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German Pages [217] Year 2021
Jutta von Simson und Christoph von Wolzogen (Hg.)
Freundschaft und Werkstatt Der Briefwechsel zwischen Christian Daniel Rauch und Karl Friedrich Schinkel
Quellen zur deutschen Kunstgeschichte vom lassizismus bis zur Gegenwart, Band 10 K Deutscher Verein für Kunstwissenschaft e. V.
Herausgegeben von Bernhard Maaz
Jutta von Simson · Christoph von Wolzogen (Hg.)
FREUNDSCHAFT UND WERKSTATT Der Briefwechsel zwischen Christian Daniel Rauch und Karl Friedrich Schinkel
Böhlau Verlag wien köln
Der Deutsche Verein für Kunstwissenschaft e.V. wird gefördert durch die Kulturstiftung der Länder Die Drucklegung dieses Bandes wurde ermöglicht durch Zuschüsse von Katrin Stoll, München und Prof. Hans Kollhoff, Berlin & Florenz Frank C. Möller, Hamburg Dr. Joachim Winckler, Berlin sowie Prof. Jan Kleihues, Berlin Manfred Pechtold, Berlin Katharina und Christoph Sattler, München
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2021 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande ; Brill USA Inc., Boston MA, USA ; Brill Asia Pte Ltd, Singapore ; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland ; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung : Detail aus: Franz Krüger: Parade auf dem Opernplatz in Berlin (© bpk/ Nationalgalerie, SMB) Korrektorat : Constanze Lehmann, Berlin Einbandgestaltung : Guido Klütsch, Köln Satz : Michael Rauscher, Wien Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-52357-2
Inhalt
Fixiertes Gespräch : Privates und Professionelles im Briefwechsel Rauchs mit Schinkel · Bernhard Maaz. . . . . . . . . 7 Christian Daniel Rauch und Friedrich Schinkel – Bildhauer und Architekt in enger Zusammenarbeit · Jutta von Simson. . . . 13 Einführung · Christoph von Wolzogen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Briefe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Briefverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Siglen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur (Briefwechsel Rauch/Schinkel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 Personenregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
Fixiertes Gespräch : Privates und Professionelles im Briefwechsel Rauchs mit Schinkel Bernhard Maaz
Die Kunst-, Literatur- und Geistesgeschichte kann man als eine Kette von Allianzen und Begegnungen begreifen, die zu förderlicher und fruchtbarer Zusammenarbeit oder zu unvergesslichen produktiven Reibungen führte. Man denke an die Konstellation von Martin Luther und Lukas Cranach d. Ä., das Zusammenwirken von Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller oder den Austausch von Clemens Brentano und Achim von Arnim. Ein Jahrhundert später kann die Freundschaft von Franz Kafka und Max Brod genannt werden. Dabei zählt nicht nur das, was zwei kreative Menschen miteinander sprachen und schufen, sondern auch, was nicht gelang oder nicht harmonierte, denn auch in solchen Bereichen und Projekten stecken Ideen, die das schöpferische Potenzial ihrer Urheber verkörpern. Befasst man sich mit Karl Friedrich Schinkels (1781–1841) Leben und Werk, so stößt man auf zahlreiche Vorhaben, die er nie auszuführen vermochte, sei es wegen fehlender Finanzierungen seitens der Auftraggeber oder weil der gefragte und produktive Baumeister gerade zu viele und anders geartete Entwürfe realisieren musste. Das Feld der Architektur und die unrealisierten Pläne gehören – bis heute – wohl eng zusammen : Nicht alle Träume reifen, sei es aufgrund mangelnder Zeit, fehlenden Geldes, ausbleibender Übereinkunft zwischen den Beteiligten. Hier verhält es sich wie mit manchen ungedruckten Büchern anderer Sparten ; manche Idee bleibt Traum und Hoffnung und wird doch zuletzt begraben. Nicht anders erging es Christian Daniel Rauch (1777–1857), zu dessen unerfüllt gebliebenen Wunschvorstellungen die Ausführung des Frankfurter Denkmals für Goethe gehörte, das Sulpiz Boisserée zu errichten vorschlug, das aber letztendlich nicht der Berliner Bildhauer Rauch ausführte, sondern der Münchner Ludwig Schwanthaler. Ein solches Denkmalprojekt wäre der ideale Anlass für eine kreative Lösung gewesen, die Rauch und Schinkel gemeinsam hätten ersinnen können ; der eine hätte für die Figur, der andere für Standort, Sockelgestaltung und Einbindung in die Frankfurter Stadtlandschaft verantwortlich zeichnen können. Schinkel wie Rauch prägten das Berliner Stadtbild und die preußische Kulturlandschaft, ja sie beeinflussten das deutsche Denken in der Zeit zwischen
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Romantik und Biedermeier, zwischen napoleonischer Herrschaft und Vormärz, zwischen Aufbruch und Zensur. Die Jahrzehnte von etwa 1810 bis zu Schinkels frühem Tod 1841 waren von einer liberalen Bürgerlichkeit einerseits und von restaurativer Reaktion andererseits geprägt. Zwar konnte sich die industrielle Revolution nicht rasch durchsetzen, doch das Bedürfnis und die Forderung nach einer neuen, innovativen, technisch und zugleich ästhetisch anspruchsvollen Produktion war unübersehbar, dem Schinkel im Design vielfältig formvollendete Gestaltung gab. Rauch begleitete ihn dabei durch das kongeniale Augenmerk auf handwerklich saubere Ausführung seiner Werke, ja durch Bewusstmachung der besten zeitgenössischen Lösungen auch im Ausland. Es hatte sich eine neuartige Produkt-Ästhetik etabliert, die höchste Ansprüche an Handwerklichkeit und Funktionalität stellte, was über die bloße schöne Gestaltung weit hinausging, und die ein neuartiges künstlerisches Ethos verkörperte, das auf Begriffen wie Funktionalität oder Materialgerechtigkeit basierte und damit auf Respekt gegenüber den eingesetzten Materialien wie gegenüber den Menschen, die diese Objekte nutzen sollten. In diesem Umfeld hoher Ansprüche korrespondierten Rauch und Schinkel gelegentlich mit Bezug auf ihre Projekte und das Geschehen ihrer Zeit. Wenn dabei in der Anrede vom »liebsten Freund« gesprochen wird, so ist diese emotio nale Nähe ein beredter Ausdruck eines immensen Vertrauens in die Redlichkeit und Wahrhaftigkeit des anderen wie auch in dessen künstlerische Kongenialität und in das wortlose gegenseitige Verstehen, und all das ist mehr als nur eine Freundschaft. Man kann die geistige Verbundenheit von Rauch und Schinkel aus vielen Perspektiven erzählen. Darunter ist auch jene der Familie Humboldt denkbar, die von Caroline als ebenbürtiger Gemahlin Wilhelm von Humboldts oder von dessen Bruder Alexander. Ihre Lebensbahnen oszillierten zwischen Berlin, Paris und Rom, ja reichten bis Lateinamerika und Russland : Sie waren Weltbürger, wussten aber in Berlin als ihrem Lebensmittelpunkt die zusammengehörende Geistigkeit zu verbinden – durch Gespräche, Unterstützung, Briefe, Aufträge. Oder sollte man die Verbindung zwischen dem Architekten und dem Bildhauer aus ihren gemeinsamen Vorhaben heraus erzählen, von den realisierten Projekten her ? Da sind die Denkmäler und deren architektonisch oder gar figürlich gestaltete Sockel zu nennen oder die bauplastischen Arbeiten. In dem vorliegenden Buch wird die wohl nahsichtigste Annäherung gewählt ; wir lesen die behutsam kommentierten Briefe, die beide Künstlerfreunde miteinander wechselten, wir schauen ihnen also gleichsam über die Schulter und ins Privateste. Solche Briefe und deren Editionen sind im und für das 19. Jahrhundert eine unerschöpfliche, wesentliche und bedeutungsreiche Quelle. Sie spiegeln Privates und Professionel-
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les aus zeitlicher Unmittelbarkeit heraus, kurz : Sie sind fixiertes Gespräch. Das macht sie wertvoll, selbst dort, wo nur Billetts gewechselt wurden. Schwerer nachzuzeichnen wäre die Zusammenarbeit des Architekten mit dem Bildhauer aus dem Blickwinkel ihrer Arbeit für das Alte Museum, das damals das neue und recht eigentlich das erste eigenständige Museumsgebäude in Berlin war. Über dessen Architektur, Einrichtung und Beleuchtung, über die Restaurierung der Objekte und deren Aufstellung werden sie viele Worte gewechselt haben, aber das waren gesprochene, mithin sofort verflogene, ausgetauscht in der Kommissionsarbeit, in Sitzungen, Begehungen, Bemusterungen. Hier kann der beste Briefwechsel nicht mehr aushelfen ; hier ist die Forschung auf Mutmaßungen und Wissensfragmente angewiesen. Umso kostbarer wird das, was überliefert ist, obgleich man sich aller damit verbundenen Lücken bewusst sein muss. Was verband Rauch und Schinkel, sieht man ab von dem Traum, dass sie die preußische Hauptstadt prägen und gestalten wollten, dass sie höchsten ästhe tischen Normen nachgingen und die deutsche Kunst gleichsam europäisch hoffähig machten ? Schinkels kleine Autobiographie von 1825 gibt hier ein wesentliches Stichwort, indem er dort »eine gewisse rastlose Thätigkeit« benennt, »der er späterhin, da sie ihm Natur geworden, vieles zu danken hatte.«1 Es ist das preußisch-protestantische Arbeitsethos, das ihm, dem früh schon als Halbwaise aufgewachsenen Schinkel, das Leben ebenso abverlangt hatte wie im Falle Rauchs dessen Herkunft aus einfachsten Verhältnissen und dienender Laufbahn mit den Erfahrungen als höfischer Kammerdiener im Umfeld der Königin Luise von Preußen. Die Rastlosigkeit der Tätigkeit muss Schinkel mental und körperlich so stark belastet haben, dass er am Ende des sechsten Lebensjahrzehnts starb. Im Falle Rauchs hat eine ähnliche energetische Präsenz hingegen eine lange Schaffensintensität genährt, und waren es gleich acht Jahrzehnte mit Mühe und Arbeit, so war es doch unübersehbar eine gern auf sich genommene, ja sein Leben erfüllende Kreativität. Zweifellos verband die beiden befreundeten Korrespondenzpartner auch ein Umfeld, in dem geistig anregende Zeitgenossen wie Peter Beuth, aber auch Handwerker und Gewerbetreibende mitspielten und mitwirkten, Förderer und Auftraggeber motivierend agierten und auch kritisch Stellung nahmen. Doch selbst potenzielle Widersacher ließen einen Anstand walten, der wiederum auf die moralische Integrität dieser Personen verweist. Gottfried Schadow musste beispielsweise erleben, dass seine Viktorien an Schinkels Neuer Wache als bildhauerische Aufgabe letztlich marginal erschienen und als Lösung nicht befriedigend wirken konnten. Er musste zusehen, wie der jüngere Rauch ihm bei Aufträgen vorgezogen und er – als noch nicht alter Schadow – aus der künstlerischen Produktion verdrängt wurde und sich auf das akademische Amt konzentrieren
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musste. Dass daraus kein kleinstädtisches Possenspiel mit Neid und Missgunst wurde, bezeugt die ethische Höhe, die noble Haltung, die alle Beteiligten an den Tag legten. In diesem Umfeld, zu dem der Hof, die Gelehrten, aber auch Dichter und Maler sowie weitere Bildhauer wie Christian Friedrich Tieck zu rechnen sind, bewegen sich diese Briefe und ihre Gedanken. Nach dem Tode Schinkels wünschte sich der preußische König Friedrich Wilhelm IV., dass Rauch für die Vorhalle von Schinkels Museumsbau am Lustgarten ein Standbild von dessen Architekten hätte schaffen sollen, um so Schöpfung und Schöpfer in einen fortdauernden personalisierten Bezug zu bringen. Rauch schrieb dazu an seinen Schüler und Freund Ernst Rietschel, dass er davon Abstand nehme, da er das seinem »Freund Tieck welcher dessen Büste gemacht«2 nicht antun könne, »so gern ich gerade dieses theuren Freundes Bild hergestellt hätte«3 : Auch ein solcher Verzicht spricht von einem geistigen Klima, das Anstand und Wertschätzung über Auftrag und Ansehen stellte. Das Bild einer Persönlichkeit erweist sich aus ihrem Schaffen wie aus den Schriftdokumenten von ihr und mitunter über sie. Für viele Künstler des so schreibintensiven 19. Jahrhunderts ist gleichwohl die Zahl der Quellen klein. Von August Kiss, dem Schöpfer der »Amazone« auf der Treppenwange von Schinkels Altem Museum, existieren nur wenige bekannte Briefe ; und von Theodor Kalide, dem Bildhauer der faszinierenden »Bacchantin auf dem Panther« in der Berliner Nationalgalerie, gibt es minimale schriftliche Überlieferung.4 Umso wichtiger ist die Fülle dessen, was aus Schinkels Feder vorliegt, obgleich vieles davon in den Bänden des Schinkel-Werks verstreut zitiert ist, und vor allem, was man an veröffentlichten Korrespondenzen Rauchs kennt. Diesbezüglich war das letzte Vierteljahrhundert ausnehmend fruchtbar hinsichtlich der Quelleneditionen. Deren Relevanz wird immer sichtbarer – besonders in einer Zeit, da Theoriebildungen in bestimmten Bereichen der Wissenschaftsgemeinschaft höher gewertet und enthusiastischer gefördert werden als die Grundlagenforschung. Gerade aus dieser oft empfundenen Nachrangigkeit der Quellen im Bereich der Forschungsförderung entspringt die Aufgabe des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, dass von hier solche Materialien bereitgestellt und erschlossen werden. Beim Rück- und Überblick der zu Christian Daniel Rauch verfügbar gemachten Quellen steht nicht zufällig die 2020 vorgelegte, grundlegende Edition der Korrespondenz zwischen Rauch und Ernst Rietschel an erster Stelle. Die noch im späten 19. Jahrhundert gedruckte erste Ausgabe war vergriffen und selbst in Antiquariaten kaum zu finden ; nun gibt es mit den beiden voluminösen Bänden eine grundlegende Veröffentlichung dieser ausnehmend wichtigen Korrespondenz.5 Andere Veröffentlichungen waren vorangegangen, namentlich folgende Bände (hier in der Reihenfolge ihres Erscheinens) : Zunächst erschien die handliche
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Ausgabe der Familienbriefe, in denen Rauch, der solitäre und produktive Junggeselle und vielfältige Gesellschaftsfreund, sich doch zugleich als sorgender und kommunizierender Sohn und später als umsichtiger Vater erweist.6 Der Briefwechsel Rauchs mit Caroline von Humboldt ist zwar asymmetrisch überliefert, dadurch aber nicht minder weitreichend wertvoll.7 Die ebenfalls zuvor unpublizierten Briefe, die Rauch und Alexander von Humboldt wechselten, wirken zwar gleichermaßen lückenhaft überliefert, sind aber für den Kulturaustausch der ersten Jahrhunderthälfte nach Napoleons Abdankung signifikant.8 Nicht weniger grundlegend ist die Korrespondenz Rauchs mit Goethe, die neu herausgegeben und kommentiert wurde.9 Hier schließt sich der Kreis zu den eingangs angestellten Überlegungen, wie die künstlerischen Größen – Schinkel wie Rauch – im Kontext ihrer Zeit und im Kreis ihrer Kontaktpartner als leuchtende Mittelpunkte wirkten. Ein sehr herzlicher Dank des Reihenherausgebers gilt den beiden Autoren dieses Buches, die über lange Zeit an der Edition gearbeitet und ihr jeweiliges umfassendes Wissen eingebracht haben. Jutta von Simson hat zahlreiche Bücher zu Christian Daniel Rauch und zur Berliner Bildhauerschule veröffentlicht, darunter sowohl das Werkverzeichnis Rauchs als auch die bereits erwähnte Korrespondenz mit Caroline von Humboldt. Christoph von Wolzogen, Verfasser einer 2016 publizierten zweibändigen Schinkel-Monographie10, ist als Nachfahre Schinkels mit der Materie bestens vertraut und ebenso als Philosoph mit dem geistesgeschichtlichen Umfeld. Das freundschaftlich-forschende Zusammenwirken beider Autoren war eine ideale Basis für diese Edition. Herzlicher Dank gilt ferner den Archiven in Krakau und Berlin für ihre hilfreiche Unterstützung und Bereitschaft zum Abdruck der Briefe. Großer Dank gilt auch den Hauptsponsoren, darunter Katrin Stoll vom Auktionshaus Neumeister, deren großer Finanzbeitrag allen weiteren ergänzenden Einwerbungen zugrunde lag. Die Architekten Hans Kollhoff, Manfred Pechtold und als vermittelnder Unterstützer Christoph Sattler wandelten ihre Liebe zu Schinkel ihrerseits in Finanzbeiträge um. Auch Frank C. Möller in Hamburg gehörte zu den engagierten und damit ermöglichenden Helfern. Ihnen allen gilt unser herzlicher Dank. Schlussendlich ist Dorothee Kemper sehr herzlich zu danken, die alle administrativen Schritte im Vorfeld der Drucklegung mit stets großer Sorgfalt verlässlich und rasch begleitete und besorgte. Ferner ist dem Verlag zu danken, der in bewährter Zusammenarbeit das Buch beherzt, rasch und qualitativ in bewährter Weise realisiert hat. Es freut uns schlussendlich, dass mit diesem zehnten Band der offenen Reihe zugleich innerhalb nur weniger Jahre ein weiterer erscheinen kann. Sie alle tragen der Haltung des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft Rechnung, dass die Grundlagenforschung in Gestalt von Quellen- und Corpuswerken eine fort-
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dauernde, elementare und zutiefst ehrenvolle Aufgabe ist, indem hier die verlässlichen Fakten und Zusammenhänge ablesbar werden, ohne die die kunsthistorische Forschung der verbindlichen Basis verlustig ginge. Bernhard Maaz Stellvertretender Vorsitzender des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft Reihenherausgeber der Quellenschriften zur Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts
anmerkungen 1 Hans Mackowsky (Hrsg.) : Karl Friedrich Schinkel. Briefe, Tagebücher, Gedanken, Berlin 1922, S. 26. 2 Jutta von Simson, Monika von Wilmowsky (Hrsg.) : Christian Daniel Rauch und Ernst Rietschel. Der Briefwechsel 1829–1857, Bd. 1–2, Wien/Köln/Weimar 2020, hier Bd. 1, S. 586. 3 Ebd. 4 Bernhard Maaz : Die Skulptur in Deutschland zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg, Bd. 1–2, Berlin/München 2010, Bd. 2, S. 584–553. 5 Simson/Wilmowsky 2020, Bd. 1–2. 6 Monika Peschken-Eilsberger (Hrsg.) : Christian Daniel Rauch. Familienbriefe 1796–1857, München 1989. 7 Jutta von Simson (Hrsg.) : Caroline von Humboldt und Christian Daniel Rauch. Ein Briefwechsel 1811–1828, Berlin 1999. 8 Bernhard Maaz (Hrsg.) : Weltmann und Hofkünstler. Alexander von Humboldts Briefe an Christian Daniel Rauch. Kommentierte Edition, München/Berlin 2007. 9 Rolf H. Johannsen (Hrsg.) : »Mit vieler Kunst und Anmuth«. Goethes Briefwechsel mit dem Bildhauer Christian Daniel Rauch, Göttingen 2011. 10 Christoph von Wolzogen : Karl Friedrich Schinkel. Unter dem bestirnten Himmel, Bd. 1–2, Frankfurt am Main 2016.
Christian Daniel Rauch und Friedrich Schinkel – Bildhauer und Architekt in enger Zusammenarbeit Jutta von Simson
Als Christian Daniel Rauch als königlich preußischer Stipendiat im Januar 1805 in Rom eintraf, hatte Karl Friedrich Schinkel nach mehr als einjährigem Aufenthalt bereits Italien verlassen und befand sich nun in Paris.1 So kannten sich Rauch und Schinkel nur vom Hörensagen, denn persönlich waren sie sich zuvor weder in Berlin noch in Rom im Hause des beim Heiligen Stuhl akkreditierten preußischen Gesandten Wilhelm von Humboldt begegnet. Das Ehepaar Caroline und Wilhelm von Humboldt führte ein offenes, gastfreies Haus, das im Palazzo Tomati auf dem Pincio den Mittelpunkt eines großen Künstler- und Gelehrtenkreises bildete, in dem Diplomaten, Archäologen, Schriftsteller und Künstler sich trafen und das vor allem jungen, gerade in der Ewigen Stadt eingetroffenen Malern und Bildhauern die Möglichkeit bot, einflussreichen Förderern zu begegnen. Schinkel war mit ebenso großem Interesse und Wohlwollen von dem gastlichen Diplomatenpaar aufgenommen worden wie viele andere Künstler auch.2 Als Rauch zunächst als scheuer Rom-Ankömmling in die für ihn so hilfreiche und gastfreundliche Obhut der Humboldt-Familie kam,3 wird er Lobendes über den ihm noch unbekannten Architekten Schinkel gehört haben. Wie Rauch sollte auch Schinkel sein Leben lang engen Kontakt zu den Humboldts halten, deren Landhaus in Tegel er zwischen 1820 und 1824 – nun in enger Zusammenarbeit mit dem inzwischen zum Freund gewordenen Rauch – zu dem erlesenen familiären Humboldt-Schlösschen umbaute. Gemäß dem Motto »Bildung durch Anschauung«4 hat es bis in die heutige Zeit sein geistiges Flair und seinen privaten Charme bewahrt. Viele Jahre später, am 5. März 1841, findet sich in Rauchs Tagebuch folgender, nicht ohne Wehmut verfasster Vermerk : »[Heute] waren es volle dreißig Jahre daß ich nach fast 7 Jahren auf den Ruff des Königs zur Mitkonkurrenz des Denkmals der Hochsel. Königin Luise wieder in Berlin eintraf, Agnes5 als ein niedlich liebes Kind wiedersah, und an demselben Tage Schinkel kennen lernte welcher im Jahr 1804 Rom verlassen als ich im Januar 1805 daselbst eintraf, und nun schmerzlich wie einen abgeschied. nun durch seine 6 Monathl. Krankheit betrachten muß.«6 Es war also im März 1811, dass die beiden aufstrebenden Künstler, die in den kommenden Jahren auf Geheiß des Königs Friedrich Wilhelm III. von Preußen das Gesicht der Stadt Berlin künstlerisch maßgeblich prägen sollten, sich erstmals persönlich begegneten.
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Im Jahr zuvor, am 10. Juni 1810, war Preußens geliebte Königin Luise nach kurzer schwerer Krankheit verstorben, ein bestürzendes und unfassbares Ereignis für die königliche Familie, für die preußische Bevölkerung und nicht zuletzt für ihren in Rom inzwischen als Bildhauer nicht mehr ganz unbedeutenden einstigen Kammerdiener Christian Daniel Rauch. Es ist bekannt, was nun geschah : Wie Rauch durch Protektion Wilhelm von Humboldts gegen hochrangige Mitbewerber wie Johann Gottfried Schadow, Antonio Canova und Bertel Thorvaldsen durch den preußischen König den Zuschlag erhielt, das Grabmal von dessen allgemein verehrter Gemahlin auszuführen.7 Mit Entwürfen zur Liegefigur der so jung Verstorbenen reiste Rauch nach Berlin, wo er erstmals Schinkel begegnete, der bereits mit romantischen Plänen zu einem Mausoleum mit dem Grabmal für die Königin beschäftigt war.8 Später, als der in Carrara vollendete Sarkophag mit der Liegefigur Luises und mit den beiden ihn flankierenden großen Marmorkandelabern von Rauch und Friedrich Tieck, nach Entwurfszeichnungen Schinkels9 ausgeführt, im Charlottenburger Mausoleum im Beisein Rauchs aufgestellt wurde, habe Schinkel nach Aussage von Friedrich Eggers – Rauchs erstem Biographen – sich nicht sattsehen können »an der Schönheit der Anordnung und der vollendeten Ausführung. Der architektonische Freund findet plötzlich recht augenfällig neben sich die ebenbürtige plastische Kraft für die Verwirklichung des großen Gedankens seines Freiheitsdomes10 und der umfassenden Pläne, die sich für die gesammte Kunstübung daran knüpfen […]. Auf diese schöne und grandiose Weise«, wie Eggers pathetisch fortfährt, »erfaßten beide Männer die Friedensaufgabe des neuerstarkten Nationalgeistes, wodurch sie sich angeregt und berufen fühlten, von dem Hochgefühl ihrer Nation in unvergänglichen Werken der Kunst Zeugniß abzulegen.«11 Die allgemeine Bewunderung über den Luisensarkophag bedeutete für Rauch den Beginn seiner künstlerischen Karriere in Verbindung mit einer angesehenen gesellschaftlichen Stellung, die ihm zu zahlreichen Aufträgen und zu enger Zusammenarbeit mit Schinkel verhalf. Diese Kooperation war von höchstem Wohlwollen des Königs begleitet, dem die Tätigkeit der beiden »Herzenssache«12 war. Gemeinsam und in patriotischer Begeisterung über die siegreichen Befreiungskriege begannen Architekt und Bildhauer in den Jahren nach 1815, auf Geheiß Friedrich Wilhelms III., das Berliner Stadtbild künstlerisch umzugestalten. Ein mächtiger (neo-)gotischer Dom als vaterländisches Monument des Dankes für den errungenen Sieg über Napoleons Fremdherrschaft sollte auf Wunsch des Königs nach Plänen Schinkels unter Mithilfe Rauchs, der für den skulpturalen Schmuck verantwortlich gewesen wäre, entstehen und sich nach Schinkels Vorstellung frei und eindrucksvoll vor dem Potsdamer Tor nahe Berlins Innenstadt erheben. Am 7. Januar 1815 schrieb Rauch an seinen Kollegen Friedrich Tieck nach Carrara : »[…] laut Ordre des Königs wurde Schinkel aufgetragen,
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einen prächtigen Dom, Dankdenkmahl für Preußen in Berlin zu errichten, Entwürfe zu liefern, in 30 Jahren zu vollenden und alle Kräfte darauf zu verwenden, welche sonst in den anderen Straßenverzierungen verwendet würden, Schinkel hat einen herrlichen Entwurf geliefert, im gotischen Styl und erwartet des Königs Ankunft.13 Außer der Fenstermalerei keine andere, sonst aber Bildhauerei, aber wirklich herrlich erfunden. Der König will das Spittelkirchviertel dazu kaufen, um Platz zu bekommen. Schinkel will aber mehr Platz mit dem Potsdamer Thorplatz auch heraus ins Freie die Stadt erweitern und dort den Dom aufstellen. Die Länge wäre 500 hiesige Fuß14 das Joch des Schiffes höher als des Schlosses, wie [?] ein Thurm, die Kuppeln wie die des St. Baptisteriums in Pisa angesetzt. Prächtig sind auch alle Fürsten des Hauses Brandenburg zu Pferde äußerlich angebracht.«15 Dazu kam es aus Kostengründen nicht, übrig blieb schließlich die Idee zu einem eisernen Siegesmal auf dem Kreuzberg, das nach Schinkels Entwurf in seinem gotisierenden architektonischen Aufbau zwölf überlebensgroße Statuen als Verkörperungen der bedeutenden Schlachten der Freiheitskriege aufnimmt. Diese Allegorien wurden von Rauch und seinen beiden Freunden und Kollegen Friedrich Tieck und Ludwig Wichmann modelliert.16 1816 entwickelte Schinkel in Zusammenhang mit seinen Entwürfen für die Neue Wache auch den Lageplan einer Denkmalstraße entlang der Linden17, in der auf würfelförmigen Postamenten Denkmalstatuen aufgestellt werden sollten. Als deren Anfangs- und Endpunkte waren ein längsrechteckiges Postament mit einem Reiterdenkmal Friedrichs des Großen, begleitet von seinen bedeutendsten Feldherren zu Pferde,18 und das bereits vorhandene Denkmal des Alten Dessauer von Johann Gottfried Schadow vorgesehen.19 Zur vollständigen Verwirklichung dieses Gesamtentwurfs kam es zunächst nicht, doch einen Anfang machten die beiden Feldherren-Denkmäler für Friedrich Wilhelm von Bülow und Gerhard Johann David Scharnhorst, mit deren Ausführung Rauch betraut wurde,20 während Schinkel, wie von nun an häufig, die architektonische Gestaltung der Sockel übernahm oder doch wesentlich mitbestimmte.21 An Caroline von Humboldt schrieb Rauch am 10. Juni 1816 : »Schinkel hat mir nach Schlüter ein wunderschönes Piedestal dazu angegeben. Statue und Piedestal wird nicht niedriger als 24 Fuß werden können, also ein Coloss. Eine schöne Lehre für die angehenden Bildhauer.«22 Das ursprünglich vorgesehene Verhältnis 1 :1 von Statue und Sockel hatte Schinkel inzwischen verändert, indem er den Sockel in angepasstem Maßverhältnis zur Neuen Wache als großen glatten Würfel über einem ausladenden, fünffach gestuften Absatz auf eine Höhe von etwa 4,85 m verdoppelte. Somit wären die beiden die Wache flankierenden Feldherren-Standbilder weithin sichtbar gewesen. Doch nach einem Besuch beim König am 22. März 1819 musste Rauch zu seinem Leidwesen erfahren, »daß die Monumente 7 Fuß niedriger werden sollten als Schinkel und ich solche angegeben hatten«23 und dass die Sockel-
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höhe24 somit nur noch knapp 2,70 m betrug. Ob es dem sparsamen König um die Verminderung der Materialkosten ging oder ob die Reduzierung der Sockelhöhe ideologische Gründe hatte, lässt sich nicht sagen. Wollte er die nicht fürstlichen Personen weniger emporgehoben sehen, oder wollte er die Entrückung in die Höhe mildern, um seine Militärs dem Volk nahezubringen ? Nach Rusche sah Schinkel im Übrigen den »quadratischen Grundriß als den einer Figurenreihung angemessenen Typus« an, wie ihn die »1819 von ihm entworfene Schloßbrücke mit den die Brückenjoche betonenden, hochaufragenden Postamenten für die Marmorgruppen von Viktorien und Kriegern« zeigt.25 Von Schinkel selbst noch als Denkmäler für die Befreiungskriege gedacht, stehen die auf der Brücke jedoch erst wesentlich später von Rauchs Schülern entwickelten Gruppen noch in engem inneren Zusammenhang mit den insgesamt fünf im Laufe der Jahre von Rauch geschaffenen Denkmälern der Generäle von Bülow, von Scharnhorst, Blücher, Yorck von Wartenburg und Gneisenau, was sich »auch äußerlich in der Gleichartigkeit der kantigen Postamente als fortsetzbare Einzelglieder einer Gesamtanlage ausdrückt.«26 Im Juli 1816 brach Rauch erneut nach Italien auf, um in Carrara zahlreiche zuvor in Berlin modellierte Büsten und Modelle, darunter die Statuen von Bülow und Scharnhorst, und die in Carrara heimlich und unter verschwiegenem Mitwissen Schinkels entwickelte zweite Liegestatue der Königin Luise27 vom kleinen Modell ins Große zu übertragen und in Marmor auszuhauen. Weiterhin gehörten zum Arbeitspensum auch die nach Schinkels Vorlagen von Rauch und seinem Kollegen Friedrich Tieck ausgearbeiteten zwei neuen monumentalen Kandelaber, die zu Ehren der Helden der Vendée im Auftrag der Familie La Rochejaquelein entstanden.28 Dafür standen Rauch zahlreiche geschulte Marmorarbeiter zur Verfügung, mit deren Hilfe er in den weitläufigen Brüchen die geeignetsten Blöcke auswählte, um sie gemeinsam in der Carrareser Werkstatt zu bearbeiten. Bei dieser Gemeinschaftsarbeit mit den fachkundigen italienischen Handwerkern hatte Rauch nach eigenen Angaben eigentlich erst gelernt, mit dem Stein als Material fachgerecht umzugehen. Schon 1812 hatte er an Caroline von Humboldt geschrieben :»Sie haben gar keinen Begriff davon was für Arbeiten hier gemacht werden und wie das Volk den Marmor würgt und wieviele gute Arbeiter es hier gibt, ich thue selbst iezt nichts lieber als Marmor arbeiten weil ich früher gar keine Idee eigentlich davon hatte.«29 Eine Reihe dieser erfahrenen Steinmetzen und Bildhauergehilfen, die er in Deutschland vergeblich gesucht hätte, nahm Rauch, auch zur Freude seiner künstlerischen Mitstreiter Schinkel und Tieck, bei seiner Rückkehr mit nach Berlin.30 Zu ihnen gehörten unter anderem Mitglieder der Familien Sanguinetti, Lazzarini, Baratta, Gilli und Menghi31 aus Carrara, die alle dank ihrer vorzüglichen Schulung in der Lage waren, in unterschiedlichen Arbeitsgängen gemeinsam ein Marmorwerk, sei es eine Büste oder eine Statue,
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bis zur letzten Retusche des Künstlers vorzuarbeiten oder dekorative Einrichtungsgegenstände wie Schalen, Lampen, Kandelaber und Tafelaufsätze in größter Feinheit herzustellen.32 Außerdem war ihm daran gelegen, dass durch vorsorglichen Ankauf aus den Brüchen von Carrara auch in Berlin ein Marmordepot angelegt werden konnte, über dessen unterschiedliche Steinsorten, Beschaffenheit, Größe, Herkunft und Kosten genau Buch geführt wurde.33 Rauch nutzte es später für eigene Werke und für die seiner Werkstattmitarbeiter, ließ aber auch Blöcke an andere Künstler verkaufen. Das alles geschah in Absprache mit Schinkel, dem im Laufe seines Lebens und in enger Zusammenarbeit mit dem Begründer des Gewerbeinstitutes Christian Peter Beuth neben der Baukunst die handwerkliche Perfektion und das Zusammenspiel unterschiedlicher künstlerischer Disziplinen als dringliches Desiderat erschien. Nicht von Ungefähr schrieb – Jahrzehnte später – Theodor Fontane : »Die Tischler und Holzschneider schnitzten nach Schinkels Mustern, Fayencen und Porzellan wurden Schinkelsch geformt. Tücher und Teppiche wurden Schinkelsch gewebt. Das Kleinste und das Größte nahm edlere Formen an ; der vaterländische Ofen, bis dahin ein Ungeheuer, wurde zu einem Ornament, die Eisengitter hörten auf, eine bloße Anzahl von Stangen und Stäben zu sein, man trank aus Schinkelschen Gläsern und Pokalen, man ließ seine Bilder in Schinkelschen Rahmen fassen und die Grabkreuze der Toten waren Schinkelschen Mustern entlehnt.«34 Schinkel, Rauch und Beuth waren es auch, »die für den Gedanken glühten, Berlin zu dem Mittelpunkt des geistigen und künstlerischen Lebens im Staate zu machen«35, wo auch ein Museum entstehen sollte, indem »die neuentdeckte altdeutsche Kunst, mit all den von fern geahnten Segnungen, die sie nach sich ziehen würde, nach Berlin verpflanzt werden müsse.«36 Die berühmte Sammlung der Brüder Boisserée stand zum Verkauf, über die Schinkel Rauch ausführlich berichtete37, und Schinkel sollte die diplomatischen Verhandlungen zu ihrem Erwerb führen. Dazu kam es bekanntlich nicht, da die Sammlung 1827 vom bayerischen König Ludwig I. für München angekauft wurde. Nach näherem gegenseitigem Kennenlernen der beiden Künstler schwebte Schinkel schon bald der Bau einer groß angelegten königlichen Bildhauerwerkstatt am Spreebogen vor, die unter Rauchs Leitung stehen sollte.38 Doch aus Sparsamkeitsgründen konnte von einem derart opulenten Gebäude nicht mehr die Rede sein, und die Atelierfrage war noch keineswegs geklärt, als Rauch im Sommer 1818 nach Berlin zurückkehrte und verzweifelt nach Werkstatt- und Wohnräumen für sich und seine Mitarbeiter suchte. Die Sache wurde umso dringlicher, da sein Carrareser Ateliervorsteher und Freund Friedrich Tieck sich bald ebenfalls anschickte, mit einem Stab italienischer Helfer im April 1819 nach Berlin aufzubrechen. Doch eine Lösung war bald gefunden : Auf Drängen Schinkels und durch Intervention des Staatskanzlers Fürst von Hardenberg wies
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man Rauch Räume im sogenannten Lagerhaus, dem inzwischen als Wolllager dienenden ehemaligen »Hohen Haus« (die ehemals mittelalterliche, ehrwürdige Residenz der Kurfürsten) in der Klosterstraße zu. Der notwendige Umbau des Gebäudes ging unter Leitung Schinkels durch dessen Schwager Wilhelm Berger zügig vonstatten.39 Ein Brief Schinkels an Rauch, wohl vom Frühjahr 1819 (Brief Nr. 14), verweist auf dessen spontanen Besuch im Lagerhaus, wo die Werkstatträume bereits fertig gewesen sein müssen. Mit Rauchs festem Wohnsitz und Werkstattbetrieb kam es nun zu einer immer intensiveren Zusammenarbeit mit seinem Architektenfreund, dem mit seinen Entwürfen zum Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt, dem Kreuzberg-Denkmal, den Umgestaltungen der Wohnräume für den Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.) im Berliner Schloss, dem Bau des Casinos und später dem Umbau des Herrenhauses für den Prinzen Carl in Glienicke sowie dem Ausbau des Tegeler Schlösschens für die Familie von Humboldt40 eine Fülle von Aufträgen zukam, an deren Ausstattung auch der Bildhauer und sein Atelier in hohem Maß beteiligt waren. Rauch hatte zunächst auch Giebel- und Figurenmodelle zur Ausschmückung des von Schinkel neu zu errichtenden Schauspielhauses entworfen und kleine Modelle zu dem Apoll in der Biga, zum Greifen und zum Pegasus in Ton angefertigt41. Er überließ jedoch im Einverständnis mit Schinkel die Ausführung der gesamten Bauplastik Friedrich Tieck, dem er, mit den Denkmälern für Bülow und Scharnhorst und mit einer Anzahl von Büsten selbst beschäftigt, in kollegialer und freundschaftlicher Geste zum beruflichen Wiedereinstieg in Berlin verhalf. Den Prinzen Carl, der ein ebenso großer Antikenverehrer wie er selbst war, beriet Rauch gemeinsam mit Schinkel beim Ankauf und Einbau antiker Spolien in die Außenwände des Casinos und des Herrenhauses in Glienicke.42 Im Zusammenhang mit der von Schinkel seit 1820 begonnenen Planung eines großen, dem allgemeinen Publikum zugänglichen Museums inmitten von Berlin waren Rauch und seine Werkstatt in Absprache mit dem Erbauer und Freund in hohem Maße mit der Reinigung, Restaurierung und Ergänzung zahlreicher in Berliner und in Potsdamer königlichem Besitz befindlichen Antiken beschäftigt, die in den Räumen des 1830 eröffneten Museums, des heutigen Alten Museums, präsentiert werden sollten.43 Ein besonderes gemeinsames Anliegen von Rauch und Schinkel blieb seit dessen erstem Entwurf von 1822 die Planung des Denkmals für Friedrich II. von Preußen44, an der auch Friedrich Wilhelm III., stärker aber noch der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm (IV.) außerordentliches Interesse zeigten. Mehrfach traf man sich mit dem Kronprinzen à trois bei geheimen, von Rauch im Tagebuch notierten Zusammenkünften im Berliner Schloss oder in Sanssouci. Beharrlich, doch lange ohne Erfolg, versuchte man sich gegen den Wunsch des Königs, der eine Trajanische Säule als Denkmal bevorzugte, mit eigenen Ideen
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durchzusetzen. Erst nach dem Tod Friedrich Wilhelms III. erhielt Rauch, auch zur Freude Schinkels, von dem nun zum König erhobenen Friedrich Wilhelm IV. das Placet, sein Modell eines Reiterdenkmals mit den um den Sockel gescharten Feldherren und den auf das Leben Friedrichs bezogenen Reliefs im Großen auszuführen.45 Gemeinsam waren Schinkel und Rauch auch an dem Posener Projekt für ein Denkmal der ersten Polenfürsten Mieczysław I. und Bolesław I. Chrobry beschäftigt,46 für das Schinkel jedoch einen zu großzügig angelegten architektonischen Rahmen vorsah, so dass sein Plan aus Kostengründen scheiterte und Rauch allein und in bescheidenerem Maße ein bronzenes Doppelstandbild der Polenfürsten schuf.47 Auch am Grabdenkmal Niebuhrs für Bonn waren beide Künstler im Auftrag des seinen Lehrer Barthold Georg Niebuhr zutiefst verehrenden Kronprinzen beteiligt, wobei Schinkel die Architektur (1838 vollendet) und Rauch zwischen 1838 und 1841 ein Relief mit der Darstellung des verstorbenen Ehepaares Niebuhr und ein Christusmedaillon (1839–1841) schuf.48 Rauch hatte sich im Lauf der Jahre zu einem bedeutenden, vielbeschäftigten und allgemein bewunderten Künstler mit einer großen Schülerschaft entwickelt, zu einem selbstbewussten Bildhauer, der frei und selbständig mit außerordentlichem Gespür und fachlichem Blick für die Plastizität seiner Schöpfungen arbeitete. Er konnte und wollte sich daher nicht mehr den Wunschvorstellungen eines auch noch so geschätzten Architekten fügen, der »die Skulptur grundsätzlich der Bauidee unterordnete.«49 So kam es bei aller gegenseitigen künstlerischen Wertschätzung immer seltener zu gemeinsamen Projekten, und Rauch überließ Friedrich Tieck und August Kiss oder begabten weiteren Schülern, die Schinkel bei bauplastischen Wünschen williger folgten, den Vorrang. Doch nach wie vor zog Rauch seinen Architektenfreund gern bei ästhetischen Zweifeln zu Rate, etwa wenn ihn formale Kleinigkeiten störten und er nach Verbesserungen suchte – und sei es nur, wenn es um die fragliche Breite der Cippi an Umfriedungs-Gittern von Denkmälern50 oder einen nicht ganz zufriedenstellenden Perlstab am palmettengeschmückten Gesims seines Taufbeckens51 ging. In ihrem künstlerischen und menschlichen Interesse blieben sich Rauch und Schinkel nahe, wünschten im Einklang eines ähnlichen Kunstverständnisses zusammen auf große kulturelle Entdeckungsreisen zu gehen, wozu es aus Zeitmangel und bedingt durch Schinkels frühen Tod jedoch nicht kam. Auch ihre Familien waren eng verbunden, und Rauchs Töchter hielten sich gern und vertraut »bei Schinkels« auf. Ideal und beneidenswert erschien dem Künstler deren Familienleben, bis er durch seine Tochter Agnes erfuhr, dass auch dort Sorgen zu herrschen schienen, die offenbar durch immer wiederkehrende, schwere Depressionen von Schinkels Frau Susanne ausgelöst wurden.52 Schinkel selbst, der Vielbeschäftigte, Unermüdliche und mehr und mehr von Arbeit Überlastete53,
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konnte den beruflichen »Dauerstress«, den er beherrscht und verschwiegen zu bewältigen versuchte, nicht ständig und unbeschadet ertragen. Seit 1836 mehrten sich seine Kuraufenthalte in den Bädern Gastein, Karlsbad, Teplitz und Kissingen. Am 9. September 1840 notierte Rauch in seinem Tagebuch : »War Freund Schinkel von einer Reise zu seiner Gesundheit nach Meran, München etc. früher zurückgekehrt, und besuchte mich des andern Tages Donnerstag im Atelier, und sah so wohl aus daß ich ihm dazu Glück wünschte, klagte aber indem er das lebensgroße Stück im Modell zum Denkm. Friedrich II. betrachtete daß er alles nur halb sähe. Auch Farben des Regenbogens welches auf der Reise sich schon gezeigt habe etc. er begrüßte meine beiden ältesten Enkelchen und, sah den Ausbau der neuen Werkstatt mit Prf. Tieck und schien ganz heiter, Freitags Abend als ich ihn und die Familie bewillkommen wollte in seiner Wohnung, da stand alles anders, ich wurde nicht angenommen, und erfuhr zu meinem Schreck und Erstaunen, daß [ihn] eine gänzliche Lähmung am Abende befallen und [er] sprach und sinnlos darniederliege. Sonntags war er nach einem Aderlaß und Schropfen, etwas besser, aber die Aerzte, G. R. Horn v. Storch und Dr. Paetsch welcher letzteres Hausarzt war erkannten in disem Zustande nur eine geringe Aussicht auf Besserung.«54 Kurzzeitig erwachte Schinkel aus seiner Bewußtlosigkeit, und die Hoffnung auf Besserung lebte auf, wie Rauch jeweils im Tagebuch vermerkte ; doch ein Jahr später, am 9. Oktober 1841, verkündet die traurige Notiz sein Ende : »Nachmittags um halb drei Uhr endete der dreißigjährige55 treue Freund Schinkel sein der Kunst so glorreich gelebtes Leben, ebenso als Mensch und Freund unvergleichbar wie in seiner Kunst. Das sich nicht beschreiben läßt, man muß es miterlebt haben, und seine Arbeiten wie sie gedacht und wie die unermüdete Hand sie schuf selbst sehen[d ?]. Zu unserer Märkischen Kunstgeschichte kann ihm nur Schlüter zur Seite gestellt werden, der gerade hundert Jahre vor ihm wirkte und fürst.[?]liche große Werke wie der dahin geschiedene Freund zur Ehre des Landes und zur Nacheifferung uns hinterließ.«56 Rauch überlebte den Freund um 16 Jahre und starb ebenso geehrt und als Künstler hochgeachtet am 3. Dezember 1857.
anmerkungen 1 Von Paris kehrte Schinkel im März 1805 nach Berlin zurück. 2 Vgl. die Einleitung zu : Simson 1999, S. 9–16. 3 Zum Verhältnis der Humboldt-Familie zu Rauch vgl. Simson 1999, speziell S. 10–14 und Simson 2016, S. 99–113. 4 Siehe dazu Heinz 2001 : »Ein Bildprogramm als Bildungsprogramm«, vgl. auch Simson 2016, S. 107. 5 Rauchs ältere Tochter.
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6 Briefverzeichnis und Tagebuch Rauchs, SMB ZA, IV/NL Rauch 06. 7 Zum Grabmal vgl. Simson 1996, S. 64–69, Kat. 27. 8 Siehe Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 87 ; Börsch-Supan 2011, S. 133–190, zuletzt Wolzogen 2016, S. 279–285. 9 Die scheinbar nur rasch hingezeichneten Kandelaber-Entwürfe Schinkels machten Rauch und Tieck große Schwierigkeiten bei der Umsetzung in Marmor. In großem Zeitdruck schrieb Rauch am 27.4.1813 von Carrara aus an Caroline von Humboldt in leicht verärgertem Ton über Schinkel : »Vor dem 10 Mai kann ich hier nicht abreisen, denn die Modelle zu den Kandelabern kosten mir viel Zeit weil die Zeichnung so oben hin gemacht war nicht gründlich architekt. ins große gezeichnet H. Schinckel hat die Sache zu leicht genommen […] und so muß ichs nun büßen, und hätte ich T. [Tieck] nicht so dauerte es noch länger, denn nicht nur modeliren muß man alles, auch den Former spielen, in den Brüchen dann des Steins wegen herumklettern, u.s.w. alles daß kostet viel Zeit«, zit. nach Simson 1999, S. 173. Dies war wohl die einzige Rüge gegenüber Schinkel, die von Rauch zu erfahren war. 10 Dabei handelt es sich um einen der ersten großen Aufträge des preußischen Königs an den jungen Architekten. 11 Zit. nach Eggers, Rauch I, S. 145–146. 12 Nach Herman Grimm : Rauchs hundertjähriger Geburtstag. Abdruck aus dem XXXIX. Bande der Preußischen Jahrbücher [1877], S. 5. 13 Friedrich Wilhelm III. von Preußen hielt sich noch auf dem Wiener Kongress auf. 14 500 preußische Fuß entsprechen etwa 156 m Länge. 15 Zitiert nach Zadow 1980, S. 189. 16 Vgl. dazu Brief 14 (Anm. 2, 3). Siehe auch Schinkels »Sammlung Architektonischer Entwürfe«, erschienen 1823, Taf. 22 mit Erläuterung Schinkels. Rauch hatte zu den Statuen 6 Entwürfe und 2 Ausführungen geliefert, Tieck 4 Entwürfe und 2 Ausführungen, Wichmann 2 Entwürfe und 8 Ausführungen. Bis 1826 waren alle Figuren in den fast 20 m hohen, eisernen Aufbau eingefügt. Zum Kreuzberg-Denkmal vgl. Bloch 1973. 17 Rave, Berlin I, 1941, Abb. 152 ; vgl. Brief 6 (Anm. 4). 18 Die Idee, Friedrich umringt von seinen Feldherrn auf einer Rampe darzustellen, findet sich auch noch in dem späteren Entwurf Rauchs von 1830 zu einem Denkmal für Friedrich den Großen, vgl. Simson 1996, S. 286–288, Kat. 179 mit Abb. Das Projekt, ein Friedrich-Denkmal zu schaffen, beschäftigte Rauch und Schinkel in engem Gedankenaustausch mit dem Kronprinzen über Jahrzehnte und führte schließlich unter Friedrich Wilhelm IV. als König zur Errichtung von Rauchs wohl bekanntestem Werk, dem Reiterdenkmal Friedrichs II. Unter den Linden (vgl. Simson 1976). 19 Vgl. Rusche 1989, S. 66. 20 Simson 1996, S. 123–130, Kat. 72–73 mit Abb. und S. 132–137, Kat. 75–76 mit Abb. Vgl. Brief 19. 21 Vgl. Brief 19 (Anm. 2). Auch beim Sockel des von Rauch ausgeführten Max-I.-Joseph-Denkmals in München bittet Rauch Schinkel um Hilfe bei der formalen Eingliederung von Karyatiden, der »Felicitas publica« und der »Bavaria« in die Sockelseitenflächen zwischen den Eck-Löwen. Schinkel, im Gegensatz zu Leo von Klenze, der Kandelaber an Stelle weiblicher Figuren favorisierte, entwickelte gemeinsam mit Rauch einen nicht erhaltenen Bozzetto. Doch drei Bleistiftskizzen aus dem Nachlass Rauchs, von Eschenburg mit Recht Schinkel zugesprochen (vgl. Eschenburg 1977, S. 33), zeigen deutlich das gemeinsame Planen der Freunde, wobei Schinkel als Baumeister jedoch stärker die architektonischen Elemente des Sockels betont (vgl. Rusche 1989, S. 150 mit Anm. 341). 22 Siehe Simson 1999, S. 232.
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23 Vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/NL Rauch 02. 24 Simson 1996, S. 127 ; die aus politischen Erwägungen zu Zeiten der ehemaligen DDR-Regierung nicht mehr zu Seiten der Neuen Wache aufgestellten Feldherren-Denkmäler von Bülow und Scharnhorst durften bis heute nicht ihren ehemaligen, von Schinkel und Rauch zugewiesenen Platz wieder einnehmen. 25 Rusche 1989, S. 67. 26 Rusche 1989, ebenda. 27 Siehe dazu Brief 9 (Anm. 6) ; zur 2. Liegefigur der Königin Luise vgl. auch Simson 1996, S. 81–84, Kat. 38.1 mit Abb., und Demandt 2003, S. 143–148. 28 Siehe Brief 1 (Anm. 13), Brief 3, Brief 4 (Anm. 8), Brief 5 (Anm. 7, 8). Zu den Vendée-Kandelabern vgl. den grundlegenden Aufsatz von Gisela Zick (Zick 1990) sowie Simson 1996, S. 138–143, Kat. 78 mit Abb. und den Brief Rauchs an Caroline von Humboldt vom 10.6.1816 bei Simson 1999, S. 232–233 mit Anm. 8. 29 Brief Rauchs an Caroline von Humboldt vom 17.12.1812 (Simson 1999, S. 155). 30 Schon bei Aufstellung des Luisen-Sarkophages im Charlottenburger Mausoleum hatten »die beiden Künstler […] in vollem Ernst den Gedanken« gepflegt, »mit den Marmorvorräthen aus Carrara den jetzigen Vorsteher der Werkstatt, Friedrich Tieck, und alle Arbeiter, die so gut eingeschult sind und an den Meistern hingen, nach Berlin zu verpflanzen und den alten Schlendrian mit einem Male umzuwerfen« (Eggers, Rauch I, S. 146). 31 Zu den italienischen Gehilfen vgl. Simson 1996, S. 22. 32 Vgl. Brief 7 (Anm. 7–9). 33 SMB ZA, NL Rauch VII.4.a.–d. (Das Königl. Marmor-Lager in Berlin). 34 Fontane 1892, Die Grafschaft Ruppin, S. 106, zit. bei Demandt 2003, S. 122. 35 Zitiert nach Eggers, Rauch I, S. 181. 36 Zitiert nach Eggers, Rauch I, S. 181. 37 Vgl. Brief 2, worin es um die Sammlung Boisserée geht, sowie Brief 4 (Anm. 7). 38 Zur geplanten Werkstatt Rauchs vgl. Brief 1 (Anm. 14), Brief 4 (Anm. 28), Brief 5 (Anm. 10), Brief 6 (Anm. 3), Brief 8 (Anm. 6), Brief 10 (bei Anm. 3), Brief 11 (Anm. 8). 39 Vgl. den Brief von Wilhelm Berger an Rauch vom 19.1.[1819], in SMB ZA NL Rauch VII.2.b. Akten betreffend : Bau-und Einrichtung der Werkstätten 1822–1827, Bl. 21. 40 Zur Zusammenarbeit mit Schinkel am Humboldt-Schlösschen siehe Heinz 2001, sowie Simson 2016, hier S. 107. 41 Vgl. die verschiedenen Eintragungen zu den kleinen Modellen in Rauchs Tagebuch zwischen Januar und Ende April 1819 (SMB ZA, IV/NL Rauch 02), für die er abschließend auch eine Abschlagszahlung von 2000 Reichsthalern erhielt. Siehe auch Maaz 1995, S. 58–66, S. 316, Nr. 114. 42 Vgl. Brief 27 (Anm. 16), Brief 30 (Anm. 9) ; siehe auch Helmut Börsch-Supan : Prinz Carl von Preußen, die Maler und die Bildhauer, in : Schloss Glienicke 1987, S. 211–218, hier S. 212. 43 Siehe Brief 39 (Anm. 2, 3) sowie die dort zitierte Literatur. 44 Vgl. Brief 22 (Anm. 2), Brief 33 (Anm. 7), Brief 41 (Anm. 3, 4), Brief 42, Brief 49 (Anm. 5). 45 Zu den verschiedenen Entwürfen siehe Simson 1996, S. 286–312. Zum Friedrich-Denkmal zuletzt : Ein Denkmal für den König, Berlin 2001 (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, 17). 46 Vgl. Brief 36 (Anm. 3), Brief 37 (Anm. 3). 47 Siehe dazu Simson 1996, S. 269–274, Kat. 166 m. Abb.; das Doppelstandbild der Polenfürsten wurde 1841 in der Goldenen Kapelle des Posener Domes aufgestellt. 48 Vgl. Brief 53 (Anm. 2), Brief 54 (Anm. 3). 49 Johannsen 2011, S. 41. Über die mitunter schwierige Kooperation zwischen Schinkel als Archi-
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tekt und Ideengeber und dem sich dessen Vorstellungen zu fügenden Bildhauerkollegen vgl. auch Mende 2020, S. 133–136. 50 Vgl. Brief 23 (Anm. 2). 51 Vgl. Brief 38 (Anm. 3). 52 Siehe Brief 40 (Anm. 19). 53 Man muss sich nur die lange Liste der »Daten zu Leben, Werk und Zeit« Schinkels anschauen, die sich am Schluss des Katalogs der 1980/81 in Ostberlin stattfindenden Schinkel-Ausstellung befindet (Ausst.-Kat. Schinkel 1980, S. 393–405) und akribisch die vielen Entwürfe zu Aufträgen, ausgeführten oder nur geplanten Werken auflistet. Hinzu kommen die Dienstleistungen, die er als Geheimer Oberbaurat und Mitglied der technischen Baudeputation, als Mitglied der Technischen Deputation im Ministerium für Handel, Gewerbe und Bauwesen unter dem Direktorat von Peter Christian Beuth, als Mitglied des Senats der Akademie der Künste etc. zu erledigen hatte. All diese Ämter waren mit häufigen Reisen und Bau-Kontrollen verbunden, mit großem Schriftverkehr und jeweils unzähligen schriftlichen Anträgen, Vorschlägen und Gutachten, die zeitaufwändig und sicherlich schwer zu bewältigen waren. Es war ein gewaltiges Arbeitsprogramm, das an Schinkels Gesundheit zehren musste. 54 Eintrag im Tagebuch Rauchs, SMB ZA, IV/NL Rauch 06. Bei den genannten Medizinern handelt es sich wohl um den Amtsarzt Wilhelm von Horn, den Leibarzt Karl Wilhelm Stosch und um Schinkels Hausarzt August Friedrich Gottlieb Paetsch. 55 Rauch holpert hier sprachlich und wählt eine falsche Formulierung. Er meint mit dem »dreißigjährige[n] treue[n] Freund« eigentlich die dreißig Jahre währende treue Freundschaft. 56 Eintrag im Tagebuch Rauchs, SMB ZA, IV/NL Rauch 06.
Einführung Schinkel und Rauch Zur Edition des Briefwechsels Christoph von Wolzogen
Briefe, so entdeckte das historische 19. Jahrhundert, sind der direkte Weg zur Geschichte, zu dem, ›wie es wirklich gewesen ist‹. Und es stimmt : Nirgendwo sonst spürt man die Aura der Situation, und nirgendwo sonst hat man das Gefühl, ganz ›dabei zu sein‹. Doch nirgendwo sonst spürt man auch die schmerzlichen Lücken der Überlieferung, und nirgendwo sonst fällt so spürbar der Schatten des Editors auf die Vergangenheit. Bis heute wissen wir nicht, wie authentisch Anna von Sydows Edition des großen Briefwechsels zwischen Wilhelm und Caroline von Humboldt ist – denn die Autographen sind verschollen, möglicherweise in der berühmten Kiste mit 15 Kästen, enthaltend die Buchstaben »His« bis »Kri«, die nicht wie die anderen Kisten der Sammlung Autographa in den Wirren des Jahres 1945 den Weg von Berlin nach Krakau fanden. So wissen wir nicht, dürfen aber vermuten, daß Anna von Sydow ebenso wie Ludmilla Assing bei der Korrespondenz des Fürsten Pückler redigierend und kürzend eingegriffen hat. Dafür sprechen schon ihre sehr zeitgeistigen Titel der einzelnen Bände, wie z. B. »Kampf gegen Hardenberg«. Wie viele Briefe sind gänzlich verschollen, die ein ganzes Zeitalter differenziert zu sehen helfen würden, wie etwa Friedrich Gillys Briefe an seinen Vater von seiner Reise nach Frankreich und England, oder buchstäblich beschnitten oder sogar durch Schwärzungen zensiert (wie im Falle der Korrespondenz von Ludwig Achim von Arnim). All dies trifft im Falle der Briefe von Christian Daniel Rauch (1777–1857) an Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) nicht zu : Unberührt von den Verwerfungen der Geschichte, musterhaft betreut, aber immer noch genau in der Ordnung, wie man sie übernahm, als sie unter vielen anderen Autographen von polnischen Wissenschaftlern 1946 ausgelagert in Grüssau aufgefunden wurden, fand ich diese Briefe in der sogenannten Berlinka (den Beständen aus der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek) in der Sammlung Autographa der Biblioteka Jagiellońska zu Kraków zur Benutzung vor. Die Sammlung Autographa ist, wie schon der Name sagt, eine Sammlung verschiedener Autographensammlungen (z. B. die Sammlungen von Radowitz oder Meusebach), die die Preußische Staatsbibliothek übernahm oder anlegte und die von Ludwig Stern zum Teil katalogisiert wurde. Vollständig hatte Stern eine besondere Sammlung, nämlich die Sammlung Varnhagen, katalogisiert1 ; dieser Katalog ist heute unverzichtbar für
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Kopie-Bestellungen in Krakau, die wie überall auf der Welt, freundlich und unkompliziert erledigt werden. Seit 2007 liegt auch für die Sammlung Autographa ein Katalog von Helga Döhn vor2. Danach befinden sich in der Sammlung Autographa von Rauch etwa 189 Briefe3, in der Sammlung Varnhagen, Kasten 210, liegen acht Briefe von 1830 bis 1841 an den Fürsten Pückler, 1 Brief an J. Schulze von 1837, zwei Briefe an Varnhagen aus den Jahren 1845 und 1854. Gemessen an der Gesamtzahl der in Krakau liegenden Briefe Rauchs ist die der überlieferten Briefe an Schinkel eher bescheiden. Über den Grund kann man nur spekulieren, jedenfalls sind diese Briefe sorgfältig gesammelt worden. Und im Falle dieser Briefe kann man die Provenienz lückenlos angeben. Sie lässt sich aus folgendem Vorgang rekonstruieren : Die Briefe sind – wohl von Susanne Schinkel – mit Rotstift von 1a bis 46 numeriert worden, wobei sich zeigt, dass mindestens sieben Briefe fehlen müssen (Nr. 1a war ein Irrläufer, nämlich ein Brief Gottfried von Eckardsteins 1803 an Schinkel in Italien). Sie lagen den Brüdern Eggers für ihre Rauch-Biographie vor, wie aus einem Brief von Susanne Schinkel (der Tochter des Architekten) an Eggers vom 19. November 1873 hervorgeht, wonach sie »sehr gern bereit« ist, »Ihnen meine Briefe Rauchs so lange zu überlassen, wie sie zur Förderung des Werkes von Nutzen sein können«4. In der Jagiellonischen Bibliothek findet sich auch ein Umschlag, der ihren Besitz bezeugt : ein gefalteter Bogen, der noch einmal quer gefaltet war, in dem das Konvolut der Rauch-Briefe bewahrt, offenbar darin auch als Brief versandt wurde, was am oberen und unteren Rand durch Siegellackreste angezeigt wird. Der Bogen ist wie folgt beschriftet auf der linken Seite : (mit Bleistift) »Gehört Frl. Sus. Schinkel«. Darunter mit Rotstift : »Rauch/1a–46« – »Tieck/1–5«. Darunter mit Bleistift »1816 [verbessert aus 1803] –1840«. Darunter mit Rotstift (zwei Worte unleserlich) : »Schinkel«. Rechte Seite (Bleistift, Hans von Wolzogens Handschrift ?) »Rauch«. Darunter mit Feder (Schrift wie zuvor) : »Christian Rauch/Bildhauer«. Daneben mit Kopierstift vertikal (andere Schrift) : »nicht ganz«. Daraus geht hervor, dass Eggers das Konvolut nicht ganz, d. h. nicht vollständig vorlag (jedenfalls fehlen heute die Nummern 15, 16, 18, 22, 26, 31, 38 bzw. 45 und 46) und dass es noch 1873 im Besitz von Susanne Schinkel war. Als Erben des künstlerischen Nachlasses ihres Mannes bestimmte sie ihren Enkel Hans Paul von Wolzogen in Bayreuth, der das Konvolut ausweislich der Akzessionsnummer (wie später große Teile seiner Schinkeliana den Museen) 1922 der Staatsbibliothek übergab. Die Gegenbriefe Schinkels, an Anzahl ungleich kleiner als diejenigen Rauchs, liegen im Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB ZA) mit wenigen weiteren Briefen Rauchs. Zusätzlich fanden sich an anderen Orten kurze Briefe Rauchs an Schinkel : zwei in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund5, einer ist nur als Regest im Katalog der Autographenhandlung Stargardt überlieferter6, sowie ein 1929 publizierter, aber verschollener Brief7.
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Im Ganzen ist das ein ungewöhnlich ernster und sachlicher Briefwechsel zwischen einem Architektenbüro und einer Bildhauerwerkstätte. Briefe und Billets (man darf nicht vergessen, dass sie so etwas wie die Vorläufer der SMS sind) fliegen hin und her wie heute zwischen den Rechnern eines Teams. Das ist schon ganz das von Max Weber beschworene protestantische Arbeitsethos – keine kunstreligiöse Herzensergießung. Die Arbeit zählt, nicht die Person, über die der Leser wenig erfährt. Aber was würde ihm das auch bringen, was wüsste er dadurch mehr über diese beiden Künstler ? Dass sie ihre Freizeit (ein Begriff, den es damals noch nicht gab) gelegentlich oder gar häufig miteinander verbringen würden (was man als sicher annehmen darf) oder in der Entourage des Kronprinzen (was reichlich bezeugt ist) ? Die Nähe der beiden ergibt sich schon aus der Tatsache ihrer märchenhaften Karrieren : Vom Kammerdiener der Königin zum gefeierten Bildhauer, der den Namen Schadows ›in Rauch aufgehen ließ‹, wie Zeitgenossen spöttelten, und der vaterlose Gymnasiast aus der Provinz, der zum Stararchitekten Preußens aufstieg. Beides immerhin, wie alle Kunst in Preußen überhaupt, Produkt eines kaum gegründeten Staates zwischen Krieg und Friedenssehnsucht, voller politischer Spannungen, eben einer »Übergangsepoche«8 – aber als brillanter Auftakt eines langen 19. Jahrhunderts. Wer also waren Christian Daniel Rauch und Karl Friedrich Schinkel ? Ein Bildhauer und ein Architekt des Klassizismus. Jedermann wird diese Antwort akzeptieren, aber jedermann wird sich auch fragen, was das eigentlich gewesen sei – der Klassizismus. Nach Nietzsche würde man vielleicht sagen »Graekomanie«. Das wäre dann mit Nietzsche der »antiquarische« Zugang zur Geschichte, wie man ja die Epoche Schinkels und Rauchs als den Beginn des Historismus bezeichnet, der eben nur den Fehler hatte, »monumental«, aber nicht »kritisch« zu sein. Und so sah man den Klassizismus noch im 19. Jahrhundert : weiß, rein und der Zeit enthoben. Aber es gab schon damals eine andere, kritische Sicht auf das klassische Altertum. Schon Schinkel machte sich, als er über »Farbige Skulptur« reflektierte, Gedanken über Polychromie, die sein Freund und Verehrer, der Kölner Architekt Jakob Ignaz Hittdorff, maßgeblich erforschte. Mit anderen Worten : Gibt es eine Freundschaft, die in diesem Sinne geschichtlich ist und zugleich – paradox – umstellt von Monumenten und Denkmälern ? In der also die energeia, das Schaffen, wichtiger ist als das geschaffene Werk (ergon), das einem historischen Zusammenhang entnommen oder zugeschrieben wird ? Die Werkstattgemeinschaft Schinkels mit Christian Daniel Rauch ist eine solche Freundschaft. Friedrich Eggers, Rauchs überaus sorgfältiger erster Biograph, führt die Gemeinschaft der beiden ein, als habe sie immer bestanden, als sei sie etwas »Unverwesliches« (Clemens Brentano) ; aber es war tatsächlich das Jahr 1811 und die Arbeit am Luisenmausoleum, die beide zusammenführte und familiär werden ließ. Als Schinkel starb, resümierte Rauch in gewohnter pro-
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fessioneller Detailtreue eine jahrzehntelange Freundschaft in seinem Tagebuch : »9. Oktober [1841]. Nachmittags um halb Drei Uhr endete der Dreißigjährige treue Freund Schinkel sein der Kunst so glorreich gelebtes Leben, ebenso als Mensch und Freund unvergleichbar wie in seiner Kunst, das sich nicht beschreiben läßt.«9 Nur einmal gibt Rauch, eher zufällig, fast widerwillig das erklärende Stichwort preis : »Mit dem Bau rath Langhans aus Breslau endl. mit der Zeichnung zum Piedestal der Statue Blüchers so geeinigt, daß die Modelle zum Guß nun begonnen werden könnten. Nie werde ich mich wieder auf solchen gemeinschaftlichen Entwurf einlassen, ausgenommen mit Schinkel dessen Biegsamkeit gleich von der Stelle hilft, u. nie langwierige Diskussionen veranlasst.«10 Der Beziehung zwischen Schinkel und Rauch, einer ewig jungen Beziehung, nähert man sich also am besten nicht über herkömmliche Begriffe wie »Klassizismus« oder auch »Romantik«, weil es in dieser Innigkeit keinen Gegensatz von Alt und Neu gibt. Alle überhöhte »edle Einfalt und stille Größe«, aber auch alles angestrengt Frühvollendete verschwindet, und mit ihm alles Exaltierte und auf Authentizität Bedachte : Man bewegt sich am Hofe ebenso selbstverständlich beim Diner wie unter der arbeitenden Classe, den Gießern, Ziseleuren, Steinmetzen, Schleifern und Hilfskräften, die sich in den lebensgefährlichen Niederungen der Marmorbrüche von Carrara bewegen ; man kann sich die beiden eleganten Herren mit Zylinder, die Krügers Opernparaden-Wimmelbild schon ergraut zeigt, also ebenso sehr im schmutzigen Werkstattkittel vorstellen. Und was Schinkel im Übermaß hat, das Talent, seine Gedanken zu formulieren, ersetzt Rauch durch Erfahrung, die leider ungeschrieben blieb : »Wäre die Feder in Unsereines Hand nicht schweres Blei, so möchte es nicht uninteressant [sein], täglich die Notizen niederzuschreiben, welche [sich] in dieser Beziehung, aber namentlich bei den Giessereien ergeben, wäre es auch nur das Aufzählen der sich producirenden Gegenstände. Ich werde es aber versuchen, das Versäumte vom Jahr 1819 nachzuholen und Ihnen dann mittheilen ; schrieb doch der berühmte Töpfer Wedgwood über 40000 Versuche ebensoviele Protocolle nieder welche ihn zu den grossen Resultaten führten, die wir selbst miterlebt haben.«11 Dabei neigt Rauch eigentlich nicht zur Verschwiegenheit, wie er im Briefwechsel mit dem spröden Schinkel der ungleich Wortgewaltigere (wenn auch nicht immer grammatisch Sichere) ist. Aber er hat ein interessantes, fast unpersönliches Verhältnis zu sich selbst – bemerkenswert in einer Zeit, die der Reflexion huldigt, und in der das Wort »Kritik« Karriere macht. Jemand, der täglich mit anderen in einem Arbeitsprozess vom Entwurf bis zum fertigen Werk steht, kann sich kaum nur als einsames Genie verstehen, eher als Unternehmer, dem die Werkstatt alles ist. Es gibt geniale Mitarbeiter wie den Steinmetz Francesco Menghi Baba in Carrara. Seine Geschichte ist ungeschrieben, aber er hat sich in einem einzigartigen Werk verewigt : in einer »Schaale mit Wein=Reben Hen-
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kel« – nach der Zeichnung von Schinkel. Aus bestem Carrara-Marmor mit einem Durchmesser von fast 1 Meter ist die Wandung der Schale stellenweise auf 5 mm heruntergeschliffen, sodass sich ein magischer Leuchteffekt wie von Alabaster ergibt. Die auf den Rand aufgesetzten 112 Kugeln mit ihren feinen Stegen sind, wie auch die Henkel, aus einem einzigen Block herausgearbeitet – technisch ein Wunder, das Prinz Wilhelm von Preußen erwarb.12 Wer ist der eigentliche Urheber ? Um diese Schale zu entwerfen und zu zeichnen, muss Schinkel im Gespräch mit Rauch eine ziemlich genaue Vorstellung von ihrer Materialität, also Ausführbarkeit, entwickelt haben. Genie und Werkstatt werden gegeneinander bewegliche Begriffe. Das In-sich-Vollendete schließt beides ein ; ist aber auch völlig offen im Sinne des Immer-neu-Ansetzens. Freiheit von allem, was der Sache äußerlich ist, ist nicht zufällig der rote Faden im Briefwechsel zwischen Rauch und Schinkel. Und es klingt wie eine ironische Replik auf die Ableitung von Kunst aus religiösen Vorstellungen, wenn Schinkel Rauch aus Neapel über das Nazarenertum berichtet : »Man sieht aber hier wie weit der Protestant den beiden Catholiken Veit u Overbeck in Freiheit u Originalität vorgerückt ist. So viel Talent in den Bildern der letztern zu sehn ist, so schmerzlich ist auch das Gefühl von verkümmerten und eingeketteten Naturen welches unwillkührlich daraus hervorgeht.«13 Einmal mehr unterstreicht Schinkel die eminente Bedeutung, die künstlerische Freiheit – nicht »Feinheit«, wie bisher an dieser Stelle gelesen worden ist – für ihn hat. Damit verträgt sich sehr gut die immerwährende Aufforderung des Freundes : »Wenn Sie liebster Freund bald Zeit hätten an diese Sache Hand zu legen, so wäre es recht erwünscht, um unsere Steinmetzen gleich wieder in Thätigkeit zu sehen.«14 Gegen den König, aber zugleich mit ihm, setzt man diese Freiheit durch. Wenn Majestät partout nicht davon ablassen will, das Denkmal Friedrichs des Einzigen, nach immerhin »40 jährigem Bedenken Fr. II ein angemeßenes Denkmahl zu errichten«, sich als »eine Trajanssäule zu wählen«, dann bringt man ihn gemeinsam behutsam davon ab. Man weiß um die »Briefe aus Rom, aus denen die Allgemeinste Mißbilligung in allgemeinen lärmend hervorgeht«15, und kann ihn schließlich davon überzeugen, dass jeder kundige Rombesucher »zu den seltsamsten Betrachtungen« geführt werde, würde er sich die Trajanssäule ohne das imponierende Umfeld »an die Barriere der Linden Promenade aufgestellt« denken, zumal die Gesichtszüge »einer oben auf die Säule zu stellenden Figur von solcher Höhe herab für den Beschauer unten verlohren wären«.16 So kommt es, bevor am 2. Mai 1839 das endgültige Reiterstandbild genehmigt wird, zu einer Reihe kurioser trajanisierender Entwürfe Schinkels, die freilich weniger seine »unverwirklichten Künstlerträume«17 als vielmehr seine artistische »Biegsamkeit« dokumentieren, die sein Freund so an ihm schätzte bei der gemeinsamen Suche nach der vollendeten Form.
