass direkte und steuerliche Beihilfen bisweilen nahe beieinander liegen können und deshalb eine parallele Auslegung des Beihilfeverbots für direkte und steuerliche Beihilfen sinnvoll er­ scheint. Deshalb soll im Folgenden erläutert werden, inwiefern der klas­ sische Ansatz für steuerliche Beihilfen Parallelen zur Auslegung bei di­ rekten Beihilfen aufweist.256 Beide bestehen aus jeweils zwei vergleichenden Prüfungsschritten. Zum einen ist dies im Rahmen der Auslegung für direkte Beihilfen der Ver­ gleich zwischen der staatlichen Maßnahme und dem Verhalten eines In­ vestors unter normalen Marktbedingungen (Begünstigungsprüfung). Sei­ ne Entsprechung in der klassischen Auslegung für steuerliche Beihilfen findet er im Vergleich der Steuermaßnahme mit dem Regelsteuersystem. Genauso wie die direkte Subvention eine Ausnahme von dem „Normal­ verhalten“ unter Marktbedingungen darstellt, wird bei steuerlichen Maßnahmen nach der Ausnahmequalität im Hinblick auf die Regelbe­ steuerung gefragt.257 Beide Kriterien dienen dem Zweck, Verbesserungen 253 Entscheidung der Kommission, 28.06.2000, 2000/797/EGKS, Abl. EG 2000 Nr. L 323/5, Rz. 127; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 58; siehe auch Schaden, Die Steuervergünstigung als staat­ liche Leistung, 56. 254 Zum Sachverhalt EuGH, Urteil vom 05.06.2012, C-124/10 P, EDF, ECLI:EU:C:2012:318, der das Handeln des Staates in diesem Fall als Handeln des Anteilseigners eingeordnet und deshalb den Privatinvestortest zugelassen hat. 255 Dazu etwa Debroux, Competition Law Insight 2012, 6; Bartosch, EuZW 2013, 134, 135; Melcher, EuZW 2012, 576. 256 Dagegen stellt Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 56, 80, Parallelität zum gleichheitsrechtlichen Ansatz fest. 257 So auch Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 199; Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Nep­ tun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 53 f.; ähnlich Santos, L‘Union européenne et la régula­ tion de la concurrence fiscale, 414.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

der finanziellen Lage von Unternehmen im Vergleich zu den Mitbewer­ bern zu definieren.258 Einziger Unterschied ist, dass bei direkten Beihilfen staatliches mit privatem Handeln verglichen wird, während bei steuerli­ chen Beihilfen ein solcher Vergleichsmaßstab nicht zur Verfügung steht. Stattdessen wird auf das „normale“ staatliche Handeln im Vergleich zu staatlichem Handeln mit Ausnahmecharakter abgestellt. Zum anderen wird – als zweiter vergleichender Prüfungsschritt – die Abgrenzung der selektiv begünstigten Gruppe sowohl bei direkten als auch bei steuerli­ chen Beihilfen anhand der Abgrenzbarkeitsprüfung vorgenommen (Selektivitätsprüfung). Schließlich streitet auch die systematische Einordnung der Norm inner­ halb des Unionsrechts für die klassische Auslegung. Bei der Anwendung des Beihilfeverbots auf steuerliche Maßnahmen ist es – wie im Bereich der Grundfreiheiten259 – unerlässlich, die unionsrechtliche Kompetenz­ verteilung zugrunde zu legen.260 Sie belässt den Mitgliedstaaten die Kom­ petenz im Bereich der direkten Steuern.261 Im klassischen Ansatz spiegelt sich diese Kompetenzordnung sowohl im Tatbestandsmerkmal der als Regel-Ausnahme-Verhältnis verstandenen Begünstigung262 als auch in demjenigen der Rechtfertigung durch Systemimmanenz wider. Die mit­ gliedstaatliche Entscheidung für eine bestimmte „Normalbesteuerung“ und für ein bestimmtes, von gesetzgeberischen Grundentscheidungen getragenes Steuersystem findet insofern Beachtung, als nur systemfrem­ de Ausnahmen von der Regelbesteuerung als beihilferelevant definiert werden. Dass die mitgliedstaatliche Souveränität bei der Auslegung des Beihilfeverbots zum Tragen kommen muss, wird auch im gleichheits­ rechtlichen Prüfungsansatz nicht übersehen. Dort wird ihr ausschließ­ lich im Prüfungspunkt der Rechtfertigung durch Systemimmanenz 258 EuGH, Urteil vom 05.06.2012, C-124/10 P, EDF, ECLI:EU:C:2012:318, Rz. 90 f., für öffentliche Unternehmen. 259 Bei den Grundfreiheiten kommt die steuerliche Souveränität u.a. im Rahmen der Rechtfertigung durch die Kohärenz des Steuersystems zum Tragen, Generalanwalt Poiares Maduro, Schlussanträge vom 07.04.2005, C-446/03, Marks & Spen­ cer, Slg. 2005, I-10837, Rz. 66: „Der Begriff der steuerlichen Kohärenz dient dem Gemeinschaftsrecht als wichtiges Korrektiv. Er muss dazu dienen, die Wirkungen der Erstreckung der Gemeinschaftsfreiheiten auf die Steuersysteme zu korrigie­ ren, deren Gestaltung grundsätzlich allein der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten unterliegt. Es muss nämlich vermieden werden, dass die Anwendung der Ver­ kehrsfreiheiten zu ungerechtfertigten Beeinträchtigungen der inneren Systematik der nationalen Steuersysteme führt.“ 260 Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträge vom 04.03.2004, C-174, 175/02, Streek­ gewest, Slg. 2005, I-00085, Rz. 29. 261 Dazu bereits B.I.2.b). 262 So auch Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 99; Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 181 f.; Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 676; dazu auch Ismer/ Piotrowski, IStR 2015, 257, 259.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

Rechnung getragen. Dies könnte zwar grundsätzlich eine ausreichende Durchsetzung der bei den Mitgliedstaaten verbliebenen Kompetenz ge­ währleisten, da Maßnahmen, die Ausdruck gesetzgeberischer Grundent­ scheidungen sind, im Rahmen der Systemimmanenzprüfung die Beihilfe­ qualität von Differenzierungen entfallen lassen. Jedoch obliegt die Beweislast für die Qualifizierung als derartige Grundentscheidung, zu­ mindest nach bisherigem Verständnis, dem Mitgliedstaat oder dem Bei­ hilfeempfänger.263 Im Ergebnis führt eine derartige Beweislastverteilung zu einer Vermutung der Beihilfequalität jedweder steuerlicher Differen­ zierung zwischen Unternehmen im Rahmen des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dies schwächt die Steuersouveränität der Mitgliedstaaten unverhältnis­ mäßig im Vergleich zu ihrer Bedeutung innerhalb der unionsrechtlichen Kompetenzverteilung. Im Unterschied dazu obliegt nach dem klassi­ schen Ansatz die Beweislast für das Regel-Ausnahme-Verhältnis, also dasjenige Tatbestandsmerkmal, das auf erster Stufe noch vor der System­ immanenzprüfung die mitgliedstaatliche Steuersouveränität widerspie­ gelt, der Kommission.264 Die Beweislastumkehr erfolgt hier erst beim zweiten Prüfungspunkt, in dem die steuerliche Souveränität Nieder­ schlag findet, der Rechtfertigung durch Systemimmanenz. Diese von der Rechtsprechung entwickelte Beweislastverteilung ist einer vollständi­ gen Beweislastumkehr zu Lasten der Mitgliedstaaten und Beihilfeemp­ fänger vorzuziehen, da sie eher geeignet ist, die Bedeutung der steuerli­ chen Souveränität innerhalb des unionsrechtlichen Kompetenzgefüges ausreichend widerzuspiegeln265, indem sie schon auf erster Stufe die Kommission verpflichtet, den Ausnahmecharakter der Maßnahme zu beweisen. cc) Wirkungsorientierter Ansatz Auch wenn aus den dargelegten Gründen die Begünstigungsprüfung in ihrem klassischen Verständnis als Regel-Ausnahme-Prüfung im Grundsatz zu befürworten ist, kann ihre inhaltliche Ausgestaltung nicht vollständig überzeugen. Hier ist zunächst das Verständnis des wirkungs­ orientierten Ansatzes zu kritisieren. Dieser Ansatz wird aus der wieder­ 263 B.II.1.c)ee) und B.III.1. 264 B.II.1.c)ee). 265 Ähnlich argumentierend, dass der Regel-Ausnahme-Ansatz die mitgliedstaatliche Souveränität zum Tragen bringe: Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskali­ sche Abgaben, Rz. 8; Schön, EuR 2001, 341, 358; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 39; Jansen, Vor­ gaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 62, 138, der diese aber gleichzeitig bei der Auslegung des Selektivitätsmerkmals beachtet wis­ sen will, vgl. S. 120. Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 204, bezeichnet den der nationalen Steuersouveränität vorbehaltenen Bereich als den „Kernbereich des Steuerrechts“.

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kehrenden Formulierung der Rechtsprechung abgeleitet, dass das Beihil­ feverbot „nach ständiger Rechtsprechung nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen“266 unterscheide, sondern „diese nach ihren Wirkungen und somit unabhängig von den verwendeten Techniken“267 beschreibe.268 Eine strenge Auslegung dieser Aussage, nach der die Interpretation des Beihilfeverbots zur Beurteilung einer Maßnahme ausschließlich auf deren Wirkungen abstellt, erscheint je­ doch aus mehreren Gründen nicht sinnvoll. Zum einen verwenden Rechtsprechung und Kommission diese „Formel“ in der Regel, um zu verdeutlichen, dass im Beihilferecht keine „Bereichsausnahmen“ für das Steuerrecht oder Sozialrecht existieren.269 Die allgemeine Behauptung steuerlicher oder sozialer Zielsetzungen einer Maßnahme soll also nicht ausreichen, um sie von vorneherein aus dem Anwendungsbereich des Beihilfeverbots auszunehmen. Dem ist, vor allem im Hinblick auf die Bindung der Mitgliedstaaten an das Unionsrecht auch im Steuerrecht270 und die sonst bestehende Umgehungsgefahr271, zuzustimmen. Daraus folgt aber nicht zwingend im Umkehrschluss, dass spezielle Zwecke, Motive und Zielsetzungen eines Regelungskomplexes nicht zur Beurtei­ lung der Regelbesteuerung und des Ausnahmecharakters herangezogen werden können.272 Vielmehr erscheint es zur Herausarbeitung der Syste­ matik und Grundprinzipien erforderlich, auch auf diese Kriterien abzu­ stellen.273 266 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 87. 267 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 87. 268 Dazu oben B.I.2.a). 269 Vgl. Fn. 55 und 57. 270 B.I.2.b). 271 Die Verhinderung von Umgehungen durch die Mitgliedstaaten wird als eines der Hauptargumente für den wirkungsorientierten Ansatz verstanden, Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unterneh­ mensbesteuerung, 33; wohl auch Schina, State Aids under the EEC Treaty Articles 92 to 94, 15. 272 Ähnlich Engelen/Gunn, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 137, 144; Biondi, CMLR 2013, 1719, 1731 ff. Auch Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2007, 90, 92, geht unter Verweis auf die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, da­ von aus, dass der wirkungsorientierte Ansatz nicht die Steuersouveränität der Mitgliedstaaten einschränken soll. 273 So auch Blumenberg/Haisch, FR 2012, 12, 15; wohl auch Musil, DB 2011, Beilage Standpunkte zu Heft 9, 19; ähnlich wohl jüngst Bekanntmachung der Kommis­ sion zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 136, zu Zweckabgaben; ausführlich zum wirkungsorien­ tierten Ansatz auch Bartosch, in: Research Handbook on European State Aid Law, 176, 178 ff.; a.A. Heidenhain, in: Festschrift für Georg Maier-Reimer, 189, 193, 196, der argumentiert, dass bei Berücksichtigung der gesetzgeberischen Gründe

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

Zum anderen entspricht im Steuerrecht ein ausschließlich auf die Wir­ kungen beihilfeverdächtiger Maßnahmen fokussiertes Vorgehen nicht den Besonderheiten der zu beurteilenden Rechtsmaterie.274 Steuerlichen Regelungskomplexen sind Differenzierungen – zuallererst aufgrund des Leistungsfähigkeitsprinzips – auf Ebene sowohl der Bemessungsgrundla­ ge als auch des Tarifs immanent.275 Diesem grundsätzlichen Charakteris­ tikum steuerlicher Regelungen entsprechen differenzierte Steuerlasten. Würde nur auf die Wirkungen steuerlicher Maßnahmen abgestellt, wäre es deshalb unmöglich, die Ausnahme von der Regel zu unterscheiden.276 Ferner werden die Ziele und Zwecke von Regelungen und Regelungs­ komplexen sowohl in der Vergleichbarkeitsprüfung als auch in der System­ immanenzprüfung ohnehin bereits zur beihilferechtlichen Beurteilung herangezogen. In der Vergleichbarkeitsprüfung ergibt sich dies aus der Formulierung der Rechtsprechung, die das Ziel der Maßnahme als Be­ zugspunkt der Prüfung beschreibt.277 Auch die Systemimmanenzprüfung muss auf die Zwecke, Motive und Zielsetzungen des Systems abstellen, um die Systematik und Logik des Systems zu analysieren.278 Ein strenges Verständnis des wirkungsorientierten Ansatzes im Rahmen der Begüns­ tigungsprüfung würde deshalb in den folgenden Tatbestandsmerkmalen relativiert und erscheint aus diesem Grund nicht sinnvoll. Der wirkungs­ orientierte Ansatz ist deshalb so zu verstehen, dass er lediglich Bereichs­ ausnahmen im Beihilferecht, aber nicht das Heranziehen von Motiven,

die Gerichte in die Kompetenz der Kommission nach Art. 107 Abs. 3 AEUV ein­ griffen und die Beihilfeaufsicht ausgehebelt würde. 274 Pinto, Tax competition and EU law, 146. Ähnlich Honoré, EStAL 2009, 527, 534 ff.; Rubini, The definition of subsidy and state aid, 280; wohl auch Kühling, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 107 AEUV, Rz. 83. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 111, stellt zwar einen Widerspruch zum wirkungsorientierten Ansatz fest, sieht diesen jedoch aufgrund der Besonderheiten des Steuerrechts als gerechtfertigt an. 275 Vgl. Fn. 159. 276 Auch im wirkungsorientierten Ansatz ist aber die Festlegung eines Bezugsrah­ mens erforderlich, vgl. Temple Lang, EStAL 2012, 805, 808. 277 So auch Bartosch, EuZW 2012, 81; Bartosch, CMLR 2010, 729, 733 ff. 278 Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 318; Bousin/ Piernas, EStAL 2008, 634, 635. Ähnlich Rubini, The definition of subsidy and ­state aid, 280; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 64, der daraus aber einen unlösbaren Widerspruch zum wirkungsori­ entierten Ansatz schließt. Dieser Widerspruch kann jedoch durch ein Verständnis im erläuterten Sinn behoben werden. Nicolaides/Rusu, EStAL 2012, 791, 801 f., interpretieren das Urteil des EuGH in der Rs. Gibraltar dahingehend, dass die Ab­ sicht des Gesetzgebers in die Betrachtung einzustellen sei, vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 83, 106. Die speziellen nicht-fiskalischen Zwecke einer Steuer sind insbesondere bei Lenkungsteuern in die Betrachtung der Systematik einzubeziehen, so Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-024.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Zwecken und Zielsetzungen für die Beurteilung der Regelbesteuerung und Systemimmanenz ausschließt.279 Dieses Verständnis lässt sich durch verschiedene Urteile und Kommis­ sionsentscheidungen belegen. Obwohl nach der Formulierung der Recht­ sprechung die Ziele einer Maßnahme im Rahmen des Beihilfeverbots keine Rolle spielen sollen, werden sie zum Teil in dessen Prüfung einbe­ zogen. So hat die Rechtsprechung immer wieder im Rahmen der System­ immanenzprüfung auf den Zweck und die allgemeine Systematik280, das Wesen oder die allgemeinen Zwecke des Systems281 oder das Wesen oder Ziel der fraglichen Lastenregelung282 abgestellt.283 Auch die Kom­ mission untersucht im Rahmen der Systemimmanenz die Ziele des Sys­ tems. Sie unterscheidet zwischen externen Zielen284 und dem Zweck des 279 Weitere Stimmen, die die Ziele einer Maßnahme verstärkt in die Beihilfekontrolle einbeziehen möchten, sind: Bartosch, EWS 2012, 1, 3; Bartosch, EuZW 2012, 81; Bartosch, CMLR 2010, 729, 733 ff.; Bartosch, EuZW 2010, 12, 14 ff.; Succio, Tax notes international 2012, 96, 97; Kurcz/Vallindas, CMLR 2008, 159, 177; Soler Roch, Rivista di diritto tributario internazionale 2006, 19, 33; Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 237, 239; Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 429; Englisch, StuW 2012, 318, 321, der fordert, dass der beabsichtigte (und rechtfertigende) ­Effekt eintreten müsse. Vgl. auch Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 33 ff.; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 45; Sutter, European Taxation 2001, 239, 240, erkennt einer wirt­ schaftspolitischen Zielsetzung allenfalls Indizwirkung für das Vorliegen einer ­Beihilfe zu. Hoischen, Die Beihilferegelung in Artikel 92 EWGV, 6, ordnet den Förderungszweck als charakteristisches Merkmal des Beihilfebegriffs ein. Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 212 ff., begründet die hier vertre­ tene Ansicht überzeugend damit, dass der Zweck oder der sachliche Grund einer Maßnahme regelmäßig primärer Legitimationsmaßstab staatlichen Handelns sei. 280 EuGH, Urteil vom 17.03.1993, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 21. 281 EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365, Rz. 42; EuGH, Urteil vom 03.03.2005, C-172/03, Heiser/FA Innsbruck, Slg. 2005, I-01627, Rz. 43; so auch EuG, Urteil vom 23.10.2002, T-269, 271, 272/99, Diputa­ ción Foral de Guipúzcoa, Slg. 2002, II-04217, Rz. 60, das in diesem Zusammen­ hang nach der Sachgerechtigkeit der Begrenzung des Vorteils fragt, vlg. Rz. 61. 282 EuGH, Urteil vom 26.09.2002, C-351/98, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I-08031, Rz. 42; EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 52. 283 Vgl. auch EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolen­ mijnen, Slg. 1961, 00003, 43; EuGH, Urteil vom 27.03.1980, 61/79, Amministrazi­ one delle Finanze dello Stato/Denkavit, Slg. 1980, 01205, Rz. 31; EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II-01933, Rz. 39; EuG, Urteil vom 10.04.2008, T-233/04, Niederlande/Kommission, Slg. 2008, II-00591, Rz. 88, jedoch im Rechtsmittelurteil nicht bestätigt, EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 74 ff., und EuG, Urteil vom 13.09.2006, T-210/02, British Aggregates/Kommission, Slg. 2006, II-02789, Rz. 127, 134, jedoch ebensowenig im Rechtsmittelurteil bestätigt, EuGH, Urteil vom 22.12.2008, C-487/06 P, British Aggregates, Slg. 2008, I-10515, Rz. 84, 88, 92. 284 Beispiele nennt Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 209 ff.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

Steuersystems selbst, der in der Einnahmeerzielung liege.285 Nach ihren Ausführungen kann eine Maßnahme, die externe Ziele verfolgt, nicht durch die Logik des Systems gerechtfertigt werden. Dieser Ansatz zeigt zwar, dass auch die Kommission nicht von einer Unbeachtlichkeit der Ziele ausgeht286, ist jedoch im Hinblick auf seine Differenzierung nicht überzeugend, weil er den Begriff des Systems und seiner Logik mit der Beschränkung auf die Einnahmeerzielung zu eng fasst.287 Aus dem Zweck der Einnahmeerzielung lässt sich weder auf das Normalmaß der Besteu­ erung288 noch auf die Systematik und Logik eines Systems schließen.289 Das System besteht vielmehr aus einer Mehrzahl von Prinzipien290, die zur Rechtfertigung einer Maßnahme herangezogen werden können. So sind auch Maßnahmen, die ein anderes Ziel als das der Einnahmeerzie­ lung verfolgen, systemimmanent, wenn sie zum Beispiel das Leistungs­ fähigkeitsprinzip291 umsetzen.292 Ferner wird der Ansatz von der Kom­ 285 So Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatli­ che Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 26. Dazu auch Santos, European Taxation 2000, 417, 420. 286 So z.B. auch in Aufforderung der Kommission zur Stellungnahme, ABl. EU 2005 Nr. C 89/15, Rz. 23, in der die Kommission die Zielsetzung einer Maßnahme als Indiz für das Vorliegen einer Begünstigung verwendet; vgl. Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 268. 287 Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 243. Auch Generalanwalt Geelhoed, Schluss­ anträge vom 20.10.2005, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 76, nennt als „eigentlichen Zweck des Steuersystems“ nicht nur die Einnahmeerzielung, sondern die Effizienz der Steuererhebung oder die Progressi­ on. Vgl. dazu auch Weber-Grellet, StuW 1993, 97, 103. Zur Unklarheit der Defini­ tion interner und externer Ziele Moscoso del Prado/Arranz, EStAL 2013, 401, 403 ff. 288 So Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswir­ kungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 33; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 106 f. 289 Flume, Steuerwesen und Rechtsordnung, 6 ff. Zur eingeschränkten Aussagekraft des Fiskalzwecks vgl. auch Drüen, in: Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, 191, 207 f.; Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 26. 290 Dazu näher unter B.V.3.a)bb)(2). 291 Dazu ausführlich Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das natio­ nale Steuerrecht, 67 ff. 292 So bereits Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 33; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersa­ chen, 107; Eicke, PIStB 2012, 131; Graziano, in: Salvini, Aiuti di stato in materia fiscale, 227; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 110. Kritisch aber Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 94; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtli­ chen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 28. Auch die Rechtsprechung hat das Ziel der Missbrauchsvermeidung als systemintern bewertet, vgl. EuGH, Urteil vom 18.07.2013, C-6/12, P Oy, ECLI:EU:C:2013:525, Rz. 26.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

mission selbst nicht konsequent verfolgt.293 Die Kommission hat z.B. in ihrem Brief betreffend die steuerliche Behandlung finnischer REITs294 deren Körperschaftsteuerbefreiung als durch das System gerechtfertigt erachtet, weil sie der Gleichstellung mit Direktinvestitionen in Wohn­ raummietobjekte durch steuertransparente Unternehmen diene. Dabei hat sie das Ziel, Investitionen in Wohnraummietobjekte zu fördern, im Rahmen der Rechtfertigung in die Beihilfeprüfung einbezogen und aner­ kannt295, obwohl es sich nicht in der Einnahmeerzielung erschöpft. Aus diesen Gründen unterstützt auch die Analyse der Rechtsprechung und Kommissionspraxis ein weniger strenges Verständnis des wirkungsorien­ tierten Ansatzes. Dagegen spricht zwar auf den ersten Blick die Miss­ brauchsanfälligkeit subjektiver Elemente.296 Der wirkungsorientierte Ansatz wird bei steuerlichen Maßnahmen gerade herangezogen, um ein dem Privatinvestortest bei direkten Beihilfen297 entsprechendes Kriteri­ um zu verwenden und damit die Objektivität der Beihilfeprüfung zu ge­ währleisten. Eine objektive Auslegung des Merkmals der Begünstigung ist aber dennoch möglich, indem der Wille des Gesetzgebers und die Zwecke, Motive und Zielsetzungen an ihrer Umsetzung in den konkre­ ten Normen festgemacht werden, so dass es nicht allein auf das in der Gesetzesbegründung formulierte Ziel, sondern auf den objektiven Ge­ halt der Regelung und ihre Wirkungsweise298 ankommt. Die subjektiven Kriterien werden demnach nur als Hilfestellung zur Ermittlung des ob­ jektiv gegebenen Systems herangezogen.299 293 Dazu auch Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 243. 294 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final. 295 In ihrer Entscheidung zu den „Exempt 1929 Holdings“ hingegen hat die Kommis­ sion das Ziel, bestimmte Holdings, die vor allem Finanzierungstätigkeiten aus­ üben, zu begünstigen, für eine Rechtfertigung nicht in Betracht gezogen, vgl. Ent­ scheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47; dazu Rossi-Maccanico, Competition Policy Newsletter 2006, 66. 296 „Angesichts der Schwierigkeiten, die Motive des Gesetzgebers aufzudecken, wäre dies ein weitgehend von Zufall und Willkür abhängiger Rechtsschutz“, so Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 64 f. Kritisch auch Lang, in: Verhandlungen des 17. Österrei­ chischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfe­ rechts auf das Steuerrecht, 7, 25. 297 Zu dessen Objektivität vgl. B.II.1.a), insbesondere Fn. 81. 298 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 45; Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 320; Bleckmann, WiVerw 1989, 75, 85; EuGH, Urteil vom 13.07.1989, 93, 94/88, Wisselink/ Staatssecretaris van Financiën, Slg. 1989, 02671, Rz. 10, dessen Argumentation zwar eine andere unionsrechtliche Vorschrift betraf, die aber sinnvollerweise auf das Beihilferecht zu übertragen ist, vgl. ausführlich Sutter, Das EG-Beihilfenver­ bot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 46. 299 Ausführlich zum wirkungsorientierten Ansatz auch Bartosch, in: Research Hand­ book on European State Aid Law, 176, 178 ff.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

dd) Kritik an der Anwendung des Regel-Ausnahme-Konzepts Neben dem problematischen Verständnis des wirkungsorientierten An­ satzes fehlt es vor allem bei der Anwendung des Regel-Ausnahme-Kon­ zepts an einer überzeugenden und konsequenten inhaltlichen Umset­ zung. Zum einen nehmen Rechtsprechung und Kommission die Prüfung bisweilen zu formalistisch vor.300 So wird zur Bestimmung des Regelsteu­ ersystems zum Teil nicht auf materielle, also inhaltliche Grundsätze, die hinter einer bestimmten Norm stehen, abgestellt, sondern auf formale Kriterien wie die Regelungstechnik301 des Gesetzes.302 Ein bestimmter Sachverhalt kann jedoch von vorneherein aus dem sachlichen Anwen­ dungsbereich eines Steuergesetzes ausgenommen sein, genauso aber grundsätzlich darunterfallen und erst im zweiten Schritt von einer Steu­ 300 So auch Jaeger, EuZW 2012, 92, 98; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergüns­ tigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 27; Marquart, IStR 2011, 445, 447 f. Zur mangelnden Eignung der Regelungstechnik als Kriterium auch Quigley, Intertax 2012, 112, 116; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juris­ tentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 25; Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihil­ fenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 568; Haslehner, in: Jaeger/Haslin­ ger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 308. Zum grundsätzlichen Vorrang materi­ eller vor formalen Erwägungen im Rahmen der Auslegung: Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 90 f. 301 Zu den möglichen Regelungstechniken Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Ös­ terreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstrument der Ge­ sellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 28 ff. Zur Unterscheidung zwischen inhaltlichen und formellen Ausnahmen Ruppe, Die Ausnahmebestimmungen des Einkommensteuergesetzes, 3. 302 Zum Beispiel EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777; EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289; EuGH, Urteil vom 22.06.2006, C-182, 217/03, Belgien und Fo­ rum 187/Kommission, Slg. 2006, I-05479; Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträ­ ge vom 20.10.2005, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 44, der lediglich auf den Steuersatz abstellt. Zum Teil auf die formale Körper­ schaftsteuerregelung abstellend EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 50 f.; jüngst das Regel-Ausnahme-Konzept rein formal interpretierend: EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommis­ sion/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 92. Ausdrücklich „zur Straffung“ der Prü­ fung nimmt auch Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 70, eine formale Begünsti­ gungsprüfung vor. Zum Vorgehen der Kommission vgl. Birkenmaier, Die Vorga­ ben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbe­ steuerung, 91 f.; Wishlade, When are tax advantages state aids and when are they general measures? – European Policies Research Centre – Regional and Industrial Policy Research Paper Nr. 20/1997, 18; Aldestam, EC state aid rules applied to ta­ xes, 186; Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 15; Götz, in: Festschrift für Klaus Vogel, 579, 587. Zum formalistischen Vorgehen sie­ he auch Easson, EC Tax Journal 2001, 109, 123; Jann, in: Festschrift for Carl Bau­ denbacher, 419, 426.Vgl. aber auch Fn. 308. Für eine formale Definition vgl. Bayer, StuW 1972, 149, 150.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

erbefreiung profitieren.303 Das Ergebnis ist in beiden Fällen dasselbe: Der Sachverhalt unterliegt nicht der Besteuerung. Der Weg zu diesem Ergeb­ nis führt im ersten Beispiel über die Begrenzung des Anwendungsbe­ reichs des Gesetzes, so dass bei Betrachtung der Regelungstechnik allei­ ne kein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet wird. Im zweiten Beispiel hingegen unterfällt der Sachverhalt einer gesetzestechnisch als Ausnah­ me vom Steuertatbestand konzipierten Befreiung. Eine rein formale Be­ trachtung würde deshalb dazu führen, dass von zwei Regelungen mit exakt gleicher Wirkung nur eine als Begünstigung definiert würde. Um­ gekehrt kann es der Fall sein, dass ein formales Regel-Ausnahme-Ver­ hältnis besteht, die formale Ausnahme aber Ausdruck eines Prinzips des Steuersystems – z.B. des Leistungsfähigkeitsprinzips304 – ist und deshalb keine „echte“, also materielle Ausnahme darstellt.305 Eine formale Be­ trachtung müsste den Ausnahmecharakter dennoch bejahen. Diese Ergebnisse können nicht überzeugen, da sie zum einen der wir­ kungsorientierten Betrachtungsweise widersprechen306 und dem Ziel des Wettbewerbsschutzes nicht gerecht werden.307 Hier ist insbesondere zu 303 Ähnliche Beispiele bei Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Ju­ ristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirt­ schaft und seine Schranken in den Grundrechten, 29 f.; Cordewener, EC Tax Re­ view 2012, 288, 289; Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 467; Frenz, DStR 2000, 137, 138; Lang, in: Festschrift für Werner Wiesner, 237, 240; Bayer, StuW 1972, 149, 151; Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 54. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unterneh­ mensbesteuerung, 91 f., weist darauf hin, dass die steuergesetzgeberische Rege­ lungstechnik keine Aussage über die Zuwendung einer Begünstigung in materiel­ ler Hinsicht beinhalte. Aus diesem Grund kann bereits in der Auswahl des Besteuerungsgegenstandes eines Beihilfe liegen, vgl. Lang, EStAL 2012, 411; Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuer­ rechts, 85, 86; Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 234 f.; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 117, sowie Fn. 359. Dies wird z.T. als „asymmetrische“ Konzipierung eines steuerlichen Re­ gelungskomplexes bezeichnet, Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 02.07.2009, C-169/08, Presidente del Consiglio dei Ministri, Slg. 2009, I-10821, 128; Lang, EStAL 2012, 411, 412. 304 Vgl. Fn. 290 und 291. 305 Zur Notwendigkeit einer materiellen Betrachtung im Sinne eines „Stufendurch­ griffs“ Brandau/Neckenich/Reich/Reimer, BB 2017, 1175, 1177. 306 Nicolaides, World Competition 2001, 319, 331. 307 Eine ähnliche Diskussion ist bereits in Hinblick auf die nationalen Gleichheits­ sätze mit dem Ergebnis geführt worden, dass es auf die Regelungstechnik nicht ankommen soll, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 104; vgl. dazu Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Ju­ ristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 9 f.; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 64; Zitzelsberger, StuW 1985, 197, 199; differenzierend Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstru­ ment der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten,

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

beachten, dass es nicht Ziel des Beihilfeverbots sein sollte, die gleiche effektive Steuerbelastung aller Unternehmen zu erreichen, sondern viel­ mehr gleiche Rahmenbedingungen für alle Unternehmen zu schaffen.308 Zum anderen laden sie den nationalen Steuergesetzgeber zu Umgehun­ gen des Beihilfeverbots durch Verwendung bestimmter Regelungstechni­ ken ein.309 Obwohl auch Rechtsprechung und Kommission betonen, dass es auf diese nicht ankommen solle310, haben beide immer wieder formale Ausnahmen zur Annahme einer Begünstigung ausreichen lassen.311 Ferner erscheint die Trennung zwischen der Voraussetzung der Begünsti­ gung und derjenigen der Rechtfertigung durch Systemimmanenz künst­ lich.312 Da Rechtsprechung und Kommissionspraxis im Rahmen der Be­ günstigungsprüfung neben den formalen auch materielle Aspekte zur 50 f.; kritisch zur Aussagekraft formaler Aspekte auch Ruppe, Die Ausnahme­ bestimmungen des Einkommensteuergesetzes, 4 f.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 259 f. 308 So Hüttemann, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 10. 309 Auch der wirkungsorientierte Ansatz dient u.a. der Verhinderung von Umgehun­ gen, Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuer­ recht, 49. 310 So bereits Generalanwalt Lagrange, Schlussanträge vom 05.11.1960, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 85, der „vorwiegend wirt­ schaftlichen und nicht so sehr rechtlichen“ Aspekten den Vorrang gewährt. Vgl. ausdrücklich EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibral­ tar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 88; Englisch, StuW 2012, 318, 319; de Weerth, Intertax 2012, 414, 417. 311 Vgl. Fn. 301. Dann steht aber noch die Möglichkeit der Rechtfertigung durch Sys­ temimmanenz zur Verfügung. 312 Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswir­ kungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 30; Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-026; dies aus der jüngsten Rechtsprechung des EuG folgernd Jaeger, EStAL 2015, 345, 354; López López, EStAL 2010, 807, 817; Linn, IStR 2008, 601, 604; Linn, in: Birnstiel/Bun­ genberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 587; Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 95; Mamut, in: Jahrbuch Beihilferecht 2008, 177, 189;Sutter, in: Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsab­ kommen, 83, 92 f.; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 96 f.; Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxelheim, National tax policy in Europe, 121, 126 f. und Fn. 43; Rubini, The definition of subsidy and state aid, 289; Marquart, IStR 2011, 445, 449; Jennert/Ellenrieder, EWS 2011, 305, 307 f.; Jaeger, EuZW 2012, 92, 97; Luja, Assessment and recovery of tax incentives in the EC and the WTO, 53; Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 466; Zorn, in: Verhand­ lungen des 17. Österreichischen Juristentages, Diskussionsbeitrag, 68, 72; Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 19; differenzierend Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 320; obwohl nicht ausdrücklich letztlich auch Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2007, 90, 94. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 100, hingegen sieht das Kriterium der Rechtfer­ tigung wohl als Einschränkung der formalen Regel-Ausnahme-Prüfung. Beispiels­ weise in der Rs. EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Definition der Regelbesteuerung heranziehen, hat sich kein klares Kon­ zept entwickelt, um genau abzugrenzen, ob ein materielles Kriterium bereits zur Bestimmung der Regelbesteuerung oder erst im Rahmen der Rechtfertigung zur Definition des Aufbaus und der inneren Logik des Steuersystems herangezogen werden soll. Bei genauer Betrachtung ist eine solche Abgrenzung unter Voraussetzung eines materiellen Verständ­ nisses der Regelbesteuerung auch nicht möglich. Diejenigen Kriterien, die zur materiellen Definition der Regelbesteuerung geeignet sind, legen zugleich die Natur und Logik des Steuersystems fest.313 Greift man zur Bestimmung der Regelbesteuerung auf den Begriff des nationalen Steuer­ systems zurück – was aus mehreren Gründen überzeugend erscheint314 –, und wird dieses als Zusammenwirken seiner Prinzipien und deren folge­ richtiger Umsetzung definiert315, so ist der Begriff der Regelbesteuerung deckungsgleich mit demjenigen der Natur und Logik des Steuersystems. Als Beispiel kann hier das Leistungsfähigkeitsprinzip herangezogen wer­ den: Im deutschen Ertragsteuersystem ist es eine gesetzgeberische Grund­ entscheidung, ein im Grundsatz verbindliches Prinzip. Es ist bei der Fra­ ge nach der Regelbesteuerung bestimmend, weil sich der Gesetzgeber im Rahmen der Ertragsbesteuerung entschieden hat, jeden steuerlich rele­ vanten Sachverhalt nach der ihm inhärenten Leistungsfähigkeit zu be­ steuern.316 Gleichzeitig hat es eine konstituierende Funktion für die Lo­ gik des Steuersystems, weil zahlreiche Normen und ihr Zusammenspiel untereinander sich an ihm ausrichten.317 Genauso verhält es sich mit dem progressiven Tarif. Er wird regelmäßig als legislatorische Grundent­ scheidung, also Teil der Regelbesteuerung eingeordnet318, bestimmt aber gleichzeitig die Logik des Systems, indem er z.B. die Entlastungswirkun­ gen persönlicher Freibeträge beeinflusst.319 Aus diesem Grund erscheint es sinnvoller, die Prüfung der Rechtfertigung durch Systemimmanenz in die Begünstigungsprüfung zu integrieren.320 Slg. 2003, I-01487, vermengt auch der EuGH beide Fragen, vgl. Rn 55; zur a.A., die eine strikte Unterscheidung fordert, vgl. Kühling, EWS 2013, 113, 115. 313 Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 30; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 96 f.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 246. Vgl. dazu B.V.3.a)bb)(2). 314 Dazu unten B.V.3.a)bb). 315 Vgl. dazu B.V.3.a)bb)(2). 316 Siehe statt aller Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3. 317 Vgl. dazu Kube, IStR 2005, 469, 475, insbesondere Fn. 55. 318 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 24. 319 Zu diesem Beispiel Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8, Rz. 803, die von der „Systematik der Progression“ spricht. Vgl. auch Fehringer, EStAL 2011, 361, 362. 320 Dazu unten B.V.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

b) Kritik der Prüfung der Selektivität Im Rahmen der Würdigung der klassischen Selektivitätsprüfung werden zunächst die Vergleichbarkeitsprüfung und sodann der Systemimma­ nenztest auf ihre Funktion innerhalb des Beihilfeverbots hin untersucht. aa) Abgrenzbarkeit der Empfänger – Mangelnde Eignung der ­Vergleichbarkeitsprüfung Die Selektivitätsprüfung soll die Frage beantworten, ob eine festgestellte Begünstigung „bestimmten Unternehmen“ zugutekommt. Wie erläutert muss es darauf ankommen, ob die begünstigte Gruppe abgrenzbar ist.321 Es ist jedoch nicht überzeugend, die Abgrenzbarkeit der begünstigten Unternehmen anhand der Vergleichbarkeitsprüfung zu bestimmen.322 Diese Vorgehensweise führt dazu, dass die Tatbestandsmerkmale der Be­ günstigung und der Selektivität nicht sinnvoll auseinander gehalten wer­ den können323, obwohl eine Trennung notwendig ist. Die Gegenüberstel­ lung von begünstigten und nicht begünstigten Unternehmen unter Untersuchung ihrer Vergleichbarkeit324 findet nach dem klassischen An­ satz nicht nur in der Vergleichbarkeitsprüfung, sondern ebenso in einer materiell verstandenen Begünstigungsprüfung statt.325 Im Rahmen des Abgleichs der beihilfeverdächtigen Maßnahmen mit den systemprägen­ den Prinzipien wird auch untersucht, ob die Maßnahme, falls sie nicht unmittelbar aus einem solchen Prinzip folgt, zumindest Teil dessen fol­ gerichtiger Umsetzung ist. Diese Folgerichtigkeitsprüfung aber besteht gerade aus einer Untersuchung der Vergleichbarkeit von Sachverhalten im Hinblick auf das zugrundeliegende Prinzip326, genauso wie die Ver­ gleichbarkeitsprüfung die Unternehmen auf ihre Vergleichbarkeit in Be­ zug auf das Ziel der Regelung analysiert. Die Regelung, deren Ziel aus­ schlaggebend sein soll, wird der Regelungskomplex sein, dessen Teil die beihilfeverdächtige Maßnahme ist.327 Als Ziel des Regelungskomplexes 321 B.II.1.c)cc). 322 Ähnlich Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 12. 323 So auch Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2007, 90, 93. 324 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kom­ mission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 158. 325 Ähnlich Jennert/Ellenrieder, EWS 2011, 305, 307; Biondi, CMLR 2013, 1719, 1737. 326 Zum Ganzen unten B.V.3.a)bb)(2). 327 Zum Teil bezieht sich die Formulierung auf das Ziel der Maßnahme, vgl. Fn. 111, 112, oft wird auch auf „das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel“ (Hervor­ hebung nicht im Originaltext) abgestellt, vgl. EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 47; EuGH, Urteil vom 06.09.2006, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 54; EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

wird aber im Steuerrecht oft die Besteuerung nach bestimmten Prinzipi­ en heranzuziehen sein, da das Ziel der Einnahmeerzielung allein keinen Aufschluss über Gründe und Ziele von Differenzierungen geben kann.328 Dies zeigt, dass Folgerichtigkeitsprüfung und Vergleichbarkeitsprüfung oft deckungsgleich sein werden. Dass eine derartige Überschneidung von Begünstigungs- und Vergleich­ barkeitsprüfung besteht, wird durch die Anwendung des klassischen An­ satzes in Urteilen und Kommissionsentscheidungen belegt. Rechtspre­ chung und Kommission gelangen, obwohl sie die Tatbestandsmerkmale formal trennen, inhaltlich nicht zu einer klaren Unterscheidung zwi­ schen den Voraussetzungen der als Regel-Ausnahme-Konzept verstande­ nen Begünstigung und derjenigen der Selektivität.329 Dabei wird die Frage I-11113, Rz. 75; EuG, Urteil vom 04.09.2009, T-211/05, Italien/Kommission, Slg. 2009, II-02777, Rz. 119; zur Unterscheidung vgl. auch Drabbe, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 87, 96; Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahr­ buch 2012, 301, 319; Quigley, Intertax 2012, 112, 115. Unklar ist, ob diese begriff­ lichen Unterschiede eine bewusste inhaltliche Unterscheidung darstellen; diese Frage aufwerfend Rossi-Maccanico, The Paint Graphos Case: The Comparability Approach to Fiscal Aids, abrufbar unter http://actl.uva.nl/binaries/content/assets/ subsites/amsterdam-centre-for-tax-law/conference-eu-income-tax-law/pierpaolo-­ rossi-cooperatives-and-state-aid-paint-graphos.pdf?1336382880000 (zuletzt geprüft am 23.10.2017); Tomat, EStAL 2012, 462, 467 Fn. 31. Davon ist wohl nicht auszu­ gehen, da die Urteile mit verschiedenen Formulierungen sich gegenseitig zitieren. In der tatsächlichen Anwendung wird regelmäßig auf das Ziel des gesamten Rege­ lungskomplexes abgestellt, so z.B. EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 54; EuGH, Urteil vom 22.12.2008, C-487/06 P, British Aggregates, Slg. 2008, I-10515, Rz. 87 ff.; EuG, Urteil vom 07.03.2012, T-210/02 RENV, British Aggregates, ECLI:EU:T:2012:110, Rz. 68; auch die Kom­ mission geht davon aus, dass es auf den Zweck des Steuersystems und nicht auf den der Begünstigungsnorm ankommt, Beschluss der Kommission, 26.01.2011, 2011/527/EU, ABl. EU 2011 Nr. L 235/26, Rz. 71; anders wohl EuG, Urteil vom 23.10.2002, T-346-348/99, Diputación Foral de Álava, Slg. 2002, II-04259, Rz. 55; López López, EStAL 2010, 807, 814. Dafür spricht auch, dass ein Abstellen auf das Ziel der Maßnahme nicht sinnvoll erscheint, da durch eine enge Fassung des Zie­ les die Vergleichbarkeit unproblematisch ausgeschlossen und damit nahezu jede Differenzierung gerechtfertigt werden könnte, vgl. Haslehner, in: Jaeger/Haslin­ ger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 319; Rossi-Maccanico, ERA Forum 2011, 205, 216. Eine ähnliche Argumentation findet sich bei Bleckmann, Ordnungsrah­ men für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juristen­ tag, D 77 f., der im Kontext der Sachlichkeitsprüfung im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zwischen Nahzielen und Fernzielen unterschiedet und fest­ stellt, dass es nicht auf das Nahziel, sondern vielmehr auf das Fernziel ankommen muss. Er argumentiert treffend, dass sonst nie ein Verstoß gegen den Gleichheits­ satz denkbar wäre, weil das Nahziel in der Regel gerade die Begünstigung sei. Er bezeichnet das Fernziel als „die ratio des Nahzieles“, vgl. S. D 78; vgl. zur ähnli­ chen Unterscheidung zwischen abstrakten und konkreten Subventionszwecken auch Vogel, in: Festschrift für Hans Peter Ipsen, 539, 547 ff. 328 Vgl. Fn. 287. 329 Zudem wenden Rechtsprechung und Kommission die Selektivitätsprüfung nicht immer konsequent an, vgl. Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 92;

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

nach dem Regel-Ausnahme-Verhältnis mit derjenigen nach der Vergleich­ barkeit vermengt.330 So prüft der EuGH z.B. in der Rs. Paint Graphos331, ob eine Körperschaftsteuerbefreiung für bestimmte Genossenschaften „vom allgemeinen System insoweit abweicht, als sie Unterscheidungen zwi­ schen Wirtschaftsteilnehmern einführt, die sich im Hinblick auf das mit der Steuerregelung dieses Mitgliedstaats verfolgte Ziel in einer vergleich­ baren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden“332, und integ­ riert damit Regel-Ausnahme- und Vergleichbarkeitsprüfung in einen Prüfungspunkt.333 Die fehlende Trennung in der Anwendung des klassi­ schen Ansatzes ist Folge des Umstands, dass zwischen einem materiell verstandenen Regel-Ausnahme-Konzept und der Vergleichbarkeitsprü­ fung inhaltliche Übereinstimmung besteht. Dies sollte jedoch nicht dazu führen, dass die Unterscheidung zwischen den Voraussetzungen der Be­ günstigung und der Selektivität aufgegeben wird.334 Die Tatbestands­ merkmale der Begünstigung und der Bestimmtheit der Begünstigung un­ Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 16. So wird teilweise auf eine klare Definition der Vergleichskriterien auch im Einzelfall ver­ zichtet, weshalb der genaue Vergleichsvorgang im Unklaren bleibt. 330 So auch Jaeger, EuZW 2012, 92, 97; Rubini, The definition of subsidy and state aid, 289; Soltész, EuZW 2001, 107, 108; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 165; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 97 f.; Kube, Columbia Journal of European Law 2003, 79, 96 f.; Rode, Steuervergünstigungen, Beihilfen und Steuerwettbe­ werb, 187 f.; Visser, EC Tax Review 1999, 224, 225; Jansen, Vorgaben des euro­ päischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 65 f., 111; Marquart, IStR 2011, 445, 447; Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 130; Blumenberg/Lausterer, in: Festschrift für Albert J. Rädler, 1, 15; Meyer, Die Bewertung parafiskalischer Abgaben aus der Sicht des europäischen Beihilferechts, 170. 331 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611. 332 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 49. 333 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 69 f., geht sogar ausdrücklich von der Überschnei­ dung beider Tatbestandsmerkmale aus. Eine ähnliche Vorgehensweise findet sich auch in EuGH, Urteil vom 06.09.2006, C-88/03, Portugal/Kommission (Azoren), Slg. 2006, I-07115, Rz. 56, und Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 02.07.2009, C-169/08, Presidente del Consiglio dei Ministri, Slg. 2009, I-10821, Rz. 124 ff. Anders aber EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommis­ sion, Slg. 2004, II-01933, Rz. 51; Entscheidung der Kommission, 17.02.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 180/52, Rz. 79. EuG und Kommission prüfen in diesen Fällen die Abweichung von der Regelbesteuerung als Begünstigung und nicht unter dem Merkmal der Selektivität. 334 So auch Jaeger, EuZW 2012, 92, 97; Soltész, EuZW 2001, 107, 108; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 165; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfe­ vorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 97 f.; Kube, Columbia Journal of European Law 2003, 79, 96 f.; Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 19; Rode, Steuervergünstigungen, Bei­ hilfen und Steuerwettbewerb, 187 f., 312; Visser, EC Tax Review 1999, 224, 225; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 65 f., 111; Marquart, IStR 2011, 445, 447; Aldestam, EC state aid rules applied to

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

terscheiden sich denknotwendig.335 Bei Ersterem geht es nur um die Frage, ob ein Vorteil im Vergleich zum Normalfall besteht336, während das Zweite nach der Begrenzung der Zahl der Begünstigten, also dem Adressatenkreis fragt.337 Genau dieser Adressatenkreis unterscheidet eine begünstigende allgemeine Maßnahme338 von einer Beihilfe.339 Aus diesem Grund reicht die Feststellung eines Regel-Ausnahme-Verhält­ nisses in der Regel340 nicht aus, um die Selektivität einer Maßnahme zu bejahen341, so dass eine klare Trennung beider Voraussetzungen unter Anerkennung der eigenständigen Bedeutung der Selektivitätsprüfung vorzuziehen ist. Die Frage nach der Abgrenzbarkeit der Begünstigten

taxes, 86; a.A. wohl Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 92; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 114 f. 335 Nach Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 102, setzt schon der Begriff der Begünstigung ein „positives Abweichen von einem Maßstab“ voraus. Sicherlich kann das Re­ gel-Ausnahme-Verhältnis auch erst im Rahmen der Selektivität geprüft werden, so z.B. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersa­ chen, 88; Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 55; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfen­ recht, Rz. 173. Doch ist dann darauf zu achten, dass zusätzlich die Bestimmtheits­ prüfung vorzunehmen ist. Diese wird jedoch aufgrund der Vermengung oft wegge­ lassen. 336 Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 203, führt dazu überzeugend aus, dass im ersten Prüfungsschritt nur ein Vergleich des Unterneh­ mens mit sich selbst (mit und ohne Begünstigung) und mit der Systematik des Steuersystems stattfinde, ohne dass auf andere Wettbewerber einzugehen sei. Dies sei Frage der Wettbewerbsverfälschung. 337 So auch Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steu­ errecht, 66; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 247. Bleckmann, Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juristentag, D 11, geht davon aus, dass bei allgemeinen begünsti­ genden Maßnahmen die „Vorteile nicht individualisiert werden können“. 338 Ein Beispiel dafür ist die Abziehbarkeit des Veräußerungsgewinns von den An­ schaffungskosten eines substituierenden Wirtschaftsgutes, vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2000, C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-06857, Rz. 22. 339 EuG, Urteil vom 01.07.2004, T-308/00, Salzgitter/Kommission, Slg. 2004, II01933, Rz. 38; bestätigt im Rechtsmittelurteil EuGH, Urteil vom 22.04.2008, C-408/04 P, Kommission/Salzgitter, Slg. 2008, I-02767, Rz. 109. 340 Bei bestimmten Sachverhalten kann es jedoch durchaus der Fall sein, dass bereits der Anwendungsbereich der Ausnahme eng genug ist, um Selektivität anzuneh­ men. Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 98, begründet dies damit, dass sowohl das Kri­ terium der Begünstigung als auch das der Selektivität ein Regel-Ausnahme-Ver­ hältnis voraussetze. Dem ist zwar im Ergebnis, aber nicht in der Argumentation zuzustimmen. 341 Jestaedt, in: Heidenhain, European State Aid Law, § 8, Rz. 11; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmens­ besteuerung, 98.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

sollte deshalb nicht anhand der Vergleichbarkeitsprüfung, sondern mit Hilfe anderer Kriterien geklärt werden.342 bb) Systemimmanenztest als Sachgerechtigkeitsprüfung Teilweise wird der Systemimmanenztest als eine reine Sachgerechtig­ keitsprüfung im Hinblick auf die staatlichen Regelungsziele verstan­ den.343 Dies schwächt seine Funktion als die mitgliedstaatliche Souverä­ nität verwirklichendes Tatbestandsmerkmal im Vergleich zu der in dieser Arbeit zugrunde gelegten Auslegung des Tests344, für die die Beachtung der gesetzgeberischen Grundentscheidungen, die Ausdruck der mitglied­ staatlichen Steuersouveränität sind, maßgebend ist. Eine Sachgerechtig­ keitsprüfung weicht in ihrer Ausrichtung von der klassischerweise ver­ standenen Systemimmanenzprüfung ab, weil sie sich zur Rechtfertigung einer Diskriminierung auf verschiedenste Aspekte beziehen kann, wäh­ rend die klassische Auslegung sich auf die grundlegenden steuerlichen Prinzipien konzentriert. Dadurch werde, so Sutter, die „argumentative Autorität“345 einer Entscheidung unterminiert.346 Ein als Sachgerechtig­ keitsprüfung verstandener Systemimmanenztest kann daher den Anfor­ derungen einer Auslegung, die der unionsrechtlichen Kompetenzvertei­ lung gerecht wird, nicht genügen. c) Zwischenergebnis Abschließend lässt sich im Hinblick auf den klassischen Ansatz feststel­ len, dass er aus den dargelegten Gründen im Grundsatz zu befürworten ist. Seine Anwendung durch Rechtsprechung und Kommission führt je­ doch zu Unklarheiten bei der Definition der Regelbesteuerung, insbe­ sondere im Hinblick auf einen zu starken Formalismus, die künstlich erscheinende Trennung von der Frage der Systemimmanenz und die Ver­

342 Dazu unten B.V.3.b). 343 So z.B. EuG, Urteil vom 23.10.2002, T-269, 271, 272/99, Diputación Foral de Guipúzcoa, Slg. 2002, II-04217, Rz. 61; dazu Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2007, 90, 96; Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 26; Sutter, Das EG-Beihilfenver­ bot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 100 f.; Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 134. 344 Dazu B.II.1.c)ee), B.II.2.c), B.IV.1.a)cc) und insbesondere B.V.3.a)bb)(2). 345 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 101. 346 Dies liege daran, dass die Sachgerechtigkeitsprüfung schwer nachzuvollziehen sei, da der Regelsteuertatbestand und die Ausnahme nicht erläutert werden müssen, was zu Begründungsdefiziten führe, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 100 f. Zur Unterscheidung von Sachge­ rechtigkeit und Systembindung vgl. Kischel, AöR 1999 (124), 175, 178 f. m.w.N.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

mengung mit der Vergleichbarkeitsprüfung. Diese können aber durch eine exakte und systematische Vorgehensweise behoben werden.347 2. Kritik der gleichheitsrechtlichen Prüfungsmethode Für die gleichheitsrechtliche Auslegung des Beihilfeverbots spricht, dass sie die Gefahr einer zu formalistischen Betrachtungsweise vermindert, indem sie auf das Regel-Ausnahme-Konzept im Rahmen der Begünsti­ gungsprüfung verzichtet. So wird verhindert, dass Sachverhalte allein aufgrund der Regelungstechnik potentiell vom Beihilfeverbot erfasst oder ausgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass sie die künstliche Tren­ nung zwischen Regel-Ausnahme- und Systemimmanenzkonzept auf­ hebt. Die Systemimmanenzprüfung könnte trotz des Verzichts auf die klassi­ sche Regel-Ausnahme-Prüfung geeignet sein, der mitgliedstaatlichen Steuersouveränität ausreichend Rechnung zu tragen, indem sie die Wer­ tungen der Regel-Ausnahme-Prüfung integriert.348 Insofern begegnet der gleichheitsrechtliche Ansatz einigen kritikwürdigen Aspekten in der An­ wendung des Regel-Ausnahme-Konzepts durch Rechtsprechung und Kommission. Dem stehen aber grundsätzliche Bedenken gegen die Aus­ legung des Beihilfeverbots als Spielart einer Diskriminierungsprüfung gegenüber.349 Die Untersuchung soll mit einer allgemeinen Bewertung beginnen, um dann aufzuzeigen, warum der Systemimmanenztest in der gleichheitsrechtlichen Auslegung die Regel-Ausnahme-Prüfung des klas­ sischen Ansatzes nicht ersetzen kann. a) Allgemeines Die gleichheitsrechtliche Auslegung fasst die Fragen nach Begünstigung und Selektivität in einem Prüfungspunkt zusammen.350 Es ist jedoch be­ reits nach dem Wortlaut und der norminternen Systematik des Art. 107 Abs. 1 AEUV sinnvoll, zwischen Begünstigung und Selektivität zu unter­ scheiden.351 Diese beiden Tatbestandsmerkmale bestimmen den sachli­ 347 Dazu B.V. 348 Zu den ohnehin bestehenden Überschneidungen vgl. B.IV.1.a)cc). 349 Dazu bereits Generalanwalt Darmon, Schlussanträge vom 17.03.1992, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 61. Kritisch auch Schön, in: Han­ cher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-012; Wattel, World Tax Journal 2013, 128, 134 f.; vgl. auch Hey, StuW 2005, 317, 320, die einen gleichheitsrechtlichen Ansatz verneint, dies aber wohl auf Art. 107 Abs. 2, 3 AEUV stützt. 350 Dazu B.III.1. 351 So bereits Quigley, European Law Review 1988, 242, 253; Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2007, 90, 94; Graziano, in: Salvini, Aiuti di stato in materia fis­ cale, 229; Rubini, The definition of subsidy and state aid, 289 f.; López López, EStAL 2010, 807, 809; Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 111; Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

chen und persönlichen Anwendungsbereich der Norm. Die Auslegung des Beihilfeverbots als Diskriminierungsprüfung entfernt sich deshalb zu weit vom Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV.352 Ferner kann das Argu­ ment, aufgrund der Schwierigkeit der Bestimmung der Regelbesteuerung solle auf diese gänzlich verzichtet werden353, nicht überzeugen. Zum ei­ nen ist es nicht sinnvoll, aus der Schwierigkeit die Unmöglichkeit der Prüfung abzuleiten.354 Vielmehr sollte es in der Regel möglich sein, ge­ wisse gesetzgeberische Grundentscheidungen auszumachen.355 Der Ver­ zicht auf die Feststellung dieser Grundentscheidungen im Rahmen der Begünstigungsprüfung zugunsten einer Diskriminierungsprüfung hat letztlich zur Folge, dass sich das Beihilfeverbot als wettbewerbsrechts­ spezifische Ausprägung des Gleichheitssatzes darstellt356, wodurch jede dem Gleichheitssatz nicht genügende Diskriminierung prima facie als Beihilfe eingestuft wird.357 Dies ist im Hinblick auf die mitgliedstaatli­ che Souveränität im Bereich direkter Steuern, aber auch den Sinn und Zweck des Beihilfeverbots als speziell den Wettbewerb schützende Norm zu weitgehend.358 Zum anderen entbehrt diese Argumentation nicht einer gewissen Wider­ sprüchlichkeit. Einerseits stellt sie den Rückgriff auf steuerliche Prin­ zipien grundsätzlich in Frage, andererseits behält sie gleichzeitig den Systemimmanenztest des klassischen Ansatzes bei. Dieser muss aber wiederum auf systemimmanente Prinzipien zurückgreifen, weil diese konstituierende Funktion für das System haben.359 Es wird also nur scheinbar, nämlich auf erster Stufe, auf die Definition solcher Prinzipien gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 29 m.w.N. sowie jüngst EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-219/10, Autogrill España, ECLI:EU:T:2014:939, Rz. 52, 62; EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-399/11, Banco San­ tander, ECLI:EU:T:2014:938, Rz. 49, 56; genauso Staviczky, EStAL 2015, 332, 334. Kritisch zur Feststellung von Begünstigungen ohne die Definition eines Regelsteu­ ertatbestandes, Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 101; Luja, Assessment and recovery of tax incentives in the EC and the WTO, 36; a.A. Kühling, EWS 2013, 113, 315. Dazu bereits oben B.IV.1.a)bb). 352 Sutter, EuZW 2002, 213, 216. 353 Dazu B.IV.1.a)aa). 354 So bereits zum nationalen Verfassungsrecht Wendt, in: Festschrift für Karl Hein­ rich Friauf, 859, 866 f. 355 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 111. 356 So kritisch zu Generalanwalt La Pergola, Schlussanträge vom 12.11.1998, C-75/97, Belgien/Kommission (Maribel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 8: Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 208. 357 Im Gegensatz dazu ist die Folgerichtigkeitsprüfung eine Vergleichbarkeitsprüfung, die am Prinzip orientiert ist. 358 Ein zu weitgehender Anwendungsbereich der Diskriminierungsprüfung kann aber möglicherweise im Systemimmanenztest wieder eingeschränkt werden, dazu so­ gleich unter B.IV.2.b). 359 Siehe dazu B.IV.1.a)dd).

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verzichtet, um sie dann auf zweiter Stufe wieder zu bemühen.360 Auch der gleichheitsrechtliche Ansatz kann somit letztlich nicht auf die Defi­ nition der Regelbesteuerung – hier im Mantel der Systemimmanenz – verzichten. b) Ersatz der Regel-Ausnahme-Prüfung durch Systemimmanenztest? Trotz dieser Bedenken könnte die gleichheitsrechtliche Auslegung den unionsrechtlichen Anforderungen gerecht werden. Im Grundsatz kann die Auslegung nach Wortlaut und norminterner Systematik durch ande­ re Aspekte wie den Sinn und Zweck überlagert werden. Dennoch spre­ chen gewichtige Argumente dagegen, dass der Systemimmanenztest die Regel-Ausnahme-Prüfung vollständig und gleichwertig ersetzen kann. Auf diese wird in Folgenden im Hinblick auf die Bezifferbarkeit der Be­ günstigung, die Behandlung von Sonderlasten sowie die Frage der Be­ weislast eingegangen. aa) Bezifferbarkeit der Begünstigung Gegen die Diskriminierungsprüfung wird angeführt, dass die gewährte Begünstigung der Höhe nach nicht bemessen werden könne, weil keine Regelsteuerbelastung als Vergleichsmaßstab definiert werde.361 Recht­ sprechung und Kommission hingegen lehnen diesen Standpunkt in der Regel ab und lassen eine große Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Vorteils362 ausreichen, auch wenn dessen Höhe weder ex-ante noch expost quantifizierbar ist.363 Auch wenn man dies nicht ausreichen lässt, 360 Die Frage nach dem System wird lediglich verlagert, so Dubout/Maitrot de la Motte, Revue de droit fiscal 2012, 44, 52; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfe­ vorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 111. Dies zeigt sich auch bei Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juris­ tentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 28 ff. Des Weiteren begegnet auch die als Vergleichbarkeitsprüfung verstandene Selektivitätsprüfung den im Rahmen des klassischen Ansatzes vorge­ brachten Bedenken, vgl. B.IV.1.b)aa). 361 Für das Steuerrecht Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 160 ff., und allge­ mein Generalanwalt Lenz, Schlussanträge vom 28.11.1989, C-21/88, Du Pont de Nemours, Slg. 1990, I-00889, Rz. 58; Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 19.02.1988, C-52-54/97, Epifanio Viscido, Slg. 1998, I-02629, Rz. 15; EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-295/97, Rinaldo Piaggio, Slg. 1999, I-03735, Rz. 40. 362 Ausdrücklich Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 16.07.1998, C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-07907, Rz. 31; dies voraussetzend EuGH, Urteil vom 01.12.1998, C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-07907, Rz. 41. 363 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 49; auch Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 59, geht davon aus, dass trotz dieser Un­ sicherheit eine Beihilfe vorliegen kann. So auch die Entscheidung der Kommissi­ on, 21.01.1998, 98/476/EG, ABl. EG 1998 Nr. L 212/50, 54; EuGH, Urteil vom

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

genügt die Diskriminierungsprüfung entgegen der angeführten Kritik aber dem Postulat der Bezifferbarkeit der Begünstigung. Ihre Höhe kann hier aus dem Vergleich der Steuerbelastung der begünstigten Unterneh­ men mit derjenigen der vergleichbaren, aber nicht begünstigten Unter­ nehmen geschlossen werden. Der Einwand, dass dieser Vergleichspara­ meter nicht geeignet sei, weil es dafür allein auf die Regelbesteuerung ankommen könne364, nimmt daher letztlich nicht auf die Bemessung des Vorteils der Höhe nach Bezug, sondern ist auf die grundsätzlichen Unter­ schiede zwischen klassischem und gleichheitsrechtlichem Ansatz zu­ rückzuführen. Darüber hinaus kann er aber kein zusätzliches Argument gegen die gleichheitsrechtliche Auslegung beitragen. bb) Die Behandlung von Sonderlasten Ein Grund, der gegen die Ersetzbarkeit des Regel-Ausnahme-Konzepts durch die Systemimmanenzprüfung spricht, ist die Behandlung von Son­ derlasten. Eine Sonderlast ist ein „wirtschaftlicher Nachteil […], der die Auferlegung von Kosten mit sich bring[t], die ein Unternehmen norma­ lerweise nicht zu tragen“365 hat und damit eine Abweichung von der Normalsteuerbelastung zu Lasten von Unternehmen. In der klassischen Auslegung des Beihilfeverbots ist sie beihilferechtlich irrelevant.366 Als Begünstigungen werden nur solche Abweichungen von der Normalsteu­ erbelastung definiert, die diese verringern. Der umgekehrte Fall der über sie hinausgehenden Belastung wird hingegen nicht als Vorteil für die „le­ diglich“ der Regelbesteuerung unterliegenden Unternehmen betrach­ tet.367 Im Gegensatz dazu differenziert der gleichheitsrechtliche Ansatz nicht zwischen positiven und negativen Abweichungen von der Normal­ steuerbelastung368, weil er zur Feststellung einer Begünstigung als Ver­ gleichsparameter nicht den gleichbleibenden Maßstab der Regelbesteue­ 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 90; eine kritische Analyse dieses Urteils findet sich bei Slot, EStAL 2013, 61. 364 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 07.04.2011, C-106, 107/09 P, Kom­ mission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 160. 365 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 22; bestätigend EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 33. Zur Unterscheidung von Sonderlast und Begünstigung vgl. auch Neumark, Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpoli­ tik, 225; Kirchhof, StuW 1984, 297, 299. Zu unterscheiden sind Sonderlasten fer­ ner von einzelnen Begünstigungstatbeständen im Rahmen von Sonderlasten, dazu Quigley, European state aid law and policy, 136 f. 366 Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 36; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 123. 367 Der Normalfall ist hier die „Abgabennichtbelastung“, Sutter, Das EG-Beihilfen­ verbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 129. 368 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 126; ähnlich Heidenhain, in: Festschrift für Georg Maier-Reimer, 189, 192.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

rung verwendet, sondern lediglich auf zu vergleichende Unternehmen abstellt – unabhängig davon, ob diese der regelmäßigen oder einer erhöh­ ten Besteuerung unterliegen. Daraus folgt, dass es keine Abweichungen nach oben und unten gibt, sondern nur zwei zu vergleichende, variable Gruppen von Unternehmen, von denen eine steuerlich günstiger als die andere behandelt wird. Ob eine Steuernorm Begünstigung oder Sonder­ last im Sinne der klassischen Auslegung ist, spielt hier keine Rolle, weil die Sonderlast in der Diskriminierungsprüfung als Begünstigung der „normal“ besteuerten Gruppe zu verstehen ist. Aus Sicht der klassischen Auslegung wird die stärker belastende Besteuerungsnorm zur Regel erho­ ben. An diesem Ergebnis ändert auch ein an das Regel-Ausnahme-Konzept angelehnter Systemimmanenztest nichts.369 Eine „echte“, von der Nor­ malsteuerbelastung abweichende Sonderlast wird immer eine Ausnah­ me von den Prinzipen des Systems darstellen und deshalb nicht durch die Natur oder innere Logik des Steuersystems gerechtfertigt sein.370 Aus diesen Gründen fallen Maßnahmen, die im Verständnis der klassischen Auslegung beihilfeirrelevante Sonderlasten sind, bei Anwendung des gleichheitsrechtlichen Ansatzes als Begünstigungen der „normal“ be­ steuerten Unternehmen unter das Beihilfeverbot. Dieses Ergebnis kann nicht überzeugen.371 Dagegen spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Der Umstand, dass dieser nach einer „Begünsti­ 369 Allenfalls könnte eine die Diskriminierungsprüfung einschränkende Abgrenzbar­ keitsprüfung, wie sie in der Rs. Gibraltar verwendet wurde (vgl. B.III.2), zu einer sinnvollen Begrenzung des Anwendungsbereichs führen, indem die Gruppe der „normal“ besteuerten als nicht ausreichend abgrenzbar eingeordnet würde. Die anderen Bedenken gegen die Diskriminierungsprüfung blieben aber dennoch be­ stehen. 370 Systemimmanente Sonderlasten hingegen scheiden auch nach dieser Auslegung aus dem Beihilfeverbot aus, Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 275; EuGH, Urteil vom 29.04.2004, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 76. 371 EuGH, Urteil vom 04.06.2015, C-5/14, Kernkraftwerke Lippe-Ems, ECLI:EU:C:2015:354; Generalanwalt Roemer, Schlussanträge vom 17.09.1970, 9/70, Franz Grad/FA Traunstein, Slg. 1970, 00825, 857; Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträge vom 18.09.2003, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 73; Lenaerts, in: EU competition law in context – Essays in honour of Virpi Tiili, 291, 295; Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 317; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 187, 275; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 99 Fn. 290, S. 123 f.; Rode, Steuervergünstigungen, Beihilfen und Steuerwettbewerb, 126; Flett/Walkerova, in: Liber amicorum Francisco Santaolalla Gadea, 223, 228; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 83; Bacon, European Competition Law Review 2003, 54, 57; Ismer/Piotrowski, IStR 2015, 257, 260, 263; wohl auch Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 26; differenzierend Bleckmann, WiVerw 1989, 75, 84; zur Unterschei­ dung zwischen Entlastung und Zusatzbelastung bereits Ruppe, in: Verhandlungen

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

gung“ verlangt, kann zwar alleine noch keine Aussage über den Ver­ gleichsmaßstab für diese Begünstigung treffen.372 Der Begriff der Begüns­ tigung (englisch „by favouring“, französisch „en favorisant“) setzt zwar voraus, dass eine vorteilhafte Behandlung im Verhältnis zu einem Ver­ gleichsmaßstab bestimmt wird, beinhaltet jedoch keine Vorgaben zu die­ sem. Deshalb können aus dem Begriff der Begünstigung auch keine Vor­ gaben zur Verwendung der Regelbesteuerung als Parameter abgeleitet werden. Anders verhält es sich hingegen im Hinblick auf den Begriff der Beihilfe. Als solcher trifft er zwar ebenso wenig eine Aussage über den richtigen Vergleichsparameter. Er ist aber parallel zum Beihilfebegriff des Art. 4 lit. c EGKSV auszulegen373, der Sonderlasten nicht erfasst.374 Viel­ mehr werden sie in der Norm eigens enumerativ375 und nicht als Beispiel einer Beihilfe aufgezählt. Gegen eine parallele Auslegung der Beihilfe­ begriffe der Art. 107 Abs. 1 AEUV und Art. 4 lit. c EGKSV könnte vor­ gebracht werden, dass beide Begriffe nicht übereinstimmen können, weil derjenige des EGKSV Subventionen nicht abdecke376, während Art. 107 Abs. 1 AEUV diese unstreitig erfasse.377 Überzeugender ist es jedoch an­ zunehmen, dass der Subventionsbegriff im Gegensatz zu dem der Sonder­ des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstru­ ment der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 37; a.A. Nicolaides/Metaxas, EStAL 2014, 51; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 56 f., 140 f.; Englisch, StuW 2012, 318, 321 ff.; Kommission im Vorabentscheidungsverfahren Gil Insurance, vgl. Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträge vom 18.09.2003, C-308/01, GIL Insurance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 55. Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Ab­ gaben, Rz. 220, 273, verortet diese Problematik bei der Frage der Selektivität. Schön hingegen argumentiert für eine offene Analogiebildung für Sonderlasten, vgl. Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-013; Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des ge­ meinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 36 f.; Schön, EStAL 2006, 495, 502 f. 372 Ähnlich Englisch, StuW 2012, 318, 321 f. 373 Zur begrenzten Rolle der historischen Gesetzesauslegung im Unionsrecht aber Wegener, in: Callies/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 19 EUV, Rz. 13; Mayer, in: Grabitz/ Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 19 EUV, Rz. 66; Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 53 f.; Schön, in: Lehner, DStJG 19, 167, 174 f. Gegen eine parallele Auslegung wendet sich Hochbaum, Das Diskriminie­ rungs- und Subventionsverbot in der EGKS und EWG, 173 f. 374 EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 34: „Folg­ lich kann eine Maßnahme nicht zugleich eine Beihilfe und eine Sonderlast im Sinne von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag sein.“ 375 Generalanwalt Fennelly, Schlussanträge vom 21.09.2000, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 17, 22; ausführlich Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafis­ kalische Abgaben, Rz. 273 ff.; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchfüh­ rungsverbot in Steuersachen, 123; genauso Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 240. 376 Denn diese sind ebenso wie die Sonderlasten eigens enumerativ neben den Beihil­ fen aufgezählt. 377 Zu Art. 107 Abs. 1 AEUV: Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 20.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

last im EGKSV keine eigenständige Bedeutung hat378, sondern als Bei­ spiel zu verstehen ist, das in Art. 4 lit. c EGKSV lediglich eigens genannt wird, weil es im Gegensatz zur Sonderlast das Paradigma einer Beihilfe darstellt.379 Ferner spricht auch eine der Systematik verpflichtete Auslegung gegen die Erfassung von Sonderlasten in Art. 107 Abs. 1 AEUV. Art. 116 AEUV ist mit der Formulierung „Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungs­ vorschriften“ weiter konzipiert und erfasst, weil nur Unterschiede mit Wettbewerbswirkung verlangt werden, auch Sonderlasten380, während das Beihilfeverbot enger formuliert ist und nach einer Begünstigung ver­ langt.381 Im Verhältnis zu Art. 116 AEUV ist aber die Abgrenzung der je­ weiligen Anwendungsbereiche unerlässlich, um eine „überschneidungs­ freie[n] Auflösung dieses Konkurrenzverhältnisses“382 zu gewährleisten und eine unklare Kompetenzverteilung zwischen Kommission einerseits sowie Rat und Parlament andererseits383 zu verhindern.384

378 EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen, Slg. 1961, 00003, 43; so auch Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 19 f.; ähnlich Kassow, Die Beihilfe im Sinne des Art. 87 I EG als staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Begünstigung, 10 ff.; zu der schwierigen Unterscheidung zwi­ schen Beihilfe- und Subventionsbegriff vgl. Lefèvre, Staatliche Ausfuhrförderung und das Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen im EWG-Vertrag, 112 m.w.N., insbesondere Fn. 225; Hochbaum, Das Diskriminierungs- und Subventionsverbot in der EGKS und EWG, 21 f.; a.A. wohl Rengeling, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen im Gemeinsamen Markt, 23, 25 f. 379 Schön, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 117, 123. Für einen „einheitlichen Beihilfenbegriff“ auch Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 124; a.A. Englisch, StuW 2012, 318, 322. 380 Rapport des chefs de délégation aux ministres des affaires etrangères, 21.04.1956, 61, zitiert nach Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 33 f. Fn. 45; vgl. auch Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU ­State Aids, Rz. 10-013. 381 Generalanwalt Geelhoed, Schlussanträge vom 18.09.2003, C-308/01, GIL In­ surance, Slg. 2004, I-04777, Rz. 65 ff.; dieser Argumentation kritisch gegenüberste­ hend Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersa­ chen, 124. 382 Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 35. 383 Ausführlich Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 36. Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 295, spricht von der „delicate balance of powers and responsibilities between both the Commis­ sion and Council“ im Hinblick auf Sachverhalte, in denen es um die Frage ging, ob Normen, die inländische im Vergleich zu ausländischen Unternehmen begünsti­ gen, beihilferechtliche Relevanz haben. Nach Bacon sollen diese Sachverhalte nicht unter das Beihilferecht fallen, sondern allenfalls in den Anwendungsbereich von Art. 34 AEUV. 384 Zum Ganzen ausführlich Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchfüh­ rungsverbot in Steuersachen, 32 ff.

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IV.  Kritik der Prüfungsmethoden

Der Umgehungsgefahr, die ein formales Verständnis von Regelbesteue­ rung und Sonderbelastung mit sich bringt385, kann durch einen materiel­ len Systembegriff begegnet werden.386 Dieser stellt im Ergebnis nicht darauf ab, wie weit der Belastetenkreis im Steuertatbestand gefasst ist, sondern fragt nach den dahinter liegenden materiellen Wertungen, aus denen sich erschließt, welche die Normalbelastung ist. Insgesamt sollte das Beihilfeverbot aus den dargelegten Gründen Sonderlasten nicht als Beihilfen zugunsten der der Regelsteuerlast unterliegenden Unterneh­ men einordnen. Eine überzeugende Auslegung sollte sie vielmehr aus dem Anwendungsbereich der Norm ausscheiden. Dies gelingt dem gleichheitsrechtlichen Ansatz nicht. cc) Beweislast Gegen die Ersetzbarkeit des Regel-Ausnahme-Konzepts durch den System­ immanenztest spricht ferner, dass die Beweislastverteilung des gleich­ heitsrechtlichen Ansatzes nicht vom Wortlaut des Beihilfeverbots ge­ deckt ist387, die unionsrechtliche Kompetenzverteilung nicht treffend widerspiegelt und zu weit in die mitgliedstaatliche Souveränität im Be­ reich der direkten Steuern eingreift.388 Die Beweislast für dasjenige Tat­ bestandsmerkmal, das die Steuersouveränität zum Tragen bringen soll, trifft in der gleichheitsrechtlichen Auslegung wohl389 vollständig den Mitgliedstaat oder den Begünstigten390, der sich auf die beihilferechtliche Irrelevanz der in Frage stehenden Steuernorm beruft. So liegt es hier an diesen, die Übereinstimmung der staatlichen Maßnahme mit der Natur oder inneren Logik des Systems darzulegen und zu beweisen, während in der klassischen Auslegung die Kommission die Beweislast für das Vorlie­ gen eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses als desjenigen Tatbestands­ merkmals trägt391, das die Steuersouveränität in einem ersten Prüfungs­ schritt zum Ausdruck bringt.392 Infolgedessen muss sich die Kommission nach der neueren Auslegung in der beihilferechtlichen Prüfung zunächst überhaupt nicht mit der mitgliedstaatlichen Kompetenz in Steuersachen 385 Dazu Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 467, und B.IV.1.a)cc). 386 Ähnlich Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 468. 387 So Jennert/Ellenrieder, EWS 2011, 305, 308. 388 So auch Dubout/Maitrot de la Motte, Revue de droit fiscal 2012, 44, 52. 389 In der Rs. Gibraltar etwa wurde im Hinblick auf die Frage der Systemimmanenz die Beweislastverteilung des klassischen Ansatzes übernommen, EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 146. 390 So auch Klemt, DStR 2013, 1057, 1061. 391 Vgl. B.II.1.c)ee). 392 Daneben übernimmt diese Funktion auch im klassischen Ansatz die Systemim­ manenzprüfung, so Rossi-Maccanico, Intertax 2012, 92, 98. Nach Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2007, 90, 91, geht davon auch der EuGH aus. Zu den Abgren­ zungsschwierigkeiten vgl. B.IV.1.a)cc).

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auseinandersetzen, sondern kann alle differenzierenden Steuernormen auf ihre Selektivität hin überprüfen. Erst wenn und soweit der Mitglied­ staat oder Begünstigte die Systemimmanenz der Maßnahme darzulegen versucht, untersuchen Kommission oder Gerichte die Maßnahme auf ihre Übereinstimmung mit den vom Gesetzgeber gewählten Prinzipien des Systems hin. Falls es dem Mitgliedstaat oder Unternehmen nicht gelingt, Zweifel im Hinblick auf die Systemwidrigkeit auszuräumen, geht dies prozessual zu seinen Lasten und fast jede differenzierende Maß­ nahme wird als Beihilfe eingestuft. Die Beweislastverteilung im gleichheitsrechtlichen Ansatz führt dazu, dass die Prinzipien, die der mitgliedstaatliche Gesetzgeber in Ausübung seiner steuerlichen Souveränität bestimmt, nur im Falle ihrer Beweisbar­ keit – und erst auf zweiter Stufe – beachtet werden.393 Eine solche voll­ ständige Beweislastumkehr lässt sich nicht aus dem Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV schließen. Dieser trifft zum einen keine ausdrück­ liche Aussage zur Beweislast, zum anderen ergibt es sich aber auch nicht aus dem Aufbau der Norm, z.B. durch Verwendung eines negativ formu­ lierten, konditionalen Nebensatzes, dass eine solche Umkehr intendiert war. Ferner wird eine vollständige Beweislastumkehr der unionsrechtlichen Kompetenzverteilung, die eine umfassende mitgliedstaatliche Souverä­ nität im Bereich der direkten Steuern vorsieht, nicht gerecht.394 Auch wenn das Beihilfeverbot im Hinblick auf direkte Steuern greift und da­ mit diese Souveränität einschränken kann395, darf es dies nur soweit tun, als es nicht die allgemeine Gestaltung des Steuersystems, also u.a. die Wahl bestimmter steuerlicher Prinzipien, betrifft.396 Dies überzeugt auch im Hinblick auf die Teleologie des Beihilfeverbots, nur die punktuelle Begünstigung von Unternehmen zu erfassen, nicht aber die allgemeine Verteilung der Steuerlast zwischen den Steuerpflichtigen.397 Hier muss 393 Eine ähnliche Analyse in Bezug auf die Rechtsprechung nimmt Seiler, in: Lang/ Pistone/Schuch/Staringer/Storck, ECJ, Recent Developments in Direct Taxation 2011, 121, 138 f., vor. 394 Parallel weist Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfever­ botes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 67, bei direkten Beihilfen im Rahmen staatlicher Kapitalbeteiligungen darauf hin, dass bereits eine Begründungspflicht der Mitgliedstaaten die Dispositionsfreiheit der öffentlichen Hand zu weit einschränke. 395 B.I.2.b). 396 Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 31 f. m.w.N. 397 So auch grundsätzlich zu einem unionsrechtlich einheitlichen Maßstab für das Beihilferecht im Bereich der direkten Steuern Birkenmaier, Die Vorgaben der Bei­ hilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 108, 110 f.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

den Mitgliedstaaten ein breiter Gestaltungsspielraum verbleiben. Des­ sen Geltendmachung wird aber erschwert, wenn nicht die Kommission den Widerspruch zu Prinzipien darlegen und beweisen muss, sondern umgekehrt der Mitgliedstaat die Übereinstimmung jeglicher steuerlicher Differenzierung mit diesen Prinzipien. 3. Zwischenergebnis Die gleichheitsrechtliche Prüfungsmethode könnte zwar im Hinblick auf eine zu formalistische Anwendung des Regel-Ausnahme-Ansatzes sowie die künstlich erscheinende Trennung zwischen Regel-Ausnah­ me-Verhältnis und Systemimmanenztest Abhilfe schaffen. Gleichzeitig stehen ihr jedoch vor allem aufgrund der fehlenden Differenzierung zwi­ schen Sonderlasten und Sondervorteilen und der mangelhaften Umset­ zung der unionsrechtlichen Kompetenzverteilung starke Bedenken ent­ gegen. Letztere sind zu bedeutend, um eine Auslegung des Beihilfeverbots im Sinne einer Diskriminierungsprüfung zu befürworten. Dahingegen überzeugt die klassische Auslegung im Grundsatz vor allem aufgrund teleologischer und systematischer Argumente, ihre Anwendung erfolgt jedoch bisweilen zu formalistisch und ist unklar im Hinblick auf die künstlich erscheinende Trennung der Frage der Regelbesteuerung von der Frage der Systemimmanenz.

V. Alternativer Prüfungsansatz: modifizierter klassischer Ansatz Aus der bisherigen Untersuchung ist zu schließen, dass weder die klassi­ sche noch die gleichheitsrechtliche Auslegung ohne Einschränkungen zu befürworten sind. Aufbauend auf dem klassischen Prüfungsansatz, der wie aufgezeigt das Beihilfeverbot im Grundsatz überzeugender umsetzt als der gleichheitsrechtliche, soll im Folgenden ein alternativer Prü­ fungsansatz aus der Literatur398 dargelegt und weiterentwickelt399 wer­ 398 Schön, EuR 2001, 341, 358; ähnlich Wouters/Hees, Les règles communautaires en matière d’aides d’Etat et la fiscalité directe: quelques observations critiques – K.U. Leuven, Institut de droit international: Working Paper Nr. 18/2002, 14; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 96 f., al­ lerdings das Regel-Ausnahme-Verhältnis im Rahmen der Selektivität prüfend; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 91, wonach das Regel-Ausnahme-Verhältnis sowohl für die Frage der Begünstigung als auch für die Unterscheidung zwischen Beihilfen und allgemeinen Maßnahmen entscheidend sein soll; die Fragen nach Regel-Aus­ nahme-Verhältnis und Systemimmanenz wohl auch zusammen prüfend: EuGH, Urteil vom 17.03.1993, C-72, 73/91, Sloman Neptun, Slg. 1993, I-00887, Rz. 21; EuGH, Urteil vom 22.11.2001, C-53/00, Ferring, Slg. 2001, I-09067, Rz. 17. 399 Die hier entwickelte Auslegung wird im Folgenden als „modifizierter klassischer Ansatz“ bezeichnet.

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den. Dabei werden zunächst seine Kernaussage und Rechtfertigung her­ geleitet, um dann auf Fragen der Beweislast einzugehen und schließlich das entsprechende Prüfungsschema anhand eines Beispiels herauszuar­ beiten. 1. Kernaussage, Herleitung und Rechtfertigung des Prüfungsansatzes Kernaussage der in der Literatur zum Teil vertretenen Auslegung des Bei­ hilfeverbots ist die Aufhebung der Trennung zwischen Regel-Ausnah­ me-Prüfung und Systemimmanenztest. Diese Ansicht beurteilt die Tren­ nung beider Voraussetzungen nicht als inhaltliche Unterscheidung, sondern lediglich als Frage der Beweislast.400 Dies hat zur Folge, dass der Systemimmanenztest in die Untersuchung des Regel-Ausnahme-Ver­ hältnisses integriert werden kann. Daraus wiederum ist zu schließen, dass in die so integrierte Prüfung in jedem Fall materielle systembestim­ mende Aspekte aufzunehmen sind und nicht nur auf formale, also die Regelungstechnik betreffende Gesichtspunkte zur Bestimmung der Re­ gelbesteuerung abzustellen ist.401 Aus diesen Erwägungen ergibt sich fol­ gendes Prüfungsschema: Es muss eine als Regel-Ausnahme-Verhältnis verstandene (1) Begünstigung (2) vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden, die (3) bestimmte Unternehmen oder Produktionszwei­ ge begünstigt und (4) geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaa­ ten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen. Dabei wird die Selektivitätsprüfung als reine Abgrenzbarkeitsprüfung ausgelegt402, ohne dass eine Rechtfertigung durch Systemimmanenz in Frage kommt, da die entsprechenden Wertungen bereits in die materielle Regel-Aus­ nahme-Prüfung eingeflossen sind. Diese Kernaussage stellt gleichzeitig den wesentlichen Unterschied zum klassischen Ansatz dar, in dem Re­ gel-Ausnahme-Verhältnis und Systemimmanenz getrennt behandelt werden und die Einbeziehung materieller Kriterien in die Bestimmung der Regelbesteuerung nur z. T. stattfindet. Gerade auf diese Charakteris­ tika beziehen sich aber auch die hauptsächlich gegen die klassische Be­ günstigungsprüfung vorgebrachten Bedenken. Diesen begegnet die alter­ native Auslegung und versteht sich deshalb als Folge der aufgezeigten Kritik, deren konsequente Weiterentwicklung zu einer entsprechenden Modifizierung des klassischen Ansatzes führt.

400 Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkun­ gen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 30; vgl. auch Marquart, IStR 2011, 445, 449 Fn. 52. 401 Parallel für die Bestimmung von Steuervergünstigungen auf nationaler Ebene Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 45 f., der diese aber völ­ lig unabhängig von formalen Gesichtspunkten vornehmen möchte. Vgl. bereits Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 27 ff. 402 Vgl. B.IV.1.b)aa).

