Gesammelte Schriften und Briefe. Band 5 Der Predigtstuhl der Zeit: Aufsätze aus den Jahren 1842–1848 [(Fotomech. Nachdr. 2. Aufl.). Reprint 2019] 9783110844481, 9783110026894


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German Pages 392 [400] Year 1970

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Table of contents :
Vorwort des Herausgebers
Sprache — Schrift — Presse
Die zwei deutschen Zeitschriften im Siebenbürger Vaterlands. Eine Verständigung (1842)
An mein Volk. Ein Vorschlag zur Herausgabe von drei absonderlichen Zeitungen für siebenbürgisch-deutsche Landwirtschaft, Gewerbe, Schul˵und Kirchensachen (1843) .
Der Birthälmer Pfarrer und der lutherische Superintendent
Die Zensur, Bruchstück einer zu erscheinenden Abhandlung über Preßgesetzgebung in Siebenbürgen (1844)
Das Pflügen
Der Fruchtwechsel, oder — keine Brache mehr!
Ihr Herrn, laßt Euch sagen, nach finstrer Nacht ist's Zeit zum Tagen! (1845)
Stallfütterung und die Not als Weg dazu
Offner Brief ins Sachsenland
Bekanntgebung und freundlicher Antrag zunächst an die hochehrw. Pfarrherrn der evang. Kirche
Nicht zu übersehen
Anzeige für Auswanderer
Zusatz zur „Anzeige für Auswanderer"
(Zweiter) Zusatz zur Anzeige für Einwanderer nach Siebenbürgen
(Dritter) Zusatz zur Anzeige für Einwanderer nach Siebenbürgen
(Vierter) Zusatz zur Anzeige für Auswaderer nach Siebenbürgen
Der Stand der Deutschen in Siebenbürgen
Der Sachsengraf. Ein Erkenntnis und Bekenntnis (1846) .
Das liebe Bich
Die Grundbirnen und die Schwaben
An die Leser aus dem landwirtschaftlichen Vereine (Vorschläge zur Begutachtung)
Zuschrift an die Redaktion
(Adel — Sachsen — Rumänen)
Aufklärungen für Auswanderungslustige nach Siebenbürgen
Die Zehndablösung auf Sachsenboden (1847)
Kurze Geschichte des Glaubens der Walachen
Wohlfeile Geschichtsbilder fürs deutsche Volk in Siebenbürgen (1848)
Erhaltet Euch in Eueren Rechten!
Sächsische Tracht
Die Volksversammlung der Romanen in Blasendorf am 15./3. Mai 1848
Die Union und die Romanen
Versuch einer Erklärung der Namen Siebenbürgen und Hermannstadt
Vom Zehnden
Der Sächsische Zehnden
Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in Anwendung auf Wahl und Besoldung der sächsischen Geistlichkeit
Die freie Presse im Dienste der evangelischen Schule und Kirche
Mediasch und die sächsischen Gymnasien
An eine hochwürdige General⸗Synode der ev. Geistlichkeit A. C. in Hermannstadt
In Sachen der Schul⸗und Kirchenzeitung
Programm der zu erscheinenden Schul⸗und Kirchenzeitung
Inhaltsverzeichnis des 5. Bandes
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Gesammelte Schriften und Briefe. Band 5 Der Predigtstuhl der Zeit: Aufsätze aus den Jahren 1842–1848 [(Fotomech. Nachdr. 2. Aufl.). Reprint 2019]
 9783110844481, 9783110026894

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Stephan

Ludwig

Roth

Stephan Ludwig Roth Gesammelte Schriften und Briefe

Aus dem Nachlaß herausgegeben von

Otto Folberth

1970 Verlag Walter de Gruyter L Co. - Berlin vormals G. I. Göschen^sche Verlagshandlung ♦ I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung ♦ Georg Reimer ♦ Karl I. Trübner ♦ Veit & Comp.

5. Bd: Der Predigtstuhl der Zeit Aufsätze aus den Jahren 1842—1848

Mit vier Bildbeilagen und der Wiedergabe eines Zeitungsblattes

2. unveränderte Auflage

1970

Verlag Walter de Gruyter & Co. • Berlin vormalö G. I. GöschenMe Verlagshandlung ♦ I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung ♦ Georg Reimer - Karl I. Trübner * Veit & Comp.

Unveränderter photomechcmischer Nachdruck

© Archivnummer 43 42 700 Copyright 1937 bl) Walter de Gruyter L Co., vormals G.J. Göschen'sche Berlagshandlung I. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer - Karl J. Trübner • Bett L Comp. — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Photo­ kopien und Mikrofilmen auch auszugsweise vorbehalten. Photomech. Druck: Europe Printtng, Vaduz

Vorwort des Herausgebers 3) i e Presse i st der Predigt stuhl dieser Zeit, schrieb St. L. Roth am 24. August 1848 in einem Brief an seinen Neffen St. A. Bergleiter. Und er fügte hinzu: „In der letzten Zeit habe ich vieles für die Zeitungen geschrieben, das mehrste unter immer neuen Namensunterschriften. Wie die Weltlage jetzt ist, muß, wer wirken will, sich assoziieren, oder durch die Presse arbeiten... Das ist mm einmal so. Ne vila silentio transeat hatte bei Schluß nur die Bedeutung, man solle das Leben nicht ungenützt vorübergehen lassen. Zu unserer Zeit heißt es buchstäblich, man solle nicht leben im allere, im Nichtreden. — Da Du unsere Blätter liest, kannst Du wissen, was mich in dieser Zeit alles beweget hat." Der vorliegende 5. Band hat die Aufgabe, alle diese Zeitschriftenund Zeitungsbeiträge Roths zu sammeln und sie in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge neu zu veröffentlichen. ES sind unter sie aller­ dings auch Stücke eingereiht worden, die überhaupt noch nie im Druck erschienen, sondern bloß handschriftlich erhalten sind; ferner solche, die als eigene Flugblätter oder selbständige Schriftchen die Presse verlassen hatten; schließlich sogar der Wortlaut eines um­ fangreichen Vortrages, den Roth gelegentlich seiner Reise nach Württemberg im Jahre 1845 in Sachen der Schwabenansiedlung in Siebenbürgen über seine Heimat dort gehalten hat. Kurzum, der Band soll alles in sich schließen, was der journalistischen Tätigkeit Roths wesentlich zugehörte und sollte dadurch die syste­ matisch erfaßbaren Nachlatzstoffe (IV, 14) um ein weiteres Haupt­ stück vermehren. Ein Hauptstück darf er jedenfalls genannt werden, dieser Band. dazu ein bisher so gut wie unbekanntes Hauptstück dieses immer ragender vor uns sich türmenden geistigen Vermächtnisses unseres Volkshelden. Und wie in allen andern Hauptstücken dieses tatfrohen Lebens spannt sich auch hier von den ersten Aufsätzen der Jahre 1842/43 mit ihren wohldurchdachten Vorschlägen, das siebenbürgischsächsische Zeitungswesen gleich zu Beginn seines eigentlichen Auf­ blühens auf eine klar gegliederte, tragfäyige Grundlage zu stellen, der man etwas zumuten dürfe, über all die großen, kühn aufge­ worfenen und meistens auch trefflich beantworteten Fragen der Zeit hinüber, spannt sich also bis hin zu dem letzten „Programm" aus dem Spätherbst 1848 der starke Bogen seiner menschlich und sitt­ lich niemals versagenden und verzagenden inneren Haltung. Und

wie immer: auch diesen seinen leidenschaftlichen Bemühungen folgt die Tragik auf dem Fuße. Denn kaum ist er nach jahrelangen Kämpfen und Plackereien am Ziele angelangt, kaum ist das Pro­ gramm der Schul- und Kirchenzeitung, die ihm „wie das Bild einer Geliebten vor Augen schwebte, am Abend und am Morgen" gedruckt und in hunderten von Exemplaren den harrenden Brüdern im Lande zugegangen, endlich, endlich soll St. L. Roth in einem eigenen Blatt zu seinem Volke sprechen können, endlich der große Sprachmeister recht zu wirken beginnen — da zucken auch schon die blut­ roten Brände des Bürgerkrieges in den siebenbürgischen Herbst­ nächten auf und die düstere Rauchfahne von Sächsisch-Regen, der ersten durch den Krieg zerstörten Stadt, schwebt drohend und unheilverkündend über dem Land. Ein Anfang, der zugleich das Ende bedeutete! Aber gerade der dramatische Verlauf aller Versuche und Unter­ nehmungen St. L. Roths, seinem Volke zu helfen, wird diese mit Sicherheit davor bewahren, daß sie jemals völlig der Vergessenheit anheim fallen könnten. So wird auch gewiß keiner mehr, der in der Zukunft ein Bild unserer siebenbürgischen Zeitungsgeschichte entwirft, auf die kräftigen Farben und Lichter verzichten wollen, die St. L. Roth dieser Geschichte, wie die hier folgenden Blätter beweisen, just in dem reizvollsten Abschnitt ihrer Entwicklung, da sie noch ungestüm und zugleich hochgesinnt war, für immer auf­ gesetzt hat. über Textbehandlung usw. geben die Vorworte von Band I—IV hinreichend Aufschluß. Das voranstehende Bildnis ist nach dem Ölgemälde eines unbekannten Meisters, hergestellt nach der Daguerreotypie des IV. Bandes (IV, 16), aufbewahrt in der Baron von Brukenthalschen Gemäldegalerie in Hermannstadt, angefertigt. Der Namenszug darunter rührt her von einem Schreiben Roths aus Kokelburg vom 23. Dezember 1848 an das Gardenstadtkom­ mando in Mediasch. Roth war damals „ad Iatu3" der Prov. Admini­ stration des Kokelburger Komitates. Alle übrigen Bildbeilagen sind Aufnahmen des Herausgebers. Bei Auffindung mehrerer Aufsätze haben mir die Hinweise von Herrn Dr. Eduard Morres, Kronstadt, wertvolle Dienste geleistet. Zu danken habe ich auch wieder den Herren Dr. Herryänn Schüller und Prof. A. Rosenauer, Mediasch, für ihre freundliche Mithilfe bei Durchsicht der Revision. Ostern 1937.

Otto Folberth

Sprache — Schrift — Presse' Sei die Sp ra ch e Anno 1 auch nur eine Anzahl von Inter­ jektionen gewesen, mag das Gebärdenspiel im Gesicht, die Be­ wegung der Hände und die Nachahmung des Leibes zur Ver­ deutlichung, Verdolmetschung und Erläuterung der ersten, mangelhaften Sprache unentbehrlich gewesen sein — immer ist in der Sprache, sie sei nun anfangs gewesen wie sie wolle, das erste und beste Mittel des Unterrichtes gegeben. Die Sprache vermittelt nicht nur die Verständigung, sondern auch die Ver­ erbung der Kenntnisse oder der Erfahrung an die Unerfahren­ heit, sondern auch die Erfindung und Entdeckung int eigenen Kopfe. Wäre keine Sprache, so könnte sich nicht nur der einzelne aus sich selbst heraus nicht bilden, sondern es stürbe auch mit ihm und in ihm alles, was er gedacht, gefühlt und gewollt hatte, wieder aus. Jeder seiner Hintermänner müßte von vorne an­ fangen und mit und in ihm stürbe wieder alles aus. Wie wenig lernt aber der einzelne aus sich und von sich allein, und wie weit wäre die Menschheit zurück, wenn nicht die Vergangenheit von ihrer Vergangenheit geerbt, und sie nicht an die Zukunft wieder vererbt hätte. Durch die Sprache erbt ein Jahrhundert vom andern, fügt zur erhaltenen Erb­ schaft ihre Errungenschaft hinzu, und so wächst die Summe der Erfahrungen und Geisteseroberungen von Jahrhundert zu Jahrhundert. Wer den Wert der Sprache weiter überlegen will, wird eingestehen, daß der Mensch in der Sprache ein Bildungs­ mittel, einen Vorzug besitzt, wie sich dessen kein anderes Ge­ schöpf zu rühmen hat. DieSchriftist eine Erweiterung der Sprache nach Raum und Zeit. Die Abwesenden, d. h. dem Raume nach Getrennten, 1 Weder handschriftlich, noch als von Roth veranlaßte Veröffent­ lichung erhalten. Franz Obert teilte den Aufsatz aus dem Nachlaß des Verfassers mit in „Kirche und Schule", Beilage der „Hermann städter Zeitung", Nr. 9 vom 15. Mai 1862, S. 71 f.