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Als der König Ende 1817 das Kreuzberg-Denkmal zur Erinnerung an die Befreiungskriege in Auftrag gab, entsprach Schinkel ganz den Worten Rauchs in seinem Bemühen, ein »schön abgeschlossens [nicht abgedroschenes] wirklich Neue[s] Monument zu bilden. Um aber die gängige ruß[isch] franz[ösische] Lieblingsidee mit den Antonins Säulen u. s. w. bei uns wenigstens auszumerzen«18, musste er diese Ideen zuerst durchexerzieren. Und so kommt er erst nach einer Reihe von Säulenentwürfen, einer Gralsburg und einem Tempelgral zu seiner endgültigen klaren Lösung eines gotischen Hochkreuzes19, wobei ihn weniger romantischer Stilwille – womöglich mit Zustimmung des Kronprinzen – als vielmehr die Erinnerung daran geleitet haben wird, die landschaftliche Wirkung eines solchen erhöht stehenden Monuments selbst erfahren zu haben. Schinkel wusste es schließlich am besten, denn er hatte 1803 ein solches Hochkreuz selbst gesehen und gezeichnet : die Spinnerin am Kreuz auf dem Berg südlich von Wien20. Auch im denkwürdigen Jahr 1811, als Rauch und Schinkel sich kennenlernten und Humboldt sich erfolgreich bemühte, Rauch den lukrativen königlichen Auftrag für die Sarkophagstatue der Königin Luise zu vermitteln, war solche Biegsamkeit, das Denken in Alternativen vonnöten. Rauch ging sogar so weit, heimlich eine zweite, in seinen Augen dem verlorenen Leben nähere Fassung auszuarbeiten, die er dem Freund 1817 vorstellte : »Unter uns vertraue ich Ihnen, daß ich ein par vortreffliche Stück Marmor in meine Werkstatt bekomme. zu einer bestellten Arbeit bestimmt. Ich faßte den Muth diesen Marmor zur Ausführung einer zweiten liegenden Grabstatue der Königin nach einem Modell wovon Sie die Zeichnung kennen, anzuwenden. Ich habe solche grade lebensgroß angelegt, und macht ganz die günstige Würkung welche ich davon erwarte, so daß ich hoffen darf die Kenner und Nichtkenner werden die in Charlottenburg aufgestellte für ein Vorstudium desselben ansehen, nicht aber und die letztere als die Ausführung der Aufgabe nachdem sie vollendet anerkennen. Reden Sie aber niemand davon, ich mache dieselbe zu meiner eigenen Genugthuung, und kann solche nicht öffentlich aufgestellt werden, so wird man mir erlauben an dezentem Ort zu verschenken.«21 Der König nahm dieses ›Geschenk‹, das Rauch ihm 1828 präsentierte, an und kaufte das Werk, das heute in der Friedrichswerderschen Kirche steht. Der Luisen-Kult22 hat sich bekanntlich dieser Fassung bemächtigt, indem er den königlichen Willen mit Rauchs Ansicht, eine vollkommenere Statue geschaffen zu haben, einfach kurzschloss. Doch die vollendete Statue steht und stand von Anfang an im Charlottenburger Mausoleum. Ursprünglich hatte der König tatsächlich den Wunsch geäußert, die Königin in Lebensgröße dargestellt zu sehen, was Rauch, die Proportionen des Raumes und den damit verbundenen Standpunkt des Betrachters vor Augen, ihm erfolg-
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reich ausreden konnte, indem er für eine geringfügig überlebensgroße Ausführung plädierte. Auch war es klar, dass die Totenmaske und Ternites Zeichnung der Königin auf dem »Todtenbette«, die Rauch als Arbeitsvorlage brauchte und vom König als »schrecklich wahr« niemals wieder gesehen werden wollte, ›übersetzt‹ werden mussten. Der König wollte, wie Rauch berichtet, »nicht das erstarrt Todte der mittelalterlichen Monumente, noch wollte Er, in Rücksicht der Bestimmung des Monuments, den irdischen körperlichen Schlaf dargestellt wissen. Durch mehrfache Versuche, die Rauch in Skizzen vorlegte, kam man endlich auf den richtigen Gedanken, einen Zustand, der zwischen Seelenschlaf und Tod die Mitte hält, auszudrücken«23, »und die Ausführung erfolgte«.24 Das ist das Neue und In-sich-Vollendete : Rauch stellt die Königin dar als Tagwesen (ephemeroi), was aber auch so viel bedeutet wie Ausgesetztheit, die Hölderlin in seinem von Brentano so geliebten Gedicht Die Nacht beschrieben hat.25 In diesem Zwischen ereignet sich auch für den Bildhauer Rauch etwas Neues : Eine Skulptur ist nicht mehr einfach etwas, was ›dasteht‹, sondern etwas, das sich in der Annäherung entzieht, etwas Atmosphärisches, das in seiner Vollendung über sich hinausweist. Bildhauerei ist so die durch die Idee bis an die äußerste Grenze getriebene Materialität, und doch durch und durch physis. Darin werden Rauch, der mehr Werkmann als »Hofkünstler« war, und Schinkel, dem an dem Titel »Hofarchitekt« wenig lag, stillschweigend einig gewesen sein. Eine solche innige Freundschaft und Arbeitsgemeinschaft, getragen von höchstem Respekt (man duzte sich nie), konnte nur der Tod beenden. Die Briefe werden hier erstmals und ungekürzt, auf der Basis eigener Transkrip tionen (im Falle der in Kraków liegenden überhaupt, im Falle der im Zentral archiv zu Berlin liegenden erstmals in kritischer Fassung) ediert. Die Edition der Briefe folgt konsequent der originalen Orthographie. Abkürzungen wurden dort aufgelöst, wo sie sich nicht von selbst verstehen. Ergänzungen der Herausgeber stehen in eckigen Klammern.
anmerkungen 1 Ludwig Stern : Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin, Berlin 1911. 2 Helga Döhn : Die Sammlung Autographa der ehemaligen Preussischen Staatsbibliothek zu Berlin. Autographenkatalog auf CD-ROM, Wiesbaden 2005. 3 U. a. an Schinkel, den Minister vom Stein zum Altenstein, B. Friedländer, L. Tieck (irrtümlich, da der Bildhauer Friedrich Tieck gemeint ist), K. Bötticher, Friedrich v. Raumer, O. F. Gruppe, K. F. F. von Nagler, Th. Panofka, J. v. Teichmann, Ignaz v. Olfers und General v. Willisen. 4 Schleswig Holsteinische Landesbibliothek, NL Karl Eggers, Cb 60. 5 Briefe Nr. 34 und 45.
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6 Brief Nr. 29. 7 Brief Nr. 53. 8 Vgl. Joachim C. Fest : Architekt einer Übergangsepoche. Karl Friedrich Schinkel, in : Ders.: Aufgehobene Vergangenheit. Portraits und Betrachtungen, Stuttgart 1983, S. 172–193. 9 SMB ZA, NL Rauch, C. I. 7 : Briefverzeichnis angefangen im Jahr 1841 bis 1849, S. 5. 10 Christian Daniel Rauch : Werkstatt-Tagebuch, 19. November 1822, SMB ZA, NL Rauch C1, 1820, wohl spätere Abschrift nicht von Rauchs Hand. 11 Rauch an Böttiger, Berlin, 28. April 1827, Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt, Neue Folge, Heft XI, Erfurt 1882, S. 148–149. 12 Vgl. SMB ZA, NL Rauch, Contobuch A 14, 127a : »Arbeiten des Francesco Menghi. 1824 März 13 Franz[esco] 4 TageZeichnung einer Schaale nach Schinkel.« Ebd. NL Rauch, Contobuch A 14, 127b : »Baba in Carrara 1 Schaale mit Weintraube Henkel.« Ebd. NL Rauch, Contobuch B, 191b : »[Schale] mit Wein=Reben in Carrara. Vermerk kann zu dem Preis von 40stük Friedr[ichsd’or] verkauft werden. 1826 Novbr. 8. erhielt [ich] von Sr Kg. Hoheit dem Prinzen Wilhelm Sohn Sr. Majestät für diese an ihn verkaufte Marmor-Schaale 40st. Fried[richsd’or].« – Für viele Hinweise und Gespräche danke ich Frank C. Möller. 13 Schinkel an Rauch, Neapel, 6. September 1824, s. Brief 28. 14 Rauch an Schinkel, 28. Oktober 1821, s. Brief 18. 15 Rauch an Schinkel, 27. April 1830, s. Brief 41. 16 Rauch an Friedrich Wilhelm III.: Entwurf eines Denkmals für Friedrich II., Abschrift an Schinkel, München 1830, s. Brief 42. Rave : Karl Friedrich Schinkel, Berlin III, ebd. S. 312, erwähnt dieses Schreiben Rauchs nicht. 17 Vgl. Rave : Berlin III, ebd. S. 311. Die Entwürfe Schinkels zeigen deutlich, dass er immer in Alternativen, in Möglichkeiten dachte, wie es für einen professionellen Architekten nicht anders denkbar ist (vgl. ebd. S. 305, 306 und besonders S. 311) ; vgl. Kupferstichkabinett SMB, SM 36b.30, 23b.21, 23b.22, 21c.97, 21c.98. 18 Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Juni 1817, s. Brief 9. 19 Vgl. Rave : Berlin III, ebd. S. 270–277. 20 Kupferstichkabinett SMB, SM 2.26. 21 Rauch an Schinkel, 15. Juni 1817, s. Brief 9. Eggers liest missverständlich »verstecken« ; der Autographenbefund ist aber eindeutig und sinnvoll »verschenken«. 22 Vgl. Philipp Demandt : Luisenkult. Die Unsterblichkeit der Königin von Preußen, Köln/Weimar/ Wien 2003, S. 57–69, 105–112. 23 Die Figur des Schwebens zwischen Schlaf und Tod hat ihren klassischen Ausdruck in Michelangelos Pietà in St. Peter gefunden. Für Rauch mag sie Anregung gewesen sein, den Wunsch des Königs sozusagen in Umkehrung des Pietà-Motivs auszuführen, indem er den Ausdruck des Opfers – nun übertragen auf die Gestalt der Königin Luise – in eine ideale, an der Antike orientierte Ästhetik verwandelte und so christliche und antike Ikonographie verband, was Demandt : Luisenkult, ebd. S. 57–69, völlig entgangen zu sein scheint. Vgl. den Beitrag des Bloggers Antonello : Tief schlafend oder tot ? Michelangelos Pietà in St. Peter, Sonntag, 22. April 2012, http:// syndrome-de-stendahl.blogspot.de/2012/04/normal.html (link nicht mehr abrufbar). Das würde auch Schinkels Kopie von Raffaels Grablegung Christi (1507) erklären, einer weiteren Ikone des Pietà-Motivs, die aus seiner Anteilnahme an Rauchs Arbeit am Luisen-Sarkophag hervorging und dementsprechend nicht vor 1810 zu datieren ist. Vgl. Börsch-Supan : Bild-Erfindungen, ebd. S. 295–297, der das Bild mit dem Tod von Fritz Berger, Susanne Schinkels Bruder, in Verbindung bringt und darin lediglich ein »der konventionellen Vorstellung von Raffael wenig entsprechendes und überdies bedrückendes Motiv« sieht. Vgl. auch die Vorzeichnung Friedrich Wilhelms III.
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zum Sarkophag, die sich offensichtlich an Michelangelos Pietà orientiert : Zeichnungen NL Friedrich Wilhem III., SPSG, Plankammer. 24 Ruleman Friedrich Eylert : Charakter-Züge und historische Fragmente aus dem Leben des Königs von Preußen Friedrich Wilhelm III, 2. Theil, 2. Abtheilung, Magdeburg 1845, S. 141. Eylert merkt dazu an : »Ich verdanke [Rauch] diese gütige, von ihm selbst dictirte Mittheilung, durch den Hofbaurath Persius.« Vgl. ebd. S. 135–136 den Bericht des Malers Ternite : »Noch immer hatte der König das Bild der Leiche nicht gesehen. […] Endlich sagte Er eines Nachmittags : ›Ich kann mir wohl denken, warum Sie mir das Bild nicht zeigen wollen ; bin aber darauf vorbereitet, ich habe heute die Maske von Strelitz bekommen, ich will es jetzt sehen.‹ Da mußte ich gehorchen ; kaum hatte Er aber einen Blick darauf geworfen, als Er in ein lautes Weinen ausbrach. ›Schrecklich wahr ! Nie wiedersehen !‹ rief Er aus, und verließ tief erschüttert das Zimmer.« 25 Friedrich Hölderlin : Die Nacht, Fassung im Musenalmanach für das Jahr 1807, hrsg. von Leo Freiherr von Seckendorf, Regensburg, S. 90–91.
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Rauch an Schinkel, Carrara, 10. August 1816
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1. Rauch an Schinkel, Carrara, 10. August 18161
Liebster bester Freund.
Carrara 10 Aug : 1816. Abends
Also seit Treuenbrietzen sahen wir uns nicht. Sie waren mir abhanden gekommen, ich wußte nicht wie, nun bin ich seit dem 23 v. M. hier im romantischen schönen Thale2 bei meinem Freunde Tieck und vielen angefangenen Marmorarbeiten angekommen, womit ich mich mich belustige und täglich etwas fertig mache. Eine schöne Spazierfahrt ( Reise wars nicht) habe ich mir gemacht, und habe Sie, Frau, und Kind mir gesellig noch schöner auf Ihren Wegen3 gedacht, als ichs in meiner einsamen Kalesche war. Was macht Ihre liebe Frau und Miss Märri ?4 ich bitte 1000 Grüße von mir zu bestellen, Erinnerungen ohne Zahl haben mir Zeither viele angenehme Augenblicke gemacht. Der arme Thronerbe5 muß während dem Sie alle Spazierenfahren am Rhein, in den Sauren appel beißen, und den Onkel6 lieb haben der gar sein Mann nicht ist. Ich liebe ihn desto mehr, und bitte ihn schönstens zu grüßen und zu bitten nur wenn er seine Bauten in Pankow besucht, im Sandwege wenigstens meiner zu gedenken, und mit Macht sich gegen alle Dämpfe zu sträuben, wie er sie antrifft auf der Heerstraße oder in den Pallästen, bis zu meiner Rückkehr sich standhaft zu halten.7 Ich kann’s Ihnen nicht sagen, wie viel mehr schönes Italien wieder vorgekommen ist, am Gardasee bin ich schier untergegangen in dieser Herrlichkeit. Ich ließ Verona deswegen im Stich, was ist auch das graue Pflaster gegen diesen Zauber der Formen gegen dieses hindämmern dieser Formen alles im schönsten Azurnen Blau verschwinden, einen solchen Morgen erlebe ich nicht wieder. Zwei Tage vorher auf dem Brenner fuhr ich am 17. 3 Posten im dicksten Schneegestöber, es schien alles wieder erstarren zu wollen. Gott verzeih’s ihm ! Am Sonntage Mittag mit Hr Grimm8 war eine Stunde Hr. Brentano9 bei uns in Carrara sie gingen nach Genova, wir hatten Freunde auf ’s Land nach dem Morgen eingeladen, einen frühen Mittagsmahl zu halten, unsres Königs Geburtstag10 zu ehren, Sonnabend gings nicht, als giorno dimagro. Hr. Brentano ist ein sehr liebenswerther Mann, schade daß wir uns eigentl. nur gesehen und gar wenig vernehmen konnten. Schreiben oder lassen Sie mir ja etwas von Ihrer Reise schreiben, alles intreßirt mich, so auch von Beuth11. Grote12, welche ich bestens zu grüßen bitte, aber bitte ja zu schreiben, nach Berlin sende ich dann mein Schreiben. Ich bin vergnügt froh u wohl wie ein König hier und habe mich nie so der Arbeit gefreut, wie iezt hier in dieser romant. Stille. 1 Nov. bin zur Reise nach Rom hier wohl fertig. Tieck ist so gefällig über die Candel.13 Nachricht Ihnen zu geben, werden sehr schön werden ! An den Fürsten Hardenb[erg] habe ich wegen der Werkstatt von
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München aus geschrieben,14 heute ausführl. Schreiben an den Prof. Schlötzer15 nach Berlin, ich bitte um seyn Fürwort. Die große collossal. Blücherbüste16 wird in 14 Tagen begonnen, Hr. v. Bojie17 werde ich wohl von hier noch besonders wegen der nötigen Materialien schreiben. Wie sind Sie mit den Edlen Boisserée’s gefahren, ich glaube Sie haben dort mit den feinen Leuten viel zu thun gehabt, ich bitte um ein Wort Nachricht über diesen Gegenstand, nur Ihre Biegsamkeit kann bei diesem Geschäft Sie reussiren machen, sonst glaube ich diese Edlen maßen sich zuviel Geld, für die Verdienste der Verfasser dieser Werke schöner Kunst an ?18 Sie brauchen mir garnicht zu schreiben, Ihre liebe Frau bitten Sie nur darum sonst bekomme ich doch keine Nachricht von Ihnen. Alles intreßirt mich. Viele viele Grüße an alle. Wie habe ich noch den Abend gelacht auf der Partie nach Treuenbrietzen wo kein Unterkommens war, ich sollte mit Gewallt mit meiner Geselsch. [im] freien schlafen, das erste mahl in meinem Leben daß ich sollte und wirklich nicht wollte ! [Fortsetzung linker Rand Rectoseite :] Leben Sie wohl geliebtester Freund und Freundinnen Kinder auf baldige Nachricht und Wiedersehen Ihr aufrichtiger Freund Ch. Rauch. 1 Biblioteka Jagiellońska Kraków, Berlinka (ehem. Preußische Staatsbibliothek) : Slg. Autographa, Mappe 135, acc.ms.1922.155.2 (künftig abgek. zitiert als BJ Slg. Autographa, acc.ms.-Nr.). Unter der acc.ms.1922.155.1 hat die Jagiellonische Bibliothek irrtümlich einen Brief von Gottfried v. Eckardstein von 1803 abgelegt, den sie wegen der Schriftähnlichkeit für einen Brief Rauchs hielt. 2 Seit Januar 1815 hatte sich Rauch in Berlin aufgehalten, um die Aufstellung des nach vielerlei Hindernissen aus Italien eingetroffenen Marmor-Sarkophags der Königin Luise im Charlottenburger Mausoleum zu organisieren. Am 7. Juli 1816 brach er erneut nach Italien auf und erreichte am 23. Juli 1816 Carrara, wo ihn sein Bildhauerkollege Friedrich Tieck im gemeinsamen Atelier empfing. Ein reiches Arbeitsprogramm erwartete ihn : Zunächst mussten die beiden in Auftrag gegebenen Statuen der Generäle Gerhard Johann David von Scharnhorsts und Friedrich Wilhelm von Bülows, die zu Seiten der Neuen Wache in Berlin errichtet werden sollten, aufgebaut und der Marmor dafür aus den Brüchen beschafft werden ; darüber hinaus waren zwei große Kandelaber für Frankreich und etwa zwanzig bestellte Büsten auszuführen. 3 Schinkel war mit Frau und Tochter im Juli 1816 an den Rhein und in die Niederlande gereist und über Weimar, wo er Goethe einen kurzen Besuch abstattete, nach Heidelberg gefahren, um Unterhandlungen mit den Brüdern Sulpice und Melchior Boisserée zwecks Ankauf ihrer Sammlungen vorzunehmen (vgl. dazu Brief 4, Anm. 5, 7). 4 Mit diesem scherzhaften Namen ist Marie (Susanne Eleonore) gemeint, die am 2. September 1810 geborene älteste Tochter von Schinkel und seiner Ehefrau Susanne (Eleonore Susette Henriette), geb. Berger. 5 Der »Thronerbe« ist der am 6. Dezember 1813 geborene einzige Sohn Friedrich Schinkels, Karl Raphael, der offensichtlich noch zu klein war, um an der erwähnten Reise teilzunehmen. Er blieb
Rauch an Schinkel, Carrara, 10. August 1816
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in Berlin in der Obhut der übrigen Familie, wozu auch Schinkels Schwiegermutter Susanne Uranie Jacqueline Berger gehörte, die nach dem Tod ihres Mannes George Frederic Berger († 1813) von Stettin hierhin gezogen war. 6 Der »Onkel«, nicht nur von den Kindern, sondern auch von den erwachsenen Familienmitgliedern so genannt, ist Susanne Schinkels neun Jahre jüngerer Bruder, der Architekt Wilhelm Berger. Das Ehepaar Schinkel hatte ihn vor 1810 in ihre Wohnung am Alexanderplatz aufgenommen, wo man nun gemeinsam lebte. 7 Wilhelm Berger beaufsichtigte als Architekt verschiedene Bauten. Als einen seiner ersten Aufträge hatte er die Bauleitung für das Palais des Prinzen August in der Wilhelmstraße übernommen, dessen Umbau und zu verändernde Innenausstattung Schinkel übertragen worden war. Berger war auch für die Dampfheizung verantwortlich, die er als damals neuartige Einrichtung im Palais installierte, worauf Rauch hier mit den »Dämpfen« anspielt (vgl. dazu Brief 1, Anm. 6, 7). 8 Wilhelm Grimm, Märchensammler und Germanist, hatte 1807 Clemens Brentano kennengelernt, mit dem er sein Leben lang befreundet blieb. 1809 waren beide mit Achim von Arnim nach Berlin gekommen, wo sie eine gemeinsame Wohnung (Mauerstraße 34) bezogen und bald darauf auch mit Schinkel in Beziehung traten. 9 Clemens Brentano verband schon bald eine besonders enge Freundschaft mit Schinkel, den er auch auf Dienstreisen nach Sachsen und Böhmen begleitete. Von 1815–1818 lebte er, nur durch Reisen unterbrochen, offiziell in Berlin, wo er auch mehrfach mit Rauch zusammentraf. 10 Der preußische König Friedrich Wilhelm III. hatte am 3. August Geburtstag. Da der Samstag nach Rauchs Angaben ein »giorno di magro«, ein Fastentag, war, wurde das gemeinsame ländliche Mahl auf den nächsten Tag verschoben. 11 Christian Peter Wilhelm Beuth, Geheimrat im Finanzministerium, Kunstkenner und bedeutender Förderer des Gewerbewesens in Preußen, war einer der engsten und frühesten Freunde Schinkels. Beide hatten sich wohl um1795 kennen gelernt und Beuth war der einzige, mit dem Schinkel sich duzte. Zur Biographie Beuths vgl. zuletzt Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 334–358. 12 Gemeint ist Everhard de Groote, ein mit den Brüdern Sulpice und Melchior Boisserée befreundeter Kölner Regierungsassessor, den Schinkel kurz zuvor kennen gelernt hatte. Er sollte mit Goethe, den Schinkel gemeinsam mit de Groote im Juli 1816 bei einem Kurzbesuch in Weimar traf, vermittelnd in den Kauf der von den Brüdern Boisserée angebotenen Sammlung einwirken (vgl. dazu Brief 2 und 4). 13 Bei den später noch mehrfach erwähnten Candelabern geht es um eine Bestellung für die Vendée, an der Schinkel, Rauch und Friedrich Tieck gemeinsam beteiligt waren. Major Camille Royer de Lühnes, Adjutant des Prinzen Heinrich von Preußen, seit 1802 preußischer Kammerherr und während der Befreiungskriege in den Feldzügen gegen Frankreich dem Generalstab des Generals von Bülow zugeordnet, war der Vermittler für den Auftrag, den das IV. Armeecorps zu Ehren der Helden der Vendée vergab (siehe hierzu den grundlegenden Aufsatz von Gisela Zick [Zick 1990], S. 237–267, der auch den folgenden Ausführungen in mehreren Anmerkungen zugrunde liegt). Anlass zur Bestellung waren die Memoiren der Marquise Marie-Louise Victoire de La Rochejaquelein, die 1815 in Bordeaux und in 2. Aufl. in Paris erschienen waren. Eindringlich werden darin die blutigen Aufstände der konterrevolutionären und tapferen »Grande armée catholique et royale« in den Jahren 1793/94 und 1795/96 beschrieben, zu deren führenden Köpfen Louis-Marie de Lescure, erster Gemahl der Marquise, gehörte, der im November 1793 seinen Verletzungen nach der Schlacht bei Cholet erlegen war. 1802 hatte sich die Marquise in zweiter Ehe mit Louis de La Rochejaquelein vermählt, der als Anführer der Erhebung gegen Napoleon in den letzten Vendée-Kämpfen am 4. Juni 1815 fiel. Sein Bruder Henry, nach Zick (1990, S. 243) »die
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eigentliche Kultfigur des 1. Vendéekrieges«, war als Einundzwanzigjähriger am 21. Januar 1794 in der Nähe von St. Aubin gefallen. Diesen und noch weiteren »Helden« sollten die Kandelaber gewidmet sein. Vgl. auch den folgenden Brief Rauchs an Schinkel (Brief 4). 14 Schinkel und Rauch versuchten gemeinsam den Plan zu verwirklichen, in Berlin an geeignetem Ort eine große Königliche Bildhauerwerkstatt zu etablieren. Dort sollten Rauch und Friedrich Tieck mit ihren Schülern und weiteren Künstlern tätig sein, um an den großen Aufgaben zur Verschönerung der Stadt nach den Befreiungskriegen mitzuwirken. Der Staatskanzler Karl August Fürst von Hardenberg wurde zum Spiritus rector bei diesem Atelier-Projekt. Doch Schinkels Vorstellung eines neu zu erbauenden großen Werkstattkomplexes am Spreebogen wurde aus Sparsamkeitsgründen fallen gelassen. Auf Vorschlag Hardenbergs konnte schließlich erst Jahre später das Alte Lagerhaus in der Klosterstraße zu verschiedenen Ateliers umgebaut werden (vgl. Simson 1996, S. 21–26). 15 Johann Carl Gottlieb Schloetzer (oder auch Schlaetzer), Regierungsbaurat und Mitglied des Hofbauamtes, war seit 1818 als Bauinspektor für die Leitung verschiedener Bauten Schinkels zuständig, so auch für die Neue Wache, die Anlage des Kreuzberg-Denkmals, die Friedrichswerdersche Kirche und den Umbau des Doms am Lustgarten (s. dazu Sievers 1950, sub voce). 16 Kronprinz Ludwig von Bayern hatte bereits 1814 Rauch beauftragt, eine kolossale Marmorbüste von Gebhard Leberecht Fürst von Blücher für die Ruhmeshalle der Deutschen, die Walhalla, zu arbeiten. Doch erst am 1. April 1815, kurz vor Abmarsch des Feldherrn in die letzte Schlacht gegen Napoleon, begann Rauch während einer Essenseinladung bei Blücher dessen Büste zu modellieren. Am 10. April war das Modell, das in Marmorrepliken und einer großen Anzahl von Abgüssen in Gips, Bronze und Eisen weite Verbreitung finden sollte, so gut wie vollendet. Ehe Rauch mit dem Modell nach Carrara ging, hatte er bereits 40 Abgüsse davon verschenkt, deren Anzahl sich ein Jahr später fast verdoppelte – ein Zeichen für die hohe Wertschätzung dieses authentischen Porträts von Blücher (vgl. Simson 1996, S. 92–95, Kat. 47–48). 17 Rauch schreibt den Namen nicht korrekt, es handelt sich hier um den preußischen General Hermann von Boyen, seit 1807 Mitglied der Kommission für Militärreform und enger Mitarbeiter des Generals Gerhard von Scharnhorst. Boyen war von 1814–1819 und noch einmal von 1841– 1847 preußischer Kriegsminister. 18 Zu den Verhandlungen mit den Gebrüdern Boisserée vgl. Brief 4.
Schinkel an Rauch, Berlin, 14. November 1816
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2. Schinkel an Rauch, Berlin, 14. November 18161
Mein liebster bester Freund,
Berlin den 14. Nov. 1816.
In Köln erfreute mich Ihr lieber Brief aufs höchste.2 Seit Treuenbrietzen sahn wir uns nicht mehr. Sie sind in Ihrem glücklichen Thal von Carrara bei den stillen ungestöhrten Marmorarbeiten, ich habe viel erlebt und manches Licht ist mir seitdem auf meiner Reise aufgegangen. Einen ganzen schönen und lehrreichen Tag habe ich beim Goethe in Weimar erlebt, der mich sehr freundlich bei sich aufnahm.3 In seiner Nähe wird dem Menschen eine Binde von den Augen genommen, man versteht sich vollkommen mit ihm über die schwierigsten Dinge, welche man allein nicht getraut anzugreifen, und man hat selbst eine Fülle von Gedanken darüber, die sein Wesen unwillkührlich aus der Tiefe herauslockt. Über Boisseree bekam ich durch Göthe die freundschaftlichsten Notizen und mit diesen ging ich nach Heidelberg. In derselben Zeit wo Sie, bester Freund, entzückt über den Gardasee in das seelige Land hineinblickten auf welches der Himmel beständig mild sich herunter neigt, schaute ich in eine neue Welt welche ein treuer, kräftiger, lieblicher und üppiger Menschensinn geschaffen, und die das reizende Bild ihrer Entstehung mit sich führt, wo man sieht wie von fernen Zeiten heraus starren Massen nach und nach die Freiheit gewonnen wird, dann aber, nach dem ewigen Schicksale des Menschengeschlechts, bald die schöne Freiheit zügellos vergeudet, von neuen Lasten gefesselt untergeht. So erschien mir die Sammlung der Boisseree, ich erinnere mich nicht, einen ähnlichen Genuß jemahls gehabt zu haben. Nichts ist da was imponirt, alles anspruchslos, aber es wirkt ruhig, höchst wohlthätig und der Zusammenhang des Ganzen löst eine Menge von Räthsel und führt Reihen neuer Gedanken herbei. Schon die historische Ordnung dieser Sammlung ist etwas so über alles Wichtiges, daß dadurch meinem Gefühle nach eine ganz neue Ordnung der Dinge in dem ganzen Wesen des Sammlens und Aufstellens für die Welt hervorgehn wird. Der schöne nothwendige Zusammenhang in dem man sich dadurch festgehalten sieht, läßt dem sonst unbedeutendsten Gegenstand seinen Werth auf der Stelle, wo er steht, man sieht : was vor ihm war, – wie es so entstehn konnte, – was nach ihm wurde, wie mancher anfangs gering scheinende Gedanke unbehülflich in der Materie ausgedrückt, fortwirkt ausgebildet wird und das göttliche erreicht. Dieser Zusammenhang wurde für die Sammlung grade dieser Gattung von Kunstwerken, stärker angemuthet als irgend wo anders, zugleich auch mehr erleichtert als irgend wo. Wenn es Ihnen so geht wie mir, so ist uns die ganze Gattung von Kunstwerken in ihrem Zusammenhange unbekannt gewesen, und ich muß Ihnen etwas näheres darüber sagen. Ausser unserm Danziger Bilde4 und
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der Tafel welche Hirt dem Crabeth zuschreibt,5 wo wir zusammen uns auf der Ausstellung an der Vortrefflichkeit der Falten ergötzten, kennen wir beide vielleicht nichts bedeutendes dieser Gattung. Seit dem 7t und 8t Jahrhundert war in den alten römischen Coloniestädten am Rhein eine Mahlerschule die den griechis[chen] Styl conservirte, bis ins 13t Jahrhundert hinein war diese Schule vollkommen f[rei und]6 fast weniger frei als die Chinesische Kunst, in einer fabrikartigen Behandlung einer Masse alter hergebrachter starrer Formen, fortgegangen, und ihre Productionen gleichen sehr den noch jetzt üblichen Klosterarbeiten in Rußland. Die deutsche Baukunst und die damit verbundene Skulptur hatte bei ihrer Entwicklung wahrscheinlich einen bedeutenden Einfluß auf die zurückgebliebene Mahlerei. Im 13 und 14 Jahrhundert sieht man den Anfang von Freiheit, Ideenfülle und Rathserholung7 bei der Natur, die welche letztere früher ganz aus der Kunst verbannt war, weil die bekannten hergebrachten Formen auswendig gelernt, hinreichten. Zu Ende des 14t Jahrhunderts sieht man Kunstwerke von entschiedenem Werth in der Mahlerei entstehn, Characteristik der Körper der Köpfe, Farbengebung und Zeichnung der Gewänder und Köpfe stehn schon in einem vollkommenen Zusammenhang, den Gipfel dieser Gattung machen die Bilder des Dommeisters in Cölln aus und die ihn umgebenden Meister, aber immer noch steckt eine Menge veraltetes und starres aus der byzantinischen Schule darinnen. Nun kommen plötzlich die Gebrüder Eyck, Hubert Eyck, 1360 geboren8 und Johannes Eyck Schüler des Bruders, der 1470 starb,9 zwei hohe talente, die fast ein Jahrhundert hindurch wirkten und dadurch einen Fortschritt in der Kunst hervorbrachten, der in keiner Kunst, weder bei den Griechen noch Italienern jemahls so statt fand. Sie schufen grade eine ganz neue Welt, und die Apotheose dieser Meister, wäre das würdigste welches einen Dichter beschäftigen könnte. Alles fabrikartige wird weggeworfen, nach Wahrheit gesucht, indeß leitete immer noch das Ehrwürdige und Feierliche der hergebrachten Formen ihre Gedanken und Ideen. Machwerk ist garnicht in ihren Bildern oder das höchste, und daher ging auch die Sage, daß diese Werke nicht von Menschenhänden gemacht seyen. Der Reiz der Wahrheit, der Einfalt, der Reichthum, die Schönheit, die nirgend erreichte Farbenpracht geben diesen Bildern etwas so überwiegendes, daß man sie ohne bedenken neben das höchste stellen kann was in der Kunst hervorgebracht wurde. Dazu kommt aber, daß sie eine ganze Welt aufschließen, nicht wie andere Gipfelmeisterstücke eine ganze Welt abschließen, und man steht vor ihnen mit frischer Kraft angeregt für das was noch seyn soll in der Welt. Vom großen Johannes Eyck habe ich nur bei Boisseree Bilder gesehn,10 wiewohl ich nachher alles durchsucht was am Rhein in Brabant und Holland irgend sichtbar ist. Die Schüler Eycks sind in der ersten Generation noch vortrefflich, doch unter ihm, dann aber neigen sie immer mehr ihren großen Meister mißverstehend blos auf die Natur hinzusehn ohne Gedan-
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ken Idee verlieren sie bald den Reiz der Formen, werden Meister des Einzelnen, nicht des Zusammenhangs und kurz die Sache stirbt ab. Zur selben Zeit geht in Italien die Kunst mächtig auf, der es nun leicht wird dieses sieche Streben zu überwältigen, dazu kam das wunderbare Schicksaal der Reformation in Braband und Holland wo die Bilderstürmerei die schönsten Werke der guten altniederländischen Schule zu Grunde gingen, nach Spanien und England verschleppt in Vergessenheit geriethen, und so ist durch besondre Schicksaale eine schöne Epoche der Kunst von der Welt verschwunden gewesen, bis sie jetzt mühsam aus ihren Trümmern wieder zu einem Bilde aufgebaut wird, wozu es auch wieder großer Weltereignisse bedurfte um nur die Möglichkeit herbeizuführen. Die Rubens pp der späteren niederländischen Schule kannten kaum noch die Hauptmeister dieser Vorzeit, sondern wendeten sich gleich nach dem glänzenden Italien und so ruhte der Schatz Jahr[h]underte hindurch unbeachtet. [Diese] Sammlung Boisserees aus etwa 250 Bildern bestehend, stellt in reiner Jahrhundertfolge die Werke von dem 11t Jahrhundert an bis zum Gipfel Eyck im 14t Und 15t Jahrhundert, und von da abwärts bis zum Vorgänger Rubens den Carl von Mander im 17t Jahrhundert, auf, und mag es immer seyn, daß früher Tieck und Wackenroder, dann Schlegel, Görres und endlich Göthe auf ihr Unternehmen den größten Einfluß gehabt haben11 und daraus die Idee mit der das Ganze unternommen entsproßen und gepflegt worden ist, so waren sie es doch, deren Natur so vorzügliche Eindrücke in dem Grade annahm, daß ein eigenes Leben daraus entstand, dessen Wirklichkeit noch nicht abzusehn ist. Sehn Sie mein werthester Freund, so habe ich die Sache an sich gefunden, und mein Urtheil darüber ward vollkommen bestätigt durch alles was ich am Rhein nachher in Braband und Holland sah, (denn ich bin in Löwen, Brüssel, Antwerpen, pp Amsterdam pp gewesen.) Die Herren Boisseree selbst aber haben mancherlei Schwächen, und es ist bös mit ihnen zu verhandeln, sie sind verzogene Kinder denen alles Cour gemacht hat, die sehr gut wissen, welchen Schatz sie in Händen haben und, daß es leicht ist in der Welt mit 80000 rth. eine Justinianische Sammlung12 zusammen zu bringen, aber um keine Summe eine solche wie die ihrige. Demungeachtet hoffe ich wir werden den Schatz nicht fahren lassen der unserm lieben Norden auch ein kleines Gewicht gegen die Kunstschweren Dresdner, Wiener, Münchener pp geben wird, auf den wir uns auch etwas einbilden können und nicht immer blos von Soldaten und Finanzen zu reden gezwungen sind. Und so hoffe ich Sie werden den Schatz bei Ihrer Rückkunft in Berlin sehn und als Bildhauer sich erfreuen, wenn nicht an der Herrlichkeit der Farben doch an der Wahrheit und Strenge der Behandlung und an dem Reiz des kostbaren Faltensystems.13 Soweit hiervon. – Können Sie sich Marien14 im Amsterdamer Schauspielhaus denken ? wo Mine Heeren ein Trauerspiel gaben, und am Strande der Nordsee bei Scheveningen ? wo sie mit den Fischerjungen, die sie halb ver-
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stand, im Küstensande spielte und Muscheln suchte. Die Ruhe hat uns in jeder Hinsicht wohlgethan, und Gott hat uns Glück gegeben, das Wetter war schön in den Hauptpunkten. Trier ist das deutsche Italien, die römischen Werke sind mit den schönsten in Italien zu vergleichen[.] Porta nigra ist ein Werk in etrus[kischer] Bauart und ausserdem giebt es Palatien, Bäder, Amphitheater [ein Wort Textverlust = bei] de[m] allen auch Vulcanisches Land ringsumher und um dieses ein weiteres Schiefergebirg in welchem ganze Palmenwälder mit 50 Fuß hohen Bäumchen abgedrückt sind. Von der bekannten Rheinfahrt spreche ich nicht, aber Cölln ist ehrwürdig und mannigfaltig wie Rom, hier und in Brüssel würden die einzigen andern Punkte seyn wo etwas zusammengebracht werden könnte, welches mit Boisserees Sammlung einmal vergleichbar werden könnte. Niederland und Holland sind mir höchst interessant gewesen der Reichthum und die Vollkommenheit des Landes sind über alle Begriffe und stehn so recht in schönem Gegensatze mit der reizenden Nachlässigkeit Italiens, wo der Natur so viel überlassen wird, dagegen sie hier ganz gefangen liegt und innerlich wirkt um mannigfaltige Kunst aufzuregen. – Glücklich trafen wir in Berlin unsre Familie gesund an auch den Oncle Wilhelm, der noch schrecklich mit den Dämpfen kämpfte,15 alles grüßt Sie bestens ; am Sonntag ging meine Frau ins Luisenthum, um Ihre Tochter16 zu uns hinzuholen, sie war aber eben durch Lautenschläger17 in Beschlag genommen, nächsten Sonntag werden wir also wohl das Vergnügen haben. An Tieck bitte ich doch das beiliegende Blatt mit den Inschriften zu geben, ich hoffe Sie bald hier zu sehn, damit ich einen Trost mehr in meinem Leiden habe, denn die bekannte Jagd und Hetze hat nach meiner Rückkunft stark wieder angefangen. Leben Sie wohl mein Theuerster, und denken Sie zu weilen an Ihren Schinkel 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Schriftwechsel Rauch, Mappe 156, Bl. 1–2. 2 Vgl. Brief 1. 3 Schinkel, von seiner Reise an den Rhein und in die Niederlande kommend, hatte am 11. Juli 1816 für einen Tag einen Abstecher nach Weimar unternommen, um Goethe zu besuchen und Informationen über die mit Goethe befreundeten Brüder Boisserée einzuholen (vgl. Brief 1, Anm. 3). 4 Schinkel spielt hier auf das Jüngste Gericht von Hans Memling an, das im Auftrag des Angelo di Jacopo Tani, Vertreter des Bankhauses der Medici in Brügge, zwischen 1467 und 1471 entstand. Das burgundische Schiff, das das große Triptychon nach Florenz bringen sollte, wurde von Danzigern gekapert und so verblieb das Kunstwerk trotz Protestes der Medici als Beute in Danzig. Zunächst für die Marienkirche bestimmt, befindet sich das Original heute im Muzeum Narodowe in Danzig. 5 Um welches Gemälde es sich hier handelt, das Aloys Hirt einem der Brüder Crabeth (Adrian Dirk oder Wouter) zuschreibt, ist nicht bekannt. 6 An dieser Stelle ist der Brief beschädigt, wo ein Wort mit »f« beginnt. 7 Wie sicher Schinkel seine Terminologie wählt, sieht man an dem Begriff der »Rathserholung«
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(aus der Kameralistik bzw. Jurisprudenz des 18. Jhd., vgl. Krug 1827, S. 272 (Artikel »Berathung«) : »Berathung ist theils Rathsertheilung, wenn man jemanden (gut oder schlecht) berathet, theils Rathserholung, wenn man sich selbst mit Andern berathet, wo also die Berathung wechselseitig (activ und passiv zugleich) ist.« 8 Hubert van Eyck, zwischen 1370 und 1380 geboren, starb 1426 in Gent. 9 Zu Jan van Eyck, um 1390 vermutlich in Maaseyck bei Maastricht geboren und 1441 in Brügge gestorben, vgl. Bestandskat. Gemäldegalerie SMB 1975 (sub voce). 10 Man schrieb damals den Brüdern van Eyck weit mehr Bilder zu, als sich später in der Forschung halten ließ. Dazu gehörte auch der »Dreikönigsaltar«, der sog. Columba-Altar (München, Alte Pinakothek, WAF 1189–1191) von Rogier van der Weyden, den man damals für ein Werk Jan van Eycks hielt (vgl. Heilmann 1986, S. 17, Taf. 14, 69. Heilmann verweist auf das 1822 in Breslau erschienene, grundlegende Werk »Über Hubert und Johann van Eyck« von Gustav Friedrich Waagen sowie auf Goethe, der Jan van Eyck »als den Begründer der neuen wirklichkeitsnahen Ölmalerei ansah«). 11 Bei all diesen von Schinkel genannten romantischen Dichtern, die mit den Brüdern Boisserée freundschaftlich verbunden waren und sicherlich Denkanstöße für deren Sammeltätigkeit gaben, geht es um das gemeinsame Interesse am mittelalterlichen Leben und an der altdeutschen Kunst, deren Schönheit und Wahrheit August Wilhelm Schlegel als identisch empfand. So hatten die Freunde Ludwig Tieck, Bruder des Bildhauers Friedrich Tieck, und Wilhelm Heinrich Wackenroder bereits 1793 eine gemeinsame Reise nach Franken angetreten, wo sie sich an den mittelalterlichen Städten Bamberg, Nürnberg, Bayreuth mit ihren Burgen, Ruinen, Kirchen und der alten Kunst begeisterten. Ihre Erlebnisse, Reflexionen und Kunstanschauungen fanden in ihren Schriften, besonders ihren viel gelesenen Künstlerromanen, einen Niederschlag, so in Wackenroders Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders oder in Tiecks Franz Sternbalds Wanderungen. Wichtig für die hohe Wertschätzung der alten Niederländer und des – durchaus nicht unstrategischen – Unternehmens der Boisserées mag es auch sein, daß der geschätzte Kunsthistoriker Gustav Waagen daran die folgenreiche These knüpfen konnte, die Quelle einer eigenständigen abendländischen Malerei sei zu Beginn des 15. Jahrhunderts in den Werken der Brüder van Eyck zu suchen (vgl. Dilly 1979, S. 190–191, 145 ff.). 12 Vgl. Brief 4, Anm. 4. 13 Der Kauf der Sammlung Boisserée (vgl. dazu Brief 4, Anm. 7) kam zu Schinkels und Rauchs Leidwesen nicht zustande. 14 Das ist Schinkels kleine Tochter Marie, die ihre Eltern auf der Reise begleitete (zu Marie vgl. Brief 1, Anm. 4). 15 Es handelt sich um den als »Onkel« bezeichneten Schwager Schinkels, den Architekten Wilhelm Berger. Da dieser im Palais des Prinzen August eine Dampfheizung einbaute, spielt Schinkel hier scherzhaft auf den Kampf mit den Dämpfen an (vgl. Brief 1, Anm. 6, 7). 16 Das ist Rauchs erste, am 13. Januar 1804 unehelich geborene Tochter Agnes, die auf Wunsch Rauchs im April 1814 in die Luisenstiftung eingetreten war. Das »Luisium« war damals die modernste Mädchenschule Berlins, in der nach den Lehrmethoden Johann Heinrich Pestalozzis unterrichtet wurde (vgl. Peschken-Eilsberger 1989, S. 27). 17 Hofzahnarzt Heinrich Lautenschläger, bei dem Rauch »im Anfang des Jahrhunderts einige Jahre in der Heilgeiststraße Nr. 42 wohnte« (siehe Fragment von Rauchs Lebenslauf, angefügt an die Akte SMB ZA, IV/NL Rauch 08), war ein enger Freund geworden, der den jungen Künstler in seiner Frühzeit, in seinem Wunsch nach Italien zu gehen und sich als Bildhauer weiter zu bilden, stark unterstützt hatte. Er regelte während Rauchs Abwesenheit von Berlin auch dessen Finanzen und Korrespondenzen (vgl. Simson 1996, S. 14, 15, 43).
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3. Schinkel an Rauch, Berlin, 2. Dezember 18161
Hochgeschätzer Freund,
Berlin den 2 Decembr 1816
So eben erhalte ich ein Schreiben der Königl. Preuss Regierung zu Achen folgenden Inhalts : Euer Hochwohlgeb. haben während Ihrer Anwesenheit in Achen den Herrn Regierungs und Bau Rath von Heinz das gütige Anerbieten gemacht, den von uns beabsichtigten Ankauf der Büste Friedrichs des Großen aus Carrarischem Marmor und in colossaler Größe von Rauch gefertigt, für unsere Rechnung zu übernehmen, und zugleich geäussert, daß der Preis dieser Büste sich auf 100 Ducaten belaufen würde und die Transportkosten derselben von Berlin hierher auf 5 Ducaten angeschlagen seyen. Wir haben den Betrag dieser Summe in die Anschläge aufgenommen welche wir bei des Herrn Finanz Ministers Excellenz unterm 19t vorigen Monats über die bauliche Einrichtungen und Utensilien Beschaffung unseres Geschäfts Locals zur Genehmigung eingereicht haben. Da wir nicht zweifeln, daß selbige bald und für den ganzen Umfang der Anschläge erfolgen wird, so erlauben wir uns von Ihrem Anerbieten Gebrauch zu machen, um Euer Hochwohl. zu ersuchen, uns die genannte Büste von Rauch, falls sie jenen Preis nicht übersteigt, anfertigen zu lassen und hierher zu senden. Wir werden nicht ermangeln unmittelbar nach dem Empfang den Kosten Betrag anzuweisen. Achen den 10t Nov. 1816 Königl. Preussische Regierung 2t Abtheilung Sack Heinz Boneke An den Geheimen Ober Bau Rath Herrn Schinkel. Hochgeboren zu Berlin.
Sollten Sie gesonnen seyn die Sache zu übernehmen und in irgendeiner Art aus zu führen so bitte ich das Nähere mit der Regierung zu Achen selbst noch zu verhandeln indem Sie sich auf obiges mitgetheilte Schreiben an mich dabei beziehen können. Ich werde jetzt gleich der Regierung von Achen Anzeige machen, daß ich Ihnen den Auftrag habe nach Italien gesandt und sie von Ihnen das weitere darüber erfahren werde. Wo Sie alsdann die etwa nötigen Abänderungen in den Bedingen nach Gefallen machen können.2 – –
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Meinen letzten Brief welchen ich mit Martius3 gesendet werden Sie hoffentlich empfangen und daraus ersehn haben wie mirs geht, seit der Zeit ist nicht viel Wichtiges vorgefallen, die kleinen Neckereien von obenher, wo bei den unbedeutenden Aufträgen zu unbedeutenden Gegenständen, viel und häufig unbedeutendes geändert und Zeit und Mühe mit unbedeutendem verdorben werden muß. Das Project Ihres Hauses liegt dem Staatskanzler vor und Schlötzer wird Ihnen nächstens so bald Nachricht darüber da ist weitläuftig schreiben4. Kürzlich äusserte Hr. von Royer5 ob man die Wappen an den Candelabern nicht fortlassen könnte so wie die Inschriften, wahrscheinlich angeregt von Frankreich aus,wo die Beschreibung alles dessen was an diesen Candelaber kommen soll barocque geklungen haben mag. Ich habe mich bis jetzt stark dagegen gesetzt, indem ich den Gegenstand weniger als Geschmacksache ansehe, als das Monument seyn soll wo jede geschichtliche Beziehung Werth hat. und im Verlauf der Zeiten wenn die Geschichte mit ihren Einzelheiten halb vergessen ist ein solches Monument im Stand ist sie lebendig und in einem Schlage wieder hervorzurufen. Die Nahmen der 6 Haupthelden welche man ausgesucht hat um sowohl im Portrait als geschrieben an den Aschen Krügen und den Bändern denen zugewiesen sind folgende.6 2) [sic !] Lovis De La Roche Iaqvelin 1) Henry De La Roche Iaqvelin 3) Lescvre 4) Charette 5) Cathelineav 6) Bonchamp Die No 5. Cathelineau hat kein Wappen weil nur aus niedern Stande, dis war ihnen ein Anstoß ; ich würde es sehr schön finden wenn sein Nahme auf dem Schild stände, wodurch gleich seine Abstammung und nachmalige Gleichstellung mit den vornehm geborenen angedeutet würde. Die Schilde misse ich ungern an diesen Denkmalen ; da sie eine schöne Beziehung auf das Ritterliche des ganzen Ereignisses haben. So habe ich es denen Herren vorgestellt und hoffe es bleibt beim alten. Sie werden dennoch die andern Data von Hr von Royer und von dem Herrn Barante7 selbst aus Frankreich direct erhalten letzterer sendet Ihnen zugleich die Profilköpfe der Helden. Leben Sie wohl, für heute kann ich vieler Briefe wegen nicht länger die Freude haben mit Ihnen zu sprechen. Alles bei mir grüßt Sie herzlich, und wünscht bald etwas von Ihnen zu hören, da Sie wieder einen Winter in Rom zubringen werden Ihnen neue Welten aufgehn nach der Umsicht im Vaterlande, davon bald mündlich von Ihnen zu hören wünscht sehnlichst Ihr
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ergebenster Freund Schinkel [Nachschrift von Susanne Schinkel] Ich grüsse Sie herzlich, lieber Herr Rauch, und höre mit Vergnügen von manchem Ihrer Freunde daß es Ihnen wohl geht und daß Sie frohen Geistes sind. Ihre Agnes ist gesund ; am vorigen Sonntag hat sie mit Beuths die Undine8 gesehen und ist ganz seelig dabei gewesen. Den kommenden Sonntag, kommt sie zu uns, wenigstens hat Mlle. Lehmann9 mir erlaubt sie alle 14 Tage zu holen. Leben Sie wohl und vergessen Sie Ihre Freunde nicht, die recht viel und oft an Sie mit Theilnahme denken. S. Schinkel 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 3–4. 2 Durch den Pariser Vertrag und die Schlussakte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815 war Aachen zu Preußen gekommen und zum Sitz der Verwaltungsbehörde bestimmt worden. Für den Sitzungsaal des neu zu errichtenden dortigen Regierungsgebäudes war von Aachener Seite die Aufstellung einer Büste Friedrichs II. vorgesehen, deren Kosten man zu übernehmen beabsichtigte und die Rauch, dank Schinkels Vermittlung, zur Ausführung übertragen werden sollte (vgl. dazu Brief 5). 3 Gemeint ist der königliche Hofbaumeister Ferdinand Wilhelm Roderich Martius. 4 Mit dem »Projekt Ihres Hauses« ist der künftige Werkstattbereich Rauchs gemeint (vgl. dazu Brief 1, Anm. 14, zu Schloetzer ebenda Anm. 15). 5 Major Camille Royer de Luynes gehörte schon seit 1786 in Rheinsberg zu den Adjutanten des Prinzen Heinrich von Preußen, dem er bis zu dessen Tod 1802 diente. Danach war er königl. preuß. Kammerherr, seit 1814 General von Bülow »zur Dienstleistung« zugeordnet, wobei er auch als Übersetzer von Briefen, die in französischer Sprache abgefasst werden mussten, fungierte. Anschließend übernahm er die Gesandtenposten in Paris (1815), dann Madrid, Lissabon (1823–25) und Konstantinopel (1829). Auch wird er als ständiger Begleiter des Fürsten Anton Radziwill genannt (vgl. GStA III. HA MdA, ZB Nr. 970 : Tod, Testament und Nachlaß des in Konstantinopel verstorbenen Gesandten Kammerherr und Major von Royer, Bd. 2 ; Gneisenau-Papers im National Archiv der USA, Record Group 242 : Roll 11, Section A : Letters to Gneisenau 1810–31 : Letters and reports from Major von Royer, 1815–25, mainly from Paris and relating to political conditions in France ; GStA IV. HA Familienarchive und Nachlässe, Ministerialbeamte und Mitarbeiter in nachgeordneten Ressorts : Royer-Lühnes, Camille von). Zu Major Royer de Lühnes vgl. auch Brief 1, Anm. 13. 6 Mit den hier angegebenen sechs Namen hatte man sich von französischer Seite schwer getan, da sie die Zahl der Vendée-Gefallenen stark einengte. Außer den Familienangehörigen Lescure und de La Roche Jaquelein waren es zunächst noch François Athanase Charette de la Contrie, Jacques Cathelineau, bürgerlicher Fuhrunternehmer aus Nantes, erster, von den Bauern gewählter Generalissimus der ›armée catholique‹, der bereits im Juli 1793 an den Folgen seiner Verwundung in der Schlacht bei Nantes starb, und Charles Artus Melchior de Bonchamps, der noch kurz vor seinem Tod 4000–5000 republikanische Gefangene durch Begnadigung von der Füsilierung
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verschonte (siehe dazu Zick 1990, S. 256 und die dort in Anm. 44 vorgestellten Kurzbiographien der genannten Helden). Schließlich blieb es an den Kandelabern nur bei Nennung und Porträtdarstellung der drei Familienmitglieder. 7 Amable-Guillaume-Prosper Brugière, Baron de Barante, Staatsrat und Generalsekretär im Ministerium des Inneren unter Ludwig XVIII., hoher Regierungsbeamter in den Diensten Napoleons und seit 1809 Präfekt der Vendée, gehörte zum Kreis der Mme de Staël. Er machte sich auch als Literaturhistoriker und Übersetzer ins Deutsche einen Namen und redigierte die »Memoiren der Marquise de La Rochejaquelein«, die den Ausschlag zur Bestellung der Kandelaber gaben (siehe dazu Zick 1990, S. 241, besonders S. 255–256.). Baron de Barante war auch zuständig für alle Fragen bezüglich der Vendée-Kandelaber. 8 Nach Briefangaben Beuths (an Rauch vom 25. Dezember 1816) war Beuth mit Rauchs Tochter Agnes und seiner Schwester, die das Kind häufig zu sich holte, gemeinsam in einer Aufführung der Undine, einem »Decorationsstück von Schinkel mit Musik von Hoffmann und Text von La Motte Fouqué« (vgl. Wolzogen 2016/B, S. 793). Die Uraufführung der romantischen Zauberoper hatte am 3. August 1816 im Königlichen Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt stattgefunden. 9 Friederike Lehmann, Tochter eines Predigers, war Leiterin der Luisenstiftung (vgl. Peschken-Eilsberger 1989, Anm. S. 106).
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4. Rauch an Schinkel, Carrara, 19.–21. Dezember18161
Theuerster bester Freund !
Carrara 19. Decembr. 1816.
Wenige Stunden nachdem Tieck seinen Brief mit einer kleinen Zuschrift abgesandt hatte, kam Ihr Schreiben2 an uns hier an, welches uns in so vieler Rücksicht so viel Freude gemacht hat. Das an Tieck wegen der so lange erwarteten Inschriften am Rande der beiden Schaalen,3 das an mich gerichtete noch mehr wegen Ihrer meisterhaften Schilderung, der Rheinischen Mahlerschule, die um so mehr den Wunsch rege gemacht hat, die Boisseréesche Sammlung in Berlin zu besitzen, und ob es gleich wahr ist daß, es größer Schwierigkeit haben würde, noch eine solche Sammlung zu Stande zu bringen als vielleicht Zehn Justinianische in Italien,4 so erfüllen die Schwierigkeiten die die Herren Boiss[erée] machen mich dennoch mit dem heftigsten Zorn, da dieselben bedenken sollten daß Sie in iezt preußischen Provintzen ihre Sammlung zum großen Theil für weniges Geld erhandelt, und daß es also unrechtlich und aufs höchste unpatriotisch ist, für Menschen besonders welche die Vaterlands Liebe in altdeutschen Kleidern so zur Schau tragen, solche Schätze dem Vaterlande entziehen zu wollen. Ich wünschte daß man dieß den Herrn etwas zu Gemüthe führte.5 Und was den Ankauf dieser Kunstsammlung anbetrifft, so glaube ich wäre es gut S. Durchlaucht dem Staatskanzler und den Minister des Inneren, darauf aufmerksam zu machen daß man den Hr. Boiss[erée] jeden Preiß auch den höchsten bezahlen könnte, unter folgenden zwei Bedingungen welche aber beide unerleßlich wären. Erstlich die Sammlung muß nach Berlin, die andere die Hr. Boiss[erée] müßten6 mit dem erhaltenen Gelde nicht die preuß[ischen] Staaten verlassen, um sich etwa in Frankreich oder Bayern anzukaufen, unbeschränkt ihrer Freyheit überall zu seyn wo es ihnen beliebt.7 Vor ein paar Tagen haben wir einen der Kandelaber8 ganz zusammen gesezt, um den Efeckt desselben zu sehen, und nicht genug kann ich Ihnen liebster Freund beschreiben, wie vortreflich derselbe sich ausnimmt, wie zierlich und harmonisch die Linien. wie grandios und mächtig das Ganze. so daß der Entschluß mir Mühe kostete, die unfertigen Theile der Arbeiten wieder zurückzugeben. und das Vergnügen abzubauen. Sehr wünschten wir daher, daß auch Sie sich einmahl der Ausführung eines Ihrer Werke erfreuen könnten, besonders dieses, dessen Ausführung uns übertragen, und daß man auch in Berlin ein Kunstwerk sähe welches ein so schöner Beweiß Ihres Talents ist, deßen Anwendung man mehr zu bleibendem und Ernstern Denkmahlen gebrauchen sollte, Wäre es nicht möglich dem Magistrat der Stadt Berlin anschaulich zu machen, daß sie ihren so rühmlich gefallenen Mitbürgern ein Denkmahl schuldig wären, und daß eine
Rauch an Schinkel, Carrara, 19.–21. Dezember1816
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Wiederholung dieser beiden Kandelaber, etwas so schönes, Passendes und zugleich neu in dem Gedanken wäre, freilich müßten die Kandelaber als öffentliche Denkmahle größer in den Dimensionen seyn, und wir haben heute eine vorläufige Berechnung angestellt, und gefunden daß dieselben Sechzehn rheinische Fuß hoch (sage 16 rhl. Fuß) hoch ausgeführt im schönsten architekturmarmor mit der Einkistung und Fuhre zum Meer reine baare Auslagen etwa Eintausend holl. Dukaten kosten würde. Hiebei ist unsere Zeit und die welche das überarbeiten der Figuren und Bildnisse uns beide kosten würde, nicht in Anschlag gebracht. Wollte die Stadt selbige ausführen lassen, so würden Tieck und ich es uns für eine Ehre schätzen, die Leitung dieser Arbeit zu übernehmen, und unendgeldlich unsere Zeit und Arbeit daran verwenden. Es könnten selbige wenn man sich dazu entschlösse die Arbeit im nächsten Herbste soweit von hier abgehen, daß nichts anderes als unsere Retouche in Berlin zu machen übrig bliebe. Die Spesen des Transports zu Meer bis Hamburg u von da bis Berlin, lassen sich hier weniger berechnen als vielleicht in Berlin.9 Der Staatsminister v. Schuckmann,10 als er meine Büste S. M. des Königs mit der Lorbeerkrone11 sah äußerte den Wunsch selbige im Museo als Denkmahl der Stiftung desselben aufgestellt zu sehen, weshalb ich den Prof. Raabe12 den Vorschlag habe machen lassen, einen schicklichen Ort im Museo zu bestimmen, und ein Piedestal dazu zu entwerfen, nehmlich einen Pfeiler und zu jeder Seite desselben eine freistehende Vicktoria ungefehr wie die beiden Anticken der Sammlung in Berlin13 gestellt. Iezt ist mir aber eingefallen daß man mit gleichen Kosten, eine ganze Statue des Königs hinstellen könnte. ich bin damit beschäftigt ein [sic !] Skizze dazu zu entwerfen. um eine Zeichnung davon nach Berlin zu senden, u werde Pr. Raabe bitten, Ihnen solche sogleich mitzutheilen. Es sollte solche darstellen dem König, das Modell des Museums in der Rechten, dieselbe auf eine Statue der Viktoria stützend, im Königl. Mantel die Linke an das Schwerdt gelegt, in einem freyen Kostum, jenem des 13 Jahrhunderts ähnlich. sollte solche ausgeführt werden, wünschte ich sehr daß der König selbst nichts eher davon erführe, als bis selbige fertig am bestimmten Orte stände.14 Wie sehr mich Ihr Brief gefreut hat, kann ich Ihnen nicht genugsam beschreiben, so Ihre Ansichten der Kunstgegenstände und der Länder. insbesondere aber daß Sie wohl und heiter, mit diesen Erfahrungen als Erholung, zu Hause wieder eingekehrt sind. Dieß alles freut mich, aber ich beneide Sie auch Ihres häuslichen Glückes wegen. könnte ich dieß erringen, was alles gäbe ich darum ! Ich arbeite soviel ich kann, daß ist aber nicht zureichend, da sie aufhört. und augenblicklich mir wie ein Vagabonde vorkomme. den eigentlich die höhere Polizey nicht dulden sollte. Das schöne Land diese mich über alles labende Milde Heiterkeit des Himmels, der Reichthum (dieser unvergängliche) in jeder Art der Grösse an Kunstproduktionen aller Jahrhunderte, alles dieß ergreift mich mehr als sonst,
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ich fühle mich reizbarer u fähiger als jemals. aber es fehlt mir dieß was ich nur noch schwerlich erreichen kann, die Nähe meiner Kinder würde mir schon vieles seyn, dieses kann auch nicht seyn, da die schickliche Verbindung einer Mutter fehlt.15 verzeihen Sie theuerster Freund diese Ausschweifung, aber so ists mir ums Herz. Ich dachte oft u sehnlichst an Sie in Rom, wo ich die schönsten Tage meines Lebens genossen habe, ich war zwar nur vom 26. Octobr. bis 28 Nov. dort, hielten es die Lebenskräfte aus, und könnte man sein Leben so verbringen, wie ich diese Wochen, dann würde ich die Seeligen nicht beneiden. 20 Xbr. Florenz hat durch die wiedereingewanderte pp Venus Med.16 und der vielen Mahlereien vom ersten Range, Wunder der Kunst wiedergewonnen. Im Pallast Pitti sind allein etliche Fünfzig Bilder aus Paris zurück. Die Werke des Mich. Angelo die Grabmähler der Medic. in St. Lorenzo haben dießmahl mehr als jemahls meine Aufmerksamkeit erregt, Erstaunenswürdige Werke dieses Bildhauers, ich glaube der Erste u Lezte so leidenschaftliche. Aber welche schwere Stunden muß er an der unvollendet gelaßenen Madonna verlebt haben, ehe er sie verließ so unvollendet.17 Die Aeginetischen Werke in Rom18 sind in jeder Rücksicht iezt die intereßantesten Bildhauerwerke der alten Zeit. Die Kühnheit der Bewegungen der Statuen ganz neu, so die Ausführung und sorgliche Nachahmung der Natur. Wie der Griechen Helme konstruirt, und die Bewegung desselben angewandt wurde, sieht man in diesen Werken zuerst. Sonderbar aber sind die Köpfe, abweisend von allen Theilen des Körpers, jedes Gesicht lacht. die Sieger wie die Fallenden. Sonderbar – aber ich finde beide haben recht ! – Hirt19 schrieb mir aus Venedig 6 Xbr. munter u wohl. Tieck und ich gehen die andere Woche nach Florenz auf ein paar Tage den Sylvester [Zusatz am linken Rand :] Anbei erfolgt noch eine Zuschrift Tiecks. wir bitten um Antwort [wegen] der Tafel mit dem Schwerdt der Jaquelins.20 Die Nische zu Funcks büste für Magdeb.21 macht sich ungemein schön, und recht architektonisch. ich habe großes Vergnügen daran. mehr als an allen meinen Büsten, woran ich iezt kaue. – [Forts. Text :] Abend fröhlich dort zu feyern. Hirt u Gr[af] Ingenheim22 werden dann auch dort seyn. Wo werden wir aber den Bohnenkönig die Bohne finden lassen ?23 Was gäbe ich darum mit Ihnen wieder zu seyn wie die beiden lezten mahle so fröhlich. Bohnen giebts auch wohl hier, aber keine die fröhlich macht. Lassen Sie mir ja wissen wo u wie dieß alles sich dieses Jahr bei Ihnen zutrug. u bitte tausendfältig Ihre liebe Frau Kinder u Schwager schönstens zu grüßen. Ach die Arme ! hat vielleicht statt sich der Bohnenmayestät zu freuen mit dem 2ten Thronerben zu schaffen.24 Das geth [sic !] freilich vor, und muß auch seyn, und wünsche alles Glück zum Voraus. Freund Langermann25 vor allem u Staatsrath
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Schulze26 bitten beide schönstens zu grüßen u mich in Erinnerung zu bringen, und für jede Aufmerksamkeit zu danken. Nun noch ein Wort ehe ich schließe, doch hievon kein Wort im Hause – kommen Sie künftig Jahr in der schönen Jahreszeit hieher, dann gehen wir zusammen auf einige Wochen nach Rom und ich kehre mit Ihnen dann wann Sie wollen nach Berlin zurück, suchen Sie sich doch so einzurichten. alles kann man, wenn man will ! – Alle Marmor zu den beiden Monumenten à 9 Fuß hoch sind in Livorno.27 blos die Blöcke zu den Statuen liegen noch hier am Meer. ich sende alle Marmor zu den Piedestalen massiv. will man dann nur Platten, so läßt sich der Marmor bald klein sägen. Könnte ich die Statuen hier anlegen so wäre sehr viel gewonnen, die Blöcke kosten sehr viel Transport u Umstände. Von Schlötzer wegen meiner Projektirten Werkstatt höre ich nichts auch nicht von F[ürst] Hardenberg.28 ich bitte Sie um eine Zeile Antwort herzlichst u Meinen schönsten Dank daß Sie u Ihre liebe Frau sich meiner Agnes angenommen tausend Dank. Nun Leben Sie wohl u behalten mich lieb u Ihrer Freundschaft wie ich unveränderlich. Ihr aufrichtiger Freund. Chr. Rauch viele Grüße an Brentano29 u die sich meiner erinnern. 21 Xbr. NS. Ich hatte mich geirrt, die Post geht erst heute Abend ab, ich füge noch einiges hinzu. Nemlich ich habe in Rom einen preuß. Pensionirten30 Cöllner Archit[ekten] Hr. Gau kennen gelernt, welcher sich Ihnen unbekannterweise empfiehlt. Ich habe ihn als einen sehr fleißigen, und tüchtigen Menschen kennen gelernt, und glaube daß Sie ihm getrost jedes Geschäft anvertrauen oder dazu empfehlen können. Er ist sehr bescheiden, und sammelt schöne archit. Materialien, da er in Frankreich studirt hat. so ist ihm auch die[se] Art und Weise eigen geworden, jedoch mit seinem regem Sinne recht thätig. Die Fresco Mahler. Cornelius. W[ilhelm] Schadow u Overbeck haben sich durch ihre großen Bilder (wahrlich, nicht Versuche) viel Ehre erworben,31 namentlich Schadow in der Farbe, u Cornelius auch hierin, mit Zufügung einer Meisterhaften Composition. Cornelius ist ein ungemein kühner u Genialer Mensch, er wünscht so sehnlichst in Berlin namentlich unter Ihrer Leitung arbeiten zu können, in weniger als 9 Monathen sind die Cartons u großen Bilder vollendet worden. Overbeks Comp. ist sehr schön, aber die Mahlerei hat, das einer kleinen getuschten Zeichnung. Koch32 u Thorwald[sen]33 haben sich sehr nach Ihnen erkundigt und freuen sich Ihrer Arbeiten im Landschaftl[ichen]. Ich wünschte Sie sehen die lezten Werke Kochs, ungemein heitere u herrlich gelungene vollendete Bilder. Byström34 bei seiner Durchreise nach Copenhagen wird Sie in Berlin besuchen. Ich habe Thorwaldsens Büste modellirt,35 für mich in Marmor auszuführen ich hoffe dieß bedeutende Gesicht im Leben, wird auch Ihnen in der Büste nicht unangenehm seyn. Ich habe dort einen Neuchateler Medailleur nahmens Brandt36 kennen gelernt, den wünschte ich sähen Sie der Stahlarbeiten und Medaillen schneiden, man kann von ihm sagen, er modellirt im Stahl, mit vielem
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Wissen u Geschmack. Ich habe deswegen nach Berlin geschrieben, unmöglich kann man so einen Menschen fahren lassen – nun leben Sie wohl. addio. 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156. 2 Vgl. Brief 2. 3 Bei den im Begleitbrief an Tieck übermittelten Inschriften handelt es sich um ursprünglich wohl nur geplante Eintragungen am oberen Rand der Vendée-Kandelaber, die sich – falls jemals vorhanden – aber heute nicht mehr erkennen lassen (siehe dazu Zick 1990, S. 257–276 ; vgl. auch Schinkels Antwort in Brief 6 auf den hier vorliegende Brief Rauchs, s. Mackowsky 1922, S. 96– 98). 4 Die von Benedetto und Vinzenzo Giustiniani zusammengetragene Sammlung antiker Skulpturen und Gemälde gehörte mit ihren ursprünglich 600 Bildern und ca. 2000 Antiken zu den bedeutendsten italienischen Kollektionen des 16. und 17. Jahrhunderts. 1815 erwarb der preußische König Friedrich Wilhelm III. im Hinblick auf das geplante Museum für 80.000 Thaler einen Großteil der Antiken und 158 Gemälde aus der Sammlung, die den Grundstock der späteren Berliner Gemäldegalerie bilden. 1816 kamen die Stücke nach Berlin, wo sie zunächst in den königlichen Schlössern in Charlottenburg, Berlin und Potsdam untergebracht waren, ehe sie in dem von Schinkel erbauten, 1830 eröffneten (Alten) Museum ihre Aufstellung fanden (vgl. hierzu die FAZ v. 1.7.2000, Nr. 150, Seite BS 1, zu einem Symposion an der FU Berlin mit vielen Fachvorträgen ; über die Rekonstruktion der Sammlung). 5 Nach Peter Eikemeier stellten Melchior und Sulpice Boisserée in Verhandlungen mit den verschiedenen Kaufinteressenten »ihr Licht durchaus nicht unter den Scheffel und bewiesen taktisches Geschick nicht zuletzt durch die Art und Weise, wie sie einflussreiche Freunde, darunter Goethe in den Dienst der Propaganda für ihre Sammlung zu nehmen und damit deren Ansehen und Wert zu steigern wussten« (Eikemeier 1986, S. 58–67, hier S. 59). 6 Lies : dürften. 7 Die aus einer Kölner Kaufmannsfamilie stammenden Brüder Boisserée hatten gemeinsam mit ihrem Freund Johann Baptist Bertram 1804 begonnen, die im Zuge der Säkularisation verschleuderten Kunstschätze der Kölnischen Kirchen und Klöster systematisch zu sammeln. Von 1810– 1819 lebten sie gemeinsam mit Bertram in Heidelberg, wo die Sammlung im Sickinger Palais in der Heidelberger Hauptstraße untergebracht war. Hier begutachtete sie auch Schinkel im Auftrag des preußischen Staates bei seinem Besuch, und ernsthafte Ankaufsverhandlungen schienen sich anzubahnen, obwohl als weitere Anwärter die Städte Frankfurt und Köln, aber auch die Länder Österreich und Russland ins Gespräch kamen. Letztlich scheiterte der Verkauf nach Preußen an der geforderten (hohen) Geldsumme, die Schinkel zudem etwas leichtfertig bzw. voreilig eingeräumt hatte. 1819 zogen die Boisserées mit der Sammlung nach Stuttgart, doch auch hier schlugen die zunächst höchst aussichtsreich geführten Gespräche durch Absage des württembergischen Königs fehl. Schließlich kaufte Ludwig I. von Bayern, der bereits seit 1815 als Kronprinz im Gespräch war und die Bilder durch Georg von Dillis hatte begutachten lassen, die Sammlung zu einem geminderten Preis für 240.000 Gulden. Die Gemälde gehören zum Grundstock der Bayerischen Gemäldesammlung (vgl. dazu Heckmann 2003 und Eikemeier 1986). 8 Vgl. Brief 1, Anm. 13. Schinkel zeichnete 1816 Entwürfe zu den Kandelabern (SMB KK, bei Zick 1990, S. 258, Abb. 1), die Rauch ausführen sollte. Da sie, wie es zunächst hieß, bereits im Juli 1817 abgeliefert werden sollten, überließ Rauch aus Zeitmangel und vermutlich auch aus Loyalität gegenüber seinem Kollegen Friedrich Tieck diesem die Anfertigung des zweiten Kandelabers. Im
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Münchener Staatsarchiv (Geh. Hausarchiv, NL Ludwigs I., I.A. 42/III) hat sich ein Brief Rauchs vom 8. Juni 1817 an den bayerischen Kronprinzen erhalten, in dem es heißt : »[…] außer diesen Arbeiten [Statue Zar Alexanders und viele Büsten] sind wir beschäftigt zwei 10 Fuß hohe Candelaber in Marmor auszuführen, welche die Offiziere der preuß. Armee als Denkmal der Verdienste der Vendeer Helden der Familie La Roche Jaquelin schenken. An einem dieser Kandelaber ist eine Gruppe von drei klagenden Frauen welche Aschenkrüge tragen angebracht, welche Gruppe und Candelaber Tieck ausführt. An dem zweiten sind drei Viktorien angebracht mit deren Ausführung ich beschäftigt bin. Außer diesen und den reichen Verzierungen sind auch noch an jedem der Candelaber noch drei Bildnisse en medaillon angebracht. Das Hauptgeschenk für die Familie La Roche Jaquelin welches diese Marmorkandelaber nur begleiten ist ein großes historisch verziertes goldenes Schwerdt, welches in Berlin gemacht wird. Die sinnreiche Erfindung aller drei Stücke ist von dem Architekt Schinkel in Berlin, welcher auch hierin sein außerordentliches Talent bewährt hat« (vgl. Simson 1996, Kat. 78, hier S. 139–140). Die vollendeten Kandelaber erschienen im September 1822 in der Berliner Akademie-Ausstellung (Akad.-Ausst. Berlin 1822, Sp. 46, Nr. 320 Rauch, Sp. 48, Nr. 334 Tieck) und gelangten 1823 nach Frankreich. 1824 wurden sie im Pariser »Salon« präsentiert, doch bereits seit 1830 galten sie gemeinhin als verschollen. Sie befanden sich (nach Zick 1990) frühestens seit 1883 in der Privatkapelle der Familie La Rochejaquelein in der Pfarrkirche von St. Aubin-de-Baubigné, 20 km südlich von Cholet, wo Gisela Zick sie 1989 wiederentdeckte. 9 Nach Angabe Rauchs sollten diese Kandelaber eine Höhe von 16 rhl. Fuß betragen, was nach dem 1816 in Preußen allgemein eingeführten Maß (1 Fuß = 313,85 mm) somit eine Höhe von mehr als 5 Metern bedeutet hätte. Zu einem solchen Denkmalensemble, das Rauch und Tieck gemeinsam in Carrara in patriotischer Begeisterung planten, ist es niemals gekommen. 10 Friedrich von Schuckmann war seit 1810 Staatsrat und Vorstand der Abteilung für Handel und Gewerbe sowie für Kultus und öffentlichen Unterricht im Innenministerium. Als Chef des Ressorts organisierte er auch die Universitäten in Berlin und Breslau. Später, 1825, schuf Rauch eine Büste des preußischen Staatsmannes (Simson 1996, S. 219–221, Kat. 135). 11 Im Verlauf des Sommers 1814 hatte Rauch eine Büste Friedrich Wilhelms III. modelliert, bei der er den König als Sieger nach den Befreiungskriegen mit einem, einer Krone ähnelnden, schweren Lorbeerkranz auf dem Haupt darstellte. Er entwarf dazu eine Stele, an der im Relief eine Viktoria mit Kränzen vor einem Ölbaum erscheint, in dessen Blätter die auf die Freiheitskriege bezogenen Jahreszahlen 1813 und 1814 eingeschrieben sind. Die Büste mit der dazugehörigen Stele sollte auf Wunsch Schuckmanns im »Museo« aufgestellt werden, was der König jedoch bescheiden ablehnte. Stattdessen sah Friedrich Wilhelm III. Büste und Sockel als Geschenk an den Staatskanzler von Hardenberg für dessen Sitz in Neuhardenberg vor. Die Stücke verblieben jedoch in Rauchs Werkstatt und wurden erst 1856 von Friedrich Wilhelm IV. erworben. Sie wurden später im Arbeitszimmer Kaiser Wilhelms I. aufgestellt und gelangten schließlich in das Hohenzollernmuseum (vgl. Simson 1996, S. 87, Kat. 40). Der Verbleib der Büste ist unbekannt, doch die Stele hat sich erhalten und steht heute, von Friedrich Tiecks Büste Rauchs bekrönt, in der Alten Nationalgalerie in Berlin (vgl. Bestandskat. Skulpturen 2006, Bd. 2, Nr. 1450). 12 Das ist wohl Friedrich Rabe, Architekt und Architekturschriftsteller in Berlin, der auch an dem schleppenden Wiederaufbau des 1774 abgebrannten Weimarer Schlosses beteiligt war (vgl. Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 61, besonders S. 113 mit Kommentar). 13 Mit den beiden »Anticken« sind die beiden lang gewandeten und mit je einem Kranz in der Rechten herabschwebend dargestellten antiken Viktorien gemeint (SMB, Antikenmuseum SK 226 und 227), die zwischen 1760 und 1770 in Rom erworben, zunächst von Giovanni Ludovico Bianconi und Bartolomeo Cavaceppi ergänzt und unter Friedrich II. im Halbrund vor
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dem Neuen Palais in Potsdam aufgestellt wurden. Auch sie gehörten mit weiteren Antiken zur Beutekunst Napoleons. Nach ihrer Rückführung aus Paris wurden sie in Rauchs Werkstatt seit 1824 von den alten Ergänzungen befreit, die man durch moderne ersetzte (vgl. Heilmeyer, Heres, Maßmann 2004, S. 37, Nr. 1, Abb. 10 ; S. 103, Nr. 16, Abb. 114). Beide Viktorien fanden ihren Platz in der Rotunde des von Schinkel erbauten [Alten] Museums, wo sie auch heute stehen. 14 Weder Büste noch Statue des Königs wurden aufgestellt, da Friedrich Wilhelm III., dabei einer bereits von Friedrich II. ausgesprochenen Ordre folgend, es »unziemlich« fand, dass zu seinen Lebzeiten einem Herrscher ein Denkmal gesetzt würde. Das kleine Modell der Statue hat sich nicht erhalten (vgl. Eggers, Rauch I, 1873, S. 220 ; Simson 1996, S. 106, Kat. 58). 15 Rauch blieb zeitlebens unverheiratet. Seine beiden Töchter Agnes und Doris entstammten einer illegitimen Beziehung zu Wilhelmine Schulze, Tochter eines Berliner Bierausschenkers, die in unmittelbarer Nähe von Rauchs erster Berliner Wohnung auf dem Friedrichswerder an der Schleusenbrücke wohnte (vgl. dazu Peschken-Eilsberger 1989, S. 20 und 25). In Sorge um seine Reputation bezüglich seiner beginnenden Karriere brach Rauch die Beziehung zu der in seinen Augen ungebildeten, geistig und sozial nicht seinen Ansprüchen entsprechenden Mutter seiner Kinder ab, der er auch später den Kontakt zu den Töchtern verbat. Er selbst widmete sich mit großer Fürsorge den beiden Mädchen, die er nach Gründung eines eigenen Hausstandes im Alten Lagerhaus 1819 zu sich nahm, sie liebte, gut betreute und ausbilden ließ und sein Leben lang in enger Verbindung mit ihnen verblieb. 16 Die berühmte Antike, nach ihrem Besitzer Venus Medici genannt, war 1677 aus der römischen Villa Medici nach Florenz gebracht worden, wo sie 1717 ihren exponierten Platz in der Tribuna der Uffizien erhielt (Mansuelli 1958–61, Bd. 1, S. 71–73). Sie gehörte zu den vielen Kunstschätzen, die Napoleon als Beutekunst nach Paris in das Musée Napoleon hatte transportieren lassen und die inzwischen wieder nach Italien zurückgeführt worden waren. 17 Gemeint ist die für die Medici-Kapelle oder Neue Sakristei von S. Lorenzo bestimmte, in der Oberfläche nicht gänzlich in Marmor ausgearbeitete sitzende Madonna mit Kind (H. 226 cm) von Michelangelo, die zwischen 1521 und 1531 entstand, aber unvollendet blieb (Heusinger 1980, Abb. S. 74, 75). 18 Zwischen 1816 und 1818 ergänzte Bertel Thorvaldsen im Auftrag König Ludwigs I. von Bayern mit seiner Werkstatt in Rom die 1811 aufgefundenen, vom bayerischen König ein Jahr später ersteigerten und 1815 zunächst nach Rom überführten Giebelskulpturen des Aphaia-Tempels von Ägina (um 500 v. Chr.). Sie erregten damals großes Aufsehen, da ihr fremdartiger, archaischer Stil, besonders das archaische Lächeln der kriegerischen Figuren als interessant und sonderbar anmutete. Die angestückten Aegineten kamen in die Münchener Glyptothek ; Thorvaldsens beachtenswerte Ergänzungen wurden jedoch 1963–65 abgenommen (vgl. Raimund Wünsche, in : Künstlerleben in Rom, 1991, S. 313–315). 19 Aloys Hirth, Archäologe und Kunsthistoriker, kam 1792 nach Rom und betätigte sich zunächst als Fremdenführer und antiquarischer Berater vornehmlich reisender Aristokraten. Er stand in Verbindung mit Goethe und schrieb u. a. Berichte und Briefe für den Deutschen Merkur. 1796 kam er nach Berlin, trat hier in preußische Dienste und schlug bereits 1797/98 König Friedrich Wilhelm II. vor, ein Museum sowohl antiker Figuren als auch eine Galerie neuzeitlicher Gemälde einzurichten, wozu er erste Pläne lieferte. Diese blieben liegen und wurden erst wieder aktuell, als 1815 die von Napoleon erbeuteten Kunstwerke aus Paris zurückkehrten. Zwischen 1815 und 1820 kam es erneut zu Überlegungen, die alte Akademie Unter den Linden nach Hirts Idee zu einem Museum umzubauen. Hirt und Schinkel erörterten noch 1822 gemeinsam entsprechende Umbaupläne, bis es schließlich 1823 nach Genehmigung Friedrich Wilhelms III. – zu Ungunsten Hirths – zu einem Neubau des »Museums am Lustgarten« nach Entwürfen Schinkels kam.