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

Die alternative Auslegung lässt sich demnach vollumfänglich aus der hergebrachten Auslegung und der Analyse der Probleme, die bei klassi­ schem und gleichheitsrechtlichem Ansatz bestehen, herleiten. Weil sie im Hinblick auf die Begünstigungsprüfung die hauptsächlichen Beden­ ken gegen die klassische Auslegung entfallen lässt und sich gleichzeitig nicht mit der grundlegenden Kritik gegen den gleichheitsrechtlichen An­ satz konfrontiert sieht, ist sie beiden anderen dargestellten Ansätzen vor­ zuziehen. Dennoch löst auch der alternative Ansatz nicht das Problem der Defini­ tion der Regelbesteuerung, also die Frage danach, ob die betreffende Maß­ nahme ein vom Gesetzgeber gewähltes, systembestimmendes Prinzip umsetzt oder eine Ausnahme von einem solchen darstellt. Ferner wirft auch die als Abgrenzbarkeitsproblem verstandene Selektivitätsprüfung Fragen auf. Auf diese Aspekte der inhaltlichen Ausfüllung des Prüfungs­ schemas soll in einer umfassenden Darstellung des Prüfungsansatzes an­ hand eines Beispiels unter B.V.3 eingegangen werden. Zudem ruft die Integration zweier Tatbestandsmerkmale des klassischen Ansatzes mit unterschiedlicher Beweislastverteilung das Problem hervor, dass die Ver­ teilung der Beweislast für die modifizierte Regel-Ausnahme-Prüfung of­ fen ist. Dieser Aspekt soll im Folgenden vor der ausführlichen Darstel­ lung des Prüfungsschemas einer Klärung zugeführt werden, da sie seine Ausgestaltung im Einzelnen beeinflusst. 2. Beweislast und Vermutung Die Annahme, dass die Fragen nach dem Regel-Ausnahme-Verhältnis und der Systemimmanenz inhaltlich übereinstimmen und deshalb inner­ halb eines Tatbestandsmerkmals zu prüfen seien403, hat zur Folge, dass in Modifikation des klassischen Ansatzes zwei Voraussetzungen, die in der klassischen Auslegung divergierender Beweislastverteilung unterliegen, als eine geprüft werden. Ein einheitlich verstandenes Tatbestandsmerk­ mal kann als solches aber nicht eine „geteilte“ Beweislast404 aufweisen.405 Vielmehr ist eindeutig zu definieren, welcher der Beteiligten die Beweis­ last für das Regel-Ausnahme-Verhältnis trägt. Würde diese vollständig dem Mitgliedstaat oder Begünstigten auferlegt, stünden dieser Auslegung 403 Vgl. B.IV.1.a)cc). 404 Zum Begriff der Beweislast Dammann, Materielles Recht und Beweisrecht im System der Grundfreiheiten, 45 f. Darunter sollen hier sowohl die subjektive Be­ weisführungslast als auch die objektive Beweislast verstanden werden, dazu Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 215. Der Begriff der Beweislast soll ferner auch die „Begründungslast“, die sich im Gegensatz zur Beweislast nicht auf tatsächliche, sondern rechtliche Umstände bezieht, umfassen, vgl. zu der Unterscheidung Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 217. 405 Insofern kann die Ansicht, dass die Trennung beider Voraussetzungen ein reines Beweislastproblem sei, nicht überzeugen. Vgl. dazu Fn. 398.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

dieselben Bedenken im Hinblick auf die mitgliedstaatliche Steuersouve­ ränität entgegen, die auch gegenüber dem gleichheitsrechtlichen Ansatz bestehen.406 Nachdem diese Beweislastverteilung einer der hauptsächli­ chen Kritikpunkte am gleichheitsrechtlichen Ansatz ist, kann sie auch im modifizierten klassischen Ansatz nicht überzeugen. Ferner ist zu beachten, dass die Beweislastumkehr im Hinblick auf die Systemimmanenz wohl nicht entwickelt wurde, um die Beweislast hin­ sichtlich aller den „Nichtausnahme“-Charakter betreffenden Aspekte auf den Mitgliedstaat oder Begünstigten zu überwälzen.407 Vielmehr er­ möglicht die Systemimmanenzprüfung die steuerspezifische Einschrän­ kung eines formal verstandenen Regel-Ausnahme-Konzepts.408 Ein nach­ vollziehbarer Grund für die Beweislastumkehr könnte daher der Umstand sein, dass dem Mitgliedstaat oder Begünstigten, nachdem eine Maßnah­ me bereits formal als Ausnahme definiert wurde, die Möglichkeit ge­ geben werden sollte, zusätzliche Argumente zum Beweis der System­ immanenz vorzutragen, ihm aber im Gegenzug dafür die Beweislast aufzuerlegen.409 Auch aus diesen Erwägungen erscheint im modifizierten klassischen Ansatz eine vollständige Beweislastumkehr im Hinblick auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis nicht sinnvoll. Eine Beweislastverteilung, die dem Beteiligten, der sich auf die Beihilfe­ qualität der staatlichen Maßnahme beruft, also in der Regel der Kommis­ sion410, die Beweislast für den Ausnahmecharakter einer Maßnahme auf­ erlegt, ist im Grundsatz überzeugender.411 Eine Amtsermittlungspflicht

406 Vgl. B.IV.2.b)cc). 407 Kommission und Rechtsprechung haben die Beweislastumkehr ohne Begründung entwickelt: Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmens­ steuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 23; Generalanwalt Alber, Schlussanträge vom 10.09.2002, C-409/00, Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 66; EuGH, Urteil vom 13.02.2003, C-409/00, Spanien/Kommis­ sion, Slg. 2003, I-01487, Rz. 53. 408 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 97 409 So kann Generalanwalt Alber, Schlussanträge vom 10.09.2002, C-409/00, Spani­ en/Kommission, Slg. 2003, I-01487, Rz. 66, verstanden werden. Allgemein zum Vorgehen des EuGH im Hinblick auf die Tatsachenermittlung Schroeder/Sild, EuZW 2014, 12. 410 Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbotes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 66, für staatliche Kapitalbeteiligungen als Beihilfen; ähnlich wohl Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten, 93/C 307/03, ABl. EG 1993 Nr. C 307/3, 10; vgl. auch Ent­ scheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 46. 411 So auch Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 340, der dies da­ mit begründet, dass die Regelzuständigkeit für Beihilfen bei den Mitgliedstaaten

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seitens der Kommission besteht zwar nicht412, aber zum einen folgt eine derartige Beweislastverteilung dem Prinzip, dass derjenige die Beweislast trägt, der sich im Verfahren auf einen bestimmten Umstand beruft.413 Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bedürfte einer besonderen Be­ gründung, welche aus den aufgeführten Gründen nicht ersichtlich ist. Zum anderen verläuft sie parallel zur Beweislastverteilung bei direkten Beihilfen.414 Ein Motiv für eine vollkommen entgegengesetzte Behand­ lung direkter und steuerlicher Beihilfen – denkbar wäre etwa ein spezi­ fisch steuerrechtlicher Beweggrund – besteht aber nicht. Dennoch erscheint eine teilweise Einschränkung dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung für steuerliche Beihilfen sinnvoll.415 Korrespondie­ rend mit der steuerlichen Souveränität und Gestaltungsfreiheit der Mit­ gliedstaaten besteht ein unionsrechtliches Gebot zur wettbewerbsneu­ tralen Ausgestaltung des Steuersystems.416 Daraus wiederum lässt sich „eine Obliegenheit der Mitgliedstaaten, zur Klärung des Beihilfecharak­ ters der Maßnahmen beizutragen“417, schließen. Ferner stellt es für die

liege und die Europäische Union die Eröffnung ihrer Kompetenzen darlegen müs­ se. A.A. Dreher, in: Schön, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 583, 601. 412 Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbotes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 66; vgl. auch Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 385. Zur neueren Rechtsprechung des EuG, die die Verpflichtung der Kommission zur Tatsachenermittlung im Ent­ scheidungsverfahren betont, vgl. Schroeder/Sild, EuZW 2014, 12, 15 f. 413 Dazu z.B. Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbo­ tes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 66; aus­ führlich Dammann, Materielles Recht und Beweisrecht im System der Grundfrei­ heiten, 116 ff. m.w.N. in Fn. 526 und 530; André, Beweisführung und Beweislast im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, 20 f., 28, 97 f., 237, wonach auf­ grund Art. 38 § 1 lit. e und Art. 40 § 1 lit. d VerfO die Verhandlungsmaxime gelte. Zum selben Ergebnis kommt Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfever­ bots“, 218. Zur unklaren Verteilung der Beweislast in der Rechtsprechung des EuGH vgl. aber André, Beweisführung und Beweislast im Verfahren vor dem Euro­ päischen Gerichtshof, 175 ff. 414 Vgl. z.B. Schroeder, ZHR 1997 (161), 805, 819. 415 Zur Möglichkeit einer differenzierenden Beweislastverteilung Bührle, Gründe und Grenzen des „EG-Beihilfeverbots“, 222. 416 Ausführlich Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 494 f.; Jaeger, in: Münche­ ner Kommentar zum Europäischen und Deutschen Wettbewerbsrecht (Kartell­ recht) – Beihilfen- und Vergaberecht, Art. 107 AEUV – Steuerliche Maßnahmen, Rz. 2; Pinto, Tax competition and EU law, 59 ff. 417 So Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 494 f.; ähnlich für die Anwendung des Privatinvestortests in bestimmten Zweifelsfragen: Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 422. Kritisch zu Vermutungstatbeständen im Beihilferecht Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbotes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 66; zu Vermutungstatbestän­ den in Fällen staatlicher Unternehmensbeteiligung Pape, Staatliche Kapitalbetei­ ligungen an Unternehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, 85 ff.

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Kommission einen nicht unerheblichen Aufwand dar418, die Funktions­ weisen der jeweiligen mitgliedstaatlichen Steuersysteme vollumfänglich zu überprüfen, da ihre Untersuchungsmöglichkeiten eingeschränkt sind419, während dem Mitgliedstaat420, bei dem die Kenntnis seines Steuersys­ tems vorausgesetzt werden darf, die Untersuchung der Frage, ob sich die Maßnahme in die Logik dieses Systems einfügt, leichter erschließbar sein wird. Daher ist es gerechtfertigt, auch demjenigen Beteiligten, der sich auf die Beihilfefreiheit beruft, in gewissem Umfang eine Mitwir­ kungspflicht aufzuerlegen. Aus diesen Erwägungen heraus lässt sich eine Beweislastverteilung vor­ schlagen, die das Risiko der Nichterweisbarkeit des Ausnahmecharakters einer Maßnahme zwischen den Beteiligten in einem angemessenen Ver­ hältnis aufteilt.421 Dabei ist zugrunde zu legen, dass aufgrund der Integra­ tion des Systemimmanenztests in die Regel-Ausnahme-Prüfung eine ma­ terielle Abweichung von inhaltlichen Prinzipien des Steuersystems zu beweisen ist, während der Beweis einer rein formalen Ausnahme nicht ausreichend sein kann. Eine angemessene Aufteilung könnte die Beweis­ last für den Ausnahmecharakter der untersuchten Maßnahme im Grund­ satz der Kommission auferlegen, aber gleichzeitig bei Beweis einer die Regelungstechnik betreffenden, also formalen Ausnahme durch die Kom­ 418 Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 472; zur Überlastung der Kommission als strukturel­ les Defizit der Beihilfenkontrolle Gross, Das europäische Beihilferecht im Wandel, 69 ff. 419 Ismer/Karch, IStR 2014, 130, 134. Dies gilt aber auch für Abs. 1 leg cit. Anders Schroeder/Sild, EuZW 2014, 12, die einen „Erkenntnisvorsprung“ der Kommissi­ on in Beihilfeverfahren annehmen. 420 Für den Fall, dass nicht der Mitgliedstaat sondern ein begünstigtes Unternehmen Klage gegen eine Kommissionsentscheidung erhebt, stellt sich die Argumentation etwas anders dar. Das Unternehmen ist nicht – wie beim Mitgliedstaat vorausge­ setzt – besser informiert als die Kommission. Ferner ist es erst ab Beginn des Hauptverfahrens Verfahrensbeteiligter, vgl. Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfen­ recht, Rz. 361, und hat erst später als der Mitgliedstaat entsprechende Rechte wie das zur Stellungnahme, vgl. Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 377. Jedoch ist der Mitgliedstaat, wenn nicht als Kläger, so jedenfalls oft als Streithelfer am Verfahren beteiligt und kann dem Begünstigten insoweit Unterstützung ge­ währen. Zugegebenermaßen können aber die Interessen von Mitgliedstaat und Be­ günstigtem auch voneinander abweichen, so Lever, EStAL 2013, 5, 9; ein Beispiel dafür ist die Argumentation der Beteiligten in EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289. 421 Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 494, hingegen versteht die Bedeutung von Vermutungstatbeständen im Beihilferecht nicht als Frage der Beweislast, son­ dern der „Konkretisierung und Operationalisierung eines Rechtsbegriffs“. Rechts­ sicherheit im Hinblick auf den Beihilfebegriff sei nicht nur zwischen den Parteien, sondern ex ante und erga omnes erforderlich, weil es sich um ein mehrpoliges System von Kompetenzen und Rechtsverhältnissen handle. Von einer „adversarial procedure“ hingegen spricht Rossi-Maccanico, EC Tax Review 2013, 19, 20. Von der Bilateralität bereits des Beihilfekontrollverfahrens gehen auch Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 361, und Lumma, EuZW 2004, 457, 457 f., aus.

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mission eine widerlegbare Vermutung für eine – der formalen Ausnahme entsprechende – materielle Ausnahme anerkennen.422 In diesem Fall kann der Mitgliedstaat oder Begünstigte die Vermutung widerlegen, indem er beweist, dass die Maßnahme trotz der Regelungstechnik mit dem materi­ ellen Prinzip übereinstimmt. Dabei muss nicht der Beweis erbracht wer­ den, dass die Maßnahmen mit allen denkbaren Prinzipien des jeweiligen Systems in Einklang steht423, sondern entweder mit demjenigen, von dem formal eine Ausnahme gemacht wird, oder mit einem anderen, mögli­ cherweise sogar widerstreitenden Prinzip.424 Gelingt dies dem Beteiligten, kann die Kommission den Nachweis einer materiellen Ausnahme von einem anderen Prinzip und damit einer Begünstigung erbringen. Wenn eine formale Abweichung nicht feststellbar ist, greift die Vermutung nicht und es bleibt dabei, dass die Kommission den Nachweis einer mate­ riellen Ausnahme leisten muss.425 Letztlich entspricht diese Beweislast­ verteilung in groben Zügen derjenigen des klassischen Ansatzes.426 422 Ähnlich Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 93, 100 f., der diese Vermutung bei dem Kriterium der allgemeinen Maßnahme verortet. Eine ähnliche Argumentation fin­ det sich auch bei Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 154, für Ausnahmen vom Tatbestand, dort jedoch nicht im Hinblick auf die Beweislast. Dreher, in: Schön, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 583, 601, analysiert und bejaht eine ähnliche, dem Anscheinsbeweis im deutschen Zi­ vilrecht vergleichbare Vermutungswirkung für direkte Beihilfen durch Eigenkapi­ talzufuhr. Zur Bestimmung des Ausnahmecharakters anhand der äußeren Form vgl. auch Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 32 f. Kritisch zur Aussagekraft der Regelungstechnik bei der Bestimmung eines Regel-Ausnah­ me-Verhältnisses Vogel, StuW 1977, 97, 102. Auch Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 64 f., geht aufgrund des Fehlens eines „äußeren Systems“ davon aus, dass aus den gesetzlichen Formulierungen nicht auf das Vorliegen einer Steuervergünstigung geschlossen werden könne. Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstru­ ment der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 50 f., hingegen geht von einem eingeschränkten Aussagegehalt des äußeren Sys­ tems aus. Auch Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 91, gesteht der „Argumentation aus dem äußeren System einen gewissen Wert“ zu. Dazu auch B.V.3.a)bb)(1). 423 A.A. wohl Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 63 f. 424 Ähnlich Bleckmann, Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen, Gutach­ ten für den 55. Deutschen Juristentag, D 77, hinsichtlich der Prüfung der „Sach­ lichkeit“ im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes: Diese soll nur dann ab­ gelehnt werden können, wenn die Wertordnung der Rechtsordnung sie eindeutig ausschließt. Ein positiver Nachweis der „Sachlichkeit der Gründe in jedem Fall durch Rückgriff auf die Wertordnung des Grundgesetzes oder vielleicht sogar der gesamten Rechtsordnung“ wird nicht für erforderlich gehalten. Zu widerstreiten­ den Prinzipien vgl. B.V.3.a)dd). 425 Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 213, hingegen möchte nur die Last des prima-facie-Beweises der Kommission auferlegen. 426 Vgl. die Darstellung bei Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 100 f. Der Autor steht, wie

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3. Prüfungsschema Im Folgenden soll das sich aus diesen Erwägungen ergebende Prüfungs­ schema des modifizierten klassischen Ansatzes detaillierter dargestellt und erläutert werden. Zur Veranschaulichung soll dabei folgendes Beispiel herangezogen und bei jedem Tatbestandsmerkmal untersucht werden: § 25 Abs. 1 KStG gewährt steuerpflichtigen Genossenschaften427, deren Tätigkeit sich auf Land- und Forstwirtschaft beschränkt, einen Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro, der im Veranlagungszeitraum der Gründung sowie in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen vom Einkommen abzuziehen ist. Nach S. 2 leg cit ist der Abzug nur möglich, wenn die Mitglieder der Genossenschaft entsprechend ihrer Beteiligung Flächen oder Gebäude zur Nutzung überlassen.428 a) Begünstigung Eine als Regel-Ausnahme-Verhältnis verstandene Begünstigung ist eine vorteilhafte Abweichung von der Regelbesteuerung. Die Begünstigungs­ prüfung muss deshalb in zwei Schritten stattfinden: In einem ersten Schritt ist die Regelbesteuerung zu definieren, wonach in einem zweiten Schritt die potentielle Beihilfemaßnahme mit der Regelbesteuerung zu vergleichen ist, um ihren Ausnahmecharakter zu untersuchen.429 Hier soll diese zweigliedrige Prüfung nach einer Klärung des methodologi­ schen Vorgehens erläutert werden, wobei in Folge der vorgeschlagenen Beweislastverteilung und Vermutungswirkung430 zunächst auf den for­ malen Ausnahmecharakter einer Maßnahme abgestellt wird, bevor ma­ terielle Wertungen, auf die es letztlich ankommen soll431, in die Prüfung Eingang finden. Abschließend wird auf die Sonderproblematik sog. „Sub­ systeme“ eingegangen. Rodi, in: Festschrift für Peter Selmer, 479, 494, der Beweislastverteilung des klassi­ schen Ansatzes kritisch gegenüber, weil sie dem Beihilfebegriff als ex ante und erga omnes geltendem Rechtsbegriff nicht gerecht werde, sondern nur in bipolaren Rechtsverhältnissen passend sei. Die vorgeschlagene Beweislastverteilung weicht jedoch von derjenigen für direkte Beihilfen insofern ab, als dort eine widerlegbare Vermutung der Beihilfeeigenschaft erst bei Bejahung des Privatinvestortests ange­ nommen wird, Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2142. 427 Und Vereinen. Dies soll hier außer Betracht bleiben, weil davon auszugehen ist, dass sich das Ergebnis der Prüfung nicht ändern würde. Dies gilt auch im Hinblick auf die Selektivität. 428 Ferner gilt der Freibetrag auch für Betriebe gemeinschaftlicher Tierhaltung, § 25 Abs. 2 KStG. Dies soll hier außer Betracht bleiben. 429 Zu dieser Vorgehensweise vgl. bereits Vogel, StuW 1977, 97, 100, und jüngstens auch Bowitz, Das objektive Nettoprinzip als Rechtfertigungsmaßstab im Einkom­ mensteuerrecht (im Erscheinen), 100, im Hinblick auf die Folgerichtigkeitsprü­ fung im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG m.w.N. 430 B.V.2. 431 B.V.1.

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aa) Methodologisches Vorgehen Die Schwierigkeit der Definition einer Begünstigung besteht unter ande­ rem in der Überlappung von Unionsrecht und nationalen Rechtsordnun­ gen: Eine von nationalen Besonderheiten freie Definition des Beihilfever­ bots ist zwar im Grundsatz aufgrund seiner Natur als unionsrechtliche Norm geboten432, gleichzeitig erscheint eine derartige Definition des Be­ günstigungsbegriffs für das Steuerrecht in Hinblick auf die jeweiligen Besonderheiten mitgliedstaatlicher Steuersysteme zu schablonenhaft. Eine rein unionsrechtliche Definition der Regelbesteuerung für alle Mit­ gliedstaaten ist deshalb nicht überzeugend; sie zu bestimmen, würde ­diese Besonderheiten nicht ausreichend zum Tragen bringen und die na­ tionale Steuersouveränität in Frage stellen.433 Um dieses Spannungsver­ hältnis auszugleichen, sollte die Bestimmung der Regelbesteuerung dreigliedrig erfolgen: Die Regelbesteuerung ist unionsrechtlich insofern zu definieren, als die die Regelbesteuerung ausmachenden Parameter festgelegt werden. Wie zu erläutern sein wird, kommen dafür diverse Kri­ terien in Betracht.434 Nach hier vertretener Auffassung ist es am überzeu­ gendsten, als Parameter der Regelbesteuerung auf das Steuersystem und seine Prinzipien zurückzugreifen.435 Um diese Parameter inhaltlich „aus­ zufüllen“, ist in einem zweiten Schritt jedoch erforderlich, die nationa­ len Steuersysteme auf ihre Systematik und Prinzipien hin zu untersu­ chen.436 Ob wiederum beihilferechtlich die so definierte Systematik und ihre Prinzipien vollständig anerkannt werden können, ist in einem drit­ ten Schritt nach dem Sinn und Zweck des Beihilfeverbots zu beur­ teilen.437 Dieses dreigliedrige Vorgehen gewährleistet die autonome Aus­ legung des Beihilfeverbots, da die Parameter der Regelbesteuerung unabhängig vom nationalen Recht definiert werden und deren inhaltli­ che „Ausfüllung“ wiederum nach dem Sinn und Zweck des Beihilfever­ 432 Zur autonomen Auslegung des Unionsrechts vgl. Fn. 242. 433 Pinto, Tax competition and EU law, 143. 434 Dazu B.V.3.a)bb)(2). 435 Dazu B.V.3.a)bb)(2). Die diesbezüglichen Ausführungen können wohl für die meis­ ten mitgliedstaatlichen Steuersysteme Geltung beanspruchen, da diese in der Re­ gel auf einer bestimmten Systematik und entsprechenden Prinzipien basieren werden. 436 Dies bezeichnet Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuer­ recht, 21, 32, als eine „Art „selbstreferenzieller“ Prüfung“; vgl. auch Kube, Co­ lumbia Journal of European Law 2003, 79, 93. Dabei muss es auf das geltende Recht, also die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, und gerade nicht auf ein unionsrechtlich vorgegebenes Besteuerungsmodell ankommen, so bereits Fichera, StuW 1994, 74, 86; vgl. auch Engelen/Gunn, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 137, 141. 437 Ähnlich Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steu­ errecht, 73, der fordert, dass ein Prinzip auf seine „Gemeinschaftsrechts- und Bei­ hilfetauglichkeit“ hin überprüft wird.

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bots überprüft wird. Gleichzeitig werden auch die Besonderheiten der mitgliedstaatlichen Steuersysteme ausreichend beachtet, indem das Sys­ tem und seine Prinzipien sich nach dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Recht richten. bb) Definition der Regelbesteuerung – Systembegriff im Steuerrecht (1) „Äußeres“ System Die Regelbesteuerung nach formalen Aspekten438, deren Definition dazu dient, den formalen Ausnahmecharakter einer Norm zu bestimmen, wird in rechtstheoretischen Arbeiten, zurückgehend auf Heck439, auch als „äußeres“ System440 bezeichnet.441 Darunter wird regelmäßig eine Systematisierung des Rechts nach den „Ordnungsbegriffen des Geset­ zes“442 verstanden, die einer „möglichst klaren und übersichtlichen Dar­ stellung und Gliederung des Stoffes“443 dient und der daher ein formales Verständnis des Gesetzes zugrunde liegt. Das äußere System wird dem­ nach vor allem von der Aufteilung einer Rechtsmaterie wie dem Steuer­ recht in verschiedene Gesetze444 und innerhalb dieser vom Gesetzes445und Normenaufbau, also der gesetzgeberisch gewählten Regelungstechnik, bestimmt. Im deutschen Steuerrecht ist hier zunächst an die Aufteilung in verschiedene Gesetze wie das EStG, das KStG, das GewStG und das UStG zu denken. Innerhalb dieser Gesetze und ihrer Einzelnormen exis­ tieren Generalklauseln, Rechtsgrund- und Rechtsfolgenverweise sowie Steuer“befreiungen“, durch die Sachverhalte ausdrücklich vom Tatbe­ stand ausgenommen oder erst gar nicht davon erfasst sind.446

438 Hier stimmt die unionsrechtliche Definition mit der nationalen Definition über­ ein, da jeweils keine Besonderheiten bei der Beurteilung der formalen Aspekte be­ stehen. 439 Heck, Das Problem der Rechtsgewinnung: Gesetzesauslegung und Interessen­ jurisprudenz. Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 188 f. 440 Auch die Bezeichnung als „formales“ System findet sich in der Literatur, so z.B. bei Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 61. 441 Vgl. dazu z.B. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 19; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 18 ff.; Tipke, Die Steuer­ rechtsordnung, Band 1, 61 ff., und Tipke, in: Festschrift für Joachim Lang, 21, 28 m.w.N. Siehe auch Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 148. 442 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 19; Heck, Das Pro­ blem der Rechtsgewinnung: Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz. Be­ griffsbildung und Interessenjurisprudenz, 188. 443 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 19. 444 Vgl. die Beispiele bei Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 62 f. 445 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 65. 446 Dem entsprechen im Einkommensteuerrecht die Bezeichnungen „steuerfrei“ oder „nicht steuerbar“.

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(2) „Inneres“ System Um die „Regelbesteuerung“ in materieller Hinsicht zu definieren, sind diverse Herangehensweisen denkbar. Zum einen ist es möglich, darauf abzustellen, wie die überwiegende Mehrzahl an Unternehmen steuerlich behandelt wird und eben diese Behandlung als Regelbesteuerung einzu­ ordnen. Dies ist jedoch abzulehnen447, da die zahlenmäßige oder prozen­ tuale Erfassung von Unternehmen durch bestimmte steuerliche Maß­ nahmen nicht Ausdruck einer gesetzgeberischen Grundentscheidung ist, sondern von vielen Faktoren wie u.a. auch dem Verhalten der Steuer­ pflichtigen abhängt. Gerade im Merkmal der Regelbesteuerung sollen aber die legislatorischen Grundentscheidungen zum Tragen kommen.448 Zum anderen kann in Betracht gezogen werden, auf die Steuerlast in Form der tatsächlich gezahlten Steuer oder eines Durchschnittsteuersat­ zes449 abzustellen. Gegen die erste Möglichkeit spricht jedoch, dass wohl kein Mitgliedstaat in der Europäischen Union eine Kopfsteuer450 auf Un­ ternehmen erhebt, sondern sich in der Regel die Steuerlast als Ergebnis einer Multiplikation von Bemessungsgrundlage und Steuersatz darstellt. Die erste Option würde damit die Eigenheiten der Besteuerungssysteme der Mitgliedstaaten grob verkennen.451 Der zweite, auf den Durchschnitt­ steuersatz abstellende Ansatz würde diesem Umstand zwar Rechnung tragen, aber dennoch zwei wesentliche Aspekte ausblenden: Zum ei­ nen, dass Steuersysteme in der Regel so konzipiert sind, dass auch Durchschnittsteuersätze je nach Leistungsfähigkeit der Unternehmen ­ variieren452, und zum anderen, dass steuerliche Beihilfen in der Regel Ein­ 447 So auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 82 f., und Zitzelsberger, StuW 1985, 197, 199, für die Definition von Steuervergünstigungen im nationalen Steu­ errecht. Für das Beihilferecht Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahr­ buch 2012, 301, 317; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristenta­ ges, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 25; Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristenta­ ges, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steu­ errecht, 21, 32; Lang, IStR 2015, 369, 370 im Hinblick auf die Selektivitätsprü­ fung;. Möglicherweise davon abweichend EuGH, Urteil vom 18.07.2013, C-6/12, P Oy, ECLI:EU:C:2013:525, Rz. 20, der zusätzlich zum Inhalt einer Norm auf deren „Tragweite […], gestützt auf die Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis und auf Informationen über den Umfang des persönlichen Anwendungsbereichs“ abstellt, ohne dies näher zu begründen. Dazu Ismer/Karch, IStR 2014, 130, Rz. 135; Hackemann/Sydow, IStR 2013, 786, 788 f. 448 Siehe oben B.II.2.a)bb). 449 Dazu Jachmann, StuW 1996, 97, 105. 450 Dazu Schön, StuW 2004, 62, 64. 451 Vgl. dazu Weinelt, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, 16 f. 452 Dies setzt die grundsätzliche Anerkennung des Leistungsfähigkeitsprinzips auch in der Unternehmensbesteuerung voraus. Diese bejahend Tipke, in: Festschrift für Joachim Lang, 21, 41 m.w.N. Zu einem „europäischen Leistungsfähigkeitsprin­ zip“ siehe z.B. die Darstellung bei Bardini, Intertax 2010, 2. Kritisch zum Abstel­

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zelmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen sind, die mit dieser Herange­ hensweise nicht identifiziert werden können, weil ausschließlich auf das aus verschiedenen Komponenten resultierende Ergebnis abgestellt wird. Die überzeugendste Herangehensweise zur Bestimmung der Regelbe­ steuerung erscheint ihre Definition über die Systematik des Steuerrechts und seiner Prinzipien453, zu denen dann einzelne beihilfeverdächtige Maßnahmen in Bezug gesetzt werden.454 Ein Abstellen auf die Gesamt­ steuerlast ist in diesem Ansatz nicht möglich, weil sie nicht auf eine einzelne Systemgrundentscheidung zurückgeführt werden kann. Für ­diese Herangehensweise spricht, dass Systematik und Prinzipien vom Gesetzgeber gewählt und ausgestaltet sind und deshalb die mitglied­ staatliche Steuersouveränität im Beihilferecht ausreichend zum Tragen bringen. Ferner wird dieser Ansatz der Komplexität der steuerlichen Be­ handlung von Unternehmen gerecht, die wie erläutert nicht auf eine len auf den Belastungseffekt zur Identifikation von Steuerbegünstigungen auf ­nationaler Ebene auch Ruppe, Die Ausnahmebestimmungen des Einkommensteu­ ergesetzes, 5 f., unter Hinweis auf die Konzeption der Einkommensteuer als syn­ thetische Steuer, die den Einkommensbegriff als Nettogröße definiert. Für das Bei­ hilferecht Nicolaides, World Competition 2001, 319, 328 f. 453 So auch Schön, in: Koenig/Roth/Schön, Aktuelle Fragen des EG-Beihilfenrechts, Beiheft ZHR, 106, 119; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 62 f.; Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leis­ tung, 45 f., vgl. auch Fn. 148; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigun­ gen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 39; Ehrmann, DStR 2011, 5, 7; Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 676, 682; Breuninger/Ernst, GmbHR 2010, 561, 565; Seer, DStR-Beih. 2014, 117, 131 ff., im Hinblick auf die deutsche Sanie­ rungsklausel in § 8 c Abs. 1 a KStG; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 66, im Hinblick auf die Untersuchung gleichmäßiger Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Ein ähnliches Vorgehen schlägt auch Vogel, StuW 1977, 97, 102 ff., vor, der neben den gesetzlichen Wer­ tungen auf den allgemeinen Konsens und den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck abstellt, diesen Kriterien jedoch nur begrenzten Wert zuerkennt und aus diesem Grund zur Abgrenzung von Regel und Ausnahme vor allem die Funktion des Ge­ setzes heranzieht. Ähnlich Bayer, StuW 1972, 149, 150 f. Ebenfalls auf die grund­ legenden gesetzlichen Wertungen stellen Ruppe, Die Ausnahmebestimmungen des Einkommensteuergesetzes, 7 f., Lang, Systematisierung der Steuervergünsti­ gungen, 73, und Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 148 f., ab. A.A. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersa­ chen, 108 f., der lediglich eine „innere Stimmigkeit“ des vom Gesetzgeber einge­ führten Systems verlangen will und der davon ausgeht, dass die Logik des Systems nicht auf bestimmte Grundprinzipien zurückzuführen sei. Eine solche Rückfüh­ rung sei auch ohne argumentativen Wert, da die Reichweite und die Interdepen­ denz von Grundprinzipien im Steuerrecht unklar sei, vgl. S. 107. Ismer/Karch, IStR 2014, 130, bezeichnen das Abstellen auf Systematik und Prinzipien als „glo­ bal-deduktive Methode“, sprechen sich aber in ihrem Beitrag für eine „kleinräu­ mig-induktive“ Bestimmung der Regelbesteuerung aus, vgl. insbesondere S. 134 f. 454 Sog. „inneres“ System. Auch die Bezeichnung als „inhaltliches“ oder „materia­ les“ System findet sich in der Literatur, so z.B. bei Tipke, Die Steuerrechtsord­ nung, Band 1, 67.

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Kennzahl reduziert werden kann, indem er sich nicht abstrakt auf die Steuerlast, also die Folge der Anwendung diverser steuerlicher Maßnah­ men, sondern konkret auf einzelne Maßnahmen und ihre Rückführbar­ keit auf das System und seine Grundentscheidungen bezieht. Folge dieser Fokussierung auf legislatorische Einzelmaßnahmen und Einzelentscheidungen ist, dass selbst in solchen Fällen eine begünstigen­ de Ausnahme und damit ein Beihilfeverdacht bestehen kann, in denen Unternehmen effektiv die gleiche Steuerlast tragen und in denen deshalb eine Beihilfeproblematik auf den ersten Blick gar nicht erkennbar ist. Dies folgt aus dem Umstand, dass die am System orientierte Heran­ gehensweise das Zusammenspiel von Bemessungsgrundlage und Tarif nicht in seine Betrachtung einschließt, weil es die betreffende Einzel­ maßnahme, die entweder auf Ebene der Bemessungsgrundlage oder des Tarifs greift, nur punktuell untersucht. Dies steht jedoch mit der Kon­ zeption vieler Steuersysteme in Einklang, nicht auf die absolute, also zahlenmäßige Gleichbelastung von Steuerpflichtigen ausgelegt zu sein, sondern auf eine relative, sich auf bestimmte Kriterien wie die Leis­ tungsfähigkeit beziehende gleiche Belastung. Aus diesem Grund ist es auch gerechtfertigt, Fälle von in der Höhe gleicher Belastung der Beihil­ feprüfung zu unterziehen. Ist nun die Regelbesteuerung über die Systematik des Steuerrechts und dessen Prinzipien zu definieren, so stellt sich unmittelbar die Frage, wie diese abstrakten Termini im Rahmen der beihilferechtlichen Begünsti­ gungsprüfung zu verstehen sind. Ihre Definition kann jeweils nur auf nationaler Ebene Geltung beanspruchen.455 In der vorgelegten Arbeit soll kein neues Verständnis des System- oder Prinzipienbegriffs entwickelt, sondern auf bereits bestehende allgemeine und steuerrechtliche rechts­ theoretische Konzepte zurückgegriffen werden.456 Dabei wird im Wesent­ lichen dem Systemverständnis von Canaris457 und Tipke458 gefolgt, das Lang in seiner Untersuchung „Systematisierung der Steuervergünstigun­ gen“459 folgendermaßen zusammenfasst:

455 Vgl. B.V.3.a)aa). 456 Da es Ziel dieser Arbeit ist, rechtsformspezifische Differenzierungen im deut­ schen Ertragsteuerrecht zu untersuchen, beschränkt sie sich auch im Hinblick auf den System- und Prinzipienbegriff auf dessen Verständnis in der deutschsprachi­ gen Literatur. 457 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 11 ff. 458 Tipke, StuW 1971, 2; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 67 ff. 459 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen. Zur Kritik am Systemgedan­ ken Prokisch, in: Festschrift für Klaus Vogel, 293, 296. Vgl auch Larenz, Metho­ denlehre der Rechtswissenschaft, 165 ff. Zu den Begriffen des Systems und der Systemgerechtigkeit ferner Peine, Systemgerechtigkeit, 21 ff.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

„Das innere System, so wie es von Tipke in die Steuerrechtswissen­ schaft eingeführt wurde und der Systematisierungsaufgabe dieser Ar­ beit zugrunde gelegt wird, ist, wie bereits erwähnt, von Canaris ent­ wickelt worden. Es stellt sich wie folgt dar: Das innere System wird charakterisiert durch die Merkmale der Ordnung und Einheit. Bei Canaris bedeutet dies, daß die Ordnung des Rechts nicht in eine Vielzahl unzusammenhängender Einzelwertun­ gen zerfällt, sondern sich auf verhältnismäßig wenige allgemeine Kri­ terien zurückführen lässt. Die so entstehende Einheit des Rechts wird verwirklicht durch die folgerichtige Konkretisierung einiger we­ niger Prinzipien (Primär- oder Grundwertungen, Grundprinzipien, Sachgesetzlichkeiten im Sinne der Terminologie des BVerfG). Die Einheit und damit also die Folgerichtigkeit des Rechts sind Emana­ tionen und Postulate der Rechtsidee, die eng mit dem Gleichheitssatz verknüpft ist. Die Einheit wird gestört, wenn Einzelwertungen oder Sekundärprinzipien der höheren Primär- oder Grundwertung wider­ sprechen. Ein besonderer Störfaktor ist die der Rechtsidee ebenfalls immanente individualisierende Tendenz der Gerechtigkeit, die dem auf der generalisierenden Tendenz beruhenden Systemgedanken ent­ gegenwirkt. Nach alledem ist das innere System eine teleologische Ordnung allgemeiner Rechtsprinzipien.“ 460 Diese Ordnung ist nicht von außen, sondern aus dem „Rechtsstoff selbst“ 461 zu entwickeln, wobei es allein darum geht, „einmal getroffene Wertungen“462 und ihre konsequente Umsetzung463 herauszuarbeiten464 und nicht zu bewerten, ob die zur Anwendung kommenden Prinzipien und ihre Ausgestaltung sachgerecht sind.465 Gerade dieser Ansatz muss auch bei der Auslegung des Beihilfeverbots gelten, denn Sachgerechtig­ 460 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 20 f.; im Zitat wurde auf die Übernahme der Fußnoten verzichtet. 461 Kischel, AöR 1999 (124), 175, 176 m.w.N.; Canaris, Systemdenken und Systembe­ griff in der Jurisprudenz, 13. 462 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 16. 463 Auch Kischel, AöR 1999 (124), 175, 179 m.w.N., versteht die Frage der Systembin­ dung als Frage nach der Folgerichtigkeit und einem Konsequenzgebot. 464 Kritisch im Hinblick auf die Möglichkeit der hinreichend zuverlässigen Ermitt­ lung dieser Prinzipien in allen Fällen: Vogel, StuW 1977, 97, 104, 106. 465 So betont Kischel, AöR 1999 (124), 175, 195, dass eine Systemgrundentscheidung nicht zwingend eine sachgerechte Entscheidung sei. Nicht nur die Grundentschei­ dung selbst, sondern auch die Folgerichtigkeit sei nicht die „materiale ,Richtig­ keit‘, sondern allein [...] die formale ,Folgerichtigkeit‘“ einer Wertung, vgl. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 45, wobei Canaris darauf hinweist, dass „formal“ hier nicht i.S.v. „formal-logisch“ zu verstehen sei, sondern im Sinne einer konsequenten Umsetzung einer primären Wertentschei­ dung. Kirchhof, StuW 1984, 297, 301, unterscheidet zwischen Sachgerechtigkeit, Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit.

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keitserwägungen sollten nach der norminternen Systematik nicht auf Ebene der Definition einer Beihilfe, sondern erst im Rahmen der in Art. 107 Abs. 3 AEUV vorgesehenen Vereinbarkeitsprüfung Platz finden. Bei Zugrundelegung dieses Systemverständnisses stellt sich die Frage, welche die systembestimmenden Prinzipien im nationalen Recht sind, was im Einzelnen unter ihrer folgerichtigen Umsetzung zu verstehen ist und ob dabei jeweils beihilferechtliche Besonderheiten466 zu beachten sind. Die Definition der systembestimmenden Prinzipien kann nicht auf ge­ setzgeberische Einzelentscheidungen abstellen467, sondern muss sich auf die „Elemente […], die die inneren Zusammenhänge in der Fülle der Ein­ zelwertungen deutlich machen“468, konzentrieren. Dabei muss es darauf ankommen, „welche Rechtsgedanken für die innere Sinneinheit des ge­ rade in Frage stehenden Teilgebietes als konstitutiv anzusehen sind, so daß dessen Ordnung durch eine Änderung eines dieser Prinzipien in ihrem „Wesensgehalt“ verändert würde.“469 Dies setzt auch voraus, dass die möglicherweise als Prinzip einzuordnende gesetzgeberische470 Wer­ tung tatsächlich ausreichend im betreffenden Rechtsgebiet Niederschlag gefunden hat und nicht nur „Idee“ geblieben ist.471 Abgesehen von einer solch allgemeinen Definition ist es zwar möglich, die Prinzipien in Kate­ gorien einzuteilen und Beispiele zu nennen, jedoch nicht, sie abschlie­ ßend aufzuzählen.472 Beispielhaft können im deutschen Ertragsteuerrecht das Leistungsfähigkeitsprinzip473, das Prinzip der Individualbesteuerung, das objektive Nettoprinzip, das Veranlassungsprinzip und das Zu- und Abflussprinzip genannt werden.474 Im Grundsatz muss das Beihilferecht 466 Dazu B.V.3.a)aa). 467 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 127. 468 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 46. 469 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 48. Weber-Grellet, StuW 1993, 97, 97 f., definiert Prinzipien als „übergreifende positiv-rechtliche Leitlinien, die den Wesensgehalt mehrerer Normen zusammenfassen“; vgl. auch Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 155 f. 470 Die Grundwertungen werden nach dem Verständnis dieser Arbeit aus dem Gesetz selbst abgeleitet und nicht als präpositiv verstanden, vgl. dazu Ruppe, Die Aus­ nahmebestimmungen des Einkommensteuergesetzes, 7 f. 471 Ähnlich Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 53, im Hinblick auf das Leistungsfähig­ keitsprinzip, und Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 107. 472 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 47 f. Hinzu kommt, dass „Untersysteme“ mit eigenständigen allgemeinen Prinzipien existie­ ren können, vgl. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 48, und B.V.3.a)ee). 473 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 69 m.w.N. 474 Diese Beispiele stammen aus Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 70, wo auch weitere Prinzipien aufgezählt sind.

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die durch den nationalen Gesetzgeber in Ausübung seiner Gesetzge­ bungskompetenz festgelegten475 systemprägenden Prinzipien anerken­ nen. Insofern deckt sich der Kreis der beihilferechtlich anzuerkennenden Prinzipien mit den systembestimmenden Prinzipien des nationalen Rechts. Abweichungen davon, beispielsweise eine Unterscheidung zwi­ schen beihilferechtlich zulässigen und unzulässigen Prinzipien, um ei­ nen zu weiten Eingriff in die mitgliedstaatliche Steuersouveränität zu vermeiden, sind grundsätzlich nicht zulässig. Ausnahmen können jedoch in dreierlei Hinsicht bestehen: Zum einen ist im Rahmen des hier verwendeten nationalen Systembegriffs nicht ab­ schließend geklärt, ob lediglich die „Primärwertungen“ eines Systems oder auch deren „Sekundärableitungen“, also Unterprinzipien, die die Grundprinzipien konkretisieren und sie dadurch verwirklichen476, zu den systemprägenden Prinzipien zu zählen sind.477 Im Beihilferecht hingegen sollte von einem weiten Prinzipienbegriff ausgegangen werden, der so­ wohl die Grund- als auch deren Unterprinzipien umfasst.478 Einerseits spricht dafür der Sinn und Zweck des Beihilfeverbots. Das Ziel, punktu­ elle wettbewerbsverfälschende Begünstigungen zu verhindern, wird auch mit einem weiten Prinzipienbegriff erreicht. Nicht nur Maßnahmen, die sich aus einem Fundamentalprinzip ableiten lassen, sondern auch sol­ che, die „lediglich“ einem Unterprinzip entsprechen, werden – eine aus­ 475 Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Prinzip als Begriff im Gesetz ausdrücklich festgelegt ist, dies wird sogar überwiegend nicht der Fall sein. Die Prinzipien sind vielmehr die dahinter liegenden Wertungen, so Canaris, Systemdenken und Sys­ tembegriff in der Jurisprudenz, 50. 476 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 53; ein zivilrecht­ liches Beispiel findet sich auf S. 57. Zum Teil wird der Begriff des Prinzips dabei nur für die Primärwertung verwendet, vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 69; Lang, StuW 2013, 53, 56 Fn. 38. Zur Terminologie vgl. auch Tipke, in: Fest­ schrift für Joachim Lang, 21, 29; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfas­ sungsstaat, 156 f. 477 So z.B. im Hinblick auf das objektive Nettoprinzip und dessen Sekundärableitun­ gen Bowitz, Das objektive Nettoprinzip als Rechtfertigungsmaßstab im Einkom­ mensteuerrecht (im Erscheinen), 104; wohl auch Lang, Systematisierung der Steu­ ervergünstigungen, 122, siehe aber auch 20 f.; Kirchhof, StuW 1984, 297, 302, zählt das objektive Nettoprinzip nicht zu den systemprägenden Grundentschei­ dungen; anders zu verstehen wohl Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 47 f. Siehe nur für verschiedene Ansichten hinsichtlich der Grundprinzipien des deutschen Steuerrechts Rode, Steuervergünstigungen, Bei­ hilfen und Steuerwettbewerb, 128 ff. 478 Wohl ähnlich Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuer­ recht, 21, 33. Einige Autoren fordern aber, dass nur „Grund- und Leitprinzipien“, so Götz, in: Festschrift für Klaus Vogel, 579, 588, oder „wesentlichste Grundprin­ zipien“, so Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 64, oder sich zwingend aus der Besteuerungslogik ergebende Regelun­ gen, so Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 239, aner­ kannt werden.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

reichend kritische Würdigung der Prinzipieneigenschaft als solcher ­vorausgesetzt – noch als Regelbesteuerung gelten können: Auch Unter­ prinzipien sind Ausdruck gesetzgeberischer „grundlegende[r] Belastungs­ entscheidungen“479, weil sie diese konkretisieren und verwirklichen und schon deshalb keinen Ausnahmecharakter aufweisen.480 Ferner wird zur Definition der Grund- bzw. Fundamentalprinzipien oft auf das Verfas­ sungsrecht rekurriert481, so z.B. bei der Herleitung des Leistungsfähig­ keitsprinzips aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die beihilferechtlich relevanten Prin­ zipien mit denen unmittelbar aus dem Verfassungsrecht hergeleiteten gleichzusetzen, erscheint jedoch zu eng.482 Hier ist die Wirkungsweise des Beihilfeverbots im Vergleich zum Verfassungsrecht in den Blick zu nehmen: Während als Prinzipien von Verfassungsrang aufgrund der Stel­ lung des Verfassungsrechts in der Normenhierarchie und des weitgehen­ den Fehlens konkreter verfassungsrechtlicher Vorgaben steuerrechtli­ cher Natur nur sehr wenige steuerrechtliche Prinzipien gelten können, muss es für Zwecke des Beihilferechts darauf ankommen, konkrete Prin­ zipien herauszuarbeiten. Die Definition der Regelbesteuerung muss sich nach diesen konkreten, vom Gesetzgeber gewählten (Unter-)Prinzipien richten und nicht nur nach den sehr allgemein verfassten verfassungs­ rechtlichen Prinzipien483, weil es gerade auf das Regelsteuersystem und 479 Schön, in: Koenig/Roth/Schön, Aktuelle Fragen des EG-Beihilfenrechts, Beiheft ZHR, 106, 111; ähnlich Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 107. 480 So ist z.B. das Leistungsfähigkeitsprinzip in vielen Mitgliedstaaten anerkannt, wird aber in den verschiedenen nationalen Steuersystemen in unterschiedlicher Weise durch Unterprinzipien konkretisiert, vgl. Tipke, in: Festschrift für Joachim Lang, 21, 33. Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 101 ff., ordnet beispielsweise das objektive und subjektive Nettoprin­ zip als Subprinzipien des Leistungsfähigkeitsprinzips ein. – Grundlegend zu dieser Thematik Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 70: „Die Besonder­ heit des Steuerrechts liegt aber darin, daß die kraft des Steuerfindungsrechts zu schaffende Steuerart erst auf der Ebene der konkreten Tatbestandsgestaltung, der normativen Beschreibung der einzelnen Tatbestandselemente begründet wird, mithin im Gegensatz zu einem prinzipiell gefügten Rechtssystem wie dem Bür­ gerlichen Recht die systemgestaltenden Primärwertungen erst im Stadium der Normation entwickelt werden. Jene Normativierung hat in zweifacher Hinsicht zu erfolgen: a) Der Gesetzgeber hat zu entscheiden, welche Besteuerungsgrundsät­ ze überhaupt zum Zuge kommen sollen, b) dann, mit welchem Inhalt und Um­ fang den eingreifenden Besteuerungsprinzipien entsprochen werden soll.“ Auch und gerade die Bestimmung des Inhalts muss deshalb bei der beihilferechtlichen Analyse des Steuerrechts zur Regelbesteuerung gezählt werden. 481 Drüen, DStR 2011, 289, 292; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 118 ff.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Frei­ heit, 23; Prokisch, in: Festschrift für Klaus Vogel, 293, 302. 482 Dies wird hier lediglich klarstellend erörtert; eine solche Einengung wird – soweit bekannt – nicht vertreten. 483 Vgl. z.B. zur Tatsache, dass das Leistungsfähigkeitsprinzip nicht zwingend zu ein­ deutigen Lösungen, also konkreten Vorgaben für die Regelbesteuerung, führt Rup-

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

nicht das allgemeine Rechtssystem in einem Mitgliedstaat ankommt. Das Beihilferecht erkennt also aufgrund der unionsrechtlichen Kompe­ tenzverteilung nicht nur Entscheidungen des Verfassungsgebers, sondern auch grundlegende Entscheidungen des Steuergesetzgebers an484, die sich sowohl in Grund- als auch in Unterprinzipien manifestieren. Eine weitere Ausnahme von der beihilferechtlichen Bezugnahme auf die systembestimmenden Prinzipien des nationalen Rechts muss zum ande­ ren für einen Sonderfall angenommen werden. Sollte der nationale Ge­ setzgeber qua ausdrücklicher Definition eine Entscheidung zur system­ bestimmenden erheben, die selbst offensichtlich in der Begünstigung einer bestimmten Gruppe besteht (etwa „Alle Unternehmen, deren Fir­ ma mit dem Anfangsbuchstaben A beginnt, sind von jeglicher Steuer be­ freit.“)485, kann diese Entscheidung, auch wenn der Gesetzgeber sie als „Prinzip“ bezeichnet, jedenfalls im Beihilferecht nicht als solches aner­ kannt werden.486 Eine Anerkennung würde den Sinn und Zweck des Bei­ hilfeverbots ad absurdum führen.487 pe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgaben­ recht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 65. 484 Hinsichtlich dieser Grundentscheidung hat der Gesetzgeber auch im nationalen Recht die „Definitionshoheit über die das Steuerrecht tragenden Grundprinzipien und die Auswahl der maßgeblichen Steuergegenstände“, vgl. statt aller Mellinghoff, Ubg 2012, 369, 371; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 71; Beispiele verschiedener Prinzipien in der neueren Literatur finden sich bei Schnitger, IStR 2017. 421, 426. 485 Dazu können wohl auch bestimmte Lenkungssteuern gezählt werden. 486 So bereits Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-024; Schön, EuR 2001, 341, 358: „Das Beihilfenverbot verlangt daher im Bereich des Steuer­ rechts nicht eine Gleichschaltung der nationalen Steuersysteme, sondern eine Systemkonsequenz des nationalen Gesetzgebers, die nicht zugunsten spezifischer Förderzwecke Ausnahmen zulassen kann.“ und Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 102: „Wenn […] die Natur und der innere Aufbau eines Steuersystems geradezu darauf hinauslaufen, dass bestimmte Unternehmen oder Wirtschaftszweige gegenüber anderen begüns­ tigt werden“, soll eine Rechtfertigung durch Systemimmanenz nicht zulässig sein. Ähnlich Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 29; Generalanwalt Ruiz-Jarabo, Schlussanträge vom 17.09.1998, C-6/97, Italien/ Kommission, Slg. 1999, I-02981, Rz. 27; so auch Engelen/Gunn, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 137, 143 f. Zur Unterscheidung des Privilegierungszwecks von Gestaltungszwecken Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leis­ tung, 25. Dies unterscheidet das Beihilferecht vom Verfassungsrecht, da im Rah­ men von Art. 3 Abs. 1 GG Begünstigungen gerade aufgrund von Lenkungszwe­ cken, wozu auch die Förderung aus Gemeinwohlgründen zählt, gerechtfertigt sein können, dazu z.B. Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 746. Letztlich stellt dieses Kriterium eine Art Missbrauchskontrolle dar. 487 Dieses Vorgehen widerspricht auch nicht dem wirkungsorientierten Ansatz im hier verstandenen Sinn, dazu B.IV.1.a)cc).

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

Nach diesen Erwägungen können im Beihilferecht neben den oben be­ reits aufgeführten Grundprinzipien wie beispielsweise dem Leistungsfä­ higkeitsprinzip488 auch technische Prinzipien wie das Praktikabilitäts­ prinzip489, bei umweltbezogenen Steuern das Verursacherprinzip und das Prinzip der Ressourcenschonung490, das Universalitätsprinzip491, das Net­ toprinzip und das Periodizitätsprinzip.492 Ferner kommen auch gesetzge­ berische Entscheidungen zur Progression493, Neutralität und Propor­ tionalität der Besteuerung als Prinzipien in Betracht.494 Diejenigen 488 Schön, CMLR 1999, 911, 926; Lang, StuW 2013, 53, 57; Kube, Columbia Journal of European Law 2003, 79, 96; Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 202 f.; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 29, 39 f.; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Ab­ gaben, Rz. 211, sieht bei dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechenden Maß­ nahmen den „starke[n] Verdacht einer Systemwidrigkeit“ begründet, vgl. dazu ausführlich Rz. 228 f. Siehe auch Drüen, StuW 1997, 261, 268, der jedoch analy­ siert, dass auch dieses Prinzip ein „Grundproblem des Prinzipiendenkens“ nicht vermeiden könne: „Je weniger das geltende Recht dem Fundamentalprinzip ent­ spricht, desto schneller gerät die Deduktion aus diesem Fundamentalprinzip in den Bereich de lege ferenda.“ Vgl. auch Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 753 f., und Mellinghoff, Ubg 2012, 369, 370, zum nationalen Recht sowie Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 8, zur Identifi­ zierung von „tax subsidies“ für Zwecke des deutschen Verfassungsrechts. Für Zwecke des Beihilferechts analysiert Kube jedoch, dass es in der Entscheidungs­ praxis mehr auf ökonomische Aspekte denn auf das Leistungsfähigkeitsprinzip ankomme, vgl. S. 28. Zum „economic approach“ der Kommission allgemein vgl. u.a. Slot, Recent Developments in EC State Aid Law, 10 ff. Zur historischen Ent­ wicklung des Prinzips der Leistungsfähigkeit Kube, National tax law and the transnational control of state aids, 3 f. 489 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 119; Tipke, Die Steuerrechts­ ordnung, Band 1, 72. Darunter können auch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen fallen, dazu Heuermann, FR 2012, 435, 436 f.; Ault, StuW 1974, 335, 336 f.; Gottwald, FR 1988, 239, 240. Vgl. zu „Vereinfachungsrege­ lungen“ auch Vogel, StuW 1977, 97, 107; Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 22; Kirchhof, StuW 1984, 297, 306 f., und Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 80: „Ver­ einfachungszwecknormen sind gerechtfertigt, wenn sie im „Massenbetrieb“ der Besteuerung im Ergebnis mehr faktische Belastungsgleichheit schaffen, als sich in Anbetracht der begrenzten Aufklärungsmöglichkeiten ohne sie einstellen würde“. 490 Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 228; ähnlich Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/Oxelheim, National tax policy in Europe, 121, 126. 491 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 73. 492 Zu diesen drei Prinzipien Tipke, StuW 1971, 2, 7, 16, wobei das Periodizitätsprin­ zip nicht als Wertungsprinzip, sondern als technisches Prinzip einzuordnen sei. Zum Nettoprinzip auch Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 35. 493 Schön, CMLR 1999, 911, 929; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 158; Vesterdorf/Nielsen/Harris, State aid law of the European Union, Rz. 3. 494 Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 245. Für weitere Beispiele vgl. z.B. Schaden, Die Steuervergünstigung als staatliche Leistung, 46 f.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Prinzipien, die im Hinblick auf Vorgaben des Beihilferechts für die Rechtsformneutralität des deutschen Unternehmenssteuerrechts Rele­ vanz entfalten, werden im nächsten Kapitel erläutert.495 Abgesehen davon, dass eine beihilfeverdächtige Maßnahme unmittelbar einem Prinzip des nationalen Steuersystems entsprechen kann, ist sie ebenso systemimmanent, wenn sie aus der folgerichtigen Umsetzung ei­ nes der systemprägenden Prinzipien resultiert, weil auch diese als Teil des Systems verstanden wird.496 Denn „Aufgabe des teleologischen Den­ kens ist […] allein, eine einmal gesetzte (primäre) Wertung in allen ihren Konsequenzen zu Ende zu denken, sie auf vergleichbare Fälle zu übertra­ gen, Widersprüche bei der Setzung neuer Werte zu verhüten.“497 Die der­ art verstandene Konsequenz- oder Folgerichtigkeitsprüfung, deren Postu­ lat sich im nationalen Recht unmittelbar aus Art. 3 Abs. 1 GG ableiten lässt498, „verlangt aber, daß der eine genauso behandelt werden muß wie der andere, wenn beide sich in den gleichen relevanten Verhältnissen befinden.“499 Maßstab dieser Vergleichbarkeitsprüfung muss die entspre­ chende gesetzgeberische Grundentscheidung sein500, also das als system­ prägend definierte Prinzip, da nach dem Systemgedanken gerade dieses folgerichtig umgesetzt werden soll. Dieser Ansatz gilt im Grundsatz auf­ grund der Bezugnahme auf das jeweilige mitgliedstaatliche Systemver­ ständnis auch im Beihilferecht. Jedoch muss auch hier eine Ausnahme gemacht werden. Verstöße gegen das Folgerichtigkeitsgebot können im Rahmen des nationalen Gleich­ heitssatzes gerechtfertigt sein, wenn ein sachlicher Grund für seine Durchbrechung besteht.501 Diese Rechtfertigungsmöglichkeit kommt vor allem bei Lenkungssteuern zur Anwendung, zu denen insbesondere 495 Siehe C.IV.2bis C.VII. 496 Die Regel-Ausnahme-Prüfung im Beihilferecht ebenso als Folgerichtigkeitsprü­ fung verstehend: Schön, EuR 2001, 341, 357 f.; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 82; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 118 ff.; wohl auch Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 299; a.A. Lang, ÖStZ 2011, 593, 600. 497 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 45 f. 498 Nach Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 16, ist der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz an den Systemgedanken im Sinne einer folgerichtigen Umsetzung von Primärwertungen gebunden, genauso Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 327; Tipke, StuW 1971, 2, 5 f. 499 Z.B. BVerfG, Urteil vom 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 230; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 327. Eine Unterscheidung zwischen Un­ gleichbehandlung und Systembruch trifft aber Kischel, AöR 1999 (124), 175, 183, 194 f., der zwischen dem System als Bezugsrahmen und dem tertium comparationis in der Vergleichbarkeitsprüfung unterscheiden möchte. 500 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 327; Tipke, StuW 1971, 2, 6 f. 501 Z.B. BVerfG, Urteil vom 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, 231; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3, Rz. 128 ff.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

Steuervergünstigungen zu zählen sind.502 Behöbe diese Rechtfertigung auch für Zwecke des Beihilfeverbots den Systemverstoß und damit das Vorliegen einer Begünstigung, wäre die Definition der Regelbesteuerung mittels Bezugnahme auf den nationalen Systembegriff für das Beihilfe­ verbot wertlos. Aus diesem Grund ist für die Definition der Regelbesteu­ erung im Rahmen des Art. 107 Abs. 1 AEUV davon auszugehen, dass es sich auch bei Bestehen einer solchen Rechtfertigung um eine Ausnahme vom System handelt.503 cc) Formale Ausnahme – Ausnahme vom „äußeren“ System (1) Ermittlung des formalen Ausnahmecharakters Die Ermittlung eines formalen Regel-Ausnahme-Verhältnisses erfolgt in zwei Schritten. Zunächst ist festzustellen, ob die beihilfeverdächtige Norm Teil eines äußeren Systems, also eines formalen Bezugsrahmens504 ist. In einem zweiten Schritt ist danach zu fragen, ob sie von diesem Be­ zugsrahmen abweicht. Abzustellen ist dabei in erster Linie auf die nor­ mativen Strukturen505 wie die verwendete Regelungstechnik. Es muss darauf ankommen, ob im Vergleich „zu einer allgemein formulierten Regelung für einen engeren Kreis von Sachverhalten Abweichendes be­ stimmt“506 wird. Ob dies im Einzelfall zutrifft, muss für jede fragliche Maßnahme eigens beurteilt werden, allgemeine Aussagen lassen sich hier kaum treffen. Als mögliche Beispiele für formale Bezugsregelungen im deutschen Unternehmenssteuerrecht lassen sich das Einkommen­ steuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz oder das Gewerbesteuerge­ setz nennen. Darüber hinaus kann auch ein Bezugsrahmen auf darunter liegender Ebene gewählt werden: Hier ist an einzelne Normen oder Normkomplexe wie z.B. § 2 EStG, der die sachliche Einkommensteuer­ pflicht normiert, §§ 1 bis 4 KStG, die die persönliche Körperschaftsteuer­ pflicht regeln, § 2 GewStG, der den Steuergegenstand der Gewerbesteuer definiert, und die verschiedenen Tarifvorschriften wie beispielsweise § 23 Abs. 1 KStG zu denken. Dann kommt es für die Einordnung als for­ male Begünstigung darauf an, ob der Gesetzgeber gesetzestechnisch eine Ausnahme von dem als Regel definierten Tatbestand normiert hat. Bei­ spiele für solche aufgrund der Regelungstechnik als Ausnahme zu identi­ 502 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 337. 503 Dafür spricht auch, dass derartige Erwägungen im Beihilferecht nach der Konzep­ tion des Art. 107 AEUV in dessen Abs. 2 und 3 zum Tragen kommen sollen. 504 Auch hier gilt, dass der Bezugsrahmen nur innerstaatlich sein kann, vgl. Blumenberg, in: Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2143, und oben B.II.1.a). 505 Kischel, AöR 1999 (124), 175, 177 m.w.N. und Verweis auf Canaris, Systemden­ ken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 40 ff. 506 Vogel, StuW 1977, 97, 102; vgl. auch Larenz, Methodenlehre der Rechtswissen­ schaft, 257, 259 f.; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 74 f.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

fizierende Normen sind Steuerbefreiungen, Freibeträge und -grenzen, Sonderabschreibungen und Minderungen des Steuersatzes. Im Beispiel507 ist als formaler Bezugsrahmen, also die allgemein vom Gesetzgeber vorgesehene Regel, das KStG mit seinen Regelungen zur sachlichen Steuerpflicht auszumachen.508 Danach ist als Bemessungsgrundlage das zu versteuernde Einkommen heranzuziehen, also der gesamte durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Gewinn, § 7 Abs. 1, 2 Halbs. 1 KStG i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 5 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 EStG.509 In Abweichung von § 7 Abs. 2 Halbs. 1 KStG, der für alle Körperschaftsteuerpflichtigen gilt, definiert § 7 Abs. 2 Halbs. 2 KStG i.V.m. § 25 Abs. 1 KStG für bestimmte Genossenschaften und Vereine das zu versteuernde Einkommen als das nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG ermittelte Ein­kommen, jedoch vermindert um den Freibetrag nach § 25 Abs. 1 KStG. Diese Regelung wirkt im Vergleich zum formalen Bezugsrahmen, also der Heranziehung des gesamten nach § 8 Abs. 1 S. 1 KStG, § 5 Abs. 1 S. 1, § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Einkommens als Bemessungsgrundlage, begünstigend, da der Freibetrag in Höhe von 15.000 Euro in den ersten zehn Veranlagungszeiträumen ab der Gründung (vorausgesetzt, es besteht ein entsprechend hoher Gewinn) eine Verminderung der Bemessungsgrundlage und damit der Steuerschuld bewirkt. Im Beispielsfall handelt es sich deshalb bei § 7 Abs. 2 Halbs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 1 KStG um eine begünstigende Ausnahmeregelung vom formalen Bezugsrahmen des § 7 Abs. 2 Halbs. 1 KStG. Daraus wird nach dem hier vorgeschlagenen Ansatz510 eine Vermutungswirkung zugunsten des auch materiellen Ausnahmecharakters der Regelung geschlossen. (2) Weitere Prüfungsschritte Ist im Rahmen der Prüfung des Art. 107 Abs. 1 AEUV das Bestehen einer formalen Ausnahme festgestellt, so greift nach hier vertretener Auffas­ sung eine widerlegbare Vermutung für eine – der formalen Ausnahme entsprechende – materielle Ausnahme vom inneren System.511 Ausge­ hend von dieser Vermutung ist dann zu untersuchen, ob ihre Widerle­ gung gelingt, indem der Beweis dafür erbracht wird, dass die Norm Aus­ 507 Siehe B.V.3. 508 Die persönliche Steuerpflicht der Genossenschaften ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG. 509 Eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. § 13 a Abs. 3 bis 6 EStG ist für Genossenschaften aufgrund § 13 a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nicht möglich, da sie gem. § 238 Abs. 1 HGB, § 17 Abs. 2 GenG buchführungspflichtig sind. Deshalb bleibt es aufgrund der Einordnung als Gewerbebetrieb nach § 8 Abs. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG bei der Gewinnermittlung nach § 5 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EStG. 510 Vgl. B.V.2. 511 Vgl. B.V.2.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

druck entweder desjenigen Prinzips, von dem formal eine Ausnahme gemacht wird, oder eines anderen, möglicherweise sogar widerstreiten­ den Prinzips ist. Dazu ist ausschließlich auf materielle Gesichtspunkte und Wertungen abzustellen. Im Beispiel512 besteht diese Vermutungswirkung. Deshalb ist in einem nächsten Schritt zu untersuchen, ob der formalen Ausnahme ein materielles Prinzip des Körperschaftsteuerrechts zugrunde liegt. Ist hingegen ein formaler Ausnahmecharakter der fraglichen Norm nicht nachweisbar, so ist unmittelbar nach ihrem Ausnahmecharakter in ma­ terieller Hinsicht zu fragen. Insofern besteht im nächsten Prüfungsschritt ein Gleichlauf in der Prüfung unabhängig davon, ob eine formale Aus­ nahme vorliegt oder nicht. Der einzige Unterschied wird darin liegen, dass bei Vorliegen einer Vermutungswirkung zunächst der Ausnahme­ charakter im Hinblick auf dasjenige Prinzip, von dem formal eine Aus­ nahme besteht, geprüft wird, während bei Fehlen einer formalen Aus­ nahme auf jedes möglicherweise einschlägige Prinzip Bezug genommen werden kann. dd) Materielle Ausnahme – Ausnahme vom „inneren“ System Auch die Ermittlung des materiellen Regel-Ausnahme-Verhältnisses er­ folgt in zwei Schritten. Nach der Definition des inneren Systems, dessen Teil die fragliche Maßnahme ist, folgt in einem zweiten Schritt die Prü­ fung des Ausnahmecharakters.513 Eine Ausnahme ist dann gegeben, wenn die Maßnahme unmittelbar von einem systembestimmenden Prinzip ab­ weicht514, gar keinem systembestimmenden Prinzip zugeordnet werden kann515 oder ein solches nicht folgerichtig umsetzt.516 Dabei ist der Fall, 512 Siehe B.V.3. 513 Hier kommt es letztendlich trotz der Möglichkeit der Enumeration von Beispielen auf die konkrete legislative Ausgestaltung der jeweiligen Norm an, vgl. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 107. Bei Abgrenzungsschwierigkeiten bietet sich auch eine historische Auslegung an, so in Hinblick auf den Gleichheitssatz: Bowitz, Das objektive Nettoprinzip als Recht­ fertigungsmaßstab im Einkommensteuerrecht, 102. 514 So auch Kischel, AöR 1999 (124), 175, 177 m.w.N. und Verweis auf Canaris, Sys­ temdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 40 ff. Vgl. auch Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 750 f., zur verfassungsrechtlichen Rechtferti­ gungsbedürftigkeit von Steuersubventionen. 515 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 78. 516 Kirchhof, in: Festschrift für Peter Selmer, 745, 751 f., 766; Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 112 f. Lang, Systematisierung der Steuer­ vergünstigungen, 125, stellt darauf ab, dass „die Rechtfertigung der subventiven Steuervergünstigung keine sinnvolle Einschränkung oder Ergänzung des normati­ vierten Besteuerungsprinzips mehr bietet“, und dass „zwischen der subventiven Steuerbegünstigung und dem normativierten Besteuerungsprinzip kein funktiona­ ler Zusammenhang“ mehr besteht. – Eine Systematisierung der verschiedenen

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

dass eine Maßnahme keinem Prinzip entspricht, am klarsten abgrenzbar, wird aber selten auftreten. Häufiger, aber weitaus problematischer in der Abgrenzung sind die Fälle, in denen in Frage steht, ob eine Maßnahme gerade noch einem Prinzip oder seiner folgerichtigen Umsetzung ent­ spricht.517 Die Grenzziehung und somit die Definition des Ausnahme­ charakters ist hier erschwert, da in der Regel verschiedene konkurrieren­ de Prinzipien als Rechtfertigung einer Maßnahme in Betracht kommen. Das System besteht aus „einer Mehrzahl sich ergänzender Ordnungsprin­ zipien“518, die gleichzeitig zur Anwendung kommen und somit einen Wi­ derspruch erzeugen können.519 Besteht ein solcher, handelt es sich aber nicht zwingend um eine Ausnahme in Form eines Systembruchs.520 Dies ist nur dann der Fall, wenn die „wertungsmäßige Einheit oder Folgerich­ tigkeit der Rechtsordnung gestört“521 ist. Deshalb sind, bevor ein System­ bruch festgestellt wird, zunächst die Konstellationen abzugrenzen, in denen eine Maßnahme zwar einem systembestimmendem Prinzip zuwi­ derzulaufen scheint, gleichzeitig aber Ausdruck eines anderen system­ prägenden Prinzips und aus diesem Grund keine systemwidrige Ausnah­ me ist522: Zunächst kann es sich dabei um immanente Schranken eines Prinzips handeln, die erst den Sinngehalt des Prinzips verdeutlichen und deshalb Teil seiner Definition sind.523 Ebenso können zwei Prinzipien derart in Verbindung zueinander stehen, dass sie erst in ihrem Zusam­ menwirken relevant werden, sich aber eben daraus ergibt, dass die Vor­

Ausnahmetypen soll hier nicht vorgenommen werden. Dazu z.B. Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, 151 ff., der die Steuervergünstigungen nach Regelungsmechanismen systematisiert, oder Pinto, European Taxation 1999, 295, 303. Für Systematisierungen auf Ebene des nationalen Rechts vgl. z.B. Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten; Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen. 517 Ähnlich argumentiert Vogel, StuW 1977, 97, 107, der aber ausschließlich das Leis­ tungsfähigkeitsprinzip als den Maßstab austeilender Gerechtigkeit zur Abgren­ zung heranzieht. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 53, spricht von einem fließenden Übergang. Vgl. auch Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abgabenrecht als Lenkungsinstru­ ment der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 59 f., der den Ansatz Vogels zur „Identifizierung subventionsartiger Steuerbegüns­ tigungen“ als sinnvoll erachtet. 518 Tipke, StuW 1971, 2, 4. 519 Vogel, StuW 1977, 97, 104. 520 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 75; vgl. auch Hey, StuW 2005, 317. 521 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 113, 116; Tipke, StuW 1971, 2, 5. 522 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 117 f., bezeichnet diese als „aptive Steuervergünstigungen“. 523 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 113, mit Beispiel; Tipke, StuW 1971, 2, 5.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

aussetzungen eines Prinzips gar nicht vorliegen.524 Ferner kann es sich auch um eine wechselseitige Ergänzung und Beschränkung zweier Prin­ zipien handeln.525 Auch hier besteht nur scheinbar ein Widerspruch, tat­ sächlich gehört die wechselseitige Beschränkung der Wertungen und Prinzipien aber zu den Charakteristika eines axiologischen – im Gegen­ satz zum axiomatischen526 – Systems.527 Diejenigen Maßnahmen aber, die sich nicht in eine dieser Prinzipienkonstellationen einordnen lassen, sind weder Ausdruck eines Prinzips noch seiner folgerichtigen Umsetzung und damit ein Systembruch mit Ausnahmecharakter.528 ee) Existenz von „Subsystemen“ Als „System“ im Sinne des soeben dargestellten Ansatzes kann aber nicht für jede zu prüfende Einzelmaßnahme das gesamte deutsche Steu­ errecht herangezogen werden. Vielmehr erscheint es sinnvoll, von der Existenz und Zulässigkeit von „Untersystemen“ oder „Subsystemen“, also in sich abgeschlossenen Regelungskomplexen mit eigenen Prinzipi­ en und eigener Logik, auszugehen.529 Die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens 524 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 114, der diese Fälle als „Prinzipienkombination” bezeichnet; vgl. auch Tipke, StuW 1971, 2, 5. 525 In der Terminologie Canaris‘ sind dies „Prinzipiengegensätze“, Canaris, System­ denken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 115. Vgl. dazu auch Tipke, StuW 1971, 2, 5, und Heuermann, FR 2012, 435, 439, der feststellt, dass gegenläufige Prinzipien „kumulativ in ihrem Zusammenwirken als Ausprägung einer einheit­ lichen Belastungsgrundentscheidung“ verstanden werden können. 526 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 25 f. Zum axioma­ tischen System Peine, Das Recht als System, 114 ff. 527 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 21 f., 52 ff., 115 f.; Tipke, StuW 1971, 2, 5. 528 Canaris verwendet allein in diesen Fällen den Terminus des „Prinzipienwider­ spruches“, Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 116. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 118, bezeichnet diese als „subventive Steuervergünstigungen“. Solche verbleibenden Systembrüche, die auch nicht im Wege der Rechtsfortbildung vermieden werden können, tun der Sinnhaftigkeit des Systemdenkens keinen Abbruch; eine vollständige Systembil­ dung ist zwar das Ideal, aber wohl „unerreichbar“, vgl. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 130 f.; ähnlich Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 66 f. 529 So bereits Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 48; vgl. u.a. auch Prokisch, in: Festschrift für Klaus Vogel, 293, 299; auch das BVerfG geht von der Existenz verschiedener Ordnungssysteme aus, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.07.1960, 1 BvL 5/59, BVerfGE 11, 283, Rz. 27. Wohl ähnlich für „Lenkungsteu­ ersysteme“ im Beihilferecht Schön, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 34 ff. Vgl. dazu auch Quigley, Intertax 2012, 112, 114; Quigley, in: Biondi/Eeckhout/Flynn, The law of state aid in the European Union, 207, 209 f.; Quigley, in: Harden, State aid, Community law and policy, 28, 33 f.; Quigley, European Law Review 1988, 242, 254; Nicolaides, World Competition 2001, 319, 325 ff.; Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Beihilfenrecht,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

erschließt sich bei der Trennung zwischen Ertragsteuern, Verkehrsteu­ ern und Verbrauchsteuern wohl bereits auf den ersten Blick, da diese Steuerarten jeweils eigenen Zwecken und Prinzipien folgen und es nicht weiterführend wäre, Maßnahmen, die einer dieser Steuerarten unterfal­ len, an den Prinzipien einer anderen zu messen.530 Nicht mit derselben Klarheit lassen sich jedoch Subsysteme innerhalb einer dieser Steuerar­ ten bestimmen.531 Dafür ist zu klären, inwieweit Untersysteme aus bei­ hilferechtlicher Sicht zulässig und nach welchen Kriterien sie zu bestim­ men sind.532 Dass die Bildung von Subsystemen im Grundsatz auch beihilferechtlich anzuerkennen ist, erschließt sich bereits aus dem so­ eben erläuterten Beispiel der Subsysteme „Steuerarten“. Diese Erkennt­ nis lässt sich aber auch rechtstheoretisch mit dem Systemgedanken bele­ gen und auf andere Fälle von Subsystemen übertragen. Wie bereits erläutert besteht ein System aus verschiedenen Grundprinzi­ pien. Aus diesen wiederum werden Unterprinzipien abgeleitet. Wenige Prinzipien gelten für die gesamte Rechtsordnung, so z.B. die Grundrechte oder das Rechtsstaatsprinzip. Auf nächster Ebene bestehen bereits Sub­ systeme für bestimmte Rechtsgebiete wie das Zivilrecht oder das Steuer­ recht, die jeweils eigenen Prinzipien folgen. Im Steuerrecht wiederum bestehen Subsysteme für die einzelnen Steuerarten. Innerhalb dieser Subsysteme gelten Prinzipien, die der Gesetzgeber533 aus allgemeineren Prinzipien hergeleitet hat534 und die ausschließlich für diesen bestimm­ Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 578; zur Problematik vgl. auch Cecco, State aid and the European economic constitution, 101 ff.; Drabbe, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 87, 89, geht von der Existenz von Subsystemen auf der Basis der jeweiligen Besteuerungsgrundlage aus, jedoch ohne dies näher zu begründen. Der Begriff des „Subsystems“ wird auch abweichend vom Verständnis in dieser Arbeit verwendet, vgl. z.B. Crezelius, FR 2013, 1065. Jüngst das „Bezugssystem“ ähnlich definierend: Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 132 ff. 530 Die Existenz verschiedener Steuerarten ist den meisten Steuerrechtsordnungen im­ manent und im deutschen Steuerrecht sogar in der grundgesetzlichen Finanzverfas­ sung verankert, so Drüen, GmbHR 2008, 393, 397. Vgl. auch Prokisch, in: Festschrift für Klaus Vogel, 293, 302; a.A. Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 552 ff. Zum Steuerpluralismus Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 98 f. 531 Sind z.B. Körperschaftsteuer und Einkommensteuer eigene Untersysteme oder fal­ len sie unter den Regelungskomplex der Steuern auf Einkommen? Oder folgt die Gewerbesteuer einer eigenen Logik innerhalb der Ertragsbesteuerung? 532 Auch bei der Definition von Subsystemen können sowohl formale als auch mate­ rielle Kriterien herangezogen werden. Da sich die Vorgehensweise zur Bestim­ mung des formalen Ausnahmecharakters bei formalen Subsystemen nicht von der oben erläuterten Ausnahmeprüfung unterscheidet, soll im Folgenden nur auf die Frage von materiellen Subsystemen, also Subsystemen innerhalb des „inneren Systems“, eingegangen werden. 533 Unabhängig von ihrer Einordnung als Primär- oder Sekundärwertung. 534 Wie das Leistungsfähigkeitsprinzip aus dem Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG. Vgl. zu axiomatischen „Teilsystemen“ Peine, Das Recht als System, 122 f.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

ten Regelungskomplex gelten. Der Konzeption von Primärwertungen, aus denen wiederum Unterprinzipien abgeleitet werden, ist die Existenz von Subsystemen daher immanent – die Konzeption selbst folgt aber ge­ rade aus dem Systemgedanken von Einheit und Folgerichtigkeit der Rechtsordnung. Daneben existieren jedoch auch Regelungskomplexe, deren Grundwertung der Gesetzgeber nicht aus einem allgemeineren Prinzip abgeleitet, sondern selbst getroffen hat. Diese Grundwertung kann beispielsweise einer steuerordnungspolitischen Entscheidung535 – wie der Schaffung eines eigenständigen Regelungskomplexes der Ener­ giebesteuerung oder der Besteuerung des Grunderwerbs – entspringen. Auch solche Regelungskomplexe, deren Grundentscheidung nicht zwin­ gend aus allgemeinen Prinzipien folgt, sind beihilferechtlich als Subsys­ teme mit den ihnen eigenen Prinzipien anzuerkennen.536 Dies bedeutet aber umgekehrt nicht, dass sie nicht gleichzeitig übergeordneten, allge­ meinen Prinzipien wie dem Leistungsfähigkeitsprinzip, entsprechen; le­ diglich ihre Ableitung ist nicht zwingend. Ihre Zulässigkeit erschließt sich aus der unionsrechtlich anerkannten Steuersouveränität der Mit­ gliedstaaten und der Erkenntnis, dass die für die gesamte Rechtsordnung geltenden Prinzipien keine ausreichend klaren Aussagen über die Regel­ besteuerung treffen lassen.537 535 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 127. 536 So auch Micheau, EC Tax Review 2008, 276, 283; Sutter, in: Andersson/Eberhar­ tinger/Oxelheim, National tax policy in Europe, 121, 126; Sutter, Das EG-Beihil­ fenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, Rz. 116; Frenz/Roth, DStZ 2006, 465, 468; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-Vertrag, 28; ähnlich Schön, in: Hancher/Ottervanger/ Slot, EU State Aids, Rz. 10-020, für Steuern auf bestimmte Güter oder Dienstleis­ tungen. Auch Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 82, geht wohl von der Existenz von Subsystemen aus, so z.B. für die Einkommensteuer und die Energiesteuern. Ausdrücklich ordnet er jedes Gesetz als eigenes „Belastungssystem“ ein, das auf die Umsetzung des Leistungsfähig­ keitsprinzips hin überprüft werden müsse, vgl. S. 85 f. Dies ist jedoch zu eng, denn ein- und dieselbe Grundentscheidung kann sich gesetzestechnisch auf mehrere Gesetze verteilen. In einem solchen Fall ist der gesamte Regelungskomplex, der dann mehrere Gesetze umfasst, als ein mögliches Subsystem zu prüfen. Gegen die Ansicht Jansens spricht auch, dass der nationale Gesetzgeber durch die formale Aufteilung in verschiedene Gesetze das Beihilfeverbot umgehen könnte. Dies sieht auch Jansen so, indem er für diese Fälle danach fragt, ob die in verschiedenen Gesetzen geregelten Sachverhalte wirtschaftlich identische Vorgänge seien, vgl. S. 87 f. Allgemein zur Existenz von Unter- und Übersystemen im Systembegriff Kischel, AöR 1999 (124), 175, 176 m.w.N. 537 Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 127, bezeichnet solche Fälle wohl als „Prinzipien ohne Wertungsstammbaum“ oder „Prinzipien auf der nächst­ tieferen Ebene, nämlich Einzelwertungen“, die er nicht schlechthin als systemwid­ rig ablehnt, weil Steuerordnungspolitik, also auch steuerordnungspolitische Prinzi­ pien, nicht unwesentlicher Teil des Steuerrechts seien. Der Rechtfertigungsgrund dieser Maßnahmen müsse in Bezug auf die steuerartbegründenden Prinzipien sach­ bezogen, also nicht sachfremd sein, um systemimmanent zu bleiben, vgl. S. 143.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

Dieser Ansatz findet sich auch in der Rechtsprechung und in Kommissi­ onentscheidungen wieder.538 So geht das EuG in der Rs. CETM/Kommission539 wohl davon aus, dass grundsätzlich die Möglichkeit der Bildung von Subsystemen bestehe, es dafür aber nicht ausreichen könne, dass ir­ gendein legislatorisches Ziel vorgetragen werde.540 In der Rs. Ladbroke Racing/Kommission541 stellt das EuG ausdrücklich fest, dass unter be­ stimmten Voraussetzungen ein Sonderbesteuerungssystem für den Sek­ tor Pferderennen beihilferechtlich nicht zu beanstanden sei. Auch der EuGH erkennt in der Rs. Presidente del Consiglio dei Ministri542 die Exis­ tenz eines Untersystems für die Besteuerung von Landungen von Luft­ fahrzeugen und Freizeitbooten auf Sardinien an und überprüft es auf seine folgerichtige Umsetzung hin. Unabhängig von der Frage der regionalen Selektivität untersucht der EuGH, ob die Regelung auf alle „in Anbe­ tracht des Charakters und des Zwecks der genannten Steuer“543 vergleich­ baren natürlichen und juristischen Personen Anwendung findet.544 Er er­ kennt somit die legislative Grundentscheidung an, eine Steuer auf Landungen von Luftfahrzeugen und Freizeitbooten zu erheben, und über­ prüft sie lediglich auf ihre konsequente Ausgestaltung hin, was letztlich der hier vorgeschlagenen Subsystemprüfung entspricht. Jüngst stellt der EuGH in der Rs. Kernkraftwerke Lippe-Ems545 fest, dass eine gesonderte Besteuerung der Stromerzeugung mit Kernbrennstoff im Vergleich zu an­ deren Arten der Stromerzeugung nicht selektiv sei546; ferner setzt er in der Rs. Concello de Ferrol547 die Grundsteuer als Regelbesteuerung voraus548 und erkennt damit in beiden Fällen – wenn auch nicht ausdrücklich – Subsysteme an. 538 Vgl. auch die Beispiele bei Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-021. 539 EuG, Urteil vom 29.09.2000, T-55/99, CETM, Slg. 2000, II-03207, Rz. 53. 540 Zu den Voraussetzungen der Anerkennung von Subsystemen sogleich. 541 EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001, Rz. 76 f. 542 EuGH, Urteil vom 17.11.2009, C-169/08, Presidente del Consiglio dei Ministri, Slg. 2009, I-10821. 543 EuGH, Urteil vom 17.11.2009, C-169/08, Presidente del Consiglio dei Ministri, Slg. 2009, I-10821, Rz. 63. 544 Im konkreten Fall erkennt der EuGH die Steuer jedoch nicht als Untersystem an, weil gerade nicht nicht alle vergleichbaren Personen der Steuerpflicht unterliegen und es deshalb an der folgerichtigen Umsetzung fehlt. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass überhaupt von der Existenz von Subsystemen ausgegangen wird. 545 EuGH, Urteil vom 04.06.2015, C-5/14, Kernkraftwerke Lippe-Ems, ECLI:EU:C:2015:354. 546 EuGH, Urteil vom 04.06.2015, C-5/14, Kernkraftwerke Lippe-Ems, ECLI:EU:C:2015:354, Rz. 79. 547 EuGH, Urteil vom 09.10.2014, C-522/13, Concello de Ferrol, ECLI:EU:C:2014:2262. 548 EuGH, Urteil vom 09.10.2014, C-522/13, Concello de Ferrol, ECLI:EU:C:2014:2262, Rz. 25 ff.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

Auch die Kommission nimmt in verschiedenen Fällen – zwar nicht aus­ drücklich, aber tatsächlich – eine Art Subsystemprüfung vor, indem sie einen vom nationalen Gesetzgeber vorgebrachten Differenzierungsgrund auf dessen Zulässigkeit und folgerichtige Ausgestaltung hin überprüft. So untersucht sie in einer Entscheidung über eine niederländische Maß­ nahme zugunsten von Unternehmen mit internationalen Finanzierungs­ tätigkeiten die differenzierende steuerliche Behandlung konzerninterner finanzieller Transaktionen und finanzieller Transaktionen zwischen nicht verbundenen Unternehmen auf ihre folgerichtige Umsetzung.549 Damit prüft sie eigene Subsysteme für konzerninterne in Abgrenzung zu konzernexternen Transaktionen. In dem Brief der Kommission550 be­ treffend die steuerliche Behandlung von REITs in Finnland erkennt die Kommission die Regelung für REITs, die in Ausnahme zur Körperschafts­ besteuerung eine transparente Besteuerung zulässt, zum Teil als ein ei­ genständiges Subsystem mit eigener Zielsetzung, Logik und selbstständi­ gen Prinzipien an.551 Wird die Existenz von Subsystemen im Beihilferecht im Grundsatz aner­ kannt, stellt sich gleichzeitig die Frage nach den Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit. Erstens ist, ähnlich wie bei der Prüfung des Prinzipiencha­ rakters552, zu verlangen, dass die legislatorische Grundentscheidung, die dem Subsystem zugrunde liegt, hinreichend allgemein sein muss, es sich also nicht um eine Einzelfallentscheidung handeln darf.553 Dies erschließt 549 Entscheidung der Kommission, 17.02.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 180/52, Rz. 91 ff.; zur Analyse der Entscheidung vgl. Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskali­ sche Abgaben, Rz. 212. Die folgerichtige Umsetzung wurde im Ergebnis verneint. 550 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final. 551 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, 32 ff., 36 f. In den Rs. ­British Aggregates und Niederlande/Kommission (DutchNOx) hat das EuG je­ weils Untersysteme mit eigenständigen Zielen anerkannt, vgl. EuG, Urteil vom 13.09.2006, T-210/02, British Aggregates/Kommission, Slg. 2006, II-02789; EuG, Urteil vom 10.04.2008, T-233/04, Niederlande/Kommission, Slg. 2008, II-00591, jedoch ohne die Ziele zu überprüfen, vgl. Cecco, State aid and the European econo­ mic constitution, 103. In beiden Fällen entschied der EuGH jedoch abweichend, vgl. EuGH, Urteil vom 22.12.2008, C-487/06 P, British Aggregates, Slg. 2008, I-10515; EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671. Für ein weiteres Beispiele vgl. Entscheidung der Kommission, 11.12.2001, 2002/581/EG, Abl. EG 2002 Nr. L 184/27, Rz. 32; bestätigend: Bericht über die Umsetzung der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vor­ schriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unter­ nehmensbesteuerung, 9.2.2004, C(2004)434, Rz. 39; ferner Entscheidung der Kom­ mission, 31.07.2013, C(2013) 4901 final, Rz. 53 f.; Entscheidung der Kommission, 27.03.2015, C(2015) 2141 final, Rz. 79; für die Körperschaftsteuer als Subsystem Aufforderung der Kommission zur Stellungnahme, 16.10.2013, ABl. EU 2013 Nr. C 348/184, Rz. 31. 552 B.V.3.a)bb)(2). 553 Ähnlich Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 323; Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

sich bereits aus dem Umstand, dass eine Einzelfallregelung per se dem Systembegriff zuwiderläuft, da dieser auf der Existenz allgemein gültiger Prinzipien und ihrer folgerichtigen Umsetzung beruht. Ob es sich um eine Einzelwertung oder eine hinreichend allgemeine Grundentschei­ dung handelt, kann aus verschiedenen Kriterien abgeleitet werden, so z.B. aus dem Umstand, dass ein in sich geschlossener Regelungskomplex eine Materie nicht nur im Hinblick auf wenige Kriterien, sondern in ih­ rer Gesamtheit regelt. Zweitens muss eine Grundwertung, die selbst in einer Beihilfegewährung besteht, auch hier unzulässig sein.554 Drittens muss die gesetzgeberische Grundentscheidung, die dem Regelungskom­ plex zugrunde liegt, konsequent, also folgerichtig umgesetzt werden.555 Ist dies nicht der Fall, ist der entsprechende Regelungskomplex nicht als Subsystem zu bewerten556 und die Maßnahme an den allgemeineren Prinzipien zu messen. Bei dieser Prüfung ist nicht eine folgerichtige Um­ setzung in allen Einzelheiten zu fordern, vielmehr ist auf wesentliche Verstöße abzustellen.557 Folglich hindert die Existenz einer nicht folge­ richtigen Ausnahme vom Subsystem nicht die Anerkennung des Subsys­ tems als solchem. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist eine Maßnah­ me, die Teil eines Subsystems ist, nur an denjenigen Prinzipien zu messen, die innerhalb dieses Subsystems gelten.558 Im Beispiel559 besteht aufgrund des formalen Ausnahmecharakters eine Vermutung zugunsten auch des materiellen Ausnahmecharakters. Diese bezieht sich auf das materielle Prinzip der Universalität der Besteuerung, das verlangt, dass das gesamte disponible Einkommen zu versteuern560 und daher als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist561, ohne dass ein Abzug davon erfolgt. Zu prüfen ist nun, 117, sowie Fn. 359. Zu den Anforderungen an sog. „Grundentscheidungen“ vgl. auch Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unter­ nehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 33. 554 Vgl. B.V.3.a)bb)(2), insbesondere Fn. 485. 555 So Haslehner, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 301, 323; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 216 f., der sich dabei auf die Analyse verschiedener Kommissionentscheidungen und Urteile bezieht, spricht von konsequenter systemlogischer Ausgestaltung. Vgl. auch Nicolaides/ Rusu, EStAL 2012, 791, 796, zum Urteil des EuGH in der Rs. British Aggregates. 556 Ähnlich Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationa­ len Steuerrechts, 85, 95. 557 Ähnlich für das Folgerichtigkeitsgebot: Mellinghoff, Ubg 2012, 369, 372. 558 Allerdings ist zu beachten, dass einige Primärwertungen wie das Leistungsfähig­ keitsprinzip in allen Subsystemen Geltung beanspruchen. Nur die jeweiligen Un­ terprinzipien können je nach Subsystem variieren. 559 Siehe B.V.3. 560 Dazu Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 167 ff.; Lang, in: Eb­ ling, DStJG 24, 49, 61 f.; Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8, Rz. 1. 561 Auf diese objektbezogene Komponente des Universalitätsprinzips bezieht sich das Totalitätsprinzip, das damit „die qualitativ und quantitativ vollständige Erfas­

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

ob diese Vermutung durch den Beweis widerlegt werden kann, dass § 25 Abs. 1 S. 1 KStG trotz seiner formalen Position dem Universalitätsprinzip entspricht oder ein anderes materielles Prinzip umsetzt oder ob die Besteuerung von Genossenschaften, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränkt und deren Mitglieder der Genossenschaft entsprechend ihrer Beteiligung Flächen oder Gebäude zur Nutzung überlassen, einem eigenständigen Subsystem folgt, in dem dieses Prinzip nicht gilt. Anhaltspunkte dafür, dass die Norm trotz ihres formalen Ausnahmecharakters dem Universalitätsprinzip gerecht wird, bestehen nicht. Ein anderes materielles Prinzip des Körperschaftsteuerrechts, das dem Freibetrag des § 25 Abs. 1 S. 1 KStG zugrunde liegt, lässt sich ebenso wenig finden. Denkbar wäre ein Grundsatz, der eine Art „Existenzminimum“ nicht nur im Einkommensteuerrecht562, sondern auch im Körperschaftsteuerrecht vorsieht. Ein solcher Grundsatz existiert jedoch nicht, da bei Körperschaften im Gegensatz zu natürlichen Personen563 die subjektive Leistungsfähigkeit keine Rolle spielt.564 Ausweislich einer jüngeren Gesetzesbegründung565 dient § 25 KStG dem Zweck der Praktikabilität, insbesondere der Vereinfachung. Das Praktikabilitätsprinzip kann beihilferechtlich die Ausnahme von einem anderen materiellen Prinzip rechtfertigen.566 Es ist zwar nicht zu bestreiten, dass eine derartige Regelung im Grundsatz der Vereinfachung dienen kann.567 Im Falle des § 25 KStG überzeugt dies jedoch nicht. Zum einen stünde mit § 24 KStG bereits eine Vereinfachungsnorm568 zur Verfügung, die auf die Genossenschaften i.S.d. § 25 KStG ausgeweitet werden könnte. Zum anderen geht mit sung der Einkünfte“ postuliert, so Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkom­ mensteuer, 169. 562 Dort § 32 a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG. 563 Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8, Rz. 70 ff. 564 Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 3, Rz. 51. 565 BT-Drucks., 16/10490, 18. 566 Dazu Fn. 488 und Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 212; Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steu­ errecht, 108; Frick, Einkommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfe­ verbot nach dem EG-Vertrag, 36 ff., und Entscheidung der Kommission, 17.02.2003, ABl. EU 2003 Nr. L 180/52, Rz. 94. 567 Diese besteht darin, dass die betroffenen Genossenschaften bei niedrigem Ein­ kommen gar nicht veranlagt werden müssen. 568 Zu den Zwecken des § 24 KStG vgl. BT-Drucks., 7/1470, 360; Schlenker, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 24 KStG, Rz. 1. Der Zweck der Vermeidung von Härten für Körperschaften, die bei geringem Einkommen durch den proportiona­ len KSt-Tarif von damals 56 v. H. auftreten konnten, ist mittlerweile obsolet, vgl. auch BT-Drucks., 16/10490, 18. Aus diesem Grund beschränkt sich die Motivati­ on der Norm nunmehr wohl allein auf den Vereinfachungszweck (Vermeidung von Arbeitsaufwand, der bei kleinen Körperschaften in der Regel nicht in ange­ messenem Verhältnis zum Steueraufkommen steht).