tote die noch Ungebetenen, d. h. der Zeit nach Getrennten, ver­ nehmen, was anderswo oder srüherhin gedacht oder gesprochen worden. Ohne die Knnst des Schreibens würden wir nicht wis­ sen, was Cicero bei den Schiffsschnäbeln4 gesprochen. Der Mnnd, der dort sprach, ist längst im Grabe verschlossen, — aber der phönizische13 $eut3 2 hat das Wnnder bewirkt, daß wir Bar­ barenkinder nach 2000 Jahren vernehmen, was das stannende Rom einst vernahm. Ehe die Schrift erfanden war, konnte nur der Mund den Mund kopieren, man behalf sich mit dem Weitersagen, mit mündlicher Überlieferung. Was das Ohr aus dem Munde vernommen, teilte der Mund einem anderen Ohre mit, das den Sprechenden nicht gehört hatte. War nun gleich zu da­ maliger Zeit bei Menschen das Gedächtnis stärker als der­ malen, wo sich das Gedächtnis zu sehr auf die Schrift ver­ läßt und darum die Anlage weniger zur Kraft ausbildet, so war die mündliche Überlieferung doch ein schwacher Behelf: einmal deswegen, weil der Berichterstatter leicht etnschiebt oder ausläßt oder umbildet, d. h. sich, nach Form und Inhalt, in die Stelle dessen setzt, dessen Rede er auszusagen hat; dann aber auch deswegen, weil die Empfangenden in der Unsicher­ heit schweben, ob sie nicht ein quid pro quo4 erhalten. Dieser Zweifel an der Echtheit der Mitteilung begleitet jede münd­ liche Überlieferung wie ein Schatten. Die Vergeßlichkeit, die Absichtlichkeit schiebt ein und läßt aus — gleichviel — die Überlieferung ist unecht. Ist aber die mündliche Mitteilung 1 Die Rednerbühne auf dem Forum in Rom war mit Schiffs­ schnäbeln verziert. 2 Die Phönizier gelten als die Erfinder des ersten richtigen Buch­ stabenalphabetes. 3 Teut, ein in der Klopstock'schen Schule entstandener Name eines germanischen Gottes, zu dem das Wort Teutonen die Veranlassung gegeben hat. ^ Verwechslung, Irrtum.

auch unverfälscht, so bleibt an ihr der Zweifel als llbelstand hängen. Diesen beiden übelständen: der Verfälschung sowohl als auch des Zweifels hals der Erfindung des Schreibens ab, hieß und war nun das erste oder spätere Werkzeug ein Grif­ fel, Pinsel, Feder oder Rohr. Welches immer, es war die Kunst vorhanden: was das Ohr gehört, dem Auge vernehm­ bar zu machen. Schriften sind zwar auch nicht alles und jedes Verdachtes der Verfälschung bar und ledig — was jedoch einmal nieder­ geschrieben worden, wie nun immer, läßt sich jedenfalls nur auf Eine Art ablesen. Denn die Schrift hat heut dasselbe Wort, denselben Ausdruck wie morgen; während ein und der­ selbe Erzähler nie Wort für Wort dasselbe wiederholet, son­ dern der Berichterstatter den Autor oft erweitert, ergänzt, abkürzt oder verdunkelt. Als daher die göttliche Vorsehung die Schrift erfinden ließ, fügte sie der Wahrheit eine größere Glaubenswürdigkeit hinzu und tat in der Erziehung des Menschengeschlechtes einen zweiten Riesenschritt. Schwächt die Schreibekunst die leben­ dige Erinnerung des Gedächtnisses, so schützt dagegen dieselbe Kunst vor gänzlichem Vergessen. Ich brauche mit den Augen in die Schrift zu sehen, so weiß ich, was mein Freund aus der jüngeren Welt mir sagen will; ich weiß, wenn ich ihm schreibe, daß er aus meinem Briefe ebenfalls erfährt, was ich bitte, was ich leide, was ich denke, liebe und fürchte, hasse und hoffe. Dieser Kunst verdanken wir die heiligen Bücher des alten und neuen Testamentes. Ohne Schrift wäre viel­ leicht kein Christentum, ohne Schrift die Kenntnis von Roms und Griechenlands Altertum zu uns schwerlich gedrungen. Müssen wir in der Sprache das erste Bildungsmittel der Menschheit verehren, so gebührt der S ch r i f t der zweite Platz, und endlich gehört, als dritter Staffel, die Ehre dem Drucke oder der Presse.

Welche Kinderei ist das Abschreiben gegen das Drucken! Ist der Satz in dem Rahmen, wie leicht ist ein tausendfältiger Abdruck gemacht! Welche Schnelligkeit! Dann Kosten gegen Kosten gerechnet, wie teuer kommt eine Handschrift zu stehen, wie unglaublich wohlfeil ist ein gedrucktes Buch. So lange es daher nur geschriebene Bücher gab, konnte Kenntnis, Auf­ klärung und Wissenschaft das Eigentum nur der Reichen, also nur weniger, sein. Die Erfindung der Buchdruckerei predigt das Evangelium nun auch den Armen, jedermann, aller Welt. Daher ist die Presse die Krone der Sprache. Was Gott an uns bisher getan, ist groß und offenbar — was noch zurück ist und ferner Gott Gutes mit uns im Sinne hat, deckt ein heiliges Dunkel. Die Vergangenheit lehrt das Beste von der Zukunft hoffen. In der Reformation zeigte sich die Presse zuerst alt Welt­ macht, wie Heere und Geld. Wer sich eines dieser Mittel zu bedienen versteht, übt auf die Menschen eine Herrschaft aus. Die Presse siegt durch Überzeugung, Heeresmacht durch Furcht, und das Geld durch schlechte Gesinnung. Der Überwindung durch Geld schämt man sich; der Überwindung durch Gewalt fügt man sich; der Überwindung durch Überzeugung rühmt man sich. Zur Beherrschung der Welt ist dereinst nur die Presse berufen. Denn zur Bestechung aller ist nie­ mand reich genug, und der Beherrschung durch Gewalt setzt sich zuletzt immer der Gegendruck zum Widerstand. Wer aber durch Überzeugung überwunden wird, verachtet sich weder, noch sucht er sich derselben los zu machen, denn er ist und fühlt sich zugleich als Mitsieger und freut sich darum seiner Niederlage zugleich als eines Sieges und Triumphes.

Die zwei deutschen Zeitschriften im Sieben­ bürger Vaterlandes Eine Verständigung Concordia res parvae crescunt, discordia maximae dilabuntur12 3 Die verehrten Herren Herausgeber der beiden deutschen Zeitschriften in Siebenbürgen werden im Vertrauen aus die Öffentlichkeit, in der sie atmen und leben, um gütige Auf­ nahme dieser wohlmeinenden Zeilen in ihre Blätter ange­ sprochen, welche gleichzeitig und gleichlautend der Post zur Beförderung auf Hermannstadtb und Kronstadt übergeben worden sind. Lange schwebte ich in der Unschließlichkeit eines gutartigen, aber verschämten Kindes, das zwischen zerfalle­ nen Eltern stehend endlich die Notwendigkeit als Pflicht er­ kennt, Worte der Versöhnung zu sprechen, und sich doch kaum getraut, bis die Liebe den Mund öffnet, welchen die Ehr­ furcht verschloß. So fühle auch ich dermalen, daß ich dermalen eine Pflicht erkenne, die beinahe zarterer Worte bedarf, als mir zu Gebote stehen, wenn ich mich durch die Erkenntnis der Heilsamkeit zwischen zwei mißgelaunten Zeitungsschwestern als Vermittler gestellt sehe, und nur die Furcht, es könnte bei längerem Säumen durch irgendein unbedachtes Wörtchen mehr von hüben oder drüben der Riß tiefer gehen, überwand die Schamhaftigkeit, die mir noch immer aus den Backen glühet. Da ich wahre, aber aufrechte Hochachtung gegen beide Redak­ tionen hege, hätte ich mich eigentlich dieser Scham nicht zu 1 Erschien in den Blättern für Geist, Gemüth und Vaterlands­ kunde, Kronstadt, Druck und Verlag von Johann Gött, VI. Jg. Nr. 33 und 34 vom 15. und 22. August 1842. Handschriftlich nicht erhalten. - Durch Eintracht wachsen kleine Dinge, durch Zwietracht werden die größten vernichtet. Sallust, Jugurtha 10, 6. 3 In der Hermannstädter „Transsilvania", dem Beiblatt des Sie­ benbürger Boten, das hier gemeint ist, ist der Aufsatz indes nicht erschienen.

schämen, und da ein warmes Herz für mein Vaterland mir im Leibe schlägt, dürfte ich mich auch nicht scheuen, meinen Namen herzugeben. Weil aber nicht mein An s e h e n die Ver­ ständigung zu bewirken im Stande wäre, so tritt meine Person billigermaßen ganz in den Schatten zurück. Ich stelle meine Ansicht, mein Dafürhalten und Wohlmeinung ans Licht und bitte um die Erlaubnis, Ihnen und dem Publikum unerkannt bleiben zu dürfen. Sollte mich der Redaktion meine Handschrift verraten, so rechne ich auf Ihre Großmut, daß Sie mich nicht werden erkennen wollen. Nun weiß ich zwar wohl, daß Ihre Zeitschriften anonyme Aussätze nicht aufzunehmen pflegen: ich bitte Sie aber, dem allgemeinen Besten zuliebe, diesmal eine Ausnahme zu machen, da der Inhalt so unverfänglicher Natur ist, daß selbst eine argwöhnische Zensur wohl nichts zu entdecken haben wird, was das Imprimatur verwehren dürste. Halten Sie aber beide Hrn. Redakteur es unter Ihrer Würde, aus mir unbekannten Gründen, die Stimme eines einzelnen aus dem Publikum über sich und Ihre Angelegenheiten vernehmen zu lassen; so mögen Sie dann mich so gut, als Ihnen möglich ist, entschuldiget halten, wenn ich mich gedrungen fühle diese meine Herzensangelegenheit, die viele Ihrer Freunde und Ver­ ehrer mit mir teilen, in ein ungarisches Blatt unseres Vater­ landes einrücken zu lassen. Diesem, als einem Dritten, kann ich mich schon nennen, da hier die persönliche Scheue weg­ fällt, es Ihnen, was ich denke und fühle, ins Angesicht sagen zu müssen. Berwilligen Sie sich aber zur höflichst erbetenen Veröffentlichung, so muß ich um des Zweckes und der Absicht willen, Sie noch freundschaftlich ersuchen, den Abdruck ohne die geringste auch noch so unschuldige Anmerkung bewerkstel­ ligen zu lassen. Zur Sache! Die Hermannstädter Zeitung * war lange das einzige deutsche Blatt im Lande. Herr Johann Gött in Kronstadt gründete l„$>er Siebenbürger Bote" erschien seit 1784 in Hermannstadt.

ein anderes.1 So hatten wir denn zwei. Ich sage: Gott sei Dank! Denn zwei ist doch der Zahl nach schon mehr als eins. Wäre die Kronstädter Zeitung auch nur Kerntuch2 gewesen, wie die frühere Hermannstädter, so gäbe es doch nunmehr bei zweien eine Wahlfreiheit zwischen gleichmäßigen Landtüchern. Nun aber hat der erste frische Geburtsschrei des Siebenbürger Wochenblattes auch den 57jährigen Boten, der auf dem Grotzvaterstuhle beinahe eingeschlafen war, munter gemacht, und das Vaterland hat nunmehr statt der einen zwei sehr gut ge­ schriebene wertvolle Zeitschriften. Beide — ich wüßte nicht, welcher ich den Vorzug geben sollte, ringen nun miteinander und suchen, in edlem Wetteifer, sich an Güte zu überbieten. Ruhm für beide Redaktionen, heilsam fürs ganze Volk! Mögen Sie auch ferner sich anstrengen, um sich zu überbieten an Geistigkeit der Auffassung, Gefälligkeit in der Darstellung, Schönheit der Ausstattung und Billigkeit des Preises. Solches frommt, solches erfreuet. Nach einer längeren Zeit würdiger Haltung sich gegenüber, will mich und andere nun bedünken, als wäre eine gewisse Kälte, eine Spaltung, Gereiztheit, ein Anflug von Eifersüchte­ lei tu beiden zum Vorschein gekommen. Dies hat mich Einen eben nicht überrascht, denn so etwas ließ sich aus der Lebenssrische der Neugeburt und der Lebensstärke der Wiedergeburt beinahe mit Wahrscheinlichkeit im voraus sagen, da Menschen Menschen bleiben und weder der Zibin noch die Burze Wasser genug haben, um den alten Adam ganz zu ersäufen. Hat mich nun gleich diese meine Ahnung nicht getäuscht, so hat mich und andere doch die Erfüllung derselben äußerst unan­ genehm berührt. Wie sehr wünsche ich, nur meine übertriebene Ängstlichkeit lasse mich in den bisherigen Erscheinungen bloße > Nämlich 1837 das „Siebenbürger Wochenblatt". 2 Kerntuch hieß das schwarze grobe Tuch, aus dem die sächsische Bauerntracht hergestellt wurde. Es wurde hauptsächlich in Her­ mannstadt erzeugt.