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Der Bau wurde umgehend in Angriff genommen und 1830 eröffnet (vgl. Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 459–462 und 465–469). 20 Rauch hatte ursprünglich vorgeschlagen, am Standort der Vendée-Kandelaber eine Marmortafel in die Mauer einzulassen, die das goldene »Ehrenschwert« im Relief mit erläuternder Erklärung wiedergeben sollte (vgl. Eggers, Rauch I, 1873, S. 216 ; zum »Ehrenschwert« vgl. Brief 4, Anm. 8). Hierbei handelt es sich um das sog. »Ehrenschwert«, das Henri-Auguste de La Roche Jaquelein gewidmet war, dem ältesten Sohn des 1815 in der Vendée gefallenen Louis de La Roche Jaquelein. Schinkel hatte zu Beginn des Jahres 1817 dieses Schwert entworfen, das an der Vorderseite der Scheide als kreisförmiges Hauptemblem den kämpferischen Hl. Michael zeigt, unter dem zwei gepanzerte Ritter zu sehen sind. Zwischen gegenläufigem Rankenwerk erscheint die Inschrift, unter der sich vorn die Figur der Jeanne d’Arc und hinten die Ludwigs des Heiligen jeweils über Wappen mit bourbonischen Lilien erheben. Das 1818 in feuervergoldeter Bronze ausgeführte Original befindet sich noch heute im Besitz der Nachkommen auf Schloss Clisson bei Boismé (Dépt. Deux-Sèvres), während ein Gipsabguss in der Gipssammlung der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin als Geschenk des Bildhauers Wilhelm Wolff aufbewahrt wird (zu Letzterem vgl. Wolzogen 1862–1864/1981, Bd. 4, S. 606, Nr. 36). Ein Exemplar in Eisenguss befindt sich im Neuen Pavillon am Charlottenburger Schloss zu Berlin. (Zum Schwert siehe Zick 1990, S. 258–263 mit Abb. 32–37). 21 Es geht hier um ein Bildnis des am 14. Juni 1814 verstorbenen Konsistorialrats Gottfried Benedikt Funk, Rektor des Magdeburger Domgymnasiums, das vom Präsidenten des Provinzialschulkollegiums in Auftrag gegeben und für den Magdeburger Dom vorgesehen war. Die Büste sollte in einer in die Westwand des südlichen Dom-Seitenschiffes eingelassenen Rundnische stehen, die nach Schinkels Entwurf von Friedrich Tieck in Marmor ausgeführt wurde (vgl. Hildebrandt 1906, S. 92). Nach Rauchs Angaben war die Marmornische bereits am 12. April 1817 zum Versand an den Bestimmungsort verpackt (vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 01), während er selbst das Modell der Funk-Büste erst am 16. Oktober 1817 zu modellieren begann und es im Februar 1818 innerhalb von siebzehn Tagen, nach einem kleinen Pastellbildnis als Vorbild, in Marmor ausführte. Ende März 1818 gelangte das vollendete Stück nach Magdeburg (vgl. Simson 1996, S. 143, Kat. 79). 22 Gustav Graf von Ingenheim war ein Sohn Friedrich Wilhelms II. und dessen zur »linken Hand« angetrauten Hofdame Julie von Voß, die nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes zur Gräfin Ingenheim ernannt worden war. Der Graf, ein Halbbruder Friedrich Wilhelms III., galt als sehr musisch und kunstsinnig. Er versammelte im Palais Voß an der Wilhelmstraße über Jahre hinweg einen Kreis von Kunstkennern und Künstlern, zu denen auch Rauch gehörte. Graf Ingenheim hielt sich mehrfach in Rom und Italien auf, von wo er unter zahlreichen Kunstwerken auch zehn antike Marmorwerke mit nach Berlin brachte, die ihm der König 1827 für das Museum abkaufte (vgl. Simson 1999, S. 391 und sub voce). 23 Seit dem Mittelalter hatte sich vor allem in Frankreich, England und den Niederlanden, aber auch in einigen norddeutschen Städten und im Rheinland der alte Brauch erhalten, am 6. Januar den »Bohnenkönig« – »das Nachbild des römischen Saturnalienkönigs« – zu küren, »dem sämtliche Anwesende gehorchen und huldigen müssen. Er wählt sich eine Königin, bildet einen Hofstaat und läßt sich auf alle erdenkliche Weise bedienen. So oft er trinkt, muß der ganze Kreis rufen : ›Der König trinkt !‹ und wer es unterläßt, wird bestraft« (aus : Meyer, Konversations-Lexikon, 6. Auflg. 1906, Bd. 3, S. 163). 24 Rauch ging von der irrigen Vorstellung aus, dass Schinkels Frau wieder schwanger sei. 25 Johann Gottfried Langermann war preußischer Staatsrat und Direktor der Tierarzneischule in Berlin sowie Chef des preußischen Medizinalwesens. Nach Aussagen Johann Gottfried Schadows
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setzte er sich um 1822 dafür ein, der Akademie eine Sammlung von Tierskeletten für den Zeichenunterricht angehender Künstler zu verschaffen (vgl. Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 148). Langermann war auch Psychiater, der in Bayreuth die erste moderne psychiatrische Heilanstalt einrichtete. (Zu Langermann vgl. auch Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 326–330). 26 Mit Staatsrat »Schulze« ist Christoph Ludwig Friedrich Schultz gemeint, Vortragender Rat im preußischen Kultusministerium und Kunstsammler. Schultz war Korrespondenzpartner von Johann Wolfgang von Goethe und begleitete 1820 Rauch, Tieck und Schinkel auf einer gemeinsamen Reise zu Goethe nach Jena, wo dessen sog. A-tempo Büsten im Wettstreit zwischen Rauch und Tieck entstanden (vgl. Simson 1996, S. 175–177, Kat. 100). 27 Bei den beiden Monumenten handelt es sich um die Denkmäler für Friedrich Wilhelm Graf Bülow von Dennewitz und General Gerhard Johann David von Scharnhorst, die in Zusammenhang mit der von Schinkel geplanten Neuen Wache und einer repräsentativen Denkmalstraße zu Ehren der Helden der Befreiungskriege errichtet werden sollten. Laut Tagebucheintragung hatte Rauch am 24. Mai 1816 durch den Staatskanzler Fürst von Hardenberg vom König den Auftrag erhalten, zunächst Entwürfe für die beiden Feldherren-Statuen einzureichen (vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 01), deren vollendete Marmordenkmäler am 22. Juni 1822 zu Seiten von Schinkels neu erbauter [Neuer] Wache Unter den Linden enthüllt wurden. Dank der akribisch geführten Tagebucheintragungen Rauchs lässt sich der Werdegang der fast zeitgleich entstehenden Statuen vom kleinen Tonmodell bis zur großen Marmorausführung genau verfolgen. Die in Carrara vorgearbeiteten, nur grob aus dem Steinblock herausgeschlagenen und somit um 1/3 leichter gewordenen Statuen wurden über Hamburg nach Berlin verschifft, wo sie im Oktober 1818 eintrafen. Rauch, bereits seit Ende Juli 1818 wieder in der Heimat, wartete verzweifelt und ungeduldig auf die Fertigstellung seiner Werkstatträume, um hier die Monumente einschließlich der mit Reliefs verzierten, nach Schinkels Maßangaben gearbeiteten Postamente vollenden zu können (vgl. hierzu Simson 1996, S. 123–130, Kat. 72–73, Bülow ; S. 132–138, Kat. 75–77, Scharnhorst). 28 Vgl. Brief 1, Anm. 14. 29 Clemens Brentano (vgl. Brief 1, Anm. 9) hielt sich inzwischen wieder in Berlin auf. 30 Pensioniert bedeutet mit einem Stipendium versehen. Franz Christian Gau war ein deutscher, ab 1826 naturalisierter französischer Architekt und Forschungsreisender. Epochemachend war sein Buch Les Antiquités de la Nubie (Paris 1821–1827), über dessen deutsche Übersetzung sein Freund Jakob Ignaz Hittorff bei seiner Deutschlandreise 1821 mit Cotta in Heidelberg verhandelte. Gau gehörte mit Hittorff zum Freundeskreis der Boisserées und gründete 1842 gemeinsam mit Heinrich Heine in Paris einen der vielen Fördervereine zur Vollendung des Kölner Domes. 31 Gemeint sind die Fresken im Palazzo Zuccari in der Via Gregoriana in Rom, der sog. Casa Bartholdy, die im Auftrag des dort wohnenden preußischen Generalkonsuls Jacob Salomon Bartholdy zwischen 1815 und 1817 für den Empfangsraum der Casa entstanden. Das Thema war der alttestamentarischen Josephsgeschichte entnommen und wurde von den damals in Rom lebenden vier Malern Peter von Cornelius, Friedrich Overbeck, Wilhelm Schadow und Philipp Veit ausgeführt, die sich mit diesen Wandbildern einen Namen machten. Peter Cornelius malte die Fresken : »Joseph deutet die Träume des Pharao« und »Joseph wird von seinen Brüdern erkannt« ; Friedrich Overbeck : »Verkauf Josephs an die ägyptischen Händler« und »Die sieben mageren Jahre« (in der Lunette) ; Wilhelm Schadow : »Jacobs Segen«, »Josephs Traumdeutung im Gefängnis« und »Jacob erkennt den blutigen Rock Josephs« ; Philipp Veit : »Joseph und das Weib des Potiphar« und »Die sieben fetten Jahre« (in der Lunette). Die originalen Fresken wurden in den 1880er-Jahren von den Wänden abgenommen und befinden sich seit 1888 in der Alten Nationalgalerie in Berlin, wo auch die gemeinsam gerahmten, auf Leinwand aufgezogenen fünf
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kleinen Aquarelle aufbewahrt werden, die die Künstler nach ihren Fresken kopierten und zur Akademie-Ausstellung 1818 nach Berlin sandten (im Ausstelllungskatalog von 1818 nicht aufgeführt ; zu den Fresken vgl. Donop 1889). 32 Joseph Anton Koch, in Tirol geboren, Zeichner, Radierer und Maler, lebte seit 1795 in Rom, wo er, mit Unterbrechung von 1812–1815 in Wien, bis an sein Lebensende blieb. Unter dem Einfluss des Malers Gottlieb Schick hatte er 1803 mit der Ölmalerei begonnen, die sich in Folge gemeinsamer Wanderungen in die Sabiner Berge zur großen, allgemein bewunderten heroischen Landschaftsmalerei entwickelte. In seiner Wiener Zeit stand er in enger Verbindung mit dem Kreis der romantischen Dichter um Friedrich Schlegel, Clemens Brentano, Ludwig Tieck und Joseph von Eichendorf, die auch seine Kunst in ihrer Thematik beeinflussten. Zu den Bildern, auf die Rauch verweist, gehörten wohl die heute in der Berliner Nationalgalerie befindlichen Gemälde »Wasserfälle von Subiaco« (zweite 1813 in Wien entstandene Fassung, Inv. Nr. 554), das »Kloster San Francesco di Civitella« von 1814 (Inv. Nr. 413), »Noahs Dankopfer« aus dem gleichen Jahr (Inv. Nr. 599), die beiden 1815 entstandenen Gemälde »Landschaft mit heiligem Martin«, heute in der Gemäldegalerie Neuer Meister in Dresden (Inv. Nr. 2465), die »Italienische Landschaft mit Kundschaftern aus dem Gelobten Land« von 1816, im Wallraf-Ricartz-Museum Köln (WRM 2669), und »Das Haslital bei Meiningen« von 1817 im Ferdinandeum in Innsbruck (Kunstgeschichtliche Sammlungen, Inv. Nr. Gem. 359 ; vgl. Lutterotti 1940, Nr. 25, Abb. 26, Nr. 26, Abb. 27, Nr. 29, Nr. 110). 33 Der Däne Bertel Thorvaldsen, wohl der bedeutendste klassizistische Bildhauer seiner Zeit, lebte von 1797–1842 als freier Bildhauer mit großem Werkstattbetrieb in Rom und bildete hier den Mittelpunkt des römischen Künstlerkreises. Rauch wohnte mehrere Jahre gemeinsam mit ihm in der Künstlerherberge der Casa Buti in unmittelbarer Nähe des Palazzo Zuccari, der Residenz der preußischen Ministerresidenten (s. dazu Bjarne Jornaes : Von Trinità dei Monti zur Palazzo Barberini, in : Künstlerleben in Rom, 1991 ; S. 85–93). 34 Johan Niklas Byström, Schüler Johan Tobias Sergels, stand als klassizistischer Bildhauer unter starkem Einfluss von Antonio Canova und Bertel Thorvaldsen. Er kam 1810 nach Rom, wo er mit Unterbrechungen die meiste Zeit seines Lebens verbrachte und hier einen größeren Werkstattbetrieb leitete. 35 Rauch war von Carrara kurzfristig nach Rom gereist, wo er sich vom 26. Oktober bis zum 28. November 1816 aufhielt. In dieser Zeit porträtierte er seinen Freund Thorvaldsen mit eigenen Worten »nach dem Leben«. Das Bildnis, dem bereits 1812 ein weniger imposantes, frontal ausgerichtetes Bildnis in Gips mit kürzerem Haar vorausgegangen war (heute als Leihgabe der Ny Carlsberg Glyptotek im Kopenhagener Thorvaldsen-Museum, vgl. Simson, 1996, S. 80–81, Kat. 37), zeigt den verehrten Freund nun mit leicht zur Seite gewendetem Kopf, schwärmerisch in die Weite gerichtetem Blick und vollem, bis in den Nacken herabfallendem, lockigem Haar. Nach dem Modell (SMB NG, Inv. Nr. RM 139) meißelte Rauch für sich selbst die Marmorbüste, die sich heute in der Berliner Nationalgalerie befindet (Inv. Nr. BI 629, vgl. Simson 1996, S. 120–121, Kat. 68). 36 Henry François Brandt, in La Chaux-de-Fonds im Kanton Neuchatel geboren, hatte eine fünfjährige Ausbildung bei dem Conservator der Pariser Medaillenmünze, Jean Pierre Droz, sowie dem Maler Jean Louis David erfahren. 1813 erhielt er bei einer Konkurrenz den 1. Preis, der mit einem Stipendium für Rom verbunden war, wo sich Brandt von 1814–1817 aufhielt. Hier schuf er mehrere künstlerisch und technisch hochgelobte Medaillen, darunter auch die auf Pius VII., Louis XVIII. und eine mit dem Porträt von Thorvaldsen, die alle seine hohe Kunstfertigkeit erkennen ließen. Zu Brandt gibt es es einen ausführlichen Brief von Friedrich Tieck vom 21. Februar 1824 an Goethe, worin Tieck 16 von Brandt geschnittene Medaillen und die genaue Arbeits-
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Briefe weise des Medailleurs beschreibt. Hier heißt es u. a.: »Uebrigens war Herr Brandt der erste hier, welcher seine Münzen erhoben im Stahl schnitt und dann in die Stempel einsenkte, welches allgemein für die bessere, obgleich schwierigere Art gehalten wird […].« (Vgl. Maaz 1997, S. 24–28, Brief Nr. 15, mit Anm. 117–161). 1817 erhielt Brandt einen Ruf als Medailleur nach Berlin, wo er 1824 auch Lehrer für Gravieren und Stempelschneidekunst am Königlichen Gewerbeinstitut wurde.
Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Januar 1817
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5. Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Januar 18171
Theuerster bester Freund !
Carrara am 15. Jan. 1817.
Schon lange ist Ihr lieber Brief vom 2ten Xb.2 in meinen Händen, aber, so allerlei hielt diese Antwort solange zurück. Hirt und Graf von Ingenheim waren in Florenz angekommen.3 Tieck und ich sind 8 Tage bei ihnen gewesen und am 13 ten d. M. wieder hier angekommen, und eile zu antworten und für Ihre Empfehlung in A[a]chen zu danken. Mit Vergnügen übernehme ich diese Arbeit, werde solche aber nicht eher leisten können als im nächsten Jahre in Berlin, welches ich auch direkt den Herrn daselbst schreiben werde.4 Tiecks und mein letztes Schreiben vom 21. Xbr. v. J. werden Ihnen5 zugekommen seyn ? Die Candel. Arbeiten werden hoffentlich vor der bestimmten Zeit fertig werden. Wir haben uns direkt an Hr. Barante6 in Paris gewandt, und in diesem Monathe noch sollen die Bildnisse besorgt seyn.7 Mrs. Royer aus Berlin schreibt gar nicht. Auch nicht ein Leistchen würde ich mir von den Kandl. als Änderung abdingen lassen, am allerwenigsten aber die Schilde,8 und von nun [an] keine Art der Castrirung werde ich mir gefallen lassen, lieber alles aufgeben, denn man kastrirt nur seine Ehre und seinen Nahmen. Sagen Sie mir liebster Freund wie lange kann ich noch hier bleiben um nicht gar zu lange mit den Statuen9 später fertig zu werden, als Sie mit der Wache ? Ich sehe hier meiner Arbeiten Ende, so bald nicht ab. Wann glauben Sie daß Sie fertig sind ? Noch in dieser Woche geht der Erste Transport 103 Marmorstücken von Carrara nach Berlin ab,10 suchen Sie doch das[s] bis zur Ankunft des Marmors, der Raum bestimmt ist wo meine Werkstatt angelegt wird. damit solche dahin gebracht werden können. Wäre der Universitäts Garten, kein Raum zu einer Werkstatt ? Schöne herrliche Tage habe ich mit Tieck in Florenz verlebt, unendlich schöne Werke alter Kunst haben wir da gesehen und genossen. Hirt hat Recht, das Danziger Bild hat gehört dem Hugo11 und, ausser seinen genannten in S. Maria Nuovo12 haben wir noch ein kleinen[s] gefunden. Hirt ist mehreren Deutschen vermutl. Niederländischen Werken in Italien auf die Spur gekommen, und denkt nun an die Niederlande, wo er im Juni sich selbst überzeugen will13, Ihre Nachrichten über die Sammlung der Boiss[erées] erfreute ihn sehr. Ich kam vor lauter Sehen so schöner Werke in Florenz ganz von Kräften sonst wäre ich wohl noch da, denn wie ergözte ich mich mehr als iezt an der mahlenden Kunst. Ganz zufällig geriethen wir in ein Wohnzimmer des Großfürsten. Hier zeigte man uns ein Madonnenbild von Raphael, ein in der Kunstgeschichte unbekanntes überaus kindlich gemüthliches unübertreffbares Werk dieses Meisters14. Der Grherzog
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führt es seit 25 Jahren immer mit sich, und kömt höchstens den Leuten seines Hofes zu Gesicht. ein erhalteneres Bild dieses Meisters kenne ich nicht. Der Medailleur Brandt ist so gut als für Berlin engagirt15, und ich freue mich daß ein solcher Mensch dahin kömmt, der erste Medailleur welcher sich mit Geschmack auf das Relief mit Geschmack versteht, für die angehenden Medailleurs in Berl. gewiß sehr muthig. Aus Stockholm erfahre ich daß ein guter Freund dort die Statue Carl XII. 12 Fuß hoch in Bronze gießt16. auch wird man Carl X. machen. Vorig. Jahr wurde bei Perugia ein Grab entdeckt und drinnen ein großer Wagen, wovon ich in Rom die getriebenen Arbeiten in Kupferblech sah, sehr Kunstreich im mechanischen sind diese Arbeiten. Die Reihen von Thieren u Figuren gar schön dargestellt. so auch die Runden Wercke ebenda gefunden17. Dodwell führt alles nach England und giebts im Druck heraus18. Suchen Sie doch die Berliner Anfänge darin nach möchlichkeit zu unterstützen, es ist eine äußerst zweckmäßige Skulptur. Nun theuerster Freund leben Sie wohl grüßen Sie tausendmahl Ihre Frau Gemahlin mit meinem schönsten u herzlichsten Dancke für ihre gütigen Zeilen, und für die freundliche Aufnahme meiner Kleinen, welche mir selbst darüber schrieb. Freund Berger scheint über die Königl. Hoheiten und den Bauten in Panckow die entfernten Freunde gänzlich zu vergessen, oder macht ihm die Rezension des Geh. Ob. Baurath19 so viel zu thun. Miss Marie besonders nach der holl. Küstenreise ist gewiß recht blühend und so die anderen. Welche Aussichten gewärht [sic] der ThronErbe ?20 Ich empfehle mich Ihrem freundschaftl. Andenken u behalten Sie mich lieb. Ihr aufrichtiger Freund Chr. Rauch. Viele Grüße an Beuth21, Langermann22 und Brentano23 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.3. 2 Vgl. Brief 3. 3 Zu Hirt und Ingenheim vgl. Brief 4, Anm. 19, 22. 4 Vgl. Brief 3, in dem Schinkel Rauch den Auftrag der Aachener Regierung übermittelt. Die Büste Friedrichs II., die Rauch erst am 10. August 1819 in seinem Berliner Atelier zu modellieren begann und deren Marmorausführung mit Hilfe seiner Werkstattgehilfen im November 1820 fast fertiggestellt war, blieb dennoch fast zehn Jahre unvollendet. Erst als 1828 mit dem Neubau des Aachener Regierungsgebäudes begonnen wurde, kam auch die Arbeit an diesem Werk wieder in Gang, das Ende Juli 1829 nach Mahnungen der dortigen Regierung nach Aachen abging. Die mit Sockelfuß 77 cm hohe Büste zeigt den König en face, mit einem Lorbeerkranz auf dem Haupt und einem um die Schultern geworfenen Mantel mit Ordensstern bekleidet. Sie befindet sich heute im Dienstgebäude des Regierungspräsidenten in Köln (vgl. Simson 1996, S. 174, Kat. 98). 5 Vgl. Brief 4. 6 Zu Baron Barante vgl. Brief 3, Anm. 7. 7 Gemeint sind die Vorlagen zu den Porträts der Vendée-Helden Louis und Henri de La Roche Jaquelein und Louis de Lescure. Rauch schuf die mit Lorbeer bekränzten Köpfe im Profil nach
Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Januar 1817
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rechts, Tieck die Bildnisse mit bloßem Haar im Profil nach links. Sie erscheinen, in Medaillons eingeschlossen, jeweils an den drei Seiten der Kandelaber-Sockel. 8 Rauch geht hier auf Schinkels Brief (Brief 3) ein, worin Letzterer auf einen Vorschlag des Herrn von Royer de Lühnes Bezug nahm, die Wappenschilde eventuell fortzulassen. Schinkel widersetzte sich, da er die Schilde, die »eine schöne Beziehung auf das Ritterliche des ganzen Ereignisses« hätten, keinesfalls missen wollte ; Rauch stimmt ihm uneingeschränkt zu. 9 Gemeint sind die beiden Statuen der Feldherren von Bülow und Scharnhorst, die zu Seiten von Schinkels Neuer Wache aufgestellt werden sollten. 10 Rauch hatte die kluge und vorausschauende Idee, ein großes Marmordepot in Berlin als Annex seiner zukünftigen Werkstatt anzulegen. Die Marmorblöcke, deren Sorten, Beschaffenheit und Herkunft er genau kannte und zu bearbeiten wusste und die zu damaliger Zeit in Carrara preiswerter zu beschaffen waren, sollten ihm und seiner Werkstatt als Vorrat dienen und auch für andere Künstler käuflich zu erwerben sein (vgl. Eggers, Rauch II, 1878, S. 59–60 ; Simson 1996, S. 22). 11 Rauch hielt irrtümlicherweise Hugo van der Goes für den Maler, doch das Danziger Bild des Jüngsten Gerichts ist ein Werk von Hans Memling (vgl. Brief 2, Anm. 4). 12 In S. Maria Nuova auf dem Gelände von San Egidio, in dem von Folco Portinari 1287 gegründeten, ältesten Hospital von Florenz, befand sich damals noch das große Triptychon des Hugo van der Goes, der sog. Portinari-Altar (entstanden um 1477/78), auf den Rauch hier anspielt. Er war von Tommaso Portinari, Vertreter des Bankhauses der Medici in Brügge, gestiftet worden. Die 253 x 304 cm große Zentraltafel stellt die Anbetung mit Hirten und Engeln, die Seitentafeln das Stifterpaar mit drei ihrer Kinder vor Heiligen dar : Apostel Thomas und Antonius d. Gr. links, Maria Magdalena und St. Margareta rechts. Das Triptychon befindet sich seit 1900 in den Uffizien (Inv. Nr. 3191–93, vgl. Fossi 2007, S. 74–75). 13 Aloys Hirt war beständig auf der Suche nach Werken für das zu gründende Berliner Museum. 14 Gemeint ist die sog. »Madonna del Granduca« in der Galleria Palatina im Palazzo Pitti (Holz, 84 x 55 cm), ein Frühwerk Raffaels von 1504/05 aus der ersten Florentiner Zeit. 1799 erwarb es der Großherzog Ferdinando III., von dem berichtet wurde, daß er das Bild so sehr schätzte, dass er sich selbst auf Reisen nicht von ihm trennen wollte. Es zeigt die jugendliche Madonna, die nachdenklich und mit gesenktem Blick das Jesuskind auf dem Arm trägt. Das Kind hat seine Hände auf Brust und linke Schulter der Mutter gelegt und blickt mit ernstem Ausdruck auf den Beschauer (vgl. Ullmann 1983, S. 47–75, Abb. S. 49). Das Bild hing in einem der Wohnräume des Granduca und war daher nur wenigen bekannt. Als private Kunstsammlung der toskanischen Großherzöge wurde die Palatina erst 1818 und somit später als die Uffizien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (vgl. Zimmermann 2011, S. 269–270). 15 Zu Henri François Brandt vgl. Brief 4, Anm. 36. Brandt wurde auf Rauchs Empfehlung noch im Jahr 1817 als Medailleur nach Berlin berufen. 16 Um wen es sich bei dem Gießer handelt, konnte nicht ermittelt werden. Ein Bronzedenkmal König Karls XII. von dem schwedischen Bildhauer Johann Peter Molin existiert im Kungstradgarden in Stockholm ; es wurde aber erst 1868 enthüllt (zu Molin vgl. Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Bd. 14, 1906, S. 37). 17 Aus dem von G. F. W. (Gustav Friedrich Waagen) verfassten Bericht : »Nachricht über die von S. K. H. dem Kronprinzen von Baiern angekauften Dodwellschen Bronzen« (in : Morgenblatt für die gebildeten Stände, 14. Jg. 1820 mit Beylage, Kunstblatt, Nr. 93, Montag, den 20. November 1820, S. 369) ist zu erfahren, dass im Jahr 1811, in der Nähe von Perugia, in dem unterirdischen Grabmal eines vermutlich »hetrurischen Königs« eine beträchtliche Anzahl von Bronzen gefunden wurden. Der bedeutendste Fund war »ein bronzener, mit Reliefs gezierter Triumphwagen«,
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dessen größtes Relief eine Eberjagd mit elf Figuren darstellt, ein weiteres zeigt eine weibliche Gestalt, ein drittes »die lanuvinische Juno und den Hercules auf einem Dreyfuße«, und ein viertes den Minotaurus. »Die übrigen neun Reliefe enthalten eine bis vier Figuren […] Nächst diesem Wagen sind 16 kleine Rundwerke, von 6 Unzen bis 1 Palm 2 Unzen lang, wegen der interessanten Vorstellungen besonders bemerkenswerth : […] zwey weibliche Figuren, jede mit vier Flügeln, zwei andere Figuren halb Weib, halb Fisch, zwei Seepferde (Hippokampen), acht Löwen von verschiedener Größe, ein Hund, und die kleine Statue eines Schwimmers«. Zu beachten seien, nach Waagen, auch die beiden, in Sphingenköpfen endigenden Achsen des Wagens und zwei bronzene Dreyfüße, einer davon mit Deckel. Diese etruskischen Bronzen aus der Zeit um 500 v. Chr. kaufte der bayerische Kronprinz Ludwig an ; sie befinden sich heute in der Münchener Glyptothek (vgl. dazu Hockmann 1982). 18 Edward Dodwell, 1767 in Dublin geboren, englischer Altertumsforscher und Reiseschriftsteller, unternahm nach seiner Ausbildung am Trinity College in Cambridge zwischen 1801 und 1806 große Reisen nach Griechenland. Danach lebte er hauptsächlich in Neapel und Rom, wo er im Mai 1832 bei Erkundung der Sabiner Berge verstarb. 1818 erschien in London sein Reisewerk Classical and topographical tour through Greece (vgl. Meyers großes Konversations-Lexikon, 6. Aufl., Bd. 5 (1903), S. 79). 19 Rauch meint im wörtlichen Sinne des recenseo die Prüfung von Bauvorhaben, die Berger als Oberbaurat durchführen musste. 20 Über Berger, Miss Marie und den Thronerben vgl. Brief 1, Anm. 4–7. 21 Zu Beuth vgl. Brief 1, Anm. 11. 22 Zu Langermann vgl. Brief 4, Anm. 25. 23 Zu Brentano vgl. Brief 1, Anm. 9.
Schinkel an Rauch, Berlin 10. März 1817
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6. Schinkel an Rauch, Berlin 10. März 18171
Theuerster Freund,
Berlin den 10. März [18]17.
Soviel Freude Ihre lieben Briefe mir machen so sehe ich leider daraus, daß Ihnen Italien immer näher ans Herz wächst und so länger von uns halten wird ; bedenken Sie aber, daß dieser höhere Genuß durch den Gegensatz entstand und auf diese Weise, in nicht zu großen Zeiträumen, wieder aufgefrischt werden muß, und wollte Gott daß es unsereiner alsdann einmal mitmachen könnte. Daß Sie nichts von den Candelabern abhandeln2 lassen ist mir höchst erfreulich, hier ists schwer die Leute zu überzeugen, daß so etwas immer dichten Zusammenhang haben könne. Der schöne Vorschlag mit der Marmortafel worauf das Schwerdt eingehauen, ist wegen Mangel an Gelde nicht angenommen worden. Neulich hatte ich einige gelegene Augenblicke mit dem Staatskanzler über Ihre Werkstatt zu sprechen, er meinte, daß der Marmor vorläufig immer auf den Platz gebracht und verwahrt werden könnte, den Sie zu ihrer Werkstatt ausgesucht und den ich vollständig in einem großen Plan von Berlin mit aufgenommen habe3 welcher mehrere bedeutende Anlagen in einem Zusammenhang enthält und jetzt dem Könige vorliegt, Gott weiß aber was darüber entschieden werden mag –. Durch diesen Plan sollten eine Menge nicht mehr zu ertragender Kreuz und Quergriffe und zerstreute einzelne Bestimmungen über die Formen der Stadt vertilgt werden, ganz besonders die Partien ums Universitätsgebäude, Lustgarten, Monbijou, Schleusen= und HundeBrücke geregelt seyn und bei der Gelegenheit erhielt auch Ihr künftiges Grundstück eine Lage an einer schönen breiten und mit den übrigen Theilen der Stadt in gute Comunication kommenden Straße.4 – Hirt mit seinem Hugo van der Goes muß doch erst das Niederland sehn, welches seinen treuen Anhänger Hummel5 der kurz nach mir dort war, so ganz bekehrt hat, um die Behauptung vom Danziger Bilde zu begründen. Ein einzelner Meister aus jener Zeit in der italienischen Umgebung trügt sehr, weil er nur die ganze Gattung vor Augen bringt, in dem Lande selbst aber und in Umgebung von seines Gleichen erkennt man bald die kleinsten Abweichungen, und da wird sich Hirt, hoffe ich auch überzeugen, daß das Danziger Bild, (welches wir nun verloren haben) vom Hubert und einiges darin von Johan v Eyck ist.6 Auf Veranlassung des Ministeriums habe ich ein großes Sculptur Monument auf Luther entworfen7 welches ich gar zu gern Ihren Kenneraugen vorgelegt hätte, es ist von eigner Art wie mirs für die neue Zeit angemessen schien, und besteht aus freier Statue, Hautreliefs und Basreliefs an der Wand einer großen Halle von 50’ Höhe mit einigen 70 Figuren. Ich fürchte daß ich damit mein gewöhnliches Schicksaal haben werde, denn Schadow8 hat eine einfache Statue, ebenfalls zu dem Zweck
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entworfen mit der die Welt abgespeist werden wird und so wird denn dieser große Weltmensch vor den andern verdienstvollen keine höhere Auszeichnung erhalten. In jedem Fall will ich meinen Entwurf radiren lassen und beim kommenden Reformationsfest unter die zur Feier desselben erscheinenden Schriften und Werke mitlaufen lassen als einen Beitrag, der guten Willen zeigt. Die Erwerbung des Medailleur Brandt9 ist sehr erfreulich, alles wartet mit Schmerzen auf ihn. Besorgen Sie nur für uns alles was man von schönen Abgüssen erhalten kann damit das Museum gefüllt wird, sollten wir nicht den Roßbändiger10 auch erhalten können. Mit unsrem Bau des neuen Wachtgebäudes wird es so sehr schnell nicht gehn, weil die Bauverhältnisse hier immer noch sehr ungünstig sind und dieser Bau von dem weitläuftigen Herrn Ober Bau Rath Moser11 ausgeführt werden soll. Ehe künftigen Winter ist gar kein Gedanke von einiger Vollendung dieses Gegenstandes, und so gewinnen Sie auch hierdurch leider für Ihre Abwesenheit von uns noch Zeit. Meine Frau, Marie, Wilhelm12 grüßen herzlich, wegen ersterer haben Sie geirrt da ist nichts von Hoffnung neuer Thronerben. Wilhelm ist glücklich denn der Dampf geht bei Prinz August vortrefflich und alles ist in bester Ordnung. Leben Sie wohl theuerster Freund bald erhalten Sie wieder Nachricht von Ihrem aufrichtigen Freunde Schinkel. 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 5–6. 2 Hier geht es um die Vendée-Kandelaber und Schinkel spielt auf eine Bemerkung Rauchs an : »Auch nicht ein Leistchen würde ich mir von den Kandl. als Änderung abdingen lassen, am allerwenigsten aber die Schilde, und von nun keine Art der Castrirung werde ich mir gefallen lassen, lieber alles aufgeben, denn man kastrirt nur seine Ehre und seinen Nahmen« (vgl. Brief 5). 3 Die groß angelegte königliche Bildhauerwerkstatt, der Rauch vorstehen sollte, hatte in Schinkels Überlegungen großen Vorrang. Es war vorgesehen, dass Rauch mit seinen Gehilfen hier auch wohnen und ein großes Marmordepot an den Komplex angeschlossen werden sollte. Schinkels Bebauungsplan für die Innenstadt von 1817, der dem König vorlag, befindet sich im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB KK SM 30.1, datierter und mit ausführlichen Bemerkungen versehener »Situationsplan eines Teiles der Stadt Berlin zwischen der Friedrichstraße, Großen Hamburger und Burgstraße, sowie Jägerstr. und Stadtmauer«, Feder in Schwarz, aquarelliert, 770 x 590 mm). Den Prinzipien der Stadtbaukunst des 18. Jahrhunderts folgend, sah Schinkel die einzelnen Gebäude, die er nach Bedarf weiter ausbaute, nicht isoliert, sondern in enger Verbindung mit ihrer Umgebung und schuf dadurch »Stadträume, indem er die Baukörper ausponderierte, Korrespondenzen zwischen ihnen herstellte, Sichtbeziehungen ausnutzte« (Christa Heese, in : Ausst. Kat. Schinkel 1982, S. 76, 5.2, m. Abb.). 4 Schinkel beabsichtigte, die künftige Werkstatt Rauchs in die Nähe der Spree zu legen. Er schlug als besonders geeignete Stelle mit breiter Zugangsstraße die damalige Ecke Georgen-/Stallstraße vor, wo später das berühmte Diorama von Gropius seinen Platz fand (vgl. Eggers, Rauch I, 1873, S. 188–189). Durch Verlegung des Packhofes an den Kupfergraben mit Anlage eines Hafenbeckens verband Schinkel, wie so häufig, den praktischen Nutzen mit ästhetischem Gewinn und
Schinkel an Rauch, Berlin 10. März 1817
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hätte damit dem zukünftigen Werkstattkomplex die ideale Voraussetzung zum Transport von Marmorblöcken und vollendeten Monumentalwerken verschafft. Der Maler Johann Erdmann Hummel war seit 1809 Lehrer für Perspektive an der Berliner Kunstakademie. Von ihm stammt das 1832 vollendete Gemälde »Die Granitschale im Berliner Lustgarten« (heute Alte Nationalgalerie SMB NG, Inv. A I 845), die die bewunderte, von Cantian geschaffene und 1831 vor Schinkels Museum aufgestellte Schale wiedergibt (zur Schale vgl. Brief 33, Anm. 8). Es handelt sich hier um das von Hans Memling und nicht von van Eyck gemalte große Altarwerk des Jüngsten Gerichts, heute im Muzeum Narodowe in Gdańsk (Danzig), vgl. dazu Brief 5, Anm. 11. Bereits 1805 war Schinkel gemeinsam mit Johann Gottfried Schadow, Heinrich Gentz und Leo von Klenze einem im »Reichsanzeiger« erschienen Aufruf des Pädagogen Christian Gotthilf Salzmann gefolgt, im Mansfeldischen ein Luther-Denkmal zu errichten. Schinkel hatte einen Entwurf mit einer stehenden Lutherfigur auf achteckigem Postament innerhalb einer von Bäumen umstandenen Baldachinarchitektur eingereicht, der, wie die Pläne der anderen auch, unverwirklicht blieb (vgl. zuletzt Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 164–169 ; ebd. Bd. 2, S. 358, Abb. der verschollenen Gouache Schinkels zum Lutherdenkmal). In Zusammenhang mit der 300. Jahrfeier des Wittenberger Thesenanschlags von 1517 fand die Denkmalidee seit 1816 neue Nahrung und wurde nun auch vom König genehmigt. Schinkel lieferte mehrere Entwürfe zu einem Monument, das eine Kombination aus Kuppelraum und Figuren-Denkmal mit einer jeweils stehenden, knienden sowie thronenden Statue des Reformators vorsah (siehe die Entwürfe im Berliner Kupferstichkabinett, SMB KK, SM 36a.4–6, 36b.7–9, 39c.21–26). Bereits am 17. Dezember 1816 zeigte Schinkel, wie Johann Gottfried Schadow in seinem Schreibkalender vermerkte, diesem seine erste »Prachtzeichnung« zu dem Projekt, der am 19. Januar 1817 eine »noch reicher ausgestattet[e]« folgte (vgl. Eckardt 1990, S. 207–208.). Über Schinkels »schöne Zeichnung« urteilte Schadow später in seinen Kunstwerke und Kunstansichten 1849, sie sei »ganz entworfen in seinem ungebundenen Geiste und ohngefähr eine so reich ausgestattete Wand darstellend wie das Grabmal Papst Julius II. in der Kirche St. Pietro in Vincoli in Rom. So wie da der Moses angebracht ist, stand hier Dr. Luther zwischen einer Anzahl von allegorischen Statuen in Nischen verteilt. Daß hierbei an keinen Anschlag der Kosten gedacht war, läßt sich ermessen« (Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 119). Schinkel plante ein riesiges Wanddenkmal mit einem reichen Figurenprogramm, das über der Sockelzone die überlebensgroße Luther-Figur mit aufgeschlagener Bibel, flankiert von Persönlichkeiten der Reformation im Relief zeigt. Über ihnen sind als Vertreter des Alten Testaments Propheten um Moses und als Zeugen des Neuen Testaments Apostel um Christus versammelt. Das Ganze sollte im Giebel von gemalten singenden und musizierenden Engeln überhöht werden (SMB KK, SM 36a.6 ; vgl. G. R. [Gottfried Riemann], in : Ausst. Kat. Schinkel 1982, S. 300–301, Nr. 18.26). Zu Schinkels Entwürfen zum Luther-Denkmal s. auch Johannsen 2011, S. 17–20, Kat. 6–10). Über das Luther-Projekt war es zwischen Schinkel und Johann Gottfried Schadow, die gemeinsam mit dem Architekten Friedrich Rabe zur Denkmalskommission gehörten, zu Spannungen gekommen, da der beträchtlich jüngere Schinkel den älteren Schadow nicht mehr als Repräsentanten der »neuen Zeit« betrachtete. Im Begleitschreiben, das Minister von Schuckmann nach Abgabe der Unterlagen der drei genannten Kommissionsmitglieder am 19. August 1817 dem König überreichte, heißt es : »Das Resultat ihrer Arbeiten haben diese Künstler in einem gemeinschaftlichen Bericht beschrieben, den ich mit den dazugehörigen Zeichnungen Ew. Königl. Majestät ehrerbietigst vorlege. Alle drei vereinigen sich darin, daß eine Statue Luthers das Hauptwerk des Monuments sein soll, die Schinkel in weißem Marmor gearbeitet, die beiden an-
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deren Künstler von Bronze gegossen vorschlagen. Dieser Hauptfigur fügen letztere beiden einige architektonische Umgebungen bei, wie auch der p. Schinkel, dieser aber in solchem Umfange und von solcher Beschaffenheit, daß die Ausführung mehr als das dreifache des vorhandenen, zu dem Monument bestimmten Fonds kosten würde« (zitiert bei Eckardt 1990, S. 208). Der König lehnte wohl aus Kostengründen den Entwurf Schinkels ab und genehmigte die bescheidenere Bronze-Ausführung von Schadows stehender Lutherfigur mit der aufgeschlagenen Bibel in den Händen, die am 31. Oktober 1821, dem Reformationstag, in Wittenberg enthüllt wurde. Die Oberaufsicht bei der Errichtung des Denkmals sowie der Entwurf des Granitpostamentes und des von Schadow wenig goutierten, gotisierenden eisernen Baldachins war jedoch Schinkel übertragen worden (zum Wittenberger Lutherdenkmal vgl. Eckardt 1990, S. 206–12). 9 Zu Brandt vgl. Brief 4, Anm. 36. 10 Gemeint ist einer der beiden Rossebändiger vom Brunnen auf der Piazza Quirinale in Rom, die durch Vedutendarstellungen Roms allgemein bekannt waren. Man hielt die beiden aus den Konstantins-Thermen stammenden Figurengruppen aus hadrianischer oder konstantinischer Zeit damals für griechische Originale und schrieb sie dem Phidias zu. Karl Philipp Moritz hatte im dritten Teil seiner Reisen eines Deutschen in Italien (Bd. 3, Berlin 1793) dem rechten der beiden Dioskuren besondere Aufmerksamkeit gewidmet, so dass Schinkel vermutlich einen Abguss von diesem wünschte. 11 Johann Christian Friedrich Moser, seit 1814 Oberhof-Baumeister, seit 1815 Assessor in der Ober-Bau-Deputation und seit 1816 Oberbaurat, gehörte spätestens seit 1824 der Ministerial-Bau-Kommission an (vgl. Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 137–138). 12 Es handelt sich um Schinkels Frau Susanne (bei der Rauch irrtümlich eine Schwangerschaft vermut hatte, vgl. Brief 4, Anm. 24), um Schinkels Tochter Marie und Schinkels Schwager Wilhelm Berger, der im Palais des Prinzen August eine Dampfheizung eingebaut hatte (vgl. Brief 1, Anm. 4, 6 und 7).
Schinkel an Rauch, Berlin 23. März 1817
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7. Schinkel an Rauch, Berlin 23. März 18171
Theuerster Freund,
Berlin den 23. März 1817.
hoffentlich haben Sie meinen letzten Brief, worinn Sie über die Wache, Ihre Wohnung, und die Candelaber Nachricht bekommen, erhalten, aber schon wieder komme ich mit neuen Anmuthungen. Zuförderst hat die Regierung von Achen vorgestern an mich geschrieben, daß sie noch keine Nachricht von Ihnen über die Büste Friedrichs des Großen erhalten,2 und bittet mich, Sie daran zu erinnern, wahrscheinlich aber ist schon in dieser Angelegenheit ein Brief von Ihnen an die dortige Regierung unterwegs ; ich werde wenigstens, in einem Schreiben welches ich heute an jene Regierung werde abgehn lassen, diese Vermuthung hinstellen, und zugleich bemerken, daß ich Sie erinnert hätte. – Nun eine Angelegenheit des Prinzen Friedrich.3 – Sie wissen, daß er sich vermählt und daß sein Palais in der Wilhelmsstraße,4 (das ehemalige Hagensche Haus) eingerichtet wird, wobei er mich um Rath fragt. Das Gebäude wenn Sie sich dessen erinnern, hat keineswegs etwas Pallastähnliches, die Einrichtung kann auch nicht so brillant werden wie die des Prinzen August, weil sie der Prinz aus seinem eignen, ihm jetzt ausgezahlten Vermögens besorgt. Ich habe es auch dem Locale unangemessen gefunden, werde Decorationen und die [sic] Architectur viel zuwenden, es wird nur das Anständige erreicht werden ; dagegen habe ich den Prinzen beredet in aller Art Kunstwerke zu sammeln und Jährlich, wie seiner künftig sehr bedeutenden Apanage, eine recht tüchtige Summe dazuzusetzen, damit er seine Zimmer vollbekomt, und Künstler beschäftigt werden. Zu den Kunstwerken werden auch alte Carten schöne Marmors gerechnet, doch wünschte ich, daß weniger auf Antiken gesehn wird als auf Arbeiten neuerer Meister und vorläufig zum Theil auf gute Copien nach den schönsten Werken der alten Künste. Ich habe mich deßhalb von ihm beauftragen lassen, Sie zu ersuchen bei Ihrem Aufenthalte in Italien, aus den Studien aus den Werkstätten der Künstler, Sachen der Art zu notiren und Vorschläge deshalb einzureichen mit den jedesmaligen Preisen dazu. Glauben Sie daß manches unter Ihrer und Tieks5 Leitung von guten Arbeitern ausgeführt werden könnte, welches mehr als Decoration diente als z. b. Vasen, Candelaber pp und daß für Sie und Tiek dabei Vortheile gewonnen würden so wäre es um so besser. Vor allen Dingen würden zuerst aber gebraucht Alabaster Lampen6, und dann ein großer Tafelaufsatz. Letzteren nehmlich wollte der Prinz, wie jetzt hier allgemein Mode wird, in den Praiser7 [sic ! Pariser] Broncefabriken für viele tausend Thaler bestellen lassen, ich finde dies steife Zeug fatal und es repitirt sich so entsetzlich ; mir fiel deßhalb ein : ob es nicht sehr schön seyn könnte, ganz allein aus
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weißem cararischem Marmor einen großen Aufsatz zu bilden, derselbe bestände aus einem langen Podium mit architectonischen Gliedern und Verzierungen, aus einzelnen zusammenzusetzenden Stücken, damit man den Aufsatz nach der Länge der jedesmaligen Tafel einrichten könnte. Auf diesem Podium ständen schöne Vasen mit Basreliefs, worinnen Blumen besonders Rosen angehäuft werden könnten, dann Statuen aller Art, Candelaber, Aren, Dreifüße, Roßbändiger, Quadrigen, pp in schöner Ordnung. Vielleicht könnte das Ganze die Form einer Spina8 haben mit einem Tempel in der Mitte, Odalisken, Zielsäulen pp. ungefähr so :
Doch überlasse ich ganz Ihnen was Sie für gut finden, welches sich zum Theil auch danach sich richten wird, ob nicht in den Studien der großen Städte einzelne paßliche Theile hierzu vorräthig sind, wodurch wir Zeit gewinnen würden. Der Prinz ist von dem Gedanken gleich sehr eingenommen gewesen und hat mirs aufs angelegentlichste empfohlen. Wenn Sie mir Ihre Gedanken deßhalb mittheilen wollen, vielleicht auch schon Hauptstücke die Sie für den Zweck gefunden, angeben, so will ich sehr gern das ordnen besorgen und Zeichnungen zum Podium und andere erforderliche Architectonische Theile Ihnen zusenden.9 – Humbolds werden Sie nun bald sehn, die Glücklichen wollen ein Jahr in Ischia verweilen10 – Hier ist immer die alte Plage, viel Arbeit und wenig Genüße. HE Catel11 hat wegen seines Badehauses öffentlich einen bösen Handel mit einer Menge Baumeister in den Zeitungen durchgeführt, welcher das Publicum sehr belustigt. Wegen neuerfundener römischer Dachziegel, die nach 6 Wochen erweichten und dem Regen freien Zutritt, allenfalls zu Tropfbädern anwendbar, in das Zimmer des Hauses verschafft, erzürnte er sich mit dem Bauherr und wird von diesem belangt werden. Statt über dies und manchen andern Fehler des Gebäudes sich still zurückzuziehen hat er aber öffentlich einen lächerlichen Streit unternommen, bei dem er gar jämmerlich weggekommen ; er thut mir leid, weil ohne Zweifel der Vorfall den Grad seiner Verworrenheit vermehren wird12.
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Bei mir ist mancher kleiner Unfall im Hauswesen seither eingetreten, die Kindlein und die Frau waren krank und noch ist nicht alles auf dem alten Fuß. Wilhelm genießt jetzt schon die Früchte seiner Anstrengungen, der Prinz August lebt sehr beglückt im größten Theil seiner Wohnung und erwärmt sich aufs behaglichste mit den Dämpfen, welches alles vortrefflich geht.13 Meine Frau und Wilhelm grüssen Sie herzlich. An Tiek bitte ich mich besonders zu empfehlen, und verzeihen Sie das entsetzliche Geschmier, ich habe aber viel viel noch zu schreiben, und Sitze bis über die Ohren in der Arbeit. Bald hoffe ich von Ihnen zu lesen Ihr aufrichtigster Freund Schinkel Raziwill14 bestellt mich zu sich wegen des großen Monuments in Warschau15 wozu die Summe größtentheils zusammen gekommen ist, davon nächstens mehr.
1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43., Mappe 156, Bl. 7–8. 2 Vgl. dazu Brief 3, Anm. 2 und Brief 5, Anm. 4. 3 Das ist Prinz Friedrich Wilhelm Ludwig von Preußen, ältester Sohn des Prinzen Friedrich Ludwig (Louis) Karl von Preußen (Bruder Friedrich Wilhelms III.) und der Prinzessin Friederike von Mecklenburg-Strelitz (Schwester der Königin Luise). Der Prinz war nach dem frühen Tod seines Vaters († 1796) mit den Kindern des Königs am preußischen Hof erzogen worden und heiratete 1817 Wilhelmine Luise von Anhalt-Bernburg. 1820 wurde er General und Divisionskommandeur am Rhein und residierte in Schloss Jägerhof in Düsseldorf, wohin ihm seine Familie folgte. 1821 erwarb er die Ruine der Burg Fatzberg, die er unter dem Namen Rheinstein zu seiner Sommerresidenz ausbauen ließ (vgl. Brief 27, Anm. 6). Nach den Revolutiosunruhen von 1848 zog er sich wieder in sein Berliner Palais in der Wilhelmstraße zurück, das nach seinem Tod die Söhne Alexander und Georg erbten. 4 Das Palais des Prinzen Friedrich, das die Witwe des Domänenrats Christian Friedrich Wilhelm Graf von Hagen 1816 an den preußischen Hof verkauft hatte, befand sich in der Wilhelmstr. 72, schräg gegenüber dem Palais des Prinzen August. Es war eines der sieben Palais’ in der Wilhelmstraße, für deren Aus- und Umbau Schinkel verantwortlich war. 1918 kam es aus Hohenzollern-Besitz an das Deutsche Reich und diente seit 1920 dem Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, ehe es 1945 bis auf die Grundmauern ausbrannte. 5 Friedrich Tieck und Rauch hatten in Carrara eine gemeinsame Werkstatt mit einer Reihe vorzüglicher Marmor-Bearbeiter, außerdem organisierten sie Kunstankäufe für den preußischen Hof. 6 Vermutlich sollten solche Lichtquellen auf Wunsch der Prinzessin Wilhelmine Luise, Gemahlin des Prinzen Friedrich (s. o. Anm. 3), angeschafft werden, die eine Vorliebe für Alabaster-Gefäße und Lampen hatte (vgl. von Mirbach 2006, S. 219). 7 Tafelaufsätze spielten für die höfische Tafelkultur eine wichtige Rolle. Auch Friedrich Wilhelm III. war, wie sein Neffe Prinz Friedrich, ein großer Liebhaber der sogenannten surtouts, von denen er 1809 noch vor der großen 1813 initiierten Sammelaktion »Gold gab ich für Eisen« notge-
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drungen neben Hofsilber und Tafelgold allein 10 Tafelaufsätze einschmelzen ließ (vgl. Baer 2005, S. 166). Zu den bedeutenden Bronzegießern der Ära Napoleons, die diese kunstvollen, vergoldeten Bronze-surtouts herstellten, gehörte der Pariser fondeur-ciseleur Pierre-Philippe Thomire, von dem Prinz August einen »kostbaren Bronzeaufsatz« besaß (s. Sievers 1950, S. 91). Bei dem aus 126 Teilen bestehenden umfangreichen Tafelaufsatz, der in einem Magazin von Huis Doorn, dem holländischen Exil Kaiser Wilhelms II., 1991 entdeckt wurde, stammten 75 Teile aus einem bisher nicht genau zu bestimmenden Pariser Bronze-Atelier, während die übrigen Stücke, wie Baer überzeugend nachweisen konnte, von der damals bereits renommierten Berliner Manufaktur Werner & Mieth nach Entwürfen Schinkels ausgeführt waren (Baer 2005, S. 166–176, vgl. auch die dort aufgeführte weitere Literatur zum Thema Tafelaufsätze). Diese Bronzefabrik mit ihrem anspruchsvollen und hochwertigen Angebot an kostbaren, feuervergoldeten Kronleuchtern, Tafelaufsätzen, Lampen, Büsten etc. spielte im Zusammenhang mit Entwürfen von Schinkel als Lieferant am preußischen Hof eine wichtige Rolle (vgl. Sievers 1950, S. 69, 89, 93 ff.). 8 Die spina war in der antiken Zirkusanlage die »die Arena der Länge nach teilende, gemauerte Rampe, um welche die Rennwagen herumgeführt wurden. Die spina bildete zugleich die Basis für kunstvolle Aufbauten, zu denen Obelisken, kleine Heiligtümer in Tempelform, Altäre, Räuchergefäße und Statuen gehörten. An den Enden der spina markierten metae mit je drei kegelförmig zugespitzten Säulen den Wendepunkt für die ›Rennwagen‹« (vgl. Baer 2005, S. 161). Das spina-Schema war Vorbild für italienische Tafelaufsätze, die Schinkel, wie Baer vermutet, wahrscheinlich bei seinem ersten Italienaufenthalt 1803/04 gesehen hatte und die auch vorbildlich für seine im Brief gezeichnete Ideenskizze zum Tafelaufsatz für den Prinzen Friedrich war (vgl. dazu Baer 2005, S. 162–164, wo auch ein Teil des Briefes an Rauch mitsamt der Skizze publiziert ist. Ein Briefauszug mit entsprechendem Kommentar befindet sich auch bei Eggers, Rauch I, 1873, S. 190–191). 9 Vgl. dazu den Anschluss-Brief Rauchs an Schinkel (Brief 8). 10 Mitte April 1817 reiste Caroline von Humboldt in Begleitung ihrer unverheirateten Töchter Caroline und Gabriele sowie ihrer Tochter Adelheid und des Schwiegersohns August von Hedemann nach Rom. Im Anschluss begaben sie sich wegen gesundheitlicher Probleme der ältesten Tochter für drei Monate nach Ischia. Aus dem ursprünglich für ein Jahr geplanten Italienaufenthalt wurden schließlich zwei Jahre. Erst Ende Mai 1819 kehrte Frau von Humboldt mit den Töchtern Caroline und Gabriele über Florenz nach Berlin zurück (vgl. Gersdorff 2011, S. 186–204). 11 Das Badehaus, auf das Schinkel hier anspielt, wurde nach Plänen des Berliner Architekten und Mitbegründers des Berlinischen Künstlervereins (1814) Ludwig (Louis) Friedrich Catel errichtet. Das geschah im Auftrag des Stadtphysikus und späteren Obermedizinalrats Georg Adolph Welper, der durch diesen Neubau an der Friedrichsbrücke das seit 1803 von ihm betriebene Badeschiff in der Spree ersetzen wollte. Während des Winters 1816/17 kam es zu Streitigkeiten zwischen dem Bauherrn und Catel, da die unübliche und nach Catels Ideen vorgenommene Konstruktion der Bedachung mit den vermeintlich verbesserten Ziegeln große Materialmängel aufwies und das Dach aufweichte. Der Bauherr ließ Letzteres einreißen und leitete einen Prozess ein, der den nervlich angeschlagenen Baumeister schwer belastete. 12 Geistig umnachtet verstarb Catel zwei Jahre später (vgl. das vermutlich von der Witwe Henriette Friederike Catel, geb. Schiller, 1818/20 geschriebene 18-seitige biographische Manuskript, als Leihgabe des Vereins Berliner Künstler in der Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin, VBK Nr. 43, aus dem Bestand des Berlinischen Kunstvereins. Kommentiert von Reimar F. Lacher, als Ergänzung zu Rolf H. Johannsen : Ludwig Friedrich (Louis) Catel, in : »Berliner Klassik. Eine Großstadtkultur um 1800, Online-Dokumente Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissen-
Schinkel an Rauch, Berlin 23. März 1817
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schaften 2001, URL : http://www.berliner-klassik.de, letzter Zugriff : 20.5.2021.) Zu den näheren Umständen des Todes von Catel vgl.Wolzogen 2016, Bd. 2, S. 145, Anm. 101. 13 Wilhelm Berger hatte die Einrichtung einer – damals neuartigen – Dampfheizung für den Prinzen August beaufsichtigt (vgl. dazu Brief 1, Anm. 6, 7). Auch Louis Catel hatte sich mit der aus England stammenden Technik auseinander gesetzt und 1817 eine Schrift Über die Heizung mit Wasserdampf herausgegeben. Zu Catel vgl. Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 193–194 und 264–271. 14 Anton Fürst Radziwill, Stadthalter im Großherzogtum Posen, und Förderer des Denkmalprojekts für den Fürsten Jósef Poniatowskis für Warschau, nahm mit seiner Familie eine bedeutende Rolle im kulturellen Leben Berlins ein. Dazu trug auch seine Mutter, Fürstin Helene Radziwill, bei, die seit Ende des 18. Jahrhunderts jene berühmte, mit künstlichen Ruinen und Pavillons ausgestatte, romantische Gartenanlage »Arcadia« westlich von Warschau schuf, die das Ziel vieler Berliner Polen-Reisender war. 15 Geplant war seit langem ein stattliches Reiterdenkmal für den polnischen Heerführer und Patrioten Josef Fürst Poniatowski, der auf dem Rückzug nach der Völkerschlacht bei Leipzig in der Elster ertrank. Bertel Thorvaldsen war die Ausführung des Denkmals übertragen worden. Sein Entwurf zeigt den Helden, der sich in der Hoffnung auf einen eigenen polnischen Nationalstaat mit einem polnischen Heer auf die Seite Napoleons gegen Russland und Preußen gestellt hatte, in der Attitude des Mark Aurel mit ausgestreckter Rechten auf seinem Ross voranschreitend. Bereits 1817 geplant, war das Werk erst 1830 vollendet. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Ein Nachguss nach dem Modell im Thorvaldsen-Museum befindet sich als Geschenk des dänischen Staates und der Stadt Kopenhagen seit 1952 im Hof des Präsidentenpalais in Warschau (vgl. Brief 28, Anm. 9).
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8. Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Mai 18171
Theuerster bester Freund !
Carrara am Himmelfahrtstag den 15. Mai 1817.
Zwei liebe schöne Briefe vom 10 ten und 23 Märtz2 habe ich von Ihnen in Händen, Alles mitgetheilte macht uns großes Vergnügen, mir insbesondere Ihr frisches freundliches Andenken, so wie das Ihres Hauses wofür ich nicht genug danken kann, es wird daß meiner Seits aufs treulichste erwiedert, da ich tausendfältige Materie in dieser schönen aber erstaunlich stillen Einsamkeit habe, Ihnen und allen recht lebhaft zu danken und mich ergötzen im Geiste wenigstens bei Ihnen zu seyn. Werden dann aber die Gedanken zu Viele, so wird der Lebendigste Matt wovon ich hier gleich mit einer Probe aufzuwarten die Ehre haben werde. 1. Mit den Candelabr. geht es schnell vorwärts, und in Kurzem ist alles vollendet, außer den Gruppen der Figuren welche noch unsere Retouche bedürfen. Die Wappenschildchen auf dem größeren Laube machen sich vortrefflich so fein an den Säulen Fuß angelehnt daß sogar dahinter alles sauber gearbeitet ist.3 2. Schade daß die Tafel nicht gemacht wird, aber für das Begonnene von keinem Nachtheil.4 3. Sonderbar daß der Besteller Hr. Major v. Royer5 seit dem Monat Nov. v. J. auf wiederholte Briefe und Bitten nichts antwortet, es ist übel da ich schon mehr an ArbeitsLohn ausgelegt habe, als eingenommen, und es hier zu Lande ein übles Ding ist, mit der Casse auf den Boden zu kommen. Ich werde aber mein Anmahnen regelmäßig wiederholen. 4. Ganz vortrefflich ists gewesen daß Sie sich meiner und meiner Angelegenheit beim Staatskanzler erinnert und zur Sprache wieder gebracht haben,6 zugleich schrieb ich auch wegen dieser Sache deutlich und bündig dem König, welches vielleicht bei dem größern, S. M. vorliegenden Plane einem Bau günstig seyn kann. Sie schrieben mir nicht Wohin Sie meine Werkstatt zu legen hoffen ? Vorerst sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank für Ihren guten Willen, und bin nun beruhigter daß ich Sie liebster Freund in Ihrem Gewirre der Arbeiten so thätig weiß für mich weiß. 5. Sehr hat es mich gefreut so wie Tieck, daß auch an größere für ganz aufgegebene Pläne wieder gedacht wird, welches das Monument Luthers ist wovon Sie mir schrieben.7 Ich möchte wohl Ihren Plan dazu sehen, welcher nach Ihrer kurzen Beschreibung und wie ich Sie kenne gewiß die ganze Aufgabe aufs beste auflöset. Aber ich fürchte, dem mindestfordernden wird wohl die Arbeit (wenn solche zu Stande kömmt) zu Theil werden. Wenn nur noch bei der Ausführung der Metallstatue an ein Dezentes Unterbringen, an irgend einem schönen Go-
Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Mai 1817
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thischen Kirch Bau gedacht wird.8 sonst geht so etwas leicht ins Zoegern. Dieß alles kömt vom Wilhelmsplatz her, diese Ideale bleiben gewiß noch einer ganzen Generation in den Gliedern.9 6. Allerdings werde ich sehr dringend S. Exz. dem Minister darüber schreiben, daß man einen Abguß der Phidiassch[en] Colossen10 nach Berlin kommen läßt, er wird nun geformt, und der Abguß soll 600 Scudi rom. zum Auseinandernehmen vortrefflich eingerichtet kosten. 7. Daß ich keine Werkstatt habe in Berlin ist ein übles Ding, und hält mich wohl noch lange in einem sehr ungewissen Zustande. Ich habe auch deßhalb S. M. den König gebeten, mir zu erlauben daß ich diesen Sommer die Staue Bülows hier Modellire, und im Marmor anlegen darf, und so sauber angelegt um Zwei dritttheil erleichtert dann nach Hamburg verschifft.11 Denn sonst werden diese Statuen noch lange nicht fertig ! und ich wünsche nichts sehnlicher als grade diese Arbeiten iezt und recht bald zu machen, weil ich mich dann mit andren Dingen beschäftigen möchte. Einige Marmor zu den Piedestalen sind schon nach Hamburg unterwegs, die 4 größten Blöcke als die Würfel und die, zu den Statuen liegen noch hier am Meer. 8. Der Regierung zu A[a]chen habe ich geschrieben, und sehe einer Antwort entgegen,12 die Büste Friedr. II soll überlebensgroß werden, auch kein bloßer Kopf, sondern wohl etwas Falten haben um die Schultern zu bekleiden, unter 400 bis 500 Thaler kann ich eine solche Büste nicht machen, um so mehr da ich mir die Materialien zum Portrait erst muß kommen lassen, aber die Arbeit in Berlin erst anfangend, wo die Auslagen noch bedeutender sind als hier. Die Ausführung dieser Büste würde mir viel Vergnügen machen, um so mehr aber auch Zeit kosten. 9. Marmorstatuen Vasen. Candelabr. Schaalen etc. besonders die drei leztern Arten werden hier sehr schön gearbeitet, mit Aufsicht sogar vortrefflich. und nicht übertrieben theuer, da diese Art Bildhauer hier in der Mehrzahl ist, und wenige ordentliche Bestellungen sind, so rathe ich zu solchen Bestellungen am meisten Copien nach Antiken und anderen Statuen Köpfen Bassrel[iefs] u.s.w. werden auch leidlich hier geliefert, mit Aufsicht aber besser, und sogar recht gut. Die Venus Med.13 wird zur theuersten hier mit 90 holl. Dukaten bekleideten Statuen von 3 Fuß und Zoll, recht sauber gearbeitetet mit 30 bis 40 Ducaten als Maximum. Ich würde dem Prinzen also mit gutem Gewissen rathen können, zur Auszierung seines Palais dergleichen Sachen hier bestellen zu lassen, wenn ich solche nicht leiten könnte, so bleibt Tieck länger hier, und würde solches gerne unternehmen und zu Ihrer Zufriedenheit ausführen lassen. 10. Zu den Alabaster und Marmor Plataux14 rathe ich nicht, nemlich 1. des Beschmutzens wegens 2. wegen der Zerbrechlichkeit. Ich habe Arbeiter welche ihr halbes Leben mit diesen Arbeiten im kleinen Format in Alabaster und auch
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in Marmor Arbeiten zugebracht haben. Ersteres Material (der Alabaster) ist ein gar betrügliches, indem dasselbe nur in unbedeutenden Brocken gefunden wird, sich vortrefflich zersägen und wieder zusammen Leimen läßt, also, wie diese Leute mir versichern, daß kein Stück Arbeit gemacht wird, welches nicht schon zerbrochen verkauft wird. Noch zerbrechlicher werden diese Arbeiten dadurch, daß um den Alabaster die krude glasartige Durchsichtigkeit zu nehmen, man erfunden hat, die angelegten Arbeiten in Wasser zu kochen, und die Oberfläche bekommt dann diese vortreffliche blendende Weiße welche iezt so sehr diese Arbeiten verkaufen macht. Durch das angreifen mit blossen Händen wird der Alabaster sehr sichtlich beschmuzt, und kann auf keine Weise gereinigt werden, und als Tafelaufsatz fast unvermeidlich ist, daß die Skulpturen nicht zerstoßen oder beschmutzt würden. Wollte man die Skulpturen in diesem kleinen Format in Marmor arbeiten, so kostet dieselbe viel Geld und Zeit. Eine Alabasterfigur von 9 Zoll wird in Alabaster ungefehr sauber gearbeitetet 5 bis 8 Dukaten kosten, in Marmor aber schwer herzustellen seyn, um die Vollendung zu erreichen, welche so leicht in Alabaster möglich ist. kostete dann aber 12 bis 15 Dukaten. Alles Architektonische ließe sich aber ganz vortrefflich in Marmor hier arbeiten, kann auch ziemlich leicht an Gewicht dazu eingerichtet werden. Hopfgarten15 in Rom hat nun auch die Antoniussäule in Bronze kopirt, so wie die Obelisken St Popolo und von St. Giovanni all Laterano. Sie kennen die Trajan Säule welche in der Königinn Zimmer in Charlottenb. dieses Bronzeurs steht, in dem selben Maaß sind auch die übrigen drei Stücke, und verkauften jedes soweit ich mich erinnere zu 60 Dukaten. Wenige ArchitekturStudien, und in dem Verhältniße in Marmor ausgeführte Skulpturen könnten allerdings etwas neues und Geschmackvolles bilden. Wäre ich in Berlin würde ich doch für diesen Gegenstand zur Porzellanfabrik zurückkehren,16 aber versteht sich daß müßten wir gemeinschaftl. arbeiten lassen, und selbst hinsehen wie es gemacht wird. S. K. Hoheit bitte ich mich schönstens zu empfehlen. Soviel über diesen Gegenstand. Armer Caccetella17 habe ichs immer gefürchtet daß er sich nur prostituire, ein Architekt ohne Verstand, wie kann dieser bauen, wenn ihm schon das Ziegelstreichen mißlingt ? Es thut mir leid für ihn, sich nun noch in Zeitungsweitschweifigkeiten eingelassen zu haben. Seinem Bruder in Rom18 gehts recht gut, ist sehr beschäftigt von den Fremden, und arbeitet mit vielem Geschmack in dem Sinne und nach den correcten Wünschen derselben. es gefallen seine Bilder (zum Theil Veduten) so sehr, daß er oft 8mahl den selben Gegenstand wiederholen muß. Alle Künstler sind ohne Ausnahme in Rom beschäftigt ebenso in Florenz und Pisa, aber nirgends mit Würde und Zweck, alles arbeitet hier zum Taschenformat und bequemen Transporten, außer Bartoldi19 welcher eigentlich Künstler studieren läßt, das heißt sie wirklich beschäftigt um den bessern vorzuarbeiten.