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

§ 25 KStG gerade im Verhältnis zu § 24 KStG eine Erhöhung des Prüfungsaufwands einher, da die zusätzlichen Voraussetzungen des § 25 KStG zu untersuchen sind, weshalb die Feststellung der Höhe des Einkommens nicht ausreicht. Überdies muss in jedem Veranlagungszeitraum auch die zeitliche Beschränkung beachtet werden. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass der ursprüngliche Gesetzeszweck der agrarpolitischen Förderung bei der Beurteilung der Norm weiterhin überwiegt.569 Ferner ist für die Besteuerung von Genossenschaften, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränkt und deren Mitglieder der Genossenschaft entsprechend ihrer Beteiligung Flächen oder Gebäude zur Nutzung überlassen, kein eigenes Untersystem, in dem das Universalitätsprinzip abbedungen sein könnte, anzuerkennen. Zum einen folgt dies schon aus dem Charakter des Universalitätsprinzips. Ein solches Prinzip, das unmittelbar aus dem Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit abgeleitet wird, beansprucht in jeglichem Subsystem der Ertragsbesteuerung Geltung und kann somit nicht durch Schaffung eines solchen abbedungen werden. Zum anderen besteht in diesem Fall kein Untersystem, da die notwendigen Voraussetzungen570 nicht erfüllt sind. Als dem Untersystem zugrunde liegende legislatorische Entscheidung käme hier die Schaffung eines eigenen Regelungskomplexes für die Besteuerung von Genossenschaften, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränkt und deren Mitglieder der Genossenschaft entsprechend ihrer Beteiligung Flächen oder Gebäude zur Nutzung überlassen, in Frage. Diese „Entscheidung“ erscheint jedoch nicht hinreichend allgemein, um als eigenständiges Untersystem gelten zu können. Der Gesetzgeber hat hier lediglich eine Einzelfallwertung für Genossenschaften, die verschiedene Kriterien erfüllen, in das Körperschaftsteuersystem eingefügt, statt die Besteuerung dieser Genossenschaften in einem in sich geschlossenen Regelungskomplex in ihrer Gesamtheit zu regeln. Dies folgt aus dem Umstand, dass weder innerhalb des KStG noch in anderen Gesetzen weitere Regelungen speziell zur Besteuerung dieser Genossenschaften getroffen werden571, so dass sich deren Besteuerung abgesehen von § 25 KStG nach den allgemeinen Vorschriften für Körperschaften richtet. Im Ergebnis kann die Vermutung des materiellen Ausnahmecharakters von § 25 KStG nicht widerlegt werden. 569 So Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 25 KStG, Rz. 2. 570 B.V.3.a)ee). 571 Dies gilt abgesehen von § 22 KStG, der aber für alle Erwerbs- und Wirtschaftsge­ nossenschaften gilt und damit nicht als Teil eines Subsystems für die Genossen­ schaften i.S.v. § 25 KStG in Frage kommt.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

b) Selektivität Im Grundsatz erscheint es im Hinblick auf die Funktion der Vorausset­ zung der Selektivität, die begünstigten Unternehmen von anderen an­ hand bestimmter Kriterien abzugrenzen, zwar sinnvoll, die Prüfung ­genauso vorzunehmen wie bei direkten Beihilfen, also anhand der Ver­ gleichbarkeitsprüfung.572 Aus den oben erläuterten Gründen573 ist die Ver­ gleichbarkeitsprüfung aber insbesondere im Steuerrecht nicht dazu geeig­ net. Deshalb ist auf die dahinter liegende Voraussetzung der Abgrenzbarkeit zurückzukommen.574 Die Frage nach der Abgrenzbarkeit muss dabei auf bestimmte Kriterien, die die begünstigten Unternehmen erfüllen oder nicht, abstellen.575 Alternativ lässt sich formulieren, dass die begünstigte Gruppe hinsichtlich bestimmter Merkmale homogen sein muss.576 Dabei 572 So im Grundsatz Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Ver­ trages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 155. 573 Vgl. B.IV.1.b)aa). 574 So auch Aldestam, EC state aid rules applied to taxes, 84, die darauf abstellt, ob eine Gruppe von Unternehmen, die gemeinsame Merkmale (wie z.B. den Export ihrer Produkte) haben, eine Sonderregelung erhält. 575 Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 107 AEUV, Rz. 43; Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 96 m.w.N. So auch Lehner, DB 1983, 1783, 1785; Sutter, in: Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeitsund Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 83, 87; Sutter, Eu­ ropean Taxation 2001, 239, 241. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durch­ führungsverbot in Steuersachen, 89, stellt auf „eine gattungsmäßig eingegrenzte Umschreibung des Begünstigtenkreises“ und „wettbewerbserhebliche Einzel­ merkmal[e]“ ab; so auch Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 430. Vgl. auch die Definition bei Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 192, und Jansen, Vorgaben des europäischen Bei­ hilferechts für das nationale Steuerrecht, 119. Zur Individualisierbarkeit des Emp­ fängers als Bestandteil des Subventionsbegriffs: Bleckmann, Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen, Gutachten für den 55. Deutschen Juristentag, D 11; Koschyk, Steuervergünstigungen als Beihilfen nach Artikel 92 EG-Vertrag, 35, 39, 42 f.; Hoischen, Die Beihilferegelung in Artikel 92 EWGV, 34 ff., der aber nur auf berufs- oder branchenspezifische Merkmale abstellen möchte. Dies erscheint je­ doch zu eng. 576 So Rode, Steuervergünstigungen, Beihilfen und Steuerwettbewerb, 312, der als Be­ gründung den Sinn und Zweck des Beihilfeverbots, nämlich die Vermeidung von Fehlallokationen, heranzieht. Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 241, stellt für die „de facto“-Selektivität darauf ab, dass die Begünstigten „somehow linked“ sind. Ähnlich Santos, L‘Union européenne et la régulation de la concurrence fisca­ le, 427 Fn. 123, der feststellt, dass „des charactèristiques communes“ verlangt werden. Auch Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 293, setzt für die Selektivität, allerdings nur als ein mögliches Kriterium, voraus, dass „under­ takings which have particular characteristics“ begünstigt werden. Nach Müller-Graff, ZHR 1988 (152), 403, 428, wird das Selektivitätsmerkmal gemeinhin so verstanden, dass es eine negative Abgrenzung in dem Sinne, dass eine Maßnahme bereits dann selektiv ist, wenn „nicht allen Unternehmen im Mitgliedstaat“ von ihr erfasst werden, beinhalte. Dies kann indes nicht überzeugen, weil es schon dem Wortlaut „bestimmte Unternehmen“ nicht entspricht. Kritisch auch Schön,

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

ist bei rechtlichen Begünstigungen577 darauf abzustellen, nach welchen Kriterien die jeweilige Norm ihren persönlichen Anwendungsbereich festlegt. In Anbetracht der Vielzahl und Diversität der Fälle erscheint es nicht sinnvoll, abstrakte Kriterien zu definieren578, die für die Abgren­ zung heranzuziehen wären. Vielmehr muss deren Bestimmung und Ge­ wichtung dem Einzelfall vorbehalten bleiben.579 Für diese Vorgehenswei­ se spricht auch eine jüngere Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH und des EuG in den Rs. Gibraltar, Autogrill España, Banco Santander und Netherlands Maritime Technology Association.580 Zwar weicht der EuGH in seiner Gibraltar-Entscheidung vom klassischen Ansatz zu­ gunsten einer Diskriminierungsprüfung ab, gleichzeitig lässt er aber bei der Prüfung des Art. 107 Abs. 1 AEUV eine Ungleichbehandlung nicht ausreichen, sondern verlangt zusätzlich, dass die „als Besteuerungs­ grundlagen festgelegten Kriterien daher auch geeignet sein [müssen], die begünstigten Unternehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als pri­ vilegierte Gruppe zu kennzeichnen“.581 Diese Voraussetzung stellt letzt­ lich eine Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Selektivität dar und deckt sich inhaltlich mit der Forderung nach der Abgrenzbarkeit der

in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 21, 40. 577 Im Gegensatz zu faktischen. 578 Ähnlich Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 257; ­Gianoncelli, Rivista di diritto finanziario e scienza delle finanze 2011, 89, 95. Auch bei der Vergleichbarkeitsprüfung haben weder Rechtsprechung noch Kom­ mission abstrakte Kriterien festgelegt, sondern beschränken sich auf einzelfallbe­ zogene Prüfungen. 579 Diese Einzelfallentscheidung wird regelmäßig Wertungen enthalten. 580 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113; EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-219/10, Autogrill España, ECLI:EU:T:2014:939; EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-399/11, Banco Santander, ECLI:EU:T:2014:939; EuG, Urteil vom 09.12.2014, T-140/13, Netherlands Mariti­ me Technology Association, ECLI:EU:T:2014:1029. So jüngst auch Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfi­ nanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 109. 581 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 104; dazu Linn, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich, Europäisches Bei­ hilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV – Steuern, Rz. 583; Jaeger/Haslinger/Bollinger/ Lischka, in: Jaeger/Haslinger, Beihilferecht – Jahrbuch 2012, 241, 248; Cloer/Vogel, IWB 2012, 35, 38. Diesen Ansatz übernehmend Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 109; EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-219/10, Autogrill España, ECLI:EU:T:2014:939, Rz. 41, 67; EuG, Urteil vom 07.11.2014, T-399/11, ECLI:EU:T:2014:938, Rz. 49, 71; EuG, Urteil vom 09.12.2014, T-140/13, Nether­ lands Maritime Technology Association, ECLI:EU:T:2014:1029, Rz. 99; vgl. dazu auch Entscheidung der Kommission, 28.10.2009, 2011/5/EG, ABl. EU 2011 Nr. L 7/48; Entscheidung der Kommission, 12.01.2011, 2011/282/EU, ABl. EU 2011 Nr. L 135/1; de Weerth, DStR 2014, 2485, 2487; Staviczky, EStAL 2015, 332, 334 ff.

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V.  Modifizierter klassischer Ansatz

begünstigten Gruppe.582 Die Formulierung des EuGH wird in den Ent­ scheidungen des EuG in den Rs. Autogrill España und Banco Santander sowie den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott in der Rs. Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht aufgegriffen und im Sinne einer tä­ tigkeitsbezogenen Abgrenzung der begünstigten Gruppe präzisiert.583 Im Beispiel584 ist aufgrund der Vermutung der materiellen Ausnahme, die nicht widerlegt werden konnte, die Selektivität des § 25 KStG zu prüfen. Zu fragen ist deshalb, ob die begünstigten Unternehmen eine abgrenzbare Gruppe darstellen, sie also anhand bestimmter Kriterien als homogen erscheinen. Hier sind die Begünstigten Genossenschaften, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft beschränkt und deren Mitglieder der Genossenschaft entsprechend ihrer Beteiligung Flächen oder Gebäude zur Nutzung überlassen. Die Kriterien, die das Gesetz zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Norm heranzieht, sind daher die Rechtsform der Genossenschaft, die Tätigkeit als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, die Überlassung von Flächen oder Gebäuden und die Relation von Beteiligungsverhältnis zum Verhältnis der Überlassung. Diese Kriterien sind geeignet, die begünstigten Unternehmen als homogene Gruppe zu kennzeichnen. Sie haben Rechtsform, Tätigkeit, den Umstand der Flächen- oder Gebäudeüberlassung und ein bestimmtes Verhältnis i.S.d. § 25 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 KStG gemein. Das Kriterium der Rechtsform wird zwar größtenteils als zu allgemein eingeordnet585, das Kriterium der Tätigkeit als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft betrifft im Gegensatz dazu aber einen eingegrenzten Sektor der Wirtschaft und ist damit unbestritten spezifisch.586 Die weiteren die Gruppe eingrenzenden Kriterien wären daher nicht mehr erforderlich, um von der Selektivität der Norm auszugehen, belegen die Abgrenzbarkeit aber darüber hinaus. 582 Dazu bereits B.III.2. Die neueste Rechtsprechung so interpretierend Jaeger, EStAL 2015, 345, 352. 583 Von diesem Ansatz distanziert sich jedoch EuGH, Urteil vom 21.12.2016, C-2021/15, World Duty Free Group, Banco Santander und Santusa Holding, EU:C:2016:981; vgl. auch Generalanwalt Wathelet, Schlussanträge vom 28.07.2016, C-20-21/15, World Duty Free Group, Banco Santander und Santusa Holding, EU:C:2016:624; dazu de Weerth, DB 2017, 275. 584 Siehe B.V.3. 585 Dazu im Detail unter C.VIII. 586 EuGH, Urteil vom 15.06.2006, C-393/04, C-41/05, Air Liquide Industries Belgium SA, Slg. 2006, I-05293, Rz. 35, und Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.120; Bacon, Yearbook of European Law 1997, 269, 291; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht, Rz. 170; Valente/Roccatagliata, Tax notes international 1998, 259, 261; Neundörfer, in: Börner/Neundörfer, Recht und Praxis der Beihilfen im Gemeinsamen Markt, 83. Dies muss auch gelten, wenn nicht alle Unterneh­ men des Sektors begünstigt werden, was hier aufgrund der weiteren Eingrenzung im Hinblick auf Rechtsform und weitere Voraussetzungen der Fall ist.

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B.  Europäisches Beihilferecht und ­direkte ­Steuern

c) Staatlichkeit der Mittel sowie Wettbewerbsverzerrung und ­Handelsbeeinträchtigung Im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Staatlichkeit der Mittel sowie der Wettbewerbsverzerrung und Handelsbeeinträchtigung ergeben sich keine Abweichungen vom klassischen Prüfungsansatz.587 Im Beispiel588 ist, da es sich um eine steuerliche Maßnahme handelt, unproblematisch von der Staatlichkeit der Mittel auszugehen.589 Für eine drohende Wettbewerbsverzerrung reicht es aus, dass die fi­ nanzielle Position der Begünstigten gestärkt wird590, was bei dem Freibetrag des § 25 Abs. 1 KStG, der die Steuerschuld verringert oder gänzlich entfallen lässt, der Fall ist. Das Merkmal der Handelsbeeinträchtigung setzt voraus, dass diese Stärkung sich im Vergleich zu anderen Wettbewerbern in diesem Handel auswirkt, wobei die Begünstigten selbst nicht am innergemeinschaftlichen Handel teilzunehmen brauchen.591 Auch diese Bedingung ist hier erfüllt, da die Situation von Wettbewerbern, also landwirtschaftlichen Betrieben, die nicht in den Anwendungsbereich der Norm fallen, im Vergleich geschwächt wird.592 Hier ist hervorzuheben, dass auch im landwirtschaftlichen Sektor grenzüberschreitender Handel erfolgt.593 Im Ergebnis sind alle Voraussetzungen des Beihilfeverbots erfüllt. Bei § 25 Abs. 1 KStG handelt es sich deshalb um eine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV.594

VI. Ergebnis Der vorgeschlagene Prüfungsansatz beruht, ausgehend von der Kritik so­ wohl am klassischen wie am gleichheitsrechtlichen Ansatz, auf der Prä­ misse, dass der klassische Prüfungsaufbau im Grundsatz zu bevorzugen 587 Dazu oben B.II.2.b) und B.II.1.d). 588 Siehe B.V.3. 589 Vgl. B.II.2.b). 590 Vgl. oben B.II.1.d) und Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.146. 591 EuGH, Urteil vom 15.06.2006, C-393/04, C-41/05, Air Liquide Industries Belgium SA, Slg. 2006, I-05293, Rz. 35, und Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.151. 592 Vgl. oben B.II.1.d). 593 Zu diesem Kriterium Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.150. 594 Daraus folgt aber noch nicht, dass die Kommission gegen diese Beihilfe vorgeht. Die Anwendung des Beihilferechts auf die Produktion landwirtschaftlicher Er­ zeugnisse und den Handel mit diesen richtet sich über Art. 107 AEUV hinaus nach Art. 42 AEUV. Vgl. zur Anwendbarkeit Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 17.02. Es bestehen ferner zahlreiche Ausnahmeregelungen, insbesondere für den landwirtschaftlichen Sektor, vgl. Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 17.16 ff.

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VI. Ergebnis

ist. Abweichend davon liegt ihm jedoch die Annahme zugrunde, dass eine materiell verstandene Regel-Ausnahme-Prüfung und der Systemim­ manenztest inhaltlich deckungsgleich und deshalb als eine Tatbestands­ voraussetzung zu behandeln sind. Daneben kann die Vergleichbarkeits­ prüfung keine eigenständige Funktion erfüllen und ist aus diesem Grund in steuerlichen Sachverhalten nicht zur Bestimmung der als Abgrenzbar­ keit verstandenen Selektivität heranzuziehen. Im Hinblick auf die Be­ weislastverteilung sollte derjenige Verfahrensbeteiligte, der sich auf die Beihilfequalität einer Maßnahme beruft, grundsätzlich die Darlegungsund Beweislast tragen. Gleichzeitig sollte der formale Ausnahmecharak­ ter einer Maßnahme eine widerlegbare Vermutung auch des materiellen Ausnahmecharakters begründen. Zusammenfassend ergibt sich folgender tabellarischer Überblick zum al­ ternativen Prüfungsansatz: Prüfungsschritt

Prüfungsinhalt

Begünstigung

Definition der Regelbesteuerung (ggf. innerhalb des Subsystems) Formale Ausnahme

Materielle Ausnahme

Der formale Ausnahmecharakter begründet eine widerlegbare Vermutung zugunsten des materiellen Ausnahmecharakters. Selektivität

Abgrenzbarkeit der Begünstigten (Tätigkeitsbezug)

Staatlichkeit der Mittel

Finanzierung unmittelbar oder mittelbar durch den Staat sowie aus staatlichen Mitteln

Wettbewerbs­ verzerrung

Möglicher Eingriff in zumindest potentielles Wett­ bewerbsverhältnis durch Veränderung der Markt­ bedingungen am Binnenmarkt

Handelsbeein­ trächtigung

Beeinflussung des internationalen Wirtschaftsverkehrs

111

C. Rechtsformspezifische Differenzierungen auf dem ­Prüfstand des Beihilferechts Die beihilferechtliche Untersuchung rechtsformspezifischer Differenzie­ rungen in der deutschen Unternehmensbesteuerung beginnt mit einer einleitenden Eingrenzung der Themenstellung, der Klärung allgemeiner Zweifelsfragen sowie einer themenbezogenen Analyse der Literatur, Kommissionspraxis und Rechtsprechung der Europäischen Gerichte. Da­ rauf folgt die Prüfung der Beihilfequalität ausgewählter rechtsformspezi­ fischer Differenzierungen. Dazu gehören die Unterscheidung zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften im Rahmen der dualis­ tischen Unternehmensbesteuerung, die Regelung des § 15 Abs. 3 EStG, die steuerliche Sonderbehandlung von Genossenschaften sowie die Be­ steuerung von Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA). Sodann sol­ len Kriterien zur Beurteilung der Selektivität rechtsformspezifischer ­Besteuerung entwickelt werden. Abschließend wird kurz auf die Tatbe­ standsmerkmale der Staatlichkeit der Mittel, der Eigenschaft als Unter­ nehmen sowie der Wettbewerbsverzerrung und Handelsbeeinträchtigung eingegangen.

I. Eingrenzung der Themenstellung Der Begriff der rechtsformspezifischen Differenzierung im Bereich des Steuerrechts bedarf einer Konkretisierung im Hinblick auf die Themen­ stellung. Dazu ist zunächst zu klären, was unter dem Begriff der Rechts­ form zu verstehen ist, um dann auf denjenigen der rechtsformspezifi­ schen Differenzierung einzugehen. Abschließend wird eine Auswahl an rechtsformspezifischen Differenzierungen herausgegriffen, die im Ein­ zelnen untersucht werden sollen. 1. Begriff der „Rechtsform“ Der Begriff der Rechtsform stammt aus dem Zivilrecht, eine rein steuer­ rechtliche Definition existiert nicht. Er soll in dieser Arbeit verstanden werden als die Organisationsform einer zweckgerichteten Tätigkeit.595 595 Bei dem Begriff der Rechtsform scheint es sich nicht um einen allgemeingültig definierten Begriff zu handeln. Vielmehr wird er abhängig von der jeweiligen Fra­ gestellung unterschiedlich verwendet. So geht es beispielsweise in der Diskussion um Rechtsformwahlfreiheit im Europäischen Steuerrecht um Formen der Nieder­ lassung und nicht nur um zivilrechtliche Rechtsformen, vgl. dazu Friese, Rechts­ formwahlfreiheit im Europäischen Steuerrecht, 17 f., so dass Betriebsstätte und Tochtergesellschaft als Rechtsformen verstanden werden. Verfassungsrechtliche Untersuchungen zur Rechtsformneutralität hingegen gehen z.T. von einem recht

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Die Rechtsform ist somit das zivilrechtliche Rechtskleid dieser Tätig­ keit.596 Unter den so verstandenen Begriff fallen sowohl juristische Perso­ nen des privaten und öffentlichen Rechts als auch Gesamthandsgemein­ schaften und Einzelkaufleute.597 Zu den juristischen Personen des privaten Rechts zählen Vereine und Stiftungen.598 Die Vereine sind dabei zu untergliedern in wirtschaftliche und nicht wirtschaftliche Vereine. Erstere wiederum können in der Form eines eingetragenen Vereins, einer Aktiengesellschaft (AG), einer KGaA, einer Gesellschaft mit beschränk­ ter Haftung (GmbH), einer eingetragenen Genossenschaft und eines Ver­ sicherungs- oder Pensionsfondsvereins auf Gegenseitigkeit auftreten. Bis auf den eingetragenen Verein sind dies Vereine des Handelsrechts599, wo­ bei AG, KGaA und GmbH als Kapitalgesellschaften bezeichnet werden. Gesamthandsgemeinschaften treten in der Rechtsform des nicht rechts­ fähigen Vereins, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der Offenen Handelsgesellschaft (OHG), der Kommanditgesellschaft (KG), der Euro­ päischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung, der Partnerschaftsge­ sellschaft, der Gütergemeinschaft und der Erbengemeinschaft auf.600 2. Begriff der „rechtsformspezifischen Differenzierung“ Das deutsche Ertragsteuerrecht ist nicht für jede Art von Betätigung ein­ heitlich konzipiert, insbesondere besteht auch für wirtschaftliche Betäti­ gungen kein homogenes Besteuerungsregime.601 Wie das Ergebnis einer Tätigkeit im Einzelnen besteuert wird, hängt im Wesentlichen602 von der Rechtsform des Unternehmensträgers603 ab. Weder die Steuersubjektivi­ engen Begriffsverständnis aus: Weinelt, Rechtsformneutralität der Unternehmens­ besteuerung, 9, versteht darunter die Organisationsformen der Kapitalgesellschaft, der Personengesellschaft und des Einzelunternehmens. Lehmann, Rechtsformen und Wirtschaftstypen der privaten Unternehmung, 12 (zitiert nach Walz, Emp­ fiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutach­ ten für den 53. Deutschen Juristentag, F 9) definiert die Rechtsform als „Gesamt­ heit von Rechtssätzen, die sich auf die Unternehmungsstruktur beziehen, in denen wirtschaftliche Unternehmungen ihr juristisches Dasein führen“ und hat damit auch ein enges Begriffsverständnis. 596 Vgl. z.B. Vogt, Neutralität und Leistungsfähigkeit, 17; Stiehler, Unternehmensteu­ erreform 2008: eine Analyse der Rechtsformneutralität der Unternehmensbe­ steuerung, 1; Petersen, Einfluss der Besteuerung auf die Wahl der Organisations­ form, 5. 597 Vgl. Schmidt, in: Münchener Kommentar zum HGB, § 1, Rz. 38. 598 Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck‘scher Online-Kommentar BGB, § 21, Rz. 6. 599 Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck‘scher Online-Kommentar BGB, § 21, Rz. 6. 600 Schöpflin, in: Bamberger/Roth, Beck‘scher Online-Kommentar BGB, § 21, Rz. 7. 601 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 95: „Von einer „Einheit der Unterneh­ mensteuerrechtsordnung“ kann keine Rede sein“. 602 Im Detail vgl. C.IV.1.a), C.VI.1, C.VII.1.a). 603 Zur Unterscheidung zwischen Unternehmen und Unternehmensträger Graß, Un­ ternehmensformneutrale Besteuerung, 17 ff.

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I.  Eingrenzung der Themenstellung

tät noch die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen oder der Tarif sind für alle Rechtsformen einheitlich geregelt, so dass im Ergebnis deutliche Unterschiede in der Steuerlast bestehen können. Jede gesetzgeberische Entscheidung, die für einen bestimmten Sachverhalt unterschiedliche steuerliche Rechtsfolgen abhängig von der zivilrechtlichen Rechtsform vorsieht, soll für die Zwecke dieser Arbeit unter den Begriff der rechts­ formspezifischen Differenzierung fallen. Rechtsformspezifische Differenzierungen können in diversen Erschei­ nungsformen auftreten. Zum einen kann es sich um Differenzierungen handeln, die im Wesentlichen allein an die Rechtsform anknüpfen und keine anderen – insbesondere tätigkeitsbezogenen – Kriterien verwen­ den. Dazu ist beispielsweise die tatbestandliche Bezugnahme des KStG auf die Rechtsform der Körperschaft zu zählen. Für diese Form soll hier der Begriff der „rein rechtsformspezifischen“ Differenzierung verwendet werden. Zum anderen kann es sich um Unterscheidungen handeln, die zwar eine bestimmte Rechtsform voraussetzen, aber gleichzeitig andere Anknüpfungskriterien verwenden. Ein Beispiel dafür ist § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG, der auf die Rechtsform der Genossenschaft sowie auf die Tätigkeit der Wohnungsüberlassung abstellt. Diese Differenzierungen sollen hier als „auch rechtsformspezifisch“ bezeichnet werden. Ferner sind Konstellationen denkbar, in denen eine Differenzierung nach der Rechtsform erfolgt, diese aber mittelbar einen ganzen Sektor betrifft. Dies könnte der Fall sein, wenn eine bestimmte Rechtsform typischer­ weise von einem speziellen Wirtschaftszweig als Organisationsform ge­ wählt wird.604 Hier ist nur vordergründig von einer rechtsformspezifi­ schen Differenzierung zu sprechen, tatsächlich wird aus beihilferechtlicher Sicht die mittelbar sektorielle Unterscheidung von Bedeutung sein. In dieser Arbeit soll der Schwerpunkt auf rein rechtsformspezifische Dif­ ferenzierungen gelegt werden.605 Bei ihnen ist in der Regel der Grund der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung in der Rechtsform selbst be­ gründet, so dass ihre Überprüfung die größte Aussagekraft für einen ver­ allgemeinernden Befund zur Beihilferelevanz rechtsformspezifischer Dif­ ferenzierungen haben wird. Sowohl bei auch rechtsformspezifischen Unterscheidungen als auch bei mittelbar sektoriellen Differenzierungen ist die Rechtsform nur eines von mehreren Kriterien, daneben beruht die besondere steuerliche Behandlung meist auf einer bestimmten Tätig­ 604 Dazu Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 84. Ein Beispiel findet sich auch in der Auf­ forderung der Kommission zur Stellungnahme, ABl. EU 2005 Nr. C 89/15, insbe­ sondere Rz. 23 ff. 605 Auch rechtsformspezifische Differenzierungen werden nur im Rahmen der Analy­ se der Rechtsprechung, Kommissionspraxis und Literatur (C.III.) mit besprochen. Die Ergebnisse daraus werden unter C.VIII.2 und D.I. zusammengefasst.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

keit606 bzw. dem Sektor. In diesen Fällen liegt der beihilferechtliche Fo­ kus nicht auf der Rechtsform, sondern auf der Selektivität im Hinblick auf die Tätigkeit oder den Sektor.607 Meist wird hier die Beihilfequalität schon aufgrund dieses Selektivitätskriteriums zu bejahen sein, so dass lediglich eine eingeschränkte Aussage zur Beihilferelevanz der Differen­ zierung nach der Rechtsform getroffen werden kann. Insbesondere geht der Aussagegehalt nicht über denjenigen der Untersuchung der allgemei­ neren und in der Gesetzeskonzeption vorgelagerten Differenzierung, die allein aufgrund der Rechtsform erfolgt, hinaus.608 3. Ausgewählte rechtsformspezifische Differenzierungen Ziel dieser Arbeit ist es nicht, alle genannten Rechtsformen609 auf ihre steuerliche Behandlung hin zu untersuchen. Vielmehr ist eine Eingren­ zung der zu prüfenden Sachverhalte im Hinblick auf das Ziel der Arbeit, aus den Einzeluntersuchungen verallgemeinerungsfähige Aussagen ab­ zuleiten, notwendig. Dabei ist zum einen die Bedeutung der zivilrechtli­ chen Rechtsform im Rechtsverkehr, zum anderen das Ausmaß der Un­ terschiede in der steuerlichen Behandlung in Rechnung zu stellen. Ferner soll die Untersuchung auf Sachverhalte gewerblicher Tätigkeit610 be­ schränkt sein. Dies liegt zum einen nahe, da die Inanspruchnahme unter­ schiedlicher Rechtsformen in der Praxis vor allem im Bereich gewerbli­ cher Betätigung eine Rolle spielt. Zum anderen tritt ein Großteil der rein rechtsformspezifischen Differenzierungen innerhalb des deutschen Steu­ ersystems in diesem Feld auf, so dass sich hier die meisten Vergleichspaa­ re finden lassen. Der Bereich ist deshalb für die Untersuchung von beson­ 606 So z.B. bei § 5 Abs. 1 Nrn. 10 und 14 KStG und § 25 KStG. 607 Generalanwalt Jääskinen geht davon aus, dass in Fällen der mittelbar sektoriellen Differenzierung das Kriterium der Rechtsform und das Kriterium der Begünsti­ gung bestimmter Unternehmen oder Sektoren ineinander aufgehen, vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 84. 608 Dies gilt nicht für Fälle, in denen der Steuergesetzgeber nicht an eine zivilrechtli­ che Rechtsform anknüpft, sondern eine rein steuerrechtliche „Rechtsform“ mit einer bestimmten Tätigkeit verknüpft. Solche gesetzlichen Vorgaben existieren in der deutschen Unternehmensbesteuerung soweit ersichtlich nicht. 609 Vgl. C.I.1. 610 Im Sinne des § 15 Abs. 2 und 3 EStG und § 8 Abs. 2 KStG. Diese Vorgehensweise wählt auch Dötsch, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Ge­ dächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 7, 16. Die Beschränkung bringt bei Personengesellschaften und Einzelunternehmern eine Einengung auf Unterneh­ men eines bestimmten Umfangs mit sich; dies kann die beihilferechtliche Proble­ matik der Selektivität aufgrund der Beschränkung auf Unternehmen bestimmter Größenordnungen aufwerfen, vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011 I-07671, Rz. 76; Generalanwalt Mengozzi, Schlussanträge vom 22.12.2010, C-279/08 P, Kommission/Niederlande, Slg. 2011, I-07671, Rz. 41.

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I.  Eingrenzung der Themenstellung

derer Relevanz. Schließlich würde eine die Einkunftsarten übergreifende Betrachtung genauso wie die Einbeziehung auch rechtsformspezifischer Differenzierungen die Analyse solcher Differenzierungen, die ihren Grund in der Rechtsform selbst haben, erschweren.611 Der Fokus soll da­ bei auf der laufenden Besteuerung unterschiedlicher Rechtsformen lie­ gen, während aperiodische Vorgänge ausgeblendet bleiben.612 Überdies wird die Prüfung auf Personensteuern begrenzt, während die Gewerbe­ steuer als Realsteuer nicht behandelt wird. Diese Einschränkung erfolgt zum einen, weil nicht zu erwarten ist, dass aus der Untersuchung der Gewerbesteuer zusätzliche allgemeine Aussagen abgeleitet werden kön­ nen. Zum anderen werden die Unterschiede in der Gewerbesteuerbelas­ tung zwischen Personenunternehmern und Kapitalgesellschaften weit­ gehend durch § 35 EStG nivelliert.613 Ferner wären die Ergebnisse nicht über das deutsche Steuerrecht hinaus relevant, da die Konzeption der Gewerbesteuer im deutschen Steuerrecht ein nationales Phänomen ohne vergleichbares Pendant in anderen EU-Ländern ist.614 Dies vorausgesetzt ist der erste Prüfungsgegenstand die dualistische Be­ steuerung unternehmerischer Betätigung, also die Differenzierung zwi­ schen Personenunternehmern – dies sind Einzelunternehmer sowie Ge­ sellschafter von Personengesellschaften – einerseits und Körperschaften andererseits.615 Prüfungsgegenstand sind ferner Differenzierungen inner­ halb der Besteuerung von Personenunternehmern einerseits und Körper­ schaften andererseits. Hier soll auf die Regelung des § 15 Abs. 3 EStG sowie die steuerlichen Besonderheiten der Besteuerung von Genossen­ schaften und die Sonderstellung der KGaA eingegangen werden. 611 So soll eine ceteris paribus-Untersuchung ermöglicht werden. 612 Die Untersuchung der laufenden Besteuerung sollte ausreichen, um die wesentli­ chen beihilferechtlichen Problemfelder rechtsformabhängiger Besteuerung aufzu­ zeigen. 613 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 99. 614 Vgl. bereits Heckt/Sander, Vorschläge zur weiteren Strukturverbesserung der Ge­ werbesteuer, 22. 615 Zu einer ähnlichen Begrenzung des Untersuchungsumfangs kommt Lauterbach, Ein neues Unternehmenssteuerrecht für Deutschland?, 9. Die Besteuerung wirt­ schaftlicher Tätigkeit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts soll in dieser Arbeit nicht untersucht werden, weil der Grund der rechtsformabhängigen Besteuerung nicht die zivilrechtliche Rechtsform ist, sondern die Einordnung des Unternehmensträgers als öffentlich-rechtlich. Vgl. dazu z.B. Lang, in: Festschrift für Werner Wiesner, 237; EuG, Urteil vom 11.06.2009, T-222/04, Italien/Kommis­ sion, Slg. 2009, II-01877; Entscheidung der Kommission, 4.07.2006, 2006/748/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 307/219. Ferner sollen innerhalb der Gruppe der Gesellschaf­ ten nur diejenigen untersucht werden, die Unternehmensträger sein können, vgl. dazu Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 19 Fn. 12, 13. Die Steuerbe­ freiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, die wohl vor allem für gemeinnützige, mildtä­ tige oder kirchliche Stiftungen und Vereine greift, soll nicht untersucht werden. Auch hier ist der Grund der auch rechtsformspezifischen Besteuerung nicht die zivilrechtliche Rechtsform, sondern die Förderung bestimmter Zwecke.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

II. Allgemeine Zweifelsfragen im Rahmen der beihilferecht­ lichen Untersuchung rechtsformspezifischer Besteuerung Bei der beihilferechtlichen Untersuchung rechtsformspezifischer Besteu­ erung treten vorab Fragen auf, die sich wiederkehrend bei allen Einzelun­ tersuchungen stellen und daher einheitlich beantwortet werden können. Dazu gehören die Fragen, wie sich zum einen die zivilrechtliche Wahl­ freiheit im Hinblick auf die Rechtsform und zum anderen die Unmög­ lichkeit, einen exakten Beihilfebetrag festzustellen, auf die beihilferecht­ liche Betrachtung auswirken. 1. Bedeutung der zivilrechtlichen Wahlfreiheit der Unternehmen Zunächst könnte die Möglichkeit der Wirtschaftsteilnehmer, ihre zivil­ rechtliche Rechtsform frei zu wählen, der Qualifizierung rechtsformspe­ zifischer Differenzierungen als staatliche Beihilfen entgegenstehen.616 Die Folgen einer Wahlmöglichkeit der Steuerpflichtigen wurden bisher nur in wenigen Sachverhalten thematisiert. In der Rs. Banks617 hatte der EuGH u.a. über die Gewährung von Beihilfen beim Erwerb von Lizenzen und Nutzungsrechten zu entscheiden. Er stellte dabei fest, dass eine Er­ werbsmöglichkeit ohne Gegenleistung des Unternehmens eine Beihilfe sei618, während die Wahlmöglichkeit bezüglich verschiedener Formen des Erwerbs gegen Gegenleistung nicht die Voraussetzungen des Beihilfe­ verbots erfülle.619 Zur Begründung wurde folgende Überlegung angeführt: „Keine dieser Formen erscheint a priori grundsätzlich günstiger als eine andere. Das jeweilige Interesse an einer bestimmten Form hängt von einer Reihe wirtschaftlicher, technischer, kaufmännischer und finanzieller Parameter ab, die weitgehend auf Vorausschätzungen be­ ruhen und von den einzelnen Wirtschaftsteilnehmern im Rahmen ihrer konkreten Wettbewerbssituation so genau wie möglich bewer­ tet werden müssen. Je nach den Marktgegebenheiten kann sich die getroffene Wahl als mehr oder weniger klug erweisen und einen Wett­ bewerber gegenüber einem anderen begünstigen oder benachteiligen. Ein solcher Vor- oder Nachteil ergibt sich dann jedoch unmittelbar aus dem Spiel des Wettbewerbs und daraus, ob die Vorausschätzun­ gen der verschiedenen Wirtschaftsteilnehmer zutrafen. Da die ver­ 616 In den sogleich besprochenen Fällen wird diese Frage im Rahmen des Tatbestands­ merkmals der Begünstigung diskutiert. Denkbar wäre aber auch, sie im Hinblick auf die staatliche Veranlassung zu klären. Dies kann hier mangels Entscheidungs­ relevanz letztlich offen bleiben. 617 EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117. Die Entschei­ dung betrifft Art. 4 lit. c EGKSV. 618 EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 41 ff. 619 EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 47 ff.

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II.  Allgemeine Zweifelsfragen

schiedenen Formen allen Wirtschaftsteilnehmern unterschiedslos zur Verfügung stehen oder standen, kann aus einem solchen System, bei dem mehrere Formen des Erwerbs gleichartiger Rechte nebenein­ ander bestehen, keine Wettbewerbsverzerrung abgeleitet werden.“620 Diese Argumentation ist nach Ansicht der Kommission621 jedoch nicht übertragbar auf Fälle, in denen trotz Wahlmöglichkeit bereits a priori von der Vorteilhaftigkeit einer der Wahlmöglichkeiten auszugehen ist – so beispielsweise bei Steuerbefreiungen.622 Die dargestellten Überlegungen scheinen auf den ersten Blick auch auf die Rechtsformwahl zuzutreffen, da viele unterschiedliche Parameter re­ levant werden, um die Vorteilhaftigkeit einer bestimmten Rechtsform zu bestimmen. Diese hängt stets von den individuellen wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnissen eines Unternehmens623 und der entspre­ chenden Prognose ab, so dass eine allgemeine Antwort selten möglich sein wird. Somit könnte die Beihilfeeigenschaft rechtsformspezifischer Differenzierungen nach dieser Rechtsprechung von vorneherein auszu­ schließen sein. Diese Annahme kann jedoch nicht überzeugen. Auch bei rechtsformspe­ zifischen Differenzierungen können Fälle auftreten, in denen trotz der Wahlmöglichkeit bereits a priori von der Vorteilhaftigkeit einer Rechts­ form auszugehen ist. Dies ist beispielsweise bei einer vollständigen ­subjektiven Steuerbefreiung der Fall. Hier wäre, insbesondere nach An­ sicht der Kommission, eine Ausnahme von der Rechtsprechung in der Rs.  Banks zu machen und vom sicheren Vorliegen einer Begünstigung auszugehen. Die Rechtsprechung kann ferner in zweierlei Hinsicht nicht auf rechts­ formspezifische steuerliche Differenzierungen übertragen werden. Zum einen betraf die Rs. Banks direkte Einzelbeihilfen in Form der Erteilung 620 EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 49 f. Auf diese Argumentation bezog sich auch die Kommission in ihrer Entscheidung be­ treffend „Exempt Holdings“, vgl. Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47. 621 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47. 622 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 68: „In diesem Zusammenhang hält die Kommission den Verweis der luxemburgischen Behörden auf das Urteil Banks für nicht relevant. In dieser Rs. erschien a priori keine der verschiedenen Möglichkeiten der Anwendung be­ stimmter Besteuerungen als vorteilhafter. Im vorliegenden Fall muss jedoch da­ von ausgegangen werden, dass eine Befreiung grundsätzlich vorteilhafter als eine Besteuerung der Einkünfte ist. Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die Exempt 1929 Holdings mit Sicherheit und nicht nur eventuell Belastun­ gen nicht zu tragen haben, die sie üblicherweise zu tragen hätten.“ 623 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 1.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

von Lizenzen und Nutzungsrechten624, während es sich bei rechtsform­ spezifischen Differenzierungen um Beihilfeprogramme625 handelt. Bei deren Untersuchung erscheint es nicht sinnvoll, ihre Beihilfequalität al­ lein deshalb abzulehnen, weil die begünstigende Wirkung auf hypotheti­ schen Annahmen beruht. Der Beihilfeuntersuchung solcher abstrakter Regelungen ist es gerade immanent, rein hypothetische Sachverhalte zu betrachten, ohne die konkrete Inanspruchnahme der Regelungen durch die Betroffenen vorhersehen zu können.626 Für eine derartige Beihilfeprü­ fung kommt es daher zwingend auf die Betrachtung der vom Gesetzgeber geschaffenen Rahmenbedingungen unter der hypothetischen Annahme tatsächlicher Umstände an. Zu diesen Umständen gehört auch die Situa­ tion, wie sie sich nach der Ausübung einer Wahlmöglichkeit darstellt. Legt man dies zugrunde, darf es keinen Unterschied machen, ob die Her­ beiführung dieser tatsächlichen Situation durch die bewusste Wahl ­beabsichtigt oder lediglich Auswirkung tatsächlichen Verhaltens war. Das tatsächliche Verhalten von Wirtschaftsteilnehmern, das bestimmte rechtliche Folgen nach sich zieht, ist ebenso wenig vorhersehbar wie die Inanspruchnahme einer Wahlmöglichkeit. Die mangelnde Vorhersehbar­ keit der Vorteilswirkung war aber gerade die Begründung des EuGH für die Ablehnung des Beihilfecharakters. Hier eine Unterscheidung zu zie­ hen, erscheint daher jedenfalls für die Untersuchung von Beihilfepro­ grammen627 nicht sinnvoll. Aufgrund des Umstands, dass es bei Beihilfe­ programmen stets um hypothetische Sachverhalte geht, sollte daher nicht zwischen hypothetischen Sachverhalten, die durch eine Wahl her­ beigeführt wurden, und sonstigen hypothetischen Umständen unter­ schieden werden. Zum anderen besteht im Fall rechtsformspezifischer steuerlicher Rege­ lungen letztlich keine „echte“ Wahlfreiheit. Bei der Untersuchung steu­ erlicher Beihilferegelungen sind zwei Ebenen zu betrachten. Die zivil­ rechtliche, die im Grundsatz eine Wahlmöglichkeit gewährt, und die steuerrechtliche. Bereits die Ausübung der zivilrechtlichen Wahl ist mit Kosten verbunden, die die Marktteilnehmer unterschiedlich hoch belas­ ten. Dieser Umstand verengt die Rechtsformwahl. Hinzu kommt, dass die zivilrechtliche Wahlmöglichkeit aufgrund ihrer steuerlichen Folgen faktisch stark einschränkt und oft sogar bestimmt wird.628 Die Vernei­ 624 EuGH, Urteil vom 20.09.2001, C-390/98, Banks, Slg. 2001, I-06117, Rz. 9. 625 Dazu B.II.2.a)bb). 626 Dass sie Beihilfen darstellen können, wird aber nirgendwo bezweifelt, vgl. nur Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 47. 627 Die Argumentation kann i.Ü. auch für Einzelbeihilfen angezweifelt werden. 628 Vgl. dazu Kirchhof, in: Ebling, DStJG 24, 9, 25; Birgelen, Die Beeinträchtigung der handelsrechtlichen Gestaltungsfreiheit durch das Steuerrecht, 4 ff. Anders wohl Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unterneh­

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II.  Allgemeine Zweifelsfragen

nung der Beihilfequalität der steuerlichen Regelungen aufgrund der zivil­ rechtlichen Wahlfreiheit wäre somit ein Zirkelschluss und kann nicht überzeugen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der EuGH in der Rs. Deutschland/Kommission.629 Nach den dortigen Ausführungen lasse die Tatsache, dass zwischen einer staatlichen Maßnahme, dem Bereitstellen einer Vergünstigung, und deren Wirkung eine selbstständige Entschei­ dung des Steuerpflichtigen stehe, den Zusammenhang zwischen der staatlichen Maßnahme und dem Vorteil nicht entfallen. In wirtschaftli­ cher Betrachtung ändern sich die Marktbedingungen zugunsten des Steu­ erpflichtigen gerade wegen des Verzichts auf Steuereinnahmen.630 Schließlich entspräche es nicht dem Sinn und Zweck des Beihilferechts, bei Bestehen einer Wahlmöglichkeit im Hinblick auf die Inanspruchnah­ me einer Begünstigung automatisch die Anwendung des Art. 107 AEUV auszuschließen. Als Teil des Wettbewerbsrechts zielt das Beihilferecht auf die Verwirklichung des Binnenmarktes durch den Schutz des Wettbe­ werbs vor Verfälschungen. Ein Markt ist jedoch von der Wahlfreiheit (z.B. der Vertragspartner) und der Freiwilligkeit sogar der Teilnahme am Markt geprägt. Würde nun das Beihilfeverbot Begünstigungen nicht erfassen, die an auf dieser Wahlfreiheit beruhendes Verhalten anknüpfen, würde ein Großteil des per definitionem zum Markt gehörenden Verhaltens nicht vom Beihilfeverbot erfasst. Dies ließe für einen wesentlichen Teil des Binnenmarktes den Wettbewerbsschutz entfallen, was dem telos des Beihilfeverbots und der Idee des Binnenmarktes zuwiderliefe. Im Ergebnis steht daher die Möglichkeit der Wirtschaftsteilnehmer, ihre zivilrechtliche Rechtsform frei zu wählen, der Qualifizierung rechts­ formspezifischer steuerlicher Differenzierungen als staatliche Beihilfe nicht entgegen.631

men?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 14, der auf die Wahlmög­ lichkeit im Hinblick auf die Steuerfolgen, die aus der zivilrechtlichen Wahlfrei­ heit folge, abstellt. 629 EuGH, Urteil vom 19.09.2000, C-156/98, Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-06857. 630 Zum Ganzen EuGH, Urteil vom 19.09.2000, C-156/98, Deutschland/Kommissi­ on, Slg. 2000, I-06857, Rz. 27. 631 Im Kontext der Untersuchung von Beihilfeprogrammen ist auch darauf hinzuwei­ sen, dass weder eine große Anzahl von Begünstigten noch die mangelnde abstrak­ te Feststellbarkeit des Begünstigtenkreises der Einordnung als Beihilfe entgegen­ stehen, vgl. zur Anzahl der Begünstigten EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-75/97, Belgien/Kommission (Maribel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 32; EuGH, Urteil vom 08.11.2001, C-143/99, Adria-Wien-Pipeline, Slg. 2001, I-08365, Rz. 48; Lang, in: Festschrift für Werner Doralt, 233, 235; zur Handhabung der Kommission im Hin­ blick auf die abstrakte Feststellbarkeit Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafis­ kalische Abgaben, Rz. 265, der diesem Ansatz kritisch gegenübersteht.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

2. Mangelnde Feststellbarkeit eines Beihilfebetrages Bei der Untersuchung rechtsformspezifischer Differenzierungen wird es in der Regel schwierig bis unmöglich sein, die exakte Höhe des Beihilfe­ betrages zu bestimmen. Auch dieser Umstand folgt aus der Tatsache, dass die Höhe der Regelsteuerlast und der begünstigten Steuerlast von vielen verschiedenen Einflussgrößen abhängen632, die sich erst im indivi­ duellen Anwendungsfall konkretisieren, aber bei der Beurteilung des Bei­ hilfeprogramms noch nicht feststehen. Deshalb ist es im Rahmen der abstrakten Untersuchung – abgesehen von der hypothetischen Unterstel­ lung bestimmter Parameter, wie sie in Belastungsvergleichen vorgenom­ men wird633 – nicht möglich, die Differenz zwischen beiden Beträgen und somit die Höhe der konkreten Beihilfe zu errechnen. Hier könnte argu­ mentiert werden, dass aufgrund dieses Umstands das Vorliegen einer Be­ günstigung abzulehnen sei. Dies ist jedoch nicht überzeugend. Sowohl nach der Rechtsprechung als auch in der Kommissionpraxis und Literatur wird sinnvollerweise davon ausgegangen, dass bei der Untersuchung von Beihilfeprogrammen der ­exakte Betrag der Begünstigung „weder ex-ante noch ex-post genau quan­ tifizierbar sein“634 muss. Insbesondere wird dazu ausgeführt, dass bei Bei­ hilfeprogrammen eine Einzelfallprüfung nicht notwendig sei.635 So stellt der EuGH fest: 632 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 1. So kann sich z.B. eine Begünstigung auf Ebene der Bemessungsgrundlage bei progressiven Steuertarifen je nach Progressionsbereich unterschiedlich hoch auswirken, vgl. Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 81 f.; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 60. 633 Vgl. z.B. Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 567 f., 579 f., 665 ff. 634 Entscheidung der Kommission, 21.01.1998, 98/476/EG, ABl. EG 1998 Nr. L 212/50, 54; EuGH, Urteil vom 14.10.1987, 248/84, Deutschland/Kommission, Slg. 1987, 04013, Rz. 18; ähnlich EuGH, Urteil vom 19.10.2000, C-15/98, C-105/99, Italien und Sardegna Lines/Kommission, Slg. 2000, I-08855, Rz. 51; EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-75/97, Belgien/Kommission (Maribel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 48; Generalanwalt Saggio, Schlussanträge vom 27.01.2000, C-156/98, Deutsch­ land/Kommission, Slg. 2000, I-06857, Rz. 23; Sutter, in: Andersson/Eberhartinger/ Oxelheim, National tax policy in Europe, 121, 123; Sutter, Das EG-Beihilfenver­ bot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 49; Sutter, in: Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 83, 86; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfe­ vorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 59. Zu Prognoseschwierigkeiten vgl. auch Lang, in: Lüdicke/Schön, Praxis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, 85, 113. 635 Entscheidung der Kommission, 17.2.2003, 2003/601/EG, Abl. EU 2003 Nr. L 204/51, Rz. 30; Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 126. Teilweise kehrt sich sogar die Prüfrichtung zu Lasten der Mitgliedstaaten um, wenn die Kommission, um den Beihilfecharakter auszuschließen, verlangt,

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II.  Allgemeine Zweifelsfragen

„Im Falle eines Beihilfeprogramms kann sich die Kommission darauf beschränken, die Merkmale dieses Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob es wegen hoher Beihilfebeträge oder -sätze, wegen der Merkmale der geförderten Investitionen oder wegen anderer in dem Programm vorgesehener Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und so beschaffen ist, daß es seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten be­ teiligen.“636 Diese Konstellation, in der das Vorliegen einer zukünftigen Einzelbeihil­ fe von der untersuchten Steuerregelung als fester Einflussgröße, daneben aber von veränderlichen tatsächlichen Umständen abhängt, wird z.T. als „gemischte Konfiguration“637 bezeichnet. Obwohl die zukünftige Be­ günstigung von mehreren Variablen abhängt, die zum Teil außerhalb der angegriffenen Regelung liegen („regelungsexterne Faktoren“638), kann be­ reits die abstrakte Steuerregelung als feststehende Einflussgröße beihilfe­ rechtlich untersucht werden. Hier wird es als ausreichend erachtet, dass die Regelung zu einem Vorteil führen könnte639, wenn die Begünstigung unmittelbar mit den Merkmalen zusammenhängt, die der Ausnahme­ steuerregelung innewohnen.640 Aus dieser Analyse ist zu schließen, dass die mangelnde Feststellbarkeit eines konkreten Beihilfebetrages der beihilferechtlichen Untersuchung rechtsformspezifischer steuerlicher Differenzierungen nicht entgegen­ steht. Vielmehr kann auch eine abstrakte Steuerregelung daraufhin über­ prüft werden, ob durch sie Begünstigungen gewährt werden können.

dass das Vorliegen eines Vorteils in jedem Einzelfall ausgeschlossen werden kann, vgl. Entscheidung der Kommission, 21.01.1998, 98/476/EG, ABl. EG 1998 Nr. L 212/50, 54, und Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, 49. 636 EuGH, Urteil vom 14.10.1987, 248/84, Deutschland/Kommission, Slg. 1987, 04013, Rz. 18; ähnlich EuGH, Urteil vom 19.10.2000, C-15/98, C-105/99, Italien und Sardegna Lines/Kommission, Slg. 2000, I-08855, Rz. 51; EuGH, Urteil vom 17.06.1999, C-75/97, Belgien/Kommission (Maribel), Slg. 1999, I-03671, Rz. 48. 637 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.09.2011, C81/10 P, France Télé­ com, Slg. 2011 I-12899, Rz. 59 638 EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 27. 639 EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 19 ff. Der EuGH stellt zwar zunächst darauf ab, dass die Maßnahme zu einem Vorteil führen konnte und auch tatsächlich dazu geführt hat, stellt aber in Rz. 22 seines Urteils fest, dass die Beihilferegelung schon im Zeitpunkt ihres Erlasses als staatliche Beihilfe eingestuft werden kann, ohne dass die Gewährung der Beihilfe und damit ihre tatsächliche Auswirkung abzuwarten ist. 640 EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 25.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Diese Rechtsprechung überzeugt insbesondere in Anbetracht des Prü­ fungsumfangs, der sich ergäbe, müsste die Beihilfeprüfung bereits auf­ grund der mangelnden Feststellbarkeit des Beihilfebetrags abgebrochen werden. Aufgrund der abstrakt-generellen Natur der Steuergesetze wären lediglich solche Gesetze beihilferechtlich überprüfbar, die eine Steuer­ gutschrift in einer konkreten Höhe gewähren. Andere Regelungen wie beispielsweise Freibeträge, Abschreibungsmöglichkeiten oder Steuer­ satzsenkungen könnten von vorneherein nicht erfasst werden. Dies ist mit dem telos des Beihilfeverbots, dem umfassenden Schutz des Wettbe­ werbs im Binnenmarkt vor Verfälschungen, nicht vereinbar.

III. Rechtsprechung der Europäischen Gerichte, Kommissionspraxis und Literaturmeinungen im Hinblick auf rechtsformspezifische Besteuerung Im Folgenden soll ein Überblick über die Literatur, Kommissionspra­ xis641 und Rechtsprechung der Europäischen Gerichte zu rechtsformspe­ zifischen Differenzierungen in den Steuersystemen der Mitgliedstaaten gegeben werden. Die Entscheidungen und Urteile sollen dargestellt und bewertet werden, auf die Erarbeitung einer eigenen Lösung der Einzelfäl­ le wird verzichtet. 1. Literatur In der Literatur gibt es bislang wenig vertiefte Auseinandersetzung mit der Thematik steuerlicher rechtsformspezifischer Differenzierungen.642 Zwar hat bereits Ruppe in seiner Arbeit zum Abgabenrecht als Len­ kungsinstrument die Frage aufgeworfen, ob die Belastung bestimmter Rechtsformen mit Gewerbesteuer oder die Doppelbelastung von Körper­ schaften eine Begünstigung der Nichtbelasteten sei.643 Auch in aktuellen beihilferechtlichen Diskussionen taucht der Gedanke auf, dass rechts­ formabhängige steuerliche Unterscheidungen, zum Beispiel zwischen Körperschaft- und Einkommensteuer, beihilferechtlich problematisch sein könnten.644 641 Zudem wird auch eine Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde bespro­ chen. 642 So bereits Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 90 Fn. 349. Diese Aussage beansprucht nach wie vor ihre Gültigkeit. 643 Ruppe, in: Verhandlungen des Achten Österreichischen Juristentages, Das Abga­ benrecht als Lenkungsinstrument der Gesellschaft und Wirtschaft und seine Schranken in den Grundrechten, 56 m.w.N. 644 Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 116; Staringer, in: Verhandlun­ gen des 17. Österreichischen Juristentages, Diskussionsbeitrag, 72 f., der aber gleichzeitig in Frage stellt, dass unterschiedliche Rechtsformen geeignete Ver­ gleichspaare bilden können.

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III. Meinungsstand

Dabei gibt es einige Stimmen, die von der beihilferechtlichen Relevanz rechtsformabhängiger Besteuerungskriterien ausgehen, sie im Einzelnen aber unterschiedlichen Voraussetzungen des Beihilfeverbots zuordnen. Sehr allgemein stellt Jaeger dazu fest, dass aus der Rechtsform einer wirt­ schaftlichen Tätigkeit „kein Vorteil gezogen werden“ dürfe.645 Ferner wird von einigen Autoren verlangt, dass im Rahmen des Beihilfeverbots wegen des wirkungsorientierten Ansatzes formale Kriterien wie die Rechtsform keine Berücksichtigung finden dürfen.646 Dem ist die allge­ meine Kritik am Verständnis des wirkungsorientierten Ansatzes647 ent­ gegenzuhalten sowie auch der Umstand, dass rechtsformspezifische Dif­ ferenzierungen Teil der inneren Logik des Systems sein können und deshalb in der Beihilfeprüfung zum Tragen kommen müssten. Andere Stimmen gehen, allerdings ohne vertiefte Begründung, davon aus, dass eine Differenzierung nach der Rechtsform die Selektivität einer Maßnah­ me begründe.648 Thömmes nimmt wohl an, dass rechtsformspezifische Begünstigungen selektiv sein können, unterstellt aber gleichzeitig, dass eine Regelung, die für alle Körperschaftsteuersubjekte gelte, nicht rechts­ formspezifisch sei.649 Hier ist zum einen zu beachten, dass vor der Dis­ kussion der Selektivität zunächst die Feststellung des Ausnahmecharak­ ters einer Maßnahme notwendig ist, dessen Vorliegen nicht offensichtlich erscheint. Zum anderen überzeugt es nicht, ohne nähere Begründung die Personengesellschaften von vorneherein aus der Vergleichsgruppenbil­ dung auszuschließen und ausschließlich die Körperschaftsteuersubjekte heranzuziehen. M. Lang verortet die Problematik auf Ebene der System­ immanenzprüfung und argumentiert, dass auf den ersten Blick einzelne „Ertragsteuersysteme“650 für natürliche Personen, Körperschaften des privaten Rechts und Körperschaften des öffentlichen Rechts existieren, 645 Jaeger, Beihilfen durch Steuern und parafiskalische Abgaben, Rz. 61, allerdings nicht allgemein im Hinblick auf rechtsformspezifische Besteuerung, sondern be­ züglich der Frage nach der Unternehmereigenschaft von natürlichen Personen. 646 Rodi, Die Subventionsrechtsordnung, 153; Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihil­ fevorschriften des EG-Vertrages für die direkte Unternehmensbesteuerung, 33. Es ist unklar, ob diese Autoren tatsächlich auf die Rechtsform von Unternehmen ab­ stellen oder allgemein die Rechtsform der Gewährung einer Beihilfe meinen. Da­ für spricht vor allem der Verweis Rodis auf Götz, Recht der Wirtschaftssubventio­ nen, 21, der lediglich von der „Form der Beihilfe“ spricht. Letztere kann aber auch die Rechtsform von Unternehmen als Mittel der Beihilfegewährung umfassen, so dass dieses Argument genauso für die Rechtsform von Unternehmen gelten muss. 647 Vgl. B.IV.1.a)cc). 648 Birkenmaier, Die Vorgaben der Beihilfevorschriften des EG-Vertrages für die di­ rekte Unternehmensbesteuerung, 165; Sánchez Rydelski, EC Tax Review 2010, 149, 151; Micheau, EC Tax Review 2008, 276, 277 Fn. 8; Linn, IStR 2008, 601, 605; Graziano, in: Salvini, Aiuti di stato in materia fiscale, 226; Raab, Das EU-Beihil­ fenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 228. 649 Thömmes, DB 2001, 775, 776. 650 Lang, in: Festschrift für Werner Wiesner, 237, 242.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

die keiner gemeinsamen Logik unterlägen651. Jedoch wäre nach M. Lang eine Beihilfeprüfung ausschließlich innerhalb dieser einzelnen Systeme der Wirkung des Beihilferechts abträglich, da das gesamte Sondersteuer­ system der Beihilfekontrolle entzogen wäre.652 Aus diesem Grund müsse Ausgangspunkt der beihilferechtlichen Betrachtung sein, dass alle Steu­ ersubjekte der Ertragsbesteuerung unterliegen.653 Dieser Argumentation ist insofern zuzustimmen, als dass die Unterscheidung nach Rechtsfor­ men einem Steuersystem nicht zwingend immanent ist. Jedoch ist im Rahmen der Beihilfeprüfung gerade zu klären, ob diese Unterscheidung Teil des fraglichen Steuersystems ist. Ist dies der Fall, so muss es aus beihilferechtlicher Sicht unproblematisch sein, dass ein Subsystem nicht mit anderen Subsystemen verglichen werden kann. Das Subsystem ist auch nicht vollständig der Beihilfekontrolle entzogen, sondern nur im Hinblick auf die anfängliche Differenzierung nach der Rechtsform. Wer­ den innerhalb des Subsystems Beihilfen gewährt, unterliegen diese wie­ derum dem Beihilfeverbot. In der Diskussion wird auch vertreten, dass rechtsformspezifische Diffe­ renzierungen beihilferechtlich nicht relevant seien. Hier wird meist recht allgemein und ohne Begründung darauf verwiesen, dass solche Maßnahmen nicht selektiv seien654, weil sie nicht zwischen Unterneh­ men differenzieren.655 Diese Argumentation greift jedoch zu kurz, da eine Besteuerung nach der Rechtsform zwar nicht unmittelbar zwischen kon­ kreten Unternehmen unterscheidet, jedoch mittelbar zwischen Gruppen von Unternehmen. Rossi-Maccanico hingegen geht zwar davon aus, dass eine Begünstigung für die Societas Europaea selektiv sei656 und verlangt, dass eine Maßnahme unabhängig von der Rechtsform anwendbar sein müsse657, erkennt aber gleichzeitig Transparenz- und Trennungsprinzip sowie steuerliche Sonderregelungen für Stiftungen und gegenseitige Ge­

651 Lang, in: Festschrift für Werner Wiesner, 237, 242 f. In der vorgelegten Arbeit wer­ den diese als Subsysteme bezeichnet. 652 Lang, in: Festschrift für Werner Wiesner, 237, 243; Lang, in: Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtli­ chen Beihilferechts auf das Steuerrecht, 7, 30, im Hinblick auf die Besteuerung von Körperschaften öffentlichen Rechts; zustimmend Raab, Das EU-Beihilfenver­ bot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 230. 653 Lang, in: Festschrift für Werner Wiesner, 237, 243. 654 Hancher, EStAL 2003, 365, 367, die eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes als allgemeine Maßnahme einordnet, aber gleichzeitig verlangt, dass die Maßnahme auf „alle Unternehmen“ anzuwenden sein müsse. Vgl. auch Rode, Steuervergüns­ tigungen, Beihilfen und Steuerwettbewerb, 325; Seer, zitiert nach Olshagen, IWB 2015, 589, 590, allerdings beide ohne Begründung. 655 Mamut, Konkurrentenschutz im Abgabenrecht, 97. 656 Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 230. 657 Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 238.

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III. Meinungsstand

nossenschaften658 als Grundprinzipien der Besteuerung an.659 Diese Aus­ sagen sind widersprüchlich und können, auch wegen mangelnder Be­ gründung, in der Diskussion nicht weiterhelfen. Ausführlicher setzt sich Jansen mit der Thematik auseinander und ord­ net die Besteuerung der Erzielung von Gewinnen als grundlegende Belas­ tungsentscheidung ein.660 Er folgert daraus, dass die Körperschaftsbesteu­ erung Ausdruck dieser Grundentscheidung sei.661 Problematisch daran sei aber, dass auch Personengesellschafter Gewinn erzielen und nach dieser Logik beide Vorgänge wirtschaftlich vergleichbar wären.662 Jansen geht daher von einem einheitlichen Besteuerungssystem aus und lehnt die Rechtsform als Differenzierungskriterium für ein Untersystem ab. Letztlich verneint er die Voraussetzung der Selektivität663 mit der Be­ gründung, dass die Gruppe von Unternehmen, die einer bestimmten Rechtsform angehören, nicht hinreichend abgrenzbar sei, weil die Rechtsform allen Arten von Tätigkeiten offenstehe.664 Es handle sich vielmehr um eine allgemeine Maßnahme.665 Ähnlich ist auch Schön zu verstehen, der die Selektivität einer Differenzierung zwischen Körper­ schaften und Personengesellschaften sowie Einzelunternehmern mit der Begründung verneint, dass die Begünstigung keinen Bezug zum Inhalt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens aufweise.666 Diese Ar­ gumentation ist im Grundsatz überzeugend, es wird jedoch im Weiteren zu klären sein, ob nicht bereits aus anderen Gründen ein Untersystem für bestimmte Rechtsformen anzuerkennen ist. In diese Richtung argu­ mentiert Bacon, die die Problematik unter dem Gesichtspunkt der Ab­ grenzung „echter“ Beihilfen von Regeln, die die Parameter eines Systems definieren, verortet. Sie vertritt, dass die Definition einer „Körperschaft“ und eines entsprechend eigenen Systems für steuerliche Zwecke im Ver­ gleich zu anderen Rechtsformen wie Personengesellschaften Teil der Festlegung des allgemeinen Steuersystems und deshalb beihilferechtlich irrelevant sei.667 Dies erscheint im Ergebnis überzeugend, bedarf aber ein­ 658 Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 244. 659 Rossi-Maccanico, EStAL 2004, 229, 240. Ähnlich sieht Rubini, The definition of subsidy and state aid, 302, die Definition von Körperschaften für steuerliche Zwe­ cke als rein technische Regel und damit als Ausdruck der Logik des Systems. 660 Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 87. 661 Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 87. 662 Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 89. 663 Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 90. 664 Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 121. 665 Jansen, Vorgaben des europäischen Beihilferechts für das nationale Steuerrecht, 121. 666 Schön, in: Koenig/Roth/Schön, Aktuelle Fragen des EG-Beihilfenrechts, Beiheft ZHR, 106, 127; Schön, CMLR 1999, 911, 933. 667 Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.129. Ähnlich Tomat, EStAL 2012, 462, 466, die davon ausgeht, dass es sich per se nicht um vergleichbare Sachver­ halte handelt, wenn die Bemessungsgrundlage anders gestaltet ist.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

gehender Begründung.668 Gleichzeitig weist Bacon jedoch darauf hin, dass ein großer Unterschied in der Steuerlast von Körperschaften und Personengesellschaften durchaus beihilfeverdächtig sein könne, da ein Steuersystem Steuerneutralität zwischen Unternehmen schaffen solle. Dieses Argument erscheint jedoch als petitio principii, da bei der Unter­ suchung rechtsformspezifischer Differenzierungen gerade die Frage zu beantworten ist, ob das Beihilferecht Steuerneutralität in der Behandlung verschiedener Rechtsformen verlangt. Aus einer Zusammenschau beider Aussagen kann daher lediglich abgeleitet werden, dass nach Ansicht Bacons eine formale Differenzierung nach Rechtsformen zulässig sein soll, während eine zu große Differenzierung in der Steuerlast beihilferechtlich zu beanstanden wäre. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Literaturmeinungen zum Thema rechtsformspezifischer Differenzierungen uneinheitlich, vor al­ lem aber oft undifferenziert sind und kaum an den Tatbestandsmerkma­ len des Beihilfeverbots argumentieren. Vielmehr scheinen sie oft ergeb­ nisorientiert. Eine systematische Aufarbeitung der Thematik soll deshalb im Folgenden unternommen werden. 2. Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung vom 10. Dezember 1998 In der Mitteilung der Kommission zur direkten Unternehmensbesteue­ rung669 wird die Problematik rechtsformspezifischer Differenzierungen nicht umfassend behandelt. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass Maßnahmen, die wirtschaftlich tätige und in der Rechtsform öffent­ licher Unternehmen agierende Wirtschaftsteilnehmer begünstigen, Bei­ hilfen sein können.670 In diesem Zusammenhang geht die Kommission auch allgemein auf die Existenz rechtsformabhängiger Steuervorschrif­ ten in verschiedenen Mitgliedstaaten ein. Sie kann deshalb so verstanden werden, dass nicht nur Sonderregelungen für öffentliche Unternehmen unter den Beihilfeverdacht fallen, sondern auch andere rechtsformspezi­ fische Differenzierungen.671 Zur Frage der prima facie-Selektivität rechts­ 668 Dazu unten C.IV.2.a)bb). 669 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3. 670 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 19. 671 Möglicherweise auch so zu verstehen: Bericht über die Umsetzung der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, 9.2.2004, C(2004)434, Rz. 26, in dem auf „Unternehmensformen“ abgestellt wird.

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III. Meinungsstand

formabhängiger Besteuerung äußert sich die Kommission nicht, viel­ mehr geht sie unmittelbar auf die Möglichkeit der Rechtfertigung durch Systemimmanenz ein. Die Natur des Steuersystems könne rechtfertigen, dass Unternehmen ohne Erwerbscharakter wie Stiftungen oder Verbände nicht der Gewinnbesteuerung unterliegen, weil und wenn sie keinen Ge­ winn erzielen.672 Dies gelte auch für Genossenschaften, die ihren gesam­ ten Gewinn an ihre Mitglieder verteilen, wenn er bei diesen der Besteue­ rung unterliege.673 Dem kann entnommen werden, dass die Kommission Systeme, die die Besteuerung von der Gewinnerzielung abhängig ma­ chen, als beihilferechtlich zulässig erachtet.674 Auch Typisierungen, nach denen bestimmte Rechtsformen zur Gewinnerzielung fähig sind und an­ dere nicht, sind danach wohl beihilferechtlich nicht zu beanstanden. Die Aussage zu den Genossenschaften ist so zu verstehen, dass die Kommis­ sion die transparente Besteuerung von Körperschaften, genauer den Ver­ zicht auf die Besteuerung der Körperschaft unter Überwälzung der Be­ steuerung auf die Mitglieder der Körperschaft, für beihilferechtlich zulässig hält, obwohl Körperschaften grundsätzlich der Körperschaft­ steuerpflicht unterliegen. Transparenz- und Trennungsprinzip scheinen damit unabhängig von der Rechtsform beliebig austauschbar. Dies er­ scheint, zumindest im deutschen Steuerrecht, aufgrund der Anknüpfung des Steuerrechts an das Zivilrecht fragwürdig. Es wird im Weiteren zu klären sein, ob das deutsche Steuersystem unter Einhaltung der beihilfe­ rechtlichen Grenzen Transparenz- und Trennungsprinzip ohne Bezug zur Rechtsform verwenden kann.675 Über die konkreten Fragestellungen hinaus zeigt sich an den Aussagen der Kommission zu den auf Gewinnerzielung basierenden Systemen und Genossenschaften erneut, dass rechtsformspezifische Differenzierungen nicht per se als systemimmanent eingeordnet werden, sondern dass eine Rechtfertigung dafür, in diesem Fall ein dahinter stehendes Prinzip wie das der Voraussetzung der Gewinnerzielung, gefordert wird. Zusammen­ fassend ist daher aus der Mitteilung der Kommission zu schließen, dass rechtsformspezifische Differenzierungen unter das Beihilfeverbot fallen, jedoch durch die Logik des Systems gerechtfertigt sein können. Dies ist 672 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 25. 673 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 25. 674 Dies bestätigend EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/ Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 80: „Die Voraussetzung der Gewinnerzielung […] sind als solche jedoch unterschiedslos auf alle Wirtschaftsteilnehmer anwendbare allgemeine Maßnahmen und können daher keine selektiven Vorteile verschaf­ fen.“ 675 Dazu C.IV.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

insbesondere bei Unterscheidungen nach der Möglichkeit der Gewinn­ erzielung und für Genossenschaften bei der Ersetzung des Trennungsdurch das Transparenzprinzip der Fall. Den Ausführungen der Kommission kann zwar im Ergebnis zugestimmt werden. Kritisch zu bewerten ist jedoch, dass die Aussagen nicht am Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV festgemacht werden und einer ent­ sprechend ausführlichen Begründung entbehren. Ferner entspricht die beliebige Austauschbarkeit von Trennungs- und Transparenzprinzip kei­ nem Grundsatz des Steuerrechts, so dass die Ausführungen zur Genos­ senschaft nicht überzeugen. 3. Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (2016) In ihrer Bekanntmachung zum Beihilfebegriff aus dem Jahr 2016676 stellt die Kommission ohne nähere Begründung fest, dass das Kriterium der Rechtsform grundsätzlich zu einer de-jure-Selektivität führen könne.677 Ferner legt sie, jedoch wiederum ohne detaillierte Begründung, dar, dass das Bezugssystem der Regelbesteuerung nicht das gesamte Steuersystem sein müsse. Insbesondere könne beispielsweise das Körperschaftsteuer­ system ein Bezugssystem sein.678 Daraus wäre zu schließen, dass die steuerliche Unterscheidung zwischen Personenunternehmen und Kör­ perschaften beihilferechtlich unschädlich wäre, da keine gemeinsame Regelbesteuerung bestünde. Ferner geht sie unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Paint Graphos679 davon aus, dass Genossenschaften, die bestimmte Vo­ raussetzungen im Hinblick auf den Gegenseitigkeitszweck680 erfüllen, sich nicht in einer mit Handelsgesellschaften vergleichbaren Lage befinden.681 676 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1. 677 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 121. 678 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 134. 679 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611. Dazu unten C.III.12. 680 Genossenschaften haben i.d.R. eine mutualistische Ausrichtung. Dies bedeutet im deutschen Genossenschaftsrecht, dass ihr Hauptzweck die Förderung ihrer Mitglieder ist, vgl. Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsge­ setz, § 1 GenG, Rz. 4; für die Europäische Genossenschaft vgl. Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Ge­ nossenschaft (SCE), ABl. EU 2003 Nr. L 207/1 Rz. 10. 681 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 158 f., auch zu den einzel­ nen Voraussetzungen.

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III. Meinungsstand

Steuerbefreiungen für Genossenschaften, die diese Bedingungen nicht er­ füllen, seien jedoch systemimmanent und daher gerechtfertigt, wenn ihr gesamter Gewinn an die Mitglieder ausgeschüttet und bei diesen ver­ steuert würde.682 Auch hier erachtet die Kommission somit die transpa­ rente Besteuerung der Genossenschaften nicht als Beihilfe. Die Kommission geht ferner auf die Beihilferelevanz transparenter Be­ steuerungsmodelle für Organismen für gemeinsame Anlagen ein. Darun­ ter fallen beispielsweise von einer Verwaltungsgesellschaft verwaltete Investmentfonds, Trusts, Investmentgesellschaften oder REITs.683 Nach Ansicht der Kommission seien solche Besteuerungsmodelle nicht selek­ tiv, wenn ihre Wirkung in der Reduzierung der wirtschaftlichen Doppel­ belastung684 liege. Denn sie tragen zur Steuerneutralität bei, die hier ­darin bestehe, alle Steuerpflichtigen unabhängig von der Form ihrer In­ vestition gleichzustellen, also direkte und indirekte Anlagen über ent­ sprechende Organismen neutral zu behandeln.685 Aus der Bekanntmachung ist zusammenfassend zu schließen, dass die Kommission Subsysteme für bestimmte Rechtsformen wie die Körper­ schaft akzeptiert. Im Hinblick auf Genossenschaften verneint sie für die­ jenigen, die mutualistischen Grundsätzen entsprechen, die Selektivität. Für andere Genossenschaften wiederholt sie, dass die transparente Be­ steuerung bei den Mitgliedern ausreiche. Transparente Besteuerungsmo­ delle für Anlageunternehmen sind nach Ansicht der Kommission nicht selektiv, weil sie zur Steuerneutralität beitragen. Den Ausführungen ist im Hinblick auf die Möglichkeit des Bestehens von Subsystemen zuzustimmen. Allerdings fehlt es hier an einer Begrün­ dung an den Tatbestandsmerkmalen des Beihilfeverbots. Überzeugend sind im Ergebnis auch die Aussagen zu mutualistischen Genossenschaf­ ten, deren Besteuerung jedoch bereits der Ausnahmecharakter fehlen

682 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 160. 683 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Fn. 238 und Fn. 246. 684 durch Körperschaft- und Einkommensteuer. 685 Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe nach Arti­ kel 107 Absatz 1 AEUV, ABl. EU 2016 Nr. C 262/1, Rz. 162 ff. Anders aber noch Kommission und EuG in einem Fall, der Beihilfen zugunsten bestimmter Unter­ nehmen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren betraf, die auf Anlagen in bör­ sennotierten Gesellschaften mit geringer oder mittlerer Kapitalisierung speziali­ siert waren, vgl. EuG, Urteil vom 04.03.2009, T-445/05, Risparmio gestito, Slg. 2009, II-00289. Hier wurde die Selektivität aufgrund der Beschränkung auf Gesell­ schaften mit geringer oder mittlerer Kapitalisierung bejaht, weil Gesellschaften mit hoher Kapitalisierung im Hinblick auf die gemeinsame Anlageform vergleich­ bar seien.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

kann, so dass es auf die Selektivität nicht ankommt.686 Dies übersieht die Kommission. Ihre Ansicht zu nicht-mutualistischen Genossenschaften ist aus den oben genannten Gründen687 abzulehnen. Dies gilt auch für den Ausschluss transparenter Besteuerungsmodelle für Anlageunterneh­ men aus dem Anwendungsbereich des Beihilfeverbots. Zum einen ist nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang die Steuerneutralität oder die Vermeidung der Doppelbelastung mit der Vergleichbarkeit der Unter­ nehmen stehen. Diese Überlegungen können allenfalls im Rahmen der Ausnahme- oder Rechtfertigungsprüfung zum Tragen kommen. Über­ dies sind weder das Ziel der Steuerneutralität noch dasjenige der Vermei­ dung von Doppelbelastungen mit Charakteristika von Anlageunterneh­ men enger verbunden als mit denjenigen anderer Unternehmen. Sie können daher die transparente Besteuerung nicht rechtfertigen.688 4. Entscheidung der Kommission 2006/940/EG vom 19. Juli 2006 betreffend „Exempt Holdings“ Die Entscheidung 2006/940/EG689 betraf luxemburgische Steuerbefreiun­ gen für Holdinggesellschaften, die in der Rechtsform von Kapitalgesell­ schaften oder Genossenschaften organisiert waren und ausschließlich bestimmte, gesetzlich vorgegebene Tätigkeiten690 ausübten.691 Personen­ gesellschaften konnten die Steuerbefreiung nicht in Anspruch nehmen.692 Die Kommission analysierte, dass diese Befreiungen in Ausnahme von den normalerweise anzuwendenden Vorschriften Vorteile gewährten.693 Sie stufte die Maßnahmen als selektiv ein, weil nur Unternehmen, die ausschließlich den gesetzlich festgelegten Tätigkeiten nachgingen, von der Ausnahme profitierten.694 Auch die übrigen Voraussetzungen des ­Beihilfeverbots sah die Kommission als erfüllt an und bejahte deshalb das Vorliegen einer Beihilfe. Auf die Möglichkeit, die Selektivität der Be­ freiung mit der Beschränkung des Begünstigtenkreises auf bestimmte 686 Vgl. dazu unten C.VI.2. 687 C.III.2. 688 Näher dazu unter C.III.8. 689 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47. 690 Dazu zählten die Beteiligungsverwaltung und Finanzierungstätigkeiten, vgl. Ent­ scheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 27, 32 f. 691 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 25 ff. 692 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 25. 693 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 56, 60 ff. 694 Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 74, 81.

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III. Meinungsstand

Rechtsformen zu begründen, ging die Kommission nicht ein. Daraus sollte jedoch nicht geschlossen werden, dass die Kommission ein derarti­ ges Selektivitätskriterium ablehnt. Seine Erörterung war hier schlicht nicht erforderlich, da es sich um eine auch rechtsformspezifische Diffe­ renzierung handelte und es für die Bejahung der Beihilfequalität aus­ reichte, auf die tätigkeitsbezogene Selektivität abzustellen. Zusammen­ fassend kann deshalb der Kommissionsentscheidung zu den „Exempt Holdings“ keine weitergehende Aussage zu rechtsformspezifischen Dif­ ferenzierungen entnommen werden. 5. Entscheidung der Kommission 2007/256/EG vom 20. Dezember 2006 betreffend französische Groupement d‘intérêt économique (GIE) In ihrer Entscheidung 2007/256/EG695 hatte die Kommission über die Beihilfequalität einer französischen Regelung zu entscheiden, die eine grundsätzlich geltende Abschreibungsgrenze zugunsten von Finanzie­ rungen von Wirtschaftsgütern, die über eine GIE durchgeführt wurden, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen696 aufhob. Ein GIE (Wirt­ schaftliche Interessenvereinigung zu Steuerzwecken) ist ein Zusammen­ schluss von Unternehmen in der Form einer Personengesellschaft, der eigene Rechtspersönlichkeit besitzt697, und dessen Ziel es ist, die wirt­ schaftliche Tätigkeit seiner Mitglieder zu fördern, aber nicht, eigene Zie­ le zu verfolgen oder selbst Gewinn zu erzielen.698 Nach Auffassung der Kommission führte dies zu einem Vorteil in Form der Verringerung der steuerlichen Bemessungsgrundlage bei den Mitgliedern des GIE.699 Die­ ser Vorteil wurde von der Kommission als sektoriell selektiv zugunsten des Verkehrs- und Finanzsektors eingeordnet700, so dass das rechtsform­ spezifische Kriterium – wie im Fall der „Exempt Holdings“701 – nicht aus­ schlaggebend war. Dennoch zählte die Kommission die Beschränkung auf die Rechtsform des GIE als einen zusätzlichen Aspekt zur Begrün­

695 Entscheidung der Kommission, 20.12.2006, 2007/256/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 112/41. 696 So mussten die Wirtschaftsgüter über eine Mindestdauer abschreibbar und die In­ vestition von erheblichem wirtschaftlichem und sozialem Interesse sein, vgl. Ent­ scheidung der Kommission, 20.12.2006, 2007/256/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 112/41, Rz. 11 f. 697 Entscheidung der Kommission, 22.09.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 300/15, 16. 698 L 251-1 du Code de commerce. 699 Entscheidung der Kommission, 20.12.2006, 2007/256/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 112/41, Rz. 91. 700 Entscheidung der Kommission, 20.12.2006, 2007/256/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 112/41, Rz. 123. 701 Vgl. C.III.3. Genauso wie dort handelt es sich hier um eine auch rechtsformspezifische Differenzierung.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

dung der Selektivität auf.702 Daraus lässt sich schließen, dass die Kom­ mission dieses Kriterium als beihilferechtlich relevant einordnet. Gleich­ zeitig bleibt aber offen, ob das Kriterium als solches ausreichen würde, um die Selektivität in einem Fall rein rechtsformspezifischer Differen­ zierung zu begründen. Die Entscheidung reiht sich zwar in die sonstigen Aussagen der Kommis­ sion zur möglichen Beihilferelevanz rechtsformspezifischer Differenzie­ rungen ein. Gleichzeitig entsteht jedoch ein Widerspruch zu ihren Aus­ sagen zu mutualistischen Genossenschaften. Denn der GIE erfüllt wie diese ausschließlich den Zweck der Förderung der Mitglieder, der nach Ansicht der Kommission die Selektivität entfallen lässt. Dies müsste da­ her auch für den GIE gelten. Ausführungen dazu fehlen jedoch in der Entscheidung der Kommission. 6. Entscheidung der Kommission 2007/493/EG vom 7. Februar 2007 betreffend sizilianische Genossenschaften Die Entscheidung 2007/493/EG703 behandelte eine Senkung des Satzes der IRAP (imposta regionale sulle attività produttive), einer regionalen Wertschöpfungsteuer, für auf Sizilien ansässige Genossenschaften und private Sicherheitsdienste. Die Kommission bejahte das Vorliegen eines Vorteils in Form der Senkung der Steuerlast.704 Zur Selektivität führte die Kommission aus, dass die Maßnahme eine tätigkeitsbezogene Selekti­ vität im Hinblick auf private Sicherheitsdienste aufweise, aber auch be­ züglich der Genossenschaften selektiv sei:705 Die Maßnahme verschaffe „lediglich sizilianischen Genossenschaften einen Vorteil, während sizili­ anische Unternehmen, die in beliebigen Wirtschaftszweigen tätig und nicht als Genossenschaft organisiert sind, aus dem Kreis der möglichen Empfänger ausgeschlossen sind.“706 Hier war das einzige in Frage kom­ mende Selektivitätskriterium die Rechtsform der Genossenschaft; dieses ließ die Kommission ausreichen. In der Darstellung bleibt unklar, ob die Kommission eine klassische Abgrenzbarkeits- oder eine Vergleichbar­ keitsprüfung vornimmt. Geht man von einer Vergleichbarkeitsprüfung aus, wird als Kriterium die wirtschaftliche Betätigung als solche herange­ 702 Entscheidung der Kommission, 20.12.2006, 2007/256/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 112/41, Rz. 109, 123; so bereits Aufforderung der Kommission zur Stellungnahme, ABl. EU 2005 Nr. C 89/15, Rz. 25. 703 Entscheidung der Kommission, 07.02.2007, 2007/493/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 183/41. 704 Entscheidung der Kommission, 07.02.2007, 2007/493/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 183/41, Rz. 36. 705 Entscheidung der Kommission, 07.02.2007, 2007/493/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 183/41, Rz. 39; regionale Selektivität steht hier nicht in Frage, vgl. Rz. 38. 706 Entscheidung der Kommission, 07.02.2007, 2007/493/EG, ABl. EU 2007 Nr. L 183/41, Rz. 39.

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III. Meinungsstand

zogen, die alle Wirtschaftsteilnehmer unabhängig von ihrer Rechtsform in einer Vergleichsgruppe zusammenführt. Die wirtschaftliche Betäti­ gung in unterschiedlichen Rechtsformen führt nicht dazu, dass die Un­ ternehmen als nicht mehr vergleichbar gelten und somit die Selektivität zu verneinen ist. Im Rahmen einer klassischen Abgrenzbarkeitsprüfung wird die Rechtsform der Genossenschaft als hinreichendes Abgrenzungs­ kriterium eingeordnet, das geeignet ist, die Begünstigten anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen. Die Ausführungen der Kommission entbehren einer genauen Begrün­ dung zur Selektivität. Sie sind aber insofern weiterführend, als die Kom­ mission zum ersten und bisher einzigen Mal eine rein rechtsformspezifische Differenzierung als Beihilfe identifiziert hat. Dies steht allerdings in Widerspruch zu den anderen Aussagen der Kom­ mission, die für genossenschaftsspezifische Steuervorschriften in der Re­ gel die Selektivität ausschließen oder jedenfalls eine transparente Be­ steuerung als systemimmanent einordnen. Es erscheint zweifelhaft, dass allein die Rechtsform der Genossenschaft als gemeinsames Merkmal aller Begünstigten als spezifische Eigenart eine privilegierte Gruppe ­ ­ausmachen kann.707 Darüber hinaus ist aufgrund des Widerspruchs zur sonstigen Entscheidungspraxis der Kommission wohl nicht von einer Allgemeingültigkeit der Entscheidung auszugehen. 7. Entscheidung der Kommission 2010/13/EG vom 30. September 2009 betreffend das Gesetz zur Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen (MoRaKG) Die Entscheidung 2010/13/EG708 betraf drei Steuerregelungen, die im Rahmen des MoRaKG709 mit der Zielsetzung eingeführt werden sollten, die Bereitstellung privaten Wagniskapitals für eine bestimmte Gruppe von Unternehmen zu fördern710. Dabei handelte es sich um eine Rege­ lung zur Abgrenzung der Gewerbesteuerpflicht von Wagniskapitalgesell­ schaften, eine Befreiung von der Beschränkung des Verlustvortrags bei Beteiligungswechseln für Wagniskapitalgesellschaften sowie eine Ein­ kommensteuervergünstigung für Privatinvestoren, die Gewinne aus der Investition in bestimmte Zielgesellschaften erzielten.711 Entscheidend im Kontext rechtsformspezifischer Differenzierungen ist dabei, dass so­ 707 Die rechtsformspezifische Besteuerung von Genossenschaften wird unter C.V. im Hinblick auf das deutsche Steuerrecht zu behandeln sein. 708 Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32. 709 BGBl. I 2008, 1672. 710 Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32, Rz. 4. 711 Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32, Rz. 5 ff.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

wohl bei Wagniskapitalgesellschaften als auch bei Privatinvestoren die Investition in gesetzlich definierte Zielgesellschaften Voraussetzung der Anwendung der Steuervergünstigungen war. Diese Zielgesellschaften mussten bestimmte Kriterien erfüllen, insbesondere in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft verfasst sein.712 Die Kommission prüfte daher nicht nur die Selektivität auf Ebene der Wagniskapitalgesellschaften und Privatinvestoren selbst713, sondern auch im Hinblick auf die Zielgesell­ schaften. Hier stellte sie fest, dass die vorgesehenen Regelungen die Ziel­ gesellschaften zwar nicht unmittelbar, aber jedenfalls mittelbar selektiv begünstigten. Die Begünstigung liege im erleichterten Zugang zu Risiko­ kapital, das von Wagniskapitalgesellschaften und Privatinvestoren auf­ grund der Steuerersparnis zu besseren und erleichterten Bedingungen gewährt werde.714 Die Regelungen seien selektiv und nicht mit der Logik des Systems vereinbar, weil Zielgesellschaften nur Kapitalgesellschaften sein könnten. Personengesellschaften seien im Hinblick auf das Ziel der Förderung des Zugangs zu Risikokapital vergleichbar, würden aber nicht begünstigt.715 Dies ist die einzige Entscheidung der Kommission, in der ausdrücklich die Selektivität aufgrund der Unterscheidung zwischen Personengesell­ schaften und Kapitalgesellschaften bejaht wird. Hervorzuheben ist dabei, dass die Kommission nicht Differenzierungen zwischen beiden Rechts­ formen generell als selektiv einstuft, sondern die Maßnahmen ausdrück­ lich im Hinblick auf ihr Regelungsziel, der Förderung des Zugangs zu Risikokapital, auf ihre Systemimmanenz hin überprüft. In Bezug auf die­ ses Ziel bestehe kein systemimmanenter Grund für die Unterscheidung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Daraus lassen sich fol­ gende Schlussfolgerungen ziehen: Zum einen entspricht die Systemim­ manenzprüfung der hier vertretenen Auslegung des wirkungsorientier­ ten Ansatzes, da das Regelungsziel in die Betrachtung der Systematik einbezogen wird.716 Dies kann im modifizierten klassischen Ansatz auf die materielle Regel-Ausnahme-Prüfung übertragen werden. Zum ande­ ren geht die Kommission davon aus, dass rein rechtsformspezifische Dif­ ferenzierungen nicht per se Beihilfen sind, sondern nur, wenn der ent­ 712 Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32, Rz. 10. 713 Für diese bejahte die Kommission die Selektivität aufgrund der engen Definition von Wagniskapitalgesellschaften im MoRaKG, aber nicht aufgrund der Rechts­ form, Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32, Rz. 9, 70, 79. 714 Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32, Rz. 75, 85 f. 715 Entscheidung der Kommission, 30.09.2009, 2010/13/EG, ABl. EU 2010 Nr. L 6/32, Rz. 37, 80. 716 Vgl. B.IV.1.a)cc).