Vorboten einer später ernstlicheren Fehde erblicken, es bliebe bloß bei Fechterstellungen, ohne daß es zum Kampfe käme. Wenn ich Unrecht behielte, das wäre mir lieb, und da­ mit dies der Fall sei, daß es nicht zum Ausbruche komme, ist eben die Ausgabe, welche sich diese sogenannte Verständi­ gung gemacht hat. Es ist der Mühe wert den Ausbruch zü verhindern, und man verhindert ihn schon dadurch, daß man ihn als eine Wahrscheinlichkeit darstellt. Und die Wahrschein­ lichkeit wird niemand nach den Anzeigen des Horoskopes leug­ nen, denn das Zeichen der Konkurrenz hat für sich einen Sporn und für den andern eine Peitsche in der Hand. Soll daher auf diesem literarischen Felde die Konkurrenz nur ihre Rosen streuen und keine Dörner legen, so ists nötig jeden Augenblick sich der Gefahr bewußt zu sein, der man in der Kon­ kurrenz ausgesetzt ist. Es gibt da Anwandlungen von Eifersüchtelei. Weg mit ihr! Sie verrät, was sie verdecken will, Schwäche oder Mangel an Selbstvertrauen. Ists etwa Brot­ neid? Pfui T...! Gott hat ja auch heuer Korn genug wach­ sen lassen, daß sich beide Schriftner werden satt essen können, und endlich, mager oder fett, wird einer nach dem andern ins Grab gelegt und der Fäulnis übergeben. Oder Reizbar­ keit? Kaltes Wasser stärkt auch die Haut der Zeitungsväter gegen Zugluft und Wetterwechsel. Also . . . bitte, meine Her­ ren, Ihre Blätter rein zu halten, was Blatt gegen Blatt auf­ bringen könnte. Denn auch auf dem Markte des literärischen Verkehres ist die gewöhnliche Judenfirma die beste: leben und leben lassen! Fürchte ich nun gleich durch Befühlung der Stellen, wo etwa der Dorn steckt, mir kein besonderes Blümchen bei den zwei Handlungen zu verdienen /ich habe aber doch das Ver­ dienst dabei gewarnt zu haben/; so soll es mich doch nicht irren, wenn sie es gleich in Abrede stellen, daß sie etwas von diesen Besorgnissen teilen, da sie schon wüßten usw. usw. Gut, gut. König David war wohl ein kluger und frommer Herr,

im Siebenbürger Baterlande

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als er aber die schöne Bathseba im Bade nackend sah, ver­ führte ihn doch der Anblick, der Augenblick, die Gelegenheit. Die andere Einwendung ist, daß Journalfehden durch ihre Reibungen Lichtfunken erzeugten. Möglich — aber unsere Lage ist eine andere. Wir Sachsen in Siebenbürgen sind in unserer ganzen Erscheinung, dem Wesen nach, eine Insel im Lande. Wo in gärenden Staatselementen die Staatsformen als Kri­ stalle erst anschließen sollen, ists gut, daß sich Gleichartiges anziehet, Ungleichartiges abstößt. Da tut Scheidung, Trennung not, sie ist die Bedingung der Verbindung. Unser Volk hat aber schon Eine Form, ein bestimmtes Lebens- und Bildungs­ prinzip. Es soll nicht erst erkannt oder erdacht werden. Unsere zwei Blätter brauchen sich also nicht zu opponieren, durch Widerspruch brauchen wir nicht das Erfindungsvermögen zu schärfen, um uns ein Staatsgehäus zu bauen. Wohl haben wir es aber durch Eintracht im Bau zu erhalten und den unterminierenden Feind mit Einmütigkeit zu verjagen. Wir brauchen daher den Pfeilbündel ungelöset, und jeglicher Zwie­ spalt unter unseren Zeitblättern ist für uns ein Unglücksfall. Denn diese sind eine unserer besten Waffen, so wie das Licht unser bester Bundesgenosse ist. Man redet, träumt und schmei­ chelt sich zwar viel von hohem Schutz und Sicherheit im Schatten mächtiger Flügels Ich verlasse mich auch darauf, allein das ist das Recht zuletzt. Das erste Recht ist, sich selbst zu ver­ teidigen, sich selbst nie zu verlassen. Besser und rühmlicher ists, Hiebe ins Gesicht erhalten, wenn man sich gegenüber steht, als Streiche auf den Rücken bekommen, wenn man sogleich umwendet und wie ein weinerliches Mädchen zur fernen Mutter flieht, die dann dem verfolgenden Brüderchen den Kopf zwischen die Ohren steckt. Hier haben denn unsere Zeitungs­ blätter männlichen Widerstand geleistet, wer wird sagen, sie hätten nicht gekämpft oder Waffen geschmiedet oder Vertrauen Anspielung auf das österreichische Herrscherhaus.

geliefert. Diese Aufgabe ist aber noch nicht gelöset. Es bedarf ferner der Borhut und Nachhut. Wir benötigen ferner und immer dieser Wacher und Wecker. Ist daher etwas im Herzen derselben, was wie ein Sauerteig ist — heraus damit, daß nicht der ganze Süßteig sauer werde. Principiis obsta, sero medicina paratur.1 Wenn ich daher von einer nur befürchteten Feindseligkeit dieser zwei trefflichen und unentbehrlichen Blät­ ter schon Veranlassung nehme von dem Schaden zu sprechen, der aus diesem Zwiespalt, und dem Segen, der aus ihrer Ganz­ heit der Gesinnung für uns alle entstünde, muß ich diese Blät­ ter bitten zu bedenken, wer sie sind und wo sie sind. Deutsche und Munizipalverfassung in einem Lande, wo der meiste Bo­ den nicht des ist, der ihn bauet, und wo der Arbeiter selten im Herrn den Brotgeber erblicket. Darum sollen diese zwei Kerzen brennen, hoch und hell, daß wir uns unseres Lebens freuen, ttttb daß sie auch anderen leuchten und zeigen, daß es menschlich hoch und erhaben sei, viele seines Gleichen zu haben. Dieser providenttellen Bestimmung wegen haben wir nicht zu fragen, welche hat Recht, welche von diesem Schwesterpaar hat Unrecht! Das Rechten selbst ist das Unrecht. Bei so großen Bestimmungen ist das Rechthaben ein zu geringes, ein zu untergeordnetes Meritum.2 Das Kaufmännische, das Persönliche sei nur der gemeine Boden, in dem die edle Frucht wachse — Mittel, nicht Zweck! Je weniger sich diese Blätter selbst dienen wollen, je mehr wird ihnen gedienet sein, und je mehr sie sich aus den Augen setzen, je mehr werden sie der Augapfel und das Auge des Volkes sein. Den Erhaltungstrieb mögen sie allerdings befriedigen------ um äußerlich leben und bestehen zu können, aber, um w a s sie sich erhalten sollen, muß immer höher stehen als daß sie sich erhalten. Ihr Dasein bekomme den Wert nur durch die Weihe des Lebens, durch Aufopferung. Die beson2 „Wehr' im Beginne dem Übel; zu spät wird Heilung bereitet". Ovid, Remedia Amoris 91. 2 Verdienst.

im Siebenbürger Vaterlands

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bete Fügung, daß dort ein Los aus betn Topf und hier ein Los in ben Topf kommt, hat eine Bedeutung. Die Erben des edlen Martin Edlen von Hochmeister1 und Herr Gött ha­ ben ihre Pfunde von Gott anvertraut erhalten. Nicht zu ver­ gänglichem Wucher für sich, sondern zum Nutzen des Werkes des Herrn, zur Ausbreitung seines Reiches, der Wahrheit, des Rechts, der Liebe und des Lichtes. Gott hat sie auf diesen Fleck gestellt, unsere Sache hat er zur ihrigen gemacht. Sie sind unser Eigentum! Doch nein! Sie sind — wir. Ihre Anstalten sind Glieder unseres Leibes, ihre Kräfte die unseres Volkes, ihre Dienste unsere Lebensäußerungen. Pressen, die keine Ministerschatulle unterstützt, denen keine Magnaten unter die Arme greifen, für die der Fanatismf'.I keine Opfergelder sam­ melt ------ leben nur aus dem Volke und haben nur zu leben fürs Volk. Aus der Nation die Geisteserzeugnisse: — aus der Nation die Gegenstände: — aus der Nation die Leser und Ab­ nehmer ------wahrhaftig ein Nationalwerk, Nationalleben d. h. doch wir. Und Leben ists, denn es ist Entwicklung, Entfaltung, Wachstum. Wie in einem sich besinnenden Menschen, wo sich das Ich zum Du macht, ein Erzeugnis der Seele nach dem andern in den Sehkreis des Bewußtseins tritt und sich dem Verständnis, dem Gedächtnis, dem Gemüte gegenüber aufstellt, das nach solcher Heerschau der Selbstbetrachtung eine klarere Selbstverständigung, eine edlere Selbstbestimmung erfolgt; so tauchet in diesen Blättern aus der Seelentätigkeit unseres Volkes ein Gedanke, ein Gefühl, eine Erfahrung, eine Empfin­ dung nach der andern im Selbstbewußtsein aus und zieht vor dem prüfenden, richtenden Blick vorüber. Hier vernehmen wir, wie schön, wie häßlich wir sind: wir hören hier, was andere von uns denken und meinen : hier erfahren wir, was die Vergan­ genheit getan, gelitten und erlebt hat: hier werden wir ge­ warnt vor dem freundlich wedelnden Wolfe; hier werden Fehler ‘Sie Besitzer der Hermannstädter Druckerei, in der der „Sieben­ bürger Bote" erschien.