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Wär es Ihnen nicht möglich Cornelius20 in Berlin anzuwenden, er hat mir recht dringend diesen Wunsch ausgesprochen mit Ihnen darüber zu sprechen, kein Stubenmahler würde in Berlin billiger die Wände bemahlen als dieser, und ich kann ihn als Freskomahler Ihnen mit gutem Gewissen anempfehlen, käme dann auch W. Schadow nach Berlin, so wäre die Bahn vielleicht für immer gebrochen, Cornelius wünscht nur das Leben sich zu gewinnen welches ihm bei seinen Erstern Streben in Rom schwer wird, daß er Talent hat haben Sie selbst gesehen ! Printz Friedrich allein mit 300 Dukaten Arbeit des Jahres könnte ihn allein in seinem Palais vorerst beschäftigen, Cornelius ist besonders seines angestrengten Fleisses wegen zu empfehlen. Der Medailleur Brandt21 reiset noch diesen Monat von Rom nach Berlin ab. Das Wohlergehen Ihres Schwagers Hr. Bergers, auch daß er sich der Dämpfe freuet,22 macht mir viel Vergnügen, aber ich rathe ihm doch freundschaftlich wohl dergleichen Dämpfe zu regieren aber in weiter Distanz davon zu bleiben, denn 26 Liebhaber sind neulich in England in jenes Leben gedampft worden. Ihrer lieben Frau Gemahlin, und Kindern, bitte ich meine schönsten Grüße zu bestellen, und mir zu schreiben ob der Thronerbe anfängt das Leben von einer erst ernstern Seite wie bisher zu betrachten daß Ihre jüngste im Winter krank war hat mir sehr leid gethan, ich hoffe daß alle wieder das beste Wohlergehen genießen, und bitte mich allen aufs schönste zu empfehlen. so auch unsern Freunden Langermann und Beuth welchem leztren ich in einigen Tagen auf sein freundschaftl. Schreiben antworten werde. Kömmt meine Agnes manchmahl zu Ihnen ich höre seit langem nichts von ihr ? Mit nächstem schreibe ich Ihnen über meine hiesigen Arbeiten und Pläne ausführlich. Mit einer iezt von hier nach Hamburg abgegangenen 2ten Marmorladung habe ich auch einen überlebensgroßen Adler23 in Marmor ausgeführt abgesandt. er ist sehr ausgeführt. ich verkaufe ihn für die Spesen, um das Vergnügen gehabt zu haben ihn auszuführen war der Zweck dieser Arbeit. Ich werde ihn dem Könige anbieten lassen zu 100 Fried’or. sollte dieser ihn nicht wollen, könnten Sie ihn wohl unterbringen ? Fr. v. Humb[oldt] und Hedemann24 sind noch nicht angekommen, Tieck und ich werden einige Tage mit ihnen in Florenz seyn. Hr. v. Ramdohr25 soll tödtlich krank an der Brustwassersucht in Neapel seyn. Tieck hat ein schönes Modell der Statue Neckers für M. Stael vollendet,26 als Portraitsstatue im Ganzen. so wie den Faltenwurf und Ausführung derselben kenne ich keine bessere Scluptur [sic]. Von unsern beiden Kandl. Gruppen senden wir Ihnen mit nächstem ausgeführte Zeichnungen. und ich wir hoffen diese Arbeit soll nicht gescholten werden. Wir genießen iezt des schönsten je gesehe-
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nen Frühlings aber erst sei 8 Tagen. Nun leben Sie wohl theuerster Freund und behalten mich lieb. Tieck grüßt freundschaftl. Ihr ganz ergebener Chr. Rauch. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms. 1922.155.4. 2 Vgl. Schinkels vorangegangene Schreiben (Briefe 6 und 7). 3 An den Vendée-Kandelabern waren zwischen dem unteren Sockel mit den Porträtmedaillons der Vendée-Helden und dem von Viktorien und Trauernden umgebenen oberen Säulenschaft kräftige, die Eckvoluten überlappende Akanthusblätter angebracht. Auf diesen standen Wappenschilder schräg an die Säulenbasen angelehnt, so dass man noch einen freien Einblick auf deren fein gearbeitete Rundungen und Profilierungen haben konnte. 4 Rauch hatte ursprünglich vorgeschlagen, am Standort der Kandelaber eine Marmortafel in die Mauer einzulassen, die das goldene Ehrenschwert im Relief mit erläuternder Erklärung wiedergeben sollte (vgl. Eggers, Rauch I, 1873, S. 216 ; zum »Ehrenschwert« vgl. Brief 4, Anm. 20). Der Plan musste aus Kostengründen aufgegeben werden. 5 Zu Royer de Lühnes vgl. Brief 1, Anm. 13. 6 Rauch spielt hier auf seinen in Berlin geplanten Werkstattkomplex an, dessen Örtlichkeit ihm noch nicht bekannt war. 7 Zum Luther-Denkmal vgl. Brief 6, Anm. 7, 8. 8 Rauch behielt Recht, wenn er vermutete, dass es aus Kostengründen letztlich nur auf eine Bronzestatue des Reformators hinauslaufen würde, die nach seiner Vorstellung nahe einer Kirche aufgestellt werden sollte. 9 Rauch spielte hier indirekt auf die Situation am Wilhelm-Platz an, wo noch auf Geheiß König Friedrichs II. zunächst die vier Statuen der berühmten Feldherren Kurt Christoph Graf von Schwerin, Hans Karl von Winterfeldt, General Friedrich von Seydlitz und Feldmarschall James Graf von Keith aufgestellt wurden, die die Bildhauer François Gaspard Adam, Sigisbert Fançois Michel, die Gebrüder Johann David und Johann Lorenz Wilhelm Räntz und Jean-Pierre Antoine Tassaert geschaffen hatten. Ihnen folgten später die Denkmäler des Generals Hans Joachim von Zieten und des Fürsten Leopold I. von Anhalt Dessau, die Johann Gottfried Schadow auf Geheiß Friedrich Wilhelms II. zwischen 1791 und 1798 ausführte. Bei der Anlage der Figuren hatten sich Tassaert und in noch stärkerem Maße Schadow dazu entschlossen, die Feldherren nicht im barockisierten »römischen Gewand«, sondern im zeitgenössischen Soldatenrock mit entsprechender Kopfbedeckung darzustellen, einem Novum, das aufgrund der realistischen, eher prosaischen Bekleidung zu viel Kritik und Ablehnung führte und einen regelrechten »Kostümstreit« auslöste (vgl. dazu Simson 1989, hier speziell S. 50–52). 10 Man hielt damals die aus hadrianischer oder konstantinischer Zeit stammenden Rosse für Werke des Phidias, des bedeutendsten Bildhauers der griechischen Klassik des 5. Jahrhunderts v. Chr. Zur Rossebändiger-Gruppe vgl. Brief 6, Anm. 10. 11 Der König hatte ursprünglich verlangt, dass die beiden Statuen der Generäle von Bülow und Scharnhorst, die zu Seiten von Schinkels Neuer Wache errichtet werden sollten, in Gänze in Berlin gearbeitet würden. Doch der Versand der schweren Marmorblöcke wäre nicht nur sehr teuer geworden, sondern hätte, mangels einer entsprechenden Bearbeitungsstätte, die Ausführung noch mehr verzögert. Rauch schlug daher vor, zunächst die Statue von Bülows noch in Italien grob in Marmor auszuhauen und sie somit von überflüssigem Material zu befreien, um sie dann in Berlin im Detail auszuarbeiten. Die Statuen-Sockel sollten dagegen in Gänze in Berlin ausgeführt werden.
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12 Zur Büste Friedrich II. für Aachen vgl. Brief 5, Anm. 4. 13 Gemeint ist die berühmte »Mediceische Venus«, 1618 in der Villa Hadriana bei Tivoli gefunden und seit 1717 in der Tribuna der Uffizien aufgestellt, die Rauch in Carrara zu kopieren rät (vgl. Brief 4, Anm. 16). 14 Schinkel hatte vorgeschlagen (Brief 7), den Tafelaufsatz für den Prinzen Friedrich in weißem Marmor herzustellen, wovon Rauch aus den oben genannten Gründen abrät. 15 Wilhelm Hopfgarten, Bruder des Berliner Gießers Johann Ludwig Heinrich Hopfgarten, hatte sich bereits zur Zeit der Napoleonischen Fremdherrschaft in Rom angesiedelt, wo er gemeinsam mit Benjamin Ludwig Jollage eine Gießerei und Ziselierwerkstatt im Palazzo Barberini betrieb (vgl. Maaz 2010, Bd. 2, S. 649 und 651 sub voce). Hopfgarten arbeitete im Wachsausschmelzverfahren und stellte in Rom kleine Kopien italienischer Antiken her, darunter auch die im Brief erwähnten Stücke (vgl. Eggers, Rauch I, 1873, S. 192 ; bei Eggers, S. 190–192, auch Abdruck kürzerer Partien aus der obigen Korrespondenz zwischen Schinkel und Rauch). 16 Die Berliner Königliche Porzellan-Manufaktur produzierte ebenfalls Tafelaufsätze. Vermutlich dachte Rauch an das zwischen 1817 und 1819 bei der Königlichen Porzellan Manufaktur (KPM) für den Herzog von Wellington als Geschenk geplante kostbare Service mit großem Tafelaufsatz, das Friedrich Wilhelm III. für den bei Waterloo so siegreichen englischen Feldherrn bestellt hatte. Auf grünem Plateau mit feuervergoldeter Bronzeumrandung stehen als Hauptschmuck ein Obelisk, umlagert von acht Flussgottheiten, zwei große antikisch geformte Kandelaber, umringt von je sechs kannelierten Säulen mit schwebenden, kranztragenden Viktorien (vgl. Baer 1979, S. 251–271, hier speziell S. 261–264, Kat. 495–509). Die Entwürfe dazu gehen auf Johann Gottfried Schadow zurück (vgl. Badstübner/Czok/Simson 2006, Teil II, Kat. 1142–1145). 17 Gemeint ist Ludwig Friedrich Catel, über dessen Missgeschick mit den Dachziegeln des Berliner Badehauses Schinkel berichtete (vgl. Brief 7, Anm. 11). 18 Franz Ludwig Catel, Maler und Stecher, ließ sich 1811 in Rom nieder, wo er sich Joseph Anton Koch und den Lukas-Brüdern anschloss. Er malte vor allem italienische Veduten, Seestücke und Genrebilder, die großen Absatz fanden. Sein gastliches Haus war Mittelpunkt der Deutsch-Römer (s. auch Kat. Künstlerleben in Rom 1991, S. 721). 19 Gemeint ist Jacob Ludwig Salomon Bartholdy, der die Casa Bartholdi im Palazzo Zuccari durch Maler des Nazarener-Kreises mit Fresken der Joseph-Legende ausmalen ließ (vgl. dazu Brief 4, Anm. 31). 20 Peter von Cornelius lebte seit 1811 in Rom, wo er sich Johann Friedrich Overbeck und dem Nazarener-Kreis anschloss, in den Lukasbund eintrat und dessen führender Maler wurde. Er war maßgeblich an der Ausmalung der Casa Bartholdy und des Casino Massimo beteiligt. Bis zu seiner Berufung an die Kunstakademie in München im Jahr 1819 verblieb er in Rom. Rauchs Wunsch, diesen bedeutenden, arbeitsintensiven Maler in Berlin tätig zu sehen, erfüllte sich erst 1840, als Cornelius, inzwischen hochrenommiert, als Professor an die Berliner Akademie berufen wurde. 21 Zu Brandt vgl. Brief 4, Anm. 36. 22 Vgl. dazu Brief 7, Anm. 13. 23 Diesen Adler, der sich bereits vor 1824 im Besitz des Präsidenten der Preußischen Seehandlung, Christian von Rother, in Schloss Rogau in Schlesien befand, skizzierte Rauch kommentarlos und lediglich mit Maßangaben versehen in Vorder- und Seitenansicht am 30. Mai 1817 in seinem Tagebuch (SMB ZA, Briefverzeichnis und Tagebuch IV/NL Rauch 02). Den wohl bereits 1816 in Marmor ausgeführten Raubvogel erwähnt der Künstler später auch in einem Brief an Goethe vom 1. November 1824 und nennt diese »aufs sorglichste ausgeführte Arbeit« einen Versuch,
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dem leider das Leben fehle, »weil ich das organische dieses Federthiers und die edle schöne märkische Race noch nicht kannte« (vgl. Simson, Rauch 1996, S. 121–122, Kat. 69 m. Abb.). 24 Frau von Humboldt war mit ihrem Schwiegersohn August von Hedemann am 20. Mai 1817 in Florenz eingetroffen. Sie hatten vergeblich auf Nachrichten von Rauch und Tieck gewartet und reisten bereits 5 Tage später über Siena weiter nach Rom. Es kam zu keinem gemeinsamen Treffen in Florenz (vgl. Simson 1999, S. 263). 25 Friedrich Wilhelm Basilius von Ramdohr, seit Juli 1814 preußischer Geschäftsträger in Rom, war ab 1816 preußischer Gesandter in Neapel, wo er mehrfach Umgang mit Rauch hatte. 26 Die Statue des französischen Finanzministers und Bankiers Jacques de Necker für Schloss Coppet/Schweiz entstand im Auftrag von dessen Tochter, Madame de Staёl. Unter deren Aufsicht und genauen Anweisungen legte Friedrich Tieck das Bozzetto bereits im Januar/Februar 1816 in Pisa an. Die Ausführung des großen Modells war im März 1817 beendet und zeigt den Staatsmann in eine Toga gehüllt, in der Haltung der etruskischen Bronzestatue eines Redners, des sog. »Arrin gatore«, mit erhobener Rechten und in die Ferne gerichtetem Blick (vgl. Maaz 1995, S. 159–160, Kat. 100). Ende 1818 wurde die Statue in Carrara in Marmor vollendet.
Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Juni 1817
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9. Rauch an Schinkel, Carrara, 15. Juni 18171
Theuerster bester Freund !
Carrara 15 Juni 1817.
Mein leztes Schreiben vom 15 May d. J. wird Ihnen indeßen zugekommen seyn,2 ich erhielt während dem endlich Antwort von Hr. M. von Royér und alles geht nun in der Ordnung. Hr. v. Royér wünscht daß ein Kupferstich von den Candl. und Schwerdt ausgeführt werde und wünscht die Zeichn. der Erstern von hier aus zu empfangen. Ich werde solche so gut ich solches hier erreichen kann, zeichnen lassen. so auch jede der Figuren in einer Face Ansicht, weil diese der bedeutendste Theil der Arbeit ist und die Haupt bestimmung der Candlaber angiebt.3 Ich glaube zwar daß dies die Kosten des Kupfers sehr vergrößern wird. aber das Blatt enthält dann doch auch dadurch mehr artistisches Inntreße. Sollte es aber aus andren Gründen des Stammes wegen vielleicht nicht annehmbar seyn, so erhalten Sie theuerster Freund doch dadurch eine deutlichere Ansicht der uns zur Ausführung übertragenen Composition, wovon Sie ohne dieß sobald nichts werden zu sehen bekommen. Tieck und ich haben gegenseitig das mögliche gethan uns den Rang bei dieser Gruppe abzugewinnen, und ich darf hoffen, daß solche nicht übel gelungen sind. Von Hr. Prof. Schlötzer4 habe ich vorläufig die angenehme Nachricht erhalten, daß es nun wohl Ernst werden wird, um von Seiten S. M. des Königs eine Werkstatt bauen zu lassen, das Nichtanfangen derselben in diesem Jahr würde meinen Plänen zu sehr zu wieder seyn. da ich nicht wünsche länger als zum Winter in Italien zu bleiben. und dennoch beide Statuen Bülow und Scharnhorst gut ebauchirt5 bis dahin einzuschiffen gedenke, dann können beide Monumente in Einem Jahr dastehen (Anfang 1819) Unter uns vertraue ich Ihnen, daß ich ein par vortreffliche Stück Marmor in meine Werkstatt bekomme. zu einer bestellten Arbeit bestimmt. Ich faßte den Muth diesen Marmor zur Ausführung einer zweiten liegenden Grabstatue der Königin nach einem Modell wovon Sie die Zeichnung kennen, anzuwenden. Ich habe solche grade lebensgroß angelegt, und macht ganz die günstige Würkung welche ich davon erwartete, so daß ich hoffen darf die Kenner und Nichtkenner werden die in Charlottenburg aufgestellte für ein Vorstudium desselben ansehen, nicht aber und die leztere als die Ausführung der Aufgabe nachdem sie vollendet anerkennen. Reden Sie aber niemand davon, ich mache dieselbe zu meiner eigenen Genugthuung, und kann solche nicht öffentlich aufgestellt werden, so wird man mir erlauben an dezentem Ort zu verschenken6. Nun folgt in aller Eile ein Gemeinschaftlicher Gedanken mit Tieck, über eine vergrößerte Aufstellung und Ausführung, der für Frankreich bestimmten Candelaber. Das Ganze stellt sich so schön zusammen, daß wir
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auf diese Idee nun dadurch geführt wurden, solche als Monumente für die Siege der Jahre 1813. 14 und 15. im großen auszuführen wünschen. Grad drei mahl so groß als die für Frankreich würde selbige 27 Fuß hoch werden.7 Die Figuren stark lebensgroß. Denken Sie sich solche als Säulen abstehend und zu seiner Zeit die Statue dieses Königs (equette) dazwischen, welch schön abgeschlossenes (nicht abgedroschenes) wirklich Neue Monument dieses bilden mußte, um so mehr die ruß. franz. Lieblingsidee mit den Antonius Säulen8 u. s. w. bei uns wenigstens auszumerzen mit 6000 Thaler läßt sich solches (nemlich beide Candelaber) hier in Carrara vollenden und in die Kisten bringen. Lachen Sie ja nicht über unsere Marmorprojekte, und lassen Sie uns den Stolz, zu glauben, daß nur die Steine der Zukunft andeuten werden, wo Menschen lebten und bildeten das wehr zu Schön ! Zu einer dreimahlgrößern Büste Blüchers als das Modell liegt wirklich schon der Marmor in meiner Werkstatt.9 Nun leben Sie wohl liebster Freund Grüßen Sie Ihr ganzes Hauß. Beuth. Langermann und die sich meiner erinnern. Humb[oldt] habe ich in Florenz nicht mehr getroffen, durch eine Lieder[lich]heit ließ man mich ohne Nachricht, ich kam 2 Stunden nach Ihrer10 Abreise da an, wie verdrießlich ! Übermorgen am Feste St. Ranieri ist eine Sehr große einzige Erleuchtung am Arno in Pisa wir gehen dahin, der Dom und Campo Santo sind auch erleuchtet, ich freue mich sehr dazu.11 Seeger wird Sie bitten, die beiden Scizzen zu Scharnh[horst]-Statue, die mit dem aufgehobenen Schwerdt, und die vom Könige gewünschte Seeger zu bezeichnen. daß er solche mir geformt hierher sende.12 Leben Sie wohl. Ihr aufrichtigster Freund Rauch. Seiner Hochwohlgeboren Der Königl. Geheime Oberbaurath Herrn Schinckel. [sic] Friedrichstraße No 99, zu Berlin 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.5. 2 Siehe Brief 8. 3 Nach Eggers befand sich einst im Nachlass Schinkels ein inzwischen verschollener Brief Rauchs vom 8. Dezember 1817 aus Carrara, in dem Rauch angibt, dass er die in Marmor fertig gestellten Kandelaber habe zeichnen lassen und diese Zeichnungen seien dem Oberstleutnant von Hedemann »zur Versorgung übergeben und wohl schon abgegeben« worden (Rauch III, 1886, S. XVI, Zusätze und Berichtigungen von Eggers, Rauch I, 1873, S. 164, Zeile 6). Von wem diese Zeichnungen stammten und ob danach wirklich Stiche angefertigt wurden, wie im obigen Brief angegeben, muss dahingestellt bleiben. Es existiert auch ein Brief von Royer de Lühnes vom 5. März 1818 (SMB PK, Staatsbibliothek, Handschriftenabteilung, acc. Darmst 1919) an Schinkel, in dem er auf diese Zeichnungen eingeht : »J ai l’honneur de vous envoyer les deux dessins que
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Mr d’hedeman a me [sic !] la bonté de m’apporter d’italie. J’y j viens la lettre de Mr. Rauch il y a long temps que je me proposais d’avoir le plaisir de voeus aller voir pour causer avec vous par le projet, la nature y a ruir bon empechement. me voilà depuis bien des jours déja, retenu dans ma chambre par deux erysipeles une à chaque pied. c’est plus qu’il n’en sont pour empecher de Rouyer de Place. agréez l’assurance de tante ma sincere considerations et excusez le griphouage d’me malade« (»Ich beehre mich, Ihnen die beiden Zeichnungen zu senden, die Herr von Hedemann die Güte hatte mir aus Italien zu bringen. Ich komme auf den Brief von Herrn Rauch vor langer Zeit zurück, als ich das Vergnügen zu haben beabsichtigte, Sie zu besuchen, um mit Ihnen über das Projekt zu sprechen, allein die Natur hat diesen guten Vorsatz vereitelt. Schon seit vielen Tagen werde ich hier in meinem Zimmer von Rotlauf festgehalten, einer an jedem Fuß – mehr als genug, um Rouyer de Place zu verhindern. Doch seien Sie meiner aufrichtigen Absichten versichert und wollen gütigst dieses Geschmier meiner Krankheit nachsehen.«). Zu Gottlieb Schloetzer oder Schlaetzer vgl. Brief 1, Anm. 15. Ebauchieren = aus dem Groben heraushauen, das heißt, dass die beiden Feldherrenfiguren von Bülow und Scharnhorst zu Seiten der Neuen Wache bereits in Carrara soweit aus dem Marmorblock herausgeschlagen und somit von überflüssigem Stein befreit waren, dass in Berlin nur noch die Endausführung mit künstlerischer Detailarbeit stattfinden musste. Eggers, Rauch I, 1873, S. 122 liest : »verstecken«. Rauch schreibt aber eindeutig »verschenken«. Bereits seit 1812 arbeitete Rauch in aller Heimlichkeit an einer zweiten Liegefigur der Königin Luise, die »ein Korrekturbild« der ersten sein sollte und die Königin in aller Anmut und in ihrer natürlichen Größe wiedergibt, wie es der eigentliche »Herzenswunsch« des königlichen Witwers Friedrich Wilhelm III. gewesen war. Nur wenige Vertraute erfuhren von der Arbeit an dieser Statue, deren Modell Rauch im Winter 1812/13 auszuarbeiten begann, »verführt« durch ein Marmorstück von »der herrlichsten Weiße […] wie ein versteinerter Milchfluß«, eine Arbeit, die »durch einige hiesige recht schöne Modelle noch anziehender [werden] wird«, wie Rauch am 10. Januar 1813 an Caroline von Humboldt schrieb (Simson 1999, S. 157). Im Juni 1813 war das Gipsmodell fertiggestellt, und im Frühjahr 1817 begann ein Marmorarbeiter mit dem Punktieren der Statue, deren grobe Steinbearbeitung Rauch seinen geschultesten carraresischen Helfern überließ, als er im April 1818 seine Rückreise nach Deutschland antrat. Im März 1820 traf die ebauchierte Marmorstatue in Berlin ein, an deren detaillierter Ausarbeitung der Künstler selbst bis zum November 1827 heimlich beschäftigt war, ehe er das vollendete Werk dem König vorzuzeigen wagte. Der Monarch, zunächst verstimmt über Rauchs eigenwilliges Vorgehen bei einer solch privaten Themenwahl, kaufte Rauch die allgemein bewunderte Statue dennoch ab und ließ sie in der Rotunde des Antikentempels in Potsdam aufstellen. Sie war von 1906 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Hohenzollernmuseum zu sehen und befindet sich heute in der Obhut der Berliner Alten Nationalgalerie (vgl. Simson 1996, S. 81–84, Kat. 38.1–2). Zur Wunschvorstellung einer vergrößerten Zweitfassung der Vendée-Kandelaber vgl. Brief 4, Anm. 9. Die monumentalen Kandelaber, die nie zur Ausführung kamen und eine geplante Statue Friedrich Wilhelms III. flankieren sollten, hätten jeweils eine Höhe von ca. 5 m gehabt. Die Idee der bedeutungsträchtigen Sieges- und Ehrensäulen in der Tradition der römisch-kaiserlichen Monumentalsäulen entsprach in besonderem Maße dem dynastischen Denken siegreicher Herrscher. Die Demonstration von Siegesbewusstsein und Machtanspruch hatte sich auch in der 1806 errichteten triumphalen »Colonne de la Grande Armée« auf der Place Vendome in Paris offenbart, die man 1810 mit der Statue Napoleons bekrönt hatte. Offensichtlich stand auch Friedrich Wilhelm III. ganz im Banne dieser Triumphsäule seines Widersachers Napoleon, die auch später noch als Vorbild für die von Rauch und Schinkel gemeinsam entwickelten Entwürfe zu einem Denkmal für Friedrich den Großen dienen sollte (vgl. Simson 1979, S. 379–394, hier S. 389).
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9 Es handelt sich dabei um die knapp 70 cm hohe Marmor-Herme Blüchers (vgl. Brief 1, Anm. 16), die der Kronprinz von Bayern für die Walhalla bestellt hatte und die am 18. April 1817 von Carrara nach Bayern abging (vgl. Simson 1996, S. 92–93, Kat. 47.1 und 47.2). 10 Zum verpassten Treffen mit Frau von Humboldt und Schwiegersohn Hedemann, vgl. Brief 8, Anm. 24. 11 Das Fest des hl. Rainer (Ranieri), Schutzpatron von Pisa, wird noch heute am 16. Juni mit einem großen Volksfest begangen. Dabei werden u. a. Fenster und Türen an den Gebäudefassaden entlang der Uferstraßen des Arno mit Wachslichtern beleuchtet. 12 Carl Christian Gottlieb Seeger war ein auch später in Rauchs Atelier tätiger Berliner Stuckateur und Gipsformer. Bei dem Entwurf zur Statue Scharnhorsts hatte Rauch Mühe, es dem König recht zu machen, der die erste Skizze, bei der Scharnhorst offenbar mit einem Schwert hantierte, ablehnte. In der darauf genehmigten, völlig umgearbeiteten Version stellte der Künstler den General mit aufgestütztem linkem Arm und in der Hand einen Schlachtplan haltend dar, auf den die Rechte deutet (vgl. Eggers, Rauch I, 1873, S. 170). Das große, endgültige Modell, an dem Rauch noch weitere Veränderungen vornahm, war Ende Januar 1818 vollendet und zeigt den Feldherrn mit Worten Rauchs »als Strategischen Mathematischen Soldatenprofeßor symbolisch bedeutende Dinge deutend«. Mit einem üppigen Mantel um die Schultern drapiert steht er in fast lässiger Haltung an einen Baumstamm gelehnt, die Rechte sowohl in rhetorischer als auch nachdenklicher Geste erhoben, während die Linke eine zusammengerollte Schriftrolle hält (vgl. Simson 1996, S. 132–133, Kat. 75).
Rauch an Schinkel, Carrara, 31. Juli 1817
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10. Rauch an Schinkel, Carrara, 31. Juli 18171
Theuerster bester Freund !
Carrara 31 Julius 1817.
Mit meinem lezten Brief vergaß ich Ihnen das Maß des eingeschifften Adlers zu schicken eccolo qua. vielleicht finden Sie Gelegenheit ihn anzubringen. mit dem Geld mache ich dann etwas besseres.2 Sehnlichst sehe ich Nachrichten von Ihnen entgegen, was Sie unterdessen unternommen haben. Ich sehne mich sehr Sie und alle bald wieder zu sehen. aber die Aussicht dazu ist mir gar trübe, da selbst S. M. der König die Gesch. der Werkstatt, dem Fürsten Hard[enberg] nur empfohlen nicht befohlen haben.3 und ohne Werkstatt ist mein nach Berlin kommen ganz unnütz, aber es ist mir sehr leid. Diesen Winter gehe ich wieder nach Rom um es abzuwarten. – Die Candel. sind ihrem Ende nah, nur noch fehlt uns hier der Zeichner4.In der nächsten Woche fange ich die Statue des G. Bülow an,5 und ich werde mit Eifer darüber herfahren, da [ich] durch die Statue Alexand.6 belehrt bin, daß sich alles machen läßt Nur – das Wie ? – muß verstanden seyn. Ich freue mich gar sehr zu diesen Arbeiten, da es die ersten großen Studien im praktischen sind. Tieck und ich arbeiten iezt mit 18 Arbeitern. Sie können es wohl denken daß wir fleißig sind. aber immer arm dabei, aber viel heitere Stunden geniesst man so für sein Geld. Ich höre ja Blüchers Statue für Schlesien7 soll in Rom gemacht werden, das wäre ja eine Schande, die Polacken ließen nur da arbeiten. Tausend Grüße an Ihre liebe Frau und Kinder und Freund Schwager Wilhelm,8 spielt wohl ganz den Seigneur wohl gar kein Auskommens mit ihm ? Beuth und Langermann meine freundlichsten Grüße, warum kommt denn keiner her. Nun leben Sie wohl und behalten mich lieb. Tieck grüßt freundschaftlichst. Ihr ergebenster Ch. Rauch [quer am linken Rand : addressiren Sie meine Briefe per Firenze.] 1 2 3 4 5
BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.6. Zum Adler vgl. Brief 8, Anm. 23. Zur Werkstatt Rauchs vgl. Brief 6, Anm. 3. Vgl. dazu Brief 9, Anm. 3. Nach Eintragungen in seinem Tagebuch modellierte Rauch zwischen dem 16. und 18. August 1817 (Tagebuch und Briefverzeichnis SMB ZA, IV/NL Rauch 02) als erstes das kleine Modell zur Statue des Generals von Bülow, dessen großes Tonmodell nach 2 Monaten vollendet war. Ein Jahr später waren beide Feldherren-Statuen so weit gediehen, dass sie, um 1/3 des Marmors vom ursprünglichen Block befreit, nach Berlin versendet werden konnten, wo sie im Oktober 1818 ankamen und hier endgültig ausgearbeitet wurden (vgl. Brief 4, Anm. 27).
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6 Alexander Iwanowitsch Graf von Ostermann-Tolstoi, Generalleutnant des russischen Zaren, hatte bereits im Dezember 1814 Rauch mit dem Auftrag betraut, für ihn eine Statue Zar Alexanders I. samt einem Piedestal auszuführen. Rauch widmete sich jedoch erst seit dem Frühjahr 1817 dieser Aufgabe. Der erste Marmorblock, den er im September 1817 zu bearbeiten begann, musste wegen Mängeln im Stein verworfen werden, ebenso der zweite ; erst ein dritter, Anfang November in Angriff genommener Marmor erwies sich als brauchbar. Die Statue, die den Zaren mit gezogenem Degen, in Uniform und Mantel und mit dem russischen Adler zu Füßen zeigt, wurde 1821 vollendet. Das Werk befindet sich heute in der Ermitage in St. Petersburg (vgl. Simson 1996, S. 144–145, Kat. 80 ; Simson 1999, S. 280). 7 Es handelt sich um das Denkmal des Generals Gebhard Leberecht Fürst von Blücher, das zunächst die Stadt Breslau, bald darauf aber die gesamte Provinz Schlesien ihrem »Retter und Befreier« zu errichten gedachte. Obwohl Johann Gottfried Schadow Entwürfe für dieses Denkmal eingereicht hatte, übertrug man die Ausführung der Statue des »Marschall vorwärts« im Oktober 1817 Rauch, dessen populär gewordene Büste Blüchers (vgl. Brief 1, Anm. 16) nicht unwesentlich zu diesem Auftrag beigetragen hatte. Obwohl die Statue bereits um die Wende 1821/22 im Guss samt Ziselierung vollendet war, wurde sie erst am 26. August 1827 auf dem Breslauer Salzring enthüllt. Das Werk wurde nach dem Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen (vgl. Simson 1996, S. 150–154, Kat. 85). 8 Zu Schinkels Schwager Wilhelm Berger, vgl. Brief 1, Anm. 6, 7.
Rauch an Schinkel, Carrara, 17. Januar 1818
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11. Rauch an Schinkel, Carrara, 17. Januar 18181 Carrara am 17. Januar 1818. Theuerster Freund ! Da ich ohne jede Nachricht seit so langer Zeit bin, so benuze ich diesen Augenblick mich eigends bei Ihnen selbst nach Ihrem Wohlergehen zu erkundigen, oft und stündlich gedenke ich Ihrer, und Ihrer lieben Familie, so wie aller Freunde welche die ich bei Ihnen sah, und sehne mich nach Ihnen zurück, aber auch wenn ich mit Tieck nach Florenz oder Pisa reisen [sic], welches der Nähe wegen recht oft geschieht, so genieße ich gewiß nie der Kunstgegenstände Schönheit, ohne nicht auch Sie neben uns hinzuzudenken. Florenz ist iezt mein liebster Aufenthalt, denn nie habe ich so diese Einheit der Kunstschöpfungen der Jahrhunderte eingesehen, als iezt wo ich durch öfteren Aufenthalt vertrauter damit geworden bin. so finden sich gar wundersame Kunstwerke jeder Art in Prato Pistoja und Lucca. unter andern große Wände all Fresco gemahlte vom Filippo Lippi in Prato2 verdienen allein eine Reise dahin. Die Zeichnungen der Candelaber nach dem Marmor werden durch Hr. v. Hedemann unversehrt nun in Berlin angekommen seyn, die Gruppen der Candel. in einzelenen Figuren groß gezeichnet,3 sind auch vollendet, aber es fehlt eine gute Gelegenheit solche Hr. v. Royér zuzuschicken. Unter die Candel. habe ich noch einen dunkelfarbigen Sockel unterlegen lassen, und durch diese Erhöhung gewinnt alles mehr Ansehen, ich wünschte mir Sie könnten alle in Marmor sehen. Sie sind wohl iezt mehr wie immer der viel geplagte Mann, und werden Sie mit dem Neuen SchauspielhauseBau4 beschäftigt. Schon ists Blatt voll, und bleibt nur noch soviel Raum, Sie zu bitten, vor allen Ihre liebe Frau Gemahlin die Kinder und Freund Berger, so wie unsere gemeinschaftl. Freunde Staatsrath Langermann. Beuth und Staatsrath Hr. Schulz5 aufs Freundlichste zu grüßen, Beuth auch meine Neujahrs gratulation zu bestellen. Ich lese viel in den Zeitungen der einzige permanente Artikel aus Berlin von dem neuen Finanzplan, ich denke viel an unsern Freund6 dabei und seine arme Seele, daß er die leicht dabei einbüßen könnte. Eigends bringe ich gewiße Wiederhaken an den Statuen von Bülow und Scharnhorst an, an welche er oft unversehens anrennen soll, alles dieses, daß wenn er zu den Finanzen geht, sich des armen Staats und seiner gezwackten Bürger zu erinnern, Beuth wird’s mir wohl hier auf Erden nicht dancken, aber den Lorbeer gewiß meinem Panygyrium in Maasen herausgeben.7 Im April gehe ich nach Rom, um da zu erwarten, ob ich ein Unterkommen finde in Berlin zu meinen Arbeiten oder nicht.8 Für die in Neapel zu erbauende Kirche San Francesco da Paolo9 sind 36 colloss. Marmorstatuen bestellt. Ein famoser Spieler Barbaglia schießt das Geld jenem Bau her, und dirigirt ihn auch. Das theater von S. Carlo hat er auch wieder aufgebaut.10
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[vertikal am linken Rand : Nun leben Sie recht wohl Ihr aufrichtiger Freund Chr. Rauch Tieck grüßt schönstens. Seiner Hochwohlgeboren Des Königl. Geh. Oberbau-Raths Herrn Schinckel [sic] zu Berlin 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.7. 2 Gemeint sind die Fresken in der Apsis des Domes von Prato mit Szenen aus dem Leben Johannes d. Täufers von Fra Filippo Lippi. 3 Zu den Kandelaber-Zeichnungen vgl. den Brief 9, Anm. 3. 4 Genau vier Monate nach dem Brand des von Karl Gotthard Langhans erbauten Nationaltheaters auf dem Gendarmenmarkt in Berlin erging am 19. November 1817 ein königlicher Erlass zu dessen Wiederaufbau an den mit Schinkel befreundeten Generalintendanten der königlichen Schauspiele, Karl Graf von Brühl. Schinkel, durch seine Bühnenbildnertätigkeit mit der Bühnenpraxis vertraut, hatte bereits 1813 Reformvorschläge zum Umbau des Nationaltheaters geliefert und war somit zum Neubau eines solchen Hauses prädestiniert. Am 13. Januar 1818 wandte sich Brühl mit genauen Vorgaben an Schinkel, der bereits am 30. April die königliche Genehmigung zur Ausführung seiner zwei Tage zuvor eingereichten Entwürfe erhielt (vgl. dazu Heese 1980, S. 115–134). 5 Zu Schinkels Schwager Wilhelm Berger vgl. Brief 1, Anm. 6, 7 ; zu Langermann vgl. Brief 4, Anm. 25 ; zu Beuth vgl. Brief 1, Anm. 11 ; zu Staatsrat Schultz vgl. Brief 4, Anm. 26 sowie Wolzogen 2016, Bd. 2, S. 184–185, Anm. 43. 6 Gemeint ist Beuth, der als Geheimer Oberfinanzrat an der Vorbereitung der preußischen Steuergesetze von 1817 mitbeteiligt war. 7 Rauch wollte in dieser schwer zu interpretierenden Passage offenbar auf zu hohe finanzielle Ausgaben hinweisen, die, wie er glaubte, dem Volk wehtäten, während Beuth, der in seiner Stellung dabei etwas mitzusagen hatte, mit dem König vorbehaltlos das möglicherweise aufwendigere und mehr das Siegesbewusstsein betonende Denkmal vorschwebte. Nach Rauchs Idee sollten die beiden Feldherren-Figuren (Rauch stand ja noch ganz am Anfang der Planungen und die Reliefentwürfe zum Sockel waren noch nicht durchdacht) hingegen mehr die Ambivalenz von Mut und Mäßigung darstellen, wie er es in der Gestalt des angriffsbereiten von Bülow im Gegensatz zu dem nachdenklichen, das Kriegsgeschehen in allen Konsequenzen weise überdenkenden Scharnhorst vorzustellen gedachte. 8 Für Rauch stellte sich immer wieder die Frage, ob und wann er in Berlin in sein ihm versprochenes Atelier samt Wohnung einziehen könnte. 9 Die Kirche San Francesco di Paola an der Piazza del Plebescito gegenüber dem Palazzo Reale in Neapel wurde zwischen 1817 und 1831 von dem Architekten Carlo Pietro Bianchi nach dem Vorbild des römischen Pantheon erbaut. Ihre Kuppel wird im Innern von 34 hohen korinthischen Säulen gestützt, deren Platz wohl zunächst Statuen einnehmen sollten. 10 Der gewisse Herr Barbaglia, eigentlich Domenico Barbaja, italienischer, aus ärmlichen Verhältnissen stammender Impressario, war als Spieler zu Geld gekommen. So unterstützte er finanziell den von Antonio Niccolini durchgeführten Wiederaufbau des 1737 errichteten, im Februar 1816
Rauch an Schinkel, Carrara, 17. Januar 1818
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bei einem Brand zerstörten, berühmten Theaters San Carlo, das noch im gleichen Jahr wiedereröffnet werden konnte.
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12. Schinkel an Rauch, Berlin, 18. Januar 18191 In der Aula des Universitäts-Gebäudes findet sich für Rauchs Königs-Büste2 ein Platz, der wie dafür geschaffen ist. Die beikommende Skizze3 zeigt den Grundriß des ganzen Saals, in den vier Nischen A.B.C.D. sind höchst niedrige Statuen aus Stuck aufgestellt, welche vorstellen, den Hercules in A, eine Sieges- oder Friedens-Göttin ohne Flügel in B, einen Mars in C und eine Minerva in D. Der Platz A wäre für die Büste der zweckmäßigste, weil er vortrefflich beleuchtet wird, durch die daneben liegenden Fenster. Im Fall hier die Büste aufgestellt würde, müsste aus B der Hercules weggenommen und die Nische leer gemacht werden, vielleicht um künftig einen zweiten Daneben4 aufzunehmen. Dies habe ich nicht unterlassen wollen Euer Hochwohlgeboren hierdurch ergebenst anzuzeigen. In größter Hochachtung verharre Euer Hochwohlgeboren ergebenster Schinkel Montag 18t Jan. 19. Volta5 Herrn Professor Rauch Hochwohlgeboren 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43., Mappe 156. Dieser und der folgende Brief 13 von Rauch vom 1. Juli 1819 werden im ZA einander folgend aufbewahrt (Bildnummer 0091–0092 des Mikrofilms). Da beide Schreiben, zudem ohne Anrede, eine sonst ungewöhnliche hochoffizielle Grußadresse aufweisen, liegt die Annahme nahe, dass es sich dabei um Vorlagen für eine Kabinettsordre des Königs, seine Büste betreffend, handelt. Das würde auch den relativ langen Zeitraum zwischen den beiden Schreiben erklären. 2 Vermutlich handelt es sich bei dieser Büste Friedrich Wilhelms III. um eine Marmorvariante, die später nach Rauchs Modell von 1815 entstand (vgl. Simson 1996, S. 96–97, Kat. 50.1 und 50.2) und den König in einem um die Schultern geworfenen Mantel mit Ordensstern zeigt. Wann die für eine Nische in der Aula der Universität vorgesehene Fassung tatsächlich dort ihren Platz fand, lässt sich nicht sagen. Eine Aufnahme des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege von 1909 zeigt in der mit vielen Gelehrtenbüsten bestückten Aula in den Nischen seitlich des Katheders die auf hohen Stelen (in Stuckmarmor ?, vgl. Brief 13) aufgestellten Büsten Friedrichs II. (Simson 1996, S. 390, Kat. 261) und Friedrich Wilhelms III., beide von Rauch. Wie auf dem Foto erkenntlich (abgebildet bei Keune 2000, hintere innere Buchdeckelseite), geht es bei Letzterer um eine nach 1826 entstandene Büstenfassung (Simson 1996, S. 234–235, Kat. 145.2). 3 Die »beiliegende« Skizze ist nicht mehr vorhanden. 4 Autogr.: Danebern. 5 Ital. »Bitte wenden«.
Rauch an Schinkel, Berlin, 1. Juli 1819
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13. Rauch an Schinkel, Berlin, 1. Juli 18191 Die Ausführung in rohem Stucco oder polirten Stuccomarmor der beiliegenden Zeichnung zur Aufstellung der Marmor Büste S. M. des Königs nebst einer Marmordenktafel scheint uns die Zweckmäßigste und dem Raum am angenehmsten. der Kopf würde demnach in der Höh von Acht bis Neun Fuß zu sehen seyn. Angenehm würde es mir seyn wenn nun recht bald die Marmorbüste ihren Platz bekäme. und ich solche der Universität übergeben könnte, weil ich sonst noch einmahl eine Aufstellung derselben in meiner Werkstätte veranstalten müßte.2 Mit der ausgezeichnetsten Hochschätzung verharre Ew. Hochwohlgeboren gehorsamster Chr. Rauch. Berlin 1. Juli 1819. 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43., Mappe 156. 2 Vgl. Brief 12.
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14. Schinkel an Rauch, wohl 18191
[Text, gegen den Uhrzeigersinn umlaufend unten bei 1 beginnend :] 1. Groß Görschen / Culm / Dennewitz / 2. Leipzig / Wartenburg / La Rothiere / 3. Paris / Bar sur Aube / Laon / 4. Belle alliance / Großbeeren / Ka[t]zbach
Am zweckmäßigsten2 mögte die Folge der Arbeit nach den oben eingeschriebenen Nummern gehen können. Die Charakteristik im allgemeinen würde seyn für die 4 ersten für No 1. jugendlicher Entusiasmus — No 2. Kräftige Verbündung wodurch die Hauptmacht des Feindes zerstört wird. — No 3. höchster Triumph — Doppelte Eroberung der Hauptstadt. — No 4. Glückliche Beendigung des Kampfes Aussicht auf den Frieden.
Schinkel an Rauch, wohl 1819
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Heute hoffe ich noch ins Lagerhaus3 zu kommen, wenn auch erst nachmittag. Ergebenst der Ihrige Schinkel Nro 1 Groß Görschen – 2t May 1813 »2.« Beeren – 23. Aug. 1813 »3 Katzbach – 26. Aug. 1813 »4 Culm – 30. Aug. 1813 5 Dennewitz – 6. Septbr 1813 6 Wart[en]burg – 3. Octobr 1813 7. Leipzig – 18. Octobr 1813 8. la Rothiere – 1. Februar 1814
9. bar Suraube d. 27. Febr. 1814 10. Laon d. 9. März 1814 11. Paris 30. März 1814
[verso :] Herrn Professor Rauch hochwohlgeboren 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156. 2 Dieser Brief, bzw. dessen Fragment, befindet sich im Zentralarchiv, SMB ZA, irrtümlich eingelegt in Schinkels Brief bezüglich des Posener Denkmals (vgl. Brief Nr. 37 vom Dezember 1828/Januar 1829). Hier handelt es sich jedoch um das Kreuzberg-Denkmal. Schinkel hatte wohl um die Jahreswende 1817/18 vom König den Auftrag erhalten, einen Entwurf zum Kreuzberg-Denkmal zu liefern, dessen Grundsteinlegung auf dem Tempelhofer Feld kurz nach Rauchs Rückkehr nach Berlin, am 18. September 1818 in Anwesenheit des russischen Zaren stattfand. Schinkel entwickelte verschiedene Entwürfe, wobei der oben gezeichnete Grundriss mit den einzustellenden und mit Namen bezeichneten Figuren auf den endgültigen Entwurf verweist, den Schinkel in der Sammlung architektonischer Entwürfe (3. Heft, Berlin 1823, Taf. 5) selbst erläutert : »[…] Der Allerhöchst genehmigte, hier vorgestellte Entwurf, welcher von der Königl. Eisengießerei vortrefflich ausgeführt wurde, bildet ein turmartiges Gebäude, nach den Verhältnissen derer, die in den Details am Dom zu Köln gefunden werden. Der Grundriß ist ein Kreuz mit gleichen Balken, ein jeder Balken hat in abgemessener Höhe drei Nischen, so daß im Ganzen zwölf Nischen um das Denkmal angebracht sind ; jede derselben ist mit einer kolossalen Statue ausgefüllt, in welcher der Genius einer Hauptschlacht charakterisiert ist. Der Ausdruck des Kopfes, das gewählte Alter, das Kostüm, die aus den Ereignissen entlehnten Attribute und endlich auch manche Porträt-Ähnlichkeit haben die Motive zu einer sehr mannigfaltigen Charakteristik und Bedeutsamkeit dieser Gestalten hergegeben […] [Schinkel nennt nun die zwölf vorgestellten Schlachten in der gleichen Ordnung, wie er sie in obigem Grundriss angibt]. Die Ausführung der Statuenmodelle für den Guß bearbeiteten die Herren Professoren Rauch, Tieck und Ludwig Wichmann.« Der architektonische Teil des gusseisernen Denkmals wurde am 31. März 1821 feierlich eingeweiht, jedoch nur mit zwei vollendeten Figuren ; die übrigen Statuen folgten erst im Laufe der nächsten Jahre, als letzte (am 17. Juni 1826) Rauchs Genius von Belle Alliance mit den Zügen der ehemaligen preußischen Prinzessin Charlotte, der Gemahlin Zar Nicolais I. Von den 12 Statuen entwarf Rauch sechs, von denen er zwei selbst ausführte (Paris und Belle Aliance), Tieck entwarf vier und führte ebenfalls zwei aus (Großbeeren und Laon) während Ludwig Wichmann zwei entwarf (Katzbach, Bar-sur-Aube) und darüber hinaus alle übrigen ausführte (vgl. die charak-
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teristischen Beschreibungen der einzelnen Figuren in Rauchs Akten zum Kreuzberg-Denkmal SMB ZA, NL Rauch A.I.5, zum Kreuzberg-Denkmal siehe Bloch 1973). 3 Vermutlich sandte Schinkel das Blatt im Frühjahr 1819 an Rauch, denn erst zu dieser Zeit war die Werkstatt im Lagerhaus, auf das Schinkel hier verweist, für Rauch und Friedrich Tieck fertiggestellt und eingerichtet. Tieck kam am 29. April 1819 mit den italienischen Helfern aus Carrara nach Berlin zurück und konnte gleich einziehen.
Rauch an Susanne und Karl Friedrich Schinkel, Berlin, 29. Oktober 1819
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15. Rauch an Susanne und Karl Friedrich Schinkel, Berlin, 29. Oktober 18191 Sehr verehrte Freundinn. Dem Herrn Gemahl mitzutheilen, meinen vorigen Brief hoffe ich haben Sie erhalten, ich hätte das Wesentl. der Adreße vergeßen hinzuzufügen. 1000 Grüße an die Kinderchen. Sehr verehrter lieber Freund S. M. der König hat demnach den andern Tag durch den Geh. Cab. Rath Albrecht2 an Sie schreiben laßen wegen der Mahlereien im Theater, so erzählte letzterer an Wach. und sagte ihm zugleich er möchte iezt lieber gleich dem K. beantworten, denn der Brief an Sie würde doch zu alt werden. Nun hat Wach3 heute geantwortet er habe das Concept selbst durch gesehen, welches ungefehr so lautet. Daß Sie nemlich die Absicht gehabt hätten alle hiesige junge Mahler4 in thätige Concurenz zu bringen, dem Publikum dadurch eine bessere Idee zweckmäßiger u freundlicher Ansicht von der Decor. Mahlerei, und S. M. zugleich das zu leisten was zu leisten sey und die deutliche Ansicht davon zu geben. Damit aber das Ganze so vielfältige Vertheilte, nemlich auch mit dem Außen und Innen ein Ganzes würde, so hätten Sie zu den Verzierungen u Bildern die Ideen selbst angegeben, u würden gleichsam nur von den tüchtigsten Künstlern unter Ihrer Aufsicht ausgeführt welche zugleich wieder alle Schulen der Akademie in wirkliche Thätigkeit sezten. Endlich der gemeinsamen Concurenz wegen, hätten Sie Wach und Schadow die Deke u Fries des Amphithaters anvertraut, welche Ausführung ungern beide sich würden nehmen laßen, indem in unsern Tagen so wenig an öffentl. Ort dem Kunstfleiß mit einander zu weitester Gelegenheit gegeben würde, u. s. w. Die K. Theater Bau Commission habe die zur Dekoration bestimmte Summe den Mahlern angeboten, welche ungefehr soviel betrüge als sonst für dergleichen Mahlereien gegeben wäre, und die Mahler sähen sich nur um deswillen damit befriedigt, weil die Wahl der Gegenstände angenehme, und von ihnen als allgem. Concurenz betrachtet würden. Dies ist der rohe Sinn des Briefes, aber alles wird besser u deutlicher angegeben, daß es Ihnen gewiß in allen Ehren u Wahrheit zu danken abgefaßt seyn wird. Sollten Sie nun vielleicht noch von Stettin5 aus, iezt dem Brief Albrecht’s antworten, so erhalten Sie dies zu Ihrer Notiz. damit nicht zweierlei Antworten einkommen. Ich hoffe daß Sie wohl und gesund in Stettin zurück sind. Doct. Seebeck6 war heute bei mir, u läßt grüßen. Langerm[ann]7 soll häufige Conferenzen mit den Viehhändlern haben, seine Zimmer immer voll von dergleichen. Sagen
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Sie Berger die schöne Gesandtin8 visavis, sey seit der Abreise sehr krank sehr bedenklich sogar. ich, wir, riethen baldige Rükkehr um zu retten wenn noch Rettung ist, übrigens ist alles beim alten nichts Neues Prof. Solger9 ist gestern früh mit außerordentl. Gefolge beerdigt. alle Studenten sämtl. schloßen den Zug Tieck läßt schönstens grüßen, ist sehr fleißig. unveränderlich Ihr aufrichtig ergebener Freund Ch. Rauch Berlin am 29. 8br. 1819. Abends Der Frau Geh. Ober BauRäthin Schinckel geborene Berger. Hochwohlgeboren abzugeben im Hause des Kaufm. Kuhberg10 zu Stettin Frei 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.8. 2 Daniel Ludwig Albrecht war preußischer Geheimer Kabinettsrat. 3 Der Historien- und Bildnismaler Karl Wilhelm Wach, seit römischen Tagen naher Freund Rauchs, hatte 1819 ebenfalls sein Atelier in den unteren Räumen des sog. Alten Lagerhauses bezogen, wo Rauch seine ausgedehnte Werkstatt hatte. 4 Für die innere Ausgestaltung des Theaters nach seinen eigenen Ideen beauftragte Schinkel bereits 1819 eine Reihe jüngerer Berliner Maler, darunter die Historien-, Genre-, Landschafts- und Bildnismaler Heinrich Anton Dähling, Carl Wilhelm Kolbe d. J., August von Kloeber und Wilhelm Hensel. Den beiden, kurz zuvor aus Italien heimgekehrten Malern Wilhelm Schadow, Sohn von Johann Gottfried Schadow, und Karl Wilhelm Wach vergab er Sonderaufträge. Wach malte den Deckenplafond im Zuschauerhalbrund mit einem Velarium vor blauem Hintergrund aus, das er mit farbig bekleideten, in ovalen Feldern stehenden Musen versah, während Schadow die Decke des Proszeniums, in Abänderung des Schinkel’schen Themas, mit einem Bacchanal dekorierte (vgl. Ch. H. [Christa Heese], in : Ausst. Kat. Schinkel 1982, S. 146–150, unter Kat. 9.5, 9.6, 9.8). 5 Schinkel war zu dieser Zeit auf der Rückreise von Danzig und der Marienburg, wo er im Auftrag Hardenbergs ein Gutachten zur Wiederherstellung der Marienburg erstellen sollte, inzwischen wieder in Stettin angekommen. 6 Es handelt sich hier vermutlich um den Mediziner und bedeutenden Physiker Thomas Johann Seebeck, gebürtig in Reval und seit 1818 in Berlin lebend, wo er zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt wurde (vgl. ADB, Bd. 33, Leipzig 1891, S. 564–565). 7 Johann Gottfried Langermann war Direktor der Tierarzneischule in Berlin (vgl. Brief 4, Anm. 25). 8 Um welche weibliche Person es sich hier handelt, lässt sich nicht klären. War es eine zu Berger in näherer Beziehung stehende Dame oder ging es möglicherweise um Caroline von Humboldt, die seit dem Frühsommer 1819 und bereits vor ihrer Heimkehr aus Rom an starken Rheumaschüben litt und nach Bädern in Bad Ems im September 1819 noch kränker nach Berlin zurückgekehrt war ? Humboldts wohnten im Frühjahr und Sommer in dem damals noch nicht von Schinkel umgebauten Schlösschen in Tegel, hatten aber auch eine Stadtwohnung in Berlin Ecke Behren-/ Charlottenstraße (vgl. Rosenstrauch 2009, S. 290).
Rauch an Susanne und Karl Friedrich Schinkel, Berlin, 29. Oktober 1819
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9 Karl Wilhelm Ferdinand Solger, zunächst Professor für Ästhetik in Frankfurt a. M., seit 1811 Professor für Philosophie und Mythologie an der Berliner Universität, war am 25. Oktober verstorben. Er war ein alter Schulfreund Schinkels am Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin (vgl. Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 63, 287–288, 337, 339, 342). 10 Der Stettiner Kaufman Kuhberg war Susanne Schinkels Schwager.
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16. Agnes Rauch an Susette Schinkel, Pyrmont, 16. August 1821 (mit Brief Rauchs auf dem Restbogen an Schinkel unter demselben Datum)1 Pyrmont d 16ten August 1821.2 Schon seit fünfzehn Tagen sind wir hier, und noch immer konnte ich nicht dazu kommen einen Brief für Sie abzuschicken, um mich nach Ihrem und der ganzen Familie Wohlsein zu erkundigen ; zwar haben wir häufige Nachfrage dennoch bei Herrn Tieck gehalten, der uns in seinem ersten Brief die erfreulichsten Antworten gab, aber jetzt auch ganz außer Nachrichten ist. Wahrscheinlich sind Sie glücklicher als wir, denn mit Mühe können wir die acht Tage erwarten wo unsere Abreise bestimmt ist. Mein Vater hat jetzt eine unangenehme Arbeit zu machen, es ist die Büste einer von drei Jahren verstorbenen Doctorinn Mühry,3 die er nie mit Augen gesehen, und wozu er nichts als ein schlechtes Öhlgemälde und eine gräuliche Todtenmaske hat wonach er copiren kann ; das macht ihn sehr verdrießlich und er hat verschworen nie wieder eine Arbeit der Art anzunehmen. Wir sind sehr freundlich von unsern Verwandten empfangen ; aber dies unthätige müßige Leben hat sehr etwas Drückendes und ich kann wohl sagen, daß ich eine herzliche Sehnsucht nach Berlin und unsern Bekannten habe, die weder Bälle noch andere Vergnügungen zerstreuen könnte. So lange ich hier bin habe ich schon paarmal getanzt, am 3 ten August wo Herr Gen. von Golz4 einen glänzenden Ball gab, und gestern im Schlosse bei der Fürstinn ; auf ersterem war leider eine große Anzahl Damen, und so hatte ich das Unglück zu denjenigen zu gehören, die Trost im Eisessen und Punschtrinken suchen mußten. Das kam mir sehr hart an, da ich so traurige Erfahrungen in Berlin noch nicht gemacht habe. Wie Sie denken können hatte ich einen großen Haß auf alles Tanzen geworfen, und hätte mich schwerlich so leicht wieder dazu bequemt, wenn ich den Befehlen meines Vaters nicht hätte gehorchen müssen ; glücklicherweise fand aber hier das Gegentheil statt, und ich kann mich heute noch gar nicht von der gestrigen Anstrengung erholen, was [Sie] leider auch meinem dummen Schreiben anmerken werden. Unsere Rückreise wird sehr schön und interessant sein denn mein Vater denkt von hier über Paderborn und von da nach Arolsen5 seinem Geburtsort den er seit 21 Jahren nicht besucht zu gehen, in Cassel werden wir 3 Tage zubringen um es mit allen seinen Umgebungen zu genießen und von da reisen wir in einem Tage nach dem heißersehnten Berlin, denn Malchen Lieberkühn6 wird die Zeit nach gerade auch schon entsetzlich lang, nach dem alle häuslichen Verbesserungen geschehen, und sie mit Ruhe ihre vollendeten Werke bewundern kann. Herr Tieck7 hat sie nun in Abwesenheit meines Vaters die Hausherrwürde zugetheilt, der nicht wenig stolz auf diese Ehre ist und sie sehr gut zu benutzen weiß. wie sie schreiben leben sie in der angestrengtesten Eintracht, einer giebt
Agnes Rauch an Susette Schinkel, Pyrmont, 16. August 1821
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dem Willen des andern nach, und soweit hat es Malchen gebracht, daß sie ihn bewegt die Kommödien häufig mit ihm zu besuchen, und besonders die Schauspiele vor denen er einen großen Widerwillen hat, worunter auch Cabale und Liebe von Schiller gehört. Herr Tieck ist ein sehr fleißiger Schreiber und ich habe mehr Briefe von ihm als von Malchen, die sich durch ihren Amtseifer zuweilen vom Schreiben abbringen läßt Aber denken Sie sich ich habe von Luischen noch gar keine Nachricht, mir ist es unbegreiflich wie sie es über ihr Herz bringen kann niemandem etwas von ihrem Aufenthalt und ihrer Lebensweise zu melden. Gern hätte ich ihr geschrieben, aber ich weiß ja nicht ist sie in Wismar und schon wieder in Ruppin, das werde ich ihr so leicht nicht wieder vergeben daß sie so wenig Theilnahme für mich verräth. Hat ihr Marie geschrieben ? Wie geht es denn Marie, Susanne und Carl ?8 ich vermisse sie recht sehr und habe große Sehnsucht sie wieder zu sehen, Susanne ist gewiß recht ausgelassen, ich erinnere mich noch mit Vergnügen ihrer muntern Laune die sie im Springen Rennen und Tanzen in Potsdam so glorreich an den Tag legte. Marien fehlt gewiß der Speisekammer- und Kellerschlüssel, denn gewiß darf sie ihrem häuslichen Sein in Stettin nicht so in Thätigkeit setzen, als sie es in Luischens Abwesenheit thut. Carl ist gewiß ganz glücklich und hat die Schule und das Lob im goldenen Buch vergessen, und am Ende wird er mich auch noch vergessen, deshalb bitte ich Sie, ihm mein Andenken durch Gruß und Kuß zu erneuern damit er mir nicht ganz fremd wird. So Gott will verlassen wir den 22.sten Pyrmont und denken Ende August in Berlin einzutreffen ; hoffentlich bleiben auch Sie nicht mehr lange aus, und so wäre denn in einigen Wochen die alte Ruhe wieder hergestellt, nach der [Ich] so großes Verlangen trage Ihre neue Wohnung9 ist, wie ich gehört habe, nun bereits vollendet und ich sehe mit großer Freude der Zeit entgegen wo ich Sie darin begrüßen werde. Doch muß ich jetzt aufhören zu schreiben da mein Vater die andere Seite noch benutzen will ; leben Sie also wohl und grüßen Sie Ihren lieben Mann nebst den holden Kindern freundlichst von mir. Mit einiger Liebe bleibe ich Ihre Agnes [Rauch] und von mich [sic] desgleichen tausend tausendmahl auch die Stettiner Freunde. Ch. Rauch. Für den Gemahl. HochwohlgeborenPyrmont am 16 Aug. 21 Wir hatten Ihnen verehrtester Freund das Wort gegeben aus unserer in die Pommersche Heimath Ihnen zu schreiben. Hier sehen Sie die That. Nach Ihrer Abreise von Berlin habe ich Chev[alier] Berger10 nur einmahl gesehen, im Überrock und feiner weißer Casmierweste, wir bewunderten und schieden, weil von Ihnen und den Lieben Ihrigen noch keine Nachricht angekommen war, beim Pferdewechseln in Zehlendorf trafen wir mit Ihrem Verehrer und Freunde
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Hr. Kaufm. Falckmann11 zusammen, und haben so bis u in Braunschweig einen sehr angenehmen und interessirten Gefährten an ihm genoßen. auch hat er uns alles erzählt was sein Haus Hof. Kopf und Herz nur ineressantes besizt. er hat uns wahrhaft Königlich unterhalten. wir konnten nur kärglich unterhalten. Von den Kunstschätzen der Sculptur und Mahlerei werde ich manches von Braunschweig u Hildesheim zu erzählen mir vorbehalten. Der Dohm zu Hild. ist seit dem Elften Jahrh. so oft zerstört bis auf die mit großen Reliefs bedeckten Erznen Thoren und einer Säule gleichen Materials und Sculptur12, das immer noch das Wesentliche der Form übriggeblieben, alles übrige aber verpuzt und übergeweißt ist. sehr freue ich mich nun auf den alten Dohm zu Paderborn. hier bin ich viel mit dem franz. Ges. zu Dresden Chev. Beauxrepaire13 einem sehr interessirten Deutschsprechenden Gelehrten, welcher Aegypten und Griechenland 1817 durchreist ist auch Hr. v. Haller14 kannte und schätzte. In Arolsen sind sehr schöne ant. Bronzen zu beachten, so auch in Cassel das Museum15 etc. und einige Freunde, vielleicht besuchen wir Humb[oldt] zu Burgoerner16 und treffen dann wohl den 2ten 7br. im Lagerhaus17 ein. wo nach Tiecks Nachrichten Mlle. Lieberk[ühn]18 mit Berger in ein gewisses Verhältniß getreten seye, es wurden mehrere unsichtbare Visiten vom chevalier bemerkt. Auch wird der Vorflur ausgeweißt. Ich fand hier die schönste Aufnahme. Zwei Visiten erstere die Princes regnant de Waldeck19 nehme ich mit nach Berlin. Hier bei Schenck habe ich schöne Kupfer gekauft, er wird sich 1. Oct. d. J. in Berlin förmlich niederlassen, u ist deshalb vor einigen Tagen nach Paris gereist, um sich so auszurüsten daß außer Berlin (wichtig zu berüks.) kein andrer größerer Kunstverlag seyn soll als der Seinige, so muß es kommen ! Nun leben Sie wohl u kommen bald wieder Ihr Freund C. Rauch. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.9. 2 Rauch hielt sich gemeinsam mit seiner Tochter Agnes zu einem Besuch bei seinem Vetter, dem Badearzt Dr. Ludwig Mundhenk und dessen Familie, in Bad Pyrmont auf. 3 Der Auftrag zur Büste lag bereits zwei Jahre zurück. Rauch hatte während eines Aufenthaltes mit seiner Tochter Agnes in Pyrmont am 1. September 1819 einen Abstecher nach Hannover unternommen, wo er »den Hofmedicus Dr. Mühry« kennen lernte. Dieser bat ihn, ein Bildnis seiner im gleichen Jahr verstorbenen Frau zu modellieren. Rauch begann erst während seines erneuten Aufenthaltes in Bad Pyrmont am 10. August 1821 die Büste in Ton aufzubauen, wobei er die Totenmaske in das weiche Material abdrückte. Nach Aussagen Agnes’ (vgl. Eggers, Rauch II, 1878, S. 34) machte die Arbeit daran den Künstler verdrießlich, da ihm als Vorlage nur ein schlechtes Ölgemälde, eine »gräuliche« Totenmaske und obendrein nur ein schlechter roter Pyrmonter Ton zur Verfügung stand. Das Bruststück existierte nur in drei Gipsabgüssen und wurde nie in Marmor ausgeführt (vgl. Simson 1996, S. 183–184, Kat. 103 mit Abb.). 4 Es ist nicht klar, um welches Mitglied aus dem Haus von der Goltz es sich hier handelt. Rauch kannte den Minister für auswärtige Angelegenheiten und Oberhofmarschall August Friedrich Graf von der Goltz in Berlin, dessen vierzehnjährige Tochter er 1811 in einer Büste porträtiert
Agnes Rauch an Susette Schinkel, Pyrmont, 16. August 1821
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hatte (Simson 1996, S. 72–73, Kat. 30). Wie der von Agnes als »Herr Gen[eral]. Golz« Bezeichnete zu diesem stand, war nicht zu klären. Das Schloss Pyrmont, unter Fürst Anton Ulrich im 18. Jahrhundert erbaut, war die Residenz der Grafen von Waldeck und Pyrmont. Bei der von Agnes erwähnten Fürstin handelt es sich um Auguste, die verwitwete Gemahlin des 1813 verstorbenen Georg I., Fürst von Waldeck und Pyrmont. 5 Rauch hielt sich am 24./25. August 1821 mit Agnes in Arolsen auf, um ihr seine Vaterstadt zu zeigen. 6 Amalie Lieberkühn, Tochter eines Breslauer Gymnasialdirektors, war 1821 als Hausdame und Erzieherin vornehmlich von Doris, der zweiten Tochter Rauchs, in den Rauch’schen Haushalt gekommen, in dem sie 40 Jahre lang als hochgeschätzte Mitbewohnerin lebte (vgl. Peschken-Eilsberger 1989, Anm. S. 179). 7 Friedrich Tieck, Kollege und Vorsteher der Werkstatt Rauchs während dessen Abwesenheit, hatte seit 1819 ebenfalls sein Atelier im Alten Lagerhaus. 8 Das sind die drei Kinder Schinkels. Wer »Luischen« war, bleibt fraglich, möglicherweise war sie eine Hilfe in Schinkels Haushalt. 9 Schinkels Wohnung Unter den Linden 4a ; hier lebte er mit seiner Familie bis zu ihrem Umzug im Jahr 1836 in das obere Stockwerk der Bauakademie. 10 Zu Wilhelm Berger, Schwager Schinkels, vgl. Brief 1, Anm. 6, 7. 11 Im Allgemeinen Adressbuch für Berlin 1820 wird ein F. Falckmann, Kaufmann, Klosterstr. 87 aufgeführt. Da dessen Wohnung relativ nahe zum Gewerbeinstitut in der gleichen Straße lag, könnte es sich um diesen Kaufmann handeln. 12 Hier geht es um die zu den künstlerischen und technischen Großwerken des mittelalterlichen Bronzegusses zählenden Hildesheimer Bronzetüren und um die Christussäule, die beide unter Bischof Bernward (993–1022) entstanden. Die Bronzetüren, ursprünglich für die Michaelskirche in Hildesheim bestimmt und später zum Dom überführt, stellen auf den über 4,70 m hohen und 1,15 m breiten Türen in 16 Reliefs Sündenfall und Erlösung dar. Die dem Vorbild der Trajanssäule nachgebildete, mit Reliefszenen aus dem Leben Jesu versehene Christussäule misst die stattliche Höhe von 3,80 m. Reste der ursprünglichen mittelalterlichen Ausmalung des Dom-Inneren waren inzwischen weiß überstrichen worden. 13 Ob es sich bei dem erwähnten französischen Gesandten um den vielgereisten, gelehrten Chevalier Alexandre-Marie Quesnay de Beaurepaire (1755–1820) handeln könnte, bleibt fraglich. 14 Der Baumeister und Altertumsforscher Carl Freiherr Haller von Hallerstein war ein Studienfreund Schinkels und Mitglied der Gilly’schen »Privatgesellschaft junger Architekten«. 15 Das Museum Fridericianum in Kassel, 1779 vom Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel eröffnet, enthielt bereits bedeutende Stücke der ehem. Kunstkammer mit Weihreliefs, Inschrifttafeln und Bronzestatuetten, die die hessischen Truppen Ende des 17. Jahrhunderts im Zuge des Soldatenhandels aus Griechenland mitgebracht hatten ; hinzu kam die unter Landgraf Carl in Rom erworbene Antikensammlung aus Grabreliefs und Statuen, darunter der berühmte Kasseler Apoll. Zum Bestand gehörten auch die 1725–1756 unter Landgraf Wilhelm VIII. zusammengetragenen Gemälde mit dem Schwerpunkt der niederländischen Malerei (zum Museum Fridericianum vgl. Mohl 2020). 16 Eines der Dacherödischen Güter, das Caroline von Humboldt, geb. von Dacheröden, mit in die Ehe einbrachte. Hier hielten sich die Humboldts häufig auf. 17 Im Lagerhaus in der Klosterstraße 75–76, wo sich Rauchs Atelier und die Wohnungen der Mitarbeiter befanden. 18 Zu Amalie Lieberkühn (s. o. Anm. 6) vgl. Peschken-Eilsberger 1989, sub voce.
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19 Die regierende Fürstin Auguste, Prinzessin von Schwarzburg-Sonderhausen, war die Witwe des 1813 verstorbenen Georg I., Fürst von Waldeck und Pyrmont.
Schinkel an Rauch, Stettin, 1. September 1821
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17. Schinkel an Rauch, Stettin, 1. September 18211 An Freund Rauch. 1. Sep. 21. Ihre freundschaftlichen, lieben Zeilen2 haben uns alle in die größte Freude versetzt und selbst die Kinder haben jede mit Gierigkeit verschlungen. Wir empfingen Ihren Brief als ich eben mit meinem Schwager3 von Rügen zurückgekehrt war, wohin mich meine Familie nicht begleitet hat, denn die Geschäfte meines Schwagers ließen uns nur 7 bis 8 Tage auf die ganze Reise verwenden und da wir desshalb auch die Nächte beim Fortkommen zu Hülfe nehmen mussten, so wäre dies für Frau und Kinder zu fatigant gewesen. Von Kunst kann ich Ihnen nicht so viel von meiner Fahrt sagen, als Sie mir von der Ihrigen aufgeführt, indeß habe ich große Freude an den alten Kirchen von Strahlsund4 gehabt, die aus schönem Backstein, mit höchst originellen Formen ausgeführt sind und außen so wie innen, große Wirkung machen. Aber das anmuthige Land von Rügen wird mir gewiß lange im Gedächtniß bleiben, ich bin soeben dabei eine Aussicht von Stubbenkammer in einer Oelskizze5 zu endigen, die Sie sehn werden und sich dann allenfalls einen Begriff von dem Character des Landes machen können. Das Meer ist doch eine große Verschönerung aller Landschaften, und in so origineller Art wie es sich von Rügen zeigt, wüßte ich es nirgend anderswo gesehn zu haben. Wenn nun gleich die Denkmäler der nordischen Vorzeit formlos sind und wir oft genug darüber einig geworden sind, daß sich daraus nicht viel weiterbilden lässt, so ist doch nicht zu leugnen, daß die Menge von Hünengräber welche man in Rügen auf allen Höhen erblickt, die höchst sonderbaren Erdwälle, die ehemals die Heiligthümer einschlossen, und deren Lage in Wäldern an tiefen Seen oder an der hohen Meeres-Küste, auch wohl auf den höchsten Punkten des innern Lands etwas Dunkel u Abentheuerliches haben, in diesem Lande mit der ganzen Natur so in Harmonie treten, daß das Ganze doch gewissermaßen als ein sonderbares aber großartiges Kunstwerk wirkt und die Stimmung aufs Gemüth nicht verfehlt. Hiezu tritt der Contrast des Landes im jetzigen Zustand, mit seinen friedlichen Bewohnern, welches etwas idyllisches hat und deßhalb von der andern Seite wieder angenehm empfunden wird. Die dort von mir gebrauchten Seebäder sind mir vortrefflich bekommen und wenn ich so fortfahre mich wohler zu befinden, so werden Sie mich [wiedersehen] wie einen Zigeuner braun und mit Backen die das weitläuftige Hängewerk welches sonst mein Schwager Berger6 nur am Kopfe trägt, weit hinter sich lassen. In kurzem sehn wir uns wieder und können dann unsre Reisebeschreibungen mündlich vollständiger ausführen. Grüßen Sie herzlich Angnes [sic !], Tieck und Mlle. Lieberkühn von Ihrem Schinkel Stettin 1 Sept 1821.
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1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43., Mappe 156, Bl. 9. 2 Schinkels Antwort auf Brief 16. 3 Es handelt sich um den Stettiner Kaufmann Kuhberg, der mit Susanne Schinkels Schwester Caroline verheiratet war und offenbar finanzielle Probleme hatte. 4 Gemeint sind wohl die mittelalterlichen Kirchen St. Nicolai (neben der filigranen Rathausfassade), weiterhin St. Marien (die älteste Stralsunder Pfarrkirche, die während der französischen Besatzungszeit als Heulager und Pferdestall genutzt, nach den Befreiungskriegen grundlegend saniert und deren Turmspitze im Jahr 1821 erneuert worden war), und St. Jacobi, am Rande des alten Stadtkerns. 5 Die Skizze (SMB KK, Sign. SM 13.11, SM 13.13.) diente als Vorstudie zu Schinkels Ölgemälde auf Leinwand (45 x 66 cm), das sich ehemals im Schinkelmuseum befand, 1914 an die Berliner Nationalgalerie kam und seit 1945 verschollen ist. Die Ansicht zeigte die über zwei Drittel der Bildfläche einnehmenden, gewaltigen bewachsenen Kreidefelsen, die sich von rechts über die Bildmitte schieben und links einen weiten Ausblick über eine schmale Bucht ins offene Meer gewähren. 6 Da von Wilhelm Berger, Schinkels Schwager kein Porträt überliefert ist, verrät Schinkels spöttische Bemerkung vom »Hängewerk« ein amüsantes physiognomisches Detail.
Rauch an Schinkel, Berlin, 28. Oktober 1821
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18. Rauch an Schinkel, Berlin, 28. Oktober 18211 Aus dem beiliegenden Schreiben des Herrn Cabinets Rath Albrecht2 werden Sie ersehen daß S. M. der König befohlen haben die Bronzebüsten3 auf Granitpidestalen aufzustellen, und wie solche verschieden seyn sollen, neml. dies des Kaisers4 ausgezeichnet schöner als die Übrigen. Ich werde Ihnen meinen Abguß der Büste des Gen. Gr. Kleist5 schicken, weil nach dieser Größe die übrigen in der Schulterbreite eingerichtet sind, damit Sie ein genaueres Verhältniß haben für die Pidestal Stärke. Wenn Sie liebster Freund bald Zeit hätten an diese Sache Hand zu legen, so wäre es recht erwünscht, um unsere Steinmetzen gleich wieder in Thätigkeit zu sehen. Aus Berlin habe ich so eben Antwort erhalten wegen des Pidestals, es wird mir das acceptirte Pidestal im kleinen Modell hierhergeschickt, sie wünschen aber daß um zum Ziele zu kommen, ich sie mit neuen Einwendungen nicht stören möchte. Wir wollens nun sagen ? Ihr ergebenster Chr. Rauch Lagerhaus 28. Oct. 1821. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.10. 2 Rauch stand in engerer Verbindung zu Kabinettsrat Albrecht (vgl. Brief 15, Anm. 2) und modellierte auf Bitten Albrechts, etwa ein Jahr später, eine Büste der wie schlafend dargestellten, kurz zuvor durch einen Sturz tödlich verunglückten Tochter (vgl. Simson1996, S. 194–195, Kat. 112). 3 Bei diesen Bronzebüsten handelte es sich um die nach Rauchs Modellen von Johann Heinrich Ludwig Hopfgarten gegossenen Porträts der Generäle der Freiheitskriege, die der König im Lustgarten des Potsdamer Stadtschlosses auf Steinpostamenten aufzustellen gedachte (vgl. Simson 1996, S. 93, Kat. 47.2). Zu ihnen gehörten Fürst Blücher von Wahlstatt (1815, gegossen 1821, vgl. Simson 1996, S. 93, unter Kat. 47,2), Graf Yorck von Wartenburg (1818, gegossen 1821, Simson 1996, S. 148, unter Kat. 83), Graf Kleist von Nollendorf (1819, gegossen 1820, Simson 1996, S. 156–157, unter Kat. 88), zu denen später noch die Büsten Graf Bülows von Dennewitz (1823, gegossen 1824, Simson 1996, S. 205–206, unter Kat. 123), von Tauentziens (1824, gegossen 1825, Simson 1996, S. 219 Kat. 134), von Scharnhorsts (1819, cisel. v. Fischer 1830, Simson 1996, S.149, unter Kat. 84.1) sowie des Grafen Neidhardt von Gneisenau (von Friedrich Tieck 1821 modelliert, 1826 von Fischer gegossen, vgl. Maaz, Tieck 1995, S. 327, Nr. 130) hinzu kamen. 4 Offensichtlich sollte auch die 1815 von Rauch modellierte Büste des Zaren Alexander (Simson, Rauch 1996, S. 99, unter Kat. 52.1) auf erhöhtem, von Schinkel entworfenem Piedestal inmitten der genannten Feldherren-Büsten aufgestellt werden. Ein von Léquine gegossener Bronzeguss des Zaren-Bruststücks befindet sich noch heute in Potsdam (SPSG BB), wo auch die übrigen bronzenen Feldherrenbüsten erhalten sind. 5 Ein Gipsabguss der Büste des Grafen Kleist von Nollendorf (Höhe 50 cm, mit Sockelfuß 67 cm und 41 cm Breite), die Rauch auf Bestellung des Kronprinzen am 10. Dezember 1819 zu modellieren begonnen und gut zwei Wochen später vollendet und geformt hatte (Simson, Rauch 1996,
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Briefe S. 156–157, unter Kat. 88) erschien 1820 in der Akademie-Ausstellung (Akad.-Ausst. Berlin 1820, Sp. 34, Nr. 236). Die Bronzefassung, ebenfalls von Johann Heinrich Ludwig Hopfgarten gegossen, wurde 1822 mitsamt den übrigen, bis dahin fertig gestellten Bronze-Büsten (vgl. Anm. 3) im Lustgarten des Potsdamer Stadtschlosses aufgestellt.