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III. Meinungsstand

sprechende Regelungsinhalt keinen Bezug zur Rechtsform aufweist. Dies bedeutet, dass rein rechtsformspezifische Differenzierungen daraufhin zu überprüfen sind, ob sie eine der Rechtsform eigene Besonderheit abbil­ den. Dieser Entscheidung ist in ihrer Argumentation zuzustimmen. Es er­ scheint überzeugend, dass die Rechtsform nicht per se als Unterschei­ dungskriterium für jegliche steuerliche Differenzierung dienen darf. Vielmehr sollte die jeweilige Differenzierung in Zusammenhang mit ei­ nem Charakteristikum der betroffenen Rechtsform stehen. Dies kann beispielsweise eine zivilrechtliche Besonderheit einer Rechtsform sein.717 Die Prüfung anhand der einzelnen Tatbestandsmerkmale weicht jedoch vom modifizierten klassischen Ansatz718 ab. Während hier der Schwer­ punkt der Prüfung auf der Systemimmanenz liegt, wären die entspre­ chenden Argumente im modifizierten klassischen Ansatz bereits im Rahmen der Begünstigungsprüfung zu diskutieren. Abweichend von der Entscheidung der Kommission wäre im modifizierten klassischen An­ satz allerdings die Frage der Selektivität zu beurteilen. Ob die Gruppe der Kapitalgesellschaften als abgrenzbare Gruppe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV eingeordnet werden kann, ist zweifelhaft.719 8. Brief der Kommission vom 12. Mai 2010 betreffend finnische REITS Der Brief der Kommission vom 12. Mai 2010720 untersuchte das finnische Besteuerungsregime für REITs (Residential Real Estate Investment Trusts) auf seine Beihilferelevanz hin. REITs waren nach dem Gesetze­ sentwurf in Finnland steuerpflichtige, börsennotierte Aktiengesellschaf­ ten721, deren Tätigkeit sich im Wesentlichen auf die Vermietung von Wohneigentum beschränken sollte.722 Zudem wurde vorausgesetzt, dass mindestens 90 v. H. des Gewinns an die Aktionäre ausgeschüttet wür­ de.723 Die Besteuerung eines REIT sollte transparent erfolgen. Der REIT selbst sollte von der Körperschaftsteuer befreit sein, während die an na­

717 Vgl. dazu insb. C.IV. 718 Vgl. B.V. 719 Vgl. dazu ausführlich C.VIII. 720 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final. 721 „Public limited corporation“, vgl. Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 11. 722 Die Erfüllung dieser Voraussetzung sollte durch Anforderungen an die Tätigkeiten und die Vermögensstruktur sowie einen Mindestanteil der Mieteinnahmen an den Gesamteinnahmen sichergestellt werden. 723 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 11; auch die weiteren Voraussetzungen sind dort aufgeführt. Der Sachverhalt wird für die Zwecke dieser Arbeit vereinfacht dargestellt.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

türliche Personen ausgeschüttete Dividende bei diesen vollständig724 zum normalen Steuersatz versteuert werden sollte.725 Dies sollte die Doppelbelastung mit Körperschaft- und Einkommensteuer, die in ande­ ren Fällen durch das Teileinkünfteverfahren abgemildert würde, vermei­ den. Die Kommission analysierte, dass die Körperschaftsteuerbefreiung für REITs eine Ausnahme von der regelmäßigen Körperschaftsteuer­ pflicht für Aktiengesellschaften und deshalb einen prima facie selekti­ ven Vorteil im Vergleich zur Besteuerung anderer Aktiengesellschaften darstelle.726 Eine Körperschaftsteuerbefreiung könne jedoch im Grund­ satz durch die Natur des Systems gerechtfertigt werden, wenn die Gesell­ schaft ihren gesamten Gewinn an die Anteilseigner verteile und er bei diesen der Besteuerung unterliege727. Dies sei hier der Fall, weil 90 v. H. des Gewinns verteilt und bei den Anteilseignern des REIT versteuert werden müsse.728 Die Möglichkeit der Bildung von steuerfreien Reserven in Höhe von zehn v. H. des jährlichen Gewinns ändere daran nichts, weil sie nur zu einer aufgeschobenen Besteuerung führe.729 Diese sei aufgrund der typischerweise hohen Fremdfinanzierung von Immobiliengeschäften und der damit einhergehenden Notwendigkeit gerechtfertigt, insbeson­ dere in Situationen eingeschränkt verfügbarer Fremdfinanzierung ausrei­ chend Rückgriff auf Möglichkeiten der Selbstfinanzierung zu haben.730 Ferner sei die Körperschaftsteuerbefreiung auch wegen des Erfordernis­ ses gerechtfertigt, die Investition über einen REIT gleichzustellen mit der Direktinvestition oder der Investition über ein transparentes Vehikel wie eine Personengesellschaft.731 Zuletzt argumentierte die Kommission, dass andere börsennotierte Aktiengesellschaften sich nicht in einer tat­ sächlich und rechtlich vergleichbaren Situation befänden, weil der ge­ setzlich zugestandene Tätigkeitsbereich im Vergleich zu anderen börsen­ notierten Aktiengesellschaften durch strenge Voraussetzungen stark eingeschränkt sei.732 Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Kör­

724 Das auf Anteilseigner anderer Aktiengesellschaften anwendbare Teileinkünftever­ fahren sollte für REIT-Investoren keine Anwendung finden. Die Ausschüttung von Dividenden an körperschaftlich verfasste Anteilseigner sollte bei diesen dem regelmäßigen Körperschaftsteuersatz unterliegen. 725 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 11. 726 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 24 f. 727 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 29, unter Bezugnahme auf die Mitteilung der Kommission zur Unternehmensbesteuerung vom 10.12.1998 und die dortige Aussage zu Körperschaftsteuerbefreiungen für Genossenschaften. 728 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 36. 729 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 32. 730 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 32. 731 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 36. 732 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final, Rz. 38 f. Zu dieser Ent­ scheidung vgl. Luja, Intertax 2012, 120, 122; Vermeulen, EC Tax Review 2011, 155, 157 f.; Raingeard de la Blétière, Revue de droit fiscal 2011, 66, 69 f.

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III. Meinungsstand

perschaftsteuerbefreiung für REITs aus diesen Gründen keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV sei. Diese Argumentation ist in mehrerlei Hinsicht fragwürdig. Zunächst geht die Kommission davon aus, dass der Referenzrahmen der Regel-Aus­ nahme-Prüfung die Besteuerung von Aktiengesellschaften sei, ohne in Betracht zu ziehen, dass ein eigenes Subsystem für REITs geschaffen wor­ den sein könnte. Zur Frage der Selektivität erscheint es im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung geradezu abwegig, als Vergleichskriterium die Tätigkeit der REITs im Verhältnis zu anderen börsennotierten Aktienge­ sellschaften heranzuziehen. Zum einen werden auch Gesellschaften in dieser Rechtsform existieren, die ausschließlich mit der Vermietung von Wohneigentum beschäftigt und deshalb vergleichbar sind, so dass die Ar­ gumentation bereits auf tatsächlicher Ebene nicht überzeugt. Zum ande­ ren ist es gerade Sinn und Zweck des Beihilfeverbots, die Begünstigung gesamter Tätigkeitsbereiche, auch ganzer Wirtschaftszweige733, unter die Kontrolle der Kommission zu stellen. Ein Abstellen auf die Tätigkeit von Unternehmen als zulässiges Differenzierungskriterium in der Vergleich­ barkeitsprüfung widerspricht daher dem telos des Beihilfeverbots.734 Im Hinblick auf die Rechtfertigung durch Systemimmanenz zieht die Kommission das Beispiel der Genossenschaften heran, deren transparen­ te Besteuerung sie bereits in ihrer Mitteilung zur Unternehmensbesteu­ erung als beihilferechtlich zulässig erachtet hat, wenn der gesamte Ge­ winn bei den Mitgliedern verteilt wird. Sie überträgt diese Aussage auf die Rechtsform des REIT, jedoch ohne nähere Begründung. Ein solches Vorgehen führt dazu, dass Transparenz- und Trennungsprinzip unabhän­ gig von der Rechtsform beliebig austauschbar erscheinen. Es ist bereits fraglich, ob diese Argumentation für Genossenschaften überzeugen kann.735 Dies gilt umso mehr für die Besteuerung von REITs, die nicht einmal in einer anderen zivilrechtlichen Rechtsform als andere Aktien­ gesellschaften verfasst sind, wie dies bei Genossenschaften der Fall ist. Aus diesem Grund verfolgen REITs im Gegensatz zu Genossenschaften auch keinen Förderzweck. Ebenso fehl geht die Rechtfertigung der Be­ günstigung mit dem Erfordernis der Gleichstellung von REITs mit Di­ 733 Bacon, European Union Law of State Aid, Rz. 2.120. 734 In der Tat hat die Kommission in ihrer Entscheidung zu den „Exempt Holdings“, vgl. C.III.3, diametral zu ihrer hiesigen Begründung argumentiert und die Be­ schränkung auf Finanzierungstätigkeiten nicht als ein die Vergleichbarkeit aus­ schließendes Kriterium anerkannt. Dies bestätigt auch das Urteil in der Rs. T-445/05, in dem das EuG Steuervergünstigungen für Gesellschaften, deren Tätigkeit sich auf die Verwaltung spezialisierter Anlagestrukturen beschränkte, als selektiv einordnete, vgl. EuG, Urteil vom 04.03.2009, T-445/05, Risparmio ge­ stito, Slg. 2009, II-00289, Rz. 156; dazu insbesondere Luja, European Taxation 2009, 369, 372 f.; Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 112 f. 735 Vgl. C.III.2.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

rektinvestitionen oder Investitionen über transparente Vehikel. Ein ­derartiges Erfordernis ist wohl nicht in der Logik des finnischen Steuer­ systems, das zu Steuerzwecken zwischen intransparenten und transpa­ renten Gesellschaften unterscheidet und diese gerade nicht gleichstellt, angelegt. Da die Argumentation bereits im Grundsatz nicht überzeugen kann, füh­ ren auch die Erwägungen zur Frage der steuerfreien Reserven in Höhe von zehn v.H. des Gewinns nicht weiter. Sie erscheinen jedoch, z.B. im Rahmen einer materiellen Regel-Ausnahme- oder Selektivitätsprüfung im Grundsatz sinnvoll, da auf die Besonderheiten der Rechtsform einge­ gangen wird.736 Allerdings ist dabei zum einen nicht außer Betracht zu lassen, dass das Kriterium der hohen Fremdfinanzierung selbst nach Aus­ sage der Kommission allgemein für Immobiliengeschäfte und nicht nur für solche in der Rechtsform des REIT gilt. Zum anderen erscheint das Argument in wirtschaftlicher Hinsicht nicht tragfähig. Wenn REITs, die üblicherweise mit hoher Fremdfinanzierung arbeiten, in Situationen ein­ geschränkt verfügbarer Fremdfinanzierung auf Eigenmittel zurückgrei­ fen können sollen, so muss dies erst recht und ganz allgemein für Unter­ nehmen gelten, die sich generell vorrangig selbst finanzieren. Deshalb bietet das Kriterium üblicherweise hoher Fremdfinanzierung gerade kein Unterscheidungsmerkmal zu eigenfinanzierten Unternehmen, das die Verschonung der Rücklage gerade bei fremdfinanzierten Unternehmen rechtfertigen könnte. 9. Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde vom 23. Juli 2009 betreffend norwegische Genossenschaften Die Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde vom 23. Juli 2009737 betraf eine steuerliche Regelung für bestimmte Genossenschaften, die Norwegen bei der Behörde angemeldet hatte. Diese Regelung sah für Ge­ nossenschaften in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sowie Bau und für Verbrauchergenossenschaften, die über 50 v. H. ihres Umsatzes aus dem Handel mit Mitgliedern erwirtschaften, für Zuwei­ sungen zum genossenschaftlichen Eigenkapital einen Steuerabzug i.H.v. höchstens 15 v. H. des Einkommens vor, das sich aus dem Handel mit Mitgliedern ergibt.738 Genossenschaften unterliegen in Norwegen der Körperschaftsteuer mit einem Tarif von 28 v. H. Im Rahmen des norwe­ gischen Körperschaftsteuersystems stellen Aktieneinlagen kein steuer­ pflichtiges Einkommen der Körperschaft dar, da diese Einlagen bereits als 736 Dazu siehe Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 112. 737 Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39. 738 Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 40 f.

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III. Meinungsstand

Einkommen des Einlegenden versteuert wurden. Dies gilt nicht für Ge­ nossenschaften, da das norwegische Genossenschaftsgesetz weder die Ausgabe von Aktien noch anderer Wertpapiere vorsieht und der Umfang der Kapitalbeiträge der Mitglieder aufgrund des Grundsatzes der offenen Mitgliedschaft739 begrenzt ist. Diese gesellschaftsrechtliche Besonderheit ergebe sich nach Ansicht der norwegischen Behörden aus den genossenschaftlichen Grundsätzen.740 Die fragliche Steuerregelung führe dazu, dass die steuerlichen Eigenkapi­ talregelungen für Körperschaften auch auf Genossenschaften Anwen­ dung finden und daher keine Beihilfe vorliege.741 Die Überwachungsbe­ hörde dagegen kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei der geplanten Norm um eine Beihilfe i.S.d. Art. 61 Abs. 1 EWR-Abkommen handle. Die Rege­ lung weiche von den allgemeinen Vorschriften der Körperschaftsteuer, die den entsprechenden Abzug nicht vorsehe, ab.742 Es sei zwar denkbar, dass Genossenschaften sich aufgrund ihres mutualistischen Charakters in einer den anderen Körperschaften nicht vergleichbaren Situation be­ finden. Der Gegenseitigkeitscharakter sei bei den Genossenschaften, die in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, jedoch fraglich. Überdies sei die Regelung bereits aufgrund ihrer Beschränkung auf die Rechtsform und bestimmte Sektoren selektiv.743 Sie sei auch nicht aufgrund der Lo­ gik des Systems gerechtfertigt. Insbesondere überzeuge das Ziel der Gleichstellung mit den Eigenkapitalregelungen für andere Körperschaf­ ten nicht, da es sich nicht aus den Grundprinzipien des Steuersystems ableiten lasse. Zudem sei nicht vorgesehen, die Regelung auf alle Genos­ senschaften anzuwenden, die unter dem entsprechenden strukturellen Nachteil litten.744 Zusammenfassend steht die Entscheidung auf einer Linie mit der ­Entscheidungspraxis der Kommission. Rechtsformspezifische Differen­ zierungen unterfallen danach grundsätzlich dem Beihilfeverbot. Genos­ 739 Dieser bedingt, dass die Genossenschaft im Gegensatz zur Personengesellschaft in ihrem Bestand unabhängig vom Ein- und Austritt einzelner Mitglieder ist und im Gegensatz zur Kapitalgesellschaft die Mitgliederzahl nicht im Hinblick auf eine bestimmte Anzahl von Kapitalanteilen begrenzt ist, so Fandrich, in: Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 18 f., zum deutschen Recht. 740 Zum Ganzen Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/ KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 42. 741 Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 43. 742 Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 46. 743 Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 47. 744 Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde, 23.07.2009, 341/09/KOL, ABl. EU 2011 Nr. L 158/39, 48.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

senschaftsspezifische Regelungen können jedoch aufgrund der mutualis­ tischen Natur von Genossenschaften als nicht selektiv eingestuft werden. Dies war im Fall der norwegischen Regelung nach Ansicht der Überwachungsbehörde jedoch mangels Gegenseitigkeitscharakter der betroffenen Genossenschaften nicht der Fall. Auf die Rechtfertigung durch Systemimmanenz im Hinblick auf die Ersetzung des Trennungsdurch das Transparenzprinzip ging die Behörde nicht ein. Die Entscheidung betrifft eine auch rechtsformspezifische Norm. Die Überwachungsbehörde definiert als Referenzsystem die allgemeine Re­ gelung für Körperschaften und stellt davon zu Recht eine begünstigende Ausnahme fest. Sie prüft nicht, ob für Genossenschaften ein Subsystem vorliegen könnte. Dies erscheint aufgrund des Umstands, dass die Rege­ lung nicht auf alle Genossenschaften, sondern nur Genossenschaften be­ stimmter Sektoren Anwendung findet, überzeugend. Ihre Untersuchung der Frage, ob die formale Begünstigung im besonderen gesellschaftsrecht­ lichen Charakter der Genossenschaft begründet sein und damit materiell keine Ausnahme darstellen könnte, fällt jedoch sehr kurz aus. Insbeson­ dere wird die Prüfung der Systemimmanenz, wie sie die Kommission regelmäßig vornimmt, unterlassen. Dies erscheint aber konsequent, weil es keine Anhaltspunkte für eine Besteuerung der Zuweisungen zum ge­ nossenschaftlichen Eigenkapital bei den Mitgliedern gab und daher auch keine transparente Besteuerung in Frage stand. Aufgrund des sektoriell selektiven Charakters der Ausnahme ist auch die kurze Selektivitätsprü­ fung als solche nachvollziehbar. Im Ergebnis kann aus den Feststellun­ gen der Überwachungsbehörde geschlossen werden, dass die Rechtsform zwar ein Selektivitätskriterium darstellen kann, aber rein rechtsformspezifische Sonderregelungen aufgrund bestimmter gesellschaftsrechtli­ cher Charakteristika der Rechtsform – wie dem Gegenseitigkeitszweck der Genossenschaften – aus dem Beihilfeverbot herausfallen können. 10. Rs. Ladbroke Racing, C-83/98 P a) Relevanter Sachverhalt In der Rs. Ladbroke Racing ging es um die Beihilfequalität einer Körper­ schaftsteuerbefreiung für den Pari Mutuel Urbain (PMU), ein von franzö­ sischen Pferderenngesellschaften gegründeter GIE (Groupement d‘intérêt économique – Wirtschaftliche Interessenvereinigung) zur Entgegennah­ me von Pferderennwetten in Frankreich.745 Wie erläutert ist ein GIE ein Zusammenschluss von Unternehmen, der eigene Rechtspersönlichkeit

745 Entscheidung der Kommission, 22.09.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 300/15, 16 f. Un­ tersucht wurden noch weitere Begünstigungen, die hier nicht von Bedeutung sind, vgl. Entscheidung der Kommission, 22.09.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 300/15, 17.

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III. Meinungsstand

besitzt746 und dessen Ziel es ist, die wirtschaftliche Tätigkeit seiner Mit­ glieder zu fördern, aber nicht, eigene Ziele zu verfolgen oder selbst Ge­ winn zu erzielen.747 b) Entscheidung 93/625/EWG der Kommission vom 22. September 1993 Die Kommission ordnete in ihrer Entscheidung748 die Körperschaftsteu­ erbefreiung für den PMU als „eine Folge der normalen Anwendung der allgemeinen Steuerregelung“ ein, da der PMU aufgrund seiner Rechts­ stellung als GIE nicht der Körperschaftsteuer unterliege.749 Diese sehr knappe Begründung der Kommission ist so zu verstehen, dass aufgrund der Rechtsform des PMU als GIE die Steuerbefreiung keine Ausnahmere­ gel, sondern Teil der Regelbesteuerung ist. Dass ein GIE nicht der Kör­ perschaftsteuer unterliegt, wird als Teil des Steuersystems gewertet. Die Kommission geht wohl von einem eigenen Subsystem für die Rechts­ form des GIE oder zumindest für Personengesellschaften, zu denen der GIE zählt750, aus. Diese Auslegung deckt sich mit den Ausführungen der Kommission im Verfahren vor dem EuG, in dem diese vorbrachte, dass die Körperschaftsteuerbefreiung keine Ausnahmeregelung darstelle, da ein GIE nicht über eigenes Vermögen verfüge und steuerlich transparent sei, so dass seine Finanzergebnisse unmittelbar den Mitgliedern zuzu­ rechnen und bei diesen zu versteuern seien.751 In dieser Hinsicht stimmt die Argumentation mit den Aussagen der Kommission in ihrer Mittei­ lung zur Unternehmensbesteuerung752 und ihrem Brief betreffend finni­ sche REITs753 überein, nach denen Transparenz- und Trennungsprinzip unabhängig von der Rechtsform angewendet werden können. Nach die­ sem Verständnis ist es notwendig aber auch ausreichend, dass die Besteu­ erung mindestens auf einer Ebene, derjenigen der Gesellschaft oder der­ jenigen der Mitglieder, stattfindet. Fraglich ist, wie sich die Feststellung der Kommission zu ihrer Entschei­ dung 2007/256/EG754 verhält. Beide scheinen sich auf den ersten Blick zu widersprechen, da das Kriterium der Rechtsform in einem Fall den Aus­ nahmecharakter einer Maßnahme „aufhebt“, im anderen hingegen gera­ 746 Entscheidung der Kommission, 22.09.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 300/15, 16. 747 L 251-1 du Code de commerce. 748 Entscheidung der Kommission, 22.09.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 300/15. 749 Entscheidung der Kommission, 22.09.1993, ABl. EG 1993 Nr. L 300/15, 18. 750 Vgl. C.III.5. 751 EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001, Rz. 86. 752 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3. 753 Brief der Kommission, 12.05.2010, C (2010) 2974 final. 754 Dazu C.III.5. Diese betraf französische GIE.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

de als Selektivitätskriterium herangezogen wird. Der Grund hierfür liegt zum einen sicherlich darin, dass die Kommission kein umfassendes Kon­ zept zur Behandlung rechtsformspezifischer Differenzierungen verfolgt, sondern einzelfallbezogen entscheidet. Zum anderen ist zu beachten, dass in den betroffenen Sachverhalten das rechtsformbezogene Kriterium auf unterschiedlicher Ebene zum Tragen kommt. Im hier vorliegenden Fall der Körperschaftsteuerbefreiung stellt sich bereits beim Tatbestands­ merkmal der Begünstigung die Frage nach einem Subsystem für be­ stimmte Rechtsformen, während die Aufhebung der Abschreibungsgren­ ze im Fall der Entscheidung 2007/256/EG problemlos als Ausnahme eingeordnet und die Rechtsform erst zur Begründung der Selektivität herangezogen wurde. Hier zeigt sich, dass die Beihilfequalität rechts­ formspezifischer Maßnahmen nicht generell beantwortet werden kann, sondern es vom Einzelfall abhängt, bei welchem Tatbestandsmerkmal das Kriterium der Rechtsform ausschlaggebend ist. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Kommission wiederum ein Subsystem für eine Rechtsform anerkannt hat. In Zusammenschau mit der Entscheidung 2007/256/EG kann diese Aussage jedoch nicht für alle Rechtsformen verallgemeinert werden. Vielmehr kann das Kriterium der Rechtsform auf unterschiedlichen Prüfungsebenen Relevanz entfalten. c) Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof Weder das Urteil des EuG vom 27. Januar 1998755 noch die Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas vom 23. November 1999756 und das Urteil des EuGH vom 16. Mai 2000757 enthalten Ausführungen zur Beihilfequa­ lität der Körperschaftsteuerbefreiung, da die Klägerin, die Gesellschaft Ladbroke Racing Ltd., die Entscheidung der Kommission in dieser Hin­ sicht nicht angriff, sondern lediglich beanstandete, dass die Kommission nicht – wie in der klägerischen Beschwerde verlangt – über die Beihilfe­ qualität der Einkommensteuerbefreiung zugunsten der Mitglieder des PMU entschieden hatte.758 Dieses Vorbringen wies das EuG zurück759 und die Klägerin verfolgte es nicht weiter.760

755 EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001. 756 Generalanwalt Cosmas, Schlussanträge vom 23.11.1999, C-83/98 P, Ladbroke ­Racing, Slg. 2000, I-03271. 757 EuGH, Urteil vom 16.05.2000, C-83/98 P, Ladbroke Racing, Slg. 2000, I-03271. 758 EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001, Rz. 84, 90. 759 EuG, Urteil vom 27.01.1998, T-67/94, Ladbroke Racing, Slg. 1998, II-00001, Rz. 94 f. 760 Generalanwalt Cosmas, Schlussanträge vom 23.11.1999, C-83/98 P, Ladbroke ­Racing, Slg. 2000, I-03271, Rz. 9.

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III. Meinungsstand

11. Rs. Cassa di Risparmio di Firenze, C-222/04 a) Relevanter Sachverhalt In der Rs. Cassa di Risparmio di Firenze761 hatte der EuGH u.a. die Bei­ hilfequalität von steuerlichen Vergünstigungen für italienische Einrich­ tungen in der Rechtsform von Bankstiftungen zu beurteilen. Bankstif­ tungen waren juristische Personen des Privatrechts ohne Erwerbszweck in der Rechtsform einer Stiftung, die ausweislich ihrer Satzung aus­ schließlich Zwecke von gesellschaftlichem Nutzen und der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung verfolgten.762 Dabei durften sie keine Bankgeschäfte betreiben und nur Kontrollbeteiligungen an Unterneh­ men halten, die in bestimmten „relevanten Bereichen“ tätig waren.763 Die Bankstiftungen waren aus der Privatisierung öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute hervorgegangen: Diese wurden gesetzlich ermächtigt, ihr Bankgeschäft auf eine privatrechtliche Aktiengesellschaft (Bankgesell­ schaft), deren einzige Aktionäre sie waren, zu übertragen. Die einbrin­ gende Einrichtung war in der Folge nur noch als Bankstiftung tätig764 und musste ihre Beteiligung an der Bankgesellschaft innerhalb einer gesetzli­ chen Frist veräußern.765 Für diese Bankstiftungen galten zwei steuerliche Vorschriften für juristi­ sche Personen des öffentlichen Rechts und Stiftungen, die ausschließlich Zwecke der Wohltätigkeit, Bildung und Erziehung sowie von Wissen­ schaft und Forschung verfolgen766, entsprechend767: zum einen eine Er­ mäßigung der Körperschaftsteuer um 50 v. H.768, zum anderen eine Be­ freiung vom Steuerabzug auf (insbesondere von den Bankgesellschaften) erhaltene Dividendenausschüttungen.769 Die Corte Suprema di Cassazio­ 761 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289. Der Sachverhalt, der sich im Detail aus den Rz. 3 bis 32 ergibt, wird hier vereinfacht dargestellt. 762 Art. 2 Abs. 1 Decreto Legge Nr. 153/99. 763 Art. 3 Decreto Legge Nr. 153/99. Dazu zählten neben Forschung, Bildung, Kunst und Gesundheitswesen zahlreiche weitere, gesellschaftlich relevante Bereiche, vgl. EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 21 f. 764 Zu diesem Vorgang vgl. EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Rispar­ mio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 7 ff. 765 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 27 f. 766 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 5. 767 Art. 12 Abs. 2 Decreto Legge Nr. 153/99. 768 Art. 6 Decreto Legge Nr. 601/73. 769 Art. 10bis Decreto Legge Nr. 1745/62. Die Befreiung vom Steuerabzug geht ohne ausdrückliche Regelung mit der der Körperschaftsteuerermäßigung einher. Dazu vgl. EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 5 f., 31, 38. Im Verfahren vor dem EuGH blieb unklar, ob es sich

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

ne (Italien), die letztinstanzlich über den Antrag einer Bankstiftung auf Befreiung vom Steuerabzug zu entscheiden hatte, legte dem EuGH mit Entscheidung vom 23. März 2004 u.a. die Frage nach der Beihilfequalität der Vergünstigung bei der direkten Besteuerung der eingenommenen Ge­ winne zugunsten der Bankstiftungen vor.770 b) Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 27. Oktober 2005 und Urteil des EuGH vom 10. Januar 2006 Im Rahmen der Prüfung des Art. 107 Abs. 1 AEUV bejahen sowohl Gene­ ralanwalt Jacobs als auch der Gerichtshof zunächst das Tatbestands­ merkmal der Staatlichkeit der Mittel.771 Die Voraussetzungen der Be­ günstigung und der Selektivität werden nicht getrennt voneinander betrachtet, sondern in der Untersuchung vermengt.772 Dabei nimmt der EuGH an, dass die Befreiung vom Steuerabzug773 eine selektive Begünsti­ gung gewähre, weil sie „aufgrund der Rechtsform des Unternehmens – juristische Person des öffentlichen Rechts oder Stiftung – und für Berei­ che gewährt [werde], in denen dieses Unternehmen seine Tätigkeit“774 ausübe. Diese Begünstigung weiche deshalb vom allgemeinen Steuersys­ tem ab und sei nicht durch dessen Natur oder innere Logik gerechtfer­ tigt.775 Insbesondere sei die Abweichung nicht in der Konzeption der Maßnahme oder im Besteuerungsverfahren begründet, sondern beruhe auf der Absicht, im sozialen Bereich verdienstvolle Einrichtungen zu be­ günstigen.776 Anders als der EuGH, der ausdrücklich lediglich auf die all­ um eine Befreiung vom Steuerabzug nach Art. 10 Decreto Legge Nr. 1745/62 oder eine Ausnahme von der Steuereinbehaltung nach Art. 1 Decreto Legge Nr. 1745/62 handelte; dies war aufgrund der Begünstigungswirkung beider steuertechnischer Maßnahmen unerheblich, vgl. Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 27.10.2005, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 101. 770 Zum Vorabentscheidungsersuchen vgl. EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 60. 771 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, 130 ff.; Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 27.10.2005, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 99 f. 772 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 136 f. Der Generalanwalt geht auf den Ausnahmecharakter der Maß­ nahme nicht ein. 773 Wohl nach Art. 10bis Decreto Legge Nr. 1745/62; auf die Ermäßigung der Körper­ schaftsteuer geht der EuGH nicht eigens ein, vgl. EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 133. 774 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 136; vgl. auch Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 27.10.2005, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 102. 775 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 137. 776 EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 137; Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 27.10.2005, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 104.

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III. Meinungsstand

gemeine Befreiung vom Steuerabzug für juristische Personen des öffent­ lichen Rechts oder Stiftungen nach Art. 10bis Decreto Legge Nr. 1745/62 abstellt, geht der Generalanwalt auch auf die entsprechende Vorschrift für Bankstiftungen sowie die Ermäßigung der Körperschaftsteuer ein777 und bejaht ihren Beihilfecharakter mit derselben Begründung. Daraus ist wohl zu schließen, dass bereits die allgemeine Regelung in Hinblick auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und Stiftungen als selektiv eingeordnet wird. Diese Bewertung gilt auch für ihre Erstreckung auf Bankstiftungen. Es handelt sich im zur Entscheidung stehenden Fall um auch rechtsformspezifische Differenzierungen. Sowohl die Befreiung vom Steuerab­ zug für juristische Personen des öffentlichen Rechts und Stiftungen als auch der entsprechende Verweis für Bankstiftungen stellen neben der Rechtsform auf bestimmte Tätigkeiten ab. Erneut werden auch rechtsformspezifische Differenzierungen unter den Beihilfebegriff des Art. 107 Abs. 1 AEUV gefasst. Auch hier ist es bei Analyse der Aussagen des EuGH jedoch nicht möglich, daraus eine Schlussfolgerung für rein rechtsformspezifische Differenzierungen zu ziehen. Etwas anderes könnte für folgende Feststellung des Generalanwalts Jacobs gelten, der, nachdem er die Selektivität der allgemeinen Befreiung vom Steuerabzug wegen der Beschränkung auf bestimmte Rechtsformen und Tätigkeiten bejaht hat, die entsprechende Regelung für Bankstiftungen, die mit der Körper­ schaftsteuerermäßigung einhergeht778, prüft: „Das Gleiche gilt für Artikel 12 des D. Lgs. Nr. 153/99 in Verbindung mit Artikel 6 des Präsidialdekrets Nr. 601/73, soweit er die Ermäßi­ gung der Körperschaftsteuer um 50 % auf Bankstiftungen unter der Voraussetzung erstreckt, dass sie ihre Tätigkeiten auf die relevanten Bereiche beschränken.“779 Die Formulierung „soweit“ könnte so zu verstehen sein, dass Art. 12 Abs. 2 Decreto Legge Nr. 153/99 nur als selektiv gewertet wird, weil und insoweit er die Körperschaftsteuerermäßigung780 ausschließlich solchen Bankstiftungen gewährt, die bestimmte Tätigkeiten verfolgen. Daraus könnte im Umkehrschluss zu folgern sein, dass eine rein rechtsformspezifische Differenzierung zur Begründung der Selektivität nicht ausrei­ chen würde.781 Da dies nur eine mögliche Auslegung der Formulierung 777 Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 27.10.2005, C-222/04, Cassa di Ris­ parmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 103. 778 Vgl. Fn. 766. 779 Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge vom 27.10.2005, C-222/04, Cassa di Ris­ parmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 103. 780 Und damit auch die Befreiung vom Steuerabzug. 781 Dieser Argumentation steht nicht entgegen, dass Bankstiftungen schon nach den gesetzlichen Voraussetzungen bestimmte Tätigkeiten ausüben müssen und damit

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

ist, bleibt letztlich aber offen, wie eine rein rechtsformspezifische Diffe­ renzierung zu bewerten wäre. Zusammenfassend wird mit dem Urteil bestätigt, dass auch rechtsformspezifische Differenzierungen regelmäßig unter das Beihilfeverbot fallen. Die Schlussanträge des Generalanwalts können so ausgelegt werden, dass rein rechtsformspezifische Normen nicht selektiv sind und daher aus dem Beihilfeverbot ausscheiden. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend. Die Ausführungen überzeugen im Grundsatz. Kritisch zu bewerten ist jedoch, dass die Voraussetzungen der Begünstigung und der Selektivität vermengt werden, so dass eine klare Prüfung und Begründung an den Tatbestandsmerkmalen des Art. 107 Abs. 1 AEUV fehlt. Ferner wird nicht immer zwischen den einzelnen Vorschriften und ihrem Beihil­ fecharakter unterschieden, was ebenso wenig zur Klarheit der Untersu­ chung beiträgt. Die erläuterte Auslegung der Schlussanträge des Gene­ ralanwalts im Hinblick auf rein rechtsformspezifische Differenzierungen erscheint überzeugend, da die Rechtsform als alleiniges Abgrenzungskri­ terium regelmäßig nicht ausreichend sein dürfte.782 12. Rs. Paint Graphos, C-78-80/08 a) Relevanter Sachverhalt In der Rs. Paint Graphos783 hatte der EuGH die Beihilferelevanz einer italienischen Steuerregelung für Produktions- und Arbeitsgenossen­ schaften zu beurteilen. Sowohl Genossenschaften als auch andere Kapi­ talgesellschaften784 unterlagen zum Zeitpunkt des Verfahrens in Italien der Körperschaftsteuer (imposta sul reddito delle persone giuridiche, ­IRPEG) sowie der örtlichen Einkommensteuer (imposta locale sui red­ ihre Sonderbehandlung per se auch rechtsformspezifisch ist, selbst wenn sie nicht zusätzlich bestimmte Tätigkeiten voraussetzt. Denn es bestand wohl auch die Möglichkeit, dass Unternehmen in der Rechtsform einer Bankstiftung agierten, obwohl sie ihre Satzung nicht an die gesetzlichen Voraussetzungen angepasst hat­ ten, vgl. Umkehrschluss aus EuGH, Urteil vom 10.01.2006, C-222/04, Cassa di Risparmio di Firenze, Slg. 2006, I-00289, Rz. 31. 782 Dazu unten C.VIII. 783 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611. Für ausführliche Analysen vgl. Tomat, EStAL 2012, 462; Quigley, Intertax 2012, 112; Luja, Intertax 2012, 120; Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 115 f.; Gianoncelli, Rivista di diritto finanziario e scienza delle finanze 2011, 89; Rossi-Maccanico, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 39, 49 f.; Drabbe, in: Rust/ Micheau, State aid and tax law, 87, 96 f. Der Sachverhalt wird für die Zwecke die­ ser Arbeit etwas vereinfacht dargestellt. 784 Genossenschaften zählen nach italienischem Recht zu den Kapitalgesellschaften, vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Fn. 3.

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III. Meinungsstand

diti, ILOR). Soweit ihr Gewinn ausgeschüttet wurde, unterlag er zusätz­ lich bei den Gesellschaftern der Einkommensteuer in Höhe des persönli­ chen Steuersatzes, wobei diese eine Steuergutschrift über den von der Gesellschaft geschuldeten Steuerbetrag erhielten. So kam es letztlich zu einer Einmalbesteuerung in Höhe des persönlichen Steuersatzes der Ge­ sellschafter.785 Für Produktions- und Arbeitsgenossenschaften galt Art. 11 Abs. 1 DPR Nr. 601/73786, wonach ihr Einkommen vollständig von der IRPEG und ILOR befreit war, wenn der Betrag der an Mitglieder gezahlten Gehälter mindestens 60 v. H. der gesamten übrigen Kosten787 ausmachte. Lag dieses Verhältnis zwischen einschließlich 40 v. H. und ausschließlich 60 v. H., so ermäßigten sich IRPEG und ILOR um die Hälfte. Voraussetzung für diese Steuerbefreiung oder -ermäßigung war u.a., dass die Genossenschaften mutualistischen Grundsätzen entspra­ chen, indem sie die Bestimmungen des Art. 26 Legge Basevi in ihre Sat­ zung aufnahmen.788 Diese Steuerbefreiung führte wohl dazu, dass das befreite Einkommen weder bei der Genossenschaft noch beim Genos­ senschaftsmitglied besteuert wurde.789 Die Corte Suprema di Cassazione (Italien), die in mehreren Verfahren über die Gewährung der Befreiung zu entscheiden hatte, legte dem Gerichtshof mit Entscheidungen vom 29. November und 20. Dezember 2007 u.a. die Frage nach der Beihilfequali­ tät des Art. 11 Abs. 1 DPR Nr. 601/73 im Rahmen eines Vorabentschei­ dungsersuchens vor.790

785 Zum Ganzen Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-7880/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 7; mittlerweile gilt im italienischen Steuerrecht ein Teileinkünfteverfahren, vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussan­ träge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Fn. 4. 786 Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 601/73. 787 Mit Ausnahme der Rohstoffe und Lieferungen. 788 Art. 14 Abs. 1, 2 DPR Nr. 601/73. Die Bestimmungen des Art. 26 Legge Basevi umfassten neben einem Verbot der Ausschüttung von Dividenden, die den Betrag übersteigen, der sich ergibt, wenn auf das tatsächlich eingezahlte Kapital der ge­ setzliche Zinssatz angewandt wird, auch ein Verbot der Verteilung der Rücklage unter den Mitgliedern während des Bestehens der Genossenschaft sowie die An­ ordnung der Übertragung des gesamten Vermögens der Genossenschaft abzüglich des eingezahlten Kapitals und etwaiger Dividenden zugunsten gemeinnütziger Zwecke mit mutualistischem Charakter im Fall der Auflösung der Genossen­ schaft. Zum Ganzen vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 6; Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 9, 51. 789 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 101; eine detaillierte Begründung dieses Schlusses ist weder aus den Schlussanträgen noch aus dem Urteil des Gerichtshofs ersichtlich. 790 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 28.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

b) Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 8. Juli 2010 aa) Zur Frage der Begünstigung Generalanwalt Jääskinen prüft in seinen Schlussanträgen791 zunächst die Voraussetzung des Vorteils und dann diejenige der Selektivität. Im Rah­ men der Prüfung des Vorteils führt er eine Unterscheidung zwischen for­ malem und „wirklichem“ Vorteil ein.792 Ein formaler Vorteil bestehe z.B. in Fällen, in denen eine Ausnahmebestimmung in Form einer Steuerbe­ freiung existiere, die jedoch in wirtschaftlicher Hinsicht keinen Vorteil gewähre. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der Sachverhalt nicht im Rahmen derjenigen steuerlichen Norm, von der er befreit sei, besteuert werde, aber aufgrund der Befreiung eine andere Regelung greife, nach der der Sachverhalt letztlich doch einer Besteuerung unterliege. Ein wirt­ schaftlicher Vorteil sei trotz des formalen Ausnahmecharakters einer Norm auch nicht gegeben, wenn die Vergünstigung lediglich eine aus der rechtlichen Struktur einer bestimmten Rechtsform folgende Verpflich­ tung ausgleiche.793 Beide Arten von Vorteil sind wohl nach Ansicht des Generalanwalts anhand einer Vergleichbarkeits- bzw. Regel-Ausnah­ me-Prüfung zu bestimmen.794 Die Regelbesteuerung sei formal diejenige für juristische Personen, also das Körperschaftsteuersystem.795 Die ge­ staffelte Steuerbefreiung stelle eine Ausnahme von der grundsätzlich vollen Körperschaftsteuerpflicht und damit einen formalen Vorteil dar.796 Zur Beantwortung der Frage, ob gleichzeitig ein „wirklicher“ Vorteil zu­ gunsten der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften bestehe797, sei in Rechnung zu stellen, dass die Besteuerung verschiedener Rechtsformen eine Entscheidung des Gesetzgebers über die Belastung verschiedener Wirtschaftsfaktoren darstelle, hinsichtlich derer die Mitgliedstaaten ei­ nen beachtlichen Ermessensspielraum haben.798 Im Rahmen der wirt­ 791 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611. 792 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 73; diese ähnelt wohl der in dieser Arbeit verwende­ ten Unterscheidung zwischen formaler und materieller Begünstigung, vgl. B.V.3.a) bb). 793 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 73. 794 Beide Prüfungsansätze werden hier vermengt. 795 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 72. 796 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 75. 797 Generalanwalt Jääskinen scheint zum wirtschaftlichen Ansatz zu tendieren, vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 76. 798 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 77.

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III. Meinungsstand

schaftlichen Betrachtung kommt der Generalanwalt zu dem Schluss, dass die Steuerbefreiung keinen Vorteil darstelle. Das italienische Sys­ tem der Besteuerung juristischer Personen finde auf Genossenschaften nur Anwendung, wenn die Genossenschaft sich nicht genossenschaftsty­ pisch verhalte. Allein die Regelungen zur Ermittlung der Besteuerungs­ grundlage und zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens gelten für alle Genossenschaften. Es könne nicht von einer Regelbesteuerung für juristische Personen, die auch für Genossenschaften die Regelbesteu­ erung sei, gesprochen werden. Die gestaffelte Befreiung von der Körper­ schaftsteuer sei deshalb in wirtschaftlicher Hinsicht keine Ausnahmere­ gel, so dass kein „wirklicher“ Vorteil vorliege799. Die Unterscheidung zwischen formaler und materieller Begünstigung ist zwar im Grundsatz überzeugend.800 Jedoch bleibt auch die wirtschaftli­ che Analyse sehr formal und versäumt es, auf die Prinzipien und struk­ turellen Merkmale des italienischen Steuersystems, wie sie der Gesetz­ geber festgelegt hat, einzugehen.801 Im Verständnis dieser Arbeit prüft der Generalanwalt letztlich, ob der italienische Gesetzgeber ein Subsystem für Produktions- und Arbeitsgenossenschaften eingeführt hat, indem er die allgemeinen Regeln für Körperschaften nur teilweise für anwendbar erklärt und andere Aspekte der Besteuerung eigenständig normiert hat. Diese Prüfung müsste jedoch die Grundentscheidungen des Gesetzge­ bers und ihre Umsetzung eingehender beleuchten.802 Hervorzuheben ist die Aussage des Generalanwalts, dass die rechtsformabhängige Besteue­ rung eine Entscheidung des Gesetzgebers über die Belastung verschiede­ ner Wirtschaftsfaktoren sei, die im Grundsatz in die Souveränität der Mitgliedstaaten falle. Wie weit der Ermessensspielraum im Einzelnen geht, lässt Generalanwalt Jääskinen auf abstrakter Ebene jedoch offen. bb) Zur Frage der Selektivität Zur Frage der Selektivität stellt der Generalanwalt fest, dass der Ansatz des EuGH in der Rs. Cassa di Risparmio di Firenze803, dass eine steuerli­ che auch rechtsformspezifische Vergünstigung nicht in der Konzeption des Systems liege, nicht als ausnahmslos geltende Regel zu sehen sei.804 799 Zum Ganzen Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-7880/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 78. 800 Vgl. B.V.3.a). 801 Dies mag in der mangelnden Information darüber begründet sein, vgl. EuGH, Ur­ teil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 3. 802 Vgl. zur abstrakten Prüfung B.V.3.a)ee). 803 Vgl. C.III.11. 804 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 86 f. Es ist unklar, ob sich die Feststellung des Gene­ ralanwalts auf auch rechtsformspezifische Differenzierungen bezieht, da eine sol­ che Gegenstand der Rs. Ladbroke Racing war. Wahrscheinlicher ist es, dass sie auf

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Eine Rechtfertigung durch Systemimmanenz sei also trotz der Feststel­ lungen des Urteils möglich, z.B. wenn eine Steuernorm „der Form und der Struktur der juristischen Person Rechnung“805 trage. Im Fall des Art. 11 Abs. 1 DPR Nr. 601/73 sei angesichts der horizontalen Ausrich­ tung der Produktions- und Arbeitsgenossenschaften, also der Vielfalt der Wirtschaftszweige, der selektive Normcharakter fraglich.806 Auch im Rahmen der Selektivitätsprüfung sei letztlich eine Vergleichbarkeitsund Rechtfertigungsprüfung entscheidend:807 Zu untersuchen sei, ob sich zum einen die mutualistisch ausgerichteten Genossenschaften und die anderen Gesellschaften mit Erwerbszweck und zum anderen die Produk­ tions- und Arbeitsgenossenschaften im Verhältnis zu diesen beiden Ge­ sellschaftsformen in einer vergleichbaren Situation befinden.808 Gene­ ralanwalt Jääskinen kommt zu dem Schluss, dass die Steuerregelung für Produktions- und Arbeitsgenossenschaften nicht selektiv sei, weil diese weder mit anderen Gesellschaften mit Erwerbszweck noch mit anderen Genossenschaften vergleichbar seien. Jedenfalls sei die Vergünstigung aber gerechtfertigt.809 Im Hinblick auf den Vergleich zwischen Genossenschaften und anderen Gesellschaften mit Erwerbszweck sei ein wesentliches Kriterium der Gegenstand der Besteuerung. Bei Gesellschaften mit Erwerbszweck sei dies der Gewinn, der von den Aktionären in Form von Dividenden oder Veräußerungsgewinnen realisiert werden könne. Die Steuer sei folglich eine Art Abschlag auf den Kapitalertrag.810 Die Rechtfertigung der Be­ steuerung liege hier in der Annahme, dass das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich betrachtet trotz seiner rechtlichen Zugehörigkeit zur Ge­ sellschaft den Gesellschaftern zuzurechnen sei.811 Bei Genossenschaften hingegen sei dies nicht der Fall, weil den Mitgliedern das Genossen­ schaftsvermögen auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht gehöre. Ein Ab­

den Fall der rein rechtsformspezifischen Differenzierung, wie er in der Rs. Paint Graphos im Hinblick auf des Art. 11 Abs. 1 DPR Nr. 601/73 vorlag, übertragen wird. 805 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 87. 806 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 95. 807 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 69 f., 96. 808 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 97. 809 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 111 f. 810 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 102. 811 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 103.

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III. Meinungsstand

schlag auf den Ertrag eines solchen Vermögens sei deshalb bei Genossen­ schaftsmitgliedern nicht möglich.812 Auch was die Vergleichbarkeit von Produktions- und Arbeitsgenossen­ schaften und Gesellschaften mit Erwerbszweck angehe, liege der wesent­ liche Unterschied in dem Gegenstand der Besteuerung. Die Steuerbefrei­ ung gelte nur für Einkommen, das durch die Arbeitsleistung der Mitglieder generiert werde, also „internes“ oder „mutualistisches“ Ein­ kommen. Soweit die Genossenschaft Einkommen habe, das durch ande­ re Produktionsfaktoren erzeugt werde, also „externes“, das auf Kapital oder Beziehungen zu Dritten zurückzuführen sei, gelte die Befreiung nicht.813 Eine solche Unterscheidung sei bei anderen juristischen Perso­ nen mit Erwerbszweck nicht denkbar, da die Gesellschafter nicht zu Ar­ beitsleistungen verpflichtet seien.814 Ein weiteres Kriterium sei die Natur des Beitrags des Genossenschaftsmitglieds bzw. des Gesellschafters. Bei Kapitalgesellschaften zähle die Kapitaleinlage nicht zum steuerpflichti­ gen Einkommen, sondern nur der damit erwirtschaftete Ertrag. Eine Ein­ lage in Form von Sacheinlagen (z.B. Dienstleistungen) sei in der Regel ausgeschlossen.815 Die mitgliedschaftliche Hauptpflicht bei Produktionsund Arbeitsgenossenschaften bestehe in der Erbringung von Arbeitsleis­ tungen. Der dadurch erzeugte Mehrwert bleibe, soweit er das Gehalt des Mitglieds übersteige, bei der Genossenschaft. Wirtschaftlich betrachtet entspreche dieser Teil des Mehrwerts der Natur einer Kapitaleinlage, die selbst bei der Kapitalgesellschaft nicht besteuert werde.816 Der Gene­ ralanwalt geht hierbei offensichtlich davon aus, dass dieser Teil des Mehrwerts durch Arbeitsleistung bei der Genossenschaft und die Kapi­ taleinlage bei Kapitalgesellschaften vergleichbar sind, hier aber keine Be­ günstigung der Genossenschaft vorliegt, weil beide Beträge nicht der Be­ steuerung unterliegen. Aus den Schlussanträgen ist zu schließen, dass nach Ansicht des Gene­ ralanwalts rein rechtsformspezifische Vergünstigungen nicht automa­ tisch selektiv sind, jedoch auch nicht von vorneherein aus der Natur des Systems folgen. Günstigere Behandlungen können demnach gerechtfer­ tigt sein, wenn sie mit der Form oder Struktur des Unternehmens, also auch der Rechtsform, korrespondieren. Ferner scheint der Generalanwalt 812 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 104. 813 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 105, 108. 814 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 106. 815 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 109. 816 Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Gra­ phos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 110.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

der Einordnung von Unternehmen einer Rechtsform als abgrenzbare Gruppe grundsätzlich kritisch gegenüberzustehen, weil diese in vielen verschiedenen Wirtschaftszweigen tätig sein können. Diese Begründung ist möglicherweise so zu verstehen, dass der Generalanwalt verlangt, dass die Voraussetzungen der Begünstigungsnorm in Zusammenhang mit einem bestimmten Wirtschafts- oder Produktionszweig oder einer bestimmten Tätigkeit stehen. Geprüft wird die Abgrenzbarkeit anhand einer Vergleichbarkeits- und Rechtfertigungsprüfung. Als Vergleichskri­ terium zieht der Generalanwalt den jeweiligen Steuergegenstand heran und prüft dessen Charakteristika. Diese Prüfung erscheint im Grundsatz überzeugend, weil sie den Beson­ derheiten der Rechtsform der Genossenschaft und den damit einherge­ henden gesetzgeberischen Entscheidungen Rechnung trägt. Im Hinblick auf ihren Aufbau und genauen Inhalt ist sie jedoch unklar. So trennt der Generalanwalt in seiner Argumentation nicht zwischen Vergleichbarkeit und Rechtfertigung, obwohl er von einer inhaltlichen Trennlinie auszu­ gehen scheint. Ferner prüft er die Voraussetzungen der Begünstigung und der Selektivität nach demselben Schema, nämlich anhand einer Ver­ gleichbarkeits- und Rechtfertigungsprüfung, die er mit der Ausnahme­ prüfung gleichsetzt.817 Dies ist nicht überzeugend, weil so der Inhalt der Tatbestandsmerkmale verschwimmt. Sinnvoll hingegen erscheint, im Rahmen der Selektivitätsprüfung einen Zusammenhang der Vorausset­ zungen der Begünstigungsnorm mit bestimmten Wirtschafts- oder Pro­ duktionszweigen oder einer bestimmten Tätigkeit zu verlangen.818 c) Urteil des EuGH vom 8. September 2011 Der Gerichtshof geht in seinem Urteil819 im Gegensatz zum Generalan­ walt nach dem klassischen Prüfungsansatz vor. Er nimmt an, dass das Körperschaftsteuersystem die Regelbesteuerung darstelle, da die Besteu­ erungsgrundlagen für Genossenschaften in gleicher Weise ermittelt wer­ den wie für andere Gesellschaftsarten, die der Körperschaftsteuer unter­ liegen, nämlich nach dem Nettogewinn.820 In diesem System bestehe für juristische Personen grundsätzlich eine Steuerpflicht auf diesen Nettoge­ winn. Für Produktions- und Arbeitsgenossenschaften hingegen gelte eine 817 Dieses Vorgehen kündigt er an, wobei er angibt, die Frage des Vorteils formal und die Frage der Selektivität wirtschaftlich untersuchen zu wollen, vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 69 f. Dies setzt er jedoch in der Prüfung nicht um, vgl. nur Rz. 78. 818 Näher dazu unten C.VIII.3. 819 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611. 820 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 50; wohl zustimmend Drabbe, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 87, 98 Fn. 32.

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III. Meinungsstand

Befreiung. Diese stelle eine Ausnahme von der Regelbesteuerung dar821, die in Ansehung der Rechtsform gewährt werde.822 Fraglich sei, ob Genossenschaften und andere Rechtsformen im Hinblick auf das Ziel der Körperschaftsteuerregelung, der Besteuerung von Gesell­ schaftsgewinnen, sich in einer tatsächlich und rechtlich vergleichbaren Situation befinden.823 Die Beantwortung dieser Frage wird dem nationa­ len Gericht überlassen824, der Gerichtshof erläutert lediglich die dafür relevanten Kriterien. Dazu sei die Funktionsweise der Rechtsform, die bei Genossenschaften besonderen Grundsätzen folge, zu zählen.825 So habe die Person Vorrang gegenüber dem Kapital826, die Geschäftsführung erfolge nicht zum Nutzen externer Investoren, sondern werde von den Mitgliedern selbst ausgeübt, wobei Rücklagen und Vermögen dem ge­ meinsamen Interesse dienen müssen.827 Ferner sei der Zweck mutualis­ tisch, also auf den gegenseitigen Nutzen der Mitglieder ausgerichtet, die gleichzeitig Nutzer, Kunden und Lieferanten seien.828 Genossenschaften haben zudem nur begrenzten Zugang zu Kapitalmärkten und ihre Ge­ winnspanne sei deutlich niedriger als bei Kapitalgesellschaften.829 Daher könne unter folgenden Voraussetzungen davon ausgegangen werden, dass Genossenschaften nicht mit anderen Körperschaftsteuersubjekten vergleichbar seien: Sie müssen im wirtschaftlichen Interesse ihrer Mit­ glieder handeln, mit diesen nicht in einer rein geschäftlichen, sondern besonderen persönlichen Beziehung stehen, in deren Rahmen die Mit­ glieder aktiv beteiligt seien und Anspruch auf eine gerechte Verteilung 821 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 51. 822 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 52. 823 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 54. 824 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 63, 82. 825 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 55. 826 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 56. 827 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 57. 828 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 58. 829 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 59 f. Nach Ansicht von Gianoncelli, Rivista di diritto finanziario e scienza delle finanze 2011, 89, 98 f., beziehen sich diese Kriterien auf das Modell der Euro­ päischen Genossenschaft. Dieses würde damit aber zum tertium comparationis erhoben, obwohl es aus keiner gesetzgeberischen Grundentscheidung im Hinblick auf nationale Genossenschaften folgt. Zu betonen ist deshalb, dass es nach hier vertretener Ansicht allein auf die gesetzgeberische Grundentscheidung im natio­ nalen Steuerrecht ankommen sollte.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

der wirtschaftlichen Erträge haben, die Genossenschaft müsse also einen echten Gegenseitigkeitszweck verfolgen.830 Sei dies nicht der Fall und deshalb die Vergleichbarkeit zu bejahen, sei weiterhin nach der Rechtfertigung durch Systemimmanenz zu fragen. Hier verweist der EuGH auf die Mitteilung der Kommission, in der eine Einmalbesteuerung grundsätzlich als ausreichend angesehen wird.831 Nach Ansicht des EuGH gilt dies wohl auch, wenn die Genossenschaften nicht den typischen Gegenseitigkeitszweck verfolgen.832 Eine Rechtferti­ gung sei jedoch nicht möglich, wenn die Regelung „die Befreiung von der Steuer auf die Gewinne aus Geschäften mit Dritten, die keine Mitglieder der Genossenschaft sind, oder den Abzug der den Letztgenannten als Ver­ gütung gezahlten Beträge“833 zulasse. Wichtig sei weiterhin, dass die Überprüfung der Erfüllung dieser Voraussetzungen verfahrenstechnisch sichergestellt sei, damit nicht Unternehmen die begünstigte Rechtsform wählen, nur um von der Steuervergünstigung zu profitieren.834 Abgesehen von der grundsätzlichen Kritik am klassischen Ansatz er­ scheint die Prüfung des Gerichtshofs im Wesentlichen konsequent. Die­ jenigen Kriterien, die der EuGH als für die Vergleichbarkeitsprüfung rele­ vant erachtet, lassen sich auf ein rechtsformtypisches, in diesem Fall genossenschaftstypisches Verhalten reduzieren. Daraus folgt, dass der Gerichtshof davon ausgeht, dass eine rein rechtsformspezifische Diffe­ renzierung nicht selektiv ist, wenn Unternehmen dieser Rechtsform sich rechtsformtypisch verhalten, also die gesetzlichen Anforderungen an das Leitbild der Rechtsform erfüllen, und der Gesetzgeber Miss­ brauchsfällen vorbeugt.835 Dies könnte durch Kontrollverfahren, aber auch durch die zivilrechtliche Normierung rechtsformdefinierender Vor­ schriften, beispielsweise strenge Anforderungen an die Satzung, gewähr­ leistet werden. Dieser Ansatz des EuGH entspricht größtenteils der hier vorgeschlagenen Subsystemprüfung, wobei es dort nicht auf das Verhal­ ten der Gesellschaften ankommen soll, sondern allein auf die Entschei­ dung des Gesetzgebers und ihre konsequente Umsetzung.836 Im Umkehr­ 830 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 61 f.; zustimmend Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 115; Baudenbacher, European Law Reporter 2012, 2, 6. 831 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 71. 832 A.A. Luja, Intertax 2012, 120, 129. 833 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 72. 834 EuGH, Urteil vom 08.09.2011, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 74. 835 Ähnlich Quigley, Intertax 2012, 112, 115; Luja, Intertax 2012, 120, 128 f. 836 Vgl. B.V.3.a)ee). Ferner wird dort eine eingehendere Prüfung für erforderlich gehal­ ten. Auch Luja, Intertax 2012, 120, 129, stellt fest, dass im Urteil die rechtlichen Kriterien im Verhältnis zur wirtschaftlichen Analyse in den Hintergrund treten,

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III. Meinungsstand

schluss ist aber nach Ansicht des EuGH die Ausrichtung der Besteuerung an der zivilrechtlichen Rechtsform alleine nicht ausreichend, um eine Differenzierung zu rechtfertigen.837 Fragwürdig ist die Annahme, dass auch bei Genossenschaften, die nicht die rechtsformtypischen Voraussetzungen erfüllen, eine Einmalbesteue­ rung ausreichend sei.838 Es bleibt unklar, welche gesetzgeberische Ent­ scheidung dieser Ausnahme von der Körperschaftsteuerpflicht zugrunde gelegt werden kann. Sinnvoller erscheint im Rahmen der Systemimma­ nenzprüfung die Frage nach dem Charakter des steuerbefreiten Geschäf­ tes. Geschäfte mit Dritten sind von den genossenschaftstypischen Mit­ gliedergeschäften zu unterscheiden, da sie denjenigen von anderen Körperschaften mit Erwerbszweck entsprechen. Diese Argumentation gehört hier jedoch zur Thematik des genossenschaftstypischen Verhal­ tens und somit zur Subsystemprüfung. 13. Rs. Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, C-66/14 a) Relevanter Sachverhalt In der Rs. Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht839 hatte der EuGH die Beihilferelevanz einer Regelung der österreichischen Konzernbesteue­ rung zu beurteilen. Im Rahmen der österreichischen Körperschaftsteuer auf die Einkünfte juristischer Personen bietet die sog. Gruppenbesteue­ rung juristischen Personen, die in einem Konzern verbunden sind, die Möglichkeit, die steuerlichen Ergebnisse aller Gruppenmitglieder auf Ebene der Mutter verrechnen und besteuern zu lassen. Dabei werden bei ausländischen Beteiligungen keine Gewinne, sondern ausschließlich und lediglich unter bestimmten Voraussetzungen Verluste verrechnet. Unabhängig von der Einordnung als in- oder ausländische Beteiligung sieht § 9 Abs. 7 des österreichischen Körperschaftsteuergesetzes 1998 in der Fassung des Steuerreformgesetzes 2005 (KStG 1998) für die Bewer­ tung des Buchwerts von Konzernbeteiligungen vor, dass Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Veräußerungsverluste nicht abzugsfä­ hig sind (Satz 1), jedoch ein typisierter Firmenwert über einen Zeitraum von 15 Jahren bis zur Hälfte der Anschaffungskosten der Beteiligung ab­ zieht es aber wohl vor, die Beihilfequalität nach den tatsächlichen Umständen zu bestimmen, Luja, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 107, 115. 837 Rossi-Maccanico, in: Rust/Micheau, State aid and tax law, 39, 49. 838 Hinzu kommt, dass es sich hier wohl um eine vollständige Befreiung ohne Ge­ währleistung der Besteuerung beim Genossenschaftsmitglied handelte, vgl. Generalanwalt Jääskinen, Schlussanträge vom 08.07.2010, C-78-80/08, Paint Graphos, Slg. 2011, I-07611, Rz. 101. Ob auch der Gerichtshof davon ausgeht, bleibt im Ur­ teil unklar. 839 EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:661.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

geschrieben werden kann (Satz 2).840 Gleichzeitig trifft § 10 KStG 1998 eine allgemeine Regelung zur Steuerneutralität internationaler Schach­ telbeteiligungen, wonach Gewinne, Verluste und sonstige Wertänderun­ gen aus internationalen Schachtelbeteiligungen bei der Ermittlung der Einkünfte außer Ansatz bleiben. Im Zusammenwirken führen die be­ schriebenen Regelungen dazu, dass bei Anschaffung einer inländischen Beteiligung im Rahmen der Gruppenbesteuerung eine die Steuerbemes­ sungsgrundlage und damit die Steuerlast mindernde Firmenwertab­ schreibung vorzunehmen ist, während dies bei Anschaffung einer Betei­ ligungen in allen anderen Fällen nicht der Fall ist. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof legte dem EuGH mit Vorabentscheidungsersu­ chen vom 11. Februar 2014 u.a. die Frage vor, ob das Beihilfeverbot einer derartigen nationalen Maßnahme entgegenstehe.841 b) Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 16. April 2015 aa) Zur Frage der Begünstigung Generalanwältin Kokott prüft das Vorliegen eines Vorteils anhand der Frage nach einer vorteilhaften Abweichung von einer allgemeinen Regel. Die Generalanwältin definiert als allgemeine Regel Satz 1 des § 9 Abs. 7 KStG 1998, wonach im Rahmen der Gruppenbesteuerung Abschreibun­ gen auf den niedrigeren Teilwert einer Konzernbeteiligung und entspre­ chende Veräußerungsverluste nicht abzugsfähig sind. Die Möglichkeit der Firmenwertabschreibung nach Satz 2 leg  cit ordnet die Generalan­ wältin als Abweichung von dieser Regelbesteuerung ein, die aufgrund der Senkung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu einer verminderten Steuerbelastung führe und damit einen steuerlichen Vor­ teil darstelle.842 bb) Zur Frage der Selektivität Zur Prüfung der Selektivität führt die Generalanwältin allgemein aus, dass diese anhand der Vergleichbarkeitsprüfung843 zu untersuchen sei, wobei eine dabei festgestellte, nicht zu rechtfertigende Ungleichbehand­ lung für die Bejahung der Selektivität nicht ausreiche. Unter Zugrundele­ gung der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Gibraltar844 sei darüber 840 Zum Sachverhalt vgl. Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 11 ff. 841 EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:661, Rz. 15. 842 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 74 ff.; dazu Bartosch, BB 2016, 855, 856 f. 843 In den Schlussanträgen als „Gleichheitsprüfung“ bezeichnet. 844 Vgl dazu oben B.III.2.

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III. Meinungsstand

hinaus erforderlich, dass eine Steuerregelung die begünstigten Unterneh­ men anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe kenn­ zeichne.845 Zur Frage der Ungleichbehandlung führt die Generalanwältin aus, dass das vorlegende Gericht eine beihilferelevante Ungleichbehandlung in mehrfacher Hinsicht für möglich halte: Zum einen die unterschiedliche Behandlung juristischer gegenüber natürlichen Personen (dazu unter (1)), zum anderen diejenige Körperschaftsteuerpflichtiger innerhalb der Grup­ penbesteuerung gegenüber solchen außerhalb der Gruppenbesteuerung (dazu unter (2)) und ferner diejenige Körperschaftsteuerpflichtiger inner­ halb der Gruppenbesteuerung mit einer inländischen gegenüber solchen mit einer ausländischen Beteiligung (dazu unter (3)).846 Eine beihilfe­ rechtlich relevante Ungleichbehandlung liege nur vor, wenn sich die Ver­ gleichsgruppen in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.847 (1) Vergleichbarkeit juristischer Personen und natürlicher Personen Generalanwältin Kokott führt aus, dass sich juristische und natürliche Personen im österreichischen Steuersystem nicht in einer vergleichba­ ren Situation befinden. Für die Besteuerung juristischer und natürlicher Personen bestehen je eigene Steuergesetze, die vielfältige unterschiedli­ che Regelungen hinsichtlich der Bestimmung der Bemessungsgrundlage enthalten. Ferner bestehe ein wesentlicher tatsächlicher Unterschied da­ rin, dass es nur bei juristischen Personen Anteilseigner gebe, die an den Einkünften der juristischen Person Anteil haben und ihrerseits der Er­ tragsbesteuerung unterliegen.848 (2) Vergleichbarkeit steuerlicher Gruppen und allein besteuerter Körperschaftsteuerpflichtiger Die Generalanwältin erläutert ferner, dass sich Gesellschaften, die der Gruppenbesteuerung unterliegen, nicht in einer vergleichbaren Position mit Gesellschaften, die außerhalb des Gruppenregimes besteuert wer­ den, befinden. Zum einen sei es in der Rechtsprechung des EuGH aner­ kannt, dass der Sinn und Zweck der Konzernbesteuerung es erfordern könne, die Bewertung von Beteiligungen anders zu regeln als außerhalb 845 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 84 f. 846 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 87. 847 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 90, 95, 101. 848 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 92.

Finanzamt Finanzamt Finanzamt Finanzamt

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

der Gruppenbesteuerung.849 Ferner diene die Regelung zur Firmenwert­ abschreibung der Gleichstellung des Erwerbs einer Tochtergesellschaft mit demjenigen einer Betriebsstätte, im Rahmen dessen eine Firmen­ wertabschreibung möglich sei. Dies sei darin begründet, dass die öster­ reichische Gruppenbesteuerung die rechtliche Selbstständigkeit der Tochtergesellschaft teilweise aufhebe, was zur Annäherung an das Kon­ zept des Erwerbs einer Betriebsstätte führe. Insofern seien Beteiligungen im Rahmen der Gruppenbesteuerung rechtlich nicht mit solchen außer­ halb der Gruppenbesteuerung vergleichbar.850 (3) Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Konzern­ beteiligungen Nach den Ausführungen der Generalanwältin sollen – zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen – im Rahmen der beihilferechtlichen Selek­ tivitätsprüfung für die Frage der Vergleichbarkeit in- und ausländischer Sachverhalte diejenigen Maßstäbe gelten, die auch für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Grundfreiheiten relevant seien.851 Daher befinden sich in- und ausländische Konzernbeteiligungen in einer vergleichbaren rechtlichen und tatsächlichen Situation, wobei eine Rechtfertigung durch die Leitprinzipien des österreichischen Steuersystems nicht gege­ ben sei.852 Allerdings setze eine selektive Begünstigung neben der rechtlichen und tatsächlichen Vergleichbarkeit voraus, dass „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigt werden. Dies sei hier nicht der Fall, da die Regelung zur Firmenwertabschreibung weder klar identifizierbare einzelne Unternehmen noch bestimmte inländische Branchen bzw. Pro­ duktionszweige, die anhand ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit abgegrenzt werden können, begünstige.853 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Generalanwältin in ih­ ren Schlussanträgen das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung anhand eines formal verstandenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses prüft. Im Rah­ men der Untersuchung der Selektivität einer Maßnahme folgt die Gene­ 849 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 96. 850 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 97. 851 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 103. 852 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 104. 853 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 105 ff., unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 104.

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III. Meinungsstand

ralanwältin zwar im Grundsatz dem gleichheitsrechtlichen Ansatz, greift aber gleichzeitig die Formulierung des EuGH in der Rs. Gibraltar zur Voraussetzung der Abgrenzbarkeit der begünstigten Unternehmen auf. Ferner analysiert sie gerade im Hinblick auf diese Voraussetzung, dass der Rechtsprechung des EuGH bisweilen ein sehr weites Verständ­ nis der Abgrenzbarkeit zu entnehmen sei, das im Einzelfall aufgrund der im AEUV niedergelegten Kompetenzaufteilung insbesondere zwischen Mitgliedstaaten und Union zu weitgehend sein könne.854 Im Hinblick auf die rein rechtsformspezifische Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen geht die Generalanwältin aufgrund formaler sowie materieller Kriterien davon aus, dass beide Gruppen im österrei­ chischen Steuerrecht nicht vergleichbar seien.855 Insbesondere stellt sie dabei u.a. auf die zivilrechtliche Trennung zwischen Körperschaft und Anteilseigner ab, die bei natürlichen Personen nicht bestehe. Die Aus­ führungen zur Gruppenbesteuerung und zur Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Konzernbeteiligungen sind mangels rein rechtsformspezifischer Natur nicht unmittelbar relevant. Sie zeigen jedoch, dass Generalanwältin Kokott zum einen den Sinn und Zweck einer Re­ gelung in die Prüfung ihrer Beihilfequalität einbezieht und zum anderen bei der Prüfung der Selektivität die Vergleichbarkeitsprüfung alleine nicht ausreichen lässt, sondern zusätzlich die Abgrenzbarkeit der be­ günstigten Unternehmen verlangt.856 Die Schlussanträge der Generalan­ wältin lösen sich damit zwar nicht von der bisherigen Rechtsprechung, gehen aber in ihren Voraussetzungen ähnlich der Vorgehensweise des EuGH in der Rs. Gibraltar und dem hier vertretenen alternativen Prü­ fungsansatz über diese hinaus. c) Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2015 Das Urteil des EuGH vom 6. Oktober 2015857 enthält keine Ausführun­ gen zur Beihilfequalität der Regelung zur Firmenwertabschreibung, da die Vorlagefrage mangels Entscheidungserheblichkeit unzulässig sei. Denn die Klägerinnen der Ausgangsrechtssache können sich als Körper­ schaftsteuerschuldner und Anteilseigner einer ausländischen Konzern­ beteiligung nicht darauf berufen, dass die Befreiung anderer Unterneh­ men (mit inländischer Konzernbeteiligung) eine Beihilfe darstelle, um 854 Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 112 ff. 855 Diese Kriterien wären im hier vertretenen alternativen Prüfungsansatz bereits im Rahmen der formalen und materiellen Regelbesteuerung zu untersuchen. Vgl. zum deutschen Steuerrecht unten C.IV.2. 856 Vgl. dazu die Ausführungen zum alternativen Prüfungsansatz unter B.V.3.b), der eine ähnliche Argumentation enthält. 857 EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:661.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

sich der Zahlung der von ihnen geschuldeten Körperschaftsteuer zu ent­ ziehen.858 14. Zusammenfassende Bewertung Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl Literatur als auch Rechtsprechung und Kommission rechtsformspezifische Differenzierun­ gen als beihilferechtlich relevant einordnen. Die Problematik wird un­ systematisch je nach Sachverhalt auf Ebene der Begünstigung, der Selek­ tivität oder der Systemimmanenzprüfung behandelt. Eine ausdrückliche Unterscheidung zwischen rein und auch rechtsformspezifischen Diffe­ renzierungen findet nicht statt. Aus der Analyse ergibt sich, dass auch rechtsformspezifische Maßnah­ men in der Regel859 als Beihilfen betrachtet werden, wobei meist auf die tätigkeitsbezogene Selektivität abgestellt wird, ohne die Rechtsform als entscheidendes Kriterium heranzuziehen. Im Hinblick auf rein rechtsformspezifische Differenzierungen ergibt sich ein gespaltenes Bild: Während sie bei einigen Autoren mangels Abgrenz­ barkeit oder Bezug zu einer Tätigkeit als nicht selektiv gelten, gehen andere von ihrer Selektivität aus. Die Kommission scheint bis auf einen Fall860 die Tendenz zu haben, sie zwar als prima facie selektiv einzuord­ nen, jedoch eine Rechtfertigung durch die Natur des Systems anzuneh­ men, wenn die Besteuerung dem Grundsatz des Abstellens auf Gewinn­ erzielung oder dem Prinzip der Einmalbesteuerung folgt. Damit ist es Sache der Mitgliedstaaten, auf beliebige Rechtsformen das Trennungsoder das Transparenzprinzip zur Anwendung zu bringen. Dies soll wohl auch für transparente Besteuerungsmodelle für bestimmte Formen der Kapitalanlage gelten. In ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatli­ chen Beihilfe scheint die Kommission sogar von der Existenz von Sub­ systemen für bestimmte Rechtsformen auszugehen. Überdies können nach Auffassung der Kommission rein rechtsformspezifische Differen­ zierungen systemimmanent sein, wenn sie eine der Rechtsform eigene Besonderheit abbilden. Die Rechtsprechung nimmt an, dass rein rechtsformspezifische Differenzierungen nicht selektiv sind, wenn die Unter­ nehmen der Rechtsform rechtsformtypische Charakteristika aufwei­ sen861 oder sich rechtsformtypisch verhalten und dies verfahrenstechnisch

858 EuGH, Urteil vom 06.10.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanzgericht, ECLI:EU:C:2015:661, Rz. 21 ff. 859 Eine Ausnahme ist die Ansicht der Kommission betreffend finnische REITs, vgl. C.III.8. 860 Den der sizilianischen Genossenschaften, vgl. C.III.6. 861 So wohl Generalanwalt Jääskinen.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

ausreichend kontrolliert wird.862 Nach Ansicht der Generalanwältin Kokott soll die rein rechtsformspezifische Differenzierung zwischen natür­ lichen und juristischen Personen mangels Vergleichbarkeit beider Grup­ pen nicht beihilferelevant sein. Ferner können auch die Schlussanträge des Generalanwalts in der Rs. Cassa di Risparmio di Firenze einen An­ haltspunkt dafür bieten, dass rein rechtsformspezifische Normen keine Selektivität aufweisen.

IV. Dualismus der Unternehmensbesteuerung auf dem ­Prüfstand des Beihilferechts Im Folgenden soll erarbeitet werden, ob der Dualismus in der ertragsteu­ erlichen Behandlung von Unternehmen beihilferechtliche Probleme auf­ werfen kann.863 Dabei wird der beihilferechtlichen Prüfung eine Eingren­ zung des Gegenstands der Untersuchung vorangestellt. 1. Gegenstand der Untersuchung Gegenstand der Untersuchung ist die unterschiedliche steuerliche Be­ handlung von Körperschaften864 einerseits und Personenunternehmen865 andererseits. Aus der Gruppe der Körperschaften mit gewerblichen Ein­ künften nach § 8 Abs. 2 KStG sollen für die beihilferechtliche Prüfung beispielhaft die Kapitalgesellschaften, insbesondere AG und GmbH866, 862 So der Gerichtshof. 863 Zur dualistischen Unternehmensbesteuerung statt aller Hennrichs, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 1 ff. Die Untersuchung umfasst nicht alle direkten und indirekten Steuern, sondern beschränkt sich auf die Ertragsteuern, vgl. dazu auch Entscheidung der Kommission, 19.07.2006, 2006/940/EG, ABl. EU 2006 Nr. L 366/47, Rz. 70. Gemeint ist damit die Besteuerung des dem Unternehmens­ eigner zukommenden Gewinns aus dem Unternehmen im Gegensatz zur Wert­ schöpfung eines Unternehmens im weiteren Sinn, ausführlich dazu Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 16 m.w.N. 864 Körperschaften sind Personenverbände, während Anstalten und Stiftungen Orga­ nisationen ohne Mitglieder darstellen, vgl. Raiser, AcP 1999 (199), 104, 110, 112. Letztere sollen für die Untersuchung außer Betracht bleiben. Im Folgenden wer­ den daher die Begriffe der Körperschaft und ihrer Mitglieder oder stellvertretend der Kapitalgesellschaft und ihrer Anteilseigner verwendet. 865 Dazu zählen Einzelunternehmen und Personengesellschaften, vgl. Seer, in: Fest­ schrift für Joachim Lang, 655, 656, unter Verweis auf Lang, GmbHR 2000, 453, 455. Zum Gesellschaftsbegriff Schäfer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. § 705, Rz. 1. 866 Die Kapitalgesellschaften werden als Beispiel für juristische Personen des Privat­ rechts herangezogen, weil sie die typische körperschaftliche Rechtsform wirt­ schaftlicher Betätigung darstellen und die anderen Körperschaften prinzipiell steuerlich gleich behandelt werden, ähnlich Lauterbach, Ein neues Unterneh­ ­ menssteuerrecht für Deutschland?, 9; Englisch, DStZ 1997, 778 m.w.N. Die wei­ teren Kapitalgesellschaften nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG werden hier der Übersicht­

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

herausgegriffen werden. Deren Besteuerungsregime soll verglichen wer­ den mit demjenigen für gewerblich tätige Personengesellschaften.867 Fer­ ner konzentriert sich die Untersuchung auf Fälle, in denen natürliche Personen Gesellschafter oder Anteilseigner sind. Im Hinblick auf diese Konstellationen sollen zunächst die relevanten steuerlichen Differenzie­ rungen herausgearbeitet und sodann auf ihre rein rechtsformspezifische Natur hin untersucht werden. a) Relevante Differenzierungen im Überblick Die deutsche Unternehmensbesteuerung verfolgt einen dualistischen Ansatz: Sie unterscheidet für Zwecke der Ertragsbesteuerung zwischen Personenunternehmern einerseits und Körperschaften andererseits.868 Die Besteuerung erfolgt bei Personenunternehmern nach dem Transpa­ renzprinzip, während bei Körperschaften und ihren Anteilseignern das Trennungsprinzip zur Anwendung kommt.869 Diese grundlegende Unter­ scheidung wirkt sich im Einzelnen wie folgt aus: aa) Besteuerung der Personenunternehmer Die Besteuerung des Einzelunternehmers870 geht von einer natürlichen Person als Steuersubjekt aus. Voraussetzung für die Steuerpflicht nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ist der Betrieb eines gewerblichen Unterneh­ lichkeit halber nicht behandelt. Für die Europäischen Gesellschaften gelten die angestellten Überlegungen entsprechend. Die KGaA wird unter C.VII. untersucht. 867 Dabei sollen nur Außengesellschaften behandelt werden. Zur Beschränkung auf Personengesellschaften vgl. Bodden, FR 2002, 559 Fn. 2, wonach „die entschei­ denden Grundfragen zur Stellung von Personenmehrheiten im Einkommensteuer­ recht fast ausnahmslos mit Bezug auf die Rechtsform der Personengesellschaft diskutiert werden.“ Die Unterscheidung zwischen Einzelunternehmer und Perso­ nengesellschaft sowie Einzelunternehmer und Kapitalgesellschaft wird – abgese­ hen von der Regelung des § 15 Abs. 3 EStG (vgl. dazu C.V.) – nicht eigens unter­ sucht, da die Unterschiede in der Besteuerung zwischen Einzelunternehmer und Personengesellschaft so gering sind, dass die Überlegungen zur Personengesell­ schaft nach hier vertretener Auffassung auf den Einzelunternehmer übertragen werden können. Zur einheitlichen Behandlung Jacobs/Scheffler/Spengel, Unter­ nehmensbesteuerung und Rechtsform, 135. Dies gilt auch für die Besteuerung von EWIV und Partnerschaftsgesellschaften. So ist nach § 1 EWIV-Ausführungsgesetz die EWIV auch steuerlich wie eine OHG zu behandeln, vgl. auch BMF-Schreiben vom 15.11.1988. Auch die Partnerschaftsgesellschaft wird transparent besteuert, vgl. Inhester/Herrmann, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 9, Rz. 2. 868 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 1. Zur Frage, ob tatsächlich nach der zivilrechtlichen Rechtsform der Personengesellschaft differenziert wird, vgl. C.IV.1.b). 869 Statt aller Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 10. 870 Diese ist zwar nicht unmittelbar Gegenstand der Untersuchung, vgl. Fn. 864, ihre Darstellung trägt aber zum Verständnis der Besteuerung der Personengesellschaft bei.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

mens. Gem. § 15 Abs. 2 EStG ist dies jede selbstständige nachhaltige Be­ tätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dar­ stellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirt­ schaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbst­ ständige Arbeit anzusehen ist.871 Liegt ein gewerbliches Unternehmen in diesem Sinne vor, so richten sich die steuerpflichtigen Einkünfte nach dem Gewinn des Einzelunternehmens, § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG. Sie sind im Jahr ihres Entstehens mit einem progressiven Tarif zu versteu­ ern872, wobei die genaue Steuerlast von den persönlichen Verhältnissen des Einzelunternehmers abhängt.873 Eine Ausnahme davon bildet die Möglichkeit der Thesaurierungsbegünstigung gem. § 34 a EStG.874 Bei der Besteuerung von Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter nach dem Transparenzprinzip zieht das Gesetz für Zwecke der Einkom­ mensteuer den Unternehmensträger „Personengesellschaft“875 nicht als Steuerpflichtigen, sondern lediglich als partielles „Steuerrechtssubjekt bei der Feststellung der Einkunftsart und der Einkünfteermittlung“876 ­heran. Stattdessen sind die Gesellschafter einer Personengesellschaft als natürliche Personen877 nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG Einkommensteuersub­ jekt.878 Voraussetzung der objektiven Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist, dass sie Gesellschafter einer OHG, einer KG oder einer anderen Gesellschaft879 sind und als Mitunternehmer agieren. Letzteres ist nach ständiger Rechtsprechung anhand der Merk­ 871 Dazu Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 8, Rz. 413 f.; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 133 f. 872 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 139. 873 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 141. 874 Ratschow, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34a EStG, Rz. 4; Jacobs/Scheffler/ Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 145 ff. 875 Dazu Schmidt, Handelsrecht, § 4 Rz. 55; Hennrichs, StuW 2002, 201; anders noch Becker, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmäßi­ gen Grundsätzen zu besteuern, ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Ge­ werbe betrieben wird? Welche Wege rechtlicher Ausgestaltung bieten sich für eine solche Besteuerung?, Gutachten für den 33. Deutschen Juristentag, Einleitung, 446, der die einzelnen Gesellschafter einer Personengesellschaft als Unterneh­ mensträger einordnet. 876 BFH, Beschluss vom 03.07.1995, GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617, 621; Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 12; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbe­ steuerung und Rechtsform, 224 f. 877 Der Fall einer Körperschaft als Gesellschafter einer Personengesellschaft soll hier nicht untersucht werden, siehe oben C.IV.1. 878 Rauch, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 EStG, Rz. 1; Hennrichs, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 10. Zur Besteuerung der Personengesellschaft aus rechtsvergleichender Perspektive Spengel/Schaden/Wehrße, StuW 2010, 44. 879 § 15 EStG knüpft hier an zivilrechtliche Begriffe an, vgl. Tipke, Die Steuerrechts­ ordnung, Band 3, 1631. Zur Erfassung der GbR vgl. bereits Bühler, StuW 1943, 81, 135 f.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

male der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos fest­ zustellen.880 Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird der positive und negative Erfolg der Gesellschaft den Gesellschaftern anteilig unmittelbar zugerechnet.881 Neben den Folgen für die Steuersubjektivität wirkt sich die transparente Betrachtung auch auf Ebene der Qualifikation der Ein­ künfte von Mitunternehmern und der Gewinnermittlung aus. Beide er­ folgen zweistufig: Für die Einkünftequalifikation wird zunächst die Ebe­ ne der Gesellschaft882 und dann die Ebene des Gesellschafters auf die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale hin überprüft.883 Im Rahmen der Gewinnermittlung gilt § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Danach bestehen die gewerblichen Einkünfte eines Gesellschafters auf erster Stufe aus dem Anteil am Gesellschaftsgewinn und auf zweiter Stufe aus den Vergütun­ gen, die ihm die Gesellschaft im Rahmen schuldrechtlicher Vertragsbe­ ziehungen gewährt (Sondervergütungen).884 Der Gesellschafter unterliegt mit der Summe aus beiden als gewerblich qualifizierten Stufen der Ein­ kommensteuer, deren Tarif progressiv ist, wobei die genaue Höhe der Belastung von den persönlichen Verhältnissen abhängt.885 Die Steuer fällt im Grundsatz unabhängig von der Verwendung der Gewinne sofort an.886 Eine Ausnahme davon bildet die Möglichkeit der Thesaurierungsbegüns­ tigung nach § 34 a EStG, wonach die Gesellschafter eine ermäßigte Be­ steuerung einbehaltener Gewinne – bei Nachversteuerung im Falle spä­ terer Entnahme – in Anspruch nehmen können.887 bb) Besteuerung der Kapitalgesellschaften und ihrer Anteilseigner Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften richtet sich nach dem Tren­ nungsprinzip.888 Danach wird bereits auf Ebene der Steuerpflichtigen zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Anteilseignern unterschie­ den. Die Kapitalgesellschaft als solche ist Körperschaftsteuersubjekt, während ihre Anteilseigner als natürliche Personen889 einkommensteu­ 880 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 35 ff. m.w.N. 881 Dazu Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 10; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 223. 882 Bei der Frage nach dem Vorliegen eines Gewerbebetriebs nach § 15 Abs. 2 EStG, vgl. dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 370 ff. 883 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 40. 884 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 365 f.; Hennrichs, in: Tip­ ke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 100; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbe­ steuerung und Rechtsform, 223, 225. 885 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 270. 886 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 268. 887 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 220 ff.; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 272 f. 888 Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, Rz. 1; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unterneh­ mensbesteuerung und Rechtsform, 159. 889 Es soll, entsprechend der Untersuchung der Personengesellschaften, davon ausge­ gangen werden, dass Anteilseigner nur natürliche Personen sind, siehe Fn. 874.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

erpflichtig sind.890 Diese Trennung wirkt sich auf mehreren Ebenen aus. Bei der Einkünftequalifikation greift für die Kapitalgesellschaft § 8 Abs. 2 KStG, wonach alle Einkünfte gewerblicher Art sind.891 Auf diese fällt Körperschaftsteuer zu einem proportionalen Tarif an.892 Bei den Anteils­ eignern hingegen führen Gewinnausschüttungen zu Einkünften aus Ka­ pitalvermögen oder Gewerbebetrieb.893 Sie sind erst im Ausschüttungs­ zeitpunkt894 zu versteuern, so dass im Falle der Thesaurierung zunächst keine Steuer anfällt.895 Sobald Gewinn ausgeschüttet wird, kommt es im Grundsatz zu einer wirtschaftlichen Doppelbelastung896, die beim An­ teilseigner im Wege des Sondertarifs für Kapitaleinkünfte (§ 32 d, § 43 a EStG) oder des Teileinkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 EStG) abgemil­ dert wird.897 Aufgrund der Trennung zwischen Körperschaft und Anteils­ eignern können Verluste der Gesellschaft bei den Einkünften der An­ teilseigner keine Beachtung finden.898 Was Vergütungen, insbesondere der Gesellschaft an die Anteilseigner, aufgrund schuldrechtlicher Verträ­ ge angeht, können diese bei der Gesellschaft als Betriebsausgaben be­ rücksichtigt werden.899 Vergütungen an die Anteilseigner werden bei die­ sen je nach Art des Vertragsverhältnisses einer der Einkunftsarten des EStG zugeordnet und zum persönlichen Einkommensteuertarif versteu­ ert.900 cc) Auswirkungen der Differenzierung Die steuerliche Differenzierung zwischen Einzelunternehmern und Per­ sonengesellschaften einerseits sowie Kapitalgesellschaften andererseits beeinflusst zahlreiche Faktoren auf verschiedenen Ebenen der Ermitt­ 890 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 10; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 159. 891 Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, Rz. 37; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unter­ nehmensbesteuerung und Rechtsform, 158. 892 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 159 f., 170 f. Der Steuersatz beträgt nach § 23 Abs. 1 KStG 15 v. H. zuzüglich Solidari­ tätszuschlag (§§ 3, 4 SolZG). 893 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 172 ff. 894 Dazu im Detail Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechts­ form, 175 f. 895 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 171; Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 7 ff. 896 Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, Rz. 6. 897 Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, Rz. 12; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unter­ nehmensbesteuerung und Rechtsform, 161. 898 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 182; Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 10. 899 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 168. Dies gilt auch für den umgekehrten Fall. 900 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 184 ff.; Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 12.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

lung der Steuerlast.901 Abweichungen in der Steuersubjektivität, der Be­ stimmung der Bemessungsgrundlage, insbesondere der Verlustverrech­ nung, und beim Tarif wirken sich je nach Gestaltung der Einflussgrößen unterschiedlich aus. Eine einheitliche Aussage, welche Rechtsform vor­ teilhaft ist und als Begünstigte im beihilferechtlichen Sinn in Frage kommt, lässt sich deshalb abstrakt nicht treffen.902 Nimmt man jedoch eine differenzierte Betrachtung vor, können bestimmte Vorteile identifi­ ziert werden. So ist es zum einen denkbar, auf die unterschiedliche Be­ handlung einzelner Elemente – wie z.B. der Verlustverrechnung zwi­ schen Gesellschafts- und Gesellschafterebene903 oder schuldrechtlicher Verträge zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern904 – abzustellen.905 Zum anderen kann, unterscheidet man zwischen den Fällen der Aus­ schüttung und der Thesaurierung und zusätzlich jeweils zwischen den Progressionsbereichen, in die der Gesellschafter fällt906, für diese Fälle auch im Hinblick auf die Gesamtsteuerbelastung festgestellt werden, welche Rechtsform sich als günstiger erweist.907 Diese Überlegungen zei­ 901 Im Einzelnen Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 547 ff. 902 Stiehler, Unternehmensteuerreform 2008: eine Analyse der Rechtsformneutrali­ tät der Unternehmensbesteuerung, 31; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmens­ besteuerung und Rechtsform, 546; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 66; Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 47; Weinelt, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, 43; so bereits Bühler, StuW 1943, 81, 205. 903 Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 10. 904 Stiehler, Unternehmensteuerreform 2008: eine Analyse der Rechtsformneutrali­ tät der Unternehmensbesteuerung, 44. 905 So z.B. grundlegend Jachmann, in: Pelka, DStJG 23, 9, 21 ff., die nicht auf die Ge­ samtsteuerbelastung, sondern auf die Unterschiede in der Zurechnung von Ge­ winnen, im Steuersatz und in der Bestimmung der Bemessungsgrundlage abstellt. 906 So Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 548. Auch Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 170, sieht als relevante Vergleichsebenen die Belastung einbehaltener Gewinne sowie die Belastung ausgeschütteter Gewinne. 907 Dabei sind im geltenden Steuersystem die Vergleichsebenen der Spitzensatz der Einkommensteuer und die Belastung von Körperschaft und Anteilseigner zusam­ men, so Schön, StuW 2000, 151, 152. Aufgrund der Funktionsweise des § 35 EStG ist auch die Gewerbesteuer in einen Gesamtbelastungsvergleich einzubeziehen, Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 182 ff. Zu den Ergebnissen des Vergleichs im De­ tail Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 567 f., 579 f., 665 ff. Andere quantitative Belastungsvergleiche finden sich z.B. bei Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 21; Stiehler, Unternehmensteuerreform 2008: eine Analyse der Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, 34 ff.; Lauterbach, Ein neues Unternehmenssteuerrecht für Deutschland?, 37 ff.; Weber, NWB 2007 (Fach 18), 4509; Heidemann, in: Festschrift für Dieter Schnee­ loch, 3, 6 ff.; Weinelt, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, 42 ff.; Schneider/Wesselbaum-Neugebauer, Innovation im Steuerrecht: Wie kann die Thesaurierungsbegünstigung eine annähernd belastungsneutrale Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften gewährleisten?, Schumpeter Discussion Paper 02/2010; Wesselbaum-Neugebauer, § 34a EStG – Einstieg in eine rechts­

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

gen, dass der Dualismus der Unternehmensbesteuerung beihilferechtli­ che Relevanz entfalten kann. b) Rein rechtsformspezifische Natur der Differenzierung Wie erläutert sind für die Zwecke dieser Arbeit nur rein rechtsformspezifische Differenzierungen relevant.908 Im Folgenden soll untersucht wer­ den, ob die unter C.IV.1.a) benannten Differenzierungen rein rechtsformspezifischer Natur sind. Die Besteuerung der Kapitalgesellschaften nach dem Körperschaftsteuer­ gesetz erfolgt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG allein nach ihrer Rechtsform als körperschaftlich verfasste Organisationsform und juristische Person des Privatrechts909 und nicht nach einer bestimmten Tätigkeit oder einem Sektor und ist daher rein rechtsformspezifisch.910

formneutrale Besteuerung oder Option für ein virtuelles Trennungsprinzip?, Schumpeter Discussion Paper 09/2008; Kußmaul/Schwarz, StB 2012, 426; Jorde/ Götz, BB 2008, 1032; allgemein Wilk, DStZ 2006, 290, 292 f. – Zu beachten ist hier auch, dass ein Ausgleich der innerperiodischen Vor- und Nachteile in der Gesamt­ periode den Beihilfecharakter der Differenzierung wohl nicht aufhebt. Dies ist zwar grundsätzlich denkbar, so EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 43 f.; jedoch ist dafür erforderlich, dass die Belas­ tung untrennbar mit dem Vorteil verbunden ist, EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 44. Dabei kann es zwar auf die Parameter zur Bestimmung der Steuerlast ankommen, EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 45, die bei Perso­ nen- und Kapitalgesellschaften in den Grundsätzen gleich bleiben. Jedoch müssen sich Vorteil und Belastung wohl grob in der Höhe ausgleichen, EuGH, Urteil vom 08.12.2011, C-81/10 P, France Télécom, Slg. 2011, I-12899, Rz. 50, was bei der un­ terschiedlichen Belastung von Personen- und Kapitalgesellschaften zumindest nicht im Allgemeinen festgestellt werden kann. 908 C.I.2. 909 Dies ergibt sich beispielsweise für die GmbH aus § 13 Abs. 1 GmbHG und für die AG aus § 1 Abs. 1 AktG. 910 Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht, eine unerwünschte Rechtsquelle des Gesell­ schaftsrechts?, 18; Tipke, JuS 1970, 149, 150, insbesondere Fn. 16. Seer, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 1, Rz. 35; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteue­ rung und Rechtsform, 158; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 60, insbesondere Fn. 358; Pezzer, in: Widmann, DSt­ JG 20, 5, 15; Osterloh, JuS 1994, 993, 995; Kirchhof, Empfiehlt es sich, das Ein­ kommensteuerrecht zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen neu zu ordnen?, Gutachten für den 57. Deutschen Juristentag, F 74; Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 39; Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unter­ nehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 77; Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 73; Borstelmann, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1962, 290, 295; Eckhardt, in: StbJB 1961/1962, 77, 92; Boettcher, StuW 1947, 67, 68; BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 757 f.; BT-Drucks., 7/1470, 326; zur rechtsformspezifischen Unternehmensbesteuerung allgemein Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 13.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Die Besteuerung der Gesellschafter einer gewerblichen Personengesell­ schaft richtet sich nach § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Danach kommt es nicht unmittelbar auf die zivilrechtli­ che Rechtsform an911, sondern auf die Eigenschaft als natürliche Person (§ 1 Abs. 1 S. 1 EStG) und Mitunternehmer (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Letztere zeichnet sich durch Mitunternehmerin­ itiative und -risiko aus.912 Nicht die formal-rechtliche Einordnung ist ausschlaggebend, sondern das Gesamtbild der Verhältnisse.913 Zwar ist es neben der Voraussetzung der Mitunternehmerschaft nach dem Wortlaut auch erforderlich, dass der Steuerpflichtige Gesellschafter einer Perso­ nengesellschaft ist914, jedoch reicht es in Ausnahmefällen auch aus, Teil­ haber einer Gemeinschaft zu sein und eine einem Gesellschafter wirt­ schaftlich vergleichbare Stellung innezuhaben.915 Daraus folgt, dass Gesellschafter einer Personengesellschaft, die nicht die Voraussetzungen des Mitunternehmers erfüllen, Einkünfte anderer Art erzielen können. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG knüpft also weder alleine an die Rechtsform des Unternehmens an noch bietet die Norm einen ausschließlichen Be­ steuerungstatbestand für die Rechtsform der Personengesellschaft. Diese Aspekte scheinen gegen die Annahme einer rein rechtsformspezifischen Differenzierung zu sprechen.916 Dennoch ist wohl faktisch von einer rein rechtsformspezifischen Besteu­ erung der nach §§ 705 ff. BGB, §§ 105 ff. und §§ 164 ff. HGB verfassten Gesellschaften auszugehen.917 Zum einen wird der Begriff der Mitunter­ 911 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 219; Walz, ZHR 1983 (147), 281, 291 Fn. 52. 912 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 768 f.; Inhester, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, § 9, Rz. 2. Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 13 f., spricht von einer Überlagerung der im Gesetz angelegten Unterscheidung nach der Rechtsform durch steuerrechtseigene Kriteri­ en. Ähnlich Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 148. 913 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 768 f.; Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 222; Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 25; so erzielt der Gesellschafter einer Personengesellschaft nicht automatisch Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn die Voraussetzun­ gen an die Stellung als Mitunternehmer nicht erfüllt sind, vgl. BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 768. 914 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 34; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 221 f.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 372, 384; a.A. Bodden, FR 2002, 559, 560, 563. 915 BFH, Beschluss vom 25.02.1991, GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691, 699; Bode, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 222. 916 Dass die Gesellschaft selbst nur partielles Steuersubjekt ist und somit die Besteu­ erung gar nicht an sie anknüpft, wäre hingegen ein rein formalistisches Argument und kann daher nicht überzeugen. 917 Ähnlich wohl Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 1; zum Einfluss des Gesellschaftsrechts auf die Besteuerung der Mitunternehmerschaft vgl. auch Seer,

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

nehmerschaft durch die Rechtsprechung zivilrechtlich, also an der Rechtsform der Personengesellschaft orientiert, ausgelegt.918 Typischer­ weise erfüllt nach der Rechtsprechung des BFH das gesellschafts- und handelsrechtliche Bild der Personengesellschaft, das in den §§ 705 ff. BGB und §§ 105 ff., 161 ff. HGB geregelt ist, die Voraussetzungen der Mitun­ ternehmerschaft919, selbst wenn einzelne dispositive Vorschriften abbe­ dungen werden.920 So prüft die Rechtsprechung das Vorliegen von Mitun­ ternehmerinitiative und -risiko bei einem Kommanditisten im Einzelfall anhand der Frage, ob die Satzung annähernd dem handelsrechtlichen Re­ gelstatut der KG entspricht.921 Die Fälle, in denen eine gewerbliche Per­ sonengesellschaft nicht die Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft erfüllt, sind somit im Wesentlichen Ausnahmen, in denen der Gesell­ schaftsvertrag stark vom gesetzlichen Leitbild abweicht.922 Auch umge­ kehrt wird davon ausgegangen, dass eine Mitunternehmerschaft typi­ scherweise die Voraussetzungen einer Personengesellschaft erfüllt.923 in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 1, Rz. 37; Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 31. Wohl auch Osterloh, JuS 1994, 993, 995. 918 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 769; dazu Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 31, und Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 50 f. Ähnlich wohl Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 30, der davon ausgeht, dass in § 15 EStG „die zivilrechtliche Gesellschaft zum Ausgangs­ punkt einer wertenden Vergleichsbetrachtung erhoben“ wird. 919 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 769; BFH, Urteil vom 27.01.1994, IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635, 637; BFH, Urteil vom 07.11.2000, VIII R 16/97, BStBl. II 2000, 186, 188 f.; Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, 223; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechts­ form, 223; Seer, in: Festschrift für Joachim Lang, 655, 661; Jakob, Einkommen­ steuer, Rz. 1044; Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 78. Es ist jedoch zuzu­ gestehen, dass die Begriffe sich nicht zwingend decken, Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 5; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteu­ erung und Rechtsform, 223. Vgl. zur Entwicklung der Auslegung des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 76 f., der „die Stellung des typischen OHG- und KG-Gesellschafters als herausgehobenes Bei­ spiel“ des Mitunternehmers bezeichnet, so auf S. F 77. Zur Verwendung bürger­ lich-rechtlicher Begriffe in ihrem typischerweise vorliegenden Inhalt Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 57. 920 BFH, Urteil vom 07.11.2000, VIII R 16/97, BStBl. II 2000, 186, 188 f. 921 BFH, Urteil vom 07.11.2000, VIII R 16/97, BStBl. II 2000, 186, 188 f.; dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 381 f. 922 Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 223; Seer, in: Festschrift für Joachim Lang, 655, 662; dazu bereits Knobbe-Keuk, Das Steuer­ recht, eine unerwünschte Rechtsquelle des Gesellschaftsrechts?, 51 f.; vgl. für Bei­ spiele Bühler, StuW 1943, 81, 84. Für die Zwecke dieser Arbeit soll aber gerade auf das gesetzliche Leitbild der jeweiligen Gesellschaftsform abgestellt werden. Zu diesem Vorgehen kritisch Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 350 ff. 923 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 768; Jung, Der Un­ ternehmergesellschafter als personaler Kern der rechtsfähigen Gesellschaft, 42; kritisch Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht, eine unerwünschte Rechtsquelle des Ge­

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Auch wenn von diesem Verhältnis zwischen Mitunternehmerschaft und Personengesellschaft Ausnahmen bestehen und diese deshalb nicht de­ ckungsgleich sind924, kann typisierend von einer großen Überschneidung ausgegangen werden.925 Jedenfalls ist aber die Besteuerung der gewerblichen Personengesellschaft nach § 15 EStG als Teil der Besteuerung der Personengesellschaft nach dem EStG allgemein rein rechtsformspezifisch. Denn jede Personenge­ sellschaft, die die Voraussetzungen einer Einkunftsart des § 2 Abs. 1 EStG erfüllt, wird unabhängig von der Einkunftsart transparent besteuert.926 Aus diesen Aspekten ist zu schließen, dass die steuerliche Behandlung von Personengesellschaften eine im Verständnis dieser Arbeit rein rechtsformspezifische ist. Im Ergebnis sind die Besteuerungsregime für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften rein rechtsformspezifische im Sinne dieser Un­ tersuchung und bilden daher den Gegenstand für die weitere Prüfung. 2. Der Dualismus der Unternehmensbesteuerung im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV Im Folgenden soll die als relevant herausgearbeitete Differenzierung nach den Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV untersucht werden. a) Begünstigung Um das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung zu prüfen, muss zunächst die Regelbesteuerung definiert werden.927 Voraussetzung eines Regel-­ Ausnahme-Verhältnisses ist, dass überhaupt eine Regelbesteuerung exis­ tiert, die für Personen- und Kapitalgesellschaften gemeinsam gilt.

sellschaftsrechts?, 34 f., 43 ff.; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuer­ recht, 385 f. 924 Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, 232. 925 Ähnlich Martini, DStR 2012, 388, 392, für die Überschneidung in der Praxis. Bodden, FR 2002, 559, 564, bezeichnet die Personengesellschaft als „klassische Zivil­ rechtsform zur mitunternehmerischen Betätigung“. Schließlich führt auch die Beschränkung auf gewerbliche Einkünfte nicht dazu, dass von einer auch rechtsformspezifischen Differenzierung auszugehen wäre. Denn diese stellt nicht auf eine bestimmte Tätigkeit oder einen bestimmten Sektor ab, sondern auf Selbst­ ständigkeit und Nachhaltigkeit der Betätigung, Gewinnerzielungsabsicht sowie Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 13. 926 Jakob, Einkommensteuer, Rz. 1031. Im Detail z.B. zur vermögensverwaltenden Personengesellschaft Jakob, Einkommensteuer, Rz. 1064 ff. 927 Vgl. B.V.3.a).

