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German Pages 387 [412] Year 1966
STIFTUNG
PREUSSISCHER
KULTURBESITZ
HANDBÜCHER DER STAATLICHEN MUSEEN
BEATRIX
VON
RAGUE
GESCHICHTE DER JAPANISCHEN LACKKUNST
WALTER DE G R U Y T E R & CO · B E R L I N vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung · J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer · Karl J . Trübner · Veit & Comp.
1967
M I T 194 E I N F A R B I G E N U N D 5 MEHRFARBIGEN ABBILDUNGEN
© Archiv-Nr. 3147 66/1 Copyright 1967 by Walter de Gruyter & Co., vormals G . J . Gösdien'sche Verlagshandlung · J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung · Georg Reimer · K a r l J . Trübner · Veit & Comp. · Printed in Germany · Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechtes der Herstellung von Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Thormann & Goetsch, Berlin
VORWORT Die japanische Lackkunst hat im Westen schon seit langem viele Freunde und Sammler gefunden. Bisher stehen diesen aber nur wenige Hilfsmittel zur Verfügung, von der Bewunderung zu genauerer Kenntnis vorzudringen, denn die umfangreiche, wenn auch nicht immer systematische japanische Literatur ist nur wenigen Fachleuten zugänglich und in westlichen Sprachen ist über die Geschichte der japanischen Lackkunst noch nicht viel geschrieben worden. Zwar benutzt jeder Lack-Liebhaber dankbar die Bücher von Otto Kümmel und Martin Feddersen, in denen jeweils ein Kapitel der Lackkunst gewidmet ist. Aber diese Kapitel sind naturgemäß zu kurz, um eine mehr als tausendjährige Entwicklung darzustellen. Sie sind auch überwiegend im Hinblick auf solche Lackarbeiten geschrieben, die dem westlichen Sammler am ehesten zugänglich sind, also auf relativ späte Stücke. Die neuesten — vor allem japanischen — Forschungen haben zudem manche wichtigen Ergebnisse erbracht, die von den älteren Autoren noch nicht berücksichtigt werden konnten. So soll dieses Buch also eine Lücke ausfüllen. Ich habe die Entwicklung der japanischen Lackkunst möglichst oft an datierten Werken zu belegen versucht. Sie geben eine Reihe von Fixpunkten, welche die Einordnung der vielen undatierten, oft künstlerisch bedeutenderen Werke erleichtern. Datierte Lackarbeiten sind daher möglichst vollzählig erwähnt worden, viele von ihnen wurden auch abgebildet. (Bei den zahlreichen datierten Medizindöschen und Sakeschalen der Spätzeit wurde allerdings keine Vollständigkeit angestrebt.) Undatierte Werke habe ich so genau wie möglich einzuordnen versucht; aus diesem Grunde wurde ζ. B. eine Bezeichnung wie „um 1400" der unbestimmteren Angabe „erste Hälfte der Muromachi-Zeit" vorgezogen. Vermutlich werden solche Datierungen gelegentlich Widerspruch erregen, aber der Versuch einer näheren Datierung muß ja einmal gemacht werden. Es schien mir wichtig, gelegentlich auf Werke der Nachbarkünste, also der Keramik, der Metall- oder Textilkunst hinzuweisen. Die Quer-
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Vorwort
Verbindungen zwischen den verschiedenen Zweigen des japanischen Kunsthandwerks sind bisher erst unzureichend untersucht, aber die gewählten Beispiele können doch verdeutlichen, wie eng stilistische Phänomene der Lackkunst mit der Gesamtentwicklung der japanischen Kunst bzw. des Kunstgewerbes zusammenhängen. Wenn diese Beziehungen noch weiter untersucht würden, fiele wohl auf alle Bereiche des Kunsthandwerks ein klareres Licht. Die zahlreichen und oft komplizierten Techniken der Lackkunst wurden im vorliegenden Buch möglichst knapp behandelt, um die Darstellung der stilistischen Entwicklung nicht zu oft zu unterbrechen. Das durfte um so eher geschehen, als ein Buch von Kurt Herberts über die technischen Aspekte der Lackkunst schon ausführlich Auskunft gibt. Ein Wort sei noch gesagt zur Auswahl der Abbildungen. So reizvoll es in anderen Zusammenhängen sein mag, möglichst viele unbekannte Werke abzubilden, so notwendig ist es für eine geschichtliche Darstellung, vor allem — neben den fest datierten Stücken — die künstlerisch bedeutendsten Arbeiten zu zeigen. Die Tatsache, daß mehrere von ihnen in anderen, meist japanischen Publikationen schon zu sehen sind, durfte kein Hinderungsgrund sein, sie hier abzubilden. Ich möchte an dieser Stelle mannigfaltigen Dank aussprechen. Ohne die in der Bibliographie aufgeführten japanischen Forschungen, die ich in möglichst weitem Umfang ausgewertet habe, hätte dieses Buch nicht geschrieben werden können. Aber aufschlußreicher als Bücher und Aufsätze waren oft die Gespräche, die ich mit japanischen Fachleuten und Kollegen führen konnte. Mein größter Dank gilt Herrn Professor Saburö Mizoguchi, der mir seit meinem ersten Besuch im National-Museum Tökyö unermüdlich geholfen hat. Immer wieder hat er mich mit Rat und Tat unterstützt, mir ungezählte Fragen beantwortet und mir viele Wege gebahnt. Ferner danke ich Herrn Professor Taiji Maeda, der meinen Blick über die Lackkunst hinaus auf andere Gebiete des japanischen Kunstgewerbes gelenkt hat, und Herrn Professor J ö Okada, von dem ich wichtige Auskünfte und Hinweise erhielt. Bei der mühevollen Beschaffung des Abbildungsmaterials haben mir Herr Hirokazu Arakawa von National-Museum Tökyö und Herr Motoo Yoshimura von National-Museum Kyoto unschätzbare Hilfe geleistet. Besonderer Dank gilt den Lackmeistern, in deren Werkstätten ich wertvolle Kenntnisse sammeln konnte, und allen Sammlern und Museumsbeamten, die mir erlaubten, ihre kostbaren Lackgegenstände in Ruhe
Vorwort
VII
und aus größter N ä h e zu betrachten und sie gegebenenfalls in diesem Buch abzubilden. W e n n sich in dem vorliegenden B a n d Fehler befinden, so sind sie gewiß nicht mangelnder Hilfsbereitschaft der Befragten zuzuschreiben. D a n k e n möchte ich ferner den Staatlichen Museen Berlin der Stiftung Preußischer Kulturbesitz,
deren
finanzielle
Hilfe
das Erscheinen
des
Buches in der vorliegenden Gestalt ermöglichte, und dem Verlag W a l t e r de G r u y t e r & Co., Berlin. Last not least danke ich Frau C h a r l o t t e Hasse, die unverdrossen und zuverlässig immer neue Fassungen des Manuskriptes abgeschrieben hat. Berlin, O k t o b e r 1 9 6 5
B e a t r i x von R a g u e
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X.
Anfänge und Lehrjahre Die frühe Heian-Zeit, Epoche der Japanisierung Das 11. und 12. Jahrhundert, Blütezeit der Heian-Lacke . . . . Kamakura-Zeit Muromachi-Zeit I Nambokuchö- bis Higashiyama-Zeit Muromachi-Zeit II Vom Ende der Higashiyama-Zeit bis 1567 Momoyama-Zeit Die frühe Edo-Zeit Mittlere und späte Edo-Zeit Von der Meiji-Zeit bis zur Gegenwart Anmerkungen
V 1 23 44 75 112 156 179 219 259 288 318
Anhang Liste datierter Lackgegenstände
341
Erläuterung häufig vorkommender japanischer Bezeichnungen 345 Japanische Namen und Fachausdrücke mit Schriftzeichen . . . . 347 Bibliographie Index Zeittafel und Landkarte im hinteren Buchdeckel
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Dem Andenken meines Lehrers Prof. Dr. Werner Speiser
I. Anfänge und Lehrjahre Der früheste Zeitpunkt, zu dem der Saft des Lackbaums rhus vernicifera in Japan verwendet wurde, liegt Jahrhunderte vor dem Beginn einer geschichtlich faßbaren japanischen Lackkunst. Die ältesten lackierten Gegenstände Japans, die heute bekannt sind, kamen bei Ausgrabungen in verschiedenen Provinzen des Landes zu Tage, ihre Datierung ist noch ungeklärt und schwankt zwischen dem 3. vorchristlichen und dem 4. nachchristlichen Jahrhundert 1 . Die wohl wichtigsten Funde wurden seit Ende der Meiji-Zeit in dem Dorf Korekawa bei Hachinoe in der nordjapanischen Provinz Aomori gemacht. Man entdeckte dort zahlreiche Gegenstände, die mit Lack überzogen sind, und zwar Geräte aus Holz, Keramik, Flechtwerk oder asphaltähnlicher Paste. Flaschen, Schalen, Körbe, Arm- und Ohrschmuck, Bögen und ein Holzschwert — vieles nur fragmentarisch erhalten — tragen eine rote (seltener auch schwarze) Lackschicht, und bei einigen Holzbruchstücken hat fast nur die Lackhaut den natürlichen Zerfall überdauert 2 . Schon bei diesen frühen Dingen ist der Lack nicht ausschließlich als schützender Anstrich verwendet worden, sondern auch in schmückender Absicht. Eine mit reliefierter Schnitzerei verzierte Schale ist zum Beispiel innen schwarz und außen rot gelackt; ein Ring, den man als Armreif deutet, trägt rote Lackmuster auf dunklem Grund; ein Bogen ist rot mit Abb. ι zwei feinen schwarzen Parallelen lackiert. — Auf Grund von Form und Dekor der Keramiken hat man die Korekawa-Funde bisher der späten Jömon-Zeit zugeschrieben, doch sind die Untersuchungen, die vielleicht zu einer Datierung in die Kofun-Zeit kommen werden, noch im Gange 3 . Ebenfalls aus vorgeschichtlicher Zeit stammen auch einige Funde aus anderen Gegenden: in Namioka (Provinz Aomori) und im Bezirk Semboku (Provinz Akita) wurde je ein lackierter Kamm ausgegraben; je ein Korb mit Lacküberzug in Matsumine (Provinz Yamagata) und beim Tempel Shimpuku-ji (Provinz Saitama); ein Kamm und ein Korb in Numazu (Provinz Miyagi). Außerdem gibt es zahlreiche Keramiken, die mit einer roten oder schwarzen glänzenden Haut überzogen sind — ob es sich in allen Fällen um Lack handelt, ist jedoch ungewiß 4 . 1
von Ragu£
Anfänge
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Abb. 1.
und
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Armreif mit Lackdekor, ca. 4. Jh. — Η. 1 cm, Br. 0,88 cm, Dm. 7,5 cm. Tökyö, Bunkazai Hogo Iinkai.
Aus dem Vorkommen lackierter Geräte in so früher Zeit glaubt man folgern zu können, daß der Lackbaum ursprünglich in Japan heimisch war und nicht erst — wie später die hoch entwickelte eigentliche Lackkunst — aus China und Korea eingeführt wurde. Jedenfalls muß man diese frühen Lackarbeiten auf japanischem Boden wohl als echte Bestandteile der japanischen Kultur ansehen; sie haben keinerlei Beziehung zu der chinesischen Lackkunst, die in der gleichen Zeit schon auf einer beachtlichen Höhe stand. Aus der Yayoi-Zeit, die auf die Jömon-Zeit folgte, hat man einige lackierte Bögen, Kämme und Armreifen ausgegraben, die jedoch nur von einem niedrigen Niveau der Lackiertechnik zeugen. Das änderte sich, als in der Hügelgräberzeit (ca. 3.—7. Jahrhundert) der herrschende YamatoClan zahlreiche Facharbeiter der verschiedenen handwerklichen Zweige an seinem Hofe beschäftigte. Diese Leute waren in bestimmte Gilden eingeteilt, und der Ausdruck „urushibe", mit dem die Lackarbeiter bezeichnet wurden, taucht mehrfach in späteren Quellen für die alte Zeit auf. So zum Beispiel im „Kyüji hongi", einer im Original verlorenen, in Teilen aber in späteren Geschichtswerken erhaltenen Schrift. In ihr wird auch
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der Name des sagenhaften Mimi no Sukune genannt, der als erster Leiter der urushibe zur Zeit des Kaisers Köan gelebt haben soll5. In dieser Hügelgräber-Zeit scheint den Ausgrabungen zufolge Lack häufiger angewendet und technisch besser verarbeitet worden zu sein; er kommt bei Bogengriffen, hölzernen Zeremonialschwertern, Lederschilden und auch auf eisernen Helmen vor. Da für den Yamato-Hof sehr viele Handwerker arbeiteten, darunter eine besondere Gilde der Holzarbeiter, kann man vermuten, daß die urushibe vor allem die von den Holzarbeitern hergestellten Geräte lackierten. — Die Geschichtsquellen führen seit der Zeit des Kaisers Yömei (586/87) des öfteren Verfügungen auf, nach denen Lackbäume angepflanzt und bestimmte Mengen Lack als Steuern abgegeben werden mußten, doch berichten sie nichts über die weitere Verwendung des Lacks oder über das Aussehen lackierter Gegenstände. Ist der Lack also zwar schon seit vorgeschichtlichen Zeiten bekannt gewesen und angewendet worden, so wird er in Japan doch erst nach der Einführung des Buddhismus in der Mitte des 6. Jh. n. Chr.6 zu einem Mittel der großen Kunst. Bei der Entstehung der buddhistischen Kunst und Kultur Japans waren zunächst Koreaner und Chinesen als Vermittler und Lehrer tätig, die ältesten Werke hochentwickelter Lackkunst in Japan sind sicherlich von ihnen oder unter ihrem unmittelbaren Einfluß geschaffen worden. Das früheste erhaltene Beispiel ist der berühmte Tamamushi-Schrein Abb. 2 (Tamamushi-zushi) im Höryü-ji, wohl um die Mitte des 7. Jahrhunderts entstanden. Dieser 2,33 m hohe Schrein leitet seinen Namen von dem Tamamushi-Käfer ab (chrysochroa elegans), mit dessen blaugrün schillernden Flügeldecken die durchbrochen gearbeiteten Metallbeschläge unterlegt sind. Der Schrein besteht aus einem hohen Sockel, der eine etwas niedrigere palastähnliche Halle trägt, welche zur Aufbewahrung einer Buddha-Figur dient. Die Wände von Sockel und Halle sind schwarz lackiert und mit Lackmalereien in Rot, Gelb und Grün verziert. Abb. 2 zeigt die Rückseite des Schreins bei geöffneten Seitentüren7. So schön und wichtig dieser Schrein auch ist, so wenig kann man ihn jedoch als typisch japanisch bezeichnen, ja nicht einmal mit Sicherheit als japanische Arbeit überhaupt. Der Stil der figürlichen Malerei und der Landschaftsformen erinnert an chinesische Bilder der Ost-Wei- und NordCh'i-Zeit (534—550 bzw. 550—577), und noch enger sind die Beziehungen zu Korea8. Dort sind bei Ausgrabungen zahlreiche mit Tamamushi13·
Abb. 2.
T a m a m u s h i - S c h r e i n ; Rückseite. M i t t e 7. J h . G e s a m t h ö h e 2,33 m. Nara, Höryü-ji.
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Flügeln unterlegte Metallarbeiten gefunden worden, vor allem in dem sogenannten Goldkronengrab in Kyongju (Südost-Korea), das aus dem 5.—6. Jahrhundert stammt. Bei diesen Funden stimmt die Auswahl bestimmter Teile der Tamamushi-Flügel und die Art des Unterlegens unter durchbrochenen Metalldekor genau mit der Technik überein, die am Tamamushi-Schrein angewendet worden ist. Auch in Gräbern des koreanischen Kokuryö-Reiches (37 v. Chr. — 668 n. Chr.) sind MetallZierbeschläge mit dieser Verwendung von Tamamushi-Flügeln gefunden worden, es handelt sich also bei Tamamushi-Einlagen offensichtlich um eine in Korea beheimatete Technik. In Japan gibt es außer dem Tamamushi-Schrein kein weiteres Beispiel dieser Dekorationsweise. Einige dekorative Elemente innerhalb der Malerei des Schreins weisen ebenfalls nach Korea 9 . Nun bedeuten all diese Hinweise auf Korea nicht, daß der Tamamushi-Schrein in Korea entstanden sein müßte — sein Material, HinokiHolz, spricht sogar für Japan. Aber die Beziehungen zwischen beiden Ländern waren damals eng. Schon längst vor der Entstehungszeit des Schreines waren viele Koreaner nach Japan gekommen, und man kann die Rolle, die koreanische Handwerker und Künstler vom 5. bis ins 7. Jahrhundert in der frühen Kunst Japans spielten (insbesondere in der buddhistischen), wohl kaum überschätzen10. Wahrscheinlich ist es richtig, den Tamamushi-Schrein in den Strahlungsbereich koreanischer Kunst in Japan zu rücken, sei es, daß er von Koreanern selbst dort hergesellt wurde, sei es, daß Japaner ihn in Anlehnung an koreanische Arbeiten schufen. Er ist das älteste Werk wirklicher Lackkunst, das in Japan erhalten und vermutlich auch dort entstanden ist. Rund fünfzig Jahre nach der Entstehung des Tamamushi-Schreins wurde im Jahre 701 ein japanischer Gesetzeskodex herausgegeben, der als Taihö-ritsuryö bezeichnet wird. In ihm wird die Errichtung einer Lackbehörde im Rahmen des Finanzministeriums angeordnet. Diese Behörde sollte aus einem Leiter, einem Assistenten, einem Unterbeamten, zwanzig Lackarbeitern, sechs Gehilfen und einem Diener bestehen. Weiter wird bestimmt, daß lackierte Gegenstände ebenso wie Lanzen und Sättel mit dem vollen Namen des Herstellers signiert werden sollen und daß überzählige Lackgegenstände, die nicht für den Kaiserhof gebraucht wurden, auf öffentlichen Märkten verkauft werden dürfen. Bei jedem Haus sollten Lackbäume angepflanzt werden, und zwar je nach der Größe des Besitzes mindestens 40, 70 oder 100 Stämme. J e nach der
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Zahl der Bäume mußte dann eine bestimmte Lackmenge als Steuer abgegeben werden11. Ein Blick auf die japanische Geschichte erklärt, weshalb solche Bestimmungen notwendig wurden. Seit der Regentschaft Shötoku Taishi's (573—621, Regent seit 593) waren Veränderungen politischer und kultureller Art im Gange, welche die Stellung des kaiserlichen Hofes stärkten, die Macht der Adelsfamilien beschränkten, die Ausbildung eines neuen Beamtenstandes förderten und nicht nur die buddhistische Lehre, sondern im Zusammenhang mit ihr auch die hoch entwickelte chinesische Kultur in das geistige und materielle Leben Japans einbauten12. In ganz erstaunlichem Tempo erhob sich Japan im 7. und 8. Jahrhundert aus dem einfachen und anspruchslosen Dasein der vorhergegangenen Zeit zur Höhe eines bedeutenden Kulturvolkes. Vermittler und Lehrer ungezählter Kenntnisse praktischer und theoretischer Art war der Buddhismus. Er war zugleich auch Arbeitgeber für Handwerker und Künstler, denn in seinem Dienst entstanden überall Tempel, die mit Plastiken und religiösen Geräten ausgestattet werden mußten. Langdon Warner schilderte in seinem Buch „The enduring art of Japan", wie die Hauptstadt Nara im 8. Jahrhundert einem Heerlager von Handwerkern geglichen haben muß, die für die neuen Tempel arbeiteten. Unter ihnen können die Lackarbeiter keine unbedeutende Rolle gespielt haben, und die Gesetze über den Anbau von Lackbäumen und die Abgabe von Rohlack als Steuer beruhen zweifellos auf dem so sprungartig ansteigenden Bedarf an Lackgegenständen. Die meisten Bauten jener Zeit sind mitsamt ihrer Ausstattung Kriegen oder Feuersbrünsten zum Opfer gefallen. Aber eine Anzahl von Trockenlack-Plastiken des 8. Jahrhunderts blieb erhalten 13 , vor allem in Abb. 3 den Tempeln Tödai-ji, Köfuku-ji, Akishino-dera und Töshödai-ji 14 . Die Technik, in der diese Plastiken ausgeführt wurden, ist der sogenannte Trockenlack (auf Japanisch früher „soku" und heute „kanshitsu" genannt), ein aus China stammendes und dort schon in der Han-Zeit (206 v. — 220 n. Chr.) geübtes Verfahren. Es besteht darin, Geräte oder Skulpturen aus Hanfgeweben zu formen, die in Rohlack getränkt sind. Dabei dient zunächst eine Tonform oder ein einfaches hölzernes Gerüst als Kern. Sobald der Lack getrocknet und der Stoff dadurch erstarrt ist, kann dieser Kern entfernt und die Oberfläche des sehr leichten kanshitsu-Gegenstandes mit Lack oder Malerei weiter verziert werden. Da das feuchte Gewebe leicht formbar ist, lassen sich mit Trockenlack Weichheiten und Fein-
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Abb. 3.
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K o p f des Ashura. U m 735, Trockenlack. N a r a , K ö f u k u - j i .
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heiten der Modellierung erzielen, die der Holzschnitzerei kaum erreichbar sind. Besonders schwierige Partien, wie etwa reliefierend dargestellter Abb. 4 Schmuck, wurden in der Nara-Zeit zuweilen aus einer Mischung von Sägemehl und Lack aufmodelliert, nach dem Trocknen eventuell nachgeschnitzt, einige Male überlackiert und zuweilen noch mit Blattgold überzogen15. Ein unvergleichlich reiches Material an Kultgeräten, Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen des 8. Jahrhunderts ist im Shösöin überliefert. Dieses „Haupt-Schatzhaus" des Tempels Tödai-ji wurde im Zusammenhang mit der 752 stattfindenden Weihungszeremonie des großen Bronze-Buddha in Nara erbaut. Der schwierige und kostspielige Guß dieser über 16 m hohen Kolossalstatue war ein nationales Ereignis für Japan, und die feierliche „Augenöffnungszeremonie" fand in Anwesenheit des ganzen kaiserlichen Hofes und Hunderter von Priestern und Mönchen statt. Geräte, die bei dieser Feier benutzt wurden, sind in der südlichen Abteilung des Shösöin aufbewahrt. Wenige Jahre nach der Vollendung des Bronze-Buddha, im Jahre 765, starb der fromme Kaiser Shömu. Auf seine Anordnung hin war der Guß der Plastik ausgeführt worden; er hatte den Tödai-ji als Tempel für dieses Kultbild gegründet. Seine Beziehungen zum Tödai-ji waren also besonders eng gewesen, und 49 Tage nach seinem Tod stiftete die KaiserinWitwe Kömyö dem Tempel den gesamten persönlichen Besitz des Verstorbenen. Diese Gaben, die in heute noch erhaltenen Schenkungsurkunden verzeichnet sind16, werden im nördlichen Teil des Shösöin aufbewahrt. Die Geräte, die beim ersten Jahrestag von Kaiser Shömus Tod verwendet wurden, sowie andere ζ. T. spätere Gaben des kaiserlichen Hofes und des Adels bilden zusammen mit Medikamenten und Waffen den übrigen Bestand des 1200 Jahre alten Schatzhauses. Der Shösöin ist somit der Welt ältestes Museum, und sein Inhalt — die ganze Fülle der damals maßgeblichen T'ang-Kultur widerspiegelnd — ist von größter kultur- und kunstgeschichtlicher Bedeutung. Viele dort aufbewahrte Stücke stammen aus China; andere, wie ζ. B. sassanidische Gläser, kamen fernher aus Persien. Manche Dinge sind sicherlich in Japan selbst geschaffen worden, doch weiß man oft nicht, ob von Japanern, Chinesen oder Koreanern. Etwa 150 der im Shösöin aufbewahrten Gegenstände gehören in den Bereich der Lackkunst. Ebenso vielfältig wie ihre Zweckbestimmungen — Möbel, Musikinstrumente, Kästen, Waffen etc. — sind die Materialien
A b b . 4.
N i m b u s m i t a u f m o d e l l i e r t e m T r o c k e n l a c k d e k o r . 8. J h . H . 72 cm. Nara, Höryü-ji.
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und Techniken, mit denen sie hergestellt und verziert sind. Ein Köcher, durch die beigefügte Beschriftung auf das Jahr 764 datiert und so zu den frühesten genau datierten Lacken in Japan gehörend, ist aus Pflanzenranken geflochten und dann lackiert17. Andere Untergrundmaterialien sind Holz, Bambusgeflecht, Stoff (Trockenlack, s. S. 6) oder „shippi". Letzteres ist eine Abart des Trockenlacks, bei der nicht Hanfgewebe benutzt wurde, sondern ein Stück Leder. Rind-, Hirsch- oder zuweilen auch Wildschweinleder wurde in Wasser eingeweicht und dann in eine Holzform gepreßt, in der es in der gewünschten Form trocknete. Zur Verstärkung beklebte man vor dem Lackieren entweder die ganzen Kästen — um solche handelt es sich meist bei shippi-Arbeiten — oder zumindest die Ecken mit Hanfgewebe. Oft wurden auch die Ränder von Kästen und Deckeln noch durch 4- bis 5faches horizontales Umwickeln mit einer Schnur verstärkt. Dann folgte die Lackierung. Sowohl im Shösöin wie auch in den Tempeln Höryü-ji und Shitennö-ji sind zahlreiche shippi-Kästen der Nara-Zeit erhalten; bis in die folgende HeianZeit wurde dieses leicht formbare Material gern verwendet. — Nach Aussehen und Gewicht sind Gegenstände aus kanshitsu (Hanfgewebe) und aus shippi (Leder) leicht miteinander zu verwechseln. Aber durch Schrumpfungsprozesse des Leders treten bei shippi-Arbeiten charakteristische radial ausstrahlende Sprünge auf, die an ein Insekt mit vielen Beinen erinnern und die bei kanshitsu-Lacken angeblich nicht vorkommen18. Manche Gegenstände im Shösöin sind nicht weiter dekoriert, sondern zeigen nur die glatte schwarze Lackoberfläche. Die Untersuchung solcher Stücke hat ergeben, daß im allgemeinen auf das Grundmaterial (Holz, Leder, Geflecht) zunächst eine ziemlich dünne Grundierung aufgetragen wurde. Über dieser liegen bei den Lackarbeiten der Nara-Zeit meist 2—3 Schichten von Schwarzlack (mit Lampenruß gefärbt) und zwei Schichten eines stärker glänzenden bräunlichen Lacks, der „kurome" genannt wurde. Dieser verlieh der Schwarzlackhaut einen schönen, bernsteinartigen Schimmer. Echter Rotlack kommt bei den im Shösöin erhaltenen Dingen nicht vor. Stattdessen färbte man gelegentlich die Holzoberfläche rot und überzog sie dann mit Transparentlack. Das bekannteste Beispiel dafür ist ein Abb. 5 schlicht gearbeiteter Schrank von 1 m Höhe, bei dem die Maserung des Holzes unter dem Lack sichtbar bleibt und zur Belebung der großen Flächen beiträgt (Seki-shitsu bunkanboku no zushi). Die Jahrhunderte
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Abb. 5.
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Schrank. 8. J h . — Η . 1 m. N a r a , Shösöin.
später entwickelte Shunkei-nuri-Technik 1 9 hat hier einen frühen Vorläufer. Dieser Schrank gilt übrigens mit Sicherheit als japanische Arbeit, nicht als chinesische oder koreanische. N e b e n solchen undekorierten Lackgegenständen steht eine Fülle köstlich verzierter Arbeiten. Nach den im Shösöin erhaltenen Werken zu ur-
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teilen, war die beliebteste Dekorationsweise im 8. Jahrhundert das Einlegen von dünnem, zu Mustern geschnittenen Silber- und Goldblech: das sogenannte heidatsu 20 . (In Japan später hyömon genannt.) Ebenso wie kanshitsu und shippi stammt auch diese Technik aus China, wo sie literarisch schon für die Han-Zeit belegt ist. Während aber in China fast nichts erhalten ist21, repräsentieren die heidatsu-Lacke im Shösöin, die sicher von chinesischen Meistern gemacht wurden, einen Höhepunkt dieser Kunst. Abb. 6
Abbildung 6 zeigt das wohl schönste dieser heidatsu-Werke, den Aufbewahrungskasten für einen achtpassigen Spiegel (Gin-heidatsu hakkaku kagamibako). Er ist aus shippi gearbeitet und mit überaus kunstfertig geschnittenen Silbereinlagen verziert, sowohl auf der Oberseite wie auf den geschwungenen Wandungen. Das Silber ist keine blattdünne Folie, sondern leicht über den dunklen Lackgrund erhaben; es trägt feine Binnengravierungen. Die elegante Form des Kastens, die komplizierte, bis ins Feinste ausgewogene Komposition, die sich aus dem zentralen blütenförmigen Stern entwickelt, und die Vollkommenheit der handwerklichen Ausführung stehen auf einem so hohen künstlerischen Niveau, daß die H e r k u n f t des Kastens aus China nicht zu bezweifeln ist. Audi das Muster selbst, das enge Beziehungen zu gleichzeitigen chinesischen, von Persien abgeleiteten Textilmustern hat, bezeugt diesen Spiegelkasten als chinesische Arbeit 22 . Immer wieder zeigen die Werke dieser Zeit eine Vorliebe für große Rundmuster. Die einzelnen Elemente dieser Muster sind oft Naturformen entlehnt, die Gesamtkomposition aber ist unnaturalistisch und nur von dekorativen Gesichtspunkten bestimmt. Ein k r a f t - und prachtvoller Charakter ist ihnen allen eigen. Trotz der chinesischen H e r k u n f t gehört dieser Kasten in eine Darstellung der japanischen Lackgeschichte, denn solche Werke erlesener Qualität bildeten den Maßstab, den die japanischen Lackkünstler damals vor Augen hatten und mit dem sie sich auseinandersetzen mußten. Es ist selbstverständlich, daß sie das zuerst auf dem Wege der Imitation versuchten, ohne schon sofort einen eigenen Stil zu entwickeln. Gerade daher ist es fast unmöglich, bei den Shösöin-Lacken zwischen solchen chinesischer und solchen von sicher japanischer H e r k u n f t zu unterscheiden. Auch die japanischen Fachgelehrten können das nicht; im allgemeinen gilt bei ihnen eine gewissen Weichheit und „Sanftheit" als Kennzeichen für japanische Arbeiten (s. S. 21).
A b b . 6.
Spiegelkasten mit h e i d a t s u - D e k o r . Deckelaufsicht, D e t a i l . 8. J h .
H . 10,5 cm, gr. D m . 36,5 cm. R e p r . nach „ T r e a s u r e s of t h e S h ö s ö i n " .
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Die Farbwirkung der heidatsu-Lacke wurde zuweilen durch den Wechsel goldener und silberner Metalleinlagen noch gesteigert. Das zeigt Abb. 7 ein weiterer shippi-Kasten des Shösöin ( K i n g i n - h e i d a t s u shippibako), der ebenfalls aus dem 8. Jahrhundert stammt. In seiner präzisen,
Abb. 7. Trockenlackkasten mit Gold- und Silber-heidatsu. 8. Jh. Deckel: 6,3 : 33 : 27 cm. Repr. nach „Treasures of the Shösöin".
gradlinigen Form mit scharfen, durch das Perlstabmuster noch betonten Kanten ist er charakteristisch für die Kästen der Nara-Zeit, von denen sich später die der Heian-Zeit durch weichere, leicht gewölbte Formen stark unterscheiden. Der vorzüglich komponierte Dekor des Kastens führt deutlich den weltoffenen Charakter der T'ang-Kunst vor Augen. Denn das Motiv des Vogels im Perlstabmedaillon ist ebenso aus Persien übernommen wie das der Vögel mit Zweigen in den Schnäbeln und wie der Perlstab selbst. Der weit ausschreitende Phönix in der Mitte ist dem aus Trockenlack aufmodellierten auf dem Heiligenschein von Abb. 4 nahe verwandt; seine gespannte, lebhafte Bewegung, die knappe, brillante Formgebung sind ganz typisch für den Höhepunkt der T'ang-Kunst. Auch auf Textilien dieser Zeit finden sich entsprechende Vögel23. Ebenso prachtvoll in der Wirkung sind die langschwänzigen Vögel auf Blattranken, die
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auf den Seitenwänden des Deckels dargestellt sind. Zu diesem Kasten gehört noch ein Gegenstück mit gleichem Dekor, bei dem jedoch Gold und Silber genau entgegengesetzt verwendet sind. Noch eine andere Art von Einlagen kommt bei den Shösöin-Werken häufig vor, nämlich die von geschnittenem Perlmutter. Wieder handelt es sich um ein Verfahren, das aus China stammt. Es muß dort im 8. J a h r hundert — also zu der Zeit, in der in J a p a n die Shösöin-Schätze zusammengebracht wurden — in verschwenderischster Weise ausgeübt worden sein, denn Kaiser Su-tsung ( 7 5 6 — 7 6 2 ) ließ schließlich die Herstellung von Gegenständen, bei denen außer Perlmutter auch noch Bernstein und Bergkristall verwendet wurden, als zu luxuriös verbieten 24 . Die Zusammenstellung von Perlmutt- und Bernsteineinlagen, zuweilen noch mit Schildpatt kombiniert, ist im Shösöin mehrfach zu finden. Sie begegnet uns auf Spiegeln, Kästen, Lauten etc., aber auch ausschließliche Perlmutteinlagen sind häufig. (Allein neun Spiegel sind auf den Rückseiten auf das Kunstreichste mit Perlmutter verziert.) Aber mit einer Ausnahme kommt Lack bei all diesen Arbeiten nicht vor: die schimmernden Muschelstücke sind bei Spiegeln in eine Harz-Masse eingelegt, im übrigen in das freiliegende, nicht lackierte Holz. D a die Hölzer aus südlicheren Ländern stammen, da ferner die Muscheln, aus denen das Perlmutter gewonnen wird, im Indischen Ozean und in der Südsee oft als Zahlungsmittel verwendet wurden, und da schließlich in Annam und Thailand auch heute noch die Kunst der Perlmutteinlagen in Holzgrund blüht, nimmt man an, daß diese Technik zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt von Süden her nach China kam, dort in der T'ang-Zeit ihren Höhepunkt fand und von da aus nach J a p a n vermittelt wurde 25 . Aber nur das Einlegen des Perlmutters in lackierten Untergrund hat in J a p a n Schule gemacht. Es wird dort „raden" genannt. Ein runder Gürtelkasten im Shösöin (Raden-gyoku no obi-bako) ist der älteste erhaltene Gegenstand, der solche Perlmutteinlagen in Lackgrund aufweist. Zusätzlich zu dem leicht gravierten Perlmutter ist hier noch farbig untermalter Bergkristall verwendet. Es ist erstaunlich, daß bei so vielen im Shösöin erhaltenen Arbeiten mit Perlmutteinlagen nur dieser einzige Kasten Einlagen in Lackgrund aufweist. O b man daraus schließen kann, daß im 8. Jahrhundert in China vorwiegend das Einlegen in Holzuntergründe gepflegt worden sei und die Verbindung mit Lackgründen erst später häufiger wurde, läßt sich heute nicht entscheiden.
Abb
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Abb. 8.
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Gürtelkasten mit Perlmutt- und Bergkristall-Einlage. 8. Jh.
Deckel: H. 4,5 cm, Dm. 25,6 cm. Repr. nach „Treasures of the Shösöin".
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Der Gürtelkasten steht, obgleich er vermutlich eine chinesische Arbeit ist, am Anfang einer Jahrhunderte währenden japanischen raden-Kunst. Während diese sich reich entfaltete und in der Kamakura-Zeit voll zur Blüte kam, scheinen in China nach der T'ang-Zeit Perlmutteinlagen zunächst aus der Mode gekommen zu sein. Jedenfalls bezeichnet das Po-chepien, eine chinesische Schrift vom Anfang des 12. Jahrhunderts 26 , die J a paner als Erfinder der Perlmuttlacke. Das weist darauf hin, daß man in China damals über die eigenen alten Arbeiten dieser Art nicht mehr orientiert war, während man japanische raden-Lacke kannte und schätzte263. Erst im 15. Jahrhundert werden japanische Perlmuttlacke aufs Neue von China beeinflußt werden. Außer den Einlege-Techniken (heidatsu und raden) gibt es bei den Shösöin-Gegenständen noch weitere Arten, den Lackgrund zu verzieren, und zwar drei verschiedene Maltechniken. Sie heißen mitsuda-e, yushoku und kingin-e (auch kingindei-e genannt). Bei mitsuda-e wurde ein pflanzliches ö l mit Bleioxyd (mitsudasö) aufgekocht, wodurch das ö l schneller trocknete. Mit diesem Bindemittel wurden dann Farbstoffe gemischt und vermalt, es handelt sich also nicht eigentlich um eine Lacktechnik, sondern um eine Art Ölmalerei auf Lackuntergrund. Häufiger kommt yushoku vor, eine Malerei mit Leimfarben, die durch einen ölüberzug geschützt wurden. Die ölige Schicht über den Farben imitierte außerdem auf einfache Art die Wirkung der in der NaraZeit so beliebten Schildpattauflagen über farbigen Untergründen, und vermutlich ist das eine Ursache dafür, daß die yushoku-Malerei so häufig angewendet wurde. Eine ganze Reihe der im allgemeinen als mitsuda-e bezeichneten Shösöin-Gegenstände sind in Wirklichkeit yuskokuArbeiten 27 . Diese beiden Verfahren, die — sicher unter dem Einfluß der farbenfrohen T'ang-Kunst — den schwarzen Lackgrund farbig belebten, waren für die weitere Entwicklung der japanischen Lackkunst ohne nachhaltige Bedeutung. Nach der Nara-Zeit hat es Jahrhunderte lang, bis zur Momoyama- und Edo-Zeit hin, in Japan keinen farbigen Dekor auf Lackuntergründen mehr gegeben. Dagegen kommt die dritte Maltechnik, das ebenfalls aus China stammende kingin-e, dem typisch Japanischen späterer Lackarbeiten näher. Denn kingin-e kannte keine bunten Effekte, sondern war, wie die wörtliche Übersetzung lautet, ein „Gold-und-Silber(Brei-)Bild". Gold- und Silberpulver wurden dabei mit Leim gebunden und auf Schwarzlackgrund aufgemalt. (Zuweilen auch auf Naturholz2
von R a g u e
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Anfänge
und
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gründe.) Im Gegensatz zu den späteren japanischen Einstreu-Techniken konnte zwar bei dem kingin-e-Verfahren die „Pinselkraft" des Künstlers unmittelbar zum Zuge kommen, aber der Nachteil war, daß diese Malerei schnell wieder abplatzte. Für Gegenstände, die häufig gebraucht wurden, war die Methode daher ungeeignet. Aus der wenig soliden Gesamtausführung einiger kingin-e-Kästen im Shösöin schließt man denn auch, daß sie nicht für den wirklichen Gebrauch bestimmt waren, sondern daß es sich ihnen um Votivgaben zu buddhistischen Gedenkzeremonien hanAbb. 9
delte28. Der abgebildete Spiegelkasten (Shippi-kingin-e hakkaku no kagamibako), dessen Körper aus shippi besteht, ist ein besonders schönes und besonders gut erhaltenes Beispiel solcher kingin-e-Malerei. Sein auffallend guter Erhaltungszustand wird darauf zurückgeführt, daß in diesem Fall der Leimanteil höher, die Haftkraft dadurch also stärker war als bei anderen Stücken. Kingin-e ist geschichtlich gesehen wichtig als ein Schritt zu dem Schwarz-Gold-Silber-Effekt, der für die japanische Lackkunst so entscheidend wurde. Als man später in der Heian-Zeit die gleiche Wirkung mit haltbareren Verfahren zu erzielen verstand, wurde die kingin-eTechnik aufgegeben. Für die Mitte des 8. Jahrhunderts sind durch die im Shösöin erhaltenen Gegenstände also zweierlei Einlegetechniken (heidatsu und raden) und dreierlei Malweisen (mitsuda-e, yushoku, kingin-e) in Verbindung mit Lack-Untergrund belegt. Wie eine Ironie der Geschichte wirkt es dagegen, daß nur ein einziger Gegenstand erhalten ist, der die wichtigste der späteren japanischen Lacktechniken vorwegnimmt, nämlich das Bestreuen eines in Lack vorgezeichneten Dekors mit Goldpulver. Diese Dekorationsweise findet sich im Shösöin nur ein einziges Mal, und zwar auf einer Schwertscheide, die auf Schwarzlackgrund Ranken und Fabeltiere in grobem Goldpulver zeigt.
Abb. ίο
Schwert und Schwertscheide sind in dem alten Tödai-ji-Katalog von 756 aufgeführt, und in dem Text heißt es, auf der Schwertscheide (Kingin densö karatacbi no saya) sei „makkinru". Dieses heute nicht mehr gebräuchliche, unverständliche Wort tritt im Shösöin-Katalog nur an dieser einen Stelle auf. Aus ungefähr der gleichen Zeit sind zwei Pfeile erhalten — heute im National-Museum Tökyö —, die hinter der Spitze und am Pfeilende durch Schwarzlack und grobe Goldfeilspäne verziert sind. Dabei ist das Gold nicht in irgendwelchen Mustern eingestreut, sondern dient nur zur Belebung des Lackgrundes2®. Aber ebenso wie bei der Schwert-
Anfänge
A b . 9.
und
Lehrjahre
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S p i e g e l k a s t e n mit G o l d - und S i l b e r m a l e r e i . 8. J h . — H . 3 c m , gr. D m . 2 1 cm. R e p r . nach „Treasures o f the S h ö s ö i n " .
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Abb. 10.
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Schwertscheide mit makkinru-Technik. Detail. 8. Jh. Repr. nach „Treasures of the Shösöin".
scheide ist auch bei den Pfeilen eindeutig ein Einstreu-Verfahren angewendet worden. Die Diskussion über diese Stücke ist in J a p a n noch nicht abgeschlossen, aber da bei der Schwertscheide das eingestreute Goldpulver überlackiert worden ist und dann die Oberfläche so lange poliert wurde, bis der Dekor wieder zum Vorschein kam, wird heute die makkinru-Technik als identisch mit dem späteren togidashi angesehen (vgl. S. 28). Man hat früher geglaubt, das Verfahren, Goldpulver in den noch feuchten Lackgrund bzw. in die noch feuchte Lackzeichnung einzustreuen, sei eine japanische Erfindung gewesen. Denn weder die Schriftzeichen für das W o r t „makkinru" noch auch auf solche Art verzierte Gegenstände ließen sich in China nachweisen. Bei chinesischen Lacken der Han-Zeit, die in Lolang in Korea ausgegraben wurden, soll es jedoch ein Beispiel für eingestreutes Goldpulver geben; allerdings ist das Pulver nicht in Lads, sondern in Leim eingestreut 30 . Falls man im Han-zeitlichen China auch das Einstreuen von Metallpulver in Lackgrund gekannt haben sollte, wofür es aber keinerlei Beweise gibt, so müßte dies Verfahren später völlig in Vergessenheit geraten sein. In J a p a n dagegen entwickelte es sich als „makie", als „Streubild", seit der Heian-Zeit zu höchster Blüte 3 1 . J a , es wurde geradezu zur „japanischsten" aller Lacktechniken, vielleicht zum japanischsten Kunstgewerbe überhaupt.
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In Formen, Farben und Techniken bieten die aus der Nara-Zeit in Japan erhaltenen Lackgegenstände also ein sehr reiches und vielgestaltiges Bild. Untergründe der verschiedensten Art sind in mannigfaltigen Einlege- und Maltechniken verziert, und der Dekor selbst bietet eine Vielfalt von Mustern, unter denen große komplizierte Rundmuster und andere westliche Elemente wie der Perlstab besonders auffallen. (Es sind dies Motive, die nicht nur im Lackdekor, sondern auch bei Textilien, Perlmutt· und Elfenbeinarbeiten dieser Zeit immer wieder vorkommen 32 .) Die voll entwickelte chinesische T'ang-Kunst bot mit ihren Lackarbeiten gleichsam ein großes Reservoir von Möglichkeiten an; längst nicht alle sind in Japan später lebendig geblieben oder weiter entwickelt worden. Gerade weil der Stil der T'ang-Zeit so eindeutig vorherrschend ist, stellt sich vor den im Shösöin und — weniger zahlreich — an anderen Orten erhaltenen Lackgegenständen die Frage, ob man wirklich von einer Lackkunst der Nara-Zeit sprechen kann statt nur von einer — chinesischen — der T'ang-Zeit. Das heißt mit anderen Worten: Müssen die in Japan überlieferten Lackarbeiten dieser Epoche zwangsläufig Import sein oder kann es sich auch um japanische Nachahmungen handeln? Nach den Gegenständen allein läßt sich diese Frage nicht mit absoluter Sicherheit beantworten. Bei den im Shösöin bewahrten Keramiken mit Dreifarbenglasur, die früher alle als chinesische Arbeiten galten, hat man in den letzten Jahren zwischen importierten „Originalen" und japanischen „Nachahmungen" zu unterscheiden gelernt33. Die Qualität dieser Werke japanischer Keramiker mag dazu ermutigen, auch unter den Lackgegenständen das eine oder andere von Japanern gearbeitete Stück zu vermuten, obgleich noch kein eigener Stil sichtbar ist. Die vielen unzweifelhaft japanischen Lacke der folgenden Heian-Zeit sind ohne bedeutende Vorstufen ja auch gar nicht denkbar. Aber auch die Schriftquellen der Nara-Zeit beweisen, daß in Japan selbst die Lackkunst damals sehr lebendig war und eine rasche Entwicklung durchlief. Denn diese Schriften enthalten mannigfaltige Fachausdrücke und Bezeichnungen, die unnötig gewesen wären, wenn man sich nicht auch in Japan mit der Herstellung von Lackarbeiten befaßt hätte. So finden sich ζ. B. die Worte „do-shitsu" (Keramik-lackieren), „sokunuri" (Trockenlack-lackieren), „boku-shitsu" (Schwarzlack) etc., außerdem auch Ausdrücke, deren Bedeutung heute nicht mehr bekannt ist34. Die technischen Bezeichnungen haben sich im Laufe der Jahrhunderte sehr gewandelt, gerade im Hinblick darauf ist der alte Katalog des Tö-
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dai-ji vom Jahre 756 sehr aufschlußreich. Denn da er die Beschreibung der damals gestifteten und heute noch im Shösöin erhaltenen Gegenstände enthält, ist es möglich, die alten Texte mit den Geräten selbst zu vergleichen und dadurch manche der heute nicht mehr üblichen Bezeichnungen zu verifizieren. Es hat also sicherlich eine japanische Lackkunst der Nara-Zeit gegeben, auch wenn sie uns kein „eigenes Gesicht" erkennen läßt. Faßt man die Entwicklung bis zum Ende dieser Epoche zusammen, so ergibt sich folgendes: Seit vorgeschichtlicher Zeit ist Lack in Japan zu Schutz und Schmuck verwendet worden, obschon zunächst nur auf sehr einfache Art. Nach wichtigen Begegnungen mit koreanischer Kunst (vgl. den Tamamushi-Schrein) kam die große Lehrzeit Japans in der Schule der T'ang-Kunst. In ihr lernten die japanischen Lackarbeiter eine hochentwickelte Lackkunst und vielfache Gestaltungsmöglichkeiten kennen, die sie zunächst übernahmen und kopierten. So wurde ein Fundament gelegt, auf dem Japan in der Folgezeit seine eigene, unverwechselbare Lackkunst entwickelte.
II. Die frühe Heian-Zeit, Epoche der Japanisierung Im Jahre 794 begann mit der Verlegung der Hauptstadt von Nara nach Kyöto — damals Heian-kyo genannt — die Heian-Zeit. Sie dauerte knapp vierhundert Jahre und gliedert sich für die Geschichte der Lackkunst in zwei deutlich geschiedene Abschnitte. Der erste, der bis etwa zum Ende des 10. Jahrhunderts reicht, ist seinem Wesen nach eine Zeit des Übergangs, eines Übergangs von der chinesisch beeinflußten Kunst der Nara-Zeit zu einem eigenständigen japanischen Stil. Dieser Wandel, der äudi auf anderen Gebieten der Kunst zu erkennen ist, läßt sich bei den Lacken sowohl an der Form der Geräte als auch am Dekor ablesen. Das knappe Dutzend Lackarbeiten, an denen sich dieser Stilwandel verfolgen läßt, verteilt sich nicht gleichmäßig über die rund zweihundert Jahre währende Zeitspanne, und nur ein einziges Stück ist fest datiert. Trotzdem macht aber eine sorgsame Analyse dieser Lackgegenstände deutlich, in welcher Weise sich Formen und Techniken änderten, und daraus ergibt sich eine relative Datierungsmöglichkeit für die ganze Gruppe. Am Anfang stehen dekorative Malereien, die erst in jüngster Zeit bei Restaurierungsarbeiten unter späteren Lackschichten entdeckt und freigelegt worden sind. Sie befinden sich in einem großen, 5 m hohen Schrein geringer Tiefe, der in der sogenannten Mandara-Halle des Tempels Taima-dera steht und als Gehäuse für ein berühmtes gewebtes Kultbild diente. Letzteres, das „Taima-mandara", ist ein Werk des achten Jahrhunderts, und Schrein und Halle sind für dieses Kultbild errichtet worden. Sie stammen aus den frühesten Anfängen der Heian-Zeit, weisen aber noch enge Beziehungen zur Kunst der Nara-Zeit auf 1 . Mitte des 13. Jahrhunderts fanden Reparaturen und Umbauten statt, bei denen der Schrein seine heutigen 1242 datierten Türen (s. S. 81) und seine 1243 datierte Basis (s. S. 84) erhielt. Bei diesen Reparaturen wurden dann vermutlich jene alten, vom Beginn der Heian-Zeit stammenden Dekorationen überlackiert, die vor kurzem bei einer gründlichen Restaurierung wieder freigelegt wurden. Es handelt sich um hösöge-Blüten, Vögel und Schmetterlinge, die in Abb. π
A b b . 11.
P f c i l c r d e k o r in G o l d m a l c r e i
auf
Taima-dera, Provinz
Lackgrund. Detail. U m Nara.
800.
Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
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kingin-e-Technik an die Decke des Schreins und an die dem SchreinInnern zugewandten Seiten seiner Stützpfeiler gemalt sind. Außerdem gibt es an der Decke noch Spuren von Vögeln und Genien aus hyömonEinlage. Die kingin-e-Malereien (Mandara-dö-zushi kingin-dei-e hashira) müssen zur Zeit ihrer Entstehung von strahlender Schönheit gewesen sein; ihre Uberreste — in der dunklen Halle leider schlecht sichtbar — legen noch heute ein eindringliches Zeugnis davon ab. Von der engen Beziehung dieser Dekorationen zur Nara-Zeit (und damit für ihr frühes Entstehungsdatum) sprechen schon die Techniken. Sowohl die Gold- und Silbermalerei auf Lackgrund wie auch das Einlegen von geschnittenem Silberdekor waren zumindest seit der Entstehungszeit des Shösöin in J a p a n wohlbekannt, beide Verfahren werden aber im Laufe der Heian-Zeit allmählich aufgegeben. Auch der Dekor ist noch reich an fremden, übernommenen Elementen. Von China her stammen die Wolkenformen, von dort auch die Vögel mit Zweigen im Schnabel und die Art der Schmetterlingsdarstellung in genauer Aufsicht. Am deutlichsten ist die Beziehung zur Nara-Kunst bei der großen Abb. 12 hösöge-Blüte an der Decke des Schreines. Sie ist genau wie die komplizierten Rundmuster der Nara-Zeit aus einer Mittelblüte zum großen, dekorativen Flächenornament hin entwickelt. D e r Architektur des Mandara-Schreins entsprechend ist dieses Ornament hier nicht rund, sondern rhombisch. Aber genau wie die Nara-Muster beruht es auf dem Prinzip, ein beliebig vergrößerbares Muster aus Einzelformen zusammenzusetzen, die auch als selbständige Dekorteile denkbar wären. Schriftquellen der Heian-Zeit erweisen, daß die hyömon-Technik — in der Nara-Zeit so bevorzugt — nur bis zur Mitte des 10. J a h r hunderts angewendet wurde 2 . In der späteren Heian-Zeit scheinen fast keine hyömon-Arbeiten mehr gemacht worden zu sein 3 . (Dagegen wird dieses Einlege-Verfahren — dann als „kanagai" bezeichnet — von der Kamakura-Zeit an wieder aufgegriffen und mit makie zusammen verwendet. Besonders häufig ist diese Kombination in der MuromachiZeit.) Erhalten ist von hyömon-Arbeiten der frühen Heian-Zeit jedoch fast nichts. Außer den spärlichen Resten, die am Taima-Schrein gefunden wurden, gibt uns nur ein mit hyömon verzierter Kasten für Priesterschärpen eine Vorstellung davon, wie die japanischen Lackmeister diese Technik nach der Nara-Zeit verwendeten. Dieser Schärpen-Kasten (Hösöge gin-hyömon kesabako) verbindet Abb. 13 in interessanter Weise altertümliche Elemente der Nara-Zeit mit neuen
Abb. 12.
Deckenmalerei im Mandara-Schrein. Detail. U m 800. Taima-dera, Provinz N a r a .
Die frühe Heian-Zeit, Epoche der
Abb. 13.
Japanisierung
27
Kasten für Priesterschärpen. Detail. Tokyo, Nezu-Museum. (Nach Sekai Bijutsu Zenshu, Bd. 4, T a f . 89.)
des aufkommenden typischen Heian-Stils. Altertümlich sind außer der hyömon-Technik
(an
den
Seitenwänden) und eine B o r t e aus palmettenähnlichen Blättern.
zwei D e k o r - E l e m e n t e :
das Perlstabmuster
Das
Neue des Heian-Stils kündet sich in der F o r m an. D e r niedrige rechteckige Kasten hat sanft gerundete Ecken, wodurch er sich deutlich von den meist scharfkantigen, gradlinigen W e r k e n der N a r a - Z e i t unterscheidet. D a s wichtigste M e r k m a l jedoch ist der sogenannte „chiri-i", ein ganz neues Formelement. Dieser „ S t a u b p l a t z " , wie das W o r t in genauer Ü b e r setzung heißt, ist eine abgesetzte horizontale R a n d z o n e an der Oberseite des Deckels — hier besetzt durch die palmettenähnlichen B l ä t t e r — , von der aus die ebene Deckelfläche durch eine sanfte S - K u r v e emporgetragen wird. A u f doppelte Weise wird also hier die K a s t e n f o r m weicher und geschmeidiger gemacht: im G r u n d r i ß stoßen die Seitenwände nicht mehr rechtwinklig aufeinander, sondern werden durch abgerundete Ecken gefällig verbunden, und im A u f r i ß ist der scharfe rechte W i n k e l zwischen Seitenwand und Deckelfläche durch eine K u r v e ersetzt. D i e „Staubleiste" fängt die kleine K u r v e auf und wiederholt, da sie bei diesem Kasten recht
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Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
Japanisierung
breit ist, noch einmal die Horizontale der Deckeloberfläche. Die Breite des chiri-i betont damit noch die flachen Proportionen dieses kesabako. — In Dekor und Technik der Taima-dera-Malereien und des kesabako des Nezu-Museums ist das Erbe der Nara-Lackkunst noch deutlich spürbar. Außer diesen erhaltenen Werken berichten auch die literarischen Quellen bis etwa in die Mitte des 10. Jahrhunderts über Techniken, die anscheinend noch in der Tradition der Nara-Kunst standen. (Über den Stil dieser Lackarbeiten sagen die Quellen natürlich nichts aus.) So ist ζ. B. die Rede von Rotlackkästen, Schwarzlack-Schreinen mit hyömon-Dekor, Lackkästen mit Elfenbeineinlagen und Spiegeln und Kästen mit PerlmuttVerzierung. Seit der Engi-Ära (901—923) häufen sich Nachrichten, die von „makie" berichten4. Dieses Wort, das für die japanische Lackkunst so wichtig ist und wörtlich übersetzt „Streu-Bild" bedeutet, kommt zum erstenmal schon im Taketori-monogatari vor, einer Erzählung aus der Mitte des 9. Jahrhunderts. Was versteht man unter makie? Es ist — kurz zusammengefaßt — ein Verfahren, bei dem der Dekor mit Lack auf den Lackgrund aufgezeichnet und diese Vorzeichnung noch vor dem Trockenwerden mit Gold- oder Silberpulver bestreut wird. (Unter Umständen auch mit farbigem Pulver.) Das Lackbild ist also nicht mit dem Pinsel gemalt, sondern in die feuchte Vorzeichnung eingestreut. Die wichtigsten Arten des makie sind in der Reihenfolge ihrer geschichtlichen Entwicklung togidashi, hiramakie und takamakie. Bei togidashi wird der eingestreute Dekor nach dem Trocknen mit mehreren, meist schwarzen Lackschichten überzogen, also völlig zugedeckt. Dann erfolgt eine sehr sorgfältige Politur mit Holzkohle, bei der nach und nach diese oberen Schichten soweit abgeschliffen werden, daß die eingestreuten Motive wieder sichtbar werden. Sie liegen nun, durch Uberlackieren und Abschleifen bedingt, genau in der gleichen Ebene wie der sie umgebende Lackgrund. Abschließend wird im allgemeinen die gesamte Fläche mit Transparentlack bedeckt. Der goldene oder silberne Dekor liegt bei togidashi also geschützt unter der polierten durchsichtigen Lackhaut und ist völlig flach5. Hiramakie ist wesentlich einfacher herzustellen, weil die eingestreuten Teile nur noch mit einem durch Kampfer verdünnten Transparentlack überzogen und durch Polieren zu Glanz gebracht werden. Wie der Name „flaches Streubild" besagt, ist hiramakie ein wenig über den Lackgrund erhaben, da das aufgestreute Pulver ja nicht abgeschliffen wird.
Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
Japanisiermg
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Für takamakie, das „hohe Streubild", wird zunächst ein plastisch reliefierter Dekor mit Mischungen von Lack und Holzkohlepulver, Zinnpulver oder Schleifsteinpulver aufgetragen und erst darüber dann, wie bei hiramakie, ein Einstreu-Verfahren angewendet. Je nach der Feinheit und Form des Metallpulvers und nach der — zuweilen entfallenden — Uberlackierung und Schlußpolitur gibt es zahlreiche verschiedene Arten von makie. Soweit sie für die Entwicklung der Lackkunst von geschichtlicher Bedeutung sind, werden sie im Laufe der weiteren Darstellung besprochen werden. In der Heian-Zeit wurde bis zum Ende des 12. Jahrhunderts nur die togidashi-Technik angewendet. Ihr Vorläufer — heute im allgemeinen sogar als identisch mit togidashi angesehen — war das „makkinru" auf der Scheide des Shösöin-Schwertes (vgl. Abb. 10). Seit der Mitte des 9. Jahrhunderts scheint sich das Streubild-Verfahren allmählich ausgebildet zu haben, während gleichzeitig die Techniken der Nara-Zeit zunächst noch fortgesetzt wurden. Rund hundert Jahre später aber, um 950, müssen dann makie-Arbeiten schon alle übrigen Lackkünste an Beliebtheit und Zahl übertroffen haben. Zahlreiche Quellen sprechen davon: im Utsubomonogatari6, im berühmten „Kopfkissenbuch" der Sei Shonagon7, im Genji-monogatari8 usw. finden sich überall Schilderungen schöner Lackgeräte, aus denen hervorgeht, wie beliebt und modern das Einstreu-Verfahren damals war. Eine kleine Anzahl solcher makie-Gegenstände aus dem 9. bis 11. Jahrhundert ist uns erhalten. Es sind folgende Werke: Armstütze mit Blumen- und Schmetterlingsdekor (Kachö makie 9 kyöshoku) im Fujita Museum, Osaka ; Schriftenkasten mit hösöge-Ranken und geflügelten Genien (Hösöge karyobinga makie-soku sassbibako) im Ninna-ji, Kyöto, datiert 919; Kasten für Priesterschärpe mit Wellen und Seetieren (Kaibu makie kesabako) im Τδ-ji 10 , Kyöto; Juwelenkasten mit hösöge (Hösöge makie böjubako) im Ninna-ji, Kyöto; Sutrenkasten mit hösöge (Hösöge makie kyöbako), Enryaku-ji, Shiga-ken; Sutrenkasten mit Lotosranken (Hasu-karakusa makie kyöbako), National Museum, Nara; Sutrenkasten mit Darstellung der frommen Taten Buddhas (Butsukudoku makie kyöbako) im Fujita Museum, Osaka.
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Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der ] apanisierung
Diese wichtigen Frühwerke des makie, die alle zu Nationalen Kunstschätzen Japans erklärt worden sind, verdienen und erfordern eine genaue Untersuchung11. Deren Ausgangspunkt muß der Schriftenkasten im Ninna-ji sein, denn er ist durch eine Eintragung im „Engi-gyoki" auf das Jahr 919 datiert 12 und damit das älteste erhaltene makie-Werk, dessen Entstehungszeit genau bekannt ist. Abb. i4
Der sasshibako (Schriftenkasten) ist rechteckig mit abgerundeten Ecken und hat einen tiefen Überfalldeckel mit chiri-i (Staubleiste); die Deckeloberfläche ist flach. Der Kern des Kastens besteht aus lackiertem Hanfgewebe, also aus Trockenlack, sein Rand ist zur Verstärkung vierfach mit Schnur umwickelt, die dann überlackiert wurde. Die Gesamtform wirkt durch die abgerundeten Ecken und die Staubleiste weich, elegant und unmittelbar ansprechend. Im Zentrum der Deckeloberseite befindet sich eine Inschrift in Goldtogidashi, aus der der Bestimmungszweck des Kastens hervorgeht, nämlich daß er der Aufbewahrung jener Schriften dienen solle, die Köbo Daishi 13 , der Gründer der Shingon-Sekte, bei seiner Rückkehr aus China mitgebracht hatte 14 . Um diese Inschrift herum sind hösöge-Ranken, karyobinga (Sanskrit: kalavinka; geflügelte Genien mit menschlichem Oberkörper, Vogelbeinen und langem Federschweif), Schmetterlinge, Vögel und Wolken dargestellt. Dieser fast die ganze Deckeloberfläche überziehende Dekor wirkt sehr gleichmäßig, ist aber — entgegen dem ersten Eindruck — nicht symmetrisch. Rechts und links, oberhalb und unterhalb des Schriftfeldes sind Abweichungen von reiner Spiegelgleichheit feststellbar, keines der Muster ist genau wiederholt, alle karyobinga sind verschieden und eine leise, im Uhrzeigersinn kreisende Bewegung durchzieht die reiche, ausgewogene Darstellung. An den Seitenwänden, deren jede bei symmetrischer Anordnung doch ein anderes Muster zeigt, wird das herrschende Kompositionsprinzip besonders deutlich. Es offenbart das Erbe der großen, komplizierten Flächenmuster der Nara-Zeit. (Audi bei diesen gibt es die auf den ersten Blick symmetrisch erscheinenden, aber in verhältnismäßig kleinen Teilen doch freien Formen.) Der Dekor ist in Gold- und Silber-togidashi ausgeführt, die Farbwirkung ist also der Gold- und Silberbrei-Malerei der Nara-Zeit verwandt 15 . Der Untergrund ist übrigens kein reiner Schwarzlack, sondern trägt eine sehr sparsame Einstreuung von Goldfeilstaub (yasuri-fun, s. S. 75). Diese Art des Untergrundes, die in dieser Zeit zum erstenmal auftritt und bei fast allen makie-Arbeiten der Heian-Zeit zu finden ist, wird
A b b . 14.
S c h r i f t e n k a s t e n . 9 1 9 . — 8,3 : 2 4 , 4 : 3 7 c m . K y o t o ,
Ninna-ji.
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Die frühe
Heian-Zeit,
Epoche
der
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„heijin" (wörtlich: flacher Staub) genannt. Die sehr zurückhaltende Streuweise bewirkt bei dem Schriftenkasten zwar hier und da ein klares goldenes Aufblitzen, läßt aber den Hintergrund durchaus noch als Schwarzlackgrund erscheinen. — Die Einstreuung des Dekors ist relativ grob und dünn 16 . Die Umrißlinien von Gesicht und Körper der karyobinga sowie ein Teil ihrer Flügel und des Federschweifes sind in Gold gegeben, ebenso die Vögel, Blütenblätter, Früchte und einige Partien der Schmetterlinge, silbern dagegen sind die Ranken, die Blätter und die meisten Wolken. Aber die Farbverteilung ist nicht schematisch, sondern folgt frei den Gesichtspunkten dekorativer Wirkung. Vergleicht man die genannten übrigen frühen makie-Lacke mit diesem 919 datierten Kasten, so ergeben sich aus Form, Technik und Dekor wichtige Anhaltspunkte für ihre Entstehungszeit. Betrachten wir zunächst die Form und lassen dabei die Armstütze außer acht. Abgesehen von dem Sutrenkasten des Enryaku-ji, der eine Ausnahme bildet, weisen alle Kästen Staubleisten (chiri-i) auf und haben abgerundete oder eingezogene Ecken. Die strenge rechteckige bzw. quadratische Kastenform wird also in dieser Stilstufe ganz offensichtlich gemildert und zugleich spürbar bereichert; das geschieht in einer Weise, die Auge und Tastsinn gleichzeitig anspricht. Wie so oft bei den Werken der Lackkunst geschieht es auch schon bei diesen frühen Stücken: die H a n d „begreift" ihre Form ganz unmittelbar, — man spürt diese Form in den Fingern, selbst wenn man sie in Wirklichkeit nicht einmal berührt. Diese sanfte, einen eigenartigen Reiz ausstrahlende Gestalt der Kästen muß aus dem Geschmack der frühen Heian-Zeit entstanden sein. Zwar sind drei der Kästen aus Trockenlack — die beiden Kästen des Ninna-ji aus kanshitsu, der Sutrenkasten mit Lotosranken aus shippi-, also aus einem Material, das an sich schon bildsam, gefügig und weich ist. Aber auch die beiden aus Holz gefertigten Stücke — der Sutrenkasten des Fujita-Museums und der Schärpenkasten des Tö-ji — zeigen die gleiche Formtendenz; die Wände des Sutrenkastens sind obendrein von einer für Holz ganz auffallenden Dünnheit, wodurch der Kasten dem Charakter von Trockenlackarbeiten nahekommt. Die frühe Heian-Zeit scheint also in dem Trockenlackmaterial, das auch die Nara-Zeit schon kannte, aber anders verwendete, die besondere Möglichkeit zu weichen, abgerundeten Formen erkannt und geschätzt zu haben. In der Nara-Zeit hatten die Kästen — abgesehen von den Spiegelkästen, die naturgemäß eine Ausnahme bilden — scharfe Kanten und Ecken und flache Deckel gehabt.
Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
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Diese präzisen, scharfen Formen werden in der Heian-Zeit sanfter und weicher, — man möchte sagen, daß an die Stelle des Kraftvoll-Männlichen ein wärmeres, weiblicheres Element tritt. Die große Bedeutung, die die Frauen für die Kultur der Heian-Zeit hatten, scheint sich bis in die Geräteform hinein zu dokumentieren. Die Kästen der späten Heian-Zeit und der Kamakura-Zeit runden nicht nur die Ecken ab, sondern wölben auch die Seitenwände und den Deckel, so daß der Grundriß gebogene Linien zeigt und von der Staubleiste eine Krümmung bis zur Mitte des Deckels ansteigt. Solche Vielfalt weisen die Kästen der ersten Heian-Hälfte noch nicht auf, aber eine gewisse Sanftheit der Form ist typisch für sie. Was ergibt nun die Untersuchung von Streuweise und Dekor? Der Untergrund besteht bei allen Kästen aus heijin. (Die Armlehne hat dagegen reinen Schwarzlackgrund.) Aber die Streuung ist nicht überall gleich: bei dem Schriftenkasten und dem Schärpenkasten (Abb. 15) ist sie dünn und fein, so daß der Schwarzlackcharakter des Grundes gewahrt bleibt; bei dem Juwelenkasten (Abb. 16) ist sie so dicht, daß fast der Eindruck eines Goldlackgrundes entsteht, und der Sutrenkasten mit Lotosranken (Abb. 18) nimmt etwa eine Mittelstellung ein. Der Sutrenkasten des Fujita-Museums (Abb. 19) hat ebenfalls eine sehr dünne heijin-Streuung, doch läßt er sich wegen des erzählerischen Charakters seines Dekors nicht ohne weiteres mit den rein dekorativ verzierten anderen Kästen vergleichen (s. S. 39). Der Kasten des Enryaku-ji schließlich (Abb. 17) weist zwei verschiedene Arten von heijin auf: eine lockere für den allgemeinen Untergrund und eine sehr viel dichtere für die Kreise, die die Rankenmuster einschließen. Nicht nur hinsichtlich der Untergrund-Bestreuung, sondern auch in Abb. 15 der Einstreuung des Dekors steht der Schärpenkasten dem Schriftenkasten von 919 nahe; beide weisen die gleiche, etwas grobe und nicht sehr dichte Streumanier auf17. Bei der Armstütze ist die Einstreuung sogar noch gröber, so daß die Umrisse der Zeichnung nicht nur nicht scharf sind, sondern zuweilen deutlich übertreten werden. Bei dem Juwelenkasten hingegen und den Sutrenkästen des Fujita-Museums, des Enryaku-ji und besonders bei dem mit den Lotosranken ist die Streu weise sehr sorgfältig und genau. Dieser rein technische Befund läßt auf eine Reihenfolge schließen, bei der die Armlehne, der Schriftenkasten und der Schärpenkasten vor den übrigen Werken entstanden sein müssen. Für die Armstütze trifft das 3
von Rague
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zweifellos zu, denn sie weist Ähnlichkeiten mit einer Armlehne im Shösöin auf, die dem Kaiser Shömu gehört haben soll; ihr Dekor ist, vor allem in der Verwendung des Perlstabs, eng der Nara-Kunst verbunden. O k a d a hält sie für ein Werk der J ö g a n - Ä r a ( 8 5 9 — 8 7 6 ) und damit also für das älteste erhaltene makie-Werk der Heian-Zeit 1 8 . Die Entstehungszeit des Schärpenkastens (Abb. 15) ist nicht genau zu fixieren, doch weist die Art, wie Vögel und Fische dargestellt sind, noch manche chinesischen Einflüsse auf, und auch die technische Ausführung spricht für eine relativ frühe Entstehung. Der Kasten dürfte wohl in zeitliche Nachbarschaft zu dem 9 1 9 entstandenen Schriftenkasten des Ninna-ji gehören. Beide Werke können als repräsentativ für die EngiÄra (901 bis 9 2 3 ) gelten. D e r Juwelenkasten gehörte einer Tempellegende zufolge zum Besitz Abb. i6 des Kaiser Uda, aus stilistischen Gründen wird man ihn aber nicht weit vor dessen Todesjahr 937 zurückdatieren können. Durch seine eingezogenen Ecken hat er eine kompliziertere Form als die übrigen Kästen, er ist sehr sorgfältig gearbeitet und trägt auf dichtem goldenen heijin einen streng organisierten regelmäßigen Dekor in Gold- und Silber-togidashi. Alle Seitenwände haben gleiche Darstellungen, wobei aber Kasten und tiefer Überfalldeckel kontrastierend aufeinander abgestimmt sind. W ä h rend nämlich alle Außenwände des Deckels einen kurzschwänzigen Vogel im Zentrum und je einen langschwänzigen in den Ecken zeigen, ist auf den Wänden des Kastens in der Mitte ein langschwänziger und in den Ecken je ein kurzschwänziger Vogel dargestellt. Das zeugt von genauer Überlegung, der jede Improvisation fernlag. Auch auf der Oberseite des Deckels, die einen Pflanzen- bzw. Rankendekor zeigt, sind die belebenden Unregelmäßigkeiten und kleinen Abwechselungen, die den Schriftenkasten auszeichneten, nicht mehr zu finden. D a f ü r aber sind die Ranken viel klarer und einfacher als die des Schriftenkastens, der in dieser Gegenüberstellung plötzlich seine größere Nähe zur Nara-Kunst deutlich offenbart. Beim Schriftenkasten sind die hösöge-Ranken reine Fantasiegebilde, deren Form und Verzweigungen nur von dekorativen Gesichtspunkten bestimmt werden. Sie bilden ein zusammenhängendes, flächenfüllendes Formenspiel von großer Vielfalt und allseitiger Bewegung; mit realen Pflanzen haben diese Ranken nichts zu tun. Beim Juwelenkasten wird das anders. Hier löst sich das große Flächenmuster in einzelne Motive auf — obgleich immer noch der ganze Grund von ihnen bedeckt wird — und die Einzelformen werden über3»
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Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
Japanisierung
Die frühe
Heian-Zeit,
Epoche
der
Japanisierung
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schaubarer, einfacher und geordneter. Außerdem scheinen diese Blätter und Blüten wirklichkeitsnäher: zwar sind sie nicht mit natürlichen Gewächsen zu identifizieren, aber man könnte sich vorstellen, daß solche Pflanzen in der T a t irgendwo wüchsen. Hier spricht sich eine Tendenz zu Vereinfachung und strengerer Ordnung aus, die bei dem Schriftenkasten von 9 1 9 noch nicht anzutreffen war; sie scheint für die zweite H ä l f t e des 10. Jahrhunderts und für das 11. Jahrhundert maßgebend gewesen zu sein. Von dieser Tendenz zeugt auch der Sutrenkasten des Enryaku-ji, der Abb. 17 das Erbe der reichen, bewegten Nara-Muster durch strenge Symmetrie zu bewältigen sucht. E r weist manche konservativen Züge auf, sowohl in der Naturferne des Dekors wie auch in der Kastenform selbst mit den scharfen Ecken, aber die Ranken sind starrer und erheblich klarer, ihre regelmäßige Anordnung geht über das „rationale" Kompositionsprinzip des Juwelenkastens noch weit hinaus. Wegen der strengen Systematisierung und Stilisierung des Dekors wird dieser Kasten von O k a d a schon dem 11. Jahrhundert zugeschrieben 19 . In anderer Weise läßt sich das Streben nach Einfachheit und bewußter Ordnung bei dem Sutrenkasten mit Lotosranken erkennen, der Abb. is sicher das späteste dieser makie-Werke ist. E r weist eine sehr regelmäßige, bewußt konzipierte Verteilung der Schmuckelemente auf: so zeigt etwa die Längswand des nur bis zu halber Kastenhöhe überfallenden Deckels links und rechts einen kleinen Schmetterling und in der Mitte eine größere Ranke, während der darunter sichtbare Kasten an den Seiten je eine größere R a n k e und in der Mitte den kleinen Metallbeschlag für die Zubindeschnur trägt. Das ist eine Kompositionsweise, die offensichtlich von aufeinander abgestimmten Entsprechungen zeugt. — Die Ranken sind bei diesem Kasten nun wirklich zu identifizieren, es ist eindeutig, daß es sich um Lotos handelt. Von Naturalismus kann man zwar nicht sprechen, denn Lotos ist kein Rankengewächs, die Darstellung also unrealistisch, dennoch aber ist die Naturnähe hier zweifellos größer als bei den übrigen makie-Arbeiten 2 0 . Die Entwicklung zu größerer Vereinfachung, strenger Formalisierung und größerer Naturnähe des Dekors wird begleitet von einer neuen Art der Farbgebung. Z w a r sind diese makie-Arbeiten alle mit Gold- und Silberpulver verziert, aber doch in sehr unterschiedlicher Weise. Bei dem Schriftenkasten von 9 1 9 ist die Verteilung von Gold und Silber recht frei. Wohl sind im Allgemeinen die wichtigen Elemente mit Gold, die weniger
Die frühe Heian-Zeit,
38
Epoche der
Japanisierung
A b b . 17. S u t r e n k a s t e n mit h o s o g e - D e k o r , 11. J h . —
17 : 33 : 20,3
cm.
E n r y a k u - j i , P r o v i n z Shiga.
A b b . 18.