Rauch an Schinkel, 30. Mai
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19. Rauch an Schinkel, 30. Mai (von fr. Hd. dat. 1822)1 Gestern Abend wurde ich abgehalten Sie liebster Freund aufzusuchen, um Ihnen meine Besorgniß mitzutheilen u guten Rath zu erfahren wie die etwas zu große Höhe der Pidestals der Statuen zu verringern ist.2 Die Höhe des Zauns um Scharnhorsts Fundament gegen die Trotoirseite soll die wahre Höhe des Pidestals seyn. Der Conduct. Hr. Hesse3 hat die Güte gehabt auf meine Bitte diese lezten Bretter so hoch befestigen zu lassen, ich glaube 10’ 7 Zoll. Könnten Sie sich vorübergehend selbst überzeugen so wäre noch Zeit etwas nach Ihrem Beschluße zu ändern, ich sende deswegen auch die Zeichnung zur Durchsicht zurück wo allenfalls etwas Höhe verringert werden könnte. N. B. Für meinen eigenen Geschmack ist die Höhe grade die Rechte. aber wegen der Majestät, u des theuren kurzsichtigen Publicums welches miteinstimmen würde. bin ich besorgt daß unangenehme Vorwürfe u. Mißtrauen daraus entstehen könnten. Morgen Freitag Abend käme ich zu Ihnen, aber Sie haben ja Vortragsarbeiten, deswegen schreibe ich meine Anliegen Ihr ergebenster Chr. Rauch Donnerstag 30 Mai Abends [von fremder Hand 1822.] Des Königl. Geh. OberBauRath Herrn Schinckel Hochwohlgeb. mit einer Rolle 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.33. Die Akzessionsnummern der Preußischen Staatsbibliothek folgen zunächst den datierten Briefen, um die späteren Nummern für nichtdatierte Briefe zu reservieren. Inzwischen sind – bis auf einen von Wolzogen/Simson auf 1825 datierten (Brief 31) – die Briefe in der Jagiellonischen Bibliothek korrekt geordnet worden. 2 Schinkel, der in Zusammenarbeit mit Rauch für die architektonischen Teile der Denkmäler von Bülow und Scharnhorst an der Neuen Wache zuständig war, hatte ursprünglich Postamente von etwa zweifacher Höhe der Statuen geplant. In einem früheren Brief Rauchs vom 10. Juni 1816 an Caroline von Humboldt heißt es bezüglich des Bülow-Denkmals : »Schinkel hat mir nach Schlüter ein wunderschönes Piedestal dazu angegeben. Statue und Piedestal wird nicht niedriger als 24 Fuß werden können, also ein Coloss. eine schöne Lehre für die angehenden Bildhauer« (vgl. Simson 1999, S. 232). Schinkel sah vor, über einen ausladenden, fünfstufigen Unterbau einen glatten Marmorwürfel zu setzen, auf dem sich, durch Hohlkehlen vermittelt, der reliefgeschmückte Hauptteil des Sockels erheben sollte. Die auf einer ausladenden Deckplatte darüber stehenden Standbilder wären somit weithin sichtbar gewesen. Anlässlich eines Besuches beim König am 22. März 1819 musste Rauch jedoch zu seinem Leidwesen erfahren »daß die Monumente 7 Fuß niedriger werden sollten als Schinkel und ich solche angegeben hatten« (vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 02). Anstelle von ca. 7,54 m sollte die
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endgültige Denkmalhöhe nur noch ca. 5,35 m betragen – der Sockel musste von ca. 4,85 m auf Wunsch des Königs auf eine Höhe von knapp 2,70 m reduziert werden. Am Ende betrug die Höhe der beiden Denkmäler 5,75 m (Statuen : ca. 2,70 m ; Sockel : 3,05 m). 3 Ludwig Ferdinand Hesse war Maler, Architekt und Baurat in Berlin. Er sollte mit der Höhe der ungefähr 3,31 m hohen Bretterumzäunung in etwa die Sockelhöhe der Denkmäler bestimmen.
Rauch an Schinkel, 26. Juli 1822
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20. Rauch an Schinkel, 26. Juli 18221 Zu mehrerer Gewißheit habe ich in meinem Rechenbuche nachgesehen. daß ich von dem Capital von 7.000 Thalern welches mir von dem Geschencke des Königs nach Vollendung des Monuments in Charlottenburg,2 der (10.000 Thaler) übrig geblieben war. 5.500 Thaler seit dem Jahr 1817 bis 1822 welche ich an den Monumenten des Gen. Gr. Bülow u an Scharnhorst Arbeiten zugesetzt habe. also heute nur noch ein Capital von 1.500 Thaler besitze. um das Capital von 7.000 rth. zu ergänzen wären also 5.500 nöthig. Die Summe die darüber ist werde ich als eine besondere Gnade S. Majestät dankbar anerkennen. Nur die Reise der Leute habe ich in Rechnung gesezt. die meinigen aber sind darin nicht aufgeführt. wie ich irrig glaubte daß solche schon berichtigt wären. Sie sehen also liebster Freund hieraus, wenn mir der König 8 bis Zehn tausend Thaler schenkt ich ein sehr glücklich reicher Mann werde.3 Ihr ergebenster Freund Chr. Rauch Mittags 26 Juli 22. Des Königl. Geheimen O. B. Rath Herrn Schinckel. Hochwohlgeb. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.11. 2 Der König hatte Rauch für sein großes Erstlingswerk, den Sarkophag der Königin Luise im Charlottenburger Mausoleum, ein Honorar von 10.000 Reichstalern zukommen lassen. 3 Wie aus den Conto-Büchern Rauchs hervorgeht (vgl. Die Register zu den Conto-Büchern A-E, SMB ZA, IV/NL Rauch 17), hatte das gesamte Projekt der Denkmäler Bülow und Scharnhorst Summa summarum 30.210 Rth. (Reichsthaler) und 12 Groschen gekostet. Rauch war zwar ein Honorar von 7000 Rth. zugesichert, hatte jedoch die Ausgaben – darunter die Reisen seiner Arbeiter aus Italien inklusive seiner eigenen, die er, wie er oben angibt, noch gar nicht eingerechnet hatte – zunächst vorschießen müssen. Er griff daher auf sein eigenes Geld aus dem Honorar für den Luisensarkophag zurück, das der König offensichtlich großzügiger auszugleichen bereit war.
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21. Rauch an Schinkel, Berlin, 16. September 18221 Da ich nicht glaubte daß der Geh. Cabinets Rath Hr. Albrecht mein Schreiben an denselben welches verschiedene augenblickliche Angelegenheiten betraf dem Könige vortragen würde, so erwähnte ich auch der Umzäunung der Monumente2 daß diese auch noch diesen Herbst fertig seyn würde. Nun aber da S. Majestät alles sehen wollen so bitte ich mir ja die Zeichnung zum Vorlegen gefäll. zuzusenden. damit diese befohlene Maßname bald geschehen kann. so auch wegen der Auskunft über diese Umzäunungs Art, ich werde die Redekunst sehr anstrengen damit nur das Stacket3 vermieden wird. Zum beßren Verständniß die Aufforderung im Original anbei Ihr ergebenster Ch. Rauch Montag früh 16 7br. [von der Hand Varnhagens : 1822 Scharnhorst Denkmal] [verso quer über das Blatt von Schinkel mit rotem Farbstift :]4 Schadow Academie Kanzler Rother Bischoff Schön Neubert Werner [darunter spiegelverkehrt mit Tinte von Schinkels Hand :] Winkelbrücke Thonnengewölbe Fenster form Achteck des Thurms Dopelte Wand im Thurm. 14 ½ – 18 ½ [unles.] Risse 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.34. 2 Die eiserne Umzäunung der Denkmäler setzte sich aus jeweils acht schmalen, oben und unten mit Palmetten verzierten und von Pinien-Zippi bekrönten Eck- und Mittelpfeilern zusammen, zwischen denen sich durch zweifache eiserne Medaillonbänder verbundene und in speerartigen Spitzen auslaufende Stangen reihten. Die Entwürfe zu diesen nicht mehr vorhandenen Gittern stammten ebenfalls von Schinkel. 3 Gemeint ist der einfache Lattenzaun, den Rauch zu meiden versuchte. 4 Wie bei Schinkel häufig, handelt es sich hier um etwas wie eine To-do-Liste, die unter verschiedenen Namen nicht zufällig auch den von Werner (Werner & Neffen) enthällt. Die Firma schickte
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am 10. Februar 1823 einen Kostenanschlag an Rauch, der wohl Ende des Jahres 1822 angefordert worden war : »Ew. Wohlgeboren Anforderung zufolge, haben wir einen genauen Ueberschlag der Kosten für die Umzäunung der beyden Standbilder der Generale v. Bülow und v. Scharnhorst nach der uns zugekommenen neuen Zeichnung des Herrn Geheimen Ober=Baurath Schinkel entworfen, und zeigen Ew. Wohlgeboren hiermit ergebenst an, daß wir im Stande sind, diese einfachere Arbeit ganz aus Bronze inclusive aller inneren Befestigungs- und Aufstellungskosten für die Summe von 2835 rth. in PrCourant anzufertigen. Es ergiebt sich hieraus daß die Kosten der Umzäunungen nach dieser 2ten Zeichnung um 1803 Thaler wohlfeiler zu stehen kommen, als diejenigen des früheren Anschlages, welcher 4638 rth. betrugen. Wir sind in vorzüglicher Hochachtung Ew. Wohlgeboren ergebenste Diener C. G. Werner & Neffen, Berlin am 10 Februar 1823« (Biblioteka Jagiellońska Kraków, Berlinka : ehem. Preußische Staatsbibliothek, Slg. Autographa, Altsignatur acc.ms.1922.187.18).
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22. Rauch an Schinkel, Berlin, 9. Dezember 18221 Anbei erfolgt ein Projeckt zu einem Denkmahl Friedr. II.2 der Verfasser will nicht genannt seyn. wird aber dasselbe nach unsrer Prüfung Sr. M. dem Könige überreichen. Ich habe ihn geprüft, wenn Sie ein gleiches gethan, werde ich selbst die Mappe zurückholen. Ihr ergebenster Freund Ch. Rauch 9. Xbr. 22. P. S. Anbei der 3te Theil des Mädchen Trösters.3 Ist an Langermann4 noch keine Androhung abgeschickt ? Des Königl. Geh. Ob. Baurath Herrn Schinkel hochwohlgeboren hierbei eine Mappe und ein Buch 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.12. 2 Es handelt sich vermutlich um einen Entwurf Schinkels, den dieser auf Anregungen des Kronprinzen 1822 zu einem Denkmal für Friedrich II. entwarf, aber scheinbar zunächst anonym einreichte. Unter dem Datum vom 4. Juli 1822 findet sich in Rauchs Tagebuch (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 03) der Eintrag : »Bei Schinkel das verabredete Project zu einem Denckmahl Friedrich II. (denselben in einer Quadriga vorgestellt) zuerst in seinen Verhältnissen aufgezeichnet gesehen«. Die Zeichnung in Schwarz und Grau (38,6 x 58,7 cm, SMB-KK, SM 21c.97) war die Vorlage für einen 1824 von Berger ausgeführten und von Schinkel kommentierten Stich, der später in Schinkels Sammlung architektonischer Entwürfe (Berlin 1866, Bd. 1, Taf. 35) erschien. Der König sollte, laut Schinkels Kommentierung, dabei lorbeerbekränzt und in »idealer«, das heißt antiker Kleidung und im Königsmantel mit segnend ausgestreckter Hand auf einer Quadriga stehen, gefolgt von zwei »symbolischen Gestalten«, die die Gerechtigkeit und einen »nach dem Kranze ringenden Krieger« verkörpern. Die Figurengruppe erhebt sich auf einem durch Treppen erhöhten architektonischen Sockel, dessen Pfeiler »symbolische Sculpturen im Basrelief« schmücken, die »auf die Beförderung der Künste, der Wissenschaften, des Handels, der Gewerbe, des Ackerbaues und auf die Heldenthaten Bezug nehmen«. An den Ecken der unteren Stufen waren vergoldete Bronzekandelaber vorgesehen, die denen von Rauch und Tieck 1815 für das Luisenmausoleum geschaffenen ähnlich sind (vgl. Simson 1976, S. 162–163, Kat. 41 ; Johannsen 2011, S. 32–33, Kat. 30). Für die Bildhauerarbeiten des Entwurfs wäre wohl Rauch in Absprache mit Schinkel zuständig gewesen. 3 Um welches spöttisch bezeichnete Buch es sich hier handelt, ließ sich nicht eruieren. 4 Zu Langermann vgl. Brief 1 und Brief 4 (Anm. 25).
Rauch an Schinkel, Berlin, 2. März 1823
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23. Rauch an Schinkel, Berlin, 2. März 18231 Nehmen Sie es mir nicht übel, daß ich Sie bitte um die Zeichnung einiger archit. Linien als äußere Umgebung der Sculptur anzugeben, auch die Cippen meint Tieck würden Sie wohl breiter wünschen, deswegen sind solche nur angedeutet gelassen.2 Wenn nicht reiche, nur einfache Pilaster müßten doch wohl Hauptkrönung tragen. Ich bitte mir gefäll. sagen zu laßen wann Sie heute zu Hause sind. sonst käme ich Morgen früh zu jeder Stunde, Graf Rechberg3 reist Mittewoch früh nach Polen und wird die Zeichnung mitnehmen. Ihr ergebenster Rauch 2 März 23. Des Königl. Geheimen Ober Baurath Herrn Schinkel Hochwohlgeboren mit einer Zeichnung 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.13. 2 Es könnte sich bei der mitgesandten (inzwischen verschollenen) Zeichnung, der Schinkel noch einige Striche hinzufügen sollte, um die Umzäunung der beiden Feldherren-Denkmäler handeln, deren Mittel- und Eckpilaster Pinienzapfen bekrönten, (vgl. Brief 21, Anm. 2) oder auch um ein nicht zu identifizierendes Denk- oder Grabmal, dessen Zeichnung der unter Anm. 3 erwähnte Graf von Rechberg mit nach Polen nehmen wollte. 3 Joseph Maria Adam Graf Rechberg und Rothenloewen, bayerischer Generalleutnant, war von 1816–1827 bayerischer Gesandter in Berlin. Er gründete eine lithographische Anstalt, deren künstlerische Leitung Gottfried Schadow übernahm, in dessen Werkstatträumen die Steindruckerei auch ihr Geschäftslokal hatte. Zwischen 1822 und 1827 wurde hier das von Rechberg nach Münchener Vorbild initiierte und in mehreren Lieferungen lithograhierte Galeriewerk über die »Kgl. Preußische Gemäldegallerie« mit 52 Lithos hergestellt (vgl. Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 154 ; Bd. 3, S. 656, Anm. 154/12–14).
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Briefe
24. Rauch an Schinkel, Berlin, 5. Mai 18231 Danke für die gütige Einladung zu morgen Abend wir werden die Ehre haben. Das Basrelief (Scizze Schadows)2 läßt sich in drei Abschnitte theilen zu je 1’ 7’’ jeder. Im Ganzen ist die Länge 3’ 11’’ Breite 3’ 11’’ Das Abformen in Gips. Abguß, u das Ergänzen kann nicht 50 bis 60 Thaler betragen. vielleicht auch weniger. Heute werden Sie es sehen, u warten Sie um 1 Uhr. so wie Se. Excellenz Ihr ergebenster Ch Rauch 5. May 1823. Des Königl. Geh. Ob. Baurath Herrn Schinckel Hochwohlgeboren
Rauch an Schinkel, Berlin, 5. Mai 1823
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1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.14. 2 Die Beilage zu dem Brief (von Schadows Hand ?) zeigt nur den Grundriss einer nicht zu identifizierenden Grabanlage mit verschiedenen Vermessungsangaben, die von einer »8 Fuß hohen Mauer« umschlossen ist. In der rechten Hälfte liegt das »Grab 8 Fuß lang, 3 Fuß breit«, mit einem Abstand oben zur Mauer von »2 1/2 Fuß Raum«, unten »2 Fuß Raum«. Rechts an das Grab schließen sich »zwei Kinder-Gräber«, »3 Fuß lang, 3 Fuß breit« an. Der Abstand zwischen Grab und linker Mauer beträgt »4 bis 5 Fuß Raum«. Dort eingezeichnet »ein kleiner Baum, welcher gefällt werden kann«.
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Briefe
25. Rauch an Schinkel, Berlin, 13. Dezember 18231 Die abgeschickten Acten in der Angelegenheit des Reinigens der Statuen, werde ich bis wir mit Reimann gesprochen behalten. welchen ich dieser Tage zu mir bescheiden will und Ihnen dann Tag und Stunde vorher wißen laßen. Se. Majestät der König wünschen Piedestale in Stuccomarmor zu der für Se. Heiligkeit Pius VII bestimmt gewesenen Porcellan Vasen2 Schalen u. s. w. machen zu laßen, worauf diese Gegenstände dann in deßen Zimmern aufgestellt werden können. Morgen Mittag wollte ich die Vasen Zeichnen u ausmessen in des Königs Palais, frage aber vorher bei Ihnen an ob Ihnen das genug seyn wird, oder ob Sie zur Zeichnung auch den Ort der Aufstellung zu sehen wünschen. wegen des Hintergrundes möchte es wohl nicht gleichgültig seyn. S. Majestät wünschen die Arbeit bald zu haben. sonst näme ich selbst Rücksprache mit Ihnen verehrtester Freund darüber zu nehmen. Gleich nach 12 Uhr Morgen Mittag werde ich mich beim Castellan des Kn. Palais einfinden, kommen Sie nicht so bringe ich Ihnen die Zeichnungen. Böttiger3 u Hase4 laßen schönstens grüßen. Ihr ganz ergebener Rauch Sonnabends. 13. Xbr. [Von unbekannter Hand : 1823 (?)] Seine Hochwohlgeboren Des Königl. Geh. Ob. BauRath Ritter p. Herrn Schinkel hieselbst 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.35. 2 Die genannten Porzellangegenstände waren als Geschenke Friedrich Wilhelms III. für den von Napoleon gedemütigten und zeitweilig aus Rom verbannten, kunstsinnigen Papst Pius VII. gedacht (Barnaba Graf Chiaramonti). Anfang Februar 1823 bestellte der König bei der Königlichen Porzellanmanufaktur eine Vase, wozu Johann Gottfried Schadow einen sorgfältig ausgeführten Entwurf lieferte, der das Gefäß »geziert mit den zwölf Aposteln als Kameen gemalt, nach den Kupferstichen von Reindel in Nürnberg« zeigte (Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 149). Am 21. Februar 1823 war die noch mehrfach von Schadow im Schreibkalender erwähnte Zeichnung vollendet (SMB ZA, NL Schadow C.I.b., vgl. Badstübner/Czok/Simson 2006, Katalog Teil II, S. 811), wonach die Manufaktur im Laufe der nächsten Monate das Gefäß herstellte, während der Sockel dazu in Schadows Werkstatt ausgeführt werden sollte. Da der Papst bereits am 20. August 1823 verstarb, verblieb die Vase in Berlin. Sie wurde 1824 in der Akademie-Ausstellung präsentiert (Akad.-Ausst. Berlin 1824, Sp. 98, Nr. 750 b) und anschließend mit weiteren Stücken im Palais des Königs aufgestellt (Schadow erwähnt auch die Zeichnung einer »Papst Schüssel« am 11. und 12. August 1825 in seinem Schreibkalender). Nach dem Zweiten Weltkrieg als verloren geltend, tauchte die Apostel-Vase jedoch im Stockholmer Kunsthandel wieder auf und gelangte nach
Rauch an Schinkel, Berlin, 13. Dezember 1823
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Ankauf 1985 in die Porzellansammlung des Belvedere in Charlottenburg (SSG BB), vgl. dazu Schadow 1849/1987, Bd. 3, S. 648, Anm. 149/38–150/3. 3 Es handelt sich um den mit Rauch befreundeten Dresdener Museumsinspektor, Archäologen und Philologen Carl August Böttiger, der vielfach mit Rauch korrespondierte und auch für Brockhaus einen Lexikonartikel über Schinkel redigierte, der 1826 erschien und auf der Grundlage eines Manuskripts von Schinkel fußte. 4 Bei dem erwähnten »Hase« ist Heinrich Hase, Unterinspektor der Dresdner Antikensammlungen, gemeint, der sich zu dieser Zeit gemeinsam mir Böttiger in Berlin aufhielt.
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26. Schinkel an Rauch, Berlin, 21. April 18241 Die beikommenden 5 Hefte der Monumenti Sepolcrali del Cimitero di Bologna2 XXI bis XXV inclusive soll ich Ihnen von Seiten des Herrn Geh : Ob : Finanz Raths Semler3 zustellen, der wohl davon bereits des Weiteren mit Ihnen besprochen haben wird. Ganz der Ihrige Schinkel. 21 April 1824 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.9. 2 Es handelt sich um Hefte der »Collezione Dei Monumenti Sepulcrali Del Cimitero di Bologna Publicata Da Giovanni Zecchi Stampatore e Negoziante da Stampa, Bologna«, mit teils sehr qualitätvollen Farbstichen zu einzelnen Grabmälern. Letztere wurden in Bänden zusammengefasst, Parte III erschien 1827. 3 Das ist der Geheime Oberfinanzrat Karl Wilhelm Salomo Semler.
Rauch an Schinkel, Berlin, 11.–14. August 1824
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27. Rauch an Schinkel, Berlin, 11.–14. August 18241 11. Aug. [1824] Aus Heidelberg erzählte uns Freund Berger die lezten Nachrichten von Ihnen. verehrtester Freund, so wie das Zusammentreffen mit den IV Reisegefährten.2 Seit dem 20ten v. M. war ich mit Wach in Sans Souci um das Bildniß der Prinzessin Louise zu modelliren,3 dann kam Tieck und mußte zugleich in derselben Zeit auch die Büste der Kronprinzessin neben demselben anfertigen.4 Der Aufenthalt war idealisch schön, die Zeit wurde möglichst angewandt, das Arbeiten ist mir nie schwieriger vorgekommen, namentlich die Büste der Kr[on]p[rinzes] sin als an diesen Gegenständen. Es wurde viel von Ihrer Reise gesprochen, auch Prinz Friedrich5 meinte Sie hätten ihn wegen der alten Rheinburg6 8 Tage besuchen sollen, dieses gab mir die Gute Gelegenheit summarisch nocheinmahl auseinanderzusetzen, wie nothwendig Ihnen eine ununterbrochene Ruhe und Entfernung von allen bisherigen Geschäften sey, u wie dringend, von verständigen Aerzten dieses zur Herstellung körperlicher Kraft es Ihnen angerathen wäre. Dann kam die 20 jährige Abwesenheit von allen gebildeten Ländern und Ihr Schaffen in dieser Zeit bei uns zur Sprache, das große vorliegende Geschäft7 etc. Es war dann nur eine Stimme Ihren Entschluß lobend, die Ihnen auch zugleich zum Vorhaben Glück wünschte. 12ten Heute früh hat der König in Begleitung des Kronprinzen des Hofes etc. mit Hirt die Sollysche Sammlung8 zum erstenmahl besucht und lange aufgehalten. Wie ich von Hirt9 hörte, so gehet Köster10 auf einige Zeit zu seiner Familie zurück, meint aber, daß er wieder unter neuen Bedingungen zurückkäme. Iezt will Hirt den Antrag machen, beide S. u. K11 fester zu engagiren, d. h. für die Restaurationen und dann als Unterhalter der Bilder im Museum. Wolf12 schreibt mir aus Rom, daß der Gen. Consul Hr. v. Bartholdi13 so schöne Sculpturen in Marmor und Bronze an sich gebracht habe, wovon ein Marmortorso ein Abguß unterwegs hierher ist, ermuntern Sie ihn zu solchen Aquisitionen !14 Graf Ingenheim15 soll wenig Lust mehr äußern Kunstwerke dieser Art für uns zu kauffen. Prinz Carl wünscht zum Einmauern an seinem Casino einige Fragmente und Innschriften aus Italien zu besitzen, Sie würden ihm gewiß sehr gefällig seyn könnten Sie ihm einige zusenden.16 versteht sich mit Entnehmung der Auslagen auf das versandte Gut. In Livorno ist Pietro Senn und Comp. mein Spediteur. und wird address. an die Hr. M. Friedlaender17 und Comp. zu Berlin. 14ten. Mit mehreren andern Kaufleuten hat auch der Hr. Müntz Rath Loos18 sich in den Papirchens verrechnet, und einen Banquerutt angekündigt und nach
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Neustadt ausgewiesen. Sagen Sie auch Brandt19 daß Mlle. Unger20 bereit mit Hr. Geh. Rath v. Seydlwitz sey, er sich also eine Landmännin mitbringen solle. Auch bitte ich noch benachrichtigen zu lassen ob ich darauf gewiß rechnen kann daß Hr. Brandt Ende November d. J. in Berlin wieder eintrift wegen der Medaille für Weimar.21 Von dem Gen. Intendanten Hr. v. Klenze22 habe ich durch den Bildhauer Steckelmeyer23 aus München einen Brief erhalten, worin derselbe nicht fehlen wird, unsere Gießereien zu sehen und Statuen Behandlung, indem Klenze ein Denkmahl des Königs entworfen hat für München, zu welchem die Pidst. Statue 16 bis 18 Fuß hoch in Metallguß werden soll.24 Sie werden also dort auch noch andre Größre Unternehmungen dieser Art im Gange finden wovon er mir schreibt. Gegen das Neue Theater hatte sich eine Stimme erhoben daß es nur die Copie des Ihrigen sey. wie es meinem Auge auch so erschienen ist.25 Dieses veranlaßt nun die besten Ausfüllungen für unsere Inhaltarmen Zeitungen, u scheint vorhalten zu wollen ! Der Hof besucht dieses Theater oft. Zu Pitt Arnim’s26 Langerweile sind in Wyppersdorf27 die Masern ausgebrochen und Gr. Brühl28 kann nicht abreisen dahin. Der Guß der Statue Blüchers wird erst Ende Septembris29 geschehen, iezt wird der Kern gemacht, die Form ist vortrefflich gelungen. Ich selbst habe die Victoria Einzug in Rhin30 verwandt u amüsiere mich wieder mit dem Soldatenzug.31 Die Gießerei St. Giorgio bei Portici32 besuchen Sie doch ja, u grüßen Hr. Righetti.33 Heute da ich dieses schreibe werden Sie Florenz nahe seyn. wir reisen in Gedanken immer mit Ihnen und freuen uns der Ankunft um diese Täuschung zu verwirklichen und viel Intereßantes ohne große Bewegung zu erfahren. Fürst Radziwill34 hat auf einem seiner Güter in Lithauen ein schönes Bildchen des Hugo von der Goes35 gefunden welches die Verkündigung vorstellt, nicht aber wie gewöhnlich, sondern die Jungfrau im Entzücken des Empfangens sinkt in die Arme zweier schöner Engel. Das Bild ist ganz erhalten. Humboldts kehren diesen Monath noch nach Tegel zurück,36 mit Berger gehe ich nächsten Tages heraus. Grüßen Sie aufs freundlichste den Herrn Grafen von Flemming,37 Gf. v. Olfers38 und Frau Gemahlinn. Montag ist Verlobung des Pr. Friedrich von Oranien mit Prß. Louise zu Charlottenburg39 dann geht der König nach Doberan, wo die Prinzessin Charlotte auf einem Kriegsschiff von 80 Kanonen erwartet wird.40 Berger wird nächste Woche ausführlich nach Rom an Sie schreiben. Tieck. Agnes u Hausgenoßen lassen freundlichst grüßen. ein Gleiches bitte an Hr. Waagen. Brandt u Hr. Geh. R. Kerll ausrichten. Ihr aufrichtig ergebener Freund Ch. Rauch Berlin d 14. Aug. [1824]
Rauch an Schinkel, Berlin, 11.–14. August 1824
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[verso :] A. Monsieur Monsieur Schinkel Architecte de S. M. Le Roy de Prusse a l’adresse des Messieurs Falconet et Comp. a Naples. Der kleine Schäfterle architect41 aus Copenhagen ist von seiner hohen pensionirung hierher gereiset werde ihn wohl noch sehen. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.15. 2 Schinkel war am 29. Juni 1824 zu seiner zweiten Italienreise aufgebrochen, von welcher er erst am 4. Dezember heimkehrte. Sie führte ihn über Kassel, das Rheinland, Heidelberg, Stuttgart (hier traf er die Brüder Boisserée), die Schweiz, Mailand, Florenz bis nach Rom und Neapel. Bei den vier Reisegefährten, auf die Rauch hier anspielt, sind neben Wilhelm Berger, Gustav Waagen, der Medailleur François Brandt und der Berliner Geheime Oberfinanzrat August Kerll gemeint (vgl. Ausst. Kat. Schinkel 1980, S. 400). 3 Luise (Auguste Wilhelmine Amalie), jüngste Tochter Friedrich Wilhelms III., hatte ihre Büste im Mai 1824 als Verlobungsgeschenk für ihren Bräutigam Prinz Friedrich der Niederlande bestellt. Nach Angaben in Rauchs Tagebuch (SMB ZA, Briefverzeichnis und Tagebuch IV/NL Rauch 03) begann er am 20. Juli 1824 in Sanssouci mit der Modellierung der Büste, die die Prinzessin als Braut mit unbekleidetem Brustansatz und einem Blumenkranz im Haar wiedergibt. Elf Tage später war das Bildnis vollendet (vgl. Simson 1996, S. 214–215, Kat. 129.1). Neben Rauch malte sein Freund und Werkstattnachbar, Wilhelm Wach, die Prinzessin in einem großen Gemälde, das heute im Obergeschoss des Damenflügels in Schloss Sanssouci in Potsdam hängt. 4 Kronprinzessin Elisabeth saß seit dem 27. Juli 1824 sowohl Rauch als auch Friedrich Tieck Modell zu einer Büste, die für den Elisabeth-Brunnen der Aachener Heilquellen bestimmt war. Am 5. August erschien die Prinzessin zur letzten Sitzung und Rauch und Tieck, wie einst bei der Goethe-Büste in unguter Konkurrenzsituation, versahen ihre noch am selben Tag vollendeten Modelle mit diesem Datum. Beide Künstler hatten erhebliche Schwierigkeiten bei der Modellierung der komplizierten Haartracht der Prinzessin, die aus vielerlei Locken und gebauschten Haarsträhnen bestand, worüber beide klagten. Rauch, wenig zufrieden mit dem Ergebnis seiner Arbeit, stand – im Gegensatz zur Goethe-Büste – diesmal hinter Tieck zurück, dessen Elisabeth-Bildnis vom Kronprinzen favorisiert, im Gipsabguss mehrfach verschenkt und auch in Marmor ausgeführt wurde (vgl. Maaz 1995, S. 338–339, Kat. 145), während Rauchs Büste wenig Beachtung fand und nur im Gipsmodell erhalten blieb (vgl. Simson 1996, S. 216–217, Kat. 130). Die für die Aachener Heilquelle ausgeführte, spätere Marmorfassung nach dem vergrößertem Modell der Elisabeth-Büste (bez. hinten : »F. Tieck 1827«) wurde 1828 in der Brunnenanlage in Aachen aufgestellt, wozu Schinkel einen Consol-Entwurf geliefert hatte, der 2012 im Kunsthandel auftauchte (bezeichnet : »Schinkel/Berlin den 15t April 1825«). Die Zeichnung zeigt einen Adler mit kräftigem Gefieder und ausgetreckten Flügeln in Vorder- und Seitenansicht, dessen Fänge eine aus zwei balusterartigen Stücken zusammengesetzte und mit Mittelring und seitlichen Rosetten versehene Rolle umgreifen.
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5 Zu Prinz Friedrich (Wilhelm Ludwig) von Preußen vgl. Brief 7, Anm. 3. 6 Gemeint ist die mittelalterliche Fatz-,Vaitz- oder Voitsburg bei Bingen, seit 1829 Burg Rheinstein genannt, die Prinz Friedrich (Wilhelm Ludwig), von gleicher Mittelalter-Begeisterung wie der Kronprinz erfüllt, 1823 erwarb. Schinkel hatte dazu in Abänderung der Entwürfe des Baumeisters Johann Claudius von Lassaulx im Jahr 1824 Pläne für den romantischen Wiederaufbau der Burg unter starker Berücksichtigung der mittelalterlichen Bausubstanz vorgelegt. Zu Prinz Friedrich und die Fatzburg vgl. Brief 7, Anm. 3. 7 Hier wird vermutlich auf den Baubeginn des von Schinkel entworfenen (Alten) Museums verwiesen, dessen Errichtung laut Kabinettsordre am 24. April 1823 vom König genehmigt wurde. 8 Es handelt sich um die Sammlung des englischen Kaufmanns und Großunternehmers Edward Solly, der in Berlin in der Wilhelmstraße eine Wohnung besaß. Seit 1819 versuchte der einstmals steinreiche, jetzt jedoch nahe dem Konkurs stehende Großreeder dem König seine umfangreiche Sammlung zu verkaufen, die vornehmlich Kunstwerke der Früh-und Hochrenaissance enthielt. Die Verhandlungen zogen sich sowohl aus finanziellen als auch aus sachlichen Erwägungen über zwei Jahre hin, da zunächst nicht feststand, ob die Sammlung gesamt oder nur in Auswahl erworben werden sollte. Im November 1821 erhielt Solly nach Gutachten von Alois Hirt, Schinkel, Peter von Cornelius und Goethe schließlich den Zuschlag für die vollständige Sammlung im Wert von 630.000 Talern. Die Gemälde wurden zunächst im Ansbach’schen Palais, in der Universität und im Handelsministerium deponiert, ehe 677 von Hirt ausgewählte Bilder 1829 in das Museum übernommen und die restlichen etwa 2300 Stücke den königlichen Schlössern und etlichen Provinzmuseen überwiesen wurden. Die Brüder Boisserée, aber auch Johann Gottfried Schadow, beurteilten die Sammlung höchst kritisch. Zur Sammlung Solly vgl. den Kommentar von C. K. (Claude Keisch) zu Schadow 1849/1987, Bd. 2, S. 520–521, Anm. 91/27–32. 9 Zu Alois Hirt vgl. Brief 4, Anm. 19. 10 Es handelt sich um den Restaurator Christian Köster aus Heidelberg, seit 1826 Schwager des Malers und Restaurators Jacob Schlesinger. 11 Die Abkürzungen stehen für die Namen Schlesinger und Köster. Auf Empfehlung von Sulpice Boisserée war der aus München stammende und mehrere Jahre als Restaurator der Sammlung Boisserée tätige Jacob Schlesinger 1822 nach Berlin berufen worden, »wo er seit März 1824 bis zu seinem Tode als Direktor des neu eingerichteten Restaurierungsateliers des Museums und zugleich als Mitglied der Ankaufskommission tätig war. Mit ihm kamen aus Heidelberg sowohl sein künftiger Schwager Christian Köster als auch Christian Keller nach Berlin. Ihre Hauptarbeit galt in den ersten Jahren den Bildern der Sammlung Solly«, vgl. C. K. (Claude Keisch) im Kommentar zu Schadow 1849/1987, Bd. 2, S. 640, Anm. 148/4–149/4. Schlesinger wurde bald ein enger Freund Rauchs. 12 Der Bildhauer Emil Wolff, ein Neffe Gottfried Schadows, lebte seit 1822 in Rom, wo er das Atelier seines 1822 verstorbenen Vetters Ridolfo Schadow übernahm, das ursprünglich Rauchs römische Werkstatt war. 13 Zu Bartholdy vgl. Brief 8, Anm. 19. 14 In Zeiten eines gewachsenen Bewusstseins für Restitutionen erscheint heute Rauchs Ermunterung zu solcher Art von Aquisitionen, zu denen er den Freund sogar auffordert, eher befremdlich. 15 Zu Ingenheim vgl. Brief 4, Anm. 22. Wie Rauch an Hofrath Böttiger in Dresden am 7. November 1824 schreibt, hatte Graf Ingenheim kurz zuvor eine lebensgroße, in der Villa des Lucius Verus gefundene »kurzgeschürzte Diana« für den König gekauft und »mehreres noch mit Glück für das Museum acquirirt«, das noch unterwegs sei. Bald darauf folgten auch noch eine »Isisstatue in aeginetischem Styl und der Torso eines eidechsentödtenden Apollino«, die jeweils in Rauchs Atelier
Rauch an Schinkel, Berlin, 11.–14. August 1824
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zur Restaurierung landeten (Brief an Böttiger vom 4. Dezember 1824, vgl. Boxberger 1882, S. 135 und 136). 16 Prinz Carl, Sohn Friedrich Wilhelms III., hatte 1824 das Anwesen Kleinglienicke aus dem Besitz des Fürsten Karl August von Hardenberg erworben und ließ es nun zu seinem Sommersitz ausbauen. Hier geht es um das an der Uferstraße zur Havel auf einer Anhöhe liegende, aus dem 18. Jahrhundert stammende Billardhaus, das Schinkel 1824/25 zu einem seitlich ausgreifenden, mit Pergolen versehenen Kasino umbaute. Es war als Aufbewahrungsort für Antiken vorgesehen, die nach Absicht des Prinzen wie Spolien in die Außenwände des Baus eingemauert werden sollten. Das unterblieb weitgehend an dieser Stelle, vielmehr fanden rundplastische Stücke und antike Architekturteile an der Nord- und Südwand des Kasinos und im Umfeld des Baus ihren Platz ; weiterhin kamen im Mittelsaal des Erdgeschosses antike Plastiken zur Aufstellung (vgl. Gröschel 1987, S. 243–267, hier S. 267). 17 Der mit Rauch befreundete Bankier Moses Friedlaender tätigte viele Jahre Rauchs Geld- und Speditionsgeschäfte. 18 Gottfried Bernhard Loos, Sohn des Königlichen Hofmedailleurs Daniel Friedrich Loos, Erster Medailleur an der Hauptmünze in Berlin, war ebenfalls Stempelschneider und Generalmünzwardein der Königlichen Münze. Er war der Schwiegersohn des renommierten Medailleurs Leonhard Posch und hatte eine eigene Prägeanstalt gegründet (vgl. Forschler-Tarrasch 2002, sub voce). 19 Zu Henry François Brandt vgl. Brief 4, Anm. 36. 20 Um welches Fräulein Unger und den ihr zugeordneten Herrn es sich hier handelt, ließ sich nicht feststellen. 21 Hierbei geht es um die zum 50-jährigen Regierungsjubiläum des Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach bestellte Medaille, deren Ausführung auf Anregung Goethes im Juni 1824 Rauch und Friedrich Tieck als Gemeinschaftsarbeit übertragen wurde. Der Medailleur Henry François Brandt sollte sie schneiden. Die Vorderseite – nach einem Entwurf Tiecks – zeigt das Bildnis des Fürsten im Profil nach rechts, umgeben von einem dichten Lorbeerkranz ; die Rückseite, von Rauch modelliert, gibt den am Horizont aus der Tiefe aufsteigenden Apoll in einer Quadriga wieder ; umrahmt wird die Szene von einem breiten Streifen, in dem nach Goethes Wunsch die zwölf Tierkreiszeichen dargestellt sind. Im Mai 1825 lagen die Modelle von Avers und Revers vor, im August war die Medaille geprägt : 3-mal in Gold, 24-mal in Silber und 850mal in Bronze (vgl. Simson 1996, 217–218, Kat. 132 und Maaz 1997, S. 100). 22 Der Architekt und Maler Leo von Klenze war seit 1818 Hofbauintendant am bayerischen Hof. 23 Hinter dem von Rauch falsch geschriebenen Namen steckt Johann Baptist Stiglmaier, Bildhauer, Medailleur und Bronzegießer, der sich von 1819 bis 1822 in Italien aufgehalten hatte und hier vornehmlich seinem Sonderauftrag zur Erkundung des Bronzegusses bei Luigi Righetti in Neapel und Wilhelm Hopfgarten in Rom nachging. 1822 kehrte er nach München zurück, wo ihn Klenze beauftragte, Pläne für eine Gießerei auszuarbeiten, deren Leitung er 1825 übernahm. Bei ihm wurde auch Rauchs Denkmal für König Maximilian I. Joseph von Bayern gegossen, das die Stadt aus Dankbarkeit für die Gewährung der bayerischen Verfassung ihrem König errichten wollte, und dessen symbolische Grundsteinlegung am 16. Februar 1824 anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums des Königs auf dem Platz vor dem Nationaltheater in München erfolgt war (zu Stiglmaier vgl. Volk 2004, S. 79–88). 24 Zum Denkmal für König Maximilian I. Joseph hatte Klenze bereits im Frühjahr 1824 durch Vermittlung des bayerischen Kronprinzen Ludwig eine sitzende Statue im Krönungsornat auf einer Art Götterthron entworfen ; doch der alte König lehnte den Entwurf ab, weil er nicht auf einem »Cacatojo« sitzend dargestellt werden wollte. Klenze schlug daraufhin eine nun akzep-
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tierte Standfigur vor. Als nach dem Tod des Königs am 13. Oktober 1825 Ludwig I. die Regierung übernahm, wünschte dieser erneut, »die Entwürfe mit der sitzenden Statue wieder ins Leben zu bringen« (beide Zitate stammen aus Klenzes Memorabilien, vgl. Sonja Hildebrand, in : Klenze 2000, S. 514 und S. 513, Kat. 7.38 und 7.39) und übertrug die Ausführung an Rauch, der den verstorbenen König nun als Sitzfigur mit segnend vorgestreckter Rechten auf hohem, zweifach gestuftem Postament darstellte. Den Kopf des Herrschers bildete Rauch nach einer noch kurz vor dessen Tod von Stiglmaier modellierten Büste. Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand rund zehn Jahre später am 13. Oktober 1835 auf dem Münchner Max-Joseph-Platz statt (zum Denkmal vgl. grundlegend Eschenburg 1977, sowie Simson 1996, S. 236–244, Kat. 146 und 147). 25 Zwischen dem 13. und 14. Januar 1823 war in München das erst fünf Jahre zuvor eröffnete, aber noch nicht vollständig fertig gestellte alte Hof-und Nationaltheater des Architekten Carl von Fischer abgebrannt, dessen Wiederaufbau nach den Plänen Fischers schon nach kurzer Zeit beschlossen wurde. Zur Ausführung kam ein überarbeiteter Entwurf von Leo von Klenze, der ebenfalls zur Theaterbaukommission gehörte. Im Wesentlichen hielt sich Klenze an Fischers Pläne, vervollständigte den ehemals noch unfertigen Außenbau jedoch in Anlehnung an Schinkels 1818 vollendetes Berliner Schauspielhaus durch einen achtsäuligen korinthischen Portikus, über dessen Giebel sich ein zweiter, zum Hauptbau gehöriger Giebel erhebt. Nach Hildebrand (2000, S. 357, WV 84) ist »Die Abweichung vom ursprünglichen Entwurf […] eines der prominentesten Beispiele für Klenzes Rezeption der Architektur Karl Friedrich Schinkels.« 26 Pitt ist der Spitzname von Carl Otto Ludwig von Arnim, dem älteren Bruder Achim von Arnims. 27 Schloss Wiepersdorf im Niederen Fläming war der Landsitz von Achim von Arnim und seiner Frau Bettina, geb. Brentano, und ihren gemeinsamen acht Kindern. Das Paar hatte 1811 geheiratet und war 1814 nach Wiepersdorf gezogen, wo der Dichter Achim von Arnim die Familie vor allem durch seine selbst betriebene Landwirtschaft versorgte. 28 Karl Friedrich Moritz Paul Graf von Brühl, seit 1815 Generalintendant der Königlichen Schauspiele und seit 1830 auch Generalintendant des Königlichen Museums in Berlin. 29 Gemeint ist Rauchs Bronzedenkmal des Fürsten Gebhard Leberecht von Blücher für Berlin, das als drittes Denkmal für die »Helden der Befreiungskriege« seit 1819 geplant war. Das große Tonmodell der Statue entstand zwischen Januar und September 1823, dessen Gipsabguss Anfang Februar 1824 in die Königliche Eisengießerei transportiert wurde, wo am 27. November 1824 durch François Lequine der Guss der Statue erfolgte. Am 18. Juni 1826, dem Siegestag von Waterloo, wurde das Denkmal an der Straße Unter den Linden gegenüber der Neuen Wache feierlich enthüllt (vgl. Simson 1996, S. 157–169, Kat. 89–93). 30 »Den Zug der heimkehrenden preußischen Krieger eröffnete die aus der Gefangenschaft befreite Victoria. Die Siegesgöttin wurde bei ihrer Ankunft am deutschen Rheine mit Jubel empfangen«, so liest es sich bei : Förster 1858, S. 1123. Rauch spielt hier auf die durch Napoleon geraubte, nach Frankreich verbrachte und nun rückeroberte Quadriga mit der Siegesgöttin vom Brandenburger Tor an, die er in szenischer Darstellung im Sockelrelief »Einzug in Paris« des Blücher-Denkmals wiedergab. 31 Rauch spricht von Sockelreliefs des Blücher-Denkmals, deren Bildprogramm eine Durchdringung von Sinnbild und Wirklichkeit beinhaltet und sich sowohl auf die Person des gefeierten Feldherrn als auch auf die in den Freiheitskriegen so engagierte Bevölkerung bezieht. Dabei spielen Viktorien als Allegorie des erfolgreichen Feldherrn eine wesentliche Rolle, aber auch historische Abläufe, die sich in Szenen mit ausziehenden und siegreich heimkehrenden Soldaten widerspiegeln. Den von Rauch erwähnten »Soldatenzug« – gemeint ist wohl der »Ausmarsch aus Breslau« – modellierte er im Wesentlichen zwischen August 1823 und Mitte Mai 1824 (vgl. Simson 1996, S. 164–165).
Rauch an Schinkel, Berlin, 11.–14. August 1824
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32 Rauch verweist auf die unweit von Portici gelegene Königliche Bronzegießerei St. Giorgio, die Schinkel am 23. September 1824 besuchte (vgl. Koch 2006, S. 282). 33 Der Neapolitanische Bronzegießer Luigi Righetti. 34 Anton Fürst Radziwill hatte nach dem Tod des Fürsten Dominik Radziwill 1813 durch Ukas Alexanders I. die litauischen Majorate geerbt und den Titel Herzog von Nieswiez und Olyka angenommen. Er galt als sehr reich und hoch künstlerisch (zu Radziwill vgl. Brief 7, Anm. 14 ; Brief 33, Anm. 25 ; Brief 37, Anm. 3 und Luise von Preußen 1912, S. 316–317). 35 Ein damals dem Hugo van der Goes zugewiesenes Bild, dessen Verbleib unbekannt ist. 36 Das seit 1821 durch Schinkel im Umbau befindliche Schlösschen in Tegel wurde nun endgültig von der Humboldt-Familie bezogen. Das Einweihungsfest fand am 31. Oktober 1824 statt (vgl. Brief 30, Anm. 2). 37 Detlef Graf Flemming war preußischer Gesandter in Neapel und zeigte sich besonders freundschaftlich gegenüber Schinkel, wie dieser am 18. September 1824 an seine Frau Susanne schrieb (Mackowsky 1922, S. 143–144). 38 Ignaz von Olfers, Legationssekretär und nach mehreren Ämtern seit 1839 Generaldirektor der Königlichen Museen zu Berlin, hatte damals eine diplomatische Stellung am Hofe König Ferdinands IV. von Neapel inne. Seine Frau Hedwig, geb. Stägemann, mit der er seit 1823 verheiratet war, erwartete zu dieser Zeit ein Kind (vgl. den Brief Schinkels an seine Frau vom 18. September 1824, bei Mackowsky 1922, S. 144). 39 Prinzessin Luise (vgl. Anm. 3) verlobte sich mit ihrem Cousin, Prinz Friedrich der Niederlande, Generalkommissar des Kriegsdepartements, Generaloberst und Feldmarschall. Er war der Sohn von Wilhelm I. Frederik, König der Niederlande, und der Prinzessin Wilhelmine von Preußen, Schwester Friedrich Wilhelms III. 40 Prinzessin Charlotte, älteste Tochter Friedrich Wilhelms III. und der Königin Luise, seit 1817 als Alexandra Feodorowna mit Nikolai, Großfürst von Russland, vermählt (seit 1825 Zarin). 41 Um welchen aus Dänemark kommenden Architekten es sich hier handelt, der nach Rauchs Meinung offensichtlich ein Geschaftlhuber war, ließ sich nicht feststellen. Pensionierung bedeutet : Stipendium.
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Briefe
28. Schinkel an Rauch, Neapel, 6. Sept. 18241
Mein theuerster Freund,
Neapel 6 Sep. [18]24
Tausend Dank für den schönen Brief, den ich eben erst in Neapel empfangen habe.2 Die wunderschönen Notizen waren mir höchst wichtig, die Commission, welche Sie mir von Seiten des Prinzen Karl und wegen Besichtigung der Gießanstalten bei Neapel gaben werde ich ausrichten so gut ich kann und Ihnen bald ausführlicher Nachricht geben. In dem Meer von Kunstwerken, in welches man hier eintaucht, können Sie denken wie mir zu Muthe ist, stündlich werde ich erschreckt von ganz neuen Aufschlüssen über Kunst durch die Werke welche in der vollendetsten Art die Aufgabe lösten. Gestern habe ich die Bronzen und die Vasen gesehen, ich habe keine Vorstellungen von dem Gehaltvollen der Sammlung gehabt, wenn man nur zeichnen dürfte, u wenn nur das, was hier auf Befehl davon abgebildet ward im Allerentferntesten die Feinheit der Gegenstände ahnden ließe. – In Betreff der Beleuchtung und Aufstellung habe ich die Freude gehabt, daß ich beim neuen Museum im Ganzen das einzig Rechte getroffen habe.3 Überall wo in den Museen Italiens nach diesem Prinzip beleuchtet u aufgestellt ist, hat man völlige Befriedigung, leider ist aber dies selten der Fall, in Mailand, und Florenz Neapel geht man fast wie in Kellern umher um die schönsten Werke dürftig zu sehn. In Chiaramonti4 ist alle Sculptur flach gerade durch die Beleuchtung. Nur im Clementinum5 entzückt das charakteristische der Räume, die obgleich das zweckmäßige Licht auch oft fehlt, durch die Pracht des Materials u der Kunst die sich in ihrer Mannigfaltigkeit aufthut, nichts zu wünschen übrig lassen ; zu solcher Einrichtung gehören aber auch solche Schätze, sonst mögte die Sache sehr kleinlich ausfallen. Es ist mir höchst auffallend gewesen, wie ich fast jeden Gegenstand Italiens ohne Veränderung in Grösse oder Styl bei mir festgehalten hatte und wie ganz alte unveränderte Bekannte wieder begrüßen konnte. Die Jugend ist darin doch beneidenswerth, daß ihre Eindrücke unvergesslich bleiben. Die Gegend Neapels hat immer etwas unglaubliches und so sehr man sie kennen mag und sich ihr Bild in der Phantasie zurück rufen konnte, sie erscheint immer wie ein überirdischer Traum. Über Ausschmückung öffentlicher Gebäude durch Malerei sind mir durch die Mailändische Kirche von Luini,6 durch die Hallen, Vestibüle und Höfe von Genova durch die alten Kirchen aus Giottos Zeit u seiner Nachfolger in den Lombardischen und Römischen Provinzen grosse Lichter aufgegangen u besonders auch wie die Sculptur damit in farbiger Weise eingreifen kann. Indeß bleibt immer der Gipfel die Raphaelische weise und die Decke in der sixtinischen Capelle wie die Farbe gebraucht werden muß. Über Thorwaldsens sehr reich ausgestattetes Attelier7 muß
Schinkel an Rauch, Neapel, 6. Sept. 1824
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ich mündlich vollständiger sprechen. Nach meinem Gefühl hat er für Gracie am entschiedensten Talent, sein Christus8 hat zwar alle die Schwächen welche wir in den Abbildungen erkannt haben, aber macht doch in Natura eine ganz andre Wirkung. Schön ist die Hauptproportion und die geringe Wendung des Körpers wenn man die Statue seitwärts sieht. Das Pferd von Poniatowsky9 ist noch nicht ganz in Ordnung ich glaube daß er noch bedeutend ändern muß obgleich der Abguß fertig ist, mir scheint die Bewegung nicht kräftig genug für das was sie vorstellen soll, außerdem hat die Schwierigkeit der Aufgabe des Stützens manche Verzeichnung oder manchen Mißverstand des Körpers erzeugt. Die 12 Apostel von Schülern nach Skizzen und unter Aufsicht Thorwaldsens ausgeführt sind im Ganzen alle gut gerathen und machen in Zusammenstellung mit Christus einen imposanten Cyclus.10 Die Composition des Tympanums der Kirche in runden Figuren : Die Predigt in der Wüste vorstellend,11 ist vielleicht das gelungenste seiner grossen Werke. Der Copernicus12 sehr colossal ist nicht glücklich drapirt besonders seine linke Seite ganz schlecht. Die drei Grazien13 und den Schäfer14 finde ich außerordentlich schön. Der Babilonische Zug15 wird in grossen und kleinen Maßstaben immer wiederholend in Marmor gearbeitet. In Wolfs Werkstatt habe ich die grosse Gruppe Schadows16 gesehn, in Natura fällt die Unschicklichkeit der Lage des Kopfes der Amazone noch mehr auf u daß in dem Helden eine falsche mit der Handlung nicht zusammengehende Bewegung ist. Wolfs kleines MarmorBasrelief auf Schadows Grab17 ist höchst zart empfunden und zierlich ausgeführt, es macht so wie er selbst keine Ansprüche und deßhalb schon verdient es ist es reizend. Die Schnorrschen frescos in Villa Massimi18 sind bei weitem die Freisten, die Farbe wenn auch nicht schöner u stylvoller doch kräftiger fast wie irgend eine[s] der alten Bilder der besten Zeit, wie sie uns jetzt erscheinen. Man sieht aber hier wie weit der Protestant den beiden Catholiken Veit u Overbeck in Freiheit u Originalität vorgerückt ist. So viel Talent in den Bildern der letztern zu sehn ist, so schmerzlich ist auch das Gefühl von verkümmerten und eingeketteten Naturen welches unwillkührlich daraus hervorgeht.19 Grüssen Sie bestens Tieck von mir und Agnes Mle. Lieberkühn20 versteht sich von selbst, ich muß schließen denn Olfers21 will uns zum grossen Fest, bei welchem der König und alle Truppen fungiren, nach Posilippo bringen wo das Fest Sta. Madonna22 das ganze Volk zusammen ruft. Waagen wird bald weitläuftig berichten, im Ganzen greifen wir uns sehr an durch schnelles Reisen und durch angestrengte Beschauung unendlich vieler Kunstsachen, man kann es nicht lassen. Leben Sie wohl theuerster Freund und denken Sie freundlichst an Ihren entfernten aber aufrichtig treuen Schinkel Neapel 6 Sept. 1824.
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Briefe
1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43., Mappe 156, Bl. 10–12. 2 Das ist Brief 27. Schinkel hielt sich von Ende Juni bis Anfang Dezember in Italien auf. 3 Schinkel strebte bei seinem im Bau befindlichen [Alten] Museum besonders gute Lichtverhältnisse an, um die Wirkung der ausgestellten Objekte zu erhöhen. 4 Es handelt sich um das im Jahr 1807 nach Papst Pius VII. Chiaramonti benannte Museum für griechische und römische Statuen und Büsten, hier dem sog. Braccio nuovo der vatikanischen Skulpturengalerie. 5 Das Clementinum ist das unter Papst Clemens XIV. aufgrund der ansteigenden Zahl von Antiken in Auftrag gegebene und unter Pius VI. vollendete Museo Pio Clementino – das heutige Museo Capitolino (vgl. dazu das von Giambattista Antonio und Ennio Quirino Visconti zwischen 1782 und 1807 in sieben Bänden herausgegebene Werk der antiken Skulpturen). 6 Der Maler Bernhardino Luini war vor allem durch seine farbigen Fresken in Kirchen und Palästen der Lombardei und im Tessin berühmt ; Schinkel verweist hier wohl auf dessen Fresken der Passion Christi in San Giorgio al Palazzo und auf weitere in San Maurizio al Monastero Maggiore in Mailand (zu Luini vgl. Binaghi Olivari 2007). 7 Bertel Thorvaldsen besaß mehrere Ateliers, die sich im alten Handwerker- und Künstlerviertel Roms, unterhalb des Palazzo Barberini befanden. Seine kleinen Studios lagen zwischen der Piazza Barberini und dem Vicolo delle Colonette ; das seit 1822 angemietete »studio grande« war vermutlich in einem ehemaligen Stallgebäude des Palazzo Barberini zwischen der Via S. Niccolò da Tolentino und der heutigen Salita di S. Niccolò untergebracht (vgl. Jørnæs 1991, S. 88–91, sowie Kat. 4.25 und 5.18). Das weiträumige, sehr repräsentative Atelier war durch voluminöse Vorhänge in drei Raumabschnitte geteilt, in denen die anwachsende Zahl der Modelle und die in Arbeit befindlichen Plastiken zur Besichtigung der zahlreichen Kunden und Besucher untergebracht waren. Hier sah Schinkel auch die verschiedenen, im Brief erwähnten Werke des Künstlers, die Mitte des Jahres 1824 auch Thorvalsens Biograph Mathias Thiele nach einem Besuch in Rom beschrieb (vgl. Jørnæs 1991, S. 90). 8 1820 hatte Thorvaldsen den Auftrag zur Ausschmückung der Kopenhagener Frauenkirche erhalten, für deren Hauptaltar im Inneren er als erstes die Figur des stehenden Christus schuf ; es folgten die zwölf Apostel-Statuen, die die Heiland-Statue an den Wänden des Kirchenschiffs umgeben sollten. Das große Tonmodell der Ende des Jahres 1822 vollendeten Christus-Statue konnte Schinkel mitsamt den Modellen der Apostel- und Giebelfiguren im mittleren Teil des großen Studios bereits 1824 besichtigen. Erst 15 Jahre später, zum Pfingstfest 1839, fand die endgültige Marmorausführung der sanftmütig erscheinenden Erlöser-Figur mit den zwölf Aposteln ihren vorgesehenen Platz in der Frauenkirche (vgl. Ausst. Kat. Thorvaldsen 1977, S. 220–222, Kat. 72 und 73 ; zum Christus vgl. Gohr 1977, S. 343–352). 9 Auch das Modell des im März 1817 in Auftrag gegebenen Reiterdenkmals von Józef Poniatowski für Warschau (vgl. Brief 7, Anm. 14, 15) war zu sehen, an dem Thorvaldsen seit 1819 arbeitete. Zunächst beschäftigte er sich intensiv mit dem Pferdemodell, das 1827 endlich fertig gestellt, zum Guss übergeben wurde. 1832 war das komplette Bronze-Denkmal, das den jugendlichen General Poniatowski mit vorgestrecktem Schwert in der Rechten, in Gewand und Attitude eines römischen Heerführers zeigt, vollendet und sollte in Warschau aufgestellt werden. Das verhinderte Zar Nicolai I., der es nach dem Polenaufstand dem Eroberer von Warschau, General Ivan Fedorovisch Paskewitj, schenkte (vgl. Rosenberg 1896, S. 66). In dessen russischen Besitzungen verblieb es bis 1921, ehe es 1923 in Warschau seinen Platz fand. 1944 wurde es gesprengt und 1952 durch einen modernen Bronzeguss ersetzt – eine Schenkung des dänischen Staates und der Stadt Kopenhagen (vgl. Thorvaldsen-Museum 1985, S. 27–28, A123).
Schinkel an Rauch, Neapel, 6. Sept. 1824
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10 Vgl. dazu die Entwürfe und Gipsmodelle des Christus und der Apostel im Kopenhagener Thorvaldsen-Museum (Thorvaldsen-Museum 1985, S. 24–26, A82–A109). 11 Die Gipsabgüsse von den Modellen der Giebelfiguren – Johannes d. Täufer und die um ihn versammelten Einzelstatuen der Jünglinge, Kinder, Pharisäer, Jäger, Hirten und die Elterngruppe mit Kindern – haben sich ebenfalls im Thorvaldsen-Museum erhalten (Thorvaldsen-Museum 1985, S. 23–24, A59–A81). 1838 waren die Figuren zunächst in gebranntem Ton im Giebel über dem Hauptportal der Kopenhagener Frauenkirche aufgestellt worden, später wurden sie durch Marmor-Exemplare ersetzt und 1928 durch Bronzeabgüsse ausgetauscht (Thorvaldsen-Museum 1985, S. 23, A59). 12 Thorvaldsen erhielt den Auftrag zum Kopernikus-Denkmal während seines Aufenthaltes in Warschau im September 1820. Der erste plastische Entwurf entstand 1821 in Rom, das originalgroße Gipsmodell, das Schinkel hier betrachten konnte, ein Jahr später (H. 277,2 cm). Es zeigt den sitzenden Gelehrten in jugendlichem Alter, in einfachem Untergewand und einem faltenreichen, über Schultern und linkes Knie fallenden Mantel sowie einer Art Astrolabium oder Orrey (Planetenmaschine) in der Linken. 1830 fand die Enthüllung des Bronze-Denkmals in Warschau statt. Nach Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde es restauriert und 1950 erneut aufgestellt (vgl. Thorvaldsen-Museum 1985, S. 225–226, A858 und A113 ; Tesan 1991, S. 225–226, Abb. 2). 13 Gemeint ist die Gruppe der drei Grazien mit dem auf dem Boden sitzenden Amor-Kind, die Thorvaldsen 1817 in Zeichnungen und einem kleinen plastischen Entwurf entwickelt und 1817/18 zu einem 171 cm messenden Gipsmodell ausarbeitet hatte. Er stellte die große Marmor-Ausführung bereits 1819 im Palazzo Caffarelli in Rom aus, veränderte sie aber bis zum Jahr 1832, ehe er sie an Conrad Hinrich Donner verkaufte. Aus dessen Nachlass gelangte das Werk 1952 mitsamt dem Marmorexemplar des Hirtenknaben (Anm. 14) an das Thorvaldsen Museum (Thorvaldsen-Museum 1985, S. 21 A30 ohne Amor und A29 mit Amor, sowie die Marmorausführung S. 87, A894. Siehe auch Ausst. Kat. Thorvaldsen 1989, S. 171–173, Kat. 37). 14 Das allgemein als »Hirtenknabe« bezeichnete Werk, das einen von einem Wachthund begleiteten nackten Knaben mit Hirtenstab in anmutiger Haltung auf einem Felsblock sitzend zeigt, hatte Thorvaldsen 1817 in spontaner Aktion zunächst in kleinem Format angelegt (vgl. Thorvaldsen- Museum 1985, S. 75, A755), das er bald darauf ins Große übertrug (H. 148,5 cm, Thorvaldsen- Museum 1985, S. 32, A177). Auf Grund des beliebten idyllischen Motivs ließ er es auch mehrfach in Marmor ausführen (vgl. Ausst. Kat. Thorvaldsen 1989, S. 169–170, Kat. 35 ; das Marmorexemplar aus dem Besitz der Baronin Donner, vgl. Anm. 13, befindet sich seit 1952 im Thorvaldsen- Museum, vgl. Thorvaldsen-Museum 1985, S. 87, A895). 15 Es handelt sich um den Relieffries »Alexander der Große zieht im Triumph in Babylon ein«, eine Allegorie auf den erwarteten Einzug Napoleons zu seiner Krönung in Rom. Thorvaldsen führte den Auftrag, den er durch Vermittlung des Architekten Raffaele Sterni erhielt, 1812 innerhalb von zweieinhalb Monaten in einem Gemach des Quirinal-Palastes aus (vgl. dazu Gohr 1977, S. 81–83). Auf dem Quellenwerk des Quintus Curtius Rufus »De rebus Alexandris« fußend, schuf Thorvaldsen ein Kolossalrelief von 106,5 cm Höhe und 3446 cm Länge (ein Abguss davon im Thorvaldsen-Museum 1985, S. 57, A503), bei dessen Figuren- und Szenenverlauf er sich an dem Parthenon-Fries zu orientieren versuchte, was bei den Zeitgenossen große Bewunderung hervorrief. In leichter Variation führte er den Fries zweimal in Marmor aus : seit 1818 auf Bestellung des Mailänder Grafen Sommariva für die Villa Carlotta am Comer See (vgl. den Gipsabguss, Thorvaldsen-Museum 1985, S. 57, A505, hier jedoch das Mittelstück mit Alexander in der Qua driga verändert) und für Schloss Christiansborg (Fragmente des bei einem Brand 1884 zerstörten Frieses befinden sich seit 1919 im Thorvaldsen-Museum, Thorvaldsen-Museum 1985, S. 82, A831–A850). Bei der Arbeit an den verschiedenen Abgüssen und Marmorversionen variierte der
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Künstler mehrfach die Darstellung ; in nachfolgender Zeit kam es zu einer unübersehbaren Fülle von Kopien, Nachbildungen und Abgüssen der einzelnen Reliefszenen (s. Gohr 1977, S. 82). 16 Ridolfo Schadows 1818 begonnene, als freie Schöpfung modellierte Gruppe »Achill verteidigt die sterbende Penthesilea« stand zum Zeitpunkt seines des Todes († 31. Januar 1822) noch unfertig im Atelier, das Emil Wolff von seinem verstorbenen Vetter Ridolfo übernommen hatte. Unter Aufsicht und Beratung von Thorvaldsen vollendete Wolff 1825 das Werk, das nach Ankauf durch Friedrich Wilhelm III. 1826 nach Berlin gelangte und im Großen Säulensaal des Berliner Schlosses Aufstellung fand. Es wurde bei einem Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zerstört (vgl. Vogel 1995, S. 73–75, Kat. Nr. 37 und Eckard 2000, S. 108–111, WV 44). 17 Ridolfo Schadow war in Rom in S. Andrea delle Fratte beigesetzt worden, wo ihm 1824 ein Wand-Grabmal errichtet wurde, das Emil Wolff nach einer Idee Wilhelm Schadows, des Bruders Ridolfos, schuf und 1823 in Marmor ausführte. Der obere Teil zeigt einen, der toskanischen Frührenaissance nachempfundenen, rahmenden Aufbau, in dem die Büste Ridolfo Schadows in einer Nische steht. Das Relief im unteren Teil stellt eine antikisch gekleidete jugendliche Gestalt dar, die von einem Engel mit liebevoller Geste zu der rechts sitzenden, ihn erwartenden Gestalt Christi geleitet wird. Von der gegenüberliegenden Seite schreitet ein Ruhmesgenius heran und streckt einen Lorbeerkranz dem jung verstorbenen Künstler entgegen, dessen beliebte Statue der Sandalenbinderin auf erhöhtem Sockel im Hintergrund zu sehen ist (vgl. Vogel 1995, S. 62–65, Kat. Nr. 27). 18 Carlo Massimo hatte 1811 die zuvor im Besitz der Familie Giustiniani befindliche Villa nahe des Lateran gekauft und das dazugehörige Casino an der heutigen Via Matteo Boiardo durch deutsche Künstler ausmalen lassen (vgl. dazu das grundlegende Werk über die Wandgemälde der deutschen Romantiker im Casino Massimo von Gerstenberg/Rave 1934). Die drei dem Garten zugewandten Säle des Casinos sollten mit Szenen aus Werken der Dichter Dante, Tasso und Ariost al fresco ausgeschmückt werden, womit Massimo im Herbst 1817 zunächst die Maler Peter von Cornelius und Friedrich Overbeck beauftragte, die neben Franz Horny auch Julius Schnorr von Carolsfeld heranziehen wollten. Als Kronprinz Ludwig von Bayern Ende Januar 1818 nach Rom kam, um gute Maler zur Ausführung seiner künstlerischen Ideen für München zu suchen, warb er Cornelius ab, der auch Horny mit sich nach München zog. Philipp Veit sprang für den Dante-Saal ein, tat sich aber schwer bei seinen Entwürfen, gab auf und überließ 1825 die Malerei der Hauptwände Anton Koch. Veits Fresken, an deren »bildnerischen Gestaltung« er sich »geradezu zerquält« hatte (Gerstenberg/Rave 1934, S. 57) schienen nicht die dichterische Gedankenwelt Dantes zu vermitteln. Friedrich Overbeck, dem der Tasso-Saal zufiel, an dem später auch Joseph von Führich mitarbeitete, malte idyllische Szenen aus dem befreiten Jerusalem in zarten hellen Farben. Am bewegtesten, originellsten, farbenfrohsten und zugleich einheitlichsten wirkt der Ariost-Saal, dessen Fresken Schnorr von Carolsfeld zügig von November 1821 bis Mai 1827 ausführte und – wie er sich in Briefen äußerte – dabei »als Protestant gegen die Katholiken Veit und Overbeck in Wettstreit trete« (Ausst. Kat. Nazarener 1977, S. 57, vgl. hier die komprimierten Ausführungen zur Villa Masmo, S. 53–58 mit Farbtafeln S. 93–109). Auf diese Äußerungen Schnorr von Carolsfelds spielt hier auch Schinkel an, wenn er bei Besichtigung der bis zu diesem Zeitpunkt vollendeten Fresken im September 1824 von »Freiheit und Originalität« bei dem Protestanten Schnorr und von »verkümmerten und eingeketteten Naturen« bei den beiden katholischen Malern Veit und Overbeck spricht. 19 Mit dieser Kritik am katholisierenden Nazarenertum unterstreicht Schinkel einmal mehr die eminente Bedeutung, die für ihn der Begriff der Freiheit in der Kunst hat ; sie wird durch die frühere Lesart »Feinheit« bei Mackowsky/Koch gerade verdeckt.
Schinkel an Rauch, Neapel, 6. Sept. 1824
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20 Gemeint sind der Bildhauer Friedrich Tieck, Rauchs Tochter Agnes und Rauchs Wirtschafterin Amalie Lieberkühn. 21 Ignaz von Olfers, der spätere Generaldirektor der Königlichen Museen in Berlin, lebte zu dieser Zeit in diplomatischer Mission am Hof Ferdinands I., König beider Sizilien, in Neapel. 22 Das berühmte Fest der Madonna Piedigrotta, ein neapolitanisches Volksfest zur Erinnerung an den Sieg des bourbonischen Königs Karl III. über die Österreicher im Jahr 1744. Den Festzug, der sich mit großem Spektakel zur kleinen Kirche Sta. Madonna Piedigrotta am Posillipo bewegte, beschreibt Schinkel ausführlich im Tagebuch seiner Italienreise unter dem 8. September 1826 (Riemann 1977, S. 186).
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Briefe
29. Rauch an Schinkel, Berlin, 13. Oktober 18241 An Schinkel. (Mit Siegel und Adresse an die Bankfirma Heinzelmann in Venedig). Über die Auswahl von Fragmenten »zur Verzierung der Mauern des Casino zu Glienicke« im Auftrage des Prinzen Carl.2 »… Goethe in Weimar dürfen Sie ja nicht vorbeigehn denn er rechnet ernstlich auf Sie, und grosse Freude würde es ihm seyn als den neuesten Italienfahrer mit Ihnen sich zu unterhalten3 … er, der alles was wahre Kunst ist mit so reger Theilnahme aufnimmt.«– »Hirt beurtheilte neulich Ihre beiden Landschaften von Rügen und Stettin aufs aller vortheilhafteste4 … Tegelschlösschen5 hat er mehrmals besucht und bleibt immer in einem Ergiessen seines detaillirten Beurtheilens …« »Am Grundbau des Museums6 wird immer noch fleissig geklopft und viele neue Bleistifte sah ich gestern neu einstecken. Das Mehlhaus aber macht von der Ebertsbrücke7 einen so schönen Effeckt dass in Berlin keine so malerische Ansicht zu gewinnen ist als diese Vedute, macht Berlin zur Stadt(,) ist entzückend schön« usw. 1 Dieser Brief ist nur als Regest überliefert durch J. A. Stargardt, Auktion am 30. Januar 1936, Katalog, S. 45, Nr. 281 : »Rauch, Christian Daniel, Bildhauer, 1777–1857, E. Br. m. U., Berlin 13.X.1824, 3. S. 40«, Provenienz »J. A. Stargardt, Berlin«. Die Wiedergabe folgt diplomatisch dem Katalogtext. 2 Vgl. dazu Brief 27, Anm. 16. 3 Schinkel war am 29. Juni 1824 zu seiner zweiten Italienreise aufgebrochen (vgl. seinen Bericht, Brief 28), von der er erst am 4. Dezember heimkehrte. Rauch nimmt in einem Brief an Goethe vom 15. Juli 1824 auf die vorgeschlagene Reiseunterbrechung Schinkels bei Goethe Bezug und schreibt : »Auf meine Einladung Ew. Excellenz auf diesem Wege in Weimar zu besuchen erwiederte derselbe [Schinkel], daß es Ew. Excellenz gewiß angenehmer seyn würde bei der Rückkunft aus Italien, ihn bei sich zu sehen, welche also gewiß im November d. J. geschehen wird, und dankt zugleich für dero freundliche Einladung« (Eggers 1889, S. 80–81). Schinkel, besuchte tatsächlich am 1. Dezember 1824 auf der Heimreise Goethe in Weimar und konnte somit dem Dichter ganz frisch von seinen Italienerlebnissen berichten. 4 Im Anschluss an Schinkels Reise im Spätsommer 1821 nach Stettin und nach Rügen entstanden zu Hause in Berlin drei Landschaftsbilder : Ansicht von Stubbenkammer (vgl. Brief 17, Anm. 5), Ansicht von Stettin und als Pendant dazu : »Der Rugard auf Rügen«. 1824 erschien das Bilderpaar in der Akademieausstellung (Akad.-Ausst. Berlin 1824, Sp. 79, Nr. 586, 587) und fand wegen der getreuen Naturschilderung viel Beachtung. Die beiden ersten Gemälde wurden 1945 im Krieg vernichtet, erhalten blieb lediglich der Rugard, den Friedrich Wilhelm III. vermutlich aus der Akademie-Ausstellung 1824 erwarb. Das Gemälde befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg (vgl. Ausst. Kat. Schinkel 1981, S. 259, Kat. 199). 5 Gemeint ist das nach Plänen Schinkels umgebaute Humboldt-Schlösschen in Tegel, dessen festliche Einweihung am 31. Oktober 1824 in Abwesenheit Schinkels stattfand (vgl. Brief 30, Anm. 2). 6 Das heißt an dem nach Schinkels Plänen im Bau befindlich [Alten] Museum. 7 Von der ehemaligen Ebert- oder Ebertsbrücke, einem zwischen Monbijou- und Weidendammer
Rauch an Schinkel, Berlin, 13. Oktober 1824
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Brücke gelegenen Spreeübergang hatte man eine besonders malerische Ansicht auf die Umgebung des alten Berliner Mehlhauses, einem friderizianischen Bau in der Nähe des Neuen Packhofes. Dieses Gebäude enthielt die Mehlwaage und Lagerräume für den Mehlvorrat und wurde 1826 endgültig abgerissen und durch einen zweistöckigen Neubau ersetzt.