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

aa) Regelbesteuerung nach formalen Kriterien Das die formale Regelbesteuerung definierende äußere System wird von der Aufteilung der Rechtsmaterie in Gesetze und innerhalb dieser vom Gesetzes- und Normenaufbau, insbesondere der Regelungstechnik, be­ stimmt.928 Gesellschafter von Personengesellschaften und Anteilseigner von Kapitalgesellschaften, die natürliche Personen sind, werden nach dem EStG besteuert. Kapitalgesellschaften hingegen fallen unter das KStG, wobei in § 8 Abs. 1 S. 1 wiederum auf das EStG verwiesen wird. Trotz dieses Verweises kann nicht von einem gemeinsamen formalen Rahmen für Personen- und Kapitalgesellschaften sowie ihre Gesellschaf­ ter ausgegangen werden. Der Gesetzgeber hat die Unternehmensbesteu­ erung nicht einheitlich in einem Gesetz geregelt, sondern auf mehrere Gesetze verteilt.929 Ein teilweiser Verweis von einem Gesetz auf das an­ dere kann an dieser grundsätzlichen formalen Entscheidung nichts än­ dern.930 Folglich ist eine einheitliche formale Regelbesteuerung und die damit verbundene Vermutungswirkung931 nicht festzustellen. Insgesamt kann deshalb aus der formalen Regelungssituation für Personen- und Ka­ pitalgesellschaften keine Vermutung abgeleitet werden. bb) Regelbesteuerung der Kapitalgesellschaften nach materiellen Kriterien – Subsystem für die Besteuerung der Körperschaften Zu prüfen ist in einem weiteren Schritt, ob nach materiellen Kriterien eine gemeinsame Regelbesteuerung für Personen- und Kapitalgesell­ schaften besteht. Hier liegt es zunächst nahe, der Frage nachzugehen, ob mit der dualistischen Unternehmensbesteuerung für die Besteuerung von Personengesellschaften und Körperschaften – diese schließen die Ka­ pitalgesellschaften ein – zwei getrennte Subsysteme im beihilferechtli­ chen Sinn geschaffen worden sind. Ist dies der Fall, existiert aus beihilfe­ rechtlicher Sicht keine gemeinsame Regelbesteuerung, sondern es liegen unterschiedliche Besteuerungssysteme vor, die im Grundsatz932 beihilfe­ rechtlich nicht gegenübergestellt werden können. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Subsystems für die Be­ steuerung von Körperschaften, unter das Kapitalgesellschaften fallen würden, sind eine hinreichend allgemeine gesetzgeberische Grundent­

928 Vgl. B.V.3.a)bb)(1). 929 Siehe nur Schön, in: DStJG 37, 217, 218. 930 Vgl. zur formalen Trennung auch Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängi­ ge Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 20. 931 Vgl. B.V.2. 932 Ausnahmen davon bilden wenige subsystemübergreifende Prinzipien wie das Leistungsfähigkeitsprinzip, vgl. dazu B.V.3.a)ee) und C.IV.2.a)dd).

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

scheidung, die nicht in einer Beihilfegewährung besteht, und deren folge­ richtige Umsetzung.933 (1) Gesetzgeberische Grundentscheidung der Anknüpfung der ­Besteuerung an die Rechtsform der Körperschaft Die Entscheidung des Gesetzgebers, bei der Ertragsbesteuerung von Un­ ternehmen an deren zivilrechtliche Rechtsform anzuknüpfen und die Besteuerung entsprechend unterschiedlich auszugestalten, könnte eine Entscheidung zugunsten von Subsystemen für einzelne Rechtsformen – und damit auch für die Rechtsform der Körperschaft934 – sein. Zur Klä­ rung der Frage, ob eine solche Grundentscheidung vorliegt, kann die Ab­ sicht des Gesetzgebers herangezogen werden. Entscheidend ist aber vor allem, ob sich die Entscheidung hinreichend im Gesetz niedergeschlagen hat. Da sich diese Frage mit derjenigen nach der folgerichtigen Umset­ zung der Entscheidung überschneidet, werden beide zusammen unter der Voraussetzung der folgerichtigen Umsetzung vertieft behandelt935, wäh­ rend hier die Darstellung der zu untersuchenden Entscheidung in Grund­ zügen ausreichen soll. Diese ist darin zu sehen, dass der Steuergesetzgeber – im Hinblick auf das Ziel, die Besteuerung der Unternehmen zu regeln – auf zwei Ebenen an die zivilrechtliche Rechtsform eines Unternehmens anknüpft: derjeni­ gen der Definition des Steuersubjekts sowie derjenigen der Bestimmung des Steuergegenstandes und der Bemessungsgrundlage.936 (a) Steuersubjekt Bereits bei der Festlegung der Steuersubjektivität setzt die Grundent­ scheidung der Anknüpfung an zivilrechtliche Gestaltungsformen an. Da­ bei ist festzustellen, dass weder das Steuerrecht im Allgemeinen noch das Unternehmenssteuerrecht im Besonderen sich a priori an zivilrecht­ lichen Konzeptionen festmachen lassen.937 Vielmehr liegt der Steuerge­ 933 Vgl. B.V.3.a)ee). 934 Und der Kapitalgesellschaft als Beispiel einer Körperschaft, vgl. C.IV.1. 935 C.IV.2.a)cc)(4). 936 Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 74 f. Die Bestimmung des jeweiligen Steuertarifs wird im Folgenden nicht untersucht. Diese ist nach allge­ meinem Verständnis den Mitgliedstaaten überlassen und wird als rein steuertech­ nische Maßnahme von der Kommission regelmäßig nicht überprüft, vgl. nur Mit­ teilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmenssteuerung, 10.12.1998, 98/C 384/03, ABl. EG 1998 Nr. C 384/3, Rz. 13. 937 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, 1636. Anders Petersen, Einfluss der Be­ steuerung auf die Wahl der Organisationsform, 19, der von einer grundsätzlichen Anknüpfung an zivilrechtliche Wertungen ausgeht. Zum Teil wurde diese An­ knüpfung sogar als in der Natur der Steuer als das Privatvermögen betreffende

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

setzgebung die Intention zugrunde, den wirtschaftlichen Gehalt von Le­ benssachverhalten zu erfassen938, in diesem Fall Zuordnungssubjekte der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die im Rahmen eines Unterneh­ mens erzielt wird, zu bestimmen.939 Um im Hinblick auf dieses Ziel Steuersubjekte zu definieren, kann der Gesetzgeber entweder eigene steuerrechtliche Begriffe entwickeln oder sich solcher aus anderen Rechtsgebieten bedienen.940 Verwendet er zivilrechtliche Begriffe, fußt dies auf der Prämisse, dass sich der wirtschaftliche Gehalt von Lebens­ sachverhalten in zivilrechtlichen Gestaltungen wiederfindet und des­ halb anhand zivilrechtlicher Begriffe definiert werden kann.941 Begründet wird diese Annahme mit dem Umstand, dass jedwede wirtschaftliche Betätigung in der Regel mit den Mitteln des Zivilrechts durchgeführt wird und so auch anhand des speziellen zivilrechtlichen Mittels um­ schrieben werden kann.942 Bei der Festlegung der Steuersubjekte hat der Gesetzgeber deshalb in An­ betracht der unzureichenden Entwicklung eines umfassenden steuerrecht­ Zahlungspflicht begriffen, so Birgelen, Die Beeinträchtigung der handelsrechtli­ chen Gestaltungsfreiheit durch das Steuerrecht, 7; Burckhardt, Methode und Sys­ tem des Rechts, 69. 938 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, 1636; Kruse, NJW 1970, 2185, 2186; Beisse, StuW 1981, 1, 3. Dazu bereits Becker, StuW 1924, 1005, 1028: Das Steuergesetz „will nicht den Rechtsvorgang als solchen treffen, sondern den wirtschaftlichen Vorgang, der in der Regel dahintersteckt.“ 939 Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Frei­ heit, 16. 940 Becker, StuW 1924, 1005, 1027. 941 „Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird aber im allgemeinen durch Teilnahme am bürgerlichrechtlichen Verkehr in den Formen und mit Hilfe der Gestaltungs­ möglichkeiten des bürgerlichen Rechts begründet. Bürgerlichrechtliche Ge­ staltungstypen sind in der Regel Ausdruck eines bestimmten wirtschaftlichen Vorgangs oder Zustands; sie begründen Befugnisse, beinhalten wirtschaftlich be­ wertbare Potenzen oder wirtschaftliche Belastungen.“, so Tipke, JuS 1970, 149, 150, und weiter auf S. 152: „Wenn das Steuerrecht an das bürgerliche Recht an­ knüpft, so ist das also kein Notbehelf, sondern ein natürlicher Vorgang.“ Anders aber Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 118; Emge, Gratisaktien und Steuern – Grundsätzliche Erwägungen über die Beziehung des Zivilrechts zum Steuerrecht, 40; Vgl. zudem Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, 1636; Crezelius, Steuer­ rechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 179; Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 28, geht von „regelmäßige[r] Koinzidenz von zivilrechtlicher Form und wirtschaftlichem Gehalt“ aus. 942 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 44 f. Siehe bereits Hensel, in: Bonner Festgabe für Ernst Zitelmann, 217, 224: Bei der Definition eines Steuertatbestands „kann der Gesetzgeber zunächst von der Erfahrungstatsache ausgehen, daß das Wirtschaftsleben bestimmte wirtschaftliche Situationen durch Gebrauch entspre­ chender Rechtsfiguren, welche die Rechtsordnung zur Verfügung stellt, herbeizu­ führen pflegt“. Dies gilt insbesondere, wenn „der zivilrechtliche Begriff klare Kon­ turen hat und sich zur gleichmäßigen Erfassung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eignet“, so Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, 1631.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

lichen Begriffsapparats943 entschieden, auf die zivilrechtliche Figur der Per­ son944 zurückzugreifen und diese als Steuerpflichtige zu normieren.945 Dies 943 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, 1631; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 53. 944 Zu den geistesgeschichtlichen Grundlagen der Person umfassend Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 41 ff. 945 So Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 147; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 4; Seer, StuW 1993, 114, 115; Raupach, Der Durchgriff im Steu­ errecht, 97 f.; Tipke, JuS 1970, 149, 154 m.w.N.; zur Entscheidung des historischen Steuergesetzgebers Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 73; ähnlich be­ reits BVerfG, Urteil vom 24.01.1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331, 339: „Der Steuergesetzgeber hat sich dafür entschieden, der zivilrechtlichen Einteilung der Gesellschaften zu folgen und Personengesellschaften der Einkommensteuer, Kapi­ talgesellschaften der Körperschaftsteuer zu unterwerfen“; vgl. auch BVerfG, Be­ schluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, 250. Schön bezeichnet die zivilrechtlichen Begriffe als „Kern- und Vorbildtatbestand“, vgl. Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 30, und geht von einer „zivilrechtlichen Vorstrukturierung“ des Sachverhalts aus, vgl. Schön, in: Hüttemann, DStJG 33, 29, 41. Kirchhof, in: JbFfSt 1979/1980, 254, 255, sieht einen systematischen Zu­ sammenhang zwischen Steuerrecht und Zivilrecht, da beide Gebiete an die indivi­ duelle Herrschaft über Ertragsquellen und Erträge anknüpfen. Zur Parallelität von Zivil- und Steuerrecht Kirchhof, in: Hüttemann, DStJG 33, 9, 24 f. Allgemein für die Anknüpfung des Steuerrechts an das Zivilrecht Tipke, JuS 1970, 149; Becker, Bankarchiv 1919/1920, 14, zitiert nach Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 103. Zur Verankerung dieser Entscheidung in der Finanzverfassung Böhmer, StuW 2012, 33, 34. Für die Reichsabgabenordnung Emge, Gratisaktien und Steuern – Grund­ sätzliche Erwägungen über die Beziehung des Zivilrechts zum Steuerrecht, 14, 40. Insgesamt hat sich das Steuerrecht aber von einer strengen Anknüpfung an das Zivilrecht hin zu einer Verselbstständigung entwickelt, dazu Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 82; Geiler, StuW 1927, 497; Kruse, NJW 1970, 2185, 2186 f. Diffe­ renzierend Klein, Gleichheitssatz und Steuerrecht, 146 f., der von einer Anknüp­ fung an die verschiedene Rechtsnatur der natürlichen und juristischen Person, aber nicht an die Rechtsformen der Gesellschaften ausgeht. – Von der Frage, ob eine solche Entscheidung durch den Steuergesetzgeber getroffen worden ist, ist die Diskussion ihrer Sinnhaftigkeit und rechtlichen Verankerung, vor allem im Prin­ zip der Einheit der Rechtsordnung, zu unterscheiden. Für die Zwecke dieser Ar­ beit kommt es nur auf die tatsächliche Existenz einer derartigen Entscheidung an, während in der Literatur umfassend ihre Rechtfertigung diskutiert worden ist, dazu beispielsweise Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 28 ff.; Fischer, in: Ge­ dächtnisschrift für Rainer Walz, 169; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfas­ sungsstaat, 194 ff.; Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 98 ff.; Tipke, Die Steuerrechts­ ordnung, Band 1, 46 ff.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 61; Hallerbach, DStR 1999, 2125; Hey, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Einf. EStG, Rz. 910 ff.; Walz, in: Festschrift für Lutz Fischer, 463; Clemm, in: Festschrift für Franz Klein, 715; Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 17 ff.; Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37; Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, 180 ff.; Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhän­ gige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristen­ tag, F 84; Weber, JZ 1980, 545, 547; Degenhart, Systemgerechtigkeit und Selbst­ bindung des Gesetzgebers als Verfassungspostulat, 81; Polland, Steuerrecht und Privatrecht; Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 51 ff.; Löhlein, StuW 1965, 329; Wallis, in: Festschrift für Armin Spitaler, 207; Spitaler, DStR 1962, 29; Blau/

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

gilt insbesondere für die Körperschaften946, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG körperschaftsteuerpflichtig, aber auch für ihre Mitglieder, die nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG einkommensteuerpflichtig sind. Dieser Rück­ griff beruht auf der Annahme, dass sich der Gestalt der zivilrechtlichen Person wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zurechnen lässt.947 Der wirt­ schaftliche Gehalt, der damit erfasst werden soll, ist derjenige wirtschaft­ liche Erfolg, der sich aus der Betätigung in der Form der zivilrechtlichen Person ergibt. Diese zivilistische Anknüpfung führt zur steuerrechtli­ chen Unterscheidung zwischen Körperschaft und Mitglied, da beide zi­ vilrechtlich Rechtspersönlichkeit besitzen.948 Sie wird als „Trennungs­ prinzip“ bezeichnet und allgemein als systemtragendes Strukturprinzip verstanden. 949 Oeftering, in: Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts 1932, 164; Emge, AcP 1928 (129), 49; Hensel, in: Bonner Festgabe für Ernst Zitelmann, 217, 241 f.; vgl. auch BT-Drucks., 7/1470, 326. Die heute wohl überwiegende An­ sicht geht von der „Vorherigkeit“ des Zivilrechts bei der Tatsachenermittlung aus, lehnt ein Abhängigkeitsverhältnis aber ab, so Kirchhof, in: Ebling, DStJG 24, 9, 27; Kirchhof, in: JbFfSt 1979/1980, 254, 255 f.; Hey, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Einf. EStG, Rz. 911; Schön, StuW 2005, 247, 248; Schön, StuW 1995, 366, 375; Palm, Person im Ertragsteuer­ recht, 431. Zur Einheit der Rechtsordnung allgemein Engisch, Die Einheit der Rechtordnung, 36 ff.; Sigloch, DStZ 1968, 301. Umgekehrt beeinflusst auch das Steuerrecht das Zivilrecht, vgl. dazu Petersen, in: Kontinuität im Wandel der Rechtsordnung – Beiträge für Claus-Wilhelm Canaris zum 65. Geburtstag, 113; Klingelhöffer, DStR 1997, 544; Schulze-Osterloh, AcP 1990 (190), 139, 140; Martin, BB 1984, 1629; Meincke, JuS 1976, 693. 946 BT-Drucks., 7/1470, 326; Hummel, in: Gosch, KStG, § 1, Rz. 6, 32; Pezzer, in: See­ ger, DStJG 25, 37, 38, 42 f. Zur historischen Entwicklung der Debatte um die Kör­ perschaft als Steuersubjekt vgl. Pezzer, in: Widmann, DStJG 20, 5, 7 ff. 947 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 118; Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 97; eine ausführliche Darstellung der Thematik findet sich bei Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 499 ff. Allgemein zur Relevanz der zi­ vilrechtlichen Gestalt für den wirtschaftlichen Gehalt eines Sachverhalts Schön, in: Hüttemann, DStJG 33, 29, 42: „Das Zivilrecht kostümiert nicht den Lebens­ sachverhalt, sondern es entscheidet maßgeblich über seinen wirtschaftlichen Ge­ halt.“ Vgl. bereits Tipke, NJW 1980, 1079, 1084, wonach das Gesellschaftsrecht wirtschaftlich konstituierend wirken kann. Zur zivilrechtlichen Verselbstständi­ gung der juristischen Person Kirchhof, in: Seeger, DStJG 25, 1, 3 f.; zur wirtschaft­ lichen Selbstständigkeit der Körperschaft Tipke, JuS 1970, 149, 150; Tipke, NJW 1980, 1079, 1081; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 1, 46; Lang, StuW 1989, 3, 6; Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 73; Pezzer, in: Widmann, DStJG 20, 5, 13; BT-Drucks., 7/1470, 326. 948 Ähnlich Böhmer, StuW 2012, 33, 34. 949 Das Trennungsprinzip setzt im Körperschaftsteuerrecht das Prinzip der Individu­ albesteuerung um, dazu Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 178 f. Nach dem Verständnis dieser Arbeit geht es dabei nicht um die Anknüpfung an die Rechtsfähigkeit einer Person oder einer Mehrheit von Personen, sondern an die legislatorische Entscheidung der Anerkennung des Status als Person des Pri­ vatrechts. Zum Trennungsprinzip im Zivilrecht Heider, in: Münchener Kommen­ tar zum AktG, § 1, Rz. 46. Zum Trennungsprinzip im Steuerrecht Hey, in: Tipke/

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Im Rahmen einer solch formalen Bezugnahme auf das Zivilrecht ist zu beachten, dass eine vollständige Übereinstimmung zwischen ökonomi­ scher Situation und rechtlichem Tatbestand nur annähernd zu erreichen sein wird950, da letztlich im Steuerrecht lediglich auf die zivilrechtlichen Leitbilder abgestellt werden kann.951 Daher nimmt der Gesetzgeber bei seiner Grundentscheidung für Fälle, in denen der wirtschaftliche Gehalt eines Verhaltens zu weit von der zivilrechtlichen Vorstrukturierung ab­ weicht952 und deshalb kein Maß für die Leistungsfähigkeit bietet, eine Korrektur vor.953 Diese kann zum einen bereits auf Ebene der Gestaltung steuergesetzlicher Tatbestände erfolgen, indem nicht auf die zivilrechtli­ che Form der Betätigung, sondern andere Kriterien abgestellt wird.954 Zum anderen kann eine derartige Abweichung auf Ebene der Auslegung der Steuergesetze korrigiert werden, wie sie nach herrschender Meinung Lang, Steuerrecht, § 11, Rz. 1; Drüen, GmbHR 2008, 393, 394 f.; Jacobs/Scheffler/ Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 159; Jachmann, Steuerge­ setzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 80; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 KStG, Rz. 10. Zur Trennung als Grundent­ scheidung in der Rechtsprechung Schulze-Osterloh, ZHR 1976 (140), 46, 54. Für das Beihilferecht Breuninger/Ernst, GmbHR 2011, 673, 683; Marquart, IStR 2011, 445, 448; Böhmer, StuW 2012, 33, 41. Nach Pezzer, in: Widmann, DStJG 20, 5, 8, ist die gesonderte Regelung der Körperschaftsteuer im KStG aber nicht einer rechtssystematischen Notwendigkeit geschuldet, sondern lediglich der Übersicht­ lichkeit und Zweckmäßigkeit. Auch Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunab­ hängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juris­ tentag, F 85, ordnet die Belastungsentscheidung bei Kapitalgesellschaften nicht als Strukturentscheidung ein, sondern betont deren wirtschaftspolitische Natur. Ähnlich Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 169, die KStG und EStG nicht als Subsys­ teme anerkennt. 950 Kirchhof, in: JbFfSt 1979/1980, 254, 256; Hensel, in: Bonner Festgabe für Ernst Zi­ telmann, 217, 224. 951 Walz, ZHR 1983 (147), 281, 290 f.; Birgelen, Die Beeinträchtigung der handels­ rechtlichen Gestaltungsfreiheit durch das Steuerrecht, 54; ähnlich Ball, Steuer­ recht und Privatrecht, 124 f.; Becker, StuW 1924, 1005, 1028. Auch Schönfeld, Hinzurechnungsbesteuerung und europäisches Gemeinschaftsrecht, 148, und sich anschließend Böhmer, StuW 2012, 33, 34, gehen von einer Anknüpfung an die Grundsätze, nicht aber in jedem Fall an die Einzelheiten des Zivilrechts aus. 952 Dies wird oft aufgrund privatautonomer Veränderungen der Fall sein, Walz, ZHR 1983 (147), 281, 290 f; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 207 ff., stellt eine „funktionale Differenz zwischen Zivilrecht und Steuerrecht“ fest. 953 „Das Steuerrecht erkennt nun nur solche zivilrechtlichen Formen und Gestal­ tungsmöglichkeiten an, die „den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Ver­ hältnissen“ angemessen sind.“, so Tipke, JuS 1970, 149, 154. 954 Grundlegend Becker, Bankarchiv 1919/1920, 14, zitiert nach Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 103. Ein solches Abweichen ist nach allgemeiner Methodenlehre möglich, so dass auch gleich lautende Termini sich auseinander entwickeln ­können. Es bedeutet insbesondere keine „Negation privatautonom durch Rechts­ geschäft gestalteter Rechtsbeziehungen“, sondern stellt eine notwendige Differen­ zierung im Hinblick auf den wirtschaftlichen Erfolg privatrechtlicher Gestaltun­ gen dar, der im Steuerrecht ausschlaggebend ist, so Osterloh, JuS 1994, 993, 996 f.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

teleologisch955 anhand der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise956 vorgenommen wird. Danach ist der materielle Inhalt über die Form zu stellen. Dies stellt keine umfassende Abkehr von der Anknüpfung an zivilrechtliche Formen dar, sondern bedeutet lediglich, dass „Teilstücke des zivilrechtlichen Tatbestandes ausgelassen oder ersetzt werden“957. Eine solche Abkehr ist auch deshalb nicht anzunehmen, weil die An­ knüpfung an zivilrechtliche Gestaltungen als formale Betrachtungsweise im Gegensatz zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise, die das Ziel der Belastungsgerechtigkeit umsetzt, Rechtssicherheit bietet.958 Diese wird aber im Steuerrecht in der Regel besonders hoch bewertet.959 Ein Beispiel 955 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 3, 1630; Schön, Die Auslegung europäi­ schen Steuerrechts, 29. 956 Zu deren Entwicklung Grimm, DStZ 1978, 283; Beisse, StuW 1981, 1; Eibelshäuser, DStR 2002, 1426. Sie wurde ursprünglich mit § 4 RAO 1919 eingeführt und später auf § 1 StAnpG übertragen, ist aber mittlerweile nicht mehr ausdrücklich gesetzlich normiert, vgl. dazu Eibelshäuser, DStR 2002, 1426, 1428. Ihre Entste­ hung ging mit der Verselbstständigung des Steuerrechts als Rechtsgebiet einher, Geiler, StuW 1927, 497, 506; zur Emanzipation des Steuerrechts vom Zivilrecht Flume, Steuerwesen und Rechtsordnung, 18; Prokisch, in: Festschrift für Klaus Vogel, 293, 308 f. Allgemein zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise Weber-­ Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 207 ff. m.w.N.; Walz, ZHR 1983 (147), 281, 286; Eckhardt, in: StbJB 1961/1962, 77, 89; zu ihrer Begründung im Leistungsfähigkeitsprinzip Walz, ZHR 1983 (147), 281, 289; rechtsvergleichend Gassner, in: Festschrift für Ernst Höhn, 65. Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 147 f., bezeichnet die Orientierung am Zivilrecht als „Übernah­ me-Schicht“ des Steuerrechts, unter die die Anerkennung und Übernahme zivil­ rechtlicher Kategorien falle. Dazu gehöre auch die Anknüpfung an natürlich und juristische Personen und die Formen des Gesellschaftsrechts. Diese Schicht könne aber überlagert werden, wenn das Steuerrecht aufgrund eigener Prinzipien (wie demjenigen der Leistungsfähigkeit) die Anknüpfung an tatsächliche Verhältnisse verlange. Wo es um tatsächliche Leistungsfähigkeit gehe, sei das Zivilrecht sekun­ där, so z.B. bei §§ 40 bis 42 AO. Selbst dort ist jedoch das Abstellen auf zivilrecht­ liche Verhältnisse in Form vertraglicher Vereinbarungen erforderlich, so Schön, StuW 2005, 247, 251 f. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist verfassungs­ rechtlich legitimiert, vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.07.1967, 1 BvR 495/63, 325/66, BVerfGE 22, 156, 160 f.; BVerfG, Beschluss vom 11.11.1964, 1 BvR 488/62, BVerfGE 18, 224, 234; BVerfG, Beschluss vom 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212. 957 Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 29. Eine wirtschaftliche Be­ trachtung des Sachverhalts hingegen, die der wirtschaftlichen Auslegungen der Normen vorgelagert wäre, lehnt Schön ab, vgl. S. 32 f. 958 Zum Spannungsverhältnis zwischen formaler und wirtschaftlicher Betrachtungs­ weise und dem Aspekt der Rechtssicherheit Walz, ZHR 1983 (147), 281, 291; Hallerbach, DStR 1999, 2125, 2129; Beisse, StuW 1981, 1; Geiler, StuW 1927, 497, 516 f.; Borstelmann, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1962, 290, 295; Weber, JZ 1980, 545, 551. Zur Rechtssicherheit durch Anknüpfung an das Zivil­ recht Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 54; Raupach, Der Durchgriff im Steuer­ recht, 51; ähnlich Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht, eine unerwünschte Rechtsquel­ le des Gesellschaftsrechts?, 20; differenzierend Moxter, StuW 1989, 232, Rz. 240 f. 959 Walz, ZHR 1983 (147), 281, 291; Birgelen, Die Beeinträchtigung der handelsrecht­ lichen Gestaltungsfreiheit durch das Steuerrecht, 51; Becker, Bankarchiv

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für eine derartige „Korrektur“ der formalen Anknüpfung stellt § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG dar, wonach auch nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stif­ tungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts – trotz ihrer feh­ lenden Eigenschaft als juristische Person – als Körperschaftsteuerpflich­ tige definiert werden.960 Auch die gesetzeshistorische Perspektive lässt auf kein anderes Ergebnis schließen. Zwar wurde die Kapitalgesellschaft961 im Steuerrecht ursprüng­ lich im Hinblick auf ihre Struktur ähnlich wie eine Personengesellschaft eingeordnet: Die Aktionäre galten als wirtschaftliche Eigentümer des Unternehmens, was im Hinblick auf eine eigene Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft und der Bemessung der Steuer auf Ebene der Gesell­ schaft als problematisch galt.962 Mit fortschreitender Entwicklung der Steuergesetzgebung wurde jedoch die Selbstständigkeit der Kapitalgesell­ schaft betont und ihr deshalb eine eigene Leistungsfähigkeit zugeschrie­ ben, so dass „die gleichberechtigte Heranziehung der Körperschaften mit ihrem gesamten Gewinn eine bloße Konsequenz ihrer juristischen Gleichstellung mit natürlichen Personen im rechtlich verfaßten Vermö­ gensverkehr sei“963. Trotz Gegenstimmen964 entschied der Gesetzgeber sich im Laufe der Zeit für die Anknüpfung an die zivilrechtliche Selbst­ ständigkeit.965 Dies gilt auch für die Rechtsform der GmbH, die als den Personengesellschaften sehr nahe und deshalb steuerlich zunächst zwi­ schen AG und OHG stehend eingeordnet wurde. Letztlich betonte der Steuergesetzgeber aber ihre Eigenschaft als juristische Person und stellte

1919/1920, 14, zitiert nach Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 103; Eckhardt, in: StbJB 1961/1962, 77, 127, 130. Zum besonders hohen Interesse an Rechtssicher­ heit im Steuerrecht Hensel, in: Bonner Festgabe für Ernst Zitelmann, 217, 231. Kritisch zur Schaffung von Rechtssicherheit durch formale Anknüpfung auf das Zivilrecht aber Ball, Steuerrecht und Privatrecht, 127; Tipke, Die Steuerrechtsord­ nung, Band 1, 53 f. 960 Dazu und zu weiteren „Korrekturen“ im Einzelnen C.IV.2.a)bb)(4). 961 Diese Ausführungen beziehen sich auf die Rechtsform der AG, da die Rechtsform der GmbH erst seit dem GmbHG vom 20.04.1892 existiert und seit der Novelle des Preußischen Einkommensteuergesetzes 1891 im Jahr 1906 Einkommensteuer­ subjekt ist, Pezzer, in: Festschrift für Klaus Tipke, 419, 420 f. Zur historischen Gesetzesauslegung Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band 1, 214. 962 Zum Ganzen Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 18 f., vgl Fn 32, 33; Pezzer, in: Festschrift für Klaus Tipke, 419, 421. 963 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unterneh­ men?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 19; Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 64 f. 964 Vgl. die Nachweise bei Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteue­ rung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 24 f. 965 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unterneh­ men?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 19 f.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

sie mit dem KStG vom 30.03.1920 der AG gleich.966 Im Ergebnis bestätigt auch diese Entwicklung die Entscheidung des Steuergesetzgebers, an zi­ vilrechtliche Rechtsformen anzuknüpfen. (b) Steuerobjekt Ob sich diese Entscheidung auch in der Definition des Steuerobjekts nie­ derschlägt, ist im Folgenden zu klären. Dabei wird zunächst das Span­ nungsfeld zwischen der grundsätzlichen Anknüpfung an die zivilrechtli­ che Trennung zwischen dem Einkommen von Körperschaft und Mitglied einerseits und der sich in der Berücksichtigung der körperschaftsteuer­ lichen Vorbelastung manifestierenden Gesamtbetrachtung von Kör­ perschaft und Mitglied andererseits dargestellt (vgl. (i)). Sodann ist zu untersuchen, inwieweit die Gesamtbetrachtung tatsächlich gesetzlich verankert ist (vgl. (ii) bis (vi)) und in welchem Verhältnis sie zum Grund­ satz der Trennung steht (vgl. (vii)). (i) Grundsätzliche Trennung zwischen Einkommen von Körperschaft und Mitglied vs. Gesamtbetrachtung Die Anknüpfung an die zivilrechtliche Vorstrukturierung setzt sich bei der Definition des Steuerobjekts im Grundsatz fort.967 Als Steuergegen­ stand wird im Hinblick auf das Leistungsfähigkeitsprinzip gem. § 7 Abs. 1 KStG das Einkommen bestimmt.968 Der Einkommensbegriff ist zwar ein rein wirtschaftlicher, den das Zivilrecht nicht verwendet.969 Die zivilisti­ sche Anknüpfung ist jedoch darin zu sehen, dass der zivilrechtliche Ord­ nungsgedanke der personalistischen und vermögensrechtlichen Ver­ selbstständigung der juristischen Person gegenüber ihren Mitgliedern970 bei der Festlegung der Bemessungsgrundlage aufgenommen wird, indem das Einkommen der Körperschaft und dasjenige ihrer Mitglieder getrennt voneinander definiert werden. Insbesondere werden schuldrechtliche Verträge zwischen Körperschaft und Mitgliedern steuerlich parallel zu den zivilrechtlichen Folgen umgesetzt, kommt eine Verlustberücksichti­

966 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unterneh­ men?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 20 f. 967 Die „zivilrechtliche Rechtsformenwahl [ist] für das rechtformabhängige deutsche Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht eines der wenigen Reservate einer Maßgeblichkeit des Privatrechts geblieben“, Osterloh, JuS 1994, 993, 999. Vgl. auch BFH, Urteil vom 15.10.1998, III R 75/97, DStR 1999, 64, 65; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 196. 968 Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 55; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 169. 969 Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 76 m.w.N. 970 Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 200 m.w.N.; Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 75.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

gung nicht in Betracht971 und spielt die Frage der Ausschüttung gem. § 8 Abs. 3 S. 1 KStG keine Rolle.972 Trotz der beschriebenen grundsätzlichen Trennung zwischen Bemes­ sungsgrundlage der Körperschaftsteuer auf Ebene der Körperschaft und derjenigen der Einkommensteuer auf Ebene des Mitglieds könnte der fol­ gende Aspekt gegen die Annahme einer Grundentscheidung im Sinne einer Anknüpfung an die zivilrechtliche Verselbstständigung der Körper­ schaft auf Ebene des Steuerobjekts angeführt werden: Der Umstand, dass bei der Besteuerung des Mitglieds – zumindest teilweise – eine Berück­ sichtigung der Vorbelastung der dem Mitglied zuzurechnenden Ein­ künfte mit Körperschaftsteuer stattfindet, verschiebt das auf Ebene des Steuersubjekts klare Bild einer strikten Trennung hin zu einer steuersub­ jektübergreifenden Gesamtbetrachtung im Rahmen des sich in der je­ weiligen Bemessungsgrundlage des Mitglieds konkretisierenden Steuer­ objekts. Wäre diese Gesamtbetrachtung als das grundlegende und überwiegende Strukturprinzip bei der Bestimmung der Bemessungs­ grundlage einzuordnen, so würde dies gegen die Annahme einer Grund­ entscheidung im Sinne einer Anknüpfung an die zivilrechtliche Tren­ nung von Körperschaft und Mitglied und möglicherweise für ein einheitliches Regelwerk für Körperschaften und Personengesellschaften sprechen. Ein derartiges Verständnis mitgliedstaatlicher Steuersysteme ginge je­ denfalls mit der bei EuGH und Kommission973 festzustellenden Tendenz einher, im Rahmen der Prüfung des Beihilfeverbots unabhängig von den tatsächlich bestehenden Regelungen von der Existenz einer allgemeinen Gewinnbesteuerung anstelle einzelner, z.B. rechtsformabhängiger, Sub­ systeme auszugehen. So hat z.B. der EuGH in seinem Urteil in der Rs. Gibraltar974 angenommen, dass eine Regelbesteuerung im Sinne einer allgemeinen Gewinnbesteuerung anzunehmen sei, selbst wenn der Ge­

971 Dazu C.IV.1.a)bb). 972 Dieser Aspekt der legislatorischen Grundentscheidung beruht auf der Prämisse, dass Vermögen und Vermögensverkehr als potentielle Einnahmequellen des Staa­ tes bereits in privatrechtlicher Gestalt vorgefunden werden, so Osterloh, JuS 1994, 993; Schön, Die Auslegung europäischen Steuerrechts, 30. Ähnlich Geiler, StuW 1927, 497, 510, der feststellt, dass „das Steuerrecht die Steuerpflicht immer wird an Vorgänge und rechtsgeschäftliche Akte anknüpfen müssen, die zunächst ein­ mal ihre juristische Einordnung mit Systematisierung im Zivilrecht und seinen Begriffen finden.“ 973 Vgl. z.B. die Beschlüsse der Kommission zu den Steuerbeihilfen zugunsten Fiat und Starbucks, siehe Europäische Kommission, Pressemitteilung vom 21.10.2015, IP/15/5880; dazu Bartosch, BB 2015, 34. 974 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

setzgeber dies nicht ausdrücklich als Regeltatbestand festgelegt hat.975 Ob ein solches Verständnis auf das deutsche Steuerrecht im Sinne der Existenz einer allgemeinen Gewinnbesteuerung (z.B. im Wege der Ge­ samtbetrachtung) übertragen werden kann, ist im Folgenden zu prüfen. (ii) Gesetzliche Regelungen zur Berücksichtigung der Vorbelastung auf Anteilseignerebene Im klassischen Körperschaftsteuersystem mit Doppelbelastung, das in Deutschland seit der Herauslösung der Besteuerung der Körperschaften aus dem EStG im Jahr 1920 galt, fand keine Berücksichtigung der Vorbe­ lastung von Ausschüttungen mit Körperschaftsteuer statt.976 Seit der Ein­ führung des Anrechnungsverfahrens im Rahmen des Körperschaftsteuer­ gesetzes 1977977 wurde der Vorbelastung mit Körperschaftsteuer hingegen Rechnung getragen, indem bei Ausschüttungen einer Körperschaft an ihre Anteilseigner die Vorbelastung des Ausschüttungsbetrags mit Kör­ perschaftsteuer durch Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Ein­ kommensteuerschuld des Anteilseigners kompensiert wurde.978 Das dem Anrechnungsverfahren nachfolgende Halb- bzw. nunmehr Teileinkünfte­ verfahren, das nach der derzeit geltenden Rechtslage ausschließlich für zum Betriebsvermögen gehörende Beteiligungen gilt, sieht eine pauscha­ lierte Berücksichtigung der Vorbelastung mit Körperschaftsteuer durch eine Einbeziehung von nur 50 v. H. (Halbeinkünfteverfahren) bzw. nun­ mehr 60 v. H. (Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 lit. d S. 1 EStG) des Ausschüttungsbetrages in das Einkommen des Anteilseigners vor.979 Da­ neben besteht für Einkünfte aus Beteiligungen im Privatvermögen ein eigenes Regime für Kapitaleinkünfte, zu denen auch Ausschüttungen aus Beteiligungen von Kapitalgesellschaften gehören. In dessen Rahmen sieht § 32 d Abs. 1 S. 1 EStG einen gesonderten Steuertarif i.H.v. 25 v. H. für u.a. Dividendenausschüttungen vor980, dessen Sinn und Zweck sowie Eignung im Hinblick auf die Berücksichtigung der Vorbelastung aller­ dings überwiegend in Frage gestellt wird.981 975 Vgl. im Detail unter B.III.2. Andererseits ist Generalanwältin Kokott erst jüngst von der Nichtvergleichbarkeit juristischer und natürlicher Personen im österrei­ chischen Steuerrecht ausgegangen, was gegen die Annahme einer allgemeinen Ge­ winnbesteuerung spricht, vgl. dazu C.III.13.b)bb)(1). 976 Dazu ausführlich Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/5, 6. 977 BGBl. I 1976, 2597. 978 Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/7. 979 Ferner werden die Bezüge bei Körperschaften nach § 8 b Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 KStG zu 95 v. H. steuerfrei gestellt. 980 Es besteht gem. § 32 d Abs. 6 EStG ein Veranlagungswahlrecht; kritisch zu diesem Veranlagungswahlrecht, da es dennoch bei der Bruttobesteuerung bleibe: Seer, in: Festschrift für Joachim Lang, 655, 665 Fn. 52. 981 Dazu sogleich im Detail.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

(iii) Anrechnungs- und Teileinkünfteverfahren als Ausdruck der Gesamtbetrachtung aufgrund Regelungsmechanismus Sowohl das Anrechnungsverfahren als auch das Teileinkünfte- bzw. Halb­ einkünfteverfahren982 beruhen im Gegensatz zum klassischen System der Körperschaftsbesteuerung mit Doppelbelastung auf der Vorstellung, dass die Anteilseigner einer Körperschaft Einkommen durch die Körper­ schaft erzielen, so dass es letztlich infolge des „Wirklichkeitsprinzips“983 auf die Besteuerung der hinter der Körperschaft stehenden natürlichen Personen ankomme.984 Aus diesem Grund sei die steuerliche Vorbelas­ tung auf Ebene der Körperschaft bei der Besteuerung des Anteilseigners einzubeziehen.985 Diese Sichtweise ist Ausdruck einer wirtschaftlichen Perspektive986, wonach der Anteilseigner mittels der formal verselbst­ ständigten Körperschaft tätig wird; besteuert werden soll danach letzt­ lich diese Tätigkeit.987 Für Zwecke der Besteuerung wird damit neben der zivilrechtlichen Eigenständigkeit der Aspekt des Letzt-Zuflusses beim Mitglied fruchtbar gemacht.988 982 Wie auch das Schachtelprivileg in § 8b KStG, vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 60, 68. Durchbrochen wird diese wiederum für Streubesitzdividenden in § 8 b Abs. 4 KStG, vgl. Rengers, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 116. Dies stellt jedoch nicht zwin­ gend eine Aufgabe der beschriebenen gesetzlichen Grundentscheidung dar, son­ dern ist als Reaktion auf die Europarechtswidrigkeit der bisherigen Regelung (EuGH, Urteil vom 20.10.2011, C-284/09, Kommission/Deutschland, Slg. 2011, I-09879) zu sehen. 983 Verstanden als Teil einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. 984 Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 211; Piltz, in: Schön, DSt­ JG 30, 211, 222; Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/8; Böhmer, StuW 2012, 33, 35. Vgl. auch Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 14: zur Debatte, ob eine Körperschaft nur Mittel zu Erwerbszwecken der Anteileigner oder selbstständiger Organismus ist, vgl. Pezzer, in: Widmann, DStJG 20, 5, 9. 985 BT-Drucks., 16/2712, 70. Zu dieser Thematik aus beihilferechtlicher Sicht Lang, ÖStZ 2011, 593, 599. 986 Dazu z.B. Schreiber, Wpg 2002, 557, 565. Zur Natur als finanz- und wirtschaftspo­ litische Entscheidung BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 61. 987 Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 85, 211; Pezzer, in: Seeger, DStJG 25, 37, 45 f.; Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 197; Böhmer, StuW 2012, 33, 35. Nach dieser Ansicht ist das Unternehmen Einkunftserzieler des Anteilseigners, so Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 98; zu dieser Frage auch Piltz, in: Schön, DStJG 30, 211, 216 f.; dazu aus ökonomischer Sicht Rose, in: Fest­ schrift für Joachim Lang, 641, 642. Sie beruht u.a. auf dem Ziel der Gleichbelas­ tung von Körperschaften und Personenunternehmen, dazu Böhmer, StuW 2012, 33, 35 m.w.N. Differenzierend im Hinblick auf die Vermeidung der Doppelbelas­ tung durch das Schachtelprivileg Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 92 f. 988 Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 14; Seiler, Besteuerung von Einkommen – Aufga­ ben, Wirkungen und europäische Herausforderungen, Gutachten für den 66. deut­ schen Juristentag, F 45 f. Aus diesem Grund greift bei Körperschaften, die als Zwi­ schengesellschaft zwischen einer Körperschaft und natürlichen Personen als

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

In diesem Sinne sah das Anrechnungsverfahren eine vollständige Kom­ pensation der gezahlten Körperschaftsteuer und damit letztlich eine Ein­ malbesteuerung vor.989 Hier lag es nahe, aus dem Regelungsmechanis­ mus auf das Prinzip einer Gesamtbetrachtung zu schließen. Auch das Teileinkünfteverfahren geht zwar von einer jeweils teilweisen Besteue­ rung auf Ebene der Körperschaft selbst sowie der natürlichen Personen als Anteilseigner aus990 und führt damit die steuersubjektübergreifende Gesamtbetrachtung der Steuerbelastung fort. Dafür spricht auch die Um­ stellung des Halb- auf das Teileinkünfteverfahren infolge der Senkung des Körperschaftsteuersatzes mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008991, die die Höhe des Körperschaftsteuersatzes unmittelbar mit derje­ nigen des prozentualen Zugriffs auf Ausschüttungen verknüpft und da­ her aus der korrespondierenden Betrachtung der Belastungsebenen folgt. Jedoch ist der Gesetzgeber mit dem Halb- bzw. nunmehr Teileinkünfte­ verfahren im Hinblick auf den Regelungsmechanismus letztlich zum klassischen Körperschaftsteuersystem mit definitiver Körperschaftsteu­ er zurückgekehrt; die Doppelbelastung wird lediglich typisierend durch eine ermäßigte Besteuerung auf beiden Ebenen berücksichtigt.992 Folg­ lich spricht zwar die jeweils „teilweise“ Besteuerung auf Körperschaftsund Anteilseignerebene für die Fortführung des Systems einer Gesamt­ betrachtung auch im Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren; die Rückkehr zur definitiven Belastung auf Ebene der Körperschaft und die lediglich

Anteilseigner stehen, die Steuerbefreiung nach § 8 b Abs. 1 S. 1 KStG, vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 60. Gleichzeitig wird überwiegend eine vollständige Aufhebung der Trennung zwischen Körper­ schaft und Anteilseignern als zivilrechtlich und rechtstatsächlich nicht überzeu­ gend eingeordnet, dazu Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 86 m.w.N. Nach einer a.A. stellt sich die Frage nach einer Rechtfertigung der Doppel­ belastung und damit auch die Gesamtbetrachtung als petitio principii dar: Falls die Körperschaft als selbstständig betrachtet werde, stelle sich kein Problem der Doppelbelastung. Die Frage nach der Rechtfertigung setze daher bereits die wirt­ schaftliche Einheit von Körperschaft und Anteilseignern voraus; zum Ganzen Pezzer, in: Widmann, DStJG 20, 5, 10 f.; Pezzer, in: Festschrift für Klaus Tipke, 419, 426 f.; vgl. auch Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 97. 989 Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/10. 990 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 60, 68; Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 20, Rz. 35; Wassermeyer/Jochum, in: Kirch­ hof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20, Rz. A 121; Ritzer, in: Frotscher/Geurts, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. 199ab, 199nf; Intemann, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkom­ mensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 3 Nr. 40 EStG, Rz. 7; Tormöhlen/ Korn, in: Korn, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. 1.1; Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mel­ linghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/1; Heidemann, in: Festschrift für Dieter Schneeloch, 3, 4. 991 Vom 14.08.2007, BGBl. I 2007, 1912. 992 Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/19; zum „grundlegenden Wandel” im Vergleich zum Anrechnungsverfahren Lang, in: Eb­ ling, DStJG 24, 49, 63, und zur Typisierung S. 95.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

typisierende Berücksichtigung der Vorbelastung deuten jedoch auf eine Abkehr von einer konsequent durchgeführten Gesamtbetrachtung hin.993 (iv) Sondertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen als Ausdruck der Gesamtbetrachtung aufgrund Regelungsmechanismus? Auch zur Begründung des Sondertarifs für Kapitaleinkünfte aus Beteili­ gungen im Privatvermögen wird die Berücksichtigung der Vorbelastung im Sinne einer Gesamtbetrachtung der Steuerbelastung von Körperschaft und Anteilseigner teilweise angeführt.994 Hier wird jedoch insbesondere aufgrund der gleichzeitigen Heranziehung des abgesenkten Tarifs zur Rechtfertigung des Werbungskostenabzugsverbots bei hohen Einkom­ men sowie der Anwendung des Tarifs auf andere, nicht vorbelastete Ka­ pitaleinkünfte zu Recht bestritten, dass der Sondertarif tatsächlich als eine die körperschaftsteuerliche Vorbelastung berücksichtigende gesetz­ geberische Maßnahme eingeordnet werden kann.995 Nach überzeugender Meinung begründet daher auch die Behandlung von Beteiligungen im Privatvermögen Zweifel an einer für alle mitgliedschaftlichen Einkünfte aus Körperschaften geltenden subjektübergreifenden Gesamtbetrach­ tung. (v) Absicht des Gesetzgebers: Rechtsformneutralität Für die Einordnung der Gesamtbetrachtung als Strukturprinzip spricht jedoch die erklärte Absicht des Gesetzgebers, Rechtsformneutralität ge­ rade im Sinne einer solchen Gesamtbetrachtung zu schaffen. Tragendes Motiv des Gesetzgebers bei Einführung des Anrechnungsverfahrens war ausweislich der Gesetzesbegründung, die Rechtsformneutralität zwi­ schen Einzelunternehmern, Personengesellschaften und Körperschaften auf Ebene ausgeschütteter Gewinne zu fördern.996 Dieses Motiv hatte der 993 Ähnlich argumentierend bereits BFH, Urteil vom 19.06.2007, VIII R 69/05, ­BStBl. II 2008, 551, 554. 994 BT-Drucks., 16/2712, 70;; dazu Wassermeyer/Jochum, in: Kirchhof/Söhn/Mel­ linghoff, EStG, § 20, Rz. A 34. 995 Im Detail Beckerath, in: Kirchhof, EStG, § 20, Rz. 26; Moritz/Strohm, in: Frot­ scher/Geurts, EStG, § 20 n. F., Rz. 53 ff.; Buge/Intemann, in: Herrmann/Heuer/ Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 20 EStG, Rz. 8; Wassermeyer/Jochum, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20, Rz. A 35, A 161ff.; Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/27; Englisch, StuW 2007, 221, 231; Rädler, DB 2007, 988; Loos, DB 2007, 704; vgl. auch Schön, in: DStJG 37, 217, 243; zu den weiteren Lenkungszielen der Abgel­ tungsteuer Beckerath, in: Kirchhof, EStG, § 20, Rz. 25; Buge/Intemann, in: Herr­ mann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 20 EStG, Rz. 8. 996 BT-Drucks., 7/1470, 327 f.; zur Gesamtbetrachtung vgl. Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 97 f.; Beck, Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuer­ pflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht, 34 ff.;

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

Gesetzgeber bei der Umstellung auf das Halb- bzw. Teileinkünfteverfah­ ren weiterhin im Blick.997 Dessen systemleitender Gedanke ist nach der Gesetzesbegründung, die mittels einer Körperschaft erwirtschafteten Gewinne zu einem Teil bei der Körperschaft selbst und zu einem anderen Teil auf Ebene des einkommensteuerpflichtigen Mitglieds zu erfassen und dadurch im Hinblick auf ausgeschüttete Gewinne Rechtsformneut­ ralität zwischen der Besteuerung von Körperschaften einschließlich ihrer Mitglieder und anderen Einkünften zu schaffen.998 Die Gesetzesbegrün­ dung zum Sondertarif für Kapitaleinkünfte enthält keine unmittelbare Bezugnahme auf das Motiv der Rechtsformneutralität. Nach den Aus­ führungen des Gesetzgebers soll jedoch auch hier eine Gesamtbetrach­ tung der Körperschafts- und Anteilseigenerebene stattfinden, indem durch Steuersatzsenkungen auf beiden Ebenen die Steuerbelastung ins­ gesamt als relevante Größe eingeordnet wird.999 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass nach der erklärten Ab­ sicht des Gesetzgebers im geltenden Recht wie auch schon im Rahmen des Anrechnungsverfahrens eine Gesamtbetrachtung u.a. im Sinne einer rechtsformneutralen Besteuerung stattfinden soll. (vi) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Anders als der Gesetzgeber beurteilt dies das BVerfG in seiner Rechtspre­ chung betreffend die Berücksichtigung der Doppelbelastung bei Körper­ schaft und Anteilseigner. Zwar sei der Gesetzgeber frei, diese Doppelbe­ lastung durch Maßnahmen, die letztlich seiner Wahl überlassen sind, abzumildern; jedoch sei der Gesetzgeber keineswegs verpflichtet, der Doppelbelastung bei der Besteuerung der Körperschaft oder ihres An­ teilseigners Rechnung zu tragen.1000 Insbesondere stellt das BVerfG für das unternehmenssteuerrechtliche System des Halbeinkünfteverfahrens fest, dass trotz der wirtschafts- und finanzpolitischen Entscheidung des Seer, StuW 1993, 114, 115; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuer­ recht, 566; Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. B 40/8; kritisch jedoch zum „Grundsatz der Einmalbesteuerung“ Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201, 202 f. 997 Piltz, in: Schön, DStJG 30, 211, 220; Beck, Die Besteuerung von Beteiligungen an körperschaftsteuerpflichtigen Steuersubjekten im Einkommen- und Körper­ schaftsteuerrecht, 43; Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 409; Ritzer, in: Frotscher/Geurts, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. 199cf; Tormöhlen/Korn, in: Korn, EStG, § 3 Nr. 40, Rz. 18. 998 Zum Halbeinkünfteverfahren BT-Drucks., 14/2683, 94, insbesondere 96; zum Teil­einkünfteverfahren BT-Drucks., 16/4841, Rz. 46 f.; BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 68; Hey, in: Pelka, Unterneh­ menssteuerreform – Sonderband DStJG, 5, 7 f. 999 Vgl. BT-Drucks., 16/4841, 32 f; 47; BR-Drucks., 220/07, 57, 74; so bereits Englisch, StuW 2007, 221, 231; zur Kritik daran siehe C.IV.2.a)bb)(1)(b)(iv). 1000 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 114.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Gesetzgebers zugunsten einer Freistellung von der wirtschaftlichen Dop­ pelbelastung das prägende Prinzip des Körperschaftsteuerrechts das Trennungsprinzip zwischen den Vermögenssphären von Körperschaft und Anteilseigner bleibe1001; ein Gebot rechtsformneutraler Besteuerung bestehe nicht.1002 Das körperschaftsteuerliche Trennungsprinzip nehme die zivilrechtliche Grundentscheidung abgeschirmter Vermögenssphä­ ren auf, begründe eine eigenständige Leistungsfähigkeit der Körperschaft und rechtfertige damit die Doppelbelastung.1003 Nicht einmal für das Kör­ perschaftsteuersystem unter Geltung des Anrechnungsverfahrens geht das BVerfG unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung1004 von der Aufga­ be des Trennungsprinzips durch den Gesetzgeber aus.1005 (vii) Zwischenergebnis Gesetzgeberische Motive und technische Umsetzung des Anrechnungs­ verfahrens erlauben es nach hier vertretener Auffassung1006, die gesetzli­ che Verankerung einer Gesamtbetrachtung der Ebenen von Körperschaft und Anteilseigner innerhalb des Anrechnungsverfahrens festzustellen. Für die geltende Rechtslage ist eine derart eindeutige Aussage jedoch nicht möglich. Zwar streiten die in den Gesetzesbegründungen erläuter­ ten Motive des Gesetzgebers überwiegend für eine solche Feststellung. Die technische Umsetzung der Gesamtbetrachtung weist jedoch für das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren auf eine erneute Betonung des Tren­ nungsprinzips hin. Ferner kann nach überzeugender Auffassung im Hin­ blick auf den Sondertarif für Kapitaleinkünfte nicht von einer Gesamtbe­ trachtung ausgegangen werden. Schließlich geht auch das BVerfG in seiner Rechtsprechung mit der wohl überwiegenden Meinung in der Li­ teratur1007 nach wie vor vom Vorherrschen des Trennungsprinzips aus und lehnt damit die Erhebung der Gesamtbetrachtung zum strukturprä­ genden Prinzip ab. Zusammenfassend erscheint es deshalb überzeugend, auf Ebene der Bestimmung des Steuerobjekts das Prinzip der Verselbst­ ständigung der Körperschaft als das vorherrschende Strukturprinzip zu begreifen, wobei die Gesamtbetrachtung als Ausdruck einer wirtschaftli­ chen Korrektur beschrieben werden kann, die das vorherrschende Struk­ turprinzip nicht aufhebt, sondern ergänzt.

1001 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 61. 1002 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 114.; vgl. bereits BVerfG, Urteil vom 24.01.1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331.­ 1003 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 62; ­BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 118. 1004 BT-Drucks., 7/1470. 1005 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 122. 1006 Anders aber das BVerfG, vgl. Fn. 1002. 1007 Zum Meinungsstand Englisch, StuW 2007, 221, 231.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

Als Grundentscheidung kann daher zusammenfassend die Anknüpfung an die zivilrechtliche Verselbstständigung der Körperschaft als juristi­ sche Person auf Ebene des Steuersubjekts wie des Steuerobjekts definiert werden. (2) Hinreichende Allgemeinheit Die Grundentscheidung ist als hinreichend allgemein einzuordnen. An diese Voraussetzung sind keine erhöhten Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn ersichtlich wird, dass es sich nicht um eine Einzelfallre­ gelung für einen kleinen Kreis handelt, sondern ein großer Adressaten­ kreis für eine Vielzahl von Fällen betroffen ist. Dies ist bei der Festlegung sowohl des Steuersubjekts als auch des Steuerobjekts der Fall, weil ein großer Kreis von Unternehmen, nämlich Körperschaften, im Hinblick auf ihre Steuerpflichtigkeit allgemein – und nicht nur auf einen bestimm­ ten Steueranspruch – erfasst werden. (3) Keine ausdrückliche Beihilfegewährung in der Grundentscheidung Die Grundentscheidung der Anknüpfung der Steuerpflicht und der Be­ messungsgrundlage an zivilrechtliche Strukturen beinhaltet als solche nicht die ausdrückliche Gewährung einer Beihilfe. Weder kann festge­ stellt werden, dass die Orientierung der Besteuerung an zivilrechtlichen Gestaltungen den betroffenen Unternehmen per se einen Vorteil gewäh­ ren würde, noch ist eine ausdrückliche Förderungsabsicht des Gesetzge­ bers zu erkennen. (4) Folgerichtige Umsetzung Im Folgenden ist zu prüfen, ob die dargestellte Grundentscheidung folge­ richtig umgesetzt wird. Ist dies der Fall, wird auch ihre oben im Grund­ satz erläuterte Verankerung im Gesetz bestätigt. Die Prüfung wird auf grundlegende Strukturelemente der Besteuerung begrenzt, die das Sys­ tem im Wesentlichen ausmachen.1008 Dabei soll zunächst eine Besonder­ heit im Hinblick auf den Prüfungsumfang erläutert und sodann auf die folgerichtige Umsetzung bei der Definition der Steuersubjekte sowie des Steuerobjekts und der Bemessungsgrundlage eingegangen werden.

1008 Auf jede einzelne Sondernorm kann, um den Umfang dieser Arbeit nicht zu sprengen, nicht eingegangen werden. Es werden jedoch solche Einzelnormen her­ ausgegriffen, die so wesentlich sind, dass sie die Eigenschaft als System in Frage stellen könnten.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

(a) Spannungsfeld zwischen formaler zivilistischer Anknüpfung und der Erfassung des wirtschaftlichen Gehalts – Folgen für den Prüfungsumfang Wie erläutert soll das Steuerrecht den wirtschaftlichen Gehalt tatsächli­ cher Vorgänge erfassen, wozu es sich im Unternehmenssteuerrecht der zivilrechtlichen Vorstrukturierung in Gestalt der Rechtsformen, na­ mentlich der zivilrechtlichen Form der juristischen Person bedient.1009 Während die Eigenschaft als natürliche Person an die Existenz als Mensch anknüpft und so – bis auf wenige Grenzfälle1010 – unschwer einer Defini­ tion zugänglich ist, ist der Begriff der juristischen Person nach der herr­ schenden positivistischen Ansicht ein rein normativer. Er wird daher nicht materiell, also z.B. nach der Rechtsfähigkeit, bestimmt, sondern vom Gesetzgeber festgelegt.1011 Dieses Verständnis hat zu einem forma­ len Begriff der juristischen Person geführt. Indem das Unternehmens­ steuerrecht an diesen formalen Begriff anknüpft, entsteht ein Spannungs­ verhältnis zwischen dem Ziel der Erfassung des wirtschaftlichen Gehalts des Sachverhalts und der Formalität der zivilistischen Vorstrukturierung als Rechtsform. Letztere kann gerade aufgrund ihrer Formalität in Anbe­ tracht der Vielgestaltigkeit unternehmerischer Betätigung1012 und der weitgehenden Dispositivität des Gesellschaftsrechts1013 dem Anspruch realitätsgerechter Abbildung wirtschaftlicher Sachverhalte nicht umfas­ send genügen.1014 Die Rechtsformanknüpfung ist daher weitgehend als Typisierung einzuordnen, die im Rahmen der wirtschaftlichen Betrach­ tungsweise Korrekturen zugänglich ist. Das beschriebene Spannungsverhältnis, das aus der Grundentscheidung der zivilistischen Anknüpfung folgt, wirkt sich auf Ebene der Entschei­ dung als solcher nicht aus. Selbst in Anbetracht ihrer mangelnden Eig­ nung kann diese beihilferechtlich nicht in Frage gestellt werden.1015 Der 1009 Vgl. C.IV.2.a)bb)(1). 1010 Schmitt, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 1, Rz. 23 ff.; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 172 ff. 1011 Zum Ganzen Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. §§ 21 ff., Rz. 2 m.w.N.; ausführlich Raiser, AcP 1999 (199), 104 passim. Insbesondere Flume, Die juristische Person, 26. 1012 Zu den vielgestaltigen Realtypen vgl. Raiser, AcP 1999 (199), 104, 120 und Fn. 25. 1013 Weber, JZ 1980, 545, 32 ff., 551 f.; Birgelen, Die Beeinträchtigung der handels­ rechtlichen Gestaltungsfreiheit durch das Steuerrecht, 16; für die GmbH Seer, in: Festschrift für Joachim Lang, 655, 656. 1014 Drüen, GmbHR 2008, 393, 394; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 11; ähnlich Hennrichs, StuW 2002, 201, 202; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 62 ff. 1015 Wie erläutert werden Grundentscheidungen im modifizierten klassischen An­ satz lediglich auf ihre Allgemeinheit, fehlende ausdrückliche Förderung und ihre folgerichtige Umsetzung hin überprüft.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

Umfang der Prüfung ihrer folgerichtigen Umsetzung hingegen wird inso­ fern beeinflusst, als das Bestehen des Spannungsverhältnisses im Grund­ satz zu akzeptieren ist. Demnach wird lediglich untersucht, ob das Be­ steuerungsregime die formalen zivilrechtlichen Strukturen im Grundsatz widerspiegelt und ob eine erfolgte wirtschaftliche Korrektur den tatsäch­ lichen wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhalts erfasst. (b) Folgerichtigkeit der Definition der Steuersubjekte Im Rahmen der Prüfung der Folgerichtigkeit der Definition der Körper­ schaftsteuerpflichtigen werden zunächst § 1 Abs. 1 KStG und sodann die Besteuerung der Organschaft sowie der REIT-AGen untersucht. (i) § 1 Abs. 1 KStG In § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KStG definiert der Steuergesetzgeber ausschließ­ lich juristische Personen des Privatrechts als Steuerpflichtige und setzt seine Grundentscheidung damit konsequent um. In § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG hingegen normiert er die Steuerpflicht von nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts. Diese Steuersubjekte haben nicht die Rechtsform der juristischen Per­ son1016, so dass hier eine Inkonsequenz in Bezug zur grundsätzlichen zivi­ listischen Anknüpfung besteht. Jedoch ist die Norm im Zusammenhang mit § 3 Abs. 1 KStG zu bewerten, der sie insoweit ergänzt1017, als eine Steuerpflicht nur besteht, wenn das Einkommen der nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG Steuerpflichtigen weder nach dem KStG noch nach dem EStG unmittelbar bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist. Dar­ aus lässt sich schließen, dass die Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 3 Abs. 1 KStG lediglich dazu dient, das Einkommen der genann­ ten Subjekte ein Mal steuerlich zu erfassen1018 und damit dem Leistungs­ fähigkeitsprinzip zu genügen.1019 Die Definition der Steuersubjektivität nach der Eigenschaft als zivilrechtliche Person genießt demnach Vor­ rang.1020 Aus diesem Grund bestätigt die Norm die Grundentscheidung der zivilistischen Anknüpfung sogar und stellt keine Ausnahme davon dar. 1016 Kirchhof, in: Festschrift für Peter Bareis, 133, 140. 1017 Klein, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteu­ ergesetz, § 1 KStG, Rz. 55. Das Verhältnis beider Normen ist im Einzelnen um­ stritten, vgl. dazu Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 3 KStG, Rz. 20. Die hier vertretene Ansicht beruht auf den Ausführungen von Lambrecht, in: Gosch, KStG, § 1, Rz. 86, sowie Martini, DStR 2012, 388, 389 ff. 1018 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 759. 1019 Es handelt sich demnach um eine wirtschaftlich motivierte, legislatorische Kor­ rektur der formalen zivilistischen Anknüpfung. 1020 Vgl. zur Subsidiarität des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 3 KStG, Rz. 8; Lambrecht, in: Gosch, KStG, § 1, Rz. 86.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG regelt in Verbindung mit § 4 KStG die Steuerpflicht der Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Der Begriff des Betriebes gewerblicher Art ist ein Typusbegriff und bezieht sich nicht auf eine zivilrechtliche Organisationsform.1021 Er fällt nicht in die Gruppe juristischer Personen, so dass eine Ausnahme von der Grundentscheidung vorliegen könnte. Jedoch verbleibt trotz des Wortlauts der Norm nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Steuer­ pflicht bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts1022, was dem Grundsatz der Anknüpfung der Steuerpflicht an die Rechtsform der juris­ tischen Person entspricht. Es handelt sich deshalb nicht um eine Aus­ nahme; vielmehr wird die Grundentscheidung der zivilistischen An­ knüpfung bekräftigt.1023 (ii) Besteuerung ertragsteuerlicher Organschaft Eine Ausnahme vom Trennungsprinzip und dem damit verbundenen Grundsatz der Individualbesteuerung1024 stellt die Besteuerung der er­ tragsteuerlichen Organschaft dar.1025 Nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG wird das Einkommen der Organgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen dem steuerpflichtigen Organträger zugerechnet.1026 So wird die Systema­ tik der Individualbesteuerung zwar als Ausgangspunkt anerkannt1027, 1021 Lambrecht, in: Gosch, KStG, § 1, Rz. 97. 1022 BFH, Urteil vom 13.03.1974, I R 7/71, BStBl. II 1974, 391; Klein, in: Herrmann/ Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 1 KStG, Rz. 65; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 KStG, Rz. 122; kritisch Lambrecht, in: Gosch, KStG, § 1, Rz. 101. Kritisch im Hinblick auf die Folgerich­ tigkeit der Einordnung des Betriebes gewerblicher Art als Gewinnermittlungs­ subjekt Hüttemann, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 269, 279. 1023 Überdies dient die Norm der Wettbewerbsneutralität und verwirklicht damit ein konkurrierendes Besteuerungsprinzip, Lambrecht, in: Gosch, KStG, § 1, Rz. 96; Rasenack, Die Theorie der Körperschaftsteuer, 198. Zu konkurrierenden Prinzi­ pien B.V.3.a)dd). 1024 Dazu z.B. BFH, Beschluss vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608. 1025 Zum Ausnahmecharakter Brink, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 14, Rz. 14; Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 1; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 11; Dötsch, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 14, Rz. 32; Böhmer, StuW 2012, 33, 36; zur Organschaft Bühler, StuW 1943, 81, 143; Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 101 f. Die Regelungen zur Organschaft modifizieren die Einkommensermittlung, vgl. Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 29. Sie könnten aus diesem Grund auch im Rahmen der Untersuchung des Steuerobjekts geprüft werden. Da sie aber gleichzeitig das Prinzip der Subjektbesteuerung durchbre­ chen, so Kolbe, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 14 KStG, Rz. 1, findet ihre Untersuchung bereits an dieser Stelle statt. 1026 Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 390. 1027 Die Organgesellschaft bleibt Steuersubjekt, Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 26, 35.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

letztlich werden die in einer Organschaft verbundenen Unternehmen aber wie ein Steuerpflichtiger behandelt.1028 Diese Abweichung von der formalen Trennung könnte eine enge gesellschaftsrechtliche Verbindung zweier Unternehmen abbilden oder aus wirtschaftlichen Gesichtspunk­ ten gerechtfertigt sein und damit der Grundentscheidung entsprechen. Die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen an die Verbindung von Or­ ganträger und Organgesellschaft nach § 14 Abs. 1 Nr. 1, 3 KStG sind die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft und das Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages. Finanzielle Eingliederung bedeutet, dass der Organträger die einfache Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft innehat.1029 Ein Gewinnabführungsvertrag nach § 291 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AktG ist ein Organisationsvertrag, der die recht­ liche und wirtschaftliche Struktur einer Gesellschaft verändert.1030 In rechtlicher Hinsicht lässt er den Gewinnanspruch des Aktionärs entfal­ len und suspendiert die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 57, 58, 60 AktG, um sie in §§ 300 bis 307 AktG durch andere Sicherungsvorschrif­ ten zu ersetzen1031, wozu die Verlustübernahmepflicht nach § 302 AktG gehört. Die finanzielle Eingliederung allein führt nicht zu einer rechtlichen Ver­ bindung, die die Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen rechtfer­ tigen würde.1032 Die Mehrheit der Stimmrechte gewährt zwar großen Ein­ fluss auf ein Unternehmen, schafft aber keine rechtliche Einheit zwischen einflussnehmendem und beeinflusstem Unternehmen. Ferner führt das Bestehen einer Stimmrechtsmehrheit, das in vielen Konstella­ tionen auftreten kann, auch in anderen Fällen nicht zu einer steuerlich einheitlichen Betrachtung. Indes führen die phasengleiche Ergebniskon­ solidierung1033 und die aus der Verlustübernahmepflicht resultierende „Haftungskonzentration“1034 dazu, dass Organträger und -gesellschaft rechtlich nicht mehr vollständig voneinander zu trennen sind. Die Er­ gebnisse der Gesellschaften sowie ihre rechtlichen Verpflichtungen wer­ 1028 Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 2, 390; ähnlich Kolbe, in: Herrmann/Heu­ er/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 14 KStG, Rz. 10; ähnlich für die österreichische Gruppenbesteuerung Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom 16.04.2015, C-66/14, Finanzamt Linz/Bundesfinanz­ gericht, ECLI:EU:C:2015:242, Rz. 97. 1029 Kolbe, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteu­ ergesetz, § 14 KStG, Rz. 100; Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 131. 1030 Koch, in: Hüffer, AktG, § 291, Rz. 2; Altmeppen, in: Münchener Kommentar zum AktG, § 291, Rz. 143. 1031 Altmeppen, in: Münchener Kommentar zum AktG, § 291, Rz. 143; Koch, in: Hüffer, AktG, § 291, Rz. 36. 1032 Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 6. 1033 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, 6a; Kessler, in: Herzig, Organschaft, 573. 1034 Prinz, in: Herzig, Organschaft, 553.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

den nicht mehr unabhängig voneinander betrachtet. Dieser partiellen Aufhebung der rechtlichen Selbstständigkeit1035 wird in der steuerrecht­ lichen Regelung entsprochen, indem das Einkommen dem Organträger als Teil seiner Leistungsfähigkeit1036 zugerechnet wird. Insbesondere ver­ laufen die Verlustübernahmepflicht nach § 302 AktG und die Möglich­ keit der Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Steuersubjekten1037 parallel.1038 Überdies besteht – auch nach dem Wegfall des Tatbestands­ merkmals der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung mit dem StSenkG1039 – in wirtschaftlicher Hinsicht eine starke Verbindung beider Unternehmen.1040 Die Organgesellschaft betreibt ihr Unterneh­ men in fremdem statt in eigenem Gewinninteresse1041, so dass sie zusam­ men mit dem Organträger als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden kann. Dies bildet die steuerliche Zurechnung ab.1042 Für eine Entsprechung von steuer- und zivilrechtlicher Situation spricht ferner die Entstehungsgeschichte des aktienrechtlichen Konzernrechts. Die zivilrechtliche Figur des Konzerns wurde geschaffen, um der langjäh­ rigen steuerlichen Gerichts- und Verwaltungspraxis eine zivilgesetzliche Grundlage zur Seite zu stellen.1043 So kann hier zwar nicht davon ausge­ gangen werden, dass das Steuerrecht eine vorgefundene zivilrechtliche Gestaltung nachvollzieht, es reicht jedoch aus, dass sich die gesell­ schaftsrechtliche Realität und die steuerrechtliche Bewertung entspre­ chen. Aus diesen Gründen ist anzunehmen, dass die steuerliche Behand­ lung der Organschaft entsprechend der Grundentscheidung zivilrechtliche Strukturen abbildet statt sie zu übergehen, jedenfalls aber als wirtschaft­ liche Korrektur der zivilistischen Anknüpfung und damit als Teil der Grundentscheidung, im Grundsatz an die zivilrechtliche Vorstrukturie­ rung anzuknüpfen, aber wirtschaftliche Korrekturen zuzulassen, einge­ ordnet werden kann.

1035 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 11. An­ ders wohl Kessler, in: Herzig, Organschaft, 572. 1036 Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 6; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 11: „Leistungsfähigkeit des Organkreises“. 1037 Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 33. Dies gilt auch für die Haftung nach § 73 AO. 1038 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 11. 1039 Steuersenkungsgesetz vom 23.20.2000, BGBl. I 2000, 1433. dazu Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 11. 1040 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG, Rz. 18: „wirtschaftliche Integration“; Neumann, in: Gosch, KStG, § 14, Rz. 2; Kessler, in: Herzig, Organschaft, 572, geht von einer Schwächung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit aus. 1041 Altmeppen, in: Münchener Kommentar zum AktG, § 291, Rz. 143. 1042 Prinz, in: Herzig, Organschaft, 546. 1043 Altmeppen, in: Münchener Kommentar zum AktG, Einl. §§ 291 ff., Rz. 10 ff.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

(iii) Besteuerung der REIT-AG Eine weitere potentielle Ausnahme vom Trennungsprinzip bildet das Be­ steuerungsregime für REIT-AGen.1044 REIT-AGen sind Unternehmen in der Rechtsform einer börsennotierten AG, die im Hinblick auf Unter­ nehmensgegenstand1045, Mindestkapital sowie Vermögens- und Aktio­ närsstruktur bestimmte Voraussetzungen erfüllen, anhand derer abgesi­ chert wird, dass ihr Kerngeschäft die Immobilienwirtschaft ist.1046 Sie sind juristische Personen des Privatrechts, für die im Grundsatz die Vor­ schriften des AktG gelten.1047 Nach § 16 Abs. 1 REITG sind REIT-AGen in Ausnahme zu § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG von der Körperschaftsteuer be­ freit, wenn sie die Kriterien der §§ 8 bis 15 REITG erfüllen. Insbesondere müssen sie gem. § 13 Abs. 1 REITG mindestens 90 v. H. ihres handels­ rechtlichen Jahresüberschusses als Dividende an die Aktionäre ausschüt­ ten. Anstelle der Körperschaftsteuerpflicht regelt § 19 Abs. 1 REITG die umfassende1048 Steuerpflicht der Ausschüttungen von REIT-AGen an ihre Anteilseigner.1049 Damit wird im Ergebnis eine Art transparenter Be­ steuerung für die Rechtsform der REIT-AG normiert1050 und das steuerli­ che Trennungsprinzip weitgehend aufgegeben. Dies stellt einen System­ bruch dar, wenn die transparente Besteuerung weder in der zivilrechtlichen noch in der wirtschaftlichen Realität begründet ist. Zunächst streitet der Umstand, dass die REIT-AG eine von ihren Anteils­ eignern losgelöste juristische Person ist, auf die grundsätzlich die Vor­ schriften des AktG Anwendung finden, für die Beibehaltung des Tren­ nungsprinzips. Auch die Anforderungen an Unternehmensgegenstand, Mindestkapital sowie Vermögens- und Aktionärsstruktur verändern die zivilrechtliche Gestalt nicht in eine Richtung, die gesellschaftsrechtlich zu einer einheitlichen Betrachtung der REIT-AG und ihrer Aktionäre führen kann. Die zivilrechtliche Besonderheit der REIT-AG, die aus steu­ 1044 Real Estate Investment Trusts. Zum Ausnahmecharakter Drüen, GmbHR 2008, 393, 402; Böhmer, StuW 2012, 33, 37. 1045 Dazu z.B. Schultz/Harrer, in: Beck‘sches Handbuch der AG, Rz. 1. 1046 Franck, MittBayNot 2007, 173, 174 f.; zu den Voraussetzungen im Detail Seibt, in: Blaas/Conradi/Seibt, Handbuch REIT-Aktiengesellschaft, Rz. 94 ff. 1047 BT-Drucks., 16/4026, 15; Seibt, in: Blaas/Conradi/Seibt, Handbuch REIT-Aktien­ gesellschaft, Rz. 46; Schultz/Harrer, in: Beck‘sches Handbuch der AG, Rz. 61; Franck, MittBayNot 2007, 173, 174. 1048 Nach § 19 Abs. 3 REITG sind § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG nicht anzuwenden. 1049 Diese sind Einkünfte aus Kapitalvermögen, sofern sie nicht Betriebseinnahmen darstellen, § 19 Abs. 1 S. 1 REITG, dazu Schultz/Harrer, in: Beck‘sches Hand­ buch der AG, Rz. 36. 1050 Blaas/Ruoff/Schiessl, in: Blaas/Conradi/Seibt, Handbuch REIT-Aktiengesell­ schaft, Rz. 620; Striegel, in: Striegel, REITG, § 16, Rz. 2, 5; Buschhüter, in: Strie­ gel, REITG, § 13, Rz. 3; dies gilt auch für REITs in anderen Staaten, für die Nie­ derlande und USA vgl. z.B: Taylor/Vermeulen, Bulletin for International Taxation 2013, 635.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

errechtlicher Perspektive erheblich sein könnte, ist die Ausschüttungs­ pflicht nach § 13 Abs. 1 REITG. Sie ist eng mit der Steuerbefreiung ver­ knüpft: Wird sie wiederholt nicht befolgt, entfällt die Befreiung.1051 Wird sie erfüllt, führt dies dazu, dass der Jahresüberschuss zu mindestens 90 v. H. unmittelbar den Anteilseignern zufließt und der REIT-AG faktisch nicht zur Verfügung steht. Dies könnte die Annahme rechtfertigen, durch die AG hindurchzublicken und ihre Selbstständigkeit abzuleh­ nen.1052 Dagegen sprechen jedoch verschiedene Aspekte. Hinsichtlich des Jahres­ überschusses findet keine vollständige Aufhebung der zivilrechtlichen Trennung statt. So darf die REIT-AG zehn v. H. ihres Jahresüberschusses behalten. Er ist im Folgejahr als Gewinnvortrag auszuweisen, der für die Ausschüttungspflicht unbeachtlich bleibt und damit dauerhaft thesau­ riert werden kann.1053 Weiter darf die AG nach § 13 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 REITG eine den ausschüttungsfähigen Überschuss mindernde Rück­ lage für Gewinne aus der Veräußerung unbeweglichen Vermögens zum Zwecke der Reinvestition bilden.1054 Diese Vorschriften sind als Ein­ schränkung der Thesaurierungskompetenz des Vorstands und Aufsichts­ rates aus § 58 Abs. 2 S. 1 AktG zu verstehen1055, aber nicht als Aufhebung der zivilrechtlichen Selbstständigkeit.1056 Dieses Ergebnis wird durch den Umstand bestätigt, dass eine Übertragung von Verlusten – anders als bei­ spielsweise bei der Organschaft – nicht möglich ist.1057 Auch aus wirt­ schaftlicher Perspektive stellen die REIT-AG und ihre Aktionäre keine Einheit dar. Sie stehen als Instrument zur indirekten Immobilienanlage den Immobilienaktiengesellschaften und Immobilienfonds nahe1058, sind jedoch aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur auch wirtschaft­ lich eher mit den Immobilienaktiengesellschaften, die der regelmäßigen

1051 § 18 Abs. 5, § 16 Abs. 5 REITG; dazu Blaas/Ruoff/Schiessl, in: Blaas/Conradi/ Seibt, Handbuch REIT-Aktiengesellschaft, Rz. 681 ff. 1052 So Spoerr/Hollands/Jacob, DStR 2007, 49, 50. 1053 Buschhüter, in: Striegel, REITG, § 13, Rz. 7. 1054 Haury, in: Helios/Wewel/Wiesbrock, REIT-Gesetz, § 13, Rz. 9, 21; Buschhüter, in: Striegel, REITG, § 13, Rz. 17 ff. 1055 So Buschhüter, in: Striegel, REITG, § 13, Rz. 6. 1056 Auch Gallenkamp, in: Striegel, REITG, § 20, Rz. 3, geht entgegen der Gesetzes­ begründung (BT-Drucks., 16/4026, 33) davon aus, dass kein „Sondertypus“ der AG geschaffen worden ist. Ähnlich Wiesbrock, in: Helios/Wewel/Wiesbrock, REIT-Gesetz, § 1, Rz. 1; Sieker/Göckeler/Köster, DB 2007, 933, 934; wohl auch Seibt, in: Blaas/Conradi/Seibt, Handbuch REIT-Aktiengesellschaft, Rz. 41; a.A. Spoerr/Hollands/Jacob, DStR 2007, 49. 1057 Elmendorff, in: Blaas/Conradi/Seibt, Handbuch REIT-Aktiengesellschaft, Rz. 1; Wewel, in: Helios/Wewel/Wiesbrock, REIT-Gesetz, Einf., Rz. 10. 1058 Elmendorff, in: Blaas/Conradi/Seibt, Handbuch REIT-Aktiengesellschaft, Rz. 2 ff., 34; Franck, MittBayNot 2007, 173, 174: „Zwitterstellung“.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

Besteuerung nach dem KStG unterliegen, vergleichbar.1059 Insbesondere bleibt aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Selbstständigkeit, der Haf­ tungssituation und der Möglichkeit der Rücklagenbildung die Vermö­ genssphäre der AG gegenüber den Aktionären abgeschirmt.1060 Überdies spricht auch die Fungibilität der Beteiligung gegen eine einheitliche Be­ trachtung. Im Ergebnis stellt das Besteuerungsregime für REIT-AGen eine nicht folgerichtige Ausnahme von der Grundentscheidung des Tren­ nungsprinzips dar. Auch das Ziel, die Investition über einen REIT gleichzustellen mit der Direktinvestition oder der Investition über ein transparentes Vehikel wie eine Personengesellschaft1061 kann daran nichts ändern. Denn bei diesem gesetzgeberischen Motiv handelt es sich offensichtlich nicht um ein all­ gemeines steuerrechtliches Prinzip, um dessen Umsetzung es gehen könnte und das als konkurrierendes Prinzip in Betracht käme. Fraglich ist jedoch, wie sich das Bestehen einer nicht folgerichtigen Aus­ nahme auf die Bewertung der folgerichtigen Umsetzung des Subsystems als Ganzes auswirkt, insbesondere, ob es die Existenz des Subsystems in Zweifel ziehen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall. Aufgrund einer ein­ zelnen Ausnahme ist nicht bereits die folgerichtige Umsetzung im Gan­ zen und damit auch nicht die Existenz des Subsystems zu verneinen. Vielmehr bedarf es dazu einer Vielzahl von Ausnahmen, die die Grund­ entscheidung so überwiegen, dass diese nicht mehr als allgemeingültig angesehen werden kann. Eine solche Feststellung kann deshalb erst nach Untersuchung aller relevanten Aspekte erfolgen.1062 (c) Folgerichtigkeit der Zuordnung des Steuerobjekts und der Definition der Bemessungsgrundlage Im Rahmen dieses Abschnitts wird zunächst auf die Behandlung schuld­ rechtlicher Verträge eingegangen, wobei insbesondere die korrespondie­ rende Besteuerung von verdeckten Einlagen und Gewinnausschüttungen und die Zinsschranke betrachtet werden sollen. Sodann folgt eine Unter­ suchung der Behandlung von Verlusten, in deren Rahmen auch der Son­ derfall des Beteiligungserwerbs analysiert wird.