Sutrenkasten mit L o t o s r a n k e n - D e k o r . M i t t e (?) 11. J h . 12,2 : 31,8 : 17,5 cm. N a r a ,
National-Museum.
wichtigen mit Silber dargestellt, aber letztlich entscheidend ist der dekorative Effekt, ihm zuliebe bekommen auch „unwichtige" Wolkenzipfel einen goldenen Akzent. Diese Ungebundenheit entfällt bei den späteren
Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
Japanisierung
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Werken, bei denen eine logischere Verteilung der Farben bzw. Farbwerte herrscht. Bei dem Lotosrankenkasten, dem spätesten dieser Werke, tritt eine neue Farbstufe auf: das aokin („grünes Gold"), ein helles, blasses Goldpulver, das aus einer Gold-Silber-Legierung gewonnen wird. Auch durch die Verwendung dieses Materials erweist dieser Kasten seine relativ späte Entstehung (Mitte 11. Jahrhundert?), denn die Verbindung von Gold und aokin wird in der späten Heian-Zeit sehr gern dem kraftvolleren Kontrast von Gold- und Silberpulver vorgezogen (s. Kap. 3) und häufig in Verbindung mit Perlmutteinlagen verwendet. Schließlich sei noch auf eine weitere Farbnuancierung bei diesem Kasten hingewiesen, und zwar auf die Verwendung von heijin nicht nur für den Untergrund, sondern auch innerhalb des Dekors selbst, nämlich bei den großen Lotosblättern und bei den Stempeln der Blüten 21 . In geringerem Maße gab es solche Abstufung zwar schon bei dem Schriftenkasten von 919 (bei den Gesichtern der karyobinga) und bei dem Sutrenkasten des Fujita-Museums (bei den Wolken), aber als bewußt eingesetztes Mittel im Sinne farblicher Differenzierung und Bereicherung kommt es bei dem Lotosrankenkasten zum ersten Mal vor. Aus Form, Streuweise, Farbigkeit und Dekorstil ergibt sich also eine einleuchtende Chronologie der makie-Werke. Sie führt von der Armlehne über die Engi-Gruppe (mit dem 919 datierten Schriftenkasten als Fixpunkt) und den Juwelenkasten ins 11. Jahrhundert zu dem Sutrenkasten des Enryaku-ji und schließlich zum Lotosrankenkasten. Es ist eine Entwicklung, die im Dekor von reichen, nur scheinbar symmetrischen, chinesisch beeinflußten Mustern zu größerer Vereinfachung, Stilisierung und Strenge geht und in der Technik von sorgloser Streuweise mit freien, kontrastreichen Farbakzenten zu einem sorgfältig-genauen Streu-Verfahren mit reicherer Farbdifferenzierung. Der Sutrenkasten des Fujita-Museums ist durch die abweichende Art Abb. 19 seines Dekors, der Erzählungen aus dem Lotos-Sutra wiedergibt, nicht in die Reihe der besprochenen Lackkästen einzuordnen. Seine Form mit den abgerundeten Ecken und dem in sanfter Kurve vom chiri-i aufsteigenden, in sich aber fast ebenen Deckel ist konservativ und schließt sich den frühen makie-Kästen der Engi-Ära an, aber die bildlichen Darstellungen sprechen f ü r eine Datierung ins späte (?) 11. Jahrhundert 2 2 . Deutlich lassen sie den Prozeß der Japanisierung erkennen: während in der Darstellung von Felsen, Figuren und einigen Wolken unverkennbar die Tradition der
Abb. 19.
Sutrenkasten mit Darstellung der guten Taten Buddhas. Detail. 11. Jh. G e s a m t m a ß e : 16,7 : 32,7 : 23,3 cm. Osaka, Fujita-Museum.
Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
Japanisierung
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chinesischen Malerei fortlebt, spricht in anderen Teilen das Yamato-e mit, der japanische Bildstil, der sich in dieser Zeit ausbildet. In Technik (Goldund Silbertogidashi) und Darstellung vorzüglich, ist dieser Sutrenkasten ein wirkliches Meisterwerk. Einige zeitlich bestimmbare Metallarbeiten sind als Vergleich interessant. Spiegel des 10. Jahrhunderts zeigen, daß auch in der Metallkunst um diese Zeit noch der Übergangsstil der frühen Heian-Zeit herrscht23, während die Spiegel der späten Heian-Zeit in rein japanischem Stil dekoriert sind. — Ein um 1007 entstandener bronzener Sutrenkasten 24 läßt sich wegen seiner eingezogenen Ecken in Verbindung mit chiri-i und ebenem Deckel in Beziehung zu dem — sicher früheren — Juwelenkasten des Ninna-ji sehen. Ein weiterer, kurz vor 1031 gearbeiteter BronzeSutrenkasten 25 weist auf der Oberseite symmetrische Ranken auf. Diese Abb. 20 sind zwar nicht ebenso streng formalisiert wie bei dem Lack-Kasten des Enryaku-ji, aber doch viel stilisierter und einfacher als vergleichbare Ranken der Nara-Zeit oder als die des Schriftenkastens vor 919. Die Daten solcher Metallarbeiten helfen nicht zu einer genauen zeitlichen Fixierung der Lacke, denn die stilistische Entwicklung braucht natürlich bei Metall- und Lackkunst nicht gleichzeitig vor sich gegangen zu sein. Es wäre ζ. B. durchaus denkbar, daß die Kastenformen zuerst in der Lackkunst ausgebildet und dann auf die bronzenen Sutrenkästen übertragen wurden26. Auf jeden Fall aber wird die Entwicklungsrichtung, die sich aus der Untersuchung der Lackarbeiten ergab, durch die Werke der Metallkunst noch bestätigt. Auch die Muster der Textilien zeigen ähnliche Tendenzen: In der Heian-Zeit werden die auffallenden und vielfarbigen Muster der NaraZeit aufgegeben zugunsten kleinerer, im einzelnen einfacherer Formen; die „prachtvollen" Tiere wie Löwe, Drachen und Phönix werden ersetzt durch kleinere, realistischere Darstellungen von Insekten, Schmetterlingen und Kranichen. Unter den erhaltenen Lackgegenständen des 9. und 10. Jahrhunderts befinden sich keine mit raden-Dekor. Nur aus den Schriftquellen weiß man, daß auch in der ersten Hälfte der Heian-Zeit Perlmuttlacke hergestellt worden sind. Diese Technik muß damals sogar auf besonderer Höhe gestanden haben, denn es wird berichtet, daß sich unter den Geschenken, die der japanische Priester Ka-in 988 am chinesischen Kaiserhof überreichte, außer bemalten Stellschirmen, Hinoki-Fächern, makieSchreibkästen usw. auch Toilette- und Kammkästen, Lesepulte, Schreib-
Die frühe Heim-Zeit,
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Abb. 20.
Epoche der
Japanisierung
Sutrenkasten (Bronze) mit hosoge-Dekor. Um 1031. 8,3 : 12,1 : 27,1 cm. Enryaku-ji, Provinz Shiga.
tische und Sättel befunden haben, die alle mit Perlmutteinlagen verziert waren 2 7 . Fassen wir die Lackarbeiten aus der ersten H ä l f t e der H e i a n - Z e i t zusammen, so erweist sich als ihr wesentliches Kennzeichen einerseits das Nachwirken der N a r a - K u n s t , das in F o r m , Technik und D e k o r nachweisbar ist, andererseits aber die gradweise fortschreitende Verselbständigung, die Vorbereitung und Ausbildung eines eigenen japanischen Stils.
Die frühe Heian-Zeit,
Epoche der
Japanisierung
43
Noch etwa bis zur Mitte des 10. Jahrhunderts bezeugen die Schriftquellen die Existenz der in der Nara-Zeit üblichen „chinesischen" Lacktechniken, aber immer stärker setzt sich — an den makie-Arbeiten ablesbar — das Neue, das Japanische durch. Dieser Prozeß der allmählichen Japanisierung läßt sich in stilistischer und in technischer Hinsicht nachweisen, und gerade das Übergangshafte, die Verbindung von Noch und Schon, ist für die Lackarbeiten der ersten Heian-Hälfte charakteristisch. Blickt man auf die politischen und kulturgeschichtlichen Ereignisse dieser Zeit, so wird deutlich, wie sehr die Entwicklung der Lackkunst mit ihrer allmählichen Befreiung von chinesischem Vorbild und Einfluß den allgemeinen Zeittendenzen entsprach; wie sehr das Erstarken der eigenen Kräfte ein Signum dieser Zeit war. 794 war Kyoto, das damalige Heiankyö, an Stelle von Nara zur japanischen Hauptstadt gemacht worden; diese neue Hauptstadt wurde noch genau nach dem Vorbild des chinesischen Ch'ang-an erbaut. Hundert Jahre später jedoch werden die (schon seit 838 eingestellten) japanischen Gesandschaf ten an den chinesischen Kaiserhof offiziell beendet, und schon vorher hatten sich — ζ. B. in der Plastik — Anzeichen eines eigenen, nicht-chinesischen Stils bemerkbar gemacht. 901 beginnt die Fujiwara-Zeit, eine Epoche höfisch-verfeinerter Adelskultur, die zur ästhetischen Durchformung des ganzen Lebens führte. Nun regen sich die eigenen Kräfte freier, und in Architektur, Malerei und Kalligraphie entstehen neue, typisch japanische Formen (shindenzukuri; Yamato-e; hiragana) 28 . Mit dem Genji-Roman der Hofdame Murasaki Shikibu tritt um das Jahr 1000 die japanische Prosa bereits in voller Reife hervor. Das nationale Selbstbewußtsein erwacht und wird bewußt dem chinesischen Wesen gegenübergestellt20. Diese Loslösung von China, diese Ausbildung eines eigenen, rein japanischen Stils läßt sich an den besprochenen Lackarbeiten der ersten Heian-Hälfte gut beobachten.
III. Das 11. und 12. Jahrhundert, Blütezeit der Heian-Lacke Die zweite H ä l f t e der Heian-Zeit steht im Zeichen der eleganten, höfischen Fujiwara-Kultur. Der Kyötoer Hofadel mit seinem luxuriösen, gefühlvollen, weitgehend von ästhetischen Gesichtspunkten bestimmten Lebensstil prägt das Bild der Epoche, und diese steht — trotz politischer Kämpfe — vor den Augen der Nachwelt da als ein Inbegriff von Eleganz, Verfeinerung und lyrischer Schönheit. Diesen Geist der Zeit drücken in besonders sinnfälligem Maße die zahlreich erhaltenen Lackarbeiten aus. Die Vorliebe für lackiertes Gerät muß im 11. und 12. Jahrhundert überaus groß gewesen sein, besonders für solche Gegenstände, bei denen sich dem schwarzen Lackgrund und dem sanften Goldglanz des makie noch das mondweiße Leuchten von Perlmutteinlagen verband. Die „traumhafte" Wirkung solcher Geräte im Dämmer der Wohnräume oder Tempelhallen muß — wie auch aus literarischen Quellen hervorgeht — auf so vollkommene Weise dem schönheitsdurstigen Geist dieser Zeit entsprochen haben, daß man wahrhaftig von einem „Zeitalter der Lackkunst" sprechen kann. Fast alle Bezirke des Lebens wurden davon erfaßt, überall ist die Arbeit der Lackmeister anzutreffen: an buddhistischem Zubehör wie Sutrenkästen und Altarbasen, an Eß- und Trinkgerät, Schreibkästen, Regalen (tana), Truhen und Tischen, an Kamm- und Toilettekästen, Lampen- und Spiegelständern, an Schwertscheiden und Sätteln, an den Rahmen f ü r Faltschirme und Schiebetüren, ja selbst an Pfeilern, Wänden und Decken der Gebäude. Wenn es auch weiterhin noch reine makie-Arbeiten gibt, so ist doch die Verbindung von Goldlack mit Perlmutter nun vorherrschend. Zwei so verzierte Bauwerke sind erhalten und geben sogar feste Daten: die Phönixhalle (Höö-dö) des Byödö-in südlich von Kyöto aus dem Jahre Abb. 2i 1053 und die 1124 erbaute Konjiki-dö („Goldfarbene Halle") des Chüson-ji im Iwate-ken. Während in der Phönixhalle die Perlmutteinlagen auf die Altarbasis beschränkt waren und im Laufe der Zeit fast alle ausgebrochen sind, strahlt das ganze Innere der Konjiki-dö in Goldlack,
A b b . 21.
Konjiki-do;
Innenansicht.
1124. C h ü s o n - j i , P r o v i n z
Iwate.
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Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit der
Heian-Lacke
togidashi und Perlmutter. Kümmel hat von der Konjiki-dö gesagt, daß sie „an strahlender Pracht wahrscheinlich alle Bauten der Welt übertrifft" 1 . Aber dieser Satz muß dahin ergänzt werden, daß dies kein kalter, gleißender Prunk ist, sondern daß der kleine Raum — nur ca. 5,50 im Quadrat — mit seinem Goldlackdekor in Verbindung mit Perlmutter, Bronzebeschlägen und (heute fast völlig verlorengegangenen) eingesetzten Edelsteinen von einer Wärme, Feinheit und intimen Schönheit ist, die sich mit Worten kaum beschreiben läßt. Das Staunen über die Ausschmückung dieses Baues, der als Begräbnisstätte für Fujiwara Kiyohira errichtet wurde2, wächst noch, wenn man sich vergegenwärtigt, daß der Chüson-ji-Tempel weit im Norden des Landes liegt, nicht etwa in Kyöto! Aber die Kultur der Hauptstadt leuchtete bis in diesen entfernten Landstrich hinein als Vorbild, und Fujiwara Kiyohira bemühte sich, seine kleine Residenz an verfeinerter Schönheit und Eleganz mit der Metropole wetteifern zu lassen. Er holte Künstler und Handwerker aus Kyöto nach Hiraizumi — dem Ort, in dessen Nähe der Chüson-ji liegt — und gerade die abgelegene Lage, die das Gebiet um den Chüson-ji nicht wie Kyöto zum Kriegsschauplatz werden ließ, hat diesen Tempel mit all seinen Kunstschätzen bewahrt, hat ihn zu einer Art „Shösöin der FujiwaraZeit" werden lassen3. Innenwände und Decke der Konjiki-dö sind mit stellenweise abgeblättertem Blattgold auf Schwarzlackgrund bedeckt. Vier freistehende Rundpfeiler tragen einen Baldachin, der sich über dem mittleren der drei Altäre wölbt. Diese Pfeiler, durch Bronzebeschläge unterteilt, sind in den Abb. 22 drei oberen Zonen mit 12 großen Medaillons mit Darstellungen des Dainichi Nyorai geschmückt, des „Ur-Buddha", der die Verkörperung des Absoluten und der höchsten Weisheit ist; die Darstellungen sind in Goldtogidashi auf feinem, dicht gestreutem Goldgrund (ikakeji) ausgeführt 4 . Die Linien der Binnenzeichnung wurden beim Einstreuen durch Freilassen des Schwarzlackgrundes erzeugt und rufen einen leisen, sehr ansprechenden Schwarz-Gold-Kontrast hervor 5 . — In den Zwickeln zwischen den Medaillons erscheinen abwechselnd geometrische und Rankenmuster, ebenfalls in togidashi gearbeitet, und zwischen den Bildzonen befinden sich breite Streifen mit hösöge-Mustern, die aus Perlmutter eingelegt sind. Um diesen auf den gewölbten Pfeileroberflächen überaus schwierig herzustellenden Dekor keiner Gefährdung auszusetzen, die durch die Bildung von Rissen in einem massiven Holzkern entstehen könnte, sind die Rundpfeiler selbst in einem ausgeklügelten Verfahren aus einzelnen
Abb. 22.
D e t a i l eines P f e i l e r s in der K o n j i k i - d o . 1124.
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Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit der
Hetart-Lacke
segmentförmig zusammengesetzten Brettern aufgebaut worden6. Solche mit togidashi und Perlmutteinlagen verzierten Säulen gibt es in ganz Japan nicht noch einmal. Sie sind Meisterleistungen der Kunsthandwerker des Chüson-ji und bilden den schönsten Schmuck der Konjiki-dö. Abb. 23 Sehr reich mit Perlmutteinlagen geschmückt sind auch der obere Teil der Altarbasis und vor allem das Gebälk des Baldachins. HösögeMedaillons verschiedener Größe stehen in ihrem milchweißen Perlmutterglanz in hervorragend schönem Farbkontrast zu dem warmen Goldlackgrund und zu dem heute grünlichen Ton durchbrochen gearbeiteter Bronzebeschläge. Handwerkliche Meisterschaft, Eleganz der Einzelform und harmonischer Zusammenklang verschiedener Materialien und Farben vereinigen sich hier zu einzigartiger dekorativer Wirkung. Die Herstellung von Perlmuttdekor ist verschieden je nachdem, ob er — wie bei der Phönixhalle und der Konjiki-dö — als Architekturschmuck verwendet wird oder ob er an Kästen, Truhen, Sätteln etc. zur Ausschmückung von Geräten dient. Bei Gerätedekor wird das geschnittene Perlmutter auf den Untergrund aufgeklebt, sodann bis zu gleicher Höhe der Lade aufgetragen (in vielen dünnen Schichten) und abschließend die ganze Fläche poliert 7 . Dieses Verfahren hätte bei großen Architekturteilen viel zu viel kostbaren Lack erfordert. Deshalb wurde bei Architekturdekor die Form des einzulegenden Perlmuttstückes aus dem Holzgrund ausgegraben, das Perlmutter eingelegt und alles mit Lack überzogen. Abschließend polierte man den Lack bis in die Ebene der Perlmuttoberfläche wieder ab8. Auch einige Geräte, die aus der Entstehungszeit des Chüson-ji erhalten sind, weisen die Verbindung von Goldlack (meist heijin, s. S. 32) Abb. 24 und Perlmutteinlagen auf: eine Altarbasis (Raden hakkaku shumidan), Abb'25 zwei Tische (Raden beijin-an) und ein Lampenständer (Raden beijintödai). Alle diese zu „Nationalen Kunstschätzen" erklärten Gegenstände offenbaren deutlich den eleganten Stil und die technisch vorzügliche Arbeit des frühen 12. Jahrhunderts 9 . Um die unausschöpfliche Schönheitsfülle, die Grazie und Eleganz dieser Zeit anzudeuten und das Zeit-Typische der Chüson-ji-Lacke durch den Vergleich unmittelbar deutlich zu machen, sei kurz auf ein nur wenig früheres Werk aus einem ganz anderen Kunstgebiet verwiesen. Um 1112 entstand die Gedichtsammlung „Sanjüroku-nin kashü" des Tempels Nishi-hongan-ji, ein wahres Juwel an Schönheit nicht nur durch ihre Kalligraphien, sondern auch durch die schönen, sehr verschiedenartigen
4
von Rague
50
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Abb. 24. Altarbasis in der Sutrenhalle des Chuson-ji. U m 1109. H . 52,4 cm, Dm. 193,9 cm. Chüson-ji, Provinz Iwate.
Papiere und die in Gold- und Silberfarben darauf gemalten Untergrundbilder 10 . Beide Werke, sowohl die Konjiki-dö wie diese Gedichtsammlung, drücken den Geist und verfeinerten Geschmack der Fujiwara-Zeit in hervorragender Weise aus. Abb. 26
N u r wenige Jahre später, spätestens 1131, ist ein Zeremonial-Köcher (Kasuga-taisha hirayanagui) im Besitz des Kasuga-Schreines entstanden, der ebenfalls mit Lack und Perlmutteinlagen verziert ist11. Das hierbei angewendete Verfahren ist insofern ungewöhnlich, als in die hochstehende Köcherrückwand, die aus Rotsandelholz mit aufgelegter Gelbmetallplatte besteht, kleine Felsgruppen mit Bambusgras und fliegende Vögel eingeschnitten und dann mit Schwarzlack ausgefüllt sind. Weitere Beispiele solcher Lackeinlagen sind nicht bekannt.
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Abb. 25.
Blütezeit
der
Heian-Lacke
51
Tisch mit P e r l m u t t e i n l a g e n . A n f . 12. J h . — 77,5 : 66,3 : 33,5 cm. Chüson-ji, P r o v i n z I w a t e .
Ein besonders berühmtes Werk der späten Heian-Lackkunst ist der älteste erhaltene Toilettekasten 1 ' 2 . Seine Außenseiten sind mit Wagen- Abb. π rädern dekoriert, die im Wasser liegen; von dieser Darstellung hat der Kasten seinen Namen (Katawaguruma makie-tebako). Dieses der Wirklichkeit entnommene Motiv — die Räder wurden zum Härten in Flußläufe gelegt — war in der zweiten H ä l f t e der Heian-Zeit und in der Kamakura-Zeit sehr beliebt, es findet sich ζ. B. auch bei den Untergrundmalereien der schon erwähnten Gedichtsammlung „Sanjüroku-nin kashü" und bei den auf bemalte Fächer geschriebenen Sutren des Shitenηδ-ji in Osaka. Der Kasten, dessen Grundriß leicht geschwungen ist und dessen Uberfalldeckel von der Staubleiste aus in leichter Wölbung bis zur Deckel4»
Das 11. und 12. Jahrhundert,
52
Abb. 26.
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Rückenbrett eines Köchers. U m 1131. —· H . 32 cm. N a r a , Kasuga-taisha.
mitte aufsteigt, besitzt in dem Verhältnis von Höhe, Breite und Tiefe sowie in der Beziehung von Kasten- zu Deckelhöhe angenehme, ruhige Proportionen. Die Verteilung der Räder in Gruppen von zwei bis vier Stück ist ungezwungen und dekorativ. Die Räder sind teils aus graviertem Perlmutter, teils in Gold-togidashi gearbeitet, die Wellen ebenfalls in togidashi auf einem mit heijin bestreuten Schwarzlackgrund. Im Innern von Kasten und Deckel, wo kein Perlmutter verwendet ist, sind bei der Abb. 28 Darstellung von mancherlei Blütenzweigen, Vögeln und Schmetterlingen Gold- und Silber-togidashi in Kontrast zu einander gesetzt13. Auf den Außenseiten, wo der farbige Akzent auf dem Gegensatz von Perlmutter und Goldlack beruht, ist auf Silberpulver verzichtet worden; jedoch gibt es zwei verschiedene, wenn auch nicht stark von einander abweichende Tönungen des Goldpulvers (yakigane und aokin).
Abb. 27.
Toilettekasten mit dem Motiv von Rädern im Wasser. 2. H . (?) 12. Jh. 13 : 30,5 : 22,5 cm. Tokyo, Bunkazai Hogo Iinkai.
Das 11. und
A b b . 28.
12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
53
T o i l e t t e k a s t e n (s. A b b . 27). D e t a i l aus d e r D e c k e l i n n e n s e i t e .
Typisch f ü r diesen tebako und ganz allgemein f ü r die Werke des 11. und 12. J a h r h u n d e r t s sind der reiche, aber milde Farbzusammenklang; die ruhige wohlproportionierte Form, mit der der D e k o r in scheinbar selbstverständlicher Weise harmoniert; der klare R h y t h m u s und die feine Eleganz. Wie anders wird ein Kasten mit dem gleichen Motiv rund 100 J a h r e später aussehen, wie viel fester und schärfer, metallischer und kälter! (vgl. Abb. 56) 1J . V e r w a n d t im Farbklang von Gold, aokin u n d Perlmutter, v e r w a n d t Abb. 29 auch durch den ganz japanischen Stil der Darstellung und deren bezaubernde Schönheit ist eine kleine, nur k n a p p 40 cm lange T r u h e mit Iris, Wegerich und chidori-Vögeln im Kongöbu-ji auf dem Köyasan (Sawachidori raden-makie ko-karabitsu). Wie der K a t a w a g u r u m a - K a s t e n (Abb. 27) ist auch diese T r u h e nicht genau zu datieren, aber auch sie gilt als eines der wichtigsten u n d kennzeichnendsten Meisterwerke der späten Heian-Zeit. Das Motiv in seiner schlichten und doch so eleganten N a t ü r lichkeit ist völlig japanisch: eine einfache, anspruchslose, aus der N ä h e beobachtete Sumpflandschaft, die sich scheinbar ohne strenge Komposition v o m Deckel aus über die Seitenwände hin erstreckt. So deutlich wie nur
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Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Abb. 29. Truhe mit Irissumpf und Regenpfeifern. 12. J h . 30,6 : 39,9 : 30,5 cm. Kongöbu-ji, Provinz W a k a y a m a .
bei wenigen anderen Kunstwerken offenbart sich hier das Wesen des japanischen Naturgefühls. A. Soper hat überzeugend dargestellt, daß und wie der Unterschied zwischen der chinesischen und der japanischen Landschaft in beiden Völkern sehr verschiedene Arten des Naturerlebens erzeugt hat. Während für den Chinesen die unendliche Weite und überwältigende Majestät seiner Berge, Ebenen und Ströme bestimmend ist, steht der J a p a n e r in seiner viel stärker untergliederten und daher kleinteiligeren Landschaft eher wie ein Gärter, die Einzelheiten liebevoll aus der Nähe wahrnehmend 1 5 . Diese Intimität, diese gärtnerische Naturnähe spricht sich im Dekor der kleinen Truhe ganz überzeugend aus. Die Auswahl natürlicher Motive als Bildthema und die malerische, bildhafte Behandlungsweise dieses Stoffes sind sehr bezeichnend für die
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
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zweite Heian-Hälfte. In der Keramik etwa bietet sich als vergleichbares und ungefähr gleichzeitiges Beispiel der Tokoname-Krug mit eingravier- Abb. 30 ten Herbstgräsern und -pflanzen an16, und in der Metallkunst sprechen zahlreiche Spiegel mit Landschaftsdarstellungen davon. Aber gerade bei dieser Iris-Truhe und auch bei dem „realistischen" Räder-Motiv des Katawaguruma-Kastens weist Arakawa mit Recht darauf hin, daß es sich nicht um ein reines Abzeichnen der N a t u r handele, sondern daß die N a t u r gleichsam durch die Augen ins Herz des Künstlers dringe und dann wie ein Traum widergespiegelt werde. Dadurch wird die Darstellung erfüllt von poetischer Stimmung und läßt auch den heutigen Betrachter den Gefühlsreichtum, das Schönheitsverlangen und die Eleganz der späten Heian-Zeit erkennen. Möglicherweise ist der Dekor der Truhe
A b b . 30.
K r u g mit H e r b s t g r ä s e r - D e k o r . 12. J h . — H . 38,5 cm.
56
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
sogar von einem Werk der Dichtkunst angeregt, und zwar vom Ise-monogatari. Eine der bekanntesten Episoden des Ise-monogatari spielt bei einem Irissumpf; sie ist im Laufe der Jahrhunderte wieder und wieder von japanischen Künstlern als Thema aufgegriffen worden. In der Lackkunst ist der Achtbrück-Schreibkasten von Körin (Abb. 164) das berühmteste Beispiel dafür. Vielleicht kann man die Darstellung einer Sumpflandschaft auf der Truhe als eine der frühesten bildnerischen Bearbeitungen dieses Motivs ansehen17. Technisch gesehen ist die Truhe ein Musterbeispiel: vorwiegend in togidashi gearbeitet, wird der Dekor durch die Verwendung von Goldund aokin-Pulver farbig differenziert; hinzu kommt noch eine Abschattierung durch dichteres oder dünneres Einstreuen des Pulvers (japanisch „maki-bokashi" genannt), die vor allem an den Erdschollen sichtbar ist. Die hier und da eingesetzten, fein gravierten Perlmuttstücke ergänzen den farbigen Eindruck lebhaft in der für die späte Heian-Zeit typischen Weise. Abb. 3i
Wasser, Wegerich und chidori sind auch auf den Außenseiten des reich geschmückten Einsatzkastens (kakego) der Truhe dargestellt. (Der genaue Bestimmungszweck dieser Truhe ist nicht bekannt, vermutlich hat
Abb. 31.
Einsatzkasten der Truhe Abb. 29.
sie zur Aufbewahrung von Kultgeräten gedient.) In die Bodenfläche .\bb. 32 dieses Einsatzkastens sind in heijin-bestreuten Schwarzlack durchbrochen gearbeitete Goldbronze-Rosetten und heraldische Perlmutt-Ornamente eingelegt. Beide sind stilistisch sehr interessant und wiederum für die späte Heian-Zeit kennzeichnend. Denn sie zeigen, wie aus einer Vereinfachung der komplizierten Rundmuster der Nara-Zeit allmählich knappere, klarere Gebilde entstehen, die wappenhaften Charakter annehmen 18 . Schon bei den Ranken der frühen makie-Kästen war diese
A b b . 32.
B o d e n des H i n s a t z k a s t e n s d e r T r u h e A b b . 29.
Das 11. und 12. Jahrhundert,
58
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Tendenz nachweisbar, im 11. und 12. Jahrhundert wird sie überall deutlich. Abb. 33 Ein niedriger tischähnlicher Priestersitz, wie er in dieser Zeit in der Shingon-Sekte gebräuchlich war, zeigt diese Wappenhaftigkeit sowohl im Lackdekor wie auch bei den Metallbeschlägen (Rindö byakurö-makie 1 raiban) ". Der Dekor ist mit einem „byakurö-fun" genannten weißlichen Pulver eingestreut, das aus einer Legierung von Zinn und Blei hergestellt wurde. Byakurö wird in den Quellen dieser Zeit mehrfach genannt 20 , auch die Paulownia- und Bambusdarstellungen auf einer Sakeflasche, die als Werk des 12. Jhs. gilt21, sind mit diesem Pulver ausgeführt.
Abb. 33.
Priestersitz, 12. Jh. — 12,7 : 66 : 66 cm. Nationol-Museum T o k y o .
Als einziger, sehr wirksamer Dekor treten solche Rundmuster (japaAbb. 34 nisch „ban-e") bei einer anderen, erheblich größeren Truhe der HeianZeit auf, der Phönix-Rundmustertruhe des National-Museums Tokyo 22 . In sparsam mit heijin bestreuten Schwarzlackgrund sind die PhönixMedaillons eingelegt; die größeren (auf Deckel und Seitenwänden) aus mehreren Stücken zusammengesetzt, die kleineren (auf den sechs Beinen) aus einem Stück gearbeitet. Dabei ist der Lackgrund innerhalb der Medaillons wiederum mit heijin bestreut, und zwar bei den großen Mustern dichter als am Truhenkörper und bei den kleinen so dicht, daß man fast von ikakeji sprechen möchte. Obgleich der vorherrschende Eindruck des Schwarzlack- und raden-Kontrastes bei der Truhe durchaus gewahrt bleibt, ist also die scheinbar weniger wichtige Goldeinstreuung in sehr
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Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
sensibler Weise dreifach abgestuft. Auch die abgeschrägten Kanten der Beine sind dicht mit heijin bestreut, wodurch die vertikale Richtung der Beine und ihre kraftvoll tragende Funktion dem lastenden horizontalen Truhenkörper gegenüber betont wird. Solche Feinheiten zeugen von der kunstvollen, genau durchdachten Konzeption, die dieser Truhe zu Grunde liegt. Mizoguchi hat darauf hingewiesen, daß für das Jahr 1029 ein literarischer Hinweis auf Perlmutt-Rundmuster in ikake-ji-Grund bei Möbeln exstiert 23 . Und da eine Untersuchung der Blütenranken, die in Goldund Silber-togidashi die Innenseite des Truhendeckels schmücken, eine starke Ähnlichkeit zu Ranken im Deckel des Sutrenkastens vom Enryaku-ji ergibt, ist es wohl berechtigt, diese Phönix-Truhe noch dem späten 11. Jahrhundert zuzuschreiben. Auch die Verwendung von Silberpulver statt aokin spricht gegen eine spätere Datierung. Nicht mit makie, sondern ausschließlich mit Perlmutteinlagen in Lackgrund geschmückt sind vier Sättel vom Ende der Heian-Zeit 24 . Wie fast alle erhaltenen Sättel der Heian- und Kamakura-Zeit gehören sie zum „gunjin"-Typ, wie die robusten, im Feldlager verwendeten Sättel im Gegensatz zu den eleganteren, „kara-gura" genannten Zeremonialsätteln genannt werden. Es sind folgende Sättel: Abb. 35
Sattel mit Eichenzweigen und Käuzchen
Abb. 36 Abb. 37 Abb. 38
Sattel mit hagi-Zweigen (Hagi raden-gura), Sattel mit Päonien-Dekor (Botan raden-gura), Sattel mit rhombischen Wellen-Motiven (Seikaiha
raden-gura
( K a s h i w a ni
mimizuki
),
raden-gura).
Bei dem Sattel mit Eichenzweigen und Käuzchen sowie bei dem mit Päonienzweigen ist der Dekor nicht aus kompakten Perlmuttstücken eingelegt, sondern ganz oder teilweise in einer Art Umriß- und Binnenzeichnung aus Perlmutt-„Linien" gegeben. Dieses technisch schwierige Verfahren, das in reizvollem Wechsel zu den geschlossenen, flächigen Perlmutteinlagen steht, kommt in dieser Zeit zum erstenmal vor. Die rhombischen Wellen des Seikaiha-Sattels können als eine Art „Leitform" der Heian-Zeit angesehen werden. Sie begegnen uns in der schon erwähnten, um 1112 entstandenen Gedichtsammlung „Sanjürokunin kashü" und in den berühmten Sutrenrollen „Heikenö-kyö" von 1164, die sich im Besitz des Itsukushima-jinja befinden 25 . Sie kommen
Abb. 35.
S a t t e l m i t Eichenzweigen u n d K ä u z c h e n . 12. J h . T o k y o , S a m m l u n g Eisei B u n k o .
62
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Abb. 36.
Abb. 39
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Sattel mit hagi-Dekor. Detail. 12. Jh. National-Museum T o k y o .
auch vor bei einem anderen Lackwerk dieser Zeit, dem ältesten erhaltenen Schreibkasten ( S u h a m a - u raden-suzuribako). Im Zentrum des Deckels ist mit Perlmutteinlagen ein Teich dargestellt, über dem ein Kormoran, der auf einem Felsen steht, die Flügel schlägt. Die chidori-Vögel, die einzeln oder in Gruppen den Teich umfliegen, sind aus Goldpulver eingestreut, und der gesamte Dekor paßt sich in sicherer, zwangloser Weise der Wölbung des Deckels an 26 . Ähnlich wie bei dem Katawaguruma-Kasten ist auch hier die einfache Eleganz, der selbstverständliche Zusammenklang von Geräte-Form und Anordnung des Dekors hervorzuheben, besonders auch die Entsprechungen der eingezogenen Kastenecken zu der Gestalt des Teiches. — Die stilisierte, rhombische Form der Wellen wird zuweilen in der Muromachi-Zeit wieder aufgenommen, ist dann aber meist von einem gekräuselten Wellenspritzer-Saum eingefaßt.
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Abb. 37.
Blütezeit
der
Heian-Lacke
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Sattel mit Päonien-Dekor. Detail. 12. Jh. National-Museum Tokyo.
Man kann in gewisser Weise die Verbindung von Goldlack und Perlmutteinlagen als typisch für die zweite Heian-Hälfte ansehen. Daneben aber gibt es auch Gegenstände, die ohne weiteren Schmuck nur mit rotem oder schwarzem Lack bedeckt sind sowie reine makie-Arbeiten. Zu ersteren gehört ein „takazuki", ein Speiseständer, der die Form eines nur 21 cm hohen runden Tischchens hat. Er steht auf einem Fuß, der unter der Tischplatte in eine blütenähnlich geschweifte Trage-Platte mündet 27 . Die Tischplatte trägt auf der Unterseite eine Inschrift mit dem Datum von 1165 und dem Namen eines Würdenträgers vom Tamukeyama-Hachiman-Schrein in N a r a . Sowohl im Hachiman-Schrein wie auch im benachbarten Tödai-ji sind noch weitere Geräte mit dem Namen dieses Mannes erhalten. Der Speiseständer, der sich heute in Privatbesitz befindet, ist schwarz lackiert, doch ist der Lack an vielen
Das 11. und 12. Jahrhundert,
64
Abb. 38.
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Sattel mit Wellen-Dekor. 12. Jh. J a p a n . Privatsammlung.
Stellen abgeplatzt, so daß der Holzkern sichtbar wird. Da jegliche dekorative Verzierung fehlt, ist der takazuki für die Geschichte der Lackkunst ebenso wenig aufschlußreich wie zahlreiche datierte Negoro-Lacke aus dem 13.—17. Jahrhundert (vgl. S. 104); für eine Untersuchung über die Entwicklung der Geräteformen hingegen ist er wie die Negoro-Werke des festen Datums wegen von Wichtigkeit. Unverziert sind ferner zwei 1183 datierte Schwertkästen mit Überfalldeckel. Sie sind außen rot und innen schwarz lackiert und haben beide im Deckel Rotlackinschriften. Sie befinden sich im Itsukushima-Schrein auf der Insel Miyajima 28 . Abb. 40
Ihr Stifter, Saeki Kagehiro, stiftete gleichzeitig zwei kleine Truhen ko-karabitsu), die heute ebenfalls noch auf Miyajima aufbewahrt werden. Aus den Inschriften auf den Unterseiten der Truhen geht hervor, daß sie Weihegaben an zwei Nebenschreine des Itsukushima-jinja waren; sie befinden sich also heute noch an dem Ort, für den sie vor fast 800 Jahren gearbeitet wurden 2 ". Angeblich sollen Gewänder des Kaisers Antoku (regierte 1180—1185) darin aufbewahrt worden sein.
(Matsugui-tsuru
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Abb. 39.
5
von
Rague
Blütezeit
der
Heian-Lacke
Schreibkasten mit K o r m o r a n - D e k o r . 12. J h . — 5,8 : 27,3 : 27,3 cm. Japan. Privatsammlung.
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Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
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Die Truhen, die einander sehr ähneln, dennoch aber in der Anordnung der Schmuckelemente frei variieren, sind in Gold- und Silber-togidashi mit fliegenden Kranichen geschmückt. Die Kraniche tragen Kiefernzweige im Schnabel. Dieses zuerst in der Heian-Zeit vorkommende Motiv ist die japanische Umgestaltung des Phönixes, der auf einem Halsschmuck herumkaut (vgl. Abb. 4) bzw. der Vögel mit Blütenzweigen im Schnabel (vgl. Abb. 7), die beide schon in der chinesischen Kunst der T'ang-Zeit vorkamen. Der „Kiefernkauende Kranich" (matsugui-tsuru) dagegen ist ein ausschließlich japanisches Motiv. (Die Kiefernzweige waren ursprünglich ein Hinweis darauf, daß der Kranich vom Höraizan, dem sagenhaften Berg der Unsterblichkeit, kommt bzw. ihn umfliegt, sie sind also wie der Kranich selbst ein Symbol langen Lebens30.) Diese beiden Truhen gehören zu den frühesten Zeugnissen dieses Motivs, das in der japanischen Kunst von nun an so häufig vorkommt. Im Deckelinneren sind — ausschließlich in Silber-togidashi — kleine Kiefernzweige verstreut. Der verfeinerte, elegante Reichtum der kleinen Iris-Truhe (Abb. 29) ist hier nicht mehr anzutreffen, die seit 1156 wütenden Kriege zwischen den großen Familien der Taira und Minamoto wirkten sich negativ auf die luxuriöse Fujiwara-Kunst aus. Aber auch diese einfacheren Stücke beweisen die gleiche Sicherheit des Geschmackes. Das zeigt sich ζ. B. darin, daß die sechs Beine im Gegensatz zum lackverzierten Truhenkörper einen Schmuck aus Perlmutteinlagen haben: durch diesen Kunstgriff wird ihre aktive tragende Funktion „leuchtend" hervorgehoben. Folgende wichtigen Werke des 12. Jahrhunderts verzichten ganz auf Perlmutter und sind reine makie-Arbeiten: ein Sutrenkasten im National-Museum Tokyo mit symbolischer Darstellung des Füdö Myöö; einige Truhen mit Sutrenkästen aus dem Besitz des Nanatsu-dera, 1175 (bzw. 1182) datiert; ein tebako mit Spatzen im Feld. Der Sutrenkasten im National-Museum (Kurikara-ryü makie-kyöbako), der ursprünglich zwischen Unterkasten und Deckel noch einen Zwischenkasten besessen haben muß, zeigt auf dem Deckel auf Felsensockeln im Meere einen Drachen, der sich um ein aufgerichtetes Schwert ringelt, und zwei Begleiter. Diese merkwürdige Darstellung weist auf Fudö Myöö hin, eine buddhistische Gottheit, die meist mit dem Schwert in der rechten H a n d dargestellt wird. Hier wird der Gott durch den Dra5*
Abb 4
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Das 11. und 12. Jahrhundert,
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Blütezeit
der
Heian-Lacke
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S u t r e n k a s t c n mit I ' u d o - D a r s t e l l u n g . U m 1100 (?). — 5,8 : 19,1 : 31,2 cm. Oku-in, Provinz Nara.
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Heian-Lacke
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chen repräsentiert; seine beiden Begleiter sind Seitaku und Kongara. H e r abfallende Blätter von Lotosblüten umgeben die Figuren und auf den Außenseiten des Unterkastens ist ein Lotosteich dargestellt. Auch die Metallbeschläge f ü r die Zubindeschnur sind in Form von Lotosblüten gegeben; der Lotos als buddhistisches Symbol spielt also hier eine große Rolle. Der Kasten weist die f ü r die zweite H e i a n - H ä l f t e übliche leichte Wölbung von Seitenwänden und Deckel auf, er ist mit Schwarzlack und dünner heijin-Einstreuung bedeckt und in Gold- und Silber-togidashi dekoriert. Die hervorragend komponierte Darstellung auf dem Deckel steht in engem Zusammenhang mit der buddhistischen Malerei jener Zeit; Kastenform, Lacktechnik und die elegante A r t der Pinselführung sprechen f ü r eine Entstehung etwa zu Beginn des 12. Jahrhunderts, eher noch etwas früher. In den Jahren 1175 bis 1182 wurden f ü r den Nanatsu-dera (Tempel Abb. 42 in Nagoya) eine Reihe großer Truhen f ü r Sutrenkästen gearbeitet. Jede Truhe enthält nebeneinander zwei Sätze von fünf aufeinandergestellten Sutrenkästen; die beiden Sätze sind durch einen gemeinsamen Deckel miteinander verbunden. (Nicht durch den Truhendeckel, sondern durch einen unmittelbar auf den Kästen aufliegenden Zwischendeckel.) Auf den Zwischendeckeln befinden sich Darstellungen von Yakushi N y o rai, H a n n y a Bosatsu oder anderen buddhistischen Gottheiten, jeweils von 16 bis 20 untergeordneten Gestalten des buddhistischen Pantheons umgeben. Die Inschriften mit den Daten sind in Rotlack auf die Unterseite der Deckel geschrieben 31 . Diese Werke von 1175 bis 1182 sind f ü r die Geschichte der Lackkunst insofern bedeutsame Marksteine, als bei ihnen zum erstenmal die hiramakie-Technik vorkommt, während es sich bei dem eingestreuten Dekor der früheren Gegenstände stets um togidashi handelte. Die Wellendarstellung in der untersten Zone der Außenseiten Abb. 43 der Sutrenkästen ist noch in der „alten" Technik gegeben, und zwar in Silber-togidashi. Die Lotospflanzen aber sind mit relativ grobem Goldpulver ohne späteres Abpolieren aufgestreut, sie liegen also dem schwärzlichen Lackgrund in ganz leichtem Relief auf. Auch beim Dekor der Zwischendeckel ist goldenes hiramakie verwendet, ungewöhnlicherweise in Verbindung mit Rotlack 32 . Nicht in den buddhistischen Bilderkreis gehört der tebako mit Spat- Abb. 44 zen im Feld (Nobe ni suzume makie-tebako), das vierte dieser bedeutenden reinen makie-Werke der späten Heian-Zeit. Der tebako soll f ü r den
A b b . 42.
Z w i s c h e n d e c k e l e i n e r S u t r e n - T r u h e . 1175. — N a j j o y a ,
Nanatsu-dera.
Das 11. und
A b b . 43.
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S a t z v o n S u t r e n k ä s t e n . 1175. M a ß e der einzelnen K ä s t e n : 5,9 : 50,7 : 34 cm. National-Museum Tokyo.
persönlichen Gebrauch der Prinzessin Hachijö-in (geb. 1137) angefertigt worden sein. Auf Deckel und Außenseiten des stellenweise stark restaurierten Kastens hat ein großer Künstler in überaus freier und lebendiger Weise Szenen aus dem Spatzenleben gemalt, voll von treffender Beobachtung und H u m o r . In der realistischen Auffassung des Themas ist hier durchaus schon die kommende K a m a k u r a - Z e i t zu ahnen, jedoch die Form des K a stens mit dem relativ flachen und übergreifenden Deckel 33 , der heijinU n t e r g r u n d und die farbige A b s t u f u n g des ziemlich groben Pulvers sprechen noch die Sprache der Fujiwara-Zeit. Vorzüglich und ausdrucksvoll ist der Wechsel von G o l d - und Silberpulver beim Gefieder der Vögel sowie bei den Gräsern u n d Pflanzen; sehr belebend die abschattierende Streuweise (maki-bokashi) bei den Erdschollen. Im Deckelinnern sind in Silber-togidashi kleine Pflaumenzweige dargestellt. — F a ß t m a n die Lacke der späten H e i a n - Z e i t zusammen und r u f t sich als drei ihrer wesentlichsten W e r k e die K o n j i k i - d ö (Abb. 21), den K a t a w a g u r u m a - K a s t e n (Abb. 27) und die kleine Iris-Truhe (Abb. 29) ins Gedächtnis, so erweisen sich als die kennzeichnenden Merkmale dieser
Das 11. und 12. Jahrhundert,
Blütezeit
der
Heian-Lacke
73
Lackarbeiten das rein Japanische des Dekors, die Feinheit und Eleganz der Form und die sensible Abstufung der Gold- und Silbernuancen, oft in Verbindung mit Perlmutter. Im Hinblick auf den Stil lassen sich ungefähr seit der Mitte der Heian-Zeit drei „Stammbäume" erkennen: das Nachwirken der großen Rundmuster der Nara-Zeit, die allmählich zu knapperen, wappen-ähnlichen Formen werden; die von der chinesischen Malerei hergeleiteten Elemente, die gegen Ende der Fujiwara-Zeit aber vorübergehend ganz zurücktreten, und schließlich der starke Einfluß des Yamato-e. Ihm ist zuzuschreiben, daß der weitgehend ornamentale Dekor der frühen HeianZeit von bildhaften, malerischen Darstellungen abgelöst wird, die selbst auf Gegenständen religiöser Bestimmungen gelegentlich rein weltliche Themen darstellen. Doch bleiben diese Darstellungen selbst dann, wenn die Motive der anschaulichen Wirklichkeit entnommen sind, dem krassen Naturalismus fern — sie sind zugleich einfacher und poetischer als detaillierte Naturtreue es sein kann. Formale Kennzeichen der späten Heian-Lacke sind die weichen, sanft geschwungenen Formen der Kästen und die leicht gewölbten Deckel. Schon in der frühen Heian-Zeit waren die Ecken meist abgerundet und von dem chiri-i, der Staubleiste aus stieg der Deckel in leichter S-Kurve an. Seine Oberseite blieb aber flach. Gegen Ende der Epoche dagegen sind die Dediel meist leicht gewölbt. Diese Deckelwölbung, ein wichtiges Formmerkmal, nennen die Japaner „kömori". Gleichzeitig bildet sich als zugeordnete Erscheinung die leichte Wölbung der Seitenwände aus — japanisch „döbari" genannt —, wodurch der rechteckige Grundriß sich atmend zu dehnen scheint und eine leicht geblähte Form annimmt. Durch kömori und döbari gewinnen die Kästen an Fülle und Weichheit. Für das Auge entsteht der Eindruck eleganter, lebendiger Formen, bei denen alles Harte und Kantige besänftigt ist; für das Tastgefühl andererseits schmiegen sich die Kästen nun der H a n d wölbung sicher und selbstverständlicher ein, sie sind wie geschaffen für den wirklichen Gebrauch. Außerdem besteht der Holzkern aus sehr dünnen Brettern, so daß sich mit der delikaten Form noch die Leichtigkeit verbindet. Im Gegensatz zur frischen Energie der Nara-Zeit, die im 9. und 10. Jahrhundert noch nachwirkt, bringt die späte Heian-Zeit Lackarbeiten von einer zarteren, zurückhaltenderen Art hervor, die sich mit dem sensiblen aristokratischen Schönheitsempfinden dieser Epoche aufs Beste vereint.
74
Das 11. und 12. Jahrhundert,
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der
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In technischer Hinsicht sind typisch die heijin-Gründe, bei denen der Schwarzlack noch mitspricht; die Verbindung von Gold-, Silber- und häufig aokin-Pulver sowie die abschattierende Streuweise des makibokashi; vor allem aber die Kombinierung von farbig differenziertem makie mit Perlmutteinlagen und der Beginn des hiramakie. In den Quellen dieser Zeit wird häufig auch ikakeji genannt, also dicht gestreuter Goldgrund; außer den Rundpfeilern der Konjiki-dö sind jedoch nur wenige solcher Werke erhalten. (So ζ. B. ein tragbarer Schrein [mikoshi] im Hachiman-Schrein, Wakamiya-ken 34 .) Noch ist die Technik bei aller Vorzüglichkeit der Arbeiten nicht kompliziert, noch ist das eingestreute Pulver nicht sehr fein. Aber in schönster Weise fügen sich die gegebenen technischen Mittel der Harmonie von Form und Dekor ein und bringen sie voll zur Geltung. Die Wirkung dieser späten Heian-Lacke, die niemals laut oder hart sind, ist stets aufs Neue verzaubernd. Ein Höhepunkt der Lackkunst ist hier erreicht, der in gleicher Richtung nicht überboten werden kann. Schon aber kündigt sich in einigen Werken ein neuer Geist an, und die Lackkunst der KamakuraZeit wendet sich neuen, anderen Aufgaben zu.
IV. Kamakura-Zeit Will man zu einer verständnisvollen Würdigung der KamakuraLacke gelangen, so sind drei Dinge von vornherein zu beachten, die sich gegenseitig bedingen und steigern: die im 13. Jahrhundert auf allen Gebieten der japanischen Kunst wahrnehmbare Tendenz zum Realismus; der männliche Geist des neuen Zeitalters, der sich von der lyrischen Eleganz der Fujiwara-Zeit kraftvoll unterscheidet, sowie — im handwerklichen Bereich der Lackkunst — eine große Bereicherung und Verfeinerung der technischen Mittel. Sie ist neu und schafft erst die Voraussetzung für realistische Darstellungen. Um einen Gegenstand exakt darzustellen, muß man seine Konturen scharf und deutlich vor Augen führen können. Das war mit den Lacktechniken der Heian-Zeit — die dieses Ziel auch gar nicht erstrebte — noch nicht möglich gewesen. Denn das Gold, das man bis zum Ende des 12. Jahrhunderts einstreute, war noch kein „Pulver", sondern es handelte sich um feine Gold- und Silber-Feilspäne, das sogenannte „yasuri-fun". Diese Feilspäne hatten naturgemäß eine unregelmäßige Form und waren auch uneinheitlich in ihrer Größe 1 . Daher waren mit ihnen keine klar begrenzten Umrißlinien zu erzielen, und wenn man einen Heian-Lack mit der Lupe betrachtet, kann man das Unscharfe und Verwischte der Ränder deutlich erkennen. Hier schuf die Kamakura-Zeit nun Wandel. Es gelang, gleichmäßigeres und feineres Pulver herzustellen und es in verschiedene Größen zu sortieren. Den ersten Schritt auf diesem Weg bezeichnet das sogenannte „hirame-fun", wörtlich „flache-Augen-Pulver". Zu seiner Herstellung wurden die Gold- oder Silber-Feilspäne auf eine Kupferplatte gestreut und einige Kupferstäbe von ca. 2,5 cm Durchmesser mit einer Art Bügeleisen unter Druck über den Spänen hin- und hergerollt. Diese wurden dadurch flachgewalzt und ausgedehnt und konnten durch Aussieben in verschiedene Größen geschieden werden. Dieses hirame-fun wird seit der Kamakura-Zeit verwendet, und zwar vor allem zum Bestreuen des Grundes (hirame-ji). Wird dieses „Pulver", das immer noch von unregelmäßiger Gestalt ist, nochmal verkleinert, so bezeichnet man es als nashiji-fun 2 .
76
Kamakura-7.eit
Insbesondere aber gelang allmählich die Herstellung echten, runden Pulvers von ziemlicher Feinheit, wodurch beim Einstreuen klare Umrisse erreicht wurden. U m dieses Pulver herzustellen, benötigte man eine aufgerauhte Metallplatte als Unterlage und einen Metallstößel oder -hammer, der auf der Unterseite feilenartige Vertiefungen hatte. Wenn man flachgewalzte Goldfeilspäne auf die Metallplatte streute und sie mit dem Stößel verrieb, so wurden sie nochmals zerkleinert und vor allem zu rundlicher Gestalt zusammengerollt. Übrigens ist es für die Lacke der Kamakura-Zeit kennzeichnend, daß jetzt fast ausschließlich Goldpulver verwendet wird; die für die HeianZeit typische Farbdifferenzierung durch Gold, aokin und Silber mit ihrem sanften Zusammenklang weicht dem kraftvolleren „einfarbigen" Gold. N u r durch andere Materialien (Perlmutter, hyömon) wird zunächst Abwechslung erreicht, in viel schärferen Kontrasten. Gegen Ende der Kamakura-Zeit freilich wird das Gold sozusagen „aufgefächert", indem man ihm durch verschiedene Größe der eingestreuten Partikel und durch abgestufte Dichte der Streuung (maki-bokashi) eine neue Art mehrfarbiger Wirkung abgewann. Der fast völlige Verzicht auf Silberpulver ist auch während der ganzen Muromachi-Zeit festzustellen. Wurde durch das feine, gleichmäßige Pulver der Kamakura-Zeit eine deutlich gezogene Kontur möglich, so trugen hira- und takamakie (s. S. 28) auch dem Verlangen nach „realistischer" plastischer Darstellung Rechnung. Allerdings tritt takamakie erst gegen Ende der Epoche auf, entsprechend dem Wunsch nach immer schärferer Prägnanz und Realistik der Darstellung. Dieser Realistik diente auch „tsukegaki", ein Verfahren, bei dem mit dickflüssigem Lack feine plastische Linien auf togidashi oder hiramakie aufgezeichnet und dann mit Goldpulver bestreut wurden. Man verwendete diese Technik seit Mitte der Kamakura-Zeit gern zur Darstellung von Wellen, zur Binnenzeichnung von Vogelgefiieder, bei Blüten usw. Und nicht nur beim Lackdekor machte man die plastischen Werte spürbar, sondern zuweilen auch beim Perlmutter: durch den Wechsel von dicken und dünnen Einlagen wird auch hier gelegentlich die Oberfläche für das Tastgefühl belebt. — Aber all diese technischen Neuerungen, die eine naturgetreue Gestaltung ermöglichen, bilden sich erst allmählich heraus. Der Ubergang von der Heian- zur Kamakura-Zeit geschieht nicht sprungartig, sondern die höfische Kunst der späten Fujiwara-Zeit wirkt auch unter der Herrschaft
Kamakura-Zeit
77
des neuen Kriegeradels noch nach, so wie sich umgekehrt in den letzten Werken des 12. Jahrhunderts schon die realistische Gestaltungsweise der Kamakura-Zeit angekündigt hatte (vgl. Abb. 44). Ein vorzügliches Beispiel dieses Nachklingens, dieses bruchlosen Abb. 45 Übergangs bietet der Herbstfeld-tebako im Izumo-Schrein (Akino ni
A b b . 45.
T o i l e t t e k a s t e n mit H e r b s t f e l d - D e k o i ' . Deckelaufsicht (s. A b b . 46).
shika makie-tebako), ein Toilettekasten mit aufsitzendem Deckel und zwei Innenkästen. In der stimmungsvollen, lyrischen Wiedergabe einer durch Rehe und hagi-Sträucher als herbstlich gekennzeichneten Landschaft klingt noch voll die Tradition der Heian-Zeit nach. Das Einfach-Elegante und Poetische der Komposition läßt sich noch gut der kleinen Sawachidori-Truhe (Abb. 29) vergleichen. Auch in der Farbverteilung, in der vorwiegenden Verwendung von Gold-togidashi und Perlmutter, haben beide Werke viel Verwandtes. Aber die Form des Kastens spricht schon eine neue Sprache: die Abb. 46 Wölbungen der Seiten und des Deckels (döbari und kömori) sind praller gespannt als in der Heian-Zeit und von der Staubleiste aus schwingt die
Kamakura-Zeit
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Wölbung nicht mehr in sanfter S-Linie allmählich zur Deckeloberseite, sondern sie steigt unmittelbar in kraftvollem Bogen auf. Der Deckel greift nicht mehr über den Kasten, wie in der Heian-Zeit meistens, sondern sitzt dem Kasten auf, so daß seine Seitenwände lotrecht über denen des Unterteils stehen und damit die vertikale Tendenz betonen. Auch ist der Unterkasten im Verhältnis zum Dediel jetzt merklich höher, wodurch ein Eindruck von stabiler Schwere entsteht. Diese Form weist durchaus schon auf die wuchtigen, kräftigen Kästen der reifen Kamakura-Zeit hin. Das Goldpulver ist noch ziemlich grob. Aber neu ist die Idee, die Streuweise zu variieren, indem man beim Fell der Rehe und bei den Felsen nashiji als eine neue Gold-Nuance innerhalb des Dekors verwendete 3 . In sehr ähnlicher Weise wird sich später die Momoyama-Zeit des „Bild-nashiji" (e-nashiji) bedienen, während bei den MuromachiLacken nashiji nur bei der Untergrund-Streuung vorkommt. Die Art der Darstellung setzt — etwa in der Kopfhaltung der Rehe und der Bewegung einiger Vögel — Akzente, die genauer Naturbeobachtung entspringen und in der poetisch-allgemeineren Darstellungsweise der Heian-Zeit noch nicht üblich waren. (Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich der Spatzen-tebako Abb. 44 vom Ende der Heian-Zeit schon deutlich als ein Vorläufer des Kommenden.) Vergleicht man Vogel-Darstellungen aus der Heian-Zeit mit solchen der Kamakura-Zeit, so ergibt sich, daß die früheren Vögel nicht eigentlich zu fliegen scheinen, sondern nur auf eine unbestimmte Art schweben. Erst jetzt in der Kamakura-Zeit (bzw. seit dem Ende des 12. Jahrhunderts) wird die Bewegung als solche erfaßt und dargestellt 4 . Trotz der genauen Naturbeobachtung, von der solche Einzelheiten zeugen, wird aber unbekümmert das reale Größenverhältnis zwischen Rehen, Vögeln, Insekten und hagi-Sträuchern außer acht gelassen, — ein Zug, der auch typisch ist für die Yamato-e-Malerei dieser Zeit. (Und den, wie so manches andere, die Momoyama-Zeit wieder aufgreifen wird.) Die Darstellung gibt nicht einfach ein Bild von Rehen unter Sträuchern, sondern übt eine erstaunlich starke Suggestion aus: unmittelbar ergreift die herbstliche Stimmung von dem Betrachter Besitz. Die zugleich einfache und unwiderstehliche Weise, in der das geschieht, ist ein Merkmal der schönsten japanischen Arbeiten. Dieser Akino ni shika-tebako nimmt selbst innerhalb der besten Kamakura-Kästen eine besonders hervorragende Stelle ein.
Kamakura-Zeit
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Ebenfalls noch in enger Verbindung zur Heian-Tradition muß eine Abb. 47 vermutlich ziemlich große Lackarbeit gestanden haben, von der heute nur ein Fragment — als Deckel eines Kästchens montiert — erhalten ist. Sie ist vermutlich im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts entstanden 5 . Auf dem Fragment ist ein Ausschnitt aus dem „Westlichen Paradies" mit Gebäuden und Bodhisattvas dargestellt, vermutlich in enger ikonographischer Beziehung zu dem gewebten Kultbild des Taima-dera (s. S. 23). Figürliche buddhistische Darstellungen sind in der Lackkunst äußerst selten: außer dem Tamamushi-Schrein (dessen Lackmalerei der makieAusführung des Fragments nicht recht vergleichbar ist) sind nur der Sutrenkasten mit den frommen Taten Buddhas (Abb. 19), die Buddha-
A b b . 47.
F r a g m e n t einer D a r s t e l l u n g des Westlichen P a r a d i e s e s . U m 1210. 14,7 : 7,8 cm. T h e C l e v e l a n d M u s e u m of A r t .
Darstellungen auf den Rundpfeilern der Konjiki-dö (Abb. 22) und der Kurikara-ryü-Sutrenkasten (Abb. 41) erhalten, außerdem einige wohl um 1200 entstandene kleine Fragmente, die jetzt zu einem Kästchen (im Besitz des Boston Museum of Fine Arts) zusammenmontiert sind. Nach Ansicht von K. Tomita haben sie ursprünglich zu einer Darstellung des Amida Raigö gehört". Das Fragment in Cleveland ist vorzüglich gearbeitet, und zwar fast ausschließlich mit Goldpulver einer einzigen Färbung. D a jedoch das Pulver verschieden dicht in den Schwarzlackgrund eingestreut ist, werden mehrere Farbnüancen suggeriert. Der weiche, samtige Eindruck dieses
Kamakura-Zeit
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makie unterscheidet sich sehr von dem metallischen Charakter, den Goldlackarbeiten der reifen Kamakura-Zeit oft aufweisen. Ein anderes Werk aus dem Anfang der Kamakura-Zeit ist der durch Inschrift auf das Jahr 1228 datierte Sumiyoshi-tebako des Rinnö-ji bei Abb. 48 Nikkö CSumiyoshi makie-tebako)7. Der Dekor stellt auf Deckel und Außenwänden eine Mondnacht an der kiefernbestandenen Küste von Sumiyoshi bei Osaka dar, mit dem torii8 des Sumiyoshi-Schreins und der bergigen Insel Awabi im Hintergrund. Er ist in Silber-togidashi und Silber-hyömon ausgeführt und — vermutlich durch eine Beimischung von Zinn zum Silberpulver — stark korrodiert. Auch der Schwarzlackgrund ist nicht gut erhalten. Merkwürdigerweise hat der Ladsmeister bei der Darstellung des torii Rotlack verwendet, — sowohl technisch als auch farblich ist dieser Kasten also ein Sonderfall. Seine Proportionen entsprechen noch den tebako-Formen des 12. Jahrhunderts: die Höhe des Deckels beträgt etwa ein Viertel der Gesamthöhe. Bei späteren Kamakura-Kästen wird sie nur noch ein Fünftel der ganzen Höhe ausmachen, da die Unterkästen allmählich größer und wuchtiger werden. Vom ikonographischen Standpunkt aus gesehen erweckt der Kasten besonderes Interesse, denn er ist innerhalb der Lackkunst das früheste erhaltene Beispiel einer Darstellung der Sumiyoshi-Landschaft. Rund 50 Jahre vor der Entstehung des Kastens war Minamoto Yoshimasa gestorben (1105 bis 1180), dessen Sumiyoshi-Gedicht „Zwischen den Kiefern des Sumi-Flusses hindurchblickend sehe ich den Mond über den Inselbergen von Awabi sinken" in der Kamakura- und vor allem in der Muromachi-Zeit immer wieder die Gestaltungskraft der japanischen Künstler angeregt hat. Es könnte auch dem Dekor dieses tebako zu Grunde liegen, doch läßt sich das nicht mit Sicherheit entscheiden9. Die Darstellung ist einfach, sowohl in der Gesamtkomposition wie in den Einzelformen, aber bei aller Schlichtheit doch von einer gewissen Würde und Größe. Außer diesem Kasten von 1228 sind noch zwei weitere datierte Werke aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhalten: die beiden 1242 datierten dreiteiligen Türen des Mandara-Schreins im Taima-dera mit makie-Dekor (Rencbi makie-tobira) und die 1243 datierte Basis dieses Schreins (T aima-mandara-zushi no raden-shumidan), die mit reichen Perlmutteinlagen geschmückt ist. Die Türen, die für den schon über 400 Jahre alten Schrein (s. S. 23) Abb. 49 6
von R a g u e
Kamakura-'Zeit
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A b b . 48.
T o i l e t t c k a s t c n m i t S u m i y o s h i - D a r s t e l l u n g . 1228. — 17 : 33 : 26 cm. N i k k ö , R i n n ö - j i (nach C a s a l : J a p a n e s e A r t L a c q u e r s ) .
gearbeitet wurden, sind mit dem buddhistischen Motiv des Lotosteiches geschmückt10 und tragen eine lange, ebenfalls in makie ausgeführte Inschrift. Diese nennt nicht nur das Entstehungsjahr 1242, sondern auch viele Stifternamen — darunter den des Shögun Fujiwara Yoritsune — und den Namen des Lackmeisters Fujiwara Sadatsune. Das ist in doppelter Hinsicht aufschlußreich. Erstens wird daraus deutlich, wieso der Stil der Fujiwara-Zeit noch bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts nachwirkt: es sind immer noch Mitglieder der Fujiwara-Sippe, die solche Aufträge erteilen und ausführen! Zweitens können wir durch diese Inschrift ein bestimmtes Werk der Lackkunst — eben die Türen — mit einem Lackmeisternamen in Verbindung setzen, — etwas sehr ungewöhnliches für
Κ amakur
Abb. 49.
α-Zeit
I'ujiwara Sadatsunc.·: T U m i des Mandara-Schreins. 1242. 345 : 189 cm. T a i m a - d e r a , P r o v i n z N a r a .
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diese Zeit. D e n n die zeitgenössischen Schriftquellen überliefern zwar die N a m e n von circa 3 0 Lackmeistern, wir haben aber keine Vorstellung davon, welche W e r k e sie geschaffen haben 1 1 . D i e T ü r e n zeigen in Goldtogidashi auf schwarzem Lackgrund Wellen, Lotospflanzen und zahlreiche scheinbar vom H i m m e l herabschwebende Blütenblätter, wobei hin und wieder innerhalb des D e k o r s auch nashiji verwendet wird. D i e Lotosblüten sind von der K n o s p e bis zur vollen E n t f a l t u n g in allen Stadien des Blühens gezeigt, sowohl von vorn wie auch in Seitenansicht; auch die B l ä t t e r haben mannigfaltige
Formen.
Dennoch bleibt die Gesamtkomposition ruhig und k l a r und dem großen F o r m a t — die Türen sind über 3 m hoch — vorzüglich angemessen. Neueste Untersuchungen haben überraschenderweise ergeben, d a ß der jetzige D e k o r der Türen nicht der ursprüngliche von 1 2 4 2 ist, sondern eine recht genaue Übermalung (bzw. Einstreuung). B e i infraroter Bestrahlung erkennt man nämlich unter dem jetzigen Schwarzlackgrund die ursprüngliche D e k o r a t i o n ; die jetzige — wohl 5 0 bis 1 0 0 J a h r e später angefertigt — stimmt z w a r weitgehend mit ihr überein, aber stellenweise weichen ihre Linien um einige Millimeter von der ursprünglichen Zeichnung ab. D i e untersten Wellen und die obersten Schriftzeichen sind bei der späteren Überlackierung und N e u - D e k o r i e r u n g teilweise verlorengegangen 12 . Abb. so
D e r Perlmuttdekor an der Basis des Mandara-Schreins scheint auf den ersten Blick nicht zu dem D a t u m von 1 2 4 3 zu passen, das — ebenfalls in Perlmutter — in die Basis eingelegt ist. D e n n die großen, ganz unnatürlichen hösöge-Blüten widersprechen an sich dem naturalistischen Geschmack der K a m a k u r a - Z e i t . Auch das Musterhafte, die A r t , wie die Pflanzen zu einem allseitig vergrößerbaren O r n a m e n t
geformt
sind,
scheint auf eine viel frühere Entstehungszeit hinzuweisen. A b e r diese Beziehung zu Formen der N a r a - Z e i t beruht auf einer A r t von N a r a Renaissance, die in der K a m a k u r a - K u n s t nicht nur hier zu finden ist. Baute man doch jetzt im 13. J a h r h u n d e r t viele alte Tempel wieder auf, die während der Kriege der H e i a n - Z e i t zerstört worden waren. D i e dadurch herbeigeführte enge Berührung mit den Kunstwerken der V e r gangenheit brachte die Wiederbelebung von Stilelementen der N a r a - Z e i t mit sich 13 . D a ß sich innerhalb der Lackkunst diese Renaissance stärker bei P e r l m u t t - als bei makie-Arbeiten
findet,
mag mit dem
Material
zusammenhängen. Sicherlich ist Perlmutter weniger leicht zu realistischen
Kamakura-Zeit
A b b . 50.
85
Basis des M a n d a r a - S c h r e i n s . D e t a i l . 1 2 4 3 . — T a i m a - d e r a , P r o v i n z N a r a .
Darstellungen zu verwenden als makie, wohl aber ohne große Schwierigkeiten zu stilisierten hösöge-Ranken etc. Ähnlich wie auf den Türen des Taima-Schreins tritt das M o t i v des Abb. 51 Lotos-Teiches auch bei einem Sutrenkasten des K a j ü - j i - T e m p e l s in K y o t o auf, wiederum also im buddhistischen Bereich (Renchi
makie-kyöbakoJu.
D e r Sutrenkasten besteht aus drei aufeinandersitzenden Unterkästen und dem Deckel. I n der nur leichten Seiten- und Deckelwölbung und dem sanften, S-förmig ansteigenden Deckelansatz bewahrt er noch die T r a dition der späten H e i a n - K ä s t e n , ebenso in der heijin-Streuung des G r u n des und der zusätzlichen Verwendung von Silber-togidashi. (Das Silberpulver ist zur Einstreuung der Wellen und im Innern von Deckel und Kästen für Lotospetale verwendet.) D i e auffällige Gesetzmäßigkeit jedoch, mit der die Stengel parallel zueinander geführt sind, sowie die Ordnung und Regelmäßigkeit bei der Verteilung der schwebenden Blütenblätter lassen eine Bewußtheit und Rationalisierung erkennen, die für eine Entstehung des Kastens in der K a m a k u r a - Z e i t sprechen. Auch läßt ein Vergleich mit früheren Lotosdarstellungen (Abb. 4 3 ) den stärkeren Realismus ζ. B . in der Blattzeichnung erkennen.
Kamakur
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Abb. 51.
α-Zeit
Sutrenkasten mit Lotosteich-Dekor. 1. H. 13. Jh. Kyoto, Kajü-ji.
20,3 : 21,2 : 33,9 cm.
Der Sutrenkasten dürfte etwas früher als die Türen des Taima-dera entstanden sein, also in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Seine „altmodischen", an den Stil der Heian-Zeit gemahnenden Züge zeugen wiederum vom Fortwirken des Heian-Stils, aber sie gründen sich wohl auch auf eine konservative Einstellung, die innerhalb der buddhistischen Gerätekunst häufig zu finden ist. In den Tempeln und Klöstern hat man unabhängig von neuen Moden gern an Formen festgehalten, die für den religiösen Gebrauch einmal als mustergültig akzeptiert worden waren. Abb. 52 Noch in den Anfang des 13. Jahrhunderts gehört der berühmte Schreibkasten mit Chrysanthemen am Zaun, der sich im Besitz des Tsurugaoka Hachiman-Schreins in Kamakura befindet (Magaki-kiku raden-ikakeji-SHZuribako). Nächst dem Suhama-Schreibkasten (Abb. 39) ist er der älteste erhaltene suzuribako, und da sein gesamtes Zubehör noch erhalten ist, nämlich Wassertropfer, Tusche, Tuschehalter, Pinselhülle, Papierbohrer, Schere usw., ist er nicht nur kunstgeschichtlich, sondern audi kulturgeschichtlich von großer Bedeutung. Sowohl seine Form — er hat einen nur leicht gewölbten Uberfalldeckel — als auch der Stil der
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Kamakurα-Zeit
Perlmutteinlagen sprechen für eine Datierung in den Anfang der Kamakura-Zeit. Es ist meisterhaft, wie das Motiv der Chrysanthemen am Ostzaun, ursprünglich einem chinesischen Gedicht entstammend15 und auf dem Deckel mit Perlmutteinlagen in ikakeji-Grund strahlend angeschlagen, an allen übrigen Teilen wiederholt und variiert wird: im Deckel, in den beiden Einsatzkästen rechts und links des Reibsteins, selbst auf dem Kastenboden unter den Einsatzkästen und sogar noch bei dem Wassertropfer. Die ältesten erhaltenen Beispiele für Perlmutteinlagen in den dichtgestreuten goldenen ikakeji-Grund sind die Pfeiler der Konjikidö (vgl. Abb. 22), dieser Schreibkasten schafft also nichts völlig Neues. Aber das strahlende Leuchten des ikakeji spricht das feurige Lebensgefühl der Kamakura-Zeit in besonderem Maße an. Es läßt sich eine ganze Gruppe von ikakeji-raden-Lacken aufführen, die etwa mit diesem Schreibkasten beginnen und die dann, in stilistischer Abwandlung, kennzeichnend für die Mitte der Kamakura-Zeit sind. Von ihnen gehören zwei Werke noch in die unmittelbare zeitliche Nähe des Schreibkastens. Es handelt sich um Abb. 53 einen Kodier für Pfeile (Ikakeji gyöyö raden hirayanagui) und eine Schwertscheide16; beide haben Aprikosenblätter-Dekor aus Perlmutter in ikakeji-Grund und beide befinden sich wie der Schreibkasten im Besitz des Tsurugaoka Hachiman-gü. Sie werden zwar in der Uberlieferung des Schreines mit der Person des Minamoto Yoriyoshi (998—1075) in Verbindung gebracht, gelten aber ebenso wie der Chrysanthemen-Schreibkasten (angeblich ein Geschenk des Exkaisers Goshirakawa an Minamoto Yoritomo, 1177—1199) heute unbezweifelt als Werke der frühen Kamakura-Zeit. Sie werden etwa im letzten Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts entstanden sein. Ihnen steht ein suebako im Daigo-ji17 nahe, ein deckelloser Kasten, der buddhistischen Priestern zur Aufbewahrung von Kleidungsstücken diente. (Zu dem Kasten gehört noch ein kleinerer von gleicher Art.) Auch bei ihm sprechen die eher heraldischen als naturalistischen Formen der Perlmutteinlagen, die dem Dekor auf der niedrigen Vorderseite des Köchers verwandt sind, noch für ein Datum, das kaum später als 1200 anzusetzen ist. Sind diese vier Stücke — Schreibkasten, Köcher, Schwertscheide und suebako — bei allem reichen Goldglanz doch von ruhiger Schönheit und fast zurückhaltender Eleganz, so ist für die Mitte der Kamakura-Zeit bei
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Abb. 53.
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Köcher mit Perlmutteinlagen. Um 1190. — H . 43,4 cm. Kamakura, Tsurugaoka Hachiman-gü.
gleicher Technik ein kraftvollerer, kälterer, metallischer Ausdruck typisch; nicht mehr die Vornehmheit des Hofadels, sondern der kriegerische Geist des Schwertadels gewinnt nun Form in den Lackarbeiten. Eine Gruppe von Toilettekästen repräsentiert diesen Stil der reifen Kamakura-Zeit. Am Anfang steht der tebako mit Schmetterlingsdekor Abb. 54 (Chö raden-makie tebako), der wohl noch in der ersten H ä l f t e des 13. Jahrhunderts entstanden ist. Ganz unverkennbar äußert sich in ihm der kraftvoll-männliche Geist der Kamakura-Zeit! Form und Technik haben mit der Heian-Zeit nichts mehr zu tun, und auch stilistisch lassen sich nur noch in einzelnen Rankenformen Nachklänge aufweisen. Der erste Eindruck, den dieser tebako vermittelt, ist der von strahlender K r a f t und Pracht. Das liegt vor allem an den Materialien und ihrer reichen, vorzüglichen Bearbeitung. Denn dieser Kasten spricht mit Gold-togidashi, Perlmutteinlagen und Silber-hyömon sozusagen „dreistimmig"; jede dieser Techniken, alle diese Materialien wirken gleichberechtigt und gleichbeteiligt mit an dem prachtvollen Dekor. Auf nashiji-Grund 18 ist ein
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dichtes Muster von Päonienranken und Schmetterlingen dargestellt, die Ranken und Blätter in togidashi, die Schmetterlinge und Blüten aus Silberblech oder Perlmutter. Sowohl Silber wie Perlmutter sind noch zusätzlich mit Goldlack dekoriert, außerdem zeigen beide — vor allem bei den Flügeln der Schmetterlinge — überaus feinteilige, kunstfertige Eingravierungen, die ihrerseits mit Goldpulver ausgerieben sind. Weder togidashi noch hyömon noch raden sind neue Verfahren. Aber neu ist der gleichzeitige Einsatz dieser Techniken in einer Art, die sie nicht auf einen gemeinsamen Ausdruck hin miteinander verschmilzt und verbindet, sondern die jede ganz und gar in ihrem Eigenwert zur Geltung bringt 19 . Für das optische Empfinden ist diese „Vielstimmigkeit" fast zu stark (ein Foto läßt die verschiedenartige Materialwirkung nicht deutlich genug erkennen), aber der Eindruck feurigen Glanzes ist überwältigend. Und die Gestalt des Kastens mit dem relativ hohen Unterkasten und den tiefsitzenden Metallbeschlägen für die Zubindeschnur erweckt ein Gefühl der Stabilität und Kraft, das hervorragend zu dem Dekor paßt. Der tiefe Ansatz der Beschläge ist kennzeichnend für den reifen Kamakura-Stil; ein Vergleich des Schmetterlingskastens etwa mit dem Sumiyoshi-tebako (Abb. 48) macht die Bedeutung dieser Tieferlagerung des optischen Schwerpunktes deutlich. Besondere Aufmerksamkeit verdienen noch die kleinen Muster, mit denen die Schmetterlingsflügel verziert sind. Eine Fülle verschiedener Rundmuster tritt hier auf: Kommas, Spiralen, Zirkelschlagmuster, neunKreise-Muster (kuyö), sogar Räder und Pflaumenblüten. Jedes einzelne ist sorgfältig und „realistisch" gearbeitet, aber die Verwendung hat mit Wirklichkeitsnähe nichts zu tun, — es sind Muster, die ganz sicher so nicht bei Schmetterlingen vorkommen. Darin äußert sich ebenso wie in den willkürlichen Größenverhältnissen des Herbstfeld-Kastens vom Izumo-· Schrein (Abb. 45) im sonst so realistischen Stil der Kamakura-Zeit ein phantastischer Zug, der keineswegs nur bei Lackarbeiten zu finden ist. Eines der überzeugendsten und dem Schmetterlingskasten verwandtesten Beispiele bietet der Handschutz einer Ritterrüstung, der inmitten natur- Abb. 55 getreu dargestellter Chrysanthemenzweige einen Schmetterling mit ganz phantastischer Flügelzeichnung zeigt20. Diese Kombination von Exaktheit und Phantasie ist typisch für die Kamakura-Zeit, sie findet sich weder in der Heian- noch in der Muromachi-Zeit. Der Schmetterlings-tebako ist auch in dieser Hinsicht ein unverkennbares und hervorragendes Beispiel der Kamakura-Kunst.