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30. Rauch an Schinkel, Berlin, 2. November 18241 Nur zwei Zeilen verehrtester Freund in die Fremde obgleich Sie uns nun wieder so nahe sind und gar sehr dazu freuen. Am Sonntage als Ihr Stellvertreter wurde ich nach Tegel von H[umboldt]2 eingeladen, wo die Höchsten Königl. Herrschaften speisen und Ihren Bau bewundern wollten. Solche Einladungen kommen selten als – Essen und Huldigungen einzunehmen – wirklich bei schönem Wetter um 12 Uhr Mittags fanden sich ein, Prinz Karl3 (½ Stunde schon früher) dann I. K. K. H. die Großfürstin4, der Kronprinz u Kronprinzessin5. S. K. H. der Erbgroßherzog von Meckl[enburg] Strelitz6 sämtl. mit ihren resp. Herrn und Damen. Humboldt war im heitersten Humor so auch sämtl. Herrschaften. Ihr Bau wurde dann bis unters Dach und in die Küche scrupulös durchgesehen. als Anmeld kam ich selten aus der Verbeugung mit dem Kopfe oben, wovon Montags Nasenbluten sich einfand. alles wurde gelobt und gewürdigt. Vorgefahren wurde von der Hofseite und abgefahren von der des Gartens. Um 1 Uhr begann das Frühstück dinatoire Messer und Gabel lag alles nach englischer Art unter Hr. von Bülow’s Handthätiger7 Anleitung, sogar Trauben u Ananas mußtens sich in Tegel gefallen laßen englischen Plie anzunehmen, u gefiel ausnehmend. Nach Tisch wurden besonders die Werke griechischer u römischer Sculptur gewürdigt, und da keiner dieser Herrn auch nicht vorhanden war, so nahm auch ich diese Huldigungen an, und es gelang mir wie Augenzeugen versicherten ausnehmend – – Indeßen so gut ich alles angenommen durchgeführt u representirt hatte wurde allgemein bedauert daß Sie selbst nicht zur Weihe Ihres Werkes zugegen seyn konnten, worin ich natürlich mit einstimmte die Rede aber in Bedauern ausgehen ließ etc. Kronprinzessin besonders hat mir geklagt wie wenig in ihrer Wohnung geschähe8 und freute sich sehr daß Sie nun wieder so nahe wären. S. K. H. der Gemahl meinten vorerst würde er Sie einige Tage bei sich einschließen. Prinz Carl der nur für sein so sehr gelungenes Casino lebt,9 hat auch ernsthafte Projekte zu Ihrem Empfange bereit, auf Empfang können Sie bei der Ankunft also sicher rechnen.10 Die wiederholung der F. W-Rede wegen der 14. Millionen hat die ungeheuersten Lachscenen veranlaßt11. Alle Höchsten Herrschaften haben mir Grüße an Sie so Humb[oldt] desgleichen aufgetragen, wir waren zu 19 Personen am großen runden Tisch. Prinz Albrecht12 fehlte welcher unwohl war, u Prinz Wilh. v. Preuß. Louise13 hatte Se. M. der König für Potsdam sich reservirt, sonst würden Alle dort gewesen seyn. Alles ist wohl und freut sich Ihrer Ankunft. Beuth nemlich zu Pferde auf einem gesprenkelten Cüreassier premie Qualität Ihre Frau Gemahlin trifft mit den
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Kindern Morgen hier ein. Berger will später dann Stettin zum Weyhnachten beglücken. Agnes u Alle des Hauses grüßen auch Freund Tieck. Hr. v. Klenze u alle die sich meiner erinnern bitte bestens zu grüßen. Nun leben Sie wohl u behalten mich lieb. Ihr aufrichtig ergebener Freund Chr. Rauch Berlin 2. Nov. 1824. [Poststempel Berlin 2. Nov] Seiner HochWohlgeboren Des Königl. Preuß. Ober Bau Rath Ritter etc Herrn Schinkel abzugeben bei dem K. General Bau Intendanten Herrn von Klenze zu München frey. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.16. 2 Die festliche Einweihung des von Schinkel umgebauten und erweiterten Tegeler Schlösschens der Humboldts fand am 31. Oktober 1824 bei schönstem Herbstwetter statt. Rauch hatte während Schinkels Abwesenheit die Anordnung und Aufstellung aller antiken Statuen und Reliefs sowie der diversen Gipsabgüsse arrangiert. Zu den Kunstschätzen der Humboldts gehörte auch eine Reihe der von Rauch in seiner frühen römischen Zeit gearbeiteten Werke, darunter das von ihm ergänzte Parzenrelief (Simson 1996, S. 468–469, mit Abb.), die Büsten der verstorbenen Humboldt-Kinder Gustav und Luise (Simson 1996, S. 58–59, Kat. 20 und 21, mit Abb.), die um Arme, Kopf und rechten Fuß ergänzte sog. Nymphe Anchyrrhoe (Simson 1996, S. 56–57, Kat. 17), ein Gipsabguss der auf einem Adler schwebenden Viktoria vom Bülow-Denkmal (Simson 1996, S. 128 mit Abb., unter Kat. 73), denen später noch weitere Arbeiten folgen sollten. Über den Verlauf der Einweihungsfeier und die Rolle Rauchs dabei vgl. auch Eggers, Rauch II, 1878, S. 228–231, hier werden auch kurze Passagen des obigen Rauch-Briefes zitiert. 3 Prinz Karl [Carl] von Preußen, Sohn Friedrich Wilhelms III., war mit seinem Adjutanten Kurt von Schöning erschienen (Eggers, Rauch II, 1878, S. 230). 4 Die seit 1817 mit Großfürst Nicolai (seit 1825 Zar Nicolai I) vermählte russische Großfürstin Alexandra Feodorowna, ehemals Prinzessin Charlotte von Preußen und älteste Tochter Friedrich Wilhelms III., war mit ihren Hofdamen erschienen. 5 Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen (später Friedrich Wilhelm IV.) und seine Gemahlin Kronprinzessin Elisabeth waren in Begleitung der Oberhofmeisterin von Reeden (Eggers, Rauch II, 1878, S. 230). 6 Erbgroßherzog Georg, Bruder der Königin Luise, trat in Begleitung des Mecklenburg-Strelitz’schen Oberhofmeisters Friedrich Albert von Schmalensee auf. Der kunstsinnige Erbgroßher-
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zog Georg von Mecklenburg-Strelitz hatte einen fast freundschaftlichen Kontakt zu Rauch, der später auch dessen Büste schuf und für die Ausstattung des umgestalteten Orangerie-Gebäudes im Neustrelitzer Schlossbezirk tätig war. 7 Heinrich von Bülow, seit 1821 mit Wilhelm von Humboldts jüngster Tochter Gabriele verheiratet, war seit 1821 Legationsrat und vortragender Rat im Außenministerium in Berlin, ehe er 1827 als Botschafter nach London ging. 8 Nach der Vermählung des Kronprinzenpaares am 16. November 1823 war Schinkel vom Prinzen mit der Neugestaltung der Kronprinzen-Wohnung im Obergeschoss des Berliner Schlosses betraut worden. Die Räume befanden sich an der zwischen Spree und Schlossplatz gelegenen Nordostecke des Schlosses, wo auch Friedrich II. einen Teil der Gemächer bewohnt hatte. Die Umgestaltung der Räume fand zwischen 1824 und 1827 statt, wobei Schinkel dem Arbeitszimmer des Kronprinzen in der Erasmuskapelle einen gotischen Anstrich verlieh, Teesalon und Sternensaal jedoch in klassizistischem Stil einrichtete (vgl. Ausst. Kat. Schinkel 1980, S. 202–204, Kat. 297–306 ; Ausst. Kat. Schinkel 1981, S. 167–168, Kat. 61). 9 Zu dem zwischen 1824 und 1825 von Schinkel erbauten Casino in Glienicke, vgl. Brief 27, Anm. 16. 10 Prinz Carl plante auch weitere Bauten in Glienicke, so die Errichtung der Kleinen Neugierde und den Umbau des alten Herrenhauses zum Schloss Glienicke, der 1825 begonnen und 1828 vollendet wurde. 11 Der Grund für die »ungeheuren Lachscenen« hat sich nicht aufdecken lassen. 12 Prinz Albrecht von Preußen, jüngster Sohn Friedrich Wilhelms III. 13 Prinz Wilhelm von Preußen, zweiter Sohn Friedrich Wilhelms III. (seit 1871 Kaiser Wilhelm I.) und dessen Schwester Prinzessin L[o]uise.
Rauch an Schinkel, Berlin 26. August (1825)
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31. Rauch an Schinkel, Berlin 26. August (1825)1 Mit der anliegenden Abschätzung werden Sie liebster Freund einverstanden seyn. wenn dieses ist so meinte Hofr. Hirt wäre kein Zusammenkommen mehr nötig. auch um die Abgabe zu beschleunigen. Ich hoffe Sie noch zu sehen. da mit Agnes ich Montag Nachmittg nach Schandau und Umgegend auf einige Tage abreisen werde.2 Schade daß Ihr Gutes, Sie schon genoßen haben, sonst wäre mit Ihnen u den Ihrigen die Parthie doppelt schön. Der Ihrige Rauch 26. Aug. [1825] 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.36. 2 Für die Datierung dieses bislang nicht zugeordneten Billets bleibt als plausibelstes Jahr – auch nach dem Schriftbefund – das Jahr 1825. Tatsächlich notierte Rauch in seinem Tagebuch und Briefverzeichnis unter dem 29. August 1825 – es war ein Montag –, dass er an diesem Tag »von hier mit Agnes nach Dresden abgereist und am 31. angekommen« sei. Gemeinsam fuhren sie anschließend über Teplitz, Aussig und Tetschen nach Bad Schandau, wo sie am 8. September eintrafen »zugleich mit Prof. Wach mit Schwester«. Die Heimkehr nach Berlin notierte Rauch am 16. September in seinem Tagebuch : »abends glücklich angekommen« (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 03).
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32. Rauch an Schinkel, Paris, 21. Mai 18261 Mit welchem Bedauern bin ich in Paris eingetreten Sie verehrtester Freund und Beuth nicht mehr begrüßen zu können.2 Gegen Abend nach acht Uhr bin ich in Begleitung des Herrn Stiglmeyers3 aus München Rue Castiglione Hotel Castigli one wohlbehalten abgestiegen, und heute in aller Frühe erfuhr ich schon die unangenehme Nachricht welche in Ihrem Gasthofe ich bestätigt fand. Heute bin ich vorerst im seeligsten Taumel am lang ersehnten Ziele mich zu befinden in und um Paris herumgetaumelt. Morgen aber fange ich an die vorgezeichneten Stationen ernsthaft abzureiten, damit am 8ten Juni ich wieder in den Wagen steigen kann, sollte aber in Berlin ein Fehlguß des lezten Reliefs4 geschehen so bleibe ich noch länger hier u gebe Nachricht, bitte aber auch vor allem mich umgehend mit einigen Zeilen zu beglücken. Durch des Königs5 Abreise schnellen Entschließens nach Villa Colombelle bei Perugia, wurde auch ich mit dem Modellchen zum Denkmahle Max. Josp. in München bald fertig,6 auch hielt das traurige Schneewetter bei der Arbeit mich fest.7 und Hr. v. Klenze unterstützte mich nach bester Einsicht und Kräften, daß wir am 7ten Mai dem Könige und dem Magistrat das Modellchen Ein Achttheil der wirklichen Größe hoch in Gips vorzeigen könnten, dann dem Hofe den Künstlern und mehreren der Stadt, das Ganze wie das Einzelne dieses Projektes hat allgemeinen Beifall erregt, und nun konnten die Kostenvoranschläge angefertigt und eingereicht werden. So lange blieb ich in Ungewißheit ob ich nach Paris Ihnen folgen könnte, war aber auch zu spät Sie nach Paris vor meiner Ankunft zu benachrichtigen, welches ich nun in meiner Einsamkeit büßen muß. Hr. Stiglm[eyer] [sagte]8 mir wies [sic !] der Kursus durch die hiesigen Gips u Ciselirwerkstätten sehr Lehrreich seye, insbesondere für München. Erstere indem es traurig in diesem Punkte dort steht. Klenze grüßt Sie aufs allerfreundlichste so auch der Landsmann Wibeking u Cornelius. Freund Beuth u Sie schicken Sie mir keinen Brief nur ein langes Rezept aber umgehend von allem was ich nothwendig sehen muß. am meisten rechne ich auf Hittorfs9 Güte. Hr. v. Humb[oldts] Weisung. auch auf B[euths] Eleven Kirschbaum. Klenze ist über Salzburg Triest nach Venedig gereist wieder antike Marmor zu kauffen. Die Leute schleppen systematisch sehr viel schönes der Art zusammen, und haben darin einen gesunden Tackt, der König sagt auch »Als Dessert soll die Kunst bei mir nicht behandelt werden, sie soll uns Biffstaeck seyn ![«] Der König war über die maßen freundlich und gnädig, so wie [er] überhaupt auch das Regieren mit unbeschreiblicher Lust zu treiben scheint.10 Lord Clanwilliam,11 Mrs. Solly bitte ich schönstens zu grüßen, und bitte vor allem die Bildhauerwerkstätte und ihre Gießereien ins Auge zu faßen.
Rauch an Schinkel, Paris, 21. Mai 1826
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In Berlin war alles beim alten. Gr. v. Ingenh[eim] sollte mit der jungen Frau12 in diesen Tagen in Paris eintreffen. Schlesinger heyrathet Kösters Schwester, Köster aber nach Mannheim zur Mutter gehen etc. so erzählt mir der junge Boisserée und Bertram.13 Welchen halben Tag des Genußes habe ich vor acht Tagen bei ihren Bildern zugebracht !14 Es sind diese Werke doch neben Raphael die Wunder der Kunst unserer Zeit ? In Strasburg besuchte ich Helmsdorff15 und Ohmacht16 Ersterer hatte wohl zehn Bilder theils vollendet theils in Arbeit. und wird wohl den Ruf nach Berlin annehmen, er ist wieder ganz hergestellt. Letzterer ist ein trefflicher Bildhauer, Sie werden eine Büste von ihm sehen ! Das Reisen in gebildeten Ländern ist doch ein hoher Genuß, einmahl das alte gebildete und dann die Lebenden Menschen in Loco kennen zu lernen, und verständlicher als das nachgebildete und Erzählungen von ihnen. Die schönsten Grüße an Beuth und gemeinschaftl. glückliche Reise bis auf Wiedersehen. Leben Sie wohl Ihr aufrichtiger Freund Rauch Paris 21. Mai 1826. Hotel Castiglione No 3 der Wohnung. A Monsieur Monsieur Schinkel Architecte. de Sa Majesté Le Roi de Prusse p. b. a Londres 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.122.155.17. 2 Am 21. Mai 1826, morgens um 9 Uhr, war Schinkel in Begleitung von Christian Peter Beuth nach einem über dreiwöchigen Aufenthalt in Paris in Richtung London abgereist, wo sie am 25. Mai ankamen. Rauch, der am 20. Mai spät abends in Paris eingetroffen war, hatte Schinkel somit nur um einige Stunden verpasst und schickte ihm umgehend den obigen Brief. 3 Es handelt sich um den Bildhauer und Gießer Johann Baptist Stiglmaier (vgl. Brief 27, Anm. 23). 4 Gemeint ist das letzte obere Sockel-Relief zum Blücher-Denkmal in Berlin, das »Borussia, Blücher belohnend« darstellt und erfolgreich gegossen wurde (Simson 1996, S. 167, Kat. 91, m. Abb.). Als Rauch am 14. Juni wieder in Berlin eintraf, war das Denkmal, jedoch noch in verhülltem Zustand, bereits Unter den Linden aufgestellt ; am 18. Juni fand die feierliche Einweihung statt. 5 Ludwig I., seit 1825 König von Bayern, hatte seit 1820 ein amouröses Verhältnis zu der schönen, hoch-gebildeten und lebenslang mit ihm verbundenen Marchesa Marianna, Gemahlin des Marchese Ettore Florenzi. Er besuchte sie häufig in ihren Residenzen, wozu die Villa Colombelle bei Perugia gehörte. 6 Das Modellchen, von dem Rauch hier spricht, ist der erste Entwurf zum Denkmal König Maximilians I. Josephs für München, mit dessen Ausführung Rauch definitiv im Oktober 1825 betraut worden war. Nach einer ihm zugesandten Büste des Königs von der Hand Johann Baptist Stiglmaiers hatte Rauch den Entwurf zur Sitzstatue des Königs am 18. April 1826 in Berlin vollendet,
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reiste dann nach München, wo er es bereits am 30. Mai König Ludwig I. in dessen Gemächern zur Begutachtung zeigte und die Genehmigung zur Ausführung erhielt (zum Denkmal vgl. auch Brief 27, Anm. 24 ; Brief 32, Anm. 6). Gemeinsam mit Leo von Klenze, der den architektonischen Aufbau des Sockels entwarf, entwickelte Rauch den bildnerischen Schmuck, den er in das von Stuckateuren vorbereitete Piedestal einfügte und am 7. Mai dem König und dem Magistrat vorführte. Anschließend wurde es zur allgemeinen Besichtigung in der Gießerei ausgestellt (vgl. Simson 1996, S. 236–137, Kat. 146). 7 Wie Rauch in seinem Tagebuch vermerkte, gab es vom 25. April bis zum 1. Mai 1826 in München Schnee, der »mehre Zoll hoch« auf Dächern und Straßen lag (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 03). 8 Rauch verhedderte sich hier, wie ihm das mehrfach bei seiner Ausdrucksweise passierte. – Stigl maier war gemeinsam mit ihm nach Paris gereist um Genaueres über den dort gehandhabten Bronzeguss zu erfahren. Durch Alexander von Humboldt, der sich von 1807 bis zum Jahr 1828, von kurzen Unterbrechungen abgesehen, in Paris aufhielt, war es zum Kontakt mit dem Gießer Charles Crozatier gekommen. Diesen suchten Rauch und Stiglmaier mehrmals auf, wie es zuvor auch Schinkel getan hatte, der Crozatier bescheinigte, die größten und kompliziertesten Statuen mit großer Leichtigkeit so gießen zu können, dass anschließend keine Ziselierung mehr nötig sei. Zur Technik des Sandformgusses, die Crozatier anwandte, machte sich Rauch am 1. und 2. Juni 1826 Notizen (siehe Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 03, vgl. auch Peschken-Eilsberger 1989, S. 63). 9 Jacob Ignaz Hittdorff, ein aus Köln stammender Architekt, war seit 1810 in Paris tätig, wo er später mit der Anlage der Champs-Elysées und der Place de la Concorde beauftragt wurde. Wie zuvor Schinkel war auch Rauch von Hittorffs Neuausbau des »Théâtre Royal Italien« beeindruckt, durch das ihn der Architekt in den Zwischenpausen einer Theateraufführung persönlich herumführte (Brief Rauchs an seine Tochter Agnes vom 30. Mai 1826, vgl. Peschken-Eilsberger 1989, S. 219, zu Hittdorff S. 62). Zum Verhältnis Hittorffs zu Schinkel vgl. umfassend Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 406–446. 10 Diese Passage bezieht sich auf König Ludwig I., in dessen Auftrag Leo von Klenze Antiken kaufte. Rauchs saloppe Bemerkung bezüglich des »Zusammenschleppens« antiker Kunstwerke entspricht letztlich der gängigen Vorgehensweise, auf die er bereits in Brief 27 (bei Anm. 14) hinweist : »Wolf schreibt mir aus Rom, daß der Gen. Consul Hr. v. Bartholdi so schöne Sculpturen in Marmor und Bronze an sich gebracht habe, wovon ein Marmortorso ein Abguß unterwegs hierher ist, ermuntern Sie ihn zu solchen Aquisitionen !« Die Praxis des ganz gewöhnlichen Kunstraubs ist durch die Diskussion um den Napoleonischen Kunstraub weitgehend verdeckt worden. (Hierzu – und zu Klenzes eigenwilliger Aneignung der Antike – vgl. Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 163, 436–438). 11 Richard Charles Francis Meade, Earl of Clanwilliam, war englischer Botschafter in Berlin. Über ihn liefen auch die Ankäufe des englischen Königshauses, das 1825 einen Eisenguss von Rauchs Reduktion des Breslauer Blücher-Denkmals bestellt hatte (Simson 1996, S. 155, Kat. 86). 12 Gustav Graf von Ingenheim, Sohn Friedrich Wilhelms II. und der Hofdame Julie von Voss, hatte 1826 seine Nichte, Gräfin Eugenie Thierry de la Marche, eine Tochter seiner Halbschwester Gräfin Marianne von der Mark geheiratet (zu Ingenheim vgl. Brief 4, Anm. 22 ; Brief 27, Anm. 15). 13 Zu den Restauratoren Schlesinger und Köster vgl. Brief 27, Anm. 10, 11 ; zu Boisserée und Bertram vgl. Brief 4, Anm. 7. 14 Rauch hatte am 14. Mai 1826 in Stuttgart seine Reise nach Paris unterbrochen und am folgenden Tag vier Stunden lang die Sammlung der Brüder Boisserée besichtigt. Dabei wurde er, ganz dem Eindruck Schinkels folgend (vgl. Brief 2), »des Staunens und Genusses nicht müde […] an allem,
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was sich mir in diesen herrlichen Werken der Malerei aufthat«, wie er am 17. Mai 1826 von Straßburg aus an seine Tochter Agnes schrieb (vgl. Peschken-Eilsberger 1989, S. 211). 15 Johann Friedrich Helmsdorf, den in Straßburg tätigen Landschaftsmaler und Radierer aus Magdeburg, versuchte Rauch als Lehrer für die Berliner Kunstakademie zu gewinnen. Das kam jedoch aufgrund zu hoher finanzieller Forderungen Helmsdorfs nicht zustande. Nach Eggers wollte sich dieser »nur auf vier Jahre verpflichten, für diese Zeit aber unkündbar angestellt sein mit 1000 Thaler Gehalt, 100 Louisd’or Reise- und Übersiedlungsgeld, jährlichem Urlaub zu Studienreisen und freier Zeit für sich zum Malen« (Eggers Rauch II, 1878, S. 364). 16 Landolin Ohmacht war ein in Straßburg tätiger Bildhauer, auf dessen Klopstock-Büste hier verwiesen wird.
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33. Rauch an Schinkel, o. D. (nach Poststempel 10. Juli 1826)1 Sehr verehrtester Freund Schon längst sollten diese Zeilen an Sie abgehen aber die Zeit schwindet unter den Händen und das Thun geht nur langsam seinen Gang. daß ich fürchten muß dieser Brief trifft Sie nicht mehr. Ihre Frau Gemahlin läßt Sie schönstens grüßen sie war zu einem Abschiedsabend gestern bei uns Prof. Lund2 aus Cop[en] h[agen] zu ehren welcher 14 Tage bei uns war. Die Ihrigen sind alle wohl nach überstandener Hitze sogar frisch zu nennen. Auch der König war sehr unwohl in Teplitz.3 Zur Nachricht bemerke ich hier sogleich, daß S. M. den 29 d. M. hier eintreffen und den 22 Aug. bis 15 Sept wieder abwesend nach Preußen seyn werden. Nach meiner Ankunft von Paris modellirte ich des Königs Büste,4 wobei oft Ihrer erwähnt wurde, besonders freute es den K. daß Sie und Sie [sic] sich selbst sowohl in Paris gehalten, und manches schöne u nützliche mit in die Heimath zurückbringen würden. freut sich auch sehr daran daß der Bau des Museums so gut vorschreitet, ich hatte mich selbst überzeugt wie schön u geräumig das Ganze in der Wirklichkeit sich ausnimmt, und wie tüchtig das alles ausgeführt wird. vom G[eheimen] K[ämmerer] Timm5 werden Sie Aufforderungen erhalten haben. zur Verzierung des Mus. u. anderer Plätze Fontainen zu projektiren,6 auch indirect ist der Auftrag mir gegeben auf erstren Platz Fried. II Denkmahl7 einfach zu entwerfen. An den Säulen des Mus. fehlen noch immer ein paar Kapitäle, deswegen auch der Gesimsbogen so langsam geht. Tieck hat die Modelle der beiden Adler zur Krönung desselben vollendet und sind sehr schön und zweckmäßig.8 Gestern bewunderte ich mit Fr. Lund die schönen Gemächer des Krpr. lange habe ich so einen erfreulichen Eindruck schöner Gemächer nicht gehabt, mit wahrem Entzücken trat ich aus dem Einen ins andere die in geschmackvoller Anordnung sich einander überbieten9 Das Dänenchens10 war außer sich vor Entzücken ! die Schoppeschen11 Bilder gefielen auch mir am besten, namentlich gilt dieses vom Ton. Die zartgrauen Marmor thun vortreffliche Wirkung in dieser Anordnung. Freund Langerm[ann]12 ist wohl und heiter. Tieck aber sehr bedeutend krank gewesen, kann aber doch wieder arbeiten. Die Wärme war unerträglich, die Sie auch wohl sehr gefühlt haben werden. Erfahren werden Sie haben, daß das M. Bülowsche Haus13 endlich übergeben ist. und noch in diesem Moment das Einziehen der Bilder u Restauratoren beginnt. in Dresden ist Palmaroli14 angekommen und arbeitet auch schon. Wenn nicht den H[e]rz[og] Wellington selbst so bitte an Lord Clam William gefäll. zu sagen daß die Büste K. Max. u. Blüchers Ende Aug. d. J. nach London
Rauch an Schinkel, o. D. (nach Poststempel 10. Juli 1826)
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abgehen würden.15 Ehe ich künftiges Jahr nach München gehe16 will ich sämtl. Marmorarbeiten vollenden. u bin eben iezt mit der kleinen Humb[oldt]statue17 beschäftigt. Das Denkmahl Blüchers scheint den Leuten zu gefallen, nur fehlt das Portepée und das Pied’stal ist von vorne gesehen ihn nicht breit genug. übrigens füllt es seinen Platz. der König hat sich aufs allerfreundlichste darüber gegen mich geäußert18. Fr[eund] Beuth bitte von mir wie von allen Freunden die schönsten Grüße zu bestellen, u zu sagen daß zu seiner Königsstatue der Kopf im parat19 sey, das übrige würde sich auch finden, wenn wir nur erst a la Crozatier20 den Guß besorgen könnten. Mit Msr. Vuarin21 welcher im Aug. auf einige Zeit nach Paris geht, hoffe ich einen unserer ältern Güße Hopfgarten von der Eisengießerei zu ihm zu senden, um das Procediren der beiden Statuen zu sehen welche ich in der Grube fand (neml. bei Crozatier) Humb[oldts] lassen Sie u. B[euth] aufs herzlichste grüßen. Frau v. H[umboldt] ist sehr krank und reist übermorgen mit Fr. v. Hedemann u Fr. Caroline[,] einem Arzt nach Gasteyen22 ab, ich begreife nicht wie man unter solchen Umständen die Kranke 112 Meilen reisen lassen kann ! Rust geht dann auch hin. Ihr College Dieterici23 ist auch plötzlich in voller Gesundheit gestorben. Eben erhalte ich Briefe aus Rom wo der schwed. Bildhauer Byström24 Ihnen 4 Säulen von 12 ½ Fuß di Venezia hohe Säulen aus Marmor di Porta Venere anbietet alle vier stück mit Basen zu 1000 Scud. rom. sie befinden sich in London. Können Sie uns nicht den Tag u Stunde bestimmen wann Sie u Beuth in Potsdam eintreffen, mit den lieben Ihrigen kämen wir dann Ihnen entgegen, es wäre gar zu schön Sie dort zu begrüßen ! Daß die Heirath des Pr. Wilh. mit C[om]t[esse] Radz[iwill]25 durch K. Cab. Order gänzlich als unthunlich aufgehoben ist, werden Sie erfahren haben. Gen. Müfflings Votum soll entscheidend gewesen seyn. Nun leben Sie wohl u reisen Sie glücklich. Der Ihrige Rauch. Alles grüßt herzlichst ! [Poststempel Ship 10. Juli 1826] A Monsieur Monsieur Schinkel premier Architecte de S. M. Prussienne Fr. Hambourg addrs. Mrs Rouccard No 31. Broad Street a Londres Buildings
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1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.18. 2 Der dänische Maler Johann Ludwig Gebhard Lund lebte von 1802–1810 in Rom, wo er zum Kreis von Friedrike Brun und den Humboldts gehörte. Enge Freundschaft verband ihn mit Rauch, zu dessen wenigen Duzfreunden er zählte. Seit 1814 war er Mitglied der Kopenhagener Akademie, lebte zwischen 1817 und 1819 noch einmal in Rom, von da an aber beständig in Kopenhagen. Er malte hauptsächlich Porträts, aber auch Bilder religiösen und mythologischen Inhalts (zum Verhältnis Lund/Rauch vgl. zuletzt Maaz 2014). 3 Das nordböhmische Teplitz (auch Töplitz) war im 18. und 19. Jahrhundert ein beliebter Kurort, in dem sich die Prominenz aus ganz Europa zur Erholung traf. Hier war während der Befreiungskriege 1813 auch das Hauptquartier der alliierten Monarchen Österreichs, Russlands und Preußens, die im Teplitzer Schloss das Bündnis gegen Napoleon schlossen. 4 Die Büste Friedrich Wilhelms III. modellierte Rauch nach seiner am 14. Juni 1826 erfolgten Rückkehr aus Paris. Sie entstand im Auftrag des Herzogs von Wellington, der sie anlässlich seines Besuchs in Rauchs Werkstatt im Februar 1826 mit noch vier weiteren Büsten (der russischen Zaren Alexander I. und Nikolai I. sowie des Fürsten Blücher, Wellingtons Mitstreiter in den Schlachten bei Waterloo) für sein Apsley House in London bestellt hatte. Es war die dritte Büste Friedrich Wilhelms III., die Rauch nach dem Leben modellierte und die in vielen Exemplaren, mit und ohne Gewand ausgeführt, zu einem weit verbreiteten Bildnis des preußischen Königs werden sollte (Simson 1996, S. 233–235, Kat. 145.1–2). 5 Der Geheimkämmerer Timm war einer der ältesten Vertrauten Friedrich Wilhelms III. (vgl. Stamm-Kuhlmann 1992, S. 554). 6 Nach Jörg Trempler, der sie erstmals als geschlossene Gruppe im Œuvre Schinkels beschrieb, sind Brunnen als Quelle der Inspiration ein gängiges Thema in Schinkels Lebenswerk« (Trempler 2007, S. 69). Schinkel hatte sich bereits 1813 beim Aufruf zu den Freiheitskriegen mit Entwürfen zu einem, von einem siegreichen Hl. Michael bekrönten, »Brunnen der Begeisterung« beschäftigt, der aber nicht zur Ausführung kam. Schinkels Bleistiftzeichnung des Lustgartens mit einem vor der Museumsfassade aufgerichteten Brunnen mit großer Brunnenschale und hoch aufschießender Wasserfontäne (SMB-KK, SM 23c.68, vgl. Trempler 2007, S. 112–113 Abb. 30) entstand wohl um 1826 im Zusammenhang mit Brunnenprojekten, von denen Rauch oben spricht. Schinkel sah auch Brunnen an den Wangen der Haupttreppe des Museums vor, die das Wasser in flache Wannen sprudeln lassen sollten. Zu Letzteren kam es nicht, doch die 1827 vom König bestellte und von dem Steinmetzen und Bauinspektor Johann Christian Gottlieb Cantian nach Schinkels Entwurf erst zwischen 1830 und 1832 ausgeführte kolossale Brunnenschale wurde realisiert und konnte 1834 im Lustgarten vor dem Museum eingeweiht werden. 7 Die schon zu Lebzeiten Friedrichs des Großen erörterte, aber vom alten König abgelehnte Idee, ihm ein Denkmal zu errichten, war seit seinem Tod mehrfach mit mehr oder weniger Impetus aufgegriffen worden (vgl. Simson 1976). 1822 hatte Schinkel nach längerer Unterbrechung erneut einen Denkmalplan ersonnen (vgl. Brief 22, Anm. 2), das Projekt wurde aber erst am 2. März 1826 während einer Abendeinladung beim Kronprinzen wieder zum Diskussionsthema. In Rauchs Tagebuch heißt es dazu : »Abends mit Schinkel bei S. K. H. dem Kronprinzen und Krpßinn[Kronprinzessin] wo mit Projektiren und Projektirtem der Abend sehr angenehm verging. Friedr. II. Denkmahl kam zur Sprache« (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/ NL Rauch 03). Doch erst 1829/30 entwickelten Schinkel und Rauch eine Reihe konkreter Vorschläge und Entwürfe (vgl. Simson 1976, S. 163–169, Kat. 42–48 (Schinkel), Kat. 49 (Rauch). 8 Schon in frühen Entwürfen zum Alten Museum (vgl. u. a. die lavierte Federzeichnung SMB KK, SM 23b.44 von 1823) hatte Schinkel für das Äußere ein reiches, schmückendes Beiwerk aus Eckakroteren, Rossebändigern und Adlern vorgesehen, das, durch führende Künstler der Berliner
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Bildhauerschule ausgeführt, auf die geistige Repräsentanz des Baus verweisen sollte. So beabsichtigte er, das Gesims über der Säulenhalle rhythmisch durch eine Folge von achtzehn, den Staat als Stifter zu repräsentierende Adler aufzulockern, die jeweils oberhalb der Säulenkapitelle mit ausgebreiteten Schwingen hocken sollten. Tieck führte die Adler-Paare – einer nach rechts, der andere nach links blickend – bis zum 10. Juli 1826 im Modell aus (Rave 1941, S. 55, Abb. 25, 29). Sie waren zunächst für den Eisenguss bestimmt, doch nach Planänderung beauftragte man schließlich Philipp Friedrich Gädet, nach Tiecks Modellen die 18 Adler in Sandstein auszuführen, was bis zum März 1828 geschah (vgl. Maaz 1995, S. 352, Kat. 155). 9 Zu den Gemächern des Kronprinzen-Paares vgl. Brief 30, Anm. 8. 10 Mit dem »Daenenchen« war die dänische Frau des alten Freundes Ludwig Lund gemeint (zu Lund vgl. Anm. 2). Das Ehepaar war zur großen Freude Rauchs im Sommer 1826 aus Kopenhagen zu Besuch nach Berlin gekommen, wo Rauch ihnen eine kleine Wohnung gegenüber seiner eigenen Behausung in der Klosterstraße reserviert hatte. »Es folgten schöne, reich erfüllte Tage des Zusammenlebens, so reich, daß nicht einmal die Zeit blieb, sie in die gewohnten kurzen Tagebuchnotizen zusammenzufassen. Der Sommer dieses Jahres zeigt eine einzige große Lücke«, vermerkte Karl Eggers zu diesem Freundesaufenthalt (vgl. Eggers, Rauch II, 1877, S. 52). 11 Gemeint sind wohl die in den Räumen der Kronprinzessin, im sog. Teesalon in die Wandfelder eingelassenen Rundbilder von Carl Wilhelm Kolbe, Hermann Stilke und Julius Schoppe mit Themen aus der Mythologie und Götterwelt. Von Schoppe stammten nachweislich die Gemälde : »Perseus und Andromeda«, eine Bacchantin auf einem Centauren reitend«, »Hylas von Najaden entführt« und »Venus auf Delphinen sitzend mit Nereiden und Tritonengefolge« (vgl. Schasler 1856, S. 226 ; Börsch-Supan 1976, S. 68). 12 Zu Johann Gottfried Langermann vgl. Brief 4, Anm. 25 und Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 327–333. 13 Das Ehepaar von Bülow (Gabriele von Bülow, jüngste Tochter von Caroline und Wilhelm von Humboldt, seit 10. Januar 1821 mit dem Diplomaten Heinrich von Bülow vermählt), wohnte seit dem Herbst 1821 Ecke Charlotten-/Dorotheenstraße. Es war die fünfte Wohnung des jungen Paares, in der es mit wachsender Kinderschar die nächsten sechs Jahre vor ihrem Umzug nach London verbrachte (Sydow 1913, S. 181). 14 Pietro Palmaroli, Maler und viel beschäftigter italienischer Restaurator, war durch seine Kunst, Fresken auf Leinwand zu übertragen, und vor allem durch seine feinfühligen Restaurierungen bekannt (Nagler 1835, Bd. 1, S. 491–494). Rauch versuchte im Auftrag des Ministers von Altenstein bereits seit 1819, den Römer für Berlin zu gewinnen ; verstärkt wurden die Bemühungen mit dem Beginn des Museumsbaus und der zur Aufnahme der Gemälde vorher notwendigen Restaurierungen. 1822 hatte Palmaroli seine Bedingungen vorgestellt : »freie Reise für sich und seinen Sohn, freie Wohnung und Heizung und monatlich 180 Skudi (220 Thaler), wofür er auch Schüler zu bilden verspricht. An diesen Forderungen zerschlug sich das Engagement« (Eggers, Rauch II, 1878, S. 254). Vorteilhafte Bedingungen bot ihm hingegen Dresden, wo sich Palmaroli 1826/27 aufhielt und hier neben einer stattlichen Anzahl von Restaurierungen vor allem die Sixtinische Madonna von Raffael reinigte, ausbesserte und den Grund durch Leinwand verstärkte. 15 Das von Rauch 1826 nach der Büste König Maximilians I. Josephs von Johann Baptist Stiglmaier modellierte Porträt des bayerischen Königs (vgl. Brief 32, Anm. 6) sollte als Vorlage sowohl für dessen Denkmal in München dienen als auch für die Büste, die der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm im November 1825 von seinem Schwiegervater bei Rauch in Marmor bestellt hatte. Sie ging demnach mitsamt den anderen, von Wellington bestellten Büsten (vgl. Anm. 4) 1826 nach London, während eine weitere Marmorfassung nach dem gleichen Modell erst 1854 auf Wunsch des Königs in sein »Elysium« nach Charlottenhof gelangte (vgl. Simson 1996, S. 244–245, Kat. 148).
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16 Rauch hielt sich zur Ausführung des 1835 enthüllten Maximilian-I.-Joseph-Denkmals mehrfach in München auf. Hier widersetzte er sich auch hartnäckig der Anwerbung durch Ludwig I., der ihn gern auf Dauer als Künstler in München halten wollte. 17 Gemeint ist die Statue der kleinen Adelheid von Humboldt als Psyche mit einem Schmetterling in den Händen, deren Modell Rauch bereits 1810 in Rom für deren Eltern ausgeführt hatte, doch erst 1826 in Marmor vollendete (aufgestellt im Humboldt-Schlösschen in Berlin-Tegel, vgl. Simson 1996, S. 60–62, Kat. 23). 18 Das Denkmal Blüchers war bereits vor der offiziellen Einweihungsfeier am 18. Juni 1826 in aller Herrgottsfrühe ohne Verhüllung zu sehen. Rauch war um 5 Uhr morgens zur Straße Unter den Linden geeilt und zeigte sich zunächst tief deprimiert über die Ansicht, wie er am selben Tag in seinem Tagebuch vermerkte : »Ich selbst war zu gestört um diesen Augenblick recht würdigen zu können, der erste Anblick einer beinah vierjährigen im Detail mit großer Aufmerksamkeit durchgeführten Arbeit stand nun mit einem Mahl ohne alles Detail mit einem Blick als Ganzes vor mir, ein überwältigendes Mißfallen ja ein Schock war der erste Eindruck von der Schloßbrücke bis zur Wache, zu lang, zu breit war mein erstes Besinnen, die Statue starr und ungelenk ! überhaupt nichts von allem dem war erreicht womit vier Jahre herumtragend ich mich geschmeichelt hatte […].« (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 03, vgl. auch Simson 1996, S. 168, unter Kat. 91). Durch das allgemein positive Echo auf das Blücher-Denkmal wandelte sich langsam auch die zunächst negative Sicht Rauchs auf sein eigenes Werk. 19 Um welche Königsstatue es sich hier handelt, von der Rauch gegenüber Beuth als »ihre« Statue spricht und deren Kopf »im parat«, also »in Vorbereitung« sei, lässt sich nicht eindeutig klären. Möglicherweise besaß Beuth einen Abguss des kleinen Modells vom Denkmal Maximilians I. Josephs für München, das Rauch im April 1826 vollendet hatte, wobei ihm als Vorbild zum Kopf des Bayern-Königs eine von Johann Baptist Stiglmaier modellierte Büste des Königs dienen sollte. Noch im April reiste Rauch nach München, wo er Stiglmaier traf, um sich gemeinsam mit ihm nach Paris zu begeben, um das dort gehandhabte Gussverfahren zu erkunden. So wird vermutlich auch die Büstennachbildung thematisiert worden sein. 20 Gemeint ist das von dem Pariser Bronzegießer Charles Crozatier durchgeführte Teilgussverfahren, bei dem die Gussform aus »einer Vielzahl meist schalenartiger, einzelner abnehmbarer Teile besteht, die mittels Schrauben oder mit Hilfe von Dornen […] für den Gußvorgang fest miteinander verbunden werden und nach dem Erkalten des gegossenen Materials demontiert werden« (Maaz 2010, Bd. 2, S. 731 ; vgl. Brief 32, Anm. 8. Zu Crozatier siehe auch Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 355–356). 21 Der Pariser Ziseleur Nikolaus Louis Vuarin, der mehrfach mit Rauch zusammenarbeitete, u. a. 1821 bei der Ausführung des Breslauer Blücher-Denkmals (vgl. Simson 1999, S. 132). Vuarin erhielt 1830 das Bayerische Privileg für »die Fertigung einer Metall-Komposizion, welche als Surrogat für die bisher übliche Mischung der Bronce dienen soll« (Allgemeine Handlungs-Zeitung : mit den neuesten Erfindungen und Verbesserungen im Fabrikwesen und in der Stadt- und Landwirtschaft, Bd. 37, 1930, S. 423). 22 Caroline von Humboldt litt seit längerem unter schweren Rheuma-Attacken, die Hände und Füße unförmig anschwellen ließen und jeden Schritt zur Qual machten. Ihr Arzt, Johann Nepomuk von Rust, riet daher zu einer Kur und man entschied sich für das Wildbad Gastein, wohin sie in Begleitung ihrer beiden ältesten Töchter Caroline von Humboldt und Adelheid von Hede mann und ihres Hausarztes fuhr. Dort brachte ihr das radioaktive Thermalwasser vorübergehende Linderung und somit neuen Lebensmut (Gersdorff 011, S. 239). 23 Wer aus der Familie Dieterici, die unter anderen den Statistiker Carl Wilhelm Friedrich Dieterici
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hervorbrachte, ein Kollege Schinkels in der Ober-Baudeputation gewesen sein könnte, ließ sich nicht eruieren. 24 Zu Johan Niklas Byström vgl. Brief 4, Anm. 34. Der Bildhauer verbrachte den größten Teil seines Lebens in Rom, wo er ein beachtliches Atelier leitete. Seine Werke wurden vornehmlich von schwedischen Kunden angekauft. Rauch kannte ihn aus seinen frühen römischen Jahren. 25 Friedrich Wilhelm III. hatte sich von Anfang an gegen eine Beziehung seines zweitgeborenen Sohnes Wilhelm (später Kaiser Wilhelm I.) mit seiner Verwandten Elisa, Tochter des Fürsten Anton Radziwill und der Prinzessin Luise von Preußen, gestellt. Die Liebesbeziehung zog sich von 1820 bis 1826 hin, doch die von dem jungen Paar ersehnte Heirat kam wegen der angeblichen Unebenbürtigkeit der Prinzessin (ihr hochangesehener Vater war kein regiernder Fürst !), die ihr von einer Ministerkommission beschieden worden war, nicht zustande. Ein Absagebrief des Königs, geschrieben nach dem gemeinsamen Entwurf des Kriegsministers Job von Witzleben und des Generals Philipp Friedrich Karl Ferdinand Freiherr von Müffling, wurde dem Prinzen durch Witzleben überbracht und das endgültige Nein des Königs somit am 24. Juni 1826 bei einer Begegnung von Vater und Sohn auf der Pfaueninsel mit großer Emotion und unter beiderseitigen Tränen besiegelt (vgl. Stamm-Kuhlmann 1992, S. 514–515 ; zur Beziehung von Prinz Wilhelm und Elisa Radziwill, vgl. Gersdorff 2013). Rauch hatte 1815 eine Büste der zwölfjährigen Prinzessin modelliert, die 1834 unverheiratet im Alter von 31 Jahren an Lungenschwindsucht verstarb (vgl. Simson 1996, S. 97, Kat. 51).
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34. Rauch an Schinkel, 29. März 18271 Hiermit nehmen Sie verehrtester Freund nachsichtig das erste Heft meiner Erzeugniße der Pantalon Kunstepoche in Empfang.2 Der Himmel schenke uns noch eine ohne diesen Schmuck, damit ein solches Heft mit mehr Muth Ihnen zu überreichen ich es wagen kann ; denn wahrhaftig so auf weißem Papire sieht das alles noch viel betrübender muhten [sic]3 aus. immer Ihr aufrichtig ergebener Freund Rauch 29 März 1827. Seiner Hochwohlgeboren Des Königl. Geh. Ob. B. Rath Herrn Schinkel 1 Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, Autographensammlung, Atg.-Nr. 3851, von der Hand Varnhagens (?) mit Bleistift bezeichnet : »Christian Rauch der große Bildhauer an Schinkel«. 2 Rauch schickte Schinkel hier mit dem witzigen Hinweis »Pantalon«, als erstem Teil des Contr dance, das erste Heft seiner zunächst in 17 Stichen publizierten Werke, die er auf eigene Kosten nach Zeichnungen Ferdinand Bergers, Sohn des Akademieprofessors Daniel Berger (8 Stiche), und Ludwig Buchhorns (9 Stiche) anfertigen ließ. Die Blätter wurden durch die Kunsthandlung von Gerstäcker und Schenk zwischen 1827 und 1829 in vier Lieferungen unter dem Titel Abbildungen der vorzüglichsten Werke von Christian Daniel Rauch, Bildhauer seiner Majestät des Königs von Preußen verbreitet. Gustav Waagen hatte dazu den Text verfasst (vgl. Waagen 1827–1829). Die oben genannte erste Lieferung enthielt die Stiche der Statuen von Bülow und Scharnhorst mit den jeweiligen Postament-Reliefs sowie die Berliner Blücher-Statue. Weitere Stiche folgten, die später durch Julius Thaeter, einem Freund von Rauchs Lieblingsschüler Ernst Rietschel, ausgeführt waren. Sie erschienen 1837 gemeinsam mit neuen Abdrucken der Stiche von Berger und Buchhorn und mit erläuterndem Text von Gustav Waagen (auch in englischer und französischer Übersetzung) unter dem Titel Abbildungen der Bildhauerwerke Rauch’s im Verlag von George Gropius (vgl. Waagen 1837). Auf Grund des schlechten Verkaufs und des ungedeckt verbliebenen Kostenaufwands von 3600 Thalern gab Rauch die Fortsetzung des Werkes auf (s. auch Eggers, Rauch III, 1886, S. 116). 3 Lies : anmutend.
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35. Rauch an Schinkel, Berlin, 18. Oktober 18271 Signor Bianchi2 di Napoli architt. di S. M. Siciliana Ingegniere Cav[aliere] p. Deßen Reiseziel nach Berlin Sie theuerster Freund sind ist seit 2 Tagen hier u wünscht nichts sehnlicher als Sie u Ihre Werke zu sehen. Auch bei ihm im goldenen Adler Döhnhofer Platz sind intreßante Dinge zur Ansicht. wann sollen wir diese sehen ? Heute Abend um ½ 7 Uhr bin ich von Friedrichsfelde zurück und dann zu Ihrem Dispositiv. Vielleicht Morgen früh ? Der Ihrige Rauch Freitg früh. 19. 8br. [von fremder Hand : 1827] [verso :] Des Königl. Geh. Ob. Bau Rath p Herr Schinkel hieselbst 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.19. 2 Rauch erwähnt seinen alten »Studien Collegen« Carlo Pietro Bianchi, Hofarchitekt des Königs von Neapel, auch in seinem Tagebuch am 22. Oktober 1827 (Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/NL Rauch 04, hier jedoch irrtümlich Francesco Bianchi genannt), dem Tag, als dieser zur Rückreise nach Italien aufbrach. Bianchi führte Rauch auch später, im Frühjahr 1830, während dessen Italienreise durch Neapel und Umgebung, wo Rauch in Paestum Reste von Trümmern und Architekturteile eines vierten Tempels entdeckte, wie er am 17. Februar 1830 im Tagebuch notierte (SMB ZA, IV/NL Rauch 05). In einem Bericht, den Bianchi im Dezember 1830 über die Ausgrabungen in Paestum schrieb, wird Rauch als Entdecker dieses sog. Friedenstempel eigens genannt (vgl. Eggers, Rauch II, 1878, S. 440–441, sowie Peschken-Eilsberger 1989, Anm. S. 297).
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36. Schinkel an Rauch, Berlin, 5. Dezember 18281 Liebster Freund, ich habe neulich bei Ihnen vergessen über einen Gegenstand zu sprechen, wegen welchem ich sehr gedrängt werde. Hr Gropius2 hatte den Auftrag vom Erzbischof von Wolicki3 von uns die bereits empfangenen 200 Thl. auszuzahlen ; Hr v. Michalsky hatte schon über unsere Arbeiten berichtet u der Erzbischof in großer Angst lange nicht aus unserer Schuld damit zu kommen, hat Gropius dringend gebeten auszukundschaften : wie viel er jetzt sogleich noch zahlen müsste und das solle er uns dann ohne weiteres zustellen. Es komt also darauf an, daß Sie gefälligst für Ihre Arbeiten und Auslagen an Abgüssen pp mir noch eine Summe unter der Hand aussprächen, die ich dem Gropius mittheilen könnte. Da Gropius deßhalb sehr pressirt ist, so muß ich es nicht seyn, deßhalb beschwere ich Sie mit diesen Zeilen u. bitte nur mit Bleistift hierunten die Summe zu bemerken. Außerdem habe ich noch vergessen mit Ihnen und Tieck zu besprechen ob wir nicht degusthiren4 können den Maler Hänsel5 zum Mitglied der Akademie zu machen, daß er es mehr verdient als der größte ein großer Theil der Mitglieder, darüber sind wir gewiß einig, es scheint aber als wenn er es für sein hiesiges Etablissment sehr dringend und bald wünscht. Der Ihrige Schinkel 5. Dec. [1828] | Des Königl. Professors u Ritter Herrn Rauch Hochwohlgeboren 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156. 2 Vermutlich handelt es ich um den Verleger und Kunsthändler George Gropius, der wohl zwischen dem finanziell in Druck geratenen Posener Denkmal-Auftraggeber, Erzbischof von Wolizcki, sowie Rauch und Schinkel vermitteln sollte, die Zahlungsansprüche auf Vorarbeiten erhoben (vgl. auch Anm. 3). 3 Aus Anlass der 1815 vom Zaren Alexander I. dem Königreich Polen verliehenen Verfassung hatte der spätere Archidiakon und Gnesener Dompropst Teofil Wolicki († 1829) bereits 1816 zur Sammlung von Geldspenden für ein polnisches Nationaldenkmal aufgerufen, das den ersten
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Polenfürsten Mieczysław und Bolesław Chobry gewidmet sein sollte. 1818 hatte sich Wolicki an Rauch gewandt und ihn mit Skizzen zu zwei Statuen der Könige beauftragt, über die noch einmal im März 1819 verhandelt wurde. Doch die Angelegenheit geriet in den Hintergrund bis es erneut im November 1828 in Berlin zu Verhandlungen zwischen Wolitzki sowie Schinkel und Rauch über einen großen, teils architektonischen, teils plastischen Denkmalsentwurf kam, der jedoch mit insgesamt fast 60.000 Talern die finanziellen Mittel weit überstiegen hätte. Schinkel hatte geplant, den Platz vor dem Posener Dom, mit einer riesigen Exedra mit amphietheatralisch angeordneten Sitzreihen zu umkleiden, auf deren beiden Eckpfeilern kolossale Viktorien stehen und in der Mitte des Halbrunds sich die Statuen der beiden Polenfürsten in 14 m Höhe auf hohen Piedestalen erheben sollten. Angepflanzte Baumreihen waren als Hintergrund vorgesehen, um die unschönen Vorstadtbauten zu verdecken. Rauch hatte dazu eine Skizze der Polenkönige Miecisłaus I. und Bolesław (Vater und Sohn) geliefert, die er zwischen dem 13. und 21. Dezember 1828 modellierte (vgl. dazu Eggers, Rauch III, S. 161–162). Umänderungen und ärgerliche Verhandlungen verzögerten das Projekt über Jahre, das am Ende, kosteneingeschränkt, lediglich als bronzenes Doppelstandbild von Rauch 1841 in der Goldenen Kapelle des Posener Domes zur Aufstellung kam (vgl. Simson 1996, S. 269–274, Kat. 166). 4 Degustieren : frz. erproben. 5 Wilhelm Hensel, Bildnis- und Historienmaler, war lukrativ an der Ausgestaltung des wieder erbauten Schauspielhauses beteiligt gewesen, ehe er im Herbst 1823 als Stipendiat nach Rom ging. Hier zeichnete er auch 1824 ein Porträt Schinkels während dessen Italienreise (Lowen thal-Hensel 1981, S. 65, Kat. 75 mit Abb.). Im Oktober 1828 kehrte Hensel nach Berlin zurück, wo in der Akademieausstellung seine viel gelobte Kopie der Transfiguration Raffaels und sein Gemälde »Christus und die Samariterin am Brunnen« ausgestellt waren (Letzteres in der Akad.Ausst. Berlin 1828, Sp. 27, Nr. 219). Wie von Schinkel gewünscht, wurde Hensel, der bald darauf Fanny Mendelssohn Bartholdy heiratete, am 21. Februar 1829 zum Mitglied der Akademie der Künste ernannt (zum Lebenslauf Hensels siehe Lowenthal-Hensel 1981, S. 13–23).
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37. Schinkel an Rauch, Dezember 1828/Januar 1829, mit Beilage1 zum Posener Denkmahl Liebster Freund, Meine Anfrage wegen der Kosten für die Entwürfe zum Posener Monument,2 war nur ein Sondiren im Nahmen von Gropius, von eigentlicher Rechnunglegung sollte dabei nichts zur Sprache kommen, sondern es sollte nur im Allgemeinen eine vorläufige Honorar=Summe ausgesprochen werden, womit diese ersten Entwürfe abgefunden würden. Sollte es Ihnen recht seyn so sage ich Gropius, daß er Ihnen noch einmal – Ein hundert Thaler – auszahlt, worüber Sie ihm dann beim Empfange eine gleiche Quittung ausstellten wie die für die ersten hundert Thaler. In diesem Fall haben Sie die Güte die beiliegende Quittung über 55 rth 3 – 9 – zurückzubehalten und auch keine specielle Rechnung über diese Arbeiten mit nach Posen zu senden, sondern das Geschäfte soweit als berichtigt zu betrachten. Die Anschläge über das Modell im Grossen über Form und Guß werden Sie aber wohl die Güte haben in den gewünschten verschiedenen Acten mit den kleinen Entwürfen nach Posen gehn zu lassen.3 Ganz der Ihrige Schinkel Des Königl. Professors u Ritter Herrn Rauch Hochwohlgeboren 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156. 2 Zu dem von Schinkel hier Vorgetragenen vgl. Brief 36, Anm. 2 und 3. 3 Nach dem Tod des Erzbischofs Wolicki im Jahr 1829 übernahm Fürst Radziwill († 1833), damaliger Statthalter von Posen, für kurz Zeit die Leitung über die Denkmalangelegenheit und Rauch sandte seine verschiedenen Entwurfsmodelle 1829 an ihn. Um Kosten zu sparen, schlug Radziwill vor, Schinkels Idee einer Exedra fallen zu lassen (vgl. Brief 36, Anm. 3), wozu Rauch lediglich monumentale Figuren der beiden Polenfürsten in bronziertem Eisenguss auszuführen hätte. Diese sollten auf hohen Postamenten stehen, deren Inneres nach Radziwills Idee auch zur Aufbewahrung der Sarkophage mit den Reliquien der beiden Könige dienen könnte (vgl. Eggers, Rauch III, 1886, S. 162).
Rauch an Schinkel, Berlin 12. Februar 1829
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38. Rauch an Schinkel, Berlin 12. Februar 18291 Beikommende Zeichnung2 ist genau nach dem Gypsabguße aufgenommen, welche Sie liebster Freund die Güte haben wollten etwas zu verbeßern. Im Friese unter den Füßen der Evangelistenfiguren werde ich noch Waßer u einige Fischlein anbringen. und die früher dahin bestimmten Namen weglaßen, andre Verzierungen können füglich ganz wegbleiben da die 4 Gestalten das Ganze schon reich genug machen. auch sauber geschliffen u polirte Glieder im weißen Marmor einen eignen Reitz dem Auge geben.3 Ein hiesiger schwedischer Kaufmann bietet anliegend angegebene Porphyrvasen4 an für Prinzliche Paläste etc. unmöglich können Sie gebrauch davon machen, sagen Sie mir also nur ein Wort über die Nichtanwendung derselben, damit ich ihm solches mittheilen kann. Der Ihrige Rauch Berlin 12. Febr. 1829 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.20. 2 Es handelt sich hier um die zeichnerische Wiedergabe des Gipsabgusses vom Taufbecken im Dom zu Berlin. Diese Zeichnung ist nicht überliefert, doch im Berliner Kupferstichkabinett existiert ein früheres Blatt mit 4 verschiedenen Entwurfszeichnungen Rauchs zur Fünte (SMB KK, Rauch-Mappe X.5). 3 Bereits im Februar 1819 hatte der König bei Rauch einen »Marmortaufstein« als Dotation für den »hiesigen Dom« bestellt. Obwohl Rauch vier Monate später Reliefskizzen zu den Evangelisten des Taufbeckens lieferte, vergingen acht Jahre bis er sich Ende November 1827 nach Mahnungen erneut an die Arbeit daran begab. Modell und eine Federskizze mit genauen Maßangaben gingen im Februar 1829 an den Gehilfen Gaetano Sanguinetti nach Carrara ab, der den Taufstein innerhalb von zwei Jahren, jedoch nicht zur Zufriedenheit Rauchs, ausarbeitete. Nach vielfachen Retuschen des Meisters wurde das vollendete Werk zunächst in der Akademieausstellung 1832 präsentiert (Akad.-Ausst. Berlin 1832, Sp. 70, Nr. 838), ehe es im April 1833 vor den Altarstufen im Dom seinen Platz fand. Die vier Evangelisten mit ihren Symbolen umringen den runden Sockel der Fünte, ein Fries über ihren Köpfen enthält ein vom König gewünschtes Bibelzitat (Markus 16, Vers 16) ; der Perlstab mit dem palmettengeschmückten Gesims darüber geht auf den von Rauch erbetenen Verbesserungsvorschlag Schinkels zurück. Die unterhalb der Evangelisten-Figuren gemeißelte Stein-Kehle enthält den von Rauch erwähnten Fries mit in den Wellen schwimmenden Fischen (vgl. Simson 1996, S. 255–257, Kat. 158). 4 Um wen es sich bei diesem Kaufmann handelt, ließ sich nicht feststellen.
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39. Rauch an Schinkel, Berlin 2. Juni 18291 1. Heute Mittag ist die Anzahl unserer Statuen, auch die Auswahl der Götterbilder für die Rotunde in sauberer Abschrift mit allen Maaßen fertig.2 auch 2. Diejenigen Statuen welche nach unserer Ansicht auszustoßen sind, habe ich angemerkt. desgl. 3. Die Marmor und Alabaster Vasen habe ich mit angeführt. mit 4. Den Büsten aber ist die Sache schwieriger, ja unmöglich deren Werth en difference einzusehen. wir werden ein Pauschquantum nach dem Verzeichniß annehmen, und kann diesen Nachmittag auch das Gesamtverzeichniß3 vorlegen worauf das auszumerzende [sic !], ich mit Tieck vorläufig bezeichnen werde, damit Morgen Nachmittag zur Conferenz auch dieses Kapitel möglichst deutlich vorzutragen ist. Mittag bis 2 Uhr sizt I. K. H. die Frau Kronprinzessinn zur Büste.4 nach 3 Uhr bin ich zu Ihrer Disposition mit meinen Papieren. Abends muß ich zu Hr. Friebes5 Geburtstag nach Wilmersdorff und laße mich von Ihnen abholen. Würden Sie theuerster Freund diese Promenade nicht auch mitmachen können. Laßen Sie mir mirs [sic] wißen wo ich Sie u wann nach Tische treffe. Der Ihrige Rauch 2 Juni. [18]29. [Blatt 2 Vakat, verso : Rechnungen] 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.21. 2 Der Rotunde als »Pantheon« und würdiger Mittelpunkt des Alten Museums galt von Anfang an Schinkels besondere Aufmerksamkeit, die er auch der Inneneinrichtung widmete. Alle Statuen, die hier aufgestellt wurden, kamen nicht aus Griechenland, sondern waren römische Kopien nach griechischem Vorbild mit Ergänzungen, hauptsächlich von Rauch und seiner Schule. Die Plätze zu Seiten der Tür zum Nordsaal mit Durchblick auf den »Betenden Knaben« nahmen die beiden aus Paris zurückgebrachten Viktorien ein (SMB Antikensammlung, Inv. Nr. SK 226 und SK 227), neben diesen standen und stehen noch heute die Vatergottheiten Aeskulap (SK 69) und Juppiter (SK 290), flankiert von Hygiea (SK 353) und Fortuna (SK 154), es folgen Ceres (SK 83) und Juno (SK 172), Minerva (SK 72) und Merkur (SK 199) sowie Apoll (SK 49) und Diana (SK 63), Silvanus-Vertumnus (SK 282) und Bacchus (SK 88), Apollo Lycius (SK 44) und Venus (SK 34) und zwei Satyrn (SK 258 und SK 259), (siehe hierzu : Wolf-Dieter Heilmeyer : Die Einrichtung der Rotunde, in : Heilmeyer, Heres, Maßmann 2004, S. 3–17, hier besonders S. 9 und 14–15). 3 Von 1823 bis 1832 war Rauch und seine Werkstatt gemeinsam mit Friedrich Tieck für die Reinigung, Restaurierung, Stabilisierung und Ergänzung der aus allen Berliner und Potsdamer Schlössern für das Museum ausgewählten schadhaften Antiken sowie der in dieser Zeit erstandenen Neuankäufe zuständig. Der Abschlussbericht über die Restaurierungen vom 11. Februar 1829, der für den Minister von Altenstein bestimmt und in der Konferenz zu besprechen war, befindet
Rauch an Schinkel, Berlin 2. Juni 1829
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sich in einer dem Conto-Buch des Jahres 1829 angehefteten Abschrift in den Rauch-Akten des Zentralarchivs (SMB ZA, IV/NL Rauch 20. Zu den Restaurierungen der Rauch-Werkstatt vgl. Huberta Heres : Von Bartolomeo Cavaceppi zu Christian Daniel Rauch – Die Restaurierung der Statuen im 18. und 19. Jahrhundert, in : Heilmeyer, Heres, Maßmann 2004, S. 19–36). 4 Rauch hatte bereits am 29. Mai 1829 im Schloss begonnen, die Büste der Kronprinzessin »nach dem Leben« zu modellieren. Nach der wenig gelungenen ersten Fassung von 1824 (vgl. Brief 27, Anm. 4) war es die zweite Büste Elisabeths, zu der ihm die Prinzessin, wie Rauch im Tagebuch vermerkte, mehrfach und »den 5ten [Juni] in ihrer Wohnung und am 22ten zuletzt im Atelier« saß (Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/NL Rauch, 04). Das Bildnis zeigt Elisabeth in einem an Schultern und Oberarm geknöpften, chitonartigen Gewand, das in Dreieckfalten vor der Brust herabhängt und diagonal von einer Kordel überspannt wird. Ein schwerer Blütenkranz liegt auf dem leicht zur Seite gewandten Haupt, dessen Gesichtsausdruck durch den weit in die Ferne gerichteten Blick nachdenklich, fast melancholisch wirkt (vgl. Simson 1996, S. 275–276, Kat. 169). 5 Der Bankier Wilhelm Zacharias Friebe (vor seinem Übertritt zum Christentum : Zacharias Fränkel Veitel Ephraim), besaß seit 1828 das Schlösschen Wilhelmsaue in Wilmersdorf, wo Rauch ihn mehrfach besuchte.
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Briefe
40. Rauch an Schinkel, Neapel, 8. Februar 18301
Theuerster Freund
Neapel 8 Febr. 1830.
7ten Hätten Sie so oft Briefe von mir bekommen als ich beim vielfachen Genuße herrlicher Kunst und Natur Gegenstände Sie gegenwärtig oder Ihre Mittheilung wünschte, auch wohl gar in den Wind meine Gedanken addreßirten, so würden diese Zeilen nicht die ersten seyn welche seit meiner Abwesenheit Sie von mir erhalten, die ich mit meinen angenehmen Geschäften einleite. die Acquisition einer 7 Fuß hohen 5 Fuß breiten Tafel wunderherrlicher Malerei des Fra Bartolomae di S. Marco betreffend, welche für Ein Tausend Franz. Carolin Sted. ponte di Chiaga [sic !] beim Carl. Carelli zu verkauffen ist. und für eine Zweckmäßige Erwerbung für unser Museum halte.2 Das Ganze wie das Einzelne dieses Meisterwerks ist von außerordentlicher Schönheit u Erhaltung ehm. dem Hause Gravina3 angehörend, dasselbe stellt dar : Maria aufm [sic] Thron sitzend mit dem Kind welcher zugleich hinter ihr auf goldnem Grunde eine Nische bildet, das Kind ist mit dem H. Joseph beschäfftigt welcher dasselbe im Schreiben zu unterrichten scheint. zur linken der Mutter steht der H. Johannes, u auf den Pfeilern des Throns sitzen zwei schöne nakte Engelchen welche die Krone über die Mutter halten. von höchster nur von Raphael zu übertreffender Schönheit sind sämtl. Köpfe u alles Nackte, u nur der Kopf des H. Johannes läßt läßt gleich gültig den Beschauer. vor Kurzem habe ich die schönsten Werke dieses Meisters in Lucca4 wiederholt bewundert, und betheure in Erinnerung desselben, daß dieses obengenannte Bild vollkommen in die Reihe derselben in jeder Beziehung gehört. Alle die es kennen u Emil Wolf5 welcher auch hier ist. sind mit diesem Ausspruch vollkommen einverstanden, auch darin daß dasselbe jede Bildersammlung zieren würde. Thun Sie also mein theurer Freund die nötigen Schritte damit dieser Schatz unser wird. Bei dem vorzügl. guten Vernehmen worin die beiden Höfe von Pr[eußen] u N[ea]p[e]l. stehen wirds nicht schwer seyn hier die Ausfuhr zu erhalten. Seit dem 26 Febr. [sic]6 daß wir hier sind regnet es beständig man kann sagen in einem Athem fort, S. Angelo u der Vesuv schämen sichs nicht im blauen Golf in demselben dicken Gewande zu spiegeln wie es die Tiroler Gletscher in ihren Wässerchens es zu thun pflegen. Nur zwei Tage war es schön um die Wunder von Pompei u die Buchten von Baja u Puzzoli7 zu sehen. Und diese Erstern sind von der Art, daß die trübsten Tagesstunden zu den heitersten u genußreichsten meines Lebens werden, am meisten aber die Werke der Malerei meine Sinne beschäfftigen, und mir immer wiederholen, daß auch mit dem Ende der Griechen die Malerei der Welt entschwunden ist. Für die Formen glaubte ich dieß immer
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schon, aber nun seh ich auch die Farben auf der Regennaßen Mauer, u erstaune wie auch dieser Theil in Harmonie damit ist. Im Hause der Meleager ist man grade beschäfftigt,8 u alles was zu Tage kömmt ist von hoher Vortrefflichkeit, u ein Haus dieser Straße das andere an Reichthum u Schönheit übertrifft. Leider aber geht durch das Unschlüßige Nichtsthun der Ausgrabungs Commission das Meiste verloren, und nur Zeichnungen werden übrig bleiben, welches eifrig betrieben wird, Auch drei Preuß. Künstler kauzte[n] jeder genießend in seinem Winkelchen, und [ich]9 erkannte einen frisch blühenden Knoblauch Stüler Vogell unter ihnen, Bruder unseres vortrefflichen Stadraths.10 Durch die sehr thätige Theilnahme unseres Freundes Cav. Bianchi11 der noch immer für Nagler12 und seine Postillione schwärmt, bin ich überall u alles zeigt man mir und darf es auch be[n]utzen, welches denn auch Drei Mann hoch (Franceschino13 a la tête) möglichst geschieht. Nic. ant. del Fiore14 u dessen Schüler Ang. Solari (Il Zingaro)15 studire ich, und lerne diese südlichere alte Schule kennen, die keinesweges neben ihrer Zeit an Tiefe u Schönheit zurück blieb, es giebt sehr viel Werke von ihnen. so wie von Giotto etc. Im Kreutz gange des Klosters S. Severino sind von Zing. wohl 20 Bogenfüllungen des Lebens des H. Benedict darstellend all fresco gemahlt, und ziemlich gut erhalten, die Köpfe sind vollendet schön, und bedeutungsvoll, auch die Hände, die Gewänder harmonisch und wahr in den Linien die Ausführung aber vernachläßiget, das Landschaftl. und die Architektur so schön wie es Benozzo Gozzoli16 nur malte, das erste Bild grau in grau, gleicht einem [sic] schön ausgeführten Kamee. Mehres dieses Meister findet sich außer dem Museum in der Stadt 9 Feb Gestern Abend verkündigte uns Landwind einen schönen Tag den wir auch gleich für Pompei u Herculanum benutzten, bei genauerer Ansicht sind als Mauermalerei die Darstellungen des Achilles mit der Briseis, unter den Töchtern des Lycomedes von Uliss erkannt, und kämpfend von der Minerva zurückgehalten, die schönsten bisher gefundenen,17 jedoch vermißt man das Seelenvollere im Gesichtsausdruck, welches aber in hohem Grade einige sehr ausgeführte Staffeleistücke haben, welche auf Marmor oder andern Steintafeln gemalt und an die gehörige Stelle in der Mauer verpuzt waren, bewunderungswürdig ist darin die Ausführung und Physiognomik. In den neuen Ausgrabungen von Herkulanum unterhalb der alten, finde ich weniger Feinheit der Formen, u statt deßen die Schablone viel angewandt. Die verkohlten Balken sind aber alle an ihren Stellen erhalten. Die Fortsetzung dieser Ausgrabung an der begonnenen Straße verspricht gute Ausbeute. Die Kapitäle der Säulen u stämmigen Eckpilaster sind sehr reich an Malerei u feiner Vergliederung was nicht so schön und zerstörter im Hause des Melager zu Pompei18 auch vorkömmt. vieles vieles bleibt zum mündlichen Vortrag mir vorbehalten. Nun noch Tausend herzliche Grüße an die lieben Ihrigen, wovon die Nachricht des wiedererlangten Wohlseyns Ihrer
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Briefe
Frau Gemahlin mich aufs innigste gefreut hat.19 Sehen Sie unsere Freunde Beuth. Tieck M[inister] v Humb[oldt] u die Meinigen so bitte alle alle zu grüßen. Nun leben Sie wohl u erhalten Sie mir Ihre Freundschaft der Ihrige Rauch E[mil] Wolf läßt sich Ihnen bestens empfehlen. C. Bianchi ins besondere 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.22. 2 Rauch war Ende Oktober 1829 von München aus zu seiner vierten, sechs Monate dauernden Italienreise aufgebrochen, die ihn über vielerlei Stationen bis nach Neapel führte. Hier entdeckte er gleich zu Beginn das ca. 219 x 156 cm messende, auf Holz gemalte Bild, das dem Fra Bartolommeo zugeschrieben wurde und sich damals bei dem Neapler Cavaliere Carlo Carelli an der Ponte Chiaja No. 53 befand. Entgegen den Bemühungen Rauchs ist das Gemälde doch nicht für das Berliner Museum angekauft worden. Wohin es gelangte, ließ sich nicht feststellen. 3 Das Geschlecht der Gravina geht auf Philibert de Chalon, den 1528 zum Vizekönig von Neapel ernannten Prinzen von Oranien und Melfi zurück, der kurz vor seinem Tod 1530 von Kaiser Karl V. den Titel des Herzogs von Gravina erhielt. 4 In Lucca, wo sich Fra Bartolommeo 1515 aufhielt, konnte Rauch in der linken Chorkapelle des Doms das Altargemälde der Madonna mit zwei Heiligen von 1508 sehen sowie zwei weitere, damals noch in S. Romano befindliche Bilder des Malers : die »Madonna della Misericordia« von 1515 und Gottvater mit den Heiligen Maria Magdalena und Katharina von Siena von 1509. Beide gelangten später in die Pinacotéca (s. Kat. Museo Nazionale Villa Guingi, Lucca 1968, Abb. 80 und 79). 5 Gemeint ist der Bildhauer Emil Wolff, der in preußischem Auftrag ebenfalls Kunstankäufe zu bewerkstelligen hatte und gemeinsam mit Rauch und dessen Gehilfen Francesco Sanguinetti am 25. Januar 1830 von Rom nach Neapel aufgebrochen war. 6 Rauch vertut sich im Datum, es muss Januar heißen. 7 Heute : Baiae und Pozzuoli. 8 Es handelt sich um die in der Region VI in Pompeji gelegenen, zwischen 1826 und 1830 ausgegrabenen und teilweise luxuriös ausgestattenen antiken Privatvillen. Hierzu gehört auch das Haus des Meleager und der Dioskuren, wo »links und rechts auf die Fläche der Mauerdicke des ersteren Eingangs beide Helden mit ihren Rossen gemalt sich befinden«, wie Rauch seiner Tochter Agnes am 10. Februar 1830 schrieb (vgl. Peschken-Eilsberger 1989, S. 292). Zu Rauchs ausführlichen Berichten über die italienische Reise und die diversen Ausflüge in die Umgebung von Neapel vgl. seine damaligen Tagebucheintragungen (Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/ NL Rauch 05), sowie Brief 35, Anm. 2. 9 Die Weglassung des Ich ist ein Charakteristikum der Zeit. 10 Gemeint sind die Schinkelschüler Eduard Knoblauch, August Stüler sowie die nicht näher zu identifizierende, von Karl Eggers (Rauch V, 1891, Register S. 162) als »Architekt Vogell« bezeichnete Person. Stüler und Knoblauch bereisten 1829/30 gemeinsam Italien. 11 Der aus Lugano stammende Neapler Hofarchitekt Carlo Pietro Bianchi (vgl. Brief 11, Anm. 9 ; Brief 35, Anm. 2), Erbauer der Kirche San Francesco di Paolo in Neapel, hatte 1826 Rauch in Berlin besucht, wo er den in Künstlerkreisen hochgeschätzten, kunstliebenden Generalpostmeister Karl Ferdinand Friedrich von Nagler kennenlernte. 12 Von Nagler, seit 1823 Generalpostmeister, war neben seinem Amt als preußischer Staatsmann
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auch ein renommierter Kunstsammler. 1829/30 war es zwischen ihm und dem preußischen Staat zu Verhandlungen über Naglers bedeutende Kupferstichsammlung gekommen, die 1835 für 92.333 Taler an die königliche Kunstkammer, die Bibliothek und das Kupferstichkabinett überging, wo sie vor allem die Epoche der Vor- und Dürerzeit sowie der Zeit Rembrandts durch »Werke höchster Qualität« vertritt (vgl. Schadow 1849/1987, Bd. 1, S. 122 und den dazu gehörigen Kommentar 122/27–30 von »C K« [Claude Keisch], Bd. 2, S. 592). 13 Kosename des italienischen Bildhauers und Rauch-Gehilfen Francesco Sanguinetti. »Franz«, wie Francesco mitunter auch genannt wurde, war bis 1818 in Rauchs und Friedrich Tiecks gemeinsamer Werkstatt in Carrara tätig, ging bereits 1818 mit Rauch nach Berlin, wo er bis 1828 dessen Schüler und Werkstattgehilfe blieb. Er hatte Rauch in München bei der Arbeit am Denkmal des Königs Maximilian I. Joseph geholfen und wechselte 1830 vorübergehend in die Werkstatt von Ludwig Schwanthaler über. 14 Von dem nach Jacob Burckhardt »in Neapel sehr gerühmten Colantonio del Fiore, der schon 1374 thätig war und bis 1444 gelebt haben soll« (Burckhardt 1855, S. 787), existierte hinten im Chor von S. Antonio ein einziges, nach Burckhardt »genießbar« präsentiertes Werk des Künstlers »die Glorie des S. Antonius abbas«, ein Bild, auf das sich Rauch bezogen haben könnte. Der aus Neapel stammende, mit vollem Namen Niccolò Antonio Colantonio del Fiore genannte Künstler lebte von ca. 1420–1460. 15 Antonio Solario, gen. Il Zingaro (zwischen 1502 und 1518 tätig), Maler der venezianischen Schule, arbeitete nachweislich in Neapel, wo seine große Madonna mit Heiligen (im Museo Nazionale di Capodimonte), eine Kreuztragung in San Domenico maggiore und vor allem seine zwanzig großen Fresken aus dem Leben des hl. Benedikt im Kloster St. Severino Berühmtheit erlangten. Die fälschlich angegebenen Geburts- und Sterbedaten des Künstlers bei Bernardo de Dominici, dem neapolitanischen Vasari, verursachten bis ins spätere 19. Jahrhundert Konfusionen bezüglich der Lebensdaten des Künstlers, die mit den Jahren 1382–1455 viel zu früh angesetzt waren. Darauf wies bereits Jacob Burckhardt 1855 in seinem Cicerone richtigstellend hin (S. 844). Rauch hingegen scheint noch der früheren Datierung, die den Künstler der »alten Schule« zuweist, anzuhängen und bewundert Il Zingaro wegen seiner vermeintlichen Fortschrittlichkeit daher umso mehr. 16 Benozzo Gozzoli war Rauch gewiss durch dessen Hauptwerk, die im Zweiten Weltkrieg zerstörten Fresken im Camposanto zu Pisa und dem »Zug der hl. Drei Könige« in der Palastkapelle des Palazzo Medici in Florenz bekannt. 17 Die Achill-Fresken, darunter das Gemälde Briseis und Achilles von Patroklos getrennt, waren kurz zuvor in der Casa del Poeta tragico in Pompeji ausgegraben worden (Ausgrabungsfeld Region VI, 8. 3–5), heute befinden sie sich im Archäologischen Museum in Neapel. 18 Bei der Besichtigung von Pompeji hatte sich Rauch mit seiner Begleitung »auf die wesentlichen Räume welche Malerei enthielten«, beschränkt, »vorzüglich das Haus des Meleager, so benannt weil am Eingange 2 Bilder befindlich, das eine den Merkur mit Geldbeutel, das andere Meleager und Atalante vorstellt«, wie Rauch in seinem Tagebuch unter dem 6. Februar 1830 notierte (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 05). 19 Worauf Rauch hier anspielt, geht indirekt aus dem Briefwechsel zwischen Bettina und Achim von Arnim hervor und bezieht sich auf eine Scheinschwangerschaft bzw. Depression Susanne Schinkels, die von Bettina als eingebildet und hysterisch bezeichnet wird (vgl. dazu Wolzogen 2016, Bd. 1, S. 324–327).