erkannt, Vorzüge gewürdigt, Pläne vorgelegt, Vorsätze gefaßt usw. so, daß wir durch diese zwei Blätter klüger, ver­ ständiger und besser geworden sind, als wir es früher waren, oder geworden wären, ohne sie. Dieses erkennt das Land, das Volk, und ehret sich selbst in diesem Gefühl und in dem Geständ­ nis dieses Gefühles. Es erkennt die Kunst der Zusammensetzung, die Mühe der Einrichtung, die Opfer der Zeit, die körperliche Hingabe, die geistigen Anstrengungen, und je mehr es sich er­ kennt, wird es den Wert erkennen, und um so größer wird sein Dank sein. Aber der größte Dank für die Unternehmer und Vollzieher liegt doch immer in der Seligkeit der Tat, im Son­ nengefühl, daß die Schatten kürzer werden, die Nebel weichen, daß das Licht von den Bergspitzen in die Täler herabreicht, daß es lebendiger, trockener, wohler und wärmer wird. Beide Zeitschriften sind so geistig empfangen, menschlich gefühlt, männlich gedacht und gediegen verfaßt, daß wir nur mit Stolz und Freude sagen können: durch sie haben wir im Auslande an Ehre, im Jnlande an Achtung und bei uns selbst an Wert und Würde gewonnen. Müßte es einen nun nicht schmerzen, wenn es den Anschein hat, als könnten diese Werkstätten des Segens uneins werden, als wäre vielleicht die Stunde nicht mehr fern, wo sie über einander schmollen, mit einander schimpfen würden? Fähren sie nicht augenscheinlich in falschen Geleisen, wenn sie, wegen Eitelkeiten, an einander gerieten? Nicht also! Decke du Krone mit Ehre die Schwerter, und ihr Schwerter fechtet für die Ehre der Krone.* Also gebührt sich dem Schwestersinne, der Schwe­ sterliebe. Sie verzeihet, sie tröstet, sie duldet, sie kehret alles zum besten. Was liegt dem 'Ganzen an einem Hieb, Stoß oder Stich eines Einsenders, eines Herausgebers, ob er getroffen oder nicht. Ist etwas Ungehöriges geschehen, so macht es den Guten im Lande freilich keine Freude, aber Personen sind nur 1 Anspielung auf di« Wappen von Kronstadt und von Hermann­ stadt.

im Siebenbürger Vaterlande

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zu bald verwelkende Blätter, — es macht Wehmut, aber nicht Schwermut — denn die Hauptsache sind die zwei Bäume mit ihren Früchten und noch schönern Blüten. Die sollen uns leben, grünen und gedeihen. Denn ihre Kraft, ihre Blüte, ihre Früchte sind unsere Kraft, Frucht und Blüte. Weg also mit dem Kleinlichen, Eiteln, Zufälligen, mit den Hadern des Ha­ ders. Der Mutter tuts weh, wenn ihre zwei Kinder über die Achsel sich ansehen, es schmerzt den ganzen Leib, geht das Messer in diesen oder jenen Finger; das Antlitz wird entstellt, fließt ein oder das andere Auge aus. Drum zum Schlüsse: Nochmals Friede! Mag das Recht hüben oder drüben liegen. Das Rechten ist das Unrecht und Empfind­ lichkeit der Anfang dazu. Was also geschehen ist, sei einmal geschehen und auf immer vergessen. Endlich für mich, als sicheren Geleitsbrief beim Scheiden, wenn ich etwa verletzt hätte: Nichts zur Ungunst! Wohlmeinungen im Winzerhäuschen den 11. August 1842. Ein Verehrer der ältern und Liebhaber der jüngeren Zeitungsschwester

An mein ä^olf1 ein / Vorschlag / zur / Herausgabe / von / drei absonderlichen Zeitungen / für / siebenbürgisch-deutsche / Landwirtschaft, Ge­ werbe, Schul- und / Kirchensachen, / vom / Verfasser der Zünfte und des Sprachkampfes. / Hermannstadt, 1843. / Druck und Verlag bei Samuel Filtsch / in Commission in der Thierry'schen Buchhandlung Vorwort Denselben Vorschlag, den ich hiemit allgemeiner Beherzi­ gung übergebe, trug ich schon längere Zeit in mir. Bei Ge1 Erschien als selbständige Druckschrift, broschiert, ohne Titel­ zeichnung, Kleinoktav 31 Seiten. In einem Briefe Roths, datiert:

legenheit des Schäßburger Vereines 18421 kam er bei einigen Freunden bereits zur Sprache. Der Gedanke fand Anklang — aber keinen Nachklang. Die Zeit war kurz — ich krank — die Sache neu. Schadet nicht, dachte ich: aus dem Most wird der­ weil Wein werden. Was er an Süßigkeit verliert, wird er an Geist gewinnen: liegt er noch ein Jahr unterm Spund, kann er abgezogen werden und deinen Freunden kannst du dann, wenn Gott will, in Kronstadt, klaren Wein einschenken. Die Monde bekamen und verloren die Hörner. Das Jahr Nimesch, den 6. Dezember 1843, an seinen Neffen Stephan Adolf Bergleiter, der damals Professor am Hermannstädter Gymnasium war, lautet es betreffend diese Schrift wie folgt: „Herr Buchdrucker Filtsch hat sich im Drucke meines Aussatzes an mein Volk zur Heraus­ gabe 3 absonderlicher Zeitschriften einer eigenmächtigen Auslassung aus meinem Manuskripte bedienet. Was mich am meisten interes­ sierte, und um welches Auslassung er mich vergebens gebeten hatte, tat er letzlich gegen meinen Willen und ohne mein Wissen, auf seine Faust. Eine besondere Art, Skribenten an sich zu fehlen. So wird sein Blatt voraussichtlicherweise leicht verkalken. Stelle Dir überdies vor: Wir eonvenieren per Bogen zu rf 12.— CM, und nun tut er, wie wenn nichts geredet worden wäre, und schickt mir nichts. Eine bequeme Zahlart! Ich habe Wohldenselben dieserwegen höflich getreten. Wenn er Dir, wie ich vermute, nach Kreutzer und Pfennig das Honorar zur Übersendung übergibt, wirst Du Mittel und Wege zur Übermittlung ausfindig machen. Herr Better Simonis scheint hier seine erste Probe von seinem Verleger- und Redaktionstalente haben geben wollen = ein Prügelwurf zwischen Sperlinge, die man zu fangen gedenket!!" An welcher Stelle der Drucker eigenmächtige Streichungen vorgenommen hat, konnte nicht festgestellt werden, da die handschriftliche Vorlage nicht erhalten ist. — Franz Obert ver­ öffentlichte die Schrift im II. Bde seines Werkes: St. L. Roth, Sein Leben u. seine Schriften, Verlag von Carl Graeser, Wien 1896, S. 296—317. Sie wird also hier zum dritten Male abgedruckt. 1 In Schäßburg fand am 19. und 20. Mai, d. i. zu Pfingsten, 1842 die erste Generalversammlung des 1840 in Mediasch gegründeten und 1841 von der Regierung genehmigten Vereins für Siebenbürgische Landeskunde statt. Die zweite Generalversammlung wurde zu Pfingsten 1843 in Kronstadt abgehalten.

1843 rückte mit seinem Donnerstage nach Pfingsten heran, ein Ziel vieler Wünsche, vieler Hoffnungen! Mittlerweile flog von der Kokel, flog vom Zibin und anderswoher ein Briefchen herbei, mit Anfragen, Mahnungen, Aufforderungen, Olblätter im Taubenschnabel, Botschaften der Hoffnung! Kronstadt, hieß es, Kronstadts Der erwünschte Tag kam. Er war für mich und viele and«re ein Psingsttag! Der Landeskunde opferte ich nur die wenigste Zeit: ich überließ das andern, die dazu mehr Beruf haben als ich. Landeskunde hin, Landeskunde her — der Verein war mir die Hauptsache! darum ließ ich Freundschaft — Kunst — Natur auf alle Stunden, außer der Sitzung, Beschlag legen. Als der Fuhrmann an die Heimreise mahnte, ward ich erst ge­ wahr, daß ich dem Vorsatz wenig gelebt, der Gegenwart ganz, nicht einmal halb der Zukunft. Ich zog daher aus der unver­ geßlichen Kronstadt heimwärts, selig zwar in Erinnerungen gehabter Genüsse und voll Danks für den freundlichen Ort, aber — betrübt durch Vorwürfe über meine Untätigkeit im Vorhaben. Wollte ich mich rechtfertigen, müßte ich die Unschuld beschuldigen. Denn da gab es alte Freundschaften aufzufrischen, neue zu schließen, und Gefühle sehen nicht nach der Uhr. — Die 'Kiesenorgel — die Musik und der Gottesdienst nahmen andre Zeit dahin. Endlich die Berge, der weiße und der schwarze Turm — die Gewerbausstellung — Zaison, Rosenau und Törzburg — alles zerstreute! Wie hätte ich da fangen können, selbst ein Geangener! Die Tage waren zu kurz — es wurden die Nächte Untereinander zur Verlängerung genommen. Ich erlag den Eindrücken, den Anstrengungen, den letzten Sonntag fielen mir die Augen zu — über Tisch: war gleich der Geist willig, das Fleischwar schwach. Ich glich einer Mühle, die, durch allzu große Zufltsse in Schwall gesetzt, endlich, aus Überfluß de: Triebkraft, vstlig stille steht. Zu Hause rahm ich mich dafür tüchtig ins Examen! Die Un1 Siehe Anmekung 1 auf der vorigen Seite.

tätigfeit des Maules, die ich mir am geeigneten Orte hatte zu Schulden kommen lassen, war nicht mehr zu verbessern; also mußte die Hand und die Feder die Sünden desselben daheim büßen: nicht zum erstenmale, daß der unschuldige Teil für den schuldmäßigen leiden muß. Was hinter diesem Vorworce folgt, ist aber die nachträgliche Frucht meiner diesfälligen Buße, Reue und Bekehrung. Daß ich dies öffentlich gestehe, gehört mit zur Sache: denn, wie bekannt, ist ohne Sündenbekenntnis keine Vergebung. Zum Glauben gehören aber auch die Werke. Vielleicht hätte das Schriftchen eine Aufnahme auch in die Zeitungen gefunden, wenigstens in eine. Denn für die Öffent­ lichkeit ist es bestimmt, und ich habe weder aus meinem Willen, noch aus meiner Schwäche ein Geheimnis zu machen. Aber ich tats nicht: einmal weil älteren Ärzten die Aushülfe jüngerer Amtsgenossen meistens unnötig erscheinet; dann auch weil der Aufsatz, für eine Nummer zu groß geraten, in mehrere Fort­ setzungen hätte zerbisselt werden müssen, die mir zuwider sind, weil sie den Eindruck zerstören. Also muß dieser Vorschlag allein den Weg für sich machen, freilich als schmächtiger Geselle, dem ich, damit ihn der Wind nicht nehme, einige Nebengedanken in die Tasche habe fallen lassen, als Steine zur Beschwerung. Lieber Landsmann und Sprachbruder, klopft er bei dir an und sucht Abnahme seiner Siebensachen bei dir, gib ihm Obdach und freundliches Gehör! Was er dir vorlegt, geht auch dich an. Denn in allen bist auch du enthalten: was der Gemeinschaft nutzt und frommt, bringt auch dem einzelnen Lob und Ehre — Schande oder Schaden. Aut nunc, aut nunquam!1 d. h. das Eisen muß min schmie­ den, wenns heiß ist! Kannst oder willst du seiner Tienste nicht gebrauchen, eins so schlimm wies andere, und schifft ihn fort; schwer wird es ihm fallen/ so schreibe wenigstem dies in sein Wanderbuch: Ermeint es gut und ehrlich, und empfehle ihn andern, die können oder wollen. Dr Verfasser > Jetzt oder nie!