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92
Abb. 55.
Handschutz einer Rüstung. 13. J h . Nara, Kasuga-taisha.
Das berühmteste Werk aus dieser Zeit und eines der bekanntesten Abb. 56 japanischen Lackgeräte überhaupt ist der Katawaguruma-tebako des Tökyöer National-Museums. Auch hier Perlmutter in Goldlack, aber wie fest, feurig und „abweisend" im Vergleich zu den Arbeiten um 1200! Ein Vergleich mit dem tebako Abb. 27, der rund 100 Jahre früher entstanden und mit dem gleichen Motiv der versenkten Räder geschmückt ist, zeigt aufs Anschaulichste den großen Unterschied zwischen typischem Heian- und typischem Kamakura-Werk. Dort der niedrige, „sanfte" Kasten mit kaum gewölbtem Uberfalldeckel, hier die steile, wuchtige Form, die durch die tiefen Beschläge und den kraftvoll gewölbten, aufsitzenden Deckel in ihrer Schwere noch betont wird. Dort die feine, nuancenreiche Farbabstufung von Goldpulver, aokin und dem mit heijin bestreuten Schwarzlackgrund, im Innern noch dazu Silber-togidashi, hier das reine, ungebrochene Gold, in dem das Perlmutter wie ein blitzender Akzent sitzt. Fest, klar und männlich ist dieser Stil, — selbst die Lackarbeiten dieser Ritterzeit scheinen noch an das kalte Metall von Waffen zu gemahnen. Abb. 57 Gleichzeitig oder nur wenig früher ist vermutlich ein tebako mit
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95
Rundmustern (Fusenryö-mon makie-tebako) entstanden, der denselben Geist atmet. Sein Dekor wird „fusenryö-mon" genannt, eine Bezeichnung, die ursprünglich aus der Textilkunst stammt, allmählich aber allgemein üblich wurde für große kreisrunde Muster. Es ist sicher kein Zufall, daß solche Muster um die Mitte der Kamakura-Zeit in der Lackkunst auftreten. Denn seit etwa 1230 hatte die japanische Textilkunst in Kyöto unter der Anregung chinesischer Gewebe der Sung-Zeit einen neuen Aufschwung genommen 21 , und Rundmuster solcher Art waren anscheinend für die Gewänder des Adels damals große Mode. Die Malerei hat viele Beispiel d a f ü r überliefert. Es ist kein Wunder, daß die Lackkünstler, die für den Adel arbeiteten, dieses beliebte Motiv auch für ihre Zwecke aufgriffen. Die Innenseite des Deckels bietet in Gold-togidashi zahlreiche Darstellungen verschiedener Blütenpflanzen und Gräser. Auch bei Kästen der Heian-Zeit wurden für die Deckel-Innenseiten oft solche Motive gewählt, aber während dort eine dekorativ-stilisierende Eleganz waltete, ähnelt dieser Deckel fast einem botanischen Lehrbuch, so realistisch sind die Formen von Blüten, Blättern, Gräsern und Zweigen wiedergegeben.
Abb. 58.
Tagebuch der Murasaki Shikibu. Detail. 1. H . 13. Jh. Tokyo, Goto-Museum.
Abb 58
-
96
Kamakura-Zeit
Sprach sich in der Heian-Zeit die Liebe zur N a t u r in stimmungsvoller, durch das menschliche Gefühl verklärter Weise aus (vgl. die Iris-Truhe, Abb. 29), so tut sie es in der Kamakura-Zeit durch genaue, objektive Beobachtung und Schilderung. (Auf die „phantastischen" Züge, die zuweilen den reinen Realismus sprengen, wurde schon hingewiesen.) Die „metallischen" Katawaguruma- und Fusenryömon-tebako charakterisieren den Stil der mittleren Kamakura-Zeit, einen Stil, der wohl nur bis ca. 1280 (Abwehr der Mongolen-Einfälle) dauerte. Weiter ans Ende der Epoche führt ein Toilettekasten mit Pflaumenbaum-Dekor, der Abb. 59 Urne makie-tebako des Schreines Mishima-taisha. Er ist eines der großen Meisterwerke japanischer Lackkunst und ein Standardwerk seiner Zeit. Eine genaue Datierung läßt sich nicht geben, doch wird man ihn wohl mit Okada schon ins beginnende 14. Jahrhundert setzen dürfen 22 . Der Dekor von Deckel und Seitenwänden zeigt ein Teichufer, bestanden mit zweierlei Pflaumenbäumen — die einen tragen einfache, die anderen gefüllte Blüten —, dazu im Wasser und in der Luft einen Schwärm von Wildgänsen. Die Innenseite des Deckels zeigt ein ähnliches Abb. 60 Thema (mit Kiefern statt Pflaumenbäumen), und hier ist die Schilderung der Gänse mit ihren verschiedenartigen Bewegungen zu Lande, im Wasser und in der Luft noch schöner und noch vielfältiger als auf der Außenseite. Hier feiert der Realismus der Kamakura-Zeit einen seiner schönsten Triumphe. Zwei ineinanderpassende Einsatzkästen greifen in ihrem Dekor das Gänse-Motiv wieder auf. In die Darstellung auf dem Deckel sind sechs Schriftzeichen eingemischt, die einem Vers des chinesischen Dichters Po Chü-i (772—846) entnommen sind. Es handelt sich bei diesem Dekor also um ein „uta-e", d. h. ein Bild, das ein bestimmtes Gedicht darstellt 23 . D a ß ein chinesisches Gedicht gewählt wurde, ist nicht überraschend, da in dieser Zeit im Zusammenhang mit dem Zen-Buddhismus die chinesische Kultur schon längst wieder stark nach Japan einströmte. Dieser tebako ist das früheste Beispiel für takamakie, doch wendet der unbekannte Künstler auch noch viele andere Techniken an. (Ikakeji, togidashi, tsukegaki, Silber-hyömon, alle Arten von Goldpulver wie maru-fun, hirame und nashiji.) Im Gegensatz zum plastisch-erhabenen takamakie (an den Stämmen der Bäume, den gefüllten Blüten, den Wildgänsen usw.) ist das hyömon (das für die ungefüllten Blüten und die Schriftzeichen verwendet ist) vertieft in den Grund eingelassen, es liegt
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Abb. 60.
97
Deckel-Innenseite des Toilettekastens Abb. 59.
eine Schicht tiefer als der ikakeji-Grund. So ergibt sich eine bisher nie dagewesene körperlich-plastische Abstufung, die sowohl f ü r das Auge wie f ü r das Tastgefühl eine große Bereicherung darstellt. Die reliefierend belebte Oberfläche schafft neue Glanzlichter und Abstufungen von Hell und Dunkel, aus denen sich komplizierte, aber harmonische Effekte ergeben. Dieser tebako des Mishima-taisha zeigt, d a ß alle Einstreutechniken bis hin zum takamakie gegen Ende der K a m a k u r a - Z e i t voll entwickelt sind u n d von den Lackmeistern aufs Beste beherrscht werden. Daneben wird deutlich, wie planmäßig u n d überlegt nun die Künstler die verschiedenen technischen Möglichkeiten in den Dienst der angestrebten W i r k u n g stellen. (Hier ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem 7 von Rague
98
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Schmetterlings-tebako Abb. 54 zu erkennen.) Neben der „realistischen" Darstellungsweise und der Kraft, Strenge und Schärfe der KamakuraLacke ist dieses sichere Wissen von den technischen Mitteln, ist diese überlegte, rationalistische Grundhaltung als wesentliches Kennzeichen nicht zu übersehen. Zwei Einsatzkästen des tebako enthalten eine komplette Ausstattung mit Toilettegegenständen wie Spiegel, Spiegelkasten, Puderdosen, Dosen für das Schwarz zum Färben der Zähne, Kästen für Parfüm, Kämme, Haarpfeile, Scheren und Pincetten. Sowohl die Einsatzkästen wie auch die kleineren Dosen und Kästchen sind mit den Motiven des Außenkastens verziert, aber ihr Schmuck ist der jeweiligen Kastengröße entsprechend sinnvoll vereinfacht, sowohl in technischer wie in motivischer Hinsicht. Das rationale Element, das bei dem Ume-makie-tebako schon nicht zu verkennen ist, steigert sich bei einigen Toilettekästen der spätesten Kamakura-Zeit zu streng mathematisch durchdachten Kompositionen. Die hier abgebildeten Beispiele lassen diese Mathematisierung sofort erAbb. 61 kennen: der tebako des National-Museums Tokyo (Hiögi-mon-cbirashi
Abb. 61.
Toilettekasten mit Dekor von Hinokiholz-Fächern. Auf. 14. Jh. 17 : 30,3 : 23,6 cm. National-Museum Tökyö.
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99
makie-tebako), dessen Dekor aus zusammengesetzten Hinokiholz-Fächern besteht, durch die regelmäßige vierpassige Mittelform; der Kasten mit der Darstellung bemalter Fächer (Ögi-cbirashi makie-tebako)2i durch die Abb. 62 Betonung der vier Ecken. Der Dekor ist in beiden Fällen unmittelbar auf die Form der Kästen bezogen, die Ecken werden betont, ein Mittelfeld geschaffen. Sehr elegant vermeiden die Künstler die völlige Regelmäßigkeit, aber ein Verlangen nach klarer, gesetzmäßiger O r d n u n g tut sich deutlich kund. Zugleich tritt der metallisch-kühle Farbklang, der seit der Mitte der Kamakura-Zeit so typisch war, zugunsten einer wärmeren, nuancenreicheren Wirkung zurück. Z w a r wird auch bei diesen Kästen nur reines Goldpulver verwendet, aber durch unterschiedliche Dichte der Einstreuung (maki-bokashi) und wechselnde Feinheit des Korns — neben m a r u - f u n auch hirame- und nashiji-fun — erreichen die Lackmeister eine sehr sensible Abschattierung. Diese abgestufte Farbgebung bewahrt auch die mehrpassigen Felder 25 des Hiögi-tebako und ähnlicher Kästen vor langweiliger Schematisierung 26 . In dem Verlangen, dem Gold verschiedenartige Farbwirkungen abzugewinnen, spricht sich ein verändertes Schönheitsempfinden aus. Die Bewußtheit und Sicherheit der Gestaltungsweise bezeugt sich nicht nur in der Komposition, sondern auch in diesem überlegten Einsatz der vielfältigen technischen Mittel. Diese Kästen verzichten auf takamakie und verwenden nur togidashi und leichtes hiramakie 27 . Bei dem Ögi-chirashi-tebako, der besonders reizvoll ist durch die graziösen naturgetreuen Zeichnungen auf den Fächerfeldern, tritt technisch gesehen etwas Neues auf: die Verwendung von kirigane, den kleinen, viereckig geschnittenen und einzeln eingesetzten Goldblechstückchen. Während diese später in der MuromachiZeit zu Gruppen zusammengefügt werden, um Licht- und Schattenpartien zu unterscheiden, die Bildstruktur zu betonen oder den Eindruck von größerem Volumen zu erwecken, sind sie hier in ausschließlich dekorativem Sinn als vereinzelte, belebende Schlaglichter aufgesetzt. Auch dieser tebako hat wie der Ume-makie-tebako (Abb. 59) einen durch Schriftzeichen bereicherten Dekor, allerdings nur im Deckelinnern. Dieser Innendekor (ein Weiden- und ein Pflaumenbaum) ist keine Illustration des durch die Schriftzeichen chö-sei-den (Halle des langen Lebens) angedeuteten Gedichts; sichtbare Darstellung und literarische Assoziation existieren unabhängig voneinander und sind nicht — oder nur lose — aufeinander bezogen. 7*
100
Kamakura-Zeit
Abb. 62.
Toilettekasten mit dem Motiv bemalter Fächer. Anf. 14. Jh. 14,3 : 29,7 : 22,8 cm. T ö k y ö , Ökura-Shükokan.
Im Laufe der Kamakura-Zeit ändern sich nicht nur Dekorationsprinzip und Farbcharakter, sondern auch die Proportionen der Kästen. Vergleicht man die tebako in der bisher beobachteten, sich aus Gründen des Stils und der Techniken ergebenden Reihenfolge, so zeigt sich folgendes Verhältnis von Breite zu Höhe 28 : Katawaguruma-tebako Spatzen-tebako Kamakura Herbstfeld-tebako Sumiyoshi-tebako Schmetterlings-tebako Fusenryömon-tebako Katawaguruma-tebako
(Abb. (Abb. (Abb. (Abb. (Abb. (Abb. (Abb.
27) 44) 46) 48) 54) 57) 56)
Br. Br. Br. Br. Br. Br. Br.
: H. : H. : H. :H. :H. :H. : H.
= = = = = = =
2,35 2,27 1,85 1,94 1,65 1,67 1,69
Kamakura-Zeit
Pflaumenbaum-tebako Hinokiholz-Fächer-tebako bemalte-Fächer-tebako
101 (Abb. 59) (Abb. 61) (Abb. 62)
Br. : H . = 1,75 Br. : H . = 1,78 Br. : H . = 2,07
Das heißt, daß seit der Heian-Zeit die Breite im Verhältnis zur Höhe zunächst immer geringer wird, die Kästen also steiler werden. Der Gipfel dieser Entwicklung liegt bei den „metallischen" tebako der mittleren Kamakura-Zeit, dann folgt ein leises Absinken, und der Kasten mit den bemalten Fächern schließlich (bei dem auch die metallische Wirkung völlig verschwunden ist) nähert sich wieder den flacheren Proportionen des 12. Jahrhunderts, — der kühne, kraftvolle Stil der Kamakura-Zeit ist vorüber. Die tebako sind eine so charakteristische Leitform der KamakuraZeit, daß man an ihnen die ganze Entwicklung des makie ablesen kann. Selbstverständlich gibt es aber neben ihnen auch noch andere mit Goldlack verzierte Geräte, so die schon erwähnten Schreib- und Sutrenkästen, ferner einige Kammkästen (kushibako) 2 " und eine große Anzahl kleiner Kästchen und Dosen, die ζ. T. wohl ursprünglich zur Ausstattung der tebako gehört haben, heute aber meist als kögö, als Weihrauchkästen be- Abb. 63 zeichnet werden 30 . Auch sie haben im allgemeinen kräftige, gedrungene Formen und togidashi- oder hiramakie-Dekor — zuweilen auf ikakeji — mit lebendig wiedergegebenen Motiven aus dem Pflanzen- oder Tierreich. Die Komposition beschränkt sich dabei auf ruhige, einfache Ansichten, die zu dem kleinen Format der Kästen vorzüglich passen. In der Muromachi-Zeit werden die Darstellungen auch bei den kleinen kögö oft viel komplizierter. Feine, sorgfältige makie-Arbeit weist ein kleiner Kammkasten auf Abb. Μ (Sumiyosbi makie-raden-kushibako), der etwa gleichzeitig mit dem Ögichirashi-tebako (Abb. 62) zu Ende der Kamakura-Zeit entstanden sein dürfte 31 . Er ist nur 16 cm lang und hat die für Kammkästen anscheinend typische Form mit abgerundeten Ecken und einem Uberalldeckel, der zwecks besserer Griffsicherheit am unteren Rand der Längsseiten dreipassig geschweift ist. N u r zwei Kammkästen dieser Art sind aus der Spät-Kamakura-Zeit erhalten; ein weiterer gehört wohl schon dem späteren 14.Jahrhundert an. Auf der Deckeloberseite ist die Landschaft beim Sumiyoshi-Schrein Abb. 65 zu sehen (vgl. Abb. 48); im Innern des Deckels eine Küste mit Fischern, die ihre Netze einholen. Die äußeren Seitenwände von Kasten und Deckel zeigen sehr abwechslungsreiche, geschickt aufeinander abgestimmte Darstel-
Kamakura-Zeit
102
Abb. 63.
Kogö. 13. Jh. National-Museum Tokyo.
lungen von herbstlichen Pflanzen. Die Einzelformen sind einfach, aber die Vielfalt der Motive ist erstaunlich groß. Auch Technik und Farbwirkung sind fein und reich abgestuft: obwohl togidashi auf nashiji-Grund vorherrscht, sind doch Einzelheiten mit ikakeji, Silberpulver, Perlmutter, hiramakie und tsukegaki abweichend gestaltet. Dieser kushibako (Kammkasten) ist ein gutes Beispiel für die künstlerische Höhe der damaligen Lackkunst: ein so sicheres Stilgefühl herrscht über das volle Arsenal technischer Möglichkeiten, daß trotz allen Reichtums die erstrebte Einfachheit und Schlichtheit der Naturdarstellung gewahrt bleibt. So selbstverständlich wirken diese Lackarbeiten, daß man die genaue Abgewogenheit ihrer Proportionen, die Feinheit der Komposition und die technische Qualität zunächst fast übersieht. Ebenso wie die Einstreutechniken in dieser Zeit zur vollen Entfaltung kommen, so stehen am Ende der Kamakura-Zeit auch die reinen, nicht weiter verzierten Perlmutteinlagen in Lackgrund auf wahrhaft Abb. 66 meisterlicher Höhe. Das berühmteste Beispiel dafür ist der Shigure-Sattel, der seinen Namen („Herbstschauer") dem Text des Gedichtes verdankt, von dem sein Dekor inspiriert wurde 32 . Einige Schriftzeichen des Verses sind in die Darstellung der sturmgepeitschten Kiefern und Ranken ein-
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103
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104
A b b . 65.
K a m m k a s t e n m i t S u m i y o s h i - D e k o r ; Deckelaufsicht (s. A b b . 6 4 ) .
gelegt, wodurch der Gehalt des „Bildes" durch die literarische Assoziation noch über das Sichtbare hinaus vertieft wird. Mit unübertrefflicher Kunst ist das spröde, brüchige Perlmutter geschnitten und in die gewölbten Sattelwände eingelegt; vorzüglich ist der Wechsel strenger und bewegter Linien, durchbrochen ausgeschnittener oder massiv eingelegter Formen; großartig im Zusammenhang damit auch die Farbverteilung im schwarzen Abb. 67 Lackgrund. Ein Sattel mit Kirschblütendekor (Sakura raden-gura) steht dem Shigure-Sattel nahe, scheint aber etwas später zu sein, vielleicht vom Beginn der Muromachi-Zeit. Beide Sättel bilden absolute Höhepunkte in der Kunst der Perlmutteinlagen in Lackgrund. Makie und raden waren für die Lackmeister jener Zeit alte, traditionsreiche Techniken, die immer weiter vervollkommnet wurden. Neu entstehen gegen Ende der Kamakura-Zeit das sogenannte Negoro-nuri und — vielleicht — das Kamakura-bori. (Zu Kamakura-bori siehe folgendes Kapitel.) Erst die Muromachi-Zeit bringt die wirkliche Blüte des Negoro-nuri, deshalb wird an späterer Stelle noch mehr über Werke dieser Art zu sagen sein. Aber ihr Ursprung liegt im letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts.
Kamakura-Zcit
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Kamakur
Abb. 67.
α-Zeit
Sattel mit Kirschblüten. 1. H . 14. Jh. Japan. Privatsammlung.
1288 zog der Bischof Raiyu Söjö mit seinen Schülern vom Berg Köyasan herab zum nahegelegenen Negoro-Tempel, und von den Lackgeräten, die die Priester in der Folgezeit dort zu ihrem täglichen Gebrauch herstellten, leitet sich der Name Negoro-nuri ab33. Er bezeichnet allerdings nicht nur Lackarbeiten, die im NegoroTempel selbst hergestellt wurden — kein einziger erhaltener NegoroLack ist nachweislich dort entstanden —, sondern man benennt so eine Gruppe undekorierter Lackwaren, die sich durch den besonderen Charakter ihres Rotlacks auszeichnen. Man versteht darunter speziell Gegenstände mit einer eigentümlich dicken, „zähen" Rotlackschicht, welche durch langen Gebrauch abgegriffen ist und daher an verschiedenen Stellen unregelmäßige Flecken des darunterliegenden Schwarzlacks durchscheinen läßt. Die Farbwirkung solcher Stücke kann von hervorragender Schönheit sein; in Japan wird sie heute besonders geschätzt und bei modernen Arbeiten auch absichtlich hervorgerufen. Außerdem umfaßt der Name aber Gegenstände, bei denen der Rotlack kombiniert ist mit Transparentlack auf Naturholzgrund oder mit (nicht darunterliegendem) Schwarzlack.
Kamakura-Zeit
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Die Bezeichnung „Negoro-nuri" ist also sachlich nicht scharf umrissen. Auch zeitlich ist sie ungenau, denn sie wird in unhistorisch-weitem Sinn auch auf Gegenstände angewendet, die schon vor 1288 oder erst nach der Zerstörung des Negoro-Tempels (1585) hergestellt wurden. Rote bzw. rot und schwarz ladkierte Möbel und Geräte hat es ja auch in der Heian-Zeit schon gegeben, und ein Rotlacktisch aus dem Jahre 1164 wird z.B. heute trotz des frühen Datums zu den Negoro-Lacken gezählt34. Entscheidend sind Farbe und Charakter der Lackhaut. Die Daten, die auf Negoro-Lacken der Kamakura-Zeit zu finden sind, entsprechen den Jahren 1261, 1262, 1298, 1305, 1307, 1330 und 1332. Die meisten und schönsten Arbeiten dieser Art sind erst seit dem Ende der Kamakura-Zeit entstanden. Es handelt sich fast ausnahmslos um Eß- und Trinkgeräte, Gemüsekübel, ölkrüge, Anbietplatten usw., oft in Sätzen von mehreren Stücken gearbeitet. In Japan unterscheiden die Fachleute Negoro-Lacke in rein japanischem Stil, in chinesisch beeinflußtem Mischstil und schließlich solche in chinesischem Stil35. (Letztere sind erst in der Muromachi-Zeit entstanden.) Ausschließlich die Form bringt bei diesen ganz unverzierten Geräten den jeweiligen Stil zum Ausdruck. Rein japanisch ist ζ. B. die ganz einfache, runde Form eines 1298 datierten Tellers36. Bei anderen Gegenständen aber wird fast gleichzeitig der Einfluß Chinas deutlich, etwa in der Art des Henkelansatzes bei dem abgebildeten Gemüsebehälter (Negoro-nuri sai-oke), in der Schweifung von Beinen und Zargen und vor allem in den blütenförmig geschweiften Umrissen von Tellern und Platten. In der Muromachi-Zeit sind solche geschweiften Teller häufig, doch trägt einer auch schon das Datum von 126137. Er ist für die Geschichte der Lackkunst nicht weiter wichtig, doch ist er interessant als einer der frühesten Lackgegenstände, der den Einfluß chinesischen Kunstgewerbes zeigt. Der Einfluß Chinas auf die japanische Textilkunst wurde schon erwähnt (s. S. 95). Auch in der Seto-Keramik wirkte sich im 13. Jahrhundert das Vorbild der hervorragenden chinesischen Werke der Sung-Zeit sehr deutlich aus. Seit der Rückkehr des japanischen Priesters Eisai aus China im Jahre 1191 hatte man in Japan Tee angepflanzt und die Sitte des Teetrinkens breitete sich aus. Dadurch entstand ein Bedarf an geeigneter Teekeramik, die zuerst aus China — dessen Überlegenheit auf diesem Gebiet groß war — importiert wurde. 1223 aber ging dann der japanische Töpfer Katö Shirozaemon für sechs Jahre nach China, um die dortigen keramischen Verfahren zu erlernen. Nach Japan zurück-
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Abb 68
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Abb 69
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Kamakura-Zeit
Abb. 68.
ö l k r u g . 1330. — Η . 43,4 cm. N a r a , Tödai-ji
Kamakura-Zeit
Abb. 69.
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Gemüsekübel. 1307. — J a p a n . P r i v a t s a m m l u n g .
gekehrt, ließ er sich in Seto nieder, und von da an nahm die Seto-Töpferei einen solchen Aufschwung, daß Shirozaemon — bekannter unter dem Namen Töshirö — zum „Vater der japanischen Keramik" wurde. Bei vielen Seto-Arbeiten der späten Kamakura-Zeit läßt sich im Dekor der chinesische Einfluß eindeutig nachweisen38. In der Lackkunst dagegen wie auch in der Metallkunst ist der Einfluß Chinas im 13. Jahrhundert vergleichsweise nur selten und schwach zu finden. Wohl wird gelegentlich das Thema einer Lack-Dekoration einem chinesischen Gedicht entnommen, aber das ist eher ein literarisches als ein künstlerisches Faktum, denn Stil und Technik solcher Werke — etwa des Schreibkastens mit Chrysanthemen am Ostzaun (Abb. 52) oder des tebako vom Mishimataisha (Abb. 59) sind rein japanisch. Es gibt keine chinesischen makieArbeiten dieser Art, weder damals noch später. Die Goldlacktechniken, die die japanischen Lackmeister seit der Nara-Zeit entwickelt hatten und die auf dem Einstreuen des Pulvers beruhen, waren selbständige japanische Errungenschaften. Natürlich können sie verschiedenen Stilen dienstbar sein, aber selbst das takamakie weist in der späten Kamakura-Zeit noch keine Beziehungen zu chinesischen Stilelementen auf. Der Realismus der Darstellungen wurzelt im Yamato-e, nicht in der Malerei Chinas.
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Kamakura-Zeit
Erst in den Formen der Negoro-Lacke, bei dem birnenförmig geschweiften Teller von 1261 oder dem Gemüsebehälter von 1307, wird die Wirkung chinesischer Vorbilder spürbar. Sehr spät und spärlich also im Vergleich zu Textilkunst und Keramik. Das ist kein Wunder, denn während diese Künste relativ unentwickelt waren und von chinesischen Werken vieles lernen konnten, war die Lackkunst seit der Heian-Zeit an die führende Stelle im japanischen Kunsthandwerk getreten, in der Kamakura-Zeit rückte nur die Metallkunst noch auf vergleichbare Höhe. Die japanischen Lackkünstler, deren Werke seit 300 Jahren in China und Korea begehrt waren, hatten im Bereich der Gold- und Perlmutt-Lackarbeiten im Ausland nicht ihresgleichen. Erst relativ spät wurden sie daher von fremdem Stil beeinflußt. Die neue Auseinandersetzung mit China kündigt sich in den NegoroLacken zwar an, ist aber im Ganzen für die Lackkunst noch nicht von großer Bedeutung. Während der Historiker die Kamakura-Zeit mit der Muromachi-Zeit zusammenfaßt und beide als „japanisches Mittelalter" bezeichnet, verbindet sich für den Kunsthistoriker die KamakuraZeit viel stärker mit der voraufgehenden späten Heian-Zeit. Die Werke aller japanischen Lackmeister zeigen bis zum Ende der Kamakura-Zeit einen einzigen großen Prozeß, in dem sich aus „chinesischen", in der T'ang-Kultur wurzelnden Anfängen die rein japanische Lackkunst entfaltet. Zwischen den eleganten, feinen Formen der Heian-Zeit und den schwereren, kräftig-machtvollen der Kamakura-Zeit, zwischen den weichen, zart abgestuften Farbharmonien der früheren Werke und dem schärferen Klang des reinen Goldlacks bei den späteren gibt es natürlich bedeutende Unterschiede, und erst die Kamakura-Zeit bringt die Hinwendung zur genau beobachtenden realistischen Naturdarstellung, zu rationaler, fast mathematischer Komposition. Aber die Gesamtentwicklung ist einheitlich, die Bereicherung und Verfeinerung der Techniken vollzieht sich ohne Bruch, und seit der späten Heian-Zeit sind alle japanischen Lackarbeiten bis zum Ende der Kamakura-Zeit Ausdruck eines rein japanischen Kunstgefühls. Versucht man trotz dieser Gemeinsamkeiten das Charakteristische der Kamakura-Lacke gegenüber den Heian-Werken zusammenzustellen, so ergeben sich folgende Fakten: Als Leitform kann der tebako gelten. Sein Unterkasten wird höher, die Gesamtform steiler und kraftvoller gewölbt. Der Deckel steigt in
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unmittelbarem Bogen von der Staubleiste auf, nicht mehr in weicher S-Kurve. Die Metallbeschläge sind tiefer angesetzt als in der Heian-Zeit. Die Techniken werden verfeinert (verschiedene Größen der Goldpulver) und bereichert (hira- und takamakie, e-nashiji, zuletzt auch kirigane). Die plastische Bereicherung durch Reliefierung bringt neue Hell- und Dunkel-, Licht- und Schatten-Wirkungen, während die farbliche Nuancierung zugunsten des reinen Goldtons zurücktritt oder sich auf wechselnde Einstreu-Dichte beschränkt. Der Stil ist bestimmt von einer naturgetreuen, objektiven Wiedergabe, die zuweilen mit fantastischen Zügen kombiniert wird. Die Werke der reifen Kamakura-Zeit sind kraft- und prachtvoll, „metallisch" und von männlicher Stärke. Gegen Ende der Epoche treten diese Eigenschaften wieder zurück und in mathematischer Komposition und planmäßigberechnendem Einsatz der technischen Mittel wird ein rationales Element deutlich. Dieses wird aber nicht einseitig vorherrschend. Denn anscheinend gibt es in der Lackkunst erst jetzt häufiger die Verbindung von gegenständlich-bildhaften Darstellungen mit locker darin verstreuten Schriftzeichen. (Uta-e, das früheste erhaltene Beispiel ist der Pflaumenbaum-tebako Abb. 59). Die dadurch geweckten literarischen Assoziationen scheinen dem höfischen Geist der Heian-Kultur näher verwandt als dem herberen des Kamakura-Zeitalters und in der T a t kommt ja ashide-e bzw. uta-e zuerst in der Heian-Malerei vor. Aber jetzt wird dieses Verfahren auch für die Lackkunst üblich; die durch Schriftzeichen expressis verbis manifestierte Beziehung des Kunstgewerbes zur Dichtung muß als rein japanische Dekorationsweise ausdrücklich hervorgehoben werden.
V. Muromachi-Zeit. I Nambokuchö und Higashiyama-Zeit Wie die bisherige Darstellung zeigte, ist es nicht allzu schwierig, einen verhältnismäßig klaren Überblick über die Geschichte der japanischen Lackkunst bis zum Ende der Kamakura-Zeit zu gewinnen. Ausgehend von der Übernahme und Verwandlung der in der Nara-Zeit ins Blickfeld gerückten chinesischen Lackkunst führt eine ziemlich einheitliche Entwicklungslinie durch technische Fortschritte und mancherlei Stilwandlungen hin bis zur späten Kamakura-Zeit. Die nun folgenden 250 Jahre jedoch sind nicht einfach zu durchschauen. Das liegt nicht nur daran, daß datierte Werke, an denen man wie an festen Pfeilern eine Brücke über diese Zeitspanne schlagen könnte, ziemlich selten sind. Dieser Umstand erschwert zwar die Untersuchung, doch kommen die Hauptschwierigkeiten von anderer Seite: von der Uneinheitlichkeit, der Zwiespältigkeit, ja Mannigfaltigkeit der Tendenzen, die nun in der Lackkunst zum Ausdruck kommen. Diese verschiedenen Richtungen kann man zwar feststellen, aber noch nicht mit wünschenswerter Deutlichkeit in ihrer Entwicklung verfolgen. N u r rund 70 Jahre relativen Friedens und künstlerischer Blüte heben sich aus schweren Kämpfen und Bürgerkriegen am Anfang und Ende der Muromachi-Zeit heraus. Die künstlerischen Entwicklungen vor und nach diesem Zeitraum kann man auf Grund der erhaltenen Werke zwar vermuten, aber nicht ausreichend beweisen. Es lassen sich einige recht unterschiedlich akzentuierte Gruppen von Lack-Kunstwerken gegeneinander absetzen, aber man kann keine einheitliche Entwicklungslinie ziehen. Wie für Keramik, Metall- und Textilkunst ist die Muromachi-Zeit auch für die Lackkunst auf weite Strecken hin eine dunkle Epoche. Der Önin-Krieg (1467—1477) teilt die Muromachi-Zeit in zwei künstlerisch stark voneinander abweichende Hälften. Wenden wir uns zunächst der Zeit vor 1467 zu und vergegenwärtigen uns kurz den historischen Hintergrund. Gegen Ende der Kamakura-Zeit entbrannte ein Krieg zwischen zwei
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thronfolgeberechtigten Linien des japanischen Kaiserhauses, der erst 1392 mit der Unterwerfung der „südlichen Linie" endete. (Dieser Zeitabschnitt wird in Japan Nambokuchö = „südliche und nördliche Dynastien" genannt.) Die Kämpfe führten schon 1333 zur Eroberung und Zerstörung Kamakuras; die Regierung wurde von dort wieder nach Kyöto verlegt und das Stadtviertel Muromachi, in dem hier der neue Shögun Ashikaga Takauji seinen Regierungssitz aufschlug, gab der Epoche der AshikagaShögune ihren Namen. Bei Abschluß der Thronfolgekämpfe lag die stärkste Macht im Lande in den Händen des Shögun Ashikaga Yoshimitsu. Dieser dankte zwar schon drei Jahre später ab, behielt aber in Wirklichkeit bis zu seinem Tod im Jahre 1408 die Fäden der Regierung in der Hand. Bis zum Beginn der Muromachi-Zeit hatte der Kaiserhof die Künste gefördert, in den Nambokuchö-Kriegen hatten vor allem die Tempel die Künstler geschützt. Nun, nach den langen Thronfolgekämpfen, war der völlig verarmte H o f zu künstlerischen Unternehmungen nicht mehr im Stande, und Yoshimitsu übernahm als erster der Shögune in Kyöto die Rolle des Mäzens. Unter ihm, der nicht nur aus finanziellen Gründen den Handel mit China förderte, sondern der chinesische Dinge so sehr liebte, daß er sich ζ. B. oft in chinesische Gewänder kleidete und in chinesischen Sänften tragen ließ, begann der Aufschwung der luxuriösen AshikagaKultur. Nur etwa 70 Jahre dauerte diese kulturell hochbedeutende Zeit, aber als sei man der langen vorhergegangenen Kämpfe müde (oder als wolle man die Augen vor den neuen, sich schon ankündigenden Kriegen verschließen), entfaltete sich in Kyöto in der Umgebung der Shögune ein luxuriöser Lebensstil, der zunächst „neureich", später häufig von raffinierter und ebenfalls sehr kostspieliger Einfachheit war. Starke Herrscher waren die Ashikaga alle nicht, aber während Yoshimitsu sich bei aller Kunstliebe doch noch um die Regierungsgeschäfte kümmerte, überließ sich Yoshimasa (1435—1490, Shögun von 1443—1474) völlig seinen ästhetischen Neigungen. Während das Land unter Hungersnöten litt, versammelte er einen ästhetischen Zirkel von Künstlern, Mönchen und Kunstfreunden aller Art um sich, die die Blüte der Higashiyama-Kultur heraufführten. Künstlerisch stand die ganze erste Hälfte der Muromachi-Zeit im Zeichen einer schier unersättlichen Liebe zu chinesischen Dingen. Neben 8 von Ragu£
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chinesischen Bildern und Keramiken waren es gerade auch Lackgegenstände, die damals in großer Zahl eingeführt wurden. — Aus der kriegerischen Nambokuchö-Zeit, die der eigentlichen Ashikaga-Herrschaft vorausging und die dem Kunsthandwerk nicht eben günstig war, sind uns nicht viele Lacke erhalten 1 . An datierten Dingen kennen wir außer dreizehn undekorierten, für die Kunstgeschichte nicht aufschlußreichen Gegenständen 2 nur drei makie-Arbeiten aus den Jahren 1342, 1357 und 1382. Hinzu kommt eine kleine Gruppe undatierter Werke, die aus stilistischen Gründen wohl auch noch ins 14. Jahrhundert anzusetzen sind. Diese wenigen erhaltenen Lackgeräte der N a m bokuchö-Zeit lassen sich unterteilen erstens in solche, die die HeianKamakura-Tradition fortführen; zweitens in solche, die unter dem Einfluß chinesischer Malerei einen aus japanischen und chinesischen Elementen zusammengesetzten neuen Mischstil aufweisen, und drittens in mindestens einen Gegenstand in der neuen Technik des Kamakura-bori. Zur traditionellen, konservativen Gruppe gehört der kleine Kasten Abb. 70 im Kongöbu-ji (Shinobu-kazura makie-raden-bakof, der durch die noch vorhandene Stiftungsurkunde für das Jahr 1342 gesichert ist. Sein Dekor
Abb. 70.
Kasten mit T ü p f e l f a r n und Ranken. 1342. — 13,6 : 28,4 : 21,5 cm. Kongöbu-ji, P r o v i n z W a k a y a m a .
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ist durch eine doppelte Diagonalteilung in vier Felder unterteilt; zwei von ihnen sind mit hiramakie-Darstellungen von Tüpfelfarn geschmückt, die anderen zeigen Perlmuttranken, die in ikake-ji eingelegt sind. Die klare, logische Gliederung entspricht den späten, geometrisierenden Kamakura-Lacken (vgl. Abb. 61 u. 62), nicht jedoch die bewußt auf Kontrast hinzielende Dekorationsweise. Aber ein Vergleich mit einem viel älteren Werk scheint nicht ganz abwegig, nämlich mit dem kontrastreich komponierten Schmuckkasten vom Ninna-ji (vgl. S. 35, Abb. 16) aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Und da man tatsächlich am Kaiserhof in Kyoto nach der Besiegung des Kamakura-Shögunats (1333) zuerst die höfischen Zustände der Engi-Ära (901 bis 922) wiederherstellen wollte4, darf man in diesem Tüpfelfarn-Kasten vielleicht ein Zeugnis solcher Anknüpfungsversuche sehen5. Seine Linienführung und Technik sind elegant und feinteilig, sie harmonisieren gut mit der anmutigen Kastenform. Diese hat trotz des leichtgewölbten Deckels nichts mehr von der Wucht und Schwere typischer Kamakura-Kästen, und die eingezogenen Ecken — auch beim Juwelenkasten des Ninna-ji schon vorhanden — werden gerade in der Muromachi-Zeit besonders beliebt. Ein Vergleich mit dem Kammkasten aus der späten Kamakura-Zeit (Abb. 64) macht das Nachlassen der Spannung, die Beruhigung der Form ganz deutlich. Zu den konservativen Werken gehört ferner ein undatierter, aber Abb. 71 sicher im 14. Jahrhundert entstandener tebako (Semmen-chirashi makietebako). Sein aus verstreuten Fächern gebildeter Dekor erinnert sofort an den Ögi-chirashi-tebako (Abb. 62). Aber während jener, ein Werk der späten Kamakura-Zeit, sich durch klare Formen und logische Komposition auszeichnet, ist hier die ordnende Kraft unsicher geworden und kann der allzu zahlreichen Dekorelemente nicht mehr Herr werden. Außerdem sind die Kasten-Umrisse schlaffer, die Proportionen verwaschener. Die Beziehung zu den Kamakura-Lacken ist eindeutig; audi die Motive auf den Fächern, die dem Yamato-e entstammen, weisen auf diese Verbindung hin. Aber weder Kraft und Größe der Kamakura-Zeit noch Eleganz und Feinheit der Heian-Zeit sind hier zu finden. Ein gewisser technischer Reichtum, der sich in togidashi, hira- und takamakie, nashiji und tsukegaki äußert, kann die künstlerische Unsicherheit, ja, einen gewissen Verfall nicht verbergen. — An die rein japanische Tradition schließen sich endlich auch Gegenstände an wie das kleine kögö (Döschen für Räucherwerk) auf Abb. 72. Dekor und Technik entsprechen den Wer- Abb. 72
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Abb. 72.
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Kogo mit Chrysanthemen am Ostzaun. 14./15. Jh. National-Museum Tokyo.
ken der Kamakura-Zeit, aber die langgezogene flache, spannungslose Form beweist die Zugehörigkeit zur Muromachi-Epoche. Mitten in den Unruhen der Nambokuchö-Zeit ist eine 1357 datierte Truhe entstanden, die in togidashi, hiramakie, Silber-hyömon und Perlmutteinlagen eine Darstellung der Sumiyoshi-Landschaft bei Vollmond trägt (Sumiyoshi makie-karabitsuf. Sie weist in Technik und Stil mancherlei Diskrepanzen auf — so ζ. B., wenn die kräftigen Stämme der Bäume in togidashi, die dünnen Kiefernnadeln jedoch reliefiert gegeben werden —, auch ist die Darstellung der Vögel auf dem Deckel nicht sehr geglückt. Was aber diese Truhe interessant macht, das ist der hier zum erstenmal deutlich erkennbare Einfluß chinesischer Malerei. Er zeigt sich einerseits an ikonographischen Einzelheiten wie den scharfkantigen, ζ. T. durchlöcherten Felsen (ein sehr beliebtes chinesisches Motiv), an den Überschneidungen der Baumstämme und der feinen, aber etwas gewollten Wasserdarstellung. Andererseits aber ist dieser Einfluß auch sichtbar an dem neuen Verhältnis von Dekor und dunklem Lackuntergrund, durch das ein „bildhafter" Charakter der Darstellung entsteht. Ein Vergleich mit dem Sumiyoshi-tebako von 1228 (Abb. 48) zeigt, daß der leere Hin-
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Muromacbi-Zeit.
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tergrund nun eine größere, aktivere Rolle spielt, daß er selber jetzt ein Kompositionselement ist und nicht mehr nur eine zu schmückende Kastenwand. Von dieser Truhe aus ist es stilistisch gesehen nicht weit zu einem undatierten, qualitativ viel besseren tebako mit Dekor von Pflaumenzwei- Abb. 74 gen und Mond (Baigetsu makie-tebako), der auch der frühen MuromachiZeit angehört und etwa um 1400 entstanden sein dürfte 7 . Wieder ist der
Abb. 74.
Toilettekasten mit Pflaumenblüten und Mond. U m 1400. 13,6 : 30,3 : 23,8 cm. National-Museum Tokyo.
Einfluß der chinesischen Malerei an dem leer wirkenden Untergrund spürbar, der an Tuschbilder denken läßt. Auch die Linienführung der Zweige mit ihren kalligraphischen Kurven und reichen Überschneidungen weist auf Sung- und Yüan-Malerei hin. Um sich diesen Wandel zu verdeutlichen, vergleiche man diesen Baigetsu- ( = Pflaumen und Mond-) tebako mit dem tebako vom Mishima-taisha (Abb. 59) aus der Kamakura-Zeit. Wie viel unreflektierter und einfacher wirken jene älteren Darstellungen von Pflaumenästen, wie viel bewußter erweist sich ihnen gegenüber die Zeichnung in der Muromachi-Zeit!
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Außer dem chinesischen Einfluß zeigt der Baigetsu-tebako noch weitere, für die Lacke der Muromachi-Zeit wesentliche Eigenarten. (Diese sind in späteren Werken oft stärker ausgeprägt, aber bei diesem relativ frühen Kasten durchaus schon angelegt.) Dazu gehört vor allem die „Stimmung", jenes Gefühl von nächtlicher Stille, Einsamkeit und Vergänglichkeit, das durch die Darstellung des Pflaumenbaumes unter dem Mond, durch abgebrochene Zweige und herabfallende Blüten absichtlich hervorgerufen wird. Schriftzeichen, die aus Silberblech geschnitten in das „Bild" eingelassen sind und literarische Assoziationen erwecken, verstärken diese Wirkung noch. Auch bei Kamakura-Lacken hatte es solche Schriftzeichen im Dekor schon gegeben (vgl. Abb. 59 und 66). Aber in der Muromachi-Zeit nimmt ihre Bedeutung erheblich zu; der poetische Gehalt des Gedichts, auf das die Schriftzeichen hinweisen, gewinnt nun dem tatsächlich dargestellten, optisch faßbaren Dekor gegenüber ein viel stärkeres Gewicht. Der in gewisser Hinsicht naive Realismus der Kamakura-Zeit wird bei den Muromachi-Lacken abgelöst durch eine vielschichtigere Naturdarstellung, die sachliche Beobachtung mit poetischer Stimmung verknüpft und eng mit der Dichtkunst verbunden ist. Die Lackarbeiten des 14./15. Jahrhunderts sind nicht durch Auge und Tastgefühl allein zu begreifen; nur dem literarisch Gebildeten erschließen sie sich ganz. Dieser Komplizierung und Verfeinerung des Gehaltes scheint die Entwicklung der künstlerischen Mittel fast entgegengesetzt, nämlich die Ausbildung kraftvoller, plastischer, reicher Techniken. Hier beim Baigetsu-tebako sind das hohe, zusätzlich noch mit kirigane besetzte takamakie und das kräftige Silberblech bei Mond und Schriftzeichen fast zu stark für das poetische Motiv. Solche Robustheit, insbesondere solche Vorliebe für stark reliefierten, möglichst plastisch wirkenden Dekor kann man neben den chinesisch beeinflußten Formen und dem literarischen Gehalt als ein weiteres Kennzeichen vieler Muromachi-Lacke hervorheben. Wo in der hohen Kamakura-Zeit der Eindruck wuchtiger Kraft vorherrschte, entstand er in erster Linie aus Form und Proportion der Kästen selbst, vor allem aus kömori und döbari, nicht aber aus der Schwere oder Massigkeit einzelner Dekorteile. Jetzt, in der Muromachi-Zeit, spielen Straffheit und gedrängte Fülle der Geräteform keine wichtige Rolle mehr — im Gegenteil, sie erschlaffen ganz allgemein8. Der Dekor selbst aber wird voller in den Einzelheiten, er wird reicher, massiver und plastischer. Neben dem taka-
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makie ist die häufige Verwendung von relativ dickem Gold- oder Silberkanagai ebenso bezeichnend dafür wie das geschickt und zahlreich eingesetzte kirigane, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut. So ist der Baigetsu-tebako ein frühes Beispiel für Eigenarten, die uns an Muromachi-Lacken immer wieder — wenn auch nicht immer kombiniert — entgegentreten: für ein bildmäßiges Verhältnis von Grund und Dekor, für chinesisch beeinflußte Formen, für den stark literarisch bestimmten Gehalt und für die starke Plastizität der Einzelteile. Neben den konservativen, an die Kamakura-Tradition anschließenden Lackarbeiten einerseits und den stilistisch von der chinesischen Malerei beeinflußten Werken andererseits müssen für die frühe MuromachiZeit auch solche Lacke genannt werden, die in den neuen, von China übernommenen oder angeregten Techniken des Schnitzlacks und des Kamakurabori ausgeführt wurden. Infolge der vielfachen Beziehungen zu China, die durch den ZenBuddhismus und den neu belebten Handel entstanden waren, kamen chinesische Kunstwerke in großer Zahl nach Japan. Neben Bildern, Kalligraphien, Keramik, Porzellan und Brokaten haben spätestens seit dem 14. Jahrhundert sehr viele chinesische Schnitzlack-Gegenstände ihren Weg in die Zen-Tempel und an den Hof der Shögune gefunden. Ein aus dem Jahre 1363 stammender Katalog des Tempels Enkaku-ji in Kamakura® führt bereits eine erstaunlich große Zahl chinesischer Schnitzlackarbeiten auf, darunter Platten, Schalen, Räuchergefäße, Medizin- und Siegeldosen. Außerdem sind auf Bildnissen japanischer Zen-Priester dieser Zeit oft Stühle, Fußbank oder Priesterszepter als Schnitzlackarbeit dargestellt. Zu kultischem Gebrauch, bei der Tee-Zeremonie und auch als Zimmerschmuck waren die chinesischen Schnitzlacke, denen man in Japan nichts Vergleichbares zur Seite stellen konnte, überaus beliebt. Die zeitgenössischen japanischen Quellen führen viele Gelegenheiten auf, bei denen Geräte dieser Art verwendet wurden; sie können sich kaum genug darin tun, immer neue Namen für die verschiedenen Abarten des Schnitzlacks zu erfinden. Der gebräuchlichste Ausdruck ist „tsuishu", was soviel wie „aufgehäuftes Rot" bedeutet und eine recht treffende Bezeichnung ist. Denn bei diesen Schnitzlackarbeiten wurde der Kern des Gegenstandes — der meist aus Holz, zuweilen aber auch aus Metallen verschiedener Art bestanden hat — nacheinander mit so vielen dünnen Lackschichten überzogen, daß schließlich eine mehrere Millimeter dicke Lackhaut den Gegenstand umgab. In diese dicke Lackschicht wurde dann der
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Dekor eingeschnitten. Sehr viele Schnitzlackgegenstände sind ausschließlich aus Rotlack geschnitzt, so daß der Name „gehäuftes Rot" gut paßt. Doch gibt es auch zahlreiche Varianten, bei denen verschiedenfarbige Lackschichten aufeinander folgen, die dann in den Schnittkanten als feine farbige Adern sichtbar werden oder als farblich abweichender Untergrund in Kontrast zu den oberen Lackschichten stehen. Die Fülle der Bezeichnungen, die die Japaner für diese verschiedenen Arten erfanden, läßt deutlich erkennen, wie beliebt die chinesischen Schnitzlacke bei ihnen waren — sie müssen damals zu den begehrtesten Sammelobjekten japanischer Kunstfreunde gehört haben. Ein Brief aus dem Jahr 1407, der im Auftrag des chinesischen Kaisers Yung-lo an Ashikaga Yoshimitsu geschrieben wurde, gibt eine gewisse Vorstellung von der großen Zahl, in der diese Arbeiten nach Japan gekommen sind: allein mit diesem Brief zusammen erhielt Yoshimitsu 20 große Schnitzlackteller und 30 Schnitzlackdosen zum Geschenk10! Die meisten Namen und Beschreibungen verschiedener Schnitzlackgegenstände und -arten sind im „Kundaikan sayu chöki" verzeichnet, einer Schrift, die 1475 von Nöami geschrieben wurde und eine Art resümierenden Katalogs der Sammlung des Ashikaga Yoshimasa darstellt 11 . Vermutlich haben die japanischen Lackmeister schon bald versucht, diese bewunderten Dinge nachzuahmen. Über die Anfänge japanischer Schnitzlackarbeiten wissen wir nichts; die früheste Nachricht bezieht sich auf die Önin-Bunmei-Ära (1467—1487), in der in Kyoto ein Lackmeister namens Monnyü durch seine Schnitzlacke berühmt wurde. Kein einziges Werk seiner H a n d ist heute bekannt, doch sollen er und seine Nachfolger angeblich durchaus im Stil der chinesischen Vorbilder gearbeitet haben 12 . Das mag erklären, weshalb es heute fast unmöglich ist, bei frühen Schnitzlacken japanische Arbeiten von chinesischen zu unterscheiden. In jüngster Zeit ist die Diskussion früher chinesischer Schnitzlacke neu in Fluß geraten, ζ. T. angeregt durch Grabfunde, die in den letzten Jahren in China zu Tage kamen. Falls diese Untersuchungen zu neuen Ergebnissen führen, könnte es sein, daß auch auf die Frage nach japanischen Schnitzlacken der Muromachi-Zeit ein neues, klärendes Licht fiele. Einstweilen läßt sich mit Sicherheit nur sagen, daß japanischen Quellen zufolge zumindest seit Monnyü, also seit Ende des 15. Jahrhunderts, in Japan Schnitzlacke hergestellt worden sind, vermutlich in enger Anlehnung an chinesische Vorbilder, daß wir jedoch keine dieser frühen Arbeiten identifizieren können (s. auch S. 215).
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Etwas besser steht es um unsere Kenntnis des Kamakurabori. Der Name, der von dem bedeutendsten Herstellungsort abgeleitet ist13, bezeichnet eine Nachahmung echten Schnitzlacks, bei der man sich den mühsamen und zeitraubenden Prozeß des vielfachen Lackauftrages sparte. Beim Kamakurabori wird nämlich nicht eine dicke Lackschicht geschnitzt, sondern die Holzoberfläche des Gegenstandes selbst; dieses Holzrelief wird dann abschließend nur noch überlackiert. Bei den frühen Kamakurabori-Arbeiten sollte das Aussehen des fertigen Gegenstands zweifellos echten Schnitzlackgegenständen möglichst ähnlich sein. Schon recht bald — genaue Daten fehlen — muß diese Imitationsabsicht aber in den Hintergrund getreten sein, denn spätere Kamakurabori-Gegenstände täuschen keineswegs eine dicke Lackschicht vor, sondern lassen den Holzkern in ganz anderer Weise mitsprechen (s. S. 172). Es gibt eine japanische Überlieferung, der zufolge das erste Kamakurabori schon Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sei, als der Bildschnitzer Ko-un für den Tempel Hokke-dö 14 in Anlehnung an chinesische Schnitzlackarbeiten der Sung-Zeit buddhistische Geräte hergestellt habe. Diese Uberlieferung wird heute von japanischen Wisserschaftlern als unglaubwürdig bezeichnet und man weiß nicht, ob überhaupt im 13. Jahrhundert schon Kamakurabori-Gegenstände gemacht worden sind. Falls ja, so müssen sie als verloren gelten. Als ältestes erhaltenes Werk der Kamakurabori-Technik gilt heute ein großes kögö im Tempel Nanzen-ji Abb. 75 in Kyöto (Botan Kamakurabori-kögö), dessen genaue Entstehungszeit umstritten, aber wohl ans Ende des 14. Jahrhunderts zu setzen ist15. In der Komposition und im Verhältnis von Relief und Untergrund ist das Vorbild chinesischer Schnitzlacke unverkennbar. Die Dose hat den tiefen, kraftvollen Schnitt, der als kennzeichnend für frühes Kamakurabori gilt. Mit „früh" wird in diesem Zusammenhang auch noch das 15. Jahrhundert bezeichnet: so besitzt ζ. B. der Kinren-ji in Kyöto ein kögö gleicher Größe mit ähnlich tiefem Schnitt, das die Rotlack-Aufschrift „Bunmei 13. Jahr" ( = 1481) trägt, und auch das Döschen Abb. 77 wird dem 15. Jahrhun- Abb. 76 dert zugeschrieben. Diese beiden Arbeiten des 15. Jahrhunderts zeigen Abb. 77 deutlich, wie weit sich das Kamakurabori von der Imitation echten Schnitzlacks entfernen und ganz andersgeartete Wirkungen erzielen kann. Anscheinend sind die meisten der heute erhaltenen Kamakurabori-Lacke aber erst seit Ende der Muromachi-Zeit entstanden (s. S. 172). Übrigens braucht die Imitation echten Schnitzlacks durch überlackierte Holzschnitzerei keine japanische Erfindung gewesen zu sein,
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Abb. 75. Dose f ü r Räucherwerk. Ende 14. Jh. — Η . 9,1 cm, D m . 32,6 cm. Kyoto, Nanzen-ji.
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Abb. 76.
Kamakurabori-kogo.
Abb. 77.
I
1481. — H. 7,2 cm, Dm. 28,5 cm. Kyoto,
Kamakurabori-kogo. 15. Jh. — H . 3,5 cm, Dm. 7,5 cm. Wuppertal, Dr. Kurt Herberts.
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Kinren-ji.
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Muromachi-Zeit.
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sie ist angeblich auch schon im China der Ming-Zeit ausgeübt worden16. Andererseits hat es lackierte Schnitzerei in Japan auch früher schon bei Architekturteilen gegeben17, allerdings in völlig anderem Stil und Zusammenhang und ohne die Absicht, Schnitzlackwirkungen zu erzielen. Jedenfalls dürfte sicher sein, daß Kamakurabori in Japan zunächst tatsächlich im Sinn einer Imitation echten Schnitzlacks hergestellt worden ist; das Nanzen-ji-kögö war ja offensichtlich als tsuishu-Nachahmung gedacht. Aber Kamakurabori ist nicht auf diese Rolle eines „Ersatzes" beschränkt geblieben, sondern ist später, unter einer gewissen Verwandlung seines Charakters, zu einer typisch japanischen Lacktechnik geworden. — Die drei Richtungen, die sich in der Lackkunst der frühesten Muromachi-Zeit (bzw. in der Nambokuchö-Zeit) feststellen ließen, setzen sich auch im 15. Jahrhundert fort, nämlich die konservative, auf der HeianKamakura-Tradition beruhende; die „moderne", von der chinesischen Tuschmalerei stilistisch stark beeinflußte, und schließlich die der neuen, von chinesischen Vorbildern angeregten Techniken. Aber nun rücken die von der chinesischen Malerei beeinflußten makie-Arbeiten unübersehbar in den Vordergrund. Konservative Werke, die frei von chinesischem Einfluß sind, kommen im 15. Jahrhundert nur noch sehr selten vor, es scheint sich fast ausschließlich um Tempelgeräte zu handeln. Sie schließen sich in Technik und Dekor oft früheren Werken an und entgehen dabei nicht immer den Gefahren einer Erstarrung und Verarmung — ein Zug, den man übrigens auch bei buddhistischen Metallgeräten dieser Zeit verfolgen kann. Zwischen den buddhistischen Lackgeräten des 15. Jahrhunderts und denen der Nambokuchö-Zeit bestehen keine großen Unterschiede. VerAbb 78 gleicht man ein Rosenkranzdöschen von 1 3 8 2 (Tokko-mon
makie-gösu),
Abb. 79 mit einem Sutrenkasten (Rimpö makie-kyöbako) von so zeigt sich sofort das Gemeinsame: eine ruhige, schlichte Gestaltung und die Dekorierung mit buddhistischen Motiven. Figürliche buddhistische Darstellungen wie in der Heian- und frühen Kamakura-Zeit (Abb. 19, 41, 42, 47) kommen bei den Lacken der Muromachi-Zeit nicht mehr vor; zumindest um 1400 scheint man die Darstellung symbolischer Kultgeräte bevorzugt zu haben. So ist das Rosenkranzdöschen mit dem „tokko" dekoriert, einem szepterähnlichen Gegenstand, der bei den Riten der Shingonsekte verwendet wurde; der Sutrenkasten zeigt in mehrfacher Wiederholung ein „rimpö" genanntes Gerät, welches das „Rad der buddhistischen Lehre" versinnbildlicht. 1409 18 ,
Muromachi-Zeit.
Abb. 78.
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Rosenkranzkästchen. 1382. — Η . 9,7 cm, D m . 16,5 cm. Repr. nach „Töji and its cultural treasures".
Der Sutrenkasten ist in hiramakie ausgeführt. Sowohl diese Technik wie auch die mathematisch-regelmäßige Anordnung des Dekors sind konservativ, sie gehören gewissermaßen zum traditionellen Bestand. Neu und für die frühe Muromachi-Zeit typisch sind jedoch der reine Schwarzlackgrund, der hier — abgesehen vom Dekor — zu schlichten goldbestreuten Rändern oder Flächen (ζ. B. an den Füßen) in Kontrast gesetzt ist19, und die harigaki-Technik für die feinen Binnenlinien des Dekors. Vor der Muromachi-Zeit wurden solche dünnen Innenlinien beim Auftrag der Lackvorzeichnung freigelassen, so daß beim Einstreuen kein Goldpulver auf ihnen haften konnte. Bei harigaki („Nadel-zeichnen") hingegen wird zunächst der ganze Dekor mit Lack aufgezeichnet und mit Goldpulver bestreut und dann wird vor dem Trocknen des Lacks mit einer Nadel die Binnenzeichnung wieder freigelegt. Harigaki-Linien sind daher stets von gleichmäßiger Breite, während die Binnenlinien älterer Lacke von wechselnder Breite sein können. Der Rimpö-kyöbako ist das früheste datierte Beispiel der harigaki-Technik; ihrer Einfachheit halber wurde sie später sehr häufig angewendet, vor allem in der Momoyama-Zeit. Noch ein weiteres, ganz schlichtes Beispiel der konservativen Lacke aus der Muromachi-Zeit ist datiert, und zwar das Opfertischchen des Kasuga-Schreins vom Jahr 1467 (Matsugui-tsuru makie-sammaibon). Auf Tischen dieser Art wurde, worauf der japanische Name „sammai-
Abb 80
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von Raguc
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bon" 20 hinweist, bei bestimmten Zeremonien Reis aufgehäuft, der dann verstreut wurde. Es handelt sich also um reine Gebrauchsgegenstände, die daher auch in einfacher Technik ausgeführt wurden. Das Motiv der Kiefern-kauenden Kraniche ist schon seit der Heian-Zeit geläufig, vgl. Abb. 40. Den wenigen Muromachi-Lacken in Heian-Kamakura-Tradition stehen viele chinesisch beeinflußte gegenüber. Die Auswirkungen der chinesischen Tuschmalerei auf japanische Lackarbeiten waren zuerst bei der Sumiyoshi-Truhe von 1357 (Abb. 73) und dem Pflaumenblütentebako (Abb. 74) sichtbar geworden. Ein Werk, in dem traditionelle und neue, japanische und chinesische Elemente auf etwas widersprüchliche Abb. 8i Weise zusammengefügt sind, ist der Herbstfeld-tebako der Sammlung Abb. 82 Töyama (Akino makie-tebako). Die Darstellung der typischen Herbstpflanzen 21 , zuweilen vom Wind lebhaft bewegt, war vor allem in der Kamakura-Zeit sehr beliebt gewesen, und auf den ersten Blick wirkt dieser Kasten der alten Tradition eng verbunden. Auch bestimmte Einzelformen wie etwa der Umriß des Hügels auf der linken Deckelseite oder die Formung der Erdschollen leiten sich noch vom Yamato-e ab. Aber
Abb. 81.
Toilettekasten mit Herbstfeld-Dekor. U m 1400. — 15,3 : 33,2 : 25 cm. Japan. Privatsammlung.
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Muromachi-Zeit. I
vergleicht man diesen tebako mit Kamakura-Darstellungen des Herbstfeld-Motives wie ζ. B. auf Abb. 45, 64 oder auf einem Herbstfeld-tebako des Nezu-Museums Tokyo 22 , so wird das Neue und Andere sofort erkennbar. Der chinesische Einfluß zeigt sich am stärksten in der Form der Felsen und in der merkwürdig verschlungenen Linienführung der Äste. Sicherlich hat hier die kalligraphische Pinselführung mancher Tuschbilder als Vorbild gedient, aber das Ergebnis wirkt etwas verwirrt und verkrampft. Der Ast etwa, der auf dem Deckel rechts nach außen geführt ist, sich dort in einen nach unten und einen nach oben biegenden Teil gabelt, von denen letzterer wiederum nach innen weist, zeigt eine Verschraubung, die der Kamakura-Kunst völlig fern lag. Ferner: Obgleich Äste und Pflanzen vom stürmischen "Wind zur Seite gebogen sind — was audi bei dem Kasten des Nezu-Museums der Fall ist —, sind einige Gräser in fast maniriert wirkender Weise in die entgegengesetzte Richtung umgeknickt. Sind die Linien in sich schon übermäßig kompliziert, so bringt die Technik noch neue Unruhe hinzu, ζ. B. in der unsinnig wirkenden Verwendung von Perlmutter für einige Kiefernnadelbüschel. Neben dem hiramakie wirken diese Einlagen eher wie kahle Ästchen als wie Kiefernnadeln. Das starke takamakie der Felsen und Baumstämme sowie die vielen in den Dekor verstreuten Schriftzeichen vergrößern noch die Kompliziertheit. Voller Widersprüche scheint dieser Kasten zu stecken. Er kann als ein Beweis dafür gelten, daß die Auseinandersetzung der Lackmeister mit den modernen und bewunderten chinesischen Stilprinzipien nicht immer einfach war 23 . Abb. 83 Weitaus harmonischer wirkt ein Kasten, der heute allgemein dem 15. Jahrhundert zugeschrieben wird. Es ist der sogenannte Nagi-makietebako des Kumano Hayatama-Schreins 24 . Er gehört zu einer Gruppe von elf tebako, die heute noch in diesem Schrein erhalten sind. Man hat sie früher auf Grund einer Eintragung in einem der Schrein-Kataloge 25 in das Jahr 1390 datiert, doch gilt diese Textstelle heute als später hinzugefügt. Die Kästen, deren gesamtes Zubehör mit Einsatzkästen usw. erhalten ist, sind vorzüglich gearbeitet 26 . Der Nagi-Kasten hat wie auch die meisten anderen einen nicht allzu dicht gestreuten nashiji-Grund, auf dem die Bäume — auf jeder Seite einer — in knapper, großformiger Stilisierung in mittlerem bis stark plastischem takamakie mit Perlmutteinlagen dargestellt sind. Neu ist dabei die Art, wie mit festen tsukegaki-Linien goldene Adern auf die Perlmuttblätter aufgetragen sind. Der chinesische Einfluß wirkt sich insbesondere in der Form der Felsen aus. Bei ihnen
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und bei der abfallenden Kante der Erdschollen ist das kirigane ganz bewußt zur Charakterisierung der Struktur verwendet, nicht als dekorative Flächenbelebung wie bei den späten Kamakura-Lacken. Obgleich der Kasten in mancher Hinsicht traditionell wirkt, ist doch unverkennbar, daß hier die überlieferte Feinheit und Genauigkeit der Darstellung zurücktritt zugunsten einfacherer Formen, die mit kräftigen, großzügigen Mitteln dargestellt werden. Ein Vergleich mit typischen Kamakura-Lacken (Abb. 59 und 64) macht das ohne weiteres deutlich. Diese Tendenz zu dekorativer Vereinfachung ist vor dem Önin-Krieg nicht oft anzutreffen, gegen Ende der Muromachi- und vor allem in der Momoyama-Zeit tritt sie dagegen stärker hervor. Es fällt schwer, unter den Lacken der ersten Muromachi-Hälfte ein Werk zu nennen, das diesem Kasten stilistisch nahesteht, — fast alle sind komplizierter und viel stärker literarisch bestimmt. Es mag sein, daß verwandte Dinge verlorengegangen sind, jedenfalls ist es heute nicht möglich, eine unmittelbare Verbindungslinie von diesem Kasten zu Werken des 16. Jahrhunderts zu ziehen. Aber hier wird ein Ton angeschlagen, der in der Momoyama-Zeit — wenn auch in verwandelter Form — wieder aufgenommen wird. Wohl wegen dieser Verwandtschaft zu späteren Werken ist gelegentlich der Vorschlag gemacht worden, die Entstehung des Nagi-tebako bis ins Ende der Muromachi-Zeit herabzurücken. Dagegen spricht aber unter anderem die Verwendung von Perlmutter in der traditionellen radenTechnik. Diese verfällt in der späten Muromachi-Zeit völlig bezw. wird ersetzt durch viel dünnere Perlmutteinlagen. Davon ist aber hier noch nichts zu spüren, und so ist die Datierung ins 15. Jahrhundert am wahrscheinlichsten. Verhältnismäßig ausgeglichen wirkt auch ein Schreibtisch mit DarAbb. 84 Stellung der Küste von Hamamatsu (Hamamatsu makie-bundai). Hier fügen sich die aus dem Yamato-e stammenden kurvigen Uferlinien und die von Sung- und Yüan-Malerei hergeleiteten Formen der Felsen sowie die dekorativ geschwungenen Stämme und Äste leichter zueinander. Ebenso wie bei einem nicht zugehörigen und wohl etwas späteren Schreibkasten mit verwandtem Dekor27 fällt die merkwürdige Art auf, in der die Wellen, aus ziemlich dichten, einfach gekrümmten Parallelen bestehend, unten und zuweilen auch oben wie mit dem Messer abgeschnitten werden. Der fein bestreute Grund scheint sich dadurch in das „Meer" in ähnlicher Weise hineinzuschieben, wie beim Yamato-e die Wolkenstreifen in den Himmel.
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Der Hamamutsu-Schreibtisch mag etwa zur gleichen Zeit gearbeitet Abb. 85 worden sein wie ein achtpassiger Spiegelkasten des Atsuta-Schreines (Hörai makie-kagamibako). Der Dekor des Kastens wie auch der des zugehörigen, 1445 gestifteten Spiegels28 besteht aus einer Landschaft mit Kiefern, Bambus, Felsen, Kranichen und Schildkröte. Daraus geht hervor, daß es sich um eine Darstellung der Insel (bzw. des Berges) Hörai handelt, also um das legendäre Land der Seligen. Das Höraisan-Motiv wird in der Muromachi-Zeit sehr häufig dargestellt 29 , vor allem auf Spiegeln. Auf den Spiegeln finden sich auch am ehesten Parallelen zu der etwas preziösgespreizten Darstellung der Kraniche auf diesem Spiegelkasten. Im 14. und noch im frühen 15. Jahrhundert ist also bei manchen Lackarbeiten die Auseinandersetzung zwischen japanischer Tradition und chinesischem Einfluß deutlich spürbar. Als heterogene Elemente stoßen sich die verschiedenen Richtungen gleichsam im selben Werk. Zuweilen aber — wohl vor allem im 2. und 3. Viertel des 15. Jahrhunderts — lösen sich die Gegensätze auf und Japanisches und Chinesisches finden sich in scheinbar müheloser Synthese. Werke von vollkommener Schönheit entstehen; Lackarbeiten, die ohne China nicht denkbar wären, die aber
A b b . 85.
Spiegelkasten mit H o r a i - M o t i v e n . 1445. — D m . 27 cm, N a g o y a , A t s u t a - j i n j a .
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dennoch ganz japanisch sind; ja, die zu den Höhepunkten japanischer Lackkunst gehören. Eines dieser Meisterwerke ist ein Schreibtisch im National-Museum Tökyö, dessen Dekor einen blühenden Pflaumenbaum Abb. 86 am nächtlichen Ufer zeigt (Baigetsu makie-bundai). Die einzelnen Bildelemente sind kompositorisch aufs Feinste abgestimmt; so antworten sich etwa der weit nach rechts ausgreifende Ast und die nach links andrängenden kleinen Wellen, die schmale Mondsichel oben und der aus dem Wasser ragende Stein unten. Der leise Wechsel zwischen hiramakie und nashiji ist ebenso ausgewogen wie die Wirkung der freien, undekorierten Schwarzlackfläche, auf welche die Äste in großer kalligraphischer Schönheit hingeschrieben sind. Okada hat gesagt, daß es kaum ein anderes Werk der Lackkunst gibt, welches so sehr den Geist der Muromachi-Zeit atme, und in dem das vom Zen-Buddhismus bestimmte Gefühl für Stille, Einsamkeit, ja Verlorenheit so stark zum Ausdruck komme wie hier30. Bei diesem Schreibtisch sind keine Schriftzeichen in den Dekor eingefügt, kein bestimmtes Gedicht ist Ausgangspunkt der Darstellung. Aber ein schier unausschöpflicher Stimmungsreichtum, die ganze Welt des „yügen"31 ist hier eingefangen. Das so einfach scheinende Werk besitzt eine tiefe, hintergründige Faszination. Noch ein weiteres edles Werk des 15./16. Jahrhunderts zeigt ebenfalls in geglücktester Weise die Vereinigung chinesischer Einflüsse mit japanischer Lackmeisterschaft: ein Schreibkasten mit Kirschblüten-Dekor im Be- Abb. 87 sitz des National-Museums Tökyö (Sakura makie-suzuribako). Auch hier ist bewundernswert, wie eine vorzügliche, genau überlegte Komposition sich mit dem Verlangen nach verfeinerter Einfachheit paart. Diese Art sparsamen Dekors — nur ein einziger Ast für die ganze Deckelfläche — gibt es erst in der Muromachi-Zeit, auch hierin ist der Einfluß der ZenMalerei erkennbar. Dabei ist die technische Gestaltung mit hira- und takamakie, mit Gold- und Silberpulver (letzteres bei den Blüten) und mit geschickt akzentuierendem kirigane vielfältig abgestuft, aber nirgends ist sie von aufdringlicher Stärke. Sehr schön wird das Kirschblüten-Motiv Abb. 88 variiert, und zwar im Sinn einer ständig zunehmenden Verfeinerung und Intensivierung. Ist auf dem Deckel in reliefierender Technik ein kräftiger Ast dargestellt, die ganze Fläche mehr oder weniger füllend, so zeigt die Innenseite nur ein kleines Blütenzweiglein, während auf dem Einsatzkasten für Pinsel gar nur noch eine Knospe, eine halb entblätterte, von hinten gesehene Blüte und einige verstreute Blütenblättchen zu sehen
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Abb. 87. Schreibkasten mit Kirschblüten-Dekor. 15./16. Jh. 4,5 : 22,2 : 24,2 cm. N a t i o n a l - M u s e u m T ö k y ö .
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Abb. 88.
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Schreibkasten mit Kirschblüten-Dekor; Deckelinnenseite (s. Abb. 87).
sind. Damit wird die Bedeutung des Dargestellten gesteigert. Denn die Kirschblüte ist in Japan ein Symbol dafür, daß der edle Mensch sich leicht und ohne Widerstreben vom Leben löst — so leicht wie die Kirschblüte vom Zweig. Die abgefallenen Blütenblätter bedeuten also mehr als der noch in voller Blüte prangende Kirschenzweig. Diese allmähliche Steigerung des inneren Gehaltes, die der Benutzer des Schreibkastens sieht und erlebt, wenn er ihn öffnet, entspricht sehr gut der inneren Sammlung und Konzentration, die jedem Gebrauch des Pinsels vorausgehen soll. Solche variierende Durchkomponierung des Dekors findet sich bei den Schreibkästen der Muromachi-Zeit häufig, wenn auch nur selten mit solcher Feinheit wie hier. Bei den tebako der Kamakura-Zeit hatten die kleinen Einsatzkästchen zwar auch oft die Motive des Außenkastens aufgegriffen und abgewandelt (s. S. 98). Aber während es bei ihnen nur um die Dekorform und ihre Wiederholung ging — um ein rein formales Problem also —, handelt es sich bei den Muromachi-Schreibkästen sehr o f t auch um die Yariierung und Intensivierung des gefühlsmäßigen Gehaltes. Lackgegenstände wie der Pflaumenbaum-Schreibtisch Abb. 86 oder
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wie dieser Kirschblüten-Schreibkasten müssen nicht nur in Japan selbst, sondern auch in China höchste Bewunderung erregt haben. Es ist bekannt, daß die Chinesen im 15. Jahrhundert die japanische Lackkunst als überlegen ansahen und von ihr zu lernen suchten. So berichtet ζ. B. die chinesische Schrift „Huang Ming wen tse"32, daß während der Hsüan-teÄra (1426—1435) Chinesen nach Japan geschickt worden seien, um dort „Goldlackmalerei" (gemeint ist makie) zu lernen; im „Tung hai chi" heißt es für die gleiche Zeit: „Der Vater von Yang Hsüan . . . pflegte Leute nach Japan zu schicken, damit sie dort die Verfahren des Streulacks und der Lackmalerei lernen sollten. Nach ihrer Rückkehr übernahm Hsüan diese Methoden und bereicherte sie durch eigene Ideen . . ."33. Erhaltene chinesische Lackarbeiten des 15. Jahrhunderts zeigen tatsächlich, daß man im Reich der Mitte damals die japanischen Einstreutechniken des makie nachzuahmen versuchte34. Ferner wurden in der MuromachiZeit japanische Lackarbeiten mit makie, nashiji und kanagai wohl in beträchtlicher Menge nach China geschickt — teils als Tribut, teils als H a n delsware—, eben weil sie dort sehr begehrt waren 35 . Gelegentlich sind wohl auch unlackierte Gegenstände von China aus nach Japan geschickt worden, um von den dortigen Meistern dekoriert zu werden. Diesen Gedanken legt jedenfalls eine Schale nahe, die rein Abb. 89 chinesische Form mit japanischem Lackdekor verbindet (Momo radenmakie rinkagata-bon). Da zudem auch das dargestellte Pfirsichblütenmotiv eher chinesisch als japanisch ist, handelt es sich hier vielleicht um eine Arbeit, die ein japanischer Lackmeister auf chinesische Bestellung hin geschaffen hat. Oder auf die Bestellung eines Japaners hin, dem die chinesischen Formen besonders gut gefielen, — Schalen dieser Art sind in Japan nicht üblich gewesen36. Diese Schale gehört wahrscheinlich schon in die zweite H ä l f t e oder an das Ende des 15. Jahrhunderts. Die japanischen Lackmeister befanden sich China gegenüber aber keineswegs ausschließlich in der Rolle der Lehrer und Meister: von China kamen nicht nur die hoch begehrten Schnitzlacke, sondern auch die ts'angchin-Technik und eine neue Art der Perlmutteinlagen. Ts'ang-chin wird auf Japanisch als chinkinbori bezeichnet; man versteht darunter ein Verfahren, bei dem der Dekor nicht aufgestreut (makie), eingelegt (raden) oder geschnitzt wird (Kamakurabori oder echter Schnitzlack), sondern bei dem das Muster in feinen, zum Abschluß mit Gold ausgeriebenen Linien in den Lackgrund eingraviert wird 37 . Diese Technik wurde in China wohl schon seit der Sung-Zeit aus-
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Abb. 89.