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Briefe
41. Rauch an Schinkel, München, 27. April 18301 Theuerster Freund. Mit großem Vergnügen empfing ich am 1. d. M. Ihr freundliches Schreiben von dem Gesandten Hr. v. Martens2 zu Florenz. so wie die Absch[schrift] der unerwarteten Entschließung S. M. des Königs, welche ich obgleich schon Kunde in Rom zirkulirte ich dennoch nicht so entschieden u bestimmt erwartete.3 Nach 40 jährigem Bedenken Fr. II ein angemeßenes Denkmahl zu errichten, u eine Trajanssäule4 zu wählen, hat in Rom u Florenz ja überall wo ich hinkam die größeste Verwunderung erregt, u Keinen gefunden der dieselbe in Zeichen und Wort nicht verrathen hätte. Wie kann dieser Gedanke entstanden seyn ? Um meine Meinung (von der Sie irrig noch eine Aenderung erwarteten) dem Könige anbringen zu können, da es an jeder Aufforderung seiner seits fehlt, so bringe ich gelaßen meine Sieben alten Gäule heran,5 die Sie längst kennen, reite sie vor, und mache meiner Begrüßung, um eine Einleitung zu gewinnen über die Trajanssäule einige Worte hersagen zu können. Sie erhalten hiebei alles was ich am 29ten mit der Eilpost S. Majestät nach Ihrem Andeuten direkt zusende,6 aber ich erwarte wenig davon, da des Königs Entschluß einen sehr decidirten Karakter zeigt. Vielleicht bereiten Sie bei unserm gemeinschaftl. höchsten Gönner u anderswo ein vermittelndes Wort vor, welches S. M. den König vielleicht nur noch etwas hinhielte, um andern beßeren Ideen Eingang finden zu machen. Ich erhielt iezt Briefe aus Rom, aus denen ich die Allgemeinste Mißbilligung in allgemeinen lärmend hervorgeht.7 Könnte man einen solchen Chorus zu des Königs Ohr drängen laßen, welches gewiß beßere Wirkung thäte, als unsere Raisonnirung nach Kunstart. Mit großem Vergnügen ersehe ich aus Ihrem Schreiben u von den Meinigen daß Sie u die lieben Ihrigen wohl sind, und mich freue sie alle bald begrüßen zu können, indem meine Arbeit hier zu Ende geht, und noch einige Tage benutze wo die Leute nur arbeiten können nach Salzburg u Gastein zu gehen,8 in der lezten Hälfte Mais aber bei Ihnen bin, wohin ich mich unbeschreiblich sehne. Die Statue9 muß ich aber erst dem Gießer überliefern, weil solches später sonst eine neue Abwesenheit nötig machen würde. Alles geht übrigens nach Wunsch. S. K. H. dem Kronprinzen u Krprßin. bitte ich mich zu Füßen zu legen, u allen Freunden Humboldts. Langermann, Tieck, Waagen. etc. mich zu empfehlen.10 Unbeschreiblich freue ich mich dazu Ihre schönen Produkte zu obigem Denkmahle mit dem eignen Auge zu sehen, da die Beschreibung mir schon so schön sie darstellt. Mein Urlaub vom Könige ist 1. Mai zu Ende,11 u sollte billig darum schreiben daß man 3 Wochen länger ausbleiben nicht für Gleichgültigkeit hält, aber Sie
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können mir liebster Freund darin beßer dienen, wenn Sie mit Albr[echt]12 oder mit F[ürst] Wittg[enstein] zwei Worte darüber äußerten u die Übergabe des koloßalen Modells der König Max. Statue etc. in technischer Beziehung wichtig schilderten. Freund Beuth geht es nach den neuesten Nachrichten gut, welches mich sehr glücklich macht, u bitte diesen unruhigen Nachbar zu grüßen. Nun leben Sie wohl u erhalten mir Ihre Freundschaft Ihr ergebenster Freund Rauch München 27. Apr. 1830. P. S. Wiebeking13 hat mir Brief u 39 preuß. Thaler für Sie eingehändigt. welches ich mitbringe. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.24. 2 Der in Florenz akkreditierte preußische Gesandte Baron von Martens erledigte die Aufträge, die in Zusammenhang mit Rauchs Erwerbungen von Kunstwerken und Gipsabgüssen für das Berliner Museum standen. Martens reges Interesse an den Berliner Sammlungsobjekten führte zu einem zeitweiligen Briefwechsel mit Rauch (vgl. Eggers, Rauch III, 1886, S. 118). 3 Am 28. November 1829 hatte Friedrich Wilhelm III. einen Erlass an Schinkel mit der Erklärung gerichtet, dass er beabsichtige »eine Trajanische Säule mit Verzierungen, die sich auf die Regierungsgeschichte meines Groß Oheims [Friedrich II.] beziehen und mit dessen Standbilde zu wählen«, zuvor aber wünschte er, Schinkels Ansicht und den ungefähren Kostenaufwand dafür zu erfahren (Rave, Berlin III, 1962, S. 300–301). Diesem Schreiben war Monate zuvor eine »erste vorläufige Conferenz« des Kronprinzen mit Rauch, Schinkel und Herrn von Rochow über das »Wie und Wo dieses lang ersehnten Ehrendenkmals« vorausgegangen, die Rauch in seinem Tagebuch am 23. Februar 1829 notierte (Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/NL Rauch 04). Zur Zeit des königlichen Erlasses befand sich Rauch in Italien und Schinkel unterrichtete ihn in einem inzwischen verschollenen Brief vom 11. März 1830 ausführlich über die Intention des Königs und seine eigenen, gegen die Trajanische Säule gerichteten künstlerischen Erwägungen, die er dem König durch Alternativvorschläge schmackhaft zu machen versuchte (der Brief zum großen Teil abgedruckt bei Eggers, Rauch IV, 1887, S. 61–64). Zu Schinkels Entwürfen vgl. Simson 1976, S. 163–167, Kat. 42–47. 4 Der König verfolgte seit Beginn der Denkmalplanungen die Idee, eine Trajanische Säule nach antikem Vorbild zu errichten, ein Gedanke, den er entgegen allen künstlerischen Vorbehalten unbeirrt verfolgte. Dabei mag ihm ein entsprechender Entwurf zu einem Friedrich-Denkmal in Form einer von einer Viktoria bekrönten und von Reliefs umzogenen Säule von Hans Olesen Rustad vorgeschwebt haben, den dieser bereits 1791 mit weiteren Entwürfen zu einem ersten offiziellen Wettbewerb für ein Denkmal des 1786 verstorbenen Königs eingereicht hatte (vgl. Simson 1976, S. 142–143, Kat. 15a, b). 5 Rauch lieferte als Gegenvorschlag einen Entwurf, der nach seinen eigenen Angaben durch die von Plinius literarisch überlieferte antike Gruppe Alexanders und seiner am Granikos gefallenen Gefährten angeregt war, auf deren Beschreibung er vermutlich durch seine archäologischen Freunde in Rom hingewiesen worden war (vgl. den in Abschrift beigefügten Brief an den König).
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Der Künstler nahm dabei einen Gedanken auf, den er fünf Jahre zuvor erstmals entwickelt hatte, wie er am 11. April 1825 im Tagebuch notierte (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/ NL Rauch 03 ; vgl. Eggers, Rauch IV, 1887, S. 59) : ein Denkmal »in Erz und Granit mit fünf equestr-Statuen […] neml : Friederich II., Fürst v. Dessau, Schwerin, Ziethen und Seidlitz«. Nun stellte er erneut einen Entwurf vor, den er um zwei weitere Reiterdenkmäler erweitert hatte und dem König mit einer Zeichnung (bez. »C. R. 27. Apr. 1830«) samt Schreiben und Gutachten am 29. April 1830 von München aus zusandte (die Originalzeichnung ist verschollen, vgl. Simson 1976, Abb. 49 ; eine Pause auf Pergament befindet sich im Berliner Kupferstichkabinett, SMB KK, NL Rauch, X.1.a). In seinem in Abschrift beigefügten Kommentar (vgl. Brief 42) und noch ausführlicher in einem Brief an den Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz heißt es erläuternd : »Friedrich mit seinen Feldherren auf gemeinschaftlichem achzig Fuß langen Sockel zwischen dem Opernhause und der Bibliothek […]. In zwei Reihen Reliefs in Erz mit dem Granit verbunden, gäben Gelegenheit seinem thatenreichen Leben in vielen Szenen Raum zu geben. Alle sieben Statuen würden Bildsäulen zu Pferde, die des Königs auf erhabenem Piedestal würde größer als die des Gr. Kurfürsten, die der Feldherren etwas kleiner. Zur rechten des Königs würde reiten Pr. Heinrich, Gr. Schwerin und Seidlitz. Zur Linken F. Leop. V. Dessau, Pr. Ferd. V. Braunschweig und Zieten […].« (Brief Rauchs vom 21. April 1830, Staatsarchiv Schwerin, unter den sog. Strelitzer Briefen). Sowohl der Großherzog als auch der König lehnten Rauchs Entwurf ab und Friedrich Wilhelm III. beharrte weiterhin auf einer Trajanischen Säule (vgl. Simson 1976, S. 168–169. Kat. 49 ; Simson, Rauch 1996, S. 286–288, Kat. 179). 6 Vgl. die zugehörige Abschrift von Rauchs Brief an den König, Brief 42. 7 Rauch drückt sich hier wenig verständlich aus und will vermutlich sagen : »aus denen ich die allgemeine Mißbilligung lärmend hervorgehen sah«, eine Missilligung, die vor allem aus Künstlerkreisen kam, die die Idee einer Trajanischen Säule aus ästhetischen Gründen ablehnten. 8 Rauch war nach seiner Italienreise am 9. April 1830 wieder in München eingetroffen, wo er gemeinsam mit seinem Lieblingsschüler Ernst Rietschel und Friedrich Drake letzte Arbeiten am Denkmal des Königs Maximilian I. Joseph abzuschließen gedachte. Doch sein immer wieder auftauchendes rheumatisches Leiden zwang ihn zu einem dreiwöchigen Kuraufenthalt (vom 2.–26. Mai) in Bad Gastein. 9 Gemeint ist das große Modell zur Sitzfigur des Königs Maximilian I. Joseph. 10 Gemeint sind Wilhelm von Humboldt mit seiner unverheirateten Tochter Caroline und seinem Bruder Alexander, der Medizinalrat Johann Gottfried Langermann, Friedrich Tieck und der Kunsthistoriker Gustav Friedrich Waagen. 11 Rauch war vom preußischen König nur eine begrenzte Zeit der Abwesenheit von Berlin für die Arbeit in München zugestanden worden. 12 Das sind der Geheime Kabinettsrat Daniel Ludwig Albrecht, ein besonders geschätzter Ratgeber Friedrich Wilhelms III., und Staatsrat Georg Wilhelm Ludwig Fürst zu Sayn-Wittgenstein, Oberkammerherr des Königs und mächtiger Hausminister. 13 Karl Friedrich von Wiebeking, ein in München lebender, aus Wollin stammender Ingenieur, Brückenbauer und Architekt.
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42. Christian Daniel Rauch an Friedrich Wilhelm III., Über das Denkmal Friedrichs II, Abschrift (an Schinkel), München, April 18301 (Abschrift) Allerdurchlauchtigster pp. Ew. königlichen Majestät allerhöchste Entschließung dem König Friedrich dem Zweiten ein großes EhrenDenkmal in Berlin zu errichten, ist mir noch bei meiner Anwesenheit in Rom bekannt geworden ; und erhielt ich dann in Florenz von dem Geheimen Ober Baurath Schinkel eine abschriftliche Mittheilung der darüber an denselben ergangenen allergnädigsten Kabinets-Ordres.2 Das allgemeine Intreße, welches ein in allen Beziehungen so bedeutender Kunstvorwurf überall auf das Höchste erringen wird, ist für mich auch von dem besondren Intreße begleitet, daß Ew. Königl. Majestät die Ausführung mir anzuvertrauen gnädigst geruhen wollen. Tief geehrt von dem durch solche Auszeichnung mir wiederfahrenen abermaligen Beweiß Ew. Königlichen Majestät allerhöchster Huld und Gnade, wage ich es, meinen Ehrfurchtsvollsten Dank zu Allerhöchst dero Füßen niederzulegen, u zu betheuren, daß ich alle meine geringen Kräfte aufbiethen werde, um der mich über alles beglückenden Huldreichsten Zufriedenheit meines Königlichen Beschützers und Herrn nicht unwerth zu erscheinen. Bei einem so wichtigen Gegenstand, welcher die Augen der Mit- und Nachwelt auf sich ziehen wird, u der auch den entferntesten Zeiten ein Zeugniß überliefern soll, bis zu welcher Stufe die Künste unter dem weisen u mächtigen Scepter Ew. Königlichen Majestät glorreicher Regierung sich aufgeschwungen haben, erdreiste ich mich, als ein Künstler, der mehr in dem Gefühle eines weithin strahlenden Ruhmes seines Vaterlands, als für seinen individuellen Namen zu arbeiten wünscht, u beseelt von dem Ehrfurchtsvollsten Vertrauen auf Allerhöchst dero gnädigste Nachsicht hiebei einen Entwurf zu einem Denkmal Friedrichs II allerunterthänigst vorzulegen, u zu bitten, daß Ew. Königl Majestät sowohl die hiebei gelegene Zeichnung,3 als einen hiezugefügten Aufsatz, welcher eine kurze Beschreibung u zugleich meine unmasgebliche Meinung über die Anwendung einer Trajans-Säule enthält, huldreichst einiger Aufmerksamkeit zu würdigen geruhen wollen. Ich ersterbe in der allertiefsten Ehrfurcht Ew. Königl. Majestät allerunterthänigster u pp München d. April. 1830. (Abschrift)
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Beschreibung des vorliegenden Entwurfs zu einem öffentlichen Denkmale Sr. Majestät des Königs Friedrich des Zweiten in Bronze u Granit. Der Zweck u die Würde des hohen Gegenstandes, u der Raum, das Denkmal in Berlin angemeßen aufzustellen, bedingen den inliegenden Entwurf. Der große Platz von den Linden bis zur Domkirche, durch seine großartigen Umgebungen wie zu öffentlichen Denkmalen bestimmt, biethet für das vorseiende wohl keine zweckmäßigere und schönere Stelle dar, als die vom Trottoir von der Königl. Bibliothek bis zum Opernhause, – hier, wo weder der Raum, noch die Aussicht des prächtigen Platzes unterbrochen oder zerstört, noch auch dem Denkmale selbst ein desto ändernder Hintergrund nachtheilig wäre. Der König zu Pferde, in der Mitte seine ersten Feldherren, auf einem besonderes bezeichneten, erhobenen Piedestale in Koloßaler Größe dargestellt, würde hier ganz der hohen Bedeutung entsprechen. Auf einem gemeinsamen Sockel, aber wieder hohen Piedestale und in kleinerem Maasstab würden als Reuterstatuen zu seiner Rechten etwa Prinz Heinrich Feldmarschall Schwerin und zu seiner Linken Herzog Leopold von Deßau Herzog Ferdinand von Braunschweig, und General Seidlitz oder welche andern Feldherren Seine Majestät zu bestimmen geruhten,4 ihre Plätze finden, alle in dem Costum ihrer Zeit. Die langen Reihen der Reliefs5 aber würden das thatenreiche Leben des Königs bezeichnen. Somit wäre durch eine treue historische Darstellung der Zweck eines Nationaldenkmals erreicht, u dasselbe dem Begriffe klar und verständlich u zu dem Beschauer möglichst bequem hergestellt. Kann ein Denkmal dieser Art auch gegenwärtig in Europa als einzig betrachtet werden, so ist doch die Idee dazu von einem wenigstens durch Beschreibung auf uns gekommenen Denkmale entlehnt, welches Alexander der Große seinen Feldherren, die mit ihm in der Schlacht von Gaenikos den Sieg errangen, von Lysippus errichten ließ. Der Kostenbetrag dürfte wahrscheinlich die Summe von 350.000 Thl.6 nicht übersteigen, die nähere Uebersicht würde in Berlin nach der Zeichnung zu ermitteln seyn. – Ueber eine Anwendung der Trajans-Säule7 erlaube ich mir nur noch in allertiefster Ehrfurcht einige Bemerkungen. Vieljähriges Beschauen der letztern in Rom hat mich, wie andere Kunstbeobachter, stets zu den seltsamsten Betrachtungen Römischer Architektur geführt. Der Säule selbst war durch den umstehen-
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den Porticus das eigentlich Imponierende entzogen. Dieser aber schien nöthig, damit die Einzelheiten an der Säule dem Auge näher gebracht würden. Ohne ihn war dies nicht möglich ; das schief hinaufsteigende schraubenartige Gewinde der Reliefs mußte das Auge des Beobachters verwirren, u sich zuletzt in der Höhe auch dem schärfsten Auge ganz entziehen. Letzteres wurde auch hier, besonders in Hinsicht einer oben auf die Säule zu stellenden Figur der Fall seyn, indem dann Gesichtszüge u sonstige Einzelheiten von solcher Höhe herab für den Beschauer unten verlohren wären. Eine solche Säule, fast unmittelbar an die Barriere der Linden-Promenade aufgestellt, würde überdies die Hälfte der Breite derselben einnehmen, u die herrliche Aussicht auf Schloß u. s. w. verdecken. Sie selbst aber würde mit ihren Reliefs nur blos von der einen Seite des nach allen Regeln der natürlichen Perspective nothwendigen Abstands betrachtet werden können, indem diese Regeln die unumstößliche Bedingung geben, daß das Minimum des Abstands des Beschauers von dem zu beschauenden Gegenstand die Höhe des letzteren betragen muß. Das alles indeß dem allergnädigsten Ermeßen in tiefster Ehrfucht unterwerfend pp. München d. April 1830.8 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.23. 2 Vgl. Brief 41. 3 Gemeint ist die verschollene aquarellierte Federzeichnung Rauchs mit sieben Reiterdenkmälern auf einer Rampe, vgl. Brief 41, Anm. 5. 4 Rauch lässt hier versehentlich – oder den Vorschlag des Königs abwartend ? – General Zieten als sechsten Feldherrn aus. 5 Die Reliefs sollten sich entlang des rampenartigen, gemeinsamen Sockels aneinanderreihen. 6 Die Gesamtkosten des endgültigen Denkmals, einschließlich der Grundsteinlegung, Enthüllungsfeier, Gratifikationskosten etc., lagen schließlich unter dem Schätzpreis und betrugen nach Rauchs genauer Kostenaufstellung knapp 250.000 Taler (vgl. Eggers, Rauch IV, 1887, S. 165–166). 7 Gegen die vom König favorisierte Trajans-Säule hatten sowohl Schinkel als auch Rauch große ästhetische Bedenken, die nicht nur Rauch in den oben erwähnten Ausführungen definierte, sondern auch Schinkel ausführlich, aber zwecklos dem König unterbreitete. Dennoch musste Schinkel dazu 1829 eine Zeichnung mit Plan (vgl. Simson 1976, S. 163–164, Abb. 42) und Rauch einen plastischen Entwurf liefern (Simson 1976, S. 173, Nr. 61, Modell 88, Abb. 61). 8 Rauch hielt sich wegen Arbeiten am Modell der Königsfigur Maximilians I. Josephs zu dieser Zeit noch in München auf.
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43. Rauch an Schinkel, Berlin, 30. Mai 18331 Francesco Menghi2 sendet mir die anhängende Zeichnung des für den Kaiser von Östreich3 in Archit. Marmor ausgeführten Ofens, welcher 460 Francesconi oder 230 venet. Dukaten kostete, welchen aber obengenannter Steinmetz4 für 350 Francesconi anfertigen will, incl. der Verpackung. Der Ofen soll aus 4 bis 5 Marmorstücken bestehen, wenn es sonst die neue Zeichnung erlaubt, jedoch so daß die Fugen nicht sichtbar würden, wie der Steinmetz versichert. Ich war heute mit Byström dem Kanzler v. Müller u noch drei Schweden in Potsdam5 und wir haben mit Vergnügen u Bestaunen, die Großartigkeit der neuen Kirche6 bewundert. Ihr aufrichtig ergebener Freund Rauch 29 30 Mai 33.
[Zeichnung eines Ofens im gotischen Stil von Francesco Menghi Baba (Grundriß und Vorderansicht) mit Text : Palmi Genovesi a 9 ½ Zoll rheinl. Maaß]7
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Seine Hochwohlgeboren Des Königl. Oberbau Direktors Ritter p Herrn Schinkel 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.25. 2 Francesco Menghi Baba war ein für Rauch tätiger, in Carrara lebender Steinmetz und zugleich Unterhändler Rauchs in Carrara, der die Verschiffung aller für den preußischen Hof bestimmten Marmorarbeiten von Livorno nach Hamburg organisierte. Die beiliegende Zeichnung ist wohl die einzige, die von diesem befähigten Mitarbeiter überliefert ist. Zu einer seiner schönsten Fabrikationen gehört auch die dünnwandige große Schale mit Fuß (s. o. Simson/Wolzogen Einführung). 3 Hinter diesem Titel verbirgt sich Kaiser Franz I. von Österreich, (bis 1806 Franz II. Joseph Karl, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation), der nach Ernennung Napoleons zum Kaiser der Franzosen das Österreichische Kaisertum errichtete und 1806 nach Bildung des Rheinbundes die Römische Kaiserkrone niederlegte. Er gehörte mit Zar Alexander I. und Friedrich Wilhelm III. der gegen Napoleon gerichteten Heiligen Allianz an. Rauch kannte den Kaiser persönlich, dessen Büste er 1818 im Auftrag des Freiherrn vom Stein zum Altenstein geschaffen hatte (Simson 1996, S. 145–146, Kat. 81). 4 Vermutlich führte der von Rauch vielfach beschäftigte Steinmetz Carlo Baratta nach Menghi Babas Zeichnung den Ofen aus. Wie Rauch am 13. Juni 1833 in seinem Tagebuch notierte, schrieb er an diesem Tag an Menghi und bat ihn, durch den Bankier Friedländer »aus dem Fond No. 1 an Carlo Baratta Bildh. zu Carrara« 400 Reichstaler zu überweisen (vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06), eine abgerundete Summe, die der hier verhandelten etwa entsprach. 5 Rauch notierte am 29. Mai 1833 im Tagebuch (Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/ NL Rauch 06), dass er für mehrere Herren ein Mittagessen bei Jagor gegeben habe. Dazu gehörten außer Kanzler von Müller, Friedrich Tieck, Bauinspektor Berger, Dr. Waagen, sein Schwiegersohn Eduard d’Alton, auch »Prof. Byström, Herr v. Alfredson aus Stockholm« und wohl auch der »Artillerie Capitain« C. Wetterling. Die Letzteren waren wohl die erwähnten »drei Schweden«, die am 30. Mai gemeinsam mit Rauch, Byström, von Müller und Drake auf die Pfaueninsel und nach Potsdam fuhren, eine »angestrengte Fahrt in einem Tage«, wie Rauch abschließend im Tagebuch vermerkte. 6 Die »neue Kirche« war die seit 1826 geplante, doch erst seit 1830 im Bau befindliche Potsdamer Nikolai-Kirche, mit deren Entwurfs- und Baugeschichte Schinkel viele Enttäuschungen verknüpfte. Dem von Friedrich Wilhelm III. zunächst als einfache Basilika, dann mit Doppelturmfassade erwünschten Bau setzte Schinkel auch auf Wunsch des Kronprinzen einen überkuppelten Zentralbau-Entwurf entgegen. Unter Leitung von Ludwig Persius kam es 1830 schließlich zum Baubeginn eines zunächst kuppellosen kubischen Gebäudes mit sechssäuligem Portikus, der jedoch einen späteren Kuppelaufbau ermöglichen sollte. Eine solche Kuppel wurde erst zwischen 1843 und 1849 unter der Regierung Friedrich Wilhelms IV. aufgesetzt. 1833 war der Bau im Wesentlichen fertiggestellt, während die Arbeiten im Innenraum sich bis 1837 hinzogen (vgl. Ausst. Kat. Schinkel 1980, S. 167–174 ; Ausst. Kat. Schinkel 1981, S. 181–182, Kat. 75). 7 Die beigefügte Zeichnung ist verschollen. 1 Zoll rheinländisches oder brandenburgisches Maß = 26,15 mm. 9 1/2 Zoll sind also 0,248 m, die für 1 palmo genovese (ein altes Genuesisches Maß aus dem 12. Jahrhundert) angegeben werden.
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44. Rauch an Schinkel, Berlin, 23. August 18341 Theuerster Freund Seine K. Hoheit der Kronprinz zu dem ich heute Abend befohlen war, frug nach der ersten Begrüßung gleich nach Ihrem Aufenthalte, glaubend daß Sie schon nach St. Petersburg unterwegs seyen, weil Sie dem Herrn Hof Marschall von Massow2 weiter auf deßen Schreiben nichts erwiedert hätten, worauf ich nur die Auskunft geben konnte, daß Sie aber heute in Stettin angekommen seyn könnten, wie ich aus Ihrem lezten Schreiben aus Königsberg durch Ihren Herrn Schwager in dieser Woche erfuhr.3 Für mich hat mir S. K. H. der Kronprinz aufgetragen, Sie zu ermuntern des Kaisers Wunsch zu erfüllen und die Reise nach Petersburg von da wo Sie sind anzutreten, in diesem Falle würde ich Sie liebster Freund begleiten, da mir schwerlich je ein angenehmerer Reisegesellschaffter sich darbieten wird, und zugleich mein wiederholtes Versprechen damit erfüllte, u dieß Pensum beseitigt würde. Die Zeit aber gebietet schnellen Entschluß, und mich bitten macht umgehend mit zwei Zeilen mich davon zu benachrichtigen, ob Sie die Reise mitnehmen wollen, und wo ich Sie abholen soll. oder auch sagen daß es für dießmahl Ihnen unmöglich ist etc. worüber Sie sogar mit dem Kronprinzen in Stargard mündlich oder schriftlich sich unterhalten können, und Ihren Entschluß auch mittheilen. Das Dampfboot Ischona in Königsberg wäre vielleicht die erste u sicherste Gelegenheit nach P[etersburg] welche wir aber nur durch Empfehlung des Kronpr. würden benutzen dürffen. Dann kommt die Landreise nach P[etersburg] zur Sprache, wogegen ich auch nichts einzuwenden habe. Drittens geht den 2ten Sept. das nächste Dampfboot von Lübeck ab, welches mir aber etwas spät vor dem 21ten zu seyn scheint.4 Vom 27ten ab bin ich jede Stunde zur Abreise bereit, da ich Morgen ein 2tes Relief Modell5 beendigen werde. Alex. v. Humbold6 ist mit S. M. dem Könige nach Königsberg abgereist. Die Kronpzß. reist erst den Anfang Septbr. nach Stargard nach. Alle sind blühend wohl zurück gekommen, die liebe Kronprinzeßin aber neu verjüngt, jugendlich !7 Alle Welt erwartet Sie und die lieben Ihrigen. Meine Angehörigen grüßen Sie u die Genannten bestens. D’alton8 hat den Ruf als Professor nach Halle angenommen, nun bin ich wieder plantirt,9 gratulire aber dazu. In unveränderlicher Freundschaft beharrend der Ihrige Rauch Berlin 23 Aug Sonnabd. Abd. 12 Uhr 1834.
Rauch an Schinkel, Berlin, 23. August 1834
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Seiner Hochwohlgeboren Des Königl. Ober Bau Direktors Ritter etc etc. Herrn Schinkel zu Stettin abzugeben bei H. B. Kuhberg 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.26. 2 Ludwig von Massow, Minister des Königlichen Hauses und Zentralgestalt der Kamerilla. 3 Schinkel befand sich vom 8. Juli bis zum 1. September 1834 auf einer Dienstreise nach Pommern, West- und Ostpreußen. Das Datum seiner Ankunft in Stettin erfuhr Rauch durch dessen Schwager, den Baurat Wilhelm Berger. 4 Zu einer Reise Schinkels nach St. Petersburg wie auch zu einem ersehnten gemeinsamen Reiseunternehmen von Rauch und Schinkel sowohl nach Russland als auch nach Italien sollte es nie kommen. Rauch selbst fuhr erst Ende Juni 1840 als Gast des Zaren Nikolai I. nach St. Petersburg, wo er bis Anfang August verblieb. 5 Es handelt sich hier um ein Relief zur oberen Sockelzone des Maximilian I. Joseph-Denkmals für München, dessen Inschrifttafel Rauch nach eigenen Aufzeichnungen vom 29. August 1834 mit der Darstellung der »Wissenschaft im Allgemeinen« kombinierte (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06). Zu der noch heute in der Berliner Alten Nationalgalerie aufbewahrten Modellskizze (SMB NG, Inv. Nr. RM 256, bez. »24. Juni XXIV«) vgl. Simson 1996, S. 243, drittes Relief, Entwurfsskizze). 6 Alexander von Humboldt stand dem preußischen Königshaus nahe und war Friedrich Wilhelm III. ein bevorzugter Reisebegleiter. 7 Kronprinzessin Elisabeth, körperlich schwach und häufig krank, ging es im Frühsommer 1834 besser, so dass das Kronprinzenpaar nach den Frühjahrsmanövern über Stettin, Danzig, die Marienburg, Elbing, Königsberg und Memel nach Russland reisen konnte. Am 25. Juni fuhr das Paar von Kronstadt aus auf einer russischen Jacht nach St. Petersburg, wo es sich bis zum 13. August in Peterhof als Gast des russischen Zarenpaares aufhielt, ehe es am 18. August 1834 wieder in Berlin eintraf (vgl. Minkels 2007, S. 229–230). 8 Rauchs Schwiegersohn Eduard (Johann Samuel) d’Alton, seit Mai 1829 mit Agnes Rauch verheiratet, war Doktor der Medizin und zunächst Professor für Anatomie an der Berliner Akademie, ehe er 1834 als Anatom einen Ruf an die Universität in Halle annahm. D’Alton ließ sich unter Beratung seines Schwiegervaters dort von Friedrich Strack ein Haus erbauen, in dem er mit seiner Frau und den sechs Kindern sowie Rauch als häufigem Gast bis zu seinem frühen Tod lebte. Er hatte während seiner engagierten Universitätslaufbahn wenig Glück mit seinen Kollegen, litt über Jahre an einer schweren Magenerkrankung, die es seiner Familie nicht immer leicht machte (Näheres zu d’Alton siehe bei Zwiener 2003). 9 plantiert : im Stich gelassen, von frz. plainte : die Klage, Wehklage. Diese angedeutete Wehklage Rauchs über den bevorstehenden Weggang seiner Tochter nach Halle wirft ein Licht auf das enge Verhältnis, das ihn gerade mit Agnes und ihrer Familie verband.
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Briefe
45. Rauch an Schinkel, 4. Januar 18351 Die Inlage die ich so eben aus Neapel von Sigr. Raff[aele] Gargiulo2 erhalte, betrifft hauptsächlich große Zweifel gegen die Kunstkenntniß unseres Kalkie3-Profeßors. Was aber die terra cotta betrifft die Ihnen vielleicht noch erinnerlich sind, wem könnte man wohl die Beurtheilung derselben dort außer genanntem Profeßor anvertrauen ? Die Bronzen4 sind angebracht, u [ich] bedauere im Falle der Ächtheit daß wir sie verloren haben. Man wird aber in Unsern Tagen bei dem geringsten Zweiffel allerdings etwas thun ! Ihr ergebenster Rauch 4 Januar 1835. 1 Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, Autographensammlung, Atg.-Nr. 8801. 2 Raffaele Gargiulo war ein italienischer Archäologe, Wissenschaftler am Museum in Neapel und Herausgeber der Raccolta die Monumenti più interessanti del R. Museo Borbonico e di varie Collezioni private. Publicati da Raffaele Gargiulo, Impiegato nel detto R. Museo Napoli 1825 (zu Raffaele Gargiulo vgl. Greifenhagen 1963, S. 16). 3 Das Wort »Kalkie« abgeleitet von dem Fachwort »kalkieren«, französisch calquer, bedeutet ein früher sehr übliches Pause-Verfahren, bei dem man die Rückseite einer Zeichnung mit rotem oder schwarzem Kreidepulver bestäubte und auf der Vorderseite die Konturen mit einem Griffel nachzog. Auf dem untergelegten Papier erschien nun der Abdruck der Zeichnung (vgl. Müller 1883, S. 450). Vermutlich hatte Gargiulo eine solche, nicht besonders gelungene Durchzeichnung an Rauch geschickt und Rauch amüsierte sich über den »Kalkie-Professor«, obwohl er ihn als gelehrten Archäologen bezüglich seiner Kenntnis antiker Terracotten schätzte. 4 Rauch meinte wohl die 1811 bei Perugia aufgefundenen antiken Bronzen (vgl. Brief 5, Anm. 17), deren Ankauf dem Bayerischen Kronprinz gelungen war ; die Stücke waren 1820 nach München gelangt und inzwischen nun auch aufgestellt.
Rauch an Schinkel, Berlin, 12. Januar 1835
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46. Rauch an Schinkel, Berlin, 12. Januar 18351 Kostenanschlag der 4 Statuen in Marmor ordinari zu Carrara anzufertigen. 1834. Für Tegel. in der Größe der Originale.2 1. Minerva Giustiniani iezt im Mus. Vaticano Francesconi 395. 2. Amazone des Mus. Capitolino 329. 3. Diana von Gabii Mus. de Louvre 178. 4. Faun des Praxiteles zu Rom 179. Summa Francesconi 1081. Am linken Rand vertikal mit Blei : 2 Fran[ce]s[coni] – 1 Ducat Berlin 12 Jan. 1835 Rauch Des Königl. Ober Bau Director Ritter p Herrn Schinkel Hochwohlgeboren unter den Linden 4[a]. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.27. 2 Nach Notizen Rauchs in seinem Tagebuch reiste sein Gehilfe Gaetano Sanguinetti bereits am 12. August 1834 nach Carrara (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06), um dort im Auftrag Wilhelm von Humboldts für die vier Nischen an der Gartenfassade des Tegeler Schlösschens die oben genannten Antikenkopien in Marmor ausführen zu lassen. Doch die Ausführung verzögerte sich, so dass die Figuren erst nach Wilhelm von Humboldts Tod im September 1836 an ihre vorbestimmten Aufstellungsorte gelangten. Auf der linken Seite der Fassade stehen die Kopien der Minerva Giustiniani (Vatikanische Museen) und die Diana von Gabii (Paris, Louvre), rechts die Amazone Mattei (Vatikanische Museen) und der Faun des Praxiteles (Museo Capitolino). Zum programmatischen Einrichtungs- und Gesamtkonzept des Hauses, das der Hausherr zu Baubeginn geistvoll entwickelt hatte, vgl. Heinz 2001 (speziell S. 62).
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47. Schinkel an Rauch 23. September 18351 Liebster Freund, Reinschrift des Verzeichnisses2 und ein kurzes Anschreiben sind gemacht und ich lege beides hierbei zu gefälligen Unterschrift des zweiten, damit ich in Ihrer Abwesenheit auf der Reise nach München,3 den Gegenstand an Seine Majestät einsenden kann. Das Concept zum Verzeichniß folgt zugleich hiebei zurück. Schinkel 23t Septbr 1835. [darunter von Rauchs Hand] : Potrait Friedr. II. von Wille nach Pesne 2tes Jahr des 7Jährigen Krieges 1757. 1 SMB ZA, NL Rauch IV.1, Bl. 49. 2 Es könnte sich hypothetisch um ein Konvolut mit verschiedenen Vorschlägen zu Entwürfen zum Friedrich-Denkmal handeln, zum einen mit der stehenden Gestalt Friedrichs II. auf hohem, reliefgeschmückten Sockel, zum anderen zu Reiterfiguren des Königs, die Rauch zu dieser Zeit entwickelte (vgl. Simson 1996, S. 290–292, Kat. 181, 1–2). Somit wäre auch Rauchs Hinweis auf ein Porträt Johann Georg Willes von Friedrich II. verständlich, das er wohl als Vorlage für den Kopf des Königs benutzen wollte. 3 Rauch trat am 27. September 1835 eine Reise an, die ihn über Halle – dem Wohnsitz der Tochter Agnes mit ihrer Familie – nach München führte, wo am 13. Oktober die feierliche Enthüllung seines Maximilian I. Joseph-Denkmals stattfand (zum Denkmal vgl. auch Brief 27, Anm. 24 ; Brief 32, Anm. 6). Am 22. Oktober kehrte Rauch nach Berlin zurück.
Schinkel an Rauch 2. Mai 1836
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48. Schinkel an Rauch 2. Mai 18361 Liebster Freund, ich habe nochmals die Localität für das Monument im Lustgarten an Ort und Stelle untersucht und komme auf meinen ersten Gedanken zurück : daß das Monument an der Brücke stehn muß u Façe gegen die Schloßfreiheit machen soll. In der Mitte des Lustgartens ist es verloren, findet keine Mitte am Schloß und erscheint durch Zufall placirt.2 – In der beikommenden Zeichnung3 habe ich so gut meine bedrängte Zeit erlaubte die erstere Situation angegeben Der Ihrige Schinkel 2 Mai 36 1 SMB ZA, NL Rauch IV.1, Bl. 59. 2 Dass Rauch mit Schinkel eng zusammenarbeitete, zeigt sich auch bei der Suche eines geeigneten Aufstellungsortes, den der Architekt unter speziellen städtebaulichen, den Platzraum beachtenden Aspekten sondierte. Rauch hingegen fokussierte sich als Bilhauer stärker auf das Denkmal selbst, dem er eine wirkungsvolle Kulisse zu geben suchte. Der schließlich gewählte Standort des Denkmals verschob sich später weit ab von der Schlossbrücke hin zur Universität Unter den Linden. 3 Diese damals beigefügte Zeichnung zum Standort des Denkmals ließ sich nicht nachweisen.
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49. Rauch an Schinkel, 10. Mai 18361 Statt zu Ihnen zu gehen um Ihnen theuerster Freund noch ein herzliches Lebewohl und den lieben Ihrigen zu wünschen, werde ich zur Königin der Niederlande2 befohlen, empfangen Sie also meine besten Wünsche zur schönen Lustparthie und daß Sie bald recht gestärkt zu uns zurück kehren mögen, indeßen aber erfahren wir aber doch recht bald etwas vom nächsten Befinden, u hoffe daß Sie nicht zu lange im Schatten der Schneekoppe verweilen, aber bald eine wärmere Situation erreichen. Meine Reisegränze ist Halle wo ich einige Tage mich aufhalte,3 da ich gern recht bald Dürerstatue4 beendigen mögte ; eine Arbeit die sich nicht länger verschieben läßt. Sollte ein Beschluß in der Mon[umenten] Angel[egenheit] Fried[rich] II erfolgen so theile ichs ungesäumt mit,5 und sehe freundlich dem frohen wiedersehen entgegen der Ihrige Rauch 10 Mai 1836. Des Königlichen Oberbau Director Ritter p Herrn Schinkel Hochwohlgeboren In der Bauschule allhier6 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.28. 2 Schinkel war im Begriff, sich zu einem Kuraufenthalt nach Bad Gastein mit anschließender Reise nach Schlesien zu begeben. Rauch suchte die in Berlin weilende Wilhelmine von Preußen, Lieblingsschwester Friedrich Wilhelms III. auf, die 1791 ihren Cousin, den Kronprinzen von Oranien und späteren König Wilhelm I. der Niederlande geheiratet hatte. 3 In Halle hatte der junge, mit Rauch und Schinkel befreundete Baurat Heinrich Strack für Rauchs Tochter Agnes d’Alton und ihre Familie das Haus in der Schimmelgasse gebaut, das im November des Jahres bezogen werden konnte (vgl. Brief 44, Anm. 8). Da Rauch an dessen Innendekoration entscheidend mitwirkte, hielt er sich daher öfter in Halle auf (zum Haus d’Alton vgl. Simson 1997, S. 104–106 ; Simson/Wilmowsky 2020, Brief 101, S. 390–391 mit Anm. 8–10). 4 Es geht um das bereits 1827 an Rauch in Auftrag gegebene Dürer-Denkmal in Nürnberg, das König Ludwig I. von Bayern fertig zu stellen drängelte. Wie der Künstler seinem Schüler und Freund Ernst Rietschel am 8. September 1836 bedauernd schrieb, hätte er diesen gern besucht, doch allein die immer wieder von den Künstlern beanstandete Hast König Ludwigs hielte ihn ab, »welcher auf eine unbequeme eigenwillige Weise die Vollendung des Modells der Dürerstatue von mir fordert und im Decebr. d. J. abgeliefert sein soll, während ich mindestens bis Ende Oktober mit unausgesetzter angestrengter Arbeit daran zu thun habe, ungerechnet daß oft ein Tag soviel zerstören muß, welches Achttage nicht wiederherstellen können« (Simson/Wilmowsky 2020, Brief 105, S. 403 mit Anm. 25). Die Bronzestatue Dürers konnte erst am 21. Mai 1840 enthüllt werden (vgl. Simson 1996, S. 261–265, Kat. 162). 5 Anfang März 1836 war Rauch durch den Minister vom Stein zum Altenstein instruiert worden,
Rauch an Schinkel, 10. Mai 1836
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dass der König durch Kabinettsordre das »Komitee zur Errichtung des Friedrich-Denkmals« aufgefordert habe, endlich ein Projekt zu einer Reiterstatue zu entwerfen, wozu neben dem Komitee auch Rauch und Schinkel am meisten tendierten. Rauch modellierte zwei Alternativentwürfe, die den König zu Pferde – mit und ohne Kopfbedeckung – auf einem zweigestuften Postament zeigten, in dessen unterer Zone er die Feldherrn der schlesischen Kriege in zeitgenössischer Kleidung im Hochrelief zwischen den vier Eckreitern Leopold von Dessau, Kurt Christoph Graf Schwerin, Hans Joachim von Zieten und Friedrich Wilhelm von Seidlitz anlegte. Am 21. April 1836 vermerkte Rauch in seinem Tagebuch : »Zu den am 8. April gemachten Reuter Skizzen Friedr […] das Piedestal mit dem Zuge der Feldherrn und der oberen allegor. Reliefs beendigt, womit Schinkel sehr zufrieden war, wurde geformt und bronzirt bis 3 Mai.« (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06). Anschließend wurde das Modell zur Begutachtung in das königliche Palais gebracht, doch die mit verzweifelter Ungeduld von Rauch erwartete Reaktion des Königs löste eine tiefe Enttäuschung aus : Friedrich Wilhelm III. nahm Anstoß an den Feldherren, die in eine »weniger erhaben und allegorische Zusammenstellung umgewandelt werden« sollten, »wodurch aber gerade das aller originellste des Monumentes aufgehoben wird«, notierte der Künstler deprimiert nach dem königlichen Bescheid vom 11. Juli im Tagebuch (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06). Neue Zeichnungen wurden gefordert und ein jahrelanges, zähes Ringen um den endgültigen Entwurf schloss sich an, bis endlich, nach dem Tod Friedrich Wilhelms III. (1840), Friedrich Wilhelm IV. Rauchs Idee verwirklichen ließ (zum Friedrich-Denkmal vgl. Simson 1996, S. 292–312, hier vor allem S. 292–294, Kat. 183 und 184). 6 Schinkel hatte am 11. März 1836 mit seiner Familie die Wohnung im Obergeschoss der Bauakademie bezogen, nach Rauch »die schönste und angenehmste Künstlerwohnung«, die er je gesehen habe (Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/NL Rauch 06).
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50. Rauch an Schinkel, Berlin, 22. August 18361 Liebster Freund Die heute von Hr. Cantian erhaltenen Maaße der Plinten der 4 Marmorstatuen zu Tegel sende ich Ihnen anbei,2 und bitte nur Ein Profil gefäll[igst] dazu zu zeichnen, damit recht bald die Arbeit begonnen werden kann, und bin der Meinung daß diese Piedestale nur geschliffen und nicht polirt zu werden brauchen, und bemerke noch daß die Plinten der Statuen bei circa 4–5 Zoll Höhe als Stärke, glatt und nicht gegeliedert [sic !] sind. Kann dieß so bleiben ? Ihr ergebenster Rauch 22 Aug. 1836. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.29. 2 Schinkel sollte das Profil der Sockel skizzieren, auf die die vier Antikenkopien an der Gartenfassade des Humboldt-Schlösschens gestellt werden sollten, deren Plinten als Maße galten (zu den antiken Figuren vgl. Brief 46, Anm. 2). Christian Gottlieb Cantian, Steinmetzmeister und Bauinspektor in Berlin, arbeitete mehrfach mit Rauch und Schinkel zusammen.
Rauch an Schinkel, Berlin, 2. Juli 1837
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51. Rauch an Schinkel, Berlin, 2. Juli 18371 Theuerster Freund Mit lebhaftem Intereße vernehmen wir Ihr Wohlbefinden nach dem Gebrauch Carlsbader Luft u Wassers. auch daß Sie sich mit gleichen Genossen gesellig wohl in dieser Zeit dort gefallen haben, welches auch wohl zu den genannten wohltätigen Elementen mit in Anrechnung zur Herstellung gebracht werden muß. Freund Berger will die Güte haben Ihnen diese Zeilen in Teplitz2 zu überreichen welches mir angenehm ist daß Sie solche vor der schles. Reise noch erhalten, indem ich Sie bitten mögte zu Wahlstatt bei Liegnitz einen Augenblick in den Spe[ise]saal des neu erbauten Kadetten Hauses gefäll. einzutreten, welcher zur aehstethischen Erbauung unserer künftigen Helden mit den Bildniß Büsten unserer Helden u der des Königl. Hauses Prinzen u Prinzeßinen verziert werden soll.3 sie kommen auf das ant. bekannte Console an die Wände die der Majestät mit Mantel und Stern4 wird wohl etwa ausgezeichnet von Aufstellung werden. Ferner ist mir lieb daß das koloßale Modell der berliner Blücherstatue aus dem Zeughausvirtel auch in diesem Saale aufgestellt werden soll, wozu so wie zu den genannten Büsten gütigst dem dortigen Architekten Sie Anleitung geben mögten daß dies in möglichst guter Weise geschehen möge. S. E. des Königs Minister u Cadetten Chef werden Sie auch noch darum ersuchen, u Sie gönnen diesem ähstetischen [sic] Zwecke wohl einen Augenblick u Wort. Ich war ein paar Tage dem Weltwesen ausweichend5 in Halle. Kinder u Bäumchen blühen zu sehen, u schlief wie Dorn mit vollem Theerpinsel die Nächte ruhig indem nichts Naßes vorfiel. Freund Beuth aber mit gleicher Vorsicht bewaffnet, kam nicht a tempo aufs Dach, u der Regen strömte durch den Dornschen6 Filz u durch die schönen Farben. B[euth] weiß vielleicht noch Näheres darüber ! Der endlich eingetretene Sommer ist über die Maaßen schön u warm, aufm Mühlenberge. Prenzlauer. u Landsberger Thoerfeldmarken war es mir so anmuthig u wie so reich des Himmels Getreidesegen. u der Thiergarten den ich seit Wochen vergeßen durchwandelte, ist die wahre Vorhalle des Elysiums in üppiger Schönheit prangend. Morgen gedenken wir Ihrer in Tegel wo ich die Marmorstatuen in den gefärbten Nischen sehen werde. welche sich sehr schön darin ausnehmen sollen.7 Freund Tieck modellirt einen großen Löwen zum Eisenguße als Kettenträger zur ersten Preuß. Kettenbrücke zur Verbindung des Thiergartens mit der Fasanerie,8 ist sehr wohl u läßt Sie alle freundl. grüßen. So hat Prf. Begas ein Altarbild für Schlesien eine abbrevirte transfiguration beendigt9 die sehr schön sein soll. außerdem aber werden keine besondern Kunstanstrengungen gefordert u alles geht einen sehr leisen Gang in kleinen Schritten. ich sehe heute Herrn v. Martens10 um über das Treiben der Pariser Freunde etwas zu hören.
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Die Meinigen grüßen mit mir Sie u die lieben Ihrigen aufs herzlichliste [sic] hoffend Sie im n[ächsten] M[onat] hier recht wohl wieder zu sehen der Ihrige Rauch Berlin 2 Juli 1837. P. S. Dr. Waagens Bericht über den Prager Dürer ist Ihnen wohl bekannt. daß derselbe durch abgesprungene Stücke zerstört u auch keine Restauration herzustellen ist !11 Seiner Hochwohlgeboren Der Königl. Preuß. OberbauDirector Ritter et. et. et. Herrn Schinkel u. gütige Bestellung zu Teplitz 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.30. 2 Schinkel war vom 27. Mai bis Ende Juli 1837 von Berlin abwesend und hielt sich zu Kuraufenthalten zunächst in Karlsbad und anschließend in Teplitz auf, ehe er über Schlesien nach Berlin zurückkehrte. In Erdmannsdorf führte er zwischen 1838 und 1840 den Umbau des Schlosses und den Bau der Kirche aus (vgl. Ausst. Kat. Schinkel 1880, S. 404). 3 Das ehemalige Benediktinerkloster in Wahlstatt bei Liegnitz war in diesen Jahren zu einer bis 1919 bestehenden preußischen Kadettenanstalt umgebaut worden, in dessen Speisesaal die oben genannten Büsten (vgl. Simson 1996, S. 235 ; zu den Generalsbüsten vgl. Brief 18, Anm. 3) und das Kolossalmodell des Blücher-Denkmals stehen sollten, Letzteres in Erinnerung an die ganz in der Nähe geschlagene Schlacht an der Katzbach, wo Blücher mit seinen Soldaten und mit russischer Hilfe das französische Heer besiegte und dafür den Titel »Fürst von Wahlstatt« erhielt. 4 Diese Büste geht auf ein Modell von 1826 zurück, das Rauch »nach dem Leben« modelliert hatte und das in verschiedenen Versionen, mit und ohne Gewand, in Marmor ausgeführt wurde (vgl. Simson 1996, S. 233–235, Kat. 145.1). Die 1836 vom Liegnitzer Magistrat für den Speisesaal bestellte Büsten-Fassung zeigte Friedrich Wilhelm III. in faltenreich drapiertem Mantel mit Ordensstern, wie sie auch in der Aula der Berliner Universität zu sehen war (vgl. Brief 12, Anm. 2 ; Brief 33, Anm. 4). 5 Rauch wollte dem gesellschaftlichen Betrieb, dem »Weltwesen« entgehen, und in aller Ruhe seine Zeit in Halle mit der Familie seiner Tochter Agnes d’Alton verbringen. 6 Hier spielt Rauch auf den »Fabriken-Commissionsrath Dorn in Berlin« an, der zu Beginn der 1830er-Jahre eine rotem Filz ähnelnde Dachisolierung entwickelt hatte, die er publizierte und jedem zu freiem Gebrauch und ohne daraus Vorteil zu ziehen, überließ. Sie war leicht zu handhaben, dazu preiswert und wurde über Berlin hinaus in den meisten größeren Städten Deutschlands auch an Privatbauten benutzt. Bei dem Dorn’schen Verfahren wurde auf die mit Brettern vernagelten Dachsparren eine mit Gerber-Lohe verknetete Lehmschicht gleichmäßig aufgetragen. Nach Trocknen und zweimaligem Anstrich mit Steinkohlenteer war die elastische Masse nach dem Erkalten fest wie eine Metallplatte, die jedem Regen trotzte. Für diese Erfindung war ihm durch Beuth vom Gewerbeverein zu Berlin die Goldene Medaille und eine Geldbelohnung zuerkannt worden (vgl. Conversations-Lexikon der Gegenwart, Leipzig 1833–1841, Bd. 1,
Rauch an Schinkel, Berlin, 2. Juli 1837
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S. 1058). Doch offensichtlich hatte die Isolierung nach Rauchs Andeutungen bei einem Gebäude versagt. 7 Zu den vier Antikenfiguren an der Gartenfassade des Humboldt-Schlösschens in Tegel, die in farbig gefassten Nischen eingestellt sind, vgl. Brief 46, Anm. 2 ; Brief 50, Anm. 2. 8 Die vier Löwen mit Tragseilen im Maul, die die Hängebrücke im Berliner Tiergarten halten, modellierte Friedrich Tieck von Mai bis Oktober 1837. Der Guss der bis auf den Schwanz fast identischen Löwen, die sich jeweils zu zweit aufgerichtet gegenüber sitzen, wurde in der Königlichen Eisengießerei ausgeführt (vgl. Maaz 1995, S. 377–378, Kat. 195). 9 Rauchs Maler-Freund Carl Begas hatte 1836/37 für die zwischen 1833 und 1838 nach Plänen Schinkels erbaute Kirche in Krummöls/Niederschlesien (heute Oleszna Podgórska) ein Altarbild mit der Verklärung Christi geschaffen. Schinkel lieferte dazu einen Rahmenentwurf (Bleistift, aquarelliert, 33,3 x 21,6 cm, SMB KK, SM 23c.82) ; ob er auch ausgeführt wurde, ist nicht bekannt (siehe : Ein Architekt rahmt Bilder, 2007, Nr. 69). 10 Zu Friedrich Freiherr von Martens vgl. Brief 41, Anm. 2. 11 Gemeint ist das große, 162 x 194,5 cm messende Tafelbild »Rosenkranzfest«, das Dürer 1506 in Venedig im Auftrag der deutschen Kaufmannschaft für die dortige Kirche San Bartolomeo innerhalb von fünf Monaten schuf. Kaiser Rudolf II., ein großer Dürer-Verehrer, erwarb das Gemälde 1606 und ließ es nach Prag schaffen, wo es während des Dreißigjährigen Krieges aus Furcht vor den Schweden mehrfach bewegt, versteckt und dabei stark beschädigt wurde. Es verblieb – eine Zeit lang nicht auffindbar – auf der Prager Burg und wurde 1782 mit einem Teil der Schlosssammlung verauktioniert. Nach mehrfachem Besitzerwechsel kam es 1793 an das Chorherrenstift Strahow in Prag. 1836/37 bemühte sich der Generalintendant der königlichen Museen in Berlin, Karl Graf von Brühl, das Bild zu erwerben, doch Galeriedirektor Gustav Friedrich Waagen entschied sich wegen des schlechten Erhaltungszustandes – die ursprüngliche Farbe und Oberfläche der gesamten Mittelpartie war zerstört – gegen den Ankauf (vgl. Anzelewsky 1971, S. 187–199, Nr. 93 m. Abb., hier besonders S. 191). 1930 erwarb die tschechoslowakische Republik das Bild, es befindet sich heute in der Prager Nationalgalerie (Inv. Nr. O. P. 2148).
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52. Rauch an Schinkel, 17. Dezember 18371 Anbei empfangen Sie theuerster Freund die Ihnen von Byström2 zu Carrara zugedachte Marmorprobe in Form runder Tischplatte zu gefälligem Gebrauch.3 sie ist aus dem von ihm neu angelegten Bruche im Fluß Kanale von Gregnana nahe bei Carrara, wo er nach heftigen Wasserstürzen diesen alabastrirten Marmor entdeckte, u Säulen von zwanzig Paln.4 Fuß Höhe brechen ließ. Ich finde ihn nicht schön, aber als geognostisches Rührei intereßant.5 Ferner trägt mir Freund David d’Angers6 auf beikommend verschleppt gewesenes Bronze-Profil Ihres Herrn Collegen Leo v. Klenze zu übergeben. Der Bruder Prf. Klenze wünscht einen Abguß in Bronze sich davon machen zu lassen. Aus Halle7 sind uns die herzlichsten Grüße an an [sic] Sie u Alle aufgetragen Ihr ergebenster Rauch 17. Decbr. 1837. Seine Hochwohlgeboren Des Königl. Ober Bau Directors Ritter etc. Herrn Schinkel hiebei eine Marmorplatte u ein Orange Medaillon 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.31. 2 Zu Byström vgl. Brief 4, Anm. 34 ; Brief 43, Anm. 5. 3 Schinkel hat daraus eine Platte für einen von ihm entworfenen Tisch herstellen lassen, der in seiner Wohnung in der Bauakademie stand und sich heute als Vermächtnis von Schinkels Enkel Hans von Wolzogen im Richard Wagner-Museum Bayreuth befindet. 4 Palmo = italienische Maßeinheit, 1 Palmo in Rom und Carrara ca. 24 cm. 5 In der Erinnerung von Schinkels Enkel Hans Paul von Wolzogen liest sich die Herkunft des »geognostischen Rühreis« allerdings weit weniger prosaisch, als bei Rauch : »Eines […] darf ich nicht vergessen : der große Marmortisch, an welchem ich heute noch diese Blätter schreibe, dessen rein-weiße Platte abgeschnitten war von Rauchs ›Iffland‹ [die im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörte Sitzstatue Ifflands im Königlichen Schauspielhaus war ein Werk von Friedrich Tieck und nicht von Rauch !], unter welcher das Kind so gern des Abends lag, wenn die andern bei der Lampe um den Tisch saßen, die Augen des Kleinen aber durch den erleuchteten Stein hindurch die Gegenstände darauf erkennen konnte. Später diente die schöne weiße Fläche dem Knaben, dem Jüngling noch, für kühne Zeichnungen eines ganz wild gewachsenen Talents« (Wolzogen 1923, S. 19–20). 6 Pierre Jean David, genannt David d’Angers, war seit seinem Romaufenthalt (1811–1815) mit Rauch bekannt, doch seit 1833 verstärkte sich die Beziehung zwischen den Bildhauern, die sich durch Davids Deutschlandreise 1834 und durch dessen fast dreiwöchigen, gemeinsam mit seiner jungen Frau Emilie in Berlin verbrachten Aufenthalt zu einer Freundschaft verfestigte. Fasziniert von der Idee, bedeutende, noch erreichbare Persönlichkeiten seiner Epoche in Büsten und Porträtmedaillons dem Gedächtnis seiner Zeitgenossen zu erhalten, schuf David bereits 1829
Rauch an Schinkel, 17. Dezember 1837
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in Weimar eine Büste von Goethe, der 1834 die von Rauch folgte (bez. rechts am Sockel des in Marmor ausgeführten Werkes : »à son ami Rauch le statuaire P. J. David d’Angers 1836«, heute Arolsen, Schloss). Zu den über 500 Reliefporträts, die er insgesamt schuf, zählten auch die von Brandt (Medailleur), Chamisso, Friedrich Tieck, Schinkel sowie die oben erwähnte von Leo von Klenze, die David während seines Besuchs in München 1834 modellierte. Ein inzwischen verschollener Bronzeguss von Klenzes Medaillon befand sich seit Anfang der 1940er-Jahre auch in der Bildnis-Sammlung der Berliner Nationalgalerie (Inv. Nr. B I 557). Zu David d’Angers vgl. Maaz 2004 ; zum Verhältnis Rauch/d’Angers siehe Eggers, Rauch III, 1886, S. 22–26. 7 Hier lebte Rauchs Tochter Agnes d’Alton mit ihrer Familie.
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53. Schinkel an Rauch, Berlin, 16. März 18381 Theuerster Freund ! Im Namen Sr. Königlichen Hoheit des Kronprinzen soll ich Ihnen den Auftrag machen, die in beifolgender Durchzeichnung dargestellten beiden Gegenstände für Niebuhrs Denkmal2 bald ausführen zu lassen. Das Denkmal in Bonn ist bis auf diese Stücke bereits vollendet. Beide werden in weißem Marmor gehauen und eingesetzt in die dafür bestimmten Räume. Genaue Maße sind daneben geschrieben, ich bitte diese Durchzeichnung sorgfältig zu reservieren, denn ich besitze keine weiteren Zeichnungen, sie sind sämtlich bei dem Baumeister in Bonn, und es macht große Mühe, sie von dort wieder zu erhalten. Ihr Schinkel Berlin, den 16. März 1838 1 Dieser inzwischen verschollene Brief ist, vermutlich leicht geglättet, abgedruckt bei Kaufmann 1929, S. 321. Kaufmann weist ihn 1929 noch im Rauch-Schinkel-Museum nach. 2 Es handelt sich um das Grabmal des Ehepaares Niebuhr auf dem Alten Friedhof in Bonn. Der Staatsmann und Historiker Barthold Georg Niebuhr, als Professor für römische Geschichte von 1814–1816 an der neugegründeten Berliner Universität tätig, war auch Privatlehrer des Kronprinzen. Er starb am 2. Januar 1831 ; neun Tage vor seiner Frau. Nach einem Besuch am schlichten Grab des Ehepaares in Bonn im Jahr 1833 gab der Kronprinz Schinkel den Auftrag zu einer künstlerisch ausgestalteten Denkmalanlage, wozu der Architekt mehrere Entwürfe lieferte (vgl. SMB-KK, SM 23b.31–34). Der endgültige Entwurf nach einer Skizze des Kronprinzen orientierte sich an Veroneser Wandgräbern des Trecento und zeigt eine hohe, die Grabanlage abschließende Wand, in die eine von Engelskonsolen getragene Säulen-Ädikula mit einem Christusmedaillon und einem Grabrelief eingelassen ist. Zum Zeitpunkt des obigen Briefes war die architektonische Anlage bereits fertig gestellt, es fehlten nur noch die von Rauch zu bearbeitenden Reliefs (s. Simson 1996, S. 384–385, Kat. 254 ; vgl. Brief 54, Anm. 3).
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54. Rauch an Schinkel, 27. Juli 18391 Theuerster Freund Mit großem Vergnügen habe ich aus Ihren Zeilen erfahren daß es Ihnen wohl ergeht, und das Waßer seine gute Wirkung wiederholt bewährt, die Sie erst nach einer Promenier Reise (aber nicht wie die vorigjährige) ganz empfinden können.2 Niebuhrs Profil3 wollte sich die antike Tunika nicht recht gefallen laßen, weshalb ichs versuchte, es in einem weiten altdeutschen Kragenmantel zu logiren, des Kronpr. eigentl. Ansichten respektirend, schrieb ich anfragend nach Marienbad (da in Charlottenhof ich ihn in erzherz[oglichem] trouble nur vorüberfahren sah) und erhielt die Antwort. ja das ant. Costum beizubehalten ; In 14 Tagen das Modell also nun vollendet sein wird ! Ich bin mit der Marmorausführung der Danaidenstat[ue]4 beschäftigt welche im nächsten Monat zur Absendung vollendet sein wird, aber mir erprobte Hinderniße durch Kieselartige Gänge u Nägelartige Punkte zu überwinden habe, und meine sanfte Gemüthsart, in die eines zornigen Ebers gegen Menschen und die unglückliche Königstochter5 umwandelt. Von Mrs. David d’Angers unsere lieben Freunde6 erhielt ich gestern einen Brief durch L[Lücke] D. Vialars Banquier aus Montpellier den ich iezt aber werde kennen lernen, David und seine Emilie laßen Sie u die lieben Ihrigen herzl. u freundlichst grüßen, dem ein eigner Artikel der schönsten Erinnerungen an Berlin folgt, u schickt mir ein Buch welches ich auch noch empfangen soll, seine Biografie enthaltend. Eugenchen in Halle war längere Zeit ohne Bewußtsein in ihrem KrankheitsZustande, nach 4 Wochen der lezten Nachrichten war einige Beßerung eingetreten, daß der Arzt Hoffnung giebt. aber erst noch 3 Wochen das Bett hüten mußte.7 ich habe in der Entf. sehr lange Tage verlebt. Sehr dankbar sind die Meinigen für den freundl. Besuch. In Bonn8 ist der Zustand nur abwechselnd beßer, im ganzen aber nicht zur Genesung führend. Der archit. Concurs ist ziemlich gut ausgefallen, aber keiner der beiden Concur. hat das Einzelne so durchgearbeitet wie Scheppig9 es gethan, übrigens zeichnet sich der Eine durch geschmackvolle Anlagen des Ganzen, u genialer Anlage der Ansichten namentl. vortheilhaft aus, das Dekorative ist in beiden Geschmackvoll. Leider konnten sie nur die Hälfte der Zeit auf die Aufgabe verwenden, da anderweitig sie beschäftigt waren. Beuth ist wohl ich hoffe ihn heute Abend zu besuchen. Wir leben in einer dichten Staubwolke da allenthalben Pflasterungen vorgenommen sind, u vor dem Prenzlauer Thore ist auch wenig Trost im Freien indem die Erndte gefahren, u das Drachensteigen auf den Stoppeln schon beginnt. Heute Früh hatten wir in der Akademie auf dem großen grünen Conferenz Tische Gegenst. Darstellungen des famosen Averino aus Rom.10
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[verso Vakat mit Adresse :] Seiner Hochwohlgeboren Des Königl Ober Landes Bau Directors hoher Orden Ritter p Herrn Schinkel zu Kissingen [sowie Bemerkung Rauchs mit Bleistift auf der folgenden Seite recto :] Entschuldigen Sie die Poltronesie11, zu der mich das dünne Papier verführt hat – [verso Fortsetzung :] größtentheils Atelethische [sic !] gruppirungen, u Einzelne Bewegungen des nackten Körpers vor großer Versammlung. u so großen u bleibenden Eindruck auf dieselbe zurückließ, daß gewiß nie ein grüner Tisch so glänzende Bürde trug als der unsrige. er knackte vor innrem Entzücken wenn wir in Beifall losplazten. am 5ten ist Wiederholung mit Zugabe eines schönen jungen höchstgelenkigen Italiäner Tartaruga genannt. da er auf seinem Lendenwirbelbeine den Obertheil des Körpers face gegen die in Porfil [Profil] stehenden Beine, in schönsten Bewegungen stellt, wie in der Bronze des berühmten Lysippus Discuswerfer.12 Mit Prf. Krüger13 war ich am Donnerstag in Glienicke14 wo wir einen wunderschönen Nachmittag zubrachten, u allgem. Ihrer gedacht wurde, bedauernd daß Sie nicht auch dasein konnten. Vis a vis dem Casino über den See herüber neben dem Brückenwächter Hause, wird am Königs Geb.Tag15 das große Artillerie Feuerwerk abgebrannt werden, wo es eine herrliche Wirkung u Spiegelung im Wasser hervorbringen muß. Sie werden diesmahl Nürnberg. Bamberg Würzburg etc. besuchen, auch wohl die schöne Galerie von Pommersfelden. die Schülch Türme16 in Wechselburg etc nicht vorbeigehen [lassen]. u haben [wir] dann die Freude Sie bald d. h. Ende August wieder bei uns zu sehen, hören aber daß Sie schon früher zurück sein mögten. Grüßen Sie die lieben Ihrigen herzlichst, u verbleibe treu u ergebenst der Ihrige Rauch. Berlin 27. Juli 1839. 1 BJ Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.32. 2 Schinkel, beruflich überlastet und gesundheitlich angeschlagen, hielt sich von Ende Juni bis zum 4. September 1839 zu einem Kuraufenthalt in Bad Kissingen auf, wo er bereits ein Jahr zuvor die Zeit vom 12. Juni bis Ende August zur Erholung zugebracht hatte, ehe er sich auf eine anstrengende Inspektionsreise in das Rheinland begab. 3 Zum Niebuhr-Grabmal vgl. Brief 53. Die Reliefplatte mit den Porträts des Ehepaares und das Christus-Medaillon waren auf Schinkels Wunsch Rauch übertragen worden, der sich bei der Anlage des Doppelbildnisses das antike Cato-Porgia-Relief in den Vatikanischen Museen zum
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Vorbild nahm (Amelung 1908, Bd. 2, S. 572–573, Nr. 388, Taf. 65). Es ist durch die dextrarum iunctio – die verschlungenen rechten Hände des Paares – gekennzeichnet, die auch Rauch übernahm. Am 24. September 1838 (vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch SMB ZA, IV/NL Rauch 06) begann er, »die kleine Arbeit des Denkmals Niebuhrs« zu modellieren, wobei er – wie oben erwähnt – den Gelehrten zunächst in weitem Mantel mit Kragen darstellte. Da das auf strikte Ablehnung des Kronprinzen stieß, behielt Rauch die antike Tunika bei, arbeitete sie jedoch weniger faltenreich und schlichter aus, um dem schmalen, feinnervigen Gesicht des Gelehrten nichts von seiner Wirkung zu nehmen. Die noch jugendlich erscheinende Ehefrau bildete Rauch, entgegen der antiken Vorlage, nicht eng verhüllt, sondern in feinem, ärmellosem Chiton, der die vollen Körperformen durchscheinen lässt (vgl. Simson 1996, S. 384–386, Kat. 255). Gemeint ist die Marmorstatue einer Danaide, die Rauch im Auftrag des Zaren Nicolai I. für dessen Landhaus Snamenka bei Petersburg schuf (H. 163 cm, St. Petersburg, Ermitage, Marmorsaal, Inv. Nr. H.ck. 1404). Die Bestellung einer mythologischen Aktfigur für den Zaren geschah auf Anregung Alexander von Humboldts, der bei einer Begegnung mit Nicolai I. im Frühjahr 1830 auf Rauchs großes Talent hinwies und dem Zaren beteuerte, »wie sehr zu bedauern wäre, daß Sie [Rauch] selbst nie etwas im Geiste der Antike nackt hatten in voller Freiheit machen können« (Brief Alexander v. Humboldts an Rauch vom 3. Februar 1830, vgl. Maaz 2007, S. 42–44, hier S. 43). Darauf erfolgte spontan die kaiserliche Bestellung einer solchen Figur, bei der der Künstler zunächst zwischen der Darstellung einer Danaide und einer Eurydike schwankte. Der Zar entschied sich jedoch für Erstere. Am 1. Juli 1837 war das große Modell vollendet. Die Ausführung in Marmor verzögerte sich aufgrund eines zunächst bearbeiteten, doch unbrauchbaren Steins, so dass die endgültige Statue erst im Oktober 1839 vollendet werden konnte. Anschließend präsentierte der Künstler sie in der Akademie-Ausstellung (nachträglich und nicht im Ausstellungskatalog verzeichnet). Am 30. Juni 1840 stach Rauch auf Einladung des Zaren von Swinemünde aus in See, um die Statue persönlich in St. Petersburg zu übergeben (vgl. Simson 1996, S. 345–348, Kat. 217.1–2). Sie war eine der 50 Töchter des libyschen Königs Danaos, denen ihr Vater aus Furcht vor einem Orakelspruch befohlen hatte, die Söhne seines königlichen Zwillingsbruders Aegyptos, in der gemeinsamen Hochzeitsnacht zu ermorden. Als Strafe für diese Untat forderten die erzürnten Götter, dass die Danaiden nach ihrem Tod in der Unterwelt unaufhörlich Wasser aus Krügen in durchlöcherte Gefäße schöpfen müssten – ein Symbol vergeblicher Bemühungen (vgl. Damen Conversations Lexikon, Bd. 3, 1835, S. 74–75). Offensichtlich verband Rauch mit der Danaidentätigkeit ein eigenes künstlerisches Problem, das häufig darin bestand, nach langem Bemühen, ein nicht zufriedenstellendes Werk zu vernichten und die Arbeit daran immer wieder von neuem zu beginnen. Zu David d’Angers vgl. Brief 52, Anm. 6. Am 7. Juli 1839 notierte Rauch im Tagebuch die Nachricht aus Halle, wie lebensgefährlich seine älteste Enkeltochter Eugenie »das seit 10 Tagen begonnene nervöse gastrische Fieber« [vermutlich Typhus] ergriffen habe. Am 2. August reiste der besorgte Großvater mit der Schnellpost nach Halle, wo er das Kind »bis zur Entstellung durch die Krankheit abgemagert antraf«, doch die Besserung schritt bis zu seiner Abreise am 9. August deutlich voran (vgl. Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06). In Bonn lebte Joseph Wilhelm Eduard d’Alton, Kunsthistoriker, Archäologe und Kupferstecher, seit 1818 Professor für Archäologie und Kunstgeschichte an der Bonner Universität, mit seiner Frau Sophie Friederike und der Tochter Marie. Er war der Vater von Rauchs Schwiegersohn Eduard (Johann Samuel) d’Alton und war zu dieser Zeit bereits ernsthaft krank. Rauch hatte ein nahes Verhältnis zu dem alten d’Alton, der Kunst sammelte, selbst malte und Pferdestudien betrieb,
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weswegen sich Rauch in Zusammenhang mit Entwürfen zum Ross des Friedrich-Denkmals gern an ihn wandte. D’Alton hatte 1810–1816 eine zweibändige, mit Kupferstichen versehene Naturgeschichte des Pferdes verfasst, der zwischen 1821 und 1838 eine insgesamt 14 Bände umfassende Vergleichende Osteologie folgte (zur Familie d’Alton vgl. Zwiener 2003). 9 Der Baumeister Carl Friedrich Adolph Scheppig war zwischen 1825 und 1831 freier Mitarbeiter in Schinkels Büro. 1830/31 hatte er bereits bei einem Architekturwettbewerb für den Entwurf einer Akademie der Künste ein vierjähriges Italienstipendium erworben, nun gewann er wieder den Konkurs. Er war in dieser Zeit durch seine Tätigkeit als leitender Architekt und Baurat im Fürstentum Schwarzburg-Sonderhausen sehr mit dem Umbau des dortigen Residenzschlosses beschäftigt, einem Auftrag den ihm Schinkel überlassen hatte (zu Carl Scheppig siehe Bärninghausen 2011). 10 Zu Averinos Vorführung »gegenständlicher Darstellungen«, die zu Studienzwecken besonders gern von Bildhauern und bildenden Künstlern besucht wurden, vermerkte der Berliner Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1839 (Bd. 4, Berlin1840, S. 322) : »Die akrobatisch-athletische Gesellschaft des Hrn. Michaelo Averino aus Rom, gab bis 30. Septbr. 1839 fünf Vorstellungen«. 11 Großtuerei von it.-frz. Poltron = Maulheld, Großtuer. 12 Rauch meinte wohl den berühmten Diskuswerfer des Myron, den sog. Diskobol aus der Mitte des 5. Jhd. im Thermenmuseum in Rom. 13 Der Maler Franz Krüger (oft als »Pferde-Krüger« bezeichnet), den Rauch bei seinen Studien zum Reiterdenkmal Friedrichs II. hin und wieder zu Rate zog, stellte sowohl Schinkel als auch Rauch mehrfach in Bildnissen dar (vgl. Ausst. Kat. Krüger 2007, cum voce). 14 Rauch vermerkte das Treffen am 25. Juli 1839 im Tagebuch (Briefverzeichnis und Tagebuch, SMB ZA, IV/NL Rauch 06) : »Mittags mit Prof. H. Krüger bei S. K. H. dem Pr. Carl v. Preußen zu Glienike«, dem von Schinkel um- und ausgebauten Sommersitz des Prinzen Carl (vgl. Brief 27, Anm. 16). 15 Des Königs Geburtstag war der 3. August. 16 Das Wort »Schülch« scheint eine phonetische Umsetzung von Zschillen (Bienenort), dem ursprünglichen Namen von Wechselburg zu sein ; allerdings gibt es dort keine sehenswerten »Türme«, sondern nur die Kloster-Basilika. Über das Muldetal weithin sichtbar überragt allein der Turm der evangelischen Kirche St. Otto die Bauten von Wechselburg.