Ach

freue mich über den Bestand unserer zwei deutschen Zeitungen/ wie irgend einer und wünsche ihnen fernerhin Dauer und Gedeihen von Herzen. Aber sie genügen, meiner bescheidenen Ansicht nach, dem allseitigen Bedürfnisse nicht. Denn sie umfassen, a potiori fit denominatio,12 3beinahe nur die Rechtsseite unseres Volkslebens; vernünftigerweise kann ich ihnen dies zu keinem Vorwurfe machen. Die übrigen Teile, aus denen das Volksleben besteht: Schule und Kirche — Landwirt­ schaft und Gewerbwesen, bleiben ziemlichermaßen ohne Be­ sprechung, gehen großenteils leer aus oder kommen als spar­ same Zuwage, dann und wann, obenhin, in den Kauf. Die verschiedenen Färbungen, welche diese Zeitungen seit ihrer Entstehung und Auferstehung angenommen haben, lassen die Bemühungen der Redaktionen deutlich wahrnehmen, daß sie das mehrseitige Bedürfnis gefühlt und demselben Genüge ha­ ben leisten wollen: aber ebenso augenfällig ist es, daß dieser Gedanke nie vollkommen oder auf die Dauer hat ausgeführt oder festgehalten werden können. Die Politik, welche in diesen Blättern, ihrer Bestimmung gemäß, vorherrschen muß, nimmt zu vielen Raum für sich ein. Einzelne Artikel über Schul- und Kirchensachen, über Landwirtschaft und Gewerbswesen, scheinen sich gleichsam nur hineinverirrt zu haben, fühlen sich unwohl und mißbehaglich in der fremden Gesellschaft und tun, wenn sie aufgenommen werden, den eigentlichen Tendenzen dieser politischen Blätter jedenfalls Abbruch. Nun hat man zwar mehrseitig den Vorschlag gemacht, diese teils unvertretenen, teils stiefmütterlich behandelten Gegenstände als Beilagen^ zu

1 $)er „Siebenbürger Bote" erschien seit 1784 in Hermannstadt, Druck und Verlag der Martin Edlen von Hochmeister'schen Erben; das „Siebenbürger Wochenblatt" erschien seit 1837 in Kronstadt, Druck und Verlag von Johann Gött und Wilhelm Nemeth. 2 Vom Wichtigern geht die Benennung aus. 3 Als Beiblätter zum „Siebenbürger Boten" sind tatsächlich er­ schienen: 1799—1805 „Siebenbürgisches Jntelligenzblatt zum

den bisherigen Zeitungen erscheinen zu lassen. Dieser Vorschlag entsprang aus der ehrenvollen Besorgnis für die älteren be­ stehenden Blätter selbst: man meinte nämlich, die Entstehung dreier absonderlicher neuer Zeitungen dürften den Absatz der bisherigen Blätter also beeinträchtigen und die ohnehin schwache Abonnentenzahl dermaßen vermindern, daß sie sich fürder nicht würden halten können, oder, bei geschwächten Geld­ mitteln, unter die Stufe herabsinken, auf die sie sich nur jüngst mit Anstrengung hinaufgeschwungen hätten. Denn, sagen sie, je besser die Redaktionen honorieren, je mehr befähigte Ar­ beiter finden sich ein: hat nun eine Redaktion, an Abonnenten ärmer geworden, über geringere Geldkräfte zu verfügen, so sieht sie sich auch in der Lage schwächer zu honorieren. Dieses aber hat zur Folge, daß sich die besseren Köpfe einträglicheren Geschäften zuwenden. Denn, wenn irgenwo, so gilt der Spruch des Altertumes vom Zeitungswesen: Donec eris felix, multos numerabis ainicos Tempora si fuerint nubila solus eris!1 Nutzen und Vergnügen", 1828 „Notizen über die dramatischen Leistungen der Bühnengesellschaft unter der Direktion der Herren I. B. Htrschfeld und F. Herzog während der Sommersaison 1828 zu Hermannstadt", 1838—39 „Siebenbürger Bürgerblatt", 1840 bis 1849 „Transsilvania", 1840—43 „Jntelligenzblatt", 1843 bis 1854 „Amts- und Jntelligenzblatt", 1844 „Anhang zur Transsil­ vania für Landwirtschaft und Gewerbe in Siebenbürgen", 1844 bis 1847 „Deutsches Volksblatt für Landwirtschaft und Gewerbe in Siebenbürgen", 1855—57 und 1861—63 „Transsilvania", 1861 bis 1862 „Kirche und Schule". Als Beiblätter zum „Siebenbürger Wochenblatt" sind erschienen: 1837— 38 „Unterhaltungsblatt für Geist, Gemüth und Publizität", 1838- 48, dann 1851 und 1858 „Blätter für Geist, Gemüth und Vaterlandskunde", 1840-48 und 1849-58 „Satellit", 1840 bis 1843 „Stundenblumen der Gegenwart". (Emil Sigerus, Die deutsche periodische Literatur Siebenbürgens 1778—1930, Ostland, Her­ mannstadt, 6. Jg., 5. Heft, Mai 1931, S. 116 ff.) 1 Wörtlich: Während das Glück dir lacht, wirst Freunde du zählen die Menge; Wenn sich der Himmel bewölkt, findest du bald dich allein. Ovid, Tristien I 9, 5—6.

d. h. auf deutsch: So lange guter Wein und gewählte Speisen auf dem Tische sind, sei um Gäste unverlegen. Diese wohlwollende Besorgnis um die unverkümmerte Er­ haltung dieser hochverdienten Zeitungen mutz ich ehren: auch mir sind sie Nationalsache: aber diese Besorgnis selbst teile ich, meinerseits, im mindesten nicht. Denn es bleibt, selbst wenn dieser Vorschlag zur Ausführung käme, den beiden früheren Zeitungen auch fernerhin alles das belassen, was sie zu politischen Zeitungen macht, als: allgemeine politische Neuig­ keiten, Tagesereignisse im In- und Auslande und die Be­ sprechungen über die sozialen Verhältnisse im Innern des Volkes sowohl, als in Bezug auf die übrigen Landesbewoh­ ner. Derjenige Leserkreis also, welcher sie bis jetzt gehalten hat, hielt sie nicht wegen der nur mitunter einlaufenden Fach­ sachen über Schule und Kirche — Landwirtschaft und Gewerbwesen, sondern — hauptsächlich — wegen ihres allgemeinen sozialen oder politischen Inhaltes. Was der Bürger, der Bauer, überhaupt jeder bisher darinnen suchte und fand, findet er auch in Zukunft nicht minder. Darum wird er das Blatt hal­ ten später wie früher. Denn die Ankündigungen, welche diese Zeitungen ihrer halbjährigen Einladung zur Pränumeration vorausschickten, haben nie versprochen: die Landwirtschaft, das Gewerbswesen oder Schul- und Kirchensachen zum Gegenstände ihrer absonderlichen Behandlung, zur Ausgabe ihrer Bestrebungen zu machen. Ja, der Bote hat sich ausdrücklich erklärt: auf ökonomische Dinge fernerhin nicht eingehen zu wollen. Mithin ist durch das Entstehen der 3 vorgeschlagenen Fach­ blätter, also eo ipso,1 der Fortbestand der bisherigen Blätter gar nicht gefährdet. Mit diesem Bekenntnisse ist aber noch viel zu wenig gesagt, vielmehr muß überdies noch behauptet werden, daß diese 3 Fachblätter, falls sie zur Welt geboren werden, Eigenschaften in sich bergen, den bisherigen Zeitungen 1 Durch diesen Umstand an sich.

sogar noch nützlich zu werden. Durch Ausscheidung des Fremdartigen nämlich, werden sie, vors erste, dasjenige mehr sein können, was sie ihrer Natur nach sein sollen: vors zweite, werden die Fachblätter, durch Befriedigung der speziellen In­ teressen der einzelnen Stände, in vielen Leuten die Lust zum Lesen wecken, sie dadurch auch in die Regionen des ander­ weitigen Volkslebens einführen, zum Lesen also auch politi­ scher Zeitungen bewegen und anreizen, welche, ohne die Rei­ zung durch Befriedigung des Fachinteresses, schwerlich sonst bewogen worden wären, ein derlei Blatt je in ihrem Leben in die Hände zu nehmen. Denn leider gibt es noch unter Ge­ bildeten und Ungebildeten, auch Halbgebildeten, eine große Menge,die zu den Vätern versammelt werden,ohne etwas mehr gelesen zu haben, als sie gemußt haben. Der Bauer liest über sein Fach, so zu sagen, gewöhnlich nichts. Das gleiche gilt von dem größten Teile der Gewerbswelt, und von den Gebildeten trifft man noch viele an, die nach beendigten Studien oder mit Eintritt ins Berufsleben jedes fernere Lesen auf der Seite lassen, und von ihrem Volke, von ihrem Vaterlande und Kirche, von ihrem Geschlechte und seiner Entwicklung höchstens das erfahren, was ihnen ein Belesener nolens volens1 und gelegentlich einmal vorsaget. Wird aber in dieser Indolenz, durch Darreichung von Fachsachen, der Appetit zum Lesen ge­ weckt; so steht zu erwarten, es werde sich diese Leselust, am nächsten gesättiget, auch an die andern Gegenstände der Na­ tion, des Landes, des Staates, der Menschheit überhaupt wen­ den. Locke man den Bauersmann durch seine Zeitung gleich­ sam auf die Abc-Bank des Lesens, so ist die Bürgerzeitung für ihn schon ein Syllabisieren, und das Kirchen- und Schul­ blatt wäre das eigentliche Lesezimmer. Da ist es nun offenbar, daß ein vollendeter Abcschütze sich von selbst auf die Syllabisierseite setzet, und aus dieser Klasse werden sich immer auch 1

Mag er es mit Absicht tun ober nicht.

einige, befähigt durch Übung oder begünstiget durch Geschick­ lichkeit, von selbst zwischen die Leseschüler machen. Und so ist denn die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit vorhanden und gegeben, daß die durch Fachblätter geweckte und vermehrte Leselust auch den politischen Blättern, wie auch anderen Schrif­ ten, zugute kommen werde. Diese Weckung und Vermehrung der Leselust halte ich aber für eine sehr große Empfehlung des Vorschlages. Denn Lesen bewirkt Denken, und umgekehrt verlangt Denken nach Lesen. Lesen und Denken hat zur Krone geistige Selbständigkeit und Mündigkeit — ein Ziel, dem unser sächsisches Nationalinteresse mit beiden Händen zurudern mutz. Das spezielle Wohl unseres Volkes kann daher jeder Lichtver­ breitung nur mit heißen Wünschen entgegengehen; denn unsere soziale Stellung werden wir um so eher lösen, je mehr wir, andern leuchtend, selbst im Lichten wandeln und unserer Be­ stimmung, als Missionäre des Westens, nach Pflichten und Rechten, aufs deutlichste bewußt sind. Sind wir aber selber blind, wie wollen wir, als Beispiel, den andern den Weg weisen? — Dieser Richtung zur Lichtverbreitung, dieser Ver­ mehrung des Denkens und Lesens, durch absonderliche Fach­ blätter, werden gewiß weder der Bote, noch das Wochenblatt entgegen sein! Der Vereinigung aber dieser drei Fächer mit dem Boten und Wochenblatte, falls diese es wünschen sollten, stehen vier Gründe entgegen. 1. Würden diese Gesamtzeitungen für die Post zu dickleibig, sie schwöllen zu Heften an, zu Büchern, die, alle zu lesen, zu wenige Zeit und Lust hätten. 2. Lassen sich gelehrte Dinge, landwirtschaftliche Gegenstände und Gewerbssachen nie und nimmer in einer und derselben Schreibart behandeln, oder über einen gleichen Leisten schlagen. Der Bauer bedarf einer eigenen Sprache — einer anderen der Bürgersmann, wieder einer anderen der Schullehrer und Ge­ lehrte. In gleicher Sprache, Ausfassung und Darstellung lassen

sie sich nicht schreiben — also in einer verschiedenen? Gibt aber dann diese Bereinigung nur Ein Blatt? Sind es nicht viel­ mehr drei, nur in einem und demselben Umschlage? Was profi­ tiert denn dabei die Lesewelt? Was hat dann dieser Vorschlag für sich? 3. Auch protestiert gegen die Zusammenhäusung der Beutel, weil diese notwendig einen erhöhten Preis herbeiführen mutz, für jeden, der sie hält, und nicht, wie im andern Falle, blotz für den, der sie alle mitsammen behalten wollte. In einem solchen vereinigten Blatte wären eigentlich viererlei Dinge ent­ halten: 1. Politik, oder die bisherige Zeitung; 2. Schul- und Kirchensachen; 3. Gewerbsgegenstände und 4. Landwirtschaft­ liche Dinge. Von dem übrigen Zugehör, das in diesen Zei­ tungen wie in jedem Schneiderkonto obendrein erscheinet, schweige ich der schönen Leserinnen wegen, die, weil selbst süß, des Naschwerks und der Zuckerbäckerei nirgends entbehren wollen. Von diesen genannten vier Teilen kann der Bauer, seines Kopfes und der Abfassung des Blattes wegen, nur den einen verstehen, der absichtlich für ihn geschrieben worden. Die drei andern wären für ihn so gut als nicht vorhanden. Demohnerachtet müßte er sie alle vier bezahlen. Wie es dem Bauern, der Schreibart und seines Verständnisses wegen, erginge, so ginge es sowohl ihm als den übrigen Ständen in Betreff des Interesses. Bon den vier Teilen interessierte einer etwa, aber doch müßten alle vier bezahlet werden. D. h. mit dürren Worten: Man trinke 1 Seitel, muß aber die ganze Maß be­ zahlen. Wird diese vierfache Kreide viele Gäste herbeiziehen? 4. Sobald eine der beiden Zeitungen zu ihrem Hauptstoff noch die Fachstoffe, als Beilage, in sich aufnehmen würde, würde auch die andere nicht säumen den gleichen Weg einzu­ schlagen. Dadurch aber könnten beide sich nur schaden. Denn, wer bis jetzt beide hielt, hätte dann an beiden zu viel, da jede viermal mehr enthielte als jetzt. Was folgt aus diesem? Die Vereinigung der fraglichen Fach-