Geschweifte Schale mit Pfirsichblütenzweig. Ende 15. Jh.? H . 11,2 cm, Dm. 47 cm. J a p a n . Privatsammlung.
geübt, und Ende des 13. Jahrhunderts soll der Meister P'eng Chün-pao aus Yanghui im Bezirk Chia-hsing Spezialist für ts'ang-chin-Lacke gewesen sein38. In Japan sind drei chinesische Sutrenkästen in dieser Technik erhalten, die laut Inschrift alle aus dem Jahre 1315 stammen 39 . Allerdings weiß man nicht, wann Arbeiten dieser Art zuerst nach Japan gekommen sind, die früheste Nachricht darüber bezieht sich erst auf das Jahr 1433, in dem der chinesische Kaiser Hsüan-te zusammen mit anderen Geschenken auch eine Reihe von ts'ang-chin-Lacken an den Shögun Ashikaga Yoshinori schickte40. Zwei weitere Hinweise auf solche Arbeiten gibt es für das Jahr 143541, doch werden diese gravierten Lacke in japanischen Quellen längst nicht so häufig erwähnt wie die vielbegehrten Schnitzlacke. Angeblich sind in Anlehnung an chinesische Vorbilder in der Muromachi-Zeit viele japanische chinkinbori-Lacke hergestellt worden, erhalten ist jedoch aus der frühen Zeit nur wenig. Am bekanntesten ist ein tebako des National-Museums Tökyö (ΗδAbb. 90 raisan chinkinbori-tebako), der wohl schon ein Werk des 16. Jahrhunderts ist42. Mit dem hoch ansteigenden, oben aber flachen Deckel lehnt er
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Abb. 90. Toilettekasten in chinkinbori-Technik. Detail. 16. Jh. Gesamtmaße: 24 : 34,7 : 22,5 cm. National-Museum Tökyö.
sich formal eng an die chinesischen ts'ang-chin-Sutrenkästen an. Völlig verschieden von ihnen ist er jedoch dadurch, daß er außerhalb der eigentlichen Bildfelder einen mit nashiji-Pulver bestreuten Rotlackgrund hat. Auch die Gravierungsweise ist anders als bei den chinesischen Arbeiten: nicht flüssig und elegant wie bei jenen, sondern einfacher und schlichter. Die Dekormotive des Kastens haben merkwürdig wenig Zusammenhang untereinander: während Deckel und Vorderseite Höraizan-Darstellungen tragen, zeigt die Rückseite drei Personen in einem Innenraum und auf den Seitenwänden finden sich Muscheln und Krebsdarstellungen. Erwähnenswert ist, daß die Gesichter der Personen mit einer Art weißer Ölfarbe gemalt sind — das ist seit der Nara-Zeit das erste Beispiel für die Verwendung dieser chinesischen Technik in Japan (vgl. mitsuda-e, S. 17). Auch auf dem Gebiet der Perlmutteinlagen gingen neue, wichtige Anregungen von China aus. Nachdem jahrhundertelang die Perlmuttlacke eine Domäne der Japaner gewesen zu sein scheinen, entstand in China Mitte des 14. Jahrhunderts (?) eine neue Blüte dieser Kunst, und zwar unter Verwendung sehr viel dünneren Perlmutts als vorher üblich.
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In Japan war die alte raden-Technik seit Ende der Kamakura-Zeit immer mehr zurückgetreten und unter dem Einfluß der neuen chinesischen Perlmuttlacke wandten sich nun auch die japanischen Lackmeister den Einlagen von dünnerem, feinerem Perlmutter zu (aogai). Ein gutes Abb. 9i Beispiel dafür ist der Sattel Abb. 91, der aus dem 15. Jahrhundert stammt (Matsu ni tomoe-mon raden-gura). In seiner Form steht er durchaus noch in der Tradition der berühmten Kamakura-Sättel, in der Technik und auch im Dekor — in der kreisrunden Gestaltung der Kiefernnadelbüschel — ist aber Chinas neuer Einfluß erkennbar. Die wichtigsten Lackarbeiten nicht nur des 15. Jahrhunderts, sondern der ganzen Muromachi-Zeit sind die sogenannten HigashiyamaLacke, eine ziemlich klar umreißbare Gruppe von Arbeiten, die im Besitz von Ashikaga Yoshimasa waren (oder im Stil solcher Dinge gearbeitet wurden) und die ihren Namen von Yoshimasas Wohnsitz am Fuße des
Abb. 91.
Sattel mit Kiefern und tomoe-Mustern. 15. Jh. National-Museum Tokyo.
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Higashiyama-Berges in Kyöto haben. (Yoshimasa war Shögun von 1443—74, er starb 1490.) Zu diesen Higashiyama-Lacken gehören drei heute noch erhaltene Schreibkästen, die nachweislich Yoshimasa gehört haben: der Kasugayama-suzuribako im Nezu-Museum in Tökyö43, der Mikasayama-suzuribako der Sammlung Konoike und der Sumidagawasuzuribako der Sammlung Ohara in Kurashiki. Der Kasugayama-Schreibkasten soll hier näher besprochen werden, da sich an ihm alle typischen Kennzeichen von Form, Technik, Ikonographie und Stil der HigashiyamaLacke aufzeigen lassen. Seine Form kann geradezu als Norm für die Schreibkästen der Muromachi-Zeit bezeichnet werden. Er ist beinahe quadratisch und hat einen Überfalldeckel (japanisch kabusebuta genannt) mit abgeschrägten Oberkanten. Während die frühesten japanischen Schreibkästen, von deren Form wir eine Vorstellung haben — sie sind in Bildrollen der Heian-Zeit dargestellt — aufsitzende Deckel gehabt zu haben scheinen (awasebuta, inröbuta oder aikuchi-zukuri genannt), weisen schon die ältesten erhaltenen Stücke (Abb. 39 und 52) Uberfalldeckel auf. Diese Form bleibt auch die gebräuchlichste bei den vielen erhaltenen Schreibkästen der Muromachi-Zeit und bei denen der Momoyama-Zeit. Nur gelegentlich kommen hier aufsitzende Deckel vor. (In der Edo-Zeit gibt es beide Typen, wobei die aufsitzenden Deckel zahlenmäßig sogar überwiegen mögen, und vereinzelt treten dann auch okibuta auf, d. h. Deckel, die nur aus einem aufgelegten Brett bestehen, das durch Führungsleisten auf der Unterseite in der richtigen Stellung festgehalten wird.) Im allgemeinen werden also für die Schreibkästen Uberfalldeckel bevorzugt, während die tebako — mit Ausnahmen in der Heian-Zeit — fast immer aufsitzende Deckel haben. Wassertropfer und Reibstein liegen bei den Muromachi-Schreibkästen meistens in der Mittelachse; die Einsatzkästen für Pinsel, Tusche und sonstiges Zubehör befinden sich recht und links daneben. Die Deckeloberfläche zeigt jetzt eine neue Form. Während sie sich bei den Kästen der Heian- und Kamakura-Zeit in mehr oder weniger starker Wölbung von der chiri-i genannten Staubleiste anhebt, ist sie bei den Muromachi-Schreibkästen meist flach. Abgeschrägte Kanten, oft durch feinen hiramakie- oder kirigane-Dekor verziert, leiten von dieser Horizontalen zu den senkrechten Deckelseiten über. Beim KasugayamaSchreibkasten stoßen diese abgeschrägten Kanten an den Ecken rechtwinklig aufeinander, in anderen Fällen wird diese Schärfe durch Abschrägung der Ecken (sumikiri) gemildert. Abgerundete oder eingezogene 10
von Rague
Abb
-
Muromachi-2eit.
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Abb. 92.
1
Kasugayama-Schreibkasten. 2. Η . 15. Jh. — 4,9 : 22 : 23,9 cm. Tokyo, Nezu-Museum.
Ecken (sumimaru bzw. irizumi), die zwar auch früher schon gelegentlich vorkamen, treten in der Muromachi-Zeit häufiger auf. Die bevorzugte Technik der Higashiyama-Lacke ist ein reiches takamakie, das nun gern in betonten Kontrast zum togidashi gesetzt wird. Die Verbindung dieser beiden Techniken wird shishiai-makie genannt. Beim Kasugayama-Schreibkasten sind zum Beispiel die Herbstpflanzen, das Rehwild und die Steine in takamakie gegeben, der Bergrücken dage-
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gen in togidashi. Der Vollmond ist aus Silberkanagai eingelegt — die Vorliebe für kanagai ist typisch für die Lackarbeiten der Muromachi-Zeit. Bei den kräftig reliefierten Lacken der Muromachi-Zeit ist naturgemäß die zierliche und feine Genauigkeit, die das hiramakie der Kamakura-Epoche auszeichnete, nicht mehr zu finden. Statt dessen verstehen es die Meister der Higashiyama-Zeit, den Techniken neue, reiche und zum Teil recht komplizierte Reize abzugewinnen, vor allem durch die Verbindung mehrerer Techniken an einem Gegenstand. Bei diesen Arbeiten tritt sogar zuweilen das technische Element des Dekors derartig deutlich und eigenwillig hervor, daß der Betrachter sich der kunstvollen Arbeit unmittelbar bewußt wird. Das ist neu, denn bei den Lacken der Heianund Kamakura-Zeit hatten die Techniken so selbstverständlich im Dienst des Flächenschmucks gestanden, daß sie kaum ein Eigengewicht, kaum selbständige Bedeutung besaßen. Die Meister der Higashiyama-Lacke rücken das Technische stärker in den Vordergrund; dabei bleiben sie aber weit entfernt von bloßer Spielerei mit technischen Schwierigkeiten und von dem bewußten zur Schau-Stellen handwerklicher Geschicklichkeit, welches später in der Edo-Zeit viele Lackarbeiten so öde und oberflächlich erscheinen läßt. Die Bevorzugung des takamakie bringt es mit sich, daß der Lackdekor nicht mehr selbstverständlich der Form des Kastens untergeordnet ist. Etwas überspitzt kann man sagen, daß das Gerät bzw. seine Fläche jetzt zum Träger des Dekors herabzusinken droht. Ein so kräftig reliefierter Schmuck kann nicht mehr im Dienst lebendig gespannter, wie atmend sich wölbender Flächen stehen, er kann sie nicht betonen und unterstreichen, sondern höchstens übertönen. So ist es ganz folgerichtig, daß die schon seit dem Ende der Kamakura-Zeit schwächer werdenden Wölbungen der Kasten- und Deckelwände seit dem Aufkommen des takamakie immer mehr zurücktreten. Die Wirkung der Lackgegenstände wird dabei auf entscheidende Weise verändert: während die Kästen der Heian- und Kamakura-Zeit oft ganz unmittelbar das Tastgefühl ansprechen, selbst wenn man sie nicht tatsächlich in der Hand hält, wenden sich die Muromachi-Lacke in erster Linie an das Auge. Der Dekor entwickelt sich also vom untergeordneten oder doch eingeordneten Flächenschmuck zum eigenwertigen „Bild", er verselbständigt sich. Gerade in solch bildhaftem Dekor kann natürlich der Einfluß der chinesischen Tuschmalerei und ihrer akzentuierten Pinselstriche gut zum Ausdruck kommen. Auch die diagonale Aufteilung mancher chinesischer 10*
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Bilder — der sogenannten Eineck-Stil — scheint auf die HigashiyamaLacke eingewirkt zu haben. Es kann sein, daß gerade die hohe Wertschätzung der chinesischen Malerei und ihrer stilistischen Eigenarten die Entwicklung des takamakie stark gefördert hat 44 . (Theoretisch wäre es denkbar, daß die so beliebten chinesischen Schnitzlackgeräte den Wunsch nach reliefierender Gestaltung angeregt hätten. Aber diese Möglichkeit ist wohl auszuschalten, denn im 15. Jahrhundert bleibt der chinesische Schnitzlackdekor weitgehend der Geräteform und -Oberfläche angepaßt und schafft gerade keinen bildmäßig isolierten Dekor.) Obgleich an sich die plastische Darstellungsweise einen höheren Grad an Wirklichkeitstreue ermöglicht als die flächige, wirken die HigashiyamaLacke doch nicht naturalistischer als die der Kamakura-Zeit. Denn das Stimmungsvolle, literarisch Beziehungsreiche dieser Muromachi-Werke, ihr „yügen"-Gehalt, verleiht diesen Darstellungen einen eher unwirklichen, poetischen Charakter. Fast alle Motive, die auf den berühmten Schreibkästen der Muromachi-Zeit dargestellt sind, stammen aus japanischen Gedichten, der Dekor ist also ein „uta-e" 45 . In vielen Fällen sind einzelne Schriftzeichen des betreffenden Gedichtes in die Darstellung verwoben, so beim Kasugayama-Schreibkasten sehr zurückhaltend bei einigen Gräsern und Ranken. Das Poetische und Stimmungsvolle, das schon bei dem Schreibtisch mit Pflaumenbaum und Mond (Abb. 86) als so wesenhaft für die Muromachi-Lacke herausgestellt wurde, ist in den Higashiyama-Werken viel stärker eingefangen als dem westlichen Betrachter — der die zugrundeliegenden Gedichte nicht kennt — bewußt werden kann. Die Darstellung auf dem Kasugayama-Schreibkasten, die westlichen Augen „nur" Hirsche in herbstlicher Landschaft zeigt, fließt für den Japaner geradezu über vom Zauber traumhaftunwirklicher Stimmung, sie weckt in ihm unmittelbar das Gefühl des zugrundeliegenden Gedichtes: „Was ist so einsam wie ein Bergdorf im Herbst? Ich erwache vom Ruf der Hirsche." 4 ' Es wäre unmöglich, eine „realistische" Darstellung aus dem 15. Jahrhundert (ζ. B. Abb. 88) mit gleichem Recht einem botanischen Studienblatt zu vergleichen, wie dies bei Darstellungen der Kamakura-Zeit möglich ist (vgl. S. 95). Die engen Beziehungen zur Dichtkunst und alle damit aufgerufenen Assoziationen weisen der Lackkunst der Muromachi- und besonders der Higashiyama-Zeit ein anderes Ziel. Nie vorher und nie nachher ist die Beziehung zwischen Dichtkunst und Lackdekor so eng wie
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gerade in dieser Zeit. Man will nicht die äußere Welt darstellen, sondern die innere, die Gefühlswelt, anrühren und ausdrücken. Es ist nicht verwunderlich, daß nun im Lackdekor auch der empfindende Mensch in der Landschaft auftaucht: die Deckelinnenseite des Kasugayama-Schreibkastens zeigt in strohgedeckter Berghütte eine menschliche Gestalt, die dem „Ruf der Hirsche" zu lauschen scheint. Allerdings ist dies nicht die früheste profane Darstellung von Menschen innerhalb eines Lackdekors: bei einem Werk der späten Kamakura-Zeit (dem Kammkasten Abb. 64) sind im Deckel Fischer mit Netzen in einer Küstenlandschaft dargestellt.
Abb. 93.
Kasugayama-Schreibkasten. Deckelinnenseite (s. Abb. 92).
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Muromachi-Zeit.
1
Aber diese wirken eher als Staffage, es fehlt ihnen völlig die gefühlsmäßige Betonung, die für die Muromachi-Zeit typisch ist. Abb. 94
Der „Hana-no-Shirakawa"-Schreibkasten zeigt den Menschen an zentraler Stelle auf der Oberseite des Deckels. Schon der erste Blick läßt erkennen, daß dieser Kasten, obgleich er ebenfalls Yoshimasa gehörte47, nicht in die Gruppe der Higashiyama-Lacke eingereiht werden kann. Er ist zwar ein Werk des 15. Jahrhunderts, entstammt aber einer älteren Tradition. Die reizvolle Kastenform mit Umrißkrümmung, Deckelwölbung und eingezogenen Ecken weicht von den typischen HigashiyamaLacken ab, und auch die Technik — reines togidashi — ist für das 15. Jahrhundert ungewöhnlich. Dargestellt ist ein Edelmann, der zu Füßen eines alten Kirschbaumes steht und sich sinnend nach herabfallenden Blüten umwendet. Die Schriftzeichen „hana", „shiro" und „kawa" weisen auf ein Gedicht des Fujiwara Masatsune hin, das den Kirschblüten von Shirakawa gewidmet ist48. Das Innere des Kastens zeigt einzelne verstreute Blütenblätter. Obgleich sich dieser Kasten so stark von den typischen HigashiyamaLacken unterscheidet, kann er kaum — wie früher angenommen wurde — vor dem 15. Jahrhundert entstanden sein. Nicht nur wegen der Verbindung chinesischer Stilelemente mit rein japanischen — der Baum könnte unmittelbar dem Bild eines Kanö-Malers entstammen, während die Wolkenstreifen und die Gestalt des Höflings dem Yamato-e entsprechen —, sondern vor allem wegen der literarisch begründeten, gefühlsträchtigen Darstellung. Die Darstellung ist einfach und bei aller Schönheit nicht von der sorgfältigen Eleganz früherer Arbeiten. Dagegen spricht sie unmittelbar die poetische, etwas melancholische Stimmung aus, die beim Dekor der Lacke des 15. Jahrhunderts immer wieder zu finden ist. In der betonten Darstellung des Menschen als romantischen Stimmungsträgers ist der Hana-no-Shirakawa-Schreibkasten ein absoluter Sonderfall in der japanischen Lackkunst. Er ist nur möglich in diesem Jahrhundert, in dem so häufig subjektiv empfundene Landschaften als Motiv des Lackdekors dienen.
Als weiteres Hauptwerk der Higashiyama-Lacke sei hier neben dem Kasugayama-Schreibkasten noch der Shionoyama-suzuribako des NatioAbb. 95 nal-Museums in Kyoto genannt49. Auf besonders kraftvolle Art ist hier das in der Muromachi-Zeit so beliebte Shionoyama-Thema dargestellt. Wieder handelt es sich um ein typisches uta-e: sieben Schriftzeichen, die
Muromachi-Zeit.
Abb. 94.
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H a n a no Shirakawa-Schreibkasten. 15. Jh. — 4,5 : 20,6 : 22,7 cm. Tokyo, Nezu-Museum.
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Muromachi-Zeit.
Abb. 95.
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Shionoyama-Schreibkasten. 2. H . 15. Jh. — 4,8 : 22,7 : 26,7 cm. Kyoto, National-Museum.
Muromachi-Zeit.
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den Beginn eines Gedichtes über die Shionoyama-Landschaft wiedergeben, sind in die Landschaftsdarstellung verwoben. Neben diesen prachtvoll gearbeiteten fürstlichen Schreibkästen stehen einfachere Lacke dieser Zeit, die vielleicht nicht unmittelbar für Yoshimasa gemacht wurden, die aber in Stil und Stimmung den führenden Werken sehr nahestehen 50 . Alle diese Lacke der HigashiyamaZeit, sowohl die prächtig-reichen wie auch die schlichteren, gehören zusammen nicht nur durch die vorherrschende Technik des takamakie, sondern durch den Gehalt, der mit dieser Technik ausgedrückt wird, durch ihre literarisch begründeten, tief vom menschlichen Gefühl durchdrungenen Landschaftsdarstellungen. Gleichgültig, ob ein bestimmtes Gedicht dem Dekor zugrundeliegt wie bei den zahlreichen uta-e-Lacken, ob — seltener — Motive aus den Erzählungen der Heian-Zeit aufgegriffen werden (so ζ. B. das Motiv des Efeu-Pfades aus dem Ise-monogatari) oder ob die Darstellung ohne Anlehnung an ein bestimmtes literarisches Vorbild nur ganz allgemein dieses typische Verhältnis zur N a t u r ausdrückt: die enge Verbindung zwischen Dichtung und kunstgewerblichem Dekor ist ein entscheidender Wesenszug der Higashiyama-Lacke. Man möchte beinahe von einer „zweistimmigen" Wirkung dieser Werke sprechen, da sie gleichzeitig das Auge und das literarisch geprägte Gefühl des Betrachters ansprechen. U m so bewundernswerter ist es, daß der Lackdekor nicht zur bloßen Illustration der Gedichte absinkt, sondern daß er mit eigenen Mitteln und eigenem Wert poetisches Empfinden in Form umsetzt. Zwei Lackmeister, die für Yoshimasa gearbeitet haben, sind uns durch schriftliche Uberlieferung bekannt: Köami Michinaga (1410—1478) und Igarashi Shinsai (Daten unbekannt). Keinem von beiden sind erhaltene Lackarbeiten zuzuweisen, aber sie sind die Gründer zweier Lackmeister-Schulen, deren Mitglieder von nun an durch Generationen hindurch für die Shögune und den Adel gearbeitet haben, beide Schulen in eigenem, bisher freilich noch nicht genügend untersuchtem Stil. Zwei Schreibkästen, die noch zu den Higashiyama-Lacken gerechnet werden, stehen dem Köami-Stil nahe und könnten vielleicht von Michinaga oder von seinem Sohn Michikiyo (1433—1500) für Yoshimasa gearbeitet worden sein51. Es sind dies der Otokoyama-Schreibkasten des Abb. % National-Museums Tökyö und der Sagayama-Schreibkasten des Nezu- Abb. 97 Museums. Letzterer ist besonders interessant durch den erstaunlichen Kontrast des Dekors auf der Außen- und Innenseite des Deckels. Außen ist mit takamakie, farblich abgestuftem Goldpulver und eingelegter Gold-
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Muromachi-Zeit.
Abb. 96.
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Otokoyama-Schreibkasten. Ende 15. Jh. — 4,8 : 21,1 : 22,3 cm. National-Museum Tokyo.
folie eine jener großen Pauken dargestellt, die bei der offiziellen H o f musik Verwendung fanden, das Deckelinnere dagegen wird ausgefüllt von einer der typischen Landschaften des Higashiyama-Stils. Einige Schriftzeichen aus dem zugehörigen Gedicht sind im Schreibkasten selbst wiedergegeben. Unter dem Einfluß des Zen und der Tee-Zeremonie bildete sich in deser Zeit der Brauch heraus, das Innere der Schreibkästen reicher zu verzieren als das Äußere 52 , und vielleicht kann die merkwürdig kontrastierende Dekorationsweise des Sagayama-Schreibkastens im Zusammenhang mit dieser Entwicklung betrachtet werden. Die abgeschrägten Deckelkanten zeigen auf ikakeji-Grund sehr delikat und feinteilig gearbeitete Ranken und Drachen. Während auf der Deckeloberseite das takamakie vorherrscht, bietet die Innenseite ein wahres Kompendium der verschiedensten Lacktechniken: shishiai-makie (s. S. 146), makibokashi, harigaki, tsukegaki, Schwarzlack-Zeichnung, Zinnpulver-Einstreuung, kirigane usw. Gerade diese Kombination verschiedener technischer Möglichkeiten ist kennzeichnend für die Lacke der Muromachi-Zeit.
Muromacki-Zeit.
Abb. 97.
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Sagayama-Sdireibkasten. Deckelinnenseite. Ende 15. Jh. 6 : 24,8 : 27,8 cm. Tokyo, Nezu-Museum.
Bevor nicht genauere Untersuchungen vorliegen, kann man diesen suzuribako sicher nicht zum Ausgangspunkt aller späteren Köami-Lacke erklären; aber es fällt doch auf, daß die Darstellung sehr ins Detail geht und kleinteiliger gearbeitet ist als etwa bei dem Kasugayama- oder dem Shionoyama-Schreibkasten. Der Kasten scheint nicht die großzügige Kraft der „typischen" Higashiyama-Lacke zu besitzen, er ist stattdessen in jener sehr sauberen, aber etwas trockenen Gestaltungsweise gearbeitet, die später innerhalb der Köami-Schule nicht selten ist. Aus der Higashiyama-Zeit, genauer gesagt aus den Jahren von 1452 bis 1482, ist auch eine Reihe datierter Lackgegenstände erhalten, die keinen weiteren Dekor aufweisen, sondern nur rot oder schwarz lackiert sind. In ihrer Form lassen sie ζ. T. die chinesischen Einflüsse deutlich erkennen. Da sie aber für die eigentliche Geschichte der japanischen Lackkunst nicht von besonderer Wichtigkeit sind, seien sie hier nur kurz erwähnt 53 .
VI. Muromachi-Zeit. II Vom Ende der Higashiyama-Zeit bis 1567 Das glanzvolle Bild des Higashiyama-Hofes zeigt nur die Lichtseite der damaligen Zeit. Während in Yoshimasas nächster Umgebung Kunst und Kultur einen kostbaren Höhepunkt erreichten, eilten die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse mit Riesenschritten dem Chaos entgegen. Noch während Yoshimasas Regierungszeit (1443 bis 1474) brachen viermal Volksaufstände mit dem Ziel des allgemeinen Schuldenerlasses aus; die schreckliche Hungersnot von 1454 kostete Tausenden das Leben und 1467 schließlich begann der zehn Jahre dauernde große Bürgerkrieg, Önin no ran genannt. In seinem Verlauf wurde Kyöto Ende der sechziger Jahre Schauplatz furchtbarer Kämpfe, aus denen es als verwüstete Trümmerstätte hervorging. 1477 endete dieser Krieg, aber schon ab 1490 herrschte wieder im ganzen Land ein Kampf aller gegen alle, so daß man später die folgenden hundert Jahre als Sengoku-jidai, die Zeit der streitenden Länder, bezeichnet hat. Kaiserhof und Shögun waren bald aller Macht entblößt, und als im Jahre 1500 der Kaiser Go-Tsuchimikado starb — derselbe, zu dessen Thronbesteigung Köami Michikiyo auf Befehl Yoshimasas Lackgeräte gefertigt hatte —, dauerte es 44 Tage, bevor man genügend Geld zur Bestreitung der Bestattungskosten gesammelt hatte. Das zerstörte Kyöto hörte auf, Quelle und Mittelpunkt aller Kunst zu sein. Stattdessen luden die großen Daimyö-Familien der Öuchi und Höjö, der Shimazu und Kikuchi die Gelehrten und Künstler in ihre Provinz-Residenzen ein. Soweit der Krieg, der hin und her tobte, diese Orte verschonte, entstanden dort kleine lokale Kulturzentren. Für die Lackkunst gelten als solche Zentren Yamaguchi im Südwesten von H o n d o (bis 1557 Sitz der Öuchi-Familie), Odawara südwestlich von Tokyo (bis 1590 von den H ö j ö beherrscht), und Sakai, eine Hafenstadt in der Nähe von Osaka, die sich in der Muromachi-Zeit weitgehende Unabhängigkeit erwerben konnte 1 . Es ist verständlich, daß in diesem Jahrhundert allgemeiner Wirren weder die luxuriöse Ausführung der Higashiyama-Lacke noch ihre hohe
Muromachi-Zeit. II
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künstlerische Qualität fortgesetzt werden konnten. Später, in der friedlichen Zeit der Tokugawa-Shögune, griffen konservative Lackmeister wieder auf die Werke der Higashiyama-Zeit zurück, die in hohem Grad ihr Vorbild und Maßstab wurden. Aber das dunkle 16. Jahrhundert brachte zunächst Qualitätsverlust und dann auch eine Änderung des Stils. Doch sind Nachwirkungen des Higashiyama-Stils in den ersten Jahrzehnten der Sengoku-Zeit natürlich noch festzustellen, und eine erhaltene kleine Lackarbeit dieser Art gibt uns sogar einen zeitlichen Anhaltspunkt. Im 2. Jahrzehnt der Ära Eishö (1504—1520) wurde ein Kästchen für Abb. 98 Räucherholz geschaffen (Chidori makie-jimbako), das sich heute im Besitz
Abb. 98.
Räucherholz-Kästchen. U m 1515. — H . 8 cm, Dm. 14 cm. T o k y o Geijutsu Daigaku.
der Kunst-Hochschule (Geijutsu Daigaku) in Tökyö befindet. Die zweite Ziffer der Jahresangabe ist abgegriffen und nicht mehr erkennbar, so daß sowohl das 11. Jahr wie jedes weitere bis zum 17., dem letzten der Ära, gemeint gewesen sein kann. Das heißt, die Dose ist zwischen 1514 und 1520 entstanden. Auf Deckel und Seiten sind chidori (Regenpfeifer) über Wellen dargestellt, das Ufer ist durch wenige Felsbrocken und Gräser
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Muromachi-Zeit.
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angedeutet, darüber steht der Vollmond. Hier findet sich keine komplizierte, weit in die Tiefe reichende Landschaft mehr, auch nicht die Kraft der thematisch verwandten Shionoyama-Darstellung des Kyötoer Schreibkastens (Abb. 95). Dennoch klingt die Schönheit und Kultur der Higashiyama-Lacke in diesem einfacheren Kästchen noch nach. Mit der Darstellung der chidori-Schwärme greift der kleine Kasten ein Thema auf, das zwar schon in der Kamakura-Zeit gelegentlich vorkommt, für die Lacke der Muromachi-Zeit aber besonders typisch ist. Die Vögel lassen sich in ihrer Gruppierung und im Rhythmus ihrer Flugrichtig mühelos dekorativen Kompositionsabsichten anpassen, sie lassen sich aber auch — wie hier — im Zusammenhang eines mehr malerischdarstellenden Dekors verwenden. Es gibt mehrere Gedichte, mit denen solche chidori-Bilder in Verbindung gebracht werden können, doch scheint bei dieser kleinen Dose kein bestimmter Vers gemeint zu sein. — Gerade in seiner Sparsamkeit enthält das Döschen noch viel von jenem Gefühl nächtlicher Verlassenheit und Stille, das für viele Muromachi-Lacke kennzeichnend ist. Mond und einzelne Partien der Felsen sind aus Silber-kanagai eingelegt; es wurde schon darauf hingewiesen, daß die Verbindung von makie und kanagai in der Muromachi-Zeit besonders beliebt war. Thema und Technik entsprechen also dem, was bei Lacken dieser Zeit zu erwarten ist. Außerdem sind auch gewisse Einzelheiten typisch, so ζ. B. die Form der chidori-Flügel mit ihren harten, gradlinigen Umrissen und den parallel gezeichneten Federn, die wie die Zinken eines Kammes aussehen. Bei den Heian- und Kamakura-Lacken haben die chidori-Flügel weicher geschwungene Konturen und eine andere Form der Federn (vgl. Abb. 31 und 45), später in der Edo-Zeit erstarren sie zu schablonenhafter Härte. Abb. 99
Schwalben und Weidenzweige schmücken einen Sattel, der 1516 datiert und also etwa zur gleichen Zeit wie das Döschen entstanden ist (Yanagi ni tsubame makie-gura). Während die großartigen Sättel der Kamakura-Zeit durchweg mit raden verziert waren, haben die der Muromachi-Zeit außer der neuen „chinesischen" aogai-Technik (s. Abb. 91), häufig kanagai-Dekor. Gelegentlich kommt zwar seit dem 14. Jahrhundert auch makie vor, es bleibt aber bis zur Momoyama-Zeit für die Muster der Sättel (nicht für die Untergründe) doch recht selten2. Insofern ist dieser makie-Sattel von gewissem Interesse, auch wenn er sich nicht durch besondere Qualität auszeichnet. Für manche Lackgegenstände aus der zweiten Muromachi-Hälfte ist
Muromachi-Zeit.
Abb. 99.
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Sattel mit Schwalben und Weiden. 1516. — J a p a n . Privatsammlung.
eine genaue Datierung bisher nicht möglich. Technisch gesehen behalten sie die Vielfalt der Higashiyama-Lacke bei und auch die Bevorzugung von takamakie und kanagai. Häufig kommen jedoch weitere plastische Elemente hinzu wie eingeschlagene silberne Nägelchen zur Darstellung von Tautropfen und gelegentlich so stark reliefierte Metalleinlagen, daß der Charakter der reinen Lackarbeit fast verlorengeht. Man möchte dann beinahe von einer Verbindung von Lack- und Metallkunst sprechen, so zum Beispiel bei dem Magaki-kiku-tebako. Abb. 100 Im Hinblick auf den Stil fällt im 16. Jahrhundert das Zurücktreten der chinesischen Elemente auf. Ähnlich wie in der späten Heian- und in der Kamakura-Zeit eine Verarbeitung und Assimilierung der chinesischen Vorbilder erfolgte, die in der Nara-Zeit so bereitwillig aufgenommen worden waren, herrscht auch in der zweiten Muromachi-Hälfte die Tendenz zu einer neuen Japanisierung, zu einer Umformung chinesischer Anregungen in Eigenes. Das äußert sich sowohl in der Gesamtkonzeption des Dekors wie in Einzelheiten. Das japanische Empfinden für die Schönheit des Schlichten und Einfachen gewinnt die Oberhand, sicherlich be-
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Muromachi-Zeit.
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Muromachi-Zeit.
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einflußt vom Geist der Teerzeremonie, die Ende der Muromachi-Zeit ihre endgültige Form findet. (Auch in der Metallkunst ist diese Entwicklung zu beobachten.) — Gerade die sehr „japanischen" Werke des 16. Jahrhunderts machen noch einmal deutlich, wie stark sich die frühe Muromachi-Zeit dem chinesischen Einfluß geöffnet hatte. Wie zeigt sich diese Selbstbesinnung, dieser neue Durchbruch japanischer Tendenzen im Einzelnen? Zunächst ist festzustellen, daß Vorbilder aus der Malerei jetzt kaum noch eine Rolle spielen. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber im allgemeinen finden wir nun keine bildmäßig entworfenen, verselbständigten Darstellungen mehr, vor allem keine sich in tiefe Fernen erstreckenden Landschaften, wie sie auf den HigashiyamaLacken immer wieder vorkamen. Stattdessen wird eine neue Flächigkeit gewonnen, und zwar sowohl durch die Komposition wie durch stilistische Eigenheiten. Für die Komposition werden solche Bildthemen ausgewählt, bei denen man sich auf eine Darstellung des Vordergrundes bzw. aus der Nähe gesehener Motive beschränken kann. Der Dekor wird wieder dichter und füllt die Fläche stärker aus, er läßt nicht mehr so viel freien Bildraum übrig. Dieser hatte bei vielen Werken der frühen MuromachiZeit eine Art atmosphärischer Tiefe selbst da suggeriert, wo gar keine Hintergrundsdarstellung gegeben war, so etwa bei dem Schreibtisch Abb. 86. In der dichteren Überspinnung der zu schmückenden Fläche ähneln manche der späten Muromachi-Lacke den Kamakura-Werken. Zu diesem allgemeinen Kompositionsprinzip kommt aber noch ein besonderer stilistischer Kunstgriff: Die Dekorelemente, vor allem Blüten und Blätter, werden jetzt rigoros in Aufsicht gegeben, d. h. sie werden in die Fläche geklappt, als würden sie für ein botanisches Album gepreßt. Diese Darstellungsart scheint sich im Laufe des 16. Jahrhunderts immer stärker durchzusetzen. Ein Werk wie etwa der Kiri makie-tebako, Abb. ιοί dessen Blätter fast alle in Aufsicht wiedergegeben sind und sich flach in die oberste „Raumschicht" zu drängen scheinen, führt im Prinzip schon nahe an die Ködai-ji-Lacke der Momoyama-Zeit hin. (Interessant ist ein Vergleich des Kiri-tebako mit dem ebenfalls aus dem Kumano Hayatamajinja stammenden Nagi-tebako des 15. Jahrhunderts (Abb. 83). Zwar ist auch dort vieles flächig, aber ganz bewußt werden zur Durchbrechung der Fläche mehrere Blätter umgeknickt und weisen sowohl nach vorn wie nach hinten in den „Raum".) Dem Kiri-tebako sehr verwandt in dem in die Fläche-Klappen der Dekorelemente ist ein tebako mit Kiefern und 11
von Ragu£
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Muromachi-Zeit.
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Muromachi-'Zeit. II
A b b . 102.
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T o i l e t t e k a s t e n mit K i e f e r n - u n d P f l a u m e n b l ü t e n - D e k o r . 16. Jh., 15,1 : 30,9 : 23,9 cm N a g o y a
Tokugawa-Museum.
Pflaumen im Tokugawa-Museum N a g o y a , der die Tendenzen dieser Stilstufe klar verdeutlicht (Nashiji matsu-ume makie-tebako).
Abb. 102
Natürlich kommen Darstellungen in Aufsicht auch f r ü h e r schon vor, aber nie so gewollt, nie in dieser unverkennbaren Absicht, Fläche zu gewinnen und zu gestaltet. Diese Flächigkeit, die wesentlich zu dem dekorativen C h a r a k t e r der neueren japanischen Kunst gehört, w i r d in derselben Zeit auch auf dem Gebiet der Malerei neu erobert. Robert T. Paine hat das an drei Kranich-Bildern der Kanö-Meister Masanobu (1434— 1530), Motonobu (1476—1559) und Eitoku (1543—1590) sehr instruktiv nachgewiesen 3 . Mit solcher Entwicklung zum Flächigen hin werden dekorative Möglichkeiten eröffnet, die in der M o m o y a m a - Z e i t zu einer ganz neuen Blüte der Lackkunst beitragen werden. D e r Kiri-tebako und — wenn auch nicht ganz so deutlich — der hervorragende Kiku makietebako u n d v e r w a n d t e Werke weisen in diese Richtung. In ihrer Technik Abb. 103 aber gehören sie eindeutig noch zur Muromachi-Zeit, vor allem der Kiku makie-tebako mit seinen vielen kanagai-Einlagen. Schwierig zu datieren sind Lacke wie der sogenannte Genji Yügao11*
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Muromachi-Zeit.
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Muromachi-Zeit.
A b b . 104.
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T o i l e t t e k a s t e n m i t M o t i v aus d e m G e n j i - R o m a n . 16. J h . Japan. Privatsammlung.
tebako, der auf der Deckeloberseite ein Motiv aus dem Genji-monogatari darstellt. Solche Zuwendung zur klassischen Literatur der HeianZeit gibt es in der Lackkunst erst seit der Muromachi-Zeit; auch die Eigenart, Kiefernnadeln wie Radspeichen darzustellen, ist früher nicht anzutreffen (vgl. den Sattel Abb. 91). Zwischen diesen Nadelbüscheln erscheinen an einigen Stellen kahle, vertrocknete Zweige, die sich aus der chinesischen Malerei ableiten lassen und die dem ästhetischen Begriff des „wabi" entsprechen. Gegen eine frühe Datierung, nämlich noch in die Higashiyama-Zeit, spricht die Wahl des Bildausschnitts, die den Blick auf das Naheliegende und Vordergründige beschränkt. Zwischen den einzelnen Gegenständen ist zudem nur wenig freier Raum gelassen, und dieser hat keine Funktion mehr im Sinne einer „Bildfläche" oder zur Suggestion räumlicher Tiefe. Dieser Dekor ist wieder in erster Linie Flächenschmuck, nicht Bild. Für das 16. Jahrhundert spricht ferner die etwas unmotivierte, stark plastische Betonung von Wurzel- oder Astansätzen bei den Bäumen. Die Innenseite des Deckels ist traditioneller ausgeschmückt, sie läßt an die älteren Herbstfeld-Darstellungen denken oder an Spiegel des 15. Jahrhunderts. Altes und Neues verbinden sich also bei diesem Kasten,
Abb.
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Muromachi-Zeit.
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und so dürfte er wohl erst der zweiten Muromachi-Hälfte zuzurechnen sein. Abb. los Ganz ans Ende der Muromachi-Zeit gehört wohl auch der Schreibkasten mit der Landschaft von Ogurayama. Er gilt als ein Werk der Igarashi-Schule und läßt noch deutlich Nachklänge der HigashiyamaLacke erkennen. Die auf dem Deckel dargestellte Landschaft erinnert auf den ersten Blick stark an die Otokoyama- und Sagayama-Landschaften der Higashiyama-Schreibkästen (Abb. 96 und 97). So wird denn der Ogurayama-Schreibkasten gelegentlich auch noch zu den HigashiyamaWerken gerechnet4, um so mehr als eine Beschriftung auf dem freilich erst in der Edo-Zeit angefertigten Aufbewahrungskasten ihn ausdrücklich als „Higashiyama-gomotsu" bezeichnet. Die traditionelle Technik mit shishiaitogidashi (der Verbindung von takamakie und togidashi), maki-bokashi, nashiji und kirigane spräche nicht dagegen. (Auf spezielle Stileigenschaften der Igarashi-Schule soll später eingegangen werden, s. S. 253). Jedoch das merkwürdig umgekehrte Größenverhältnis, bei dem die Bäume im Hintergrund viel größer dargestellt werden als die der vordersten Bildebene, spricht gegen die Higashiyama-Zeit und für das 16. Jahrhundert. Während die Lackmeister der Higashiyama-Zeit die räumliche Tiefe liebten, da diese dem Ausdruck der Tuschmalerei verwandt war und auch dem weltflüchtig-natursüchtigen Charakter der zugrundeliegenden Gedichte entsprach, hebt die umgekehrte Perspektive des Ogurayama-Schreibkastens die Tiefenwirkung gerade wieder auf, trotz der Schichtung der Bergzüge. Durch die hier angewendete Größenvertauschung wird das Entfernte ganz betont wieder in die vordere Bildebene gebracht und die räumliche Wirkung auf eine flächenhafte reduziert. Es scheint undenkbar, dieß dieses ungewöhnliche Verfahren ohne Absicht angewendet wurde; war es jedoch Absicht, so entspricht diese den schon erwähnten Tendenzen der zweiten Muromachi-Hälfte, entspricht dem Streben nach einer neuen Flächigkeit. Auch eine ikonographische Einzelheit spricht für eine Datierung in das 16. Jahrhundert: nämlich die im Innern des Schreibkastens dargestellten Blumenflöße. Diese werden Ende des Jahrhunderts allgemein beliebt und kommen bei Textilien ebenso vor wie in der Lackkunst (etwa an den Treppenstufen des Ködai-ji, s. S. 191). Für die Higashiyama-Zeit läßt sich dieses Motiv noch nicht nachweisen. Abb. io6
Frei von der Higashiyama-Tradition ist ein etwa 1550 entstandener Schreibkasten, der einen langschwänzigen Vogel auf einem Kirschblüten-
Muromachi-Zeit.
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Abb. 105. Oguray ama-Sdircibkasten. 16. Jh. — 4,2:22,8:25,5 cm. Tokyo, Suntori-Gallcry.
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Muromachi-Zeit.
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Muromachi-Zeit.
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zweig zeigt (Sakura-sanjaku makie-suzuribako). Dieser suzuribako ist nicht signiert, aber durch die Chronik der Köami-Familie als ein Werk des Köami Söhaku (1485—1557) bezeugt; ein 1713 geschriebenes Gutachten gibt das Alter des Kastens mit 170 Jahren an. Die Köami-Meister, seit dem Schulgründer Michinaga für die Shögune arbeitend, werden immer wieder als bedeutende Lackmeister genannt, aber bis zum Ende des 17. Jahrhunderts kann man nur wenige ihrer Werke mit bestimmten Meistern in Zusammenhang bringen5. Insofern ist dieser Schreibkasten ein wichtiges Dokument. Darüber hinaus ist er aber auch aufschlußreich für den Stil der späten Muromachi-Zeit. Von hier aus sind keine Verbindungslinien zurück zu den technisch komplizierten und von literarischem Geschmack erfüllten Higashiyama-Lacken mehr zu ziehen, obgleich Nachwirkungen der chinesischen Malerei noch erkennbar sind. Die technische Ausführung ist nicht besonders fein und sorgfältig (ζ. B. das Zinn-kirigane auf der Brust des Vogels), aber der Entwurf ist hervorragend. In sicherer Komposition werden die wesentlichen Elemente — der Ast, die verschiedenen Blütenbüschel und der Vogel — auf die Fläche verteilt und mit rhtythmischem Gefühl die Bewegungsrichtungen ausgewogen. Vergleicht man diese Darstellung mit Werken der frühen Muromachi-Zeit, etwa mit dem immer wieder als Meisterwerk zu nennenden Baigetsu-Schreibtisch (Abb. 86), so wird die Veränderung deutlich: das frühere Werk ist von unendlich viel feinerer Eleganz und voll tief beseelter poesievoller Stimmung. Diese Merkmale sind im 16. Jahrhundert nicht mehr anzutreffen, stattdessen drückt sich nun ein robusterer, nicht mehr literarisch gebundener Gestaltungswille aus, der sich weniger sorgsam, aber mit kraftvollem Geschick dekorativen Aufgaben zuwendet. Ebenso wie der Kiri-tebako (Abb. 101) weist auch dieser Schreibkasten — so sicher er auch noch ein Werk der Muromachi-Zeit ist — doch schon in die Momoyama-Zeit voraus, weniger in den einzelnen Formen als vielmehr in der Veränderung der künstlerischen Auffassung. Auch das Innere des Schreibkastens ist interessant. Es ist neben dem Shionoyama-Schreibkasten eines der frühesten erhaltenen Beispiele dafür, daß Reibstein und Wassertropfer aus der Mittelachse in die linke Hälfte gerückt werden, während der Einsatzkasten für die Pinsel die rechte Hälfte einnimmt6. Sehr reizvoll und wiederum ganz von dekorativen Gesichtspunkten bestimmt ist die Ausschmückung dieses Einsatzkastens mit Kiefernzweigen, die aus aogai eingesetzt sind. Die Verteilung der
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Muromachi-'Leit.
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Zweige auf der Fläche und die stilisierte Anordnung der Nadeln läßt diesen Schmuck eher als Ornament wirken denn als naturalistische Darstellung. Aogai ist übrigens auch auf dem Deckel verwendet, und zwar für einige Kirschblüten und die „Pfauenaugen" in den Schwanzfedern des Vogels. Zwei einfache Arbeiten seien hier angeschlossen. Beide Stücke, ein Schwarzlackkasten mit shishi-Dekor 7 und eine Votivtafel mit der DarAbb. io7 Stellung eines Pferdes, wurden laut Aufschrift 1564 dem Tempel Chüson-ji von einem Stifter Kimura Yübei geschenkt. Natürlich gab und gibt es
A b b . 107.
V o t i v t a f e l . 1564. — 30 : 23,3 cm. Chuson-ji, P r o v i n z Iwate. R e p r . nach „ C h ü s o n - j i " .
schlichte Votivtafeln, die Massenarbeit sind, aber dazu dürfen Lackarbeiten kaum gerechnet werden, zumal dann nicht, wenn sie wie hier auf Auftrag hergestellt worden sind. Also kann die unverkennbare Tendenz zu Einfachheit und flächig-dekorativer Wirkung bei einfachen technischen Mitteln nicht ausreichend damit erklärt werden, daß es sich hier nicht um „Kunst" handele. Man wird die Vereinfachung des Dekors im Zusammenhang mit der gesamten Stilentwicklung sehen müssen.
Muromachi-Zeit.
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Von den im Negoro-Tempel hergestellten und von den dortigen Priestern und Mönchen selbst verwendeten Lackgeräten, dem sogenannten Negoro-nuri, war schon die Rede (s. S. 106). Die Anfänge dieser unverzierten, rot bzw. rot und schwarz lackierten Lackarbeiten liegen im 13. Jahrhundert, aber die größte Blütezeit des Negoro-nuri scheint in das Ende der Muromachi-Zeit gefallen zu sein. (Zu dieser Zeit hatte der Tempel seine größte Ausdehnung: um 1570 gab es dort 5 9 0 0 Mönche.) Die Zahl der mit Inschriften versehenen und datierten Stücke ist im 16. J a h r hundert allerdings erheblich kleiner als im 14. und 15. Jahrhundert, doch kann die Beschriftung eine Modefrage gewesen sein und braucht nichts über Zahl und Qualität der hergestellten Negoro-Lacke zu sagen 8 . Zu den schönsten Stücken, die man dem 16. Jahrhundert zurechnet, gehört eine kleine, nur etwa 8 cm hohe Medizindose. Ihre lebendige, ganz in sich geschlossene Form, bei der vielleicht noch chinesische Sung-Keramik Pate gestanden hat, legt Zeugnis ab von vorzüglichster Drechslerkunst. Die
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M e d i z i n d o s e . 16. J h . — H . 8,1 cm. J a p a n .
Privatsammlung.
Abb. ios
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Muromachi-Zeit.
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Schönheit dieser Form kommt aber erst durch die weich schimmernde Lackhaut voll zur Geltung, und die rundliche Form in Verbindung mit diesem sanften Glanz — von dessen Weichheit keine Abbildung eine rechte Vorstellung vermittelt — weckt unmittelbar den Gedanken an eine Perle. Dadurch, daß die rote Lackschicht an vielen Stellen so abgeschliffen und abgegriffen ist, daß der darunterliegende Schwarzlack sichtbar wird, entsteht jener Eindruck von Alter, Geschichte und Ehrwürdigkeit, der den japanischen Teemeistern so viel bedeutete. Trotz der Frische der Farben ist dieses Döschen voll „wabi". Es entspricht wie so viele Negoro-Lacke ganz dem Ideal verfeinerter Einfachheit, das durch die Teezeremonie den japanischen Geschmack weitgehend bestimmt hat. Selbst das vom Goldglanz des makie geblendete Auge des westlichen Lackliebhabers kann sich der Schönheit dieser einfachen Dose nicht entziehen, — unter japanischen Kennern ist sie hochberühmt. Kaum zufällig sind zur gleichen Zeit viele Kamakurabori-Arbeiten entstanden, und zwar in einem Stil, der sich deutlich von den frühen Werken in dieser Technik unterscheidet. War Kamakurabori zuerst nur ein Ersatzverfahren für echten Schnitzlack gewesen, so führt die Entwicklung doch in eine andere Richtung. Man versucht nun nicht mehr, eine dicke, feste Lackhaut vorzutäuschen, sondern das geschnitzte Holz als solches wird stärker spürbar. Zugleich läßt man wie bei den NegoroLacken den Schwarzlack oft durch die abgeriebene Rotlackschicht hindurchschimmern. Nicht immer muß das so sein, es gibt audi rein rote oder rein schwarze Kamakurabori-Arbeiten, aber häufiger sind die anderen. Schon das dem 15. Jh. zugeschriebene Döschen Abb. 77 ist unverkennbar aus Holz geschnitzt, nicht aus einer im Grunde strukturlosen Schichtung zahlreicher Lackaufträge. Es scheint, als ob im Laufe des 16. Jahrhunderts die in der Higashiyama-Zeit so hochgepriesenen chinesischen Schnitzlacke an allgemeiner Beliebtheit verloren hätten; auch wird ihre zeitraubende Herstellung durch den Bürgerkrieg erschwert worden sein. Dagegen entdeckte man anscheinend in der Kamakurabori-Technik nun andere Reize und Möglichkeiten als die der Schnitzlack-Imitation. Stellt man chinesische Schnitzlacke und japanische Kamakurabori-Arbeiten nebeneinander, so wird sofort deutlich, daß der Schnitzlack eleganter, raffinierter, künstlerischer wirkt, daß das Kamakurabori daneben einfach und ungekünstelt ist. Gerade durch diese Schlichtheit aber hat sich das Kamakurabori große Beliebtheit in allen Schichten der japanischen Bevölkerung
Muromachi-2eit.
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erworben, es behauptet auch heute noch seinen Platz. Dagegen scheinen echte Schnitzlackarbeiten — trotz aller anfänglichen Begeisterung über die aus China eingeführten Stücke — in der japanischen Kunst bis zum 19. Jahrhundert nie wirklich heimisch geworden zu sein (s. S. 215 ff.). Eine besondere Abart des chinesischen Schnitzlacks — japanisch köka-ryokuyö („Rote Blüten — grüne Blätter") genannt — ist jedoch gegen Ende der Muromachi-Zeit gern in Kamakurabori nachgeahmt worden. Bei chinesischen Werken in dieser Technik wurden verschiedenfarbige Lackschichten durch verschieden tiefe Schnittweise dergestalt freigelegt, daß der fertige Dekor Rotlack-Blüten über oder zwischen Grünlackblättern zeigt. Bei den japanischen Imitationen wird wie bei allem Kamakurabori das Muster nicht aus der Lackschicht, sondern aus dem Holz geschnitzt, die Uberlackierung in verschiedenen Farben stellt keine besonderen Probleme. Dieses mehrfarbige Kamakurabori ist mit Vorliebe an den großen hölzernen Tragekiepen verwendet worden, welche die buddhistischen Wanderpriester benutzten. Mehrere solcher Kiepen (japanisch: oi) sind erhalten, Stücke von anderen sind später als Schiebetüren kleiner Schränke und Regale verwendet worden 9 . Eine Kiepe aus dem Jigen-ji (Tsubaki- Abb. 109 mon Kamakurabori-oi) ist ein gutes Beispiel dieser kraftvollen, einfachen und sehr wirkungsvollen Technik. Die auf drei Querzonen verteilten Hauptfelder der Schauseite zeigen auf Schwarzlackgrund rote Kamelien, deren Blütenböden bzw. Staubgefäße durch aufgepreßtes Blattgold betont sind, dazu grüne Blätter, die in flachem Regief sehr dekorativ ausgebreitet sind. In schmalen Randfeldern erscheinen Chrysanthemen (die untersten über einer Andeutung des beliebten „Ostzauns"), während ein großzügiges Rhombenmuster in der Sockelzone als kräftige und zusammenfassende Basis dient. Eine gewisse Belebung und Auflockerung entsteht durch die zahlreichen Tautropfen, die in Mittel- und Randfeldern mit eingeschnitzt sind. Die kraftvolle Konstruktion der Kiepe, der einfache, großflächige Dekor und die Beschränkung auf wenige kontrastierende Farben passen vorzüglich zueinander. Dekorative Komposition und großzügige Vereinfachung entsprechen durchaus der Formensprache, die auch bei anderen Lacken des 16. Jahrhunderts in Erscheinung tritt, zugleich zeigen sie das sehr Japanische dieses Stils. Freilich sind Werke dieser Art wohl nur am Rande zur eigentlichen Lackkunst zu rechnen — der Lack spielt bei ihnen eine viel geringere Rolle als etwa beim Negoro-nuri.
174
Muromachi-Zeit.
A b b . 109.
II
T r a g e k i e p e . 16. J h . — H . ca. 80 cm. N a t i o n a l - M u s e u m
Tokyo.
Muromachi-Zeit.
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Gleichzeitig mit den Kiepen sind anscheinend eine ganze Reihe von kögös in Kamakurabori-Technik gemacht worden. Zwei von ihnen sind datiert und zeigen das aus China übernommene sogenannte guri-Muster. Von 1564 stammt das ca. 25 cm im Durchmesser betragende guri-kögö des Tempels Chion-in in Kyoto, und ein Jahr später entstand die fast gleich große Dose des Enkaku-ji in Kamakura, die auf der Unterseite in Abb. no
A b b . 110.
K a m a k u r a b o r i - k o g o . 1565. — D m . 25,4 cm. K a m a k u r a , E n k a k u - j i .
Rotlack eine Stifterinschrift mit dem Datum Eiroku 8. Jahr ( = 1565) trägt 10 . Mit seiner erstaunlich geringen Relieftiefe entspricht dieses kögö in gewisser Weise der schon mehrfach genannten Tendenz zur Flächigkeit, die im 16. Jahrhundert herrscht; ihm fehlt die imponierende K r a f t früherer Kamakurabori-Arbeiten und der besten chinesischen guri-Lacke. Für das Ende der Muromachi-Zeit ist schließlich noch eine neue Art von Lackkästen mit Überfalldeckeln zu nennen, die sogenannten „sumiaka" („Ecken-rot"). Vereinzelt treten sie schon Mitte des 14. Jahrhunderts auf, doch kommen sie erst vom Ende der Muromachi-Zeit an häufig vor. Diese Form bleibt auch in Momoyama- und Edo-Zeit sehr beliebt (s. Abb. 142). Bei den sumi-aka, die in verschiedenen Größen vorkommen, sind Kasten und Deckel an den Seitenrändern schmal und an den Ecken breit
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Muromachi-Zeit.
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mit Rotlack verziert in einer Form, die einem Metallbeschlag nicht unähnlich sieht. Dabei werden diese Partien gern erst mit grobem Gewebe bespannt, auf das der Rotlack ohne Grundierung aufgetragen wird, so daß die Gewebestruktur belebend sichtbar bleibt. Mit Ausnahme der roten Ecken und der schmalen Zonen, die sie verbinden, werden die Kästen im allgemeinen schwarz gelackt und mit makie verziert. Die sumi-aka-Kästen haben durch den einfachen, mit der Form harmonierenden Farbkontrast etwas kraftvoll-frisches, das von der erlesenen Eleganz früherer Lackkästen weit entfernt ist. Der Dekor, der bei ihnen im allgemeinen keine gewichtige Rolle spielt, ist natürlich in Muromachi-, Momoyama- und Edo-Zeit den jeweiligen Stilgesetzen entsprechend verschieden. (Das abgebildete Stück gehört schon in die frühe Edo-Zeit, es ist durch Beischrift auf das 5. Jahr Genna = 1619 datiert.) Versuchen wir, die Lackkunst der Muromachi-Zeit zusammenfassend zu charakterisieren: Obgleich die Tradition der späten Kamakura-Lacke in einigen Werken vor allem des 14. Jahrhunderts fortlebt, zeigen die meisten Lacke der frühen Muromachi-Zeit, also des 14. und 15. Jahrhunderts, den starken Einfluß Chinas. Am leichtesten erkennbar ist der Einfluß der chinesischen Malerei, der sich in Themenwahl und Komposition, im Verhältnis des Dekors zum „ B i l d g r u n d " , in der Art der Linienführung und im Streben nach räumlicher Tiefe ausspricht. Aber auch das chinesische Kunstgewerbe hat durch seine Formen ganz unmittelbar auf die japanische Lackkunst dieser Zeit eingewirkt, wie viele Negoro-Lacke beweisen. Für das 15. Jahrhundert und besonders für die Higashiyama-Zeit ist besonders kennzeichnend die enge Beziehung der Lackkunst zur Dichtung. Fast alle hervorragenden Lackarbeiten dieser Epoche lassen sich unmittelbar mit einem Gedicht in Verbindung bringen. Dieser starke literarische Gehalt ist neben den Einflüssen der Malerei und der takamakie-Technik ein weiterer Grund dafür, daß sich vorübergehend die enge Beziehung zwischen Geräteform und Lackdekor lockert und eine Verselbständigung des Lack-„Bildes" zu beobachten ist. Gegen Ende der Muromachi-Zeit, im 16. Jahrhundert, werden die chinesischen Elemente in der Lackkunst wieder schwächer — sie sind assimiliert, sind „japanisiert" worden — und erneut tritt der japanische Sinn für Flächigkeit, für rhythmisch-dekorative Wirkung in den Vordergrund. Räumliche Tiefe und literarische Assoziationen — so kennzeichnend für die Higashiyama-Lacke — verschwinden im Lauf dieser Ent-
Muromachi-Zeit.
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wicklung oder werden doch sehr viel seltener. Deutlich läßt sich in den Spätwerken eine Tendenz verfolgen, die zu größerer Einfachheit führt, zu stilisierender Zusammenfassung ehemals kleinteilig dargestellter Einzelformen (ζ. B. die Kiefernnadeln oder Blüten) und zu betonter Flächigkeit. Aber daneben, wenn auch stärker zurücktretend, läuft die traditionelle Richtung weiter, die auf den Higashiyama-Lacken und letztlich noch auf Werken der Kamakura-Zeit fußt. Selbst die neuen Elemente bleiben noch innerhalb jenes Rahmens, den wir mit dem für die Lackkunst ungenauen, zwiespältigen Begriff des Muromachi-Stils bezeichnen müssen. Es läge also nahe, die Muromachi-Lacke in folgende Gruppen zu unterteilen: in einen Frühstil, der stark von chinesischer Malerei beeinflußt ist (ζ. B. Abb. 73, 74, 81, 86); in die voll entwickelte, im Zeichen des takamakie stehende Stufe der Higashiyama-Ladke, die in engster Beziehung zur Dichtkunst stehen (Abb. 92, 95, 96, 97); und in einen Spätstil, in dem das Malerische und Poetische zugunsten des Dekorativen zurücktreten (Abb. 101, 102, 106). Aber eine solche Einteilung würde in unzulässiger Weise vereinfachen, da sie ein zeitliches Nacheinander vortäuschen würde, das in solcher Strenge nicht existiert. Zwar liegen die Akzente in der angedeuteten Richtung, aber das schließt nicht aus, daß die verschiedenen Stufen sich zeitlich überschneiden. Vom technischen Gesichtspunkt her ist folgendes zu sagen: Die alte raden-Technik, die seit der späten Heian-Zeit eine bedeutende Rolle gespielt hatte, wird in der Muromachi-Zeit aufgegeben und man wendet sich unter chinesischem Einfluß den dünneren aogai-Einlagen zu. Chinkinbori, Schnitzlack und Kamakurabori werden ebenfalls durch chinesische Vorbilder angeregt und bereichern die Spannweite der japanischen Lackkunst; auf dem rein japanischen Gebiet des makie dagegen entsteht nichts Neues. Alle Einstreu-Techniken, die auf Muromachi-Lacken vorkommen, waren schon seit spätestens dem Pflaumenbaum-tebako des Mishima-taisha (Abb. 59) bekannt. Neu ist nur, daß takamakie, kanagai und kirigane jetzt so stark in den Vordergrund rücken; daß man die verschiedenen künstlerischen Mittel häufiger kombiniert (ζ. B. bei der gleichzeitigen Verwendung von takamakie und togidashi), und daß durch den so hervorgerufenen Eindruck des technisch Komplizierten die handwerkliche Geschicklichkeit der Lackmeister und ein gewisses artistisches Element dem Betrachter viel stärker als zuvor, ja eigentlich zum erstenmal deutlich bewußt werden. Von einer einheitlichen Entwicklung der Lackkunst während der 12
von Rague
178
Muromachi-Zeit,
II
Muromachi-Zeit läßt sich also kaum sprechen; das Nachwirken der Tradation, die begierige Zuwendung zu chinesischen Vorbildern und auf technischem Gebiet mancherlei Experimente und Kombinationen führen vielmehr dazu, daß recht verschiedenartige Werke nebeneinander stehen können. Der Luxus der Higashiyama-Lacke und die Schlichtheit der Negoronuri-Arbeiten laufen nebeneinander her und sind nicht unmittelbar miteinander in Beziehung zu setzen; so unterschiedliche Werke wie der Hana-no-Shirakawa- und der Kasugayama-Schreibkasten brauchen nicht durch großen zeitlichen Abstand voneinander getrennt zu sein. Die größte Aufgabe und Leistung der Lackmeister der MuromachiZeit lag sicher nicht auf technischem, sondern auf stilistischem Gebiet, nämlich in der Auseinandersetzung mit der chinesischen Einflußwelle und in deren Umformung und Anverwandlung. Insofern hat die Lackkunst der Muromachi-Zeit vor einer ähnlichen Aufgabe gestanden wie seinerzeit diejenige der Heian-Zeit.
VII. Momoyama-Zeit Der Kampf aller gegen alle, zu dem die politischen Wirren Japans seit dem Ende des 15. Jahrhunderts ausgeartet waren, hatte im 16. Jahrhundert die vorher gültigen Machtverhältnisse gründlich verändert. Kaiserhof und Shögunat waren machtlos geworden, manches blühende Fürstenhaus war ausgestorben oder zu Bedeutungslosigkeit abgesunken, manche vorher unbedeutende Familie in eine führende Rolle aufgestiegen. Um diese Kämpfe durchzustehen, war nicht alter Adel entscheidend, sondern reale Macht, und nur den Mächtigsten konnte es gelingen, durch Niederzwingung der anderen Parteien allmählich das zerrüttete Land wieder zu einigen. Die drei Männer, die aufeinander folgend dieses große Werk vollbrachten, waren Oda Nobunaga (1534—1582), Toyotomi Hideyoshi (1536—1598) und Tokugawa Ieyasu (1542—1616). Die Zeitspanne zwischen dem siegreichen Einzug O d a Nobunagas in Kyoto im Jahre 1568 und der endgültigen Festigung des Tokugawa-Shögunats durch die Eroberung des Osaka-Schlosses, also die Spanne von 1568 bis 1615, wird als Momoyama-Zeit bezeichnet 1 . (Der Name ist von einem südlich von Kyöto liegenden O r t übernommen, an dem Hideyoshi sein berühmtes Fushimi-Schloß erbauen ließ.) N u r 47 Jahre dauerte die Momoyama-Zeit also, und doch war sie von entscheidender Bedeutung für die Geschichte und Kunstgeschichte Japans. Es war eine Zeit neuer Männer, neu sich bildender politischer Einheit und gesellschaftlicher Ordnungen, und eines neuen, kraftvollen Selbstgefühls. Tatkraft, Aktivität, neuer Wohlstand und Lebensbejahung kennzeichnen den Geist dieser Jahrzehnte; Freiheit, Großzügigkeit und Weltoffenheit beseelen diese Epoche, die mit überwältigendem elan vital aus dem Mittelalter ausbricht und neue, modernere Daseinsformen sucht. Handel und Seefahrt blühen auf und das Bürgertum wird reich. Nach den verwüstenden Kriegen der Muromachi-Zeit läßt ein unerhörter Aufbauwille zahlreiche Schlösser und Paläste entstehen, die prachtvoll eingerichtet werden; zerstörte Tempel werden wieder aufgebaut. Durch Portugiesen, Spanier und Holländer kommt westlicher, durch Kriegszüge gegen 12*
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Momoyama-Zeit
Korea koreanischer Einfluß ins Land, beide von den Künstlern schnell und begierig aufgegriffen und verarbeitet. Diese Zeit ist so lebendig, vielfältig und reich an neuen Ideen, daß manche erst in der Edo-Zeit völlig durchgeformt und gestaltet werden, während andere aufflackern und unter den veränderten Bedingungen der späteren Zeit wieder verlöschen. Bei aller Befreiung aus mittelalterlichen Formen und aller Zuwendung zu neuen Ausdruckslöglichkeiten wird jedoch nicht jede Brücke nach rückwärts abgebrochen. Auch in der Lackkunst lebt vieles an alter Tradition weiter, sowohl thematisch wie auch technisch; freilich nicht im Sinn einer einfachen Übernahme und Fortsetzung, sondern durch Neuformulierung aus einem unbefangenen modernen Geist. Diese konservative, traditionelle Richtung ist von nicht zu unterschätzender Stärke. Auffälliger und für die Momoyama-Zeit typischer sind freilich Lackarbeiten ganz neuer Art. Die Zentralgestalt der Momoyama-Zeit ist Hideyoshi. So wie er vom Sandalenbinder Nobunagas aufgestiegen war zum mächtigsten Mann im ganzen Land, so waren auch andere Männer in führende Positionen gerückt, die nicht von der literarischen Bildung und dem verfeinerten Geist der Muromachi-Zeit geprägt waren. Für das Meisterwerk der Higashiyama-Lacke waren ein Gedicht über das einsam-herbstliche Bergdorf und die Stimmung der Zurückgezogenheit vom Trubel der lauten Welt literarischer Vorwand und geistiger Hintergrund gewesen (s. S. 148). Für die neue Schicht führender Männer hatten solche literarischen Anspielungen kaum noch Bedeutung; Zurückgezogenheit, Ernst und gedämpfte Stimmung lagen nicht in ihrem Sinn. Ihre Mentalität spricht sich in den jetzt geschaffenen Kunstwerken aus, die leicht verständlich sind, unmittelbar ansprechend und großzügig; frei und voll Freude an Pracht, Reichtum, Farbe und Leben. In der Malerei lösen die strahlenden, auf Goldgrund gemalten Wandbilder und Stellschirme der Momoyama-Zeit die ernsten, vom Zen-Geist bestimmten Tuschmalereien der Muromachi-Zeit ab; in der Keramik folgt auf die schlichten, kunstlosen Gefäße der vorhergehenden Jahrhunderte die erste große Blüte mit so originellen, frischen Werken wie der Oribe- und Shino-Keramik; die Textilkunst — in der Muromachi-Zeit weitgehend von China abhängig — schafft mit Νδund Festgewändern eine strahlende Pracht sondergleichen, die einen Neubeginn für Japan darstellt; die Metallarbeiten werden farbenfroh (Cloisonne) 2 und aufwendig und auch die Lackkunst ist weitgehend von diesem neuen Geist geprägt. Zwar gibt es auch in der Lackkunst eine
Momoyama-Zeit
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Unterströmung, die in Ubereinstimmung mit den Idealen des großen Teemeisters Rikyü (1521 bis 1591) das Strenge und Herbe schätzt, aber sie wird überdeckt von der vorherrschenden Liebe zu strahlend-dekorativer und gedanklich unbeschwerter Schönheit. Es ist üblich geworden, die Lackarbeiten der Momoyama-Zeit zu drei großen Gruppen zusammenzufassen: zu den Lacken im traditionellen Stil, zu der besonders charakteristischen Gruppe der Ködai-ji-Lacke und zu den sogenannten Namban-Ladken. Diese Hauptgruppen umfassen aber nicht alle Werke der Zeit, sie sind auch nicht streng gegeneinander abgeschlossen. Derselbe kraftvoll-großzügige, weltoffene und lebensfreudige Geist durchpulst alle diese Richtungen, und daher kommen viele Überschneidungen und Beeinflussungen bei den verschiedenen Typen der Momoyama-Lacke vor. Ein klassisches Werk der traditionellen Gruppe und zugleich die Abb. m früheste der wenigen datierten Lackarbeiten der Momoyama-Zeit ist ein Sattel mit zugehörigen Steigbügeln aus dem Besitz Hideyoshis (Ashi no ho makie-gura). Der Sattel selbst ist alt (eine Inschrift auf der Unterseite gibt das Datum von 1445), doch wurde er 1577 neu dekoriert: auf dem Vorderbrett befindet sich ein Tusche-Datum vom 5. Jahr Tenshö = 1577 und das Kakihan Hideyoshis. Der Entwurf zu diesem neuen Lackdekor, der eine blühende, von Tautropfen besetzte Schilfrispe zeigt, soll von dem berühmtesten Maler der Zeit stammen, von Kanö Eitoku (1543 bis 1590) 3 . Diese Uberlieferung läßt sich nicht beweisen, doch hat Kanö Eitoku auch sonst für Hideyoshi gearbeitet: er hat sowohl dessen Schloß in Osaka wie auch den Yurakutei-Palast in Kyötö mit seinen Bildern ausgeschmückt. Schon seit der Muromachi-Zeit war es ja üblich, daß berühmte Maler auch Vorzeichnungen für Lackarbeiten schufen. Die Rispe ist in stark erhobenem Gold-takamakie auf Schwarzlackgrund gearbeitet, für die Blattadern und Tautropfen sind Goldblech und Silbereinlagen verwendet. Die technische Ausführung ist damit traditionell, waren doch takamakie und Metalleinlagen (kanagai) die bevorzugten Lacktechniken der Muromachi-Zeit. Aber die Einfachheit des Motivs — ein einziger Schilfzweig ohne jede literarische Bedeutung — und die vollkommene Sicherheit, mit der dies Motiv zu dekorativer Wirkung gebracht wird, sind aus dem großzügigen Geist der Momoyama-Zeit geboren. Wohl erst in der Momoyama-Zeit entstanden ist ein Schreibkasten, Abb. 112 der deutlich noch in der Tradition der Muromachi-Lacke steht (Sumiyoshi makie-suzuribako). Die Außenseite des Deckels zeigt auf Schwarzlack-
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Momoyama-Zeit
Momoyama-Zeit
Abb. 112.
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Sumiyoshi-Schreibkasten. Ende 16. Jh. Japan. Privatsammlung.
grund den Eingang zu einem Shintö-Heiligtum (das durch die Darstellung auf der Innenseite des Deckels als der Sumiyoshi-Schrein erklärt wird), davor auf dem Strand die merkwürdige Darstellung eines Frosches. Im Innern des Deckels sind die Bauten des Sumiyoshi-Schreins mehr angedeutet als ausführlich dargestellt, der Einsatzkasten führt dieses Thema noch fort. Dieser Innendekor ist der Darstellung des Sumiyoshi-Schreins im Deckel des Ogurayama-Schreibkastens nahe verwandt (Abb. 105), der als ein Werk der Igarashi-Schule gilt. Auch noch andere Eigenarten lassen in diesem Sumiyoshi-Schreibkasten die Arbeit eines IgarashiMeisters vermuten, so ζ. B. der weitgehend freigelassene schwarze Lackuntergrund. Für eine relativ späte Entstehung, d. h. für die MomoyamaZeit, spricht u. a. ein ikonographischer Gesichtspunkt: Die Darstellung des Muschel- und Algen-Motivs (japanisch: kai to kaisö) kommt in der Muromachi-Zeit noch nicht vor, wird aber in der Momoyama-Zeit und besonders zu Anfang der Edo-Zeit ein beliebtes Thema. In ganz ähnlicher Form
184
Momoyama-Zeit
erscheint dieses Motiv ζ. Β. auf einem kleinen Kästdien der frühen EdoZeit (Abb. 137). Auch andere Wasserbewohner scheinen um 1600 zum bevorzugten Motivschatz gehört zu haben, so besitzt ζ. B. das TokugawaMuseum in Nagoya einen yukata (eine Art Sommer-Kimono aus Baumwolle) der Momoyama-Zeit, der nur mit großen Krebsen dekoriert ist4. Etwa um 1590 dürfte eine weitere Lackarbeit mit dem traditionellen Abb. in Thema der Sumiyoshi-Landschaft entstanden sein, nämlich ein Tisch im Tempel Ninna-ji (Sumiyoshi makie-tsukue). Hideyoshi soll ihn dem Kaiser Goyözei geschenkt haben, und da dieser von 1586—1611 regierte und Hideyoshi 1598 starb, läßt sich die Entstehungszeit in etwa einkreisen. Auch hier findet sich noch die in der Muromachi-Zeit besonders geschätzte Verbindung von takamakie, kanagai und kirigane, der Untergrund ist dicht gestreuter nashiji. Aber wie viel vom kräftigen, prachtliebenden Geist der Momoyama-Zeit spricht aus diesem Werk, wie viel Sinn für rhythmische Akzentverteilung und für großflächige, fast wie abstrakte Muster wirkende Formen! Wie sehr ist hier das Traditionelle von Thema und Technik neu durchdacht und formuliert, und wie rein japanisch ist dieser Dekor, der von der China-Liebe der Muromachi-Zeit gar nichts mehr weiß! Ein mit den „Drei lachenden Weisen im Tigertal" 5 dekoriertes Regal Abb. ii4 (Kokei-sanshö makie-dana) zeigt noch deutlicher die traditionellen Muromachi-Techniken, obgleich es wahrscheinlich etwas später als der Tisch entstanden ist. Wie aus schriftlichen Berichten bekannt ist, hat der Lackmeister Köami Chögen (1572—1607) ein Regal mit diesem Dekor nach den Anweisungen des Teemeisters Furuta Oribe (1544—1615) gearbeitet; die ausführliche Beschreibung des Regals ist erhalten. Nun existieren heute sechs sogenannte Oribe-Regale mit dem Kokei-sanshö-Dekor, von denen aber keines der alten Beschreibung genau entspricht. Das Regal im National-Museum Tökyö, das auf dem zweiten Querbrett die Drei Weisen beim Uberschreiten der Brücke zeigt, stimmt in seiner technischen Ausführung (takamakie, Gold- und Silber-kirigane, kanagai) am meisten mit den überlieferten Verfahren der Lackkunst überein, es gilt daher als frühestes dieser sechs Regale. Wahrscheinlich ist es eine zeitgenössische Kopie des von Köami Chögen geschaffenen Kokei-sanshöRegals. Seine Form mit Schränkchen und Schiebetür wird als zushi-dana, d. h. als Schrein-Regal bezeichnet. Während der ganzen Momoyama-Zeit sind also neben den neuartigen, modernen Lackarbeiten, über die noch zu berichten ist, auch viele
Μ
omoyama-Zeit
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Abb. 114.
Momoyama-Zeit
Regal mit den „Drei Lachern". Anf. 17. Jh. — 65,2 : 73,3 : 32,7 cm. National-Museum Tokyo.
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Momoyama-Zeit
in technischer Hinsicht völlig konservative Lackgegenstände angefertigt worden. Von den bisher genannten Werken dieser Art führt eine ungebrochene, aus der Muromachi-Zeit stammende Tradition bis zu jener berühmten Brautausstattung, die Köami Nagashige in der frühen EdoZeit (1639) zur Hochzeit von Ieyasus Tochter mit Tokugawa Mitsumoto, dem Fürsten von Bishü 6 , geschaffen hat (s. S. 244). Aber während diese Richtung zwar nicht unberührt von dem großzügigen, weltoffenen Geist der Momoyama-Zeit war, jedoch nichts eigentlich Neues schuf, gab es innerhalb der Lackkunst auch andere Tendenzen. Es gab Lackmeister, die die Fesseln der überlieferten Themen und Techniken sprengten und den neuen Bedürfnissen und dem neuen Geschmack entsprechend Lackarbeiten einer ganz anderen A r t schufen. Am reinsten verkörpern die sogenannten Ködai-ji-Lacke diesen neuen Stil; neben den großen dekorativen Wandmalereien und Stellschirmen der Zeit gehören sie zu den charakteristischsten Leistungen der gesamten Momoyama-Kunst. Sie stehen in besonders enger Beziehung zu Hideyoshi, denn ein großer Teil von ihnen ist für seinen persönlichen Gebrauch geschaffen worden. Hideyoshi und seine Frau sollen diese Lackgeräte besonders geschätzt haben. Ihr N a m e „Ködai-ji-makie" leitet sich ab von dem Kyötoer Tempel Ködai-ji, den Hideyoshis Witwe 1605 oder 1606 errichten ließ und in dem noch heute mehr als 30 solcher Lackgegenstände erhalten sind. Doch werden auch Lackarbeiten, die sich in anderem Besitz befinden, die aber denselben Stil aufweisen, als Ködai-ji-Lacke bezeichnet. Von den im Tempel befindlichen Gegenständen seien hier ein Schriftenkasten (Akikusa (Akikusa
yu-oke)
ein tragbarer Kasten für Gedichthefte
makie-bunko),
makie-kasho-tansu),
eine H e i ß w a s s e r k a n n e
(Akikusa
makie-
und ein Satz blütenförmig miteinander verbundener Gewürz-
dosen (Kaede-kiri-kiku-mon
makie-yakmui-tsubo)
gezeigt;
Lacke in Privatbesitz sind ζ. B. ein Tablett (Semmen-susuki und ein Schreibkasten (Misu-matsu
makie-suzuribako).