Rauch an Susanne Schinkel, geb. Berger, Berlin, 18. März 1849
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55. Rauch an Susanne Schinkel, geb. Berger, Berlin, 18. März 18491 Verehrteste Freundin Ihrer gütigen Nachricht vertrauend, daß Sie diese etwas verspätete Antwort Ihres freundlichen Briefes, so wie des allerverbindlichsten Dankes Ihres Herren Schwiegersohnes,2 für das Bändchen Gedichte,3 nicht als Nachläßigkeit anrechnen würden, hat diese Zeilen in anderer Beziehung unwillkührlich verzögert. Sehr erfreut hat es uns alle mit mir, Ihr Wohlergehen sowie die allgemeine Freude und Genuß an dem kleinen Enkelchen4 welches unterr Ihrer Pflege so schön gedeihen soll wie ich dieß der Großmamma nachzuempfinden lebhaft mitzufühlen (in proxime) wie ich so glücklich bin, indem Agnes seit einigen Tagen mit Eugenchen u Ned aus Halle uns besuchen, d’alton sie zu Ostern abholt, u Marie uns hier zurück laßen wird.5 Hr. Dr. Thieme Gedichte bekunden mir ganz deßen Sinn und Gemüth das Familie v. Wolzogen zugethan darin durch alle Lebensdramen in lebendigster Herzlichkeit miterlebt, ebenso dies Gefühl in die neuesten Verhälniße überträgt. Ich habe den Mann durch Einführung Ihres lieben Kindes im Atelier als solchen persönlich kennen gelernt,6 wie derselbe in seiner Dichtung und Ihre[r] mündliche[n] Mittheilung sich bekundet. Die Frage in Beziehung des Bildnißes unsers verewigten Freundes, die Sie in Ihrem Briefe berührten, hat diese Zeilen solange ohne eigentliches Resultat (ich muß hinzufügen zu meinem großen Bedauren) verzögert, indem ich mit Herrn v. Olfers immer damit beschäftigt war, zur Vervollständigung der Bildniß Reihe unserer wissenschaftlichen Kunst Männer,7 nothwendig auch Schinkels Bildniß bei seiner Majestät auch in Vorschlag zu bringen, welches aber nur der Maler Schmidt zu Aachen ausführen könnte8 – oder wer sonst ? – war die Frage. Ersterer ist aber zur Zeit nicht in Aachen sondern in England, weshalb diese Sache noch schwebend verblieben ist, wenn dies aber realisirt würde, so könnte dann zugleich auch das familiäre Andenken durch ein möglichst gelungenes Portrait zu Stande kommen, Prof. Krügers Zeichnung.9 Tiecks Büste10 zur möglichen Correctur eines Bildnißes mögte etwas genügendes erreichen lassen. Das Nähere hierüber wird sich bei Ihrem Hiersein wo möglich ergeben. Die Meinigen tragen mir die herzlichsten Grüße an Sie u die lieben Ihrigen den ich die Meinigen anfüge auf. unser aller Freund Berger macht uns die Freude mit Bunsens11 heute zu Tische zu sein. wo wir im Chorus uns Ihrer erinnern werden. In besonderer Hochschätzung und Freundschaft verbleibend Ihr ergebenster Rauch
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Berlin 18. Mrz. 1949. 1 SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156. 2 Alfred von Wolzogen hatte 1847 Schinkels Tochter Elisabeth geheiratet. 3 Bei dem Bändchen handelte es ich um Gedichte von August Thieme, hrsg. von Alfred von Wolzogen, mit einem Vorwort von Johannes Falk (1819), Berlin 1848. Nach seinem Studium in Jena hatte sich Thieme längere Zeit in St. Petersburg und in Finnland aufgehalten, wo er mit seinem Poem Finnland die deutsche literarische Finnlandrezeption begründete. Abseits des damaligen Literaturbetriebes lebte der als Naturlyriker seinerzeit bekannte Dichter und Pfarrer schließlich zurückgezogen in Allstädt, unweit von Kalbsrieth, dem Sitz der Familie von Wolzogen (vgl. Wolzogen 2016, S. 246). 4 Der Enkel Hans Paul von Wolzogen (später Freund und Mitarbeiter Richard Wagners) lebte bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr in der Schinkel’schen Bauschule (vgl. Wolzogen 1923, S. 11– 31). 5 Rauch nennt hier drei seiner Enkelkinder : Eugenie, den kleinen Eduard, genannt Ned, und Marie. 6 Über Alfred von Wolzogen, dessen Erziehung August Thieme wesentlich mitbestimmt hatte, kam Thieme auch in Kontakt mit der Familie Schinkel, die zu den ersten Lesern seiner Gedichte gehörte, die Alfred von Wolzogen herausgab. Anlässlich der Trauung Alfred von Wolzogens mit Elisabeth Schinkel, die Thieme vornahm, besuchte Letzterer auch Rauch in seinem Atelier (zu August Thieme vgl. den Wikipedia-Artikel August Thieme, mit ausführlicher Literatur (https:// de.wikipedia.org/wiki/August_Thieme_(Dichter), letzter Zugriff : 21.5.2021), sowie Kirsten 2007, S. 111–114). 7 Rauch meinte hier die Galerie der Ordensritter des Pour le mérite der Friedensklasse, den Friedrich Wilhelm IV. 1842 »für die Verdienste um die Wissenschaft und die Künste« gestiftet hatte. Auch Rauch gehörte seit 1842 gemeinsam mit Johann Gottfried Schadow, Felix Mendelssohn Bartholdy und Giacomo Meyerbeer als Ritter dem Orden an. Er war durch ein repräsentatives Porträtgemälde in der Galerie vertreten, das sein alter Freund Carl Begas d. Ä. im Auftrag des Königs 1845/46 gemalt hatte (Potsdam, SPSG BB, GK I 2953). 8 Gemeint ist der von Rauch hochgeschätzte Porträtmaler Carl Schmid, der bereits 1832 in Rauchs Auftrag ein Brustbild Schinkels ausgeführt hatte (Öl auf Leinwand, 48 x 48 cm, bez. rückseitig auf dem alten Keilrahmen : »Schinckel von Carl Schmid in Berlin nach dem Leben gemalt in Holbergstr. 1832«), über das Rauch am 24. November 1833 an seinen Freund Ernst Rietschel schrieb : »Eben trifft das Bildnisß Schinckels [ein, das] des liebsten Freundes Züge auf eine Weise fixirt, wie man es wohl wünscht und selten erreicht, es wurde im vorigen Jahre dieser Zeit hier unter meinen Augen von Carl Schmid aus Aachen Sohn Peter Schmid[s] gemalt, und ist ein unersetzlicher Schatz für mich geworden, da nichts ähnlicheres sein ganzes Wesen darstellend bis iezt gemacht ist« (vgl. Simson/Wilmowsky 2020, Brief 60, S. 268, mit Anm. 25). Das Gemälde kam nach Rauchs Tod in den Besitz seines Enkels Guido d’Alton und gelangte später in die Berliner Nationalgalerie (Inv. A II 506, vgl. die Farbabbildung bei Wolzogen 2016, Abb. 3). Der von Rauch im obigen Brief noch als »schwebend« bezeichnete Auftrag für die auf Geheiß Friedrich Wilhelms IV. entstandene Galerie der Ritter des Ordens Pour le mérite der Friedensklasse kam tatsächlich 1850/51 durch Carl Schmid zustande. Er stellte Schinkel mit Zirkel und Papier an einem Tisch sitzend dar, wobei er dessen Kopf nach dem bereits 1832 entstandenen Porträt in Rauchs Besitz malte (SPSG BB, GK I 2955, vgl. Ausst. Kat. Friedrich Wilhelm IV., 1995, S. 198, Nr. 1.15 m. Abb.; Katalogbuch Schinkel 2012, S. 46). Der später in Berlin lebende Carl Schmid hatte 1829
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in Aachen eine Zeichen- und Malschule eröffnet, in der er auch Damen und junge Mädchen unterrichtete. Sein Vater Peter Schmid, Pädagoge, Maler und Zeichenlehrer, leitete nach Jahren in Aachen und Köln seit 1819 in Berlin ein Seminar für Zeichenlehrer an der Kunstschule der Akademie. Seit 1830 war er als Zeichenlehrer fest an der Real- und Taubstummenschule angestellt und erhielt 1832 für seine Verdienste den Professorentitel (vgl. Binder : Schmid, Peter, in : ADB 2003, Bd. 31 (1890), S. 689–692 ; Groß 2000, S. 405–406). 9 Gemeint ist Franz Krügers Brustbild Schinkels von 1836 (Pastell, weiß gehöht, bez. u. r.: »Zum geneigten Andenken von FKrüger, 36«, SMB KK, Inv. SZ Fr. Krüger 554, Abb. in : Katalogbuch Schinkel 2012, S. 40, zu Kat. 19). 10 Es handelt sich um die Büste Schinkels, die 1819, gleich nach der Rückkehr Friedrich Tiecks aus Italien entstand, und zu den authentischsten und besten Schinkel-Bildnissen zählt (SMB NG, Marmor, H. 67 cm, bez. auf der Rückseite : Fried : Tieck/A. V. Fec. 1819., vgl. Maaz 1995, Kat. 113). 11 Gemeint sind Susanne Schinkels Bruder Wilhelm Berger und vermutlich der Staatsgerichts- und Justitsrat Reinhard Bunsen, der 1828 Agnes Rauchs Schulfreundin Pauline Hünchen geheiratet hatte und stets enge Verbindung zum Hause Rauch pflegte.
Briefverzeichnis Brief 1 Rauch an Schinkel, Carrara 10. August 1816 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms. 1922.155.2) Brief 2 Schinkel an Rauch, Berlin 14. November 1816 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43 Schriftwechsel Rauch, Mappe 156, Bl. 1–2) Brief 3 Schinkel an Rauch, Berlin 2. Dezember 1816 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 3–4) Brief 4 Rauch an Schinkel, Carrara 19 bis 21. Dezember 1816 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156) Brief 5 Rauch an Schinkel, Carrara 15. Januar 1817 (BJ Berlinka Slg. Autographa acc.ms. 1922.155.3) Brief 6 Schinkel an Rauch, Berlin 10. März 1817 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 5–6) Brief 7 Schinkel an Rauch, Berlin 23. März 1817 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 7–8) Brief 8 Rauch an Schinkel, Carrara 15. Mai 1817 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms. 1922.155.4) Brief 9 Rauch an Schinkel, Carrara 15. Juni 1817 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. mss.1922.155.5) Brief 10 Rauch an Schinkel, Carrara 31. Juli 1817 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.1922.155.6) Brief 11 Rauch an Schinkel, Carrara 17. Januar 1818 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.155.7) Brief 12 Schinkel an Rauch, Berlin 18. Januar 1819 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156) Brief 13 Rauch an Schinkel, Berlin 1. Juli 1819 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156) Brief 14 Schinkel an Rauch, wohl 1819 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156) Brief 15 Rauch an Susanne und Karl Friedrich Schinkel, Berlin 29. Oktober 1819 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.8) Brief 16 Agnes Rauch an Susette Schinkel, Pyrmont 16. August 1821, mit Brief Rauchs auf dem Restbogen an Schinkel unter dem selben Datum (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.9) Brief 17 Schinkel an Rauch, Stettin 1. September 1821 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 9) Brief 18 Rauch an Schinkel, Berlin 28. Oktober 1821 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.1922.155.10) Brief 19 Rauch an Schinkel, 30. Mai 1822 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.1922.155.33) Brief 20 Rauch an Schinkel, 26. Juli 1822 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.122.155.11) Brief 21 Rauch an Schinkel, Berlin 16. September 1822 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.34)
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Briefverzeichnis
Brief 22 Rauch an Schinkel, Berlin 9. Dezember 1822 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.12) Brief 23 Rauch an Schinkel, Berlin 2. März 1823 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.13) Brief 24 Rauch an Schinkel, Berlin 5. Mai 1823 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.14) Brief 25 Rauch an Schinkel, Berlin 13. Dezember 1823 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.35) Brief 26 Schinkel an Rauch, Berlin 21. April 1824 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.9 Brief 27 Rauch an Schinkel, Berlin 11. bis 14. August 1824 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.122.155.15) Brief 28 Schinkel an Rauch, Neapel 6. September 1824 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156, Bl. 10–11) Brief 29 Rauch an Schinkel, Berlin 13. Oktober 1824 (Regest Stargardt Auktion 30. Januar 1936, Katalog, S. 45, Nr. 281) Brief 30 Rauch an Schinkel, Berlin 2. November 1824 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms. 122.155.16) Brief 31 Rauch an Schinkel, Berlin 26. August 1825 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.16) Brief 32 Rauch an Schinkel, Paris 21. Mai 1826 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.17) Brief 33 Rauch an Schinkel, 10. Juli 1826 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.122.155.18) Brief 34 Rauch an Schinkel, 29. März 1827 (Stadt- und Landesbibliothek Dortmund, Autograpensammlung, Atg.-Nr. 3851) Brief 35 Rauch an Schinkel, Berlin 18. Oktober 1827 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.19) Brief 36 Schinkel an Rauch, Berlin 5. Dezember 1828 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156) Brief 37 Schinkel an Rauch, Dezember 1828/Januar 1828, mit Beilage zum Poseer Denkmal (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156) Brief 38 Rauch an Schinkel, Berlin 12. Februar 1829 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.20) Brief 39 Rauch an Schinkel, Berlin 2. Juni 1829 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.21) Brief 40 Rauch an Schinkel, Neapel 8. Februar 1830 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.22) Brief 41 Rauch an Schinkel, München 27. April 1830 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.24) Brief 42 Rauch an Friedrich Wilhelm III. über das Denkmal Friedrichs II.: Abschrift an Schinkel, München April 1830 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.122.155.23) Brief 43 Rauch an Schinkel, Berlin 30. Mai 1833 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.25)
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Brief 44 Rauch an Schinkel, Berlin 23. August 1834 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.26) Brief 45 Rauch an Schinkel, 4. Januar 1835 (Sadt- und Landesbibliothek Dortmund, Autographensammlung, Atg.-Nr. 8801) Brief 46 Rauch an Schinkel, Berlin 12. Januar 1835 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.27) Brief 47 Schinkel an Rauch, 23. September 1835 (SMB ZA, NL Rauch IV. 1, Bl. 49) Brief 48 Schinkel an Rauch, 2. Mai 1836 (SMB ZA, NL Rauch IV. 1,Bl. 59) Brief 49 Rauch an Schinkel, 10. Mai 1836 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.122.155.28) Brief 50 Rauch an Schinkel, Berlin 22. August 1836 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.29 Brief 51 Rauch an Schinkel, Berlin 2. Juli 1837 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.30 Brief 52 Rauch an Schinkel, 17. Dezember 1837 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc. ms.122.155.31) Brief 53 Schinkel an Rauch, Berlin 16. März 1838 (Autograph verschollen, Druck in Kaufmann 1929, S. 321) Brief 54 Rauch an Schinkel, 27. Juli 1839 (BJ Berlinka Slg. Autographa, acc.ms.122.155.32) Brief 55 Rauch an Susanne Schinkel, Berlin 18. März 1849 (SMB ZA, NL Schinkel 6.43, Mappe 156)
Siglen BJ Biblioteka Jagiellońska, Kraków, Berlinka (ehem. Preußische Staatsbibliothek), Slg. Autographa : Briefe von Rauch an Schinkel GStA Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kuturbesitz, Berlin SMB ZA Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin : Nachlass C. D. Rauch/K. F. Schinkel SMB KK Berlin, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett SMB NG Berlin, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie SPSG BB Potsdam, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur (Briefwechsel Rauch/Schinkel) Amelung 1908 – Walter Amelung : Die Skulpturen des Vaticanischen Museums, Bd. 2, Berlin 1908. Anzelewsky 1971 – Fedja Anzelewsky : Albrecht Dürer. Das malerische Werk, Berlin 197. Akad.-Ausst. Berlin – Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen 1786–1850, bearbeitet von Helmut Börsch-Supan, 2 Bde. und Registerbd., Berlin 1971. Ausst. Kat. Friedrich Wilhelm IV. 1995 – Friedrich Wilhelm IV. Künstler und König. Zum 200. Geburtstag. Ausstellung vom 8. Juli bis 3. September 1995 Neue Orangerie im Park von Sanssouci, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Frankfurt am Main 1995. Ausst. Kat. Krüger 2007 – »preußisch korrekt, berlinisch gewitzt«. Der Maler Franz Krüger 1797–1857, hrsg. von Gerd Bartoschek. Katalog zur Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und der Nationalgalerie und des Kupferstichkabinetts der Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz, München/Berlin 2007. Ausst. Kat. Nazarener 1977 – Die Nazarener. Hrsg. Klaus Gallwitz. Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut, Frankfurt am Main, 28.4.–28.8.1977, Frankfurt am Main 1977. Ausst. Kat. Schinkel 1980 – Ausst. Kat. Karl Friedrich Schinkel 1781–1841, Staatliche Museen zu Berlin/Hauptstadt der DDR in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci und mit Unterstützung des Instituts für Denkmalpflege in der DDR, Ausstellung im Alten Museum, 23.10.1980–29.3.1981, Berlin 1980. Ausst. Kat. Schinkel 1981 – Karl Friedrich Schinkel, Architektur, Malerei, Kunstgewerbe. Staatliche Schlösser und Gärten und Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Nationalgalerie Berlin, Orangerie des Schlosses Charlottenburg 13.3.–13.9.1981, Berlin 1981. Ausst. Kat. Schinkel 1982 – Bauakademie der DDR/ Institut für Städtebau und Architektur (Hrsg.) : Karl Friedrich Schinkel. Eine Ausstellung aus der Deutschen Demokratischen Republik. Hamburger Kunsthalle 18. November 1982 – 16. Januar 1983, Berlin 1982. Ausst. Kat. Schinkel 2012 – Katalogbuch zur Ausstellung : Karl Friedrich Schinkel. Geschichte und Poesie. Für dasKupferstichkabinett – Staatliche Museen zu Berlin (Kulturforum 7.9.2012–6.1.2013) und die Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München (1.2.2013–12.5.2013), hrsg. von Hein-Th. Schulze Altcappenberg, Rolf H. Johannsen und Christiane Lange unter Mitarbeit von Nadine Rottau und Felix von Lüttichau, mit einem Essay von Werner Hofmann, München 2012. Ausst. Kat. Thorvaldsen 1977 – Bertel Thorvaldsen, Skulpturen, Modelle, Bozzetti,
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Handzeichnungen, Gemälde aus Thorvaldsens Sammlungen. Museen der Stadt Köln, Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Kunsthalle Köln vom 5.2.–3.4.1977, Köln 1977. Ausst. Kat. Thorvaldsen 1989 – Bertel Thorvaldsen 1770–1844 scultore danese a Roma. Rom, Galleria Nazionale d’Arte Moderna, 31 ottobre 1989 – 28 gennaio 1990, Rom 1989. Badstübner/Czok/Simson 2006 – Sibylle Badstübner-Gröger, Claudia Czok, Jutta von Simson : Johann Gottfried Schadow. Die Zeichnungen. Im Auftrag der Akademie der Künste und des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, hrsg. von Rüdiger Becksmann, 3 Bde., Berlin 2006. Baer 1979 – Winfried Baer : Der Einfluß der Antike auf das Erscheinungsbild der Berliner Porzellanmanufakturen, in : Berlin und die Antike, Katalog, Berlin 1979, S. 251–271. Baer 2005 – Winfried Baer : Karl Friedrich Schinkels Tafelaufsatz-Entwürfe im Rahmen ihrer europäischen Konkurrenz und sein Zusammenwirken mit der Bronzefabrik Werner und Mieth bzw. Werner & Neffen in Berlin, in : Jahrbuch der Berliner Museen, Bd. 47, 2005, S. 159–194. Bärnighausen 2011 – Hendrik Bärnighausen : Carl Scheppig (1803–1885). Ein Schinkel-Schüler in Berlin, Rom und Sonderhausen. Dresden 2011. Belting 1999 – Hans Belting : Die Antike als deutsches Idealbild – Wilhelm von Humboldt und seine Antikensammlung, in : Identität im Zweifel – Ansichten der deutschen Kunst, Köln 1999. Bestandskat. Antiken I, 2009 – Bestandskatalog der Kunstsammlungen, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Antiken I, Kurfürstliche und Königliche Erwerbungen für die Schlösser und Gärten Brandenburg-Preußens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, Berlin 2009. Bestandskat. Gemäldegalerie SMB 1975 – SMB Gemäldegalerie : Katalog der ausgestellten Gemälde des 13.–18. Jahrhunderts, Berlin-Dahlem 1975. Bestandskat. Skulpturen 2006 – Nationalgalerie Berlin. Das XIX. Jahrhundert, Bestandskatalog der Skulpturen, hrsg. von Bernhard Maaz, Bd. 1 u. 2, Staatliche Museen zu Berlin, Leipzig 2006. Binaghi Olivari 2007 – M. Teresa Binaghi Olivari : Bernardino Luini, Milano 2007. Bloch 1973 – Peter Bloch : Das Kreuzberg-Denkmal und die patriotische Kunst, in : Jahrbuch Preußischer Kulturbesitz, Bd. XI, Berlin 1973, S. 142–159. Börsch-Supan 2011 – Eva Börsch-Supan : Karl Friedrich Schinkel. Arbeiten für den König Friedrich Wilhelm III. von Preußen und Kronprinz Friedrich Wilhelm (IV.), Schinkelwerk Bd. XXI, hrsg. von Helmut Börsch-Supan und Gottfried Riemann, Berlin 2011. Börsch-Supan 1976 – Helmut Börsch-Supan : Marmorsaal und Blaues Zimmer. So wohnten die Fürsten. Innenräume preußischer Schlösser und Palais in Aquarellen des 19. Jh., Gebr. Mann (Studio-Reihe) : Berlin 1976. Boxberger 1882 – Robert Boxberger : Briefe des Bildhauers Chr. Rauch, meist an Hofrath Böttiger, aus dessen Nachlass aus der Bibliothek in Dresden, in : Jahrbuch der
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Königlich preußischen Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. N. F. 11, Erfurt 1882. Bringmann 2001 – Bringmann, Tobias C.: Handbuch der Diplomatie 1815–1963. Auswärtige Missionschefs in Deutschland und deutsche Missionschefs im Ausland von Metternich bis Adenauer. München 2001. Burckhardt 1855 – Jacob Burckhardt : Der Cicerone : Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel 1855. Damen Conservations Lexikon, Bd. 3, 1835 – Damen Conservations Lexikon. Herausgegeben im Verein mit Gelehrten und Schriftstellerinnen von C. Harlosssohn, Adorf Verlags-Bureau, Bd. 3, (o. O.) 1835. Demandt 2003 – Philipp Demandt : Luisenkult. Die Unsterblichkeit der Königin von Preußen, Köln/Weimar/Wien 2003. Dilly 1979 – Heinrich Dilly : Kunstgeschichte als Institution. Studien zur Geschichte einer Disziplin, Frankfurt a. M. 1979. Donop 1889 – Lionel. von Donop : Die Wandgemälde in der Casa Bartholdi in der National-Galerie, Berlin 1889. Eckardt 1990 – Götz Eckardt : Johann Gottfried Schadow 1764–1850. Der Bildhauer, Leipzig 1990. Eckardt 2000 – Götz Eckardt : Ridolfo Schadow. Ein Bildhauer in Rom zwischen Klassik und Romantik, hrsg. von Dorette Eckardt, Jutta von Simson, Bernd Ernsting, Köln 2000. Eggers, Briefwechsel 1890 – Briefwechsel zwischen Rauch und Rietschel. Hrsg. von Karl Eggers, Bd. I und II, Berlin 1890–1891. Eggers, Rauch I–V – Friedrich und Karl Eggers, Christian Daniel Rauch, Bd. I–IV, Berlin 1873–1887, Bd. V (Zusatzband mit Tafeln und Verzeichnis), Berlin 1891. Eikemeier 1986 – Peter Eikemeier : Die Erwerbungen altdeutscher und altniederländischer Gemälde, in : »Ihm, welcher der Andacht Tempel baut …« , Ludwig I. und die Alte Pinakothek. Festschrift zum Jubiläumsjahr 1986, München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen 1986. Ein Architekt rahmt Bilder, 2007 – Bettina von Roenne (Hrsg) : Ein Architekt rahmt Bilder. Karl Friedrich Schinkel und die Berliner Gemäldegalerie : Katalog zur Ausstellung der Staatlichen Museen zu Berlin, Gemäldegalerie vom 4. Mai bis 31. Juli 2007, Berlin 2007. Ein Denkmal für den König, 2001 – Ein Denkmal für den König. Das Reiterstandbild für Friedrich II. Unter den Linden in Berlin/Landesdenkmalamt Berlin (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin ; 17), Berlin 2001. Eschenburg 1977 – Barbara Eschenburg : Das Denkmal König Maximilians I. Joseph in München. 1820–1835, München 1977. FAZ v. 1. 7. 2000 – Florian Illies : Verborgen vor aller Augen : Die Sammlung Giustiniani, in : Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.7.2000, Nr. 150, BS 1. Fontane 1892 – Theodor Fontane : Wanderungen durch die Mark Brandenburg. (Die Grafschaft Ruppin). 4 Bde., Berlin 1892. Forschler-Tarrasch 2002 – Anne Forschler-Tarrasch : Leonard Posch, Berlin 2002.
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Förster 1858 – Friedrich Christoph Förster : Geschichte der Befreiungs-Kriege 1813, 1814, 1815 : dargestellt nach theilweise ungedruckten Quellen und mündlichen Ausschlüssen bedeutender Zeitgenossen, sowie vielen Beiträgen von Mitkämpfern, unter Mittheilung eigner Erlebnisse, Bd. 2, Berlin 1858. Fossi 2007 – Gloria Fossi : Die Uffizien, Firenze Musei, Florenz 2007. Gersdorff 2011 – Dagmar von Gersdorff : Caroline von Humboldt. Eine Biographie, Berlin 2011. Gersdorff 2013 – Dagmar von Gersdorff : Auf der ganzen Welt nur sie – die verbotene Liebe zwischen Prinzessin Elisa Radziwill und Wilhelm von Preußen. Berlin 2013. Gerstenberg/Rave 1934 – Kurt Gerstenberg und Paul Ortwin Rave : Die Wandgemälde der deutschen Romantiker im Casino Massimo zu Rom. Deutscher Verein für Kunstwissenschaft, Berlin 1934. Gohr 1977 – Siegfried Gohr : Die Christusstatue von Bertel Thorvaldsen in der Frauenkirche zu Kopenhagen, in : Bertel Thorvaldsen. Untersuchungen zu seinem Werk und zur Kunst seiner Zeit. Museen der Stadt Köln. Erschienen anläßlich der Ausstellung »Bertel Thorvaldsen – Ein dänischer Bildhauer in Rom«, Kunsthalle Köln 1977, S. 343–352. Gohr 1977 – Siegfried Gohr : Der Alexanderfries, in : Ausst. Kat. Bertel Thorvaldsen, Wallraf-Richartz-Museum Köln 1977, S. 81–83. Greifenhagen 1963 – Adolf Greifenhagen : Beiträge zur antiken Reliefkeramik, Berlin 1963. Gröschel 1987 – Sepp-Gustav Gröschel : Glienicke und die Antike, in : Schloss Glienicke, Bewohner Künstler Parklandschaft, Staatliche Schlösser und Gärten Berlin, Schloß Glienicke, Ausst. vom 1.8. –1.11.1987, S. 243–267. Heckmann 2003 – Uwe Heckmann : Die Sammlung Boisserée. Konzeption und Rezeptionsgeschichte einer romantischen Kunstsammlung, München 2003. Heese 1980 – Christa Heese : Das Schauspielhaus auf dem Gendarmenmarkt, in : Ausst. Kat. Karl Friedrich Schinkel 1781–1841, Staatliche Museen zu Berlin/Hauptstadt der DDR in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Schlössern und Gärten Potsdam-Sanssouci und mit Unterstützung des Instituts für Denkmalpflege in der DDR, Altes Museum, 23.10.1980–29.3.1981, S. 115–134. Heese 1982 – Christa Heese (Ch.H.), in : Ausst. Kat. Schinkel 1982, S. 143–150, S. 152– 156. Heilmann 1986 – Christoph Heilmann : Zu Ludwigs Kunstpolitik und zum Kunstverständnis seiner Zeit, in : »Ihm, welcher der Andacht Tempel baut …«, Ludwig I. und die Alte Pinakothek, Festschrift zum Jubiläumsjahr 1986, Bayerische Staatsgemäldesammlungen München, München 1986. Heilmeyer, Heres, Massmann 2004 – Wolf-Dieter Heilmeyer, Huberta Heres, Wolfgang Maßmann : Schinkels Pantheon. Die Statuen der Rotunde im Alten Museum. Mainz 2004. Heinz 2001 – Christine und Ulrich von Heinz : Wilhelm von Humboldt in Tegel. Ein Bildprogramm als Bildungsprogramm, München 2001.
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Heusinger 1980 – Lutz Heusinger : Michelangelo, alle Werke. Spezialausgabe für die päpstlichen Museen und Galerie, Florenz 1980. Hildebrandt 1906 – Edmund Hildebrand : Friedrich Tieck. Ein Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte im Zeitalter Goethes und der Romantik, Leipzig 1906. Hildebrand 2000 – Sonja Hildebrand : Werkverzeichnis [Leo von Klenze], in : Klenze 2000, S. 195–499. Hockmann 1982 – Ursula Hockmann : Die Bronzen aus dem Fürstengrab zu Castel San Mariano bei Perugia, München 1982. Johannsen 2011 – Rolf H. Johannsen : Karl Friedrich Schinkel. Entwürfe für Bildhauer, hrsg. vom Kupferstichkabinett Staatliche Museen zu Berlin. Eine Studienausstellung des Berliner Kupferstichkabinetts in der Alten Nationalgalerie, Berlin/München 2011. Jørnæs 1991 – Bjarne Jørnæs : Von Trinità dei Monti zur Piazza Barberini, in : Künstlerleben in Rom 1991, S. 85–93. Kaufmann 1929 – Paul Kaufmann : Friedrich Wilhelm IV. und das Bonner Niebuhrdenkmal, in : Preußische Jahrbücher, Bd. 215, H. 3 (März 1929), S. 321. Keune 2000 – Angelika Keune : Gelehrtenbildnisse der Humboldt-Universität zu Berlin, Berlin 2000. Klenze 2000 – Katalog : Leo von Klenze, Architekt zwischen Kunst und Hof 1784–1864, hrsg. von. Winfried Nerdinger. Mitarbeit Sonja Hildebrand, Ulrike Steiner und Thomas Weidner, München/London/New York 2000 [Ausstellung des Architekturmuseums der Technischen Universität München und des Münchner Stadtmuseums vom 12.5.–3.9.2000 im Münchner Stadtmuseum und im Alten Museum der Staatlichen Museen zu Berlin vom 23.2.–29.4.2001. Kirsten 2007 – Wulf Kirsten : Verbrannte Gedichte, in : »Es nimmt der Augenblick, was Jahre geben«. Vom Wiederaufbau der Büchersammlung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Göttingen 2007. Koch 2006 – Georg Friedrich Koch : Die Reisen nach Italien 1803–1805 und 1824, überarbeitet und ergänzt von Helmut Börsch-Supan und Gottfried Riemann (Schinkelwerk Bd. XIX), München/Berlin 2006. Krug 1827 – Wilhelm Traugott Krug : Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften, nebst ihrer Literatur und Geschichte, 1. Bd. A–L, Leipzig 1827. Künstlerleben in Rom, 1991 – Künstlerleben in Rom, Bertel Thorvaldsen (1770–1844). Der dänische Bildhauer und seine deutschen Freunde. Ausstellung des Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg (1.12.1991–1.3.1992) und des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums Schloß Gottorf, Schleswig (22.3.–21.6.1992), hrsg. von Gerhard Bott und Heinz Spielmann [Katalog bearb. Von Ursula Peters in Zusammenarbeit mit Andrea M. Kluxen, Peter Laub, Edith Luther, Harald C. Tesan]. Nürnberg 1991. Luise von Preussen 1912 – Luise von Preußen, Fürstin Anton Radziwill : Fünfundvierzig Jahre aus meinem Leben (1770–1815), hrsg. und mit Anmerkungen und Personenverzeichnis versehen von Fürstin Radziwill geb. von Castellane. Aus dem Französischen übertragen von E. von Kraatz, Braunschweig 1912. Lowenthal-Hensel 1981 – Cécile Lowenthal-Hensel : Einführung zu Wilhelm Hensel, in : Preußische Bildnisse des 19. Jahrhunderts, Zeichnungen von Wilhelm Hen-
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sel. Ausst. Kat. Nationalgalerie Berlin (SM-PK) 1981, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg 1981/82, Wissenschaftszentrum Bad Godesberg 1982/83, Stadtmuseum Düsseldorf 1983, o.O, o.J. Lutterotti 1940 – Otto von Lutterotti : Joseph Anton Koch 1768–1839, mit Werkverzeichnis und Briefen des Künstlers, Berlin 1940. Maaz, Tieck 1995 – Bernhard Maaz : Christian Friedrich Tieck 1776–1851, Leben und Werk unter besonderer Berücksichtigung seines Bildnisschaffens, mit einem Werkverzeichnis, Berlin 1995. Maaz 1997 – Bernhard Maaz : Friedrich Tieck, Briefwechsel mit Goethe, Berlin 1997. Maaz 2004 – Bernhard Maaz : Vom Kult des Genies. David d’Angers’ Bildnisse von Goe the bis Caspar David Friedrich, Berlin/München 2004. Maaz 2007 – Bernhard Maaz : Weltmann und Hofkünstler. Alexander von Humboldts Briefe an Christian Daniel Rauch. Kommentierte Edition, hrsg. von Bernhard Maaz, Berlin/München 2007. Maaz 2010 – Bernhard Maaz : Skulptur in Deutschland zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg, 2 Bde., Berlin/München 2010. Maaz 2014 – Bernhard Maaz : Rauchs Duz-Freund : Der Briefwechsel zwischen Christian Daniel Rauch und Johann Ludwig Gebhard Lund als Spiegel von Kunst und Kultur der nachnapoleonischen Zeit, in : Geschichtsblätter für Waldeck, Bd. 102, 2014. Mackowsky 1922 – Karl Friedrich Schinkel, Briefe, Tagebücher, Gedanken. Ausgewählt, eingeleitet und erläutert von Hans Mackowsky, Berlin 1922. Mansuelli 1958–1961 – Guido Mansuelli : Galleria degli Uffizi, Le sculture. 2 Bde., Rom 1958–61. Mende 2020 – Jan Mende : Dirigismus, Kompromiss und Kooperation. Karl Friedrich Schinkels Zusammenarbeit mit Bildhauern und Kunsthandwerkern, in : Magdalena Bushart, Henrike Haug (Hrsg.) : Geteilte Arbeit. Praktiken künstlerischer Kooperation, Wien/Köln/ Weimar 2020, S. 129–147 (Interpendenzen. Die Künste und ihre Techniken, Bd. 5, hrsg. von Magdalena Bushart und Henrike Haug). Minkels 2007 – Dorothea Minkels : Elisabeth von Preussen, Norderstedt 2007. Mirbach 2006 – Ernst Dietrich Baron von Mirbach : Prinz Friedrich von Preußen. Ein Wegbereiter der Romantik am Rhein, Köln 2006. Mohl 2020 – Maximiliane Mohl : Das Museum Friedericianum in Kassel. Museumsarchitektur, Sammlungspräsentation und Bildungsprogramm im Zeitalter der Aufklärung, Heidelberg 2020. Müller 1883 – Lexikon der Bildenden Künste von Dr. Herm. Alex. Müller, Leipzig 1883. Nagler 1835 – Neues Allgmeines Künstler-Lexicon oder Nachrichten von dem Leben und Werden der Maler, Bildhauer, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner …(22 Bde.), Bd. 1, München 1835. Peschken-Eilsberger 1989 – Monika Peschken-Eilsberger : Christian Daniel Rauch, Familienbriefe 1796–1857, München 1989. Rave 1941 – Paul Ortwin Rave : Berlin I. Bauten für die Kunst, Kirchen, Denkmalpflege, Berlin 1941 (Schinkel Lebenswerk). Rave 1942 – Paul Ortwin Rave : Thorvaldsen, Berlin 1942.
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Rave, Berlin II, 1948 – Paul Ortwin Rave : Berlin II, Stadtbaupläne, Brücken, Straßen, Tore, Plätze, Berlin 1948 (Schinkel Lebenswerk). Rave, Berlin III, 1962 – Paul Ortwin Rave : Berlin III, Bauten für Wissenschaft, Verwaltung, Heer, Wohnbau und Denkmäler, Berlin 1962 (Schinkel Lebenswerk). Rehberger 2017 – Lena Rebekka Rehberger : Die Grabmalkunst von Karl Friedrich Schinkel, Berlin/München 2017. Riemann 1977 – Karl Friedrich Schinkel, Reisen nach Italien. Tagebücher, Briefe, Zeichnungen, Aquarelle, hrsg. von Gottfried Riemann, Berlin 1977. G. R. [Gottfried Riemann] 1982 – Gottfried Riemann (G. R.), in : Ausst. Kat. Schinkel 1982 s.o. Rosenstrauch 2009 – Hazel Rosenstrauch : Wahlverwandt und ebenbürtig, Caroline und Wilhelm von Humboldt, Frankfurt a. M. 2009. Rosenberg 1896 – Adolf Rosenberg : Thorwaldsen, Bielefeld/Leipzig 1896. Rusche 1989 – Angelika Rusche : Der Sockel. Typologische und ikonographische Studien am Beispiel von Personendenkmälern der Berliner Bildhauerschule. Beiträge zur Kunstgeschichte Band 1, Witterschlick/Bonn 1989. Schadow 1849/1987 – Johann Gottfried Schadow : Kunstwerke und Kunstansichten, Berlin 1849. Kommentierte Neuausgabe, hrsg. von Götz Eckardt, Bd. 1–3, Berlin 1987. Schasler 1856 – Max Schasler : Berlin’s Kunstschätze. II. Die öffentlichen und Privatkunstsammlungen, Berlin 1856. Schloss Glienicke 1987 – Schloss Glienicke, Bewohner Künstler Parklandschaft. Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Berlin, Schloß Glienicke 1. August bis 1. November 1987. Berlin 1987. Sedlarz 2004 – Claudia Sedlarz (Hrsg.) : Alois Hirt, Archäologe, Historiker, Kunstkenner, Berlin 2004. Sievers 1942 – Johannes Sievers : Bauten für den Prinzen Karl von Preußen, Berlin 1942 (Prinzen I, Schinkel Lebenswerk). Sievers 1950 – Johannes Sievers : Die Möbel, Berlin 1950 (Schinkel Lebenswerk). Simson 1976 – Das Berliner Denkmal für Friedrich den Großen. Die Entwürfe als Spiegelung des preußischen Selbstverständnisses von Jutta von Simson mit einem Beitrag von Friedrich Mielke, Frankfurt a. M., Berlin/Wien 1976. Simson 1979 – Jutta von Simson : Friederico Secundo Patria, Antikenrezeption in den Entwürfen zum Denkmal Friedrichs d. Gr. in Berlin, in : Ausst. Kat. Berlin und die Antike, Bd. 2, Aufsätze, Berlin 1979, S. 379–394. Simson 1989 – Jutta von Simson : Wie man die Helden anzog – Ein Beitrag zum »Kostümstreit« im späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert, in : Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, Bd. 43, H. 2., Berlin 1989, S. 47–63. Simson 1996 – Jutta von Simson : Christian Daniel Rauch. Œeuvre-Katalog, Berlin 1996. Simson 1997 – Jutta von Simson : Christian Daniel Rauch, Berlin 1997 (Preußische Köpfe). Simson 1999 – Caroline von Humboldt und Christian Daniel Rauch. Ein Briefwechsel 1811–1828. Herausgegeben und kommentiert von Jutta von Simson, Berlin 1999. Simson 2016 – Jutta von Simson : Christian Daniel Rauch und seine Beziehung zur Fa-
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milie von Humboldt, in : Entdecken – Erforschen – Bewahren. Beiträge zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege, Festgabe für Sibylle Badstübner-Gröger zum 12. Oktober 2015, Berlin 2016, S. 99–113. Simson/Wilmowsky 2020 – Jutta von Simson/Monika von Wilmowsky (Hrsg.) : Christian Daniel Rauch und Ernst Rietschel. Der Briefwechsel 1829–1857. Ein Quellenwerk zur preußischen und sächsischen Kunst- und Kulturgeschichte. Kommentierte Neuausgabe. Quellen zur deutschen Kunstgeschichte vom Klassizismus, 2 Bde. bis zur Gegenwart, Bd. 9, hrsg. von Bernhard Maaz, Wien/Köln/Weimar 2020. Stamm-Kuhlmann 1992 – Thomas Stamm-Kuhlmann : König in Preußens großer Zeit. Friedrich Wilhelm III. der Melancholiker auf dem Thron, Berlin 1992. Sydow 1913 – Gabriele von Bülow. Ein Lebensbild, hrsg. von Anna von Sydow, 15. Aufl., Berlin 1913. Sydow, Bd. 5 – Anna von Sydow (Hrsg.) : Wilhelm und Caroline von Humboldt in ihren Briefen, Bd. 1–7, Berlin 1906–1916, hier : Bd. 5, Berlin 1912. Tesan 1991 – Harald Tesan : Vom häßlichen Entlein zum umworbenen Schwan : Ein dänischer Künstler-Unternehmer in Rom, in : Künstlerleben in Rom 1991 (s.o.), S. 223– 240. Thiele 1856 – Just Mathias Thiele. Thorvaldsen’s Leben. 2 Bde., Leipzig 1856. Thorvaldsen Museum 1985 – Das Thorvaldsen-Museum, Kopenhagen 1985. Trempler 2007 – Jörg Trempler : Schinkels Motive, Berlin 2007. Ullmann 1983 – Ernst Ullmann : Raffael, Leipzig 1983. Vogel 1995 – Dietmar Vogel : Der Deutsch-Römer Emil Wolff (1802–1879), Bildhauer, Antikenrestaurator und Kunstagent. Europäische Hochschulschriften, Reihe 28, Kunstgeschichte, Bd. 239, Frankfurt a. M./Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1995. Volk 2004 – Peter Volk : Berlin und die Anfänge des Bronzegusses in München unter Johann Baptist Stiglmaier, in : Kolloquium zur Skulptur des Klassizismus in Bad Arolsen. Museum Bad Arolsen 2004. Vordtriede 1988 – Achim und Bettina in ihren Briefen : Briefwechsel von Achim von Arnim und Bettina Brentano, hrsg. von Werner Vordtriede. 2 Bde., Frankfurt a. M. 1988. Waagen 1827–1829 – Abbildungen der vorzüglichsten Werke von Christian Daniel Rauch, Bildhauer seiner Majestät des Königs von Preußen ; Mit einem erläuternden Texte von Dr. G[ustav] F[riedrich] Waagen, Berlin in Commission bei Schenk und Gerstäcker, 4 Lieferungen, Berlin 1827/1829. Waagen 1837 – Abbildungen der Bildhauerwerke Rauch’s. Mit erläuterndem Texte in drei Sprachen [deutsch, französisch, englisch] von Dr. G[ustav] Waagen, Director der königlichen Gemälde-Gallerie, Heft 1 und 2 ; Berlin 1837. Wolzogen 1862–1864/1981 – Alfred von Wolzogen : Aus Schinkel’s Nachlaß. Reisetagebücher, Briefe und Aphorismen, 4 Bde., Berlin 1862–1864, Reprint, Mittenwald 1981. Wolzogen 1923 – Hans Paul von Wolzogen : Lebensbilder, Regensburg 1923. Wolzogen 2016 – Christoph von Wolzogen : Karl Friedrich Schinkel – Unter dem be stirnten Himmel. Biographie, Bd. 1 : Text, Bd. 2 : Kommentar, Frankfurt a. M. 2016.
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
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Wolzogen 2016/B – Christoph von Wolzogen : Aus Schinkels Nachlass II – Kritische Edition (PDF), academia.edu. Wünsche 1991 – Raimund Wünsche : »Perikles« sucht »Phidias«. Ludwig I. und Thor valdsen, in : Künstlerleben in Rom 1991, S. 307–326. Zadow 1980 – Mario Alexander Zadow : Karl Friedrich Schinkel, Berlin 1980. Zick 1990 – Gisela Zick : Zwei wiederaufgefundene Werke von Rauch und Tieck. Die Vendée-Kandelaber, in : Jahrbuch der Berliner Museen, NF 32, 1990, S. 237–267. Zimmermann 2011 – Klaus Zimmermann : Florenz, Kirchen, Paläste und Museen in der Stadt der Medici. 5. aktualisierte Aufl., Ostfildern 2011. Zwiener 2003 – Sabine Zwiener : Johann Samuel Eduard d’Alton (1803–1854), Leben und Wirken. Halle, Univ. Med. Fak., Diss., 156 Seiten, 2003.
Personenregister Adam, François Gaspard Balthasar (1710– 1761) 78 d’Alton, Agnes (siehe Rauch, Agnes) d’Alton, Eduard Johann Samuel (1803–1854) 169, 185 d’Alton, Eduard (Ned, 1843–1900) 188 d’Alton, Eugenie (1830–1891) 188 d’Alton, Marie (1805–1888), Schwester Eduard d’Altons 185 d’Alton, Marie (1831–1909) 188 d’Alton, Joseph Wilhelm Eduard (1772– 1840) 185 d’Alton, Sophie Friederike, geb. Buch (1776– 1852) 185 Albrecht, Daniel Ludwig (1765–1835) 96, 105, 110, 162 Albrecht Friedrich Heinrich Prinz von Preußen (1809–1872) 136 Alexandra Feodorowna, Prinzessin Charlotte von Preußen, Zarin von Rußland (1798–1860) 125, 135 Alexander I. Zar von Rußland (1777–1825) 105, 144, 150, 167 Alexander d. Gr. (356–323 v. Chr.) 129, 164 Alexander (Friedrich Wilhelm Ludwig) Prinz von Preußen (1820–1896) 71 Alfredson, von (Vorname und Lebensdaten unbekannt) 167 Anton Ulrich Fürst von Waldeck und Pyrmont (1676–1728) 101 Ariost, Ludovico (1474–1533) 130 Arnim, Achim von (1781–1831) 7, 25, 39, 124, 159 Arnim, Bettina von (1785–1859) 159 Arnim, Carl Otto Ludwig von (Pitt, 1779– 1861) 124 August Wilhelm Prinz von Preußen (1722– 1758) 39, 45, 56, 68f., 71ff. Auguste Fürstin von Waldeck und Pyrmont (1768–1849), Gemahlin des Fürsten
Georgs I. von Waldeck und Pyrmont (1747–1813) 101f. Averino, Michaelo (Athlet tätig um 1839) 183, 186 Barante, Amable-Guillaume-Prosper Brugière Baron de (1782–1866) 49, 62 Barbaja, Domenico (1778–1841) 88 Baratta, Steinmetz-und Bildhauer-Familie in Carrara 16 Baratta, Giovan Carlo (1790 oder 1791– 1877) 167 Bartholdy, Jacob Ludwig Salomon (1779– 1825) 58, 79, 122 Bartolommeo, Fra (1472–1517) 158 Beaurepaire, Alexandre-Marie Quesnay de (um 1755–1820) 101 Begas d. Ä., Carl Joseph (1794–1854) 177, 179, 188 Berger, Daniel (1744–1825) 112, 148 Berger, Ferdinand (? – um 1849/51) 148 Berger, George Frederic (1745[?]–1813) 32, 39 Berger, Susanne Uranie Jacqueline, geb. Jeanson (1750–1829) 39 Berger, Wilhelm (1790–1858) 18, 22, 39, 45, 62f., 68, 73, 86ff., 96, 100f., 104, 119ff., 135, 167, 169, 177, 187 Bernward von Hildesheim (960–1022), seit 993 Bischof von Hildesheim 101 Bertram, Johann Baptist (1776–1841) 54, 139f. Beuth, Christian Peter Wilhelm (1781–1853) 9, 17, 23, 39, 49, 64, 77, 82, 85, 87f., 134, 138f., 143, 146, 158, 161, 177f., 183 Bianchi, Carlo Pietro (1787–1849), Architekt 88, 149, 158 Bianconi, Giovanni Ludovico (1717–1781) 55 Blücher, Gebhard Leberecht von (1742– 1819), seit 1814 Fürst Blücher von Wahl-
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statt 16, 40, 86, 105, 124, 139f., 144, 146, 148, 178 Böttiger, Carl August (1760–1835) 32, 117, 122 Bolesław I. Chrobry Fürst von Polen (967– 1025), seit 992 Herzog von Polen 19 Bonchamps, Charles Artus Melchior de (1760–1793) 48 Boisserée, Johann Sulpice Melchior Dominikus (1783–1854) 7, 17, 33, 38ff., 54, 121ff. 139f. Boisserée, Melchior Herrmann Joseph Georg (1786–1851) 17, 22, 38ff., 54, 121ff. Boyen, Ludwig Leopold Gottlieb Herman von (1771–1848) 40 Brandt, Henry François (1789–1845) 59f., 62f., 68, 79, 120f., 123, 181 Brentano, Clemens Wenzeslaus de la Roche (1778–1842) 7, 27, 31, 37, 39, 58f., 64, 124 Brühl, Karl Friedrich Moritz Paul, Graf von (1772–1837) 88, 124, 179 Brun, Friederike (1765–1835) 144 Buchhorn, Ludwig (1770–1856) 148 Bülow, Heinrich von (1792–1846) 136, 145 Bülow von Dennewitz, Friedrich Wilhelm Graf (1755–1816) 15f., 18, 22, 39, 48, 58, 63, 78, 81, 83, 85, 87f., 107, 109, 111, 135, 148 Bunsen, Reinhard Ludwig August (1792– 1862) 189 Byström, Johann Niklas (1783–1848) 59, 147, 166f., 180 Canova, Antonio (1757–1822) 14, 59 Cantian, Johann Christian Gottlieb (1794– 1866) 67, 144, 176 Carelli, Carlo (Lebensdaten unbekannt), Cavaliere 156, 158 Carl (Karl) August Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) 123 Carl Friedrich Alexander Prinz von Preußen (1801–1883) 71 Cathelineau, Jacques (1759–1793) 47f.
Catel, Franz Ludwig (1778–1856) 79 Catel, Emilie Friederike Henriette, geb. v. Schiller (1804–1872) 72 Catel, Ludwig (Louis) Friedrich (1776–1819) 70, 72f., 79 Cavaceppi, Bartolomeo (um 1716–1799) 55, 155 Chalon, Philibert de, Fürst von Orange, Herzog von Gravina (1502–1530) 158 Chamisso, Adalbert von (1781–1838) 181 Charette de la Contrie, François Athanase de (1763–1796) 47f. Charlotte Prinzessin von Preußen (1798– 1860), siehe: Alexandra Feodorowna 125, 135 Clemens XIV. (Giovanni Vincenzo Antonio Ganganelli (1705–1774), seit 1796 Papst 128 Colantonio del Fiore, Nicolo Antonio (1420–1460er Jahre) 159 Cornelius, Peter von (1783¬1867) 53, 58, 77, 79, 122, 130, 138 Crabeth, Adrian (16. Jhd.) 42, 44 Crabeth, Dirk (Theodor) 16. Jhd. 42, 44 Crabeth, Wouter (Walter) 16. Jhd. 42, 44 Crozatier, Charles (1795–1855) 140, 143, 146 Dähling, Heinrich Anton (1773–1850) 96 Dante Alighieri (1265–1321) 130 David, Jacques-Louis (1748–1825) 59 David d’Angers, Pierre-Jean (1788–1856) 180f., 183 David d’Angers, Emilie, geb. Maillocheau (Lebensdaten unbekannt) 183, 185 Dieterici, Carl Friedrich Wilhelm (1790– 1859) 146f. Dillis, Johann Georg von (1759–1841) 54 Dodwell, Edward (1767–1832) 62, 64 Dominici, Bernardo de (1683–1759) 159 Donner, Conrad Hinrich (1774–1854) 129 Dorn, Commissionsrat (Lebensdaten unbekannt) 177f. Drake, Johann Friedrich (1805–1882) 162, 167 Droz, Jean Pierre (1746–1823) 59
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Dürer, Albrecht (1471¬–1528) 159, 174, 176, 179 Eckardstein, Gottfried Bernhard von (1769– 1816) 26, 38 Eichendorf, Joseph Karl Benedikt Freiherr von (1788–1857) 59 Elisabeth, Kronprinzessin von Preußen(1801–1873), seit 1840 Königin von Preußen 121, 135, 155, 169 Eyck, Hubert van (um 1370–1426) 42f., 45, 65, 67 Falckmann, F. , Kaufmann in Berlin (Lebensdaten unbekannt) 100f. Ferdinand Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel (1721–1792) 164 Ferdinand I. König beider Sizilien (1751– 1825), als Ferdinand IV. König von Neapel 125, 131 Ferdinando III. Großherzog von Toskana (1769–1824) 63 Fischer, Carl (Karl) von (1782–1820) 124 Flemming, Johann Friedrich August Detlef Graf von (1785–1827) 120, 125 Florenzi, Ettore Marchese di Rasina (1776– 1832) 139 Florenzi, Marianna Marchesa Ettore Florenzi (1802–1870) 139 Franz II. Joseph Karl (1768–1835), Kaiser des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation als Franz I. seit 1804 Kaiser von Österreich 167 Friebe, Wilhelm Zacharias (1781–1842) 155 Friedlae[ä]nder, Moses (1774– 1840) 123 Friederike von Mecklenburg-Strelitz (1778– 1841), Prinzessin (Louis) von Preußen, seit 1815 verh. mit Ernst August, seit 1837 König von Hannover 71 Friedrich II. (1712–1786), seit 1840 König in Preußen, seit 1772 König von Preußen 18, 20, 55f., 79, 101, 112, 136, 172 Friedrich II. Landgraf von Hessen-Kassel (1720–1785) 101 Friedrich von Oranien-Nassau, Prinz der
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Niederlande (1797–1881), seit 1825 verh. mit Luise Prinzessin von Preußen 120 Friedrich Ludwig (Louis) Karl Prinz von Preußen (1773–1796) 71 Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Große Kurfürst (1620–1675) 15 Friedrich Wilhelm Graf von Brandenburg (1792–1850) 15 Friedrich Wilhelm Ludwig Prinz von Preußen (1794–1863), seit 1820 verh. mit Wilhelmine Luise Prinzessin von AnhaltBernburg 71 Friedrich Wilhelm II. König von Preußen (1744–1797) 56 Friedrich Wilhelm III. König von Preußen (1770–1840) 13, 18, 21, 32f., 39, 54ff., 71, 79, 83, 130, 132, 147, 161ff., 167, 169, 175, 178 Friedrich Wilhelm (IV.) Kronprinz, seit 1840 König von Preußen (1795–1861) 10, 18f., 55, 135, 145, 188 Führich, Joseph Ritter von (1800–1876) 130 Funk, Gottfried Benedict (1734–1814) 57 Gäde, Philipp Friedrich (1782–1840) 145 Gargiulo, Raffaele (1785–1870) 170 Gau, Franz Christian (1790–1853) 53, 58 Gentz, Johann Heinrich (1766–1811) 67 Georg I. Fürst von Waldeck und Pyrmont (1747–1813) 101f. Georg Großherzog von Mecklenburg-Strelitz (1779–1860) 135f., 162 Georg Prinz von Preußen (1826–1902) 71 Gerstäcker und Schenk (Kunsthandlung) 148 Gneisenau, August Wilhelm Anton Graf Neidhard von (1760–1831) 16, 48, 105 Gilli, Steinmetz- und Bildhauerfamilie in Carrara 16 Giustiniani, Benedetto (1554–1621), Kardinal 54, 130, 171 Giustiniani, Vinzenzo (1564–1637), Kunstsammler 130, 171 Goethe, Johann Wolfgang von (1749–1832) 7, 11, 38f., 41, 44f., 54, 56, 58f., 79, 121f., 123, 132, 181
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Goltz, August Friedrich Ferdinand Graf von der (1765–1832) 100 Gozzoli, Benozzo (1420–1497) 157, 159 Grimm, Wilhelm (1786–1859) 37 Groote, Everhard de (1789–1870) 39 Gropius, Carl Wilhelm (1793–1870) 66 Gropius, George (1802–1842) 148, 150, 152 Hagen, Christian Friedrich Wilhelm Graf von (1754–1813) 71 Haller von Hallerstein, Carl Freiherr (1774– 1817) 101 Hardenberg, Carl (Karl) August Fürst von (1750–1822) 17, 25, 40, 53, 55, 58, 123 Hase, Heinrich (1789-1842) 117 Hedemann, Adelheid geb. von Humboldt (1800–1856) 72, 143 Hedemann, August von (1784–1859) 80, 82ff., 87 Heine, Christian Johann Heinrich (1797– 1856) 58 Heinrich (Friedrich Heinrich Ludwig) Prinz von Preußen(1726–1802) 39, 48 Helmsdorf, Johann Friedrich (1783–1852) 141 Hensel, Wilhelm (1794–1861) 96, 151 Hesse, Ludwig Ferdinand (1795–1876) 108 Hirth, Aloys (1759–1837) 56 Hittorff, Jacob Ignaz (1792–1867) 58 Hoffmann, E. T. A. (Ernst Theodor Amadeus 1776–1822) 49 Hopfgarten, Johann Ludwig Heinrich (1777–1844) 79, 105f., 143 Hopfgarten, Wilhelm (1779–1860) 79, 123 Horny, Franz Theobald (1798–1824) 130 Hugo van der Goes (um 1435/40–1482) 63, 65, 125 Humboldt, Alexander von (1769–1859) 8, 11, 13, 25, 30, 140, 162, 169 Humboldt, Caroline von (geb. von Dacheröden, 1766–1829) 8, 11, 15f., 21f., 25, 72, 80, 83f., 96, 101, 107, 145f. Humboldt, Caroline von (Tochter, 1792– 1837) 8, 72, 162 Humboldt, Gabriele von (1802–1887) 8, 72
Humboldt, Wilhelm von (1767–1835) 8, 134, 145, 162 Hummel, Johann Erdmann (1769–1852) 67 Ingenheim, Gustav Adolf Wilhelm Graf von (1789–1855) 57, 61f., 122, 140 Ingenheim, Julie Gräfin von (geb. von Voß, 1766–1789) 57 Jeanne d’Arc (vermutlich 1412–1431) 57 Jollage, Benjamin Ludwig (1781–1837) 79 Karl Landgraf von Hessen-Kassel (1654– 1730) 101 Karl (Friedrich Carl Alexander) Prinz von Preußen (1801–1883) 18, 123, 132, 186 Karl III. von Bourbon, König von Spanien (1716–1788) 131 Karl V., Kaiser (1500–1558) 158 Keith, James Francis Edward Graf von (1696–1758) 78 Keller, Christian (Lebensdaten nicht bekannt) Restaurator 122 Kirschbaum (Schüler Christian Wilhelm Peter Beuths) Lebensdaten unbekannt 138 Kleist von Nollendorf, Friedrich Emil Ferdinand Heinrich Graf (1762–1823) 105 Klenze, Leo von (1784–1864) 21, 67, 120, 123f., 135, 138, 140, 180f. Kloeber, August von (1793–1864) 96 Knoblauch, Eduard (1801–1865) 158 Koch, Joseph Anton (1768–1839) 59, 79, 130 Köster (Koester), Christian Philipp (1784– 1851) 122, 139f. Kolbe, Carl Wilhelm d.Ä. (1757–1835) 145 Kolbe, Carl Wilhelm d.J. (1781–1853) 96 Kopernikus, Nikolaus (1473–1543) 129 Krüger, Franz (1797–1857) 186 Kuhberg, Kaufmann in Stettin (Lebensdaten unbekannt) 97, 104, 169 Kuhberg, Caroline Sophie (geb. Berger, 1784–um 1860) 104 Langhans, Carl Ferdinand (1782–1869) 28
Personenregister
Langhans, Carl Gotthard (1733–1808) 88 Langermann, Johann Gottfried (1768–1832) 57f., 64, 77, 82, 85, 87f., 96, 112, 145, 160, 162 Lassaulx, Johann Claudius von (1781–1848) 122 Lautenschläger, Heinrich (um 1760–1843) 45 Lazzarini, Bildhauer- und Steinmetzfamilie in Carrara 16 Lehmann, Friedrike (1777–?) 49 Leopold I., Fürst von Anhalt Dessau (1676– 1747) 78, 164, 175 Leopold III. Friedrich Franz Fürst von Anhalt Dessau (1740–1817) 162 Léquine, François, seit 1816 in Berlin tätiger franz. Gießer 105, 124 Lescure, Louis-Marie de (1766–1793) 39, 48, 62 Lieberkühn, Amalie (?–1864) 101, 103, 131 Lippi, Fra Filippo Tommaso (um 1406– 1469) 87f. Loos, Daniel Friedrich (1735–1819) 123 Loos, Gottfried Bernhard (1773–1843) 123 Louis Ferdinand Prinz von Preußen (1772– 1806) 147 Louis (Ludwig) XVIII., König von Frankreich (1755–1824) 49 Ludwig (I.), Kronprinz, König von Bayern (1786–1868), 40, 54, 56, 84, 130, 139, 146, 174 Ludwig IX. (der Heilige), König von Frankreich) 1214–1270) 57 Luini, Bernhardino (um 1480–1532) 126, 128 Luise von Mecklenburg-Strelitz, Königin von Preußen (1776–1810) 9, 13f., 16, 22, 27, 30, 32, 38, 71, 83, 109, 112 Luise Prinzessin von Preußen, Prinzessin Friedrich der Niederlande (1808–1870) 121, 125, 135 Luise Prinzessin von Preußen (1770–1836), Schwester von Prinz Louis Ferdinand 147 Lund, Johann Ludwig Gebhard (1777–1867) 142, 144f.
Luther, Martin (1483–1546) 7, 65, 67f., 74, 78 Marianne Prinzessin (Albrecht) von Preußen (1810–1883) 134 Marianne Gräfin von der Mark (1780–1814) 140 Martens, Friedrich Freiherr von (1778– 1857) 160f., 177, 179 Martius, Ferdinand Wilhelm Roderich (1811–1889) 47f. Massimo, Carlo (1766–1827) 79, 130 Massow, Ludwig von (1794–1859) 168f. Maximilian I. Joseph, König von Bayern (1756–1825) 123, 139, 145f., 159, 162, 165, 169, 172 Meade, Richard Charles Francis, Earl of Clanwilliam (1795–1879) 140 Memling, Hans (1433/1440–1494) 44, 63, 67 Mendelssohn Bartholdy, Fanny Cäcilie (1805–1847), seit 1829 ver. mit Wilhelm Hensel 151 Mendelssohn Bartholdy, (Jacob Ludwig) Felix (1809–1847) 188 Menghi, Bildhauer-und Steinmetzfamilie in Carrara 16 Menghi, Francesco (Lebensdaten nicht bekannt) 28, 32, 166f. Meyerbeer, Giacomo (1791–1864) 188 Michel, Sigisbert François (1728–1811) 78 Michalsky, Herr von (Vorname und Lebensdaten unbekannt) 150 Mieczysław I. Chobry, Fürst von Polen (ca. 960–992) 19, 151 Moser, Johann Christian Friedrich (1771– 1846) 68 Motte-Fouqué, Friedrich Heinrich de la (1777–1843) 49 Mühry, Georg Friedrich (1774–1848) 98, 100 Müffling, Philipp Friedrich Karl Ferdinand Freiherr von (1775–1851) 147 Müller, Friedrich von (1779–1849) 166f. Mundhenk, Ludwig (1772–1836) 100
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Personenregister
Nagler, Karl Ferdinand Friedrich von (1770– 1846) 31, 158 Napoleon I. Bonaparte, Kaiser von Frankreich (1769–1821) 8, 11, 14, 39f., 49, 56, 72f., 83, 116, 124, 129, 140, 144, 167 Necker, Jacques de (1732–1804) 80 Niccolini, Antonio (1772–1850) 88 Nicolai (Nikolaus) I. Zar von Rußland (1796–1855) 128, 135, 185 Niebuhr, Barthold Georg (1776–1831) 19, 182, 184 Niebuhr, Margarethe (1787–1831) 182, 184 Ohmacht, Landolin (1760–1834) 141 Olfers, Ignaz von (1793–1871) 31, 125, 131, 187 Olfers, Hedwig von (1799–1891) 125 Ostermann-Tolstoi, Alexander Iwanowitsch Graf von (1770/72–1857) 86 Overbeck, Friedrich (1789–1869) 29, 53, 58, 79, 127, 130 Palmaroli, Pietro (um 1778–1828) 142, 145 Paskewitj (Paskevich), Ivan Fyodorovich General (1782–1856) 128 Persius, Ludwig (1803–1845) 33, 167 Pestalozzi, Johann Heinrich (1746–1827) 45 Phidias (um 500/490–430/420 v. Chr.) 68, 75, 78 Philibert de Chalon, Fürst von Orange, Herzog von Gravina (1502–1530) 156, 158 Pius VI. (Giovanni Angelo Graf Braschi, 1717–1799), seit 1775 Papst 128 Pius VII. (Graf Luigi Barnaba Nicolò Maria Chiaramonti (1742–1823), seit 1800 Papst 59, 116, 128 Poniatowski, Józef Fürst (1763–1813) 73, 128 Portinari, Tommaso (1424–1501) 63 Posch, Leonhard (1750–1831) 123 Rabe, Friedrich (1775–1856) 55, 67 Radziwill, Anton Heinrich Fürst (1775– 1833) 48, 73, 125, 147, 152
Radziwill, Dominik Jerom Fürst (1776– 1813) 125 Radziwill, Elisa Prinzessin (1803–1834) 73, 147 Radziwill, Helena Fürstin (1753–1821) 73 Radziwill, Helene Prinzessin (1805–1827) 73 Radziwill, Luise Philippine geb. Prinzessin von Preußen, Fürstin (1770–1836) 147 Räntz, Johann Lorenz Wilhelm (1733–1776) 78 Räntz, Johann David (1729–1783) 78 Raffael Sanzio da Urbino (1483–1520) 32, 63, 129, 145, 151, 170 Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von (1757–1822) 77, 80 Rauch, Agnes (1804–1881), seit 1829 verh. mit Eduard D‘ Alton 19, 45, 48f., 53, 56, 77, 98ff., 120, 127, 131, 135, 137, 140f., 158, 169, 172, 174, 178, 181, 187, 189 Rauch, Doris (1812–1879) 56, 101 Rechberg und Rothenloewen, Joseph Maria Adam Graf von (1769–1833) 113 Reeden, Friedrike Gräfin von (1774–1854) 135 Rietschel, Ernst (1804–1861) 10, 148, 162, 174, 188 Righetti, Luigi (1780–1852) 120, 123, 125 Rochejaquelein (Roche Jaquelein), Henry de la (1772–1794) 16, 39, 55 Rochejaquelein, Louis de la (1777–1815) 16, 39, 55 Rochejaquelein, Marie-Louise Victoire de la (1772–1857) 16, 39, 55 Rogier van der Weyden (1399/1400–1464) 45 Rother, Christian von (1778–1849) 79, 110 Royer de Lühnes, Camille von (um 1765– 1830) 39, 47f., 61, 63, 78, 81f., 87 Rudolf II. (1552–1612), seit 1576 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 179 Rufus, Quintus Curtius (1./2. Jhd ) 129 Rust, Johann Nepomuk Ritter von (1775– 1840) 143, 146 Rustad, Hans Olsen (1759–1832) 161
Personenregister
Salzmann, Christian Gotthilf (1744–1811) 67 Sanguinetti, Steinmetz- und Bildhauerfamilie in Carrara 16 Sanguinetti, Francesco (1800–1870) 158f. Sanguinetti, Gaetano (1781–1842/1843?) 153, 171 Sayn-Wittgenstein,Wilhelm Ludwig Georg Fürst zu (1770–1851) 162 Schadow, Johann Gottfried (1764–1850) 9, 14f., 27, 57f., 65, 67f., 78f., 86, 95, 110, 113fff., 122, 127, 188 Schadow, Ridolfo (1786–1822) 122, 130 Schadow, Wilhelm (1788–1862), seit 1843 von Schadow-Godenhaus 53,77, 96, 130 Scharnhorst, Gerhard Johann David von (1755–1813) 15f., 18, 22, 38, 40, 58, 63, 78, 81, 83f., 87f., 105, 107, 109ff., 148 Scheppig, Carl (1803–1885) 183, 186 Schick, Gottlieb (1776–1812) 59 Schinkel, Elisabeth (1822–1851), seit 1847 verheiratet mit Alfred Freiherr von Wolzogen 188 Schinkel, Karl Raphael (1813–1878) 38 Schinkel, Marie (1810-1857) 38 Schinkel, Susanna (1811–1890) 38 Schinkel, Susette (Susanne), geb. Berger (1780–1861) 38, 48, 98ff., 187ff. Schlegel, August Wilhelm (1767–1845) 43, 45 Schlegel, Friedrich (1772–1829) 43, 59 Schlesinger, Jacob (1792–1855) 122, 139f. Schloetzer (Schlaetzer), Johann Carl Gottlieb (1771–1824) 40, 48, 83 Schmalensee, Friedrich Albert von ( Mecklenburg-Strelitzer Oberhofmeister, Lebendaten unbekannt) 135 Schmid, Karl (um 1805–1892) 187f. Schmid, Peter (1769–1853) 189 Schnier (Schnür), Formergehilfe Rauchs (?–1850) 16, 62, 66 Schnorr von Carolsfeld, Julius Veit Hans (1794–1872) 127, 130, Schöning, Kurt Wolfgang von (1789–1859) 135
Schoppe, Julius (1795–1868) 142, 145 Schuckmann, Friedrich von (1755–1834) 51, 55, 67 Schultz, Christoph Ludwig Friedrich (1781– 1834) 53f., 58, 88 Schulze, Wilhelmine (1783–1855) 56 Schwerin, Kurt Christoph Graf von (1684– 1757) 78, 162, 164, 175 Seebeck, Thomas Johann (1770–1831) 95f. Seeger, Carl Christian Gottlieb (1773–1858) 82, 84 Semler, (Carl) Karl Wilhelm Salomo (1788– 1838) 118 Sergel, Johann Tobias (1740–1814) 59 Seydlitz, Friedrich Wilhelm Freiherr von (1721–1773) 78 Solario, Antonio, genannt Il Zingaro (um 1465–1530) 159 Solger, Karl Wilhelm Ferdinand (1780– 1819) 96f. Solly, Edward (1776–1844) 119, 122, 138 Sommariva, Giovanni Battista Graf von (1760–1826) 129 Staёl, Anne-Louise Germain Madame de (1766–1817) 49, 77 Stein zum Altenstein, Karl Sigismund Franz Freiherr vom (1770–1840) 31, 145, 167, 174 Sterni (Stern), Raffaele (1774–1820) 129 Stiglmaier, Johann Baptist (1791–1844) 123f., 139f., 145f. Stilke, Anton Hermann (1803–1860) 145 Strack, Johann Heinrich (1805–1880) 169, 174 Stüler, August (1800–1865) 157f. Tani, Angelo di Jacopo (1415–1492) 44 Tassaert, Jean-Pierre Antoine (1727–1788) 78 Tasso, Torquato (1544–1595) 130 Tauentzien, Friedrich Bogislav von (1710– 1791) 105 Thaeter, Julius Caesar (1804–1870) 148 Thieme, August (1780–1860) 188 Thierry de la Marche, Eugenie Gräfin von
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Personenregister
(1808–1881) verh. mit Graf von Ingenheim 140 Thomire, Pierre-Philippe (1751–1843) 72 Thorvaldsen, Bertel (1770–1844) 14, 53, 56, 59, 73, 126ff. Tieck, Christian Friedrich (1776–1851) 10, 14ff., 18ff., 26, 31, 37ff., 44f., 50ff., 54, 55, 57ff., 61, 63, 71, 74f., 77f., 80f., 85, 87f., 93f., 96, 98, 101, 103, 105, 112f., 119ff., 123, 127, 131, 135, 142, 145, 150, 154, 158, 160, 162, 167, 177, 179ff., 189 Tieck, Ludwig (1773–1853) 43, 45, 59 Timm, Carl Daniel (1761-1839), preuß. Geheimkämmerer 144 Unger, Caroline (1803–1877) 123 Unger, Johann Christian (1746–1827/31) 123 Veit, Philipp (1793–1877) 29, 58, 127, 130, Visconti, Giambattista Antonio (1722–1784) 128 Visconti, Ennio Quirino (1751–1818) 128 Vogell, Architekt (Vorname und Lebensdaten unbekannt) 157f. Voss, Julie Amalie Elisabeth von (1766– 1789), ernannt zur Gräfin Ingenheim 140 Vuarin, Nikolaus Louis (Lebensdaten unbekannt, 1820–1833 in Berlin, Paris und München tätig) 146 Waagen, Gustav Friedrich (1794–1868) 45, 63f., 120f., 127, 148, 160, 162, 167, 179 Wach, Karl Wilhelm (1787–1845) 95f., 119, 121, 137 Wackenroder, Wilhelm Heinrich (1773– 1798) 43, 45 Wagner, Richard (1813–1883) 180
Wellington, Arthur Wellesley 1st Duke of (1769–1852) 79, 142, 144f. Welper, Georg Adolph (1762–1842) 72 Werner & Mieth/Neffen (Bronziers) 72, 110f. Wiebeking, Karl Friedrich (1762–1842) seit 1808 Ritter von Wiebeking 161f. Wilhelm I. Frederik von Oranien, König der Niederlande (1772–1843) 125, 174 Wilhelm VIII. Landgraf von Hessen-Kassel (1682–1760) 101 Wilhelm (I.) Prinz von Preußen, Deutscher Kaiser (1797–1888) 29, 136 Wilhelm II., Deutscher Kaiser (1859–1941) 56 Wilhelmine Luise Prinzessin (Friedrich) von Preußen (1799–1882), Prinzessin von Anhalt-Bernburg 71 Wilhelmine von Preußen (1774–1837) seit 1791 verh. mit Wilhelm I. König der Niederlande 121, 125, 174 Wille, Johann Georg (1715–1808) 172 Witzleben, Job von (1783–1837) 147 Wolff, Emil (1802–1879) 122, 130, 150 Wolff, Wilhelm (1816–1887) 57 Wolicki, Theofil (1768–1829), Domprobst und Bischof von Posen 150, 152 Wolzogen, Alfred Freiherr von (1823–1883) 188 Wolzogen, Hans Paul Freiherr von (1848– 1938) 188 Wetterling, C. (Lebensdaten unbekannt) 167 Yor(c)k von Wartenburg, Johann Ludwig David Graf (1759–1830) 16, 105 Zieten, Hans Joachim von (1699–1786) 78, 162, 165, 175
Eine Bildhauer-Freundschaft im 19. Jahrhundert
Jutta von Simson | Monika von Wilmowsky (Hg.) Christian Daniel Rauch und Ernst Rietschel Der Briefwechsel 1829-1857 Ein Quellenwerk zur preußischen und sächsischen Kunst- und Kulturgeschichte. Kommentierte Neuausgabe Quellen zur deutschen Kunstgeschichte vom Klassizismus bis zur Gegenwart, Band 9 2020. 1.248 Seiten in 2 Bänden, mit 26 s/w Abb., gebunden € 120,00 D | € 124,00 A ISBN 978-3-412-51685-7 E-Book € 99,99 D | € 102,80 A
Über fast dreißig Jahre, von 1829 bis 1857, erstreckte sich der Briefwechsel zwischen dem berühmten preußischen Bildhauer Christian Daniel Rauch und seinem Lieblingsschüler Ernst Rietschel, der im sächsischen Dresden rasch zu einem erfolgreichen Bildhauer aufstieg.
Preisstand 24.6.2021
Die umfangreiche, von vorbehaltlosem Vertrauen und großer Freundschaft geprägte Korrespondenz liegt nun in einer erstmals kommentierten Neuausgabe vor. Sie erweist sich als überaus aufschlussreich für die Kunstgeschichte des 19. Jahrhunderts, und sie stellt eine speziell für die Berliner und die Dresdner Bildhauerei geradezu unverzichtbare Quelle dar. Doch lässt sie auch den heutigen Leser an den politischen und gesellschaftlichen Ereignissen und Umwälzungen der damaligen Zeit teilnehmen und gewährt ihm tiefe Einblicke in die Gedankenwelt und in das Familienleben der beiden Künstler.
Aus der Reihe »Quellen zur deutschen Kunstgeschichte vom Klassizismus bis zur Gegenwart«
Band 8
Band 7
Christin Conrad (Hg.)
Wolfgang Cortjaens (Hg.)
Kunststudium und Weltgeschehen Die Briefe der Malerin Julie Hagen aus München 1847–1851
Familienbande Der Briefwechsel von Carl Joseph Begas d. Ä. mit Oscar Begas 1840–1854
2020. 831 Seiten mit 45 s/w u. farb. Abb., gebunden € 90,00 D | € 93,00 A ISBN 978-3-412-51972-8 E-Book € 74,99 D | € 77,10 A
2018. 295 Seiten 23 s/w- und 9 farb. Abb., gebunden € 45,00 D | € 47,00 A ISBN 978-3-412-50919-4
Carl Joseph Begas d. Ä. (1794–1854), königlich-preußischer Hofmaler, ist der »Stammvater« einer sich über vier Generationen erstreckenden Berliner Künstlerdynastie. In den Briefen gewährt Begas ungewöhnlich intime und freimütige Einblicke in den Alltag eines Künstlerhaushaltes, während er zugleich als scharfsichtiger Beobachter ein lebendiges Bild vom geistigen und kulturellen Leben im damals noch weitgehend biedermeierlich-beschaulichen Berlin zeichnet.
Preisstand 24.6.2021
Die Briefe der Malerin Julie Hagen Schwarz (1824–1902) gehören zu den seltenen erhaltenen Zeugnissen einer nach Profession strebenden Künstlerin der Jahrhundertmitte. Als Tochter des Landschaftsmalers August Matthias Hagen im Baltikum geboren, kam sie 1847 als Kunstschülerin nach München. Dort erlebte sie das Revolutionsjahr und verfolgte mit bemerkenswerter Reife ihr Ziel, sich in der Kunststadt einen Namen zu machen.