gegenstände mit den bisherigen politischen Zeitungen ist untun­ lich, weil unrätlich. In Folge dessen bleibt nur der eine Weg noch übrig: Ausscheidung der Fachgegenstände und Absonde­ rung in einzelnen Blättern, angemessen dem Gegenstände und der Fassungskraft derjenigen Leser, für welche das Blatt bevechent [!] wäre. Jedem Stande bietet alsdann das Fachblatt dasjenige an, was ihm zusagt, für ihn gehört, ihn interessiert. Derjenige, welcher ein Mehreres aus einem andern Fache zu lesen ein Verlangen trägt, kann sich auch die andere Fach­ zeitung anschaffen, welche seinem Bedürfnisse entgegen kommt: immer aber nur das lesen und bezahlen, was er wünscht und — was er versteht. Diese Präambulen haben vorausgeschickt werden müssen, teils um die Absonderung in einzelne Blätter nachzuweisen, teils um die Befürchtungen, wegen der zwei älteren Zeitungen, als grundlos darzustellen. Nun dieses geschehen ist, schreiten wir desto unbehinderter zu unserm eigentlichen Vorschlage und dessen näherer Auseinandersetzung. Bei der Gründung aller Zeitschriften aber hat man sich meines geringen Dafürhaltens, im voraus 2 Fragen zu be­ antworten: A; hat das Blatt hinlänglichen Stoff? B; wird es Absatz, hinreichenden, finden? Es sei mir erlaubt den angedeuteten Vorschlag zu den 3 neuen Zeitblättern aus diesen 2 Gesichtspunkten etwas näher zu betrachten, und jede der 2 Vorfragen für die einzelnen Zeit­ schriften insbesonders zu beantworten. A. Stoff 1. Anbelangend den Stoff zum Schul- und Kirchenblatt, so ist derselbe so unermeßlich, daß ihm derselbe nie ausgehen würde, sollte das Blatt auch bis zum Ende aller Theologie, nämlich bis zum jüngsten Tage, fortgeführt werden. Den ersten, allgemeinsten, aber kleinsten Abschnitt bilden die merkwürdig-

sten Erscheinungen des Christentumes in der ganzen Welt, hauptsächlich im protestantischen Deutschland, mit dem unsere Schule und Kirche so innig zusammenhängt. Einen zweiten, schon größeren Abschnitt füllen die kirchlichen und Schulstände unseres eigenen gesamten Vaterlandes. Das Interesse wächst, wird größer: denn die Berührung ist näher. Nehmen wir nur das Schul- und Kirchenfach der 4 Nationen und 5 Konfessionen des Landes — welche Ausbeute ist nicht da zu machen? — Die Hauptsachen hievon zu wissen, schickt sich doch, daß sie der Fachmann wisse: denn es steht schlecht, unbewandert zu sein im Auslande und ein Fremdling zu sein in der Heimat. Den letzten Teil oder die Hauptsache bezieht die Schul- und Kirchenzeitung aus der Mitte der Nation selbst, aus dem Sachsenlande, und dies V. R. SB.1 Denn die Färbung soll nicht so allgemein, so schwebend sein, daß es erst erraten werden müßte, für welche Leser das Blatt eigentlich bestimmt und geschrieben sei. Das fragliche Blatt soll kein universelles und allgemeines, sondern ein provinzielles besonderes und in specie2 ein siebenbürgischbeutsches sein. Hieher gehören, um nur einiges anzuführen: Oberkonsistorialerlasse — Superintendentialanordnungen — Synodalbeschlüsse — Kapitelsverhandlungen — Schulkonfe­ renzen und von da herunter bis zu den merkwürdigern Er­ scheinungen im einzelnen Ortskonsistorium und der Dorfschule — Schulprüfungen — Konduitenlisten unserer Theologen in Wien,3 welche vom Allhsten Hofe eben zur Veröffentlichung eigends herabgesendet werden. — Lektionsverzeichnisse — Schü­ lerzahl — Bauten — Salarien — Totenlisten und Beförderun­ gen — Kirchengut — Almosensammlungen u. s. w. Dieses alles begreift erst nur das Geschehene, das Wirkliche: wo sind noch 1 Von Rechts wegen. 2 In Sonderheit. 'Die sächsischen Theologen durften in der Zeit der Reaktion 1819 bis 1841 nur an der evang.-theol. Fakultät von Wien studieren. Stehe auch II, 12.

die Bestrebungen im Idealen, das Bemühen, Gedanken ins Leben einzuführen und Wünsche zu verwirklichen, Vorschläge zur Tat zu machen? Schon dieser letztere ideelle Teil, der mit­ unter stückweise in den bisherigen Zeitungen auftauchte, ver­ mag alle Spalten zu füllen. Verschlossen bleibet hingegen das Blatt allen Angriffen auf andere Religionsbekenntnisse, wenn sie auch nicht unter dem Schutze der Staatsgesetze stehen, ebenso allen Angriffen auf die eigene Kirche und ihre Diener, wie allen Persönlichkeiten. Sollte es gelingen, den geeigneten Mann an die Spitze des Unternehmens zu stellen, so würde der überströmend zu­ fließende Stoff Auswahl genug darbieten. Ist die Redaktion so glücklich, durch Weisheit und Klugheit sich des Vertrauens der Oberen zu bemächtigen, so werden Mitteilungen höheren Ortes nicht mißfällig aufgenommen werden: ja, wenn Wün­ schen und Hoffen nicht zudringlich erscheinet, könnte ein solches Blatt zugleich zum Amtsblatt dienen, worauf zwar in nächster Zeit nicht zu rechnen ist. Habe ich recht gehöret, so beabsichtigen die Lehrer unserer Hauptschulen einen Austausch von Ansich­ ten, Wünschen und Erfahrungen, um sich miteinander in ihren Bestrebungen näher zu rücken, und das gesamte Schulwesen, durch nähere persönliche Berührungen, zu einem gemeinschaft­ licheren und einheitlicheren zu machen. Sollte dieser schöne Gedanke einer geistigen Vereinigung unserer durch schroffe Promotionskreise auseinander gehaltenen Schulen zu Stande kommen, so wäre dem dann vorhandenen Bedürfnisse gegen­ seitiger Mitteilung dieses Blatt, wie ich wohl annehmen darf, ein dienstbereites, willkommenes Organ. Dem Blatte selbst wird es aber, auch ohne diese neuhinzugekommene Hoffnung, an Stofs gewiß nicht fehlen, um etwa wöchentlich 1—2 Bogen, mit genießbarer Kost, zu füllen. 2. Schreiten wir nun zum Stoss für das Gewerbsb l a t t oder die Bürgerzeitung. Auch hier kann keine Verlegen­ heit, aus Mangel an Stoff, eintreten. Was geben nur die im-

mer neuen Entdeckungen im Gewerbswesen für eine Fülle Materialien her? Was tut aber unseren Gewerben auch mehr Not» als die Erkenntnis der Fortschritte» welche das Ausland hierinnen bereits gemacht hat und noch täglich machet? Was kann ihnen aber auch zuträglicher sein» als solche Mitteilun­ gen, die jeden $orteI1 *zum Gemeingut machen? Die Regierung läßt ja in weiser Berechnung diejenigen Patentierungen, deren Privilegiumszeit verlaufen ist, öffentlich bekannt geben. Durch das Privilegium sicherte sie auf einige Zeit dem Erfinder den ausschließlichen Vorteil der Benutzung, als Belohnung seines Verdienstes — dann aber wird es öffentlich bekannt gemacht und Nachahmung jedem freigestellt. Unser Gewerbswesen steht aber mit dem Auslande nicht auf gleicher Linie, um von allen neuen und neuesten Erscheinungen im Gewerbswesen sogleich Gebrauch machen zu können. Gar vieles, was anderwärts eine alte Sache ist, ist bei uns noch nagelneu. Solcher bewährter Erfahrungen viele sind aber bereits aus der geheimnisvollen Werkstätte ihres Erfinders in Journale und Gewerbbücher übergegangen und erwarten nur ihren Mann, der sie bei uns einführte, auf die Art und Weise, wie es die Zustände unserer eigentümlichen Gewerbe eben erfordern. Denn ein bloßes Abund Ausschreiben tut es gewiß nicht allein. Man muß wissen, wo man anknüpfen soll, was und wie man anknüpfen soll. Dieses ist nun hauptsächlich der Beruf derjenigen, welche durch Reisen im Auslande oder durch Studium am weltberühmten Polytechnischen Institute zu Wien das Hier und das Dort ha­ ben kennen gelernt. Insbesondere haben diese Aufgabe die Herrn Apotheker, die durch ihre Standesbildung zu dieser Ver­ mittlung die geeignetsten Personen sind. Sie sind, ex professo,3 die Bildner der Gewerbe, die Fahnenträger der technischen Kultur. Denn durch das Studium der Chemie, die im Gewerbs1 Nortel, mundartlich für Vorteil, vorteilhafter, geschickter Handgriff.

- Ausdrücklich.

wesen neuerer Zeit eine Rolle spielt wie nie zuvor und keine sonst, gehen sie voran in allem Verständnis. Kein Brotvorteil heißt sie sihres Einsicht unter den Scheffel stellen, ihre Ehre ists sich nützlich zu machen. Die Zeit aber, solche Lehren anzuneh­ men, scheint bereits eingetreten zu sein. Ist etwa der Kronstädter Gewerbsverein^ und der Hermannstädter Bürgerverein? kein Zeichen dieser Zeit? — Legt nicht schon ihre Entstehung das öffentliche Bekenntnis ab: wir bedürfen der Zusammen­ wirkung zum Fortschritt! Ist aber einmal dieses Bedürfnis allgemeiner gefühlt wie dermalen noch, so werden auch diese Vereine tatsächlicher und werklicher aus das erkannte Ziel los­ gehen und manches veranlassen, beantragen und besprechen, was in einem solchen Blatte aufbewahrt und veröffentlicht zu werden verdient. Ich stelle mir gar zu gerne unter diesen Vereinen eine Gesellschaft von Gewerbsfreunden vor, die in ihrer Kunst vorwärts streben und das gemeinschaftlich zu be­ wirken suchen, was dem einzelnen schwer fällt oder unmöglich ist. Diese Vorstellung, wenn sie die richtige ist, treibt den Verein von selbst, sich entweder selbst ein Organ zu erschaffen, oder ein bereits vorhandenes zu benützen, um ihrer Gemeinnützigkeit, durch Veröffentlichung, die ausgedehnteste Wirksamkeit zu ge­ ben. Ja, äfft mich nicht die Vorliebe, so kann das Vorhanden­ sein eines solchen Organes die nähere Veranlassung sein, die Tätigkeit dieser Vereine dahin zu lenken: so wie oft eine Reise nur gemacht wird, weil sich eine so bequeme Gelegenheit dar­ bietet, die unterblieben wäre, wenn diese sich nicht vorgefunden. Als Stoffe aber des Gewerbblattes oder der Bürgerzeitung bieten sich von selbst dar: Einschlägige Gubernialverordnungen über Gewerbs- und Zunftsachen des ganzen Landes — bezüg­ liche Abänderungen und Umgestaltungen — Besprechungen und Beratungen über Gewerbsgegenstände in allen Beziehungen — Zunftprozesse — Landtagsstimmen über Zünfte — Verbes'Gegründet 1841.