Abb. 115 ^'JJ*
Abb. 1 is
Ködai-ji-
makie-bon)
Die Entstehungs-
jähre all dieser Stücke sind unbekannt, doch gibt es im Ködai-ji selbst einen zeitlichen Anhaltspunkt. Wie schon erwähnt, wurde dieser Tempel von Kitano Mandokoro, der Witwe Hideyoshis, errichtet; zum Bau wurden u. a. Teile des ehemaligen Hideyoshi-Schlosses von Fushimi verwendet. Dieses war 1594 in großer Pracht erbaut und schon zwei J a h r e später durch ein Erdbeben schwer beschädigt worden. Hideyoshi ließ es sofort wieder aufbauen, aber
Abb. 119 Abb. 120
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Momoyama-Zeit
Momoyama-Zeit
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Momoya.md-7.eit
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Abb. 118.
Gewürzdosen. Ende 16. Jh. — H. 7 cm, Dm. 22 cm. Kyoto, Kodai-ji.
Momoyama-Zeit
Abb. 119.
191
T a b l e t t mit Fächern und Gräsern. U m 1600. — 32,7 : 20,5 cm. Japan. Privatsammlung,
nach seinem Tod wurde es schon 1600 wieder zerstört. Ieyasu ließ es zwar 1603 nochmals herstellen, doch wurden große Teile des Fushimi-Schlosses an andere Orte übertragen und dort eingebaut, so eben auch beim Ködaiji'. Von den ursprünglichen Bauten des Ködai-ji ging später vieles durch Brände verloren, erhalten blieben jedoch die Kaizan-dö und die für die Lackkunst besonders wichtige Mitamaya (Ahnenhalle bzw. Alausoleum). In dieser Mitamaya befindet sich eine Art Estrade, zu der vier Stufen aufsteigen, zu beiden Seiten von einem Geländer begleitet. Auf der Estrade sind rechts und links zwei Schreine, die Holzplastiken von Hideyoshi (rechts) und Kitano Mandokoro (links) enthalten. Treppe, Geländer, Sockel und Schreintüren sind mit strahlendem makie-Dekor auf Schwarzlackgrund verziert: Geländer und Sockel zeigen Musikinstrumente; die Treppe sogenannte „hana-ikada" (auf Wellen treibende Blumenflöße); die Türflügel des Hideyoshi-Schreines sind außen mit susuki-Gräsern und kiri-Wappen geschmückt (innen mit Ahorn, Chrysanthemen und kiri-Wappen), und die Türen des Kitano MandokoroSchreins außen und innen mit Kiefern und Bambus. Bei einer Restaurierung — im allgemeinen ist der Erhaltungszustand gut — entdeckte man vor einigen Jahren auf der Innenseite des Hideyoshi-
Abb 121
-
Momoyama-Zeit
192
Abb. 120.
Misu-matsu-Schreibkasten. A n f . 17. Jh. — J a p a n . P r i v a t s a m m l u n g .
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Momoyama-Zeit
Schreins innerhalb des makie-Dekors zwei Inschriften: „Bunroku 5. Jahr (1596) 12. Monat Kyü tsukuru kore" und „Köami Kyü tsukuru kore". Das heißt, daß diese Türen 1596 von Köami Kyüjirö gemacht wurden, ein Jahrzehnt vor der Errichtung des Ködai-ji und also für das FushimiSchloß. Dieser Lackmeister Kyüjirö, der unter dem Künstlernamen Nagayasu (Chöan) in der offiziellen Zählung als 7. Meister der Köami-Schule gilt und dessen Vater Lackarbeiten für Oda Nobunaga gefertigt hatte, war bereits in früher Jugend Hideyoshi begegnet. Im Alter von 15 Jahren soll er nämlich seinen Vater zu einer Audienz bei Hideyoshi begleitet und dabei den Lackdekor eines Weihrauchtabletts mit Pflaumen und Nachtigallen angelegt haben. Nachdem er ihn sauber in makie ausgeführt hatte, verehrte er Hideyoshi das fertige Tablett und wurde von diesem sehr gelobt. Wenn die überlieferten Daten stimmen, nach denen Kyüjirö 1610 im Alter von 45 Jahren starb 8 , muß diese Audienz 1581 stattgefunden haben und Kyüjirö wäre 30 Jahre alt gewesen, als er die im Ködai-ji erhaltenen Schreinflügel für das Fushimi-Schloß machte. Nach Hideyoshis Tod hat er für Tokugawa leyasu gearbeitet und 1610 berief ihn Tokugawa Hidetada, seit 1605 Shögun, in die neue Residenz nach Edo, dem heutigen Tökyö. Auf dem Weg dorthin stürzte Kyüjirö jedoch vom Pferd und starb. Außer Kyüjirös Namen auf der Schreintür fand man bei der Restaurierung ferner auf der Unterseite eines Geländerbalkens die Schwarzlacksignaturen von Shinjirö, lemon und Wakaemon, vermutlich ebenfalls Angehörigen der Köami-Schule 9 . Über die Entstehungszeit dieser für das Fushimi-Schloß gearbeiteten und in den Ködai-ji übertragenen Bauteile sowie über die Lackmeister, die sie geschaffen haben, bestehen also keine Zweifel. Andere von Fushimi übertragene und mit Lackdekor versehene Architekturteile, die denen des Ködai-ji in Stil und Technik entsprechen, befinden sich heute in der Haupthalle des Tsukufusuma-jinja 1 0 (zwei mit Herbstgräsern, Chrysanthemen, kiri-Wappen usw. schön verzierte Pfeiler, die zu Nationalen Kunstschätzen erklärt worden sind) und im Sambö-in des Tempels Daigoji bei Kyoto, wo eine mit Herbstpflanzen dekorierte tokonoma-Schwelle erhalten ist11. Da der Dekor dieser von Köami-Meistern signierten Architekturteile technisch, ikonographisch und stilistisch den lackierten Geräten im Ködaiji entspricht, darf man annehmen, daß auch diese von Angehörigen der
Momoyama-Zeit
195
Köami-Schule geschaffen wurden. Der Gedanke liegt nahe, daß die Geräte zusammen mit dem Architekturschmuck nach einheitlichem Entwurf für das Fushimi-Schloß gearbeitet worden sind, also etwa seit 1594. Ihr Stil hat sich allerdings noch bis in die frühe Edo-Zeit fortgesetzt (s. S. 219). Was ist nun das Besondere, das Kennzeichnende der Ködai-ji-Lacke? Eine ganze Reihe von Merkmalen müssen hier genannt werden. In ikonographischer Hinsicht vor allem das Leitmotiv der Herbstpflanzen, zu denen auch die susuki-Gräser gehören, und denen sich bei den Ködai-jiLacken häufig noch Chrysanthemen, Kiefer und Bambus gesellen; sodann die kiri- und Chrysanthemenwappen, die Hideyoshi häufig benutzte. Die Herbstpflanzen werden nicht, wie bei den Kamakura-Lacken, im Zusammenhang ganzer Herbstlandschaften dargestellt und nicht in Verbindung mit Rehen, Insekten und Vögeln wie dort. Stattdessen besteht der Dekor der Ködai-ji-Lacke — von wenigen, mehr kompositionell als thematisch wichtigen Erdschollen abgesehen — nur aus den Blütenzweigen, Gräsern und Ranken selbst. Diese werden in ganz neuer Freiheit allein unter den Gesichtspunkten ihrer natürlichen Schönheit und rhythmischen Bewegtheit dargestellt. Die Linie, ihre Richtung und ihr Schwung erhält dabei einen neuen dekorativen Wert. Ebensowenig wie die Pflanzen hier Teil einer Landschaft sind, sind sie tiefsinnige Symbole oder Träger literarischer Anspielungen, wie etwa die Pflaumen- und Kirschblüten der Muromachi-Lacke. Der Ködai-jiDekor gibt ausschließlich das sinnlich-sichtbare Erscheinungsbild der Pflanzen wieder, den „schönen Schein" der N a t u r . E r ordnet diese klare, auch dem ungebildeten Emporkömmling jener Zeit leicht verständliche Darstellung in großzügige Kompositionen, die von einem starken Gefühl für Rhythmus und Linie bestimmt sind und die sich der Geräteform gut anpassen. Diese einfache, durch ihren Bewegungsrhythmus bestechende Linienschönheit, die sich aus dem Motiv der Gräser, Zweige und Ranken wie von selbst ergibt, wird bei den Ködai-ji-Lacken immer wieder in Kontrast gesetzt zu statischen Elementen, die nicht durch die Linie, sondern durch die satte, volle Fläche wirken. An erster Stelle sind das die großen kiri-Wappen. (Auf sehr vielen Ködai-ji-Lacken vorkommend, aber bei den abgebildeten Stücken nur bei der Heißwasserkanne und der Tür des Hideyoshi-Schreins sichtbar.) Diese sind in heraldischer Geschlossenheit und Unbeweglichkeit den leichtbewegten Gräsern und Zweigen entgegengestellt. Hier besteht nicht nur ein Kontrast zwischen Linie und Fläche, 13'
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sondern ein noch stärkerer zwischen N a t u r f o r m e n und stilisierten G e bilden. E i n ähnlich frappierender Gegensatz findet sich bei dem T a b l e t t A b b . 119, wo große, schwingende, mit T a u t r o p f e n besetzte Gräser in überraschender Weise mit feinteilig dekorierten F ä c h e r b l ä t t e m k o m b i niert sind, die obendrein noch in völlig abweichendem Größenverhältnis dargestellt sind. Besonders beliebt ist bei den K ö d a i - j i - L a c k e n jener K o n t r a s t , auf dem die bezwingende W i r k u n g des Schriftenkastens A b b . 115 und des Schreibkastens A b b . 1 2 0 beruht: die diagonale Verzahnung zweier in Farbe, M o t i v und R h y t h m u s verschiedener Felder auf einer oder mehreren Abb. us Seiten des Gegenstandes. Bei dem Schriftenkasten, der wohl das berühmteste Beispiel dieses Stils ist, begegnen sich auf allen Außenseiten je ein Schwarzlackfeld mit gebogenen, schwankenden, leicht bewegten H e r b s t pflanzen und ein nashiji-Feld mit strengen, senkrechten, parallel geführten Abb. i2o Bambusschäften. Beim Schreibkasten stehen sich einerseits Chrysanthemenzweige und Wassernußranken auf Schwarzlack und andererseits ein goldener Bambusvorhang (misu) mit K i e f e r und drei k i r i - W a p p e n gegenüber. W i e hier das Lockere, Vereinzelte, Bewegte und Kurvige der Zweige und R a n k e n in K o n t r a s t gesetzt ist zu dem waagerecht und senkrecht streng Gebundenen des Vorhangs und dem fest Verwurzelten des stämmigen Kiefernbaums, wie die Flächenwerte des schwarzgrundigen und des golden wirkenden Teils einander das Gleichgewicht halten, das zeugt von geistreichster Erfindung und kraftvoll-sensiblem künstlerischen G e f ü h l . E i n e besondere D y n a m i k erhält der K o n t r a s t bei beiden K ä s t e n noch durch die blitzförmige Verzahnung der gegensätzlichen Felder. Diese kontrastreichen Kompositionen, die das Auge gleichsam schokkieren und die dadurch so wirkungsvoll sind, bilden keineswegs ein Privileg der Ködai-ji-Lackmeister. Sie finden sich in der M o m o y a m a - Z e i t noch viel häufiger bei den damals neu aufblühenden und daher weniger stark von T r a d i t i o n eingeengten Künsten der K e r a m i k und der Textilien, j a sie sind vielleicht von dort aus in die F o r m e n w e l t der K ö d a i - j i - L a c k e eingedrungen. Bei den Textilien hat diese Lust am Gegensatz zum Beispiel zu den sogenannten „ K a t a m i - k a w a r i " - K i o m o n o s geführt, bei denen vorn und hinten farblich und materialmäßig verschiedene Stoffe auf effektvollste Weise aneinanderstoßen. Sie äußert sich auch bei Mustern, die über die ganze K i m o n o b r e i t e keilförmig ineinander verzahnt sind und a b wechselnd naturalistische Streublümchen-Motive und geometrische P ü n k t chenmuster zeigen 12 . Innerhalb der K e r a m i k sind es die
Oribe-Waren,
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deren Hauptwirkung auf den farblichen und formalen Kontrasten beruht. Abb. 122 In all diesen Werken und auf all diesen Gebieten äußert sich der für die Momoyama-Zeit typische Sinn für dekorative Effekte, für das phantasievoll Lebendige und völlig Unkonventionelle. Gerade weil diese auf allen Kunstgebieten hervortretenden Elemente zum Grundzug der Ködai-jiLacke werden, kann man diese geradezu als Exponenten der MomoyamaLackkunst bezeichnen.
Abb. 122.
Oribe-Deckeldose. Ende 16. Jh. Japan. Privatsammlung.
Aber noch etwas anderes gehört zum Wesen der Ködai-ji-Lacke: ihre Technik. Zu den einfachen Themen und der klaren Zeichnung tritt in völliger Abweichung von den reichen und komplizierten traditionellen Techniken ein betont einfaches Verfahren. Der Dekor wird fast ausschließlich in Goldhiramakie ausgeführt, das nach dem Einstreuen nicht mehr — wie sonst üblich — poliert wird (sogen, maki-hanashi). Die erwünschte lebendige Farbdifferenzierung erzielt man entweder durch wechselnde Dichte der Einstreuung oder sehr häufig durch e-nashiji, d. h. durch nashiji, der innerhalb des Dekors selbst — nicht nur für den Untergrund — verwendet wurde. Er sticht farbig sehr reizvoll von der normalen Goldpulver-Einstreuung und dem Schwarzlackgrund ab.
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Zuweilen und nur an kleinen Partien hatten auch die Lackmeister früherer Zeit von dieser Möglichkeit schon Gebrauch gemacht, aber erst in der Momoyama-Zeit wird e-nashiji zu einem entscheidend wichtigen und oft angewendeten Element des Dekors. Zu maki-hanashi und e-nashiji tritt bei den Ködai-ji-Lacken als dritte und ebenfalls einfach zu handhabende Technik noch harigaki hinzu, das Wiederfreilegen feiner Linien durch Auskratzen der schon bestreuten, aber noch nicht getrockneten Goldlackfläche mit einer Nadel. Auch dieses Verfahren ist nicht neu13, wird aber erst jetzt häufig angewandt. Es ermöglicht flüssige, zeichnerisch bewegte Linien, die als Blattadern und Blüten-Innenzeichnung viel zum anmutigen Charakter der Ködai-jiLacke beitragen. So stehen Dekor formen, Komposition und Technik in harmonischem Einklang, sie bilden einen leicht verständlichen, sehr dekorativen Stil von strahlender Frische und Schönheit. In ihrer unbefangenen, großzügigeinfachen Pracht sind die Ködai-ji-Lacke tatsächlich ein vorzüglicher Ausdruck der neuen, unkonventionellen Zeitströmungen; sie entsprechen ganz und gar den gleichzeitigen Werken der Keramik und Textilkunst. Die dritte große Gruppe der Momoyama-Lacke steht den Ködai-jiLacken näher als die traditionellen Arbeiten es tun. Es handelt sich um die sogenannten Namban-Lacke. Mit „Namban" wurde in jener Zeit alles bezeichnet, was vom südlichen Ausland kam, von den Philippinen, Java, Borneo usw. Da die Portugiesen, Spanier und Holländer von diesen südlichen Gebieten her zu den japanischen Küsten kamen, wurden sie als Namban-jin, als „südliche Barbaren" bekannt. Namban-Lacke sind erstens solche, die diese Ausländer selbst (meist Portugiesen) oder mit ihnen zusammenhängende Motive wie Gewehre, Spielkarten, Tabakspfeifen etc. darstellen, und zweitens solche, die auf Bestellung der Ausländer und daher oft in fremdem, nicht-japanischen Stil hergestellt wurden14. Hierzu gehören vor allem Dinge, die von den Missionaren und den japanischen Christen benutzt wurden und deren Dekor in Beziehung zum Christentum steht. Hierzu zählen aber auch Lackgeräte, die von vornherein zu Exportzwecken von den ausländischen Kaufleuten bei den japanischen Lackmeistern bestellt wurden. Von Arbeiten dieser Art wurde schließlich auch der Dekor solcher Lackgegenstände beeinflußt, die weder Ausländer darstellten noch deren Zwecken dienten, die aber wegen der stilistischen
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Zugehörigkeit auch noch zu den Namban-Lacken gerechnet werden müssen. Die Namban-Lacke wurden (mit Ausnahmen innerhalb der zuletzt genannten Gruppe) weder in den klassisch-traditionellen Techniken noch in der neuen, einfachen Art der Ködai-ji-Lacke hergestellt. Vielmehr versuchten die Lackmeister, die fremden Themen sozusagen mit fremden Mitteln zu bewältigen: koreanische Perlmutt-Techniken, chinesische Rankenmotive und durch die Europäer vermittelte geometrische Muster verbinden sich mit den neuen Themen und Formen zu einem für Japaner auch heute noch wahrhaft „exotisch" wirkenden Gemisch ganz eigener Prägung. Das Herbstgräser-Motiv, das für die Ködai-ji-Lacke so typisch ist, kommt bei den Namban-Lacken zwar auch häufig vor, aber meist viel gedrängter in der Komposition und oft in Verbindung mit Tieren und Vögeln. Eine Datierung der Namban-Lacke ist schwierig: die frühesten von ihnen können schon vor den Ködai-ji-Lacken entstanden sein, denn schon seit der Mitte des 16. Jahrhunderts kamen portugiesische Missionare und Kaufleute nach Japan, später von Spaniern, Holländern und Engländern gefolgt; die spätesten, für den Export bestimmten Nambanlacke reichen noch weit ins 17. Jahrhundert hinein15. Allerdings gehören diese späten Dinge kaum noch in den Zusammenhang der japanischen Lackgeschichte. Sie sind Exportware, und ihr Dekor ist nicht mehr vom Stil der Momoyama-Zeit und kaum von dem der Edo-Zeit bestimmt; er nimmt den Wünschen der Besteller entsprechend nun Formen an, die eher als „Japonismus" denn als japanische Kunst zu bezeichnen sind. — Die gemalten japanischen Stellschirme mit Ausländer-Darstellungen werden im allgemeinen in die Zeit von etwa 1590 bis 1614 datiert — jedenfalls soweit sie christliche Motive enthalten — und wahrscheinlich darf man für die meisten Namban-Lacke eine ähnliche Entstehungszeit annehmen. Ein Musterbeispiel für den Dekor mit Portugiesen-Darstellung bietet Abb. 123 ein Faltstuhl, der sich heute im Tempel Zuikö-ji in Kyöto befindet (Nambanjin makie-köisü). Das Rückenbrett schildert nicht nur die Ausländer mit ihrer kennzeichnenden Tracht und ihrem fremdartigen Profil, sondern bietet mit dem Hund, dem Weintraubenzweig und den das Brett rechts und links einfassenden „Namban-Ranken" noch eine Reihe weiterer für diese Gruppe von Lackarbeiten typischer Motive. Die Namban-Ranken, eine vorher der japanischen Kunst ganz fremde Form, die während der Momoyama- und frühen Edo-Zeit in mehreren Varianten auftritt, sind in
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Abb. 123.
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Faltstuhl mit Portugiesen-Darstellung. A n f . 17. Jh. — H . 1,05 m. Kyoto, Zuikö-ji.
Anlehnung an chinesische Ranken entstanden, die vor allem vom Porzellan her bekannt waren 16 . Auch vom technischen Gesichtspunkt her ist dieser Stuhl ein gutes Beispiel, denn wie bei ihm wird bei vielen Namban-Lacken Gold-hiramakie und e-nashiji mit Silber-hiramakie verbunden. Das ist insofern erwähnenswert, als die Ködai-ji-Lacke niemals eingestreutes Silberpulver aufweisen. Vergleichbare Ausländer-Darstellungen gibt es bis in die frühe EdoZeit auf Lackgegenständen verschiedenster Art: auf Sätteln, Steigbügeln, einer Aufbewahrungsflasche für Schießpulver, Schreib- und anderen Kästen 17 . — Zu den Gegenständen, die dem religiösen Gebrauch dienten, gehören vor allem fünf zylindrische Hostiendosen, die auf dem Deckel die Buchstaben I H S (Jesus Hominum Salvator) tragen 18 , kombiniert mit den drei Kreuzesnägeln und einem Blumenkreuz. Da es später zur Zeit der 1614
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einsetzenden harten Christenverfolgungen lebensgefährlich sein konnte, christliche Gegenstände zu besitzen, ist die Erhaltung dieser Dosen ein besonderer Glücksfall. Andererseits wird daher verständlich, daß auf einer von ihnen die verräterischen Buchstaben IHS später abgekratzt worden sind. Wie alle christlichen Geräte sind die Hostiendosen sicherlich vor 1614 entstanden. Abb. 124 u. 125 zeigen eine der Dosen, heute im Besitz des Tempels Abb. 124 Tökei-ji in Kamakura (Budö makie-seiheibako). Die zentrale Darstellung Abb. 125 des IHS-Monogramms auf dem Deckel ist von einem Strahlenkranz umgeben, der aus Goldlack und Perlmutter gearbeitet ist und außen von einer Namban-Ranke eingefaßt wird. Bei den anderen Dosen tritt an Stelle der Ranke ein Band mit Sägezahn-Muster. Dieses Muster, für das besonders gern Perlmutteinlagen verwendet werden und das bei Namban-Lacken immer wieder vorkommt, stammt aus dem Formenschatz der koreanischen Lackkunst der Li-Zeit (1392—1910). Diese war zwar durch mancherlei Handelsbeziehungen in Japan auch schon während der Muromachi-Zeit bekannt, scheint aber — im Gegensatz zu chinesischen Perlmutt-Lacken — damals noch keinen Einfluß auf die japa-
Abb. 124.
Hostiendose. Vor 1614. — H . 9 cm, Dm. 11,3 cm. Tökei-ji, Provinz Kanagawa.
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A b b . 125.
H o s t i e n d o s e . Aufsicht.
nischen Lackmeister ausgeübt zu haben. Deutlich spürbar wird der koreanische Einfluß sowohl in der Lackkunst wie bei der Keramik erst durch die beiden Korea-Kriege Hideyoshis (1592—93 und 1597—98), in deren Verlauf viele koreanische Handwerker und erbeutete Gegenstände nach Japan kamen. In der Lackkunst zeigt sich dieser Einfluß auf verschiedene Weise: durch eine Bevorzugung der farblich reizvollen Awabi-Muschel im Gegensatz zur bislang meist verwendeten Yakugai-Muschel; durch Formen wie Sägezahn- und Perlstabmuster; durch neue Rankenformen (s. S. 229); durch die Vorliebe für ungeformte, nicht zu Dekorteilen zurechtgeschnittene Perlmutt-Einlagen und durch „warigai", d. h. durch Einlagen von Perlmuttstücken, die man absichtlich mit Sprüngen versehen hatte 19 . Bei den Hostiendosen tritt sowohl das Sägezahn-Muster auf wie auch das Einlegen ungeformter Perlmuttstücke, das den „exotischen" Charakter so verstärkte. Diese sind in der Abbildung auf der Seitenwand der Tökei-ji-Dose deutlich zu erkennen. Viele Lackarbeiten sind in der Momoyama- und frühen Edo-Zeit auf Bestellung der europäischen Kaufleute hin angefertigt worden, auch zu einer Zeit, in der das Christentum schon verfolgt wurde. Es ist kein
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Zufall, daß sich die meisten solcher Gegenstände — in erster Linie Truhen und Kabinettschränke — heute in europäischem Besitz befinden, wurden sie doch für den Export hergestellt. Ein Kabinettschränkchen im Kunsthistorischen Museum Wien dürfte Abb. 126 zu den am frühesten nach Europa gekommenen Stücken dieser Art gehören; es wurde schon 1596 im Inventar der Sammlung Ambras des Erzherzogs Ferdinand von Tirol verzeichnet 20 . Wie erhaltene Briefe und Tagebücher beweisen, haben zu Beginn des 17. Jahrhunderts rege Beziehungen zwischen den europäischen Kaufleuten und den Lackmeistern in Kyoto bestanden; vielleicht sind alle Namban-Exportlacke in wenigen Kyötoer Werkstätten gearbeitet worden. In einer solchen Werkstatt, die für Europäer arbeitete, sind 1617 fünfzig Lackarbeiter in Tag- und Nachtschichten tätig gewesen21, ein Beweis dafür, wie zahlreich die Aufträge auch nach dem Verbot des Christentums waren. Die Lackmeister lackierten und dekorierten für die Ausländer mancherlei Gegenstände, die in Japan selbst nicht bekannt waren und für die man daher nicht einmal passende Namen hatte. So wurden (und werden) ζ. B. kleine Truhen mit gewölbtem Deckel (eine in Japan ungebräuchliche Form) als „Kästen in Fischwurst-Form" bezeichnet (kamabokogata), da man kein unserem Begriff „Truhe" entsprechendes Wort kannte bzw. da sich mit dem Wort „hitsu" andere Formvorstellungen verbanden (nämlich Truhen mit flachem Deckel). Eine besonders schöne und gut erhaltene kleine Truhe dieser kamaboko-Form befindet sich seit einigen Jahren in deutschem Privat- Abb. 127 besitz. Deutlich zeigt ihr Dekor den frischen, lebendigen Stil der Momoyama-Zeit. Die Herbstpflanzen sind weniger auf rhythmisch-lineare Schönheit im Sinne der Ködai-ji-Lacke hin komponiert als vielmehr als dichte, dekorative Flächenfüllung. Ein sehr unjapanischer horror vacui ist bei vielen Namban-Lacken festzustellen und muß wohl auf die Dekorwünsche der Auftraggeber zurückzuführen sein. Die makie-Partien stehen in lebhaftem Kontrast zum Perlmutter, das einerseits in ungeformten Stücken in den Streu-Dekor verteilt ist, andererseits in Sägezahn- und Rautenbändern eine feste, klare Gliederung des Truhenkörpers bildet. Drei weitere solcher kamabako-Truhen sind der abgebildeten in Größe, Motiven, Technik und gesamtem Stil so nah verwandt, daß man sie der gleichen Werkstatt oder gar einem einzigen Meister zuschreiben möchte. Eine von ihnen, im Itsuö-Museum in Ikeda-shi bei Osaka, besitzt
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einen Außenkasten mit dem Namen „Dona Ana Aarz ( = Alvarez) Giron" und das Wappen der spanischen Familie Giron. Sie ist also, auch wenn sie ihr Ziel nie erreicht hat und in Japan blieb, eindeutig für spanische Auftraggeber gearbeitet worden22. Geometrische Elemente wie Streifen, Dreiecke und Rauten finden sich nun häufig in der Lackkunst. Audi sie sind ein typischer Bestandteil der Momoyama- und frühen Edo-Arbeiten und zeigen die Begierigkeit, mit der fremde Motive auch außerhalb des figürlichen Bereichs aufgenommen wurden. Für die Lackkunst, in der seit der Heian-Zeit fast ausschließlich aus der Natur stammende Motive verwendet worden waren — mit Ausnahme der „textilen" Rundmuster der Kamakura-Zeit, vgl. S. 95 — stellen diese geometrischen Muster etwas völlig Neues dar. Sie werden in der Momoyama- und frühen Edo-Zeit gern als Rahmungen der dekorierten Flächen verwendet. In diesem, der ostasiatischen Kunst wesensfremden Sinn treten geometrische Elemente auch bei dem berühmten Abb. 128 Spielbrett im National-Museum Tokyo (Kiyomizu-Sumiyoshi makieraden-sugorokuban) und bei einem Namban-Sekretär im Staatlichen Abb. 129 Museum für Völkerkunde in München auf. Wie sehr solche „westlichen" Elemente in der Momoyama- und FrühEdo-Zeit en vogue waren, zeigt sich auch darin, daß sie nicht auf die für Ausländer hergestellten Dinge beschränkt blieben, sondern auch auf rein japanischen Lackgeräten vorkommen. Zum Beispiel auf zwei zusammenAbb. 130 gehörigen Schwertkästen (Makie ni-shü tantöbako), die Hideyoshi der Überlieferung zufolge dem Daimyö Date Masamune von Sendai geschenkt hat. Während der Innenkasten auf Schwarzlackgrund in strenger Reihung das von Hideyoshi bevorzugte kiri-Wappen zeigt und innen mit silbernen Chrysanthemen auf nashiji geschmückt ist, ist der Außenkasten von einem sehr ungewöhnlichen Rautenmuster bedeckt. In den nicht vergoldeten Bändern zwischen den Rhomben wird die Holzmaserung unter einer Art von Shunkei-nuri deutlich sichtbar. Die hochstehende Leiste des Innenkastens, die den Deckel festhält, ist zudem noch mit Nambanranken dekoriert — alles in allem zwei sehr merkwürdige Kästen, in denen das Fremdartige und Ungewöhnliche geradezu gesucht erscheint. Abb. i3i Ebenfalls mit dem Namen Hideyoshis verbunden ist ein SchubladenSchränkchen, das Hideyoshi angeblich besonders geliebt und an Tokugawa Ieyasu verschenkt haben soll (Nashiji makie-tansu). Innen- und Außenseiten sind in lebhaftem Kontrast komponiert: außen die strenge geometrische Musterung, innen ein Dekor aus stilisierten Pflaumenblüten-
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S p i e l b r e t t . A u ß e n s e i t e . F r . 17. J h . National-Museum
Tökvo
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A b b . 129.
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N a m b a n - S e k r e t ä r . 17. J h . — 32 : 45 : 30 cm. M ü n c h e n , S t a a d . M u s e u m für Völkerkunde.
Ranken, die in eleganten Kurven die Schubladen-Fronten dicht überziehen. Auch bei diesem Schränkchen sind fremde und japanische Elemente eine eigenartige Mischung eingegangen 23 . Aber der Reichtum der Memoyama-Lacke ist mit den drei bisher besprochenen Gruppen der traditionellen Arbeiten, der Ködai-ji-Lacke und der Lacke im Namban-Stil (samt den von Namban-Stil beeinflußten Stücken) noch nicht erschöpft. Abb. 132 1602 entstand, wie eine Inschrift im Deckel berichtet, eine Truhe in der klassischen karabitsu-Form, deren klarer Bau von einem EfeurankenDekor aus goldenem makie souverän betont und ins Festliche gesteigert wird (Tsuta makie-karabitsu). Einfach ist die Technik, aber ganz hervorragend der Entwurf. Dieser Dekor zeigt, wie vorzüglich die japanischen Künstler jener Zeit ihre Liebe zur N a t u r und genaue Beobachtungsgabe mit großzügiger Stilisierung und flächenhafter Wirkung zu verbinden wußten; er zeigt, wie sie Gerät und Dekor wieder zu einer Einheit werden ließen. Und hier muß an den Nagi-tebako der Muromachi-Zeit erinnert
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14 von Raguc
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Abb. 131.
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Tansu mit Pflaumenranken-Dekor. Ende 16. Jh. — 71,5 : 103 : 56,1 cm. Nagoya, Tokugawa-Museum.
werden (Abb. 83), in dem sich diese typisch japanische Begabung für dekorativ-stilisierten Naturalismus zum erstenmal angekündigt hatte. Die Efeuranken-Truhe gehört dem Itsukushima-Schrein auf der Insel Miyajima. Sie wurde 1602 gestiftet, um als äußerer Aufbewahrungskasten für den kostbarsten Besitz des Schreins zu dienen, für die um 1165 entstandenen Sutrenrollen „Heikenö-kyö". Im gleichen Jahr 1602 weilte Sötatsu auf Miyajima, um diese Sutrenrollen zu restaurieren. Es ist durchaus denkbar, daß der geniale Maler den Dekor der Truhe entworfen oder doch beeinflußt hat, denn Efeuranken vergleichbarer Art sind in seinen frühen Werken zu finden24. Eindringlicher als selbst manche Ködai-ji-Lacke läßt die Truhe ein charakteristisches Merkmal der Momoyama- und Früh-Edo-Lacke erkennen: die außerordentlich gute Abstimmung des Dekors auf die Gegenstandsform. Vorbei ist die bildhafte Isolierung, die den Dekor der Muromachi-Lacke kennzeichnete; der beherrschende Einfluß der Malerei ist gebrochen und es entsteht eine fast modern anmutende, Form und Dekor eng verbindende Gerätekunst. Okada hat in einem sehr lesenswerten Artikel ausgeführt, daß die Momoyama-Zeit in ganz neuer Weise
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einen Sinn für das Wesen des Kunstgewerbes entwickelte, ein Verständnis für den Zusammenhang zwischen Verwendungsweck (Funktion) des Gerätes und seiner dekorativen Gestaltung 25 . Bei Lacken, Keramiken und sogar Textilien kann man jetzt von einer „funktionellen Schönheit" sprechen, die vorher unbekannt war. Während der Muromachi-Zeit hatte das Streben nach bildhafter Wirkung und literarischer Assoziation das Wesen des Lackdekors bestimmt; die Form des zu lackierenden Gegenstandes spielte dabei kaum eine Rolle. Kamakura- und Heian-Zeit hatten zwar Gegenstandsformen und Dekor aufeinander abgestimmt, aber eher aus sicherem künstlerischem Instinkt als aus bewußter Beachtung der Funktion. Die neue Aufmerksamkeit für Wesen und Form des Geräts wurzelt nach Okada zum Teil in der großen Sammelleidenschaft der MuromachiZeit. Durch den kritischen Umgang mit den gesammelten Gegenständen, vor allem wohl mit chinesischen Keramiken, entwickelte sich bei den Sammlern und Kunstfreunden ein waches Verständnis für funktionelle Schönheit. Ein Verständnis, das sich nun mit den neuen künstlerischen Impulsen der Momoyama-Zeit sehr glücklich verband. Das Ergebnis war nicht nur der im besten Sinn dekorative Charakter dieser Lacke, sondern auch das Entstehen vieler neuer, praktischer und auch für den täglichen Bedarf gut geeigneter Lackgegenstände. Hierzu gehören vor allem die tragbaren, mit Griffen versehenen Kästen und Schränkchen verschiedener Art, ζ. B. die bentöbako (mehrteilige Frühstückskästen) und sagedansu (tragbare Kabinettschränkchen mit Türen und Schubladen für Schreibutensilien etc.); hierzu gehören ferner Eßgeräte, bei denen drei, vier oder fünf Schalen gleicher oder verschiedener Form mit einem Tischchen durch gleichen Dekor zu Sätzen zusammengefaßt werden. Vor allem die „mitsu-wan" („drei Schalen") werden beliebt, bei Abb. 133 denen jeweils eine Schale auf hohem Fuß, eine auf niedrigem und eine tellerähnlich flache Schale zusammengehören. Zu diesen mitsu-wan zählen ζ. B. die sogenannten Hidehira-wan (nach einem nordjapanischen Fürsten benannt), die seit Ende der Muromachi-Zeit vor allem in den Provinzen Iwate und Miyagi hergestellt wurden. Innen rot und außen schwarz lackiert, tragen sie am Außenrand ein wolkenförmig geschweiftes Goldlackmuster, auf das rautenförmige Blattgoldfolie aufgedrückt wurde. Der untere Teil der Schalen zeigt Pflanzen- oder Blütenmotive. Gerade bei solchen Eßschalen, die für Suppe, Reis und Zuspeise bei jeder Mahlzeit gebraucht wurden, war die Form durchaus von der Funk-
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Abb. 133.
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Hidehira-wan. Fr. 17. Jh. Japan. Privatsammlung.
tion, vom Verwendungszweck bestimmt. Form und Größe des Fußes mußten den festen Stand der Schale garantieren; Höhe und Wölbung der Schalen wand mußten der greifenden H a n d entsprechen; die leichte Einziehung des Schalenrandes sollte das Trinken der Suppe erleichtern. Natürlich hatte es lackierte Eßschalen auch im japanischen Mittelalter schon gegeben. Aber es ist typisch für die Momoyama-Zeit, daß sich nun nicht nur der Dekor wandelt (und zwar in Entwurf und Technik), sondern daß auch die Geräteformen neu durchdacht und variiert werden. Der Grund liegt darin, daß die Lackkunst in dieser Zeit eine soziale Grenze überschreitet: von nun an sind schön dekorierte Lackgegenstände nicht mehr in erster Linie Weihegaben an Tempel oder repräsentativer Besitz der Adelsfamilien, sondern sie werden zu Gegenständen des täglichen Gebrauchs auch in den bürgerlichen Kreisen. Gerade ihre tägliche Verwendung im Alltagsleben wirkte sich belebend aus und führte zu veränderten oder neuen praktischen Formen. Diese Entwicklung, die sich weit in die Edo-Zeit hinein fortsetzt, fängt in der Momoyama-Zeit, im Zeitalter Hideyoshis an. Zu den Lackgeräten, die seit der Momoyama-Zeit in vielfältigsten Formen ausgebildet werden, gehören u. a. Teedosen für den usu-cha (eine Form der Tee-Zeremonie), die mit einem Sammelnamen als natsume bezeichnet werden 23 . So wie in der Tee-Zeremonie seit der MomoyamaZeit die sozialen Grenzen nach unten geöffnet wurden — Hideyoshi lud 1588 zu dem berühmten, zehn Tage dauernden Teefest von Kitano ausdrücklich auch Teeliebhaber aus niedrigen Ständen ein — so werden auf
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den lackierten Teedosen nun auch gern Szenen aus dem Alltagsleben darAbb. 134 gestellt. Auf einer schwarzlackierten Teedose der sogannten kinrinji-Form ist zum Beispiel in Goldmakie das Verlesen von Teeblättern gezeigt, ein deutlicher Hinweis auf den Verwendungszweck der Dose. Tee-Ernte und Tee-Verlesen wurden in Momoyama- und früher Edo-Zeit gern dargestellt, und zwar oft in Verbindung mit der Uji-Brücke (bei Uji wächst heute noch der beste Tee). Das berühmteste Beispiel dafür ist der „Ujibashi-byöbu" (Faltschirm) des Malers Morikage (tätig bis ca. 1680). Manche dieser Teebehälter sind signiert, doch lassen sich mit den Meisternamen — ζ. B. Hidetsugi, Seiami, Kisan etc. — keine näheren Vorstellungen verbinden. Ähnlich verhält es sich bei den lackierten SakeSchalen (sakazuki), die ebenfalls seit der Momoyama-Zeit in vielfältiger Weise dekoriert wurden 27 . Auch hier gibt es eine Fülle von Namen, doch sind ihre Träger eher als geschickte Facharbeiter denn als Künstler anzusehen. Schließlich ist die Momoyama-Zeit auch die Entstehungszeit der inrö, jener mehrteiligen, von den Männern am Gürtel getragenen kleinen
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Teedose mit U j i - D e k o r . Fr. 17. J h . J a p a n . P r i v a t s a m m l u n g .
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Medizindosen, die ihre Blütezeit vor allem im 18. und frühen 19. Jahrhundert hatten (s. S. 272) 28 . Aber wenngleich solche inrös auf Bildern der Momoyama-Zeit zu sehen sind, ist doch keines der erhaltenen Stücke mit Sicherheit so weit zurückdatierbar. Selbst inrös aus der frühen Edo-Zeit sind heute selten. Für mancherlei Gebiete läßt sich nachweisen, daß seit der Momoyama-Zeit nicht nur der Adel, sondern auch das wohlhabende Bürgertum Werke der Lackkunst schätzte und benutzte. Auf einem Sektor aber hat es anscheinend keine Popularisierung gegeben: auf dem der Schnitzlacke. Es ist heute noch eine ungeklärte Frage, seit wann in Japan Schnitzlackarbeiten hergestellt wurden und ob und wie sie sich von chinesischen Arbeiten unterschieden. Die japanischen Schriftquellen beweisen eindeutig, daß spätestens seit der Momoyama-Zeit in Japan Schnitzlacke hergestellt wurden und daß die Meister der sogenannten Tsuishu-Schule (s. unten) seit Anfang des 17. Jahrhunderts bis zum Ende der Edo-Zeit für das Shögunat gearbeitet haben. Die wirklichen Anfänge liegen im Dunkeln. Auf den Lackmeister Monnyü, der schon zu Zeiten Yoshimasas Schnitzlacke chinesischen Stils hergestellt haben soll, wurde schon hingewiesen (s. S. 122). In noch frühere Zeiten, nämlich bis ins 14. Jahrhundert, reicht der (legendäre?) Stammbaum einer Lackmeister-Familie zurück, die das Wort „Tsuishu" = „Schnitzlack" als Beinamen führte. (Zum Stammbaum derTsuishu-Meister siehe Anmerkung 29 .) Von den ersten sieben Meistern dieser Schule wissen wir nichts außer ihren Namen und den ungefähren Daten ihrer Tätigkeit. Der achte jedoch, ein Mann namens Tsuishu Heijirö, ist zwar nicht durch erhaltene Werke, aber durch literarische Quellen etwas besser faßbar. Und auf ihn berufen sich bis 1868 die folgenden Generationen der Tsuishu-Meister als auf ihren Schulgründer. Tsuishu Heijirö, mit anderem Namen als Chöshü (Nagamune) bekannt, hat in Edo für den Shögun Tokugawa Ieyasu (gest. 1614) gearbeitet, hat diesen aber um Jahrzehnte überlebt. Er soll 1654 gestorben sein. Ein Beweis dafür, daß er wirklich Schnitzlackarbeiten hergestellt hat, ist u. a. sein Künstlername: er bildete den Namen Yösei, indem er den Namen der berühmten chinesischen Schnitzlackmeister Yang Mao (in japanischer Aussprache Yömo) und Chang Ch'eng (japanisch Chösei) je eine Silbe entnahm. In dieser namentlichen Berufung auf Meister des späten 14. Jahrhunderts wird man wohl auch ein künstlerisches Programm
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sehen dürfen, nämlich die Anlehnung an frühe chinesische Schnitzlacke, nicht an die zeitgenössischen Wan-li-Lacke. Alle folgenden Meister der Tsuishu-Schule, die bis 1868 in den Diensten des Shögunats standen, nannten sich nach ihm Tsuishu Yösei; der 20. Meister dieses Namens starb 1952. Obgleich uns die Namen der Tsuishu-Meister in lückenloser Folge überliefert sind, wissen wir von ihren Werken nur wenig. 1687 soll der 10. Meister, der seit 1683 in den Diensten des Shöguns Tsunayoshi stand, einen Schnitzlack-Tisch angefertigt haben, für den er eine besondere Belobigung erhielt. Noch 1927 befanden sich zwei „Tsuishu Yösei" signierte und 170730 bzw. 171431 datierte Schnitzlackgegenstände in japanischem Privatbesitz. Leider sind beide Stücke, die für unsere Vorstellung alter japanischer Schnitzlacke so aufschlußreich sein könnten, heute verschollen und nicht einmal in Abbildungen überliefert. — 1796 wurde der 15. Meister mit einem runden Schnitzlack-Tisch beauftragt und 1861 schließlich führte der 18. Meister Reparaturen am Töshögü in Nikkö aus. Trotz all dieser Angaben, die die Existenz japanischer Schnitzlackarbeiten zumindest seit der Momoyama-Zeit eindeutig belegen, verbindet sich der Begriff Schnitzlack fast automatisch mit der Vorstellung „chinesisch". Von japanischer Seite aus ist man der Frage nach japanischen Schnitzlackarbeiten noch nicht genügend nachgegangen; nicht einmal das vorhandene Quellenmaterial wurde bisher systematisch zusammengestellt. (Von Europa oder Amerika aus läßt sich dieser Fragenkomplex nicht bearbeiten.) Bei dem großen Interesse, das an sich in Japan der Lackkunst entgegengebracht wird, ist dieses „Vergessen", diese Identifizierung von Schnitzlack mit chinesicher Arbeit sehr erstaunlich. Die Gründe mögen einerseits darin liegen, daß die japanischen Schnitzlacke zunächst absichtlich in enger Anlehnung an chinesische Vorbilder gemacht wurden, daß also bis zum 19. Jahrhundert keine spürbare Japanisierung in Technik oder Stil stattfand. Andererseits scheinen die japanischen Schnitzlacke seit Tsuishu Yösei bis zum Ende der Edo-Zeit fast ausschließlich für die Tokugawa-Familie hergestellt worden zu sein, sie waren also vielleicht nie sehr zahlreich. Es ist heute noch überaus schwierig, Schnitzlackgegenstände, die vor der Mitte des 19. Jahrhunderts gemacht sind, mit Sicherheit als japanisch zu erkennen, eben weil sich bei ihnen im Gegensatz zu den Kamakurabori-Arbeiten kein typisch japanischer Stil herausbildete. Gegen eine Japanisierung und Popularisierung der Schnitzlackkunst mag
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Abb. 135.
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Schwarzes Schnitzlack-kogo. Fr. 17. Jh. — H . 5,1 cm, D m . 19,8 cm. K a m a k u r a , Enkaku-ji.
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gesprochen haben, daß solche Werke den nach goldenem Dekor begierigen Neureichen des 17. Jahrhunderts nicht prächtig genug erschienen; für das einfache Volk waren sie als zeitraubende und daher teure Arbeiten ohnehin nie erschwinglich. Erst seit Mitte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts hat eine „Japanisierung" des Schnitzlacks stattgefunden, d. h. ein eigener, neuer Stil hat sich gebildet (s. S. 285). Wenn es erlaubt ist, von ihm aus rückwärts zu schließen, so scheint zweierlei für die japanischen Schnitzlacke typisch zu sein: eine naturalistische Darstellungsweise (die sich bei Pflanzen oft mit sehr eleganter Linienführung verbindet) und die Bevorzugung einheitlicher Reliefhöhen bzw. flächenhaft geschlossener Formen. Während der chinesische Künstler den Lack beim Schnitzen wie ein plastisches Material bearbeitete, das quasi durchmodelliert und abgerundet werden konnte, scheint der Japaner in stärkerem Maß einheitliche Flächen angestrebt zu haben, wenn auch in verschiedenen Reliefebenen. (Diese „Ebenen" sind oft für das Tastgefühl schneller zu erkennen als für das Auge, das durch Glanz- oder Schattenwirkungen getäuscht wird.) Solange keine sicher belegten und möglichst auch datierten japanischen Schnitzlacke bekannt werden, müssen solche Überlegungen jedoch Hypothesen bleiben. Zur Zeit können wir uns vom Aussehen früher japanischer Schnitzlacke keine Vorstellung machen, müssen aber akzeptieren, daß sie spätestens in und seit der Momoyama-Zeit für die Shögune herAbb. 135 gestellt wurden. Eine schwarze Schnitzlackdose (Τsuikoku-kögö), die nach allgemeinem consensus — aber ohne Beweise — heute als japanisch gilt und vielleicht aus der Momoyama-Zeit stammt, sei hier abgebildet.
VIII. Die frühe Edo-Zeit Der Übergang vom Momoyama-Stil zu dem der Edo-Zeit vollzog sich nur allmählich, so wie auch die politische Festigung des TokugawaShögunats mehrere Jahrzehnte beanspruchte. Will man zur Verdeutlichung der Entwicklung jedoch Akzente setzen und gewisse Zeitpunkte betonen, so kann das Jahr 1635 hervorgehoben werden. Zwei wichtige Ereignisse sind mit diesem Datum verbunden: die schroffe Abschließung Japans gegen das Ausland und die Bestimmung, daß die Daimyös abwechselnd je ein Jahr in Edo und eines auf ihren Besitzungen zuzubringen hatten. Diese Anordnung war einer der geschicktesten Schachzüge der Tokugawa-Shögune, um die Daimyös unter Kontrolle zu halten und ihre wirtschaftliche Macht durch kostspielige Lebenshaltung zu dämpfen. Ein kunstgeschichtlicher Markstein ist kurz darauf der Tod Köetsus im Jahre 1637. Bis zu dieser Zeit hin kann in der Lackkunst vor allem in Kyöto von einer Weiterentwicklung des Momoyama-Stils gesprochen werden. Hier haben vor allem die Ködai-ji-Lacke eine reiche und schöne Nachfolge. Die Vorliebe für verblüffende Kontraste tritt jetzt zurück, dafür wird bei gleichbleibend einfacher und lebendiger Technik die Komposition noch überlegter und ausgeglichener, zudem entstehen zahlreiche neue Typen von Lackgeräten. Ein Beispiel dieser Früh-Edo-Lacke in verfeinertem Ködai-ji-Stil Abb. i3ü ist ein mehrteiliger Speisekasten (Budö-risu makie-jikirö), dessen Form vielleicht von chinesischen Lackkästen angeregt ist. Auch das Motiv der Eichhörnchen in Weinranken stammt aus China. Der Dekor hat durch zwei verschiedene Goldtöne, durch e-nashiji und stellenweise besonders lockere Einstreuung die Wirkung von vier Farbnuancen, die mit dem glänzend schwarzen Grund sehr schön harmonieren. Dieser Kasten ist von außerordentlich ansprechender Eleganz. Andere Motive, die in der frühen Edo-Zeit häufig vorkommen, sind Pfeilwurzel-Blätter, Melonen und Flaschenkürbisse, Efeu, Waldreben, Winden und Ranken. Das Muschel- und Algenmotiv wurde bereits erwähnt (S. 183), und ein in der abgestuften Form besonders reizvolles Kästchen mit diesem Dekor sei hier abgebildet (Kai to kaisö makie- Abb. 137
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Abb. 136.
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Speisekasten mit W e i n r a n k e n u n d Eichhörnchen. 1. D r i t t e l 17. J h . H . 26 cm, D m . 27,2 cm. N a t i o n a l - M u s e u m T ö k y ö .
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A b b . 137.
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K l e i n e r D e c k e l k a s t e n mit M u s c h e l - A l g e n - D e k o r . 1. D r i t t e l 17. J h . Japan. Privatbesitz.
kobako). Seine Verbindung von makie und e-nashiji leitet sich deutlich von den Ködai-ji-Lacken her, und auch ein Zahnschnitt-Muster in Goldlack am oberen Rand des Unterkastens stammt aus dem Formenschatz der Momoyama-Zeit. Die Verfeinerung der Kastenform jedoch gehört schon der Edo-Zeit an. Ebenso praktisch in der Konstruktion wie witzig im Dekor ist der „tabikushige" (Reise-Kammkasten) mit langohrigen Hasen über Wellen Abb. i38 (Nami ni usagi makie-tabikushige)1. Dieser Kasten, auf der Oberseite im Laufe der Jahrhunderte stark abgerieben, verdient als besonders gutes Beispiel der Früh-Edo-Lacke hervorgehoben zu werden. Denn einerseits zeigt er in der neuen Verbindung der tebako-Form mit zwei Schubladen (zum Aufbewahren kleiner Dinge und für einen Reibstein), wie sehr die Lackgeräte jetzt zum tatsächlichen Gebrauch bestimmt und daher neu konstruiert werden; andererseits ist die aus der Momoyama-Zeit stammende Freude an Rhythmus und Bewegung hier besonders lebendig und elegant in Dekor umgesetzt. Die Darstellung, auf jeder Seite amüsant anzusehen, umzieht in umgreifender Komposition alle Wände und macht
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dadurch die Form des Kastens als einheitliches Ganzes unmittelbar spürbar. Überhaupt gibt es in dieser Zeit sehr oft den betont um die Ecken herumgeführten Dekor, auch wenn er nicht immer solche Dynamik aufweist wie bei dem Hasenkasten. Er findet sich zum Beispiel bei fast allen „kakesuzuri" 2 , tragbaren kleinen Schränkchen mit meist drei Schubladen Abb. 139 für Reibstein, Schreibpapier und Dokumente, die in der Edo-Zeit beson-
Abb. 139. K a k e s u z u r i mit Rehen am M i k a s a y a m a . 1. H . 17. J h . 28,1 : 28 : 42,8 cm. N a t i o n a l - M u s e u m T o k y o .
ders von den Kaufleuten gern benutzt wurden. Diese Art, alle Kastenseiten durch einen zusammenhängenden, aber nicht gleichförmigen Dekor zusammenzufassen, ist neu; eine solche absichtliche Weiterführung der Komposition und damit des Blickes hat es bei den tebako früherer Zeiten nicht gegeben. Die Art, wie jede Seite für sich Schauseite bleibt und doch mit den anderen verbunden ist, beweist die Kompositionskraft der Lackmeister bzw. der Maler, die ihnen die Vorzeichnungen schufen. Eine weitere Eigenart des damaligen Dekors ist es, daß nun — wie schon die Teedose Abb. 134 zeigte — auch gern Szenen aus dem täglichen
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Leben geschildert werden, Motive also, die ohne literarische Assoziation unmittelbar verständlich sind. In der Malerei hatten die japanischen Künstler schon seit Jahrhunderten eine „illustrierte Kulturgeschichte" geschaffen, wie sie kaum ein anderes Volk der Welt aufzuweisen hat, nun griffen auch die Lackmeister solche Themen auf. Mehrfach findet sich Abb. HO ζ. B. in dieser Zeit die Darstellung vom Transport großer Steine, die zur Errichtung der Schlösser benötigt wurden 3 ; auch das Treideln von Booten
Abb. 140.
Tablett mit Darstellung eines Steintransports. 1. H . 17. Jh. 52 : 32,7 cm. National-Museum Tokyo.
ist ein Motiv, das jetzt aufkommt und bis in die Mitte der Edo-Zeit hin auf Lackarbeiten verwendet wird. In geschickter Komposition sind dabei oft das Boot und die ziehenden Männer am Ufer auf verschiedene Seiten bzw. auf Deckel und Seitenwand verteilt und durch das Seil, dem der Blick des Betrachters unwillkürlich folgt, miteinander verbunden. Auch alltägliche Gebrauchsgegenstände, wie Schminkpinsel, Haarbänder, Tabakspfeifen etc. werden nun abbildungswürdig und bezeugen, daß auch das Bürgertum und insbesondere die reichwerdenden Kaufleute jetzt zu den Liebhabern der Lackgeräte gehören und ihren Geschmack geltend machen.
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Neben solchen Werken, die in der Nachfolge der Ködai-ji-Lacke stehen, hebt sich in der Momoyama- und frühen Edo-Zeit noch eine andere Gruppe von Lackarbeiten heraus, die bald bei Daimyös und Städtern beliebt wurde. Es sind dies die Farblacke 4 . Zum erstenmal seit der N a r a Zeit, also seit mehr als 800 Jahren, werden nicht mehr ausschließlich
Abb. 141.
Platte mit gemaltem Weinranken-Dekor. 17. Jh. — H. 7,8 cm, DM. 39,6 cm. National-Museum Tokyo.
Gold- und Silberpulver und Perlmutter mit den klassischen Lackfarben Schwarz und R o t verbunden bzw. zu deren Schmuck verwendet, sondern gelbe, grüne und braune Farblacke treten nun hinzu, mit denen der Dekor gemalt wird. (Sie werden durch Beigaben von Mineral- und Pflanzenfarben erzielt.) Andere Pigmente lassen sich mit Lack nicht mischen, da sie verfärben und unansehnlich werden; die Palette echter Lackmalerei ist also auf die fünf Farben Schwarz, R o t , Gelb, Grün und Braun beschränkt. Der dadurch erzwungene Verzicht auf willkürliche Buntheit wird aber durch die einheitliche Wirkung dieser satten, gut miteinander harmonierenden Farben wettgemacht. W o allerdings eine noch lebhaftere Farbgebung erwünscht war — vor 15
von Raguc
Abb. 141
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allem durch Weiß und Blau — , griff man zu der alten Technik des mitsuda-e zurück (s. S. 17) und verband oft am selben Gegenstand Lackmalerei mit Ölfarbenmalerei. Die Anstöße zu diesen farbigen Lackarbeiten mögen von der farbenfrohen Momoyama-Malerei ausgegangen sein, aber auch die farbigen chinesischen Lackmalereien der späten Ming-Zeit haben wohl als Vorbild gedient. In der Edo-Zeit wurde diese heitere, einem lebensfrohen Daseinsgefühl entsprechende Lacktechnik besonders gern auf den Dingen des täglichen Gebrauchs angewendet, auf Gegenständen also, die keinen Anspruch auf repräsentative und kostbare Wirkung erhoben. So gibt es vor allem unter den Speisegeräten zahlreiche mit farbiger Lackmalerei verzierte Stücke, so bei den bon (Tabletts), wan (Schalen), jübako (aus mehreren aufeinandergesetzten Kästen bestehenden Speisebehältern) und sagejü (jübako in einem leicht tragbaren, mit einem Griff versehenen Gehäuse). Übrigens ist auch die Form des sagejü eine neue, erst in der frühen Edo-Zeit auftretende Geräteform. Abb. 142
In lockerem Zusammenhang mit solchen Farblacken stehen auch die sumi-aka 5 , deren früheste Beispiele schon aus der späten Muromachi-Zeit stammen, die aber jetzt häufiger werden. All diese technisch relativ einfachen und nicht sehr kostspieligen Lackarbeiten, die mit ihren praktischen, ansprechenden Formen und ihrer dekorativen Farbwirkung auf einem hohen Niveau stehen, bilden eine lebendige, gewissermaßen volkstümliche Unterströmung, an der sich Stadtbewohner und Daimyös gleichermaßen erfreuten. Sie unterscheiden sich deutlich von den luxuriösen, in Goldglanz flimmernden Prunkarbeiten, die von den amtlichen Lackmeistern für das Shögunat und als Repräsentationsstücke für die Daimyös hergestellt wurden. Für die vielen Lackspezialitäten, die sich im Laufe der Edo-Zeit in den einzelnen Provinzen herausbilden (kawari-nuri) und die die Lackkunst bis heute im V o l k lebendig gehalten haben, bilden diese einfachen makie- und Farblackarbeiten der frühen Edo-Zeit das Fundament (s. S. 255). Es ist schon erwähnt worden, daß bei den Namban-Lacken Motive wie Sägezahn und Perlstab koreanischen Lacken der Li-Zeit entlehnt sind. Aber nicht nur bei den bewußt fremdartigen und ζ. T . für den Export bestimmten Namban-Lacken ist der koreanische Einfluß sichtbar, sondern — in anderer stilistischer Ausprägung — auch im Umkreis der japanischen Teemeister. Die schlichten koreanischen Teeschalen, die den ästhetischen Forde-
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rungen nach natürlicher Einfachheit so gut entsprachen, standen bei den japanischen Freunden des Teekults in höchstem Ansehen. Es ist kein Wunder, daß die Teemeister daher auch anderen koreanischen Künsten ihr Interesse zuwandten und daß in ihrem Kreise auch Lackarbeiten den Einfluß koreanischer Werke beweisen. Abb. 143 Das bekannteste Beispiel dafür sind die sogenannten Meigetsuwan, ein Satz von vier verschieden großen Rotlackschalen mit Perlmutt-
Abb. 143.
Meigetsu-wan. Fr. 17. Jh. — H. 7 cm, Dm. 11,2 cm. Kamakura, Meigetsu-in.
einlagen". Ihr Entwurf wird dem Teemeister Oda Urakusai zugeschrieben, einem jüngeren Bruder Oda Nobunagas und Schüler Rikyüs. (Er lebte 1545—1621, wurde 1585 buddhistischer Priester und nahm als solcher den Namen Urakusai an.) An den von ihm entworfenen Meigetsuwan weist vor allem die Art der Perlmutt-Behandlung auf Korea hin. Es handelt sich dabei um „warigai", d. h. um Perlmutter, dem nach dem Schneiden absichtlich Sprünge und Risse zugefügt wurden; die warigaiTechnik war bei koreanischen Li-Lacken besonders beliebt und kam durch sie vermittelt nach Japan. Diese Methode erlaubt es, Perlmutt-Dekor leichter auch auf gekrümmten Flächen anzubringen, und bei den Meigetsu-
A b b . 144.
M e i g e t s u - z e n . Frühes 17. J h . — 8 : 32 : 32 cm. National-Museum Tokyo.
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wan ist diese Möglichkeit sehr geschickt ausgenutzt worden. Nicht nur auf den Schalenwölbungen, sondern auch unmittelbar in den stumpfen Winkeln, in denen die Zonen der Schalen aufeinanderstoßen, sind Kirschblüten aus dünnem, farbig schillerndem Perlmutter eingesetzt. Sie bilden einen reizvollen Kontrast zu dem roten Lackgrund und sind durch ihre gekrackte Oberfläche zudem noch von interessanter Struktur. Im gleichen Tempel Meigetsu-in in Kamakura befindet sich ein nicht Abb. 144 zu den Schalen gehöriges Anbiettischchen mit hochgezogenem Rand, Meigetsu-zen genannt; ein genaues, im Lack besser erhaltenes Gegenstück ist Eigentum des National-Museums Tökyö. Während die Randzone rot lackiert ist, trägt das von einer schmalen Perlmuttleiste gerahmte Schwarzlackfeld den Perlmuttdekor. Dieser ist wie bei koreanischen Lacken aus der blau-grün-rosa schimmernden Awabi-Muschel gearbeitet — nicht in warigai — und ist stilistisch dem Dekor koreanischer Werke eng verwandt. Der streng geordnete, ziemlich dichte Dekor früher koreanischer Ladearbeiten hatte sich im 15. Jahrhundert in schlanke, musikalisch bewegte Ranken gelöst, die — gern in diagonaler Linienführung — die Lackfläche überziehen. Ihr Rhythmus wird durch Päonienblüten, züngelndgeschweifte kleine Blätter und runde „Tautropfen" akzentuiert. Die Hauptwirkung geht bei solchen Stücken von der ruhigen, harmonischen Bewegung der sehr dünnen Ranken aus, die bei Li-Lacken stets aus kurzen Perlmuttstücken zusammengestzt sind. Zu solchen Werken steht das Meigetsu-Tischchen in engster Beziehung. Zwar wirkt die Komposition bei diesem japanischen Werk etwas befangener als bei vergleichbaren koreanischen, aber auch bei ihm ist die Freude an elegant geführten Linien unverkennbar. Ein feines Gespür für rhythmische Linienschönheit weisen ja auch die Ködai-ji-Lacke der Momoyama-Zeit auf, aber die besondere Form der Ranke auf dem Meigetsu-zen leitet sich unmittelbar von Korea ab. Der kleine Tisch ist von hoher Qualität: die Wiederholung der eingezogenen Ecken durch die Perlmuttleiste, die das Schwarzlackfeld rahmt, zeugt von feinem Geschmack, und die bewegte Rankenkomposition wird durch die kleinen Blattmotive an den Ecken gefestigt und gehalten. Der sehr schöne Farbdreiklang von Rot, Schwarz und farbig schimmerndem Perlmutter, der bei koreanischen Lacken unbekannt ist, entspricht durchaus dem Geist der Momoyama-Zeit. Starke koreanische Einflüsse zeigt auch ein Papierkasten im Museum Abb. 145 von Atami (Karakusa raden-ryöshibako), doch sind sie hier vermischt
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Abb. 145.
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Papierkasten. Fr. 17. J h . — 11,5 : 23 : 24,5 cm. Atami, Museum.
mit typischen Namban-Elementen wie den Blumenkreuzen und dem wellenförmigen Auslaufen der Ranken. Auch die betonte zweifache R a h mung des Rankenfeldes ist wohl eher europäischen als koreanischen Einflüssen zuzuschreiben. So reizvoll und interessant der Kasten auch ist, so deutlich ist doch eine nicht ganz gelöste Spannung zwischen seinen heterogenen Dekorelementen spürbar. Aber das Rankenmotiv rückt ihn in die N ä h e des Meigetsu-zen 7 . Die Meigetsu-wan, das Tischchen und der Papierkasten gehören wohl noch der Momoyama-Zeit an. Eine stärkere Umwandlung der koreanischen Motive, die aber nicht unbedingt auf einer späteren Entstehungszeit beruhen muß, zeigt ein Sutrenkasten im Tempel Hompö-ji Abb. 146 (Kyoto). Dieser Kasten wurde dem Tempel von Honami Köetsu (1558 bis 1637) gestiftet. Die von Köetsu selbst geschriebene Schenkungsurkunde ist erhalten und die Perlmutt-Schriftzeichen auf dem Deckel sind in seinem Schriftstil geschnitten. Köetsu, dieser vielseitigste und bedeutendste Künstler der Momoyama- und frühen Edo-Zeit, hat vielleicht nie eigenständig Lackarbeiten geschaffen 8 . Dennoch hat er, der von Ieyasu 1615 in Takagamine bei K y o t o Land erhielt und dort Künstler und Kunsthandwerker aller Art
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Abb. 146.
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Sutrenkasten mit R a n k e n d e k o r . U m 1605. — 12,5 : 28,5 : 38,2 cm. Kyoto, Hompö-ji.
um sich scharte, die Lackkunst stark beeinflußt. Vermutlich haben mehrere Meister nach seinen Entwürfen gearbeitet, und zwar nach den neuesten Forschungen Okadas wohl Angehörige zweier Igarashi-Linien in Kyoto". (Es bestand sogar eine familiäre Beziehung, da Köetsus Enkelin den Lackmeister Igarashi Taröbei heiratete.) Was die sogenannten Köetsu-Lacke miteinander verbindet, ist die von Köetsu ausgehende Grundidee, die sicherlich nicht nur die Linienführung, sondern auch das zu verwendende Material umfaßte. Unterschiede im Einzelnen müssen den Lackmeistern zugeschrieben werden, die sich in unterschiedlich guter Weise Köetsus Ideen anpaßten. Der Sutrenkasten des Hompö-ji gehört nicht zu den „typischen" Köetsu-Lacken. Die Beziehung des Dekors zu koreanischen Lackarbeiten ist ganz eindeutig. Sie spricht dafür, daß der Entwurf entweder von O d a Urakusai stammt, der zweifellos von koreanischen Dingen beeinflußt war (s. S. 228) und den Köetsu gut kannte, oder dafür, daß Köetsu durch seine Beziehungen zu den Teemeistern (auch zu Furuta Oribe) vor der
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Ausbildung seines eigenen Lack-Stils zu einer Auseinandersetzung mit koreanischen Perlmuttlacken veranlaßt wurde. D a f ü r gibt es keinen Beweis, aber es ist sicher, daß die Ranken dieses Sutrenkastens in einem Zusammenhang zum Rankendekor koreanischer Perlmuttlacke stehen. Allerdings sind sie nicht nachgeahmt wie bei beim Meigetsu-zen und dem Papierkasten in Atami. Hier bei dem Sutrenkasten hat eine Veränderung und Bereicherung stattgefunden, für die es sonst keine Parallelen gibt und die man gerade deshalb einem bedeutenden Künstler wie Köetsu zuschreiben möchte. Die Ranken verzweigen sich in kalligraphischer Linienführung über die Fläche — Köetsu war einer der drei berühmtesten Kalligraphen seiner Zeit! — und statt einer einzigen Blütenart finden sich drei verschiedene. Die Schriftzeichen „hokkekyö", die den Namen der im Kasten aufbewahrten Sutra angeben, sind in ein rechteckiges Feld eingeschlossen, ganz ähnlich wie es bei der Aufschrift des Schriftenkastens von 919 der Fall war (s. Abb. 14). Vielleicht hat Köetsu, dessen Werke o f t seine Vorliebe für die Heian-Zeit bezeugen, diese Form bewußt in Anlehnung an den alten sasshibako gewählt, der seit 1186 im Besitz des Ninna-ji war — also auch in Kyoto — und den er sicher gekannt hat. Die neuesten Forschungen datieren den Hompö-ji-Kasten in die Zeit um 160510. Abb. 147
Als Prototyp der Köetsu-Lacke gilt mit Recht der Schreibkasten mit Darstellung einer Schiffsbrücke, der sogenannte Funabashi makie-suzuribako11. Die erste, unmittelbare Wirkung dieses Schreibkastens wird ausgelöst durch die völlig neuartige, noch nie dagewesene Wucht der Deckelwölbung, die wie ein Berg über dem fast quadratischen Kasten aufsteigt. Das ist eine neue Form. Typisch für Köetsu-Schreibkästen ist auch die innere Aufteilung des Kastens. Hatte bisher der Reibstein meist in der Mitte des Kastens gelegen, rechts und links von PinselschifFchen eingefaßt, so teilt Köetsu das Kasteninnere in zwei Hälften und versetzt Reibstein und Wassertropfer auf die linke Seite. Diese Veränderung entspricht durchaus einem praktischen Bedürfnis, sie ist von jener Zweckmäßigkeit, die so viele Geräte des 17. Jahrhunderts auszeichnet. Denn da der Kasten beim Schreiben rechts vom Papier steht, wird auf diese Weise der Weg des Tusche-getränkten Pinsels zur Schreibfläche verkürzt. N u r wenige ältere Beispiele sind erhalten. Seit Köetsu finden wir diese Form häufig. Der Dekor bezieht sich in der bildlichen Darstellung und den Schriftzeichen auf ein Gedicht aus dem 10. Jahrhundert über die Schiffsbrücke von Sano12. Kähne und Wellen bilden den Goldlackgrund, über den sich
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Abb. 147. Koetsu: Funabashi-Schreibkasten. Vor 1637. 11,8 : 22,8 : 24,2 cm. National-Museum Tokyo.
in mächtiger, grandioser Einfachheit das Bleiband der Brücke spannt. 25 aus massivem Silber geschnittenen Schriftzeichen geben den T e x t Gedichtes wieder, wobei geistvoller Weise die Zeichen für „Schiff" „Brücke" ausgelassen sind. Bildlicher und schriftlicher Dekor greifen ergänzend ineinander.
Die des und also
Aber Schrift und „Bild" stehen in einem anderen Verhältnis zueinander als bei den Lackkästen der Muromachi-Zeit, sie stehen auch in einem anderen Verhältnis zum Kasten selbst. Bei den Muromachi-Lacken war das literarische Element oft stärker und letztlich entscheidender als das optisch-formale. Die Schriftzeichen waren wie bei einem Bilderrätsel in die Darstellung verwoben — ohne formalen Eigenwert — , und bildliche Darstellung ebenso wie Schriftzeichen dienten in erster Linie dem poetischen Gehalt, sie hatten zur Kastenform keine enge Beziehung. Hier bei Köetsu sind Schriftzeichen, Dekorteile und Materialien (Blei, Goldlack, Silber) gleichwertig als dekorative Elemente verwendet und unmittelbar auf die Form des Schreibkastens bezogen. Wie die sich schneidenden Diagonalen von Schiffen und Brücke op-
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tisch die Wölbung des Deckels unterstützen, wie die senkrechten Zeilen der Schriftzeichen diesen Diagonalen gleichsam ein Gerüst auferlegen, wie das übergreifende Bleiband den niedrigen Unterkasten mit dem Deckel zu einer Einheit verschmilzt, das ist Gerätekunst im besten Sinn. Kastenform, Dekor und geistiger Gehalt bilden eine ausgewogene und unteilbare Einheit. Die Schrift liegt auf dem Untergrund in ähnlicher Weise wie Köetsus Gedichtzeilen auf den von Sötatsu mit shita-e (Untergrund-Bildern) bemalten berühmten Rollen. Während aber dort Bild und Schrift inhaltlich nicht miteinander in Beziehung stehen, gehören sie hier unlöslich zu einander; sie ergänzen sich sowohl dem inneren Sinn wie der äußeren Form nach. Weitere Lackarbeiten, die ebenfalls unmittelbar auf Köetsus Entwürfen beruhen und unter seinen Augen geschaffen sein dürften, sind ein Flötenetui mit Rehen13 und ein Schreibkasten mit Reisigträger (Kikori Abb. 148 makie-suzuribako). Auch bei diesem Schreibkasten suggeriert die steile, machtvolle Deckelwölbung den Eindruck von Kraft, Würde und Souveränität; auch bei ihm wird die Wölbung noch dadurch betont, daß die Komposition auf großen Diagonalen beruht, die über den Scheitel des Deckels hinweg die Ecken miteinander verspannen. Aber auch jede weitere Linie der Darstellung, jeder Wechsel der Materialien Schwarzlack, Goldlack und Perlmutter ist ein Zeugnis höchster künstlerischer Ökonomie. Man braucht sich nur einmal in den Einzelheiten zu vergegenwärtigen, wie bei dem Reisigträger-Kasten die entgegengesetzten Schrägrichtungen von Reisigbündel und Kopfrichtung einerseits und von Bodenschräge, Füßen, Unterarmen und Bindebändern des Bündels andererseits sich das Gleichgewicht halten, und wie dieses labile, aber durch die Materialwirkung verstärkte Gleichgewicht durch zwei Senkrechte und eine einzige Waagerechte — den Stock in den Händen des Mannes — unverrückbar fest auf die Form des Schreibkastens bezogen wird, um die geniale Leistung eines solchen Entwurfs zu erfassen14. Diese Werke von monumentaler Festigkeit und Klarheit sind durchaus von einem individuellen Stil geprägt15 und gehen weit über die allgemeine Großzügigkeit der Momoyama-Zeit hinaus. Nicht nur beim Funabashi-Schreibkasten tritt Köetsus starke Beziehung zur Heian-Zeit in Erscheinung, sondern auch bei anderen seinen Entwürfen zugeschriebenen Lacken. So greift ζ. B. ein Schreibkasten im National-Museum Tokyo, der ein Boot im Uferschilf zeigt
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A b b . 148.
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K o e t s u : Schreibkasten m i t R e i s i g t r ä g e r . V o r 10,3 : 22,7 : 24.4 cm. A t a m i , M u s e u m
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1637.
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Abb. 149 (Roshü makie-suzuribako), eine berühmte Darstellung aus der HeianGedichtsammlung Sanjüroku-nin-kashü auf (s. S. 48); ein weiterer Schreibkasten, dessen Deckel über und über mit einer makie-Darstellung von Tüpfelfarn (shinobu) überzogen ist16, trägt in stark plastischen BleiSchriftzeichen einige Worte aus einem Gedicht des Kokin-shü, das von shinobu spricht. Eine Renaissance, eine Wiederbesinnung auf die Blütezeit des japanischen Mittelalters also? Ja, aber keine Nachahmung, sondern eine selbständige Neuinterpretation der alten Themen. Bei dem Schreibkasten mit dem Boot im Uferschilf etwa läßt Köetsu den Kahn schräg von links unten nach rechts oben ins Bild ragen, ganz ähnlich wie bei der HeianAbb. i5o zeitlichen Darstellung. Anders aber als das „Vorbild" führt er die Schilfhalme nicht in gleicher Richtung, sondern unter Betonung der entgegengesetzten Diagonale fast senkrecht zum Boot von unten rechts nach oben links. Das Elegante, Leichte und Schwankende der Heian-Darstellung wird dadurch gefestigt und auf die Form des Schreibkastens bezogen. Köetsu vermeidet eine genaue, symmetrische Diagonalteilung des Deckelfeldes, schafft aber eine ausgewogene Gewichtsverteilung innerhalb der Komposition und eine ästhetisch sehr befriedigende Verbindung von Geräteform und Dekor. Dabei wirkt die Gesamtkomposition, oben durch einen chidori-Schwarm abgeschlossen, so einfach und lässig, daß sich ihre künstlerische Bedeutung erst einer genauen Betrachtung erschließt. Technisch gesehen liegt das Besondere der Köetsu-Lacke in der neuartigen Kombination von makie und Perlmutter mit Blei, wobei die großzügig stilisierten Einlagen in kräftigem Relief über dem Lackgrund stehen. Die Köetsu-Lacke sind nicht „elegant", sondern in Form, Technik und Komposition von genialer K r a f t . Das am leichtesten nachzuahmende Element dieses neuen Stils, nämlich die Technik, wird schon in der ersten H ä l f t e des 17. Jahrhunderts kopiert: Bleieinlagen finden sich auch bei Werken, die sicher nicht auf Köetsus Entwurf beruhen, die aber die Ausstrahlungskraft seines Stils deutlich erkennen lassen. Wie weit man in einzelnen Fällen von „Köetsu-Lacken" oder nur von „Schulwerken im Stile Köetsus" sprechen darf, wird sich am ehesten nicht an der Technik, sondern an der Qualität der Komposition messen lassen. Ein verhältnismäßig frühes Werk, das zwar den Einfluß des KöetsuStils zeigt, aber auch deutlich den aus der Muromachi-Zeit stammenden Abb. 151 Traditionen verpflichtet ist, ist ein Nenohi-dana genanntes Regal. Die
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Abb. 149. K o e t s u : Schreibkasten mit Boot im Ried. Vor 1637. 4,5 : 22,5 : 24,6 cm. N a t i o n a l - M u s e u m T o k y o .
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Abb. 150.
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Seite aus der Gedichtsammlung Sanjurokunin-shu. Um 1112.
Kyöto, Nishihongan-ji. Reprod. nach „Sanjurokunin-shü".
Motive auf den Querbrettern sind dem Genji-monogatari entnommen, greifen also wieder auf die Heian-Zeit zurück17. Die senkrechten Wände und das Innere des eingebauten Schränkchens tragen einen strahlenden Dekor von fallenden Blättern und Kiefernnadeln, aus Perlmutter, makie und Zinneinlagen gearbeitet. — Vermutlich stammt der Entwurf zu diesem Dekor nicht von Köetsu selbst; Okada hält einen Einfluß des Teemeisters Furuta Oribe für möglich. Abb. 152 Ein kleines Schränkchen (sagedansu) für Nö-Bücher, in hiramakie, Perlmutt- und Bleieinlagen ausgeführt, zeugt in anderer Weise vom Einfluß des Köetsu-Stils. Es hat nicht die wuchtige Kraft der unmittelbar von Köetsu entworfenen Lacke, statt dessen läßt es aber die Erinnerung an Querrollen aufklingen, die von Sötatsu gemalt und von Köetsu geschrieben sind. Innerhalb der Lackkunst gibt es nichts Vergleichbares, wohl aber in der Malerei. Das Schränkchen unterstützt die im Einzelnen schwer zu belegende Überlieferung, daß Sötatsu maßgeblich an der Ausbildung des sogenannten Köetsu-Stils beteiligt gewesen sei. Seit der Nara-Zeit lassen sich sowohl bei Textilien wie bei Metallund Keramikgegenständen gelegentlich stilistische Zusammenhänge mit
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Abb. 151.