1059 Wewel, in: Helios/Wewel/Wiesbrock, REIT-Gesetz, Einf., Rz. 9; a.A. Spoerr/Hollands/Jacob, DStR 2007, 49, 51. 1060 Anders Spoerr/Hollands/Jacob, DStR 2007, 49, 50 f. 1061 So das Argument der Kommission im Hinblick auf finnische REITs, vgl. C.III.8. 1062 Vgl. dazu C.IV.2.a)bb)(5). Die Steuerbefreiung selbst kann jedoch beihilferecht­ lich überprüft werden. Darauf wird in dieser Arbeit mangels ihres rein rechtsformspezifischen Charakters verzichtet.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

(i) Behandlung schuldrechtlicher Verträge Die legislatorische Grundentscheidung der zivilistischen Anknüpfung setzt sich in der Trennung der Einkommen von Körperschaft und Mit­ gliedern, insbesondere von Kapitalgesellschaft und Gesellschafter, unter Anerkennung einer abgeschirmten Vermögenssphäre der Körperschaft fort.1063 Die Zuordnung des Steuerobjekts folgt damit der grundlegenden gesetzgeberischen Entscheidung. Sie trägt u.a. dem Umstand Rechnung, dass die Vermögen zivilrechtlich getrennt sind und ein gegenseitiger Zu­ griff nicht möglich ist.1064 Diese Trennung wird bei der Behandlung schuldrechtlicher Verträge so­ wie den Vorschriften zur verdeckten Gewinnausschüttung und Einlage (§ 8 Abs. 3 S. 2, 3 KStG) aufrechterhalten.1065 Infolge der jeweiligen eige­ nen Rechtspersönlichkeit können zivilrechtlich zwischen Körperschaft und Mitgliedern schuldrechtliche Verträge geschlossen werden. Dazu gehören beispielsweise Kauf-, Miet- und Darlehensverträge sowie Verträ­ ge über die Anstellung als Geschäftsführer. Diese Verträge werden im Grundsatz in folgerichtiger Umsetzung des Trennungsprinzips steuer­ lich anerkannt, indem sie bei einer Vertragspartei zu Einnahmen1066 und bei der anderen zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen.1067 Vermietet ein Gesellschafter der Gesellschaft beispielsweise ein Grund­ stück oder überlässt er ihr ein Darlehen, führen die Vergütungen dafür bei ihm zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 i.V.m. § 21 oder § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 i.V.m. § 20 EStG, während die Gesellschaft in gleicher Höhe Betriebsausgaben geltend machen kann. Entsprechendes gilt für Geschäftsführervergütungen an einen Gesellschafter: Sie sind bei diesem als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. § 19 EStG zu versteuern und stellen gleichzeitig Betriebsausgaben der Gesellschaft dar.1068 Auch die Vorschriften zu verdeckter Einlage und Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 S. 2, 3 KStG) setzen das Trennungsprin­ zip um1069, indem sie eine Abgrenzung zwischen den Sphären der Körper­ schaft und ihrer Mitglieder vornehmen.1070

1063 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 22 f. 1064 Reiß, in: Wassermeyer, DStJG 17, 3, 18; Raupach, in: Seeger, DStJG 25, 9, 34 f. 1065 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 23. 1066 Betriebseinnahmen oder sonstige Einnahmen. 1067 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 32; Drüen, GmbHR 2008, 393, 395. 1068 Dazu z.B. Klein, Gleichheitssatz und Steuerrecht, 149. Ausführlich auch Seer, StuW 1993, 114, 120 ff. 1069 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 23; Watermeyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 8 KStG, Rz. 60. 1070 Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 3.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

(ii) Korrespondierende Besteuerung von Gewinnausschüttungen In diesem Zusammenhang stellt die korrespondierende Besteuerung von Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen bei Körperschaft und Mitglied jedoch möglicherweise eine Ausnahme von der Anwendung des Trennungsprinzips dar.1071 In Abweichung von dem Grundsatz, dass Vor­ gänge auf Ebene des Mitglieds für die Körperschaft unbeachtlich sind und umgekehrt1072, sieht § 8 b Abs. 1 S. 2 KStG1073 für Gewinnausschüttungen die materielle Korrespondenz der Behandlung entsprechender Vermö­ gensverlagerungen vor, wenn das Mitglied ebenfalls eine Körperschaft ist.1074 Danach gilt die grundsätzliche partielle Steuerbefreiung1075 für Ge­ winnausschüttungen an den Anteilseigner nur, soweit die befreiten Ein­ künfte das Einkommen der Körperschaft nicht gemindert haben. Damit wird die Steuerbefreiung beim Mitglied von der steuerlichen Vorbelas­ tung bei der Körperschaft abhängig gemacht und eine materielle Korres­ pondenz geschaffen.1076 Dabei handelt es sich im Grundsatz um eine Durchbrechung des Trennungsprinzips.1077 Fraglich ist, wie diese in das System der Körperschaftsbesteuerung einzu­ ordnen ist. Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 20131078 sah die Norm die materielle Korrespondenz vor allem für verdeckte Gewinn­ ausschüttungen vor.1079 Dies wurde zum Teil als systemwidrige Ab­ weichung vom Trennungsprinzip eingeordnet.1080 Insbesondere war aber 1071 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 KStG, Rz. 10; Böhmer, StuW 2012, 33, 35 f. 1072 Dazu Böhmer, StuW 2012, 33, 34. 1073 Und parallel dazu § 3 Nr. 40 lit. d S. 2 EStG. 1074 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 120; Pohl/Raupach, FR 2007, 210, 214. In diesen Kontext fügt sich auch § 32 d Abs. 2 Nr. 4 EStG ein, der die Anwendung des niedrigeren Steuertarifs für Kapitalvermögen davon ab­ hängig macht, dass die Bezüge das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben. Auch diese Norm ist Ausdruck eines materiellen Korrespon­ denzprinzips und verläuft parallel zu den genannten Vorschriften. Die Ausfüh­ rungen dazu gelten daher sinngemäß. 1075 Nach § 8 b Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 KStG in Höhe von 95 v. H. Ferner nach § 3 Nr. 40 lit. d S. 1 EStG in Höhe von 40 v. H. 1076 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 121; Erhard, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 3 Nr. 40 EStG, Rz. 25; Bauschatz, in: Gosch, KStG, § 32a, Rz. 3; Werth, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 32d EStG, Rz. 95. 1077 BFH, Beschluss vom 20.03.2009, VIII B 170/08, DStR 2009, 795, 796; Gosch, in: Gosch, KStG, § 8b, Rz. 143 a; Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 409. 1078 AmtshilfeRLUmsG v. 26.06.2013, BGBl. I 2013, 1809. 1079 Sowie für Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Halbs. 2 und § 20 Abs. 1 Nr. 10 lit. a Halbs. 2 EStG. Diese sollen hier außer Betracht bleiben. 1080 Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 409; Schnitger, in: Schnit­ ger/Fehrenbacher, KStG, § 8b, Rz. 187; Kohlhepp, DStR 2007, 1502, 1505 f.; Böhmer, StuW 2012, 33, 36 m.w.N.; Gosch, in: Gosch, KStG, § 8b, Rz. 148 b, konsta­

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

wohl trotz der Einführung einzelner Korrespondenzvorschriften nicht von einem Systemwechsel unter Aufgabe des Trennungsprinzips auszu­ gehen.1081 Eine andere Bewertung könnte sich jedoch für die aktuelle Rechtslage seit dem Jahressteuergesetz 2013 ergeben. § 8 b Abs. 1 S. 2 KStG n.F.1082 gilt nicht mehr ausschließlich für verdeckte Gewinnaus­ schüttungen, sondern allgemein für steuerbefreite Gewinnausschüttun­ gen i.S.d. § 8 b Abs. 1 S. 1 KStG1083 und auch unabhängig von einem Qua­ lifikationskonflikt bei hybriden Finanzierungselementen.1084 Fraglich ist daher, in welchem Verhältnis Korrespondenzprinzip und Trennungsprin­ zip seit der gesetzlichen Neufassung stehen und ob das Korrespondenz­ prinzip weiterhin Ausnahmecharakter besitzt. Im Rahmen der Einordnung konkurrierender Prinzipien kommt auf­ grund des offensichtlichen Widerspruchs zwischen Trennungs- und Kor­ respondenzprinzip ein Prinzipiengegensatz, also die wechselseitige Er­ gänzung und Beschränkung zweier Prinzipien, in Betracht.1085 Dazu müssten die gegenläufigen Prinzipien „kumulativ in ihrem Zusammen­ wirken als Ausprägung einer einheitlichen Belastungsgrundentschei­ dung“1086 verstanden werden können. Diese könnte darin liegen, trotz der im Grundsatz getrennten Betrachtung der Steuerpflichtigen auf Ebene von Steuersubjekt und -objekt sowie der Bemessungsgrundlage aus wirt­ schaftlichen Gründen im Hinblick auf die steuerliche Gesamtbelastung eine einheitliche Betrachtung vorzunehmen.1087 Der Gedanke einer steu­ tiert einen „Systembruch“.; a.A. Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 121; im Hinblick auf die Neuregelung eine Durchbrechung fest­ stellend Becker/Loose, IStR 2012, 758, 761. 1081 Insbesondere unterfielen ordentliche Gewinnausschüttungen in Inlandsfällen nicht dem Korrespondenzprinzip, vgl. Dörfler/Heurung/Adrian, DStR 2007, 514, 515. Kritisch gegenüber einem Systemwechsel auch Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 120; wohl auch Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 409 f; Dötsch/Pung, DB 2007, 11, 12 f., und Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 405, nennen als Hauptanwendungsbe­ reich der Norm lediglich grenzüberschreitende Sachverhalte. Auch dieser Um­ stand spricht gegen einen umfassenden Systemwechsel. 1082 Und parallel § 3 Nr. 40 lit. d S. 2 EStG n.F. 1083 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8b KStG, Rz. 111; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 120, 131; Erhard, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 3 Nr. 40 EStG, Rz. 25; Becker/Loose, IStR 2012, 758. Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs wurde bereits früh gefor­ dert, vgl. Dötsch/Pung, DB 2007, 11, 13. 1084 Binnewies, in: Streck, KStG, § 8b, Rz. 38; so auch Schnitger, in: Schnitger/Feh­ renbacher, KStG, § 8b, Rz. 184, zu § 8 b Abs. 1 S. 2 KStG a. F. Möglicherweise a.A. zur Neufassung Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8b KStG, Rz. 111. 1085 Vgl. dazu B.V.3.a)dd). 1086 Heuermann, FR 2012, 435, 439. 1087 Kritisch Gosch, in: Gosch, KStG, § 8b, Rz. 148 b: „Rechtskategorien werden hier für eine wirtschaftliche „überdachende” Betrachtungsweise geopfert“.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

ersubjektübergreifenden Perspektive liegt dem Korrespondenzprinzip zu­ grunde und findet sich auch in der Ertragsbesteuerung der Mitglieder ­einer Körperschaft wieder.1088 Im Hinblick auf die Besteuerung der An­ teilseigner beruhen das Teileinkünfte- (bzw. Halbeinkünfte) -verfahren und das Schachtelprivileg auf der Vorstellung, dass die Anteilseigner ei­ ner Körperschaft Einkommen durch die Körperschaft erzielen, so dass es letztlich auf die Besteuerung der hinter der Körperschaft stehenden na­ türlichen Personen ankomme.1089 Aufgrund der bereits unter C.IV.2.a)bb)(1)(b) erläuterten Gründe ist diese Gesamtbetrachtung nach hier vertretener Auffassung nicht als vorherr­ schende systemprägende Grundentscheidung einzuordnen. Gleichzeitig ist die Gesamtbetrachtung aber dennoch zumindest im Hinblick auf Teil­einkünfteverfahren und Schachtelprivileg im Gesetz verankert und ist daher als eine in wirtschaftlichen Motiven begründete Korrektur der zivilistischen Anknüpfung zu qualifizieren.1090 Sie entspricht daher der Grundentscheidung des Gesetzgebers, im Grundsatz an die zivilrechtli­ che Vorstrukturierung anzuknüpfen, aber wirtschaftliche Korrekturen zuzulassen. Diese Betrachtungsweise bildet auch die Grundlage für die Ausweitung des Korrespondenzprinzips. Denn bildet die Vorbelastung den Grund für die Befreiung1091, so kann sie bei fehlender Vorbelastung verwehrt wer­ den.1092 Dieses steuersystematische Argument ergibt sich zwar nicht aus der Gesetzesbegründung, die lediglich auf die Bedeutung des Korrespon­ denzprinzips für die Vermeidung „weißer Einkünfte“ aus hybriden Fi­ nanzierungselementen hinweist.1093 Es lässt sich jedoch aus der Zusam­ 1088 Briese, BB 2006, 2110, 2111. 1089 Im Detail vgl. C.IV.2.a)bb)(1)(b), auch zur abweichenden Beurteilung des Son­ dertarifs für Kapitaleinkünfte. 1090 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz. 61. 1091 Werth, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 32d EStG, Rz. 96. 1092 Desens, DStR-Beih. 2013, 13, 18; Intemann, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Ein­ kommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 32a KStG, Rz. 3; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 130: „StSystematisch lässt sich das sog. Korrespondenzprinzip jedoch mit dem Zweck des § 8 b Abs. 1 rechtferti­ gen, Dividenden, die mit einer KSt vorbelastet sind, auf allen Zwischenstufen freizustellen und beim Letztempfänger ermäßigt zu besteuern […]. Wird die Freistellung somit mit der Vorbelastung begründet, erscheint es grundsätzl. kon­ sequent, ohne Vorbelastung die StFreistellung nicht zu gewähren“. Ähnlich Haisch/Helios/Niedling, DB 2012, 2060, 2061, die aber im Hinblick auf den Aus­ schluss der Abgeltungsteuer das Argument der Vorbelastung als nicht konse­ quent kritisieren. 1093 BT-Drucks., 139/13, 119, 127 f., 156. Aufgrund der Diskrepanz zwischen Gesetz­ begründung und Gesetzestext ist wohl von einer „überschießenden“ Umsetzung auszugehen, vgl. Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, 130; Becker/Loose, IStR 2012, 758, 759. Möglicherweise kommt eine teleologische Reduktion in Betracht, vgl. Becker/Loose, IStR 2012, 758, 763. Die Planwidrig­

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menschau mit der Wertung, die dem Teileinkünfteverfahren und dem Schachtelprivileg zugrunde liegt, herleiten.1094 So können das Trennungs­ prinzip und ein umfassendes Korrespondenzprinzip1095 als Ausdruck ei­ ner einheitlichen Belastungsgrundentscheidung verstanden werden, die zwar bei Steuersubjekt und -objekt eine Trennung vorsieht, diese aber aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten mittels einer Gesamtbetrachtung der Belastung abschwächt. Dass diese Grundentscheidung bei den Ein­ künften aus Beteiligungen im Privatvermögen nach überzeugender Auf­ fassung nicht vollständig konsequent umgesetzt wurde1096, spricht zwar gegen die Einordnung auch des Korrespondenzprinzips als neben dem Trennungsprinzip anzuerkennendes Prinzip. Da es sich aber nur um ei­ nen einzelnen nicht konsequent umgesetzten Aspekt der Grundent­ scheidung handelt, kann im Rahmen einer Gesamtabwägung dennoch die Einführung einer wirtschaftlichen Korrektur des systemprägenden Trennungsprinzips angenommen werden. Daher handelt es sich um ei­ nen Prinzipiengegensatz, der gerade keinen Ausnahmecharakter begrün­ det. (iii) Korrespondierende Besteuerung verdeckter Einlagen Neben den Vorschriften zur Gewinnausschüttung sieht § 8 Abs. 3 S. 4 KStG abweichend vom Grundsatz der Unbeachtlichkeit von Vorgän­ gen auf Ebene des Anteilseigners für die Körperschaft eine korrespondie­ rende Behandlung verdeckter Einlagen vor.1097 Anders als in § 8 Abs. 3 S. 3 KStG1098 grundsätzlich vorgegeben erhöht sich das Einkommen der Körperschaft, soweit eine verdeckte Einlage das Einkommen des Anteils­ eigners gemindert hat. Die Grundregel des § 8 Abs. 3 S. 3 KStG beruht auf dem Umstand, dass eine verdeckte Einlage bei der Kapitalgesellschaft handelsrechtlich zum Ertrag zählt1099, jedoch nicht durch Teilnahme am Marktgeschehen erwirtschaftet wird, sondern im gesellschaftsrechtli­ chen Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter begründet ist. Aus diesem Grund ist sie nicht Ausdruck der steuerlichen Leistungsfä­ higkeit der Kapitalgesellschaft und darf deren Einkommen nicht erhö­

keit erscheint jedoch aufgrund des unmissverständlichen Wortlauts fragwürdig. Zum Zweck der Vorgängernorm Gosch, in: Gosch, KStG, § 8b, Rz. 143 a. 1094 Desens, DStR-Beih. 2013, 13, 18; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8b KStG, Rz. 130; Pung, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 8b, Rz. 64. 1095 Richter/Reeb, IStR 2015, 40, 42. 1096 Vgl. C.IV.2.a)bb)(1)(b)(iv). 1097 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 KStG, Rz. 86d; Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 123; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 185. 1098 Und bereits in § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG sowie Absch. 40 Abs. 2 KStR 2004. 1099 Dies ist umstritten, vgl. dazu nur Schön, ZHR 2014 (178), 373.

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hen.1100 § 8 Abs. 3 S. 4 KStG hebt diesen Grundsatz zugunsten eines ­materiellen Korrespondenzprinzips auf1101, das die Behandlung der ver­ deckten Einlage bei der Körperschaft von der steuerlichen Einordnung beim Anteilseigener abhängig macht. Auch die Anwendung dieses Prin­ zips auf verdeckte Einlagen begründet im Grundsatz eine Durchbrechung des Trennungsprinzips.1102 Möglicherweise könnte ihre Systemimmanenz mit derjenigen Argumen­ tation, die für die korrespondierende Behandlung von Gewinnausschüt­ tungen greift, begründet werden. Dies ist jedoch aus zwei Gründen nicht überzeugend. Zum einen spricht dagegen, dass sich die Korrespondenz bei Einlagen auf Fälle verdeckter Einlagen beschränkt. Daher ist im Ge­ gensatz zu § 8 b Abs. 1 S. 2 KStG nicht anzunehmen, dass § 8 Abs. 3 S. 4 KStG an eine grundsätzliche Gesamtbetrachtung der Steuerbelas­ tung als einheitliche Belastungsgrundentscheidung anknüpft. Überzeu­ gender ist wohl die Annahme, dass lediglich für die Fälle, in denen man­ gels Offenlegung des Einlagecharakters eine fehlerhafte Behandlung auf Ebene des Gesellschafters wahrscheinlich ist, das Entstehen „weißer“ Einkünfte verhindert werden soll.1103 Zum anderen kann die Anwendung des materiellen Korrespondenzprin­ zips auf Einlagen nicht aus dem konkurrierenden Prinzip der Gesamtbe­ trachtung hergeleitet werden. Im Gegensatz zur steuerlichen Behandlung von Gewinnausschüttungen, die im Wesentlichen1104 bereits in ihrer Konzeption – unabhängig von der materiellen oder formellen Korrespon­ denz – der steuerlichen Vorbelastung Rechnung trägt, steht die steuerli­ che Einordnung der Einlage bei der Gesellschaft von vorneherein nicht in Zusammenhang mit der Belastung beim Gesellschafter. Sie ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass die Einlage nicht von der Gesellschaft erwirtschaftet wurde und daher nicht Ausdruck ihrer Leistungsfähigkeit ist.1105 Aus diesem Grund wäre eine Begründung mit dem Erfordernis ei­ ner Gesamtbetrachtung nicht möglich. Denn diese basiert auf der Vor­ stellung, dass der Gesellschafter durch die Körperschaft Einkommen am Markt erwirtschaftet. Die „umgekehrte“ Betrachtung, die Körperschaft 1100 Zum Ganzen Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 410 f. Zur Ur­ sächlichkeit des Gesellschaftsverhältnisses Wochinger, in: Dötsch/Pung/Möh­ lenbrock, KStG, § 8 Abs. 3 Teil B, Rz. 2. 1101 Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 123 f. 1102 Watermeyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 8 KStG, Rz. 60; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/­UmwStG, § 8 KStG, Rz. 86d; Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 124. 1103 BT-Drucks., 16/2712, 70; Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 124; Rengers, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 185. 1104 Mit Ausnahme der Behandlung von Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen im Privatvermögen. 1105 Ausführlich Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 412.

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erziele Einkommen durch den Gesellschafter, greift jedoch von vornehe­ rein nicht. Ein allgemeines Korrespondenzprinzip dergestalt, dass steuer­ lich relevante Aufwendungen beim Zahlenden zu steuerbaren Einkünf­ ten beim Empfänger führen würden, gibt es im deutschen Ertragsteuerrecht nicht. Vielmehr ist für jeden Steuerpflichtigen separat zu bestimmen, ob es sich bei Einnahmen um Einkünfte und bei Aufwendungen um Betriebs­ ausgaben handelt. Auch die Einführung des materiellen Korrespondenz­ prinzips für Gewinnausschüttungen ändert daran nichts. Sie beruht viel­ mehr auf dem Grundsatz der Gesamtbetrachtung, nicht aber auf einem allgemein gültigen Korrespondenzprinzip. Ferner kann § 8 Abs. 3 S. 4 KStG auch nicht als Missbrauchsvermei­ dungsnorm die Durchbrechung des Trennungsprinzips rechtfertigen. Im Grundsatz könnte es sich zwar um den Fall einer Prinzipienkombinati­ on1106 handeln: Trennungsprinzip und Missbrauchsvermeidung werden in ihrem Zusammenwirken relevant, die Voraussetzungen des Tren­ nungsprinzips liegen jedoch tatsächlich nicht vor. Zwar ist das Ziel der Norm die Schließung von Besteuerungslücken und die Vermeidung von Minderbesteuerung.1107 Dennoch kann sie nicht als Missbrauchsvermei­ dungsvorschrift eingeordnet werden.1108 Denn ihr Hauptanwendungsfall ist eine fehlerhafte Einordnung durch das Finanzamt und nicht der Miss­ brauch durch den Steuerpflichtigen.1109 Dies zeigt sich an dem Umstand, dass die Gesellschaft die steuerliche Behandlung beim Gesellschafter nicht beeinflussen kann1110, und auch daran, dass durch die Korrespon­ denznorm nicht die richtige Besteuerung hergestellt, sondern eine un­ richtige Besteuerung perpetuiert wird.1111 Insgesamt ist daher vom Aus­ nahmecharakter der Norm auszugehen.1112

1106 Vgl. B.V.3.a)dd). 1107 Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 415; Dörfler/Heurung/Adrian, DStR 2007, 514, 517; BR-Drucks., 622/06, 119; BT-Drucks., 16/3368, 1, 21. 1108 Watermeyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 8 KStG, Rz. 60. 1109 Im Ergebnis ähnlich Dörfler/Heurung/Adrian, DStR 2007, 514, 518. Zu mögli­ chen Anwendungsfällen Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 KStG, Rz. 86a. 1110 Watermeyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 8 KStG, Rz. 60. 1111 Watermeyer, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 8 KStG, Rz. 60; zur Perpetuierung Frotscher, in: Frotscher/ Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8 KStG, Rz. 86d. 1112 Roser, in: Gosch, KStG, § 8, Rz. 124, erkennt sogar eine „konzeptionelle Ab­ kopplung vom Leistungsfähigkeitsprinzip“ und daraus folgende verfassungs­ rechtliche Zweifel. Ähnlich Strnad, GmbHR 2006, 1321, 1322.

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(iv) Formelles Korrespondenzprinzip nach § 32 a KStG Eine weitere mögliche Ausnahme vom Trennungsprinzip ist § 32 a KStG.1113 Das darin verankerte formelle Korrespondenzprinzip1114 sieht für Fälle der verdeckten Gewinnausschüttung und Einlage eine Aufschiebung der formellen Bestandskraft von Steuerbescheiden der Körperschaft und des Anteilseigners vor.1115 So kann nach § 32 a Abs. 1 KStG ein Bescheid gegenüber dem Mitglied erlassen, aufgehoben oder geändert werden, soweit gegenüber der Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüt­ tung erlassen, aufgehoben oder geändert wird.1116 Parallel ermöglicht Abs. 2 leg cit mit der Änderungsmöglichkeit gegenüber der Körperschaft die formelle Korrespondenz auch bei verdeckten Einlagen. Im Verhältnis zum Trennungsprinzip könnte es sich um einen system­ immanenten Prinzipiengegensatz, also die wechselseitige Ergänzung und Beschränkung zweier Prinzipien handeln.1117 § 32 a KStG stellt eine Mög­ lichkeit zur Verfügung, die verfahrensrechtlichen Hindernisse einer ma­ teriell richtigen Besteuerung von Körperschaft und Anteilseigner zu be­ seitigen.1118 Denn im Gegensatz zu den Korrespondenzvorschriften in § 8 b Abs. 1 S. 2 und § 8 Abs. 3 S. 4 KStG führt die Norm – vorrangig vor diesen1119 – zur materiell richtigen Besteuerung sowohl zuungunsten als 1113 Vgl. BFH, Beschluss vom 20.03.2009, VIII B 170/08, DStR 2009, 795, 796; BFH, Urteil vom 06.09.2011, VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269; Schnitger, in: Schnit­ ger/Fehrenbacher, KStG, § 32a, Rz. 6; Dötsch/Pung, DB 2007, 11, 12; Briese, BB 2006, 2110. 1114 Bauschatz, in: Gosch, KStG, § 32a, Rz. 3, 15; Brühl/Weiss, Ubg 2017, 510, 513 f.; BFH, Beschluss vom 29.08.2012, VIII B 45/12, BStBl. II 2012, 839, 1917; BFH, Be­ schluss vom 20.03.2009, VIII B 170/08, DStR 2009, 795, 796. Ausweislich der Gesetzbegründung zielt die Norm neben der Verhinderung „weißer“ Einkünfte auch auf die Vermeidung wirtschaftlicher Doppelbelastung ab, BT-Drucks., 16/2712, 71. 1115 Bauschatz, in: Gosch, KStG, § 32a, Rz. 3, 6; Trossen, DStR 2006, 2295, 2297. 1116 Dies ist eine verspätet eingeführte Änderung infolge des Systemwechsels bei der Dividendenbesteuerung vom Anrechnungs- zum Halb- bzw. Teileinkünftever­ fahren. Bei verdeckten Gewinnausschüttungen wird die fehlerhafte Einordnung auf Ebene des Gesellschafters oft zu spät erkannt, um die Anwendung der parti­ ellen Steuerfreistellung nach den Änderungsvorschriften der AO zu ermöglichen. Zum Ganzen Intemann, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 32a KStG, Rz. 3; Lang, in: Dötsch/Pung/Möhlen­ brock, KStG, § 32a, Rz. 2; Kohlhepp, DStR 2007, 1502. Die Ausweitung des ma­ teriellen Korrespondenzprinzips auf Gewinnausschüttungen allgemein durch das Jahressteuergesetz 2013 wurde in § 32 a Abs. 1 KStG nicht nachvollzogen, so dass sich die Norm weiterhin nur auf verdeckte Gewinnausschüttungen bezieht, vgl. Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 32a KStG, Rz. 20 ff. 1117 Vgl. B.V.3.a)dd). 1118 BT-Drucks., 16/2712, 71. 1119 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 32a KStG, Rz. 9; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8b KStG, Rz. 128.

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auch zugunsten des Steuerpflichtigen.1120 Sie ist daher Ausdruck des Ge­ dankens der Rechtsrichtigkeit. Im Falle des § 32 a KStG gewährt der Ge­ setzgeber diesem Gedanken Vorrang gegenüber dem Grundsatz der Rechtssicherheit und dem Vertrauen des Steuerpflichtigen auf den Ab­ lauf der Festsetzungsfrist gemäß §§ 169, 170 AO1121 und auch gegenüber dem Trennungsprinzip. Während Letzteres in seiner verfahrensrechtli­ chen Ausprägung das Prinzip der materiellen Richtigkeit der Besteue­ rung im Grundsatz einschränkt – weil Änderungen der Steuerbescheide von Körperschaft oder Anteilseigner wechselseitig keine Folgen hervor­ rufen –, kommt es im Fall des § 32 a KStG zu einer umgekehrten Ein­ schränkung des Trennungsprinzips durch das Prinzip der materiellen Richtigkeit der Besteuerung. Es handelt sich um eine wechselseitige Ein­ schränkung zweier Prinzipien, also einen Prinzipiengegensatz. Dieser führt aber nicht zum Ausnahmecharakter der Norm, sondern ist viel­ mehr als systemimmanent einzuordnen.1122 Dieses Ergebnis widerspricht im Hinblick auf verdeckte Einlagen auch nicht demjenigen für § 8 Abs. 3 S. 4 KStG. Da diese materielle Korrespon­ denznorm im Gegensatz zu § 32 a Abs. 2 KStG zur materiell unrichtigen Behandlung einer Einlage führt, kann sie nicht mit dem Gedanken der Rechtsrichtigkeit begründet werden. (v) Anwendung der Zinsschranke nach § 8 a Abs. 2 und 3 KStG Einen weiteren potentiellen Fall der Durchbrechung des Trennungsprin­ zips bilden § 8 a Abs. 2 und 3 KStG. Diese Regelungen schränken für das Körperschaftsteuerrecht die Konzernklausel (§ 4 h Abs. 2 S. 1 lit. b EStG) und die Escape-Klausel (Eigenkapitalvergleich gem. § 4 h Abs. 2 S. 1 lit. c EStG), die die Anwendung der Zinsschranke (§ 4 h Abs. 1 EStG) aus­ schließen, ein. Sie erweitern damit den Anwendungsbereich der Zins­ schranke nach § 8 a Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 h Abs. 1 EStG für Körperschaf­ ten um Fälle schädlicher Gesellschafterfremdfinanzierung. Diese soll im Fall der Konzernklausel vorliegen, wenn Vergütungen einer Körperschaft für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel am Grund- oder Stammkapital beteiligten Anteilseigner mehr als zehn v. H. des Zins­ saldos der Körperschaft betragen (§ 8 a Abs. 2 KStG).1123 Im Hinblick auf die Escape-Klausel für konzernangehörige Körperschaften soll es sich um eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung handeln, wenn die Ver­ 1120 BFH, Beschluss vom 29.08.2012, VIII B 45/12, BStBl. II 2012, 839, 842; Lüdicke, in: Gedächtnisschrift für Rainer Walz, 401, 403. 1121 Zum Ganzen BFH, Beschluss vom 29.08.2012, VIII B 45/12, BStBl. II 2012, 839, 842. 1122 B.V.3.a)dd). 1123 Es handelt sich um eine vereinfachte Darstellung des Tatbestandes. Ausführlich dazu Förster, in: Gosch, KStG, § 8a, Rz. 34.

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gütungen für Fremdkapital an einen zu mehr als einem Viertel am Kapital beteiligten, außerhalb des Konzerns stehenden Gesellschafter mehr als zehn v. H. des Zinssaldos eines Rechtsträgers des Konzerns betragen (§ 8 a Abs. 3 KStG).1124 An diesen Voraussetzungen zeigt sich, dass die Anwendung einer Besteuerungsnorm auf Ebene der Körperschaft – hier der Vorschrift zum Zinsabzug – von einem Umstand auf Ebene des Mit­ glieds, dessen Beteiligungshöhe, abhängig gemacht wird. Dabei handelt es sich im Grundsatz um eine Durchbrechung des Trennungsprinzips, das von einer unabhängigen Betrachtung der Körperschafts- und Mit­ gliedsebene ausgeht.1125 Fraglich ist, ob diese Durchbrechung sich dennoch als Teil der Grundent­ scheidung oder als Ausdruck eines anderen Prinzips qualifizieren lässt. Gesellschaftsrechtlich besteht keine besondere Verbindung zwischen ei­ ner Beteiligung von mehr als 25 v. H. und dem Zinsabzug. Die Vorausset­ zung der Beteiligungshöhe bildet daher kein zivilrechtliches Spezifikum ab und kann so nicht der Grundentscheidung der zivilistischen Anknüp­ fung zugerechnet werden. Sie könnte jedoch als Teil einer Missbrauchs­ vermeidungsnorm bestimmte wirtschaftliche Sachverhalte darstellen, die eine missbräuchliche Gestaltung indizieren. Dabei könnte es sich um den Fall einer Prinzipienkombination1126 handeln: Trennungsprinzip und Missbrauchsvermeidung werden in ihrem Zusammenwirken relevant, die Voraussetzungen des Trennungsprinzips liegen jedoch tatsächlich nicht vor. Die missbräuchliche Gestaltung führt dazu, dass Körperschaft und Anteilseigner aus wirtschaftlicher Perspektive nicht getrennt zu ­betrachten sind, weil der Anteilseigner maßgeblichen Einfluss auf die Finanzierungsentscheidungen der Körperschaft nimmt. Um zu diesem Ergebnis zu kommen, müssten die relevanten Normen als Missbrauchs­ vermeidungsvorschriften konzipiert und die Voraussetzung der Beteili­ gungshöhe Teil des Missbrauchstatbestands sein. Telos der Zinsschrankenregelung des § 8 a Abs. 1 KStG, § 4 h Abs. 1 EStG im Allgemeinen ist ausweislich der Gesetzesbegründung die Sicherung inländischen Steuersubstrats und die Vermeidung missbräuchlicher Steuergestaltungen im Hinblick auf die Fremdkapitalfinanzierung.1127 Die Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Zinsschranke durch § 8 a Abs. 2 und 3 KStG im Besonderen soll Finanzierungsgestaltungen 1124 Es handelt sich wiederum um eine vereinfachte Darstellung des Tatbestandes. Im Detail vgl. Förster, in: Gosch, KStG, § 8a, Rz. 75. 1125 Böhmer, StuW 2012, 33, 37. 1126 Vgl. B.V.3.a)dd). 1127 BT-Drucks., 16/4841, 1, 31, 35, 48; dazu z.B. Jehlin, Die Zinsschranke als Instru­ ment zur Missbrauchsvermeidung und Steigerung der Eigenkapitalausstattung, 111 ff.; Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 8a KStG, Rz. 3.

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zwischen einer Körperschaft (oder anderen konzerninternen Rechtsträ­ gern) und ihren Gesellschaftern verhindern.1128 Dabei wird angenommen, dass bei einer wesentlichen Beteiligung aufgrund des damit verbundenen unternehmerischen Einflusses1129 die Fremdkapitalfinanzierung zwi­ schen Körperschaft und Gesellschafter gestaltungsanfälliger ist als bei geringeren Beteiligungsquoten, was die Einschränkung der Finanzie­ rungsfreiheit durch die Zinsschranke rechtfertigen soll.1130 Diese Rege­ lungen und insbesondere die Bedingung der wesentlichen Beteiligung sind daher im Hinblick auf ihre Teleologie als typisierende Missbrauchs­ vorschriften einzuordnen.1131 Problematisch ist, dass ihre legislatorische Umsetzung umfassende Kritik erfahren hat, die ihre Eignung zur Miss­ brauchsbekämpfung und damit ihre Rechtfertigung als Missbrauchs­ norm bezweifeln lässt.1132 Die Kritik bezieht sich jedoch in der Regel nicht auf das Erfordernis der wesentlichen Beteiligung, so dass dieses Tatbestandsmerkmal dennoch nicht als ungeeignet und damit system­ fremd gelten muss.1133 Aus diesen Gründen handelt es sich hier um eine Prinzipienkombination, die dazu führt, dass die Regelungen im Hinblick auf die Voraussetzung der wesentlichen Beteiligung nicht als Ausnahme­ vorschriften, sondern als systemimmanent einzuordnen sind. (vi) Behandlung von Verlusten Im Rahmen der Behandlung von Verlusten sehen weder das Körperschaftnoch das Einkommensteuerrecht eine interpersonelle Verlustverrech­ nung zwischen Körperschaft und Mitglied vor.1134 Dies entspricht der zi­ vilrechtlichen Trennung der Vermögenssphären1135 und insbesondere der 1128 BT-Drucks., 16/4841, 48, 74 f. 1129 BMF-Schreiben vom 04.07.2008, Rz. 79; Heuermann, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8a KStG, Rz. 3. 1130 Jehlin, Die Zinsschranke als Instrument zur Missbrauchsvermeidung und Steige­ rung der Eigenkapitalausstattung, 175 m.w.N. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesbegründung zu § 8 a KStG a.F., der auch auf das Vorliegen einer wesent­ lichen Beteiligung abstellte, vgl. BT-Drucks., 12/4487, 36 f. Dazu kritisch Knobbe-Keuk, StuW 1982, 201, 204, 215. 1131 Jehlin, Die Zinsschranke als Instrument zur Missbrauchsvermeidung und Steige­ rung der Eigenkapitalausstattung, 174; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/UmwStG, § 8a KStG, Rz. 6; a.A. Oellerich, in: Mössner/Seeger, KStG, § 8a, Rz. 37. 1132 Jehlin, Die Zinsschranke als Instrument zur Missbrauchsvermeidung und Steige­ rung der Eigenkapitalausstattung, 174 ff.; Prinz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 8a KStG, Rz. 4; Mattern, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 8a, Rz. 36. 1133 Auch das BVerfG hat die Eignung des Merkmals einer Beteiligung i.H.v. mehr als 25 v. H. zur Abbildung wesentlicher Einflussmöglichkeiten anerkannt, vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.10.1969, 2 BvL 3/66, 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111, 128 f.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.1966, 1 BvR 496/65, BVerfGE 21, 6, 11. 1134 Tipke, NJW 1980, 1079, 1081. 1135 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, Rz. 118.

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gesellschaftsrechtlichen Möglichkeit der Haftungsbeschränkung.1136 Im Grundsatz entspricht damit die steuerrechtliche Behandlung von Verlus­ ten der zivilrechtlichen Unterscheidung zwischen Körperschaft und Mit­ glied und setzt das Trennungsprinzip folgerichtig um. Eine Ausnahme davon bildet § 8 c KStG.1137 Die Norm erkennt zwar die grundsätzliche Unabhängigkeit der Körperschaft von den Verhältnissen auf Mitgliedsebene an, weicht jedoch für Fälle des Beteiligungserwerbs davon ab. § 8 c Abs. 1 S. 1 und 2 KStG ordnen im Rahmen der Einkom­ mens- sowie Gewinnermittlung1138 einen quotalen (S. 1) oder vollständi­ gen (S. 2) Untergang der Verlustvorträge einer Körperschaft an, falls auf Anteilseignerebene ein Beteiligungserwerb in Höhe von mehr als 25 v. H. (S. 1) oder mehr als 50 v. H. (S. 2) stattfindet. Dies durchbricht das Tren­ nungsprinzip, indem ein Umstand auf Ebene der Mitglieder sich auf die Verlustnutzung der Körperschaft auswirkt.1139 Auch hier ist danach zu fragen, ob diese Durchbrechung sich als Teil der Grundentscheidung oder als Ausdruck eines anderen Prinzips einordnen lässt. Aus Sicht des Gesellschaftsrechts wirkt sich ein Beteiligungsüber­ gang von mehr als 25 oder 50 v. H. nicht auf den Bestand oder die Höhe des Verlusts der Körperschaft aus. Die Voraussetzung des Beteiligungser­ werbs in § 8 c KStG spiegelt daher keine zivilrechtliche Besonderheit wider und ist nicht als Ausdruck der Grundentscheidung der zivilisti­ schen Anknüpfung zu werten. Es kommt jedoch wiederum eine Prin­ zipienkombination zwischen Trennungsprinzip und Missbrauchsbe­ kämpfung in Betracht. Das Ziel der Missbrauchsbekämpfung lag der Vorgängernorm des § 8 c KStG, der Mantelkaufregelung in § 8 Abs. 4 KStG a.F.1140, zugrunde.1141 Im Hinblick auf das Verlustabzugsverbot des § 8 c KStG1142 werden jedoch sowohl der Zweck der Missbrauchsbekämp­ 1136 Drüen, GmbHR 2008, 393, 398; Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 194. Die ur­ sprüngliche Begründung, dass den Körperschaften äquivalent zu dem Vorteil, der ihnen aus der Haftungsbeschränkung zukomme, eine zusätzliche Belastung auf­ erlegt werden könne, überzeugt heute indessen nicht mehr, vgl. Pezzer, in: Wid­ mann, DStJG 20, 5, 14; zu dieser Frage im britischen Recht Harris, British Tax Review 2011, 188, 197. 1137 Drüen, Ubg 2010, 543, 546; Drüen, GmbHR 2008, 393, 395 Fn. 28, 402 Fn. 132 m.w.N.; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 11 f. 1138 Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG, Rz. 2. 1139 FG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460, 1464; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG, Rz. 5 f.; Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 KStG, Rz. 10; Roser, in: Gosch, KStG, § 8c, Rz. 4; Böhmer, StuW 2012, 33, 36 f. m.w.N. A.A. Lang, GmbHR 2012, 57, 60. 1140 Eingeführt mit dem StRefG 1990 v. 25.07.1988, BGBl. I 1988, 1093. 1141 So die h.M., vgl. zu den verschiedenen Ansichten Lang, GmbHR 2012, 57, 58. 1142 Eingeführt mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.08.2007, BGBl. I 2008, 1912.

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fung1143 als auch die Eignung des Tatbestandsmerkmals des Beteiligungs­ erwerbs zur Abbildung missbrauchsrelevanter Sachverhalte1144 stark be­ zweifelt. Dies erscheint in Anbetracht der Gesetzesbegründung, aus der sich der Zweck der Missbrauchsbekämpfung allenfalls als untergeordne­ ter Aspekt erschließt1145, und des Umstands, dass ein Beteiligungserwerb allein – unabhängig von seiner Höhe – nicht per se typisierend auf eine missbräuchliche Gestaltung schließen lässt, überzeugend.1146 Auch die Einführung des § 8 d KStG ändert nichts an dieser Feststellung.1147 Daher ist eine Prinzipienkombination abzulehnen und § 8 c KStG als Ausnah­ mevorschrift im Subsystem der Körperschaftsbesteuerung zu qualifizie­ ren. (5) Ergebnis In einer Gesamtschau ist nunmehr zu bewerten, ob der Steuergesetzge­ ber ein Subsystem für Körperschaften geschaffen hat. Als Grundent­ scheidung konnte die Anknüpfung an die zivilrechtliche Eigenschaft als juristische Person definiert werden. Diese ist hinreichend allgemein und enthält keine ausdrückliche Beihilfegewährung. Auch ihre folgerichtige Umsetzung kann bejaht werden. Die Beantwortung der Frage nach der Folgerichtigkeit des Subsystems enthält eine abwägende Entscheidung darüber, ob die bestehenden Ausnahmevorschriften die der Grundent­ scheidung entsprechenden Normen so überwiegen, dass diese nicht mehr als allgemeingültig angesehen werden kann. Hier ist festzuhalten, dass die Grundentscheidung bei der Definition der Steuersubjekte mit Aus­ 1143 Ausführlich Lang, GmbHR 2012, 57, 58; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/ GewStG/UmwStG, § 8c KStG, Rz. 4. 1144 FG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460, 1464, unter Verweis auf die überwiegende Literatur: „Die Definition des schädlichen Beteili­ gungserwerbs, der bereits bei Anteilsübertragungen ab 25 % ansetzt, verdeut­ licht, dass die Verlustbeschränkung nicht mehr mit einer missbräuchlichen Ge­ staltung verbunden wird. Denn die Übertragung von Beteiligungen ab einem Viertel des Kapitals ist ein üblicher wirtschaftlicher bzw. gesellschaftsrechtlicher Vorgang, der mit Missbrauch im Regelfall nichts zu tun hat.“ Ebenso zur 50 v. H.-Schwelle Lang, GmbHR 2012, 57, 61; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG, Rz. 11e; a.A. FG Sachsen, Urteil vom 16.03.2011, 2 K 1869/10, EFG 2011, 1457, 1458. Trotz „Entschärfung der Norm“ durch Einfügung der S. 6 ff. nach Abs. 1 (insbesondere der Stille-Reserven-Klau­ sel) ist aufgrund der fehlenden Eignung des Merkmals der Beteiligungshöhe den­ noch von der Systemwidrigkeit der Norm auszugehen. Zur Diskussion um die Stille-Reserven-Klausel Lang, GmbHR 2012, 57, 59 f.; Frotscher, in: Frotscher/ Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 8c KStG, Rz. 7f, 11f. 1145 Vgl.BT-Drucks., 16/4841, 34 f., 75 ff.; dazu Lang, GmbHR 2012, 57, 58. 1146 So der Beschluss des BverfG zur Verfassungswidrigkeit des § 8 c Abs. 1 Satz 1 KStG vom 29.03.2017, 2 BvL 6/11, BeckRS 2017, 109540; dazu sowie zu den Aus­ wirkungen auf § 8 c Abs. 1 Satz 2 KStG Probst/Egelhof/Kessler, DStR 2017, 1415. 1147 Probst/Egelhof/Kessler, DStR 2017, 1415, 1290 ff.; siehe aber Röder, DStR 2017, 1737.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

nahme der REIT-AGen folgerichtig umgesetzt wird. Auch die Zuordnung des Steuerobjekts erfolgt konsequent. Die Definition der Bemessungs­ grundlage erscheint im Grundsatz folgerichtig, beinhaltet jedoch zwei Ausnahmevorschriften: diejenigen zum materiellen Korrespondenzprin­ zip für verdeckte Einlagen sowie zu § 8 c KStG. Bei einer Gesamtabwä­ gung überwiegen die identifizierten Abweichungen dennoch nicht zwin­ gend die der Grundentscheidung entsprechenden Normen. Insgesamt ist daher von einer folgerichtigen Umsetzung der Grundentscheidung und dem Bestehen des Subsystems für die Körperschaftsbesteuerung auszuge­ hen.1148 Unter dieses Subsystem fallen die hier im Fokus stehenden Kapi­ talgesellschaften. cc) Regelbesteuerung der Personengesellschaften nach materiellen Kriterien – Subsystem für die Besteuerung der Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter Daneben könnte ein eigenes Subsystem für die Besteuerung der Perso­ nengesellschaften und ihrer Gesellschafter bestehen. Die Entscheidung des Gesetzgebers, bei der Ertragsbesteuerung von Unternehmen an deren zivilrechtliche Rechtsform anzuknüpfen und die Besteuerung entspre­ chend unterschiedlich auszugestalten, könnte auch für die Rechtsform der Personengesellschaft gelten und so für diese ein Subsystem schaffen. Auch hier ist zu prüfen, ob der Gesetzgeber eine hinreichend allgemeine gesetzgeberische Grundentscheidung, die nicht in einer Beihilfegewäh­ rung besteht, getroffen und folgerichtig umgesetzt hat.1149 (1) Gesetzgeberische Grundentscheidung der Anknüpfung der ­Besteuerung an die Rechtsform der Personengesellschaft Die Grundentscheidung1150 ist darin zu sehen, dass der Steuergesetzgeber auf den Ebenen der Definition des Steuersubjekts sowie derjenigen der Bestimmung des Steuergegenstandes und der Bemessungsgrundlage an die zivilrechtliche Rechtsform der Gesellschaft anknüpft. Im Rahmen der Festlegung des Steuersubjekts hat der Gesetzgeber wie bei den Kör­ perschaften entschieden, formalistisch die Eigenschaft der zivilrechtli­

1148 Dieses Ergebnis übersieht nicht die zahlreiche und umfassende Kritik an der fort­ schreitend fehlenden Systematisierung des Unternehmenssteuerrechts, vgl. dazu Drüen, Ubg 2010, 543, mit umfassenden Nachweisen. Aus Sicht der Beihilfekon­ trolle kann es jedoch nicht auf alle Einzelheiten ankommen, vielmehr muss das Gesamtsystem betrachtet werden. Bei dieser Abwägung wäre sicherlich auch ein abweichendes Ergebnis i.S.d. Kritiker des Steuergesetzgebers denkbar. 1149 Vgl. B.V.3.a)ee). 1150 Aus den oben (C.IV.2.a)bb)(1)) ausgeführten Gründen wird hier die Entscheidung in Grundzügen dargestellt, während eine detaillierte Untersuchung im Rahmen der Folgerichtigkeitsprüfung (C.IV.2.a)cc)(4)) stattfinden soll.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

chen Person als Kriterium zu verwenden.1151 Aus diesem Grund besitzt die Personengesellschaft, die unter die Rechtsform der Gesamthand fällt und keine juristische Person ist1152, selbst keine Steuersubjektivität; jene kommt nach § 1 Abs. 1 S. 1 EStG allein ihren Gesellschaftern als natür­ lichen Personen zu.1153 Diese Grundentscheidung wird als Transparenz­ prinzip bezeichnet.1154 Sie setzt sich auf Ebene der Zuordnung des Steuer­ objekts und der Definition der Bemessungsgrundlage fort, jedoch in modifizierter Form. Zu den nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtigen Einkünften eines Gesellschafters gehört gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG der Gewinnanteil, der aus dem Anteil des Gesell­ schafters an dem in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesenen Ergebnis1155 besteht. Zwar ist danach der Steuergegenstand dem Gesellschafter antei­ lig zuzurechnen1156 und dieser so Subjekt der Einkünfteerzielung1157, was der transparenten Betrachtung entspricht. Die Einkünfteermittlung fin­ det jedoch auf Ebene der Gesellschaft statt, die damit zu „partieller Steu­ ersubjektivität“ gelangt und sich als Subjekt der Gewinnermittlung und -erzielung darstellt.1158 Diese einheitliche Betrachtung auf Gesellschafts­ ebene durchbricht die ansonsten transparente Behandlung der Personen­ gesellschaft. Im Gegensatz zum Körperschaftsteuerrecht, in dessen Rah­ men die Trennung zwischen Mitglied und Körperschaft umfassend umgesetzt ist, kennt die Besteuerung von Personengesellschaften damit 1151 Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 90; Osterloh, JuS 1994, 993, 995; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 197. 1152 Z.B. Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 103. Auch Be­ griff der Gesamthand ist positivistisch, Raiser, AcP 1999 (199), 104, 106. Dies gilt trotz des Umstands, dass dem Begriff der juristischen Person die materielle Eigenschaft der Rechtsfähigkeit zugrunde liegt, vgl. Raiser, AcP 1999 (199), 104, 105, 111 Fn. 17, 116, und alle Personengesellschaften mittlerweile als rechtsfähig eingeordnet werden, dazu Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. §§ 21 ff., Rz. 7. Ähnlich Hallerbach, Die Personengesellschaft im Einkommen­ steuerrecht, 7, 11. Allerdings sei gerade aus diesem Grund die Entwicklung der Personengesellschaft hin zum eigenen Steuersubjekt im Fluss, so Kirchhof, in: Festschrift für Peter Bareis, 133, 138 ff. 1153 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 10. Der Fall von Körperschaf­ ten als Gesellschafter soll hier außer Betracht bleiben, vgl. C.IV.1. Auch diese sind aber zivilrechtliche Personen. 1154 Seer, in: Festschrift für Joachim Lang, 655, 659; Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 62 ff. 1155 Zuzüglich des Ergebnisses aus der Ergänzungsbilanz, zum Ganzen Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 105. 1156 Hüttemann, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnis­ symposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 39, 45. 1157 Schön, StuW 1996, 275, 286. Dies gilt nicht nur für gewerbliche Einkünfte, son­ dern auch für solche anderer Einkunftsarten, vgl. BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 759 f. 1158 Schön, StuW 1996, 275, 286; Schön, StuW 1988, 253; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 367; zur h.M. vgl. auch Pinkernell, Einkünftezurech­ nung bei Personengesellschaften, 108 f.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

transparente wie auch einheitliche Elemente. Dennoch ist auch die An­ knüpfung an die Personengesellschaft selbst als Teil der zivilistischen Anknüpfung zu verstehen, da damit der zivilrechtlichen Verselbstständi­ gung der Gesellschaft Rechnung getragen wird.1159 Die Grundentschei­ dung ist damit als gemischte Entscheidung, die die zivilrechtliche Struk­ tur der Personengesellschaft zwischen mangelnder Verkörperung und Verselbstständigung widerspiegelt, zu definieren. Diese Definition der Grundentscheidung könnte dennoch aufgrund der – mittlerweile gefestigter Rechtsprechung entsprechenden – zivilrechtli­ chen Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft1160 in Frage zu stellen sein: Sähe man die Anknüpfung an die Rechtsfähigkeit und nicht diejeni­ ge an die Eigenschaft als Person als systemprägende Entscheidung des Steuergesetzgebers1161, so wäre die folgerichtige Umsetzung für Perso­ nengesellschaften zu verneinen, da ihre Rechtsfähigkeit nicht zur Steu­ ersubjektivität führt.1162 Diese Argumentation übersieht jedoch, dass die Besteuerung von Personengesellschaften als Steuer vom Einkommen nicht auf die Rechtsfähigkeit, sondern die Rechtspersönlichkeit ab­ stellt1163, weil die Einkommensteuer als Personalsteuer1164 und insbeson­ dere der Begriff des Einkommens an eine Person als Zurechnungssubjekt anknüpfen.1165 Ferner findet eine solche Grundentscheidung auch keinen 1159 BFH, Beschluss vom 03.05.1993, GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, 622; BFH, Be­ schluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 764; Hüttemann, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 39, 46; Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 12; Schön, StuW 1996, 275, 282. 1160 Selbst die Außen-GbR wird nunmehr als rechtsfähig anerkannt, vgl. BGH, Urteil vom 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341; dazu Schmidt, NJW 2001, 993; zur vorherigen Einordnung vgl. z.B. Kirchhof, in: Seeger, DStJG 25, 1, 4; Buchner, AcP 1969 (169), 483. Vgl. auch Dötsch, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 7, 9, wonach zi­ vilrechtlich das Trennungsprinzip auch auf Personengesellschaften Anwendung findet. 1161 So wohl Tipke, NJW 1980, 1079; das Steuerrecht müsse um seiner „Folgerichtig­ keit in der Zeit“ willen die geänderte zivilrechtliche Sichtweise aufgreifen, so Hennrichs/Lehmann, StuW 2007, 16, 20. Zu dieser Ansicht vgl. auch Hennrichs, StuW 2002, 201, 205 f. m.w.N. in Fn. 49. Zu den Widersprüchen zwischen recht­ licher Verselbstständigung und steuerlicher Transparenz Hennrichs, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 2. 1162 Weinelt, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, 164 ff.; Hennrichs, StuW 2002, 201, 205 f.; Pezzer, in: Seeger, DStJG 25, 37, 44; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 195 f., definiert die steuerliche Relativi­ tät der Personengesellschaft als Abweichung vom Zivilrecht. 1163 Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 5, zum Unterschied vgl. S. 320 m.w.N.; a.A. Raiser, AcP 1994 (194), 495, 503 f. 1164 Hensel, Steuerrecht, 231; Rauch, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 1 EStG, Rz. 1. 1165 Dazu z.B. BFH, Beschluss vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608, Rz. 81; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 5, versteht Person und Einkommen als kom­

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Rückhalt im Wortlaut des Gesetzes. Weder das EStG (in § 1 Abs. 1 S. 1) noch das KStG (in § 1 Abs. 1), das dann auch für Personengesellschaften Geltung beanspruchen würde, beziehen sich auf die Rechtsfähigkeit, sondern stellen allein auf die Eigenschaft als natürliche oder juristische Person ab.1166 Diese Definition der Grundentscheidung wird auch nicht aufgrund des Umstands in Frage gestellt, dass § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG den Begriff des Mitunternehmers verwendet, der ein rein steuerlicher Begriff ohne zivilrechtliches Pendant ist1167, der jedoch regelmäßig mit dem des Gesell­ schafters übereinstimmt.1168 Wäre der Begriff als Teil der Definition des Steuersubjekts einzuordnen, würde diese von der zivilrechtlichen Vor­ strukturierung abweichen. Hier ist jedoch zu beachten, dass der Mitunter­ nehmerbegriff nicht zusätzlich zu § 1 Abs. 1 S. 1 EStG der Defini­tion des Steuersubjekts dient, sondern bestimmt, welchem Steuersubjekt die Ein­ künfte zum Zwecke der Besteuerung anteilig zugerechnet werden.1169 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Grundentscheidung für Zwecke der Definition des Einkommensteuersubjekts und der Zuord­ nung der Einkünfte in der Anknüpfung an die zivilrechtliche Eigenschaft als natürliche Person besteht. Diese wird im Rahmen der Einkünfteer­ mittlung mit der Anknüpfung an die zivilrechtlich verselbstständigte Personengesellschaft kombiniert.1170 plementäre Begriffe. Die Gewerbesteuer hingegen muss als Objektsteuer nicht an die Eigenschaft als Person anknüpfen. 1166 Mit Ausnahme von § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG, dazu aber C.IV.2.a)bb)(4)(b). Zur Grund­entscheidung vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.1969, 1 BvR 457/66, BVer­ fGE 26, 327, 334: keine Anknüpfung an handelsrechtliche Verselbstständigung. Nach Schön, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnis­ symposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 139, 145, bietet die Rechtsfähigkeit kei­ nen Anhaltspunkt für eine Differenzierung, da dieses Kriterium Entwicklungen unterliege. Auch nach Drüen, GmbHR 2008, 393, 399, und Hüttemann, in: See­ ger, DStJG 25, 123, 139 f., muss die Rechtsprechung des BGH zur Rechtsfähig­ keit der Personengesellschaft nicht zur Preisgabe der transparenten Besteuerung führen. Pezzer, in: Seeger, DStJG 25, 37, 45, ordnet die Rechtsprechung zumin­ dest als Rechtfertigung für eine Besteuerung der Personengesellschaften nach dem KStG ein. 1167 Beisse, StuW 1981, 1, 3; Grimm, DStZ 1978, 283, 286. 1168 Vgl. C.IV.1.b). 1169 Jakob, Einkommensteuer, Rz. 1043. Ferner dient er der Einkünftequalifikation Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 390; Hennrichs, in: Tipke/ Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 30. 1170 Ähnlich wohl Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 33 f., der als Grundentscheidung die Orientierung sowohl am Unternehmer als auch am Un­ ternehmen als Mischung zwischen zwei anderen möglichen Grundentscheidun­ gen, nämlich der Anknüpfung an das Unternehmen oder die Unternehmer alleine, definiert und damit auch von einer gemischten oder kombinierten Grundent­ scheidung ausgeht.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

(2) Hinreichende Allgemeinheit Die Grundentscheidung ist hinreichend allgemein. Sowohl die Definiti­ on des Steuersubjekts als auch die Bestimmung und Zuordnung von Steuerobjekt und Bemessungsgrundlage richten sich an eine Vielzahl von Unternehmen, nämlich alle gewerblich tätigen Personengesellschaften, im Hinblick auf ihre Steuerpflicht allgemein – und nicht nur auf einen bestimmten Steueranspruch. Daher handelt es sich nicht um eine Ein­ zelfallregelung. (3) Keine ausdrückliche Beihilfegewährung Die Grundentscheidung der Anknüpfung der Steuerpflicht und der Be­ messungsgrundlage an zivilrechtliche Strukturen beinhaltet als solche nicht die ausdrückliche Gewährung einer Beihilfe. Weder kann festge­ stellt werden, dass die Orientierung der Besteuerung an zivilrechtlichen Gestaltungen den betroffenen Unternehmen per se einen Vorteil gewäh­ ren würde, noch ist eine ausdrückliche Förderungsabsicht des Gesetzge­ bers zu erkennen. (4) Folgerichtige Umsetzung Im Folgenden soll untersucht werden, ob die erläuterte Grundentschei­ dung folgerichtig umgesetzt wird. Auch hier besteht aufgrund der forma­ listischen Anknüpfung an die natürliche Person sowie die Rechtsform der Personengesellschaft und die Vielfalt dahinter stehender wirtschaftli­ cher Sachverhalte ein Spannungsfeld, das sich auf den Prüfungsumfang auswirkt.1171 Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass die Zwischenposition der Personengesellschaft zwischen Einzelunternehmer und Kapitalge­ sellschaft1172 dem Gesetzgeber einen nicht unwesentlichen Gestaltungs­ spielraum eröffnet.1173 Die Prüfung beschränkt sich ferner auf grundle­ gende Strukturelemente der Besteuerung, die das System im Wesentlichen ausmachen. Dabei wird zunächst auf die Folgerichtigkeit der Definition der Steuersubjekte und sodann auf die folgerichtige Zurechnung des Steuerobjekts und Definition der Bemessungsgrundlage eingegangen.

1171 So auch Hallerbach, Die Personengesellschaft im Einkommensteuerrecht, 1. Sie­ he dazu oben C.IV.2.a)bb)(4)(a). 1172 Vgl. Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unter­ nehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 92; Seer, StuW 1993, 114, 116; Jachmann, in: Pelka, DStJG 23, 9, 41: „Rechtsnatur als gesamthände­ risch konstituierte, jedoch wirtschaftlich und weitgehend auch rechtlich selb­ ständige Wirkungseinheit“. 1173 Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Frei­ heit, 104; Jacobs/Scheffler/Spengel, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 308.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

(a) Folgerichtigkeit der Definition der Steuersubjekte Im Rahmen der Prüfung der Folgerichtigkeit der Definition der Steuer­ subjekte wird zunächst die steuerliche Behandlung des Grundfalls der OHG und GbR auf ihre folgerichtige Umsetzung hin untersucht. Sodann folgt eine Analyse der Folgerichtigkeit der Anwendung des Transparenz­ prinzips auf die Rechtsform der KG sowie auf die Publikums-KG und die GmbH & Co KG. (i) Grundfall der OHG und GbR Die Grundentscheidung der zivilistischen Anknüpfung erscheint bei der Definition der Steuersubjekte im Grundsatz folgerichtig umgesetzt. Steuerpflichtige sind allein natürliche Personen, während die Personen­ gesellschaft mangels Verkörperung als juristische Person keine Steuer­ subjektivität besitzt.1174 Daran ändert auch ihre zivilrechtliche Rechtsfä­ higkeit1175 nichts. Der Status als juristische Person setzt zwar die Rechtsfähigkeit voraus1176, gleichzeitig ist aber nicht jeder rechtsfähige Zusammenschluss von Personen eine juristische Person1177, so dass einer rechtsfähigen Gesamthand mangels positiver Definition des Gesetzge­ bers dennoch keine Rechtspersönlichkeit zukommt.1178 Neben dem Grundsatz der Individualbesteuerung existieren zahlreiche Begründungsansätze für die Anwendung des transparenten Besteuerungs­ regimes bei Personengesellschaften, die vor allem auf zivilrechtliche ­Unterschiede im Vergleich zur Kapitalgesellschaft abstellen. So werden die sofortige Verfügungsbefugnis der Gesellschafter einer Personenge­ sellschaft auf den Gewinn, der Zeitpunkt der Entstehung des Gewinn­ anspruchs, die fehlenden Regeln zur Kapitalerhaltung, die Selbst­ organschaft, die Abhängigkeit des Bestands der Gesellschaft von den Gesellschaftern, die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Beteiligung, die Unternehmensträgerschaft und der Zugang zum Kapitalmarkt genannt.1179 1174 Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 103. Zum Gegen­ satz zwischen „Personenverband und Verbandsperson“ oder „Gruppe und Orga­ nisation“ Raiser, AcP 1994 (194), 495, 502, 504, der jedoch argumentiert, dass zwischen Personengesellschaft und Körperschaft zivilrechtlich so geringe Unter­ schiede bestehen, dass die Personengesellschaft als juristische Person einzuord­ nen sei. 1175 Vgl. Fn. 1156. 1176 Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. §§ 21 ff., Rz. 2. 1177 Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. §§ 21 ff., Rz. 7. Auch § 11 Abs. 1 und 2 InsO kennen die Differenzierung zwischen Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit. 1178 Schäfer, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. § 705, Rz. 12 f. m.w.N. zur h.M. 1179 Jachmann, in: Pelka, DStJG 23, 9, 24 ff.; Vogt, Neutralität und Leistungsfähigkeit, 215 ff.; Weber, JZ 1980, 545, 549; Raiser, AcP 1994 (194), 495, 506 ff.; Reiß, in:

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

Das BVerfG geht von einer fehlenden Abschirmung der Vermögenssphä­ ren von Personengesellschaft und Gesellschaftern aus und zieht diesen zivilrechtlichen Aspekt zur Begründung der Transparenz heran.1180 Prob­ lematisch am Begründungsansatz des BVerfG ist jedoch, dass dieser wohl auf ein überholtes Verständnis der Personengesellschaft und der Vor­ schrift des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zurückzuführen ist1181, da die Personen­ gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsfähigkeit und § 718 BGB ein von ihren Gesellschaftern getrenntes Gesellschaftsvermögen hat.1182 Die anderen, in der Literatur benannten Kriterien sind in der Praxis, insbesondere in der gesellschaftsvertraglichen Ausgestaltung, kaum geeignet, die Perso­ nengesellschaft von der Kapitalgesellschaft zu unterscheiden1183 und ste­ hen überwiegend weder mit der transparenten noch mit einer getrennten Sichtweise auf die Personengesellschaft in Zusammenhang.1184 Die auf­ geführten Kriterien sind daher – abgesehen von demjenigen der Eigen­ schaft als Person – zur Begründung des Transparenzprinzips kaum geeig­ net und können infolgedessen auch nicht zur Prüfung seiner folgerichtigen Umsetzung herangezogen werden.1185 Wassermeyer, DStJG 17, 3, 18; ähnlich Schredelseker, Finanzarchiv 1972/1973, 27, 36 f., der davon ausgeht, dass diese Unterschiede auch bestehen, wenn man die „Nahtstelle zwischen den Grundtypen“, die personalistische Klein-GmbH, zur Betrachtung heranzieht. 1180 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 199; so auch Birk, StuW 2000, 328, 333 f. 1181 So Hennrichs/Lehmann, StuW 2007, 16, 18 f.; kritisch auch Dötsch, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 7, 8 f. 1182 Schäfer, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 718, Rz. 1; Raiser, AcP 1994 (194), 495, 500 f.; Schön, StuW 1996, 275, 283, geht davon aus, dass § 15 EStG die Vermögenszuständigkeit der Gesellschaft voraussetzt. 1183 Seer, in: Festschrift für Joachim Lang, 655, 660; Kirchhof, in: Festschrift für Peter Bareis, 133, 138 f.; Kirchhof, in: Seeger, DStJG 25, 1, 4; Pezzer, in: Seeger, DStJG 25, 37, 44 f.; Graß, Unternehmensformneutrale Besteuerung, 17 f.; Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 47; Sieker, in: Seeger, DStJG 25, 145, 169; Schulze-Osterloh, AcP 1990 (190), 139, 160; ausführlich auch Hennrichs, StuW 2002, 201, 207 ff. 1184 Für das Kriterium der Selbstorganschaft Schön, in: Dötsch, Die Personengesell­ schaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 139, 145. 1185 Setzt man das Nebeneinander von Einkommen- und Körperschaftsteuer voraus (dies wird hier aber gerade in Frage gestellt, dazu auch Hallerbach, Die Personen­ gesellschaft im Einkommensteuerrecht, 123), beruht die unmittelbare Zurech­ nung des Gesellschaftsgewinns an den Mitunternehmer auf dem Prinzip der Wettbewerbsneutralität. Danach ist die Zurechnung der Einkünfte an die Gesell­ schafter nicht darin begründet, dass diese und nicht die Gesellschaft selbst am Markt Einkommen erwirtschaften oder dass der Gewinn im Gegensatz zur Kapi­ talgesellschaft sofort verfügbar wäre, sondern im Prinzip der Neutralität des Wettbewerbs. Die Zurechnung schafft insofern eine neutrale Besteuerung, als damit bei Personengesellschaften auf thesauerierte Gewinne sofort Steuern an­ fallen, was der Situation sowohl beim Einzelunternehmer als auch bei der Kör­

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Anders verhält es sich mit dem Kriterium der unbeschränkten Haftung. Der Umstand, dass die Gesellschafter einer Personengesellschaft gem. § 128 HGB (analog) unbeschränkt persönlich für die Gesellschaftsver­ bindlichkeiten einstehen, führt zwar zivilrechtlich nicht dazu, dass es sich um eine einheitliche Verbindlichkeit handelt, vielmehr ist die per­ sönlichen Haftung der Gesellschafter eine von den Gesellschaftsschul­ den verschiedene Verbindlichkeit mit verschiedenen Schuldnern.1186 Dennoch führt die Haftung aufgrund ihrer Inhaltsgleichheit mit der Ver­ bindlichkeit der Gesellschaft, die aus der Akzessorietät folgt1187, in wirt­ schaftlicher Hinsicht zu einem einheitlichen Einstehenmüssen für die Gesellschaftsschulden. Dies rechtfertigt die steuerliche Anerkennung der Gesellschaftsverluste auf Ebene der Gesellschafter und damit die transparente Betrachtung.1188 (ii) Besteuerung der KG Daran anknüpfend könnte sich eine Inkonsequenz aus der Anwendung des Transparenzprinzips auf die KG ergeben. Die KG ist eine Personenge­ sellschaft mit sowohl unbeschränkt als auch beschränkt haftenden Ge­ sellschaftern. Da die Haftungssituation der KG mit der Möglichkeit der Haftungsbeschränkung zum einen die KG rechtlich sowie wirtschaftlich der Kapitalgesellschaft annähert und zum anderen – anders als die Unbe­

perschaft entspricht. Unterbliebe die Zurechnung, würde dies im Gegensatz dazu bei Personengesellschaften zu einer aufgeschobenen Besteuerung und damit zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Vgl. dazu BFH, Beschluss vom 24.02.1999, X R 171/96, BStBl. II 1999, 450, 461 f., unter Verweis auf Schön, StuW 1988, 253, und Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 362; vgl. auch Schön, StuW 1996, 275; Schön, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 139, 147; Dötsch, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 7, 11; Hüttemann, in: Seeger, DStJG 25, 123, 139, und Hüttemann, in: Pelka, DStJG 23, 127, 142. 1186 Schmidt, in: Münchener Kommentar zum HGB, § 128, Rz. 1 m.w.N. 1187 So die h.M., vgl. Schmidt, in: Münchener Kommentar zum HGB, § 128, Rz. 24. 1188 Drüen, GmbHR 2008, 393, 398; Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 193; Hüttemann, in: Seeger, DStJG 25, 123, 140; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleich­ heit und wirtschaftlicher Freiheit, 94 f.; Lauterbach, Ein neues Unternehmens­ steuerrecht für Deutschland?, 68; Vogt, Neutralität und Leistungsfähigkeit, 215 ff.; Lishaut, StuW 2000, 182, 187; ähnlich Schön, StuW 2005, 247, 253 f.; Jung, Der Unternehmergesellschafter als personaler Kern der rechtsfähigen Ge­ sellschaft, 176: Korrespondenz von Haftung und Herrschaft rechtfertigt Gleich­ stellung mit Einzelunternehmer; kritisch Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 512 f.; Jacobs, ZGR 1980, 289, 293 f.; kritisch zur Haftung als Unterscheidungs­ merkmal zwischen Gesamthand und juristischer Person Raiser, AcP 1994 (194), 495, 505 f.; kritisch zur Eignung der persönlichen Haftung als Differenzierungs­ kriterium für die transparente Besteuerung de lege ferenda Schön, in: DStJG 37, 217, 237.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

schränktheit der Haftung bei GbR und OHG1189 – nicht als Begründung der transparenten Besteuerung herangezogen werden kann, stellt sich die Frage nach der Folgerichtigkeit der Anwendung des Transparenzprinzips auf die KG. Im Hinblick auf den Komplementär, der aufgrund seiner un­ beschränkten Haftung nach § 161 Abs. 1, § 128 HGB dem Gesellschafter einer OHG oder GbR gleichsteht, erscheint sie folgerichtig. Der Kom­ manditist hingegen ist zwar nach § 167 Abs. 3, § 168 HGB am laufenden Gewinn und Verlust beteiligt, haftet aber gem. § 161 Abs. 1 HGB be­ schränkt auf seine Vermögenseinlage. Dies stellt einen handelsrechtli­ chen Unterschied zum Komplementär und den Gesellschaftern einer OHG oder GbR dar. Aus wirtschaftlicher Betrachtung hat die KG einen „kapitalistischen Einschlag“1190, weil sie aktive Mitglieder mit reinen Geldgebern zusammenbringt.1191 Diese Besonderheiten finden im Rah­ men der Steuersubjektivität keine Beachtung, da dennoch der Komman­ ditist steuerpflichtig ist und ihm das Gesellschaftsergebnis unmittelbar anteilig zugerechnet wird.1192 Für die Frage der Folgerichtigkeit erscheint es jedoch ausreichend, dass sich die beschränkte Haftung in § 15 a EStG niederschlägt. Die Norm beschränkt die vollständige steuerliche Verlustverrechnung und damit das Transparenzprinzip, indem sie den Ausgleich des dem Kommanditis­ ten zuzurechnenden Anteils am Verlust der KG mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb oder Einkünften aus anderen Einkunftsarten unter­ sagt, soweit ein negatives Kapitalkonto des Kommanditisten entsteht oder sich erhöht. So können die Verluste erst künftig und ausschließlich mit Gewinnen aus der Beteiligung verrechnet werden.1193 Dies bildet die zivilrechtliche Situation insofern nach, als dem Kapitalkonto des Kom­ manditisten trotz der beschränkten Haftung über die Höhe seiner Einla­ ge hinaus Verlustanteile belastet werden, die sich jedoch später auswir­ ken. Denn bevor ein Anspruch auf Gewinnauszahlung entsteht, muss das Kapitalkonto zunächst mit Gewinnanteilen aufgefüllt werden. So­ wohl aus gesellschaftsrechtlicher wie auch aus wirtschaftlicher Sicht trägt der Kommanditist damit über seine Einlage hinausgehende Ver­ lustanteile nur insoweit, als er in der Folgezeit Gewinnanteile erhält.1194 Zusammenfassend anerkennt die steuerliche Behandlung der KG damit ihre zivilrechtliche Struktur als Personengesellschaft auf Ebene des Steu­

1189 Drüen, GmbHR 2008, 393, 398; Hüttemann, in: Seeger, DStJG 25, 123, 140. 1190 Bühler, StuW 1943, 81, 118. 1191 Bühler, StuW 1943, 81, 118. 1192 Bühler, StuW 1943, 81, 117; Weber, Grundgesetz, Gesellschaftsrecht und die Be­ steuerung der selbständigen Unternehmen, 100 ff. 1193 Heuermann, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15a EStG, Rz. 1; Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 72 f. 1194 Zum Ganzen Heuermann, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15a EStG, Rz. 1.

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ersubjekts.1195 Dies entspricht auch der gesellschaftsrechtlichen Konzep­ tion, die die KG gem. § 161 Abs. 2 HGB der OHG grundsätzlich gleich­ stellt und lediglich wenige Sonderregelungen vor allem im Hinblick auf die beschränkte Haftung trifft.1196 Hingegen wird auf Ebene des Steuerob­ jekts die steuerliche Behandlung der Verluste dem zivilrechtlichen Ver­ lustrisiko des Kommanditisten angepasst.1197 Insgesamt spiegelt die Be­ handlung der KG daher ihre zivilrechtliche Struktur wider, so dass von einer folgerichtigen Umsetzung auszugehen ist. (iii) Besteuerung der Publikums-KG Aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise heraus könnte trotz der Folgerichtigkeit der Anwendung des Transparenzprinzips auf die KG im Hinblick auf die Publikums-KG etwas anderes gelten. Bei Anlegung wirt­ schaftlicher Kriterien ist sie aufgrund der Vielzahl der Kommanditisten, deren beschränkter Haftung und ihres primären Gegenstandes, der „Sammlung von Kapital auf dem Kapitalmarkt durch öffentlichen Ver­ trieb von Kommanditanteilen“1198, den Kapitalgesellschaften ähnlicher als dem gesetzlichen Leitbild der personenbezogenen KG.1199 Auch zivil­ rechtlich existiert für die Publikumspersonengesellschaften in der Recht­ sprechung des BGH ein Sonderrecht, das oft dem Kapitalgesellschafts­ recht gleicht.1200 Diese Aspekte lassen Zweifel an der Folgerichtigkeit der Anwendung des Transparenzprinzips auf diese Ausgestaltung der Rechts­ form der KG aufkommen.1201

1195 Schön, StuW 1996, 275, 287. 1196 Bühler, StuW 1943, 81, 117. 1197 BFH, Beschluss vom 10.11.1980, GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164, 169; Schön, StuW 2005, 247, 253; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirt­ schaftlicher Freiheit, 94 f.; Seer, StuW 1993, 114, 119; Heuermann, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15a EStG, Rz. 1; kritisch Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 76. 1198 Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht, eine unerwünschte Rechtsquelle des Gesell­ schaftsrechts?, 9; vgl. auch Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, Anhang nach § 177a, Rz. 52. 1199 Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, Anhang nach § 177a, Rz. 52; Walz, ZHR 1983 (147), 281, 298. 1200 Näher dazu Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, Anhang nach § 177a, Rz. 53; Knobbe-Keuk, Das Steuerrecht, eine unerwünschte Rechtsquelle des Gesellschafts­ rechts?, 10; Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 39; Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 78; BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 760. 1201 Drüen, GmbHR 2008, 393, 403; Kirchhof, Empfiehlt es sich, das Einkommen­ steuerrecht zur Beseitigung von Ungleichbehandlungen neu zu ordnen?, Gutach­ ten für den 57. Deutschen Juristentag, F 75; Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 100; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Frei­ heit, 64 f.; dazu Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung

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Jedoch ist gleichzeitig zu beachten, dass trotz der wirtschaftlichen Ver­ gleichbarkeit mit Kapitalgesellschaften und des Sonderrechts des BGH die Publikums-KG nach Auffassung der Rechtsprechung zivilrechtlich die Struktur einer Personengesellschaft behält.1202 Aus diesem Grund entspricht ihre Besteuerung nach dem Transparenzprinzip ihrer zivil­ rechtlichen Grundstruktur. Überdies wäre eine Abgrenzung zwischen KGen, die dem gesetzlichen personalistischen Leitbild entsprechen, und KGen, die eine kapitalistische Struktur aufweisen, nicht klar zu ziehen und daher unzureichend praktikabel, so dass auch die Rechtsprechung im Steuerrecht den Prinzipien der Rechtssicherheit und gesetzlichen Klarheit den Vorrang gegeben hat.1203 Insgesamt erscheint deshalb die transparente Besteuerung der Publikums-KG zwar keineswegs zwingend, genauso wenig weicht deren Struktur aber derart von derjenigen der Per­ sonengesellschaft ab, dass die Anwendung des Transparenzprinzips, ins­ besondere in Anbetracht des gesetzgeberischen Spielraums, als nicht fol­ gerichtig einzuordnen wäre. Die formale Betrachtung des Gesetzgebers und der Rechtsprechung1204 kann daher noch als konsequent bezeichnet werden. (iv) Besteuerung der GmbH & Co KG Ähnlich verhält es sich mit der Mischform der GmbH & Co KG, bei der einziger Komplementär typischerweise eine GmbH ist.1205 Sie ist in wirt­ schaftlicher Hinsicht, vor allem im Hinblick auf die faktisch vollständig beschränkte Haftung1206, mit der Rechtsform der Kapitalgesellschaft ver­ gleichbar.1207 In gesellschafts- wie bilanzrechtlicher Hinsicht wird die

der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 78 m.w.N. in Fn 289. 1202 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 760; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, Anhang nach § 177a, Rz. 52; Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 39. 1203 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 760; dazu Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unternehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 78. 1204 Dazu auch Walz, ZHR 1983 (147), 281, 284; Döllerer, in: JbFStR 1986/1987, 37, 39. 1205 Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 71. Allgemein zu dieser zusam­ mengesetzten Unternehmensform Mueller-Thuns, in: Hesselmann/Tillmann/ Mueller-Thuns, Handbuch GmbH & Co. KG, § 1; Rose, in: Festschrift für Wil­ helm H. Wacker, 49, 51; Liebscher, in: Sudhoff, GmbH & Co. KG, 1 ff.; Hennrichs/Lehmann, StuW 2007, 16, 21; für das österreichische Recht Beiser, ÖStZ 2011, 13. 1206 Seer, StuW 1993, 114, 133 f.; Schulze-Osterloh, AcP 1990 (190), 139, 143; Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 71. 1207 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 6; Hennrichs/Lehmann, StuW 2007, 16, 21; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 7.

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Mischform zwar der Kapitalgesellschaft angenähert1208, es bleibt jedoch letztlich bei der Struktur der Personengesellschaft1209, so dass sich Ge­ setzgeber und Rechtsprechung wiederum für die Beibehaltung einer for­ malen Betrachtung entschieden haben.1210 Parallel zur Argumentation für Publikums-KGen ist auch bei der GmbH & Co KG davon auszuge­ hen, dass die Anwendung des Transparenzprinzips zwar nicht zwingend ist, gleichzeitig aber die zivilrechtliche Struktur als Personengesellschaft ihre Anwendung noch nicht als inkonsequent erscheinen lässt. (b) Folgerichtigkeit der Zurechnung des Steuerobjekts und Definition der Bemessungsgrundlage Im Rahmen dieses Abschnitts wird zunächst auf die Ermittlung der Ein­ künfte auf Ebene der Personengesellschaft eingegangen, woran sich eine Untersuchung der Behandlung von Sondervergütungen und der Thesau­ rierungsbegünstigung nach § 34 a EStG anschließt. Bereits der Umstand, dass die Besteuerung von Personengesellschaften auf Ebene des Steuerobjekts aus transparenten wie auch einheitlichen Elementen1211 besteht, könnte eine Durchbrechung des Transparenzprin­ zips darstellen. Indem die Einkünfteermittlung auf Ebene der Gesell­ schaft stattfindet, wird eine getrennte Betrachtung eingeführt. Sie spie­ gelt jedoch die zivilrechtliche Vorstrukturierung wider1212 und ist daher nicht als Ausnahme von der transparenten Besteuerung, sondern als Fall einer immanenten Schranke1213 des Transparenzprinzips zu definieren.1214 Unabhängig von den zahlreichen unterschiedlichen Ansichten zur Natur der Gesamthand und dem Charakter von Personengesellschaften, die von der Einheit bis zur Vielheit der Gesellschaft ein breites Spektrum bieten1215, kann Folgendes festgehalten werden: Das Gesellschaftsvermö­ gen ist Gesamthandsvermögen. Der einzelne Gesellschafter hat daher 1208 Hennrichs/Lehmann, StuW 2007, 16, 21. 1209 Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 71; BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, 757 f. Die Sondervorschriften in § 125 a Abs. 1 S. 2, § 130 a, § 177 a, § 264 a HGB führen nicht zu einer Struktur­ änderung. Nach Ansicht des BFH kann aus der Einführung dieser Ausnahmevor­ schriften vielmehr geschlossen werden, dass es im Grundsatz bei der Struktur der Personengesellschaft bleiben soll. 1210 Walz, ZHR 1983 (147), 281, 284; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 7. 1211 Dazu zählt insbesondere die partielle Steuerrechtssubjektivität der Personenge­ sellschaft, vgl. oben C.IV.2.a)cc)(1). 1212 Vgl. Fn. 1155. 1213 Dazu oben B.V.3.a)dd). 1214 Wohl auch Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personengesellschaften, 104, 113. 1215 Vgl. nur für das Steuerrecht Pinkernell, Einkünftezurechnung bei Personenge­ sellschaften, 20 ff., 45 ff.; für das Zivilrecht Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. §§ 21 ff., Rz. 10.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

keinen Anteil am Vermögen als solchem, sondern einen Anspruch auf Gewinnbeteiligung und das Auseinandersetzungsguthaben.1216 Überdies ist die Gesellschaft rechtsfähig und damit selbst am Markt tätig. Dieser gesellschaftsrechtlichen Eigenheit kann ein Besteuerungsregime ent­ sprechen1217, das die Ermittlung des Ergebnisses der wirtschaftlichen Be­ tätigung – aufgrund der eigenständigen Vermögenssphäre, Rechtsfähig­ keit und selbstständigen Betätigung der Gesellschaft am Markt – auf Ebene der Gesellschaft vornimmt. Der Umstand, dass sodann eine Zu­ rechnung zu den Gesellschaftern stattfindet, folgt aus deren Steuersub­ jektivität sowie aus dem Anspruch auf Gewinnbeteiligung. Im Grund­ satz sind damit die Zurechnung des Steuerobjekts an die Gesellschafter sowie die Einkünfteermittlung auf Ebene der Gesellschaft als Folge der zivilrechtlichen Struktur der Rechtsform der Personengesellschaft ein­ zuordnen und entsprechen folgerichtig der Grundentscheidung der zivi­ listischen Anknüpfung.1218 Zu den Einkünften eines Gesellschafters aus der Beteiligung an einer Per­ sonengesellschaft zählen auf zweiter Stufe über den Gewinnanteil hin­ aus gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG Sondervergütungen, die der Ge­ sellschafter aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarungen, aber societas causa erhält.1219 Sie werden dem Gewinnanteil des Gesellschafters hin­ zugerechnet. Dies entspricht auf den ersten Blick nicht dem Grundsatz der Einkünfteermittlung auf Ebene der Gesellschaft selbst, weil unmit­ telbar auf den Gesellschafter abgestellt wird.1220 Ein solches Verständnis wäre jedoch eine verfehlte Lesart der Behandlung von Sondervergütun­ gen. Der Bereich der Sondervergütungen setzt – genauso wie die partielle Steuersubjektivität der Personengesellschaft – die vermögensmäßige Trennung zwischen Gesellschafter und Gesellschaft voraus, weil er Ver­

1216 Zum Ganzen Schön, StuW 1996, 275, 282. 1217 Damit ist nicht gemeint, dass dies ein zwingendes zivilrechtliches Differenzie­ rungskriterium darstellt. 1218 Auf § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG sowie die Regeln zur Betriebsaufspaltung soll nicht eingegangen werden. Diese Normen stellen eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass auch für Zwecke der Bestimmung der Einkunftsart auf die Ebene der Gesellschaft abzustellen ist, vgl. Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 67 f.; Dötsch, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Ge­ dächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, 7, 19 f. In der vorliegenden Prü­ fung soll es auf Differenzierungen nach der Einkunftsart nicht ankommen, da lediglich gewerbliche Einkünfte betrachtet werden. 1219 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 106. 1220 Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unterneh­ men?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 74 f., F 106. Das BVerfG erkennt eine Abweichung vom Handelsrecht, da nach § 124 HGB i.V.m. § 719 BGB nur das gesamthänderisch gebundene Sondervermögen als Vermö­ gen der Gesellschaft zu bilanzieren sei, vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.07.1969, 1 BvR 457/66, BVerfGE 26, 327, 334.

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träge zwischen beiden Vermögensträgern anerkennt.1221 Er sieht lediglich für einen Teil dieser Verträge – diejenigen, die im Gesellschaftsverhältnis begründet sind – die Qualifikation der Einkünfte als gewerbliche vor.1222 Dieser Regelungsmechanismus folgt damit aus der Grundentscheidung, die Personengesellschaft als partielles Steuersubjekt anzuerkennen. Überdies findet die aus der Hinzurechnung der Sondervergütungen fol­ gende additive Gewinnermittlung anhand der sog. „korrespondierenden Bilanzierung“ auf Gesellschafts- und Gesellschafterebene statt. Diese anerkennt die Verselbstständigung der Personengesellschaft und stellt gleichzeitig das Erfordernis steuerschuldbezogener Gewinnermittlung in Rechnung1223, so dass sie die gesamte Grundentscheidung im Hinblick auf Steuersubjekt wie -objekt widerspiegelt. Ferner könnte § 34 a EStG die folgerichtige Umsetzung der Grundent­ scheidung durchbrechen. Die Norm gewährt bilanzierenden Gesellschaf­ tern ein Wahlrecht, auf den nicht entnommenen Gewinn ihres Mitunter­ nehmeranteils einen Sondertarif i.H.v. 28,25 v. H. anzuwenden. Im Falle einer Entnahme in den Folgejahren wird der ermäßigt besteuerte Gewinn mit Einkommensteuer i.H.v. 25 v. H. nachbelastet.1224 Die Norm ist in ihrer dogmatischen Einordnung nur schwer zu fassen. Einerseits wird in Ausnahme vom Grundsatz der sofortigen Besteuerung des Gewinns beim Gesellschafter1225 – einer Ausprägung des Transparenzprinzips – eine auf ausgeschüttete Gewinne beschränkte Besteuerung eingeführt. Damit wird der Schwerpunkt der steuerlichen Betrachtung parallel zu derjenigen bei Körperschaften1226 auf die Verselbstständigung der Gesell­ schaft gelegt, indem der Gewinn, der bei ihr verbleibt, entgegen der 1221 BFH, Beschluss vom 03.05.1993, GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616, 622. Es ist unzu­ treffend, dass die Personengesellschaft keine zivilrechtlichen Verträge mit ihren Gesellschaftern schließen kann; dies gilt nur für den Einzelunternehmer, so Schön, StuW 2000, 151, 157 f. 1222 Schön, StuW 1996, 275, 283; so auch Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 103. Darüberhinaus wird das Sonderbetriebsvermögen steuerlich ver­ strickt; Englisch, DStZ 1997, 778, 779. Die Norm sollte Manipulationen im Rah­ men der Gewerbesteuer vorbeugen, so Schön, StuW 1996, 275, 284; Schön, DStR 1993, 185, 192; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirt­ schaftlicher Freiheit, 90 f.; Crezelius, FR 2013, 1065, 1067. Teilweise wird die Regelung auch als wirtschaftliche Betrachtung eingeordnet, da die vergütete Leistung ein Beitrag zur Erreichung oder Verwirklichung des Gesellschafts­ zwecks sein muss, so Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 140. 1223 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 108 m.w.N. 1224 Ratschow, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 34a EStG, Rz. 4. 1225 Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Frei­ heit, 72 f., 77. 1226 Dort begründet die zivilrechtliche Verselbstständigung, dass thesaurierte Gewin­ ne nicht unmittelbar den Anteilseignern zugerechnet werden und rechtfertigt somit die Existenz der Körperschaftsteuer, vgl. Flume, DB 1971, 692; Raupach, in: Seeger, DStJG 25, 9, 34 f.; Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleich­ heit und wirtschaftlicher Freiheit, 72.