? Gegründet 1840.

serungen — Ereignisse in der Gewerbswelt — Wachstum und Abnahme — Absatz und Verkauf — Jahrmärkte und Preise — Wege — Fuhrlohn — Standgeld — Maut usw. usw. Dazu Ab­ handlungen zur Belehrung, Aufmunterung, Warnung usw. usw. Gesellenwesen — Lehrlingsgesuche — Merkwürdige Er­ scheinungen im Gewerbsfache — Altschiffahrt — Rübenzucker, Stearinkerzen — Schwefelsäure — Nachrichten aus der Han­ delswelt — Tarife — Preis-Courrante^ — Wechselgerichte — Kurse — Fallimente — Lizitationen — Pachtungen — Spar­ kassen — Leihhäuser — Berichte über Veränderungen in Pa­ piermühlen — Glashütten — Brennereien von Bier und Branntwein — Anträge — Gesuche usw. usw. Wahrhaftig Stoffes genug, ja übergenug um wöchentlich 1—2 Bögen, ohne Verlegenheit, zu füllen. 3. Endlich wäre noch der Stoff für die land WirtschastlicheZeitung oder für das Bauernblatt auszuwei­ sen! Wo soll ich da anfangen, wo aufhören? Nehmen wir ihn ohne alle Wahl, wie er sich darbietet. Da ist kein Griff, da ist kein Tritt in der Bauernwirtschaft ohne Wert, ohne Bedeutung, wo das Nachdenken nicht erfordert, die Aufmerksamkeit nicht belohnt wird. Wie einfältig man auch das Bauernwesen verschreiet, so kunstfähig ist doch der Betrieb. Wahr ist es freilich, um ein schlech­ ter Bauer zu sein, braucht er wenig mehr zu wissen, als der liebe Ochse, den er am Hörne führt — aber um ein rechter Bauer zu sein, ist es gleichfalls wahr, daß dazu mehr als 4 Lehr­ jahre gehören, die doch zur Erlernung aller städtischen Ge­ werbe ausreichen. Die Landwirtschaft ist, nach der Aussage aller, die sie verstehen, das verwickeltste, tiefsinnigste und scharfsinnigste Geschäft von der Welt. Zur rechten Betreibung gehört ein Haufen Kenntnisse — grade so viel, als wie wenn alle Gewerbe ein Mann zugleich treiben wollte. Denn in der Landwirtschaft liegen alle Teile des ganzen Nährstandes in 1 Preislisten.

den Händen jedes einzelnen Landbauers beisammen, während sich das städtische Gewerbswesen in verschiedene Gewerbsarten aufgeteilt hat. Zur Betreibung einer lohnenden Landwirtschaft gehört ein großes Stamm- und Betriebskapital — Anstren­ gung, Mutterwitz — Entbehrung. Viele Städter bedürfen ein geringes Anlagskapital, beinahe keine Werkzeuge, sind unab­ hängiger vom Einflüsse der Witterung, haben ihre Formeln, Modeln, Matzen, während der Bauer jeden Augenblick vom Wetter bestimmt wird, dies lassen, jenes vornehmen mutz — immer nach Überlegung, und, wenns recht gehen soll, nach Gründen handelnd. Eine Mehrzahl von Lasten drückt aus ihn, die einer Beseitigung fähig sind, die auch beseitiget werden müssen, wenn eine theoretische Anleitung Eingang finden soll. Ohne rationelle Belehrung und Aufklärung, sei es durch Lehre allein, sei es durch Anschauung oder durch beide, lassen sich beträchtliche Fortschritte nicht denken. Der Vater, der den Sohn lehren und unterrichten soll, ist selbst unter ebenso ungünsti­ gen Verhältnissen aufgewachsen. Wenige kommen über das Mechanische hinaus — was andere tun, tun sie nach: weder denken sie über das Warum, noch wägen sie eine Erfahrung gegen die andere ab. So traurig sieht es mit der Kenntnis un­ seres gemeinen Bauern aus, daß in vielen Fällen das post hoc1 als propter hoc2 gilt. Daher kommt es wohl, daß alle Bauern, die bei ihrem Geschäfte Überlegung anwenden, vor­ wärts kommen: haben sie sich auch nur wenig am Schuleck' ge­ wetzt, es Hilst ihnen viel. Denn nirgend ist der Kops dem Fuß und der Hand unentbehrlicher als in der Ökonomie. Daher scheinen die sehr zu irren, welche der Meinung sind, es bedürfe unser Bauernstand keiner Belehrung, er wisse so viel als er brauche. Die hauptsächlichste Last, unter der er seufzt, ist seine Vernachlässigung, daß sich niemand seiner Berufsbildung an1 Nach diesem. 2 Wegen diesem, d. h. die zeitliche Folge wird mit der ursächlichen verwechselt.

nimmt. Lesen und Schreiben ist keine Berufsbildung. Außer ihm liegen freilich auch viele Hindernisse seines Gedeihens, sei­ nes Wohlstandes — aber t n 11) nt, in seiner Selbstzufriedenheit, Gedankenlosigkeit, Unkenntnis und Mangel an Einsicht in sei­ nen Beruf liegen die mehrsten, die größten. Wenn einer und der andere in einem ganzen Dorfe auch etwas besser verstehen /immer zwar ein Glück fürs Dorf/, aber soll diese Kenntnis dem ganzen Dorfe zu gute kommen, so muß sie allgemein, Ge­ meingut werden. Nur durch allgemeine Erkenntnis des Bessern entsteht der Wunsch nach Einführung — dieser muß allgemein sein, soll es zur allgemeinen Maßregel kommen. Um nun diese Hülse von innen heraus dem Landmanne zu bringen, wird zu­ nächst als eine allgemeine Maßregel ein landwirtschaftliches Blatt, eine Bauernzeitung in Vorschlag gebracht. Schon die Vorführung verschiedener Ansichten, des Brauchs an andern Orten, der Methoden verschiedener Gegenden beweget zum Nachdenken, zur Überlegung im Verfahren. Dabei wird es ge­ wiß an Stofs nicht fehlen. Denn alles Bestehende und Gebräuch­ liche kann einer Prüfung, einer Musterung, einer Unter­ suchung, einem Vorschlag, einer Berücksichtigung unterworfen werden. Zum kurzen Beweise, wie weitläufig das Feld sei, aus welchem die Bauernzeitung ihren Stoff beziehen kann, will ich nur einige Gegenstände niederschreiben, wie sie ungesucht aus der Feder fließen. Also: Viehzucht — Rassen — Gemeinstiere — Milchvieh — Kälberzucht oder Verkauf, wo? wann? wie? — Käsebereitung — Viehsütterung, Sommers, im Winter — Stallfütterung, deren Bedingnisse — Dünger, künstlicher, na­ türlicher, Knochenmehl, Dungharnsalz, Tafö, Asche, Rasenbren­ nen — Anspannung, Zeit, Dauer — Geschirr, Wägen, Schlit­ ten, Karren, Pflüge, Eggen — Wirtschaftsgebäude — Körner­ und Futtergattungen — Verhältnis der Halm- und Hackfrüchte — Scheune, Mühle, Backtrog, Ofen — Obstgarten als zweiter Mehlkasten, Gemüsegarten — Rebbau — Weinveredlung, Weinverfälschung — Handelspflanzen — Seidenzucht — Haus-

apotheke für Mensch und Vieh — Arzneipflanzen, Giftpflanzen — Unkräuter — Gestüttswesen — Viehdiebstahl — Bäurische Vorurteile — Ausfallende Erscheinungen — Gesinde — Miß­ bräuche — Marktpreise — Berichte über Stand der Saaten, Ergebnisse der Ernte — Feldhütten — Waldfrevel — Felder­ systeme — Jahrmärkte — Hagelschlag — Feuersbrünste — Überschwemmungen — Assekuranzen — Zehntwesen — Forst­ kultur und Ziegen: Triftzwang — Knoppern — Eichelmastung — Weide und Akazie — Schädliche Insekten — Maulwürfe, Mäuse — Wolle und Felle — Ziegelbrennerei — Magazi­ nierungen — Kartoffelversorgung — Umfriedigungen — Klein­ kinderbewahranstalten — Bienenwirtschaft — Feuerlöschord­ nungen — Hopfen, Kleearten, Tabak, Lein — Olkräuter — Ma­ schinen — Witterung und Bauernregeln — Viehweide. Eine weitere Herzählung hieher gehöriger Artikel dürfte mir voraussätzlich erlassen werden. Der Heldsdorfer Bienenverein und der Schenker Verein für Obstkultur werden über diese zwei Artikel allein einige Bogen jahraus jahrein zu füllen im Stande und geneigt sein. Hier genügt es, nur so viele Gegen­ stände anzuführen um es wahrscheinlich zu machen, daß dem Bauernblatt Stoss genug zu Gebote stehen dürste, um wöchent­ lich im Sommer etwa 1 im Winter etwa 2 Bogen zu füllen. B. Absatz Da, nach dem Vorausgeschickten, den 3 Blättern Stoff nicht fehlet, so handelt es sich noch um den Abs atz. Freilich! wäre keiner, oder kein genügender, immerhin könnte das Bedürfnis dieser Zeitungen vorhanden sein, auch Stoff in Menge; es müßte doch alles unterbleiben. Ich verhehle mir die Schwierig­ keit des Absatzes nicht — aber ich halte sie auch nicht für un­ überwindlich. Will man mir ein Bild erlauben, so halte ich hiebei ebensogut ein Kamel für keinen Floh, aber — auch kei­ nen Floh für ein Kamel. Gewisse Leute setzen einen großen

Wert darein den Unglückspropheten zu machen und machen sich ein Geschäft daraus, alle Schwierigkeiten in einer Sache aufzu­ suchen. Sie können es wohl gut dabei meinen, so sagen sie, aber doch tun sie übel daran. Denn ein Abhalter vermag so viel als zehn Anhalter, und wenn es was Gutem gilt, sollten immer zehn Anhalter und kein Abhalter sein. Statt also, wenn andere an einer Last sich abmühen, sie zu heben, mit deinem Kopfe zu schütteln, lege lieber Hand an, Meister Negativus! Es tut Not, es ist nützlich, es ist möglich, vielleicht gehts — herbei ihr Hände, wir versuchen! Solche Sprache gefällt mir wohl. Wer nur das unternimmt, was sicher und gewiß ist, hat öfter die Hände im Schoße als am Werk. Es glückt man­ ches nur dadurch, daß man es versucht. Also — Willigkeit ist nicht Leichtsinn — zunächst ein Versuch über die Möglich­ keit und Wahrscheinlichkeit, diesen projektierten Blättern Ab­ satz zu verschaffen. Es sei dies das Sondierboot mit dem Senk­ blei, das dem Schiss vorausgeht. Solche Mäzene unter uns gibts nicht, die Zeitschriften, die sonst keinen oder nicht hinläng­ lichen Absatz fänden, ununterbrochen mit einer Zulage unter­ stützten, seien es auch die besten von der Welt. Es fehlt hiezu der Adel des Beutels und des Vermögens. Die Masse ist für seine Sprache und Sache noch zu wenig enthusiasmiert. Nach un­ seren Verhältnissen und Seelenzuständen kann sich dafür eine Zeitung nur dadurch ins Leben bringen und darinnen erhal­ ten, wenn sie im nächsten Interesse des Nutzens mit dem Volke steht. Ich mache mir daher auf Hochsinnigkeit und Be­ geisterung, in Veranschlagung des Absatzes, keine sonderliche Rechnung. Den Absatz begründe ich, vielmehr Wenns geht, auf den praktischen Sinn, die nüchterne Überlegung der Vorteilhaftigkeit und Nützlichkeit dieses Unternehmens fürs Volk im Ganzen, für die Ständ e int einzelnen, und für den Pri­ vaten int Besondern. Wie wir bei Ausweisung des Stoffes die Blätter einzeln vornahmen, so wollen wir auch jetzt beim Absätze verfahren,

und die mutmaßlichen Abnehmer der Blätter [bot] unseren prüfenden Blicken vorüberziehen lassen. Also: 1. Die Abnehmer des Kirchen- und Schulblat­ tes. Der Name des Blattes selbst weiset auf diejenige Gat­ tung von Lesern, auf die es rechnet und bauet, nämlich: Pfar­ rer, Prediger und Schullehrer! Ehe ich aber weiter gehe, muß ich noch für alle drei Blätter diese Bemerkung vorausschicken, daß ich einen Absatz von 300 Exemplarien für das Minimum halte, wenn das Blatt, ohne Gefahr der Verteurung und dab hier „Drohne" gemeint sein sollte?