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Nenohi-Regal. Anf. 17. J h . — 65,1 : 72,4 : 33 cm. Jap. Privatsammlung.
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Abb. 152.
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S c h r ä n k t e n für Nö-Bücher. 1. H. 17. Jh. — Tokyo, Slg. Seikadö.
Lackarbeiten aufweisen. Nach der Mitte des 17. Jahrhunderts gibt es jedoch den einzigartigen Fall, daß nicht nur allgemeine Ähnlichkeiten im Zeitstil oder in gewissen Ornamentformen zu finden sind, sondern daß der bedeutendste Keramikmeister dieser Zeit, der um 1670 in K y ö t o tätige Nonomura Ninsei, eindeutig von dem Charakter des Lackmaterials selbst beeinflußt ist: vom tiefen Glanz der Schwarzlackgründe, vom kontrastierenden Goldlack und — als technische Einzelheit — vom Gebrauch des kirigane, der kleinen drei- oder viereckigen, aus Goldblech geschnitteAbb. 153 nen Einlagen. Ninseis hier abgebildete Tee-Urne mit Kirschblüten-Dekor stellt diese typischen Eigenarten japanischer Lackgegenstände mit genialer Umdeutung in den Dienst des keramischen Dekors, die Beziehung ist unverkennbar und auch bei anderen Ninsei-Werken nachweisbar. Dieser Einfluß ist um so bemerkenswerter, als seit der Momoyama-Zeit die Lackkunst nicht mehr wie im Mittelalter die führende Rolle im japanischen Kunstgewerbe spielte — die neuen, vorwärtsdrängenden Entwicklungen gehen jetzt stärker auf den Gebieten der Keramik und Textilkunst vor sich, die nicht mit alten Traditionen beladen sind und im 17. Jahrhundert eine große Blüte erleben. Aber die allgemeine Atmosphäre dieser Zeit und
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Abb. 153.
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N i n s e i : Teeurne. U m 1670. — T o k y o , Slg. Seikado.
der Stadt Kyoto war einem lebendigen Austausch der Künste besonders günstig, man denke an Köetsu, der — selbst auf so vielen Gebieten tätig — Maler, Kalligraphen, Keramiker und Lackmeister gleichermaßen angeregt hat. In Ninseis Werk wird diese Begegnung der Künste sichtbar. Als Köetsu 1637 in Kyoto starb, war der in derselben Stadt lebende Yamamoto Shunshö 27 Jahre alt. Nachdem er zuerst Dichtung und chinesische Literatur studiert hatte, widmete Shunshö sich der Lackkunst und wurde ein bekannter und geschätzter Meister. Er scheint vor allem das togidashi zu einer neuen Blüte gebracht zu haben, das seit langem von hira- und takamakie in den Hintergrund gedrängt worden war. Nicht viele Werke von ihm sind erhalten, aber ein Schreibkasten mit nadeshiko- Abb. 154 Zweigen (einer Nelkenart) die locker in togidashi und hiramakie auf einem gewölkt eingestreuten Untergrund verteilt sind, gibt eine Vorstellung von seiner Schaffenweise. Wie bei vielen Werken der frühen EdoZeit verbindet sich auch hier das Erbe der Momoyama-Zeit mit neuer Eleganz. Die Stadt Kyoto hatte als Sitz des Kaiserhofes und — mit Ausnahme der Kamakura-Zeit — der Regierung bis in die frühe Edo-Zeit hinein die 16
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Abb. 154.
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Shunsho: Schreibkasten mit Nelken-Dekor. Mitte 17. Jh. 4,5 : 15,7 : 20,3 cm. National-Museum Tokyo.
führende Rolle in der japanischen Lackkunst gespielt. Begreiflicherweise wirkten sich auch der Ködai-ji- und der Köetsu-Stil vor allem im Umkreis der Kyötoer Lackmeister aus, die die vorbildhaften Werke an O r t und Stelle sehen konnten. Köetsus T o d im Jahre 1637 kann gewissermaßen als ein Schlußpunkt hinter diese unbestrittene Führungsrolle Kyötos in der Lackkunst angesehen werden. Schon seit einiger Zeit bildeten sich hier und da Zentren provinzieller Lackkunst, und vor allem gewann seit 1603 Edo als Sitz des Tokugawa-Shögunats zunehmend an Bedeutung. Aus schriftlichen Überlieferungen ist bekannt, daß Tokugawa Ieyasu und seine Nachfolger, vor allem sein Enkel Iemitsu (Shögun von 1 6 2 3 — 51), zahlreiche Lackkünstler an ihren H o f in Edo beriefen und mit Aufträgen versahen. Einige von ihnen gründeten Schulen, aus denen dann viele Generationen hindurch Lackmeister hervorgingen, die im Dienste der Tokugawa tätig waren.
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Naturgemäß galten die vom Shögunat erteilten Aufträge nicht so sehr jenen praktischen Gebrauchsgegenständen, von denen schon die Rede war und die der Lackkunst des 17. Jahrhunderts so viel neue und fruchtbare Impulse verliehen; die „amtlichen" Lackmeister in Edo hatten vielmehr vor allem für Repräsentationszwecke des Shögunats und der in der Hauptstadt weilenden Daimyös zu arbeiten. Nicht Zweckmäßigkeit, sondern reiche, kunstvolle Wirkung war die Hauptaufgabe solcher Lackgeräte, und konsequenterweise wurde daher in Edo vor allem die aus der Muromachi-Zeit stammende, technisch reich differenzierte Art der traditionellen Lacke gepflegt. Nachwirkungen des einfachen aber so lebendigen Momoyama-Stils, der in Kyoto beheimatet war, sind in Edo selten. — Von den nach Edo berufenen Künstlern wurde der Schnitzlackmeister Tsuishu Yösei schon erwähnt (s. S. 215). Andere Gründer wichtiger Lackmeisterfamilien waren Kajiwaka Hikobei, der in der Kan-ei-Ära (1624 bis 1643) für die Tokugawa-Familie vor allem inrös hergestellt haben soll, und Koma Kyüi (gest. 1663), der 1636 von Iemitsu eine Auszeichnung für seine makie-Arbeiten erhielt. Während wir über die Werke der ersten Kajikawa-Meister nur ungenügend unterrichtet sind, ist von Koma Kyüi ein guter Schreibkasten im Tökyöer National-Museum erhalten. Er hat Abb. 155 eine angenehme Form mit abgerundeten Ecken, leicht geschwungenem Umriß und flach gewölbtem Deckel. Der Dekor stellt einen Reisigzaun dar, an dem Efeu emporrankt (Shibagaki ni tsuta makie-suzuribako). Besonders interessant ist die technische Ausführung, denn Kyüi hat eine Art farbiges makie geschaffen, wenn auch sehr dezent und zurückhaltend in den Farben. Der Zaun ist in ganz flachem braunen Relief gegeben mit Spuren von Goldeinstreuung an den Zweigen des Hintergrundes; Blätter und Ranken sind vor dem Einstreuen des Goldes mit Rot untermalt, das stellenweise durchschimmert. Im Deckel sind mit Silber-makie Reiher in einem Regenschauer dargestellt 18 . Der feine, sensible Realismus und die wohlabgewogene Farbharmonie, durch die sich später im 18. Jahrhundert viele Werke der KomaFamilie auszeichnen, scheinen schon für den Gründer der Koma-Schule typisch gewesen zu sein. Deutlicher als Koma- und Kajikawa-Schule ist in der Früh-Edo-Zeit die Köami-Schule greifbar, und zwar durch Werke von Nagashige, dem 10. Köami-Meister. Von seinen Vorgängern kennen wir nur den Sakurasanjaku-Schreibkasten von Köami Söhaku (Abb. 106) und die Schreintüren der Ahnenhalle des Ködai-ji von Köami Kyüjirö (Abb. 121). Eine 16"
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Abb. 155.
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Koma K y u i : Schreibkasten mit Reisigzaun-Dekor. 1. H . 17. J h . 5,5 : 18,2 : 24,2 cm. National-Museum Tokyo.
gedankenlos überlieferte japanische Legende, die sich bis in die neuesten Publikationen fortgepflanzt hat, behauptet, an diesen Ködai-ji-Türen habe auch Nagashige in früher Jugend mitgearbeitet, doch ist er erst drei J a h r e nach ihrer Fertigstellung geboren worden. Er lebte von 1599 bis Abb. 156 1651. Sein Meisterwerk beendete er 1 6 3 9 : drei zusammengehörige Regale (tana) mit zahlreichen Schreib-, Papier-, Toilette- und sonstigen Kästen, einem Spiegelständer und weiterem Zubehör, die zur Mitgift der ältesten Tochter Tokugawa Iemitsus gehörten. Diese heiratete Mitsumoto, den ebenfalls der Tokugawa-Familie entstammenden Fürsten von Bishü ( = Owari), dessen Wappen überall auf dem Hochzeitsgut angebracht wurde. Dieser Satz von Lackmöbeln und -geraten umfaßt insgesamt mehr als 50 Einzelobjekte. Sie sind Repräsentationsgegenstände ersten Ranges und stellen in üppiger Pracht den ganzen Reichtum des fest installierten
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Abb. 156.
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K o a m i N a g a s h i g e : H a t s u n e - S c h r e i b k a s t e n . 1639. — 2,7 : 22,7 : 25 cm. Nagoya, Tokugawa-Museum.
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Tokugawa-Shögunats zur Schau. Mit dem Gesamtentwurf dieser luxuriösen Brautausstattung wurde der Maler Iwasa Matabei (1578—1650) beauftragt, die zugehörigen Metallarbeiten stammen von Kenjö, einem Mitglied der berühmten Gotö-Familie. Nagashige hat angeblich drei Jahre lang, von 1637—39, an der Ausführung des Lackdekors gearbeitet. Wieder ist das Thema aller Darstellungen dem Genji-Roman entnommen, der in der Edo-Zeit als Symbol glücklichen Lebens galt, und zwar dem Hatsune-Kapitel. Daher werden die Regale mitsamt Zubehör als „Hatsune makie-sandana" bezeichnet19. Zu Recht gelten diese fürstlichen Lackarbeiten als Standardwerk der Edo-Lacke jener Zeit. Mit minutiöser Sorgfalt sind sie in sehr komplizierten Techniken ausgeführt, auf nashiji-Grund in reich modelliertem takamakie in Verbindung mit togidashi (sogen, shishiai-makie), in hiramakie und mit Einlagen von kanagai, kirigane, Korallen und ziseliertem Metall. (Fast alle auf der Abbildung sichtbaren Pflaumenblüten sind ζ. B. von Goto Kenjö geschaffene Metallarbeiten.) Die Gesamtwirkung ist überaus reich und farbig. Allein schon als handwerkliche Leistung sind diese Arbeiten hochbedeutend, ihre Wirkung beruht aber nicht nur auf der brillanten Geschicklichkeit und deutlich manifestierten Kostbarkeit, sondern das gesamte künstlerische Niveau, das sich in Konzeption, Form und Stil äußert, ist hoch. Abb. 157
Ein Picknickkasten mit Tragegriff (sagejü) im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe trägt eine Aufschrift, der zufolge er ebenfalls von Köami Nagashige gearbeitet sein soll, und zwar nach Bildern von Kanö Sanraku (1559 bis 1635). Dieser Picknickkasten weist nicht den strahlenden Reichtum der Hatsune-Lacke auf, er hat auch keine Einlagen von Korallen oder ziseliertem Silber. Die verschiedenen Goldlacktechniken aber sind sehr sorgfältig und abwechslungsreich angewendet, die Komposition ist ausgezeichnet. Ob der Kasten wirklich von Nagashige stammt, wird man genauer erst bestimmen können, wenn das Oeuvre dieses Meisters näher bekannt ist.
Es ist interessant zu sehen, wie das Verlangen nach Farbreichtum, das sich im 17. Jahrhundert in Textilien, Keramiken und Metallarbeiten so deutlich ausspricht und das seit 1634 auch bei den dekorativen LackAbb. iss arbeiten am Töshögü-Schrein in Nikkö Triumphe feiert, bei Nagashiges Arbeiten in die ganz traditionelle Goldlackkunst einbricht. Schon das kanagai wird als farblich differentes Material verwendet, vollends deut-
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Abb. 157. K o a m i N a g a s h i g e : Picknickkasten. 32 : 32,6 : 19 cm. H a m b u r g , Museum f ü r K u n s t und Gewerbe.
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Abb. 158.
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D e t a i l einer Lacktür. 2. Viertel 17. Jh. G e s a m t m a ß e : 181 : 104,5 cm. N i k k ö , Töshögü.
lieh aber wird diese Tendenz zur Farbigkeit durch das Einlegen von Korallen und ziselierten Metallarbeiten. Die W i r k u n g ist ganz anders als bei den Lackarbeiten des KoetsuStils, obgleich diese mit Gold und Schwarz, mit Perlmutter und Bleifarben ja ebenfalls „farbig" sind. Aber w ä h r e n d die Köetsu-Lacke innerhalb einer relativ g e d ä m p f t e n Farbskala Kontraste kennen, w ä h r e n d sie Farbund Materialwirkungen ausbalancieren und etwa das stumpfe, schwere Blei wirkungsvoll als Gegengewicht zu G l a n z u n d Leuchten von Lack und Perlmutter einsetzen, f ü h r t die von K ö a m i Nagashige eingeschlagene u n d von späteren Köami-Meistern weiter verfolgte Richtung im Lauf der mittleren und späten Edo-Zeit o f t zu einseitiger Steigerung des
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Glänzenden und Prächtigen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn kein dunkler Schwarzlackgrund mehr sichtbar bleibt, sondern alles von Gold und nashiji bedeckt wird. Dieser Gefahr des ermüdenden Glanzes ist Nagashige noch entgangen; sehr geschickt hat er — wenn auch Gold in Gold — durch makibokashi und andere technische Mittel gewisse abstufende Wirkungen erhalten. E t w a auf der gleichen Stilstufe wie Nagashiges Arbeiten steht auch der vorzüglich gearbeitete Gosho-kuruma suzuribako, dessen Meister unbekannt ist. Auch dieser Schreibkasten gehört zu den in Edo beheimateten konservativen Lacken des 17. Jahrhunderts, die an die HigashiyamaTradition anknüpfen und reiche, repräsentative Wirkung erstreben. Im Gegensatz zu solchen Werken steht ein kögö mit LindenzweigDekor (Bodaiju
makie-kögö).
Es ist eine Stiftung Tokugawa Mitsumotos
( 1 6 2 5 — 1 7 0 0 ) an den Tempel Ampuku-ji in Osaka und kann daher kaum vor der Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden sein. Trotzdem klingt in
Abb. 159.
Schreibkasten mit H o f w a g e n . Mitte 17. J h . — 3,9 : 20,9 : 21,4 cm. National-Museum Tökyö.
-
Abb 159
Abb. i6o
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Abb. 160.
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K o g o mit Lindenzweig. M i t t e 17. Jh. O s a k a , A m p u k u - j i .
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ihm etwas von dem freien, bewegten Stil der Momoyama-Zeit nach; die Leichtigkeit, mit der sich Zweige und Blüten der sechspassigen Kastenform einfügen, erinnert an die Linienführung der Ködai-ji-Lacke. Dabei ist die technische Ausführung mit takamakie auf nashiji-Grund durchaus den „traditionellen" Edo-Lacken verwandt. Der Stifter Tokugawa Mitsumoto war Landesherr von Bishü und residierte in Nagoya, also etwa in der Mitte zwischen Kyoto und Edo. Darf man aus diesem kögö schließen, daß sich der Kyötoer Stil bis an den Hof der Bishü-Tokugawa auswirkte? Jedenfalls ist der Unterschied zwischen diesem von Mitsumoto gestifteten Bodaiju-kögö und dem in Edo hergestellten Hatsune-Brautschatz seiner Frau (s. S. 244) unverkennbar. Für die konservative Haltung der in Edo arbeitenden Lackmeister sprechen auch die Werke Tatsuke Chöbei's (tätig um 1667). Sein abgebildeter Schreibkasten (Sumidagawa makie-suzuribako), zu dem noch ein Schreibtisch gehört, ist sogar in enger Anlehnung an ein Werk der Higashiyama-Zeit ausgeführt™.
Abb. 161.
Tatsuke Chobei: Sumidagawa-Schreibkasten. U m 1660. 5,2 : 22,7 : 25,2 cm. National-Museum Tokyo.
Abb.
iei
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Neben den Köami, Koma und Kajikawa hat sich damals in Edo vor allem Yamada Jöka einen Namen als tüchtiger Lackmeister erworben. Er war um 1681 tätig, sein Name wurde auch von seinen Schülern benutzt.— Bis in die mittlere Edo-Zeit hinein, bis ins frühe 18. Jahrhundert, steigern sich ganz allgemein der Luxus und das Bedürfnis nach reich mit Gold und Silber dekorierten Lackgeräten. Da aber nach der Abschließung des Landes weder von außen noch von innen Anregungen kommen, die zu schöpferischer Auseinandersetzung ermuntern, gibt es in der traditionellen Richtung der Lackkunst in Edo wohl Verfeinerungen und Bereicherungen des bisher erreichten Standards, aber keine echte Weiterentwicklung. — Neben Kyoto und Edo gibt es in der frühen Tokugawa-Zeit noch ein drittes bedeutendes Zentrum der Lackkunst, und zwar Kanazawa in Kaga, der heutigen Provinz Ishikawa. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts hatte der dort herrschende 3. Daimyö von Kaga, Maeda Toshitsune, den bis dahin in Kyöto ansässigen Lackmeister Igarashi Döho I. nach Kanazawa berufen 21 . Mit diesem kamen sein Adoptivsohn Döho II. und sein Schüler Shimizu Kyübei, beide ebenfalls bedeutende Künstler. Einige Jahre später berief Toshitsune noch Shiihara Ichidayu aus Edo (einen Schüler von Kyübeis Bruder Shimizu Genjirö), der vor allem inrös gemacht haben soll. Die Arbeiten dieser Künstler begründeten den Ruhm des Kaga-makie, d. h. der Lackarbeiten aus Kaga, die weithin bekannt wurden. Igarashi Döho I. (gestorben 1678) ist der erste große Meister des Kaga-makie. Er war ein Nachkomme von Igarashi Shinsai, der in der Higashiyama-Zeit für Ashikaga Yoshimasa gearbeitet hatte (s. S. 153). Eines der bekanntesten Werke, die Döho I. zugeschrieben werden — sie sind nicht signiert und von denen seines Sohnes nicht mit völliger Sicherheit zu unterscheiden —, ist ein Kasten für Liederbücher in verhältnismäßig schmalem Rechteck-Format, geschmückt mit Herbstpflanzen am Zaun 22 . Stengel, Blätter und Gräser erheben sich in nur flachem Goldrelief vor dem Schwarzlackgrund; bei den Chrysanthemen- und kikyö-Blüten wechseln Perlmutteinlagen mit kanagai aus Gold und aus Zinn, und für die Knospen sind Korallen verwendet worden. Wie eigentlich alle Lacke des 17. Jahrhunderts ist auch dieser Kasten technisch ganz vorzüglich gearbeitet, besonders deutlich etwa in der Art, wie die Rispen der susukiGräser mit kirigane besetzt sind. Die große Sorgfalt bei der handwerklichen Ausführung ist äugen-
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scheinlich ein Zeichen der Zeit, ebenso die schon mehrfach betonte Freude an farbiger Wirkung. So sind ζ. B. bei einem Schreibkasten, der ebenfalls Igarashi Döho I. zugeschrieben wird, Blüten aus Perlmutter abwechselnd Abb. 162 mit weißem Reiskleister und mit schwarzem Lack aufgeklebt, damit das durchscheinende Klebemittel die Blüten verschieden gefärbt wirken läßt. Aber trotz der zeit-typischen Neigung zu neuen Farbeffekten und trotz der allgemein üblichen Genauigkeit und Vielfalt der Technik heben sich die Igarashi-Lacke deutlich von den Werken anderer Lackmeister, insbesondere der Köami-Meister, ab. Ihr Kennzeichen ist eine viel einfachere und klarere Wirkung. Diese beruht vor allem auf einer lockeren Komposition: es bleibt viel freier Raum in ihren Darstellungen. Der leere Hintergrund, die „ L u f t " , besteht häufig aus Schwarzlack, der sanfter und tiefer wirkt als die von den Köami-Meistern bevorzugten nashiji-Gründe. H ä u fig sind Außen- und Innenseiten der Igarashi-Lacke stark kontrastierend zueinander gearbeitet, sowohl in stilistischer wie in technischer Hinsicht, dabei stets lebendig und phantasievoll im Entwurf. Shimizu Kyübei, der Schüler Döho's I., hat auf einem seiner Schreibkästen zwei shishi (Löwen) mit Päonienpflanzen dargestellt, wobei beide Tiere massive, von dem Metall-Meister Gotö Teijö ziselierte Metalleinlagen sind 23 . Das ist in der Idee vergleichbar mit den Hatsune-Lacken von Köami Nagashige, die auch Einlagen aus Metall haben (vgl. S. 246). Aber Kyübei läßt mehr als die H ä l f t e des Bildfeldes in reinem Schwarzlack stehen, von dem sich die goldene takamakie-Darstellung und die Tiere zwar kräftig abheben, durch den sie aber auch vor zu prunkvoller, gleißender Schwere bewahrt bleiben. Es ist erstaunlich, wie die Igarashi-Meister mit komplizierten Mitteln eine scheinbar einfache, leichte und elegante Wirkung zu erzielen vermochten; wie sie sich von der gefährlichen Betonung der manuellen Geschicklichkeit und des luxuriösen Pomps freizuhalten verstanden. Das Kaga-makie aus der zweiten H ä l f t e des 17. Jahrhunderts steht qualitativ absolut gleichrangig neben den Lacken aus K y o t o und aus Edo. Natürlich waren in Kanazawa damals auch Lackmeister tätig, die nicht zur Igarashi-Schule gehörten. Einer von ihnen, der sonst unbekannte Meister Kitagawa, hat im J a h r 1656 einen Sattel und zugehörige Steigbügel mit einem langschwänzigen Vogel und blühendem Kirschbaum dekoriert 2 4 , unter Verwendung von viel kanagai und kirigane auf wolkig goldbestreutem Schwarzlackgrund. Dieser Sattel ist kein epochemachendes Werk, aber mit seinem reichen und prächtigen, jedoch nicht kalt oder
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A b b . 162.
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Igarashi D o h o I . : H e r b s t f e l d - S c h r e i b k a s t e n . V o r 1 6 7 9 . 4 : 2 2 : 2 4 cm. J a p a n .
Privatsammlung.
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starr wirkenden Lackschmuck und seinem festen Datum ist er ein willkommener Beweis für das hohe Niveau der damaligen Arbeiten. Noch bis in die Neuzeit hinein sind in Kanazawa gute Lackmeister tätig 25 . — Schlichter und volkstümlicher waren die Lackarbeiten einiger provinzieller Lackschulen, die sich allmählich unter dem Schutz der jeweiligen Daimyös bildeten. Die Nachrichten über das früheste solcher Lokalzentren der Lackkunst beziehen sich auf Aizu-Wakamatsu in der Provinz Fukushima. Als Hideyoshi im Jahre 1590 den genial begabten christlichen Daimyö Gamö Ujisatö dorthin versetzte, fand dieser in Aizu-Wakamatsu bereits Lackmeister am Werk. Sie ahmten vor allem Hidehira-wan nach (s. S. 212), ein Beweis dafür, daß diese mittlerweile auch südlich ihres ursprünglichen Entstehungsgebietes bekannt und beliebt waren. Gamö Ujisato förderte diese volkstümlichen Lackarbeiten nach Kräften, ließen sich doch solche lokalen Spezialprodukte auch außerhalb der Provinzgrenzen verkaufen und trugen so zum Ansehen und zur wirtschaftlichen Festigung des Gebietes bei. In Aizu-Wakamatsu entstanden in der Folgezeit zunächst vor allem Teller und Tabletts mit farbiger Lackmalerei, die sogenannten Aizu-bon. Später traten diese Farblackdinge zurück zugunsten von einfachen makieArbeiten (vor allem in keshi-makie dekoriert, das nur dünn mit feinem Goldpulver bestreut wird) und von chinkinbori-Lacken. Seit Ende der Edo-Zeit wurden sie auch exportiert. Es handelt sich jedoch bei diesem späten Aizu-nuri ausschließlich um Alltagsgeräte oder billige Souvenirs ohne Anspruch auf künstlerischen Wert. Ebenfalls bis in die Momoyama-Zeit reicht angeblich das Jogahananuri zurück, so genannt nach einem O r t in der heutigen Provinz Toyama 26 . Man versteht unter Jogahana-nuri eine farbige Malerei, die nicht mit echtem Farblack, sondern mit Ölfarben (oder zumindest mit Öl-Beimischung zum Lack) auf den Lackgrund aufgetragen wurde. Ihr Begründer soll ein Lackmeister Jigoemon gewesen sein, der nach Kyüshü kam, dort in Nagasaki von Chinesen das mitsuda-e-Verfahren erlernte und dieses dann in seiner Heimat einbürgerte. Er muß durch seine Lackarbeiten recht bekannt geworden sein, denn angeblich wurde er von dem 5. Maeda-Daimyö, Tsunanori Shöunkö, (1643—1724), eingeladen, der in Kaga viele Künstler, Gelehrte und Teemeister um sich versammelte 27 . Tsunanori hatte für alle Arten des Kunsthandwerks besonderes Interesse, während seiner Regierungszeit entstand das „Hvakkö-hishö", eine Art
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Beispielsammlung künstlerischer Techniken, die heute noch erhalten ist. Darin befinden sich eine ganze Reihe Mustertafeln zur Lackkunst, auf denen die verschiedenen Goldpulver und Streuweisen sowie Farblacke demonstriert und genau bezeichnet sind28. Anscheinend sind von Jigoemon keine Lackarbeiten erhalten, so daß wir über das Aussehen der frühen Jogahana-Lacke und ihre Beziehung zu chinesischen Farblacken jener Zeit nicht informiert sind. Auf jeden Fall ist aber die Bezeichnung „Jogahana-nuri" in Japan fast zu einem Markennamen für Malerei in roten, grünen, braunen und weißen Farben (letztere nur mit Ölfarbe möglich!) auf Lackuntergrund geworden. Uber Nagasaki, dessen Hafen den Chinesen auch nach der Abschließung Japans gegen die Außenwelt noch zugänglich blieb, scheinen überhaupt chinesische Lacke der späten Ming-Zeit Einfluß auf die japanische Lackkunst ausgeübt zu haben. So ist ζ. B. quellenmäßig überliefert, daß zu Beginn der Edo-Zeit in Nagasaki Lacke mit ganz dünnen, blaugrün schimmernden Perlmutteinlagen „im chinesischen Stil" hergestellt wurden. Man nannte sie aogai-nuri, was wörtlich übersetzt „blaue Muschel-Lack" heißt. (Die chinesischen Arbeiten dieser Art sind in Europa unter der Bezeichnung „laque burgautee" berühmt geworden.) Ein Lackmeister Chöbei, der später den Namen Aogai Chöbei führte, soll um 1620 in Nagasaki diese Technik von Chinesen erlernt haben, wieder aber fehlt uns jedes Beispiel für Arbeiten von seiner Hand. Aogai-Lacke des frühen 17. Jahrhunderts lassen sich heute nicht mehr nachweisen. Immerhin scheint diese Technik dünnster Perlmutteinlagen in Lack in Nagasaki eine gewisse Tradition entfaltet zu haben; denn hundert Jahre später, um 1720, erlernte ein Lackmeister namens Somada dort das gleiche Verfahren. Somada Kiyosuke stammte aus Toyama und brachte also eine zweite Welle chinesischer Einflüsse in diese nördliche Küstenprovinz, nachdem Jigoemon früher schon das Jogahana-nuri dort eingeführt hatte. Es ist auffallend, daß diese Techniken beide in Japan auf mehr oder weniger provinzielle Arbeiten beschränkt blieben: weder in Kyöto noch gar bei den „amtlichen" Lackmeistern in Edo wurden sie heimisch29. Andererseits hat sich der Einfluß chinesischer Lacke in der Provinz Toyama behauptet: noch heute werden dort — allerdings in recht stereotyper Weise — Perlmuttlacke chinesischen Stils imitiert, freilich nicht nur mit dünnen aogai-Einlagen, sondern in erster Linie mit dickerem weißem Perlmutter.
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Weitere provinzielle Lackzentren, die im 17. Jahrhundert eigene Techniken entwickelten, sind Wakasa in der heutigen Provinz Fukui und Tsugaru in der Provinz Aomori. Bei Wakasa-nuri, das heute noch im Süden der Provinz hergestellt wird, trägt man verschiedene Farblackschichten auf einen absichtlich unebenen Untergrund auf, der mit Hilfe von Eierschalenstückchen, Reisspelzen etc. hergestellt wird. Auf dieses „Relief" wird dünnste Gold- oder Silberfolie fest aufgedrückt, so daß sie sich allen Vertiefungen und Erhebungen anschmiegt. N u n wird Transparentlack aufgetragen und nach dessen Trocknen das Ganze zu einer glatten Fläche abgeschliffen. Dabei kommen ζ. T. die unter der Goldfolie liegenden Farblackschichten wieder zum Vorschein und ergeben aparte Muster. Die Vorläufer dieser Technik sollen bis in die Momoyama-Zeit zurückreichen, doch erst seit etwa 1660 ist sie unter dem Namen Wakasa-nuri, den der herrschende Daimyö aus der Sakai-Familie festsetzte, wirklich bekannt. Tsugaru-nuri wird im Prinzip ähnlich hergestellt, aber ohne Goldfolie und mit zahlreicheren Farblackschichten. Grün, Rot, Gelb und Braun sind die Farben, die bei dem fleckig-marmoriert wirkenden Tsugaru-nuri vorherrschen. Angeblich hat Ikeda Gentarö, der Sohn eines Lackmeisters Ikeda Gembei, im Jahr 1685 als Erster Tsugaru-nuri hergestellt. Es ist heute noch ein Spezialerzeugnis der Stadt Hirosaki (Provinz Aomori), wo man in jedem Laden allerlei praktische kleine Kästen und Dosen kaufen kann, die solide und haltbar mit Tsugaru-nuri geschmückt sind. Als späteste „Provinztechnik", aber in künstlerischer Hinsicht am wichtigsten, entstand das chinkinbori von Wajima in der Provinz Ishikawa. Zwar war die chinkin-Technik als solche schon seit der MuromachiZeit bekannt (s. S. 141). Aber seit man in der Kambun-Ära (1661—1672) bei Wajima eine lehmartige gelbe Erde gefunden hatte (keisodö genannt), die nach Brand, Pulverisierung und Vermischung mit Lack einen besonders festen, nicht springenden Untergrund ergab — eine Voraussetzung, die für Gravierungstechniken entscheidend wichtig ist —, wurde chinkinbori bald zu einer Spezialität dieses abgelegenen Städtchens. Bis heute hat sich der hervorragende Ruf des Wajima-nuri erhalten (neben chinkinbori werden in neuerer Zeit auch makie-Arbeiten dort hergestellt), und einer der bekanntesten Lackkünstler der Gegenwart, der mit dem seltenen Titel eines „jüyö-mukei-bunkazai hojisha" 30 ausgezeichnete Meister Mae Taihö, stellt dort seine modernen chinkinbori-Lacke her (s. S. 312). Überaus vielfältig ist also, faßt man die ganze frühe Edo-Zeit zu17
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sammen, die Lackkunst des 17. Jahrhunderts. Während zunächst — und vor allem in Kyöto — die lebensprühenden Ideen der Momoyama-Zeit nachwirken, setzt sich allmählich — und besonders in Edo — das Verlangen nach möglichst repräsentativen, prunkvoll mit Goldlack verzierten Lackgegenständen in immer reicheren und schwierigeren Techniken durch. Dabei griff man auf die Higashiyama-Tradition zurück, die man noch bereicherte und komplizierte. Die Motive des Dekors werden auch bei solchen Arbeiten zwar noch gern der Dichtung entnommen, vor allem dem Genji-monogatari, doch ist im allgemeinen der poetische Gehalt nicht mehr so vordringlich. Fast alle Lackarbeiten des 17. Jahrhunderts sind, vom rein technischen Gesichtspunkt her betrachtet, hervorragend gut ausgeführt. Aber obgleich immer noch die künstlerische K r a f t in Entwurf und Komposition ausschlaggebend ist, zeichnet sich die wenig später vorherrschende Tendenz schon ab, technische Schwierigkeit zum Selbstzweck werden zu lassen und in artistischer Geschicklichkeit zu erstarren. Die frühe Edo-Zeit ist die Zeit, in der zum erstenmal in der Geschichte der Lackkunst mehrere Künstler von schulbildender K r a f t für uns wirklich faßbar werden, allen voran das Genie Köetsu. Jetzt werden im Zeichen von Frieden und Wohlstand kunstvolle Lackgeräte auch dem reichen Bürgertum zugänglich, ja noch mehr: dessen Bedarf läßt eine ganze Reihe neuer, zweckmäßiger Lackgegenstände entstehen, die zugleich praktisch und ästhetisch schön sind. An vielen Orten im ganzen Land sind Lackmeister an der Arbeit, und wenn nicht alle Provinzzentren ein so hohes Niveau erreichen wie Kaga, wo die mächtigen und kunstsinnigen Maeda-Daimyös außer der Lackkunst auch Malerei, Töpferei (KutaniPorzellan) und Metallarbeiten förderten, so tragen doch auch die schlichten volkstümlichen Lacke aus Aizu-Wakamatsu, Jogahana, Toyama, Wakasa, Tsugaru und Wajima zum lebendigen und vielseitigen Bild der Früh-Edo-Lackkunst bei.
IX. Mittlere und späte Edo-Zeit Die mittlere Edo-Zeit, die etwa die Jahrzehnte von 1681 bis 1764 umfaßt (je nach politischen oder kunsthistorischen Gesichtspunkten werden leicht variierende Daten genannt), geht ohne scharfe Grenze aus der frühen Edo-Zeit hervor. Der Höhepunkt dieser Epoche liegt an ihrem Anfang, liegt in den glanzvollen 15 Jahren der vergnügungssüchtigen, in Eleganz und Luxus schwelgenden Genroku-Zeit (1688 bis 1703). U m das künstlerische Geschehen dieser Ä r a vor Augen zu rufen, genügen ein paar Stichworte: In der Genroku-Zeit enstehen die prachtvoll prunkenden Imari-Porzellane und erreicht das Kakiemon-Porzellan unter Shibuemon eine neue Blüte; zu dieser Zeit schuf Y o k o y a Sömin seine berühmten Schwertzieraten und erlebte die Kyötoer Textilkunst durch Miyazaki Yüzensai und seine „Yüzenzome" genannte Färbemethode einen grandiosen Aufschwung. Es ist die Zeit, in der Bashö, Ihara Saikaku und Chikamatsu dichteten und Kabuki- und Bunraku-Theater um die Gunst der Massen wetteiferten. Die strenge Reglementierung des Tokugawa-Shögunats Schloß die reich gewordenen, aber verachteten Kaufleute nach wie vor von sozialem Aufstieg und von politisch verantwortlicher Tätigkeit aus; die daraus entstehenden sozialen Spannungen wurden von der bürgerlichen Jeunesse doree in schier unersättlicher Vergnügungssucht abreagiert. Zum berühmtesten Exponenten der überschwänglichen Genroku-Zeit und ihres neureichen Bürgertums wurde Ogata Körin, Maler und Lackkünstler und eines der größten Genies J a p a n s auf dem Gebiet der dekorativen Malerei (1658—1716). Er entstammte einer Kyötoer Seidenhändlerfamilie, die sich schon seit Hideyoshis Zeiten der Gunst der Mächtigen erfreute und dadurch reich wurde. Er war ein Urgroßneffe von Köetsu, dessen künstlerische Ausstrahlung seit Generationen in seiner Familie fortwirkte: Körins Großvater Söhaku hatte zeitweilig in dem Künstlerdorf Takagamine gelebt, und sein Vater Söken, wohlhabender Besitzer des Seidengeschäftes Karigane-ya, war ein Kunstliebhaber und bekannter Kalligraph im Köetsu-Stil. Reichtum und Liebe zur Kunst bestimmten Körins Lebensstil, der verschwenderisch und ungebunden war. 17*
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Mittlere
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Schon vor 1694 hatte Körin nach dem Tod seines Vaters sein Erbteil verkauft, um auf eigene Art das Leben genießen zu können. Seine künstlerische Tätigkeit scheint vor allem in die letzten 15 Jahre seines Lebens gefallen zu sein: mehr als die H ä l f t e seiner Bilder ist mit dem Titel „hokkyö" signiert, den er 1701 erhielt. Zweimal war Körin vorübergehend in Edo (1701 und 1707/8); seine letzten Lebensjahre in Kyoto sollen nach dem Sturz seines einflußreichen Gönners N a k a m u r a Kuranosuke unter ungünstigen Vorzeichen gestanden haben. Körins Bedeutung für die Lackkunst ist sehr groß. Sie ist zeitweilig so hoch eingeschätzt worden, daß diejenige Köetsus davon verdunkelt zu werden drohte; der Name „Körin-Lacke" wurde zu einem Schlagwort und Sammelbegriff, mit dem kritiklos sowohl ältere, von Köetsu beeinflußte Werke als auch viel spätere Nachahmungen bezeichnet wurden. Man ist jedoch heute in Japan sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, ein Lackgerät als eigenhändige Arbeit Körins anzuerkennen. Zwar weißt man aus dem in der Konishi-Familie überlieferten Körin-Nachlaß (Körins Sohn wurde von dieser Familie adoptiert), daß Körin viele Entwürfe und Vorzeichnungen für Lackarbeiten gemacht hat, aber nur wenige Gegenstände gelten unzweifelhaft als seine eigenhändigen Werke. Beweisen läßt sich nichts, denn die besten Stücke sind nicht signiert, während von späteren Nachfolgern die Körin-Signatur oft als „im Sinne von Körin" auf ihren eigenen Arbeiten angebracht wurde. (Von bewußten Fälschungen ganz zu schweigen.) Drei Schreibkästen sind angeblich Kopien Körins nach KöetsuLacken: der Sakuragi-, der Minowa- und der Sumino-e suzuribako1. LetzAbb. 163 terer trägt auf dem zugehörigen alten Aufbewahrungkasten eine angeblich von Körin selbst geschriebene Aufschrift, dieser Schreibkasten sei die Kopie eines Köetsu-Schreibkastens. Der betreffende Köetsu-Kasten ist jedoch nicht erhalten, so daß ein Vergleich beider Stücke nicht möglich ist. Die äußere und innere Form des Sumino-e-Schreibkastens ist zweifellos mit Köetsus Funabashi-Kasten (Abb. 147) verwandt, aber die Deckelwölbung, wenngleich hoch ansteigend, ist nicht ganz so wuchtig. Die Darstellung zeigt aus Blei eingelegte Felsen in Goldlackwellen, ergänzt durch silberne Schriftzeichen, sie ist also der des Schiffsbrückenkastens durchaus vergleichbar. Aber das Motiv ist zu einem fast abstrakten Dekor umgeformt, die Wellen sind schematisch stilisiert und die Felsen — als solche kaum kenntlich — scheinen mehr rhythmischer Flächengliederung als realistischer Darstellung wegen eingesetzt. In der 1890 in Kyoto er-
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Abb. 163.
una späte
Edo-Zeit
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K o r i n : Sumino-e-Schreibkasten. 10 : 23 : 24,5 cm. T o k y o , S a m m l u n g Seikadö.
schienenen 2. Ausgabe von Körins Zeichnungen 2 befindet sich ein FächerEntwurf, der ebenfalls Felsen in Wellen zeigt und bei dem die Felsen in sehr ähnlicher Weise als mehr oder weniger amorphe Masse zu den stilisierten Wellen in Kontrast gesetzt sind. Auch die aufspritzende Wellenzunge auf dem Sumino-e-Kasten ist einer Welle der Fächer-Zeichnung verwandt. So interessant der leider nicht mögliche Vergleich zwischen dem Köetsu-Original und der Körin-Kopie wäre — Körins Eigenart wird sicher besser deutlich an Lacken, die er ganz frei erfunden und geschaffen hat und an denen die künstlerische Qualität sich besser ausweist als hier. Sein berühmtestes Werk ist der Yatsuhashi-S0\xe\)ak3.ste.n im NationalMuseum Tökyö. Der Kasten ist nicht signiert und es gibt keine alten literarischen Berichte über ihn, aber die Zuschreibung an Körin wird in Japan nicht angezweifelt. Wieder ist die jahrhundertealte Form des suzuribako neu durchdacht und gestaltet 3 . H a t t e Köetsu den Reibstein nach links versetzt, so verbindet Körin die sonst getrennten Papier- und Schreibkästen zu einer Einheit: sein Yatsuhashi-Kasten besteht aus zwei Etagen, von denen die untere für Schreibpapier bestimmt ist, während die obere in der üblichen Weise Reibstein, Wassertropfer und Pinsel auf-
Abb. 164
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Mittlere und späte
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nimmt. Der Rand des flachen Uberfalldeckels zargenartig eingezogen, was den richtigen Griff erleichtert — eine praktische und außerdem Lösung, die zusammen mit den abgerundeten eine gewisse Leichtigkeit und Eleganz gibt.
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ist an beiden Längsseiten beim Abheben des Deckels formal sehr ansprechende Ecken dem hohen Kasten
Das Entscheidende aber ist der Dekor, der ein aus dem Ise-monogatari stammendes Motiv aufgreift, nämlich die achtfach gewinkelte Brücke (yatsuhashi = acht Brücken) über den Irissumpf. Körin hat dieses Thema mit besonderer Vorliebe dargestellt, mit oder ohne die drei Personen, die im Ise-monogatari zu dieser Geschichte gehören, mit und ohne Brücke sogar. (Das berühmte Paar sechsteiliger Faltschirme im NezuMuseum zeigt nur die Irispflanzen.) Hier auf dem Schreibkasten sind mit Brücke und Irispflanzen die beiden wichtigsten Elemente gezeigt; zwar in ganz einfachen, stilisierten Formen, aber mit großem Geschick in Komposition und Materialverwendung. Die Brückenbohlen sind aus Blei; die Stützpfosten aus Silber; die Irisblüten aus bläulich, grünlich und rötlich schimmerndem aogai-Perlmutter ohne jede Binnengravur oder Goldlackbemalung; Blätter und Stengel sind aus Goldmakie. Das Wasser des Sumpfes wird auf den Außenseiten nicht dargestellt, sondern durch den Schwarzlackgrund nur suggeriert. Es ist bezeichnend für Körins außerordentlich feines Materialgefühl, daß er den Schwarzlack in einer Technik behandelte, durch die eine matte Oberfläche ohne spiegelnden Glanz entsteht (tsuyakeshi). Dieser tiefe, ruhige Farbton suggeriert das dunkle Sumpfwasser, die Innenseite des Unterkastens jedoch zeigt phantasievoll stilisierte „Körin-Wellen" in Goldlack auf schwarzem Grund, so die Assoziation „Wasser" im Betrachter bzw. Benutzer verstärkend. (Die Innenseiten von Deckel und Oberkasten sind mit reinem ikakeji-Goldlack bedeckt.) Dieser Schreibkasten ist ein vorzügliches Werk, das zu betrachten man nicht müde wird. Die Meisterschaft Körins zeigt sich in der klugen Anordnung der bleiernen Brücken, die so geführt sind, daß sie Seitenwände und Deckel miteinander verbinden und obendrein den betrachtenden Blicken ihren Bewegungsablauf vorschreiben. Sie zeigt sich ferner in der abwechselnden Zusammenballung oder Vereinzelung der Irisstauden; in der verschiedenen Länge, Richtung und Bewegung der an sich gleichförmigen Blätter und besonders auch in der Belebung der Gesamtwirkung durch die genau aufeinander abgestimmten Materialien. Der Yatsuhashi-Schreibkasten hat nicht das Pathos der Köetsu-Lacke,
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nicht deren Strenge und Wucht, nicht die durch Diagonale und Gegendiagonale fast architektonisch feste Komposition. Er ist flächiger, und zwar nicht nur in der Deckelform, sondern auch im Dekor, der die Motive ohne Durchgestaltung von Einzelheiten in großzügig vereinfachte Flächen, in ein dekoratives Muster verwandelt. Die realen Formen der Irispflanzen werden dabei keineswegs geleugnet, sondern geradezu in ihrer Quintessenz dargeboten. In dieser flächenhaft-dekorativen N a t u r Stilisierung erweist sich Körin als japanischer Künstler par excellence. Gerade dieser dekorative Effekt verleiht dem Schreibkasten im Vergleich zu den Köetsu-Lacken eine leichtere Eleganz, die durchaus als Ivörins persönlicher Stil aufgefaßt werden muß und sich ebenfalls in der Schweifung der Griffstelle am Deckelrand äußert. Selbstverständlich k n ü p f t Körin hier an die Köetsu-Lacke an, allein schon in der betonten Verwendung von Bleieinlagen und in der Großzügigkeit der Gesamtkonzeption, die zu der eher überladenen Art der übrigen Genroku-Lacke in klarem Gegensatz steht. Aber Körin scheint die Sötatsu-Köetsu-Tradition um eigene, neue Stil-Elemente der Biegsamkeit, Flüssigkeit und Eleganz zu bereichern. Der geistreiche Witz, der sich gelegentlich in seinen Bildern äußert, steht zu diesem YatsuhashiSchreibkasten in keinerlei Widerspruch, während er mit der Strenge der Köetsu-Lacke nicht zu vereinbaren wäre. Noch ein weiterer Schreibkasten ist Körin zwar nicht mit Sicherheit zuzuweisen, wird aber immer wieder genannt, wenn nach seinen eigenAbb. 165 händigen Lackarbeiten gefragt wird: der sogenannte Naribira-suzuribako4. (Narihira war derjenige Dichter, dessen Erlebnisse im Ise-monogatari geschildert werden, und der durch ein Gedicht die achtfache Brücke über den Irissumpf berühmt gemacht hatte.) Der sehr große, flache Schreibkasten hat einen okibuta, d. h. als Deckel ein einfach aufgesetztes, zum Rand hin abgeschrägtes Brett ohne senkrechte Wände; nur zwei Leisten auf der Unterseite geben ihm H a l t auf dem Unterkasten. Die große Deckelfläche ist auf kühne Art mit der Darstellung eines einzigen Klappfächers dekoriert, auf dem Narihira in Halbfigur dargestellt ist. Fächermotive als Lackdekor gibt es schon seit der Kamakura-Zeit und Rückgriffe auf solche klassischen Themen sind typisch für Sötatsu, Köetsu und Körin 5 . Aber die Idee, nur einen einzigen Fächer schwungvoll über den Kasten hin auszubreiten, ist völlig neu. Das Fächerblatt ist mit feinem, rötlichem, heute zum Teil abgegriffenen Goldpulver bestreut, wobei die Gesichtszüge des Dichters und die
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Abb. 165.
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Edo-Zeit
K o r i n : N a r i h i r a - S c h r e i b k a s t e n , Detail.
G e s a m t m a ß e : 4,8 : 19,9 : 27,4 cm, T o k y o , N e z u - M u s e u m .
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Umrisse seiner Zeremonialkappe freigelassen wurden; die Haare sind mit Schwarzlack aufgemalt, das Gewand aus Zinn, die Fächerrippen aus Silber eingelegt. Die klare, großzügige Technik paßt vorzüglich zu der Komposition. Dieser Schreibkasten ist weit entfernt von den komplizierten, kleinteiligen und luxuriösen Dekorationsmethoden, die bei anderen Lackmeistern dieser Zeit Mode sind. O b Körin den Lackdekor dieses Kastens eigenhändig geschaffen hat, läßt sich nicht nachweisen. Aber unter seinen erhaltenen ZeichnunAbb. 166 gen6 befindet sich ein Schreibkasten-Entwurf, der zwar einen Kasten mit Uberfalldeckel vorsieht, aber im Dekor — also dem Fächer mit der Narihira-Darstellung — völlig dem suzuribako des Nezu-Museums entspricht. Zumindest der Entwurf dieses Kastens läßt sich also mit Sicherheit auf Körin zurückführen 7 . — Der Narihira-suzuribako ist gerade von den Lackmeistern immer sehr geschätzt worden. Er hat zeitweilig Koma Kansai II. gehört, der ihn an seinen Schüler Zeshin, den bedeutendsten
Abb. 166.
K o r i n : E n t w u r f zum Narihira-Schreibkasten. Aus „Körin shin-sen h y a k u - g a " .
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Lackkünstler des 19. Jahrhunderts, weiterschenkte. Eine Aufschrift Zeshins in dem zugehörigen Aufbewahrungskasten berichtet davon. Will man auf Grund der wenigen ihm heute zugeschriebenen Lacke eine Folgerung auf Körins Stil als Lackmeister ziehen, so darf man wohl sagen, daß er den Köetsu-Stil aufgriff, daß er aber — der allgemeinen Kunstentwicklung entsprechend — die großzügig-einfache Pracht und K r a f t der Momoyama-Zeit in eine beweglichere, „charmantere" Eleganz verwandelte. Die streng gebauten Kompositionen Köetsus weichen bei Körin leichteren, ganz ungezwungenen Konzeptionen, die eine große Begabung für rhythmische Aufteilung der Fläche und dekorative W i r kung verraten. Die technische Ausführung zeigt immer wieder Körins sicheres Gefühl für das Wesen der verschiedenartigen Materialien; er vermag ihnen selbst bei sparsamem Gebrauch erstaunlich reiche Ausdrucksmöglichkeiten zu entlocken. Durch diese künstlerische Ökonomie erheben sich seine Werke auch über die zuweilen allzu glanzvollen Lacke seiner späteren Nachahmer. Von Köetsu und von Körin stark beeinflußt ist der Kyötoer Lackmeister Tsuchida Söetsu, der ein Zeitgenosse Körins war und dessen Werke auch kopiert hat 8 . Besonders die für die Köetsu-Körin-Lacke so typische Kombination von Blei- und Perlmutteinlagen hat er gern und geschickt verwendet. Inrö von ihm und seinen im gleichen Stil arbeitenden Nachfolgern (die denselben Namen führten) sind auch in westlichen Sammlungen häufig anzutreffen. Auch Nagata Y ü j i hat sich bei seinen Lackarbeiten oft an den KöetsuKörin-Stil angeschlossen, auch er war ein Kyötoer Meister. Seine genauen Daten sind unbekannt, und während seiner Hauptschaffenszeit nach einer Uberlieferung in das zweite und dritte Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts angesetzt wird — so auch in den neuesten japanischen Publikationen 9 — , lag sie anderen Nachrichten zufolge fast hundert J a h r e später, was aus stilistischen und technischen Gründen als möglich erscheint, aber einstweilen nicht nachweisbar ist 10 . Auch er hat die Verbindung von Blei- und Perlmutteinlagen übernommen, gelegentlich auf Naturholzgrund, aber die Frische der Körinschen Kompositionen sucht man bei ihm vergeblich. Besonders bekannt geworden ist Nagata Y ü j i dadurch, daß er bei takamakie für die unteren Schichten Zinnpulver benutzte, ein Verfahren, das nach ihm Yüji-age benannt wurde. Körin ist häufig nachgeahmt worden, trotzdem kann man von einer Körin-Schule im Sinn einer ununterbrochenen Überlieferung nicht spre-
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chen. Es scheint so, also ob erst um 1800 eine beachtliche Körin-„Renaissance" entstand, ausgehend von dem Maler Sakai Höitsu (1761 bis 1828). Dieser Schloß sich eng an den Sötatsu-Körin-Stil an, er sammelte Körins Zeichnungen und ließ sie zu dessen hunderstem Todestag drucken 11 . Nach Höitsus Zeichnungen im Körin-Stil soll dann in den letzten Jahrzehnten der Edo-Zeit H a r a Yöyösai in Edo Lackarbeiten ausgeführt haben (s. S. 286), und gegen Ende der Meiji-Zeit scheint Körin nochmals „kopierungswürdig" geworden zu sein. Er war der letzte große Meister, der der japanischen Lackkunst in der Edo-Zeit nochmals wirkliches Neuland erschloß, wenn auch im Anschluß an die Köetsu-Lacke. Er hat diese ja nicht einfach nachgeahmt — abgesehen von den bewußten Kopien —, sondern hat sie weiterentwickelt mit derselben genialen Begabung für flächig-dekorative Stilisierung, die ihn auch in der Malerei so besonders „japanische" Werke hervorbringen ließ. Gleichzeitig mit Körin, Tsuchida Söetsu und vielleicht Nagata Yüji wirkte in Kyöto Shiomi Masanari (auch als Seisei oder Masazane bekannt), ein Lackmeister ganz anderer Richtung 12 . Er gilt als Schüler von Shunshö (s. S. 241) und pflegte wie dieser vor allem die togidashi-Technik. Auf diesem Gebiet leistete er mit feinen, sorgsam ausgeführten Arbeiten so Vorzügliches, daß in späterer Zeit die Bezeichnung Shiomi-makie ein Synonym für gute togidashi-Lacke wurde. Sein bekanntestes Werk ist Abb. 167 der Hirasan-Schreibkasten13, der eine Landschaft am Biwa-See unweit Kyöto darstellt. Er ist nicht ausschließlich in togidashi gearbeitet, die Berge im Hintergrund und das Boot sind reliefierend dargestellt. Aber die lebendige, minutiöse Gestaltung der Wellen zeigt deutlich Masanaris Können als togidashi-Künstler. Ein 1710 datiertes inrö von ihm, das früher im Besitz der Staatlichen Museen Berlin war, seit 1945 aber verschollen ist, war ein besonders schöner Beweis für Shiomis Meisterschaft im farbigen togidashi 14 . Während in der Heian-Zeit togidashi die H a u p t technik gewesen war, hatten später hira- und takamakie eine immer größere Rolle gespielt. N u n aber, an Shunshö und Shiomi Masanari anschließend, wandten sich im 18. Jahrundert viele Lackmeister erneut dem togidashi zu, und vor allem gegen Ende des Jahrhunderts wurden hervorragend schöne Farbtogidashi-Lacke geschaffen (s. auch S. 278). Erstmalig wurde bei Goldlackarbeiten dieser Zeit gelegentlich ein puderfeines Goldpulver verwendet, das später in der Meiji-Zeit besonders bevorzugt wurde. Seine einzelnen Goldpartikel sind so klein, daß sie im eingestreuten Dekor nicht mehr als Einzelelemente erkennbar bleiben,
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Abb. 167.
und späte Edo-Zeit
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Shiomi Masanari: Schreibkasten mit Berg H i r a . U m 1700. 4,8 : 22,9 : 24,8 cm. National-Museum Tokyo.
sondern eine einheitliche, homogene Goldfläche bilden. Der samtige Charakter älterer Goldlacke, bei denen zumindest mit der Lupe die einzelnen Goldpartikel als Struktur erkennbar bleiben, geht verloren, und damit schwindet unter Umständen ein besonders reizvoller Effekt aller EinstreuTechniken. Gewonnen wird andererseits die Möglichkeit, mit diesem staubfeinen Puder besonders delikate Schattierungen der verschiedenen rötlichen, gelblichen oder grünlichen Goldnuancen zu erzielen. Den Lackmeistern des späten 18. Jahrhunderts, die auf den inrö und mancherlei kleinformatigen Döschen und Kästchen miniaturhafte Effekte erstrebten, war dieses neue Material zeitweilig sehr willkommen. (Man vergleiche ζ. B. die verspielten Lackgegenstände aus der Sammlung der Marie Antoinette, heute im Besitz des Musee Guimet in Paris.) Shiomi Masanari selber oder seine Schüler sollen später nach Edo gezogen sein, das allmählich immer mehr zum eigentlichen Zentrum der Lackkunst wurde. Uber die dort herrschende Tendenz zu aufwendigen, verschwenderischen Goldlackarbeiten wurde schon berichtet: das Shögunat
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und die zu zeitweiliger Residenz verpflichteten Daimyös wetteiferten darin, Pracht und Reichtum vorzuzeigen. Dieser Luxus wurde von Tokugawa Tsunayoshi, Shögun von 1680 bis 1709, auf die Spitze getrieben. Nach seinem posthumen Namen Jöken-in werden die goldstrotzenden makie-Arbeiten dieser Jahre als J5ken-in-jidai-mono bezeichnet, d. h. als Dinge aus der Zeit Jöken-in's. Ein charakteristisches Werk dieser Art ist Abb. 168 ein Regal mit Landschaftsdekor (Sansui makie-dana), das Tsunayoshi selbst dem Fürsten Yanagisawa von Mino geschenkt hat. Dieses Regal ist auf mannigfaltige Weise durch Schränkchen, Schiebetüren und Schubladen unterteilt und alle Flächen sind dicht mit nashiji bestreut. Die Schauseiten zeigen in sehr reichen Goldlacktechniken (takamakie und shishiai-makie) Landschaften, auf denen Kiefer, Bambus und Pflaumenbäume als Glückssymbole häufig wiederkehren. Kirigane, kanagai und sogar kompakte Silbereinlagen sind reichlich verwendet. Es ist nicht bekannt, welcher Lackmeister dieses Schränkchen anfertigte. Aber in seinem fast überreichen Golddekor ist es ein Standardwerk der Genroku-Zeit und gibt eine gute Vorstellung davon, wie die „Hof-Lackierer" der Köami-, Koma- und Kajikawa-Familien sowie die übrigen in Edo tätigen Lackmeister damals arbeiteten. Solche Werke wirken leicht etwas starr und unlebendig, wenn man sie mit den gleichzeitigen Kyötoer Lacken vergleicht. Von den Lackmeistern in Edo erwartete man eben nicht eigene, lebendige Ideen und Kompositionen — sie hatten sich oft nach Vorzeichnungen von Malern der KanöSchule zu richten —, sondern vielmehr augenfälligste Pracht. In der schematisch und unlebendig gewordenen Nachfolge der Muromachi-Lacke stehend, versuchten sie, den an sie gestellten Ansprüchen durch ein Übermaß von handwerklicher Geschicklichkeit und durch eine ans Sinnlose grenzende Verschwendung des Goldmaterials gerecht zu werden. Wenn je innerhalb der japanischen Lackkunst das Wort „Kunstgewerbe" in negativem Sinn dem Begriff „Kunst" gegenübergesetzt werden muß, dann zuerst bei diesen vermeintlich traditionellen Edo-Lacken um 1700. Allein bis zu 30 Grundierungsschichten wurden aufgetragen — für makie-Arbeiten, nicht etwa für Schnitzlacke! — und mit dem Goldpulver, das in die folgenden Schichten eingestreut wurde, mit Goldfolie und mit kirigane wurde so freigebig umgegangen, als ob der materielle Wert und nicht die künstlerische Gestaltung die Hauptsache sei. Einerseits höchste Artistik in der zum Selbstzweck gewordenen technischen Ausführung, andererseits zur Konvention gewordene Formen und Formeln — das ist
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A b b . 168.
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R e g a l mit L a n d s c h a f t s d a r s t e l l u n g e n . U m
86,4 : 86,4 : 35,5 cm. T o k y o , Ö k u r a
Shükokan.
1700.
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die Norm für viele Edo-Lacke der Genroku-Zeit. Vergleicht man diese überreichen, überkomplizierten, sich in mühseligem Detail erschöpfenden Luxusartikel mit den ja wahrlich auch reich mit Goldlack dekorierten Higashiyama-Lacken, die letzten Endes ihr Vorbild sind, so wirken sie leer und kalt. Die künstlerische Höhe der früheren Werke, deren Konzeption und Gehalt jede rein materiell-materialistische Wertung ausschließen, gibt sich dagegen um so deutlicher zu erkennen. Vielleicht am ehesten geeignet, solchem luxuriösen Ubermaß zu entgehen, waren die inrö, deren eigentliche Blütezeit im 18. Jahrhundert liegt. Bei ihnen mag allein schon das kleine Format ein gewisses Gegengewicht gegen zu protzige Absichten gebildet haben. So gehören denn auch gerade zwei inrö-Meister zu den bekanntesten Lackkünstlern des damaligen Edo: Kajikawa Kyüjirö (gest. 1682?), der als der beste inröMeister seiner Zeit gerühmt wurde, und Yamada Jöka, der in der Genroku-Zeit für den Shögun arbeitete und außer inrö insbesondere kleinformatige Dosen für Räucherwerk etc. mit Goldlack verzierte. Andere Meister, die wenigstens bei Namen genannt seien, waren Köami Nagafusa (1628 bis 1682), Köami Nagasuku (1661 bis 1723), Koma Kyühaku (gest. 1715) und sein Sohn Kyühaku II, der auch unter dem Namen Yasuaki bzw. Anshö bekannt ist15. Nagafusa und Kyühaku haben 1689, als am Töshögu-Schrein in Nikkö Reparaturen nötig wurden, dort gemeinsam die makie-Arbeiten geleitet. Alle diese Edo-Meister führten mit zuverlässigem technischen Können reich dekorierte, ζ. T . mit Korallen, Elfenbein, Metallarbeiten und Perlmutter eingelegte Lackarbeiten aus; sie blieben aber alle innerhalb gewisser Grenzen, die durch die Konvention festgelegt schienen: Ein Durchbruch zu neuem, lebendigem Schaffen, wie er in Kyoto durch Körin herbeigeführt wurde, gelang ihnen nicht. Werke wie der 1734 datierte Abb. 169 Sattel mit zugehörigen Steigbügeln (Fuji makie-gura-abumi), der auf allen Schauseiten einen Glyziniendekor aus zweifarbig goldenem makie mit kirigane und kanagai trägt, zeigen das Weiterleben der traditionellen Schule. Der übermäßige Luxus der Genroku-Zeit ist allerdings um diese Zeit einer klareren und angenehmeren Dekorationsweise gewichen, aber ein wirklich neuer Stil und zukunftsweisende Ideen sind dennoch nicht zu finden. Eine gewisse Müdigkeit breitet sich in der Lackkunst aus. Derjenige Lackmeister, der in Edo den konventionellen Rahmen durchbrach und neuartige Dinge schuf, war Ogawa Haritsu, bekannter unter seinem Künstlernamen Ritsuö (1663—1747). Wie Körin, dessen
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Abb. 169.
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Sattel u n d Steigbügel mit G l y z i n i e n - D e k o r . 1734. National-Museum Tokyo.
Zeitgenosse er war, den er jedoch um volle drei Jahrzehnte überlebte, muß auch Ritsuö ein exzentrischer, vielseitig begabter und seine Umwelt oft verblüffender Mann gewesen sein1". In Ise geboren, ging er nach Edo, um dort unter Bashö die Haikai-Dichtung zu studieren, daneben lernte er bei Hanabusa Itchö Malerei und war auch als Töpfer tätig. Sein H a u p t gebiet aber wurde die Lackkunst. In gewisser Weise schließt auch Ritsuö sich an Köetsu an, denn im Gegensatz zu den verschwenderisch mit Goldfolie und Goldpulver arbeitenden Shögunats-Lackmeistern bevorzugt er das Einlegen kontrastierender Materialien in den Lackgrund, und zwar im allgemeinen in Schwarzlackgrund. Er beschränkt sich aber nicht auf Perlmutter und Blei, sondern liebt es, möglichst abstechende und fremdartige Stoffe mit Lack zu verbinden, so ζ. B. Elfenbein, farbige Keramik, kleine Partien aus rotem Schnitzlack usw. Während Köetsu und Körin mit der klaren Beschränkung auf goldenen oder schwarzen Lack, schimmerndes Perlmutter und schweres, stumpfes Blei sozusagen material- und farbmäßig komplementäre und dadurch zusammengehörige Werte zusammenfassen, die sich gegenseitig steigern und die Einheit des Lackgegenstandes nie gefährden, haftet Ritsuös Arbeiten häufig der Charakter einer 18
von Rague
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bizarren Spielerei an, und die Vielfalt und Willkür der Materialien stört gelegentlich den eigentlichen Lack-Charakter. Gegenüber den rein japanischen Lacken Köetsus und Körins wirken Ritsuös Arbeiten sehr fremdartig, und in der Tat ist Ritsuö deutlich vom chinesischen Kunstgewerbe der Ming- und Ch'ing-Zeit angeregt; seinen Lacken Vergleichbares findet man am ehesten etwa bei chinesischen Stellschirmen, die neben Lack auch viele Einlagen aus anderen Stoffen aufweisen. Diese Hinwendung zum chinesischen Geschmack entsprach einer neuen Zuwendung der gebildeten Japaner zu chinesischer Philosophie und Dichtung, die seit Ieyasu von den Shögunen gefördert wurde und unter Tokugawa Yoshimune, Shögun von 1716—1745, ihren Höhepunkt erreichte. Ritsuö trieb die China-Liebe so weit, daß er bei einem 1720 Abb. i7o datierten Schreibkasten ( K o b o k u makie-suzuribako) sogar ein Stück echter chinesischer Tusche in den Deckel einlegte, daneben bildete er ein anderes Tuschestück aus Lackrelief nach, in das er eine zweifarbige Porzellanplakette mit Drachendarstellung einfügte. Der ziemlich matte Schwarzlackgrund ist mit feinem Perlmuttstaub bestreut17. — Kümmel hat Ritsuö als „einen der unangenehmsten Viruosen aller Zeiten und Völker" bezeichnet18, und in der Tat fehlt seinen Werken die Noblesse, die im allgemeinen für japanische Lackarbeiten kennzeichnend ist. Aber von seinen Zeitgenossen wurde er hoch geschätzt, vermutlich weil seine Werke von den üblichen Goldlacken der Edo-Meister abstachen, dem Verlangen nach Farbigkeit entgegenkamen und der China-Mode der Zeit entsprachen. Sein bedeutendster Schüler war Mochizuki Hanzan, der um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Edo tätig war. Die nach Ritsuö benannte Art der Einlagen von Schnitzlack, Keramik, farbigem Glas, Elfenbein etc. („Haritsu-zaiku") wurde in Edo auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch von Shibayama Yasumasa und anderen Meistern ausgeübt. Die Freude an neuen Materialien, die seit Köetsu in der Lackkunst zu beobachten ist, ist übrigens keine Besonderheit der Lackmeister. In der Metallkunst läßt sich seit der Momoyama- und Früh-Edo-Zeit eine ganz ähnliche Entwicklung verfolgen: hier liebt man neuartige Verbindungen von Eisen oder Bronze mit Gold, Silber und shakudö (eine Kupferlegierung) und spätestens seit dem 18. Jahrhundert auch mit Cloisonne19. Etwa gleichzeitig mit dem Ritsuö-Schüler Hanzan war in Edo Tanida Chübei tätig20, ein Lackmeister, dessen Werke ebenfalls stark von chinesischem Einfluß berührt sind. (Anscheinend wirkte sich dieser Einfluß in
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A b b . 170.
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R i t s u ö : Schreibkasten m i t T u s c h e - D e k o r . 1720. — 5,2 : 21,2 : 23,3 cm. National-Museum Tokyo.
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Edo als dem Sitz der Shögunats-Regierung stärker aus als in Kyoto.) Abb. i7i Tanida Chübei's Spezialität waren Malereien auf roten Lackgrund, er malte besonders gern Blumen und zwar sowohl in Gold- und Farblack wie auch in mitsuda-e. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt — wohl um 1760 — trat er in die Dienste des Fürsten Hachisuka von Awa ein und ließ sich in dessen Herrschaftsbereich auf der Insel Shikoku nieder. Angeblich soll er von seinem Fürsten ausdrücklich mit der Herstellung von Lackarbeiten in chinesischem Stil beauftragt worden sein, doch sind heute nicht viele Werke von ihm bekannt. Seine Lackmalereien, insbesondere die Blumendarstellungen, hoben sich von den im allgemeinen eher provinziellen Farblackmalereien seiner Zeit durch ihre Eleganz so deutlich ab, daß der Name „Tanida-nuri" zur Bezeichnung seiner und ähnlicher Werke geprägt wurde. Im Dienste des gleichen Fürsten Hachisuka, aber in Edo tätig, war auch Iizuka Töyö 21 , ein weiterer bekannter Lackkünstler der zweiten Jahrhunderthälfte. Sein Geburts- und Sterbejahr sind unbekannt, doch trägt sein Hauptwerk, ein Papierkasten mit zugehörigem Schreibkasten (Ujigawa-hotaru makie-ryöshibako-suzuribako), das Datum „An-ei 4. Abb. 172 Jahr" = 1775. Die beiden Kästen — seit Beginn der Meiji-Zeit im Besitz des japanischen Kaiserhauses — sind vorzüglich gearbeitete, reich dekorierte Werke, die den Wünschen des Fürsten nach repräsentativen Gegenständen sicherlich entsprochen haben. In der feinen farblichen Abstufung selbst innerhalb der Goldtöne und in dem geschickten Kontrast zwischen dem kraftvollen Dekor der Außenseiten und dem eleganteren, feineren der Innenseiten äußert sich nicht nur das traditionelle handwerkliche Können der japanischen Lackmeister, sondern ein sehr fein differenzierender persönlicher Geschmack. Schöner fast noch als bei diesen großen Kästen zeigt sich Töyös künstlerische Bedeutung bei seinen inrös, bei denen vor allem die Farbharmonie immer wieder bezaubert. Seine Schüler und Nachfolger waren bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts als inrö-Meister tätig, haben allerdings selten Werke geschaffen, die den seinen ebenbürtig wären. Auch Koma Kyoryü, der etwa zwischen 1722 und 1788 in Edo tätig Abb. 173 war, schuf vorwiegend inrös. Er war ein Schüler des 5. Koma-Meisters Kyühaku und hat sehr feine togidashi-Lacke gemacht. Durch ihr schönes togidashi zeichneten sich in jener Zeit mehrere Mitglieder der KomaSchule aus, von denen ein Koma Yasutada noch besonders genannt sei22. Das Ende des 18. Jahrhunderts kann als Blütezeit des togidashi und
Abb. 171. Tanida Chubei: Deckeldose mit Lackmalerei. U m 1760. H . 12 cm, Dm. 21,5 cm. National-Museum T o k y o .
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Abb. 173.
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Koma Kyoryu: Inro. 2. H . 18. Jh. National-Museum Tokyo.
zwar insbesondere des Farbtogidashi bezeichnet werden. Nicht als ob Genies von der Größe eines Köetsu oder Körin oder auch nur eigenwillige Begabungen wie Ritsuö nun hervorragende und wegweisende Werke geschaffen hätten, aber auf einem verhältnismäßig hohen Durchschnittsniveau wird jetzt, nachdem so lange die hira- und takamakie-Techniken im Vordergrund gestanden hatten, feinstes togidashi hergestellt. Vor allem auf den inrös, gelegentlich aber auch auf Weihrauchkästchen etc. kommen alle möglichen Spielarten dieser Technik vor, wobei reines Goldtogidashi verhältnismäßig selten ist. Bevorzugt wird das farbige togidashi, bei dem der Dekor in verschiedenen Rot-, Grün- und Gelbtönen etc. aufgemalt und dann in wechselnder Dichte noch mit feinem Goldpulver überstreut wurde. Zuweilen hat statt der Untermalung auch eine Einstreuung von pulverisiertem Farblack stattgefunden. Gelegentlich
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wurde die Farbwirkung durch besonders glänzenden Schwarzlackgrund (röiro-nuri) noch unterstrichen. Von besonders vornehmer und eleganter Wirkung ist das sogenannte sumie-togidashi, bei dem in einen silbrig-grauen Untergrund pulverisierte Holzkohle eingestreut wird, so daß der fertige Dekor einem Tuschbild (sumi-e) ähnelt. Womöglich haben wirtschaftliche Gründe, nämlich eine allgemeine Verarmung mit darauffolgenden Luxusverboten, dazu geführt, daß die Lackmeister in diesen Jahren mit dem kostbaren Gold sparsamer umgingen. Sie konnten das umso leichter, als mit Farbtogidashi sehr reizvolle Wirkungen zu erzielen waren. Außerdem stand das Ende des 18. Jahrhunderts ohnehin im Zeichen kräftiger Farben, fiel doch in diese Zeit der Höhepunkt des Farbholzschnitts. Dem Bürgertum, das diesen liebte, konnten auch die farbigen inrös nur willkommen sein. Der Motivschatz, aus dem die inrö-Meister ihren Dekor wählten, war fast unbegrenzt. Man findet buddhistische und taoistische Themen, Darstellungen aus alten japanischen und chinesischen Sagen und Märchen, Schriftzeichen und Landkarten, Blumen und Vögel, Glückssymbole verschiedener Art sowie Darstellungen, die auf die Jahresfeste und die Welt des Theaters Bezug haben. Auch ein direkter Einfluß des volkstümlichen ukiyo-e läßt sich gelegentlich feststellen, gibt es doch inrö, die unmittelbar auf Vorzeichnungen der Holzschnittmeister beruhen und gelegentlich sogar deren Signatur abbilden. Allerdings ist die „Verbürgerlichung" der inrö nicht bei allen Lackmeistern in gleichem Maße ausgeprägt gewesen. Die konservativen Kajikawa-Meister zum Beispiel — um nur eine Gruppe herauszugreifen — Abb. 174 haben sich von ihr ziemlich ferngehalten, und sich mehr an den vom Hof sanktionierten Stil der Kanö-Maler gehalten. Nach deren Vorlagen dekorierten sie ihre inrö ziemlich stereotyp mit Landschaften, Wasserfällen, Pavillons unter Bäumen, Chrysanthemen am Ostzaun usw. — Verschiedene Meister der Koma-Schule spezialisierten sich in den achtziger-neunziger Jahren besonders auf Blumen- und Vögel-Darstellungen. Diese sind oft erstaunlich getreu in der Naturwiedergabe, wie überhaupt der Lackdekor vom ausgehenden 18.Jahrhundert an bis zum Ende der Meiji-Zeit (1912) immer stärker zum Naturalismus hin tendiert. Das ist aber keine eigenständige Entwicklung der Lackkunst, sondern entspricht der realistischen Malerei der Zeit. Sehr häufig finden sich auf den inrö der späten Edo-Zeit außer den
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Abb. 174.
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K a j i k a w a - M e i s t e r : Inro. A n f . 19. Jh. — N a t i o n a l - M u s e u m T o k y o .
Signaturen der Lackmeister auch Hinweise auf diejenigen Maler, die den betreffenden Lack-Dekor entworfen haben bzw. deren Vorzeichnungen verwendet wurden. (Diese Vorzeichnungen wurden innerhalb der Lackmeister-Familien weitervererbt.) Außerdem gab es nun gedruckte Vorlage-Bücher, denen die Motive entnommen werden konnten. So finden sich besonders beliebte Darstellungen fast unverändert auf Werken ganz verschiedener Lackmeister. Schon in der Muromachi-Zeit war der Einfluß der Malerei auf den Lack-Dekor unverkennbar und seit der Momoyama-Zeit läßt sich oft belegen, daß der Lackmeister nur der ausführende, nicht der entwerfende Künstler war. Das blieb ohne nachteilige Folgen, solange Maler und Lackmeister ausschließlich für die anspruchsvollen H o f - und Adelskreise arbeiteten. Aber je weniger exklusiv die Lackkunst wurde, je mehr lackver-
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zierte Gegenstände auch zum Alltagsgerät des Bürgertums wurden, umso weniger Sorgfalt wurde weithin auf den Entwurf gelegt. Gegen Ende der Edo-Zeit läßt sich fast überall in der Lackkunst beobachten, daß die Kompositionen schlaff, unlebendig und stereotyp werden. Neben den inrö, in denen sich das Geschick der Edo-Lackmeister zum letztenmal zeigte, spielten die lackierten Schwertscheiden damals eine große Rolle. Da die Edo-Zeit eine friedliche Zeit war, hatte sich das Interesse vom Schwert selbst zu seinem Schmuck hin gewandt und vor allem zum Schmuck der Scheide. Es handelte sich dabei weniger um ornamentale oder dekorative Ausschmückung als vielmehr um verschieden strukturierte Lackgründe. Einfacher glatter Lackauftrag konnte den Wunsch nach ständig Neuem auf die Dauer nicht befriedigen, und so entstanden die circa dreihundert (!) Arten von saya-nuri („Schwertscheiden-Lackierung"). Bei ihnen schuf man mit pulverisiertem Perlmutter, mit Eierschalen, Fischhaut und Getreidekörnern, mit Verwendung von Kordeln und unter dem Lack sichtbarer Gewebestruktur, mit Wechsel von Rot- und Schwarzlack etc. immer neue Moden. Für die Besitzer der Schwertscheiden mögen diese zahlreichen Techniken von Interesse gewesen sein, für die Kunstgeschichte sind sie es jedoch nicht. — Die verschiedenen Arten des saya-nuri werden im allgemeinen in den umfassenderen Begriff „kawari-nuri" ( = abgewandelte Lacktechniken) miteinbezogen, mit dem alle nicht-klassischen Verfahren wie ζ. B. auch das Tsugaru-nuri bezeichnet werden. Die Neubelebung des chinkinbori war dagegen von künstlerischer Bedeutung. Der Arzt Ninomiya Tötei, der Ende des 18. Jahrhunderts in Edo tätig war, spezialisierte sich als erster auf diese bisher vorwiegend in Wajima gepflegte Technik. Mit seinem Namen ist die Legende verbunden, er habe zum Gravieren des Lackgrundes nicht Stecheisen oder Messer benutzt, sondern einen spitzen Rattenzahn. Tötei hat chinesische chinkinboriArbeiten kopiert und soll besonders geschickt in der Darstellung von Pfauen gewesen sein. Doch scheint der Ruhm seiner Werke diese selbst überdauert zu haben, heute ist keines mehr bekannt. Wenig später, zu Beginn des 19. Jahrhunderts, lebte Tachi Gasui, ein chinkinbori-Meister in Wajima. Bei diesem kleinen Ort auf der Halbinsel Noto hatte man Ende des 17. Jahrhunderts eine Tonerde gefunden, mit der sich ein besonders fester, nicht springender Lackgrund herstellen ließ (s. S. 257). Tachi Gasui, der in Kyoto Malerei studiert hatte und wahrscheinlich den Künstlernamen Täte Junsuke führte, war der erste, der mit
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seinen reizvollen Arbeiten den bis heute währenden Ruhm des W a j i m a chinkinbori auch außerhalb der Halbinsel bekannt machte. Ein 1817 datierter 6teiliger jübako 2 3 , der sich heute noch in privatem Besitz bei Abb. 175 Wajima befindet, ist ein schönes Beispiel seiner Kunst. In den olivgrünen Lackgrund ist auf allen senkrechten Wänden ein D e k o r von Kiefernnadeln eingeritzt und mit Gold ausgerieben, während der Deckel eine Darstellung von Besen und H a r k e zeigt. Kiefernnadeln, Besen und H a r k e stehen hier als witzige Abkürzung der in J a p a n berühmten Geschichte von dem alten Ehepaar J ö und Uba, das in glücklicher Eintracht unter den Kiefern von Takasago lebte. Mit dekorativem Geschick sind die wenigen, die Ge-
Abb. 175.