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transparenten Betrachtung zunächst nur ihr zugerechnet wird. Anderer­ seits stellt der Umstand, dass in § 34 a EStG auf den Gewinnanteil des Gesellschafters und nicht auf den Gesellschaftsgewinn abgestellt wird1227, eine Ausnahme von der partiellen Steuersubjektivität der Gesellschaft und von dem zivilrechtlichen Umstand, dass die Thesaurierung auf Ebe­ ne der Gesellschaft stattfindet, dar. Hier wird also die Verselbstständi­ gung der Gesellschaft übergangen. Zusammenfassend handelt es sich somit um eine Ausnahmeregelung im doppelten Sinn: Zum einen wird das Transparenzprinzip im Wege der getrennten Betrachtung einbehalte­ ner und ausgeschütteter Gewinne durchbrochen, zum anderen wird die­ se getrennte Betrachtung nicht konsequent durchgeführt, da für den Be­ günstigungstatbestand auf die einzelnen Gewinnanteile abgestellt wird. Fraglich ist, wie diese Brüche zu bewerten sind. Die Durchbrechung des Transparenzprinzips kann aufgrund der mangelhaften Umsetzung wohl nicht als neue oder zusätzliche Grundentscheidung zugunsten einer ta­ riflichen Gleichstellung im Unternehmen verbleibender Gewinne einge­ ordnet werden1228, obwohl die Gleichstellung mit den Kapitalgesellschaf­ ten ausweislich der Gesetzesbegründung erklärtes Ziel der Norm war.1229 Die mangelhafte Umsetzung führt ferner dazu, dass das Ziel der Rechts­ formneutralität kaum erreicht wird, so dass eine Einschränkung des Transparenzprinzips im Rahmen eines Prinzipiengegensatzes1230 mit dem Prinzip der Wettbewerbsneutralität nicht in Betracht kommt. Dass diese systemfremde getrennte Betrachtung durch das Abstellen auf die Gewinnanteile der Gesellschafter in einem zweiten Schritt zugunsten einer transparenten Betrachtung durchbrochen wird und der Gesetzgeber so zu diesem zurückkehrt, kann an der fehlenden Folgerichtigkeit nichts ändern.1231 (5) Ergebnis In einer Gesamtschau ist nunmehr zu bewerten, ob der Steuergesetzge­ ber ein Subsystem für Personengesellschaften geschaffen hat. Als Grund­ entscheidung konnte die Anknüpfung an die zivilrechtliche Eigenschaft als natürliche Person für Zwecke der Definition des Einkommensteuer­ subjekts und der Zurechnung der Einkünfte, kombiniert mit der An­ knüpfung an die Personengesellschaft im Rahmen der Einkünfteermitt­ 1227 Lüdicke, in: Lüdicke/Sistermann, Unternehmensteuerrecht, § 1, 61; Hey, DStR 2007, 925, 927; Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 220 f. 1228 So Hey, DStR 2007, 925, 931. 1229 BT-Drucks., 16/5377, 7, unter Verweis auf BT-Drucks., 16/4841, 62. Dazu Brähler/Guttzeit/Scholz, StuW 2012, 119. 1230 Vgl. oben B.V.3.a)dd). 1231 Zu gleichheitsrechtlichen Fragen vgl. Drüen, GmbHR 2008, 393, 400; Hey, DStR 2007, 925, 931.

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lung, definiert werden. Diese ist hinreichend allgemein und enthält keine ausdrückliche Beihilfegewährung. Auch ihre folgerichtige Umset­ zung kann bejaht werden. Die Beantwortung der Frage nach der Folge­ richtigkeit des Subsystems enthält eine abwägende Entscheidung darü­ ber, ob die bestehenden Ausnahmevorschriften die der Grundentscheidung entsprechenden Normen so überwiegen, dass diese nicht mehr als allge­ meingültig angesehen werden kann. Bei der Definition der Steuersubjek­ te wurde festgestellt, dass die Erfassung der Publikums-KG und der GmbH & Co KG zwar keineswegs zwingend erscheint, aber dennoch als noch folgerichtig bewertet werden kann. Ferner kommt die Untersu­ chung zu dem Ergebnis, dass die Gewinnermittlung im Grundsatz folge­ richtig erfolgt. Dies gilt nicht für § 34 a EStG. Diese Ausnahme alleine führt im Rahmen der Abwägung jedoch nicht dazu, dass die gesamte Umsetzung als inkonsequent einzustufen ist. Insgesamt kann daher von der Existenz eines Subsystems für Personengesellschaften und ihre Ge­ sellschafter ausgegangen werden. dd) Regelbesteuerung der Personen- und Kapitalgesellschaften nach ­materiellen Kriterien – das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Wie die vorangegangene Untersuchung zeigt, bestehen jeweils Subsyste­ me für die Besteuerung von Personengesellschaften und Kapitalgesell­ schaften. Diese können im Grundsatz nicht miteinander verglichen wer­ den, da sie abgeschlossene Regelungskomplexe mit eigenen Prinzipien und eigener Logik sind. Es gibt jedoch auch Prinzipien, die für die gesam­ te Rechtsordnung oder ein Teilgebiet dieser Rechtsordnung gelten. Dies ist beispielsweise für das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfä­ higkeit im Teilgebiet der direkten Steuern der Fall.1232 Trotz der Existenz der Subsysteme kann der Dualismus der Unternehmensbesteuerung, d.h. die Grundentscheidungen selbst, daher beihilferechtlich am Leistungsfä­ higkeitsprinzip gemessen werden. Verstößt die Besteuerung einer Gesell­ schaftsform in begünstigender Weise dagegen, stellt dies eine Ausnahme von einem Prinzip dar, das aufgrund seiner subsystemübergreifenden Geltung als Regelbesteuerung zu definieren ist. Um eine Begünstigung anzunehmen, müsste die Besteuerung entweder von Kapitalgesellschaf­ ten oder Personengesellschaften an eine niedrigere als die tatsächliche Leistungsfähigkeit anknüpfen. Ob dies der Fall ist, ist verfassungsrechtlich im Rahmen der Frage, ob der Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG die Rechtsformneutralität der Unter­ nehmensbesteuerung verlangt, immer wieder intensiv diskutiert wor­ 1232 Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 161 ff.; Pezzer, in: Festschrift für Klaus Tipke, 419, 424.

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IV.  Dualismus der Unternehmensbesteuerung

den.1233 Die Literatur bejaht diese Frage wohl überwiegend und sieht die Forderung nach Rechtsformneutralität sowohl gleichheits- als auch frei­ heitsrechtlich verankert.1234 Begründet wird dies mit dem im Gleich­ heitssatz fundierten Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit lasse sich anhand des Ein­ kommens bestimmen, dessen Höhe aber nicht von der Rechtsform ab­ hänge. Rechtsformabhängige Unterschiede bei der Bestimmung des Ein­ kommens müssen daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.1235 Ferner wird das Gebot rechtsformneutraler Besteuerung aus den Freiheitsrech­ ten in Art. 12, 14 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet. Die darin gründende 1233 Zu diesem Thema monographisch Weinelt, Rechtsformneutralität der Unterneh­ mensbesteuerung; vgl. insbesondere die Nachweise auf S. 26 Fn. 86. Ferner be­ reits Becker/Lion, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmäßigen Grundsätzen zu besteuern, ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Gewerbe betrieben wird? Welche Wege rechtlicher Ausgestaltung bie­ ten sich für eine solche Besteuerung?, Gutachten für den 33. Deutschen Juristen­ tag; Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unter­ nehmen?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag; dazu Jacobs, ZGR 1980, 289, 291 ff.; Tipke, NJW 1980, 1079, 1084; Weber, JZ 1980, 545, 549; Reiß, in: Wassermeyer, DStJG 17, 3; Schön, StuW 2000, 151, 152; Jachmann, in: Pelka, DStJG 23, 9; Pelka, StuW 2000, 389, 392 ff.; Lang, in: Ebling, DStJG 24, 49, 98 ff.; Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 167 f.; Hennrichs, StuW 2002, 201; Vogt, Neutra­ lität und Leistungsfähigkeit, 97 ff.; Schneider, in: Festschrift für Peter Bareis, 275, 281 ff.; Schmiel, BFuP 2006, 246, 252; Siegel, in: Festschrift für Dieter Schneeloch, 271; Lauterbach, Ein neues Unternehmenssteuerrecht für Deutsch­ land?, 50 ff. Dies sind nur einige wenige Beispiele für die Befassung der Literatur mit dieser Thematik. 1234 Hennrichs, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 10, Rz. 4 f.; Seiler, Besteuerung von Einkommen – Aufgaben, Wirkungen und europäische Herausforderungen, Gut­ achten für den 66. deutschen Juristentag, F 46; Balmes, in: Pelka, Unterneh­ menssteuerreform – Sonderband DStJG, 25, 33 ff.; Jachmann, Steuergesetzge­ bung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 19 ff., 62 ff.; Pezzer, in: Widmann, DStJG 20, 5, 12, 14; Pezzer, in: Festschrift für Klaus Tipke, 419, 428; Englisch, DStZ 1997, 778, 779; jüngst Malzahn, Das Unternehmenssteuerrecht unter verfassungsgerichtlicher Kontrolle – Zur Gestaltungsfreiheit des Steuerge­ setzgebers zwischen Folgerichtigkeit und Systemwechsel, jeweils m.w.N. Insbe­ sondere gehen einige Stimmen, von der Übertragbarkeit der Schwarzwaldkli­ nik-Entscheidung des BVerfG zu indirekten Steuern (BVerfG, Beschluss vom 10.11.1999, 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151) auf direkte Steuern aus, so Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155, 164; Kirchhof, in: Festschrift für Peter Bareis, 133, 144; Dies hat jedoch das BVerfG verneint, vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 199 f.; Palm, Person im Ertragsteuerrecht, 28 f. ­Parallel dazu ist wohl auch die Rechtsprechung des EuGH zur Rechtsformneut­ ralität bei indirekten Steuern (EuGH, Urteil vom 10.09.2002, C-141/00, Pflege­ dienst Kügler, Slg. 2002, I-06833, und EuGH, Urteil vom 06.11.2003, C-45/01, Dornier-Stiftung, Slg. 2003, I-12911) nicht auf direkte Steuern übertragbar. Zwei­ felnd zur Rechtsformneutralität als verfassungsrechtliches Gebot Schön, in: Stb­ Jb. 1998/99, 57, 64; Sieker, in: Seeger, DStJG 25, 145, 152 m.w.N. 1235 Zum Ganzen vgl. Drüen, GmbHR 2008, 393, 396 f. m.w.N., insbesondere Jachmann, Steuergesetzgebung zwischen Gleichheit und wirtschaftlicher Freiheit, 19 ff., 62 ff.; Englisch, DStZ 1997, 778, 779.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

ökonomische Handlungsfreiheit beinhalte auch die Organisationsfrei­ heit einschließlich der Rechtsformwahl. Diese werde durch rechtsform­ abhängige steuerliche Belastungsunterschiede beeinträchtigt.1236 Darüber hinaus sehen einige Stimmen, die aus dem Gleichheitssatz kein Gebot rechtsformneutraler Besteuerung ableiten, in Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls das Postulat einer rechtsformgerechten Besteuerung begründet.1237 Da­ nach stellen Besteuerungsunterschiede zwischen Rechtsformen, die eine unterschiedliche Leistungsfähigkeit der jeweiligen Rechtsformen abbil­ den, keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz dar. Anders sieht dies das BVerfG1238: Aus dem Gleichheitssatz lasse sich kein allgemeines Gebot rechtsformneutraler Besteuerung ableiten. Die Ab­ schirmung der Vermögenssphäre bei der Kapitalgesellschaft sei ein ­hinreichend sachlicher Grund für die dualistische Struktur der Unter­ nehmensbesteuerung. Sie bewirke, dass in der abgeschirmten Vermö­ genssphäre eine eigenständige und objektive Leistungsfähigkeit ent­stehe, die von der individuellen und subjektiven Leistungsfähigkeit der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert werden dürfe.1239 In dieser Arbeit soll die entsprechende Argumentation nicht erneut un­ tersucht werden. Vielmehr soll es hier im Rahmen der beihilferechtli­ chen Prüfung ausreichen, auf die Rechtsprechung des BVerfG abzustellen und damit einen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip oder die Freiheitsrechte zu verneinen.1240 Daher liegt auch keine Ausnahme vom subsystemübergreifenden Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftli­ chen Leistungsfähigkeit vor, so dass eine Begünstigung auch insofern auszuschließen ist. 1236 Vgl. die Nachweise bei Drüen, GmbHR 2008, 393, 397, insbesondere Hey, in: Ebling, DStJG 24, 155. 1237 Drüen, DStZ 2014, 564, 566; Drüen, GmbHR 2008, 393, 401 f.; Montag, in: Tip­ ke/Lang, Steuerrecht, § 13, Rz. 174 m.w.N.; ähnlich wohl Kirchhof, in: Fest­ schrift für Peter Bareis, 133, 136 f. m.w.N.; für das österreichische Verfassungs­ recht VfGH, Erkenntnis vom 26.01.1978, G 67, 68/77, BGBl. 118/1978. 1238 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 197 ff.; dazu Walz, Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteuerung der Unterneh­ men?, Gutachten für den 53. Deutschen Juristentag, F 9; so auch Birk, StuW 2000, 328, 333 f.; Osterloh, in: Festschrift für Peter Selmer, 875, 886 f.; Hallerbach, Die Personengesellschaft im Einkommensteuerrecht, 99; kritisch im Hin­ blick auf die Besteuerung von Personengesellschaften Dötsch, in: Dötsch, Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnissymposium für Brigitte Knob­ be-Keuk, 7, 8 f.; kritisch zur „Zurückhaltung“ des BVerfG Drüen, Ubg 2009, 23. 1239 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 199. 1240 Dies enthält jedoch keine Aussage im Hinblick auf Überlegungen zur Forderung nach rechtsformneutraler Besteuerung de lege ferenda. Zu entsprechenden Re­ formkonzepten vgl. z.B. Kraus, Körperschaftliche Integration von Personenunter­ nehmen, 185 ff.

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

b) Ergebnis Im Ergebnis ist festzuhalten, dass für die Besteuerung sowohl von Kapi­ talgesellschaften als auch Personengesellschaften Subsysteme bestehen, deren Grundentscheidungen sich zwar überschneiden, aber nicht de­ ckungsgleich sind. Insofern existiert keine gemeinsame Regelbesteue­ rung für Personen- und Kapitalgesellschaften, so dass die Ermittlung ­einer begünstigenden Ausnahme nicht möglich ist. Als gemeinsamer Grundsatz der Besteuerung beider Rechtsformen kann allerdings das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit he­ rangezogen werden. Die rechtsformspezifische dualistische Unterneh­ mensbesteuerung verstößt nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Leistungsfähigkeitsprinzip. Auch hier kann daher kein Ausnahmecharakter festgestellt werden. Die­ ser wäre jedoch für das Vorliegen einer beihilferechtlich relevanten Be­ günstigung erforderlich. Somit endet die Prüfung des Art. 107 Abs. 1 AEUV im Hinblick auf den Dualismus der Unternehmensbesteuerung bereits beim Tatbestandsmerkmal der Begünstigung, das zu verneinen ist.

V. § 15 Abs. 3 EStG auf dem Prüfstand des Beihilferechts Im Rahmen dieses Abschnitts wird erörtert, ob innerhalb der Besteue­ rung von Personenunternehmern die Regelungen zur teilweise gewerb­ lich tätigen Personengesellschaft und zur gewerblich geprägten Perso­ nengesellschaft in § 15 Abs. 3 EStG im Vergleich zur Behandlung des Einzelunternehmers aufgrund der mit den einhergehenden Gestaltungs­ möglichkeiten verbundenen Vorteile beihilferechtlich relevant sind. Da­ bei soll auf die Erläuterung des Gegenstands der Untersuchung die tatbe­ standliche Prüfung anhand Art. 107 Abs. 1 AEUV folgen. 1. Gegenstand der Untersuchung Zunächst werden die im Hinblick auf die teilweise gewerblich tätige Per­ sonengesellschaft und die gewerblich geprägte Personengesellschaft re­ levanten gesetzlichen Differenzierungen zum Einzelunternehmer in Grundzügen erläutert und sodann auf ihren rein rechtsformspezifischen Charakter hin überprüft. a) Relevante Differenzierungen aa) Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG § 15 EStG normiert i.V.m. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG die Steuerpflicht der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Steuerpflichtige können dabei der Einzel­ unternehmer oder die Gesellschafter einer Personengesellschaft mit ih­ 229

C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

ren gewerblichen Einkünften sein. Für die Frage der Einkünftequalifika­ tion wird im Grundsatz darauf abgestellt, wer die Einkünfte am Markt erwirtschaftet; dies ist in der Regel der Einzelunternehmer oder die Per­ sonengesellschaft.1241 Dabei kann – parallel zur Regelung für die anderen Einkunftsarten des Einkünftekatalogs in § 2 Abs. 1 S. 1 EStG – ein einzel­ ner Marktteilnehmer verschiedene Tätigkeiten ausüben und damit Ein­ künfte mehrerer verschiedener Einkunftsarten erzielen, wobei gemisch­ te trennbare Tätigkeiten grundsätzlich getrennt zu erfassen sind.1242 § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sieht für OHG, KG oder andere Personengesellschaf­ ten, die u.a. gewerbliche Einkünfte erzielen, also teils gewerblich, teils freiberuflich, land- und forstwirtschaftlich oder vermögensverwaltend tätig sind, vor, dass die gesamte mit Einkünfteerzielungsabsicht unter­ nommene Tätigkeit der Personengesellschaft als Gewerbebetrieb gilt.1243 Der Gesetzgeber geht mit dieser Umqualifizierungsregelung – entspre­ chend § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG in der bis 1985 geltenden Fassung1244 – davon aus, dass eine gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft ihre restliche Tätigkeit im Hinblick auf die Einkünftequalifikation „infi­ ziert“ bzw. auf diese „abfärbt“ (sog. Abfärbe- bzw. Infektionstheorie).1245 bb) Gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG Eine weitere Sonderregelung für die Einkünftequalifikation von Perso­ nengesellschaften enthält § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Danach gilt die gesam­ te mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Perso­ nengesellschaft, die selbst keine originär gewerbliche Tätigkeit ausübt, als Gewerbebetrieb, wenn persönlich haftende Gesellschafter ausschließ­ lich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften1246 sind und nur solche Ge­ sellschafter1247 zur Geschäftsführung befugt sind (sog. gewerblich gepräg­ te Personengesellschaft). Diese Regelung basiert auf der Rechtsprechung 1241 Vgl. C.IV.1.a)aa). 1242 Ratschow, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 2 EStG, Rz. 65; bei gemischten untrennbaren Tätigkeiten ist auf die prägende Tätigkeit abzustellen, Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 186. 1243 Zur Ausnahme für einen „äußerst geringen Anteil“ gewerblicher Tätigkeit BFH, Urteil vom 11.08.1999, XI R 12/98, BStBl. II 2000, 229; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 188. Zur Geltung ausschließlich für Personengesellschaften Kauffmann, in: Frotscher/Geurts, EStG, § 15, Rz. 308; Dißars, in: Lademann, EStG, § 15, Rz. 251b. 1244 Kauffmann, in: Frotscher/Geurts, EStG, § 15, Rz. 301. 1245 Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 185 ff.; zu den Vorteilen dieser Regelung für den Steuerpflichtigen z.B. Schild, DStR 2000, 576. 1246 Oder eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 EStG. 1247 Oder diese zusammen mit Personen, die nicht Gesellschafter sind, vgl. dazu und zur insofern missverständlichen Gesetzesformulierung Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 224.

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

des BFH zur Geprägetheorie, wonach eine Personengesellschaft gewerb­ liche Einkünfte habe, wenn an der Gesellschaft nur Kapitalgesellschaften oder neben natürlichen Personen eine Kapitalgesellschaft, die der Perso­ nengesellschaft das Gepräge gebe und ihre Tätigkeit entscheidend be­ stimme, beteiligt seien. Letzteres sei bei einer Kapitalgesellschaft & Co KG, bei der die Kapitalgesellschaft einziger persönlich haftender und ­geschäftsführender Gesellschafter sei, immer der Fall.1248 Diese Recht­ sprechung gab der BFH im Jahr 1984 mit der Begründung auf, dass die Geprägetheorie mit den neueren Erkenntnissen zur partiellen Steuersub­ jektivität der Personengesellschaft u.a. auf Ebene der Einkünftequalifika­ tion nicht mehr vereinbar sei; stattdessen sei für die Einkünftequalifika­ tion auf die Ebene der Gesellschafter einer Personengesellschaft in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit als Personengesellschaft abzustel­ len.1249 Der Steuergesetzgeber reagierte darauf mit der gesetzlichen Ver­ ankerung der Geprägetheorie in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG.1250 b) Rein rechtsformspezifische Natur der Differenzierungen aa) § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass es sich um eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft handelt und dass diese teil­ weise gewerblich tätig ist. Damit knüpft die Norm zum einen an eine zivilrechtliche Rechtsform an, zum anderen an die jeweils teilweise Er­ zielung von Einkünften verschiedener Einkunftsarten, von denen min­ destens eine gewerblich sein muss. Damit handelt es sich zunächst nicht um eine rein rechtsformspezifische Differenzierung, da über die Rechts­ form hinaus ein – hier tätigkeitsbezogenes – Kriterium Anwendung fin­ det. Schränkt man jedoch die Betrachtung wie hier1251 auf Sachverhalte gewerblicher Tätigkeit ein, so handelt es sich um eine rein rechtsformspezifische Differenzierung zwischen Personengesellschaften und Einzel­ unternehmern, da die Rechtsform der Personengesellschaft die einzige zusätzliche Voraussetzung für die Umqualifizierung der weiteren, nach ihrer Art nicht gewerblichen Einkünfte ist.1252

1248 Die Geprägerechtsprechung zusammenfassend BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, C.III.2.a). 1249 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, C.III.3. 1250 StBereinG 1986 v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2436; BT-Drucks., 10/3663, 6 f.; BTDrucks., 10/4513, 22 ; zum Ganzen Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 15 EStG, 1401. 1251 Vgl. C.I.3. 1252 Wohl ähnlich zu verstehen Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15, Rz. A 32; zum „Gewerbebetrieb kraft Rechtsform“ Schulze-Osterloh, in: Schön, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 531, 535.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

bb) § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG knüpft die Umqualifizierung in gewerbliche Ein­ künfte an die Rechtsform der Personengesellschaft; die Regelung findet auf den Einzelunternehmer als solchen keine Anwendung. Darüber hin­ aus wird vorausgesetzt, dass nur Gesellschaften in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG persönlich haftende und zur Geschäftsführung befugte Gesellschafter der Personengesellschaft sind1253 und dass die Personengesellschaft gerade keine originär gewerbli­ che Tätigkeit ausübt. Der Umstand, dass neben der Rechtsform derjenigen Gesellschaft, auf die die Rechtsfolge der Umqualifizierung von Einkünften Anwendung finden soll, noch weitere Tatbestandsvoraussetzungen normiert werden, spricht einerseits gegen eine rein rechtsformspezifische Natur des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Andererseits weisen die weiteren Tatbestandsmerk­ male keinen Tätigkeitsbezug auf: Die Voraussetzung der nicht originär gewerblichen Tätigkeit knüpft gerade nicht an eine bestimmte Art der Betätigung an, sondern an alle Tätigkeiten mit Einkünfteerzielungsab­ sicht außerhalb des gewerblichen Bereichs. Dies könnte zwar als negati­ ve Tätigkeitsanknüpfung verstanden werden; jedoch geht es hier gerade nicht darum, die Norm nur auf eine bestimmte Tätigkeit anzuwenden. Daher schließt dieses Tatbestandsmerkmal jedenfalls nicht aus, dass der Grund der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung in der Rechtsform selbst begründet ist.1254 Ferner beinhaltet die tatbestandliche Anfor­ derung an die persönlich haftenden und zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter keinen Tätigkeits-, sondern sogar ein Art „doppelten“ Rechtsformbezug, da diese die Rechtsform der Kapitalgesellschaft haben müssen. Auch dieses Tatbestandsmerkmal schließt es nicht aus, dass der Grund der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung in der Rechtsform der Personengesellschaft liegt.1255 Gegen den rein rechtsformspezifischen Charakter der Norm könnte an­ geführt werden, dass auch der Einzelunternehmer es in der Hand hat, eine gewerblich geprägte Einmann-Kapitalgesellschaft & Co KG zu er­ richten1256 und es damit in der Praxis für die Anwendung des § 15 Abs. 3 1253 Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 216. 1254 Gerade darauf kommt es in dieser Arbeit aber an, vgl. C.I.2. 1255 Der Bezug auf die Rechtsform der Kapitalgesellschaft hingegen führt wohl nicht zu einer rein rechtsformspezifischen Regelung für Kapitalgesellschaften, da als zusätzliche Voraussetzung das Halten einer Beteiligung an einer Personengesell­ schaft erforderlich ist. Zudem wäre hier bereits keine differenzierende Behand­ lung zu anderen Kapitalgesellschaften festzustellen, da § 8 Abs. 2 KStG dieselbe Rechtsfolge wie § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG für alle Kapitalgesellschaften vorsieht. 1256 Dazu Dißars, in: Lademann, EStG, § 15, Rz. 259; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 223.

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

Nr. 2 EStG nicht auf die Rechtsform der Personengesellschaft ankomme. Der Einzelunternehmer muss sich aber über die Gründung einer Kapital­ gesellschaft – die auch eine aus natürlichen Personen als Gesellschaftern bestehende Personengesellschaft vornehmen muss – hinaus mit der er­ richteten Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Personengesellschaft zusammenschließen. Daher kommt es im Ergebnis zumindest formal dennoch auf die Rechtsform der Personengesellschaft an.1257 Im Ergebnis können daher beide Regelungen des § 15 Abs. 3 EStG als rein rechtsformspezifische im Sinne dieser Untersuchung eingeordnet wer­ den1258 und bilden daher den Gegenstand für die weitere Prüfung. 2. Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV Im Folgenden soll § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach den Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV untersucht werden. a) Begünstigung Um das Tatbestandsmerkmal der als Regel-Ausnahme-Verhältnis ver­ standenen Begünstigung zu prüfen, ist zunächst die formale Regelbesteu­ erung zu definieren1259, bevor der Ausnahmecharakter der fraglichen Norm untersucht wird. aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien Die formale Regelbesteuerung wird durch das äußere System bestimmt. Darunter sind die Aufteilung der Rechtsmaterie in Gesetze und der Ge­ setzes- und Normenaufbau, insbesondere die Regelungstechnik, zu ver­ stehen.1260 In formaler Hinsicht besteht für die Besteuerung von gewerb­ lichen Personengesellschaften und Einzelunternehmern eine gemeinsame Regelbesteuerung. Diese richtet sich nach dem EStG und innerhalb des EStG insbesondere nach den § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, §§ 4 ff. sowie § 15 EStG. Die Regelung zur Infektionstheorie ist zwar innerhalb von § 15 EStG (zusammen mit der Nr. 2) in einem eigenen Absatz 3 gere­ 1257 Diese eher formalistische Betrachtung kann unter Heranziehung einer praktisch orientierten Argumentation auch abgelehnt werden, da die Errichtung einer Per­ sonengesellschaft keine bedeutende zusätzliche Hürde für den Einzelunterneh­ mer darstellt. 1258 Wohl ähnlich zu verstehen Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15, Rz. A 32; Carlé/Bauschatz, in: Korn, EStG, § 15, Rz. 519. Da diese Einordnung nicht eindeutig ist, wäre nach hier vertretener Auffassung auch ein abweichendes Ergebnis überzeugend. 1259 Vgl. B.V.3.a). 1260 Vgl. B.V.3.a)bb)(1).

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

gelt. Jedoch kann aus dieser Regelungstechnik nicht auf ein Regel-Aus­ nahme-Verhältnis geschlossen werden. Zum einen sind die Grundsätze der Besteuerung u.a. in den Absätzen 1 und 2 leg cit und damit formal gleichwertig geregelt. Zum anderen ist der hier als Teil der Regelbesteu­ erung in Frage kommende Grundsatz, dass ein einzelner Marktteilneh­ mer verschiedene Tätigkeiten ausüben und damit Einkünfte verschiede­ ner Einkunftsarten erzielen kann, die getrennt zu erfassen sind, nicht ausdrücklich gesetzlich normiert, sondern beansprucht als ungeschrie­ bener Grundsatz des Einkommensteuersystems Geltung, so dass ein auf die Regelungstechnik bezogenes Regel-Ausnahme-Verhältnis von vorne­ herein ausscheidet. Insgesamt kann deshalb aus der Regelungstechnik für § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG keine Vermutung abgeleitet werden. bb) Regelbesteuerung und Ausnahme nach materiellen Kriterien In materieller Hinsicht bildet das oben beschriebene Subsystem für Per­ sonenunternehmer1261 die Regelbesteuerung für Personengesellschaften und ihre Gesellschafter sowie für Einzelunternehmer.1262 Teil dieses Sub­ systems wie auch des gesamten EStG ist das Prinzip, trennbare gemisch­ te Tätigkeiten eines Steuersubjekts zu trennen und der jeweiligen Ein­ kunftsart zuzuordnen.1263 Gemischte, nicht trennbare Tätigkeiten sind hingegen einheitlich nach ihrem Gepräge zu beurteilen.1264 Im Hinblick auf die Prüfung des Vorliegens einer Begünstigung im Sinne eines Re­ gel-Ausnahme-Verhältnisses ist zu prüfen, in welchem Verhältnis dieses Prinzip und die gesetzgeberische Entscheidung, davon für Personenge­ sellschaften abzuweichen, stehen. Betrachtet man alleine die Funktionsweise des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, so scheint es sich im Grundsatz um einen Prinzipienwiderspruch im Sinne eines Systembruchs1265 zu handeln, da die Aussage des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG dem soeben beschriebenen Prinzip der getrennten Beurteilung ver­ schiedener Tätigkeiten eindeutig widerspricht. Es könnte jedoch auch ein Fall der wechselseitigen Ergänzung und Beschränkung zweier Prinzi­ pien (Prinzipiengegensatz)1266 vorliegen, der den Ausnahmecharakter der Norm entfallen ließe. Als das Prinzip der getrennten Beurteilung ergän­ 1261 Siehe C.IV.2.a)cc). 1262 Für die Einzelunternehmer vgl. Fn. 864. 1263 Ratschow, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 2 EStG, Rz. 65; Stapperfend, StuW 2006, 303, 304; BFH, Beschluss vom 22.01.2009, VIII B 153/07 (NV), BFH/ NV 2009, 758; zu diesem Grundsatz bei natürlichen Personen Drüen, GmbHR 2000, 177, 177. 1264 Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körper­ schaftsteuergesetz, § 15 EStG, Rz. 1425; Ratschow, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 2 EStG, Rz. 65. 1265 Siehe unter B.V.3.a)dd). 1266 Siehe wiederum unter B.V.3.a)dd).

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

zendes Prinzip kommt zum einen die Entscheidung der Anknüpfung an zivilrechtliche Strukturen1267, zum anderen das Prinzip der Typisierung und Vereinfachung in Betracht. Von einer Entscheidung des Gesetzgebers, mit § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG an die zivilrechtliche Struktur der Personengesellschaft im Gegensatz zum Einzelunternehmer anzuknüpfen, gehen jedoch weder der Gesetzgeber selbst noch die Rechtsprechung oder die Literatur aus.1268 Eine solche Annahme erscheint auch nicht überzeugend, da die gemeinschaftliche Betätigung in der Form der Gesamthand im Vergleich zum Einzelunter­ nehmer keine Grundlage dafür bietet, trennbare Tätigkeiten einheitlich zu behandeln. Vielmehr können voneinander verschiedene Tätigkeiten einer Personengesellschaft genauso wie solche eines Einzelunterneh­ mers voneinander getrennt beurteilt werden, sofern sie trennbar sind. Allenfalls für die Rechtsform der OHG und der KG wäre eine solche Ar­ gumentation denkbar und ist vom BFH angeführt worden1269, da diese Rechtsformen handelsrechtlich keine private Rechtssphäre haben kön­ nen.1270 § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG findet jedoch allgemein auf Personenge­ sellschaften und nicht nur auf Handelsgesellschaften Anwendung, so dass dieses Argument nicht überzeugen kann.1271 Insofern ist ein Prinzi­ piengegensatz, der zur Verneinung des materiellen Ausnahmecharakters der Norm führen würde, nicht festzustellen.1272 Ein Prinzipiengegensatz könnte sich hingegen aus dem Prinzip der Ver­ einfachung und Typisierung ergeben. Dieses ist als allgemein gültiges Prinzip des deutschen Steuersystems anerkannt und wird verfassungs­ rechtlich nicht in Frage gestellt, sondern lediglich auf seine konkrete Umsetzung hin überprüft.1273 Im Hinblick auf § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG hat das BVerfG entschieden1274, dass die Norm Ausdruck des Prinzips der Vereinfachung und Typisierung sei, da es legitimen Vereinfachungs­ zwecken bei der Ermittlung der Einkünfte auch gewerblich tätiger Perso­ nengesellschaften diene; bei diesen Gesellschaften sei andernfalls die Ermittlung von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten mit erheb­ 1267 Dazu bereits C.IV.2. 1268 BT-Drucks., 10/3663, 8; BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1; statt aller Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteu­ er- und Körperschaftsteuergesetz, § 15 EStG, Rz. 1400, 1402, 1422. 1269 BFH, Urteil vom 10.11.1983, IV R 86/80, BStBl. II 1984, 152, 1.b). 1270 Vgl. § 343 HGB und dazu BGH, Urteil vom 05.05.1960, II ZR 128/58, NJW 1960, 1852, 1853; Schmidt, in: Münchener Kommentar zum HGB, § 343, Rz. 13. 1271 Auch für Handelsgesellschaften wird diese Argumentation teilweise abgelehnt, vgl. Schulze-Osterloh, in: Schön, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 531, 536. 1272 Im Ergebnis ähnlich Stapperfend, StuW 2006, 303, 307. 1273 Zu diesem Prinzip BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, 182 f.; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, Rz. 130 ff.; siehe auch Fn. 488. 1274 BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

lichen Schwierigkeiten verbunden. Dies sei insbesondere im Hinblick auf die Gewinnermittlung und die Aufteilung von Betriebs- und Privat­ vermögen der Fall. Im Vergleich zum Einzelunternehmer sei die Ermitt­ lung von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten ungleich schwie­ riger, da sie eine Abgrenzung mehrerer Einkunftsarten bei mehreren Steuerpflichtigen erfordere, die die Steuerpflichtigen in unterschiedli­ cher Intensität verwirklichen können. Dies führe zu einer „Vielfalt von Kombinationsmöglichkeiten an Tätigkeiten und Vermögensobjekten mit Einkunftsarten und Steuerpflichtigen bei einer Personengesellschaft, die die Möglichkeiten eines Einzelunternehmers bei weitem übertreffen. Außerdem [sei] die Einkünfteermittlung bei der Personengesellschaft durch eine ganze Reihe von steuerlichen Besonderheiten gekennzeich­ net, die beim Einzelunternehmer fehlen (etwa das Vorhandensein von Sondervergütungen und Sonderbetriebsvermögen).“1275 Dagegen wird an­ geführt, dass nicht ersichtlich sei, warum die Einkünfteermittlung mit mehreren Einkunftsarten bei Personengesellschaften generell – also in einer der Typisierung zugänglichen Weise – schwieriger sein soll als bei Einzelunternehmern.1276 In einer Zusammenschau erscheint es dennoch überzeugend, dem BVerfG insoweit zu folgen, als es § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Vereinfachungsnorm einordnet, die die bei Personengesellschaf­ ten bestehenden Schwierigkeiten bei der Einkünfteermittlung mit mehreren Einkunftsarten typisierend abbildet. Insbesondere kann die ­ zweistufige Einkünfteermittlung, die den Sonderbetriebsbereich der Ge­ sellschafter einschließt, erheblich komplexer werden als beim Einzel­ unternehmer; die Komplexität erhöht sich in der Kombination mit ­Tätigkeiten verschiedener Einkunftsarten, die sich gegebenenfalls in Ge­ winn- und Überschusseinkünften aufteilen, so dass eine typisierende Vereinfachung bei Personengesellschaften in der Form des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht zu beanstanden ist. Das Prinzip, trennbare gemischte Tätigkeiten eines Steuersubjekts ge­ trennt zu beurteilen, steht daher in einem Prinzipiengegensatz mit dem Prinzip der Vereinfachung und Typisierung. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stellt nach hier vertretener Auffassung keinen Systembruch innerhalb des Sub­ systems der Besteuerung von Personenunternehmern dar. Mangels Vor­ liegens eines materiellen Regel-Ausnahme-Verhältnisses liegt keine Be­ günstigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV vor.

1275 Zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, C.II.3, Zitat unter a) bb) (1); siehe auch BFH, Urteil vom 29.11.2012, IV R 37/10 (NV), BFH/NV 2013, 910; Bitz, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 15, Rz. 162. 1276 Vgl. z.B. Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 15 EStG, Rz. 1400; Stapperfend, StuW 2006, 303, 305; Schulze-Osterloh, in: Schön, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 531, 537; Carlé/Bauschatz, in: Korn, EStG, § 15, Rz. 488.

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

b) Ergebnis Im Ergebnis fällt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG mangels Verwirklichung des Be­ günstigungstatbestands nicht unter das Beihilfeverbot nach Art. 107 Abs. 1 AEUV. 3. Gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV Im Folgenden soll § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nach den Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV untersucht werden. a) Begünstigung Um das Tatbestandsmerkmal der als Regel-Ausnahme-Verhältnis ver­ standenen Begünstigung zu prüfen, ist zunächst die formale Regelbesteu­ erung zu definieren1277, bevor der Ausnahmecharakter der fraglichen Norm untersucht wird. aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien Die formale Regelbesteuerung wird durch das äußere System bestimmt. Darunter sind die Aufteilung der Rechtsmaterie in Gesetze und der Ge­ setzes- und Normenaufbau, insbesondere die Regelungstechnik, zu ver­ stehen.1278 In formaler Hinsicht besteht für die Besteuerung von gewerb­ lichen Personengesellschaften und Einzelunternehmern eine gemeinsame Regelbesteuerung. Diese richtet sich nach dem EStG und innerhalb des EStG insbesondere nach den § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, §§ 4 ff. sowie § 15 EStG. Die Regelung zur gewerblich geprägten Personengesell­ schaft ist zwar innerhalb von § 15 EStG (zusammen mit der Nr. 1) in ei­ nem eigenen Absatz 3 geregelt. Jedoch kann aus dieser Regelungstechnik nicht auf ein Regel-Ausnahme-Verhältnis geschlossen werden. Zum ei­ nen sind die Grundsätze der Besteuerung u.a. in den Absätzen 1 und 2 leg cit und damit formal gleichwertig geregelt. Zum anderen ist der hier als Teil der Regelbesteuerung in Frage kommende Grundsatz, dass es für die Einkünftequalifikation im Wesentlichen darauf ankommt, wer die Ein­ künfte am Markt erwirtschaftet (also Einzelunternehmer oder Personen­ gesellschaft), nicht ausdrücklich gesetzlich normiert, sondern beruht auf der Rechtsprechung des BFH1279, so dass ein auf die Regelungstechnik bezogenes Regel-Ausnahme-Verhältnis ausscheidet. Insgesamt kann des­ halb aus der Regelungstechnik für § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG keine Vermu­ tung abgeleitet werden. 1277 Vgl. B.V.3.a). 1278 Vgl. B.V.3.a)bb)(1). 1279 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, C.III.3.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

bb) Regelbesteuerung und Ausnahme nach materiellen Kriterien In materieller Hinsicht bildet das oben beschriebene Subsystem für Per­ sonenunternehmer1280 die Regelbesteuerung für Personengesellschaften und ihre Gesellschafter sowie für Einzelunternehmer.1281 Teil dieses ­Subsystems sind die Regelungen zur Einkünftequalifikation, die für Ein­ zelunternehmer und Personengesellschaft gleichermaßen gelten.1282 Zu diesen Regelungen gehört das Prinzip, dass für die Frage der Einkünfte­ qualifikation im Grundsatz darauf abzustellen ist, wer die Einkünfte am Markt erwirtschaftet.1283 Dies ist bei einem Einzelunternehmen der Un­ ternehmer selbst. Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei der Perso­ nengesellschaft relevant, welche Einkunftsart die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, also auf Ebene der Personengesell­ schaft als partielles Steuersubjekt, verwirklichen; auf die Gesellschafter als solche kommt es danach nicht an.1284 Wie unter C.IV.2.a)cc)(4)(b) er­ läutert, entspricht die gesetzliche Regelung in ihrer durch die Rechtspre­ chung gefundenen Ausgestaltung der Eigenart der Rechtsform „Perso­ nengesellschaft“, rechtsfähig und damit selbst am Markt tätig zu sein. Lediglich die Zurechnung des Einkommens findet mangels Verselbst­ ständigung als juristische Person bei den Gesellschaftern statt.1285 Abweichend von diesem Prinzip der Einkünfteermittlung (einschließlich der Einkünftequalifikation) sieht § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vor, dass sich die Einkünftequalifikation bei Personengesellschaften, die die bereits erläu­ terten Voraussetzungen der Norm erfüllen, nach der Rechtsform und da­ mit der Einkunftsart des persönlich haftenden Gesellschafters1286 richtet: Erzielt ein persönlich haftender Gesellschafter aufgrund seiner Rechts­ form als Kapitalgesellschaft nach § 8 Abs. 2 KStG gewerbliche Einkünfte, 1280 Siehe C.IV.2.a)cc). 1281 Für die Einzelunternehmer vgl. Fn. 864. 1282 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751, C.III.3.b)bb). 1283 Vgl. C.IV.1.a)aa). 1284 Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 273; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 180; Bitz, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 15, Rz. 164; BFH, Beschluss vom 10.11.1980, GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164. Ob dieser Grund­ satz tatsächlich als von der Rechtsprechung entwickeltes Grundprinzip für die Personengesellschaft gilt, kann aber durchaus, insbesondere vor dem Hinter­ grund des Urteils BFH, Beschluss vom 03.07.1995, GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617, in Frage gestellt werden, dazu ausführlich Schön, StuW 1996, 275. Für Zwecke dieser Arbeit soll aber dennoch die wohl überwiegende Auslegung, dass die Per­ sonengesellschaft partielles Steuersubjekt auch der Einkünftequalifikation sei, zugrunde gelegt werden. 1285 Diese Auslegung ist wie erläutert nicht zwingend, widerspricht aber zumindest nicht der zivilrechtlichen Vorstrukturierung. 1286 Bei mehreren persönlich haftenden Gesellschaftern kommt es auf alle an. In der weiteren Untersuchung wird auf einen Gesellschafter im Singular abgestellt; die Argumentation ist jedoch übertragbar.

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

so werden die nicht originär gewerblichen Einkünfte der Personengesell­ schaft in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. Dies stellt eine Aus­ nahme von dem Prinzip dar, dass es für die Einkünftequalifikation der Personengesellschaft nicht auf die Einkunftsart des Gesellschafters an­ kommt, sondern die Personengesellschaft selbst partielles Steuersubjekt der Einkünfteermittlung und -qualifikation ist.1287 Dies ist im Grundsatz ein Prinzipienwiderspruch im Sinne eines System­ bruchs1288, da § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG dem von der Rechtsprechung auf der Basis der gesetzlichen Regelungen entwickelten Prinzip der partiellen Steuersubjektivität der Personengesellschaft widerspricht. Es könnte sich jedoch auch um einen Fall der wechselseitigen Ergänzung und Beschränkung zweier Prinzipien (Prinzipiengegensatz)1289 handeln, der ­ den Ausnahmecharakter der Norm entfallen ließe. Als das Prinzip der partiellen Steuersubjektivität ergänzende Prinzipien könnten zum ei­ nen – wiederum – die Entscheidung der Anknüpfung an zivilrechtliche Strukturen1290 und zum anderen das Prinzip der wirtschaftlichen Betrach­ tungsweise angeführt werden. Denkbar ist hier, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Einkünftequa­ lifikation kapitalistisch geprägter Personengesellschaften auf die Trans­ parenz dieser Rechtsform abstellt und daher für die Einkünftequalifikati­ on auf die Gesellschafter zurückgreift. Dies erscheint jedoch in doppelter Hinsicht nicht überzeugend. Zum einen ist das Konzept der partiellen Steuersubjektivität gerade im Hinblick auf die Einkünfteermittlung und -qualifikation entwickelt worden. Um davon eine Ausnahme im Sinne eines ergänzenden Prinzips zuzulassen, wäre eine über die zivilrechtliche Vorstrukturierung der Personengesellschaft hinausgehende Begründung erforderlich.1291 Zum anderen ist es gerade bei einer kapitalistisch gepräg­ ten Personengesellschaft widersprüchlich, die Transparenz dieser Rechts­ form zu bemühen. Wird die kapitalistisch geprägte Personengesellschaft als der Kapitalgesellschaft angenähert eingestuft1292, so müssten gerade die Intransparenz und das daraus folgende Trennungsprinzip in den Vor­ dergrund rücken. Die Anknüpfung an zivilrechtliche Strukturen kann daher nicht als ein § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG zugrunde liegendes Prinzip angeführt werden. Ein Prinzipiengegensatz scheidet insoweit aus.

1287 Vgl. dazu Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 380; Flume, DB 1985, 1152; Niehus, StuW 2008, 359, 373; a.A. unter Verweis auf die zur Einkünf­ tequalifikation nicht konsequente Rechtsprechung des BFH Hennerkes/Binz, BB 1985, 2162, 2163. 1288 Siehe unter B.V.3.a)dd); vgl. dazu statt aller Knobbe-Keuk, BB 1985, 820. 1289 Siehe wiederum unter B.V.3.a)dd). 1290 Dazu bereits C.IV.2. 1291 Dazu sogleich. 1292 Vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2003, IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG könnte hingegen auf dem Prinzip der wirtschaft­ lichen Betrachtungsweise, die als Korrektiv der Anknüpfung an das Zi­ vilrecht herangezogen wird, beruhen. Dafür müsste der tatsächliche wirtschaftliche Sachverhalt in den tatbestandsmäßigen Fällen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG so weit von der zivilrechtlichen Vorstrukturierung ab­ weichen, dass eine dem Sachverhalt entsprechende Korrektur in Betracht zu ziehen wäre. Im Grundsatz erscheint es denkbar, dass die tatsächliche Ausgestaltung der Funktionsweise einer Personengesellschaft in einer Art und Weise erfolgt, die zu einer Prägung der Personengesellschaft durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter und so mittelbar zu ei­ ner Prägung u.a. der Einkunftsart führt. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der persönlich haftende Gesellschafter gleichzeitig Geschäfts­ führer der Personengesellschaft ist. Insofern ist das tatbestandliche Ab­ stellen auf den persönlich haftenden Gesellschafter und Geschäftsführer durchaus geeignet, einen Sachverhalt abzubilden, der von der zivilrecht­ lichen Vorstrukturierung (eigenständigen Vermögenssphäre, Rechtsfä­ higkeit und selbstständigen Betätigung der Personengesellschaft1293) ab­ weicht. Allerdings sieht die Norm nicht generell in solchen Fällen eine Einkünftequalifikation in die Einkunftsart des als prägend typisierten Gesellschafters vor, sondern lässt die Rechtsfolge nur eintreten, wenn der persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer eine Kapital­ gesellschaft ist und daher nach § 8 Abs. 2 KStG gewerbliche Einkünfte erzielt. Damit sind solche Fälle vom Anwendungsbereich ausgeschlos­ sen, in denen eine natürliche Person als persönlich haftender Gesell­ schafter-Geschäftsführer selbst neben ihrer Beteiligung an der Personen­ gesellschaft gewerblich tätig ist und ihre Beteiligung im Betriebsvermögen hält; hier findet keine Umqualifizierung auf Ebene der Gesellschaft statt1294, obwohl dieselben typisierenden Voraussetzungen einer „Prä­ gung“ vorliegen. Ein Grund für diese Differenzierung ist aber nach hier vertretener Auffassung nicht ersichtlich. Die wirtschaftliche Betrach­ tungsweise ist daher in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht konsequent umge­ setzt und kann nicht als ein der gewerblichen Prägung zugrunde liegen­ des Prinzip angeführt werden. Ein Prinzipiengegensatz scheidet auch insoweit aus. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG stellt einen Systembruch im Subsystem der Be­ steuerung von Personenunternehmern und somit eine materielle Aus­ nahme von diesem System dar.

1293 Vgl. C.IV.2.a)cc)(4)(b). 1294 Bitz, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 15, Rz. 164. Von der hier diskutierten Um­ qualifizierung ist diejenige auf Gesellschafterebene zu unterscheiden, vgl. Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 576, zur sog. Zebra-Gesell­ schaft)

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

cc) Begünstigende Wirkung der Ausnahme Die Ausnahme muss, um unter den Tatbestand des Beihilfeverbots zu fallen, eine begünstigende Wirkung haben. Die Qualifikation von Ein­ künften als solche aus Gewerbebetrieb hat per se weder eine begünsti­ gende noch eine benachteiligende Wirkung. Eine klare Aussage, dass die­ se Einkunftsart vorteilhaft und daher beihilferechtlich relevant ist, lässt sich deshalb abstrakt nicht treffen. Nimmt man jedoch eine differenzier­ te Betrachtung vor, können bestimmte Vorteile identifiziert werden. So wird die gewerblich geprägte Personengesellschaft als Gestaltungsmittel genutzt, um beispielsweise eine Betriebsaufgabe zu vermeiden, (Sonder) Betriebsvermögen „auszugliedern“ oder Sonderabschreibungen1295 zu nutzen.1296 Ferner können Immobilienbesitzgesellschaften in der Form der gewerblich geprägten Personengesellschaft die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG in Anspruch nehmen.1297 Darüber hinaus hat eine Personengesellschaft faktisch aufgrund der Gestaltungsmöglichkei­ ten bei den Geschäftsführungsbefugnissen ein Wahlrecht1298, ob sie diese Vorteile in Anspruch nehmen möchte oder nicht und wird dies folglich regelmäßig nur tun, wenn die Gestaltung für sie steuerlich vorteilhaft ausfällt. Diese Gestaltungsmöglichkeit führt dazu, dass die nicht origi­ när gewerblich tätige Personengesellschaft im Vergleich zum nicht origi­ när gewerblich tätigen Einzelunternehmer jedenfalls durch ihr Gestal­ tungswahlrecht begünstigt wird.1299 Zusammenfassend ist § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG daher als begünstigende Ausnahme von der Regelbesteuerung für Personenunternehmer und da­ mit als beihilferechtlich relevante Begünstigung einzuordnen.

1295 Für Beispiele vgl. Dißars, in: Lademann, EStG, § 15, Rz. 268. 1296 Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 214; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unterneh­ menssteuerrecht, 375; Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommen­ steuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 15 EStG, Rz. 1455; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15, Rz. A 34; Reiß, in: Kirchhof, EStG, § 15, Rz. 142; Bitz, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 15, Rz. 179; Hennerkes/Binz, BB 1985, 2162, 2164; Felix, NJW 1997, 1040, 1040; vgl. auch die in BT-Drucks., 10/3663, 6, aufgeführten steuerlichen Vorteile. 1297 Dißars, in: Lademann, EStG, § 15, Rz. 260a. 1298 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 378; Wacker, in: Schmidt, EStG, § 15, Rz. 214; Kauffmann, in: Frotscher/Geurts, EStG, § 15, Rz. 299; Füssenich, in: Bordewin/Brandt, EStG, § 15, Rz. 3832 ff.; Bitz, in: Littmann/Bitz/ Pust, EStG, § 15, Rz. 176; Desens/Blischke, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15, Rz. A 34: „Gewerbebetrieb auf Antrag“. 1299 Zur Einordnung von Wahlrechten im Rahmen des Beihilfeverbots siehe C.II.1; bei § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG geht es nicht um die Wahl der Rechtsform, sondern um das faktische Wahlrecht bezüglich der Anwendbarkeit der Norm.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

b) Selektivität Nach dem alternativen Prüfungsansatz ist im Rahmen des Tatbestands­ merkmals der Selektivität zu prüfen, ob die Gruppe der Begünstigten ab­ grenzbar ist, d.h., ob die Regelung geeignet ist, die begünstigten Unter­ nehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen.1300 Für § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ist zu untersuchen, ob die Rechtsform der Personengesellschaft die begünstigten Unternehmen an­ hand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe kennzeich­ net. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG bestimmt seinen persönlichen Anwendungsbe­ reich in Abgrenzung zum Einzelunternehmer im Wesentlichen nach dem Kriterium der Rechtsform der Personengesellschaft. Alle Unterneh­ men dieser Rechtsform können aufgrund des faktischen Wahlrechts die Regelung in Anspruch nehmen. Sie erfüllen daher das abgrenzende Krite­ rium des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG und stellen in dieser Hinsicht eine ho­ mogene Gruppe dar. Die Rechtsform der Personengesellschaft ist inso­ fern geeignet, die Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Begünstigungsnorm fallen, in Abgrenzung zum Einzelunternehmer als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen. An das Tatbestandsmerkmal der Selektivität ist jedoch aufgrund des Sinn und Zwecks des Beihilfeverbots – dies ist der Schutz des Wettbewerbs im Binnenmarkt vor Verfälschungen – eine zusätzliche Voraussetzung zu stellen. Wettbewerb i.S.d. europäischen Wettbewerbsrechts ist der Pro­ dukt- und Dienstleistungswettbewerb auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger. Die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Unterneh­ men umfasst dabei die selbstständige Bestimmung des Marktverhaltens. Die Definition des Wettbewerbs als Produkt- und Dienstleistungswett­ bewerb legt den Schwerpunkt daher auf die Tätigkeiten der Unterneh­ men und ihr Ergebnis, die angebotenen Leistungen. Da das Beihilfeverbot nur diesen Wettbewerb zwischen den Leistungen der Marktbürger schüt­ zen soll, müssen die begünstigten Unternehmen gerade im Hinblick auf diese Leistungen abgrenzbar sein. Das Kriterium der Rechtsform „Perso­ nengesellschaft“ als solches weist aber keinen Bezug zum Inhalt einer bestimmten Betätigung auf, weil unter dieser Rechtsform Tätigkeiten unterschiedlichsten Inhalts, die als Ergebnis verschiedenartigste Leis­ tungen hervorbringen, betrieben werden können. Eine Abgrenzbarkeit im Hinblick auf die Art und Weise der Betätigung, wie sie das Kriterium der Rechtsform „Personengesellschaft“ darstellt, kann für die Selektivi­ tät nicht ausreichen.

1300 Dazu im Detail B.V.3.b).

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V.  § 15 Abs. 3 EStG

Diese Auslegung des Merkmals der Selektivität steht nicht in Wider­ spruch zum Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV. Dies könnte der Fall sein, wenn bereits der Begriff der „bestimmten Produktionszweige“ den Bezug zum Inhalt der Betätigung abbilden würde. Dann müsste der Be­ griff der „bestimmten Unternehmen“ einen anderen, wohl weiteren In­ halt aufweisen. Dagegen spricht jedoch, dass der Begriff des Produktions­ zweiges enger ist als derjenige des Inhalts der Betätigung. Der Begriff des Produktionszweiges erfährt zwar eine weite Auslegung und erfasst alle in einem bestimmten wirtschaftlichen Bereich tätigen Unternehmen, unabhängig davon, ob diese Güter produzieren oder Dienstleistungen an­ bieten. Gleichzeitig ist der Begriff jedoch auf die Tätigkeit ganzer Sekto­ ren beschränkt, während der Tätigkeitsbezug im hier verstandenen Sin­ ne die Begünstigung auch kleinerer Gruppen im Hinblick auf ihre Betätigung ausreichen lässt und nicht die Begünstigung einer ganzen Branche verlangt. Dieser Auslegung i.S. einer zusätzlichen Voraussetzung des Tätigkeitsbe­ zugs steht auch nicht eine Überschneidung mit dem Tatbestandsmerk­ mal der Wettbewerbsverfälschung entgegen. Eine solche besteht nicht, da die Abgrenzbarkeit anhand der Tätigkeit oder Leistung – im Gegen­ satz zur Voraussetzung der Wettbewerbsverfälschung – gerade nicht ver­ langt, dass die begünstigten Unternehmen mit anderen, nicht Begünstig­ ten im Wettbewerb stehen, sondern dass sie im Hinblick auf Tätigkeit oder Leistung homogen sind. Für die Frage der Selektivität können also auch alle Unternehmen, die miteinander in Wettbewerb stehen, einer abgrenzbaren Gruppe von Begünstigten angehören, während in diesem Fall trotz der weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals wohl keine Wettbewerbsverfälschung vorliegen sollte. Zusammenfassend ist § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht als selektiv einzuord­ nen, weil die Rechtsform „Personengesellschaft“ nicht geeignet ist, die Begünstigten als privilegierte Gruppe mit Bezug zu einer bestimmten Tätigkeit oder Leistung zu kennzeichnen. c) Ergebnis Die Regelung zur gewerblich geprägten Personengesellschaft in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG stellt zwar eine systemwidrige Ausnahme vom Subsys­ tem der Besteuerung von Personenunternehmern und daher eine Begüns­ tigung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV dar. Sie ist jedoch mangels Tätigkeits- oder Leistungsbezugs nicht als selektiv einzuordnen. Die Tat­ bestandsvoraussetzungen des Beihilfeverbots sind nicht erfüllt.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

VI. Besteuerung der Genossenschaften auf dem Prüfstand des Beihilferechts Im Folgenden soll untersucht werden, ob die Besteuerung der Genossen­ schaften1301 beihilferechtliche Probleme aufwerfen kann. Dabei wird der beihilferechtlichen Prüfung eine Eingrenzung des Gegenstands der Un­ tersuchung vorangestellt. 1. Gegenstand der Untersuchung Das KStG findet Anwendung auf Genossenschaften i.S.d. GenG.1302 Das GenG bildet die zivilrechtliche Grundlage für die Rechtsform der Genos­ senschaft, die unter die Vereine wirtschaftlicher Art fällt. Nach dem GenG wird sie durch die Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und -verantwortung sowie dem Grundsatz der Identität von Mitglied und Kunde geprägt.1303 Ihr Hauptzweck muss die Förderung der Mitglieder sein; ein anderer, eigenständiger Zweck kommt nicht in Betracht.1304 Die Besteuerung der Genossenschaft richtet sich im Grundsatz nach den Vor­ schriften, die für alle in § 1 Abs. 1 KStG enumerierten Körperschaften gelten und die unter IV. 1.a)bb) dargestellt sind. Neben diesen allgemei­ nen Regeln bestehen innerhalb des KStG für bestimmte Genossenschaf­ ten Sondernormen. Auf diese soll im Folgenden eingegangen werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Regelung zum Betriebsausgabenabzug von Rückvergütungen nach § 22 KStG. Alle Vorschriften werden ferner auf ihren rein rechtsformspezifischen Charakter hin untersucht. a) Betriebsausgabenabzug von Rückvergütungen nach § 22 KStG Hauptvorschrift des „Sondersteuerrechts“ für Genossenschaften ist § 22 KStG.1305 Sie sieht auf Ebene der Bemessungsgrundlage eine Rege­ 1301 Es soll dabei ausschließlich um eingetragene Genossenschaften i.S.d. GenG ge­ hen, die auch als Genossenschaften im engeren Sinn bezeichnet werden, Böcking/Gros/Rabenhorst, in: Ebenroth et al., HGB, § 336, Rz. 2. Zu Genossen­ schaften im internationalen Recht vgl. Fici, European Business Law Review 2013, 37. 1302 Diese sind Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Zum Ganzen Stracke, Be­ steuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 149. 1303 Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG, Rz. 41 ff.; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 24 ff.; Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 148. Diese Prinzipien wurden zum Teil den wirtschaftlichen und sozialen Verände­ rungen angepasst, im Grundsatz aber beibehalten. 1304 Beuthien, in: Beuthien, GenG, § 1, Rz. 8; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesell­ schaftsrecht, § 1 GenG, Rz. 1, 3 ff. Insbesondere reicht eine Förderung durch Ge­ winnausschüttung nicht aus, vgl. Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschafts­ recht, § 1 GenG, Rz. 10. 1305 Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 151.

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VI. Genossenschaften

lung für die steuerliche Behandlung genossenschaftlicher Rückvergütun­ gen vor. Dies sind Vergütungen der Genossenschaft an die Mitglieder, die den im Fördergeschäftsverkehr mit den Mitgliedern erwirtschafteten Überschuss an diese zurückfließen lassen.1306 Sie werden nach dem zwi­ schen Genossenschaft und Mitgliedern getätigten Umsatz, Warenbezug oder Absatz berechnet1307 und sind nicht Teil der Gewinnverteilung nach § 19 GenG.1308 Steuerlich sind sie nach § 22 KStG insoweit als Betriebs­ ausgaben abziehbar, als die dafür verwendeten Beträge im Mitgliederge­ schäft erwirtschaftet worden sind. In welcher Höhe dies der Fall ist, er­ gibt sich aus dem Verhältnis des Wareneinkaufs bei Mitgliedern zum gesamten Wareneinkauf oder des Mitgliederumsatzes zum Gesamtum­ satz (§ 22 Abs. 1 S. 2 KStG). Die Rückvergütungen sind bei den Mitglie­ dern keine Gewinnausschüttungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 KStG1309, sondern Einnahmen der Einkunftsart, in der das jeweilige Mitglied Ein­ künfte erzielt.1310 b) Rein rechtsformspezifische Natur des § 22 KStG Das GenG findet ausschließlich auf die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft Anwendung. Dem KStG wiederum unterliegen aus­ schließlich Genossenschaften i.S.d. GenG1311, was auch für § 22 KStG gilt.1312 Die Norm enthält keine anderen tätigkeitsspezifischen Voraus­ 1306 Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 19, Rz. 6; Pöhlmann, in: Pöhl­ mann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 19, Rz. 14. 1307 Rose, Unternehmenssteuerrecht, 87; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschafts­ recht, § 1 GenG, Rz. 6. 1308 Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 19, Rz. 6; Pöhlmann, in: Pöhl­ mann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 19, Rz. 14. 1309 Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, § 20, Rz. 34. Hier greifen deshalb weder § 3 Nr. 40 EStG noch § 8 b KStG, Rose, Unternehmenssteuerrecht, 88. Unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 KStG fallen aber sonstige Bezüge aus Anteilen (zu diesem Begriff vgl. § 7 Nr. 1 GenG) an einer Genossenschaft, Beckerath, in: Kirchhof, EStG, § 20, Rz. 48a. 1310 Schlotter, in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 20, Rz. 240. Befindet sich der Genos­ senschaftsanteil im Privatvermögen, so sind die Rückvergütungen beim Mitglied nur steuerbar, wenn sie einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG zuzuordnen sind. Da es sich nicht um Gewinnausschüttungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 KStG handelt, kommt eine Steuerpflicht nach dieser Norm nicht in Be­ tracht. Handelt es sich dagegen um Anteile im Betriebsvermögen, stellen die Rückvergütungen Einnahmen nach §§ 13, 15 oder 18 EStG dar, vgl. zum Ganzen Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 22, Rz. 66 ff.; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 22 KStG, Rz. 20; zu Rückvergütungen als Betriebs­ einnahmen Wassermeyer/Jochum, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20, Rz. C 44a. 1311 Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 149. 1312 Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 2; Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewS­ tG, § 22 KStG, Rz. 7; Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 22 KStG, Rz. 4; Pirner, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 22, Rz. 15. Der Be­

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

setzungen, so dass sie allein auf die Rechtsform der Genossenschaft i.S.d. GenG abstellt. Insbesondere findet sie auch keine Anwendung auf Kapi­ talgesellschaften, die den Mitgliedern zu dienen bestimmt und daher den Genossenschaften ähnlich sind.1313 Daher ist § 22 KStG rein rechtsformspezifisch im Verständnis dieser Arbeit. c) Sonstige Regelungen Neben § 22 KStG bilden die Körperschaftsteuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 und 14 KStG sowie die Freibetragsregelung in § 25 Abs. 1 KStG Sondernormen für Genossenschaften. Diese beziehen sich jedoch auf Genossenschaften, deren Tätigkeit sich auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder auf die Herstellung oder den Erwerb von Wohnun­ gen und die Überlassung ihres Gebrauchs an Mitglieder beschränkt.1314 Sie knüpfen neben der Rechtsform an andere, tätigkeitsbezogene Kriteri­ en an und sind daher auch rechtsformspezifisch. Aus diesem Grund sol­ len sie nicht Gegenstand der vorgelegten Untersuchung sein. § 8 Abs. 5 KStG sieht vor, dass für die Ermittlung des Einkommens bei Personenvereinigungen Mitgliedsbeiträge außer Ansatz bleiben. Die Norm findet auf die Rechtsform der Genossenschaft Anwendung, dane­ ben aber auch auf diejenige des Vereins und der Kapitalgesellschaft.1315 Sie betrifft nicht die Genossenschaft alleine, sondern allgemein körper­ schaftliche Rechtsformen und ist deshalb für die Untersuchung rechts­ formspezifischer Regelungen für Genossenschaften nicht relevant. Den Gegenstand der Untersuchung bildet daher ausschließlich die zent­ rale Vorschrift der Genossenschaftsbesteuerung zum Betriebsausgaben­ abzug von Rückvergütungen.

griff der dort genannten Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften entspricht dem Begriff der Genossenschaft i.S.d. GenG, so Stracke, Besteuerung von Genos­ senschaften in der Europäischen Union, 149. 1313 BFH, Urteil vom 02.02.1994, I R 78/92, BStBl. II 1994, 479, 482; Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 2. 1314 Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 25 KStG, Rz. 1. Zur Anwendung der Wettbewerbsregeln auf auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen vgl. Art. 42 AEUV und Raab, Das EU-Beihilfenverbot und seine verfahrensrechtlichen Auswirkungen im Steuerrecht, 165; Frick, Ein­ kommensteuerliche Steuervergünstigungen und Beihilfeverbot nach dem EG-­ Vertrag, 79 ff.; zu landwirtschaftlichen Genossenschaften im Europäischen Wett­ bewerbsrecht Jacobi/Vesterdorf, European Law Review 1993, 271. 1315 Rengers, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG, Rz. 971 m.w.N.

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VI. Genossenschaften

2. Betriebsausgabenabzug von Rückvergütungen nach § 22 KStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV Im Folgenden soll § 22 KStG nach den Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV untersucht werden. a) Begünstigung Um das Tatbestandsmerkmal der als Regel-Ausnahme-Verhältnis ver­ standenen Begünstigung zu prüfen, ist zunächst die formale Regelbesteu­ erung zu definieren1316, bevor der Ausnahmecharakter der fraglichen Norm untersucht wird. aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien Die formale Regelbesteuerung wird durch das äußere System bestimmt. Darunter sind die Aufteilung der Rechtsmaterie in Gesetze und der Ge­ setzes- und Normenaufbau, insbesondere die Regelungstechnik, zu ver­ stehen.1317 Die Besteuerung der Genossenschaft ist im KStG geregelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 KStG)1318; alle Normen des KStG finden im Grundsatz Anwendung. Damit fallen Genossenschaften formal unter das äußere System der Körperschaftsbesteuerung. Aus diesem Grund bestehen auch keine Anhaltspunkte für ein eigenes formales Subsystem für Genossen­ schaften. Diese formale Einteilung wird durch die Existenz einzelner Sondervorschriften für Genossenschaften innerhalb des KStG belegt1319, die im Hinblick auf die Regelungstechnik als Ausnahmevorschriften ein­ zuordnen sind und kein Subsystem schaffen. Nach formalen Kriterien stellt auch § 22 KStG eine begünstigende Ab­ weichung von dieser Regelbesteuerung dar. Denn die steuerliche Behand­ lung von Zahlungen der Körperschaft an die Mitglieder richtet sich regel­ mäßig nach § 8 Abs. 3 KStG. Nach S. 1 und 2 leg cit kommt es für die Ermittlung des Einkommens nicht darauf an, ob dieses verteilt wird. Davon macht die Vorschrift des § 22 KStG eine Ausnahme, indem sie anordnet, dass genossenschaftliche Rückvergütungen in bestimmter Höhe als Betriebsausgaben abziehbar sind. Diese wirkt sich begünstigend aus, da die Bemessungsgrundlage und damit die Steuerlast geschmälert werden. Aus dem beschriebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt eine Vermu­ tung zugunsten des Bestehens einer Begünstigung i.S.d. Art. 107 Abs. 1

1316 Vgl. B.V.3.a). 1317 Vgl. B.V.3.a)bb)(1). 1318 Kirchhof, Die Eigenständigkeit der Genossenschaft als Steuerrechtssubjekt, 24. 1319 Siehe dazu C.VI.1.c).

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

AEUV. Diese kann jedoch widerlegt werden, wenn die formale Ausnah­ me einem materiellen Prinzip des Körperschaftsteuersystems entspricht. bb) Regelbesteuerung nach materiellen Kriterien: materiell-rechtliche Verankerung des § 22 KStG Die Vorschrift des § 22 KStG könnte das objektive Nettoprinzip oder die grundsätzliche Anknüpfung des Körperschaftsteuerrechts an zivilrechtli­ che Strukturen umsetzen.1320 Die Beantwortung dieser Fragen hängt im Wesentlichen von der zivilrechtlichen Qualifizierung von Rückvergü­ tungen ab.1321 Deshalb ist zunächst deren zivilrechtliche Natur zu unter­ suchen, bevor ihr Verhältnis zu den jeweiligen materiellen Prinzipien einer Klärung zugeführt wird. (1) Zivilrechtliche Natur von Rückvergütungen Die Gewährung von Rückvergütungen ist zivilgesetzlich nicht geregelt. Insbesondere findet § 19 GenG, der die Gewinn- und Verlustverteilung betrifft, keine Anwendung.1322 Ihre zivilrechtliche Natur ergibt sich in­ folgedessen nicht eindeutig aus dem Gesetz. Im Wesentlichen lassen sich dem Schrifttum zwei Möglichkeiten der Einordnung entnehmen. Eine Ansicht möchte die Rückvergütung als Leistung der Genossenschaft an einen Kunden qualifizieren. Danach setzt die Zahlung der Rückvergü­ tung einen Preisnachlass um, den die Genossenschaft ihrem Mitglied nachträglich im Hinblick auf die zwischen Genossenschaft und Mitglied abgeschlossenen Geschäfte gewährt.1323 Eine andere Ansicht hingegen ordnet die Rückvergütung als verdeckte Gewinnausschüttung oder Ver­ teilung des Überschusses ein, die von der Genossenschaft an das Mit­ glied gezahlt wird.1324 Die unterschiedlichen Vorschläge zur Qualifizie­ rung der Rückvergütungen folgen aus dem genossenschaftlichen Prinzip der Identität von Mitglied und Kunde.1325 Aufgrund des Hauptzweckes 1320 Ob in materieller Hinsicht ein Subsystem bestehen könnte, wird mangels ausrei­ chender Anhaltspunkte, insbesondere aufgrund der wenigen Sondernormen zu Genossenschaften, die zudem keine umfassenden Regelungen zu Steuerobjekt und Steuersubjekt enthalten, nicht eigens untersucht. 1321 A.A. Strieder, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, § 7, Rz. 22 ff., der zivilrechtliche und steuerrechtliche Einordnung unabhängig voneinander vor­ nimmt. 1322 Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 6; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 14. 1323 Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, 56; Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 22, Rz. 7. 1324 So z.B. Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 59. Zum Ganzen ausführlich Kirchhof, Die Eigenständigkeit der Genossenschaft als Steuerrechtssubjekt, 9; Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 7. 1325 „Identitätsprinzip“, vgl. Kirchhof, Die Eigenständigkeit der Genossenschaft als Steuerrechtssubjekt, 17; Geibel, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1

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VI. Genossenschaften

einer Genossenschaft, der Förderung ihrer Mitglieder, steht das Mitglied sowohl gesellschaftsrechtlich in seiner Eigenschaft als Mitglied als auch schuldrechtlich in seiner Eigenschaft als Kunde mit der Genossenschaft in Beziehung. Aus dieser Doppelfunktion1326 folgt ein Qualifikationskon­ flikt im Hinblick auf die Rückvergütungen.1327 Tritt das Mitglied beim Empfang von Rückvergütungen als Kunde auf, so kann es sich um einen Preisnachlass handeln. Erhält es die Rückvergütung hingegen als Genos­ senschaftsmitglied, so erscheint es sinnvoll, von einer Gewinnausschüt­ tung in der besonderen Form der Rückgewähr des im Fördergeschäftsver­ kehr mit den Mitgliedern erwirtschafteten Überschusses auszugehen.1328 Aus dem Wortlaut des GenG, insbesondere aus §§ 18 und 19 leg cit, erge­ ben sich keine Erkenntnisse für die zivilrechtliche Einordnung der Rück­ vergütung. Für eine Qualifizierung als Preisnachlass und nicht als Teil des Gewinns streitet in systematischer Hinsicht, dass mit § 19 GenG eine Vorschrift für die Gewinn- und Verlustverteilung geschaffen worden ist, die keine ausdrückliche Regelung zur Rückvergütung enthält und diese auch nicht als „Gewinn“ i.S.d. Vorschrift erfasst. Gegen diese Ein­ ordnung spricht jedoch, dass die Höhe der Rückvergütung sich nicht nach den jeweiligen Geschäften der einzelnen Mitglieder mit der Genos­ senschaft bemisst, also keinen Bezug zu einzelnen Umsatzgeschäften aufweist.1329 Dies schließt die Qualifizierung als Preisnachlass aus, da weder das Geschäft noch der Preis und der damit verbundene Nachlass definiert werden können. Die Höhe der Rückvergütung ist vielmehr all­ gemein mitglieder- und umsatzbezogen1330, was auf die Begründung der

GenG, Rz. 43; Geschwandtner, Genossenschaftsrecht, 54 f.: „vereinigungsfor­ meigene Doppelstellung“; Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 148. 1326 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 4, 28. 1327 Kirchhof, Die Eigenständigkeit der Genossenschaft als Steuerrechtssubjekt, 30. 1328 Zum Ganzen Kirchhof, Die Eigenständigkeit der Genossenschaft als Steuer­ rechtssubjekt, 17 f. 1329 Beuthien, in: Beuthien, GenG, § 19, Rz. 14; Krämer, in: Dötsch/Pung/Möhlen­ brock, KStG, § 22, Rz. 11; Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 9; Fandrich, in: Pöhl­ mann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 15; Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 11, unter Verweis auf BFH, Urteil vom 28.11.1968, I 47/65, BStBl. II 1969, 245, 246, für Warenrückvergütungen. Auf diese war zunächst der Anwendungsbereich des Betriebsausgabenabzugs be­ schränkt, vgl. BT-Drucks., 7/1470, 359. Siehe auch KStR 70. Diese Frage ist je­ doch umstritten, vgl. dazu Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 25. 1330 So Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 149; Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 15. Dabei herrscht ferner ein striktes Gleichbehandlungsgebot der Mitglie­ der, so dass die Höhe der Rückvergütung nicht einmal vom Gesamtumsatz eines Mitglieds abhängen darf, Klein, in: Mössner/Seeger, KStG, § 22, Rz. 251.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Rückvergütung im Mitgliedschaftsverhältnis deutet.1331 Dafür spricht auch der Umstand, dass die Rückvergütung ihren Grund im Förderzweck der Genossenschaft hat. Im Grundsatz würde die Genossenschaft ihren Mitgliedern ihre Leistungen aufgrund des Förderzwecks zum Selbstkos­ tenpreis anbieten. Dies ist jedoch unter Beachtung kaufmännischer Vor­ sicht nicht möglich. Der Teil des Überschusses, der wegen der vorsichti­ gen Preisgestaltung entsteht, wird den Mitgliedern daher in Form von Rückvergütungen zurückgewährt1332, die daher im Förderzweck und so­ mit im Mitgliedschaftsverhältnis begründet sind. Insgesamt erscheint aus diesen Gründen die Einordnung als Teil des Gewinns überzeugender. Dabei ist festzuhalten, dass es sich um eine besondere Form des Gewinns in Gestalt der Rückgewähr des im Fördergeschäftsverkehr mit den Mit­ gliedern erwirtschafteten Überschusses handelt.1333 (2) Objektives Nettoprinzip Die Abziehbarkeit der Rückvergütung als Betriebsausgabe deutet zu­ nächst darauf hin, dass die Regelung das objektive Nettoprinzip umset­ zen soll. Danach darf der Steuerpflichtige alle Aufwendungen, die ihm, veranlasst durch seine steuerpflichtige Erwerbstätigkeit, entstanden sind, von seinen Einnahmen abziehen.1334 Um die Rückvergütung als Be­ triebsausgabe zu qualifizieren, müsste sie daher durch die Erwerbstätig­ keit der Genossenschaft veranlasst sein. Dies kommt jedoch lediglich mit der Ansicht in Betracht, die die Rückvergütung als Preisnachlass ein­ ordnet. Ein solcher könnte als durch das konkrete Erwerbsgeschäft mit dem Mitglied veranlasst zu betrachten sein.1335 Aus den oben genannten Gründen erscheint diese zivilrechtliche Qualifizierung jedoch nicht überzeugend, so dass die damit einhergehende Herleitung aus dem objek­ tiven Nettoprinzip abzulehnen ist.

1331 Zur Begründung im Mitgliedschaftsverhältnis Frotscher, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 22 KStG, Rz. 2; Klein, in: Mössner/Seeger, KStG, § 22, Rz. 36. 1332 Zum Ganzen Helios, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, § 1, Rz. 10; Strieder, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, § 7, Rz. 21; Geschwandtner, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, § 4, Rz. 69. 1333 Krämer, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 22, Rz. 3; Helios, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, Einleitung, Rz. 15, auch zur Entwicklung der Rechtsprechung; Schmitz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuerund Körperschaftsteuergesetz, § 22 KStG, Rz. 1; a.A. wohl Beuthien, in: Beu­ thien, GenG, § 19, Rz. 14. 1334 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band 2, 762. 1335 So Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 15; vgl. zu die­ ser Frage auch Kirchhof, Die Eigenständigkeit der Genossenschaft als Steuer­ rechtssubjekt, 9 f., 17.

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VI. Genossenschaften

(3) Anknüpfung an zivilrechtliche Grundstrukturen Nach der zivilrechtlich einleuchtenden Ansicht handelt es sich bei der Rückvergütung um einen Teil des Gewinns, der aufgrund seiner besonde­ ren Natur als Rückgewähr des Überschusses aus dem Fördergeschäfts­ verkehr und des genossenschaftsspezifischen Förderzwecks nicht den Anforderungen des § 19 GenG unterliegt.1336 Da er nicht entsprechend den Regelungen für Gewinne verteilt wird, handelt es sich steuerlich im Grundsatz um verdeckte Gewinnausschüttungen, die nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG den Gewinn nicht mindern. § 22 KStG fingiert deshalb den Betriebsausgabencharakter1337, um Rückvergütungen mit anderen Ausga­ ben der Genossenschaft, die die Bemessungsgrundlage mindern, gleich­ zustellen. Als Begründung dafür wird allgemein der Förderzweck als Hauptcharakteristikum der Genossenschaft angeführt, da die Rückver­ gütung eines der wesentlichen Instrumente der Förderung der Genossen­ schaftsmitglieder darstellt.1338 Der Förderzweck selbst ist jedoch kein körperschaftsteuerliches Prinzip, mit dem die formale Vermutungswirkung widerlegt werden kann. Frag­ lich ist deshalb, ob die Verwirklichung des Förderprinzips ihrerseits auf einem steuerlichen Prinzip beruht. Dies könnte die grundsätzliche Orientierung des Körperschaftsteuerrechts an zivilrechtlichen Grund­ ­ strukturen sein. Es besteht zwar kein Zwang zur Orientierung des Steu­ errechts am Zivilrecht, insbesondere wird aufgrund des Leistungsfähig­ keitsprinzips im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise von zivilrechtlichen Gestaltungsformen abgewichen. Die Untersuchung un­ ter IV. 2.a)bb) hat jedoch gezeigt, dass die Orientierung an zivilrechtli­ chen Strukturen eine der Grundentscheidungen der Körperschaftsbe­ steuerung ist. Setzt § 22 KStG mit dem Förderprinzip eine zivilrechtliche Grundstruktur um, so entspricht die Norm der grundsätzlichen Orien­ tierung des Körperschaftsteuersystems am Zivilrecht. Hier ist zunächst festzuhalten, dass der Grundsatz der Mitgliederförde­ rung das Hauptcharakteristikum der Rechtsform der Genossenschaft darstellt.1339 Er ist daher als strukturprägendes zivilrechtliches Prinzip dieser Rechtsform einzuordnen. Der Abzug der Rückvergütungen von der Bemessungsgrundlage der Genossenschaft setzt dieses Prinzip um.1340 1336 Schulte, in: Erle/Sauter, KStG, § 22, Rz. 2. 1337 Zum Charakter als Fiktion Stracke, Besteuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 59. 1338 Helios, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, Einleitung, Rz. 15. 1339 Fandrich, in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 5. 1340 Helios, in: Beck‘sches Handbuch der Genossenschaft, § 9, Rz. 9; Specker, Zwi­ schen Sondersteuerrecht und verdeckter Gewinnausschüttung, 19; Stracke, Be­ steuerung von Genossenschaften in der Europäischen Union, 149; Fandrich, in:

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Zwar erscheint die gesetzliche Qualifikation als Betriebsausgabe nicht zwingend. Sie wird als gesetzgeberische Fiktion eingeordnet, ist allein Teil der Regelungstechnik und ändert nichts am materiell richtigen Er­ gebnis der Minderung der Bemessungsgrundlage als Ausnahme von der Behandlung verdeckter Gewinnausschüttungen.1341 Dieses Ergebnis ent­ spricht der zivilrechtlichen Vorstrukturierung, weil es sich bei der Rück­ vergütung um eine genossenschaftsspezifische Art der Zuwendung han­ delt1342, die den Gewinn der Genossenschaft schmälert, weil der Betrag nicht der Genossenschaft zur Verfügung steht, sondern aufgrund des För­ derauftrags als Rückgewähr des im Fördergeschäftsverkehr mit den Mit­ gliedern erwirtschafteten Überschusses den Mitgliedern zufließt. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass der Abzug nur insoweit zulässig ist, als die für die Rückvergütung verwendeten Beträge aus dem Mitglie­ dergeschäft stammen: Das Ergebnis aus Geschäften mit Dritten wird als Gewinn der Genossenschaft1343 qualifiziert und nicht zum Abzug zuge­ lassen, während dasjenige aus Mitgliedergeschäften abziehbar sein soll, weil diese Geschäfte Teil der Förderung der Mitglieder sind.1344 Ferner zeigt auch die Rechtsprechung des BFH zu § 22 Abs. 2 S. 2 KStG, dass die Norm den Förderzweck der Genossenschaft widerspiegelt. Die Regelung sieht vor, dass Nachzahlungen der Genossenschaft für Lieferungen oder Leistungen und Rückzahlungen von Unkostenbeiträgen wie genossen­ schaftliche Rückvergütungen zu behandeln sind. Der BFH fasst nur sol­ che Nachzahlungen darunter, die als Überschussverteilung einzuordnen, also im Mitgliedschaftsverhältnis begründet sind, und nicht solche, die dazu dienen sollen, einen angemessenen Kaufpreis herzustellen.1345 Aus den erläuterten Gründen beruht der Betriebsausgabenabzug für Rückvergütungen auf dem Grundsatz der Orientierung der Körper­ schaftsbesteuerung an zivilrechtlichen Grundstrukturen als Prinzip des Körperschaftsteuersystems. Diese Entsprechung führt dazu, dass die aus Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, § 1 GenG, Rz. 15; Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 12; Geibel, in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, § 1 GenG, Rz. 6; Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 1, 8. 1341 Zum Ausnahmecharakter Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 8; Schlenker, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 3. 1342 Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 1; Schmitz, in: Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 22 KStG, Rz. 8 ff. 1343 Als verdeckte Gewinnausschüttung. 1344 BFH, Urteil vom 25.09.1956, I 226/55 U, BStBl. III 1956, 367, 369 f. Dies sind Zweck-, Gegen- und Hilfsgeschäfte, so Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 18, 24; Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 18 f. Im Einzelnen zur Relevanz der Gegen- und Hilfsgeschäfte i.R.d. § 22 KStG Schlenker, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 21 f. 1345 Schlenker, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 22 KStG, Rz. 13; Roser, in: Gosch, KStG, § 22, Rz. 10, unter Verweis auf BFH, Urteil vom 18.12.1963, I 187/62 U, BStBl. III 1964, 211, 212.

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VII. KGaA

dem formalen Ausnahmecharakter abgeleitete Vermutungswirkung wi­ derlegt wird. Ein Widerspruch zu einem anderen materiellen Prinzip, das dasjenige der Bezugnahme auf das Zivilrecht überwiegen würde, ist nicht ersichtlich. Daher entspricht § 22 KStG der materiellen Regelbesteue­ rung und erfüllt nicht die Voraussetzungen einer beihilferelevanten Be­ günstigung. b) Ergebnis Im Ergebnis fällt der Betriebsausgabenabzug für Rückvergütungen nach § 22 KStG nicht unter das Beihilfeverbot nach Art. 107 Abs. 1 AEUV.1346 Im KStG bestehen daher keine rein rechtsformspezifischen Vorschriften für Genossenschaften, die als Beihilfen einzustufen sind. Dies gilt jedoch nicht für die auch rechtsformspezifischen Sondernormen für Genossen­ schaften, die nicht Gegenstand dieser Untersuchung sein sollen.

VII. Die Besteuerung der KGaA auf dem Prüfstand des ­Beihilferechts Im Rahmen dieses Abschnitts wird erörtert, ob die Besteuerung der KGaA beihilferechtlich relevant werden kann. Dabei soll auf die Ein­ grenzung des Gegenstands der Untersuchung die tatbestandliche Prü­ fung anhand Art. 107 Abs. 1 AEUV folgen. 1. Gegenstand der Untersuchung Im Folgenden soll die Besteuerung der KGaA in Grundzügen erläutert und auf ihren rein rechtsformspezifischen Charakter hin überprüft wer­ den. a) Besteuerung der KGaA im deutschen Unternehmenssteuerrecht Die KGaA ist gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG als Kapitalgesellschaft Steuer­ pflichtige.1347 Ihre Besteuerung richtet sich im Grundsatz nach den Vor­ schriften, die für alle in § 1 Abs. 1 KStG enumerierten Körperschaften gelten und die unter IV. 1.a)bb) dargestellt sind.1348 Eine Abweichung vom Besteuerungsregime für Kapitalgesellschaften ergibt sich jedoch im Hin­ blick auf den Gewinnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters ei­ ner KGaA. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG ist der Teil des Gewinns, der an einen persönlich haftenden Gesellschafter auf seine nicht auf das Grund­ 1346 Zum gleichen Ergebnis kommt Pirner, in: Schnitger/Fehrenbacher, KStG, § 22, Rz. 49, der jedoch die Selektivität verneint. 1347 Sauter, in: Erle/Sauter, KStG, § 1, Rz. 15. 1348 Auch die Kommanditaktionäre werden wie die Aktionäre einer AG besteuert, vgl. Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77, 87.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

kapital gemachte Einlage oder als Vergütung für die Geschäftsführung verteilt wird, bei der KGaA einkommensmindernd zu berücksichti­ gen.1349 Parallel dazu bestimmt § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG, dass der Ge­ winnanteil des persönlich haftenden Gesellschafters, soweit er nicht auf Anteile am Grundkapital entfällt, und die Vergütungen, die er für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat, zu den ge­ werblichen Einkünften zählt und damit bei dem Gesellschafter selbst nach dem EStG zu versteuern ist.1350 Diese Normen sind in ihrem Zu­ sammenwirken nach der sog. Wurzeltheorie des BFH und der h.M. in der Literatur so auszulegen, dass die Einkommensbesteuerung des persön­ lich haftenden Gesellschafters1351 „an der Wurzel“ von der Körperschafts­ besteuerung der KGaA abgespalten und nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG dem gewerblichen Bereich zugewiesen wird. Die Einkünfte sind ihm wie einem Einzelunternehmer oder Mitunternehmer unmittelbar zuzurech­ nen.1352 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG fingiert damit die Stellung eines Mit­ unternehmers, der persönlich haftende Gesellschafter wird jedoch nicht zum Mitunternehmer.1353 Nach diesem Verständnis ist § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG eine reine Zuordnungsnorm, während § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG eine Zuordnungs- und Qualifikationsnorm darstellt.1354 Beide 1349 Vgl. dazu Märtens, in: Gosch, KStG, § 9, Rz. 13. 1350 Vergütungen für die Hingabe von Darlehen oder die Überlassung von Wirt­ schaftsgütern fallen nicht unter § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG, aber dennoch unter § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG. Sie sind jedoch als Betriebsausgaben nach § 8 Abs. 1 KStG, § 4 Abs. 4 EStG abziehbar, so dass kein systematischer Bruch entsteht, so Drüen/ van Heek, DStR 2012, 541, 546. 1351 Soweit dieser nicht auch Kommanditaktionär ist. 1352 So BFH, Urteil vom 21.06.1989, X R 14/88, NJW 1980, 1812, 1814, unter Verweis auf Becker, StuW 1936, 79, 97; vgl. zur h.M. Bode, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 561; Drüen/van Heek, DStR 2012, 541, 545; Hageböke, IStR 2010, 59, 61; Mai, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 9 KStG, Rz. 15a. Eine Umqualifizierung von Kapital- in Gewerbeeinkünfte findet danach nicht statt, vgl. BFH, Urteil vom 19.05.2010, I R 62/09, BFHE 230, 18, Rz. 25; Hageböke, IStR 2010, 59, 62; Hageböke/Kötz, DStR 2006, 293, 294; dazu kritisch Wassermeyer, Ubg 2011, 47. Zur kontroversen Diskussion über das richtige Be­ steuerungskonzept für die KGaA vgl. Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DB 2014, 147; Wassermeyer, in: Festschrift für Michael Streck, 259; Wassermeyer, Ubg 2011, 47; Hageböke, IStR 2010, 59; Hageböke/Kötz, DStR 2006, 293; Kramer, IStR 2010, 57; Halasz/Kloster/Kloster, GmbHR 2002, 77. Zu den aus der rudimentären gesetzlichen Regelung und der Rechtsprechung resultierenden Unsicherheiten Drüen/van Heek, DStR 2012, 541, 543. Diese set­ zen insbesondere bei den Fragen nach der monistischen oder dualistischen Ge­ winnermittlung und nach der transparenten oder intransparenten Verteilung des Gewinns an. 1353 Wassermeyer, in: Festschrift für Michael Streck, 259, 267; Hageböke/Kötz, DStR 2006, 293, 294; kritisch Kessler, in: Festschrift für Klaus Korn, 307, 331 f. 1354 BFH, Urteil vom 28.11.2007, X R 6/05, BStBl. II 2008, 363, 364; Bode, in: Blü­ mich, EStG, KStG, GewStG, § 15 EStG, Rz. 562.

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VII. KGaA

Normen berühren daher nicht den Steuersubjektcharakter der KGaA.1355 Insgesamt führt dieses Verständnis zu einer steuerlichen „(Teil-) Trans­ parenz der „hybriden“ KGaA“1356 und damit zu einem hybriden Besteue­ rungskonzept für die KGaA.1357 b) Rein rechtsformspezifische Natur der Besteuerung Zum diesem Besteuerungskonzept gehören die beiden erläuterten Nor­ men. Sie sind auf ihre rein rechtsformspezifische Natur hin zu überprü­ fen. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG findet ausschließlich auf die Rechtsform der KGaA1358 Anwendung. Dies gilt auch für § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG im Hinblick auf deren persönlich haftenden Gesellschafter. Da ihm ein An­ teil des Gewinns der KGaA zugewiesen wird, kann diese Norm trotz ih­ rer Bezugnahme auf den Gesellschafter als rechtsformspezifisch im Hin­ blick auf die Rechtsform der Gesellschaft eingeordnet werden. Keine der beiden Normen stellt andere tätigkeitsspezifische Anwendungsvoraus­ setzungen auf. Aus diesen Gründen sind § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG sowie § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG als rein rechtsformspezifische Vorschriften im Sinne dieser Arbeit zu qualifizieren. Beide Normen sind daher Gegen­ stand der folgenden Untersuchung. 2. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG im Lichte des Art. 107 Abs. 1 AEUV Im Folgenden sollen § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG der beihilferechtlichen Prüfung nach den Kriterien des Art. 107 Abs. 1 AEUV unterzogen werden. a) Begünstigung Das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung wird anhand des formalen und materiellen Regel-Ausnahme-Verhältnisses untersucht.1359 aa) Regelbesteuerung und Ausnahme nach formalen Kriterien Das äußere System bestimmt die Regelbesteuerung nach formalen Krite­ rien. Dies sind die Aufteilung der Rechtsmaterie in Gesetze und der Ge­

1355 BFH, Urteil vom 19.05.2010, I R 62/09, BFHE 230, 18, Rz. 25. 1356 BFH, Urteil vom 19.05.2010, I R 62/09, BFHE 230, 18, Rz. 25. 1357 Hageböke, IStR 2010, 59, 61; Sauter, in: Erle/Sauter, KStG, § 1, Rz. 15; monogra­ phisch zur Besteuerung der KGaA Bielinis, Die Besteuerung der KGaA; Hölzl, Die Besteuerung der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA). 1358 Und auf vergleichbare Kapitalgesellschaften ausländischen Rechts, vgl. Brandl, in: Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 9 KStG, Rz. 12. 1359 Vgl. B.V.3.a).