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Programm der Schul- u. Kirchenzeitung

sich auch geneigt gezeigt, aus eigenen Mitteln für mehrere ärmere Ecclesien außerhalb des Kapitels die Beträge erlegen zu wollen. Da aber die Sitzung nicht vollzählig war, so gaben sich die Anwesenden, selbst auf den ganz unwahrscheinlichen Fall, daß die Abwesenden nicht zustimmen würden, das Wort, alsdann auch für sie einzutreten. Ebenso ward auch dieses Programm auf Unkosten des Mediascher Kapitels in Druck zu legen beschlossen, über die Anzahl der zu übernehmenden und an andere Ecclesien zu überlassende Exemplare wird seiner Zeit das Nötige verlautbaret. V. Schluß und Bitte 1. Zum Schlüsse ergeht an sämtliche Volks-, Schul- und Kirchenfreunde die gehorsamste Bitte, sich für diese Unter­ nehmung gefälligst zu verwenden und selbst zu betätigen. Hiezu können sich ja Lesekränzchen bilden, damit durch das liebliche concurrunt ut alant1 die erforderlichen 300 Exemplare ge­ deckt werden können. 2. Alle Herrn Pfarrer werden ergebenst gebeten, die sich meldenden Personen vorzumerken mit der Bemerkung, ob solche Exemplare für sie selbst, oder für irgend und welche Ecclesie geliefert werden sollten. 3. Die von den einzelnen Herrn Geistlichen des Kapitels an das Dekanat eingesendeten Pränumerationslisten mögen die Hochwürdigen Herrn Dechanten geneigtest sammeln und an den gehorsamsten Bittsteller, sobald der angeordnete rotulus in venerando2 durchlaufen ist, — aliquali modo8 be­ fördern. 4. Sobald etwas zu berichten ist, werde ich nicht ermangeln, davon Kenntnis zu geben. Meschen am 21. September 1848. St. L. Roth, eti. Pfarrer 1 Sie kommen zusammen, um zu nähren, um wohl zu tun. 2 Umgang des Bittschreibens. 3 Auf irgendeine Weise.

Inhaltsverzeichnis des 5. Bandes Vorwort des Herausgebers................................................ 7 Sprache — Schrift — Presse................................................ 9 Die zwei deutschen Zeitschriften im Siebenbürger Vater­ lands. Eine Verständigung (1842).................................. 13 An mein Volk. Ein Vorschlag zur Herausgabe von drei ab­ sonderlichen Zeitungen für siebenbürgisch-deutsche Land­ wirtschaft, Gewerbe, Schul- und Kirchensachen (1843) . . 21 Der Birthälmer Pfarrer und der lutherische Superinten­ dent ..............................................................................................52 Die Zensur, Bruchstück einer zu erscheinenden Abhandlung über Preßgesetzgebung in Siebenbürgen (1844) .... 81 Das Pflügen ..............................................................................95 Der Fruchtwechsel, oder — keine Brache mehr!....................... 100 Ihr Herrn, laßt Euch sagen, nach finstrer Nacht ist's Zeit zum Tagen! (1845).............................................................. 103 Stallfütterung und die Not als Weg dazu............................ 105 Offner Brief ins Sachsenland.................................................... 110 Bekanntgebung und freundlicher Antrag zunächst an die hochehrw. Pfarrherrn der evang. Kirche............................ 125 Nicht zu übersehen....................................................................... 134 Anzeige für Auswanderer.........................................................138 Zusatz zur „Anzeige für Auswanderer".................................142 (Zweiter) Zusatz zur Anzeige für Einwanderer nach Sie­ benbürgen ............................................................................ 145 (Dritter) Zusatz zur Anzeige für Einwanderer nach Sie­ benbürgen ............................................................................ 152 (Vierter) Zusatz zur Anzeige für Auswaderer nach Sie­ benbürgen ............................................................................ 158 Der Stand der Deutschen in Siebenbürgen............................ 167 Der Sachsengraf. Ein Erkenntnis und Bekenntnis (1846) . 193 Das liebe Vieh............................................................................ 198 Die Grundbirnen und die Schwaben......................................199

An die Leser aus dem landwirtschaftlichen Vereine (Vor­

schläge zur Begutachtung).........................................................201 Zuschrift an die Redaktion .... .... 221 sAdel — Sachsen — Rumänen)............................................... 228 Aufklärungen für Auswanderungslustige nach Sieben­ bürgen ................................................................................. 235 Die Zehndablösung auf Sachsenboden (1847)................... 263 Kurze Geschichte des Glaubens der Walachen....................... 272 Wohlfeile Geschichtsbilder fürs deutsche Volk in Sieben­ bürgen (1848) 277 Erhaltet Euch in Eueren Rechten!......................................... 294 Sächsische Tracht....................................................................... 299 Die Volksversammlung der Romanen in Blasendorf am 15./3. Mai 1848 301 Die Union und die Romanen.................................................... 307 Versuch einer Erklärung der Namen Siebenbürgen und Hermannstadt ........................................................................310 Vom Zehnden ........................................................................316 Der Sächsische Zehnden..............................................................321 Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in Anwendung auf Wahl und Besoldung der sächsischen Geistlichkeit .... 324 Die freie Presse im Dienste der evangelischen Schule und Kirche ................................................................................. 344 Mediasch und die sächsischen Gymnasien................................. 353 An eine hochwürdige General-Synode der ev. Geistlichkeit A. C. in Hermannstadt......................................................... 369 In Sachen der Schul- und Kirchenzeitung............................ 374 Programm der zu erscheinenden Schul- und Kirchenzeitung 377 Ende des fünften Bandes

Das Personen- und Sachregister sämtlicher Bände befindet sich am Schluffe des letzten Bandes

D e S

Siebenbürger Wochenblattes. 50.

Kronstadt, den rs

Ihr Herrn, laßt Euch sagen, nach finstrer Nacht ist's Zeit zum Tagen: Der Löwe ist wohl ein starkes Thier, dazu edel und klug — aber, wenn er In Fallstricke geräth, ist er doch ein Gefangener: er dehnt wohl die mächtigen Glieder, geißelt mit dem Schwanz und brüllt, daß ob seiner Stimme alle Waldbewohner beben: umsonst, die Stricke schnüren ihm dem Hals zu, die Mascheiistränge binden und fesseln die starken Füße, daß er da liegt, wie ein gefatschtes Kind in der Wiege, überwunden von Hinterlist, preisgegeben dem Gespött und Gelächter. Also ist auf Sachsenboden die eigentliche Landwirthschaft ein gefesselter und gebundener Löwe in den Stricken, Strängen und Seilen des Nomadenwesens. Der deutsche Fleiß, angewachsen an Pflug, Karst und Haue, wirft sich von einer Seite auf die andere, aber daS Nomandenwefen lähmt alle Anstrengung, die Verwick­ lungen schlingen sich immer fester, die Kraft ermattet — das Gebrüll der Wuth verliert sich ins Gestöhne der Angst, in die Klage der Wehmuth, in die Seufzer der Verzweiflung. Schon kreißt der Adler in Hoffnung der Aeyung, und der Esel räuspert sich und schickt sich zur Leichenpredigt. DaS Nomadenwesen muß unter uns aufhören, sonst ist eS aus mit denen, welche Boden besitzen und vom Bau deS Bodens leben sollen. Wir können beim Landbaue ferner nicht mehr bestehen, wenn daS No­ madenwesen nicht aufhört, wenn ferner die wilde Vieh­ zucht mit Winkelhut und Nachtfütkerung den Rahm abhebt, wenn ferner die Benützung der Allmanden (Gemeindegründe) um der Privatgürer, ohne Rücksicht auf Steuertabellen und ohne Regula societaiis, nach den Einlagen, zur Viehtrift preisgegeben wird. Ist daS nicht eine Thorheit und ein Unrecht, wenn jeder Habenichts gleichen Antheil an der Viehweide hat, so er doch zur allgemeinen Weide nichts oder nur wenig hergibt? Dieses Nomadenwesen hindert jede weitere Entwicklung und Veredlung deS Landbaues. Der Klee­ bau ist im Stande, alle Viehweide reichlich zu ersezzen: der Mist auS der Kleefütterung gibt die Kraft her Wiesen und Aecker reichlich zu düngen. Durch Aufhebung des Nomadenwesens in Aufhebung der Vieh­ weide geht dem Ackerbau der Stern deS Heiles auf: eü schlügt die Stunde der Freiheit und der Erlösung für die Benützung seines Eigenthumes. Durch Aufhe­

1845.

Juni.

bung deS Trtftjwanges werde ich meines Bodens al­ leiniger Herr: mir allein bringt mein Eigenthum die Früchte meines Fleißes und Verstandes. Wer keinen Besitz am Boden hat, gebe seine Knochen her zum Tagelohn — wenn er fleißig ist und sparsam, wird er auch zum Grundbesitz gelangen, und kann, als solcher, es dann auch so gut haben, wie ich. Während jetzt der Nomade, welcher Nation immer, in die Daumgär­ ten einbricht, die Waldungen unter der Scheere hält, die Besitzer von Weingärten zur Unterhaltung theurer Hecken und Umfriedigungen nöthiget, und wie ein lau­ schendes Raubthier nicht zum Abwehren ist, unterm Vieh zum Viebe wird — wandelt sich der Hattert in einen Garten um, mit dem freundlichen Anblick geseg­ neter Florfelder weit und breit. Der Bauer, vom No­ maden beeinträchtiget, geäugstiget, vervortheilet, be­ raubt, geplündert, mißhandelt, gehemmt und unterdrückt, muß letztlich untersinken, weil auch ein rüstiger Schwim­ mer endlich müde wird, wenn ihm nicht die Stallfüt­ terung als Nettungsseit zugeworfen wird. Ich, kein Laie ln den Verhältnissen auf Sachsenboden, weiß kein anderes Mittel für uns. Durch die Stallfütterung sind wir gerettet, ohne Stallfütterung verloren. R. in N.

Ueber daö Mangelhafte deö sächs. Wahl­ systems und dessen wünschenSwerthe Reform. (Gcfcluj )

Wie ist denn aber eigentlich das Mangelhafte und das die Freiheit so sehr Beschränkende in dem siebenbürgisch.sächsischen Wahlsystem entstanden? Der Beweggrund hiezu scheint in dem mit »2tens« bezeich­ neten Absätze der Regulativpunkte v. I. 1805 deutlich ausgedrückt zu sein. Dort heißt eS nämlich sonderbar genug, daß Se. Majestät mit gnädigster Erhörung der diesfälligen Bitten der sächsischen Publicorum, Allergnädigst gestattet haben u. s. w. Ohne die Veranlas­ sung dieser Bitten und ihre Lauterkeit erforschen zu wollen, sehen wir also, daß die letztem, die freie Wahl der Nation so sehr beschränkenden Verfassungsreformea gerade und nur über die Bitte der sämmtlichen säch­ sischen Kreise und-Distrikte in Ausführung gebracht und

Wiedergabe eines Zeitungsblattes aus dem „Satellit", Jahrgang 1845, mit dem Artikel St. L. Roth's (Zu Sette 103 dieses Bandes)