Tachi Gasui: C h i n k i n b o r i - j u b a k o . Deckelaufsicht. 33,5 : 19,6 : 19,6 cm. J a p a n . Privatsammlung.
1817.
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schichte nur andeutenden Motive auf die Fläche verteilt, die Farbwirkung der goldenen Linien in dem grünlichen Grund ist sehr reizvoll und harmonisch. In dieser Bunka-Bunsei-Ära (1804—1829), als die wirtschaftliche Lage Japans durch Reformmaßnahmen Matsudaira Sadanobus gebessert war und die Tokugawa-Zeit einen letzten kulturellen Aufschwung erlebte, bietet die Lackkunst überhaupt ein vielseitiges Bild. Für das Shögunat und die Fürsten wurden vor allem in Edo zum letzten Mal gute Goldlacke in hira- und takamakie ausgeführt. Ein Beispiel dafür ist die um 1816 gearbeitete Brautausstattung für Toyohime, die Tochter des Abb. 176 Tokugawa Harutomi von Kii. In den Provinzen aber und für den bürgerlichen Gebrauch tritt der Goldlack weitgehend zurück zugunsten farbiger Lackgründe, bunter und ζ. T. reliefierender Farblackmalereien und Einlagen verschiedener Art. Für dieses Zurücktreten des Goldlackes in der späten Edo-Zeit lassen sich mehrere Gründe nennen. Zunächst einmal die schlechte wirtschaftliche Lage am Ende des 18. Jahrhunderts. Sie führte wiederholt zu Luxusverboten, welche u. a. auch die Verwendung von Goldpulver und Goldfolien einschränkten. Wichtiger ist aber wohl die schon erwähnte, ständig zunehmende Tendenz zum Naturalismus. Diese konnte sich nicht begnügen mit der Farb-Abstrahierung, die ein reiner Goldlackdekor stets mit sich bringt, sondern man wünschte Darstellungen, die auch in der Farbe naturgetreu waren. Neben der Verwendung von Farblack, der seit der Momoyama-Zeit eine immer wichtigere Rolle spielte, werden in der Spätzeit farbige Ein- und Auflagen aus Elfenbein (auch aus gefärbtem), aus bunten Glasflüssen, Halbedelsteinen, Eierschalen und Schnitzlackstücken immer beliebter. Diese Tendenz hatte mit Ritsuö angefangen, sie wurde aber erst in den letzten Jahrzehnten der Edo-Zeit vorherrschend. Es ist kein Wunder, daß gerade in dieser Zeit eine Art Ritsuö-Renaissance zu beobachten ist und daß gute Lackmeister wie Koma Kansai und Shibata Zeshin (s. u.) ausdrücklich „im Stil von Ritsuö" signieren. Aber je farbiger und „wirklichkeitsnäher" der Dekor wird, umso weniger ist er oft den eigenständigen Mitteln der Lackkunst zu verdanken. Nicht nur die Einlagen sind aus fremden Materialien gemacht, sondern selbst auf den Lackuntergrund wird nun häufig verzichtet zugunsten von Gründen aus ungelacktem Holz, Bambus, Bastfurnieren oder Geflecht. Innerhalb der traditionellen Lacktechniken kam man offensichtlich nicht recht weiter und so suchte man nach neuen Wirkungen.
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Abb. 176.
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Spiegelständer. U m 1816, — H . 61,7 cm. N a t i o n a l - M u s e u m T o k y o .
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So versuchte zum Beispiel Öki Toyosuke (gest. 1858), der Lackkunst ein neues Feld zu erschließen, indem er Lackdekorationen auf farbig glasierter Keramik oder auf Porzellan anbrachte; er hatte jedoch nicht viel Erfolg damit. Von größerer Bedeutung und nachhaltigerer Wirkung war das Schaffen Tamakaji Zökoku's (1806—69), der in Takamatsu (Shikoku) Abb. 177 arbeitete. Er übte die aus Thailand und Burma stammenden Mal- und Gravierungstechniken des kimma- und Zonsei-nuri aus24 und pflegte vor allem den Schnitzlack, also lauter Verfahren abseits der altüberlieferten Einstreu-Techniken. Zökoku war der bekannteste Schnitzlackmeister seiner Zeit 25 , und bei ihm zum erstenmal wird eine gewisse „Japanisierung" dieser Technik erkennbar. Es ist bezeichnend, daß er nicht nur die traditionellen, ursprünglich aus China stammenden Schnitzlackmotive verwendete, sondern auch rein japanische Themen darstellte. Gleich-
Abb. 177.
Z o k o k u : Schnitzlack-kogo mit Sumiyoshi-Tanz. Mitte 19. Jh. H . 3 cm, D m . 8,6 cm. J a p a n . P r i v a t b e s i t z .
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zeitig mit ihm, aber nicht so selbständig, arbeiteten auch die Schnitzlackmeister der Tsuishu Yösei-Schule (vgl. S. 2 1 5 ) und der durch Gurilacke bekannte Gamö Morimasa 2 6 . Ganz offensichtlich sind gegen Ende der Edo-Zeit die alten makieTechniken erschöpft und nur wenige Meister sind von dem allgemeinen Niedergang nicht betroffen. Sie aber schaffen nichts entscheidend Neues, sondern führen technisch und stilistisch die alten Traditionen fort. Zu ihnen zählen für Edo K o m a Kansai und H a r a Yöyüsai ( 1 7 7 2 — 1 8 4 5 ) , für K y ö t o Sano Chökan ( 1 7 9 1 — 1 8 6 3 ) . Aber die Namen besagen wenig, da wir von diesen Meistern kaum etwas wissen. Die japanische Fachwissenschaft hat sich, soweit sie nicht überhaupt die Lackkunst mit Körin enden läßt, um die Spät- und Kleinmeister des 18. und 19. J a h r hunderts nie systematisch gekümmert, und im Westen hat man zwar ihre inrö zu Hunderten gesammelt, aber fast nie zusammenfassende Untersuchungen zu einzelnen Meistern oder Schulen angestellt. Diese Unterlassungen sind verständlich, da zunächst einmal die frühere Lackkunst als die künstlerisch wichtigere bearbeitet werden mußte. Aber die Folge ist, daß über die Edo-Spätmeister einstweilen zwar mancherlei erwähnt bzw. aus älteren Büchern abgeschrieben werden kann, aber nur weniges zu beweisen ist. Was bedeutet zum Beispiel die Erwähnung von K o m a Kansai? Es hat drei aufeinanderfolgende Generationen von Lackmeistern dieses Namens gegeben: Kansai I, gestorben 1792, seinen Sohn ( 1 7 6 6 — 1835), der einer der besten Schüler K o m a Kyoryüs gewesen sein soll, und dessen Sohn, der 1824 Namen und Beruf übernahm, als sein Vater Priester Abb. 178 wurde 27 . O b und wie ihre Werke sich voneinander unterscheiden bzw. welche K o m a Kansai-signierten Werke man wem zuzuweisen hat, ist bisher nicht untersucht, wenngleich im allgemeinen K o m a Kansai I I als der bedeutendste gilt. Schon ein flüchtiger Uberblick über die Kansaisignierten Lacke (zum größten Teil inrö) zeigt so große Unterschiede in Technik und Stil, daß diese Arbeiten sich wahrscheinlich wirklich über alle drei Generationen verteilen bzw. über den Zeitraum von circa 1780 bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein Lob auf K o m a Kansai kann sich unmöglich auf alle Werke erstrecken, die mit diesem Namen signiert sind. Uber Yöyüsai wird von R o k k a k u Shisui und in neueren japanischen Veröffentlichungen berichtet, er habe im Stil von Körin gearbeitet und Abb. 179 dazu Vorzeichnungen von Höitsu verwendet. Die erhaltenen Lacke Yöyüsais sprechen jedoch bestenfalls von einer Linienführung im Sinne
Mittlere
A b b . 178.
Koma
Kansai:
Inrö.
1. H .
National-Museum Tökyö.
und späte
19. J h .
Edo-Zeit
Abb. 179.
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H a r a Y ö y ü s a i : I n r ö . 1. H . National-Museum
19. J h .
Tokyo.
der Körin-Malerei, nicht jedoch f ü r eine direkte Beziehung zu Körins Lackarbeiten. Yöyüsai scheint auch weder Blei noch Perlmutter verwendet zu haben, dagegen w a r er geschickt in den alten makie-Techniken.
X. Von der Meiji-Zeit zur Gegenwart Im Jahre 1867 trat der letzte Tokugawa-Shögun zurück und die Regierungsgewalt ging nach jahrhundertelanger Shögunatsherrschaft wieder an den japanischen Kaiser über. Die Meiji-Restauration von 1868 führte zu umwälzenden Veränderungen der Machtverhältnisse im Staat; 1871 wurden die alten Feudallehen abgeschafft, die lange Abschließung Japans gegen das Ausland fand ein Ende. Durch die Auflösung der Lehen verloren die Daimyö ihre bisherigen Einnahmequellen und damit auch die Möglichkeit, Künstler an ihre Lehnssitze zu ziehen und zu finanzieren. Die Lackmeister, die bis zu diesem Zeitpunkt zum größten Teil im Dienste des Shögunats oder der Landesfürsten gestanden hatten, verloren dadurch ihren wirtschaftlichen Rückhalt. Sie mußten sich darauf umstellen, vom Verkauf ihrer Arbeiten zu leben. Das war an sich schon schwierig, da ein guter Lackgegenstand unter Umständen jahrelange Arbeit erfordert. Sehr erschwerend aber kam hinzu, daß seit der Öffnung des Landes das Bedürfnis nach Werken der traditionellen einheimischen Lackkunst erschreckend sank: nach 1868 versuchten weite Kreise der kaufkräftigen Oberschicht, ihren Lebensstil und damit auch ihre Wohnungen und Geräte europäischen oder amerikanischen Vorbildern anzugleichen. So standen die Lackmeister vor dem Problem, daß plötzlich weder Mäzene alten Stils noch Absatzmärkte vorhanden waren. Die Situation wurde so kritisch, daß die Regierung Hilfe zu schaffen versuchte, und zwar — wie auch auf anderen Gebieten des Kunsthandwerks — zuerst durch Förderung des Exports. Export aber bedeutet in erster Linie Massenproduktion, und während es durch veränderte Herstellungsweisen auf den Gebieten der Keramik und Textilkunst gelang, sich darauf umzustellen, war das aus technischen Gründen für die Lackmeister fast unmöglich1. Zunächst aber schien die Exportförderung die einzige Möglichkeit zu sein, der Lackkunst über die schwere Krise hinwegzuhelfen. Alte und auch zeitgenössische japanische Lackarbeiten hatten zusammen mit anderen kunstgewerblichen Arbeiten auf der Wiener Weltausstellung von 1873 großen Beifall gefunden; englische und österrei-
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chische Kunsthändler hatten daraufhin die zuständigen japanischen Stellen um Exportsendungen von japanischen Lackgegenständen ersucht. Um diesen Wünschen entsprechen zu können, mußte die Produktion gesteigert werden und mußte die Qualität der Lackarbeiten, die in den letzten Jahrzehnten der Edo-Zeit sehr abgesunken war, wieder auf ein höheres Niveau gebracht werden. Diesen beiden Zwecken sollte die Gesellschaft Kiritsu Köshö Kaisha in Tökyö dienen, die Werkstätten gründete und den Exporthandel abwickelte. Die Gesellschaft, der bald einige weniger bedeutende folgten, bestand von 1874 bis 1891. Ihre Werkstätten, in denen gute Lack-, Keramik- und Metallmeister arbeiteten, wurden zugleich Ausbildungs- und Fortbildungsstätten für den Nachwuchs, in einer von ihnen war ζ. B. der bedeutende Shirayama Shösai tätig. Die positive Aufnahme der japanische Lackarbeiten im Ausland führte übrigens dazu, daß nun auch auf innerjapanischen Industrie· und Handwerksausstellungen Werke der Lackkunst ausgestellt wurden, zuerst im Jahre 1877. Der Wunsch nach höherer Qualität richtete sich zunächst ausschließlich auf bessere handwerkliche Ausführung, nicht auf einen neuen Stil. Man suchte daher bewußt eine Anknüpfung an die guten Arbeiten der Vergangenheit und übernahm einstweilen den Formenschatz der EdoZeit. Die alte technische Tradition, an die man anknüpfen konnte, wurde vor allem durch zwei Lackmeister weitergeführt, die schon zu Ende der Edo-Zeit tätig gewesen waren: durch Nakayama Komin und Kawanobe Itchö. Komin (1808—1870) war als Schüler Hara Yöyüsais (s. S. 287) in den traditionellen Goldlacktechniken des togidashi und des hira- und takamakie wohl erfahren; seine feinen und sorgfältigen Arbeiten, durch die er schon vor der Meiji-Zeit sehr bekannt geworden war, konnten nun als Richtschnur dienen. Als sein Meisterwerk gilt ein kleiner achteckiger Kasten für Süßigkeiten (Musbikago makie-kashibako), der in Form und Dekor einen Insektenkäfig imitiert. Sehr geschickt hat Komin an ihm verschiedene Goldschattierungen mit Perlmutteinlagen verbunden. Neben solchen Arbeiten fertigte er auch Kopien von Heian-Lacken an. Dadurch wurde er zu einem der frühesten Repräsentanten der rückwärts gerichteten „Klassizisten" unter den Lackmeistern der Meiji-Zeit. Sein Schüler Ogawa Shömin (1847—1891) hat mehrere der berühmtesten Lacke aus der Nara-, Heian- und Kamakura-Zeit kopiert 2 . Solche Kopien wurden einerseits gemacht, um die alten Techniken zu studieren und 19
von Rague
Abb. ιβο
Von der Meiji-Zeit
290
zur
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Von der Meiji-Zeit
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291
wiederzubeleben; andererseits entsprangen sie einer gewissen retrospektiven Geisteshaltung, die um 1880 einsetzte. Als Reaktion gegen die kritiklose Nachahmung alles Ausländischen in den ersten Jahren der MeijiZeit kam damals nämlich eine Rückbesinnung auf die eigene kulturelle Blüte im frühen Mittelalter auf und man liebte es, die Meisterwerke dieser Zeit nachzubilden. Etwas später förderte noch ein dritter, in seinen Auswirkungen zum Teil sehr unerfreulicher Grund solche Kopien und Imitationen: das gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzende Sammlerinteresse der europäischen und amerikanischen Kunstliebhaber. Ihnen „zuliebe" wurden in der Zeit von circa 1895 bis 1915 regelrechte Fälschungen produziert. Es gibt interessante Beispiele dafür, daß bekannte Werke z . B . des frühen 13. Jahrhunderts zu diesem Zweck „neugeschaffen" wurden. Die Fälscher haben ihre Motive gelegentlich sehr unbefangen von erhaltenen alten Lacken übernommen, auf die Geräteform selbst bzw. auf deren Proportionen haben sie jedoch wenig geachtet. Trotz der alten Motive und der künstlich herbeigeführten Sprünge im Lack verraten solche Fälschungen dem Kenner ihre späte Entstehungszeit häufig durch ein staubfeines Goldpulver, das zur Zeit der angeblichen Entstehung noch unbekannt war. Für den Verkauf ins Ausland — in das bis heute nur eine relativ kleine Zahl wirklich alter Stücke gelangt ist — sparte man sich anscheinend die Mühe, Goldpulver in der alten, gröberen Art extra herzustellen — eine Mühe, der man sich für einige ausdrücklich als Kopien bezeichnete und also nicht in unlauterer Absicht hergestellte Nachahmungen berühmter Werke sehr wohl unterzog. Vorzugsweise scheinen alte Meisterwerke kopiert worden zu sein, bis etwa einschließlich der Kamakura-Zeit. Gelegentlich wurden aber — ohne fälschende Absicht — auch Motive der Momoyama-Zeit wieder aufgegriffen. Das Interesse des Auslands am japanischen Kunsthandwerk hat aber natürlich nicht nur Kopisten und Fälscher angeregt, sondern es hat zu einem guten Teil dazu beigetragen, daß man sich in Japan wieder auf eigene Werte und eigene Art besann und nicht nur — wie in den ersten Jahren der Meiji-Zeit — Westliches nachahmte. Die Namen des Amerikaners Ernest F. Fenollosa 3 und des Deutschen Gottfried Wagner 4 , die sich um Kunst und Kunstgewerbe Japans in der Meiji-Zeit sehr verdient gemacht haben, stehen heute noch in Japan in hohem Ansehen. l
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i
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Der zweite Lackmeister, der bis weit in die Meiji-Zeit hinein die alten makie-Traditionen fortsetzte, war Kawanobe Itchö (1830—1910). Er war als 12jähriger Knabe in die von den Köamis geleitete amtliche Lackwerkstatt des Tokugawa-Shögunats in Edo eingetreten und zehn Jahre später zum Hof-Lackmeister ernannt worden. Mit besonderem Interesse wendete er sich schon damals dem Studium der altüberlieferten Techniken zu, und auch in der Meiji-Zeit wandte er seine ganze Kunst an Abb. i8i die Fortführung der alten Köami-Tradition. Die abgebildete kleine Lacktafel mit Landschaftsdarstellung läßt das deutlich erkennen. Wo Itchö sich stilistisch selbständiger zeigte, wirkt er gelegentlich schwächer5. Freier von den alten technischen und stilistischen Traditionen war Shibata Zeshin, der bedeutendste Lackkünstler des 19. Jahrhunderts (1807 bis 1891). Auch er lebte in Edo bzw. Tokyo. (1869 war die kaiserliche Residenz von Kyöto nach Edo verlegt und dieses in Tokyo umbenannt
Abb. 181.
K a w a n o b e Itcho: Lacktafel. 2. H . 19. Jh. — 13,3 : 12,7 cm. T ö k y ö Geijutsu Daigaku.
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worden.) Zeshin war schon vor dem Ende des Shogunats bekannt und geschätzt. Schon als Elfjähriger war er 1818 zu Koma Kansai II. in die Lehre gekommen, um die Lackkunst zu erlernen, 5 Jahre später schwenkte er jedoch zunächst zur Malerei über, die er bei verschiedenen Meistern studierte. Im realistischen Stil der Shijö-Schule malte er vor allem Pflanzen und Tiere. Zu welchem Zeitpunkt er sein bedeutendes Talent wieder der Lackkunst zuwandte, ist nicht genau bekannt, vermutlich erst in den letzten Jahren der Edo-Zeit. Zeshin arbeitete vorwiegend mit Farblacken, weniger mit Gold oder Silber. Er vermied es aber mit sicherem künstlerischen Instinkt, allzu naturalistischen Farbreichtum auf die Lackkunst zu übertragen. Stattdessen entlockte er dem Lackmaterial die raffiniertesten Ausdrucksmöglichkeiten durch Strukturwechsel, indem er etwa den gleichen Farbton einmal in Hochglanz und einmal in stumpfer, wie patiniert wirkender Oberfläche gegeneinandersetzte. In einer nicht zu bunten Farbskala erzielte er dadurch Kontraste innerhalb der einzelnen Farben und auch zwischen Dekor und glänzendem Untergrund. Sowohl ein 1881 datiertes Lackbild mit der Darstellung eines Lotosteiches" — interessant, weil es unter dem Einfluß westlicher Malerei als gerahmtes Bild geschaffen wurde — als auch der 1886 datierte Schreibkasten mit einer Sakeflasche zwischen Frühlingsblüten (Tanpopo ni hisago makiesuzuribako) sind gute Beispiele dieser sehr wirkungsvollen Technik.
·
Abb 182
Zeshins Sicherheit in der Komposition und zugleich sein aufmerksames Naturstudium zeigen sich besonders gut an seinem berühmtesten Werk, dem „Karasu-sagi makiebako" aus dem Anfang der Meiji-Zeit. Abb. 183 Auf diesem Kasten sind zwei Schwärme fliegender Vögel in Kontrast zueinander gesetzt: schwarz reliefierte Krähen auf dem Deckel und zwei Seitenwänden, silbern reliefierte Reiher auf den beiden anderen Seiten. Bewundernswert klar sind die unterschiedlichen Flugbewegungen der beiden Vogelarten erfaßt und dargestellt; in vorzüglicher Weise bleibt der lebendige Dekor der klaren, sehr modern wirkenden Kastenform untergeordnet. Obwohl hier auch die alten Einstreutechniken verwendet sind, beweist dieser Kasten doch Zeshins Selbständigkeit gegenüber den klassischen Lack-Traditionen sehr deutlich. Mit Zeshin trat nach langer Pause wieder eine schöpferische Persönlichkeit in der Lackkunst hervor. Daß er schon bei Lebzeiten unangefochten als der führende Lackmeister galt, mag allerdings nicht nur auf der
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Abb. 182.
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Shibata Zeshin: Schreibkasten mit Sakcflasche. 1886. — 3,3 : 19,4 : 22,6 cm. N e w Y o r k , T h e M e t r o p o l i t a n Museum of Art, Rogers F u n d , 1936.
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Abb. 183.
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Shibata Zeshin: Kasten mit K r ä h e n und Reihern. U m 1880. 12,4 : 18,5 : 13 cm. N a t i o n a l - M u s e u m T o k y o .
hohen Qualität seiner Werke beruhen, sondern auch darauf, daß seine Art des Dekors dem zeitgenössischen Verlangen nach realistischer Darstellung so gut entsprach. Im Alter schuf Zeshin Lackmalereien auf Papier, bei denen sich seine malerische Begabung vorzüglich mit seiner Beherrschung der Lacktechniken verband 7 . In der langen Geschichte der Lackkunst geschah es bei Zeshin zum ersten Mal, daß der Lackdekor sich völlig verselbständigte, daß er nicht mehr zum Schmuck eines Gegenstandes diente, sondern ein Zweig der freien Malerei wurde. Die japanische Lackkunst ist diesem Weg damals nicht gefolgt, sondern hat auch nach Zeshin ihre dem Gegenstand dienende Schmuckfunktion weiter ausgeübt. Erst in unserem Jahrhundert gibt es häufiger Lack-Gemälde auf Leinwand oder Wandgemälde aus Lackfarben, doch gehören diese eher zur Malerei als zur eigentlichen Lackkunst. — Unter Zeshins Schülern war am bedeutendsten Ikeda Taishin (1825—1903) 8 , der ebenfalls gute, im Dekor nobel zurückhaltende Lackarbeiten gemacht hat. Zeshin, Komin und Itchö waren schon bekannte Künstler, als die
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Lackkunst zu Beginn der Meiji-Zeit vor existenzbedrohende Fragen gestellt wurde. Es ist selbstverständlich, daß diese Meister, vor allem Zeshin und Itchö, an den Bemühungen um eine Erneuerung und Umstellung der Lackkunst wesentlich beteiligt waren. Zu ihnen traten noch Ogawa Shömin, der Schüler Komins, und Shirayama Shösai (1853—1923). Da der äußere Rahmen, in dem sie und die übrigen Lackmeister tätig sein konnten, nun nicht mehr durch fürstliche Mäzene gesichert war, versuchte man seit etwa 1888, der Lackkunst durch neue amtliche oder halbamtliche Institutionen einen Rückhalt zu verleihen. Am wichtigsten wurde in dieser Hinsicht die 1888 gegründete Kunstschule in Tokyo (Tökyö Bijutsu Gakkö). Zum Leiter ihrer Ladt-Abteilung wurde 1890 Ogawa Shömin berufen, dem später Kawanobe Itchö und Shirayama Shösai folgten. (Shömin hatte 1889 zu den Mitbegründern der Lackgesellschaft Nihon Shikkö-kai gehört.) Die Kunstschule, die 1949 in der heutigen Tökyöer Kunsthochschule aufging (Tökyö Geijutsu Daigaku), wurde zu einem neuen und bedeutenden Zentrum der Künste; nach ihrem Vorbild wurden später auch in den Provinzen Kunstschulen und technische Fachschulen gegründet. Hatte früher die Ausbildung des Nachwuchses in den Werkstätten der Lackmeisterfamilien stattgefunden, so verlagerte sie sich seit Ende des 19. Jahrhunderts an diese Schulen. Hier konnte sich eine neue Tradition herausbilden. 1890 berief Kaiser Meiji die kaiserliche Kunstakademie, eine Art Kunstrat. Ihr gehörten zunächst zehn Mitglieder an, darunter Zeshin als Vertreter der Lackkunst 9 . (Durch diese Akademie wurden endlich die traditionellen Künste auch von der höchsten japanischen Instanz offiziell unterstützt.) 1896 wurden Itchö und Ikeda Taishin und 1906 schließlich auch Shirayama Shösai Mitglieder dieser hoch angesehenen Institution. Zeshin, Itchö und Shösai waren 1886 bis 1889 an der Lackausschmückung des neuerbauten Kaiserpalastes in Tökyö beteiligt. Der Kaiserhof war einer der wichtigsten Auftraggeber für die damalige Lackkunst wie ganz allgemein für das zeitgenössische Kunstgewerbe. Das bedeute natürlich, daß sich die Lackmeister auf den bei Hof herrschenden Geschmack einstellten. Das Ergebnis sind Arbeiten, die sich vor allem durch minutiöseste Sorgfalt im Detail und geschickte Verwendung der verschiedenen Goldlacktechniken auszeichnen, weniger durch neuartige und eigenwillige Ideen. Ein Schreibkasten, den der Kaiser samt zugehö-
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rigem Papierkasten dem deutschen Hofarzt Erwin von Bälz schenkte, ist Abb. m ein gutes Beispiel für solche Werke. Schließlich trug auch die Gründung der heutigen National-Museen in Tökyö, Kyoto und Nara dazu bei, das öffentliche Interesse an den eigenen japanischen Künsten und damit auch an der Lackkunst zu steigern10. Der Kern der heute so bedeutenden Lacksammlung des Tökyöer National-Museums wurde durch diejenigen Lackgegenstände gebildet, die man 1873 zur Weltausstellung nach Wien geschickt hatte. Auf dem Rückweg von dort war ein Schiff mit einem Teil der Lacke untergegangen, und es war eine Sensation für die gesamte Kunstwelt, als sich nach 1V 2 Jahren bei der Bergung herausstellte, daß diese aus Holz gefertigten Kunstwerke dank der schützenden Lackschichten keinerlei Schaden durch das Meerwasser erlitten hatten. Neben die organisatorischen Bemühungen, der Lackkunst einen Platz in der veränderten Umwelt zu schaffen, und neben die Anknüpfung an künstlerische Traditionen zur Verbesserung der Qualität traten gegen Ende des 19. Jahrhunderts noch die Ergebnisse der für Japan neuen Naturwissenschaften. In neuerrichteten chemischen Forschungsstätten bemühte man sich, den Lack genauer zu untersuchen und seiner Anwendung neue Möglichkeiten zu eröffnen. Seit 1885 forschte man in den Kreisen der Ladsmeister nach neuen Farblacken, und allmählich gelang es, die bisher beschränkte Lackpalette — Schwarz, Rot, Gelb, Grün und Braun — um die Farbtöne Weiß, Blau, Orange und Violett zu bereichern. Vor allem Rokkaku Shisui (1867—1950) machte sich auf diesem Gebiet verdient. Die neuen Farblacke brauchten im Gegensatz zu den alten nicht mehr pastos auf getragen zu werden, sondern konnten je nach Belieben dick oder dünn vermalt werden; außerdem konnte man mit ihnen auch Farbübergänge und besonders zarte Farbtöne erzielen. Durch diese vielfältigen und praktischen Möglichkeiten waren die neuen Farblacke nicht nur den alten überlegen, sondern sogar der auf Lackgrund angewendeten Ölfarben-Malerei des mitsuda-e. Ferner suchte und fand man neue Untergründe für den Lackauftrag. Es hatte sich nämlich gezeigt, daß die aus Holz angefertigten japanischen Lackgegenstände in Ländern mit trockenerem Klima leicht Risse und Sprünge bekamen. Daher ersetzte man nach mancherlei Untersuchungen bei Exportgegenständen den hölzernen Untergrund nun gern durch leichtes Metall, insbesondere durch Aluminium. Dieses wurde völlig mit Lack-
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Abb. 184.
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Schreibkasten. Deckel-Innenseite. U m 1900. G e s a m t m a ß e : 4,5 : 22,3 : 24,4 cm. Staatliche Museen Berlin, Ostasiatische K u n s t a b t e i l u n g .
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schichten bedeckt und mit Lack dekoriert. Arbeiten dieser Art wurden um die Jahrhundertwende vom Ausland gern gekauft. "Wie schon erwähnt, war dank traditionsgebundener Künstler wie Komin, Itchö und Shömin die Verbindung zu den alten Goldlacktechniken nie völlig abgerissen. Shirayama Shösai (1853—1923), der sich stolz als unabhängigen Künstler bezeichnete, versuchte diese alten Verfahren nun neu zu beleben. Er hatte makie-, Schnitzlack- und raden-Techniken gelernt und mit großem Können mancherlei Techniken selbständig weiterentwickelt. (Das staubfeine Goldpulver der Meiji-Zeit bot neue technische Möglichkeiten.) Seine Stärke lag vor allem auf dem Gebiet des togidashi und des besonders feinteiligen Dekors. Typisch für seine Werke ist eine achteckige Dose, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden ist (Hak- Abb. iss kakukei-kasbiki). An ihr verbindet sich minuziöseste Goldlackarbeit mit farbigen Lackgründen und verschiedenartigen aogai-Einlagen zu einer reichen Gesamtwirkung. Die elf Querzonen, aus denen der Dekor der
Abb. 185.
Shirayama Shosai: Gebäckkasten. Anf. 20. Jh. — H . 13 cm, Dm. 10,3 cm. National-Museum Tokyo.
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Dose besteht, bilden fast eine Musterkarte für das vielseitige technische Repertoire Shösais. Diese Dose zeigt aber auch, daß bis zum Ende der Meiji-Zeit von einem neuen Stil in der Lackkunst kaum gesprochen werden kann. Die bisherigen Bemühungen hatten eben in erster Linie der Einrichtung von Fachschulen, Vereinen und Ausstellungen sowie der Verbesserung der Qualität gegolten. Erst in den folgenden Jahrzehnten wurden Bemühungen sichtbar, die altehrwürdige Lackkunst mit dem modernen Lebensgefühl in Einklang zu bringen und Geräteform und Komposition aus eigenem, neuem Stil heraus zu gestalten. Davon soll später noch die Rede sein. Wie war es um die Meiji-Lackkunst außerhalb Tökyös bestellt? In Kyöto wurden zwar weiterhin Lackarbeiten angefertigt, aber an besonders tüchtigen Künstlern ist nur Kimura Hyösai (1817—1885) zu nennen. In Kanazawa wurde das Ansehen des altberühmten Kaga-makie weiter durch vorzügliche Arbeiten hochgehalten; die wichtigsten dortigen Künstler waren Sawada Jisaku, Shimizu Kamon, Asano Sösaburö und Igarashi Tajirö, deren Arbeiten denen der Tökyöer Meister nicht nachstanden. In Wajima kam es 1878 zur Neuorganisation einer rund 40 Jahre alten Lack-Gilde (Kafuku-sha), durch welche die technische Geschicklichkeit der Lackmeister sehr gefördert wurde. Das Schwergewicht lag hier weiterhin auf chinkinbori und makie-Arbeiten, die in zunehmendem Maß als „Wajima-nuri" in ganz Japan geschätzt wurden. In Takamatsu auf Shikoku arbeitete Fujikawa Shunzö (Bunkidö), der jüngere Bruder von Zökoku (s. S. 285), und in Hiroshima zeichnete sich Ikeda Ikkokusai III. durch reliefierende Farblackarbeiten aus11. Im übrigen wurden die lokalen Sonderformen der Lackkunst, wie sie sich seit der frühen Edo-Zeit herausgebildet hatten (s. S. 255 ff.) weiter fortgeführt. Die Dinge des täglichen Gebrauchs, die etwa in Farblackmalerei, in Tsugaru- oder Shunkei-nurihergestellt wurden, entsprachen in ihrer unprätentiösen Art dem Geschmack des Volkes. Die Tradition solcher schlichten, ansprechenden Alltagsgeräte reicht bis in die Gegenwart hinein. Unter den Provinz-Erzeugnissen ist das Kamakurabori besonders hervorzuheben. Seit Beginn der Meiji-Zeit wurde es in großen Mengen angefertigt und nicht nur in Kamakura selbst. Seine unkomplizierte Schönheit war sowohl für Eß- und Schreibgeräte wie für Gegenstände der Teezeremonie beliebt. Kamakurabori ist bis in die jüngste Gegenwart hinein lebendig, gerade im modernen Nachkriegsjapan wird es
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— neben dem in der Wirkung verwandten Negoro-nuri — ganz besonders geschätzt. Gegenwärtig wird Kamakurabori als verhältnismäßig einfache Kunstweise auch gern von Amateuren angefertigt; viele alte Motive wie Kamelien, Päonien und Vögel finden sich fast unverändert heute wie vor hundert Jahren. Aber dieses Kamakurabori erstrebt, wie schon erwähnt, keine Ähnlichkeit mit chinesischen Schnitzlacken mehr: fast stets ist der Grund weitgehend freigelassen vom Dekor, der Holzkern ist zwar nicht sichtbar, wird aber durch die Schnitzweise eher betont als verleugnet, und gerade die Einfachheit und das Ungekünstelte solcher Arbeiten werden mit der japanischen Vorliebe für „sabi" und „shibui" unter Kennern besonders genossen. In der Meiji-Zeit fanden allerdings solche Lackarbeiten provinzieller Art keine Beachtung im offiziellen Kunstleben. Erst in den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts hat Yanagi Söetsu die Schönheit und Bedeutung dieser Volkskunst der Allgemeinheit wieder ins Bewußtsein gerufen. Gegen Ende der Meiji-Zeit war im allgemeinen die Umstellung der Lackmeister auf die neuen sozialen Verhältnisse einigermaßen vollzogen: anstelle der fürstlichen Mäzene von ehedem gaben nun Kunstschulen, Vereine, Museen und Forschungsstätten einen gewissen Rückhalt. Die schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts begonnene offizielle Förderung der Lackkunst wurde in zunehmendem Maße weiterbetrieben und der Export an Lackartikeln nahm stark zu. Allerdings war die künstlerische Bedeutung der Exportlacke recht gering. Bei der Pariser Weltausstellung von 1900 wurde neben dem Lob für einzelne Werke denn auch der Tadel laut, die japanischen Lackarbeiten zeigten zu wenig Originalität im Dekor; es sei zu wenig Bemühung zu spüren, die konventionellen Edo-Muster und -Formen zu überwinden. Der Erfolg solcher Kritik konnte damals nicht sehr groß sein, da ein neuer eigener Stil in Japan eben noch nicht vorhanden war. Aber immerhin brachte der Kontakt mit dem Ausland neue Ideen nach Japan und einige der Lackmeister bemühten sich, durch bessere Geräteformen und sparsameren Dekor einen neuen Stil zu finden. Im allgemeinen hatte das genaue Studieren und Kopieren altberühmter Lackwerke zwar zu einer Regenerierung der Techniken geführt, große künstlerische Leistungen fehlten aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz. Dieses Dilemma blieb in gewisser Weise auch in der Taishö-Ära (1912—1926) und bis zum zweiten Weltkrieg vorherrschend. Ein Kennzeichen dieser Zeitspanne ist das nicht sehr glückvolle Bemühen, die wie-
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dererweckte Tradition mit neuem, zeitgemäßem Geist zu verbinden. Aber den altmodischen Meistern, die oft in technischer Hinsicht gute Dinge schufen, fehlte der Zugang zu der geistig veränderten neuen Welt. Ihre Arbeiten, die als Nachklänge oder gar Nachahmungen der Edo-MeijiZeit wirken, sind oft steril und ohne eigene, selbständige K r a f t . Jüngere oder modernere Künstler hingegen, die nun auch von der modernen westlichen Malerei beeinflußt wurden, fanden nicht recht zu einer Umsetzung ihrer Ideen in das Medium des Lackmaterials. Sie fanden zudem auch nur selten zu einer wirklich eigenen Ausdrucksweise, da sie zu gern ausländische Formen imitierten. Die erfreulichsten Leistungen dieser Zeit stammen von Akatsuka Jitoku (1871—1936) und Tsuishu Yösei X X . (1880—1952), die beide zu ihrer Zeit hochangesehen waren. Beide wurden als Mitglieder in die Kaiserliche (bzw. nach dem Krieg: Japanische) Akademie berufen. Während Akatsuka Jitoku mit seinen makie-Arbeiten noch eher der traditionellen Richtung zuzurechnen ist, sind einige von Tsuishu Yöseis Schnitzlacken durchaus modern. Abb. 186
Yösei arbeitete gern mit verschiedenfarbigen Lackschichten, die er übereinander auftrug und durch den Schnitt wieder freilegte; er erstrebte dabei keine weiche Modulierung, sondern schichtenmäßig und farbig gegeneinander abgesetzte Flächigkeit. In diesen Schnitzlacken kommen nicht so sehr plastische Werte zum Ausdruck als vielmehr flächenhafte; sie lassen an moderne europäische Sgrafitto-Arbeiten denken, die ja ebenfalls trotz verschiedener Farbschichten durchaus die Fläche betonen. Mit dieser Neuinterpretation der in den Schnitzlacktechniken liegenden Möglichkeiten durchbrach Yösei X X . endgültig das normative Vorbild der chinesischen Schnitzlackkunst. In diesen auf die Meiji-Zeit folgenden Jahrzehnten, in denen die Voraussetzungen für die moderne Lackkunst der Gegenwart geschaffen wurden, spielte Rokkaku Shisui (1867—1950) eine wichtige Rolle. Aus der Provinz Hiroshima stammend hatte er 1893 an der Tökyöer Kunstschule als einer der ersten Absolventen der Lackabteilung sein Abschlußexamen gemacht. Dann war er mit Okakura Kakuzo (Tenshin) ins Ausland gereist und hatte am Museum in Boston gearbeitet. Nach seiner Rückkehr nach Tökyö wurde er Professor an der Kunstschule. Tief beeindruckt von den in Lolang in Korea ausgegrabenen chinesischen Lacken der Han-Zeit — Shisui hat selbst zeitweilig an den Ausgrabungen teilgenommen —, widmete er sein besonderes Interesse der Geschichte der
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der
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Tsuishu Y o s e i X X : Schreibkasten mit K ü r b i s - D e k o r . D e t a i l . U m 1915. Japan. Privatsammlung.
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Lackkunst. Während er in seiner Jugend von dem klassizistischen Stil seines Lehrers Shömin beeinflußt war und nach der Rückkehr aus Boston zunächst Kopien von Shösöin-Lacken herstellte, zeigen seine Arbeiten seit den zwanziger Jahren den Einfluß der Han-Lacke. Wichtiger als seine künstlerische Leistung ist jedoch Shisuis wissenschaftliche Arbeit. Daß er bei der Suche nach neuen Farblacken wesentlich beteiligt war, wurde schon erwähnt (s. S. 297). Vor allem aber verdanken wir ihm die erste historisch zuverlässige Darstellung der ostasiatischen Lackkunst von japanischer Seite, das 1932 erschienene Werk „Töyö-shikkö-shi", das 1960 in zweiter Auflage herauskam. Shisui war Lackkünstler, Forscher und Lehrer in einer Person. Ähnliches trifft auf Mizoguchi Saburö zu (geboren 1896), der 1928 zur Thronbesteigung des jetzigen Kaisers zusammen mit Rokkaku Shisui, Akatsuka, Jitoku, Uematsu Höbi (1872—1933) und Matsuda Gonroku (geboren 1896) jene Lackgegenstände herstellte, die der Kaiser anläßlich dieses Festes verschenkte. Mizoguchi wandte sich später mehr der Forschung, Lehre und Museumsarbeit zu und ist heute einer der besten Kenner der japanischen Lackkunst. Der gleichaltrige Matsuda Gonroku gilt seit dem Ende der Taishö-Zeit als der führende Meister des Abb. 187 makie. Abb. 187 zeigt eines seiner frühesten Werke 12 . Um die Mitte der zwanziger Jahre kam das neu auflebende Interesse an japanischer Volkskunst dem Suchen nach neuen und zeitgemäßen Ausdrucksformen zu Hilfe. Man erkannte nun gegenüber dem allzu dekorierten Stil der letzten hundert Jahre die Schönheit schlichter, einfacher und wenig dekorierter Formen aufs Neue. 1927 wurde in die alljährlich von der Regierung veranstaltete Kunstausstellung („Teiten", nach dem Krieg durch „Nitten" fortgeführt) erstmalig auch die Lackkunst aufgenommen. Zwar waren Lackarbeiten bei Kunstausstellungen von Künstlerbünden und bei Industrie- und Handelsausstellungen auch vorher schon gezeigt worden, aber diese neue Anerkennung von höchster offizieller Seite wirkte sich sehr belebend aus. Sie regte auch den Wettbewerb der Künstler untereinander an. 1928 wurde das „Industrial Arts Institute" (SangyöKögeiShiken-jo) gegründet, eine Art technologisches Forschungsinstitut. In seinen drei Zweigniederlassungen in Tökyö, Kurume (Kyüshü) und Sendai werden die Materialien, Techniken und Anwendungsgebiete modernen Kunsthandwerks untersucht; den Lacktechniken widmet vor allem das Institut in Sendai besondere Aufmerksamkeit. Von den Forschungen und Ver-
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Abb. 187.
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M a t s u d a G o n r o k u : Deckelkasten mit Tieren. 1919. — 16,1 : 25,1 : 21,8 cm. T o k y o Geijutsu D a i g a k u .
suchen dieses Sangyö Kögei Shiken-jo gehen bis heute mancherlei Anregungen und Impulse für die Lackkunst aus. Außer den schon genannten Lackmeistern sind für die Taishö- und frühe Shöwa-Zeit noch zu erwähnen Takano Shözan (1889— ) und Kömo Tözan (1882—· ), die beide wie Matsuda Gonroku vor allem das klassische makie pflegen; Yoshida Genjürö (1896— ) und Yamazaki Katsutarö (1899— ), die sich mehr um modernen Dekor mit Farblacken bemühen. Außerhalb Tokyos sind zu nennen Mae Taihö (1899— ) in Wajima, der als chinkinbori-Künstler berühmt ist, sowie Isoi Joshin (1883—1964) in Takamatsu, dessen Spezialität das kimma- Abb. iss nuri war. Der Krieg, die völlige Zerstörung Tokyos und der Mangel an Rohlack (der vor dem Krieg in großen Mengen aus dem Ausland eingeführt worden war, da die eigene Produktion seit der Herstellung von Exportlacken nicht ausreichte) versetzten der japanischen Lackkunst schwere Schläge. Nach den ersten Nachkriegsjahren begann aber seit etwa 1950 20
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Abb. 188.
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Isoi Joshin: Gebäckdose. U m 1960. — H . 8,5 cm, Dm. 23 cm. Wuppertal, Dr. K u r t Herberts.
ein erstaunlicher Aufschwung und ein Durchbruch zu einer neuen, nicht mehr von früheren Stilen beengten Lackkunst. Beigetragen hat dazu die Tatsache, daß der internationale Geschmack — ausgehend von der Architektur — plötzlich die Schönheit japanischer Formgebung und Dekorationsweise als richtungweisend anerkannte. Die japanischen Lackkünstler brauchten sich daher, um „modern" zu sein, nicht mehr um einen Ausgleich zwischen Westlichem und östlichem zu bemühen, sondern konnten sich getrost auf ihren eigenen Kunstsinn verlassen. Außerdem ergriff die japanische Regierung wirksame Maßnahmen, um im Zeitalter der Industrie und Maschinen die in langer Tradition gewachsenen handwerklichen Künste zu schützen. Auf einem 1951 erlassenen Gesetz beruhend besteht seit 1954 eine Behörde zum Schutz der Kulturgüter („Bunkazai Hogo Iin-kai"), die wichtige Aufgaben erfüllt. Ihr obliegt zum Beispiel die Auswahl der „Kokuhö", d. h. der Nationalen Kunstschätze. Die zum Kokuhö ernannten Kunstwerke, unter denen sich auch zahlreiche Lackgegenstände befinden, genießen besonderen Schutz und dürfen nicht ins Ausland verkauft werden. Letztere Bestimmung
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wurde nach dem Krieg sehr wichtig, um dem Ausverkauf japanischer Kunst in das Ausland Einhalt zu gebieten. Dem Schutz dieser Behörde unterstehen aber nicht nur Kunstwerke, sondern auch sogenannte „formlose Kulturgüter" (mukei bunkazai), zu denen unter anderem die traditionellen kunsthandwerklichen Techniken gehören. Die Behörde ernennt diejenigen Meister, die eine solche Technik vollkommen beherrschen und weiterzugeben imstande sind, zu deren „Bewahrern". Auf dem Gebiet der Lackkunst wurden zunächst fünf Meister und vier Techniken ausgewählt: Matsuda Gonroku und Takano Abb. i89 Shözan für makie, Otomaru Ködö (geb. 1898) für Schnitzlack und Mae Abb. 190 Taihö für chinkinbori. Ferner wurde die Nihon Kögei-kai gegründet (Gesellschaft für Japanisches Kunsthandwerk), welcher fast alle Lackmeister angehören. (Nur einige ultramoderne Künstler bilden eine Ausnahme, sie sind Mitglieder der 1961 gegründeten Gendai Kögei Bijutsu-ka Kyökai.) Diese Gesellschaft für Japanisches Kunsthandwerk veranstaltet seit 1954 alljährlich in Verbindung mit der Behörde zum Schutz der Kulturgüter die inzwischen schon berühmt gewordenen Ausstellungen traditionellen japanischen Kunsthandwerks („Nihon Dentö-Kögei-ten"). Die dort gezeigten Lackarbeiten weisen ein erfreulich hohes Niveau auf. An ihnen läßt sich deutlich erkennen, auf welchen Gebieten der Lackkunst heute die besten Leistungen hervorgebracht werden. Die beiden auffallendsten Merkmale dieser modernen Lackkunst sind zweifellos das Zurücktreten des Dekors und die überaus sensible Gestaltung der Gegenstandsform. Beide gehören zusammen, denn die Lackoberfläche mit ihrer Glätte und ihrem Glanz bringt die reinen Proportionen gerade dann voll zur Wirkung, wenn auf jeden Dekor verzichtet wird. Und umgekehrt: je edler die Form von Kasten, Dose, Schale usw. ist, um so schöner kommt die sanft spiegelnde Lack-Haut zur Geltung. Es ist kein Zufall, daß der Prozentsatz der völlig undekorierten Stücke, die nur schwarz oder rot (oder schwarz und rot) lackiert sind, recht hoch ist, und daß auch bei den übrigen Werken heute der Dekor im allgemeinen zurückhaltend gestaltet wird. Dieses neue Gefühl für die gegenseitige Steigerung von schöner Form und unverzierter Lackoberfläche spricht sich am besten in den modernen Trockenlack-Arbeiten aus. Die seit der Heian-Zeit ganz in den Hintergrund getretene kanshitsu-Technik, die feinste Formmodulierungen und 20:s
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Abb. 189.
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Otomaru Kodo: Teedose. Um 1960. Japan. Privatsammlung.
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Abb. 190.
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Mae Taihö: Teedose.
dünne, zarte Wandungen erlaubt, spielt in der zeitgenössischen Lackkunst eine führende Rolle. Als ihre bedeutendsten Vertreter müssen Masumura Mashiki (geb. Abb · 192 1910) und Tadokoro Hösai (geb. 1912) genannt werden; ferner Matsu- Abb. 191 nami Hoshin (1881—1954), Yamanaga Köho (geb. 1889) und Okude Jusen (geb. 1916). Die drei erstgenannten sind bzw. waren in Tökyö tätig; Yamanaga Köho lebt in der Provinz Gifu und Okude Jusen in der Provinz Ishikawa 13 . Bei den Arbeiten dieser Meister verbinden sich o f t Leichtigkeit, Klarheit und Eleganz der Form mit dem tiefen, schimmernden Glanz von Rot- und Schwarzlack zu faszinierenden "Wirkungen. Sowohl Masumura Mashiki wie auch Tadokoro Hösai arbeiten übrigens nicht nur mit lackiertem Stoff (kanshitsu), sondern auch mit lackiertem Papier (harinuki) oder Leder (shippi). Während für Trockenlack bisher noch kein Meister den Titel eines „jüyö mukei bunkazai-hojisha", eines „Bewahrers bedeutender formloser Kulturgüter" erhalten hat, sind die führenden Meister zweier anderer
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Abb. 191.
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Tadokoro Hosai: Teedose. Um 1960. Tokyo, Bunkazai Hogo Iinkai.
heute recht qualitätvoll ausgeübter Techniken mit diesem Ehrennamen ausgezeichnet worden: Otomaru Ködö für Schnitzlack und Isoi Joshin für kimma-Arbeiten. Beide Techniken werden in der Gegenwart außer in Tökyö fast nur in Takamatsu gepflegt. Diese Stadt war schon in der EdoZeit und besonders zu Lebzeiten von Tamakaji Zökoku ein Zentrum der kimma- und Schnitzlackmeister gewesen; sie spielt heute für die Lackkunst neben Tökyö und Wajima eine führende Rolle. Bei den modernen Schnitzlackarbeiten zeigt sich ganz allgemein das typisch japanische Streben nach flächenhafter Wirkung, das für einen Teil der Arbeiten Tsuishu Yöseis X X . schon erwähnt wurde. Die Lackschichten werden in zwei oder drei verschiedenen Farben übereinander aufgetragen und durch das Ausschneiden des Dekors stellenweise wieder freigelegt. Aber der Dekor wird nicht plastisch durchgeformt, sondern liegt meist als fast ebene Schicht über dem andersfarbigen Grund. Dadurch bleibt die Oberfläche des Gegenstandes klar gewahrt; die Schnitzerei durchbricht zwar den Flächenzusammenhang, löst ihn aber nicht auf. Die wichtigsten Schnitzlackmeister sind Otomaru Ködö (geb. 1898) und seine Söhne Otomaru Kaoru (geb. 1922), Otomaru Hiroshi (geb. Abb. 193 1927) und Otomaru Jun (geb. 1929); daneben Yoshida Baidö (geb. 1896),
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Abb. 193.
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Okabe Keishö: Weihrauchkästchen. 1964. — 2 : 6 : 6 cm.
der in Kanazawa lebt, und der bei Takamatsu ansässige Okabe Keishö (geb. 1912). Bei den kimma-Lacken, die in jüngster Zeit von ziemlich vielen Lackmeistern angefertigt werden, scheint sich in den letzten 5 bis 6 Jahren ein moderner Prozeß der Japanisierung zu vollziehen. Die Dekorformen des Altmeisters Isoi Joshin — meist Blüten oder Vögel und geometrisierende Randborten — hatten etwas eigentümlich Starres und Unlebendiges gehabt (vgl. Abb. 188) und diese Art zeigt sich auch heute noch bei manchen kimma-Meistern. (Womöglich beruht sie auf siamesischen Vorbildern, denn von Siam aus war die kimma-Technik ursprünglich nach Japan gekommen.) In den letzten Jahren aber hat vor allem Namba Jinsai (geb. 1903) einen viel freieren Stil entwickelt, den er selbst „gezeichnetes kimma" (egaki-kimma) nennt. Seine Arbeiten zeigen urjapanische Motive Abb. 194 wie Wellen, im Wind bewegte Bambuszweige oder Herbstgräser in so leichten, fließenden Linien, daß man eher an einen Malvorgang denkt als an eine Gravierung. Das etwas steife kimma hat durch Namba Jinsais Werke viel an sehr japanischer Anmut gewonnen. Vielleicht ist es kein Zufall, daß dieser Meister in Ashimori-shi (Provinz Okayama) lebt, also
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Abb. 194.
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Namba Jinsai: Tisch in egaki-kimma. 1962. — 12 : 60 : 36 cm.
nicht in unmittelbarem K o n t a k t zu der Takamatsu-Tradition. Seiner Art nähern sich gelegentlich die kimma-Lacke von Asata Shinsui (geb. 1901) und von Nöda Minoru (geb. 1934), während K a w a kubo Kazu (geb. 1932) und Ö t a Kazuko (geb. 1920) im allgemeinen stärker in der Nachfolge Isoi Joshins stehen. Tsuji Hokuyösai (geb. 1909) nimmt mit seinen sehr zurückhaltenden geometrisierenden Ornamenten eine Sonderstellung unter den kimma-Meistern ein. Abb. 195 Gute Arbeiten entstehen auch auf dem Gebiet der hyömon-Einlagen in Lack, wenngleich diese Technik dem modernen Stilgefühl weniger gefügig scheint als Trockenlack und Schnitzlack. Der führende Meister ist Öba Shögyo in Kanazawa (geb. 1916), neben ihm sind noch Miura Meihö (geb. 1900) und Taguchi Yoshikuni (geb. 1923) in T o k y o zu erwähnen. N u r von wenigen Lackmeistern der Gegenwart wird die chinkinboriTechnik beherrscht, und es ist gut, daß Mae Taihö (geb. 1899) zu ihrem „Bewahrer" ernannt wurde. Er lebt in Wajima, wo seit zweihundert Jahren das beste chinkinbori gemacht wird. Aber auch Fujii Kambun aus Abb. 196 T ö k y ö (geb. 1888) ist mit sehr reizvollen Werken in dieser Technik hervorgetreten. Merkwürdig unbedeutend wirken die modernen makie-Arbeiten. Ihre feinteilig-eleganten und reichen Gold-Effekte scheinen nicht recht in die heutige Zeit zu passen, die auf dem Gebiet der Lackkunst schlichtere
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Abb. 196.
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Fujii Kambun: Schreibkasten. 1963. — H. 7 cm, Dm. 36 cm.
und großflächigere Wirkungen vorzieht. Außer Matsuda Gonroku in Abb. 197 T ö k y ö sind nur Terai N a o j i in Kanazawa (geb. 1912) und Inami Kirokusai in Wajima (geb. 1902) zu nennen.
Abb. 197.
Terai Naoji: kleiner Stellschirm. 1963. — 38 : 176 cm.
Nicht gut steht es um die Qualität moderner Lackarbeiten mit Perlmutt-Einlagen. Was auf diesem Gebiet heute geschaffen wird, vermag nur selten vor kritischen Augen zu bestehen. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Abb. 198 die Arbeiten von Kuroda Tatsuaki aus K y o t o (geb. 1904). Bei ihnen ist
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Abb. 198.
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Kuroda Tatsuaki: Teedose. Um 1963. — H. 8,8 cm, Dm. 8,5 cm. Japan. Privatsammlung.
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der ganze Lackgrund in einer Art dichter Pflasterung mit verschieden großen, in sich gebrochenen und gesprungenen Perlmutterstücken bedeckt; nur in den Fugen, wo sie zusammenstoßen, bleibt der Schwarzlack noch sichtbar. Seine kleinen Teedosen und Kästen wirken durch ihre Form und durch Struktur und Farbe des Perlmutters, auf jeden zusätzlichen Dekor wird verzichtet. Gerade für kleinere Gegenstände ist diese neue Art der Perlmutt-Verwendung, die von ferne an die warigai-Methode der Momoyama-Zeit denken läßt, sehr ansprechend. Abb. 199
Zum Abschluß sei noch Akaji Yüsai aus Yokohama genannt (geb. 1906), dessen Arbeiten in J a p a n hoch geschätzt werden. Er formt Schalen und Dosen aus konzentrisch übereinandergeschobenen Holzringen verschiedenen Durchmessers; durch die Holzringe haben diese Gegenstände stets gerippte Wandungen. Diese schlichten, sehr gut proportionierten und dadurch lebendig wirkenden Geräte schmückt er mit einfachen, kräftigen Farblacken. Schwarz, Rot, Grün, Gelb und zuweilen Gold sind die einzigen Farben, die Akaji Yüsai verwendet, und zwar ausschließlich zur Betonung der Struktur, nicht für irgendwelchen Dekor. Es ist erstaunlich, in welchem Maß dieser Künstler seinen einfachen Mitteln stets schöne und harmonische Wirkungen abgewinnt. Die Werke der heute führenden Lackmeister zeigen, daß die Lackkunst den Niedergang während der späten Edo-Zeit und die schwere Krise während der Meiji-Zeit überstanden hat. Alte, traditionsreiche Tediniken, gutes handwerkliches Können, sicheres Formgefühl und moderner Stil haben sich zu einer gegenwärtig sehr lebendigen Kunst vereint. Es besteht zwar die Gefahr, daß Lackgegenstände, die nur in zeitraubender Handarbeit geschaffen werden können, in Zukunft auf manchen Gebieten des täglichen Bedarfs durch billigere, maschinell herstellbare Kunststoff-Produkte verdrängt werden. Aber die Schönheit guter Lackarbeiten kann von Massenartikeln nie erreicht werden. D a s Niveau, auf dem die heutige Lackkunst steht, läßt für die Zukunft dieses ältesten und schönsten japanischen Kunsthandwerks hoffen.
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Anmerkungen (Ausführliche Titelangaben der in den Anmerkungen erwähnten Publikationen sind in der Bibliographie S. 362 zu finden.) KAPITEL I
Anfänge und Lehrjahre Seite
1
1
Überblicke über die Lackfunde bis zum Ende der Hügelgräberzeit finden sich in „Pageant of Japanese Art", Vol. 5; in „Nihon Bijutsu Zenshü, Bd. I, und in „Nihon Bijutsu Taikei", Bd. V I I . Diese von J . Okada geschriebenen Darstellungen datieren die Funde ziemlich früh.
2
Die in Korekawa ausgegrabenen Gegenstände werden von der Bunkazai Hogo Iinkai (Kommission zum Schutze der Nationalen Kulturgüter) in T o k y o betreut.
3
Die Untersuchungen werden von der Bunkazai Hogo Iinkai durchgeführt. Vgl. „Exhibition of Japanese old art treasures" in „Tokyo Olympic Games" (Katalog), N r . 59—63.
4
3
5
Nach der legendären japanischen Überlieferung soll dieser Kaiser von 392—291 v. Chr. regiert haben; faktische Daten liegen nicht vor.
β
Als Beginn des Buddhismus in Japan gilt allgemein die Übersendung eines aus vergoldeter Bronze gearbeiteten Buddha-Standbildes durch den koreanischen König von Paekche (Kudara) an den japanischen Kaiser Kimmei. Dieses Ereignis wurde früher, dem „Nihonshoki" folgend, in das J a h r 552 n. Chr. datiert. Die neuere japanische Forschung hält jedoch das Jahr 538 für wahrscheinlicher, welches im „Jögü Shötoku hooteisetsu" genannt wird, der aus dem 7-/8. Jahrhundert stammenden ältesten Biographie Shötoku Taishi's. — Vgl. „Nihon-shi jiten", S. 195, unter dem Stichwort „Bukkyö-koden"; G. Kobayashi u. T . Fujita: „Nihon bijutsushi-nempyö", S. 2.
7
Weitere Abbildungen des Schreins u. a. bei Y. Yashiro: „Art treasures of J a p a n " , Vol. 1, pl. 40—42. — Untersuchungen mit ultravioletten Strahlen haben ergeben, daß es sich bei den roten, gelben und grünen Farben des Tamamushi-Schreins entgegen anderslautenden Theorien um echte Lackmalereien handelt, während die Fleischtöne der Körper in mitsuda-e gemalt sind.
8
Vgl. T . Akiyama: „Japanische Malerei", S. 22, sowie M. Sullivan: „The Birth of Landscape Painting in China", S. 131 u. 135. — Zu den Beziehungen des Tamamushi-Schreins zu Korea vgl. T. Kayamoto: „Tamamushi-zushi no baai. Nihon bijutsu ni oyoboshita Chösen no eikyö." In: Museum, N r . 23, Februar 1953.
Kapitel
I
319
Seite
5
6
8
9
Es handelt sich dabei um palmetten-ähnliche Elemente, die wie Wollquasten aussehen. Sie kommen ganz ähnlich auf einem Kasten im Shösöin vor, der seinerseits enge Beziehungen zu koreanischen Wandmalereien in alten K o k u r y ö - G r ä b e r n a u f weist. Abb. des Kastens in „Treasures of the Shösöin", The mittle section, pi. 60 und 61.
10
Z u r Einwanderung der Koreaner nach J a p a n seit dem Ende des 4. Jahrhunderts findet sich eine übersichtliche Zusammenfassung mit zahlreichen Literaturhinweisen in der Einleitung zu B. Lewin: Aya und H a t a . — Zum koreanischen Einfluß auf die Kunst der Asuka-Zeit vgl. R. T. Paine und A. Soper: The art and architecture of Japan, S. 14/15; zu Einflüssen koreanischer Keramik auf japanische Sueki-Keramik siehe R. A. Miller: Japanese ceramics; S. 25.
11
Vgl. H . Arakawa: S. 160.
12
T. Hasumi w i r f t in seinem Buch „Japanische Plastik" ein deutliches Licht auf diese Lernbegierde der Japaner. Er schreibt auf S. 153, daß allein während der Regierungszeit der Kaiserin Genshö (715—724) mehr als 550 (!) Japaner aus China zurückkehrten, die sich dort mit allen Bereichen der T ' a n g - K u l t u r vertraut gemacht hatten. Ihr Wissen und ihre E r f a h r u n g sei f ü r die N a r a - Z e i t von unschätzbarem Wert gewesen.
13
N . Ueno und M. Sakamoto: N i h o n chökoku zuroku, S. 31 ff. und T a f . 64—73, 76—79; Pageant of Japanese Art, Vol. 3, S. 21/22; Paine-Soper: T h e art and architecture in Japan, S. 26/27 und T a f . 16 ff.
14
Die ältesten literarisch belegten Trockenlack-Plastiken Japans waren zwei von Kaiser Tenchi (662—671) geweihte Buddha-Statuen, vgl. O. Kümmel: Beiträge zur Künstlergeschichte, Anm. 1, in: Ostasiatische Zeitschrift, Jg. 13/1926, S. 57.
15
Diese Abart des Trockenlacks wird japanisch als „kokuso" bezeichnet. — Zu den ostasiatischen Lacktechniken und ihrer Geschichte vgl. K. Herberts: Das Buch der ostasiatischen Lackkunst sowie B. v. Rague: Zur Technik ostasiatischer Lackarbeiten. In: Nachrichten d. Gesellschaft f ü r N a t u r - und Völkerkunde Ostasiens, H . 92: 1962.
Makie, S. 74; und J. Okada
in „Nihon Bijutsu Taikei", Bd. V I I ,
10
Im „Tödai-ji kemmotsu-chö."
17
Ein gleicher, aber nicht datierter Köcher ist unter N r . 36 im Katalog der Ausstellung „Treasures f r o m the Shösö-in" des National-Museums T ö k y ö von 1959 abgebildet.
18
Zu den shippi-Kästen der N a r a - Z e i t vgl. J. Okada's Aufsatz „Shippi-bako" in „Museum" N r . 161; ferner S. Mizoguchi: Kingin-dei-e shippibako, in „Museum" N r . 96.
11
19
Unter Shunkei-nuri versteht man eine Technik, bei der die Holzmaserung unter einer transparenten gelblichen oder rötlichen Lackschicht sichtbar bleibt. Dieses Verfahren w u r d e im 17. J a h r h u n d e r t häufig angewendet, es soll von einem Lackmeister namens Shunkei stammen, der angeblich zu Ende des 14. Jahrhunderts tätig war.
12
20
„Heidatsu" ist die japanische Aussprache der chinesischen Bezeichnung „p'ing-t'o".
10
Später trat das japanische W o r t „hyömon" an die Stelle von „heidatsu".
Kapitel
67 69
IV
325
als neuer Gouverneur bei dem ersten Schrein der Provinz." Akiyama vermutet, daß die Inschriften keine ursprünglichen Widmungsinschriften sind, sondern später nachgetragen wurden. Das Alter der Truhen werde jedoch von dieser Frage nicht berührt. •-0 Über das Motiv des Höraisan und seine Entwicklung berichtet auf Grund datierter Spiegel M. Nakano: Hörai-mon-kagami. 31
32
71
33
74
34
Angeblich sollen 50 Innenkästen erhalten sein. Truhen befinden sich heute im National-Museum Kyoto (datiert An-gen gannen = 1175), im National-Museum Tökyö (1175), im Nanatsudera (1175) und in Osaka; den Aufenthaltsort einer angeblich erhaltenen fünften Truhe konnte ich in Japan nicht erfahren. Eine der Truhen soll „An-gen 7. Jahr = 1 1 8 2 datiert sein. Die Darstellung auf dem Kyötoer Deckel zeigt bei Gesicht und unbekleideten Körperteilen eine weiße gofun-Malerei (gofun: pulverisierte Muschelschalen) unter dem Goldpulver und außerdem Linienzeichnungen in Rotlack. Tebako haben im allgemeinen den im Japanischen als „awase-buta" bezeichneten Deckel, der dem Kasten aufsitzt, bei dem also — wie bei den inrö — Deckel und Kastenwandung lotrecht übereinander liegen. Nur in der Heian-Zeit gibt es auch tebako mit Überfalldeckel wie ζ. B. den Katawaguruma-Kasten und diesen Spatzenkasten. S. Kokuhö-jiten S. 183/184.
K A P I T E L IV
Kamakura-Zeit 75
79
1
Bei den zur Zeit durchgeführten Restaurierungsarbeiten an der Konjiki-dö ist die Vermutung aufgetaucht, daß zumindest bei den Chüson-ji-Lacken statt yasuri-fun vielleicht Gold verwendet worden ist, das aus den Flüssen der Umgebung gewonnen wurde. Die Untersuchungen sind noch im Gang.
2
Zur Herstellung und Bezeichnung der verschiedenen Pulverarten bis zur Neuzeit vgl. H. Arakawa: Makie; S. 22 ff. Vgl. die entsprechende Verwendung von heijin beim Lotosrankenkasten, s. S. 39. Die Spiegel der Heian- und Kamakura-Zeit, die häufig Darstellungen fliegender Vögel zeigen, lassen diese Entwicklung besonders gut erkennen. Vgl. B. v. Rague: A part of the Western Paradise. Publiziert im Boston Museum of Fine Arts Bulletin, 1926, p. 42. Inschrift mit Datierung im Deckelinnern. Ein hölzernes Tor in bestimmter Form, das sich stets bei Shintö-Heiligtümern findet. Vgl. G. Yoshida: Waga-makie-monyö ni arawaretaru bungakuteki yösu ni tsuite. Zum gleichen Motiv vgl. Abb. 43. Allein das „Zöei-ki" des Ömi Hiyoshi-jinja aus dem Jahr 1136 nennt 27 Lackmeisternamen, doch lassen sich mit ihnen keine Werke in Verbindung bringen. Vgl. H. Arakawa: Makie; S. 27, wo alle Namen aufgeführt sind.
3 4
80
5 6
81
7 8 9
82
10 11
12
Diese Angaben verdanke ich Herrn M. Yoshimura im National-Museum Kyoto, der mir audi Fotos zeigte, welche diesen Sachverhalt bestätigen.
320
Anmerkungen
Seite
Vgl. Okada in N i h o n Bijutsu Zenshi, Bd. 1, S. 155. Okada bildung oder Beschreibung der Gegenstände.
bringt aber keine Ab-
Eine im Shösöin befindliche koto (zitherartiges Musikinstrument) mit heidatsu-Dekor ist durch ihre 735 datierte Inschrift eindeutig als chinesisch ausgewiesen. Auch bei ihr sind die reichen Silbereinlagen bis in die feinsten Einzelheiten graviert. Gute DetailAbb. in Sekai Bijutsu Zenshü, Bd. 15, S. 94. 14
Vgl. das Phönix-Rundmuster bei N r . 8 im Katalog der Ausstellung „Treasures from the Shösöin", Tokyo N a t i o n a l Museum 1959.
15
J. Harada: English Catalogue of treasures in the Imperial Repository Shösöin, S. 161. Körai-raden. Η . Arakawa: Raden. In: Museum, H . 96: März 1959 u. H . 105: Dezember 1959. Vermutlich 1118 von Fang Shao geschrieben. — Vgl. J. Okada: Bunken-jö yori mita Körai-raden.
17
18
20
21
28a
I n chinesischen Schriftquellen der Sung-Zeit werden allerdings Spiegel mit PerlmuttDekor erwähnt, wir kennen aber keines dieser Werke. — In jüngster Zeit hat S. Y. Lee einige chinesische Perlmuttlacke in die Sung-Zeit datiert, doch scheint die Beweisführung noch nicht völlig gesichert.
27
Im Shösöin befindet sich eine Gruppe von 17 Tellern fast einheitlicher Größe, die alle aus keyaki-Holz hergestellt und bemalt sind. Sie werden im allgemeinen als mitsuda-e bezeichnet; in Wirklichkeit ist aber nur bei vier Tellern der Farbstoff mit ö l gebunden, während die übrigen einen ö l ü b e r z u g in Art des yushoku haben.
28
Vgl. den Kasten N r . 63 in der Ausstellung „Treasures f r o m the Shösöin", Tökyö N a t i o n a l Museum 1959.
29
Die Quellen der N a r a - Z e i t geben keinen N a m e n f ü r diese Technik an. Man identifiziert sie heute mit „chirimaki", einer Tcchnik, deren N a m e zuerst in den Schriften der Heian-Zeit vorkommt.
30
Vgl. Okada in N i h o n Bijutsu Zenshi, Bd. 1, S. 157. Danach scheint es sich nicht um das Einstreuen eines Musters, sondern um einfache Grundbestreuung zu handeln, also um ein ähnliches Verfahren wie bei den Pfeilen im National-Museum Tökyö.
81
In dem 1962 erschienenen Buch „Makie" von H . Arakawa keit einer japanischen Erfindung vertreten.
32
Ein hervorragendes Beispiel sowohl f ü r die komplizierten Rundmuster wie auch f ü r die Farbenfreudigkeit ist ein mit farbigem cloisonne geschmückter Spiegel im Shösöin (Farbabb. in N i h o n Bijutsu Taikai, Bd. 9, Taf. 7), dessen Echtheit allerdings von Sir Harry Garner angezweifelt wird („Chinese and Japanese Cloisonne Enamels").— Der schon zitierte Katalog der Ausstellung „Treasures f r o m the Shösöin" gibt gute Beispiele f ü r Textilien (Nr. 8, 88, 126); f ü r Elfenbein ( N r . 2) und f ü r Perlmutteinlagen in H o l z g r u n d (Nr.13 u. 27), die alle die komplizierte Struktur der beliebig vergrößerbaren Rundmuster zeigen.
33
R. A. Miller: Japanese ceramics; S. 28 ff; S. Umehara: yöki. I n : Bijutsu Kenkyü, N r . 226: 1963.
34
Siehe N i h o n Bijutsu Zenshi, Bd. 1, S. 151.
wird die Wahrscheinlich-
N i h o n ni okeru tasaiyü no
Kapitel
II
321
K A P I T E L II
Die frühe Heian-Zeit Seite
23
1
Die neuesten Ergebnisse über M a n d a r a , Schrein und H a l l e sind publiziert in „Kokuhö tsurezure-ori T a i m a - m a n d a r a " , Tökyö, Bunkazai H o g o Iinkai 1963, und in „Taima m a n d a r a zushi z u f u " , Tökyö, Bunkazai H o g o Iinkai 1963.
25
2
Im „Ninna-ji go-shitsu gomotsu jitsuroku" wird f ü r das J a h r 950 ein aus H o l z gefertigter Kasten mit hyömon-Einlagen aufgeführt. Vgl. audi N i h o n Bijutsu Taikei, Bd. V I I , S. 164.
3
In „ N i h o n Bijutsu Taikei", Bd. VII, Abb. 48, ist ein Detail einer der seltenen hyömon-Arbeiten vom Ende der Heian-Zeit abgebildet.
4
H . Arakawa tsuite".
5
Bei den togidashi-Arbeiten der Heian-Zeit ist die oberste Lackschicht nicht abschließend noch poliert worden. Die Heian-Lacke sind daher nicht so glänzend wie spätere togidashi-Arbeiten, bei denen die Abschlußpolitur allgemein üblich war.
6
967—984 in 20 Rollen geschrieben.
28
29
7
„ M a k u r a no söshi"; um 1020 geschrieben.
8
A n f a n g des 11. Jahrhunderts von Murasaki Shikibu geschrieben. Abgeb. in N i h o n Bijutsu Taikei, Bd. VII, fig. 37 u. 38.
9
30
32
f ü h r t diese Schriftquellen auf in seinem Artikel „Shoki makie-hin ni
10
„Tö- ji" ist der heute allgemein übliche N a m e des Tempels; er wird jedoch zuweilen audi mit seinem alten N a m e n als „Kyöögokoku-ji" bezeichnet.
11
Im Ansdiluß an die Ausstellung „Nihon kokuhö-ten", National-Museum T ö k y ö 1960, veröffentlichte H . Arakawa die erste Untersuchung über diese Gruppe und über die zeitliche Reihenfolge der Werke unter dem Titel „Shoki makie-hin ni tsuite". — Sehr frühen, aber ungegenständlichen makie-Dekor zeigt ferner ein Kamm, der Sugawara Michizane (845—903) gehört haben soll. („Taimai söge kushi" im Besitz des Dömyö-ji Temman-gü in O s a k a ; Abb. s. N r . 160 im Katalog der Ausstellung „Nihon kokuhö-ten"). Im Wechsel mit Schildpatteinlagen trägt er mit Goldpulver bestreute Punkte, die anscheinend nicht abschließend überladriert worden sind.
12
S. Arakawa:
Shoki makie-hin ni tsuite, S. 13.
13
Kukai, 774—835, posthumer N a m e : Köbö Daishi.
14
Aus der Eintragung im Engi-gyoki geht hervor, d a ß Fujiwara no Tadahiro, der während der Engi-Ära (901—923) f ü r die A u f b e w a h r u n g dieser im Jahre 806 nach J a p a n gebrachten kleinen Bücher verantwortlich war, den Kasten anfertigen ließ. — Ursprünglich waren es 38 dünne Bücher gewesen, von denen aber acht bald verlorengingen; die übrigen wurden dann unter dem N a m e n der „30 Büchlein" (sanjüjö sasshi) berühmt. Seit 1185 gehören Bücher und Kasten dem Tempel N i n n a - j i bei Kyoto, wie aus einer Eintragung im Töhö-ki hervorgeht. Vgl. S. Mizoguchi in Sekai Bijutsu Zenshü, Bd. 4, S. 188.
15
Farbabb. des sasshibako s. Herberts:
16
Die genaue Untersuchung der Einstreuweise sowie der Grobheit oder Feinheit, Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit des Goldpulvers ist stets wichtig f ü r die Entschei-
21
von Rague
Das Buch der ostasiatischen Lackkunst; S. 47.
Anmerkungen
322 Seite
dung über die Entstehungszeit eines makie-Gegenstandes. Im allgemeinen gilt, daß unregelmäßig geformte, relativ große Goldpartikelchen, die keine linienscharfe Kontur bilden können, für die Frühzeit kennzeichnend sind. Um genauere Umrisse zu erzielen, mußte das Goldpulver nadi Form und Größe ausgewählt und dem Vorgang des Einstreuens selbst besondere Aufmerksamkeit zugewendet werden. Bedeutende Fortschritte in dieser Hinsicht sind bei Lacken der Kamakura-Zeit zu bemerken, vgl. Kap. IV. Im Laufe der Zeit verwendeten die Lackmeister immer feinere Pulver, bis hin zum puderfeinen Goldstaub der Meiji-Zeit. Untersuchungen dieser Art sind nur an den Originalen selbst möglich, da bei gewöhnlichen Abbildungen solche Feinheiten verlorengehen. 33
17
Diese Vergleiche sind nur vor den Gegenständen selbst zu führen, da Fotos je nach den Beleuchtungsverhältnissen sehr täuschen können.
35
18
Siehe Nihon Bijutsu Taikei, Bd. V I I , S. 164/165. — Die Armlehne ist neben der makkinru-Schwertscheide im Shösöin das älteste erhaltene Werk mit gegenständlich eingestreutem Dekor.
37
19
Pageant of Japanese Art; Vol. V, p. 40.
20
Zur Geschichte der verschiedenen Rankenformen vgl. K. Morita: Nihon no monyö; S. 132 ff. — Den Lotosranken des Sutrenkastens Abb. 18 durchaus noch vergleichbar sind vier in Gold- und Silbertogidashi ausgeführte Lotosranken auf der schwarzlackierten Oberseite einer Altarbasis im Chüson-ji, die circa 1110 entstanden sein dürfte. Abb. 179 in „Chüson-ji", hrsg. von Asahi Shimbun-sha.