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

setzes- und Normenaufbau, insbesondere die Regelungstechnik.1360 Als formale Regelbesteuerung der KGaA kommt das KStG in Betracht, das nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 die KGaA erfasst. Gegen diese Annahme ist anzuführen, dass die beiden die KGaA betreffenden steuerlichen Sonder­ normen in zwei unterschiedlichen Gesetzen, dem KStG und dem EStG, geregelt sind. Dafür spricht jedoch, dass sich alle anderen Regelungen zur subjektiven wie zur objektiven Steuerpflicht im KStG befinden und die Norm im EStG nicht die Gesellschaft selbst, sondern ihren persönlich haftenden Gesellschafter betrifft. Aus diesen Gründen kann das KStG dennoch als formale Regelbesteuerung eingeordnet werden. Von den da­ nach geltenden Regelungen stellt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG eine begünstigen­ de Abweichung dar. Grundsätzlich gehört bei Kapitalgesellschaften der gesamte Gewinn zur Bemessungsgrundlage (§ 8 Abs. 1 KStG, § 4 Abs. 1 EStG). Durch die Abzugsmöglichkeit nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG werden in Ausnahme davon die Bemessungsgrundlage und damit die Steuerlast gemindert. Aus dem beschriebenen Regel-Ausnahme-Verhältnis folgt eine Vermu­ tung zugunsten des Bestehens einer Begünstigung i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV. Diese kann jedoch widerlegt werden, wenn die formale Ausnah­ me einem materiellen Prinzip des Körperschaftsteuersystems entspricht. bb) Regelbesteuerung nach materiellen Kriterien Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG könnte i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG die grundsätzliche Anknüpfung des Körperschaftsteuerrechts an zivilrechtliche Strukturen verwirklichen.1361 Dies hängt von der ge­ sellschaftsrechtlichen Natur der KGaA und insbesondere der Stellung des persönlich haftenden Gesellschafters sowie deren gesetzlicher Um­ setzung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG ab. Des­ halb ist zunächst die gesellschaftsrechtliche Natur der KGaA zu untersu­ chen, bevor die zivilistische Anknüpfung beider Normen geprüft wird. (1) Gesellschaftsrechtliche Natur der KGaA Die Rechtsform der KGaA hat nach § 278 Abs. 1 AktG eigene Rechtsper­ sönlichkeit und ist juristische Person des Privatrechts.1362 Ihre Gesell­ schafterstruktur besteht aus mindestens einem persönlich haftenden Gesellschafter und den Kommanditaktionären, die an dem in Aktien zer­ legten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlich­ 1360 Vgl. B.V.3.a)bb)(1). 1361 Ob in materieller Hinsicht ein Subsystem besteht, wird mangels ausreichender Anhaltspunkte nicht eigens untersucht. 1362 Perlitt, in: Münchener Kommentar zum AktG, Vorb. zu §§ 278 ff., Rz. 29; Grass, Die Besteuerung der Kommanditgesellschaft auf Aktien, 8.

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VII. KGaA

keiten der Gesellschaft zu haften. Gem. § 278 Abs. 2 AktG bestimmt sich das Rechtsverhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter unter­ einander und gegenüber der Gesamtheit der Kommanditaktionäre sowie gegenüber Dritten nach §§ 161 ff. HGB. Nach § 278 Abs. 3 AktG gelten im Übrigen die Vorschriften über die Aktiengesellschaft, soweit sich nicht aus §§ 279 ff. AktG etwas anderes ergibt. Damit steht die KGaA als hybride Gesellschaftsform1363 zwischen der Personengesellschaft und der AG und nimmt eine handelsrechtliche Sonderstellung ein.1364 So findet für Zwecke der Gewinnverteilung das Personengesellschaftsrecht An­ wendung. Danach wird dem persönlich haftenden Gesellschafter ein Teil des Gesamtgewinns der KGaA direkt zugeordnet und unmittelbar sei­ nem Kapitalanteil zugeschrieben (§ 278 Abs. 2, § 286 Abs. 2 AktG, § 161 Abs. 2, § 120 Abs. 2 HGB).1365 Ferner ist die Struktur des Eigenka­ pitals zweigeteilt. Es besteht wie bei der AG aus dem Grundkapital, da­ neben aber auch aus den Kapitalanteilen der persönlich haftenden Ge­ sellschafter, die auf deren Einlagen beruhen.1366 Auch im Hinblick auf die Haftung steht die KGaA zwischen der juristischen Person und der Ge­ samthand. Denn trotz ihrer Eigenschaft als juristische Person, die in der Regel mit der Haftungsbeschränkung einhergeht, entsteht mit der Figur des persönlich haftenden Gesellschafters eine teilweise unbeschränkte Haftung.1367 Insgesamt ähnelt daher die Stellung des persönlich haften­ den Gesellschafters derjenigen der Gesellschafter von Personengesell­ schaften, während die Kommanditaktionäre den Aktionären einer AG gleichstehen.1368 1363 Drüen/van Heek, DStR 2012, 541; Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, DB 2014, 147, 148; Grass, Die Besteuerung der Kommanditgesell­ schaft auf Aktien, 9. 1364 Perlitt, in: Münchener Kommentar zum AktG, Vorb. zu §§ 278 ff., Rz. 29; Sauter, in: Erle/Sauter, KStG, § 1, Rz. 26; Wassermeyer, in: Festschrift für Michael Streck, 259, 261 mit zahlreichen Nachweisen. 1365 Wassermeyer, in: Festschrift für Michael Streck, 259, 261 mit zahlreichen Nach­ weisen; Hageböke, Das „KGaA-Modell“, 52; Perlitt, in: Münchener Kommentar zum AktG, § 278, Rz. 78; Hageböke, IStR 2010, 59, 62. 1366 Perlitt, in: Münchener Kommentar zum AktG, § 278, Rz. 68 ff.; Drüen/van Heek, DStR 2012, 541, 542; Kessler, in: Festschrift für Klaus Korn, 307, 314 f.; Philbert, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, 73. 1367 Perlitt, in: Münchener Kommentar zum AktG, § 278, Rz. 40; Kirchhof, in: See­ ger, DStJG 25, 1, 4; Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Vorb. §§ 21 ff., Rz. 7: „Die Existenz des „Zwitters“ KGaA als juristischer Person widerlegt den Zusammenhang zwischen juristischer Persönlichkeit und Ausschluss der per­ sönlichen Haftung entgegen zum Teil vertretener Ansicht nicht, sondern bestä­ tigt ihn. Denn bei der KGaA haftet nur der Komplementär persönlich. Dem Aus­ schluss der persönlichen Haftung der Kommanditaktionäre korrespondiert die gleiche Vermögensbindung wie im Fall der AG, so dass bloße Rechtsfähigkeit ohne konstitutive staatliche Mitwirkung (in Form der Registereintragung oder Konzession) nach dem Vorbild der OHG und KG nicht ausreicht.“ 1368 Grass, Die Besteuerung der Kommanditgesellschaft auf Aktien, 27.

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C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

(2) Anknüpfung an zivilrechtliche Grundstrukturen Die Orientierung des Körperschaftsteuerrechts an zivilrechtlichen Grundstrukturen ist eine der Grundentscheidungen der Körperschaftsbe­ steuerung.1369 Setzt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG die gesellschaftsrechtliche Natur der KGaA um, so entspricht die Norm der grundsätzlichen Orientierung des Körperschaftsteuersystems am Zi­ vilrecht. Wie dargestellt ist die Rechtsform der KGaA in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht hybrid, weil ihre Gesellschafterstruktur sich aus mindestens einem persönlich haftenden Gesellschafter sowie Kommanditaktionären zusammensetzt. Die Mitglieder der KGaA stehen daher einerseits Ge­ sellschaftern einer KG und andererseits Aktionären einer AG nahe. § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bildet im Zusammenwirken mit § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG diesen hybriden Gesellschaftscharakter ab.1370 Während die steuerliche Trennung zwischen KGaA und Kommanditaktionären im Rahmen der grundsätzlichen Anwendung des KStG die zivilrechtliche Trennung zwischen juristischer Person und Mitglied nachvollzieht1371, führt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG dazu, dass die gesellschaftsrechtliche Stel­ lung des persönlich haftenden Gesellschafters, die derjenigen des Kom­ plementärs einer KG gleichsteht, zum Tragen kommt. Der Gewinnan­ teil, der dem Kapitalanteil des persönlich haftenden Gesellschafters gem. § 278 Abs. 2, § 286 Abs. 2 AktG, § 161 Abs. 2, § 120 Abs. 2 HGB gutge­ schrieben wird, wird auch steuerlich vom Einkommen der KGaA „an der Wurzel“ abgespalten und folgerichtig davon abgezogen.1372 § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG ordnet diesen Teil des Einkommens unmittelbar dem Gesell­ schafter zu und qualifiziert ihn darüber hinaus als gewerblich. Dies führt im Ergebnis dazu, dass die persönlich haftenden Gesellschafter entspre­ chend ihrer gesellschaftsrechtlichen Ähnlichkeit mit den Komplementä­ ren einer KG wie Mitunternehmer und die Kommanditaktionäre ent­ 1369 Vgl. C.IV.2.a)bb). 1370 Grass, Die Besteuerung der Kommanditgesellschaft auf Aktien, 73; Hageböke, IStR 2010, 59, 62; Kusterer, DStR 2008, 484, 487; Wissenschaftlicher Beirat Steu­ ern der Ernst & Young GmbH, DB 2014, 147, 149: „Die Ausgestaltung der KGaA als Mischform zwischen PersGes. und KapGes. rechtfertigt es, den Gewinnanteil eines phG jedenfalls dann nach Mitunternehmergrundsätzen zu besteuern, wenn er sich als Gewinn aus einer nicht in das Grundkapital der KGaA geleisteten Einlage darstellt. Diesem Grundgedanken folgen § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG.“ – § 16 Abs. 2 S. 1 EStG weicht allerdings vom Zivilrecht ab, weil er dem persönlich haftenden Gesellschafter einen Anteil am Betriebsvermögen zurechnet, obwohl zivilrechtlich kein Gesamthandsvermögen besteht, so Hageböke/Kötz, DStR 2006, 293, 294. 1371 Kusterer, DStR 2008, 484, 487. 1372 Dies dient der Vermeidung von Doppelbelastungen, so Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11, 47; Mai, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 9 KStG, Rz. 14; Krebbers-van Heek, in: Mössner/Seeger, KStG, § 9, Rz. 80 f.

258

VIII. Selektivität

sprechend ihrer zivilrechtlichen Stellung wie Aktionäre einer AG besteuert werden. Daher spiegelt insbesondere § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG, der ein hybrides Besteuerungskonzept schafft, die zivilrechtlich hybride Natur der KGaA wider1373 und ent­ spricht der Orientierung des Körperschaftsteuersystems am Zivilrecht. Daraus folgt, dass die aus dem formalen Ausnahmecharakter abgeleitete Vermutungswirkung widerlegt wird. Ein Widerspruch zu einem anderen materiellen Prinzip, das dasjenige der Bezugnahme auf das Zivilrecht überwiegen würde, ist nicht ersichtlich. Daher ist § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG Teil der materiellen Regelbesteuerung und erfüllt nicht die Voraussetzungen einer beihilferelevanten Begünsti­ gung. b) Ergebnis Im Ergebnis fällt § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG nicht unter das Beihilfeverbot nach Art. 107 Abs. 1 AEUV. Im KStG bestehen daher keine rein rechtsformspezifischen Vorschriften für KGaA, die als Beihilfen einzustufen sind.

VIII. Kriterien der Selektivität rechtsformspezifischer ­Besteuerung Da das Tatbestandsmerkmal der Selektivität in den Einzelprüfungen un­ ter C.IV. bis C.VII. nur eingeschränkt relevant geworden ist1374, soll es allgemein im Hinblick auf rechtsformspezifische steuerliche Differen­ zierungen erörtert werden. Dabei rückt zunächst der Inhalt der Selektivi­ tätsprüfung im alternativen Prüfungsansatz in den Fokus, bevor auf die Selektivitätskriterien auch und rein rechtsformspezifischer Besteuerung eingegangen wird. 1. Inhalt der Selektivitätsprüfung im alternativen Prüfungsansatz Der Inhalt der Selektivitätsprüfung im alternativen Prüfungsansatz un­ terscheidet sich erheblich von demjenigen im klassischen und gleich­ heitsrechtlichen Ansatz. Diese Ansätze nehmen im Rahmen des Tat­ bestandsmerkmals der Selektivität eine Vergleichbarkeitsprüfung vor. Deren Inhalt wird im alternativen Prüfungsansatz im Wesentlichen von der Untersuchung der materiellen Regelbesteuerung abgedeckt, so dass 1373 Mai, in: Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 9 KStG, Rz. 13; Krämer, in: Dötsch/Pung/Möhlenbrock, KStG, § 9, Rz. 20; Drüen, in: Herrmann/Heuer/Rau­ pach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 9 KStG, Rz. 23; Nagel/ Wittkowski, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), 111. 1374 Ausschließlich unter C.V.3.b).

259

C.  Rechtsformspezifische Differenzierungen und Beihilferecht

Ausführungen dazu in die entsprechenden Analysen eingeflossen sind.1375 Im Gegensatz dazu stellt der alternative Prüfungsansatz für die Frage der Selektivität auf die Abgrenzbarkeit des Begünstigtenkreises ab. Es ist im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH in der Rs. Gibraltar1376 da­ nach zu fragen, ob die als Besteuerungsgrundlagen festgelegten Kriterien geeignet sind, die begünstigten Unternehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen.1377 2. Selektivität auch rechtsformspezifischer Besteuerung Als Ergebnis der Analyse der Rechtsprechung und Kommissionpraxis ist festzuhalten, dass auch rechtsformspezifische Steuervorschriften in der Regel als selektiv einzuordnen sind.1378 Dabei dient der Kennzeichnung der begünstigten Unternehmen als privilegierte Gruppe jedoch nicht das Kriterium der Rechtsform alleine, sondern vor allem die Eigenart der Tä­ tigkeit, die in der entsprechenden Norm vorausgesetzt wird. 3. Selektivität rein rechtsformspezifischer Besteuerung – ­Voraussetzung des Tätigkeitsbezugs Rein rechtsformspezifische Steuernormen sind oft bereits keine Ausnah­ men von der Regelbesteuerung und daher keine Begünstigung i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV.1379 In diesen Fällen wird die Frage der Selektivität nicht relevant. In Fällen, in denen ein begünstigendes Regel-Ausnah­ me-Verhältnis festgestellt wird, ist für die Frage der Selektivität folgende Überlegung anzustellen: Fraglich ist, ob die Rechtsform alleine geeignet ist, die begünstigten Unternehmen anhand ihrer spezifischen Eigenarten als privilegierte Gruppe zu kennzeichnen. Rein rechtsformspezifische Normen bestimmen ihren persönlichen An­ wendungsbereich nach dem Kriterium der Rechtsform. Alle Unterneh­ men einer bestimmten Rechtsform erfüllen dieses Kriterium und stellen in dieser Hinsicht eine homogene Gruppe dar. Die Eigenart „Rechts­ form“ ist insofern geeignet, die Unternehmen, die in den Anwendungs­ bereich der Begünstigungsnorm fallen, als privilegierte Gruppe zu kenn­ zeichnen. 1375 C.IV.2.a)bb), C.IV.2.a)cc), C.IV.2.a)dd), C.VI.2.a)bb) und C.VII.2.a)bb). 1376 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113. 1377 EuGH, Urteil vom 15.11.2011, C-106, 107/09 P, Kommission/Gibraltar, Slg. 2011, I-11113, Rz. 104. 1378 C.III.13; vgl. im Ergebnis auch Schön, in: Richelle/Schön/Traversa, State Aid Law and Business Taxation, 3, 20. Der Vollständigkeit halber wird hier auf die auch rechtsformspezifische Besteuerung eingegangen, obwohl diese nicht primä­ rer Gegenstand der Untersuchung ist. 1379 Vgl. die untersuchten Beispiele unter C.IV. und C.VII.

260

IX.  Weitere Tatbestandsvoraussetzungen

An das Tatbestandsmerkmal der Selektivität ist jedoch aufgrund des Sinn und Zwecks des Beihilfeverbots die zusätzliche Voraussetzung zu stel­ len, dass die begünstigten Unternehmen im Hinblick auf ihre Tätigkeit oder Leistungen abgrenzbar sein müssen.1380 Das Kriterium der Rechts­ form als solches weist keinen Bezug zum Inhalt einer bestimmten Betä­ tigung auf. Eine Abgrenzbarkeit im Hinblick auf die Art und Weise der Betätigung, wie sie das Kriterium der Rechtsform darstellt, reicht für die Selektivität nicht aus. Zusammenfassend sind rein rechtsformspezifische Begünstigungen da­ her regelmäßig nicht selektiv, weil die Rechtsform nicht geeignet ist, die Begünstigten als privilegierte Gruppe mit Bezug zu einer bestimmten Tätigkeit oder Leistung zu kennzeichnen. Dies wäre jedoch aufgrund des telos des Wettbewerbsschutzes erforderlich. 4. Ergebnis Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Inhalt der Selektivitätsprüfung des hier bevorzugten alternativen Prüfungsansatzes wesentlich von demjeni­ gen der klassischen und gleichheitsrechtlichen Prüfung abweicht. Nach dem verwendeten Prüfungsansatz sind auch rechtsformspezifische Steu­ ervorschriften in der Regel als selektiv einzuordnen, während die Selek­ tivität rein rechtsformspezifischer Besteuerung mangels tätigkeitsbezo­ gener Abgrenzbarkeit abzulehnen ist.

IX. Tatbestandsvoraussetzungen der Staatlichkeit der Mittel, der Eigenschaft als Unternehmen sowie der Wettbewerbs­ verzerrung und Handelsbeeinträchtigung Im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale der Staatlichkeit der Mittel, der Eigenschaft als Unternehmen sowie der Wettbewerbsverzerrung und Handelsbeeinträchtigung ergeben sich für rechtsformspezifische steuer­ liche Differenzierungen keine Besonderheiten im Vergleich zu anderen steuerlichen Maßnahmen.

1380 Vgl. ausführlich C.V.3.b).

261

D. Grundsätze für die Untersuchung rechtsformspezifischer steuerlicher Differenzierungen im Beihilferecht Im Folgenden sollen aus den Untersuchungen in Kapitel C. verallgemei­ nerungsfähige Aussagen für die beihilferechtliche Untersuchung rechts­ formspezifischer steuerlicher Differenzierungen abgeleitet werden. Im Rahmen der beihilferechtlichen Prüfung rechtsformspezifischer steuerli­ cher Differenzierungen steht die Frage im Vordergrund, in welchem Rah­ men und Ausmaß das Beihilferecht diese anerkennen muss. Diese Frage kann nicht allgemein oder anhand eines einzigen Tatbestandsmerkmals beantwortet werden. Vielmehr ist dafür zunächst zwischen auch und rein rechtsformspezifischer Besteuerung zu unterscheiden. Sodann sind die relevanten Problemfelder in Bezug auf die einzelnen Tatbestands­ merkmale zu identifizieren. Im Folgenden wird deshalb auf das Erfordernis der Unterscheidung zwi­ schen auch und rein rechtsformspezifischer Besteuerung eingegangen, wobei wesentliche Beurteilungskriterien für auch rechtsformspezifische Normen erläutert werden. Sodann werden Untersuchungskriterien für die rein rechtsformspezifische Besteuerung entwickelt. Dabei wird zwi­ schen Steuersystemen mit und ohne zivilistische Rechtsformanknüp­ fung unterschieden.

I. Unterscheidung zwischen auch und rein rechtsform­ spezifischer Besteuerung Zur Beurteilung rechtsformspezifischer Differenzierungen ist in einem ersten Schritt danach zu unterscheiden, ob die in Frage stehende Steuer­ norm auch oder rein rechtsformspezifischer Natur ist. Diese Unterschei­ dung ist notwendig, da je nach Art der Differenzierung in der Beihilfeprü­ fung unterschiedliche Kriterien zum Tragen kommen. Obwohl die auch rechtsformspezifische Besteuerung nicht Gegenstand der Untersuchung ist, sind aus der Analyse der Rechtsprechung, Kom­ missionspraxis und Literatur diesbezüglich Ergebnisse hervorgegangen, die im Folgenden zusammengefasst werden sollen: Handelt es sich um eine auch rechtsformspezifische Vorschrift, so können regelmäßig die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und der Selektivität bejaht wer­ den. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis liegt hier deshalb vor, weil auch rechtsformspezifische Differenzierungen sich in der Regel einer existie­ renden zivilrechtlichen Rechtsform bedienen, für die im Grundsatz die allgemeinen Vorschriften dieser Rechtsform gelten. Diese werden ledig­ lich für Unternehmen dieser Rechtsform, die zugleich einer bestimmten 263

D. Thesen

Tätigkeit nachgehen oder einem Sektor angehören, abbedungen. Die Vo­ raussetzung der Selektivität ist regelmäßig zu bejahen, weil der tätig­ keits- oder sektorbezogene Zuschnitt der Norm bereits unabhängig von der Rechtsform die Abgrenzbarkeit der Unternehmen begründet. Im Er­ gebnis kommt es deshalb bei auch rechtsformspezifischen Differenzie­ rungen nicht auf das Kriterium der Rechtsform an. Es wird jedoch teil­ weise zur zusätzlichen Begründung des Beihilfecharakters herangezogen. Dem stehen aber die im Folgenden zu erläuternden Grundsätze für rein rechtsformspezifische Vorschriften entgegen.

II. Allgemeine Kriterien der Untersuchung rein rechts­ formspezifischer Besteuerung am Beispiel der deutschen ­Unternehmensbesteuerung Welche Tatbestandsmerkmale des Art. 107 Abs. 1 AEUV in welchem Umfang Relevanz entfalten, hängt im Wesentlichen von dem Prüfungs­ ansatz, der zur Anwendung kommt, ab. Im Folgenden sollen für die drei wesentlichen, unter B.II., B.III. und B.V. dargestellten Prüfungsansätze die jeweils relevanten Voraussetzungen erläutert werden. Sodann sollen anhand des hier vertretenen modifizierten klassischen Ansatzes die Kri­ terien im Einzelnen dargestellt werden. 1. Relevante Tatbestandsmerkmale in den verschiedenen Prüfungs­ ansätzen Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt je nach Prüfungsansatz auf zwei unterschiedlichen Kriterien: Entweder auf der Frage, ob eine rein rechtsformspezifische Steuernorm als Teil des Systems einzuordnen ist (Systemimmanenz oder Regel-Ausnahme-Prüfung), oder auf der Proble­ matik der Vergleichbarkeit von Unternehmen verschiedener Rechtsfor­ men (Vergleichbarkeitsprüfung). Im klassischen Ansatz werden bei rein rechtsformspezifischen Differen­ zierungen der Ausnahmecharakter und damit das Vorliegen einer Be­ günstigung regelmäßig zu bejahen sein, da keine hohen Anforderungen an die Voraussetzung gestellt werden. Der Kern der Prüfung wird daher in der Selektivitätsprüfung und dort bei der Frage nach der Vergleichbar­ keit der Rechtsformen liegen. Wird diese bejaht, was in Anbetracht der bisherigen Rechtsprechung und Kommissionpraxis zum Teil der Fall sein könnte, so wird bei der Frage der Rechtfertigung die Systemimmanenz rein rechtsformspezifischer Besteuerung relevant. Der gleichheitsrechtliche Ansatz verzichtet auf die Ausnahmeprüfung und fasst die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und der Selektivi­ tät in einer Vergleichbarkeits- und Rechtfertigungsprüfung zusammen. 264

II.  Steuersysteme mit Rechtsformanknüpfung

Der Schwerpunkt der Untersuchung wird auch hier bei der Frage nach der Vergleichbarkeit der Rechtsformen liegen. In den Fällen, in denen diese zu bejahen ist, stellt sich auch im gleichheitsrechtlichen Ansatz die Frage der Rechtfertigung durch die Systemimmanenz rein rechtsformspezifischer Besteuerung. Im hier vertretenen modifizierten klassischen Ansatz liegt der Kern der Prüfung beim Tatbestandsmerkmal der Begünstigung und damit in der materiellen Regel-Ausnahme-Prüfung. Diese beinhaltet wesentliche Kri­ terien der Systemimmanenzprüfung und damit auch der Vergleichbar­ keitsprüfung1381 der anderen Ansätze. In Fällen, in denen eine Begünsti­ gung zu bejahen ist, wird die Frage der Selektivität, die hier als Frage nach der tätigkeitsbezogenen Abgrenzbarkeit der begünstigten Unter­ nehmen verstanden wird, relevant. In der Zusammenschau ist aus diesen Ausführungen zu schließen, dass die entscheidungserheblichen Fragen sich in allen Ansätzen ähneln und zum großen Teil überschneiden. Die Ausführungen zum modifizierten klassischen Ansatz sind daher im Wesentlichen auf die anderen Ansätze übertragbar. Dabei können sie in der Regel bei der Frage nach der Ver­ gleichbarkeit sowie nach der Systemimmanenz fruchtbar gemacht wer­ den. 2. Existenz von Subsystemen – Eingeschränkte beihilferechtliche Relevanz der dualistischen Unternehmensbesteuerung Wie in den Abschnitten B.V.3.a)ee), C.IV.2.a)bb) und C.IV.2.a)cc) gezeigt wurde, können in einem Steuersystem Subsysteme bestehen, die beihil­ ferechtlich nur eingeschränkt gegenübergestellt werden können.1382 Nor­ men, die einem Subsystem angehören, können zur Beurteilung der Tat­ bestandsmerkmale der Begünstigung und der Selektivität nur sehr eingeschränkt mit solchen Vorschriften verglichen werden, die einem anderen Subsystem angehören. Voraussetzung dafür ist, dass eine hinrei­ chend allgemeine, keinen Förderzweck beabsichtigende Grundentschei­ dung besteht, die folgerichtig umgesetzt wurde. Diese Voraussetzungen liegen bei Subsystemen für einzelne Rechtsfor­ men oder einer Gruppe von Rechtsformen vor, wenn in dem betreffenden Steuersystem eine entsprechende Grundentscheidung festgemacht wer­ den kann und diese folgerichtig umgesetzt wird. Eine solche Grundent­ scheidung kann die Anknüpfung der Besteuerung an eine bestimmte zi­ vilrechtliche Rechtsform sein. Sie muss dann im einzelnen Steuersystem folgerichtig verfolgt werden. Dies bedeutet, dass die Ausgestaltung der 1381 Dazu oben B.IV.1.b)aa). 1382 Dazu sogleich unter D.II.3.

265

D. Thesen

Steuersubjekte sowie des Steuerobjekts der Grundentscheidung entspre­ chen muss. Dies ist anhand einer Untersuchung der einzelnen Vorschrif­ ten des Subsystems und einer Abwägung zwischen systemimmanenten und systemfremden Normen zu ermitteln. Im Rahmen der deutschen Unternehmensbesteuerung können mit Hilfe dieser Prüfung Subsysteme für die Besteuerung von Körperschaften ei­ nerseits und Personengesellschaften andererseits identifiziert werden. Besteuerungsunterschiede zwischen Personengesellschaften und Körper­ schaften, zu denen die Kapitalgesellschaften gehören, können daher bei­ hilferechtlich nur sehr eingeschränkt1383 angegriffen werden. Der Dualis­ mus der deutschen Unternehmensbesteuerung ist daher – unter dem Vorbehalt der durch das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftli­ chen Leistungsfähigkeit begründeten Grenzen – beihilferechtlich unpro­ blematisch. 3. Existenz subsystemübergreifender Prinzipien – Das Leistungs­ fähigkeitsprinzip Rechtsformspezifische Differenzierungen, die in unterschiedlichen Sub­ systemen begründet sind und deshalb im Grundsatz keinen Begünsti­ gungscharakter haben, können dennoch die Voraussetzung des Re­ gel-Ausnahme-Verhältnisses und damit der Begünstigung erfüllen, wenn die günstigere Behandlung einem subsystemübergreifenden Prinzip zu­ widerläuft. Dieses muss jedoch auf beide Subsysteme, deren Normen verglichen werden sollen, Anwendung finden. Im Hinblick auf die Be­ steuerung nach der Rechtsform können dies Prinzipien sein, die im ge­ samten Ertragsteuerrecht gelten. Diese sind für das jeweilige nationale Steuersystem zu ermitteln. Im System der deutschen Ertragsbesteuerung, aber auch in vielen ande­ ren nationalen Steuersystemen1384, kommt hier vor allem das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Betracht. Es gilt für die Besteuerung sowohl von Körperschaften und damit Kapitalge­ sellschaften als auch von Personengesellschaften. Nach der Rechtspre­ chung des BVerfG kann aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip jedoch kein Postulat rechtsformneutraler Besteuerung abgeleitet werden. Weder die Besteuerung der Kapitalgesellschaften noch der Personengesellschaften knüpft danach an eine niedrigere als die tatsächliche Leistungsfähigkeit an. Eine Begünstigung einer der beiden Rechtsformen ist bei Zugrundele­ gung dieser Rechtsprechung ausgeschlossen.

1383 Dazu sogleich unter D.II.3. 1384 Vgl. die Nachweise bei Schön, in: Hancher/Ottervanger/Slot, EU State Aids, Rz. 10-022 Fn. 147.

266

II.  Steuersysteme mit Rechtsformanknüpfung

4. Kein Beihilfecharakter rein rechtsformspezifischer Vorschriften, die der Grundentscheidung des Subsystems entsprechen – Anknüpfung an zivilrechtliche Vorstrukturierung Besteht für eine zivilrechtliche Rechtsform kein eigenes Subsystem, sind die diese Rechtsform betreffenden Vorschriften an demjenigen Subsys­ tem als Regelbesteuerung zu messen, dem sie unterfallen. Ihre Besteue­ rung muss den Prinzipien dieses Subsystems entsprechend ausgestaltet sein. Ist ein Prinzip des Subsystems die Anknüpfung an die zivilrechtli­ che Rechtsform, so muss die untersuchte Vorschrift Charakteristika der Rechtsform abbilden, für die sie gilt. In der deutschen Unternehmensbesteuerung wird dieser Grundsatz für die Rechtsformen der Genossenschaft und der KGaA relevant. Für diese gelten innerhalb des Subsystems der Körperschaftsbesteuerung rein rechtsformspezifische Sondernormen, die nach den erläuterten Kriterien zivilrechtlichen Besonderheiten der jeweiligen Rechtsform Rechnung tragen müssen. Wie unter C.VI.2 und C.VII.2 dargelegt, ist dies für Ge­ nossenschaften und KGaA der Fall. 5. Kein Beihilfecharakter rein rechtsformspezifischer Vorschriften, die anderen Prinzipien des Steuersystems entsprechen Aus der Untersuchung zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG (C.V.2) ist zu folgern, dass rein rechtsformspezifische Vorschriften, die zwar nicht an die zivil­ rechtliche Vorstrukturierung anknüpfen, aber einem anderen Prinzip desselben Subsystems – wie z.B. dem Grundsatz der Vereinfachung und Typisierung – entsprechen, mangels Ausnahmecharakter keine Begünsti­ gung und damit keine Beihilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV sind. Neben dem Prinzip der zivilrechtlichen Anknüpfung sind daher weitere Grund­ prinzipien anzuerkennen, die rein rechtsformspezifische Vorschriften aus dem Anwendungsbereich des Beihilfeverbots fallen lassen. 6. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei zivilrechtlich hybriden Rechtsformen Aus den Überlegungen zu Personengesellschaften allgemein und ins­ besondere zu solchen in der Form der Publikums-KG und der GmbH & Co KG, aber auch aus den Erläuterungen zur KGaA lässt sich schließen, dass dem Steuergesetzgeber bei Rechtsformen, die zivilrecht­ lich zwischen Einheit und Vielheit stehen und Charakteristika persona­ listisch wie kapitalistisch verfasster Organisationen aufweisen, ein wei­ ter Gestaltungsspielraum zusteht. Dies liegt vor allem an dem Umstand, dass die Grundentscheidung, an welchen Kriterien sich die Besteuerung orientieren soll, als solche beihilferechtlich nicht überprüfbar ist. Allein 267

D. Thesen

im Hinblick auf die folgerichtige Umsetzung der Grundentscheidung ei­ nes Subsystems lässt sich die Ausgestaltung der Besteuerung überprüfen. Hier muss dem Steuergesetzgeber aber gerade aufgrund des hybriden Charakters mancher Rechtsformen bei der Umsetzung der Grundent­ scheidung der Anknüpfung an das Zivilrecht eine gewisse Gestaltungs­ freiheit zuerkannt werden. Sonst bestünden nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, die entsprechende Grundentscheidung überhaupt folge­ richtig umzusetzen. Eine solche Begrenzung ginge aber im Hinblick auf die Notwendigkeit von Typisierungen und Vereinfachungen, vor allem für den Steuervollzug, zu weit. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass dem Gesetzgeber aus bei­ hilferechtlicher Sicht bei der Besteuerung von Rechtsformen, die Cha­ rakteristika personalistisch wie kapitalistisch verfasster Organisationen aufweisen, ein Gestaltungsspielraum dahingehend zusteht, den Schwer­ punkt entweder auf die personalistischen oder die kapitalistischen Ele­ mente oder Beides zu legen. 7. Keine Selektivität rein rechtsformspezifischer Vorschriften Aus den Ausführungen zu C.V.3 und C.VIII. ergibt sich, dass rein rechtsformspezifische Vorschriften mangels Tätigkeitsbezug in der Regel nicht als selektiv einzustufen sind. Daraus folgt auch, dass selbst solche Nor­ men, die eine Begünstigung darstellen, weil sie z.B. gegen ein subsystem­ übergreifendes oder ein subsysteminternes Prinzip verstoßen, keine Bei­ hilfen sind. Für die deutsche Unternehmensbesteuerung sind daraus folgende Schlüs­ se zu ziehen: Selbst wenn die dualistische Unternehmensbesteuerung als Verstoß gegen das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingeordnet wird, folgt daraus nicht deren Beihil­ fecharakter. Denn als rein rechtsformspezifische Unterscheidung wäre sie nach hier vertretener Auffassung nicht selektiv. Die Sondervorschrif­ ten für Genossenschaften und KGaA stellen nach der unter C.VII. und C.VII. vorgenommenen Prüfung keine Ausnahmevorschriften dar. Selbst wenn sie dies nach anderer Ansicht sein sollten, sind sie mangels Tätig­ keitsbezug dennoch nicht als selektiv einzuordnen.

III. Kriterien für die Bewertung von Steuersystemen ohne Rechtsformanknüpfung Die vorangegangenen Aussagen (II. 2 bis II. 7) sind als Schlussfolgerungen aus der Untersuchung der deutschen ertragsteuerlichen Unternehmens­ besteuerung einzuordnen. Ihr Aussagegehalt beschränkt sich aufgrund der grundsätzlichen Anknüpfung des deutschen Unternehmenssteuer­ 268

IV. Ergebnis

rechts an die zivilrechtliche Rechtsform auf solche Systeme, die eine ähnliche Anknüpfung kennen und verwirklichen. Es sind jedoch auch Steuersysteme denkbar, in denen das Prinzip der Rechtsformanknüpfung nicht gilt. In solchen Systemen ist folglich da­ von auszugehen, dass auch keine Subsysteme für Rechtsformen exis­ tieren. Wird in einem derartigen System eine Sondernorm für eine Rechtsform eingeführt, muss für ihre beihilferechtliche Untersuchung Folgendes gelten: Die „Sondernorm“ wird definiert als Vorschrift, die allein für eine zivil­ rechtliche Rechtsform von einem im betreffenden System geltenden Prinzip abweicht und auch keinem anderen materiellen Prinzip dieses Systems entspricht. Eine solche Norm kann nicht durch das Prinzip der Rechtsformanknüp­ fung als konkurrierendes Prinzip gerechtfertigt werden und behält daher ihren Ausnahmecharakter. Sie ist jedoch mangels Tätigkeitsbezug der zivilrechtlichen Rechtsform nicht selektiv und im Ergebnis deshalb keine Beihilfe.

IV. Ergebnis 1. Kein allgemeines Postulat der Rechtsformneutralität aus dem ­Beihilfeverbot Die Untersuchung hat gezeigt, dass sich aus dem Beilhilfeverbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV keine allgemeine Forderung nach Rechtsformneu­ tralität der Besteuerung ableiten lässt. Rechtsformspezifische steuerliche Vorteile lassen sich nicht generell als Beihilfen einordnen. Vielmehr ist zwischen verschiedenen Fällen rechtsformspezifischer Differenzierun­ gen zu unterscheiden. Auch rechtsformspezifische Differenzierungen stellen in der Regel Bei­ hilfen dar. Dies wird jedoch nicht mit der Beschränkung auf die Rechts­ form begründet, sondern mit dem regelmäßig vorliegenden Tätigkeitsoder sektoriellen Bezug. Rein rechtsformspezifische Differenzierungen stellen in der Regel keine Beihilfen dar. In Steuersystemen, die für Zwecke der Besteuerung an die zivilrechtliche Rechtsform anknüpfen und diese Anknüpfung konse­ quent umsetzen, können Subsysteme für bestimmte Rechtsformen be­ stehen. Dies ist in der deutschen Unternehmensbesteuerung für Körper­ schaften und Personengesellschaften der Fall. Sondernormen innerhalb dieser Subsysteme können der Grundentscheidung der zivilistischen An­ knüpfung entsprechen, wenn sie eine zivilrechtliche Besonderheit der 269

D. Thesen

jeweiligen Rechtsform abbilden. Dies ist bei den untersuchten Vorschrif­ ten für Genossenschaften und KGaA der Fall. In beiden Fällen existiert mangels Regel-Ausnahme-Verhältnis – trotz des Vorliegens eines schein­ baren Vorteils – keine Begünstigung i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV. Jeden­ falls ist aber die Selektivität mangels Tätigkeitsbezug abzulehnen. Daher greift das Beihilfeverbot nicht ein. In Steuersystemen, in denen keine Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform stattfindet, können rein rechtsformspezifische Sondervorschriften Begünstigungen darstellen. Sie sind aber wiederum nach hier vertretener Auffassung mangels Tätig­ keitsbezug nicht selektiv, so dass das Beihilfeverbot nicht eingreift. Zusammenfassend kann daher aus dem Beilhilfeverbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV keine allgemeine Forderung nach Rechtsformneutralität der Be­ steuerung hergeleitet werden. 2. Vergleich des Ergebnisses mit der Rechtsprechung und ­Kommissionspraxis Aus einem Vergleich der Ergebnisse der Analyse der Rechtsprechung und Kommissionspraxis mit den Ergebnissen dieser Arbeit ergibt sich folgen­ des Bild: Auch rechtsformspezifische Differenzierungen werden übereinstim­ mend als Beihilfen eingeordnet, wenn ihr Tätigkeitsbezug ausreicht, um die Selektivität zu begründen. Rein rechtsformspezifische Differenzierungen ordnet die Kommission zwar als prima facie selektiv ein, lässt jedoch eine Rechtfertigung durch die Natur des Systems zu, wenn die Besteuerung dem Grundsatz des Ab­ stellens auf Gewinnerzielung oder dem Prinzip der Einmalbesteuerung folgt oder wenn sie eine der Rechtsform eigene Besonderheit abbildet. Die Rechtsprechung nimmt an, dass rein rechtsformspezifische Differen­ zierungen nicht selektiv sind, wenn die Unternehmen der Rechtsform rechtsformtypische Charakteristika aufweisen oder sich rechtsformty­ pisch verhalten und dies verfahrenstechnisch ausreichend kontrolliert wird. Diese Argumentation weicht von den hier entwickelten Grundsätzen im Hinblick auf die Bewertung der einzelnen Tatbestandsmerkmale und die Beweislastverteilung ab. Während nach dem modifizierten klassischen Ansatz regelmäßig bereits keine Begünstigung vorliegt, stellen Recht­ sprechung und Kommission auf die Voraussetzung der Systemim­manenz, für die eine umgekehrte Beweislastverteilung gelten soll, ab. Überein­ stimmung besteht jedoch im Ergebnis insofern, als sowohl Rechtspre­ chung und Kommission als auch der hier vertretene Ansatz den Beihil­ fecharakter rein rechtsformspezifischer Differenzierungen ablehnen, 270

IV. Ergebnis

soweit eine Regelung rechtsformtypische Charakteristika abbildet. Be­ gründet wird dies durch Rechtsprechung und Kommission mit der System­immanenz, während der hier vertretene Ansatz bereits das Re­ gel-Ausnahme-Verhältnis verneint. Überdies ist nach den hier entwi­ ckelten Kriterien aber zudem die Selektivität rein rechtsformspezifischer Differenzierungen mangels Tätigkeitsbezug zu verneinen. Eine derartige Argumentation findet sich weder in der Kommissionspraxis noch in der Rechtsprechung.

271

E. Zusammenfassung Das auf die Einleitung (Kapitel A) folgende Kapitel B der Arbeit beinhal­ tet die Untersuchung der Auslegung des Beihilfeverbots im Bereich der direkten Steuern. Diese umfasst die Darstellung und Kritik des klassi­ schen sowie des gleichheitsrechtlichen Prüfungsansatzes (B.II. bis B.IV.). Die klassische Auslegung des Art. 107 Abs. 1 AEUV verlangt für das Ein­ greifen des Beihilfeverbots vier Voraussetzungen: Es muss eine Begünsti­ gung in der Form eines oft formal verstandenen Regel-Ausnahme-Ver­ hältnisses (1) vom Staat oder aus staatlichen Mitteln (2) gewährt werden, die bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige (3) begünstigt und geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchti­ gen und den Wettbewerb zu verfälschen (4). Diese Auslegung begegnet jedoch Bedenken im Hinblick auf ihr Verständnis des Begriffs der Begüns­ tigung sowie desjenigen der Selektivität. Insbesondere können das for­ male Verständnis des Begünstigungsbegriffs sowie die künstlich erschei­ nende Trennung zwischen Begünstigung und Systemimmanenz nicht überzeugen. Ferner ist die Anwendung der Vergleichbarkeitsprüfung für die Untersuchung der Selektivität nicht geeignet. Im Gegensatz zum klassischen Ansatz fordert die gleichheitsrechtliche Auslegung des Beihilfeverbots nicht mehr eine Begünstigung in Form ei­ ner Ausnahme von der Regelbesteuerung und deren Selektivität, sondern fasst beide Prüfungspunkte in einer Art gleichheitsrechtlichen Betrach­ tung zusammen. So wird in einem ersten Schritt geprüft, ob eine Maßnah­ me zwischen Unternehmen differenziert, die sich im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Lage befinden. Ruft die beihilfeverdächtige Norm eine derartige differen­ zierende Behandlung hervor, kann sie in einem zweiten Schritt mit ihrem systemimmanenten Charakter gerechtfertigt werden. Die weiteren Prü­ fungsschritte hingegen bleiben die Selben. Diese Auslegung kann jedoch vor allem im Hinblick auf die Behandlung von Sonderlasten, die nicht er­ fasst werden sollten, und die Beweislastverteilung nicht überzeugen. In Folge der dargestellten Probleme und Unsicherheiten bei der Ausle­ gung des Beihilfeverbots wird in einem weiteren Teil (B.V.) die klassische Auslegung auf Grundlage einer in der Literatur vertretenen Auffassung zu einem modifizierten klassischen Ansatz weiterentwickelt. Kernaussa­ ge ist dabei die Aufhebung der Trennung zwischen Regel-Ausnahme-Prü­ fung und Systemimmanenztest und die Integration beider Voraussetzun­ gen im Tatbestandsmerkmal der Begünstigung. Daraus ergibt sich folgender Prüfungsansatz: Es muss eine als materielles Regel-Ausnah­ me-Verhältnis verstandene Begünstigung (1) vom Staat oder aus staatli­ chen Mitteln (2) gewährt werden, die bestimmte Unternehmen oder Pro­ 273

E. Zusammenfassung

duktionszweige (3) begünstigt und geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen (4). Dabei wird die Selektivitätsprüfung als reine Abgrenzbarkeitsprüfung ausgelegt. Hervorzuheben ist in diesem Ansatz ferner die Verteilung der Beweislast. Sie liegt im Grundsatz bei derjenigen Partei, die sich auf die Tatbestandsmerkmale des Beihilfeverbots beruft. Dies wird regelmäßig die Kommission sein. Ist jedoch im Rahmen der Begünstigungsprüfung ein formales Regel-Ausnahme-Verhältnis erkennbar, begründet dieses eine Vermutung zugunsten des Vorliegens eines materiellen Regel-Aus­ nahme-Verhältnisses. In diesem Fall kann der Mitgliedstaat oder Begüns­ tigte die Vermutung widerlegen, indem er beweist, dass die Maßnahme trotz der Regelungstechnik mit einem materiellen Prinzip des Steuersys­ tems übereinstimmt. Im Rahmen des modifizierten klas­ sischen Prü­ fungsansatzes ist überdies die Existenz von Subsystemen a­ nzuerkennen. Dies setzt das Bestehen einer hinreichend allgemeinen gesetzgeberischen Grundentscheidung voraus, die nicht in einer Beihilfegewährung besteht und die folgerichtig umgesetzt worden ist. Anhand der dargestellten Auslegung des Beihilfeverbots wird in Kapitel C das Verhältnis zwischen Beihilferecht und Rechtsformneutralität un­ tersucht. Dabei wird die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen auch und rein rechtsformspezifischen Differenzierungen erläutert, wo­ bei der Schwerpunkt der Untersuchung auf rein rechtsformspezifische Differenzierungen gelegt wird (C.I.). Dies sind Steuernormen, die aus­ schließlich an die zivilrechtliche Rechtsform eines Unternehmens an­ knüpfen und im Gegensatz zu auch rechtsformspezifischen Vorschriften nicht auf eine bestimmte Tätigkeit oder weitere Kriterien abstellen. Da­ ran schließt sich eine Prüfung allgemeiner Zweifelsfragen im Rahmen der beihilferechtlichen Analyse rechtsformspezifischer Differenzierun­ gen an. Diese kommt zum Ergebnis, dass weder die mangelnde Feststell­ barkeit eines Beihilfebetrages noch die zivilrechtliche Wahlfreiheit der Rechtsform die beihilferechtliche Überprüfung rechtsformspezifischer Differenzierungen ausschließen. Die darauf folgende Analyse der Rechtsprechung der Europäischen Ge­ richte, der Kommissionspraxis sowie der Literatur führt zu dem Ergeb­ nis, dass sowohl Literatur als auch Rechtsprechung und Kommission rechtsformspezifische Differenzierungen als beihilferechtlich relevant einordnen. Die Problematik wird jedoch unsystematisch je nach Sach­ verhalt auf Ebene der Begünstigung, der Selektivität oder der Systemim­ manenzprüfung behandelt. Auch rechtsformspezifische Maßnahmen werden dabei in der Regel1385 als Beihilfen betrachtet, wobei meist auf die 1385 Eine Ausnahme ist die Ansicht der Kommission betreffend finnische REITs, vgl. C.III.8.

274

E. Zusammenfassung

tätigkeitsbezogene Selektivität abgestellt wird, ohne die Rechtsform als entscheidendes Kriterium heranzuziehen. Im Hinblick auf rein rechtsformspezifische Differenzierungen ergibt sich ein gespaltenes Bild: Wäh­ rend sie bei einigen Autoren mangels Abgrenzbarkeit oder Bezug zu einer Tätigkeit als nicht selektiv gelten, gehen andere von ihrer Selektivität aus. Die Kommission scheint bis auf einen Fall1386 die Tendenz zu haben, sie zwar als prima facie selektiv einzuordnen, jedoch eine Rechtfertigung durch die Natur des Systems anzunehmen, wenn die Besteuerung dem Grundsatz des Abstellens auf Gewinnerzielung oder dem Prinzip der Ein­ malbesteuerung folgt. Die Rechtsprechung nimmt an, dass rein rechtsformspezifische Differenzierungen nicht selektiv sind, wenn die Unter­ nehmen der Rechtsform rechtsformtypische Charakteristika aufweisen oder sich rechtsformtypisch verhalten und dies verfahrenstechnisch aus­ reichend kontrolliert wird. Die Untersuchungen einzelner rechtsformspezifischer Differenzierun­ gen in der deutschen Unternehmensbesteuerung führt zu dem Ergebnis, dass die rein rechtsformspezifischen Differenzierungen nicht unter das Beihilfeverbot fallen. Im Hinblick auf die dualistische Unterscheidung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften ist dies anzunehmen, da der Gesetzgeber für beide Rechtsformen Subsysteme geschaffen hat, die als Grundentscheidung auf die zivilrechtliche Unterscheidung nach der Eigenschaft als Person anknüpfen (C.IV.). § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG beruht auf dem Prinzip der Typisierung und Vereinfachung und fällt daher als systemimmante Regelung nicht unter das Beihilfeverbot. Die Sondervor­ schriften für Genossenschaften (§ 22 KStG) sowie KGaA (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG) stellen keine Beihilfen dar, weil sie der Grundentscheidung der zivilistischen Anknüpfung des Subsys­ tems für Körperschaften entsprechen, indem sie zivilrechtliche Beson­ derheiten der jeweiligen Rechtsform abbilden. In allen Fällen mit Aus­ nahme von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG fehlt es somit an dem die Begünstigung begründenden materiellen Regel-Ausnahme-Verhältnis. Im Hinblick auf die Selektivität rechtsformspezifischer Normen lässt sich Folgendes festhalten: Auch rechtsformspezifische Steuervorschrif­ ten sind in der Regel als selektiv einzuordnen. Die Selektivität rein rechtsformspezifischer Besteuerung ist – wie bei § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG – mangels tätigkeitsbezogener Abgrenzbarkeit abzulehnen. Diese ist auf­ grund des telos des Beihilfeverbots, des Schutzes des Produkt- und Dienstleistungswettbewerb im Binnenmarkt, erforderlich.

1386 Den der sizilianischen Genossenschaften, vgl. C.III.6.

275

E. Zusammenfassung

Aus den dargestellten Untersuchungen lassen sich für das Verhältnis zwischen Beihilfeverbot und Rechtsformneutralität folgende thesenarti­ ge Schlussfolgerungen ziehen: Im Rahmen der Prüfung rechtsformspezifischer Differenzierungen im Steuerrecht ist zwischen auch und rein rechtsformspezifischen Vor­ schriften zu unterscheiden. Auch rechtsformspezifische Differenzierungen stellen in der Regel Bei­ hilfen dar. Dies ist jedoch nicht mit der Beschränkung auf die Rechts­ form zu begründen, sondern mit dem regelmäßig vorliegenden Tätig­ keits- oder sektoriellen Bezug. Rein rechtsformspezifische Differenzierungen beinhalten in der Regel keine Begünstigung. In Steuersystemen, die für Zwecke der Besteuerung an die zivilrechtliche Rechtsform anknüpfen, müssen sie dafür dieser Grundentscheidung entsprechen. Dies ist bei Subsystemen für bestimm­ te Rechtsformen der Fall. Sondernormen innerhalb dieser Subsysteme können der Grundentscheidung der zivilistischen Anknüpfung entspre­ chen, wenn sie eine zivilrechtliche Besonderheit der Rechtsform abbil­ den. Bei der Besteuerung von Rechtsformen, die Charakteristika persona­ listisch wie kapitalistisch verfasster Organisationen aufweisen, steht dem Gesetzgeber aus beihilferechtlicher Sicht ein Gestaltungsspielraum dahingehend zu, den Schwerpunkt entweder auf die personalistischen oder die kapitalistischen Elemente oder beides zu legen. Rein rechtsformspezifische Differenzierungen sind nach hier vertretener Auffassung nicht selektiv, weil sie keinen Bezug zur Tätigkeit der Unter­ nehmen aufweisen. In Steuersystemen, in denen keine Anknüpfung an die zivilrechtliche Rechtsform stattfindet, können rein rechtsformspezifische Sondervor­ schriften Begünstigungen darstellen. Sie sind aber mangels Tätigkeitsbe­ zug nicht selektiv. Im Ergebnis ist aus dem Beilhilfeverbot in Art. 107 Abs. 1 AEUV kein allgemeines Postulat der Rechtsformneutralität der Besteuerung abzulei­ ten.

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I.  Beiträge in Zeitschriften

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280

I.  Beiträge in Zeitschriften

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282

I.  Beiträge in Zeitschriften

Jachmann, Monika, Sozialstaatliche Steuergesetzgebung im Spannungs­ verhältnis zwischen Gleichheit und Freiheit: Belastungsobergrenzen im Steuersystem, StuW 1996, S. 97 Jachmann, Monika, Abgeltungsteuer: Abzugsverbot für Werbungskosten auch ohne pauschalen Steuersatz, jM 2015, S. 259 Jacobi, Bertil/Vesterdorf, Peter L., Co-operative societies and the Com­ munity rules on competition, European Law Review 1993, S. 271 Jacobs, Otto H., Empfiehlt sich eine rechtsformunabhängige Besteue­ rung der Unternehmung? – Betriebswirtschaftliche Überlegungen zum diesbezüglichen Thema des 53. Deutschen Juristentages, ZGR 1980, S. 289 Jaeger, Thomas, Vier Jahre Beihilfereform – Eine Bilanz, EuZW 2010, S. 47 Jaeger, Thomas, Fehlstellungen im Verhältnis von Steuer- und Beihilfe­ recht: Ein Plädoyer für mehr Ausgewogenheit, EuZW 2012, S. 92 Jaeger, Thomas, From Santander to LuxLeaks – and Back, EStAL 2015, S. 345 Jennert, Carsten/Ellenrieder, Benedikt, Unternehmensbesteuerung im Lichte des EU-Beihilferechts, EWS 2011, S. 305 Jones, Alison, The boundaries of an undertaking in EU competition law, European Competition Journal 2012, S. 301 Jorde, Thomas/Götz, Hellmut, Kapital- oder Personengesellschaft? Steu­ erliche Gesichtspunkte der Rechtsformwahl – national und internati­ onal, BB 2008, S. 1032 Kaye, Tracy A., The Gentle Art of Corporate Seduction: Tax Incentives in the United States and the European Union, Kansas Law Review 2008, S. 93 Kessler, Wolfgang/Spengel, Christoph, Checkliste potenziell EU-rechts­ widriger Normen des deutschen direkten Steuerrechts, DB 2015, Bei­ lage Nr. 1 zu Heft 5, S. 1 Kiesewetter, Dirk, Theoretische Leitbilder einer Reform der Unterneh­ mensbesteuerung, StuW 1997, S. 24 Kirchhof, Paul, Steuergleichheit, StuW 1984, S. 297 Kischel, Uwe, Systembindung des Gesetzgebers und Gleichheitssatz, AöR 1999 (124), S. 175 Klemt, Felix, Richtungsentscheidung für Kompetenzen in Europa – lässt das Beihilferecht die Sanierungsklausel in § 8c Abs. 1a KStG zu?, DStR 2013, S. 1057 Klingelhöffer, Hans, Die Bedeutung des Steuerrechts bei der Auslegung und Anwendung zivilrechtlicher Normen, DStR 1997, S. 544 Knobbe-Keuk, Brigitte, Fremdfinanzierung durch Nichtanrechnungsbe­ rechtigte, StuW 1982, S. 201 Knobbe-Keuk, Brigitte, Wieder ein Tritt für die Finanzrechtsprechung, BB 1985, S. 820 283

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I.  Beiträge in Zeitschriften

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I.  Beiträge in Zeitschriften

Niehus, Ulrich, Zur Realisierung stiller Reserven über gewerblich ge­ prägte Personengesellschaften – zugleich ein Plädoyer zur Abschaf­ fung von § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, StuW 2008, S. 359 Nowak, Carsten, Die Entwicklung des EG-Beihilfenkontrollrechts in den Jahren 2001 und 2002, EuZW 2003, S. 389 Olshagen, Vanessa Y., Tagungsbericht: EU-Beihilfeaspekte steuerlicher Maßnahmen, IWB 2015, S. 589 Osterloh, Lerke, Steuerrecht und Privatrecht, JuS 1994, S. 993 Panayi, Christiana, State Aid and Tax: the Third Way?, Intertax 2004, S. 283 Pelka, Jürgen, Rechtsformneutralität im Steuerrecht, StuW 2000, S. 389 Piantavigna, Paolo, La fiscalità di vantaggio nella recente giurisprudenza europea, Rivista di diritto finanziario e scienza delle finanze 2011, S. 135 Pinto, Carlo, EC State Aid Rules and Tax Incentives: A U-Turn in Com­ mission Policy? (Part I), European Taxation 1999, S. 295 Pistone, Pasquale, The Growing Importance of the Prohibition of State Aids in Tax Matters, Intertax 2012, S. 84 Pohl, Dirk/Raupach, Arndt, Verdeckte Gewinnausschüttungen und ver­ deckte Einlagen nach dem JStG 2007, FR 2007, S. 210 Probst, Dominik/Egelhof, Julian M./Kessler, Wolfgang, DStR 2017, S. 1415 Quigley, Conor, The Notion of a State Aid in the EEC, European Law Review 1988, S. 242 Quigley, Conor, Direct Taxation and State Aid: Recent Developments Concerning the Notion of Selectivity, Intertax 2012, S. 112 Raab, Florian, Steuerrecht und EU-Beihilfeverbot (Teil 1), ÖStZ 2011, S. 551 Rädler, Albert, Die Schlechterstellung des inländischen Portfolioaktio­ närs nach dem Regierungsentwurf und die Reaktionsmöglichkeiten des Aktionärs, DB 2007, S. 988 Raingeard de la Blétière, Emmanuel, Droit de l’Union européenne: chro­ nique de l’année 2010, Revue de droit fiscal 2011, S. 66 Raiser, Thomas, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994 (194), S. 495 Raiser, Thomas, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubestim­ mung, AcP 1999 (199), S. 104 Richter, Lutz/Reeb, Dominik, Zur Ausdehnung des materiellen Korres­ pondenzprinzips in § 8b Abs. 1 S. 2 KStG durch das Amtshilfe­RLUmsG im Spannungsfeld von Europa- und Völkerrecht, IStR 2015, S. 40 Röder, Erik, DStR 2017, S. 1737 287

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I.  Beiträge in Zeitschriften

Schild, Eugen, Die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unter dem Blickwinkel des BFH-Urteils vom 11. 8. 1999, XI R 12/98, DStR 2000, S. 576 Schmidt, Karsten, Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig, NJW 2001, S. 993 Schmiel, Ute, Rechtsformneutralität als Leitlinie für eine Neukonzepti­ on der Unternehmensbesteuerung?, BFuP 2006, S. 246 Schneider, Dieter, Steuervereinfachung durch Rechtsformneutralität?, DB 2004, S. 1517 Schnitger, Arne, Der Einfluss des Beihilferechts auf die direkten Steuern in Deutschland, IStR 2017, S. 421 Schönfeld, Jens, Missbrauchsvermeidung und Steuervergünstigungen im Lichte des Europarechts – dargestellt anhand von Fallbeispielen, IStR 2012, S. 215 Schön, Wolfgang, Special Charges – a Gap in European Competition Law?, EStAL 2006, S. 495 Schön, Wolfgang, Steuergesetzgebung zwischen Markt und Grundgesetz, StuW 2004, S. 62 Schön, Wolfgang, Taxation and State Aid Law in the European Union, CMLR 1999, S. 911 Schön, Wolfgang, Besteuerung im Binnenmarkt – die Rechtsprechung des EuGH zu den direkten Steuern, IStR 2004, S. 289 Schön, Wolfgang, Zum Entwurf eines Steuersenkungsgesetzes, StuW 2000, S. 151 Schön, Wolfgang, Der freie Warenverkehr, die Steuerhoheit der Mitglied­ staaten und der Systemgedanke im europäischen Steuerrecht Teil II: Das Verbot diskriminierender und protektionistischer Abgaben und das Problem der Belastung „exotischer” Waren, EuR 2001, S. 341 Schön, Wolfgang, Steuerbilanz zwischen Handelsrecht und GG, StuW 1995, S. 366 Schön, Wolfgang, Die zivilrechtlichen Voraussetzungen steuerlicher Leistungsfähigkeit, StuW 2005, S. 247 Schön, Wolfgang, Der Gewinnanteil des Personengesellschafters und das Einkommen der Personengesellschaft, StuW 1988, S. 253 Schön, Wolfgang, Der Große Senat des BFH und die Personengesellschaft, StuW 1996, S. 275 Schön, Wolfgang, Zum Stande der Lehre vom Sonderbetriebsvermögen, DStR 1993, S. 185 Schön, Wolfgang, Verdeckte Einlagen in Kapitalgesellschaften – unsicht­ bar für den EuGH?, ZHR 2014 (178), S. 373 Schredelseker, Klaus, Kritik der Körperschaftsteuerreform, Finanzarchiv 1972/1973, S. 27 Schreiber, Ulrich, Die Steuerbelastung der Personenunternehmen und Kapitalgesellschaften, Wpg 2002, S. 557

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I.  Beiträge in Zeitschriften

Stapperfend, Thomas, Die Infektion im Einkommensteuerrecht – Ein Beitrag zum Krankheitsbild des Einkommensteuergesetzes, StuW 2006, S. 303 Staviczky, Péter, De facto selectivity in the light of the recent case law of the General Court, EStAL 2015, S. 332 Streinz, Rudolf, Deutsches Stromeinspeisungsgesetz keine Beihiferege­ lung, JuS 2001, S. 596 Streinz, Rudolf, Steuervergünstigungen als rechtswidrige Beihilfe, JuS 2001, S. 599 Streinz, Rudolf, Abgabenbefreiung für Großhändler als Ausgleich für ge­ meinwirtschaftliche Pflichten keine Beihilfen, JuS 2002, S. 492 Streinz, Rudolf, Europarecht – Beihilfenrecht – Altmark Trans, JuS 2004, S. 150 Strnad, Oliver, Das Korrespondenzprinzip in § 8, § 8b KStG gemäß JStG 2007, GmbHR 2006, S. 1321 Succio, Roberto, Italian Exemption for Utility Companies Illegal, ECJ Says, Tax notes international 2012, S. 96 Sutter, Franz Philipp, Anmerkung zum Urteil des EuGH v. 8. 11. 2001 in der Rs. C-143/99 (Adria-Wien), EuZW 2002, S. 213 Sutter, Franz Philipp, The Adria Wien Pipeline Case and the State Aid Provisions of the EC Treaty in Tax Matters, European Taxation 2001, S. 239 Szudoczky, R./van de Streek, J.L., Revisiting the Dutch Interest Box un­ der the EU State Aid Rules and the Code of Conduct: When a ‘Dispa­ rity’ Is Selective and Harmful, Intertax 2010, S. 260 Taylor, Willard B./Vermeulen, Hein, Netherlands/United States – What do we have in common? What can we learn from each other? A com­ parative study of US and Dutch REITs, Bulletin for International Taxa­ tion 2013, S. 635 Temple Lang, John, The Gibraltar State Aid and Taxation Judgement – A “Methodological Revolution”?, EStAL 2012, S. 805 Thömmes, Otmar, § 8b EStG und EG-Recht, DB 2001, S. 775 Thompson, Rhodri, An Overview of the State Aids Regime, EC Tax Jour­ nal 2001, S. 65 Tipke, Klaus, Zur Problematik einer rechtsformunabhängigen Besteue­ rung der Unternehmen, NJW 1980, S. 1079 Tipke, Klaus, Steuerrecht und bürgerliches Recht, JuS 1970, S. 149 Tipke, Klaus, Steuerrecht – Chaos, Konglomerat oder System?, StuW 1971, S. 2 Tomat, Flavia, The Preliminary Ruling of the Court of Justice on Prefe­ rential Taxation of Cooperatives and State Aid Rules, EStAL 2012, S. 462

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Trossen, Nils, Die Neuregelung des § 32a KStG zur Berücksichtigung von verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, DStR 2006, S. 2295 Valente, Piergiorgio/Roccatagliata, Franco, Fiscal Aids: (In)Compatibili­ ty With EU Rules, Tax notes international 1998, S. 259 Vanistendael, Frans, Fiscal support measures and harmful tax competiti­ on, EC Tax Review 2000, S. 152 Vermeulen, Hein, Fiscal State Aid and Real Estate Collective Investment Vehicles (CIVs), EC Tax Review 2011, S. 155 Visser, Klaas-Jan, Commission expresses its view on the relation bet­ ween state aid and tax measures, EC Tax Review 1999, S. 224 Vogel, Klaus, Die Abschichtung von Rechtsfolgen im Steuerrecht, StuW 1977, S. 97 Wagner, Franz, Neutralität und Gleichmäßigkeit als ökonomische und rechtliche Kriterien steuerlicher Normkritik, StuW 1992, S. 2 Wagner, Franz, Was bedeutet und wozu dient Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung?, StuW 2006, S. 101 Walz, Rainer, Die steuerrechtliche Herausforderung des Zivilrechts, ZHR 1983 (147), S. 281 Wassermeyer, Franz, Die Wurzeltheorie bei der Besteuerung persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien un­ ter Beachtung des BFH-Urteils vom 19.05.2010 – I R 62/09, Ubg 2011, S. 47 Wattel, Peter Jacob, Forum: Interaction of State Aid, Free Movement, Policy Competition and Abuse Control in Direct Tax Matters, World Tax Journal 2013, S. 128 Weber-Grellet, Heinrich, Die Funktion der Kapitalertragsteuer im Sys­ tem der Abgeltungsteuer (Teil I), DStR 2013, S. 1357 Weber-Grellet, Heinrich, Die Bedeutung der Rechtsnatur des Steuer­ rechts für dessen Anwendung und Auslegung, StuW 1993, S. 97 Weber, Harald, Zu einigen rechtspolitischen Grundfragen der Besteue­ rung selbständiger Unternehmen, JZ 1980, S. 545 Weber, Klaus, Rechtsformwahl, NWB 2007 (Fach 18), S. 4509 Wilk, Ekkehart, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, DStZ 2006, S. 290 Wissenschaftlicher Beirat Steuern der Ernst & Young GmbH, Rechtsun­ sicherheit bei der Besteuerung der KGaA und ihrer persönlich haften­ den Gesellschafter, DB 2014, S. 147 Zitzelsberger, Heribert, Über die Schwierigkeiten mit dem Abbau von Steuersubventionen, StuW 1985, S. 197

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II.  Beiträge in Sammelwerken

II. Beiträge in Sammelwerken Arntz, Thomas, Abgeltungsteuer auf Einkünfte aus Kapitalvermögen, in: Piltz, Detlev J. (Hrsg.), StBJB 2010/2011, Köln 2011, S. 381 Balmes, Frank, Rechtsformneutralität der Unternehmensbesteuerung, in: Pelka, Jürgen (Hrsg.), Unternehmenssteuerreform – Sonderband DStJG, Köln 2001, S. 25 Bartosch, Andreas, The concept of selectivity?, in: Szyszczak, Erika (Hrsg.), Research Handbook on European State Aid Law, Cheltenham et al. 2011, S. 176 Becker, Enno, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewerbebetrieb nach gleichmäßigen Grundsätzen zu besteuern, ohne Rücksicht auf die Rechtsform, in der das Gewerbe betrieben wird? Welche Wege rechtlicher Ausgestaltung bieten sich für eine solche Besteuerung?, Einleitung, in: Deutscher Juristentag, Verhandlungen des 33. Deut­ schen Juristentages, Berlin et al. 1925 Becker, Enno/Lion, Max, Ist es erwünscht, das Einkommen aus Gewer­ bebetrieb nach gleichmäßigen Grundsätzen zu besteuern, ohne Rück­ sicht auf die Rechtsform, in der das Gewerbe betrieben wird? Welche Wege rechtlicher Ausgestaltung bieten sich für eine solche Besteue­ rung?, in: Deutscher Juristentag, Verhandlungen des 33. Deutschen Juristentages, Berlin et al. 1925 Blau, Berhard/Oeftering, Heinz, Abwandlungen des bürgerlichen Rechts im Steuerrecht, in: Schulze, A./Siber, H. (Hrsg.), Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts 1932, Glashütte im Taunus 1932, S. 164 Blauberger, Michael, From Negative to Positive Integration? European State Aid Control Through Soft and Hard Law – MPlfG Discussion Paper 08/4 Bleckmann, Albert, Ordnungsrahmen für das Recht der Subventionen, in: Deutscher Juristentag, Verhandlungen des 55. Deutschen Juristen­ tages, München 1984 Blumenberg, Jens/Lausterer, Martin, Staatliche Beihilfen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, in: Breuninger, Gottfried E. (Hrsg.), Festschrift für Albert J. Rädler, München 1999, S. 1 Caspari, Manfred, Die Beihilferegeln des EWG-Vertrags und ihre Anwen­ dung, in: Mestmäcker, Ernst-Joachim/Möller, Hans/Schwarz, Hans-­ Peter (Hrsg.), Festschrift für Hans von der Groeben, Baden-Baden 1987, S. 69 Clemm, Hermann, Wirtschaftliche versus formalrechtliche Betrachtung im Steuer- und Bilanzrecht, in: Klein, Franz/Kirchhof, Paul/Offerhaus, Klaus/Schöberle, Horst (Hrsg.), Festschrift für Franz Klein, Köln 1994, S. 715 293

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Döllerer, Georg, Die Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das Ertragsteuer­ recht in der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, in: JbFStR 1986/1987, Herne et al. 1987, S. 37 Dötsch, Franz, Mitunternehmer und Mitunternehmerschaft, in: Dötsch, Franz (Hrsg.), Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Gedächtnis­ symposium für Brigitte Knobbe-Keuk, Köln 2011, S. 7 Drabbe, Humbert, The Test of Selectivity in State Aid Litigation: The Relevance of Drawing Internal and External Comparisons to Identify the Reference Framework, in: Rust, Alexander/Micheau, Claire (Hrsg.), State aid and tax law, Alphen aan den Rijn et al. 2013, S. 87 Dreher, Meinrad, Die staatliche Eigenkapitalzufuhr an Gesellschaften als Beihilfe im Sinne des EG-Vertrags, in: Schön, Wolfgang (Hrsg.), Ge­ dächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, Köln 1997, S. 583 Drüen, Klaus-Dieter, Zur Rechtsnatur des Steuerrechts und ihrem Ein­ fluß auf die Rechtsanwendung, in: Drenseck, Walter/Seer, Roman (Hrsg.), Festschrift für Heinrich Wilhelm Kruse, Köln 2001, S. 191 Eckhardt, Walter, Das Steuerrecht und die Einheit der Rechtsordnung, in: Spitaler, Armin (Hrsg.), StbJB 1961/1962, Köln 1962, S. 77 Engelen, Frank/Gunn, Anna, State Aid: Towards a Theoretical Assess­ ment Framework, in: Rust, Alexander/Micheau, Claire (Hrsg.), State aid and tax law, Alphen aan den Rijn et al. 2013, S. 137 Everling, Ulrich, Rechtsanwendungs- und Auslegungsgrundsätze des Ge­ richtshofs der Europäischen Gemeinschaften, in: Kruse, Heinrich Wil­ helm (Hrsg.), DStJG 11, Köln 1988, S. 51 Fischer, Peter, Überlegungen zur „Autonomie des Steuerrechts“ (Walz) am Beispiel der sog. Gesamtplan-Doktrin, in: Kohl, Helmut (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Rainer Walz, Köln et al. 2008, S. 169 Flett, James/Jessen, Anders C./Talaber-Ritz, Klara, The Relationship between WTO Subsidies Law and EC State Aid Law, in: Santaolalla Gadea, Francisco/Rodríguez Iglesias, Gil Carlos (Hrsg.), Liber ami­ corum Francisco Santaolalla Gadea, Alphen aan den Rijn 2008, S. 441 Flett, James/Walkerova, Katerina, An Ecotax unter the State Aid Spot­ light, in: Santaolalla Gadea, Francisco/Rodríguez Iglesias, Gil Carlos (Hrsg.), Liber amicorum Francisco Santaolalla Gadea, Alphen aan den Rijn 2008, S. 223 Gassner, Wolfgang, Wirtschaftliche Betrachtungsweise und Gestaltungs­ missbrauch im Steuerrecht, in: Cagianut, Francis/Fischer, Lutz (Hrsg.), Festschrift für Ernst Höhn, Bern 1995, S. 65 Gassner, Wolfgang/Lang, Michael, Leistungsfähigkeit im Ertragsteuer­ recht, Österreichischer Juristentag (Hrsg.), Verhandlungen des 14. Ös­ terreichischen Juristentages, Wien 2000

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II.  Beiträge in Sammelwerken

Götz, Volkmar, Steuervergünstigungen als Gegenstand der europäischen Beihilfenaufsicht, in: Kirchhof, Paul (Hrsg.), Festschrift für Klaus Vo­ gel, Heidelberg 2000, S. 579 Haslehner, Werner, Materielle Selektivität von Steuerbeihilfen im Lichte des Gibraltar-Urteils des EuGH, in: Jaeger, Thomas/Haslinger, Birgit (Hrsg.), Beihilferecht – Jahrbuch 2012, Wien 2012, S. 301 Heidemann, Otto, Steuerliche Aspekte zur Rechtsformwahl mittelstän­ discher Unternehmen, in: Winkeljohann, Norbert/Bareis, Peter (Hrsg.), Festschrift für Dieter Schneeloch, München 2007, S. 3 Heidenhain, Martin, Bemerkungen zum Tatbestand der Selektivität im europäischen Beihilferecht, in: Grunewald, Barbara (Hrsg.), Festschrift für Georg Maier-Reimer, München 2010, S. 189 Helminen, Marjaana, The Finnish Case: C-6/12 P – Does the Finnish Authorization System concerning Deduction of Losses Constitute State Aid?, in: Lang, Michael/Pistone, Pasquale/Schuch, Josef/Starin­ ger, Claus/Storck, Alfred (Hrsg.), ECJ, Recent Developments in Direct Taxation 2012, Wien 2013, S. 31 Hensel, Albert, Zur Dogmatik des Begriffs „Steuerumgehung“, in: Bon­ ner Festgabe für Ernst Zitelmann, München et al. 1923, S. 217 Hey, Johanna, Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Rechts­ formneutralität, in: Ebling, Iris (Hrsg.), DStJG 24, Köln 2001, S. 155 Hey, Johanna, Reform des Körperschaftsteuersystems, in: Pelka, Jürgen (Hrsg.), Unternehmenssteuerreform – Sonderband DStJG, Köln 2001, S. 5 Hüttemann, Rainer, Grundfragen der partiellen Steuerpflicht, in: Kohl, Helmut (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Rainer Walz, Köln, München 2008, S. 269 Hüttemann, Rainer, Verfassungsrechtliche Grenzen der steuerlichen Be­ günstigung von Unternehmen, in: Pelka, Jürgen (Hrsg.), DStJG 23, Köln 2000, S. 127 Hüttemann, Rainer, Die Besteuerung der Personenunternehmen und ihr Einfluss auf die Rechtsformwahl, in: Seeger, Siegbert (Hrsg.), DStJG 25, Köln 2002, S. 123 Hüttemann, Rainer, Gewinnermittlung bei Personengesellschaften, in: Dötsch, Franz (Hrsg.), Die Personengesellschaft im Steuerrecht – Ge­ dächtnissymposium für Brigitte Knobbe-Keuk, Köln 2011, S. 39 Jachmann, Monika, Besteuerung von Unternehmen als Gleichheitspro­ blem, in: Pelka, Jürgen (Hrsg.), DStJG 23, Köln 2000, S. 9 Jaeger, Thomas/Haslinger, Birgit/Bollinger, Oskar/Lischka, Elisabeth, Steuern und parafiskalische Abgaben, in: Jaeger, Thomas/Haslinger, Birgit (Hrsg.), Beihilferecht – Jahrbuch 2012, Wien 2012, S. 241

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Jann, Peter, Nationale Steuern und das EG-Beihilfenverbot – ein Über­ blick, in: Monti, Mario (Hrsg.), Festschrift for Carl Baudenbacher, Ba­ den-Baden et al. 2007, S. 419 Kessler, Wolfgang, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien im System der dualen Unternehmensbesteuerung – Konsequenzen und Inkonse­ quenzen einer hybriden Rechtsform, in: Carlé, Dieter/Stahl, Rudolf/ Strahl, Martin (Hrsg.), Festschrift für Klaus Korn, Bonn et al. 2005, S. 307 Kirchhof, Paul, Legalität, Gestaltungsfreiheit und Belastungsgleichheit als Grundlagen der Besteuerung, in: Hüttemann, Rainer (Hrsg.), ­DStJG 33, Köln 2010, S. 9 Kirchhof, Paul, Maßstäbe für die Ertragsbesteuerung von Unternehmen, in: Seeger, Siegbert (Hrsg.), DStJG 25, Köln 2002, S. 1 Kirchhof, Paul, Empfiehlt es sich, das Einkommensteuerrecht zur Besei­ tigung von Ungleichbehandlungen neu zu ordnen?, in: Deutscher Ju­ ristentag, Verhandlungen des 57. Deutschen Juristentages, München 1988 Kirchhof, Paul, Die Planung der Rechtsnachfolge bei Personengesell­ schaften am Maßstab des Ertragsteuerrechts, in: JbFSt 1979/1980, Herne et al. 1979, S. 254 Kirchhof, Paul, Steuersubventionen, in: Osterloh, Lerke/Schmidt, Kars­ ten/Weber, Hermann (Hrsg.), Festschrift für Peter Selmer, Berlin 2004, S. 745 Kirchhof, Paul, Die Besteuerung von Erwerbsgemeinschaften, in: Siegel, Theodor (Hrsg.), Festschrift für Peter Bareis, Stuttgart 2005, S. 133 Kirchhof, Paul, Verfassungsrechtliche und steuersystematische Grundla­ gen der Einkommensteuer, in: Ebling, Iris (Hrsg.), DStJG 24, Köln 2001, S. 9 Klein, Eckart, Der Einfluß des Europarechts auf das deutsche Steuer­ recht, in: Lehner, Moris (Hrsg.), DStJG 19 1996, S. 7 Lang, Joachim, Prinzipien und Systeme der Besteuerung von Einkom­ men, in: Ebling, Iris (Hrsg.), DStJG 24, Köln 2001, S. 49 Lang, Michael, Europäisches Beihilferecht und Besteuerung – am Bei­ spiel des § 8c KStG, in: Lüdicke, Jürgen/Schön, Wolfgang (Hrsg.), Pra­ xis und Zukunft des deutschen Internationalen Steuerrechts, Köln 2012, S. 85 Lang, Michael, Die Auswirkungen des gemeinschaftsrechtlichen Beihil­ ferechts auf das Steuerrecht, in: Österreichischer Juristentag (Hrsg.), Verhandlungen des 17. Österreichischen Juristentages, Wien 2010, S. 7 Lang, Michael, Die gesetzeswidrige Begünstigung von Steuerpflichtigen als gemeinschaftsrechtswidrige Beihilfe?, in: Beiser, Reinhold (Hrsg.), Festschrift für Werner Doralt, Wien 2007, S. 233 296

II.  Beiträge in Sammelwerken

Lang, Michael, Steuervereinfachung und Europarecht, in: Fischer, Peter (Hrsg.), DStJG 21, Köln 1998, S. 159 Lang, Michael, Die Besteuerung von Körperschaften des öffentlichen Rechts aus dem Blickwinkel des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfen­ rechts, in: König, Elisabeth/Schwarzinger, Walter (Hrsg.), Festschrift für Werner Wiesner, Wien 2004, S. 237 Lang, Michael, State Aid and Taxation: Selectivity and Comparability Analysis, in: Richelle, Isabelle/Schön, Wolfgang/Traversa, Edoardo (Hrsg.), State Aid Law and Business Taxation, Berlin, Heidelberg 2016, S. 27 Lenaerts, Koen, State Aid and Direct Taxation, in: Tiili, Virpi/Kanninen, Heikki/Korjus, Nina/Rosas, Allan (Hrsg.), EU competition law in con­ text – Essays in honour of Virpi Tiili, Oxford 2009, S. 291 Lüdicke, Jürgen, Die korrespondierende Behandlung von Leistungen zwi­ schen Gesellschafter und Gesellschaft nach dem JStG 2007, in: Kohl, Helmut (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Rainer Walz, Köln et al. 2008, S. 401 Luja, Raymond H.C., The Selectivity Test: The Concept of Sectoral Aid, in: Rust, Alexander/Micheau, Claire (Hrsg.), State aid and tax law, Al­ phen aan den Rijn et al. 2013, S. 107 Mamut, Marie-Ann, Aktuelle Fragen im Bereich der Steuerbeihilfen – Mitgliedstaaten zwischen Steuerwettbewerb und Systemimmanenz steuerlicher Beihilfen, in: Jaeger, Thomas (Hrsg.), Jahrbuch Beihilfe­ recht 2008, Wien et al. 2008, S. 177 Mayr, Gunter, Die Grenzen des Europarechts bei den direkten Steuern, in: Beiser, Reinhold (Hrsg.), Festschrift für Werner Doralt, Wien 2007, S. 303 Micheau, Claire, State Aid and taxation in EU law, in: Szyszczak, Erika (Hrsg.), Research Handbook on European State Aid Law, Cheltenham et al. 2011, S. 193 Müller, Thomas, Die Anwendbarkeit des Privatinvestortests bei Steuer­ beihilfen, in: Jaeger, Thomas/Rumersdorfer, Birgit (Hrsg.), Jahrbuch Beihilferecht 2011, Wien et al. 2011, S. 273 Neundörfer, Konrad, Die Politik von Kommission und Rat sowie die Ju­ dikatur des Gerichtshofs im Bereich der sektoriellen Beihilfen, in: Börner, Bodo/Neundörfer, Konrad (Hrsg.), Recht und Praxis der Beihil­ fen im Gemeinsamen Markt, Köln 1984, S. 83 Osterloh, Lerke, Besteuerungsneutralität – ökonomische und verfas­ sungsrechtliche Aspekte, in: Osterloh, Lerke/Schmidt, Karsten/We­ ber, Hermann (Hrsg.), Festschrift für Peter Selmer, Berlin 2004, S. 875

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II.  Beiträge in Sammelwerken

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III. Monographien

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III. Monographien Aldestam, Mona, EC state aid rules applied to taxes, Uppsala 2005 André, Achim, Beweisführung und Beweislast im Verfahren vor dem Eu­ ropäischen Gerichtshof, Köln et al. 1966 Ball, Kurt, Steuerrecht und Privatrecht, Mannheim et al. 1924 Baudenbacher, Carl, A brief guide to European state aid law, London et al. 1997 Becker, Enno, Die Grundlagen der Einkommensteuer, München et al. 1940

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III. Monographien

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III. Monographien

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IV.  Gesetzeskommentare und Lehrbücher

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V.  Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen und Schlussanträge

Streinz, Rudolf, EUV/AEUV, 2. Aufl., München 2012 Striegel, Andreas, REITG, Berlin 2007 Sudhoff, Heinrich, GmbH & Co. KG, 6. Aufl., München 2005 Terra, Ben/Wattel, Peter Jacob, European tax law, 6. Aufl., Alphen aan den Rijn 2012 Tipke, Klaus/Lang, Joachim, Steuerrecht, 22. Aufl., Köln 2015 Vedder, Christoph/Heintschel von Heinegg, Wolff, Europäisches Unions­ recht, Baden-Baden et al. 2012 Vesterdorf, Peter L./Nielsen, Mogens/Harris, Stephen, State aid law of the European Union, London 2008

V. Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen und ­Schlussanträge EuGH, Urteil vom 23.02.1961, 30/59, De Gezamenlijke Steenkolenmij­ nen, Slg. 1961, 00003 EuGH, Urteil vom 15.07.1964, 6/64, Costa/ENEL, Slg. 1964, 01253 EuGH, Urteil vom 21.02.1973, 6/72, Europemballage/Kommission, Slg. 1973, 00215 EuGH, Urteil vom 12.07.1973, 70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 00813 EuGH, Urteil vom 02.07.1974, 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 00709 EuGH, Urteil vom 22.03.1977, 78/76, Steinike und Weinling/BRD, Slg. 1977, 00595 EuGH, Urteil vom 13.02.1979, 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 00461 EuGH, Urteil vom 27.03.1980, 61/79, Amministrazione delle Finanze de­ llo Stato/Denkavit, Slg. 1980, 01205 EuGH, Urteil vom 11.12.1980, 31/80, L‘Oréal/De nieuwe Amck, Slg. 1980, 03775 EuGH, Urteil vom 30.01.1985, 290/83, Kommission/Frankreich, Slg. 1985, 00439 EuGH, Urteil vom 28.01.1986, 270/83, Avoir Fiscal, Slg. 1986, 00273 EuGH, Urteil vom 24.02.1987, 310/85, Deufil, Slg. 1987, 00901 EuGH, Urteil vom 14.10.1987, 248/84, Deutschland/Kommission, Slg. 1987, 04013 EuGH, Urteil vom 02.02.1988, 67, 68, 70/85, Van der Kooy/Kommission, Slg. 1988, 00219 EuGH, Urteil vom 13.07.1989, 93, 94/88, Wisselink/Staatssecretaris van Financiën, Slg. 1989, 02671 EuGH, Urteil vom 21.03.1991, C-305/89, Italien/Kommission, Slg. 1991, I-01603 309

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V.  Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen und Schlussanträge

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V.  Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen und Schlussanträge

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V.  Verzeichnis zitierter Gerichtsentscheidungen und Schlussanträge

BVerfG, Beschluss vom 25.07.1960, 1 BvL 5/59, BVerfGE 11, 283 BVerfG, Urteil vom 24.01.1962, 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331 BVerfG, Beschluss vom 11.11.1964, 1 BvR 488/62, BVerfGE 18, 224 BVerfG, Beschluss vom 14.12.1966, 1 BvR 496/65, BVerfGE 21, 6 BVerfG, Beschluss vom 11.07.1967, 1 BvR 495/63, 325/66, BVerfGE 22, 156 BVerfG, Beschluss vom 15.07.1969, 1 BvR 457/66, BVerfGE 26, 327 BVerfG, Beschluss vom 07.10.1969, 2 BvL 3/66, 2 BvR 701/64, BVerfGE 27, 111 BVerfG, Beschluss vom 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, 212 BVerfG, Beschluss vom 10.11.1999, 2 BvR 2861/93, BVerfGE 101, 151 BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006, 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164 BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1 BVerfG, Urteil vom 09.12.2008, 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210 BVerfG, Beschluss vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224 BVerfG, Beschluss vom 29.03.2017, 2 BvL 6/11, BeckRS 2017, 109540 BGH, Urteil vom 05.05.1960, II ZR 128/58, NJW 1960, 1852 BGH, Urteil vom 29.01.2001, II ZR 331/00, BGHZ 146, 341 BFH, Urteil vom 25.09.1956, I 226/55 U, BStBl. III 1956, 367 BFH, Urteil vom 18.12.1963, I 187/62 U, BStBl. III 1964, 211 BFH, Urteil vom 28.11.1968, I 47/65, BStBl. II 1969, 245 BFH, Urteil vom 13.03.1974, I R 7/71, BStBl. II 1974, 391 BFH, Beschluss vom 10.11.1980, GrS 1/79, BStBl. II 1981, 164 BFH, Urteil vom 10.11.1983, IV R 86/80, BStBl. II 1984, 152 BFH, Beschluss vom 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl. II 1984, 751 BFH, Urteil vom 21.06.1989, X R 14/88, NJW 1980, 1812 BFH, Beschluss vom 25.02.1991, GrS 7/89, BStBl. II 1991, 691 BFH, Beschluss vom 03.05.1993, GrS 3/92, BStBl. II 1993, 616 BFH, Urteil vom 27.01.1994, IV R 114/91, BStBl. II 1994, 635 BFH, Urteil vom 02.02.1994, I R 78/92, BStBl. II 1994, 479 BFH, Beschluss vom 03.07.1995, GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617 BFH, Urteil vom 15.10.1998, III R 75/97, DStR 1999, 64 BFH, Beschluss vom 24.02.1999, X R 171/96, BStBl. II 1999, 450 BFH, Urteil vom 11.08.1999, XI R 12/98, BStBl. II 2000, 229 BFH, Urteil vom 07.11.2000, VIII R 16/97, BStBl. II 2000, 186 BFH, Urteil vom 20.11.2003, IV R 5/02, BStBl. II 2004, 464 BFH, Urteil vom 19.06.2007, VIII R 69/05, BStBl. II 2008, 551 BFH, Urteil vom 28.11.2007, X R 6/05, BStBl. II 2008, 363 BFH, Beschluss vom 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl. II 2008, 608 BFH, Beschluss vom 22.01.2009, VIII B 153/07 (NV), BFH/NV 2009, 758 BFH, Beschluss vom 20.03.2009, VIII B 170/08, DStR 2009, 795 BFH, Urteil vom 19.05.2010, I R 62/09, BFHE 230, 18 BFH, Urteil vom 06.09.2011, VIII R 55/10, BFH/NV 2012, 269 315

Literaturverzeichnis 

BFH, Beschluss vom 29.08.2012, VIII B 45/12, BStBl. II 2012, 839 BFH, Urteil vom 29.11.2012, IV R 37/10 (NV), BFH/NV 2013, 910 FG Sachsen, Urteil vom 16.03.2011, 2 K 1869/10, EFG 2011, 1457 FG Hamburg, Beschluss vom 04.04.2011, 2 K 33/10, EFG 2011, 1460 VfGH, Erkenntnis vom 26.01.1978, G 67, 68/77, BGBl. 118/1978

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Stichwortverzeichnis Äußeres System 84 Begünstigung –– Allgemein 16 –– Steuerrechtliche Besonderheiten 28 Beihilfeverbot –– Gleichheitsrechtliche Auslegung 36 –– Klassische Auslegung 14 –– Modifizierter klassischer Ansatz 75 Beweislast 77 Dualismus der Unternehmensbe­ steuerung 172 Hybride Rechtsformen 253, 267 Inneres System 85 Körperschaft –– Anrechnungsverfahren 184 –– Formelles Korrespondenzprinzip 205 –– Genossenschaft 244 –– Gesamtbetrachtung 183 –– Gewinnausschüttung 199 –– KGaA 253 –– Organschaft 192 –– REIT-AG 195 –– Teileinkünfteverfahren 184 –– Trennungsprinzip 181 –– Verdeckte Einlage 202 –– Verlustuntergang 208 –– Zinsschranke 206 Leistungsfähigkeitsprinzip 226, 266

Personengesellschaft –– Abfärberegelung 229, 233 –– GbR 216 –– Gewerbeliche Prägung 230, 237 –– GmbH & Co. KG 221 –– KG 218 –– OHG 216 –– Publikums-KG 220 –– Transparenz 212 Rechtfertigung durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems 23, 65, 76 Rechtsformneutralität –– Allgemeines Postulat 269 –– Begriff der Rechtsform 113 –– Begriff der Rechtsformneutra­ lität 4 Rechtsformspezifische Differen­ zierung –– Auch rechtsformspezifische Differenzierung 115 –– Beihilfecharakter 269 –– Rein rechtsformspezifische Differenzierung 115 Selektivität –– Allgemein 18 –– Steuerrechtliche Besonderheiten 33 –– Tätigkeitsbezug 260 Sonderlasten 69 Subsystem 99, 265 Systembegriff 84

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