21
Die Idee, eine eigentlich für den Untergrund bestimmte Streuweise innerhalb des Dekors zu verwenden, wird später in der Momoyama-Zeit mit dem sogenannten e-nashiji in breitem Umfang wieder aufgegriffen.
22
Die Darstellung der Berge ist vergleichbar mit einer höraisan-Darstellung im Deckel eines Schärpenkastens, der um 1100 entstanden sein dürfte. Der Kasten befindet sich heute im Höryü-ji-kan des National-Museums Tokyo und ist abgebildet bei T. Maeda: Japanese decorative design; fig. 29.
23
Ζ. Β. ein achtzipfliger Spiegel von 988, abgeb. in Nihon Bijutsu Zenshi; Bd. 1, S. 321.
24
Abgeb. Nihon Bijutsu Taikei; Bd. I X , Nr. 61.
39
41
25
„Hösöge-mon kondö kyöbako"; publ. Kokuhö-jiten, S. 171.
26
Etwa seit Mitte des 11. Jahrhunderts kam die Sitte auf, Sutren abzuschreiben, um sie in metallenen Behältern zu beerdigen.
42
27
Vgl. B. von Rague: S. 250.
43
28
Eine vorzügliche Darstellung der allmählichen Japanisierung und eine klare Heraus-
Zur Quellenkunde koreanischer Lacke mit Perlmutt-Einlagen;
arbeitung der wesenhaft japanischen Elemente in der Kunst dieser Zeit gibt A. Soper: The Rise of Yamato-e. 29
G. Sansom:
A history of Japan to 1334.
Kapitel
ΠΙ
323
KAPITEL III
Die späte Heian-Zeit, 11. und 12. Jahrhundert Seite
46
1 2
3
4 5
48
9
50
10
O. Kümmel: Die Kunst Chinas, Japans und Koreas. S. 141. Außer Kiyohira sind auch Fujiwara Motohira und Fujiwara Hidehira dort beigesetzt worden. Es ist ungewiß, ob die Konjiki-dö ausschließlich als Begräbnisstätte gebaut worden ist, oder ob nicht gleichzeitig audi der Gedanke einer Amida-Halle eine Rolle spielte. Eine Verbindung dieser beiden Vorstellungen ist möglidi. Vgl. „Chüson-ji", hrsg. von Asahi Shimbun-sha. Zur Zeit ist eine auf mehrere Jahre berechnete Restaurierung der Konjiki-dö im Gange. Die 1288 errichtete Schutzhalle (Saya-dö), die bisher die Konjiki-dö umgab, ist abgetragen und an anderer Stelle neu errichtet worden; die Konjiki-dö erhält einen größeren Schutzbau, der es ermöglicht, auch ihren äußeren Aufbau einschließlich des Daches zu betrachten. Die Pfeiler der Konjiki-dö gehören zu den frühesten Beispielen des ikakeji. Dieses Verfahren wird mit einem Ausdruck der Edo-Zeit als „kakiwari" bezeichnet.
Der Querschnitt der Pfeiler ähnelt etwa dem einer Apfelsine. 7 „Haritsuke-hö" oder audi „fuchaku-hö" genannt. Für eine genaue Darstellung der verschiedenen raden-Techniken s. H. Arakawa: Raden. 8 Bei der Phönixhalle wurde die „kannyü-hö" genannte Methode angewendet, bei der die genaue Form des einzulegenden Perlmuttstücks aus dem Holz ausgeschnitzt wurde; bei der Konjiki-dö handelt es sidi um „daitai-bori", wobei nur die ungefähre Form ausgegraben wurde. * Der Chüson-ji wurde laut Inschrift auf einer Tempelglocke im Jahre 1105 gegründet. Die Sutrenhalle (kyözö) wurde 1109 errichtet, die Konjiki-dö 1124.
11
Häufig publiziert, u. a. von N. Kusogami, Tökyö 1944, und von Sh. Tanaka, Tökyö 1960. Eine Tusche-Inschrift am Boden des Einsatzbretts für die Pfeile besagt, daß der Kodier im Jahre 1131 anläßlidi eines Besuches des Kaisers Sutoku bei seinem Vater, dem Ex-Kaiser Toba, benutzt wurde. 1136 wurde der Köcher vom Kaiserhaus dem Wakamiya-Schrein (Nebensdirein des Kasuga-taisha) gestiftet und von Fujiwara Yorinaga zusammen mit einem Goldlackbogen und Pfeilen überbracht. Vgl. T. Inoue: Kasuga-taisha hirayanagui ni tsuite.
51
12
Der Kasten ist zum Nationalen Kunstschatz erklärt worden und befindet sich im Besitz der Behörde zum Schutz der Nationalen Kulturgüter (Bunkazai Hogo Iinkai). Auf der Unterseite des Kastens beriditet eine Insdirift, der Kasten sei im Jahre 726 dem Höryü-ji gestiftet worden; diese Inschrift stammt jedoch erst aus der Edo- oder Meiji-Zeit und ist völlig unsinnig. Vgl. M. Yoshioka: Katawaguruma-makie-radentebako.
52
1S
Im Deckel des Katawaguruma-tebako kommen auch Kirschblüten vor, die in der Nara-Zeit noch nicht und in der Heian-Zeit nicht häufig dargestellt werden.
53
14
Beide Katawaguruma-Kästen sind nicht genau zu datieren. Doch besteht kein Zweifel daran, daß sie dem Ende der Heian- bzw. der Mitte der Kamakura-Zeit zuzuweisen sind.
21»
324
Anmerkungen
Seite
54 55 56
58
60
62
63 64
15 16 17
A. Soper: The rise of yamato-e. „Akikusa-mon-tsubo"; Tokyo, Keiö Universität. Nur sehr wenige Landschaftsdarstellungen aus der Heian-Zeit sind erhalten. Die Malereien auf den Türflügeln des Byödö-in und der sogenannte Sensui-byöbu (Stellschirm) des Tö-ji stammen aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Die Lacktruhe ist jedoch sicher nicht vor dem 12. Jahrhundert entstanden.
18
Solche Rundmuster, japanisch „ban-e" genannt, können aus Vögeln, Vierfüßlern oder Blumen gebildet sein. Die Quellen zur Lackkunst berichten in der Heian-Zeit häufig von solchen Mustern, und auch in der Textilkunst kommen sie vor. In diesem Zusammenhang ist zu vermerken, daß Ende der Heian-Zeit bei den Hofgewändern jene emblemhaften Muster entstehen, die durch kleine Unterschiede die Rangstufen der Träger bezeichnen und aus denen sich später die Familienwappen (mon) entwickeln. Vgl. T . Yamanobe: Textiles. Design of Japan.
19
Ein weiteres Beispiel für wappenähnliche Muster bietet der Dekor einer der in der Heian-Zeit so seltenen hyömon-Kästen. Dieser Kasten, auch zeitlich der kleinen Truhe des Kongöbu-ji nahestehend, ist in Nihon Bijutsu Taikei, Bd. V I I , Nr. 48, abgebildet. — Rundmuster und Rundmustersegmente in Perlmutteinlagen hat ferner ein dem 12. Jahrhundert zugeschriebener Priestersitz des Tempels Tö-ji, abgeb. in „Tö-ji and its cultural treasures", Nr. 100.
20
Vgl. Η. Arakawa:
21
Abgeb. u. a. bei T. Yoshino: Japanese lacquer ware; fig. 26, und bei Y . Art treasures of Japan; Vol. I, pl. 241.
22
„Höö-emmon-raden-karabitsu", ausführlich publiziert von S. Mizoguchi in „Museum", H. 96. — Der Deckel der Truhe ist stark restauriert, seine Perlmutteinlagen scheinen alle neueren Datums zu sein. — Es gibt kleinere Kopien dieser Truhe aus späterer Zeit, so ζ. B. im Hakutsuru-Museum bei Kobe. — In Technik und Form diesem Rundmuster ähnlich ist das Zwei-Phönix-Muster auf einem kleinen, mit raden und heijin verzierten Schwert des Itsukushima-jinja auf Miyajima.
23
Im „Ruijüzatsu-yösho", einer Schrift vom Ende der Heian-Zeit.
24
Zu den Sätteln der Heian- und Kamakura-Zeit s. J . Okada: berühmte Sättel).
25
Detailabbildungen dieser beiden Wellendarstellungen in der japanischen Zeitschrift „Color design", 1960, H.8. Die merkwürdige Teichform erscheint noch etwas komplizierter bei einer etwa gleichzeitigen kleinen Silberplastik im Kasuga-taisha in Nara. Dort ist der Teich durch eine mit Wellenlinien gravierte Silberplatte dargestellt, auf der zwei 7 cm hohe silberne Reiher stehen. Abgeb. in National Treasures of Japan. Ed. by the Commission for Protection of Cultural Properties. Series V, 1959, Nr. 67.
20
27 28 29
Makie. S. 43. Yashiro:
Mei-an-fu (Bericht über
Abgeb. in Nihon Bijutsu Taikei, Bd. V I I , Abb. 59. Vgl. Kokuhö-jiten S. 241. Zu den Inschriften s. Τ. Akiyama: Itsukushima-jinja shozö Die Inschriften lauten nach Akiyama: „Von Saeki Kagehiro, Aki, dem zweiten (auf der anderen Truhe: dem vierten) 20. Tag des 3. Monats des 2. Jahres Juei (1183) gelegentlich
kogata hiögi-e ni tsuite. Gouverneur der Provinz Heiligtum gestiftet am seines offiziellen Besuchs
326
Anmerkungen
Seite 13
Das Perlmutter ist nicht in Schwarzladt eingelegt, sondern in mokume-nuri, d. h. in eine Lackoberfläche, die Holzmaserung imitiert. Mokume-nuri war in der K a m a k u r a Zeit sehr beliebt. Eine Basis in der Yakushi-Halle des Jomyo-ji (Wakayama-ken), die ebenfalls aus dem 13. J a h r h u n d e r t stammt, zeigt Perlmutteinlagen in vergleichbarem „Nara-Renaissance"-Stil. (Abgeb. in B u k k y ö Bijutsu, Vol. 3, J u n i 1925, T a f . 4).
85
14
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15
Eine interessante, in den Proportionen leicht abgewandelte „Kopie" dieses Sutrenkastens aus der Zeit um 1900 befindet sich im Besitz der Sammlung Dr. K u r t Herberts, Wuppertal. Das „Gedicht vom O s t z a u n " des Dichters T ' a o Yüan-ming, 365—427, in deutscher Obersetzung von G. Debon abgedruckt in „Chinesische Geisteswelt", S. 149. — Das Motiv der Chrysanthemen am Zaun kam in den chinesisch beeinflußten N a g a - u t a der frühen japanischen Dichtung häufig v o r ; seit dem Ende des 12. Jahrhunderts findet es sich auch gelegentlich in den rein japanischen W a k a („Japanische Gedichte").
16
17
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19
95 96
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22
Der Schmetterlingskasten ist eines der frühesten Beispiele f ü r die Kombinierung von makie mit Silber-hyömon. Die Rüstung gehört dem Kasuga-taisha in N a r a . Vgl. N i h o n Bijutsu Taikei, Bd. V I I I , S. 194. O k a d a in Sekai Bijutsu Zenshü (Kadokawa-Verl.), Bd. VI, 243/244.
23
Die Verwendung von Schriftzeichen innerhalb einer bildlichen Darstellung ist typisch japanisch. Sie kommt in der Malerei schon in der Heian-Zeit vor (ζ. B. bei den H e i kenö-kyö), in der Lackkunst jedoch erst seit dem Ende der Kamakura-Zeit. Die J a p a ner haben zwei Ausdrücke f ü r solche Schriftzeichen im Bild: sie sprechen von „ashidee" und von „uta-e"; eine strenge Unterscheidung der Begriffe wird nicht vorgenommen. Das W o r t ashide-e k o m m t lt. G. Yoshida zum erstenmal in einer Schrift von 960 vor.
24
Auf G r u n d von Schriftzeichen im Dekor des Deckelinnern auch „Chöseiden-makietebako" genannt. Solche mehrpassigen Formen werden im Japanischen in Anlehnung an bestimmte Küstenformationen „suhama" (etwa: Sandbank) genannt.
25
100
„Ikakeji-gyöyö-raden-tachi", Tsurugaoka Hachiman-gü, K a m a k u r a . Vgl. K o k u h ö jiten S. 242. „Karakusa-raden suebako", Daigo-ji, Kyöto. Abgeb. in N i h o n Bijutsu Taikei, Bd. VII, N r . 69. Von einigen japanischen Fachleuten wie ζ. B. A r a k a w a w i r d dieser G r u n d auch als „hirame-ji" bezeichnet. Das Pulver muß also entweder als grobes nashiji-fun oder als feines hirame-fun angesehen werden.
28
Ebenso bei dem „Suhama-chidori makie-tebako", Slg. N o m u r a , T ö k y ö . Abgeb. in Pageant of Japanese Art, vol. V, fig. 79, und bei dem „Kiku-eda makie-tebako", H a t a k e y a m a Museum Tökyö.
27
Der Kasten mit bemalten Fächern zeigt allerdings im Deckelinnern fünf Schriftzeichen in takamakie. — Der Kasten des H a t a k e y a m a Museums hat Perlmutt-Einlagen. Der Berechnung liegen die Maßangaben im Kohuhö-jiten, im Shüko meikan und in K o k k a N r . 303 zu Grunde. — Eine solche Aufstellung wäre in sich allein nicht über-
28
Kapitel
V
327
Seite
zeugend. D a sie aber übereinstimmt mit den Ergebnissen der stilistischen und technischen Entwicklung, kann sie wohl als aufschlußreich angesehen werden. Die frühesten erhaltenen Kammkästen stammen aus der Kamakura-Zeit. Angeblich waren die quadratischen Kästchen f ü r Puder bestimmt, die rechteckigen f ü r das Schwarz zum Färben der Zähne, und die runden f ü r Duftstoffe und P a r f ü m . Ausführlich publiziert von J. O k a d a : Sumiyoshi-makie-kushibako. I n : Kokka, N r . 815, Februar 1960. — Aus Schriftquellen wie dem „Ruijüzatsu-yöshö" (Ende Heian-Zeit) sind Kammkästen bekannt, die größer gewesen sein müssen. Wann die kleine Form a u f k a m , weiß man nicht. Die Verse stammen von dem Priester Ji-en, 1155—1225. S. Mizoguchi: Negoro-nuri no kanshö.
101
102 106
Eine Liste von 51 datierten Negoro-Lacken zwischen 1164 und 1770 gibt H . A r a k a w a in: Kinen-mei negoronuri ni tsuite.
107
Mizoguchi nennt als typisch f ü r den (seit der Heian-Zeit überlieferten) „japanischen Stil" den dünnen H o l z k e r n der Negoro-Geräte, ihre einfach-elegante Form, die sorgfältige Lackierung; f ü r den „Mischstil" (seit der Kamakura-Zeit) den kräftigen, starken H o l z k e r n , regelmäßige, symmetrische, strenge Formen von voluminöser K r a f t , besonders dicke Lackhaut; f ü r den „chinesischen Stil" (meist Muromachi-Zeit) die direkte Nachahmung chinesischer Geräteformen (Yüan- und Ming-Einfluß), übertriebe Zargenschweifungen, „Flossenbeine", blütenförmig geschweifte Teller und Schalen. Farbabb. auf dem Einband von N i h o n Bijutsu Taikei, Bd. V I I . In Privatbesitz. Zitiert bei A r a k a w a in „Museum" N r . 92. Vgl. S. Nakagawa: Ko-Seto no monyö.
109
KAPITEL V
Muromachi-Zeit I 114
115
1
Die Lacke der Nambukochö-Zeit werden hier im Zusammenhang mit der frühen Muromachi-Zeit dargestellt, da f ü r die Lackkunst das Ende der K a m a k u r a - Z e i t einen gewissen Abschnitt bedeutet.
2
1338: Zwei Negoro-Händewaschbecken zum rituellen Gebrauch, im H ö r y ü - j i ; eines abgebildet im Katalog „Fine Arts of the K a m a k u r a period", K y o t o 1961, N r . 62; 1338: schwarzlackierter Speiseständer (takazuki); Ögami-jinja, N a r a - k e n ; 1346: rundes Negoro-Tablett, T ö k y ö Geijutsu Daigaku; 1370: schwarzgelackter Opfertisch (kumotsu-dai) im Sata-jinja; 1373: sieben Speiseständer (takazuki), Kisui-in, N a r a - k e n ; 1391: Schale in Form einer temmoku-Teeschale, National-Museum Tökyö.
3
Kongöbu-ji, W a k a y a m a - k e n .
4
Vgl. J. Murdoch: A History of J a p a n . Vol. 1, p. 547. Der „ K a r a b a n a makie-kutsubako" im National-Museum Kyoto, wohl um 1400 entstanden und ehemals dem Asuka-jinja gehörend, ist ein weiteres gutes Beispiel f ü r
5
328
Anmerkungen
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9 10
die „Heian-Renaissance" in der Lackkunst der frühen Muromachi-Zeit. Seine R u n d muster und Ranken weisen unverkennbare Beziehungen zur späten Heian-Zeit auf. Die Truhe trägt auf der Rückseite eine in hyömon eingelegte Stifterinschrift mit dem D a t u m von 1357, auf der Unterseite Signaturen des Lackmeisters Shami Kügaku sowie zweier Perlmuttmeister und des Schreiners. — Ausführlich publiziert von S. Mizogudii in „Museum" N r . 111. Die präzise, straffe Form des Kastens spricht f ü r eine relativ frühe Datierung. — Zum häufigen Vorkommen des Motivs eines Pflaumenzweiges mit Mondsichel in der chinesischen Kunst des 14. Jahrhunderts vgl. J. Wirgin: Some ceramic wares f r o m Chi-chou. Auch die Keramik läßt diesen Verfall der klaren, straffen K a m a k u r a - F o r m e n in der Muromachi-Zeit erkennen. „Butsu-jitsu-an komotsu-mokuroku." Ubersetzung und Publizierung des Briefes durch J. Figgess: A letter f r o m the court of Yung-lo.
11
Das K u n d a i k a n sayu chöki w u r d e 1476 von N ö a m i geschrieben und 1511 von seinem Enkel Söami erweitert. — Der erste, die Malerei betreffende Teil wurde von O . K ü m mel ins Deutsche übersetzt, siehe Ostasiatische Zeitschrift Jg. 1:1912/13.
12
Vgl. Makies-hi-den, nurishi-den; 4. Aufl., H . 2, S. 12 und 42. Die Bezeichnung „Kamakurabori" kommt anscheinend erst seit der Genroku-Ära (1688—1703) vor. Nach anderen Herstellungsorten werden Arbeiten derselben Technik auch als O d a w a r a - b o r i , Echizen-bori, Yoshino-bori etc. bezeichnet.
13
14
Die H o k k e - d ö , bekannter unter dem N a m e n Nigatsu-dö, gehört zum Tödai-ji in Nara.
15
Dieses kögö ist besprochen in Okadas A u f s a t z : Tsuishu to K a m a k u r a b o r i ; in N i h o n Bijutsu Zenshi, Bd. I, S. 434, und in N i h o n Bijutsu Taikai, Bd. V I I , S. 171. In der Ming-Schrift „Hsiu-shih-lu" heißt es bei der Beschreibung von Pseudo-Schnitzlacken „Außerdem gibt es Sachen mit geschnitztem Holzkern, geschickte Arbeiter halten sich davon fern".
17
Die verschiedenen Hypothesen über die Entstehung des Kamakurabori untersucht J. Okada in dem A u f s a t z : Tsuishu to Kamakurabori. — Zwei rotlackierte Tische mit durchbrochener Schnitzerei, die man aber nicht als K a m a k u r a b o r i bezeichnen darf, befinden sich im Kenchö-ji, K a m a k u r a (datiert 1428) und im Gan-ö-ji, K y o t o (datiert 1432).
18
Ehemals im Hyakusai-ji, Shiga-ken; jetzt im Biwako Bunkakan. Datiert durch Inschrift im Deckel (Ö-ei 16. J a h r ) . Der Schwarzlack wirkt auf dem Deckel matt und etwas bräunlich, ist auf den Innenseiten bzw. den dem Licht nicht ausgesetzten Stellen tiefschwarz und glänzend. Die Lackoberfläche ist erstaunlich gut erhalten und weist keine Sprünge, sondern nur einige kleine Schlagbeschädigungen auf. „San" (chirasu) = verstreuen, „mai" (kome) = Reis.
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„Aki no n a n a k u s a " : kikyö (platycodon grandiflorum) eine lila Sternblume; fujibak a m a (eupatorium japanicum Thunb.), hell-lila Dolde; ominaeshi (patrinia scabiosaefolia), gelbe Blüte, schmale Blätter; hagi (lespedeza bicolor), Süßklee; susuki bzw.
Kapitel
V
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obana (miscanthus sinensis), Pampasgras; kuzu (maranta arundinacea), Pfeilwurzel; nadeshiko (diathus superbus L.), nelkenähnliche Pflanze. Abgeb. in: An illustrated catalogue of famous masterpieces in the collection of the Nezu Art Museum; Nr. 195, fig. 82. Die genaue Datierung dieses Kastens, der sicherlich in die 1. Hälfte der MuromachiZeit gehört, ist schwierig. Während einerseits die Tradition noch lebhaft nachwirkt, sprechen andererseits sowohl technische wie stilistische Gesichtspunkte gegen eine frühe Datierung. Zu den technischen gehört etwa die Verwendung von harigaki und die Art, wie die Erdschollen im Deckelinnem abschattiert sind; zu den stilistischen die „chinesischen" Felsen, die kammartigen Flügel der Chidori, die komplizierte Richtungsführung der Äste. Eine Datierung auf ca. 1400 dürfte dem Sachverhalt einigermaßen gerecht werden. Nagi ist der Name des dargestellten Baumes, der in der Gegend von Kumano häufig vorkommt. — Zu diesem Kasten vgl. S. Noma in Sekai Bijutsu Zenshü (Kadokawa), Bd. V I I , S. 217; H. Arakawa: Makie, S. 49, und J . Okada in Nihon Bijutsu Zenshi, Bd. I, S. 524.
25
„Kumano-shingü go-shinpö-mokuroku."
26
Man kann die Kästen nach technischen Gesichtspunkten, die u. U. für die Datierung aufschlußreich sind, in drei Gruppen aufteilen. Die erste und größte Gruppe hat auf nashiji-Grund einen Dekor aus togidashi, sabiage-takamakie, kirigane und Perlmutteinlagen; die zweite zeigt auf dichterem nashiji makie, kirigane und ζ. T. stark plastisch hervortretendes Silber- und Goldbronze-kanagai sowie silberne Nägelchen als Tautropfen; die dritte Gruppe hat auf dichtgestreutem ikake-ji einen Dekor aus makie, kirigane und Silber-kanagai. Vgl. auch Kokuhö-jiten, S. 245 f.
27
„Shionoyama makie-suzuribako", National-Museum Tokyo. Lt. Tempelüberlieferung des Atsuta-Schreines wurden Spiegel und Kasten 1445 von Chiaki Sakon Shogen Fujiwara no Ason Katsusue gestiftet. Das Stiftungsjahr 1445 dürfte mit dem Entstehungsjahr identisch sein. In Nihon Bijutsu Taikei, Bd. V I I , Nr. 80, ist ein weiterer, runder Spiegelkasten des Atsuta-jingü abgebildet, der nach der Erklärung von H. Arakawa gleichzeitig und vom selben Stifter gestiftet wurde.
28
29
Schon die Heian-Zeit kannte dieses Thema, vgl. S. 67 u. 322 ) 3 3 4 (29)
CHÖZE CHÖZEN
(Nagamune)
326 ( 24 )
AOGAI
s. TSUISHU
HEIJIRO
3 3 4 (29) 3 3 5 (29) 3 3 5 (29)
Chrysanthemen-Schreibkasten s. „Magakikiku raden-ikakeji-suzuribako", 52 C H Ö B E I S. T A N I D A
„Cbidori makie-jimbako" 157, 98 Chikamatsu 259 China (Einfluß auf die japanische Lackkunst) 3, 15, 17, 22, 25, 39, 42, 73, 107, 109, 110, 114, 117, 119, 122, 126, 130ff., 143, 144, 147, 148, 155, 176, 177, 178, 199, 216, 219, 226, 255, 256, 274, 275, 276 s. audi: China, Lackkunst; Schnitzlack, chinesischer China, Lackkunst 12, 15, 17, 20, 114, 121, 141, 142, 172, 173, 256, 281 chinkinbori 141 ff., 177, 255, 257, 281, 282, 300, 305, 307, 312, 330 ( 37 ) 365 — Register — 8-9-12 Gar. — II 2 Chion-in (Kyöto) 175 chiri-i 27, 28, 32', 145 chirimaki 320 ( 2e ) „Chö raden-makie tebako" 100, 54
CHOSHU CHÖTEI
Chüson-ji 21—25, Chüson-ji 44—50, Cleveland Cloisonne
CHÜBEI
(Prov. Iwate) 44, 46, 170, 107 (Prov. Iwate) Konjiki-dö 71, 74, 80, 88, 21—23 Museum of A r t 80, 47 274
Daigo-ji (Kyöto) 88, 194 Dainichi N y o r a i 46 daitai-bori 323 ( 8 ) D a t e Masamune 206 Deckelformen 45, s. audi: awasebuta, kabusebuta, okibuta Deckelwölbung s. kömori döbari 73, 77, 120, 147 D Ö H O S. I G A R A S H I D Ö H O
do-shitsu 21 Echizen-bori 328 ( 13 ) Edo 194, 215, 242, 243, 246, 249, 251, 252, 256, 258, 260, 269, 270, 272, 273, 274, 276, 283, 286 s. auch: T ö k y ö (ab 1869) Efeuranken-Truhe s. „Tsuta makiekarabitsu", 132 egaki-kimma 311 Einlege-Techniken s. heidatsu, hyömon, kanagai, kirigane, raden, Bernsteineinlagen, Elfenbein, Korallen, Schildpatt Einstreumethoden s. Goldpulver; Streuweise Einstreutechniken 18, 20, 28, 29, 97, 109, 141, 177 s. auch: hiramakie, makie, makkinru, takamakie, togidashi Eisai 107 Eisei Bunko s. Tökyö, Eisei Bunko Eitoku s. K a n ö Eitoku Elfenbein 21, 28, 272, 273, 283 e-nashiji 79, 197, 198, 200, 219, 221 „Engi-gyoki" 30 Engländer 199 Enkaku-ji (Kamakura) 121, 175, 110, 135 Enryaku-ji (Prov. Shiga) 17, 20 Exportlacke 198, 199, 203
Index Fälschungen 291, 336 ( 8 ) s. auch: Kopien Fang Shao 320 ( 2e ) F a r b a b s t u f u n g , FarbdifTerenzierung 37, 39, 73, 76, 80, 92, 99, 110, 197, 219, 276 Farbe, F a r b w i r k u n g 14, 17, 21, 30, 52, 53, 56, 58, 99, 111, 176, 197, 219, 226, 229, 243, 245, 246, 253, 274 s. auch: F a r b a b s t u f u n g ; Farblacke Farbholzschnitt 279 farbiges makie 243 farbiges togidashi 268, 278, 279 Farblacke, Farblackmalerei 3, 225, 226, 255, 256, 257, 276, 283, 293, 297, 300, 305, 316, 318 ( 7 ) Fenollosa, E. F. 291 F e r d i n a n d von Tirol (Erzherzog) 203 figürliche Darstellungen 80, 126, 149, 150 Form, Formentwicklung 14, 21, 23, 27, 32, 33, 35, 39, 41, 42, 53, 69, 73, 110, 115, 120, 147, 176, 195, 203, 210, 212, 213, 223, 236, 301, 307 s. auch: suzuribako, F o r m ; tebako, Form fuchaku-hö 323 ( 7 ) F ü d ö M y ö ö 67 „Fuji makie-gura-abumi" 272, 169 FUJII KAMBUN
312,
FUJIKAWA SHUNZÖ
196 300
Fujita-Museum s. Osaka, Fujita-Museum F u j i w a r a H i d e h i r a 323 ( 2 ) F u j i w a r a K i y o h i r a 46 F u j i w a r a Masatsune 150 F u j i w a r a M o t o h i r a 323 ( 2 ) F U J I W A R A SADATSUNE
82
F u j i w a r a no T a d a h i r o 321 ( 14 ) F u j i w a r a Y o r i n a g a 323 ( n ) F u j i w a r a Yoritsune 82 Fukui (Provinz) 257 Fukushima (Provinz) 255 „Funabasbi makie-suzuribako" (Köetsu) 232—234, 147 Furuta Oribe 184,231,238 „Fusenryö-mon makie-tebako" 95, 96, 100, 57 Fushimi-Schloß 179, 187, 191, 194, 195 GAMÖ MORIMASA
286
G a m ö U j i s a t o 255 G e n d a i Kögei Bijutsu-ka K y ö k a i 307 „Genji Yügao tebako" 163, 165, 104 „ G e n j i - m o n o g a t a r i " 29, 43, 165, 238, 246, 258 24
von Rague
369
G E N J U R O S. Y O S H I D A G E N J U R O
Geschichtsquellen s. Schriftquellen G i f u (Provinz) 309 „Gin-beidatsu bakkaku kagatnibako" 12, 6 Giron 206 Goldeinlagen s.: heidatsu; h y ö m o n ; kanagai Goldfeilspäne, Goldfeilstaub s.: y a s u r i - f u n Goldlackgrund 46, 63, 74, 92, 110, 232, 240, 249, 283 s. auch: ikakeji; nashiji Goldmalerei auf Lackgrund s. kingin-e G o l d p u l v e r 17, 20, 28, 37, 69, 74, 75, 79, 92, 225, 270, 321 ( 16 ) G o l d p u l v e r , verschiedene A r t e n u n d F o r men 29, 39, 52, 75, 76, 96, 111, 256, 268, 269, 291, 299, 325 (*) G C N R O K U S. M A T S U D A G O N R O K U
G o - S h i r a k a w a (Kaiser) 88 Gosho (Kyoto) 172 „Gosbo-kuruma suzuribako" 249, 159 G o t ö K e n j ö 246 G o t ö Teijö 253 Go-Tsuchimikado (Kaiser) 156 Go-Yözei (Kaiser) 184 guri 175, 286 Hachijö-in (Prinzessin) 71 H a c h i m a n - g ü (Prov. W a k a m i y a ) 74 Hachinoe ( O r t ) 1 Hachisuka 276 „Hagi raden-gura" 60, 36 „Hakkakukei-kasbiki" (Shirayama Shosai) 299, m „Hamamatsu makie-bundai" 134—136, 84 Hamburg Museum f ü r K u n s t u n d Gewerbe 246, 07 „Hana no Sbirakawa-suzuribako" 150, 178, 94 H a n a b u s a Itcho 273 h a n a - i k a d a 191 h a n a m i - j ü b a k o 338 ( 23 ) H a n f g e w e b e 6, 10 H a n n y a Bosatsu 69 H A N Z A N S. M O C H I Z U K I H A N Z A N H A R A YÖYÜSAI 2 6 8 , 2 8 6 , 2 8 9 ,
harigaki 127, 154, 198 harinuki 309
179
Index
370
haritsuke-hö 323 ( 7 ) Haritsu-zaiku 274 „Hasu-karakusa makie-kyöbako" 29, 33, 37, 39, 18 „Hatsune makie-sandana" (Köami Nagashige) 2 4 4 — 2 4 6 , 2 5 1 , 2 5 3 , 156 „Hatsune makie-hibachi" 330 ( 50 ) heidatsu 12, 14, 18 heijin 32, 33, 39, 48, 52, 58, 74, 85, 92 HEIJIRÖ S. TSUISHU HEIJIRÖ
„Heikenö-kyö" 60 Herberts, Kurt (Slg) 77, 127, 188 Herbstfeld-tebako (Izumo-taisha) s. „Akino ni shika makie-tebako" Hidehira-wan 212, 255, 133
45, 46
HIDETSUGI 2 1 4
HÖSAI S. TADOKORO HÖSAI HOSHIN S. MATSUNAMI HOSHIN
„Hösöge gin-hyömon kesabako" 25, 27, 2 8 , 13 „Hösöge karyobinga makie-soku sasshibako" 29—33, 35, 37, 39, 41, 232, 14 „Hösöge makie kyöbako" 29, 33, 37, 41, 4 1 , 115, 16 „Hösöge makie kyobako" 29, 33, 37, 41, 6 0 , 17 Hsüan-te (chines. Kaiser) 142 „Huang Ming wen tse" 141 Hügelgräber-Zeit s. Kofun-Zeit „Hyakkö-hishö" 255 hyömon 12, 25, 28, 76, 89, 96, 312
Hideyoshi s. Toyotomi Hideyoshi Higashiyama-Lacke 144—155, 156, 158, 159, 161, 166, 169, 176, 177, 178, 180, 249, 258, 272 „Hiögi-mon-chirashi makie-tebako" 98, 99, 101, 61 Hiraizumi (Prov. Iwate) 46 hiramakie 28, 69, 74, 76, 127, 137, 147, 197, 200, 238, 246, 268 hirame-fun 75, 96, 99 hirame-ji 75 „Hirasan makie-suzuribako" (Shiomi Masanari) 268, 167 Hirata Domin 338 ( 10 ) Hirosaki 257
HYÖSAI S. KIMURA HYÖSAI
HIROSHI S. OTOMARU HIROSHI
IIZUKA TÖYÖ 2 7 6 ,
Hiroshima (Provinz) 300, 302
ikakeji 46, 58, 74, 88, 96 „Ikakeji gyöyö raden-hirayanagui" 88, 53 „Ikakeji gyöyö raden-tachi" 88, 326 ( 16 )
HÖBI S. UEMATSU HÖBI
Höitsu s. Sakai Höitsu Höjö 156 Hokke-dö (Tödai-ji) 123 HOKUYÖSAI S. TSUJI HOKUYÖSAI
Holländer 179, 198, 199 Holzkohlepulver 29 Hompö-ji (Kyoto) 230, 231, 232, 146 HONAMI KÖETSU 2 1 9 , 2 3 0 — 2 3 6 , 2 3 8 , 2 4 1 ,
258, 259, 260, 261, 264, 267, 273, 274, 278, 147, 148, 149 Höö-dö s. Byödö-in „Höö-emmon raden-karabitsu" 58—60, 324 ( 22 ), 34 „Hörai makie-kagamibako" 136, 85 „Höraisart chinkinbori-tebako" 142, 143, 90 Höryü-ji (Nara) 3, 10, 2, 4
IEMON 194
Ieyasu s. Tokugawa Ieyasu IGARASHI (-Meister; -Schule) 166, 183, 231, 253, 337 (21) IGARASHI DÖHO I. 2 5 2 , 2 5 3 , IGARASHI DÖHO II. 2 5 2 IGARASHI SHINSAI 153, 2 5 2 IGARASHI SHÖBEI 3 3 7 ( 2 2 ) IGARASHI SÖBEI 3 3 7 ( 2 2 ) IGARASHI TAJIRÖ 3 0 0 IGARASHI TARÖBEI 2 3 1
162
Igarashi-Lacke 253 Ihara Saikaku 259
IKEDA IKEDA IKEDA IKEDA
172
GEMBEI 2 5 7 GENTARÖ 2 5 7 IKKOKUSAI 3 0 0 TAISHIN 2 9 5 , 2 9 6
Ikeda-shi (Ort) 203 IKKOKUSAI s. IKEDA IKKOKUSAI
Imari-Porzellan 259 INAMI KIROKUSAI 3 1 4
inrö 214, 215, 252, 267, 272, 276, 279, 280, 286
inröbuta s. awasebuta Iristruhe (Kongöbu-ji) s. „Sawa-chidori raden-makie ko-karabitsu" 29, 31, 32 irizumi 146 Ise (Ort) 2 7 3
Index „Ise-monogatari" 56, 1 5 3 , 2 6 3 , 2 6 4 „Ishi-hiki makie-bon" 224, 140 Ishikawa (Provinz) 252, 257, 309 I s o i JOSHIN 3 0 5 , 3 1 0 , 3 1 1 , 3 1 2 , 188
Itchö s. Hanabusa Itchö I T C H Ö S. K A W A N O B E
ITCHÖ
Itsukushima-jinja (Miyajima) 60, 64, 210, 40, 132 Itsuö-Museum (Ikeda-shi) 203 Iwasa Matabei 246 Iwate (Provinz) 44, 212 Izumo-taisha (Prov. Shimane) 77, 91, 45, 46 Japanisierung chinesischer Vorbilder 39, 42, 159, 161, 176, 178, 216, 218, 285, 302', 311 J a v a 198 Jigen-ji 173 JIGOEMON
255,
256
JINSAI
s. N A M B A J I N S A I
JISAKU
s. S A W A D A JISAKU
JITOKU
s. A K A T S U K A
JITOKU
Jogahana-nuri 255, 256, 258 J Ö K A s. Y A M A D A
JÖKA
Jöken-in-jidai-mono 270 Jömon-Zeit 1 JOSHIN JUSEN
S. I S O I J O S H I N s. O K U D E J U S E N
Juwelenkasten (Ninna-ji) s. „Hösöge makie-höjubako" 16 JÜZAEMON
3 3 5 (29)
kabusebuta (Überfalldeckel) 71, 145, 175, 263 „Kachö makie kyöshoku" 29, 33, 34 „Kaede-kiri-kiku-mon makie-yakumitsubo" 187, 118 „Kaede-tachibana makie-bundai" 330 ( 50 ) K a f u k u - s h a 300 Kaga 252, 255, 258 Kaga-makie 252, 253, 300 „Kai to kaisö makie-kobako" 184, 219, 221, 137 „Kaibu makie-kesabako" 29, 32, 33, 35, 15 Ka-in 41 KAJIKAWA (-Meister; -Schule) 243, 252,
371 Kakiemon-Porzellan 259 kakiwari 323 ( 5 ) kamabokogata 203 Kamakura: Enkaku-ji 121, 175, 110, 135 Meigetsu-in 229, 143 Tökei-ji 201, 124, 125 Tsurugaoka Hachiman-gü 80, 88, 52, 53 K a m a k u r a b o r i 104, 114, 121, 123—126, 172 ff., 177, 216, 300, 301, 328 ( 13 ) „Kamakurabori guri-kögö" 175, 110 KAMBUN
s. F U J I I K A M B U N
Kammkasten s. kushibako KAMON
S. S H I M I Z U
KAMON
kanagai 25, 121, 141, 147, 158, 159, 163, 177, 184, 246, 252', 272 K a n a z a w a 252, 253, 255, 300, 311, 312, 314 kannyü-hö 323 ( 8 ) K a n ö (-Meister; -Schule) 270, 279 K a n ö Eitoku 163, 181 K a n ö Masanobu 163 Kanö Motonobu 163 Kanö Sanraku 246 K A N S A I S. K O M A K A N S A I
kanshitsu 6, 10, 12, 32, 307, 309, 319 ( " ) KAORU
S. O T O M A R U
K A T S U T A R Ö S. Y A M A Z A K I KAWAKUBO
KAZU
KAWANOBE ITCHÖ
289, 292, 296, 299,
KAJIKAWA HIKOBEI
243
K A Z U S. K A W A K U B O
KAJIKAWA KYÜJIRÖ
272
K A Z U K O S. Ö T A
Kajü-ji (Kyöto) 85, 51
KAZU
KAZUKO
K E I S H Ö S. O K A B E
KATSUTARÖ
312
kawari-nuri 226, 281
270, 279
24'
KAORU
„Karabana makie-kutsubako" 327 ( 5 ) „Karakusa raden-ryöshibako" 229, 230, 232, 145 „Karakusa raden-suebako" 88, 326 ( 17 ) „Karasu-sagi makiebako" (Zeshin) 293, 183 „Kashiwa ni mimizuki raden-gura" 60, 35 Kasuga-taisha (Nara) 50, 127, 26, 55, 80 „Kasuga-taisha hirayanagui" 50, 26 „Kasugayama-suzuribako" 145—149, 155, 178, 92, 93 „Katawaguruma makie-tebako" Heian-Zeit: 51—53, 55, 62, 71, 92,100, 323 ( 12 ), 27, 28 K a m a k u r a - Z e i t : 92, 93, 96, 100, 56 K a t ö Shirozaemon 107, 109
KEISHÖ
181
Index
372
keisodö 257 Kenjö s. Gotö Kenjö Keramik (in Beziehung zur Lackkunst) 55,
Ködai-ji (Kyöto) 166, 187, 191, 194, 115—118, 121 Ködai-ji-Lacke 161, 181, 187—198, 199,
109, 112, 196, 198, 212, 238, 240, 246, 273,285
200, 203, 208, 210, 219, 221, 225, 229,
keshi-makie 255 „Kiefernkauender Kranich" s. matsuguitsuru „Kikori makie-suzuribako" (Köetsu) 234, 148 „Kiku makie-tebako" 163, 103 Kikuchi 156 „Kiku-eda makie-tebako" 326 ( 2E ) „Kiku-kiri-mon makie-sumiaka" 226, 142 kimma-nuri 285, 305, 310, 311, 312, 3 3 9 (24) KIMURA HYÖSAI 3 0 0
Kimura Yübei 170 kingindei-e s. kingin-e „Kingin densö karatachi no say a" 18, 20, 10 kingin-e 17, 18, 25, 30 „Kingin-heidatsu shippibako" 14, 7 Kinren-ji (Kyöto) 123, 76 „Kiri makie-tebako" 161—163, 169, 101 kirigane 99, 120, 121, 134, 154, 166, 177, 184, 240, 246, 252, 270
Kiritsu Köshö Kaisha 289 KIROKUSAI S. INAMI KIROKUSAI KISAN 2 1 4 KITAGAWA 2 5 3
Kitano Mandokoro 187, 191 Kitano, Teefest von 213 „Kiyomizu-Sumiyoshi makie-radensugorokuban" 206, 128 KÖAMI (-Meister; -Schule) 155, 194, 195, 243, KÖAMI KÖAMI KÖAMI KÖAMI KÖAMI KÖAMI 253, KÖAMI KÖAMI
248, 252, 253, 270, 292 CHÖGEN 1 8 4 KYÜJIRÖ 1 9 4 , 2 4 3 , 121 MICHIKIYO 1 5 3 , 1 5 6 MICHINAGA 1 5 3 , 1 6 9 NAGAFUSA 2 7 2 NAGASHIGE 1 8 7 , 2 4 3 — 2 4 6 , 2 4 8 ,
156, 157
NAGASUKU 2 7 2 SÖHAKU 1 6 9 , 2 4 3 ,
Köami-Lacke 153, 155 Köan (Kaiser) 3 Köbö Daishi 30 „Koboku makie-suzuribako" 170
106
(Zeshin) 274,
242, 243, 251, 115—121 Ködai-ji-makie s. Ködai-ji-Lacke KÖDÖ s. OTOMARU KÖDÖ KÖETSU s. HONAMI KÖETSU
Köetsu-Lacke 231—238, 242, 248, 263, 264, 267, 268, 336 ( 8 ), 147—149 K5fuku-ji (Nara) 6, 3 Kofun-Zeit 1, 3 kögö 327 ( 30 )
KÖHO s. YAMANAGA KÖHO
köka-ryokuyö 173 „Kokei-sanshö makie-dana" 184, 114 „Kokin-shü" 236 Kokuryö-Reich 5 kokuso 319 ( 15 ) KOMA (-Meister; -Schule) 243, 252, 270,
279 KOMA KANSAI 2 8 3 , 2 8 6 , 178 KOMA KANSAI II. 2 6 6 , 2 8 6 , 2 9 2 KOMA KYORYÜ 2 7 6 , 2 8 6 , 173 KOMA KYÜHAKU I. 2 7 2 , 2 7 6 , 3 3 8 ( 2 2 ) KOMA KYÜHAKU II. 2 7 2 KOMA KYCI 2 4 3 , 3 3 8 ( 2 2 ) , 155 KOMA KYÜZÖ 33 8 ( 2 2 ) KOMA YASUTADA 2 7 6 , 3 3 8 ( 2 2 ) KOMIN S. NAKAYAMA KOMIN KÖMO TÖZAN 3 0 5
kömori 73, 77, 120, 145, 147, 232, 234 Kömyö (Kaiserin-Witwe) 8 Kongöbu-ji (Köyasan, Prov. Wakayama) 5 3 , 1 1 4 , 29, 31, 32, 70 Kongö-ji (Osaka) 44 Konishi 260 Konjiki-dö s. Chüson-ji, Konjiki-dö „Kopfkissenbuch" s. Sei Shönagon: Makura no söshi Kopien 267, 289, 291, 304, 336 ( 8 ), 339 (*) s. auch: Fälschungen Koralleneinlagen 246, 252, 272 Korea (Einfluß auf die japanische Lackkunst) 3, 5, 22, 180, 199, 201, 202, 226, 228, 229, 231, 232
Korekawa (Ort) 1 Körin s. Ogata Körin Körin-Lacke 260, 267, 268, 163—165 Ko-un 123 Köyasan (Prov. Wakayama) 53
Index Kümmel, Ο. 46, 274 Kumano Hayatama-jinja (Prov. W a k a y a m a 132, 161, 83, 100, 101 „Kundaikan sayu chöki" 122 K.UNIHEI 3 3 5 ( 2 e )
„Kurikara-ryü 80, 41
makie-kyöbako"
K U R O D A TATSUAKI 3 1 4 ,
67—69,
198
kurome 10 Kurume (Ort) 304 „Kusabana-chöjü-mon ko-tebako" (Matsuda Gonroku) 340 ( I 2 ), 187 kushibako 101, 327 ( 31 ) Kusumi Morikage 214 kuyö 91 Kyöngju, Korea 5 Kyöögokoku-ji s. Tö-ji (Kyoto)
K Y Ü B E I S. SHIMIZU
KYÜBEI
K Y Ü H A K U S. K O M A
KYÜHAKU
Lackmalerei auf Papier 293 Lacktechniken s. Techniken der Lackkunst laque burgautee 256 Leder 10 Lee, S. Y. 320 ( 28a ), 332 ( 8 ) Leimfarben 17 Lolang (Korea) 20, 302 Lotosrankenkasten s. „Hasu-karakusa makie-kyöbako", 18 MAE TAIHÖ 257, 305, 307, 312,
K Y O R Y Ü S. K O M A K Y O R Y Ü
Kyoto 23, 44, 95, 113, 122, 145, 156, 219, 230, 231, 232, 241, 242, 243, 252, 256, 258, 260, 267, 268, 270, 276, 286, 300, 314 Kyoto Chion-in 175 Daigo-ji 88, 194 Gosho 172 H o m p ö - j i 230, 232, 146 Kajü-ji 85, 51 Kinren-ji 123, 76 Ködai-ji 187, 191, 194, 115—118, Kyöögokoku-ji s. Kyoto, T ö - j i N a n z e n - j i 123, 75 National-Museum 297, 95 N i n n a - j i 29, 184, 232, 14, 16, 113 Nishihongan-ji 150 Tö-ji 29, 15, 78 Zuikö-ji 199, 123
373
203, 251, 272,
121
190
Maeda Toshitsune 252 Maeda Tsunanori 255 „Magaki-kiku raden-ikakeji-suzuribako" 86—88, 109, 52 „Magaki-kiku-tebako" 159, 100 maki-bokashi 56, 71, 74, 76, 99, 154, 166, 249 makie 20, 25, 28 ff., 39, 42, 44, 67, 74, 80, 101, 141, 158, 177, 191, 203, 221, 226, 236, 255, 286, 299, 300, 304, 305, 307, 312 s. auch hiramakie, takamakie, togidashi „Makie ni-shü tantöbako" 206, 130 maki-hanashi 197, 198 makkinru 18, 20, 29 „Makura n o söshi" s. Sei Shönagon: M a k u r a no söshi Maltechniken s.kingin-e, mitsuda-e, yushoku, Farblackmalerei „Mandara-dö-zushi kingirt-dei-e hashira" 25, 11 m a r u f u n 96, 99 M A S A N A R I S. S H I O M I M A S A N A R I MASAZANE
s. S H I O M I M A S A N A R I
M A S H I K I S. M A S U M U R A M A S H I K I MASUMURA MASHIKI
„Matsu ni tomoe-mon 165, 91
309,
192
raden-gura"
144,
K y ü h a k u Yasuaki 337 ( 18 )
MATSUDA GONROKU
K Y Ü I S. K O M A K Y Ü I
Matsudaira Sadanobu 283 matsugui-tsuru 67, 130 „Matsugui-tsuru ko-karabitsu" 64, 66, 67, 40 „Matsugui-tsuru makie-sammaibon" 127, 1 3 0 , 80 Matsumine (Ort) 1
„Kyüji hongi" 2 K Y Ü J I R Ö S. K Ö A M I K Y Ü J I R Ö
Kyüshü 255, 304
Lack als Steuer 5, 6 Lackbaum 1, 2, 3, 5 Lackbehörde 5 Lackeinlagen 50 Lackmalerei s. Farblacke; kingin-e
MATSUNAMI H O S H I N
304, 307, 314,
309
Meigetsu-in (Kamakura) 229, 143 „Meigetsu-wan" 228, 229, 143 „Meigetsu-zen" 229, 232, 144
187
Index
374
MEIHO S. MIURA MEIHO
Meiji (Kaiser) 296 Metallkunst (in Beziehung zur Lackkunst) 41, 55, 110, 112, 126, 159, 238, 246, 272, 274 „Mikasayama makie-kakesuzuri" 223, 139 MIMI NO SUKUNE 3
Minamoto Minamoto Minamoto Minamoto
67 Yoritomo 89 Yoriyoshi 88 Yoshimasa 81
MINORU s. N Ö D A MINORU
Mishima-taisha (Prov. Shizuoka) 96, 109, 119, 177, 59, 60 „Misu-matsu makie-suzuribako" 187, 196, 120 Mitamaya (Ködai-ji) 191, 121 mitsuda-e 17, 18, 143, 226, 255, 276, 297 mitsudasö 17 mitsu-wan 212 MIURA MEIHÖ 3 1 2
Miyagi (Provinz) 1, 212 Miyajima, Itsukushima-jinja 60, 64, 210, 40, 132 Miyazaki Yüzensai 259 Mizoguchi Saburö 60, 304 MOCHIZUKI HANZAN
274
mokume-nuri 326 (13) „Momo raden-makie rinkagata-bon" 89
141,
MONNYÜ 1 2 2 , 2 1 5
Morikage s. Kusumi Morikage MORIMASA s. GAMÖ MORIMASA
München Staatl. Museum für Völkerkunde 206, 129 Murasaki Shikibu 43 „Mushikago makie-kashibako" (Nakayama Komin), 289, 180 NAGAFUSA S. KÖAMI NAGAFUSA
Nagasaki 255, 256 NAGASUKU S. KÖAMI NAGASUKU NAGATA Y Ü J I 2 6 7 , 2 6 8 NAGAYASU S. KÖAMI KYÜJIRÖ
„Nagi makie-tebako" 132—134, 161, 208, 83 Nagoya: Atsuta-jinja 136, 85 Nanatsu-dera 69, 42 Tokugawa-Museum 163, 184, 337 (19),
102, 131, 156 Nakamura Kuranosuke 260 NAKAYAMA KOMIN 2 8 9 , 2 9 6 , 2 9 9 ,
180
NAMBAJINSAI 3 1 1 , 194
„Nambanjin
makie-köisu"
199, 200, 123
N a m b a n - L a c k e 181, 198—208, 226, 230
Namban-Ranken 199, 200, 201, 206 „Narni ni usagi makie-tabikushige" 221, 138 Namioka (Ort) 1 Nanatsu-dera (Nagoya) 69, 42 Nanzen-ji (Kyoto) 123, 75 Nanzen-ji-kögö s. „Botan Kamakuraborikögö", 75 N A O J I s. TERAI N A O J I
Nara: Akishino-dera 6 Höryü-ji 3, 2, 4 Kasuga-taisha 50, 127, 26, 80 Köfuku-ji 6, 3 National-Museum 29, 297, 18 Oku-in 41 Shösöin 8, 5—10 Tamukeyama Hachiman-gü 63 Tödai-ji 6, 63, 108, 68 Töshödai-ji 6 Nara-Renaissance 84 Narihira-Schreibkasten s. Semmen-Narihira makie-suzuribako", 165 nashiji (-fun) 75, 79, 89, 96, 99, 115, 132, 137, 141, 166, 184, 197, 249, 2 5 3
„Nashiji makie-tansu" 206, 208, 131 „Nashiji matsu-ume makie-tebako" 163, 102 Naturholzgrund 17, 106, 267 Negoro-ji 106, 107, 171 Negoro-Lacke s. Negoro-nuri Negoro-nuri 64, 104, 106, 107, 110, 171, 172, 176, 178, 3 0 1 , 3 2 7 (34), 3 3 2 (8)
„Negoro-nuri sai-oke" 107, 69 „Nenohi-dana" 236, 238, 151 New York, The Metropolitan Museum of Art 182 Nezu-Museum s. Tokyo, Nezu-Museum „Nihon Dentö-Kögei-ten" 307, 340 (13) Nihon Kögei-kai 307 Nihon Shikkö-kai 296 N I K I SEIHÖ 3 3 7 ( 2 5 )
Nikkö: Rinnö-ji 81, 48 Töshögü 216, 246, 272, 158
Index
375
Ninna-ji (Kyöto) 29, 115, 184, 232, 14, 16, 113
OTOMARU JUN 3 1 0
NINOMIYA TÖTEI 2 8 1
OTOMARU KÖDÖ 3 0 7 , 3 1 0 ,
Ninsei s. Nonomura Ninsei Nishihongan-ji (Kyöto) 48, 150 Nöami 122 „Nobe ni suzume makie-tebako" 77, 79, 1 0 0 , 44 Nobunaga s. Oda Nobunaga
69, 71,
ÖBA SHÖGYO 3 1 2 , 195
Oda Nobunaga 179, 180, 194, 228 Oda Urakusai 228, 231 Odawara 156, 331 (*) Odawara-bori 328 ( 1 3 ) Ölmalerei auf Lackgrund 17 ölüberzug 17 268,
273, 274, 278, 286, 287, 163—166 Ogata Söhaku 259 Ogata Söken 259
272,
OGAWA HARITSU 2 7 2 — 2 7 5 , 2 7 8 , 2 8 3 , 170 OGAWA SHÖMIN 2 8 9 , 2 9 6 , 2 9 9 , 3 0 4
„Ögi-chirashi makie-tebako" 99, 101, 115, 62 „Ogurayama-suzuribako" 166, 183, 105 193
Okada JÖ 35, 37, 96, 137, 210, 212, 231, 238
Okakura Kakuzo 302 Okayama (Provinz) 311 ÖKI TOYOSUKE 2 8 5
okibuta 145, 264 s. auch: Deckelformen OKUDE JUSEN 3 0 9
Oku-in (Prov. Nara) 41 Oribe s. Furuta Oribe Oribe-Keramik 196, 197, 122 Osaka: Ampuku-ji 249,160 Fujita-Museum 29, 19 Kongö-ji 44 Shitennö-ji 10, 51 ÖTA KAZUKO 3 1 2
„Otokoyama-suzuribako"
OTOMARU HIROSHI 3 1 0
Paine, Robert T. 163 Paris, Musee Guimet 269 Paris, Weltausstellung 1900: 301 P'ENG ChÜN-PAO 1 4 2
Nonomura Ninsei 240, 241, 153 Nonomura Sötatsu 210, 234, 238, 264 Noto (Halbinsel) 281 Numazu (Ort) 1
OKABE KEISHÖ 3 1 1 ,
189
Öuchi 156
NÖDA MINORU 3 1 2
OGAKI MASAKUNI 3 3 7 ( 2 5 ) OGATA KÖRIN 56, 2 5 9 — 2 6 7 ,
OTOMARU KAORU 3 1 0
153, 166, 96
Perlmutter, Perlmutteinlagen s. raden Perlmuttstaub 274 Perlstabmuster 14, 21, 27, 35, 202 Persien 12, 14 Pflaumenbaum-Schreibtisch s. „Baigetsu makie-bundai", 86 Pflaumenbaum-tebako s. „Urne makietebako" 59, 60 Pflaumenblüten-tebako s. Baigetsu makietebako", 74 Philippinen 198 Phönixhalle (Ηδδ-dö) s. Byödö-in Phönix-Truhe s. Höö-emmon raden-karabitsu", 34 „Po-che-pien" 17 Po Chü-i 96 Politur 28, 29, 69 Portugiesen 179, 198, 199 Proportionen s. Form, Formentwicklung Quellen, Quellenschriften s. Schriftquellen raden 15, 17, 18, 21, 28, 39, 41, 42, 44, 46, 48, 53, 60, 74, 76, 84, 88, 89, 92, 102, 104, 132, 134, 144, 199, 202, 203, 225, 228, 229, 236, 238, 252, 256, 267, 272, 299, 314 „Raden-gyoku no obi-bako" 15—17, 8 „Raden hakkaktt shumidan" 48, 24 „Raden-heijin-an" 48, 25 „Raden heijin-tödai" 48 Raiyu Söjö 106 Ranken, Rankendekor 30, 35, 37, 41, 46, 56, 60, 154, 195, 199, 202, 229, 232 Reimeikai (Stiftung), Tökyö 337 ( 19 ) Reisigträger-Kasten s. „Kikori makiesuzuribako", 148 „Renchi makie-kyöbako" 85, 86, 51 „Renchi makie-tobira (Fujiwara Sadatsune) 81—84, 86, 49 rhus vernicifera 1 Rikyü s. Sen no Rikyü
Index
376
„Rimpo makie-kyobako" 126—127, 79 „Rindö byakurö-makie raiban" 58, 33 Rinnd-ji (Nikkö) 81, 48 RITSUÖ s. OGAWA HARITSU
Rohladc 6 röiro-nuri 279 Rokkaku Shisui 286, 297, 302, 304 Rosenkranzdöschen s. „Tokko-mon makiegösu", 78 „Rosbü makie-suzuribako" (Köetsu) 236, 149 Rotlackfgrund] 1, 10, 28, 63, 69, 81, 106, 143, 172, 176, 229, 276 Rundmuster 12, 21, 25, 56, 58, 73, 91, 95, 206
Schriftenkasten (dat. 919; Ninna-ji) s. „Hösöge karyobinga makie-soku sasshibako", 14 Schriftquellen 2, 3, 21, 25, 28, 29, 41, 42, 4 4 , 5 8 , 7 4 , 84, 1 2 1 , 1 3 2 , 1 4 1 , 1 4 2 , 2 0 3 , 215, 216
Schriftzeichen im Lackdekor 96, 99, 111, 120, 132, 148, 150, 154, 233, 236, 2 6 0
s. auch: ashide-e; uta-e Schwarzlack (Grund) 1, 10, 30, 32, 33, 3 4 , 63, 7 4 , 9 2 , 1 0 6 , 1 2 7 , 1 3 7 , 1 7 2 , 1 8 3 , 197, 219, 240, 249, 253, 263, 273, 2 7 9
Seattle Art Museum 336 (14) Sei Shönagon: Makura no söshi 29, 321 SEIAMI 2 1 4
„Seikaiha raden-gura" 60, 38 Sägezahnmuster 201, 202, 203 Saeki Kagehiro 64 „Sagayama makie-suzuribako" 153—155, 1 6 6 , 97 Saikaku s. Ihara Saikaku Saitama (Provinz) 1 Sakai (Ort) 156, 331 (*) Sakai Höitsu 268, 286 „Sakura makie-suzuribako" 137, 140, 141, 87, 88 „Sakura raden-gura" 104, 67 „Sakura-sanjaku makie-suzuribako" (Köami Söhaku) 166—170, 243, 106
Sambö-in (Daigo-ji, Kyoto) 194 Sangyö Kögei Shiken-jo 304, 305 „Sanjüroko-nin kashü" 48, 51, 60, 236 270, 168
SASADA GETSUGYÖ 3 3 7 ( 2 5 )
„Sawa-chidori raden-makie
ko-karabitsu"
5 3 — 5 6 , 6 7 , 7 1 , 7 7 , 9 6 , 29, 31, SAWADA JISAKU 3 0 0 SAWADA SÖTAKU 3 3 7 ( 2 5 )
32
saya-nuri 281 Schärpenkasten (Tö-ji) s. „Kaibu makie kesabako", Ii Schildpatt 15, 17 Schleifsteinpulver 29 Schmetterlings-tebako s. „Chö raden-makie tebako", 54 Schnitzlack 121, 122, 172, 173, 177, 215, 218, 273, 283, 285, 299, 302, 307, 310 Schnitzlack, chinesischer 121, 122, 123, 141, 1 4 2 , 2 1 6 , 2 1 8 , 301
Schreibkasten s. suzuribako
„Seki-shitsu bunkanboku no zushi" 10, 11, J Semboku (Bezirk) 1 „Semmen-chirashi makie-tebako" 115, 71 „Semmen-Narihira makie-suzuribako" (Körin) 264—266, 165
„Semmen-suzuki makie-bon" Sen no Rikyü 181, 228 Sendai 206, 304
187, 119
SHAMI KÜGAKU 3 2 8 ( 6 ) , 73
„Shibagaki ni tsuta makie-suzuribako" (Koma Kyüi) 243, 155 SHIBATA ZESHIN 2 6 6 , 2 8 3 , 2 9 2 — 2 9 5 , 2 9 6 ,
182, 183 SHIBAYAMA YASUMASA 2 7 4
Shibuemon 259 Shiga (Provinz) 128 „Shigure raden-gura"
SANO CHÖKAN 2 8 6
„Sansui makie-dana"
SEISEI S. SHIOMI MASANARI
102, 103, 66
SHIIHARA ICHIDAYU 2 5 2
Shikoku (Insel) 276, 285, 300 Shimazu 156 SHIMIZU GENJIRÖ 2 5 2 SHIMIZU KAMON 3 0 0 SHIMIZU KYÜBEI 2 5 2 , 2 5 3
Shimpuku-ji (Prov. Saitama) 1 SHINJIRÖ
194
„Shinobu-kazura
makie-raden-bako"
1 1 4 — 1 1 5 , 70
„Shinobu makie-suzuribako"
337 (LE)
SHINSUI S. ASATA SHINSUI
Shiomi-makie 268 SHIOMI MASANARI 2 6 8 , 2 6 9 , 167
„Shionoyama makie-suzuribako" 1 5 5 , 1 5 8 , 1 6 9 , 95
150,153,
Index shippi 10, 12, 14, 18, 32, 309 „Shippi-kingin-e hakkaku no kagamibako" 18, 9 SHIRAYAMA SHÖSAI
289,
296,
299,
300,
m shishiai-makie 146, 154, 166, 246 Shisui s. Rokkaku Shisui Shitennö-ji (Osaka) 10, 51 SHÖGYO S. ÖBA SHÖGYO SHÖMIN S. OGAWA SHÖMIN
Shömu (Kaiser) 8, 35 SHÖSAI S. SHIRAYAMA SHÖSAI
Shösöin (Nara) 8, 10, 11, 12, 15, 17, 18, 21,25, 33, 5—10 Shötoku Taishi 6 SHÖZAN s. TAKANO SHÖZAN SHUNKEI 3 1 9 ( " )
Shunkei-nuri 11, 206, 300, 319 (") SHUNSHÖ s. YAMAMOTO SHUNSHÖ SHUNZÖ S. FUJIKAWA SHUNZÖ
Siam 15,285, 311 Silbereinlagen 91, 120, 158, 233, 246, 260 s. audi: heidatsu hyömon kanagai Silbermalerei auf Lackgrund s. kingin-e Silberpulver 17, 28, 37, 52, 60, 74, 76, 81, 85, 9 2 , 1 3 7 , 2 0 0 , 2 2 5
Söhaku s. Ogata Söhaku Söken s. Ogata Söken soku 6 soku-nuri 21 SOMADA KIYOSUKE 2 5 6
Sömin s. Yokoya Sörain Soper, Alexander 54 SÖSABURÖ s. ASANO SÖSABURÖ
Sötatsu s. Nonomura Sötatsu Spanier 179, 198, 199 Spatzen-tebako s. „Nobe ni suzume makie-tebako", 44 Staubleiste, Staubplatz s. chiri-i Streubild s. makie Streuweise, Streuung 32, 33, 39, 79, 256 Sugau-ishibe-jinja (Prov. Ishikawa) 142 „Suhama-chidori makie-tebako" 326 ( 2e ) „Suhama-u raden-suzuribako" 62, 86, 39 sumi-aka 175, 176, 226, 142 „Sumidagawa makie-suzuribako" (Tatsuke Chöbei) 251, 161 sumie-togidashi 279 sumikiri 145
377
sumimaru 146 „Sumino-e suzuribako" (Körin) 260, 163 Sumiyoshi 81, 183 „Sumiyoshi makie-karabitsu" (Shami Kügaku) 117—119, 130, 73
„Sumiyoshi makie-raden-kushibako" 101, 1 0 2 , 1 1 5 , 1 4 9 , 64, 65 „Sumiyoshi makie-suzuribako" 181, 183, 112 „Sumiyoshi makie-tebako" 81, 91, 100, 1 1 7 , 48 „Sumiyoshi makie-tsukue" 184, 113 Sutrenkasten (Enryaku-ji) s. Hösöge makie kyöbako17 Sutrenkasten (Fujita-Museum) s. „Butsukudoku makie kyöbako", 19 Sutrenkasten mit Lotosranken (NationalMuseum Nara) s. „Hasu-karakusa makie kyöbako" 18 Su-tsung (chines. Kaiser) 15 suzuribako ältester erhaltener: 62, 86, 39 suzuribako, Form 62, 86, 145, 150, 232, 2 6 0 , 2 6 1 , 2 3 7 (3) TACHI GASUI 2 8 1 , 2 8 2 , 7 7 5 TADOKORO HÖSAI 3 0 9 , 191 TAGUCHI YOSHIKUNI 3 1 2 TAIHÖ s. MAE TAIHÖ
Taihö-ritsuryö 5 Taima-dera (Prov. Nara) 23, 25, 81—85, 11, 12, 49, 50 Taima-mandara 23 „Taima-mandara-zushi no raden-shumidan" 8 1 ,84, 50 U „Taimai söge kushi" 321 ( ) Taira 67 TAISHIN S. IKEDA TAISHIN TAJIRÖ S. IGARASHI TAJIRÖ
Takagamine (Ort) 230, 259 takamakie 28, 29, 76, 96, 109, 120, 132, 146, 148, 159, 176, 177, 184, 246, 2 6 8
Takamatsu 285, 300, 305, 310, 311, 312 TAKANO SHÖZAN 3 0 5 , 3 0 7
„Taketori-monogatari" 28 TAMAKAJI ZÖKOKU 2 8 5 , 3 0 0 , 3 1 0 ,
„ Tamamushi-zushi"
177
(Tamamushi-Schrein) 3, 5, 2 2 , 80, 3 1 8 ( 7 ), 2 Tamukeyama-Hachiman-gü (Nara) 63 TANIDA CHÜBEI 2 7 4 , 2 7 5 ,
Tanida-nuri 276
171
Index
378 „Tanpopo ni hisago (Zeshin) 293, 182
makie-suzuribako"
TATE JUNSUKE 2 8 1 TATSUAKI S. KURODA TATSUAKI TATSUKE CHÖBEI 2 5 1 , 3 3 7 ( 2 0 ) ,
161
tebako, ältester erhaltener 51, 27 tebako, Form 51—53, 71, 77, 78, 81, 89, 91, 92, 100, 101, 110, 115, 143, 145, 221,234 Techniken der Lackkunst 2, 10, 21, 23, 25, 29, 39, 42, 56, 69, 74—76, 89, 96, 102, 109—111, 115, 120, 126, 144, 147, 154, 166, 177, 197, 199, 200, 219, 228, 236, 246, 272, 299, 304, 307 s. auch: Einstreutechniken Einlegetechniken Farblackmalerei Maltechniken Schnitzlack TERAI NAOJI 3 1 4 , 197
Textilkunst (in Beziehung zur Lackkunst) 14, 21, 41, 95, 112, 166, 196, 198, 212, 238, 240, 246 Thailand s. Siam Tödai-ji (Nara) 6, 8, 21, 63, 68 „Tödai-ji kemmotsu-chö" 319 (16) togidashi 20, 28, 29, 46, 52, 69, 89, 96, 146, 150, 241, 268, 276, 278, 299, 321 (5) s. auch: farbiges togidashi sumie-togidashi Toilettekasten s. tebako Tö-ji (Kyoto) 29, 320 ( 10 ), 78 Tökei-ji (Kamakura) 201, 124, 125 „Tokko-mon makie-gösu" 126, 78 Tokugawa Harutomi 283 Tokugawa Hidetada 194 Tokugawa Iemitsu 242, 243, 244 Tokugawa Ieyasu 179, 187, 191, 194, 206, 215,230, 242, 274 Tokugawa Mitsumoto 187, 244, 249, Tokugawa Tsunayoshi 216, 270 Tokugawa Yoshimune 274 Tokugawa-Museum, Nagoya 163, 337 ( le ), 102, 131, 156 Tokyo 292, 296, 302, 304, 305, 309, 312,314 vor 1869 s. Edo Tökyö: Bunkazai Hogo Iinkai 2, 1, 27, 28, 199 Eisei Bunko 35, 66
251
184, 310,
191,
Geijutsu Daigaku 296, 98, 181, 187 Gotö-Museum 58 Hatakeyama-Museum 90, 326 (2E), 54 Keiö-Universität 30 National-Museum 18, 58, 67, 92, 98, 102, 1 3 7 , 1 8 4 , 2 3 4 , 2 9 7 , 34, 36, 37, 41, 43, 56, 61, 63, 71—74, 86—88, 90, 91, 96, 109, 111, 114, 128, 136, 138—141, 144, 147, 149, 154, 155, 159, 161, 164, 167, 169—171, 173, 174, 176, 178—180, 183, 185 Nezu-Museum 28, 132, 145, 263, 266, 13, 92—94, 97, 165 Ökura Shükokan 100, 62, 168 Reimeikai (Stiftung) 337 (10) Seikadö 152, 153, 163 Suntory Gallery 57, 105 Tökyö Bijutsu Gakkö 296, 302 Tomita, K. 80 Töshirö s. Katö Shirozaemon Töshödai-ji (Nara) 6 Töshögü (Nikkö) 216, 246, 272, 158 TÖTEI s. Ninomiya Tötei Toyama (Provinz) 255, 256, 258 Töyama, Slg. 130, 81, 82 TÖYÖ s. IIZUKA TÖYÖ
Toyohime 283 Toyotomi Hideyoshi 179, 180, 181, 184, 187, 191, 194, 195, 202, 206, 213, 255 TÖZAN S. KÖMO TÖZAN
Transparentlack 10, 28, 106 Trockenlack s. kanshitsu; shippi ts'ang-chin 141, 143 „Tsubaki-mon Kamakurabori-oi"
173,
109 TSUCHIDA SÖETSU 2 6 7 , 2 6 8
Tsugaru 257, 258 Tsugaru-nuri 257, 281, 300 „Tsuikoku-kögö" 218, 135 tsuishu 121, 126, 215 TSUISHU (-Meister, -Schule) 215, 216, 286, 3 3 4 (29) TSUISHU DEW A 3 3 5 ( 2 9 ) TSUISHU HEIJIRÖ 2 1 5 TSUISHU KANSHICHI 3 3 5 ( 2 9 ) TSUISHU YONZEI 3 3 5 ( 2 ») TSUISHU YÖSEI 2 1 5 , 2 1 6 , 2 4 3 TSUISHU YÖSEI X X . 2 1 6 , 3 0 2 , 3 1 0 , 3 3 5 ( 2 9 ) ,
186 TSUJI HOKUYÖSAI 3 1 2
tsukegaki 76, 96, 115, 132, 154
Index Tsukufusuma-jinja (Chikubushima) 194 Tsunanori Shöunkö s. Maeda Tsunanori Tsunayoshi s. Tokugawa Tsunayoshi Tsurugaoka Hachimangü (Kamakura) 86, 88, 52, 53 „Tsuta makie-karabitsu" 208, 210, 132 tsuyakeshi 263 Tüpfelfarn-Kasten s. „Shinobu-kazura makie-raden-bako", 70 „Tung hai chi" 141
379
Wien, Weltausstellung 1873: 288, 297 Wölbung von Deckel u. Kasten 33, 69, 73, 85
s. auch: kömori; döbari Wuppertal, Slg. Kurt Herberts 77, 127, 188 YAJIRÖZAEMON 3 3 5 ( 2 9 )
yakigane 52 Yakugai-Muschel 202 Yakushi Nyorai 69
Uberfalldeckel s. audi: Deckelformen Uda (Kaiser) 35 Überfalldeckel s. kabusebuta
YAMADA JÖKA 2 5 2 , 2 7 2
UEMATSU H Ö B I 3 0 4
YAMAMOTO SHUNSHÖ 2 4 1 , 2 6 8 , 154
„Ujigawa-hotaru makie-ryöshibako-suzuribako" (Iizuka Töyö) 276, 172 ukiyo-e 279 „Urne makie-tebako" 96—98, 99, 101, 109, 111, 119, 177, 59, 60 Untergrundmateralien 10 Urkunden s. Schriftquellen urushibe 2, 3 uta-e 96, 111, 148, 150, 153, 326 (23) s. auch: Schriftzeichen im Lackdekor ashide-e „Utsubo-monogatari" 29
Yamanaga Köho 309 Yamato-e 41, 43, 73, 79, 109, 115, 130,
Yamagata (Provinz) 1 Yamaguchi 156, 331 (»)
134, 150 YAMAZAKI KATSUTARÖ 3 0 5
„Yanagi ni tsubame makie-gura" Yanagi Söetsu 301 Yang Hsüan 141, 329 (33)
YANG M A O 2 1 5 YASUAKI s. KOMA KYÜHAKU I I . YASUMASA S. SHIBAYAMA YASUMASA
yasuri-fun 18, 30, 75, 76 YASUTADA S. KOMA YASUTADA
„Yatsuhashi suzuribako" Vereinfachung 37, 39, 56, 134, 170, 173, 177 Vorgeschichte s. Jömon-Zeit Yayoi-Zeit Kofun-Zeit Wagner, G. 291 Wajima 257, 258, 281, 300, 305, 310, 314 Wajima-nuri 257, 282, 300 WAKAEMON 1 9 4
Wakamiya (Provinz) 74 Wakasa 257, 258 Wakasa-nuri 257 Wakayama (Provinz) 53, 114, 133 warigai 202, 228, 229, 316 Warner, Langdon 6 Weltausstellung 1873 Wien: 288 1900 Paris: 301 „Westliches Paradies" (Fragment) 80, 47 Wien: Kunsthistorisches Museum Wien 203, 126
158, 99
261—264,
(Körin)
164
Yayoi-Zeit 2 Yokohama 316 Yokoya Sömin 259 Yömei (Kaiser) 3 YÖMO s. YANG M A O YONEDA MAGOROKU 3 3 7 ( 2 5 ) YÖSEI
s. Tsuishu Yösei; Tsuishu Yösei X X YOSHIDA BAIDÖ 3 1 0 YOSHIDA GENJURÖ 3 0 5
YOSHIKUNI s. Taguchi Yoshikuni Yoshimasa s. Ashikaga Yoshimasa Yoshimitsu s. Ashikaga Yoshimitsu Yoshino-bori 328 (13) yotsuwan 332 (8) YÖYÜSAI S. H A R A YÖYÜSAI
Yüji-age 267 Yung-lo (chines. Kaiser) 122 YÜSAI S. AKAJI YÜSAI
yushoku 17, 18 Yüzenzome 259
380
Index
Z e s h i n s. S h i b a t a Z e s h i n .. 1 1Q CO 01 Z u m , -emlagen, -pulver 29, 58, 81, 154, 169, 238, 252, 266, 267
Z o k o k u s. T a m a k a j i Z o k o k u Zonsei-nuri 285, 339 ( 24 ) Zuik5_ji (Ky5to) zushi-dana 184
ZEITTAFEL
Jömon-Zeit Yayoi-Zeit Kofun- (Hügelgräber-)Zeit Asuka- und Hakuhö-Zeit Nara-Zeit Heian-Zeit Kamakura-Zeit Nambokuchö-Zeit Muromachi-Zeit Momoyama-Zeit Edo-Zeit Meiji-Zeit Taishö-Zeit Shöwa-Zeit
. . . — ca. 250 ν. Chr. ca. 250 v. Chr. — 250 n. Chr. ca. 250 — 552 552 — 710 710 — 794 794 — 1185 1185 — 1333 1333 — 1392 1392 — 1568 1568 —1615 1615 — 1868 1868 — 1912 1912—1926 1926 —
JAPANISCHE 21 2 1 19 35 22 39 6 14 10 33 29 12 13 3 36 45 18 38 44 25 24 5
Aidii Akita Aomori Chiba Ehime Fukui Fukuoka Fukushima Gifu Gumma Hiroshima Hyögo Ibaraki Ishikawa Iwate Kagawa Kagoshima Kanagawa Ködii Kumamoto Kyöto-fu Mie Miyagi
PROVINZEN 41 9 43 27 6 40 31 26 42 16 23 32 20 11 37 17 30 8 28 4 34 15
Miyazaki Nagano Nagasaki Nara Niigata Öita Okayama Osaka-fu Saga Saitama Shiga Shimane Shizuoka Tochigi Tokushima Tökyö-fu Tottori Toyama Wakayama Yamagata Yamaguchi Yamanashi
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